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German Pages 1664 [1665] Year 2007
Heun (Hrsg.) Handbuch Telekommunikationsrecht
Handbuch Telekommunikationsrecht herausgegeben von
Sven-Erik Heun Rechtsanwalt, Frankfurt/Main bearbeitet von
Jens Eckhardt Rechtsanwalt, Düsseldorf
Prof. Dr. Ludwig Gramlieh Technische Universität Chemnitz
Sven-Erik Heun Rechtsanwalt, Frankfurt/Main
Valerian Jenny Rechtsanwalt, Frankfurt/Main
Dr. Beate Rickert, LLM. {Edinburgh) Rechtsanwältin, Frankfurt/Main
Thorsten Sörup Rechtsanwalt, Frankfurt/Main
2., vollständig überarbeitete Auflage
2007
oUs
Vertag
Dr.OttoSchmidt Köln
Zitierempfeblung: Bearbeiter in Heun, Telekommunikationsrecht, 2. Aufl., Teil ... Rz .... (z.B. 1 Rz. 20)
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Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 0221/93738-01, Fax 0221/937 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-56028-7 ©2007 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Textfonnatierung: A. Quednau, Haan Druckund Verarbeitung: Kösel, Altusried-Krugzell Printed in Germany
Vorwort zur 2. Auflage Paradigmenwechsel im Telekommunikationsrecht: dieses Schlagwort hat die Erarbeitung der zweiten Auflage bestimmt. Seit der ersten Auflage aus dem Jahre 2002 haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Telekommunikationsmärkte ganz erheblich verändert. Mit dem neuen TKG 2004 ist die Regulierung infolge des EU-Richtlinienpakets von 2002 auf ein neues Fundament gestellt worden. Vorab eingreifende Regulierungsmaßnahmen (ex ante Regulierung) sollen nur noch selektiv in einzelnen (Teil-)Märkten erfolgen, die nach Vorauswahl seitens der EU-Kommission zunächst durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) in besonderen Verfahren bestimmt und auf ihre Regulierungsbedürftigkeit untersucht werden. Erst wenn die BNetzA die Regulierungsbedürftigkeit des betreffenden (Teil-)Marktes anhand gesetzlicher Kriterien im Rahmen einer Marktdefinition feststellt und eine Marktanalyse das Bestehen beträchtlicher Marktmacht bzw. einer marktbeherrschenden Stellung ergibt, entscheidet sie im Weiteren darüber, welche Vorabverpflichtungen dem marktbeherrschenden Unternehmen überhaupt im Wege einer so genannten Regulierungsverfügung auferlegt werden. Und erst wenn diese Verfahren abgeschlossen sind, beginnt die „eigentliche“ Regulierung der Märkte wie sie vom TKG 1996 bekannt ist in Form von Entgelt- und Zugangsregulierungsmaßnahmen, Streitbeilegung und besonderer Missbrauchsaufsicht durch die BNetzA. Diese Systematik, welche die Entscheidung über „Ob“ und „Wie“ der Regulierung vom Gesetzgeber in die Hände der Bundesnetzagentur legt, hat dazu geführt, dass die eigentlichen Rahmenbedingungen der telekommunikationsrechtlichen Regulierung erst im Jahre 2007 als weitgehend gefestigt gelten können. Auch ist die vollständige gesetzgeberische Umsetzung des EU-Richtlinienpakets erst mit dem TKG-Änderungsgesetz im Februar 2007 erfolgt. Darin sind insbesondere die Kundenschutzregelungen des europäischen Rechtsrahmens in das TKG überführt und die noch aus dem Jahr 1997 stammende Telekommunikations-Kundenschutzverordnung (TKV 1997) abgelöst sowie eine Bestimmung zur Regulierung neuer Märkte aufgenommen worden. Neben den genannten Aspekten haben das TKG 2004 wie auch das TKG-Änderungsgesetz viele weitere Neuerungen mit sich gebracht. Was die Entwicklung der Rechtsprechung angeht, liegen bereits eine Vielzahl von Entscheidungen seitens des Verwaltungsgerichts Köln vor. Die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat im Jahre 2006 begonnen, den neuen rechtlichen Rahmen systematisch zu durchdringen. Viele wesentliche Fragen sind allerdings noch offen, wie etwa der Umfang der Übergangsregelung in § 150 Abs. 1 TKG und das VerständV
Vorwort zur 2. Auflage
nis der Auferlegung von Entgeltregulierungspflichten nach § 30 Abs. 1 und 3 TKG. Dies alles hat eine vollständige Überarbeitung von Struktur und Inhalt des Handbuchs erforderlich gemacht. Dazu sei angemerkt, dass auch die zweite Auflage ausführlich und tief gegliedert ist und über viele Querverweise verfügt. Damit sollen Regulierungszusammenhänge und gegenseitige Abhängigkeiten aufgezeigt werden. Bei Gebrauch des Handbuchs ist es daher für den Leser durchaus sinnvoll, sich dem gewünschten Thema über das Inhaltsverzeichnis statt über das Stichwortverzeichnis zu nähern. Autoren und Herausgeber sind dabei wie immer für inhaltliche wie auch strukturelle Anregungen und Kritik dankbar. In struktureller Hinsicht gliedert sich das Handbuch nunmehr in vier Hauptteile, die aus der Sicht des Praktikers die Abfolge für Aufnahme und Durchführung einer Geschäftstätigkeit auf den Telekommunikationsmärkten abbilden, kurz gesagt: Marktzutritt und „Compliance“, Zugang zu Ressourcen, Zugang zu Einrichtungen und Diensten sowie Kunden- und Datenschutz. So befasst sich Teil 1 mit Fragen des Marktzutritts und den allgemeinen, für alle Unternehmen geltenden und von allen Unternehmen zu beachtenden rechtlich-regulatorischen Rahmenbedingungen sowie Aufgaben und Stellung der Bundesnetzagentur (Meldepflicht, öffentliche Sicherheit, Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur). Teil 2 betrifft die Verwaltung und Vergabe von Ressourcen durch die Bundesnetzagentur (Frequenzen, Nummern, Wegerechte). Die wettbewerbliche Regulierung der Telekommunikationsmärkte im Verhältnis der Wettbewerber untereinander folgt in Teil 3 (Verfahren der Marktregulierung, Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht, Entgeltregulierung, Rundfunkübertragung). In Teil 4 schließlich ist die Regulierung der Rechtsverhältnisse zwischen Wettbewerbern und ihren Endkunden/Nutzern zusammengefasst (Kundenschutz, Universaldienst und Allgemeine Geschäftsbedingungen, Datenschutz). Jedem der vier Teile sind mehrere Kapitel zugeordnet, die aus den genannten praktischen Erwägungen der Struktur und Systematik des TKG entlehnt sind, nicht aber dessen Chronologie entsprechen. In inhaltlicher Hinsicht hat das Warten auf den weitgehenden Abschluss der Praxis der BNetzA für Marktdefinition, Marktanalyse und Regulierungsverfügung sowie auf das TKG-Änderungsgesetz es ermöglicht, eine umfassende Einarbeitung und Analyse der Marktregulierungsverfahren der BNetzA, der bisher ergangenen und aktuellen Rechtsprechung vorzunehmen sowie die durch das TKG-Änderungsgesetz bedingten Änderungen im Kundenschutz und bei der Marktregulierung darzustellen. Zur ganz aktuellen im Handbuch berücksichtigten Rechtsprechung gehören daher auch die Urteile des Verwaltungsgerichts Köln zur Regulierung der Terminierungsentgelte im Mobilfunk vom März 2007 (Kapitel G. Rz. 217) sowie das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Widerruf bzw. zum Erlöschen der TAL-Ver-
VI
Vorwort zur 2. Auflage
pflichtungen für Glasfaser-Anschlussleitungen vom Februar 2007 (Kapitel G. Rz. 224 ff.). Mein besonderer Dank gilt erneut den Autoren für ihren Fleiß und ihre Geduld; ebenso dem Verlag und namentlich RA Thomas Wilting für die Ermöglichung einer sehr zeitnahen Veröffentlichung der Manuskripte. Dies hat uns in die Lage versetzt, auch die zweite Auflage bis kurz vor Veröffentlichung auf den neuesten Stand der Entwicklungen von März/April 2007 bei der EU, dem Gesetzgeber, der Bundesnetzagentur und der Rechtsprechung zu bringen. Ferner möchte ich mich bei allen Personen im beruflichen wie privaten Umfeld von Autoren und Herausgeber bedanken, welche die Erarbeitung der zweiten Auflage unterstützt und getragen wie auch ertragen haben. Frankfurt, im April 2007
Sven-Erik Heun
VII
.
Inhaltsübersicht Seite
Vorwort zur 2. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XV Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . LXIII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . LXIX
Teil 1 Allgemeine Regulierung Marktzutritt A. Einführung: Grundlagen und Struktur des TKG, Marktzutritt und Übergangsrecht (Heun) Rz. Seite
1. Europäische Grundlagen des TKG 2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Inhalt des TKG 2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Struktur und Systematik des TKG 2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Allgemeine Vorschriften des TKG zum Marktzutritt . . . . . . 5. Übergangsbestimmungen und Übergangsprobleme . . . . . . . . 6. Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 10 13 18 81 99
2 6 7 9 41 50 52
1 5 35 47
61 62 70 75
B. Öffentliche Sicherheit (Eckhardt) 1. 2. 3. 4. 5.
Regelungsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notruf (§ 108 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Technische Schutzmaßnahmen (§ 109 TKG) . . . . . . . . . . . . . Technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen (§ 110 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Vorratsdatenspeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden (§§ 111–114 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Kontrolle und Durchsetzung der Verpflichtungen (§ 115 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96 91 176 116 188 119 250 138
IX
Inhaltsübersicht
C. Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde) (Gramlich) Rz. Seite
1. 2. 3. 4. 5.
Entwicklung und Rechtsstellung der Regulierungsbehörde . Aufgaben der Regulierungsbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Instrumente der Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren der Regulierungsbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 38 73 118
139 160 185 209
143 224 150 228
Teil 2 Regulierung von Ressourcen D. Frequenzverwaltung (Jenny) 1. 2. 3. 4.
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frequenzplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frequenzzuteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten bei einzelnen Funkanwendungen und -diensten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Gebühren und Beiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 231 29 240 97 265 323 337 408 363
E. Nummernverwaltung (Jenny) 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick über die normativen Grundlagen . . . . . . . . . . . . . Strukturierung und Ausgestaltung des Nummernraums . . . Rufnummernzuteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufsicht durch die Bundesnetzagentur . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlussbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 6 27 51 73 88 104
369 371 376 386 393 399 403
4 9 12 19
405 407 408 411
F. Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge (Heun) 1. 2. 3. 4. X
Struktur der Wegerechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfassungsrechtliche Fragen des öffentlichen Wegerechts . Europarechtliche Fragen des Wegerechts . . . . . . . . . . . . . . . Der Begriff der Telekommunikationslinie . . . . . . . . . . . . . .
Inhaltsübersicht Rz. Seite
5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.
Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . 34 418 Mitbenutzung bestehender Einrichtungen (§ 70 TKG) . . . . . . 186 475 Nutzung privater Grundstücke (§ 76 TKG) . . . . . . . . . . . . . . 258 495 Verjährung von wegerechtlichen Ansprüchen . . . . . . . . . . . . 331a 521 Kunden- bzw. Teilnehmeranschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 523 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 533 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 534
Teil 3 Regulierung der Wettbewerber G. Verfahren der Marktregulierung (Heun) 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Europarechtliche Grundlagen und Vorgaben . . . . . . . . . . . . . Systematik der Marktregulierung nach dem TKG . . . . . . . . . Konsultations- und Konsolidierungsverfahren . . . . . . . . . . . . Einstweilige Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marktdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marktanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überprüfung von Marktdefinition und Marktanalyse . . . . . . Regulierungsverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis der Marktregulierung nach dem TKG zu den Vorschriften des Kartellrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 4 60 65 75 80 118 184 201 204 230
565 566 597 603 609 612 627 677 696 698 725
249 255
737 740
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Rechtliche Grundlagen und Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Die Systematik der Zugangsregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Übersicht auferlegter Zugangsverpflichtungen . . . . . . . . . . . . 29 Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Allgemeine Pflichten in Bezug auf Zugänge und Zusammenschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 7. Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
743 746 751 755 765
H. Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht (Heun) 1. 2. 3. 4. 5. 6.
795 809
XI
Inhaltsübersicht Rz. Seite
8. Besondere Verpflichtungen für Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Sonstige gesetzliche Verpflichtungen zur Wettbewerbsregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Zugangsvereinbarungen nach § 22 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Zugangsanordnungen durch die BNetzA nach § 25 TKG . . . 12. Besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG . . . . . . . . . . 13. Vorteilsabschöpfung nach § 43 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
464
972
509 524 578 633 698 716
996 1003 1024 1048 1078 1084
I. Entgeltregulierung (Gramlich) 1. Von der Gebührenpolitik zur Entgeltregulierung . . . . . . . . . 2. Verfassungsrechtlicher Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Entgeltregulierung im internationalen und europäischen Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Strukturen der Entgeltregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Voraussetzungen und Modalitäten der Entgeltregulierung . . 6. Rechtsschutzfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Sektorspezifische Regulierungs- contra allgemeine Kartellbehörde(n)? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Ausblick: Entgeltregulierung in den Vorhabenplänen 2005 und 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1085 38 1112 40 60 76 118
1114 1129 1140 1169
126 1173 128 1174
J. Rundfunkübertragung (Rickert) 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gegenwärtiger Stand der Digitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . Interoperabilität von Fernsehgeräten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interoperabilität der Übertragung digitaler Fernsehsignale . Zugangsberechtigungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Streitschlichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3 17 30 54 66 91
1178 1184 1192 1201 1205 1213
Teil 4 Regulierung der Nutzerverhältnisse K. Kundenschutz und Universaldienst (Sörup) 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XII
1 1221 4 1222
Inhaltsübersicht Rz. Seite
3. Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG) . . . 390 1359 4. Universaldienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488 1394 5. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Kundenschutzvorgaben des TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509 1401
L. Fernmeldegeheimnis und Datenschutz (§§ 88–107 TKG) (Eckhardt) 1. Regelungsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1447 2. Fernmeldegeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1448 3. Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 1467
Schnellsuche für Übersichten und zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1519 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1524
XIII
.
Inhaltsverzeichnis Seite
Vorwort zur 2. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
IX
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . LXIII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . LXIX
Teil 1 Allgemeine Regulierung Marktzutritt A. Einführung: Grundlagen und Struktur des TKG, Marktzutritt und Übergangsrecht (Heun) Rz. Seite
1.
Europäische Grundlagen des TKG 2004 . . . . . . . . . . . . . . . .
4
2
2.
Inhalt des TKG 2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
6
3.
Struktur und Systematik des TKG 2004 . . . . . . . . . . . . . . . .
13
7
4. 4.1 4.2 4.3 4.4
Allgemeine Vorschriften des TKG zum Marktzutritt . . . . . . Europarechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wegfall der Lizenzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fortgeltung der Alt-Lizenzen und Alt-Verleihungen . . . . . . . Meldepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1 Adressaten der Meldepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1.1 Telekommunikationsnetz . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1.2 Netzbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1.3 Erbringer von Telekommunikationsdiensten 4.4.1.4 Telekommunikationsdienste . . . . . . . . . . . . 4.4.1.4.1 Dienstekategorisierung der BNetzA . . . . . . . 4.4.1.4.2 Abgrenzung zu Inhaltsdiensten . . . . . . . . . . 4.4.1.5 Gewerblichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1.6 Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1.7 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2 Exkurs: Mobile Virtual Network Operator (MVNO) . . 4.4.2.1 Abgrenzung zum Mobilfunknetzbetreiber . . 4.4.2.2 Regulatorische Einordnung des MVNO . . . . 4.4.3 Form und Inhalt der Meldepflicht . . . . . . . . . . . . . . . .
18 19 24 26 29 30 33 36 40 43 44 46 50 52 58 59 60 62 69
9 9 11 12 13 14 15 17 19 20 21 23 26 27 32 33 34 35 38 XV
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
4.5 Sonstige Allgemeine Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1 Internationale Berichtspflichten und internationaler Status . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2 Strukturelle Separierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75
40
76 80
40 41
5. 5.1 5.2 5.3
Übergangsbestimmungen und Übergangsprobleme . . . . . . . . Entgeltregulierung von Endkundenleistungen . . . . . . . . . . . . Entgeltregulierung bei Mietleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenschaltungspflicht und Entgeltregulierung im Vorleistungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Die Ansicht des BVerwG und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.1 Fortgeltung gesetzlicher Gebote des TKG 1996? . . . . . 5.5.2 Fortgeltung des TKG 1996 selbst? . . . . . . . . . . . . . . . .
81 83 87
41 43 44
89 91 92 93 96
45 46 46 47 48
6.
99
50
Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
B. Öffentliche Sicherheit (Eckhardt) 1. Regelungsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Regelungsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Europarechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2 4
61 61 61
2. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Verpflichteter Personenkreis – Allgemeines . . . . . . . . . . . . . 2.2 Unklare Definitionen – Rückgriff auf das TKG 1996 . . . . . . . 2.2.1 Telekommunikationsdienst und geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten . . . . . . . 2.2.1.1 Eigenständige Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1.2 Definitionen in § 3 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1.3 Berücksichtigung des TKG 1996 . . . . . . . . . . . 2.2.2 Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit und geschlossene Benutzergruppen . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2.1 Verwendung im TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2.2 Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2.3 Geschlossene Benutzergruppe . . . . . . . . . . . . . 2.2.2.4 Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2.5 Verwendung des Begriffspaars im TKG . . . . . . 2.3 Abgrenzung gegenüber Telemediendiensten . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Abgrenzung im Rahmen der Regelung über die öffentliche Sicherheit im TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5 5 8
62 62 62
10 10 11 12
63 63 63 64
15 16 17 22
65 65 66 67
26 28 29
68 68 69
30
69
XVI
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
2.3.2 Abgrenzung im Rahmen der Befugnisnormen zur Überwachung der Telekommunikation . . . . . . . . . . . .
32
70
Notruf (§ 108 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35
70
3.1 Verpflichteter Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Notrufmöglichkeit (§ 108 Abs. 1 S. 1 TKG) . . . . . . . . . 3.1.2 Bereitstellung von Informationen über den Notrufer (§ 108 Abs. 1 S. 2 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Inhalt der Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Konkretisierung der Verpflichtung (§ 108 Abs. 2 und 3 TKG)
36 36
71 71
38 41 45
72 73 75
4.
Technische Schutzmaßnahmen (§ 109 TKG) . . . . . . . . . . . .
47
75
4.1 Verpflichteter Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Grundlegende Verpflichtungen (§ 109 Abs. 1 TKG) . . 4.1.1.1 Geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1.2 Ganzes und teilweises geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten . 4.1.1.3 Mitwirkende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Ergänzende Verpflichtungen (§ 109 Abs. 2 und 3 TKG) 4.1.2.1 Betrieb einer Telekommunikationsanlage . . . . 4.1.2.2 Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Inhalt der Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Grundlegende Verpflichtungen (§ 109 Abs. 1 TKG) . . 4.2.2 Schutz der Infrastruktur (§ 109 Abs. 2 TKG) . . . . . . . . 4.2.3 Sicherheitsbeauftragter und Sicherheitskonzept (§ 109 Abs. 3 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3.1 Sicherheitsbeauftragter . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3.2 Sicherheitskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3.2.1 Struktur und Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3.2.2 Vorlagepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3.2.3 Sicherheitskonzepte nach § 87 TKG 1996 . . 4.2.4 Exkurs: Verhältnis zu § 9 BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.5 Gesetz zur Sicherstellung des Postwesens und der Telekommunikation (PTSG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49 50
76 76
51
76
57 58 60 61
79 79 80 80
65 68 69 73
81 82 82 84
79 80 84 85 88 90 91
86 86 87 88 89 89 89
94
90
3.
5.
Technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen (§ 110 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1 Exkurs: Befugnisnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 Auskunft über Verkehrs- und Bestandsdaten . . . . . . .
96
91
100
92
102 106
92 95
XVII
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
5.2 Verpflichteter Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 § 110 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Exkurs: TKÜV – Konkretisierung des Kreises der Verpflichteten im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Inhalt und Konkretisierung der Verpflichtung . . . . . . . . . . . . 5.3.1 Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen . . . . . . . . 5.3.1.1 Grundlegende Pflichten (§ 110 Abs. 1 TKG) 5.3.1.1.1 § 110 Abs. 1 S. 1 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1.1.1.1 § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TKG . . . . . . . . . . . . 5.3.1.1.1.2 § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a TKG . . . . . . . . . . . 5.3.1.1.1.3 § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 TKG . . . . . . . . . . . . 5.3.1.1.1.4 § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 TKG . . . . . . . . . . . . 5.3.1.1.1.5 § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, Nr. 5 und S. 4 TKG 5.3.1.1.2 § 110 Abs. 1 S. 2 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1.2 Konkretisierung durch die TKÜV (§ 110 Abs. 2 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1.2.1 Ausgestaltung der Verpflichtungen (§ 110 Abs. 2 Nr. 1 TKG) . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1.2.2 Ausgestaltung der Ausnahmen (§ 110 Abs. 2 Nr. 2 TKG) . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1.3 Exkurs: TKÜV – Konkretisierung der technischen Vorgaben im Überblick . . . . . 5.3.1.4 Konkretisierung durch eine Technische Richtlinie (§ 110 Abs. 3 TKG) . . . . . . . . . . 5.3.1.5 Typmusterprüfung (§ 110 Abs. 4 TKG) . . . 5.3.1.6 Umsetzungsfristen (§ 110 Abs. 5 TKG) . . . 5.3.1.7 Übermittlung an die berechtigten Stellen (§ 110 Abs. 6 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1.8 § 110 Abs. 7 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1.9 Jahresstatistik (§ 110 Abs. 8 TKG) . . . . . . . 5.3.1.10 Entschädigung (§ 110 Abs. 9 TKG) . . . . . . . 6. Vorratsdatenspeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung . . . . . . . . . . . . . 6.1.1 Verpflichteter und Gegenstand der Vorratsdatenspeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.2 Speicherpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Nationale Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Verpflichteter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.2 Umfang der Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden (§§ 111–114 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Verpflichteter Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.1 Datenerhebung (§ 111 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
108 110
96 96
116 120 120 122 123 124 126 127 129 134 137
99 100 100 100 101 101 102 103 104 105 105
140 106 143 107 147 108 151 109 160 112 163 113 167 114 170 172 174 175
114 115 115 116
176 116 176 116 177 179 182 183 184
116 117 118 118 118
7.
XVIII
188 119 190 120 190 120
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
7.1.2 Automatisiertes Auskunftsverfahren (§ 112 TKG) . . . 7.1.3 Manuelles Auskunftsverfahren (§ 113 TKG) . . . . . . . . 7.1.4 Auskunft über Strukturen (§ 114 TKG) . . . . . . . . . . . . 7.2 Inhalt der Verpflichtung (§§ 111–114 TKG) . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1 Datenerhebung (§ 111 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1.1 Gegenstand der Erhebungspflicht . . . . . . . . . . 7.2.1.2 Erhebung und Speicherung der Daten . . . . . . . 7.2.1.3 Berichtigung, Nacherhebung und Löschung . . 7.2.1.4 Pflichten des Vertriebspartners . . . . . . . . . . . . 7.2.2 Automatisiertes Auskunftsverfahren (§ 112 TKG) . . . 7.2.2.1 Speicherung und Bereitstellung durch den Verpflichteten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2.2 Verfahren der Auskunftserteilung . . . . . . . . . . 7.2.2.3 Konkretisierung durch RVO und Technische Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.3 Manuelles Auskunftsverfahren (§ 113 TKG) . . . . . . . . 7.2.3.1 Bestandsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.3.2 Daten zum Schutz von Endgeräten und Speichereinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.3.3 Kosten und Entschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.4 Auskunft über Strukturen (§ 114 TKG) . . . . . . . . . . . . 8.
Kontrolle und Durchsetzung der Verpflichtungen (§ 115 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
194 195 196 197 203 204 208 214 216 218
120 121 121 121 123 124 125 126 127 127
219 128 222 128 227 129 230 130 233 131 241 135 246 137 248 137 250 138
C. Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde) (Gramlich) 1. Entwicklung und Rechtsstellung der Regulierungsbehörde . 1.1 Verfassungsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Allgemeine organisatorische Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Die Regulierungsbehörde als „unabhängige“ Bundesoberbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Organisationsstruktur, Sitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Beirat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Wissenschaftliche Beratung des Regulierers . . . . . . . . . . . . . 1.4.1 Wissenschaftliche Kommissionen . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.2 Ständige wissenschaftliche Unterstützung . . . . . . . . . 1.5 Von der Behörde zur Agentur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 139 1 139 8 142 8 24 29 35 35 36 37
2. Aufgaben der Regulierungsbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Vorgaben des internationalen und europäischen Rechts . . . . 2.1.1 ITU und WTO/GATS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38 160 38 160 38 160
142 151 154 158 158 158 159
XIX
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
2.1.2 EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Aufgaben der Regulierungsbehörde im Telekommunikationssektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 TKG 2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Verordnungen zum TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 FTEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 AFuG 1997 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Weitere Aufgaben mit Bezug zum Telekommunikationssektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 PTNeuOG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 EMVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Telemediendienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4 Rundfunkübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Signaturrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Weitere Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Bereichsausnahme für den Verteidigungssektor . . . . . . . . . . 3. 3.1 3.2 3.3
41 162 46 47 55 57 59
168 169 174 176 177
60 60 61 62 65 69 70 72
177 177 178 179 181 183 184 184
73 73 78 81 82
185 185 188 189 190
Instrumente der Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Allgemeine“ Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spezielle aufsichtliche Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Informationsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Auskunftsverlangen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Vorlegungs-, Prüfungs-, Besichtigungs- und Betretungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3 Durchsuchung und Beschlagnahme . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4 Grenzen der Mitwirkungspflicht betroffener Personen 3.3.5 Einschränkungen bei der Verwendung von Ermittlungsergebnissen und anderen Daten . . . . . . . . . . . . . . 3.3.6 Ermittlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenarbeit zwischen Regulierungsbehörde und anderen Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verwaltungsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ahndung schuldhaften Fehlverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.1 Straftaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.2 Ordnungswidrigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
104 111 112 115 115 116
201 205 205 207 207 207
4. Verfahren der Regulierungsbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Verfahrensarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Beschlusskammern: Zusammensetzung und Aufgaben . . . . 4.2.1 Besetzung und Qualifikation der Mitglieder . . . . . . . . 4.2.2 Aufgabenverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Beschlusskammern: Verfahrensgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Einleitung des Verfahrens und Beteiligte . . . . . . . . . . . 4.3.2 Anhörung und mündliche Verhandlung . . . . . . . . . . . .
118 118 120 120 122 124 125 128
209 209 210 210 211 212 213 214
3.4 3.5 3.6 3.7
XX
87 193 90 195 93 197 95 197 97 198
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
4.3.3 Ermittlungen, insbesondere Beweiserhebung . . . . . . . 4.3.4 Vorläufige Anordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Verfahrensabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1 Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2 Verfahrensbeendigung in sonstiger Weise . . . . . . . . . . 4.4.3 Fragmentarische Kostenregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Kosten für (sonstige) Amtshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1 Gebühren und Auslagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2 Andere Abgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
131 132 134 134 137 138 139 139 141
217 217 218 218 220 220 221 221 222
Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Rechtsbehelfe im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Verwaltungsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Hauptsacheverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Einstweiliger Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
143 143 146 146 149
224 224 225 225 228
6.
150 228
5.
Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Teil 2 Regulierung von Ressourcen D. Frequenzverwaltung (Jenny) 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Gegenstand der Frequenzverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Internationaler Rahmen der Frequenzverwaltung . . . . . . . . . 1.2.1 ITU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 CEPT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.3 Europäische Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Frequenzverwaltung 1.4 Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 4 5 7 8 16 26
231 231 232 232 233 233 236 239
2. Frequenzplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Frequenzbereichszuweisungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Verfahren der Planaufstellung und des Planerlasses . . 2.1.2.1 Beteiligung der betroffenen Kreise . . . . . . . . . . 2.1.2.2 Zustimmung des Bundesrats . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Inhaltliche Vorgaben für die Planung . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4 Inhalt des Frequenzbereichszuweisungsplans . . . . . . . 2.1.5 Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29 32 32 33 34 39 41 43 48
240 241 241 242 242 244 245 246 247 XXI
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2.2 Frequenznutzungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Inhaltliche Vorgaben für die Planung . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Verfahren des Planerlasses, insbesondere Verordnung über die Aufstellung des Frequenznutzungsplans . . . . 2.2.3.1 Zielbestimmungen für die Planerarbeitung . . . 2.2.3.2 Einleitung von Planungsverfahren . . . . . . . . . . 2.2.3.3 Ausgestaltung des Planungsverfahrens . . . . . . 2.2.3.4 Beachtung rundfunkrechtlicher Festlegungen . 2.2.4 Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4.1 Rechtsschutz unmittelbar gegen den Plan . . . . 2.2.4.2 Durchsetzung von Beteiligungsrechten . . . . . . 2.2.4.3 Inzidentkontrolle bei Klagen über Frequenzzuteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Praxis der Regulierungsbehörde/BNetzA . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Frequenzzuteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Erfordernis der Frequenzzuteilung/Begriff der Frequenznutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Bestandschutz bestehender Frequenzzuteilungen . . . . 3.1.3 Rechtsnatur und Arten von Frequenzzuteilungen . . . . 3.1.4 Gegenstand von Frequenzzuteilungen . . . . . . . . . . . . . 3.2 Frequenzzuteilung ohne Vergabeverfahren . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Allgemeine Voraussetzungen der Frequenzzuteilung . 3.2.1.1 Ausweisung im Frequenznutzungsplan . . . . 3.2.1.1.1 Fehlen von Frequenznutzungsplänen . . . . . . 3.2.1.1.2 Abweichung vom Frequenznutzungsplan nach § 58 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.2 Verfügbarkeit und Verträglichkeit . . . . . . . . 3.2.1.3 Subjektive Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.4 Kein Anspruch auf Einzelfrequenz . . . . . . . . 3.2.1.5 Anforderungen an Zuteilungsanträge . . . . . . 3.2.1.6 Entscheidungsfristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Inhalt von Frequenzzuteilungen, Nebenbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2.1 Festlegung von Art und Umfang der Frequenznutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2.2 Nebenbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2.3 Insbesondere: Befristungen und deren Verlängerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2.4 Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2.5 Anzeigepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Mehrfache Zuteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXII
55 250 55 250 59 251 62 63 65 68 74 83 83 84
252 252 253 254 256 260 260 260
93 263 94 264 97 265 97 265 98 103 105 110 113 114 116 117
265 267 267 269 269 270 270 270
121 124 128 132 135 136
272 272 273 275 275 275
137 276 138 276 142 277 146 150 153 158
278 280 280 281
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3.2.4 Versagung beantragter Frequenzzuteilungen . . . . . . . . 3.2.4.1 Ineffiziente Frequenznutzung . . . . . . . . . . . . . 3.2.4.2 Sicherung der Frequenzplanung . . . . . . . . . . . . 3.2.4.3 Gesundheitsgefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.5 Aufhebung von Frequenzzuteilungen . . . . . . . . . . . . . 3.2.5.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.5.2 Widerruf bei ungenutzten Frequenzen . . . . . . . 3.2.5.3 Weitere Widerrufsgründe nach § 63 TKG . . . . 3.2.5.4 Entschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.5.5 Frist bis zum Wirksamwerden des Widerrufs . 3.2.5.6 Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.6 Nachträgliche Änderungen und Einschränkungen . . . 3.2.6.1 Nachträgliche Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.6.2 Einschränkung in Notlagen . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Frequenzvergabe in Vergabeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Nachfrageermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Entscheidung zur Durchführung des Vergabeverfahrens 3.3.3 Auswahl zwischen Versteigerung oder Ausschreibung 3.3.3.1 Kriterien zur Verfahrenswahl . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.2 Rechtscharakter der Auswahlentscheidung . . 3.3.4 Zulassung und Ausschluss von Teilnehmern . . . . . . . 3.3.4.1 Ausschluss nach § 61 Abs. 3 TKG . . . . . . . . . . 3.3.4.2 Zulassungsvoraussetzungen und Zulassung . . 3.3.4.3 Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.5 Festlegung von Markt, Frequenzausstattung und -nutzungsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.5.1 Marktdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.5.2 Festlegung der Frequenzgrundausstattung . . . . 3.3.5.3 Frequenznutzungsbestimmungen . . . . . . . . . . 3.3.6 Aufstellung von Verfahrensregeln . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.7 Gesetzliche Ziele der Vergabeverfahren . . . . . . . . . . . 3.3.8 Einzelheiten zu Versteigerungsverfahren . . . . . . . . . . . 3.3.8.1 Stellungnahme zu den grundsätzlichen Einwänden gegen Versteigerungsverfahren . . . 3.3.8.2 Abgabenrechtliche Qualifikation der Versteigerungserlöse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.8.3 Anforderungen an die Verfahrensregeln . . . . . 3.3.8.4 Mindestgebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.8.5 Durchführung der Verfahren in der Regulierungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.8.6 Ausschluss von Doppelbewerbungen . . . . . . . 3.3.9 Einzelheiten zu Ausschreibungsverfahren . . . . . . . . . . 3.3.9.1 Verfahrensgestaltung und Ablauf . . . . . . . . . . . 3.3.9.2 Auswahlkriterien: Festlegung und Gewichtung
160 165 167 169 170 170 172 174 176 177 179 180 181 182 185 186 190 195 196 202 204 205 207 209
282 283 284 284 285 285 285 286 287 287 287 288 288 288 289 289 291 292 293 294 295 295 296 297
215 216 217 223 226 229 230
298 298 299 301 302 303 303
230 303 241 307 244 308 246 309 249 257 261 261 271
311 313 315 315 318
XXIII
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
3.3.9.3 Losentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Rechtsnachfolge und Frequenzhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 Anzeigepflichtige Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1.1 Änderung der Eigentumsverhältnisse . . . . . . . 3.4.1.2 Identitätswahrende Umwandlungen . . . . . . . . 3.4.2 Übertragung von Frequenzzuteilungen . . . . . . . . . . . . 3.4.3 Frequenzüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.4 Frequenzhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.4.1 Handelsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.4.2 Voraussetzungen und Verfahren . . . . . . . . . . . . 3.4.4.3 Handelsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.4.4 Erlöse aus dem Frequenzhandel . . . . . . . . . . . . 3.4.4.5 Ausschluss für Frequenzen aus alten Vergabeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.1 Versagung von Frequenzzuteilungen im Antragsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.2 Versagung von Frequenzzuteilung im Vergabeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.3 Störende Frequenzzuteilung an Dritte . . . . . . . . . . . . . 3.5.4 Rechtsschutz gegen Inhalts- und Nebenbestimmungen 4. 4.1
4.2 4.3 4.4 4.5
Besonderheiten bei einzelnen Funkanwendungen und -diensten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frequenzzuteilungen für die Übertragung von Rundfunk . . . 4.1.1 Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Nebenbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Übertragung von Tele- und Mediendiensten auf Rundfunkfrequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.4 Widerruf von Frequenzzuteilungen für Rundfunkübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.5 Analoger Switch-Off und Digitalisierung . . . . . . . . . . . Behörden mit Sicherheitsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Flugfunk und Seefunk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frequenznutzungen für militärische Zwecke . . . . . . . . . . . . Mobilfunk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1 Begriff des Mobilfunks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2 Arten und einschlägige Zuteilungsverfahren . . . . . . . . 4.5.3 Praxisrelevante Lizenz- und Zuteilungsbestimmungen 4.5.3.1 Versorgungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.3.2 Wettbewerbliche Unabhänigkeit und Infrastruktur-Sharing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.3.3 Gemeinsame Nutzung von Infrastruktur . . . . . 4.5.3.4 National Roaming und Lizenznehmer als Diensteanbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXIV
283 284 287 288 292 293 299a 300 301 303 304 307
323 323 324 324 325 325 328 330 330 331 332 333
308 333 309 333 312 334 313 334 317 335 320 336 323 324 326 329
337 337 338 338
332 339 334 336 342 346 348 349 352 357 365 365
340 340 342 343 344 344 344 346 349 349
367 350 374 352 384 355
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
4.5.3.5 Laufzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.4 Aktuelle Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.4.1 GSM-Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.4.2 UMTS-Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Satellitenfunk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
390 391 391 399 402
357 357 357 360 361
5. 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5
408 410 417 419 420 424
363 363 365 365 366 367
Gebühren und Beiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelheiten zu Frequenzzuteilungsgebühren . . . . . . . . . . . . Anrechnung von Versteigerungserlösen . . . . . . . . . . . . . . . . Frequenznutzungsbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überwachung und Durchsetzung der Frequenzordnung . . . . Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
E. Nummernverwaltung (Jenny) 1.
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2. 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5
Überblick über die normativen Grundlagen . . . . . . . . . . . . . Vorgaben des EU-Richtlinienpakets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regelungen des TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maßnahmen der Bundesnetzagentur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Andere relevante Gremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6 6 10 18 20 23
371 371 372 374 374 375
Strukturierung und Ausgestaltung des Nummernraums . . . Aufgaben und Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Derzeitiger Stand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtlicher Rahmen für Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Rechtliche Qualifikation von Änderungsmaßnahmen 3.3.3 Ziele von Änderungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4 Zulässige Maßnahmen im einzelnen . . . . . . . . . . . . . . 3.3.5 Berücksichtigung von Belangen der Betroffenen . . . . . 3.3.6 Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.7 Umsetzungspflicht und deren Durchsetzung . . . . . . . 3.4 Strukturierung und Ausgestaltung nach dem Entwurf der Nummerierungsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27 27 30 32 32 33 35 37 39 41 43
376 376 377 380 380 380 381 382 382 383 383
4. Rufnummernzuteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Normative Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Arten von Nummernzuteilung und deren rechtliche Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Zuteilungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Rechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51 386 51 386
3. 3.1 3.2 3.3
1 369
46 384
54 387 56 387 60 389 XXV
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
4.5 Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.1 Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.2 Problemfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Internationale Nummernressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63 63 67 71
5. Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Strukturierung und Ausgestaltung von Nummernräumen und -bereichen per Allgemeinverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Ortsnetznetzbezug für Ortsnetzrufnummern . . . . . . . . . . . . 5.3 Nummern für Voice over IP-Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Auskunftsdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Antragsberechtigung von Diensteanbietern für originäre Zuteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73 393 74 79 81 83
390 390 391 393
394 395 396 396
87a 398
6. Aufsicht durch die Bundesnetzagentur . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 399 6.1 Aufsichtstatbestände und Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 399 6.2 Widerruf von Zuteilungen und Entziehung von Nummern, Rückgabepflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 401 6.3 Informationspflichten und Auskunftsrechte . . . . . . . . . . . . . 100 402 6.4 Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101a 402 6.5 Bußgeldtatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 403 7.
Schlussbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
104 403
F. Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge (Heun) 1.
Struktur der Wegerechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 405
2.
Verfassungsrechtliche Fragen des öffentlichen Wegerechts .
9 407
3. Europarechtliche Fragen des Wegerechts . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Vorgaben der Rahmenrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Vorgaben der Genehmigungsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12 408 13 408 17 410
4. 4.1 4.2 4.3 4.4
19 20 26 28 30
Der Begriff der Telekommunikationslinie . . . . . . . . . . . . . . . Telekommunikationskabelanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zubehör . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Öffentliche Telefonstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teilnehmeranschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5. Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Rechtsnatur des öffentlichen Wegerechts . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Verhältnis zum Straßenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXVI
411 411 414 414 416
34 418 35 418 37 419
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
5.2
5.3
5.4 5.5 5.6
5.7
5.8
5.9
5.1.2 Zivilrechtliche Sonderrechtsfähigkeit der Telekommunikationslinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Persönlicher Anwendungsbereich des öffentlichen Wegerechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Öffentliches Telekommunikationsnetz . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Betreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übertragung der Nutzungsberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1 Antragsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2 Antragsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2.1 Allgemeine Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2.2 Subjektive Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . 5.3.2.2.1 Zuverlässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2.2.2 Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2.2.3 Fachkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mitteilungspflichten des Nutzungsberechtigten . . . . . . . . . . Fortgeltung des nach dem TKG 1996 übertragenen öffentlichen Wegerechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übertragung bzw. Übergang des öffentlichen Wegerechts zwischen Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachlicher Anwendungsbereich des Nutzungsrechts . . . . . . 5.7.1 Verkehrswege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7.2 Keine dauernde Beschränkung des Widmungszwecks . 5.7.3 Öffentlichen Zwecken dienende Telekommunikationslinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.7.4 Umfang des Nutzungsrechts – Anzahl der Telekommunikationslinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zustimmung des Trägers der Wegebaulast . . . . . . . . . . . . . . 5.8.1 Anwendungsbereich der Zustimmung . . . . . . . . . . . . . 5.8.2 Rechtsnatur der Zustimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8.3 Zustimmungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8.4 Inhalt der Zustimmung und Nebenbestimmungen . . . 5.8.5 Zustimmungsgebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.8.6 Vertragliche Regelung der Zustimmung . . . . . . . . . . . 5.8.7 Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflichten, Folgepflichten und Folgekostenpflichten des Nutzungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.9.1 Praktische Bedeutung und Anwendungsbereich . . . . . 5.9.2 Besondere Pflichten, Folgepflichten und Folgekostenpflichten gegenüber dem Wegebaulastträger (§§ 71, 72 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.9.2.1 Wegeunterhaltung und Widmungszweck . . . . 5.9.2.2 Instandsetzung und Schadensersatz . . . . . . . . . 5.9.2.3 Gebotene Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38 419 40 42 48 51 53 54 55 57 58 60 64 66
419 420 423 425 426 426 426 429 430 430 432 433
68 433
69 75 76 79
434 436 436 437
84 439 86 91 92 94 95 97 103 106 113
440 442 443 444 444 445 448 449 451
114 452 116 453
118 119 122 127
454 454 455 456
XXVII
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
5.9.3 Vorhandene besondere Anlagen (§ 74 TKG) . . . . . . 5.9.4 Spätere besondere Anlagen (§ 75 TKG) . . . . . . . . . . 5.10 Besondere Einzelprobleme in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . 5.10.1 Begrenzung des Nutzungsumfangs . . . . . . . . . . . . . 5.10.2 Verfahrensdauer für die Zustimmung und deren Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.10.3 Aufgrabesperren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.10.4 Instandsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.10.5 Koordinierung von Bauarbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . 5.10.6 Sondernutzungen durch die Bauarbeiten? . . . . . . . . 5.10.7 Mitverlegung von Leerrohren für den Wegebaulastträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.10.8 Erweiterte Folgepflichten und Folgekostenpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.10.9 Gewährleistungsfrist für die Verlegemaßnahmen . 5.10.10 Verwaltungsgebühren und Pauschalen . . . . . . . . . . 5.10.11 Vermietung und Übertragung von Telekommunikationslinien sowie „Übertragung“ des Nutzungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.10.12 Regelungen für Vertragsbeendigung bzw. Beendigung des Nutzungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . 6.
138 144 151 152
461 462 464 465
158 159 162 164 165
467 467 468 469 469
168 470 171 471 173 471 176 472
179 473 184 475
Mitbenutzung bestehender Einrichtungen (§ 70 TKG) . . . . .
186 475
6.1 Persönlicher Anwendungsbereich des Mitbenutzungsrechts 6.1.1 Person des Nutzungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . 6.1.2 Person des Mitbenutzungsverpflichteten . . . . . . . . 6.1.2.1 Keine Begrenzung auf Nutzungsberechtigte nach § 69 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.2.2 Keine Begrenzung auf Eigentümer . . . . . . . 6.2 Sachlicher Anwendungsbereich des Mitbenutzungsrechts . 6.2.1 Für die Aufnahme von Telekommunikationskabeln vorgesehene Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . 6.2.2 Nutzung der Verkehrswege ist unmöglich oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich . 6.2.3 Wirtschaftliche Zumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.4 Keine zusätzlichen größeren Baumaßnahmen . . . . 6.3 Angemessener geldwerter Ausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Durchsetzung des Mitbenutzungsanspruchs . . . . . . . . . . . . 6.5 Mitbenutzungsverträge, Leerrohrmiete und -nutzung . . . . . 6.5.1 Rechtsnatur der Nutzungsverträge . . . . . . . . . . . . . 6.5.2 Einrichtungen in öffentlicher Hand . . . . . . . . . . . . . 6.5.3 Vertragsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.3.1 Nutzungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.3.2 Nutzungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
187 476 187 476 188 476
XXVIII
189 476 192 477 201 480 201 480 205 209 212 214 216 221 222 225 233 234 237
482 483 484 485 485 486 486 486 489 489 489
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
6.5.3.3 Entgelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.3.4 Folgepflichten und Folgekosten . . . . . . . . . . . . 6.5.3.5 Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.3.6 Vertragsdauer und Vertragsbeendigung . . . . . . 6.5.3.7 Übertragung der Nutzungsrechte . . . . . . . . . . . 6.6 Exkurs: Mitverlegungsverträge und Leerrohrverkäufe . . . . . 6.6.1 Vertragsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6.2 Vertragsinhalte und Problembereiche . . . . . . . . . . . . .
240 241 242 243 245 249 250 253
7.
258 495
Nutzung privater Grundstücke (§ 76 TKG) . . . . . . . . . . . . . .
7.1 Rechtsnatur, Regelungsgegenstand und Durchsetzung des privaten Wegerechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Nutzungsrecht nach § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG . . . . . . . . . . . . . 7.2.1 Persönlicher Anwendungsbereich – Person des Nutzungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1.1 Inhaber eines gesicherten Rechts . . . . . . . . . . . 7.2.1.2 Rechtsposition des Inhabers des gesicherten Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1.3 Rechtsposition des Betreibers der Telekommunikationslinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2 Sachlicher Anwendungsbereich und Nutzungsumfang 7.2.2.1 Leitung oder Anlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2.2 Errichtung, Betrieb und Erneuerung einer Telekommunikationslinie . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2.3 Keine dauerhafte zusätzliche Einschränkung der Nutzbarkeit des Grundstücks . . . . . . . . . . 7.2.2.4 Ergebnis: Zulässige Nutzungserweiterung und Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Nutzungsrecht nach § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG . . . . . . . . . . . . . 7.3.1 Persönlicher Anwendungsbereich – Person des Nutzungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.2 Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Ausgleichspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.1 Ausgleich für beeinträchtigende Maßnahmen . . . . . . . 7.4.2 Ausgleich für erweiterte Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.3 Schadensbeseitigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5 Einräumung und Übertragung/Überlassung von privaten Nutzungsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.1 Vertragliches Nutzungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.2 Teilweise Übertragung/Überlassung des Nutzungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.
490 490 491 491 492 493 493 494
262 496 268 498 268 498 269 498 273 500 280 503 281 504 282 504 286 505 289 506 293 507 295 508 296 297 305 306 310 314
508 508 511 511 513 514
315 515 317 515 321 516
Verjährung von wegerechtlichen Ansprüchen . . . . . . . . . . . . 331a 521
XXIX
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
9. Kunden- bzw. Teilnehmeranschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1 Der Nutzungsvertrag nach § 45a TKG (Grundstückseigentümererklärung der TKV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.1 Rechtsnatur des Nutzungsvertrags bzw. der Grundstückseigentümererklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.2 Inhalt von Nutzungsvertrag bzw. Grundstückseigentümererklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.3 Eigentum an den Vorrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2 Anspruch auf Grundstücksnutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.2.1 Kein Anspruch des Netzbetreibers aus § 76 TKG . . . . 9.2.2 Mittelbarer Anspruch durch Rechte des Mieters . . . . . 9.3 Mitbenutzungsanspruch nach § 45a Abs. 3 TKG . . . . . . . . . . 9.3.1 Eingriffswirkung des Mitbenutzungsrechts . . . . . . . . . 9.3.2 Umfang des Mitbenutzungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . .
332 523
337 343 346 347 348 350 351 357
10. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
362 533
11. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
534
334 524 335 524 525 527 528 528 529 529 530 531
Teil 3 Regulierung der Wettbewerber G. Verfahren der Marktregulierung (Heun) 1.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 565
2. Europarechtliche Grundlagen und Vorgaben . . . . . . . . . . . . . 2.1 Marktdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Kriterien für die Marktabgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Kriterien für die (Vor-)Auswahl von Märkten und die Märkteempfehlung der EU-Kommission . . . . . . . . . . . 2.1.3 Nationale Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Marktanalyse und Bestimmung beträchtlicher Marktmacht 2.2.1 Kriterien für das Bestehen beträchtlicher Marktmacht 2.2.2 Kriterien für gemeinsame Marktbeherrschung und Marktmachtübertragung auf benachbarte Märkte . . . . 2.2.2.1 Gemeinsame Marktbeherrschung . . . . . . . . . . 2.2.2.2 Marktmachtübertragung auf einen Nachbarmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Auferlegung von Vorabverpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 566 8 570 9 570
XXX
12 14 16 18
572 575 576 577
20 579 21 579 23 580 25 581
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
2.4 Konsultations- und Konsolidierungsverfahren . . . . . . . . . . . 2.4.1 Konsultation bzw. Anhörungspflicht . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Konsolidierungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2.1 Anwendungsbereich des Konsolidierungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2.2 Vorlagepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2.3 Vetorecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3 Ausnahmen vom Konsultations- und Konsolidierungsverfahren bei vorläufigen Maßnahmen . . . . . . . . . . . . 2.5 Ausgewählte Probleme und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Zeitliche Vorgaben für Beginn und Abschluss von Marktdefinition und Marktanalyse und Straffung von Konsultations- und Konsolidierungsverfahren . . . . . . 2.5.2 Gemeinsame oder getrennte Notifizierung von Marktanalyse und Regulierungsmaßnahmen? . . . . . . . 2.5.3 Kein Vetorecht der EU-Kommission für Maßnahmen (Vorabverpflichtungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.4 Überarbeitung der Märkteempfehlung . . . . . . . . . . . . . 3.
30 585 31 585 35 586 36 587 39 589 42 590 49 593 51 593
51 593 53 594 55 595 57 596
Systematik der Marktregulierung nach dem TKG . . . . . . . .
60 597
4. Konsultations- und Konsolidierungsverfahren . . . . . . . . . . . 4.1 Konsultationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Konsolidierungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
65 603 67 605 73 608
5.
75 609
6. 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5
Einstweilige Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Telekommunikationsmärkte“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Nachhaltig wettbewerbsorientierter Markt“ . . . . . . . . . . . . „Neuer Markt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Wirksamer Wettbewerb“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Beträchtliche Marktmacht“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.1 Einordnung und Bindungswirkung des Hinweises auf die Kommissionsleitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.2 Kriterien für das Bestehen beträchtlicher Marktmacht in der Praxis der BNetzA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.2.1 Marktanteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.2.2 Sonstige Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.2.2.1 Unternehmensbezogene Kriterien . . . . . . . . 6.5.2.2.2 Marktbezogene Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.3 Umsetzung durch die BNetzA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5.4 Gemeinsame Marktbeherrschung und Marktmachtübertragung auf Nachbarmärkte . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.6 „Unternehmen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80 81 83 88 91 92
612 612 613 615 617 617
94 619 97 98 101 102 111 115
620 621 622 622 625 626
116 627 117 627
XXXI
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
7. Marktdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Parameter für die Marktdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.1 Bestimmung des sachlich und räumlich relevanten Marktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.2 Drei-Kriterien-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.3 Einordnung und Bindungswirkung des Hinweises auf die Märkteempfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.4 Beurteilungsspielraum der BNetzA . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Ergebnis und Status der bisherigen Marktdefinitionen . . . . . 7.2.1 Telefoniemärkte an festen Standorten für Endnutzer . 7.2.1.1 Die Behandlung von VoIP . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1.2 Die Behandlung sprachorientierter Systemlösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2 Öffentliche Auslandsgespräche an festen Standorten für Endnutzer – Der Drei-Kriterien-Test in der Praxis der BNetzA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.3 Vorleistungsmärkte für Festnetztelefonie . . . . . . . . . . 7.2.4 Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung . . . . . . . . . . . 7.2.5 Breitbandzugang für Großkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.5.1 Definition des Bitstrom-Zugangs . . . . . . . . . . . 7.2.5.2 Einbeziehung von VDSL . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.5.3 Eigenständige Marktdefinition für IP-Breitband-Zuführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.5.4 Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.6 Mietleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.7 Anrufzustellung in einzelnen Mobilfunknetzen . . . . . 7.2.8 Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobilfunknetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.9 Rundfunk-Übertragungsdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Neue Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.
118 627 123 629 123 629 125 630 130 137 139 145 147
635 638 639 654 654
149 655
152 154 156 157 158 161
658 658 660 661 661 663
164 165 167 170
665 665 666 668
174 670 176 671 179 673
Marktanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
184 677
8.1 Parameter für die Marktanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Ergebnis und Status der bisherigen Marktanalysen . . . . . . . . 8.3 Behandlung von Problemen bei der Marktdatenerhebung durch die BNetzA und EU-Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Behandlung ausgleichender Nachfragemacht durch BNetzA und EU-Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5 Behandlung gemeinsamer Marktbeherrschung durch die BNetzA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
186 677 187 678
9.
Überprüfung von Marktdefinition und Marktanalyse . . . . . .
XXXII
192 691 194 692 199 695 201 696
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
10. 10.1 10.2 10.3 10.4
Regulierungsverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtliche Einordnung der Regulierungsverfügung . . . . . . . Bestimmtheit der Regulierungsverfügung . . . . . . . . . . . . . . Feststellungswirkung der Regulierungsverfügung . . . . . . . . Parameter für die Regulierungsverfügung, insbesondere für den Bereich der Entgeltregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5 Ergebnis und Status der bisherigen Regulierungsverfügungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.6 Schicksal von (Alt-)Verpflichtungen des TKG 1996 . . . . . .
204 209 210 214
11. Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1 Rechtsschutz des betroffenen Unternehmens . . . . . . . . . . . 11.2 Rechtsschutz für Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.1 Rechtsschutz gegen Aufhebung bzw. Widerruf einer bestehenden Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.2 Rechtsschutz für Auferlegung von Verpflichtungen und Durchführung von Marktdefinition und Marktanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
230 725 232 725 235 728
12. 13.
698 699 701 703
216 704 220 707 224 720
236 729
239 730
Verhältnis der Marktregulierung nach dem TKG zu den Vorschriften des Kartellrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
249 737
Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
255 740
H. Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht (Heun) 1.
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 743
2. 2.1 2.2
Rechtliche Grundlagen und Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . Europarechtliche Grundlagen: „Essential Facilities Doktrin“ Europarechtliche Vorgaben aus dem Richtlinienpaket 2002
9 746 11 747 16 748
3. 3.1 3.2
Die Systematik der Zugangsregulierung . . . . . . . . . . . . . . . Wesentliche Änderungen zum TKG 1996 . . . . . . . . . . . . . . Übergreifende Verfahrens- und Rechtsschutzfragen . . . . . .
20 751 21 751 27 754
4.
Übersicht auferlegter Zugangsverpflichtungen . . . . . . . . . .
29 755
5. 5.1
Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Zugang“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Abgrenzung des Zugangsbegriffs in § 3 Nr. 32 TKG . 5.1.1.1 Abgrenzung zum Bereich der Rundfunkübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35 765 36 765 40 767 41 768
XXXIII
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
5.1.1.2
Abgrenzung zum Zugang von Endnutzern bzw. Teilnehmern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1.3 Abgrenzung mit Blick auf nicht öffentliche Telekommunikationsdienste . . . . . . . . . . . . 5.1.1.4 Abgrenzung gegenüber der Kontrolle des Zugangs zu Endnutzern . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 Leistungsumfang des Zugangsbegriffs in § 3 Nr. 32 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2.1 Zusätzliche Leistungen bzw. Nebenleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2.2 Keine Beschränkung auf Telekommunikationsdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2.3 Kein Zugang zu nicht vorhandenen Leistungen, keine generelle Verpflichtung zum Kapazitätsausbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 „Zusammenschaltung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 „Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.1 Telekommunikationsnetz . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.1.1 Fortgeltung der Mindestanforderungen an ein Telefonnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.1.2 Differenzierung zwischen funktional unterschiedlichen Netzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.2 Betreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1.3 Öffentlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 „Physische und logische Verbindung“ . . . . . . . . . . . . . 5.2.3 Finale Komponente der Zusammenschaltung . . . . . . . 5.2.3.1 Kommunikation zwischen Nutzern . . . . . . . 5.2.3.2 Inanspruchnahme von Diensten . . . . . . . . . . 5.2.3.3 Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.4 Leistungsumfang des Zusammenschaltungsbegriffs . . Allgemeine Pflichten in Bezug auf Zugänge und Zusammenschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Angebotspflicht für die Zusammenschaltung nach § 16 TKG 6.1.1 Europarechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.2 Adressaten von § 16 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.3 Zweckbestimmung von § 16 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.4 Rechte und Pflichten der Adressaten . . . . . . . . . . . . . . 6.1.4.1 Zusammenschaltungsverlangen . . . . . . . . . . 6.1.4.2 Angebotsabgabe und Verhandlungen . . . . . . 6.1.5 Durchsetzung und Rechtsfolgen bei unterbliebener Abgabe eines Angebots oder der Verweigerung von Verhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42 768 45 769 48 771 49 771 51 772 53 773
58 775 61 776 64 778 65 778 66 778 69 74 76 78 80 82 83 85 87
781 783 784 784 785 787 788 789 791
92 94 95 98 99 101 102 104
795 795 796 797 797 798 798 799
6.
XXXIV
108 801
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
6.1.6 Rechtsfolgen bei endgültigem Scheitern der Verhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Vertraulichkeitspflichten nach § 17 TKG . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Europarechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.2 Adressaten von § 17 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.3 Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.4 Inhalt und Umfang der Vertraulichkeitspflichten . . . . 6.2.5 Durchsetzung der Vertraulichkeitspflichten und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.
Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.1 Diskriminierungsverbot bzw. Gleichbehandlungsverpflichtung nach § 19 TKG . . . . . . . . . 7.1.1 Europarechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.2 Verhältnis zur besonderen Missbrauchsaufsicht in § 42 TKG und im GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.3 Adressaten von § 19 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.4 Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.5 Inhalt und Umfang des Diskriminierungsverbots . . . . 7.1.5.1 Gleichbehandlungsgebote des § 19 Abs. 1 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.5.2 Gleichbehandlungsgebote des § 19 Abs. 2 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.5.2.1 Gleichwertigkeitsgebot im Sinne der extern-extern-Gleichbehandlung . . . . . . . . . 7.1.5.2.2 Gebot der intern-extern-Gleichbehandlung . 7.1.6 Sachliche Rechtfertigung für Ungleichbehandlungen . 7.1.7 Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.7.1 Liefersperre bzw. Zugangsverweigerung oder -beschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.7.1.1 Kapazitätsengpässe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.7.1.2 Grundlegende Anforderungen wie Netzintegrität, Sicherheit des Netzbetriebs und Interoperabilität von Diensten . . . . . . . . . . . 7.1.7.1.3 Schutz von proprietären Rechten . . . . . . . . . 7.1.7.1.4 Gründe in der Person des Nachfragers . . . . . 7.1.7.2 Konditionendifferenzierung . . . . . . . . . . . . . 7.1.7.2.1 Interessabwägung bei Bereitstellungsfristen 7.1.7.2.2 Produktinnovation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.8 Auferlegungspraxis der BNetzA . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.9 Rechtsschutz, Durchsetzung des Diskriminierungsverbots und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
112 113 114 115 120 124
802 803 803 803 805 806
129 808
132 809 135 810 137 811 139 143 145 146
812 814 815 816
148 817 156 821 157 164 168 171
821 825 827 828
173 830 174 830
175 178 180 181 182 183 185
831 833 833 834 834 834 836
187 837
XXXV
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
7.1.9.1 Rechtsschutz zur Erlangung oder gegen den Widerruf der Gleichbehandlungsverpflichtung 7.1.9.2 Rechtsschutz gegen die Auferlegung der Gleichbehandlungsverpflichtung . . . . . . . . . . . 7.1.9.3 Durchsetzung der Gleichbehandlungsverpflichtung und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . 7.2 Transparenzverpflichtung nach § 20 TKG . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.1 Europarechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2 Adressaten von § 20 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.3 Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.4 Inhalt und Umfang der Transparenzverpflichtung . . . . 7.2.4.1 Pflicht zur Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.4.2 Nähere Konkretisierung von Inhalt und Form durch die BNetzA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.5 Auferlegungspraxis der BNetzA . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.6 Rechtsschutz, Durchsetzung der Transparenzverpflichtung und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.6.1 Rechtsschutz zur Erlangung oder gegen den Widerruf der Transparenzverpflichtung . . . . . . 7.2.6.2 Rechtsschutz gegen die Auferlegung der Transparenzverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.6.3 Durchsetzung der Transparenzverpflichtung und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3 Getrennte Rechnungsführung nach § 24 TKG . . . . . . . . . . . . 7.3.1 Europarechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.2 Adressaten von § 24 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.3 Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.4 Inhalt und Umfang der getrennten Rechnungsführung 7.3.4.1 Inhaltliche Verpflichtungen und Vorgaben . . . 7.3.4.2 Vorlagepflichten und Veröffentlichung . . . . . . 7.3.5 Auferlegungspraxis der BNetzA . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.6 Rechtsschutz, Durchsetzung der getrennten Rechnungsführung und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.6.1 Rechtsschutz zur Erlangung oder gegen den Widerruf der Transparenzverpflichtung . . . . . . 7.3.6.2 Rechtsschutz gegen die Auferlegung der Transparenzverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.6.3 Durchsetzung der Transparenzverpflichtung und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Zugangsverpflichtungen nach § 21 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.1 Europarechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.2 Adressaten von § 21 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.3 Verfahrenseinleitung und Antragstellung . . . . . . . . . .
XXXVI
188 837 191 839 192 197 198 200 202 206 209
839 841 841 842 843 844 846
211 847 212 847 214 848 215 848 218 849 219 222 224 226 228 230 231 233 236
849 850 851 854 855 855 855 857 859
240 861 241 861 242 862 243 246 248 249 251
862 863 864 865 866
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
7.4.4 Entscheidungsprogramm und Abwägungskatalog des § 21 Abs. 1 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.4.1 Marktentwicklung und Endnutzerinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.4.1.1 Entwicklung nachgelagerter Märkte . . . . . 7.4.4.1.2 Endnutzerinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.4.1.3 Sonstige Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.4.1.4 Beurteilungsspielraum . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.4.2 Grundlagen zum Ermessens- und Abwägungsprogramm . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.4.3 Gebundenes und offenes Ermessen bei Zugangsverpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.4.4 Einzelkriterien des § 21 Abs. 1 S. 2 TKG . . 7.4.4.4.1 Technische und wirtschaftliche Tragfähigkeit konkurrierender Einrichtungen . 7.4.4.4.2 Möglichkeit der Zugangsgewährung/ Kapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.4.4.3 Anfangsinvestitionen und Investitionsrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.4.4.4 Langfristige Sicherung des Wettbewerbs, insbesondere durch Anreize zu Infrastrukturinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.4.4.5 Gewerbliche Schutzrechte . . . . . . . . . . . . . 7.4.4.4.6 Europaweite Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.4.4.7 Bereits bestehende Zugangsverpflichtungen oder freiwillige Angebote . . . . . . . . . . . . . . 7.4.4.5 Nachfragegerechte Entbündelung . . . . . . . 7.4.5 Zugangsgewährungsverpflichtungen des KannKatalogs in § 21 Abs. 2 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.5.1 Zugang zu bestimmten Netzeinrichtungen und -komponenten einschließlich des entbündelten Breitbandzugangs (Nr. 1) . . . 7.4.5.1.1 Inhalt und Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.5.1.1.1 Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.5.1.1.2 Bitstrom Zugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.5.1.2 Auferlegungspraxis der BNetzA . . . . . . . . . 7.4.5.2 Keine nachträgliche Verweigerung bereits gewährten Zugangs (Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . 7.4.5.2.1 Inhalt und Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.5.2.2 Auferlegungspraxis der BNetzA . . . . . . . . . 7.4.5.3 Zugang zu Endnutzerdiensten zu Großhandelbedingungen für den Weitervertrieb in eigenem Namen – Wiederverkauf, Resale (Nr. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
255 868 259 261 264 266 268
870 871 872 872 873
271 874 274 876 277 878 278 878 280 879 283 882
285 883 287 884 289 885 291 886 294 888 297 889
298 299 301 304 309
890 890 891 893 896
316 900 317 900 319 901
320 902
XXXVII
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
7.4.5.3.1 Inhalt und Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.5.3.2 Auferlegungspraxis der BNetzA . . . . . . . . . . 7.4.5.4 Voraussetzungen für die Interoperabilität (Nr. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.5.4.1 Inhalt und Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.5.4.2 Auferlegungspraxis der BNetzA . . . . . . . . . . 7.4.5.5 Zugang zu Systemen für die Betriebsunterstützung (Nr. 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.5.5.1 Inhalt und Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.5.5.2 Auferlegungspraxis der BNetzA . . . . . . . . . . 7.4.5.6 Nutzungsmöglichkeiten von Zugangsleistungen und Kooperationsmöglichkeiten zwischen zugangsberechtigten Unternehmen (Nr. 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.5.6.1 Inhalt und Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.5.6.2 Auferlegungspraxis der BNetzA . . . . . . . . . . 7.4.5.7 Zugang zu Dienstleistungen für Fakturierung und Inkasso (Nr. 7) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.5.7.1 Exkurs: Online- und Offline Billing . . . . . . . 7.4.5.7.2 Besondere Voraussetzungen für die Auferlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.5.7.3 Verpflichtete und berechtigte Unternehmen 7.4.5.7.4 Inhalt und Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.5.7.5 Auferlegungspraxis der BNetzA . . . . . . . . . . 7.4.6 Zugangsgewährungsverpflichtungen des Soll-Katalogs in § 21 Abs. 3 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.6.1 Entbündelter Zugang zum Teilnehmeranschluss (Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.6.1.1 Inhalt und Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.6.1.2 Auferlegungspraxis der BNetzA . . . . . . . . . . 7.4.6.2 Zusammenschaltung von Telekommunikationsnetzen (Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.6.2.1 Inhalt und Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.6.2.2 Auferlegungspraxis der BNetzA . . . . . . . . . . 7.4.6.2.3 Exkurs: Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl (§ 40 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.6.3 Offener Zugang zu technischen Schnittstellen, Protokollen oder anderen Schlüsseltechnologien (Nr. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.6.3.1 Inhalt und Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.6.3.2 Auferlegungspraxis der BNetzA . . . . . . . . . . 7.4.6.4 Kollokation oder andere Formen der gemeinsamen Nutzung von Einrichtungen (Nr. 4) . .
XXXVIII
322 904 324 905 326 906 329 908 332 909 333 909 334 910 337 911
338 912 339 912 341 914 343 914 345 915 349 350 352 355
919 920 921 923
356 924 357 924 358 925 363 928 366 929 368 930 369 930 371 931
373 932 375 933 377 934 378 934
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7.4.6.4.1 Inhalt und Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.6.4.1.1 Kollokation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.6.4.1.2 Gemeinsame Nutzung anderer Einrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.6.4.1.3 Zutrittsgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.6.4.2 Auferlegungspraxis der BNetzA . . . . . . . . . 7.4.7 Beschränkungen der Auferlegung von Zugangsgewährungsverpflichtungen nach § 21 Abs. 4 TKG . . 7.4.8 Rechtsschutz, Durchsetzung der Zugangsgewährungsverpflichtungen und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.8.1 Rechtsschutz zur Erlangung oder gegen den Widerruf einer Zugangsgewährungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.8.2 Rechtsschutz gegen die Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung . . . . . . . 7.4.8.3 Durchsetzung einer Zugangsgewährungsverpflichtung und Sanktionen . . . . . . . . . . 7.5 Standardangebot (§ 23 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.1 Regelungssystematik des § 23 TKG . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.2 Adressaten von § 23 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.3 Erstmalige Auferlegung der Verpflichtung zum Standardangebot (§ 23 Abs. 1 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.3.1 Allgemeine Nachfrage nach Zugangsleistungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.3.2 Rechtsfolgen, Umsetzung und Umfang der Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.3.2.1 Formale Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.3.2.2 Zivilrechtliche Konsequenzen . . . . . . . . . . 7.5.3.3 Rechtsschutz und Durchsetzung der Auferlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.3.3.1 Rechtsschutz zur Erlangung oder gegen den Widerruf der Verpflichtung zum Standardangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.3.3.2 Rechtsschutz gegen die Auferlegung der Verpflichtung zum Standardangebot . . . . . 7.5.3.3.3 Durchsetzung der Verpflichtung zum Standardangebot und Sanktionen . . . . . . . 7.5.4 Überprüfungsverfahren zum Standardangebot (§ 23 Abs. 2–4 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.4.1 Ermittlung der allgemeinen Nachfrage (§ 23 Abs. 2 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.4.1.1 Voraussetzung für die Durchführung des Anhörungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . .
380 935 380 935 385 937 386 937 387 938 388 939 389 939
390 939 393 940 394 398 399 401
941 942 942 944
403 945 406 946 407 947 408 947 410 948 411 949
412 949 414 949 415 950 418 950 420 951 422 952
XXXIX
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
7.5.4.1.2 Anhörungsverfahren und Anhörungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.4.2 Festlegung von Zugangsleistungen und Vorlagepflicht für Standardangebot (§ 23 Abs. 3 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.4.2.1 Zugangsleistungen für die eine allgemeine Nachfrage besteht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.4.2.2 Aufforderung zur Vorlage eines Standardangebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.4.2.3 Vorgaben zu einzelnen Bedingungen des Standardangebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.4.2.4 Inhaltliche Anforderungen an das Standardangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.4.2.5 Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.4.3 Überprüfung und Festlegung des Standardangebots (§ 23 Abs. 4 TKG) . . . . . . . . . . . . . . 7.5.4.3.1 Vornahme von Veränderungen . . . . . . . . . . . 7.5.4.3.2 Mindestlaufzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.4.4 Rechtsfolgen und Entgeltregulierung . . . . . . 7.5.4.4.1 Änderung/Einstellung des Standardangebots 7.5.4.4.2 Entgeltregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.4.5 Rechtsschutz und Durchsetzung der Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.5 Auferlegung der Verpflichtung zum Standardangebot nach Zugangsvereinbarung oder Zugangsanordnung (§ 23 Abs. 5 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.5.1 Zugangsvereinbarung nach § 22 TKG/ Zugangsanordnung nach § 25 TKG . . . . . . . . 7.5.5.2 Ermittlung der allgemeinen Nachfrage . . . . . 7.5.5.3 Verhältnis von § 23 Abs. 5 zum Verfahren gemäß § 23 Abs. 2–4 TKG . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.6 Verpflichtung zur Änderung des Standardangebots (§ 23 Abs. 6 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.5.7 Auferlegungs- und Überprüfungspraxis der BNetzA . . Besondere Verpflichtungen für Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Verpflichtungen nach § 18 gegenüber Unternehmen, die den Zugang zu Endnutzern kontrollieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.1 Struktur, Programm und Zweckbestimmung von § 18 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.2 Adressaten von § 18 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.3 Zusammenschaltungsverpflichtung nach § 18 Abs. 1 S. 1 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.3.1 „In begründeten Fällen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . .
424 954
427 955 428 955 429 956 430 957 431 958 432 959 433 436 437 440 441 444
959 960 961 962 962 964
445 965
451 967 453 968 455 968 456 969 458 970 462 971
8.
XL
464 972 465 972 467 973 471 975 475 978 476 979
Inhaltsverzeichnis
8.2
8.3
9. 9.1
9.2 10. 10.1 10.2 10.3
8.1.3.2 Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.3.3 Inhalt und Umfang der Zusammenschaltungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.4 Weitere Zugangsverpflichtungen nach § 18 Abs. 1 S. 2 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.5 Diskriminierungsverbot nach § 18 Abs. 2 TKG . . . . . 8.1.6 Auferlegungspraxis der BNetzA . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1.7 Rechtsschutz, Durchsetzung der Zugangsgewährungsverpflichtungen und Sanktionen . . . . . . . Verpflichtungen aufgrund von Vergabeverfahren für Frequenzzuteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.1 Befugnis aus der Frequenzregulierung zur Auferlegung von (Zugangs-)Verpflichtungen . . . . . . . . . . 8.2.2 Zulässige Ausnahmetatbestände des TKG und des europäischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.3 Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2.4 Rechtsschutz, Durchsetzung etwaiger Zugangsgewährungsverpflichtungen und Sanktionen . . . . . . . Verpflichtungen aufgrund der GSM- und UMTS-Lizenzen . 8.3.1 Fortgeltung der Diensteanbieterverpflichtungen aus den GSM- und UMTS-Lizenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3.2 Adressaten der Diensteanbieterverpflichtungen . . . . 8.3.3 Inhalt und Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3.4 Durchsetzung der Diensteanbieterverpflichtungen . . 8.3.4.1 Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG . . 8.3.4.2 Sonstige Mittel zur Durchsetzung . . . . . . . . . Sonstige gesetzliche Verpflichtungen zur Wettbewerbsregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bereitstellen von Teilnehmerdaten nach § 47 TKG . . . . . . 9.1.1 Adressaten § 47 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.2 Teilnehmerdaten als Gegenstand der Bereitstellungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.3 Inhalt und Umfang der Bereitstellungspflicht . . . . . . 9.1.4 Rechtsschutz, Durchsetzung der Überlassung und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.5 Entgeltregulierung für die Überlassung der Teilnehmerdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verpflichtungen aufgrund von Wegerechten . . . . . . . . . . . . Zugangsvereinbarungen nach § 22 TKG . . . . . . . . . . . . . . . Adressaten von § 22 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt und Umfang der Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . Form, Vorlage von und Einsichtnahme in Zugangsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz.
Seite
478
979
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982
482 484 487
982 984 985
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497 500
990 991
501 502 503 506 507 508
993 993 993 994 995 995
509 510 512
996 996 997
514 516
998 999
519 1001 522 1002 523 1002 524 1003 525 1003 527 1004 531 1005
XLI
Inhaltsverzeichnis Rz.
10.4 Durchsetzung und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5 Struktur und Inhalt von Zugangsvereinbarungen . . . . . . . . 10.5.1 Einordnung, Vorgaben und Struktur für Zugangsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5.2 Zusammenschaltungsvereinbarung mit der DTAG . 10.5.2.1 Hauptteil (Hauptvertrag) . . . . . . . . . . . . . 10.5.2.2 Anlage A – Begriffsbestimmungen . . . . . 10.5.2.3 Anlage B – Interconnection-Anschluss (ICA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5.2.4 Anlage C – Diensteportfolio . . . . . . . . . . 10.5.2.4.1 Netzkonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5.2.4.2 Zusammenschaltungsdienste . . . . . . . . . 10.5.2.5 Anlage D – Preis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5.2.6 Anlage E – Qualität . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5.2.7 Anlage F – Orte der Zusammenschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5.2.8 Anlage G – Veröffentlichung . . . . . . . . . . 10.5.2.9 Anhang A – Technische Parameter und Beschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5.2.10 Anhang B – Bestellung/Bereitstellung . . . 10.5.2.11 Anhang C – Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5.2.12 Anhang D – Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5.2.13 Anhang E – Kollokation . . . . . . . . . . . . . . 10.5.2.14 Anhang F – Abrechnung . . . . . . . . . . . . . . 10.5.2.15 Anhang G – Gegenseitige Leistungsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5.2.16 Anhang H – Ansprechpartner . . . . . . . . . 10.5.2.17 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5.3 Zusammenschaltungsvereinbarungen mit Mobilfunknetzbetreibern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5.4 Sonstige Zusammenschaltungsvereinbarungen im Festnetzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5.5 Vereinbarung über den Zugang zum Teilnehmeranschluss mit der DTAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5.5.1 Vertragsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5.5.2 Exkurs: Vereinbarungsfiktion in Bezug auf Entgelte und mit Blick auf § 35 Abs. 5 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.5.6 Vereinbarung über den IP-Bitstrom-Zugang mit der DTAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Seite
536 1007 537 1007 538 541 543 545
1008 1010 1010 1011
546 548 549 551 552 554
1011 1012 1012 1013 1013 1014
555 1014 556 1014 557 558 559 560 561 562
1015 1015 1015 1016 1016 1016
563 1016 564 1017 565 1017 566 1017 568 1018 571 1019 572 1020
574 1020 577 1023
11. Zugangsanordnungen durch die BNetzA nach § 25 TKG . . 578 1024 11.1 Voraussetzungen der Zugangsanordnung . . . . . . . . . . . . . . . 581 1025 11.1.1 Kein Zustandekommen einer Vereinbarung und Subsidiarität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 582 1025 XLII
Inhaltsverzeichnis
11.2 11.3
11.4 11.5
11.6
11.7
11.1.2 Keine Subsidiarität gegenüber der besonderen Missbrauchsaufsicht oder dem Standardangebot . . . 11.1.3 Vorliegen der Verpflichtungsvoraussetzungen . . . . . Anordnungsgegenstand und Inhalt der Zugangsanordnung . Anordnungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.1 Verfahrenseinleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.2 Antragsanforderungen und in diesem Zusammenhang für die Verhandlungen zu beachtenden Punkte 11.3.3 Durchführung und Abschluss des Verfahrens . . . . . Rechtliche Einordnung und Rechtsfolgen der Zugangsanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsschutz und Durchsetzung der Zugangsanordnung . . 11.5.1 Rechtsschutz gegen die Ablehnung einer Zugangsanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.5.2 Rechtsschutz gegen die Zugangsanordnung . . . . . . . 11.5.3 Durchsetzung der Zugangsanordnung und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderregelung für streitige Entgelte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.6.1 Durchführung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.6.2 Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anordnungspraxis der BNetzA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12. Besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG . . . . . . . . . 12.1 Besondere Missbrauchsaufsicht des § 42 TKG . . . . . . . . . . . 12.2 Adressaten und Anwendungsbereich von § 42 TKG . . . . . . 12.2.1 Kreis der Verpflichteten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.1.1 Zur Vorgreiflichkeit eines förmlichen Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.1.2 Problem des erweiterten Adressatenkreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.1.3 Altverpflichtungen und Drittmärkte . . . . . 12.2.2 Kreis der Berechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3 Missbrauchsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3.1 Abgrenzung zur Entgeltregulierung . . . . . . . . . . . . . 12.3.2 Systematisierung und Entscheidungsprogramm des § 42 TKG in der Praxis der BNetzA . . . . . . . . . . . . . 12.4 Beispielsverbote: Behinderung und Beeinträchtigung . . . . . 12.4.1 Behinderungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.4.2 Beeinträchtigungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.5 Behinderungsvermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.6 Diskriminierungsvermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.6.1 Intern genutzte und am Markt angebotene Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Rz.
Seite
586 588 592 597 598
1029 1029 1031 1034 1034
600 1035 607 1038 611 1039 614 1040 615 1040 618 1041 620 622 625 627 631
1042 1043 1044 1045 1047
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650 651 652 654 656 659
1057 1058 1058 1059 1060 1061
661 1061
XLIII
Inhaltsverzeichnis Rz.
12.7 12.8
12.9
12.10 12.11
12.6.2 Sich selbst, seinen Tochter- oder Partnerunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.6.3 Keine günstigeren Bedingungen und keine bessere Qualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unbilligkeit der Behinderung bzw. sachliche Rechtfertigung der Beeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.8.1 Liefersperre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.8.2 Bezugssperre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.8.3 Konditionendifferenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.8.4 Vertriebsgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren nach § 42 Abs. 4 TKG – Missbrauchsverfahren . 12.9.1 Verfahrenseinleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.9.2 Durchführung und Abschluss des Verfahrens . . . . Rechtliche Einordnung, Umfang und Rechtsfolgen der Missbrauchsverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsschutz, Durchsetzung der Missbrauchsverfügung und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.11.1 Rechtsschutz gegen die Ablehnung einer Missbrauchsverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.11.2 Rechtsschutz gegen die Missbrauchsverfügung . . . 12.11.3 Durchsetzung der Zugangsanordnung und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Seite
665 1063 666 1064 669 671 672 676 677 678 681 682 686
1065 1066 1067 1070 1071 1072 1073 1073 1075
689 1076 692 1077 693 1077 695 1077 696 1078
13.
Vorteilsabschöpfung nach § 43 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 698 1078
13.1 13.2 13.3 13.4 13.5
Voraussetzungen der Vorteilsabschöpfung . . . . . . . . . . . . . Bestimmung des wirtschaftlichen Vorteils . . . . . . . . . . . . . Begrenzungen und Dauer der Vorteilsabschöpfung . . . . . . . Abschöpfungsverfahren und -anordnung . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14.
Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 716 1084
701 704 707 711 714
1079 1080 1081 1083 1084
I. Entgeltregulierung (Gramlich) 1. 1.1 1.2
XLIV
Von der Gebührenpolitik zur Entgeltregulierung . . . . . . . . Gebühren als Gegenleistung für die Benutzung der Einrichtungen des Fernmeldewesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gebührengestaltung vor der zweiten Postreform . . . . . . . . 1.2.1 Ausgangspunkt: Reichspostfinanzgesetz 1924 . . . . 1.2.2 Rechtslage nach dem Postverwaltungsgesetz 1953
1 1085 1 2 2 3
1085 1086 1086 1086
Inhaltsverzeichnis Rz.
1.2.3 Schritte auf dem Weg zur unternehmerischen Selbständigkeit und zum Wettbewerb: Postverfassungsgesetz 1989 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.4 Zwischen erster und zweiter Postreform . . . . . . . . . . . 1.3 „Regulierung“ der Telekommunikation nach der zweiten Postreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Post- und Telekommunikations-Regulierungsgesetz 1994 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Telekommunikations-Kundenschutzverordnung 1995 1.3.3 Vom PTRegG zum TKG 1996 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Neukonzeption der Entgeltregulierung im TKG 1996 . . . . . 1.4.1 Ziele der Entgeltregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.2 Notwendigkeit einer sektorspezifischen Regulierung . 1.4.3 Entgeltregulierungskonzept 1996 im Überblick . . . . . 1.4.3.1 TKG 1996 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.3.2 Durchführungsverordnungen . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Vom TKG 1996 zum TKG 2004 und zu dessen erster Novellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.
Verfassungsrechtlicher Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Entgeltregulierung im internationalen und europäischen Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Völkervertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 ITU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 WTO/GATS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Europäisches Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Überblick über die vor dem „communications review“ 1999 geltenden Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.1 Harmonisierung: ONP-Rechtsakte (des Parlaments und) des Rates . . . . . . . . . . . 3.2.1.2 Liberalisierung: Richtlinien der Kommission 3.2.1.3 Relevante Vorschriften des allgemeinen Wettbewerbsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Das neue EG-Recht der elektronischen Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2.1 Ausgangspunkt: „communications review“ 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2.2 Grundzüge des Richtlinienpakets 2002 . . . . 3.2.2.2.1 Regulierung der Zugangsentgelte . . . . . . . . . 3.2.2.2.2 Regulierung der Endnutzerentgelte . . . . . . . 3.2.2.2.3 Weitere Fälle der Entgeltregulierung . . . . . . 3.2.3 Künftiger Rechtsrahmen für die elektronische Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Seite
6 1088 12 1091 14 1092 14 18 20 21 21 22 23 23 32
1092 1095 1096 1097 1097 1098 1099 1099 1105
37 1111 38 1112
3.
40 40 40 41 42
1114 1114 1114 1115 1117
42 1117 42 1117 43 1118 44 1118 47 1120 47 48 48 53 56
1120 1121 1121 1124 1126
59a 1128
XLV
Inhaltsverzeichnis Rz.
Seite
4. Strukturen der Entgeltregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Gegenstände und Ziele der Entgeltregulierung . . . . . . . . . . . 4.2.1 Entgelte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Ziele der Entgeltregulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Regulierte Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht . . . . . . 4.3.2 Andere (Telekommunikations-)Unternehmen . . . . . . . 4.4 Maßstäbe für der Regulierung unterliegende Entgelte . . . . . . 4.4.1 Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung . . . . . . 4.4.2 Generell verbotene Entgeltgestaltungen . . . . . . . . . . .
60 60 62 62 64 66 66 68 69 69 72
1129 1129 1130 1130 1131 1132 1132 1134 1134 1134 1137
5.
76 1140
Voraussetzungen und Modalitäten der Entgeltregulierung . .
5.1 Parallelen und Unterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Zugangsleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 ex ante-Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Ex post-Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Endnutzerleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1 Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2 ex ante-Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.3 ex post-Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Weitere Fälle von Entgelt-Kontrollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.1 Entgelte für Betreiberaus- und -vorauswahl . . . . . . . . . 5.4.2 Entgelte für Mietleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.3 Entgelte beim Wechsel von Rufnummern . . . . . . . . . . 5.4.4 Entgelte für Überlassung von Teilnehmerdaten . . . . . 5.5 Sonderfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.1 Beurteilungsspielräume der Regulierungsbehörde . . . . 5.5.2 Umgang mit Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen . . . 5.5.3 Entgeltregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6 (Neue) Regulierungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.
76 79 79 94 102 102 103 105 108 108 109 110 111 112 112 113
1140 1142 1142 1153 1158 1158 1159 1160 1161 1161 1161 1162 1162 1163 1163 1164
116 1166 117 1167
Rechtsschutzfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 1169
6.1 Verwaltungsrechtliche Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 1169 6.2 Zivilrechtliche Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 1171 6.3 Ordnungswidrigkeitenverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 1172 7.
Sektorspezifische Regulierungs- contra allgemeine Kartellbehörde(n)? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 1173
8.
Ausblick: Entgeltregulierung in den Vorhabenplänen 2005 und 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1174
XLVI
Inhaltsverzeichnis
J. Rundfunkübertragung (Rickert) Rz. Seite
1. Regelungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Gesetzgebungskompetenz des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Abgrenzung zwischen §§ 48–51 TKG und § 53 RStV . . . . . .
3 1178 6 1179 12 1182
2. 2.1 2.2 2.3
17 1184 18 1185 20 1187
Gegenwärtiger Stand der Digitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . Einfachgesetzliche Vorgaben für die analoge Abschaltung . . Europarechtliche Vorgaben für die analoge Abschaltung . . . Gegenwärtiger Status der Digitalisierung der einzelnen Infrastrukturen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Stand der Digitalisierung bei der Terrestrik . . . . . . . . 2.3.2 Stand der Digitalisierung beim Satelliten . . . . . . . . . . 2.3.3 Stand der Digitalisierung beim Kabel . . . . . . . . . . . . .
3. 3.1 3.2 3.3
23 24 26 27
1188 1188 1189 1190
30 33 35 39 40 42
1192 1192 1194 1196 1196 1197
Interoperabilität von Fernsehgeräten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normadressat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an analoge Fernsehgeräte (§ 48 Abs. 1 TKG) Anforderungen an digitale Fernsehgeräte (§ 48 Abs. 2 TKG) 3.3.1 Common Interface („CI“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Application Programming Interface („API“) . . . . . . . . 3.4 Anforderungen an Decoder mit integrierten Zugangsberechtigungssystemen (§ 48 Abs. 3 TKG) . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 Zulässigkeit einer Verschlüsselung von Free-TV? . . . . 3.4.2 Erstreckung der Interoperablitätsforderung auf Empfangsgeräte ohne Zugangsberechtigungssystem . . 3.5 Verfahrensrechtliche Durchsetzung der Bestimmung . . . . . .
51 1200 53 1201
4. Interoperabilität der Übertragung digitaler Fernsehsignale . . 4.1 § 49 Abs. 1 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 § 49 Abs. 2 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Normadressaten und Begünstigte . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Gerechtfertigte Beschränkungen der Interoperabilität 4.3 § 49 Abs. 3 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54 55 57 58 60 61
5. Zugangsberechtigungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Verschlüsselung im Free- und Pay-TV gleichermaßen . . . . . 5.2 Realisierung der Verschlüsselung als sog. embedded Conditional Access-System oder über ein Common Interface-Modul . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Anzeigepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Normadressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Verfahrensdualität zwischen BNetzA und Landesmedienanstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66 1205 67 1206
47 1199 48 1199
1201 1202 1202 1202 1203 1204
70 1207 75 1208 80 1210 81 1210
XLVII
Inhaltsverzeichnis Rz.
5.6 Materiell-rechtliche Prüfungskompetenz von BNetzA und Landesmedienanstalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Streitschlichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Materiell-rechtlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Verfahrensrechtliche Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Vorgaben der Verfahrensordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.2 Organisation der Schlichtungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Verhältnis zwischen § 51 und § 49 Abs. 3 TKG . . . . . . . . . . . 6.4 Verhältnis zum Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG .
Seite
90 1213 91 93 97 100 106 108 109
1213 1214 1215 1216 1218 1219 1219
Teil 4 Regulierung der Nutzerverhältnisse K. Kundenschutz und Universaldienst (Sörup) 1.
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Zentrale Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Anbieter eines öffentlich zugänglichen Telefondienstes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Teilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4 Endnutzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Verbot abweichender Vereinbarungen/Umgehungsverbot (§ 47b TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Veröffentlichungs- und Informationspflichten . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Mindestinhalt von Verträgen mit Teilnehmern (§ 43a TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1.1 Adressaten und Anspruchsberechtigte der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1.2 Mindestvertragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1.3 Rechtsfolgen eines Verstoßes . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1.4 Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Veröffentlichungspflichten (§ 45n TKG) . . . . . . . . . . . 2.3.2.1 Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2.2 Inhalt der Pflichtveröffentlichung . . . . . . . . . .
1 1221
2.
XLVIII
4 1222 6 1223 7 1223 9 1224 10 1224 11 1225 12 1225 15 1226 16 1227 17 19 21 22 23 24 25
1227 1227 1228 1229 1229 1230 1230
Inhaltsverzeichnis
2.3.2.3 Veröffentlichung von Qualitätskennwerten 2.3.2.4 Veröffentlichung weiterer Informationen . 2.3.2.5 Ort der Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2.6 Durchsetzung der Veröffentlichungspflicht 2.4 Regelungen mit vertragsrechtlichem Schwerpunkt . . . . . . . 2.4.1 Haftungsbeschränkung (§ 44a TKG) . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1.1 Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1.2 Beschränkung auf Vermögensschäden . . . . 2.4.1.3 Individuelle Haftungsbeschränkung . . . . . 2.4.1.4 Globale Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . 2.4.1.5 Ausschluss der Haftungsbeschränkung . . . 2.4.1.6 Abweichende Haftungsregelungen . . . . . . 2.4.2 Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3 Entstörungsdienst (§ 45b TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3.1 Begriff der Störung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3.2 Unverzügliche Störungsbeseitigung . . . . . 2.4.3.3 Auf Verlangen des Teilnehmers . . . . . . . . . 2.4.3.4 Entgelt für die Störungsbeseitigung . . . . . . 2.4.4 Normgerechte technische Dienstleistung (§ 45c TKG) 2.4.5 Entgeltermittlung und Abrechnungsfragen . . . . . . . . . 2.4.5.1 Einzelverbindungsnachweis (§ 45e TKG) . 2.4.5.1.1 Adressaten und Anspruchsberechtigte der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.5.1.2 Pflicht zur Erteilung eines Einzelverbindungsnachweises . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.5.1.3 Ausnahmen von der Verpflichtung zur Erteilung eines EVN . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.5.1.4 Datenschutzrechtliche Vorgaben . . . . . . . . 2.4.5.1.5 Inhalt des Einzelverbindungsnachweises . 2.4.5.1.6 Unentgeltliche Bereitstellung . . . . . . . . . . 2.4.5.2 Vorausbezahlte Leistung (§ 45f TKG) . . . . 2.4.5.2.1 Universaldienstpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.5.2.1.1 Festlegung der Einzelheiten durch die BNetzA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.5.2.1.2 Ausschreibung der Leistung nach § 45f S. 3 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.5.2.2 Adressaten und Begünstigte der Regelung . 2.4.5.2.2.1 Anbieter des Zugangs zum öffentlichen Telefonnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.5.2.2.2 Anbieter öffentlich zugänglicher Telefondienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.5.2.3 Vorausbezahlte Leistungen . . . . . . . . . . . . 2.4.5.3 Verbindungspreisberechnung (§ 45g TKG) 2.4.5.3.1 Adressaten der Regelung . . . . . . . . . . . . . .
Rz.
Seite
26 29 30 31 32 33 36 37 38 40 41 43 47 50 52 53 54 55 56 58 59
1231 1232 1232 1233 1233 1233 1235 1235 1235 1236 1236 1237 1238 1239 1239 1240 1240 1241 1241 1242 1242
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1250 1251 1251 1252
XLIX
Inhaltsverzeichnis Rz.
2.4.5.3.2 2.4.5.3.2.1 2.4.5.3.2.2 2.4.5.3.2.3 2.4.5.3.2.4 2.4.5.3.3 2.4.5.3.3.1 2.4.5.3.3.2 2.4.5.3.3.3 2.4.5.3.3.4 2.4.5.3.4 2.4.5.4 2.4.5.4.1 2.4.5.4.2 2.4.5.4.3 2.4.5.4.3.1 2.4.5.4.3.2 2.4.5.4.3.3 2.4.5.4.4 2.4.5.4.4.1 2.4.5.4.4.2 2.4.5.4.5 2.4.5.5 2.4.5.5.1 2.4.5.5.1.1 2.4.5.5.1.2
L
Pflichten bei der Verbindungspreisberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeiterfassung und Abgleich mit amtlichen Zeitnormal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ermittlung der Entfernungszonen . . . . . . . Volumenabhängige Tarife . . . . . . . . . . . . . . Kontrolle der Abrechnungsgenauigkeit . . . Prüfungs- und Nachweispflicht der Anbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachweis der Abrechnungsgenauigkeit . . . Erstmaliger und regelmäßiger Nachweis . . Zertifizierungsstellen, Sachverständige und vergleichbare Stellen . . . . . . . . . . . . . . Outsourcing von (Teil)Prozessen . . . . . . . . Maßnahmen der BNetzA . . . . . . . . . . . . . . Rechnungsinhalt, Teilzahlungen (§ 45h TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflicht zur einheitlichen Rechnungserstellung, §§ 18, 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG. . . . Inhalt der Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angaben auf der Rechnung zu anderen Anbietern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hinweispflicht bei Rechnungseinwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflicht zur Erstellung eines Einzelverbindungsnachweises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erfüllungswirkung von Zahlungen/ Anrechnung bei Teilzahlung . . . . . . . . . . . Erfüllung bei Zahlung des Gesamtbetrags der Rechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anrechnung einer Teilzahlung bei mehreren Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . Umsatzsteuerrechtliche Regelung (§ 45h Abs. 4 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beanstandungen von Rechnungen (§ 45i TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsbereich, Adressaten, Berechtigtenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Netzbetreiber und Anbieter von Telekommunikationsdiensten . . . . . . . . . . . . . Anwendbarkeit auf Prepaid-Produkte . . . .
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Inhaltsverzeichnis Rz.
2.4.5.5.2 2.4.5.5.2.1 2.4.5.5.2.2 2.4.5.5.2.3 2.4.5.5.2.3.1 2.4.5.5.2.3.2 2.4.5.5.2.3.3 2.4.5.5.2.3.4 2.4.5.5.3 2.4.5.5.3.1 2.4.5.5.3.1.1 2.4.5.5.3.1.2 2.4.5.5.3.1.3 2.4.5.5.3.2 2.4.5.5.3.2.1 2.4.5.5.3.2.2 2.4.5.5.3.2.3 2.4.5.5.4 2.4.5.5.4.1 2.4.5.5.4.2 2.4.5.5.4.3 2.4.5.5.4.4 2.4.5.5.5 2.4.5.5.5.1 2.4.5.5.5.2 2.4.5.5.6
Beanstandung der Rechnung durch den Teilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Minimalanforderungen für die Erhebung von Beanstandungen . . . . . . . Beweislast für die form- und fristgerechte Beanstandung . . . . . . . . . . . . . . Vertragliche Regelungen über Rechnungsbeanstandungen . . . . . . . . . . . . . . Hintergrund der Regelung . . . . . . . . . . . Einwendungsausschlussklausel mit Genehmigungsfiktion . . . . . . . . . . . . . . Formvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . Situation bei Prepaid-Produkten . . . . . . Nachweis für die Richtigkeit der Abrechnung durch den Anbieter . . . . . . Inhalt des Entgeltnachweises und der technischen Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . Entgeltnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Technische Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . Entbehrlichkeit der Nachweiserbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorlage des Entgeltnachweises und des technischen Prüfergebnisses . . . . . . . . . Inhaltliche Anforderungen an die Vorlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frist für das Verlangen des Kunden . . . . Folgen einer verspäteten Vorlage durch den Anbieter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entfallen der Nachweispflicht/Beweislast (§ 45i Abs. 2 TKG) . . . . . . . . . . . . . . Verkehrsdaten aus technischen Gründen nicht vorhanden . . . . . . . . . . . Verkehrsdaten gelöscht . . . . . . . . . . . . . Verkehrsdaten auf Wunsch des Teilnehmers gelöscht . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolge: Beweislastumkehr . . . . . . . Beweislast für fehlerfreie Erbringung der Leistung (§ 45i Abs. 3 TKG) . . . . . . . Inhaltliche Anforderungen an den Nachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermutung für unrichtige Entgeltermittlung (§ 45i Abs. 3 S. 2 TKG) . . . . . Nicht zurechenbare Inanspruchnahme der Leistung durch den Teilnehmer . . . .
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Fehlende Zurechenbarkeit der Nutzung (§ 45i Abs. 4 S. 1 TKG) . . . . . . . . . . . . . . 2.4.5.5.6.2 Manipulation durch Dritte (§ 45i Abs. 4 S. 2 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.5.6 Entgelthöhe bei unrichtigem Verbindungsaufkommen (§ 45j TKG) . . . . . . . . 2.4.5.6.1 Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.5.6.2 Berechnung des durchschnittlichen Verbindungsaufkommens . . . . . . . . . . . . 2.4.5.6.2.1 Entfallen der Durchschnittsberechnung (§ 45j Abs. 1 S. 2 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.5.6.2.2 Berechnung bei kürzeren Abrechnungszeiträumen (§ 45j Abs. 2 S. 1 TKG) . . . . . 2.4.5.6.2.3 Geringerer Nutzungsumfang (§ 45j Abs. 2 S. 2 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.5.6.3 Rückzahlungsanspruch des Teilnehmers bei zuviel gezahltem Entgelt . . . . . . . . . . 2.4.5.7 Sperre und Zahlungsverzug (§ 45k TKG) 2.4.5.7.1 Anwendungsbereich der Norm . . . . . . . . 2.4.5.7.2 Verhältnis zu anderen Leistungsverweigerungsrechten . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.5.7.3 Zulässige Gründe für eine Sperre . . . . . . 2.4.5.7.3.1 Sperre wegen Zahlungsverzugs (§ 45k Abs. 2 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.5.7.3.1.1 Verzugssumme von 75 Euro . . . . . . . . . . 2.4.5.7.3.1.2 Vorherige Androhung der Sperre . . . . . . . 2.4.5.7.3.2 Einstellung der Leistung mit Kündigung (§ 45k Abs. 3 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.5.7.3.3 Ungewöhnlicher Anstieg des Entgeltaufkommens (§ 45k Abs. 4TKG) . 2.4.5.7.4 Beschränkung und Aufrechterhaltung der Sperre (§ 45k Abs. 5TKG) . . . . . . . . . 2.4.5.7.5 Abweichende Vereinbarungen/Anwendbarkeit bei Geschäftskunden . . . . . . . . . . 2.5 Telekommunikationsspezifische Kundenschutzregelungen . 2.5.1 Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl (§ 40 TKG) 2.5.1.1 Adressat der Verpflichtung . . . . . . . . . . . 2.5.1.1.1 Marktmächtige Unternehmen, die Anschlüsse an festen Standorten bereitstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1.1.2 Andere Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1.1.3 Besonderheiten im Mobilfunkbereich . . 2.5.1.2 Umfang der Betreiber(vor)auswahl . . . . .
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2.4.5.5.6.1
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2.5.1.3 2.5.1.3.1 2.5.1.3.2 2.5.1.3.3 2.5.1.3.4
2.5.2
2.5.3
2.5.4 2.5.5
Inhalt der Betreiber(vor)auswahl . . . . . . . . . . Betreiberauswahl (Call-by-Call) . . . . . . . . . . Betreibervorauswahl (Preselection) . . . . . . . . Orts- und Ferngespräche . . . . . . . . . . . . . . . . Nicht der Marktregulierung unterliegende Telefongespräche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1.3.5 Betreiber(vor)auswahl bei Mehrwertdiensten 2.5.1.4 Zusammenschaltung zur Umsetzung der Betreiber(vor)auswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1.4.1 Anreize zu effizienten Investitionen in Infrastruktureinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1.4.2 Effiziente Nutzung der vorhandenen Netze/ortsnahe Zuführung . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1.4.3 Entgeltfragen bei der Betreiber(vor)auswahl . 2.5.1.5 Auferlegung der Verpflichtung nach § 40 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1.6 Anspruch auf Betreiber(vor)auswahl . . . . . . . 2.5.1.6.1 Durchsetzung der Betreiber(vor)auswahl durch den Teilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1.6.2 Durchsetzung der Betreiber(vor)auswahl durch einen Wettbewerber . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1.6.3 Durchsetzung der Betreiber(vor)auswahl durch die BNetzA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1.7 Verfahrensfragen (AKNN) . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1.8 Beeinträchtigung der Betreiber(vor)auswahl . Angebot von Mietleitungen (§ 41 TKG) . . . . . . . . . . . . 2.5.2.1 Adressaten und Begünstigte der Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.2.2 Inhalt der Verpflichtung/Anordnung durch die BNetzA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.2.3 Transparenzgebot (§ 41 Abs. 2 TKG) . . . . . . 2.5.2.4 Entgeltregulierung (§ 41 Abs. 3 TKG) . . . . . . Berücksichtigung der Interessen behinderter Menschen (§ 45 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.3.1 Behinderte Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.3.2 Behindertengerechte Telekommunikationsdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.3.3 Vermittlungsdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nutzung von Grundstücken (§ 45a TKG) . . . . . . . . . . Zugang zu öffentlichen TK-Netzen an festen Standorten (§ 45d TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.5.1 Installation des Netzzugangs (§ 45d Abs. 1 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.5.5.2 2.5.5.2.1 2.5.5.2.2 2.5.5.2.3 2.5.5.2.4 2.5.5.3
Netzseitige Anrufsperre (§ 45d Abs. 2 TKG) Adressatenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umfang der Sperre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Realisierung der Sperre . . . . . . . . . . . . . . . . . Unentgeltlichkeit der Sperre . . . . . . . . . . . . . Weiterleitung der Kündigung (§ 45d Abs. 3 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.6 Dauerschuldverhältnisse bei Kurzwahldiensten (§ 45l TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.6.1 Anwendungsbereich/Begriffsbestimmung . . 2.5.6.2 Hinweis zur Entgelthöhe . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.6.2.1 Auf Verlangen des Teilnehmers . . . . . . . . . . 2.5.6.2.2 Weitere Voraussetzungen der Hinweispflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.6.2.3 Unentgeltlicher Hinweis . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.6.2.4 Unverzügliche Absendung des Hinweises . . 2.5.6.2.5 Rechtsfolge eines unterbliebenen Hinweises (§ 45l Abs. 1 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.6.3 Gesetzliches Kündigungsrecht (§ 45l Abs. 2 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.6.4 Informationen zum Vertragsinhalt (§ 45l Abs. 3 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.6.5 Vertragsschluss über Handshake-Verfahren (§ 45l Abs. 3 S. 3 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.7 Aufnahme in öffentliche Teilnehmerverzeichnisse (§ 45m TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.7.1 Adressatenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.7.2 Inhalt der Eintragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.7.3 Eintragung von Mitbenutzern . . . . . . . . . . . . 2.5.7.4 Recht zur Berichtigung oder Löschung . . . . . 2.5.7.5 Unentgeltlichkeit des Eintrags . . . . . . . . . . . 2.5.7.6 Teilnehmerverzeichnisse . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.7.7 Wiederverkäufer von Sprachkommunikationsdiensten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.7.8 Aufnahme in Verzeichnisse für Auskunftsdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.8 Auskunftsanspruch über zusätzliche Leistungen (§ 45p TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.8.1 Adressat des Auskunftsanspruches . . . . . . . . 2.5.8.1.1 Neben der Verbindung erbrachte Leistung . . 2.5.8.1.2 Verantwortlicher Anbieter . . . . . . . . . . . . . . 2.5.8.2 Auskunft nur auf Verlangen des Teilnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.8.3 Umfang der Auskunftserteilung . . . . . . . . . .
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2.5.9 Rufnummernfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.9.1 Rufnummernmissbrauch (§ 45o TKG) . . . 2.5.9.1.1 Adressat der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.9.1.2 Hinweispflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.9.1.3 Sanktionen bei Verstößen gegen gesetzliche Verbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.9.2 Rufnummernübertragbarkeit (§ 46 TKG) . 2.5.9.2.1 Umfang der Rufnummernübertragbarkeit . 2.5.9.2.2 Verpflichteter Personenkreis . . . . . . . . . . . 2.5.9.2.2.1 Betreiber öffentlich zugänglicher Telefonnetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.9.2.2.2 Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit . . . . . . . . . 2.5.9.2.3 Entgelte für die Rufnummernübertragung 2.5.9.2.4 Europäischer Telefonnummernraum . . . . . 2.6 Rechtsschutzmöglichkeiten der Endnutzer nach dem 3. Teil des TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1 Anspruch auf Schadensersatz und Unterlassung (§ 44 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1.1 Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1.1.1 Verhältnis des § 44 TKG zu anderen zivilrechtlichen Ansprüchen . . . . . . . . . . . 2.6.1.1.2 Verhältnis zu verwaltungsrechtlichen Maßnahmen/Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1.2 Anspruch auf Beseitigung, Unterlassen und Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1.2.1 Verstoß gegen telekommunikationsrechtliche Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1.2.1.1 Verstoß gegen das Gesetz . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1.2.1.2 Verstoß gegen eine aufgrund des Gesetzes erlassene Rechtsverordnung . . . . . . . . . . . . 2.6.1.2.1.3 Verstoß gegen eine aufgrund des Gesetzes in einer Zuteilung auferlegten Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1.2.1.4 Verstoß gegen eine Verfügung der BNetzA 2.6.1.2.2 Anspruchsberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1.2.2.1 Persönliche Anspruchsberechtigung – Endverbraucher/Wettbewerber . . . . . . . . . 2.6.1.2.2.2 Sachliche Anspruchsberechtigung – Kriterium der Betroffenheit . . . . . . . . . . . . 2.6.1.2.3 Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1.2.3.1 Beseitigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1.2.3.2 Unterlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1.2.3.3 Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1.2.3.4 Zinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.6.1.2.4 Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . 2.6.1.2.5 Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.1.3 Ansprüche von Verbraucherschutzorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.2 Schlichtungsverfahren (§ 47a TKG) . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.2.1 Parteien des Schlichtungsverfahrens . . . . . . 2.6.2.2 Antragsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.2.3 Streitgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.2.4 Schlichtungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6.2.5 Verfahrensordnung der BNetzA . . . . . . . . . . 3. Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG) . . . 3.1 Inkrafttreten der §§ 66a bis 66l TKG (§ 152 Abs. 1 S. 2 TKG) 3.2 Pflicht zur Preisangabe (§ 66a TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.1 Premium-Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.2 Auskunftsdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.3 Massenverkehrsdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.4 Geteilte-Kosten-Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.5 Neuartige Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.6 Kurzwahldienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Inhalt und Gestaltung der Preisangaben . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Preisanzeige im Fernsehen und in elektronischen Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4 Hinweis auf den Abschluss von Dauerschuldverhältnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.5 Bestimmungen bei Mobilfunk/Telefaxdiensten/ Datendiensten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Pflicht zur Preisansage (§ 66b TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Allgemeine Preisansagepflicht (§ 66b Abs. 1 TKG) . . . 3.3.1.1 Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1.2 Gestaltung der Preisansage/Dauer/Entgeltpflichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1.3 Erweiterung der Pflicht zur Preisansage auf weitere Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Sprachgestützte Massenverkehrs-Dienste (§ 66b Abs. 2 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3 Weitervermittlung über Auskunftsdienste (§ 66b Abs. 3 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4 Sprachgestützte Neuartige Dienste (§ 66b Abs. 4 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Preisanzeige bei Kurzwahl-Datendiensten (§ 66c TKG) . . . . 3.4.1 Preisanzeige bei Kurzwahl-Datendiensten . . . . . . . . . . 3.4.2 Ausnahme von der Pflicht zur Preisanzeige . . . . . . . . .
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1359 1360 1360 1361 1362 1362 1362 1362 1363 1363 1363
405 1365 406 1365 407 410 413 414
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416 1369 417 1369 418 1369 419 1370 422 423 424 429
1371 1371 1372 1373
Inhaltsverzeichnis Rz.
3.5
Preishöchstgrenzen (§ 66d TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.1 Preis bei zeitabhängig tarifierten PremiumDiensten (§ 66d Abs. 1 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.2 Preis bei zeitunabhängig tarifierten PremiumDiensten (§ 66d Abs. 2 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.3 Möglichkeit zur Vereinbarung höherer Preisgrenzen mit dem Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Verbindungstrennung (§ 66e TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7 Anwählprogramme – Dialer (§ 66f TKG) . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.1 Zulässigkeit von Dialern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.2 Registrierung/Vorgaben durch die BNetzA (§ 66f Abs. 2 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.3 Ablehnung der Dialer-Registrierung (§ 66f Abs. 3 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8 Auskunftsanspruch/Datenbank für (0)900er-Rufnummern (§ 66h TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.1 Auskunftsanspruch bei (0)900-Rufnummern (§ 66h Abs. 1 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.1.1 Antragsberechtigung und Umfang der Auskunftserteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.1.2 Mitwirkungspflichten der Zuteilungsnehmer/Netzbetreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.2 Datenbank bei (0)900-Rufnummern (§ 66h Abs. 2 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.3 Auskunftsanspruch bei anderen Diensten (§ 66h Abs. 3 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.3.1 Auskunft der BNetzA . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.3.2 Auskunft des rechnungsstellenden Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8.3.3 Auskunft des Netzbetreibers, in dessen Netz die Rufnummer geschaltet ist . . . . . . . 3.8.3.4 Auskunftspflicht des Zuteilungsempfängers 3.9 R-Gespräche (§ 66i TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10 Rufnummerübermittlung (§ 66j TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.10.1 Authentizität der übermittelten Anrufernummer . . 3.10.2 Ausnahme für Kurzwahldienste . . . . . . . . . . . . . . . . 3.11 Internationaler entgeltfreier Telefondienst (§ 66k TKG) . . . 3.12 Durchsetzung der Bestimmungen/Befugnisse der BNetzA . 3.12.1 Umgehungsverbot (§ 66l TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.12.2 Wegfall des Entgeltanspruchs (§ 66g TKG) . . . . . . . . 3.12.3 Auskunftsanspruch der BNetzA (§ 67 Abs. 1 S. 2 und 3 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.12.4 Festlegung von Preisen durch die BNetzA (§ 67 Abs. 2 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.12.5 Maßnahmen der BNetzA nach § 67 Abs. 1 S. 1 TKG
Seite
431 1374 432 1374 433 1375 435 437 440 441
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LVII
Inhaltsverzeichnis Rz.
4. Universaldienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Universaldienstleistungen (§ 78 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Verpflichtung zur Erbringung eines Universaldienstes . . . . . 4.2.1 Verpflichtung zur Erbringung des Universaldienstes (§ 80 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Auferlegung des Universaldienstes durch die BNetzA (§ 81 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Finanzieller Ausgleich für Erbringung des Universaldienstes (§§ 82, 83 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Inhaltliche Ausgestaltung des Universaldienstes . . . . . . . . . 4.3.1 Erschwinglichkeit der Preise (§ 79 TKG) . . . . . . . . . . . 4.3.2 Verfügbarkeit, Entbündelung und Qualität (§ 84 TKG) 4.3.3 Erbringung gegen Sicherheitsleistung des Endkunden (§ 86 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Kundenschutzvorgaben des TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Allgemeine Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Einbeziehung von AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1.1 Grundsätzliche Einbeziehungsvoraussetzungen in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1.2 Einbeziehung bei Verträgen über Telefondienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1.3 Erleichterte Einbeziehung – Ausnahmetatbestand § 305a Nr. 2 lit. b. BGB . . . . . . . . . . 5.1.1.4 Erleichterte Einbeziehung nach dem früheren § 23 AGBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 Besonderheiten bei Verbraucherverträge . . . . . . . . . . . 5.1.2.1 Fiktion einer Vielzahl von Verwendungen (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2.2 Vorformulierte Einzelverträge (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2.3 Modifikation der Inhaltskontrolle (§ 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.3 Verwendung von AGB im Unternehmensverkehr . . . . 5.1.3.1 Vereinfachte Einbeziehungsvoraussetzungen . 5.1.3.2 Eingeschränkte Inhaltskontrolle im geschäftlichen Verkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Vorgaben durch das TKG bei der AGB-Gestaltung . . . . . . . . 5.2.1 Mindestvertragsinhalt (§ 43 a TKG) . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Veröffentlichungspflichten (§ 45n TKG) . . . . . . . . . . . 5.3 Typische Klauseln Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Endnutzerverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1 Vertragsabschlussklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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488 1394 489 1395 492 1396 493 1396 496 1397 499 501 502 504
1398 1399 1399 1399
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5.
LVIII
509 1401 510 1401 511 1402 512 1402 517 1404 518 1405 521 1407 522 1407 523 1407 524 1408 525 1409 526 1409 527 1410 531 532 533 535
1411 1412 1412 1413
537 1414 538 1414
Inhaltsverzeichnis Rz.
5.3.2
5.3.3 5.3.4
5.3.5 5.3.6 5.3.7 5.3.8
5.3.9 5.3.10 5.3.11 5.3.12 5.3.13 5.3.14 5.3.15
5.3.16
5.3.17 5.3.18
Leistungsbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2.1 Telekommunikationsverträge . . . . . . . . . . . 5.3.2.2 Leistungsbeschreibungs-/Verfügbarkeitsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2.3 Besonderheiten im Mobilfunk . . . . . . . . . . . Verfallklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bonitäts- und Rücktrittklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.4.1 Überblick der datenschutzrechtlichen Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.4.2 AGB-rechtliche Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . 5.3.4.3 Sonderkündigungsrecht bei fehlender Bonität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Mindest-)Laufzeitklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fälligkeitsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorfälligkeitsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lastschriftklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.8.1 Vor- und Nachteile aus Anbietersicht . . . . . 5.3.8.2 Vor- und Nachteile aus Kundensicht . . . . . . 5.3.8.3 Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . Preisanpassungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Datenverarbeitungs- und Datenschutzklauseln . . . . . Haftungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pauschalierter Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kündigungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leistungsstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nutzung durch Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.15.1 Nutzung durch Dritte im Festnetzbereich . 5.3.15.2 Nutzung durch Dritte im Mobilfunkbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sperr- und Wiederanschlussklauseln . . . . . . . . . . . . . 5.3.16.1 Sperr- und Wiederanschlussklauseln im Festnetzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.16.2 Sperr- und Wiederanschlussklauseln im Mobilfunkbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.16.3 Kosten der Sperre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.16.4 Zahlung von monatlichen Grundgebühren trotz Sperre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einwendungsausschlussklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . Inkassoklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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540 1416 543 1418 544 547 548 549
1418 1419 1420 1420
550 1420 551 1421 553 554 557 559 560 561 562 563 565 571 575 578 581 584 588 589
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LIX
Inhaltsverzeichnis
L. Fernmeldegeheimnis und Datenschutz (§§ 88–107 TKG) (Eckhardt) Rz. Seite
1. Regelungsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Regelungsrahmen – Fernmeldegeheimnis und Datenschutz . 1.2 Europarechtliche Vorgaben – Fernmeldegeheimnis und Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1447 2 1447
2. Fernmeldegeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Sachlicher Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.1 Inhalt und die näheren Umstände der Telekommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.2 Reichweite des Fernmeldegeheimnisses nach der Rechtsprechung des BVerfG . . . . 2.1.1.2.1 Staatliche Eingriffsbefugnisse (Art. 10 GG) 2.1.1.2.1.1 Zugriff beim Kommunikationsteilnehmer 2.1.1.2.1.2 Zugriff bei einem Telekommunikationsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.2.2 Auswirkungen auf § 88 TKG . . . . . . . . . . . 2.1.1.3 Bestandsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1.4 Standortinformationen . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Persönlicher Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Verpflichteter Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Befugnisse der Verpflichteten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Kontrollen und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Kontrolle und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Strafrechtliche Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3 Exkurs: Filtern und Archivieren von E-Mails . . . . . . . . 2.4.3.1 Problematik der Reichweite des Fernmeldegeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3.2 Filtern von E-Mails . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3.3 Archivierung von E-Mails . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Pflicht zur Prüfung bei Überwachungsanordnungen und Auskunftsverlangen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Annex: Abhörverbot. Geheimhaltungspflicht der Betreiber von Empfangsanlagen (§ 89 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7 Annex: Missbrauch von Sendeanlagen (§ 90 TKG) . . . . . . . .
9 1448 9 1448 11 1449
3. Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Schutzgegenstand und -beziehung . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Schutzgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Schutzbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
LX
5 1448
11 1449 17 1450 20 1451 20 1451 31 36 37 40 46 50 55 63 63 67 74
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1467 1468 1468 1469 1471
Inhaltsverzeichnis
3.2 Dienstespezifischer Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Funktionale Betrachtung und Schichtenmodell . . . . . 3.2.2 Gemischte Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 TMG und telekommunikationsgestützte Dienste . . . 3.2.3.1 TMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3.2 Telekommunikationsgestützte Dienste . . . . 3.2.4 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4.1 IP-Adressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4.2 E-Mail-Dienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4.3 Voice over IP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4.4 Location Based Services . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Verpflichteter Personenkreis – Datenschutz . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Diensteanbieter und geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Geschlossene Benutzergruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Inhalt der Verpflichtung und Rechtmäßigkeitstatbestände . 3.4.1 Grundsätze des Datenschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1.1 Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und Zweckbindungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1.2 Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1.3 Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1.3.1 Informierte Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1.3.2 Form der Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1.3.3 Koppelungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1.4 Rechtmäßigkeitstatbestände des BDSG . . . . 3.4.2 Abwicklung des Telekommunikationsdienstes . . . . . 3.4.2.1 Vertragsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2.2 Verkehrsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2.3 Entgeltermittlung und Entgeltabrechnung . . 3.4.2.3.1 Verwendung der Verkehrsdaten . . . . . . . . . . 3.4.2.3.2 Einzug des Entgelts durch Dritte . . . . . . . . . 3.4.2.3.3 Erhebung und Verwendung anderer als Verkehrsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2.3.4 Höchstspeicherfristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2.3.5 Exkurs: Zulässigkeit der Speicherung von dynamischen IP-Adressen durch InternetAccess-Provider bei Flatrate-Angeboten . . . . 3.4.2.3.6 Form der Speicherung der Zielnummer . . . . 3.4.2.3.7 Abrechnung mit anderen Diensteanbietern und Teilnehmern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2.4 Einzelverbindungsnachweis . . . . . . . . . . . . . 3.4.2.5 Datenübermittlung an ausländische nicht öffentliche Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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119 122 129 132 134 144 147 147 148 149 150 153
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162 165 177 180 182 191 196 197 198 206 214 216 219
1481 1482 1484 1485 1485 1487 1488 1489 1489 1491 1493 1494 1494
222 1495 225 1496
230 1497 235 1499 240 1500 242 1500 251 1502
LXI
Inhaltsverzeichnis
3.4.3 Dienst mit Zusatznutzen und Standortdaten . . . . . . . 3.4.3.1 Verkehrsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.3.2 Standortdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.4 Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.4.1 Einwilligungsbebundene Werbung . . . . . . . . . . 3.4.4.2 Werbung ohne Einwilligung des Empfängers . . 3.4.5 Störung von Telekommunikationsanlagen und Missbrauch von Telekommunikationsdiensten . . . . . 3.4.6 Mitteilen ankommender Verbindungen (§ 101 TKG) . 3.4.7 Rufnummeranzeige und -unterdrückung (§ 102 TKG) und Automatische Anrufweiterschaltung (§ 103 TKG) 3.4.7.1 Rufnummeranzeige und -unterdrückung (§ 102 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.7.2 Automatische Anrufweiterschaltung (§ 103 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.8 Teilnehmerverzeichnisse (§ 104 TKG) und Auskunftserteilung (§ 105 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.8.1 Teilnehmerverzeichnisse (§ 104 TKG) . . . . . . . 3.4.8.2 Auskunftserteilung (§ 105 TKG) . . . . . . . . . . . 3.4.9 Nachrichtenübermittlungssystem mit Zwischenspeicherung (§ 107 TKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Kontrolle und Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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256 258 260 274 275 278
1503 1503 1504 1507 1507 1508
291 1510 297 1511 310 1514 310 1514 314 1514 315 1514 315 1514 319 1515 325 1516 327 1517
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LXII
1519 1524
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LXVIII
Abkürzungsverzeichnis ABl. (oder Amtsbl.) ABl. BNetzA ABl. EG ABl. EU ABl. RegTP Abs. Abschn. ADSL AfOD AFuG AFuV AG AGB AGBG AKNN AktG Alt. Anh. Anm. AO AOC AöR APL API ArbGG ArchPT Art. ATM Aufl. Außenwirtschaft AWG Az. BAkkrV
Amtsblatt Amtsblatt der Bundesnetzagentur Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Amtsblatt der Europäischen Union Amtsblatt der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation Absatz Abschnitt Asymetric Digital Subscriber Line Anschluss für Onlinedienste Gesetz über den Amateurfunk (Amateurfunkgesetz) Verordnung zum Gesetz über den Amateurfunk (Amateurfunkverordnung) Amtsgericht, Aktiengesellschaft Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) Arbeitskreis für technische und betriebliche Fragen der Nummerierung und Netzzusammenschaltung Aktiengesetz Alternative Anhang Anmerkung Abgabenordnung Advice of Charge (Gebührenanzeige, Gebührenimpuls) Archiv des öffentlichen Rechts Abschlusspunkt der Linientechnik Application Program Interface Arbeitsgerichtsgesetz Archiv für Post und Telekommunikation (Zeitschrift) Artikel Ansychronous Transfer Mode Auflage (Zeitschrift) Außenwirtschaftsgesetz Aktenzeichen Verordnung über die Anforderungen und das Verfahren für die Beleihung von benannten Stellen und für die Akkreditierung von Testlabors für Endeinrichtungen und Prüfstellen für Qualitätssicherungssysteme auf dem
LXIX
Abkürzungsverzeichnis
BAnerkV
BAnz. BAPostG
BAPT BauGB BayObLG BB BBG BBankG BDSG Begr. BegrE Beil. Bek. ber. Beschl. BGB BGBl. BGH BGHZ BImSchG
BK BKartA BMPT BMWA BMWi BNetzA BOS-Funk BRRG BR-Drucks. BSI Bsp.
LXX
Gebiet der Telekommunikation (Beleihungs- und Akkreditierungsverordnung) Verordnung über die Anforderungen und das Verfahren für die Beleihung der benannten Stellen und für die Anerkennung von zuständigen Stellen auf dem Gebiet der elektromagnetischen Verträglichkeit von Geräten (Beleihungs- und Anerkennungsverordnung) Bundesanzeiger Gesetz über die Errichtung einer Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost (Bundesanstalt Post-Gesetz) Bundesamt für Post und Telekommunikation Baugesetzbuch Bayerisches Oberstes Landesgericht Betriebs-Berater (Zeitschrift) Bundesbeamtengesetz Gesetz über die Deutsche Bundesbank Bundesdatenschutzgesetz Begründung Begründung des Entwurfs Beilage Bekanntmachung berichtigt Beschluss Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (BundesImmissionsschutzgesetz) Beschlusskammer Bundeskartellamt Bundesministerium für Post und Telekommunikation Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Bundesnetzagentur Funk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben Rahmengesetz zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts (Beamtenrechtsrahmengesetz) Bundesrats-Drucksache Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik Beispiel
Abkürzungsverzeichnis
BT-Drucks. Btx BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE BVSt BZT
Bundestags-Drucksache Bildschirmtext Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Bereichsvermittlungsstellen Bundesamt für Zulassungen in der Telekommunikation
CB CCA CE CEN
Citizen’s Band (Jedermannfunk) Carrier Customer Access Communauté Européenne Comité Européen de Normalisation; Europäisches Normungsinstitut Comité Européen de Normalisation Electrotechnique; Europäisches Komitee für Elektrotechnische Normung Conférence Européenne des Administrations des Postes et Télécommunications; Europäische Konferenz der Verwaltungen für Post und Telekommunikation Carrier-Festverbindung Computer und Recht (Zeitschrift) Closed User Group (Geschlossene Benutzergruppe)
CENELEC CEPT
CFV CR CUG DAB DB DBP DCS 1800 DECT DIN DLM DÖV DRiG DSI DSL DTAG DuD DVB DVBl. DZWir
Digital Audio Broadcasting Der Betrieb (Zeitschrift) Deutsche Bundespost Digital Cellular System 1800 MHz Digital Enhanced Cordless Telecommunications System Deutsches Institut für Normung Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Deutsches Richtergesetz Detailed Spectrum Investigation Digital Subscriber Line Deutsche Telekom AG Datenschutz und Datensicherheit (Zeitschrift) Digital Video Broadcasting Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)
EBC ed. EDI EG
Element Based Charging Editor (Herausgeber) Electronic Data Interchange Europäische Gemeinschaft LXXI
Abkürzungsverzeichnis
EGV Einf. EIRP EKrG EMVBeitrV EMVKostV EMVG EPG ERC ERG ERMES ERO ETSI EuG EuGH EUTELSAT EuZW EVN EWG EWGV EWiR EZB FAG FBeitrV FCC FernAG FGebV Fn. FreqNPAV FS FStrG FTEG FTEV
LXXII
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einführung Equivalent Isotropically Radiated Power Gesetz über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen (Eisenbahnkreuzungsgesetz) Beitragsverordnung nach dem EMVG Kostenverordnung für Amtshandlungen nach dem EMVG Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Geräten Electronic Program Guide (Elektronischer Programmführer) European Radiocommunications Committee European Regulators Group European Radio Message System European Radiocommunications Office European Telecommunications Standards Institute Europäisches Gericht 1. Instanz Europäischer Gerichtshof European Telecommunications Satellite Organization Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Einzelverbindungsnachweis Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Einzugsbereich Gesetz über Fernmeldeanlagen (Fernmeldeanlagengesetz) Frequenznutzungsbeitragsverordnung Federal Communications Commission Fernabsatzgesetz Frequenzgebührenverordnung Fußnote Frequenznutzungsplanaufstellungsverordung Festschrift Bundesfernstraßengesetz Gesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen Verordnung über die Anforderungen und das Verfahren für die Anerkennung von benannten Stellen auf dem Gebiet der Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen
Abkürzungsverzeichnis
FÜG
FÜV
G 10 GATS GBG GEE gem. GewO GEZB GG GHz GPRS GPS GRL GRUR GSM GVG GWB HDLC HDTV HGB h. M. Hrsg. HS HVt HWiG HwO
ICA ICC ICP i. d. F. IDR IMT 2000 INMARSAT
Gesetz über die Anwendung von Normen für die Übertragung von Fernsehsignalen (Fernsehsignalübertragungs-Gesetz) Verordnung über die technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen des Fernmeldeverkehrs in Fernmeldeanlagen, die für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind (Fernmelde-Überwachungs-Verordnung) Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post-, und Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zu Artikel 10 Grundgesetz) General Agreement on Trade in Services Geschlossene Benutzergruppe Grundstückseigentümererklärung gemäß Gewerbeordnung Grundeinzugsbereich Grundgesetz Gigahertz General Packet Radio Service Global Positioning System Genehmigungsrichtlinie Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Global System for Mobile Communication (europäischer Mobilfunk-Standard) Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen High Level Data Link Control High Definition Television Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Herausgeber Halbsatz Hauptverteiler Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) Interconnection-Anschluss International Carrier Connect Interconnection-Partner in der Fassung Initiative Digitaler Rundfunk International Mobile Telecommunication International Maritime Satellite Organization LXXIII
Abkürzungsverzeichnis
INTELSAT
i. V. m.
International Telecommunications Satellite Organization Internet Protocol Independent Regulator’s Group Indefeasible Right of Use Integrated Services Digital Network Industrial Scientific and Medical (radio applications) Internet-Service-Provider International Telecommunications Union; Internationale Fernmeldeunion Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz) in Verbindung mit
JA JbDBP JZ
Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift) Jahrbuch der Deutschen Bundespost Juristenzeitung (Zeitschrift)
Kap. KDLM KEK
K&R krit. KWG
Kapitel Konferenz der Direktoren der Landesmediaanstalten Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten Kreditanstalt für Wiederaufbau Kilohertz Kommission für Jugendmedienschutz Mitteilungen der Kommission (Dokumente der Kommission der Europäischen Gemeinschaften) Kommunikation und Recht (Zeitschrift) kritisch Gesetz über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz)
LAN LEC LEZB LG lfd. Jg. lit. LoseBl. LRIC Ls. LVwG LWL
Local Area Network (lokales Netzwerk) Local Exchange Carrier Lokaler Einzugsbereich Landgericht laufender Jahrgang litera (Buchstabe) Loseblatt long-run incremental costs Leitsatz Landesverwaltungsgesetz Lichtwellenleiterkabel
IP IRG IRU ISDN ISM ISP ITU IuKDG
KEF KfW kHz KJM KOM
LXXIV
Abkürzungsverzeichnis
MAN Mbit MedStV MHP MHz Mio. Mitt. MMR MSC m. w. N.
Metropolitan Area Network Megabit Mediendienste-Staatsvertrag Multimedia Home Platform Megahertz Million Mitteilung Multimedia und Recht (Zeitschrift) Mobile Switching Center mit weiteren Nachweisen
Nachw. NATO NJW NJW-CoR
Nachweise North Atlantic Treaty Organization Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Neue Juristische Wochenschrift, Computerreport (Zeitschrift) Neue Juristische Wochenschrift, Rechtsprechungsreport (Zeitschrift) Nummer Nationale Regulierungsbehörde(n) National Signalling Point Code Neue Zeitschrift für Strafrecht (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht, Rechtsprechungsreport (Zeitschrift) Verordnung über besondere Netzzugänge (Netzzugangsverordnung)
NJW-RR Nr. NRB NSPC NStZ NVwZ NVwZ-RR NZV
OdZ OKZ OLG OLGR ONP Ordo OVG OWiG PATS PC PersBG PersZulV
Ort der Zusammenschaltung Ortsnetzkennzahl (auch ONKz) Oberlandesgericht Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts Open Network Provision (Zeitschrift) Oberverwaltungsgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Publicly Available Telephone Service Personal Computer Personalrechtliches Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz Verordnung über die Personenzulassung zum Aufbauen, Anschalten, Ändern und Instandhalten von Telekommunikationsendeinrichtungen (Personenzulassungsverordnung) LXXV
Abkürzungsverzeichnis
PMP POCSAG PostG PostStruktG
PzP
Punkt zu Multipunkt Post Office Code Standardization Advisory Group Gesetz über das Postwesen Gesetz zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost (Poststrukturgesetz) Gesetz über die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung im Bereich der früheren Deutschen Bundespost (Postsozialversicherungsorganisationsgesetz) Gesetz zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft (Postumwandlungsgesetz) Gesetz über die Unternehmensverfassung der Deutschen Bundespost (Postverfassungsgesetz) Gesetz über die Verwaltung der Deutschen Bundespost (Postverwaltungsgesetz) Plain Old Telephone Service Public Switched Telephone Network Gesetz zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation (Postneuordnungsgesetz) Gesetz über die Regulierung der Telekommunikation und des Postwesens (Post- und TelekommunikationsRegulierungsgesetz) Gesetz zur Sicherstellung des Postwesens und der Telekommunikation (Post- und Telekommunikationssicherstellungsgesetz) Gesetz zu Errichtung einer Museumsstiftung Post und Telekommunikation Verordnung zur Sicherstellung von Telekommunikationsversorgung durch Schutzvorkehrungen und Maßnahmen des Zivilschutzes (Post- und Telekommunikations-Zivilschutzverordnung) Punkt zu Punkt
QoS
Quality of Service
RDS RDV RegTP RGBl. RL RNC RPFG RRL Rs. Rspr.
Radio Data System Recht der Datenverarbeitung (Zeitschrift) Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post Reichsgesetzblatt Richtlinie Radio Network Controller Reichspostfinanzgesetz Rahmenrichtlinie Rechtssache Rechtsprechung
PostSVOrgG
PostUmwG
PostVerfG PostVerwG POTS PSTN PTNeuOG PTRegG
PTSG
PTStiftG PTZSV
LXXVI
Abkürzungsverzeichnis
RTkom RTTE-RL
Rz. SDSL SEZB SFV SigG
SigV SIM Slg. SMP SMS sog. StGB StPO TAE TAL TDDSG TDG TDSV TEntgV TFTS TIDSV
tir. TK-BegleitG TKG TKLGeBV TKO TKSiV
Zeitschrift für das gesamte Recht der Telekommunikation (Zeitschrift) Richtlinie über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität Randziffer Symetric Digital Subscriber Line Standardeinzugsbereich Standard-Festverbindung Gesetz zur digitalen Signatur bzw. Gesetz über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen (Signaturgesetz) Verordnung zur digitalen Signatur (Signaturverordnung) Subscriber Identity Module (bei SIM-Karte) Sammlung Significant Market Power Short Messaging Service so genannt Strafgesetzbuch Strafprozessordnung Telekommunikations-Anschluss-Einheit Teilnehmeranschluss(-leitung) Gesetz über den Datenschutz bei Telediensten (Teledienstedatenschutzgesetz) Gesetz über die Nutzung von Telediensten (Teledienstegesetz) Telekommunikations-Datenschutzverordnung Telekommunikations-Entgeltregulierungsverordnung Terrestrial Flight Telephone System (Terrestrisches Flugtelefonsystem) Verordnung über den Datenschutz für Unternehmen, die Telekommunikations- und Informationsdienstleistungen erbringen (Telekommunikations- und Informationsdiensteunternehmen-Datenschutzverordnung) Tiret (Bindestrich) Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz Telekommunikationsgesetz Telekommunikations-Lizenzgebührenverordnung Telekommunikationsordnung Verordnung zur Sicherstellung von Telekommunikationsdienstleistungen sowie zur Einräumung von Vorrechten bei deren Inanspruchnahme (Telekommunikations-Sicherstellungs-Verordnung)
LXXVII
Abkürzungsverzeichnis
TKÜV
TKV
TKZulV
TMG TNB TNGebV TPflV
TUDLV TverleihV
TVSt TWG Tz. Übk. UDSV
UKW UMTS UmwG UNO URL Urt. UTM UzwG
VATM
LXXVIII
Verordnung über die technische und organisatorische Umsetzung von Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation (Telekommunikations-Überwachungsverordnung) Telekommunikationsverordnung vom 24. Juni 1991; Telekommunikations-Kundenschutzverordnung vom 11. Dezember 1997 Verordnung über die Konformitätsbewertung, die Kennzeichnung, die Zulassung, das Inverkehrbringen und das Betreiben von Funkanlagen, die nicht zur Anschaltung an ein öffentliches Telekommunikationsnetz bestimmt sind, und von Telekommunikationseinrichtungen (Telekommunikationszulassungsverordnung) Telemediengesetz Teilnehmernetzbetreiber Telekommunikations-Nummerngebührenverordnung Verordnung zur Regelung der Pflichtleistungen der Deutschen Bundespost Telekom, Telekom-Pflichtleistungsverordnung Telekommunikations-Universaldienstleistungsverordnung Verordnung zur Öffnung von Märkten für Dienstleistungen sowie zur Regelung von Inhalt, Umfang und Verfahren der Verleihung im Bereich der Telekommunikation (Telekommunikations-Verleihungsverordnung) Teilnehmervermittlungsstellen Telegraphenwegegesetz Textzahl Übereinkommen Verordnung über den Datenschutz für Unternehmen, die Telekommunikationsdienstleistungen erbringen (Unternehmensdatenschutzverordnung) Ultrakurzwelle Universal Mobile Telecommunications System Umwandlungsgesetz United Nations Organization; Vereinte Nationen Universaldienstrichtlinie Urteil Universale Transversale Mercator-Projektion Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e.V.
Abkürzungsverzeichnis
VDE VE:N VerbrKrG VersR VerwArch VerwRdsch Vfg. VG VGH VNB VO VO Funk VoD VoIP VPN VSAT VSt VuR VwGO VwGrds-FreqN
VwKostG VwVfG VwVG VwZG WAN WAPECS WARC WATTC WIK WiMAX WLAN WLL WRC WRP WTO
Verband Deutscher Elektrotechniker e.V. Vermittlungseinrichtungen mit Netzübergangsfunktion Verbraucherkreditgesetz Versicherungsrecht (Zeitschrift) Verwaltungsarchiv (Zeitschrift) Verwaltungs-Rundschau Verfügung Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof Verbindungsnetzbetreiber Verordnung Vollzugsordnung für den Funkdienst Video on Demand Voice over Internet Protocol Virtual Private Network Very Small Aperture Terminal Vermittlungsstelle Verbraucher und Recht (Zeitschrift) Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsgrundsätze der RegTP nach § 81 Abs. 2 TKG über die Aufteilung des Frequenzbereichs von 9 kHz bis 275 GHz auf die einzelnen Frequenznutzungen sowie über die Festlegungen für diese Frequenznutzungen (Verwaltungsgrundsätze Frequenznutzungen) Verwaltungskostengesetz Verwaltungsverfahrensgesetz Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz Verwaltungszustellungsgesetz Wide Area Network Wireless Access Policy for Electronic Communications Services World Administrative Radio Conference Worldwide Administration Telegraph and Telephone Conference Wissenschaftliches Institut für Kommunikationsdienste Worldwide Interoperability for Microwave Access Wireless Local Area Network Wireless Local Loop World Radiocommunication Conference; Weltfunkkonferenz Wettbewerb in Recht und Praxis (Zeitschrift) World Trade Organization
LXXIX
Abkürzungsverzeichnis
WuW WuW/E WVSt ZHR Ziff. ZIP ZögU ZPO ZPT ZRL ZRP ZSEG ZUM ZWeR
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Wirtschaft und Wettbewerb (Zeitschrift) Wirtschaft und Wettbewerb/Entscheidungssammlung zum Kartellrecht Weitervermittlungsstelle Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen (Zeitschrift) Zivilprozessordnung Zeitschrift für Post und Telekommunikation (Zeitschrift) Zugangsrichtlinie Zeitschrift für Rechtspolitik (Zeitschrift) Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen Zeitschrift für Urheberrecht und Medienrecht/Film und Recht (Zeitschrift) Zeitschrift für Wettbewerbsrecht
Teil 1 Allgemeine Regulierung Marktzutritt A. Einführung: Grundlagen und Struktur des TKG, Marktzutritt und Übergangsrecht Mit dem am 26.6.2004 in Kraft getretenen Telekommunikationsgesetz (TKG) 20041 hat der Gesetzgeber infolge des EU-Richtlinienpakets von 2002 einen Paradigmenwechsel für die Regulierung der Telekommunikationsmärkte in Angriff genommen. Neue Regulierungsmechanismen sind eingeführt worden, die dem Ziel dienen, die sektorspezifische Regulierung der Telekommunikationsmärkte gegenüber dem TKG 1996 zurückzufahren und zu flexibilisieren. Zugleich finden sich aber terminologisch und materiell viele Regelungen des TKG 1996 in der Novellierung wieder. Ferner ist die bisherige Regulierungsbehörde des TKG (RegTP) durch Artikel 2 § 1 des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 7.7.20052 in „Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen“ (Bundesnetzagentur, kurz: BNetzA) umbenannt worden3. Mit dem TKG-Änderungsgesetz vom 18.2.20074 wird im Gesetz nunmehr nur noch die Bezeichnung Bundesnetzagentur verwendet.
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Die ersten praktischen Erfahrungen mit dem TKG 2004, insbesondere im Hinblick auf die Übergangsbestimmungen (siehe näher unten Rz. 81 ff.), welche die Überleitung vom Regime des TKG 1996 auf dasjenige des TKG 2004 nahtlos ermöglichen sollten, haben zweierlei gezeigt: Zum einen hat der Gesetzgeber die Tragweite der durch den Regimewechsel bedingten Änderungen materiell unterschätzt mit der Folge, dass die Übergangsvorschriften von vielen Marktteilnehmern als unzureichend empfunden werden. Zum anderen hat der Gesetzgeber die Fähigkeit der BNetzA überschätzt, die für den Regimewechsel erforderlichen Maßnahmen in einem angemessen kurzen Zeitraum umzusetzen. Dies hat zur Folge, dass Ende 2006 mehr als zwei Jahre nach Inkrafttreten des TKG 2004 und mehr als drei Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist für das EU-Richtlinienpaket weite Teile der Regulierung nur durch vorläufige Maßnahmen oder gar nicht bestimmt sind.
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1 BGBl. I, S. 1190. 2 BGBl. I, S. 1970 (S. 2009). 3 Soweit im Folgenden auch die Abkürzung RegTP oder die Bezeichnung Regulierungsbehörde verwendet wird, bezieht sich dies auf Entscheidungen und Maßnahmen vor Inkrafttreten des TKG 2004. 4 BGBl. I, S. 106.
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Teil 1 Allgemeine Regulierung Marktzutritt A. Einführung: Grundlagen und Struktur des TKG, Marktzutritt und Übergangsrecht Mit dem am 26.6.2004 in Kraft getretenen Telekommunikationsgesetz (TKG) 20041 hat der Gesetzgeber infolge des EU-Richtlinienpakets von 2002 einen Paradigmenwechsel für die Regulierung der Telekommunikationsmärkte in Angriff genommen. Neue Regulierungsmechanismen sind eingeführt worden, die dem Ziel dienen, die sektorspezifische Regulierung der Telekommunikationsmärkte gegenüber dem TKG 1996 zurückzufahren und zu flexibilisieren. Zugleich finden sich aber terminologisch und materiell viele Regelungen des TKG 1996 in der Novellierung wieder. Ferner ist die bisherige Regulierungsbehörde des TKG (RegTP) durch Artikel 2 § 1 des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 7.7.20052 in „Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen“ (Bundesnetzagentur, kurz: BNetzA) umbenannt worden3. Mit dem TKG-Änderungsgesetz vom 18.2.20074 wird im Gesetz nunmehr nur noch die Bezeichnung Bundesnetzagentur verwendet.
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Die ersten praktischen Erfahrungen mit dem TKG 2004, insbesondere im Hinblick auf die Übergangsbestimmungen (siehe näher unten Rz. 81 ff.), welche die Überleitung vom Regime des TKG 1996 auf dasjenige des TKG 2004 nahtlos ermöglichen sollten, haben zweierlei gezeigt: Zum einen hat der Gesetzgeber die Tragweite der durch den Regimewechsel bedingten Änderungen materiell unterschätzt mit der Folge, dass die Übergangsvorschriften von vielen Marktteilnehmern als unzureichend empfunden werden. Zum anderen hat der Gesetzgeber die Fähigkeit der BNetzA überschätzt, die für den Regimewechsel erforderlichen Maßnahmen in einem angemessen kurzen Zeitraum umzusetzen. Dies hat zur Folge, dass Ende 2006 mehr als zwei Jahre nach Inkrafttreten des TKG 2004 und mehr als drei Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist für das EU-Richtlinienpaket weite Teile der Regulierung nur durch vorläufige Maßnahmen oder gar nicht bestimmt sind.
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1 BGBl. I, S. 1190. 2 BGBl. I, S. 1970 (S. 2009). 3 Soweit im Folgenden auch die Abkürzung RegTP oder die Bezeichnung Regulierungsbehörde verwendet wird, bezieht sich dies auf Entscheidungen und Maßnahmen vor Inkrafttreten des TKG 2004. 4 BGBl. I, S. 106.
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A Rz. 3 3
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
Dies liegt vor allem daran, dass die Umsetzung des EU-Richtlinienpakets zwar formal durch das TKG 2004 erfolgt ist, der Übergang zum neuen Regime aber maßgeblich von Entscheidungen der BNetzA abhängt. Hierin wird eine weitere Besonderheit des TKG 2004 deutlich: Über weite Teile ist das TKG 2004 wortgleich mit den zugrunde liegenden Bestimmungen aus dem EU-Richtlinienpaket. Dies liegt einerseits am Detaillierungsgrad der dort enthaltenen Vorgaben, andererseits daran, dass diese Vorgaben häufig unmittelbar die nationalen Regulierungsbehörden ansprechen und nicht (mehr) den nationalen Gesetzgeber in den Mitgliedstaaten. Damit ist der gesetzgeberische Umsetzungsspielraum der Mitgliedstaaten zugunsten von Spielräumen bei administrativen Entscheidungen durch die nationalen Regulierungsbehörden, und zwar im Dialog mit der EU-Kommission, minimiert worden. Das EU-Richtlinienpaket markiert damit einen weiteren Schritt in Richtung sowohl eines europäischen Gesetzgebers als auch eines europäischen Verwaltungsrechts, der nicht nur bei Verordnungen, sondern auch bei Richtlinien die nationale Gesetzgebung infolge detaillierter Vorgaben überspringt, um die nationalen Verwaltungen unmittelbar anzusprechen. In diesem Spannungsfeld wird die BNetzA voraussichtlich noch bis Ende 2007 brauchen, um die eigentliche Umsetzung des EU-Richtlinienpakets vollständig zu vollziehen.
1. Europäische Grundlagen des TKG 2004 4
Wie erwähnt dient das TKG 2004 der Umsetzung des EU-Richtlinienpakets vom März 2002. Wegen der an vielen Stellen des TKG vorgenommenen wortgetreuen Umsetzung der Bestimmungen aus dem EU-Richtlinienpaket sowie der entsprechend großen Bedeutung der Richtlinien bei der Auslegung des TKG, sind die Richtlinien im Folgenden einzeln aufgeführt. Es handelt sich um die Rahmenrichtlinie1, die Genehmigungsrichtlinie2, die Zugangsrichtlinie3, die Universaldienstrichtlinie4 sowie die Datenschutz-
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1 Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie), Amtsblatt EU Nr. L 108 v. 24.4.2002, S. 33–50. 2 Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie), Amtsblatt EU Nr. L 108 v. 24.4.2002, S. 21–32. 3 Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie), Amtsblatt EU Nr. L 108 v. 24.4.2002, S. 7–20. 4 Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie), Amtsblatt EU Nr. L 108 v. 24.4. 2002, S. 51–77.
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Europäische Grundlagen des TKG 2004
Rz. 5 A
richtlinie1. Diese fünf Richtlinien bilden den Kern des EU-Richtlinienpakets und damit auch zugleich den Kern der TKG-Novelle. Daneben sind die konsolidierte Wettbewerbsrichtlinie2, die Frequenzentscheidung3 sowie die weiterhin geltende Verordnung über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss (TAL-Verordnung)4 zu beachten. Während die TALVerordnung vermutlich bald aufgehoben werden wird5, soll eine Verordnung über das Auslandsroaming hinzukommen6. Dieses Paket stellt die Regulierung der Telekommunikationsmärkte in Europa auf ein verändertes Fundament. Die bisherigen, durch Vorab-Regulierung (d. h. ex ante-Regulierung) geprägten Rahmenbedingungen für die Telekommunikationsmärkte in Europa, insbesondere in Form von Lizenzpflichtigkeit bestimmter Aktivitäten und Dienste, gesetzlichen Zugangsund Zusammenschaltungspflichten für bestimmte Unternehmen und Entgeltgenehmigungsvorbehalten, werden durch ein offenes und flexibles, dem Kartellrecht stärker als bisher angenähertes Instrumentarium abgelöst. Im Zentrum stehen dabei folgende Aspekte: – – –
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freier Marktzutritt auf Basis einer „Allgemeingenehmigung“; ex ante-Regulierung soll nur in ausgewählten Märkten in Betracht kommen; ex ante-Regulierung setzt grundsätzlich eine der Marktbeherrschung gleichkommende beträchtliche Marktmacht des zu regulierenden Unternehmens im betreffenden Markt voraus; die beträchtliche Marktmacht eines Unternehmens wird aufgrund von Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren durch die nationale Regu-
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1 Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 12.7.2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie [für elektronische Kommunikation]), Amtsblatt EU Nr. L 201 v. 31.7.2002, S. 37–47. 2 Richtlinie 2002/77/EG der Kommission v. 16.9.2002 über den Wettbewerb auf den Märkten für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, Amtsblatt EU Nr. L 249 v. 17.9.2002, S. 21–26. 3 Entscheidung Nr. 676/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über einen Rechtsrahmen für die Funkfrequenzpolitik in der Europäischen Gemeinschaft (Frequenzentscheidung), Amtsblatt EU Nr. L 108 v. 24.4. 2002, S. 1–6. 4 Verordnung (EG) Nr. 2887/2000 des europäischen Parlaments und des Rates v. 18.12.2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss, Amtsblatt EU Nr. L 336 v. 30.12.2000, S. 4–8. 5 Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen v. 29.6.2006 über die Überprüfung des EU-Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste; KOM (2006) 334, S. 12. 6 Siehe Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 2002/21/EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste v. 12.7.2006, KOM (2006) 382 endgültig, 2006/0133 (COD).
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A Rz. 6
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Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
lierungsbehörde ermittelt, an denen die EU-Kommission maßgeblich beteiligt ist; Regulierungsverpflichtungen (insbesondere ex ante-Regulierung) werden durch die nationale Regulierungsbehörde unter Beteiligung der EU-Kommission erst auferlegt.
Aus Sicht der EU gelten die Telekommunikationsmärkte nunmehr als geöffnet, d. h. der bisherige europäische Rechtsrahmen hat den Übergang von staatlichen Monopolbetrieben zum vollständigen Wettbewerb erreicht1, so dass eine ex ante-Regulierung nur noch dort Platz greifen soll, wo in einzelnen Märkten kein wirksamer Wettbewerb aufgrund beträchtlicher Marktmacht besteht2. Dies erfordert zwangsläufig eine an der Betrachtung einzelner Märkte ausgerichtete Flexibilität, die gegenüber der bisherigen gesetzlichen Regelung in den Mitgliedstaaten eine signifikante Erhöhung des Ermessensspielraums der nationalen Regulierungsbehörden auch bei der Frage über das „Ob“ einer bislang gesetzlich vorgesehenen Regulierungsmaßnahme erfordert. In gewisser Weise kehrt der europäische Rechtsrahmen damit zurück zu der Art und Weise wie in Deutschland unter dem Gesetz über Fernmeldeanlagen in der Fassung der Postreform I von 1989 (FAG 1989) die Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte begann3. Damals wurden ebenfalls viele Liberalisierungsmaßnahmen durch Verwaltungsvorschriften vorgenommen, welche der Interpretation von Bestimmungen zu den Monopolrechten dienten. Diese Aufgabe obliegt nun (wieder) der BNetzA. 6
Weil nach dem Richtlinienpaket wie auch dem TKG die künftige telekommunikationsrechtliche Regulierung dem Prinzip folgt, dass Regulierung nur noch auf einzelnen Märkten erfolgen soll, für die eine vorherige Untersuchung das Fehlen wirksamen Wettbewerbs festgestellt hat4, sind zwei Rechtsakte, die aufgrund von Art. 15 Rahmenrichtlinie ergangen sind, für die Praxis ebenso wichtig wie das Richtlinienpaket selbst: Die Leitlinien der EU-Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht (Kommissionsleitlinien)5 sowie die Empfehlung der EU-Kommission über relevante Produkt- und Dienstmärkte, die für eine Vorabregulierung in Betracht kommen (Märkteempfehlung)6. In der Märkteempfehlung sind 18 _______________
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Siehe Erwägungsgrund (1) der Rahmenrichtlinie. Siehe Erwägungsgrund (27) der Rahmenrichtlinie. Vgl. Heun, CR 2005, 725 (726). Vgl. Heun, CR 2003, 485 (488). Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (2002/C 165/03), Amtsblatt EU Nr. C 165, S. 6–31 v. 11.7.2002. 6 Empfehlung der Kommission v. 11.2.2003 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen (2003/311/EG), Amtsblatt EU Nr. L 114, S. 45– 49 v. 8.5.2003.
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Europäische Grundlagen des TKG 2004
Rz. 9 A
Märkte aufgeführt, die von den nationalen Regulierungsbehörden auf Regulierungsbedürftigkeit zu untersuchen sind. Im Richtlinienpaket 2002 sind außerdem mit „elektronischen Kommunikationsnetzen“ und „elektronischen Kommunikationsdiensten“ zwei – gegenüber den früheren Richtlinien – neue Begrifflichkeiten gewählt worden1. Diese Änderung wird damit erklärt, dass angesichts neuerer Technologien und der Verschmelzung von Informationstechnologie, Medienbranche und Telekommunikationsindustrie umfassendere Begriffe erforderlich waren2. Hiermit wird zugleich verdeutlicht, dass das Regime des Richtlinienpakets 2002 umfassende Geltung für alle elektronischen Kommunikationsvorgänge beansprucht, insbesondere auch für die Übertragung und Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen, und zwar unabhängig davon, welche Technologie dabei zum Einsatz kommt3. Damit ist freilich keine Ausdehnung auf die Regelung der Inhalte der Kommunikation (Rundfunkinhalte, Content Dienste) gemeint. Vielmehr regelt das Richtlinienpaket 2002 ausschließlich, aber umfassend, den Bereich der Übertragung von Kommunikation4; die Regelung des Inhalts erfolgt dagegen andernorts.
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Für das TKG 2004 ist diese geänderte Begrifflichkeit auf den ersten Blick weniger bedeutsam. Beide Gesetze – das TKG 2004 und das TKG 1996 – benutzen die Begriffe „Telekommunikationsnetz“ und „Telekommunikationsdienste“. Schon unter dem TKG 1996 sind diese Begriffe umfassend verstanden worden, und das TKG 2004 übernimmt hierfür die Begriffsdefinitionen aus der Rahmenrichtlinie. Gleichwohl ergeben sich aus den Begriffsbestimmungen des Richtlinienpakets in zweifacher Hinsicht offene Fragen mit Blick auf das unter dem TKG 1996 entwickelte Begriffsverständnis und die unter dem TKG 1996 diesbezüglich entwickelte Praxis (siehe unten Rz. 31 ff.).
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Sowohl mit Blick auf die europäischen Vorgaben wie auch hinsichtlich des daraus folgenden Anwendungsbereichs für das TKG ist freilich grundsätzlich zu beachten, dass das Richtlinienpaket 2002 ebenso wie das TKG 2004 keine Regulierung der Inhalte von Kommunikation vornehmen: Lediglich die Übertragung von Inhalten wird hierdurch reguliert. Dies hat zur Folge, dass Anbieter von Inhalten, wie etwa die Rundfunk-Programmveranstalter, die so genannten Internet Content Provider, oder die Anbieter von Telemediendiensten, in Bezug auf die Inhalte weder durch diesen Rechtsrahmen reguliert werden, noch hieraus besondere Ansprüche herleiten können.
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Früher hieß es „Telekommunikationsnetze“ und „Telekommunikationsdienste“. Vgl. Erwägungsgrund (6) der Wettbewerbsrichtlinie. Vgl. Erwägungsgrund (7) der Wettbewerbsrichtlinie. Vgl. Erwägungsgrund (5) der Rahmenrichtlinie.
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A Rz. 10
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
2. Inhalt des TKG 2004 10
Das TKG 2004 hat gegenüber dem TKG 1996 deutlich an Umfang zugelegt und enthält darüber hinaus mehr Detailregelungen. Die früher außerhalb des TKG 1996 bestehenden Regelungen wie die Telekommunikations-Universaldienstverordnung1, -Datenschutzverordnung2 und -Entgeltregulierungsverordnung3, die Frequenzzuteilungs-4 und die Netzzugangsverordnung5, sowie das Fernsehsignalübertragungsgesetz sind nunmehr in das TKG 2004 integriert. Die bisherigen Verordnungen und Gesetze sind gemäß § 152 Abs. 2 TKG außer Kraft getreten.
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Dagegen galten die Kundenschutzregelungen der §§ 43a und 43b TKG 1996 zu Mehrwertdiensten nebst den daran anknüpfenden Regelungen zu Ordnungswidrigkeiten des TKG 1996 sowie die Telekommunikations-Kundenschutzverordnung (TKV 1997 i. d. F. vom 20.8.2002)6, letztere mit Ausnahme des § 4 TKV 1997, gemäß § 152 Abs. 1, Abs. 2 TKG (vorläufig) fort. Beide Regelungskomplexe wurden durch das TKG-Änderungsgesetz ersetzt, wobei für die §§ 43a und 43b TKG 1996 gemäß dem geänderten § 152 Abs. 1 S. 2 TKG eine zusätzliche Übergangsregelung bis zum 24.8.2007 gilt.
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Weitere Verordnungsermächtigungen des TKG betreffen die Bereiche Frequenzbereichszuweisung (§ 53 Abs. 1 TKG) und Aufstellung des Frequenznutzungsplans (§ 54 Abs. 3 TKG), für die bereits Verordnungen existieren7 und fortgelten, sowie die Bereiche Notruf (§ 108 Abs. 2 TKG), Überwachungsmaßnahmen (§ 110 Abs. 2 TKG – die bereits bestehende TKÜV8 i. d. F. vom 25.11.2003 galt (vorläufig) weiter und wurde durch die TKÜV vom 3.11.2005 ersetzt), Entschädigung von Diensteanbietern für Überwachungsmaßnahmen (§ 110 Abs. 9 TKG), automatisiertes Auskunftsersuchen (§ 112 Abs. 3 TKG), Abrechnungsstelle für Seefunkverkehr (§ 141 Abs. 1 TKG), Gebühren und Auslagen (§ 142 Abs. 2 TKG), Frequenznutzungsbeitrag (§ 143 Abs. 4 TKG – auch hier gilt die bereits bestehende Fre_______________
1 Verordnung v. 30.1.1997 (BGBl. I S. 141). 2 Verordnung v. 18.12.2000 (BGBl. I S. 1740), geändert durch Art. 2 – Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs von 0190er-/0900er-Mehrwertdienstrufnummern v. 9.8.2003 (BGBl. I S. 1590). 3 Verordnung v. 1.10.1996 (BGBl. I S. 1492). 4 Verordnung v. 26.4.2001 (BGBl. I S. 829). 5 Verordnung v. 23.10.1996 (BGBl. I S. 1568). 6 Verordnung v. 11.12.1997 (BGBl. I S. 2910), zuletzt geändert durch Art. 1 Zweite Verordnung zur Änderung der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung v. 20.8.2002 (BGBl. I S. 3365). 7 Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung (FreqBZPV v. 28.9.2004, BGBl. I, S. 2499 i. d. F. v. 23.8.2006, BGBl. I, S. 1977) und Frequenznutzungsplanaufstellungsverordnung (FreqNPAV v. 26.4.2001, BGBl. I, S. 827 i. d. F. v. 31.10.2006, BGBl. I, S. 2407). 8 Verordnung v. 3.11.2005, BGBl. I, S. 3136; zuvor Verordnung v. 22.1.2002 (BGBl. I, S. 458), zuletzt geändert durch Art. 238 Achte Zuständigkeitsanpassungsverordnung v. 25.11.2003 (BGBl. I S. 2304).
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Struktur und Systematik des TKG 2004
Rz. 13 A
quenzschutzbeitragsverordnung1 fort) und Telekommunikationsbeitrag (§ 144 Abs. 4 TKG). Der Großteil dieser Verordnungen war für die erste Jahreshälfte 2005 erwartet worden. Tatsächlich sind allerdings bis Ende 2006 nur wenige Neuregelungen in Kraft, deren wichtigste die TKÜV ist2.
3. Struktur und Systematik des TKG 2004 In struktureller Hinsicht enthält das TKG elf Teile, von denen manche strukturell und inhaltlich ähnlich auch im TKG 1996 vorhanden waren. Ungeachtet der Chronologie der einzelnen Teile ist aber eine Systematisierung des TKG in vier wesentliche Regelungsbereiche möglich und sinnvoll: –
Allgemeine Regelungen, sozusagen „vor und hinter der Klammer“, die für alle Marktteilnehmer im Sinne einer hoheitlichen Marktaufsicht gelten: Teil 1 – Allgemeine Vorschriften, Teil 7 Abschnitt 3 – Öffentliche Sicherheit, Teil 8 – Bundesnetzagentur, Teil 9 – Abgaben, Teil 10 – Straf- und Bußgeldvorschriften, Teil 11 – Übergangs- und Schlussvorschriften. Dieser Regelungsbereich wird dargestellt in Teil 1 dieses Handbuchs.
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Regelungen zur Vergabe von Ressourcen für den Marktzutritt, die nur für jene Marktteilnehmer relevant sind, die derartige Ressourcen benötigen: Teil 5 – Vergabe von Frequenzen, Nummern und Wegerechten. Dieser Regelungsbereich wird dargestellt in Teil 2 dieses Handbuchs.
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Regelungen zum Wettbewerb auf den Telekommunikationsmärkten, die sich auf das Verhalten der Wettbewerber untereinander, also die eigentliche Marktregulierung der Marktteilnehmer beziehen: Teil 2 – Marktregulierung sowie Teil 4 – Rundfunkübertragung und einzelne Regelungen aus Teil 3 – Kundenschutz. Dieser Regelungsbereich wird dargestellt in Teil 3 dieses Handbuchs.
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Regelungen in Bezug auf bzw. zum Schutz der Teilnehmer, Nutzer und Endnutzer, die sich auf das Verhältnis der Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen zu ihren Endkunden und Nutzern beziehen: Teil 3 – Kundenschutz, Teil 6 – Universaldienst, Teil 7 Abschnitte 1 und 2 – Fernmeldegeheimnis und Datenschutz sowie einzelne Regelungen in Teil 2 und Teil 4 des TKG. Dieser Regelungsbereich wird dargestellt in Teil 4 dieses Handbuchs.
Diese Systematisierung hat viel mit der Struktur des EU-Richtlinienpakets gemeinsam. Denn einmal abgesehen von der Rahmenrichtlinie, die sich _______________
1 Frequenzschutzbeitragsverordnung (FSBeitrV) v. 13.5.2004 (BGBI. I S. 958) i. d. F. v. 27.5.2005, BGBl. I, S. 1538. 2 Verordnung v. 3.11.2005 (BGBl. I, S. 3136).
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A Rz. 14
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
über verschiedene Regelungsbereiche erstreckt, betrifft die Genehmigungsrichtlinie ausschließlich den Bereich des Marktzutritts – und insbesondere den Bereich der Vergabe von Ressourcen hierfür –, die Zugangsrichtlinie nur den Bereich der Regulierung der Wettbewerber untereinander. Die Universaldienst- sowie die Datenschutzrichtlinie betreffen die Rechtsverhältnisse der Anbieter gegenüber den Teilnehmern und Nutzern. Bei dieser Systematisierung zeigt sich aber auch anhand der oben aufgeführten Verortung der Sachgebiete im TKG 2004, dass das TKG 2004 die europäische Systematik in struktureller Hinsicht nicht vollständig einhält. Dies muss bei Interpretationsfragen berücksichtigt werden. 14
Wie das TKG 1996 enthält auch das TKG 2004 an vielen Stellen Regelungen, die für alle Marktteilnehmer gleichermaßen gelten. Dies betrifft folgende Teile des Gesetzes: – – – – – –
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Teil 1 – Allgemeine Vorschriften (siehe Rz. 18 ff.); Teil 7 Abschnitt 3 – Öffentliche Sicherheit (siehe B.); Teil 8 – Bundesnetzagentur (siehe C.); Teil 9 – Abgaben (siehe C.); Teil 10 – Straf- und Bußgeldvorschriften (siehe C.) sowie Teil 11 – Übergangs- und Schlussvorschriften (siehe Rz. 81).
Eine weitere Systematisierung des TKG kann danach vorgenommen werden, wie sich die Regulierungsintensität des Gesetzes in Bezug auf bestimmte Marktteilnehmer hinsichtlich ihres Diensteangebots und der ihnen daraus erwachsenen gesetzlichen Verpflichtungen darstellt. Hieraus ergibt sich eine wie folgt abgestufte Eingriffsintensität für die jeweiligen Diensteangebote: Keine Regulierung
Anbieter von Inhalten (d. h. Anbieter von Rundfunk und/oder Telemediendiensten und nicht von TK-Diensten).
„Geringe“ Regulierungsintensität
Alle Diensteanbieter, d. h. jeder der ganz oder teilweise geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt (einschließlich Anbieter von Diensten für geschlossene Benutzergruppen).
„Normale“ Regulierungsintensität
Diensteanbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit sowie Betreiber von öffentlichen Telekommunikationsanlagen und/oder Telekommunikationsnetzen.
„Hohe“ Regulierungsintensität
Diensteanbieter des „öffentlich zugänglichen Telefondiensts“
(PATS). Diensteanbieter von Universaldiensten.
Eine anschauliche Darstellung zu Teilen dieser Systematik aus europarechtlicher Sicht findet sich in dem Informations- und Konsultationsdokument 8 | Heun
Allgemeine Vorschriften des TKG zum Marktzutritt
Rz. 19 A
der EU-Kommission zur Behandlung von Voice over Internet Protocol (VoIP) vom 14.6.20041. Diese Systematik spielt auch eine Rolle bei dem Regelungsbereich über den Schutz der Teilnehmer, Nutzer und Endnutzer. Ebenso ist der Zugang zu Ressourcen teilweise für unterschiedliche Diensteangebote verschieden geregelt. Die in der Tabelle dargestellte Systematik war in ähnlicher Form auch im TKG 1996 enthalten, wobei sich die hohe Regulierungsintensität auf die lizenzpflichtigen Dienstleistungen bezog. Interessant an der aus dem TKG 2004 entnommenen Begrifflichkeit in der Tabelle ist, dass Begriffe wie das „Angebot von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit“ oder das „Betreiben von öffentlichen Telekommunikationsnetzen“ zwar im Gesetz verwendet werden. Anders als im TKG 1996 werden diese Begriffe aber weder in den Begriffsbestimmungen des § 3 TKG noch andernorts im TKG definiert. Die Begriffe spielen u. a. bei der Frage der Meldepflicht eine Rolle (siehe unten Rz. 29 ff.).
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In Bezug auf den Regelungsbereich des Wettbewerbs auf den Telekommunikationsmärkten kann auf Seiten der Verpflichteten in drei Stufen danach unterschieden werden, wie sich ihre Marktstellung beurteilt. So unterliegen Anbieter mit beträchtlicher Marktmacht der höchsten Regulierungsintensität (§ 9 TKG). Die nächst niedrigere Stufe sind Anbieter, die den Zugang zu Endnutzern kontrollieren, ohne dabei über beträchtliche Marktmacht zu verfügen (§ 18 TKG). In der letzten Stufe befinden sich alle sonstigen Anbieter, für die kaum Verpflichtungen vorgesehen sind.
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4. Allgemeine Vorschriften des TKG zum Marktzutritt Bei den hier näher zu betrachtenden „Allgemeinen Vorschriften“ der §§ 1 bis 8 TKG handelt es sich um materielle Bestimmungen, die eher dem Bereich der Gewerbeaufsicht als dem Bereich der Regulierung des Wettbewerbs auf den Telekommunikationsmärkten zuzurechnen sind. Im Wesentlichen geht es dabei, abgesehen von Zweck (§ 1 TKG), Zielen (§ 2 TKG) und Begriffsbestimmungen (§ 3 TKG) des Gesetzes, um allgemeine Regelungen zum Marktzutritt und damit verbundene Pflichten.
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4.1 Europarechtliche Vorgaben Der allgemeine Marktzutritt zu den europäischen Telekommunikationsmärkten ist in Art. 3 Genehmigungsrichtlinie sowie Art. 2 Wettbewerbsrichtlinie im Sinne einer freien Betätigung geregelt. In Art. 2 der Wettbewerbsrichtlinie ist den Mitgliedstaaten aufgegeben, keinerlei ausschließliche oder besondere Rechte in den Telekommunikationsmärkten mehr zu _______________
1 The Treatment of Voice over Internet Protocol (VoIP) under the EU Regulatory Framework, als Download verfügbar unter http://europa.eu.int/information_ society.
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A Rz. 20
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
gewähren (Abs. 1), sicherzustellen, dass jedes Unternehmen das Recht zum Betrieb elektronischer Kommunikationsnetze und zur Erbringung elektronischer Kommunikationsdienste hat (Abs. 2) und dass das betreffende Unternehmen dabei keinen Beschränkungen unterliegt, die nicht durch andere Richtlinien zugelassen sind (Abs. 3). Art. 3 der Genehmigungsrichtlinie betont die von den Mitgliedstaaten zu gewährleistende Freiheit, elektronische Kommunikationsnetze und -dienste bereitzustellen (Abs. 1) und bestimmt, dass diese Aktivitäten lediglich von einer Allgemeingenehmigung abhängig gemacht werden dürfen (Abs. 2). 20
Die Erteilung der Allgemeingenehmigung selbst sowie deren Bedingungen müssen auf objektiven, diskriminierungsfreien, angemessenen (verhältnismäßigen) und nachvollziehbaren (transparenten) Kriterien beruhen (Art. 3 Abs. 4 Wettbewerbsrichtlinie, Art. 6 Abs. 1 Genehmigungsrichtlinie). Die Bedingungen der Allgemeingenehmigung sind abschließend geregelt, und zwar in Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang Teil A. Genehmigungsrichtlinie.
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Der europäische Richtliniengeber stellt sich für die Allgemeingenehmigung eine Regelung vor, bei der „keine ausdrückliche Entscheidung und kein Verwaltungsakt der nationalen Regulierungsbehörde notwendig sind und sich die verfahrensrechtlichen Erfordernisse auf die Notifizierung beschränken“1. Dementsprechend definiert Art. 2 Abs. 2 lit a) Genehmigungsrichtlinie die Allgemeingenehmigung als „der in einem Mitgliedstaat errichtete rechtliche Rahmen, mit dem gemäß dieser Richtlinie Rechte für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze oder -dienste gewährleistet werden und in dem sektorspezifische Verpflichtungen festgelegt werden, die für alle oder für bestimmte Arten von elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten gelten können.“
Damit ist in jedem Fall die individuelle Zulassung von Unternehmen zum Markt, wie sie durch die Lizenzen nach dem TKG 1996 erfolgte, ausgeschlossen. Angesichts dieser Definition von Allgemeingenehmigung und den Vorstellungen des europäischen Richtliniengebers hiervon erscheint es sogar fraglich, ob eine Allgemeingenehmigung durch die nationalen Regulierungsbehörden auch mittels einer Allgemeinverfügung im Sinne des deutschen Verwaltungsrechts2 zulässig wäre3. Denn auch eine Allgemeinverfügung wäre ein Verwaltungsakt, der zwar an eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten gerichtet ist, aber einen konkreten, mit verwaltungsgerichtlichen Mitteln angreifbaren Regelungsgehalt besitzt. Für das TKG 2004 _______________
1 Vgl. Erwägungsgrund (8) der Genehmigungsrichtlinie. 2 Mit derartigen Verfügungen hat das Bundesministerium für Post und Telekommunikation (BMPT) unter der Geltung des Gesetzes über Fernmeldeanlagen i. d. F. von 1989 bestimmte Dienste an bestimmte Personengruppen (Corporate Networks) gestattet. 3 So Schütz, Kommunikationsrecht, Rz. 5.
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Rz. 24 A
spielt diese Frage freilich keine Rolle, weil sich der Gesetzgeber gegen eine Allgemeinverfügung durch die BNetzA entschieden hat. Zulässige Bedingung für die Allgemeingenehmigung ist nach Art. 3 Abs. 2 und 3 der Genehmigungsrichtlinie zunächst eine Meldepflicht, die allerdings nur dazu dienen darf, dass betreffende Unternehmen zu identifizieren. Eine ausdrückliche Entscheidung bzw. ein Verwaltungsakt der nationalen Regulierungsbehörde über die Zulassung des Unternehmens zum Markt darf hiermit aber nicht verbunden sein (Art. 3 Abs. 2 S. 2 Genehmigungsrichtlinie).
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Weitere zulässige Bedingungen sind gemäß Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang Teil A. Genehmigungsrichtlinie vor allem Verpflichtungen, die im Zusammenhang mit öffentlichen Interessen, dem Verbraucher-, Umweltund Datenschutz sowie der Überwachung und Durchsetzung von Verpflichtungen aus dem Richtlinienpaket 2002 dienen. Dazu gehören außerhalb der im Anhang Teil A. enthaltenen Verweise auf andere Richtlinien des Richtlinienpakets etwa die Heranziehung zu (Verwaltungs-)Gebühren (Nr. 2), Informationspflichten (Nr. 10), Maßnahmen und Auflagen zum Umweltschutz (Nr. 5 und 13), Pflichten zur Überwachung des Telekommunikationsverkehrs (Nr. 11), zur Netzintegrität (Nr. 15), zur Netzsicherheit (Nr. 16) und zum Katastrophenschutz (Nr. 12), Frequenznutzungsbedingungen (Nr. 17), Beschränkungen in Bezug auf die Übertragung illegaler Rundfunkinhalte (Nr. 9), zusätzlicher Verbraucherschutz (Nr. 8) und zusätzliche Zugangspflichten entsprechend der Zugangsrichtlinie (Nr. 14) sowie Maßnahmen zur Normung und Standardisierung (Nr. 18). Diesen umfassenden Katalog schöpft das TKG 2004 durch die im Gesetz enthaltenen Rahmenbedingungen und die Aufsichtsbefugnisse der BNetzA aus (siehe dazu insbesondere B. und C.).
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4.2 Wegfall der Lizenzpflicht Eine der wichtigsten Neuerungen gegenüber dem TKG 1996 besteht darin, dass im TKG 2004 die Lizenzpflicht für das Betreiben von Übertragungswegen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 TKG 1996) und das Anbieten von Sprachtelefondienst auf Basis selbst betriebener Telekommunikationsnetze (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 TKG 1996) entfallen ist. Damit besteht für die im TKG geregelte Betätigung im Bereich der Telekommunikation (sei sie privat, geschäftsmäßig oder gewerblich) keinerlei vorherige Erlaubnispflicht bzw. präventive Kontrolle mehr. Der gewerbeaufsichtsrechtliche Aspekt des neuen TKG beschränkt sich im Wesentlichen auf Meldepflichten (siehe unten Rz. 29 ff.) sowie die allgemeine Überwachung des Marktverhaltens der (regulierten) Unternehmen durch die BNetzA und die damit verbundenen aufsichtsrechtlichen Befugnisse (siehe C.). Damit wird die aus Art. 2 Abs. 1, Art. 12 GG folgende Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung in den Telekommunikationsmärkten gesetzlich im TKG durch Abschaffung des früher geltenden präventiven Lizenzierungsregimes verankert. Heun | 11
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A Rz. 25 25
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
Der Weg hierhin hat vom umfassenden, bis 1989 geltenden Fernmeldemonopol über die mit dem FAG 1989 erfolgte Abschaffung des Monopols bei Endgeräten und Datendiensten unter Beibehaltung des Netz- und Telefondienstmonopols, die Einführung von Randwettbewerb auf Basis des FAG 1989 Anfang bis Mitte der 1990er Jahre, die endgültige Abschaffung des Netzmonopols mit Inkrafttreten des TKG 1996 Ende Juli 1996 und des Sprachtelefondienstmonopols am 1. Januar 1998 sowie die zuletzt noch lizenzpflichtigen Bereiche geführt1. Die Freiheit von präventiver Kontrolle bzw. Lizenzpflichtigkeit im TKG 2004 ist freilich nicht gleichbedeutend mit der Freiheit von gesetzlichen Verpflichtungen. 4.3 Fortgeltung der Alt-Lizenzen und Alt-Verleihungen
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Die unter dem TKG 1996 erteilten Lizenzen ebenso wie die unter dem FAG 1989 erteilten so genannten Verleihungen gelten auch unter dem TKG 2004 fort. Dies ergibt sich ausdrücklich aus § 150 Abs. 4 TKG für die seit 1989 mittels Vergabeverfahren (Ausschreibung oder Versteigerung) vergebenen Funklizenzen (z. B. GSM, UMTS, WLL, zur Frage der Fortgeltung der so genannten „Diensteanbieterverpflichtungen“ siehe H. Rz. 500 ff.)2. Für andere Lizenzen folgt dies aus deren verwaltungsrechtlicher Bestandskraft (§ 43 Abs. 2 VwVfG). Die Regelungen in § 150 Abs. 2, 3 und 8 TKG bestätigen dies mittelbar, wenn dort auf bestehende Lizenzen oder darin gewährte Rechte Bezug genommen wird.
27
Allerdings können sich bestehende Lizenznehmer nicht darauf verlassen, dass hinsichtlich ihrer Lizenzen auch das Regime des TKG 1996 fortgilt. So ist insbesondere zu beachten, dass das TKG 2004 keine Regelung mehr über die Rechtsnachfolge für Lizenzen wie der frühere § 9 TKG 1996 enthält. Stattdessen existieren derartige Bestimmungen nur noch für Frequenznutzungsrechte (§§ 55 Abs. 6 und 7, 62 TKG) und Wegerechte (§ 69 Abs. 3 TKG). Während für Frequenznutzungsrechte die Übertragungsmöglichkeiten gegenüber dem TKG 1996 bzw. der damaligen Praxis der Regulierungsbehörde konkretisiert und erweitert wurden (dazu näher D. Rz. 284 ff.), stellt sich die Übertragung in Bezug auf Wegerechte allerdings enger als früher dar (dazu näher F. Rz. 51 ff., 69 ff.). Im Bereich der Wegerechte liegt daher das Hauptproblem der Rechtsnachfolge in den Lizenzen nach dem TKG 1996. Zwar gelten nach § 150 Abs. 2 TKG die in Lizenzen erteilten Wegerechte ebenso fort wie Frequenz- und Nummernzuteilungen. Lizenzen können aber unter dem TKG 2004 nicht mehr übertragen werden (im Gegensatz zu § 9 Abs. 1 TKG 1996) oder anderweitig (z. B. durch gesellschaftsrechtliche Umwandlungstatbestände nach dem Umwandlungsgesetz) auf eine andere _______________
1 Siehe zur Historie Heun, CR 2005, 725. 2 Siehe dazu VG Köln v. 2.11.2006 – 1 K 4871/05, Absatz Nr. 62 ff. des amtlichen Umdrucks. Dort wird ausdrücklich auch die Fortgeltung der in den GSM-Lizenzen enthaltenen Diensteanbieterverpflichtungen festgestellt.
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Allgemeine Vorschriften des TKG zum Marktzutritt
Rz. 29 A
Rechtsperson übergehen (so noch § 9 Abs. 2 TKG 1996); eine dementsprechende Regelung für Wegerechte fehlt im TKG 2004 ebenfalls. Denn als personenbezogene Verwaltungsakte bedürfen diese einer besonderen Regelung für die Rechtsnachfolge im materiellen Recht1. Daraus folgt, dass früher erteilte Lizenzen sowie darin etwa enthaltene Wegerechte bei derartigen Transaktionen grundsätzlich untergehen, es sei denn, die Rechtsperson des Lizenzinhabers bleibt erhalten und die Lizenz bleibt bei diesem („identitätswahrende Umwandlung“, § 69 Abs. 3 TKG). Dies gilt nach Auffassung der BNetzA uneingeschränkt, obwohl dies in bestimmten Konstellationen zu sinnwidrigen Ergebnissen führen kann und bedeutet, dass vom betroffenen Unternehmen die (mit der Lizenz untergegangenen) Wegerechte neu beantragt werden müssen (dazu näher F. Rz. 69 ff.). Hier hätte eine klarstellende Übergangsregelung sicher von Anfang an mehr Rechtssicherheit schaffen können. Mit dem Problem der Unübertragbarkeit von Alt-Lizenzen nach dem TKG 2004 sowie deren etwaigem Untergang bei bestimmten Umwandlungsvorgängen ist die Frage verbunden, ob sich ein etwaiger Untergang der Lizenz zu der in § 144 Abs. 3 TKG vorgesehenen Anrechung von überzahlten Lizenzgebühren auf den künftigen Telekommunikationsbeitrag auswirkt. Dies ist zu verneinen. Der Anrechungstatbestand des § 144 Abs. 3 TKG knüpft an die Zahlung der Lizenzgebühren an, zu welcher der frühere Lizenznehmer verpflichtet war, nicht aber an den Fortbestand der Lizenz. Der Anrechnungsanspruch geht auch nicht wie die Lizenz unter, wenn beispielsweise der Rechtsträger des Lizenznehmers mit einem Drittunternehmen verschmolzen wird, weil die Gebührenpflicht und der damit korrelierende Anrechnungsanspruch nicht in gleicher Weise als personenbezogen bzw. unübertragbar betrachtet werden kann, wie die Lizenz selbst. Ein solcher Anrechnungsanspruch bleibt wichtig, weil das BVerwG die Erstattung von gezahlten Lizenzgebühren auch vor dem Hintergrund einer zunächst für die Lizenznehmer positiven Entscheidung des EuGH im diesbezüglichen Vorabentscheidungsersuchen2 für die zuletzt übrig gebliebenen Fälle abgelehnt hat3, in denen die Lizenznehmer kein rechtzeitiges Rechtsmittel gegen den Lizenzgebührenbescheid eingelegt hatten. Damit sind die Rechtsstreitigkeiten über die Erstattung von gezahlten Lizenzgebühren vorbehaltlich einer Verfassungsbeschwerde nunmehr rechtskräftig beendet und die Frage der Anrechnung nach § 144 Abs. 3 TKG tritt in den Vordergrund.
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4.4 Meldepflicht Bestimmte Marktteilnehmer bleiben nach § 6 Abs. 1 TKG verpflichtet, die Aufnahme, Änderung und Beendigung ihrer Tätigkeit sowie Änderungen _______________
1 Vgl. Mayen, CR 1999, 690 f. 2 EuGH v. 19.9.2006, Rs. C-392/04 und C-422/04. 3 BVerwG v. 17.1.2007 – 6 C 32.06.
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Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
ihrer Firma bei der BNetzA unverzüglich zu melden. Diese Meldepflicht ist der allgemeinen Gewerbeaufsicht angenähert und nachgebildet1. Nach § 6 Abs. 4 TKG veröffentlicht die BNetzA regelmäßig ein Verzeichnis der gemeldeten Unternehmen2. 4.4.1 Adressaten der Meldepflicht 30
Meldepflichtig sind nach § 6 Abs. 1 TKG zwei Gruppen von Personen, nämlich, wer – –
gewerblich öffentliche Telekommunikationsnetze betreibt oder gewerblich Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringt.
Zwar spricht § 6 TKG nicht von Personen, sondern von Unternehmen. Indessen ist selbstverständlich, dass nicht nur Unternehmen bzw. juristische Personen Tätigkeiten ausüben dürfen, die dem TKG 2004 unterfallen, sondern auch natürliche Personen. Im Folgenden wird daher von Personen gesprochen, die sowohl juristische als auch natürliche Personen sein können. Diese Personen bzw. Unternehmen sind die Person bzw. das Unternehmen selbst wie auch die mit ihr/ihm i. S. d. § 36 Abs. 2 und § 37 Abs. 1 und 2 GWB verbundenen Personen bzw. Unternehmen (§ 3 Nr. 29 TKG). Allerdings dürfte die soeben zitierte Legaldefinition im Rahmen von § 6 TKG nicht so zu verstehen sein, dass bei verbundenen Unternehmen die Meldung durch eines der Unternehmen für alle anderen ausreicht. Trotz der Verwendung des legaldefinierten Begriffs Unternehmen in § 6 TKG handelt es sich nach dessen Sinn und Zweck bei der Meldepflicht um eine Verpflichtung, die von jeder Person bzw. jedem Unternehmen selbständig zu erfüllen ist. 31
Wie bereits erwähnt (siehe oben Rz. 16) sind die im Rahmen der Meldepflicht verwendeten Begriffe im TKG 2004 nur teilweise legaldefiniert worden. Dies gilt für „Betreiben“ bzw. „Betreiber“, für „öffentliches Telekommunikationsnetz“ sowie für „Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit“. Im Folgenden werden zunächst das Betreiben eines Telekommunikationsnetzes (Rz. 33 ff., 36 ff.) und das Erbringen von Telekommunikationsdiensten (Rz. 40 ff., 43 ff.) untersucht; danach die für beide meldepflichtigen Personengruppen gemeinsamen Merkmale der gewerblichen Tätigkeit (Rz. 50 f.) und der Öffentlichkeit (Rz. 53 ff.). Mit Blick auf die frühere Regelung in § 4 TKG 1996 ist bemerkenswert, dass das Merkmal der Öffentlichkeit neu eingeführt und somit der Kreis der meldepflichtigen Unternehmen begrenzt worden ist.
_______________
1 Vgl. die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/2316, S. 59 (60). 2 Dieses kann auf der Website der BNetzA www.bundesnetzagentur.de abgerufen werden.
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Allgemeine Vorschriften des TKG zum Marktzutritt
Rz. 33 A
Unternehmen, die ihre Tätigkeit bereits nach § 4 TKG 1996 angezeigt bzw. unter dem TKG 1996 eine Lizenz erhalten haben, sind nach § 150 Abs. 2 TKG nicht meldepflichtig. Damit werden entsprechend Art. 17 Abs. 1 Genehmigungsrichtlinie die „Alt-Lizenzen“ in das neue Regime des TKG 2004 überführt. Die Befreiung von der Meldepflicht gilt aber nicht für Änderungen (näher dazu Rz. 72).
32
4.4.1.1 Telekommunikationsnetz Ein Telekommunikationsnetz ist nach § 3 Nr. 27 TKG in Anlehnung an die Definition in Art. 2 lit. a) Rahmenrichtlinie „die Gesamtheit von Übertragungssystemen und gegebenenfalls Vermittlungs- und Leitwegeinrichtungen sowie anderweitigen Ressourcen, die die Übertragung von Signalen über Kabel, Funk, optische und andere elektromagnetische Einrichtungen ermöglichen, einschließlich Satellitennetzen, festen und mobilen terrestrischen Netzen, Stromleitungssystemen, soweit sie zur Signalübertragung genutzt werden, Netzen für Hör- und Fernsehfunk sowie Kabelfernsehnetzen, unabhängig von der Art der übertragenen Information“.
Diese Definition unterscheidet sich dem Wortlaut nach von der in § 3 Nr. 21 TKG 1996 noch enthaltenen Definition durch folgende Elemente: Vermittlungs- und Leitwegeinrichtungen sind ausdrücklich nur „gegebenenfalls“ Teil des Netzes, d. h. nur dann, wenn das betreffende Netz derartige Einrichtungen erfordert. Es werden neuerdings nicht abschließende Beispiele für die Übertragungssysteme genannt. Schließlich verdeutlicht der Begriff „soweit“, dass es für die Qualifikationen eines Telekommunikationsnetzes auf die telekommunikative Funktion ankommt, und nicht darauf, ob die hierfür verwendeten Systeme auch anderen Zwecken dienen (können). Eine Änderung gegenüber dem Begriffsverständnis unter dem TKG 1996 ist damit aber nur scheinbar verbunden. Auch unter dem TKG 1996 galt eine „funktionale Betrachtungsweise“ für Telekommunikationsanlagen bzw. Telekommunikationsnetze1. Ebenso haben die in der neuen Definition verwendeten Beispiele letztlich nur klarstellenden Charakter. Sämtliche Systeme, welche die Übertragung ermöglichen, sind erfasst, gleich ob es sich um klassische, auf Kupferdraht und/oder Glasfaser beruhende Festnetze (schmal- oder breitbandig) oder Breitbandkabelnetze, um Funknetze (z. B. Mobilfunk, Satellitenfunk, Rundfunk, Richtfunk, WLL, WLAN, WiMAX) oder um auf Energieleitungen beruhende Netze („Powerline“) handelt. Das war auch unter dem TKG 1996 so. Es kommt ferner nicht darauf an, ob die Systeme unmittelbar auf der physikalischen Infrastruktur aufsetzen oder auf bereits vorhandenen Übertragungssystemen, die selbst ein Telekommunikationsnetz darstellen. Daher ist ein IP-Netz, mit welchem beispielsweise der Zugang zum Internet vermittelt wird, ebenso _______________
1 Siehe RegTP Mitteilung Nr. 73/1999, ABl. Nr. 4/99 v. 10.3.1999, S. 739 (759) sowie F. Rz. 25.
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A Rz. 34
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
ein Telekommunikationsnetz, wie das einem solchen Netz ggf. in Form von Mietleitungen zugrunde liegende Leitungsnetz. 34
Eine gewisse Änderung gegenüber der Rechtslage nach dem TKG 1996 ergibt sich indessen dennoch. Diese folgt aus dem früheren Zusammenspiel zwischen „Übertragungsweg“ (§ 3 Nr. 22 TKG 1996) und dem Begriff „Telekommunikationsnetz“. Nach der in § 3 Nr. 22 TKG 1996 enthaltenen, heute in § 3 Nr. 28 TKG vorgenommenen Definition für Übertragungswege war/ist erforderlich, dass ein bestimmtes Informationsdurchsatzvermögen (Bandbreite oder Bitrate) hergestellt wird. Dies stellte zugleich die Untergrenze für die Definition des Telekommunikationsnetzes in § 3 Nr. 21 TKG 1996 dar, weil dort von „unerlässlichen“ Einrichtungen gesprochen wurde. Nach der Definition des Telekommunikationsnetzes im heutigen § 3 Nr. 27 TKG wird indes nicht mehr auf den Übertragungsweg, sondern auf Übertragungssysteme abgestellt und die Untergrenze liegt niedriger, nämlich bei der „Ermöglichung“ von Signalübertragung1. Damit unterfallen auch Glasfaserübertragungssysteme dem Begriff des Telekommunikationsnetzes, die lediglich „Wellenlänge“ (Wavelength) bereitstellen, ohne dass damit bereits eine Bandbreite oder Bitrate einherginge2.
35
Dagegen führt die neue Definition von „Telekommunikationsnetz“ in § 3 Nr. 27 TKG für sich genommen nicht zu einer veränderten Betrachtung3 der unter dem TKG 1996 entschiedenen Frage, dass für Zwecke der Zusammenschaltung zweier (öffentlicher) Telefonnetze ein Telefonnetz aus mehr als zwei Übertragungswegen bestehen muss4. Denn diese Frage war unter dem TKG 1996 mit Blick auf die Zusammenschaltungsrechte und -pflichten von Verbindungsnetzbetreibern nicht allein anhand des Begriffs des Telekommunikationsnetzes zu entscheiden, sondern auch mit Blick auf den nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 TKG 1996 lizenzpflichtigen Sprachtelefondienst auf Basis eines selbst betriebenen Telekommunikationsnetzes5. Ob daher diese Frage im heutigen Licht anders beantwortet werden muss, richtet sich in erster Linie nach der Begriffsdefinition für ein (öffentliches) Telefonnetz in § 3 Nr. 16 TKG, und, in zweiter Linie, nach den heute bestehenden bzw. aufzuerlegenden Zusammenschaltungspflichten für Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze gemäß §§ 16, 18 Abs. 1, 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG (näher dazu H. Rz. 61 ff.). Richtig bleibt damals wie heute, dass die Begriffsdefinition des Telekommunikationsnetzes selbst keine quantitativen Vorgaben enthält6. Einzig aus dem Begriff „Netz“ selbst ist zu folgern, dass eine einzelne Punkt-zu-Punktverbindung (1. Fall des Übertragungswegs gemäß § 3 Nr. 28 _______________
1 Die Definition ist daher näher an der Definition von „Telekommunikationsanlage“ nach § 3 Nr. 17 TKG 1996, § 3 Nr. 23 TKG 2004. 2 Siehe auch Erwägungsgrund (7) a. E. der Wettbewerbsrichtlinie. 3 So aber Schütz, Kommunikationsrecht, Rz. 15. 4 Siehe RegTP Mitteilung Nr. 73/1999, ABl. Nr. 4/99 v. 10.3.1999, S. 739 (759). 5 Siehe RegTP Mitteilung Nr. 73/1999, ABl. Nr. 4/99 v. 10.3.1999, S. 739 (740, 759). 6 Siehe RegTP Mitteilung Nr. 73/1999, ABl. Nr. 4/99 v. 10.3.1999, S. 739 (740).
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Allgemeine Vorschriften des TKG zum Marktzutritt
Rz. 36 A
TKG) noch kein Netz darstellen kann, sondern für ein Netz mindestens zwei Punkt-zu-Punkt-Verbindungen1 oder eine Punkt-zu-Mehrpunktverbindung (2. Fall des Übertragungswegs gemäß § 3 Nr. 28 TKG) nebst zugehöriger Übertragungssysteme erforderlich ist. 4.4.1.2 Netzbetreiber Nur die Betreiber von Telekommunikationsnetzen sind meldepflichtig. Wiederum fehlt hierfür eine Begriffsdefinition im neuen TKG. Früher bedeutete nach § 3 Nr. 2 TKG 1996 das „Betreiben eines Telekommunikationsnetzes“ das „Ausüben der tatsächlichen und rechtlichen Kontrolle (Funktionsherrschaft) über die Gesamtheit der Funktionen, die zur Erbringung von Telekommunikationsdiensten oder nichtgewerblichen Telekommunikationszwecken über Telekommunikationsnetze unabdingbar zur Verfügung gestellt werden müssen; dies gilt auch dann, wenn im Rahmen des Telekommunikationsnetzes Übertragungswege zum Einsatz kommen, die im Eigentum Dritter stehen“.
Nach Art. 2 lit. c) Zugangsrichtlinie ist demgegenüber „‚Betreiber‘ ein Unternehmen, das ein öffentliches Kommunikationsnetz oder eine zugehörige Einrichtung bereitstellt, oder zur Bereitstellung hiervon befugt ist.“ Wenngleich das „Bereitstellen“ durchaus mit der „Funktionsherrschaft“ gleichgesetzt werden kann, ist die europäische Definition auf den ersten Blick weiter gefasst, weil für den Netzbetrieb einerseits keine Beschränkung auf „unabdingbare“ Funktionen erfolgt, und andererseits auch die Befugnis zum Bereitstellen ausreicht, es also nicht auf die tatsächliche Kontrolle selbst ankommt. Schließlich scheint zwar auf den ersten Blick angesichts der Erweiterung des Betreiberbegriffs in Art. 2 lit. c) Zugangsrichtlinie auf das Bereitstellen zugehöriger Einrichtungen ohne gleichzeitiges Bereitstellen eines Netzes eine richtlinienkonforme Auslegung des Begriffs des Netzbetreibers des TKG erforderlich2. Indes unterscheidet auch die Zugangsrichtlinie zwischen Netzbetreibern (so in der Zusammenschaltungsdefinition des Art. 2 S. 2 lit. b) a. E.) und Betreibern (so etwa beim Transparenzgebot in Art. 9). Die Verwendung des Wortes „oder“ in Art. 2 lit. c) Zugangsrichtlinie macht es daher lediglich notwendig, auch solche Unternehmen als „Betreiber“ anzusehen, die zwar kein Telekommunikationsnetz aber zugehörige Einrichtungen betreiben. Gedacht werden kann hier etwa an einen Mobile Virtual Network Operator – MVNO (siehe dazu unten Rz. 59 ff.), der kein Mobilfunknetz und ggf. auch kein Festnetz betreibt, aber eine Zugangsplattform bereitstellt bzw. betreibt, über die eingehende und ausgehende Anrufe geroutet werden. Ähnliche Konstellationen sind in IPNetzen Dritter in Bezug auf diejenigen Unternehmen denkbar, die reine VoIP-Plattformen ohne Übertragungswege bereitstellen bzw. betreiben. Zu _______________
1 Ebenso BeckTKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 16 Rz. 19. 2 So BeckTKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 27.
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Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
Netzbetreibern macht der Betrieb zugehöriger Einrichtungen solche Unternehmen aber nicht. 37
Trotz der Unterschiede zwischen der alten und der neuen Regelungslage wird man nicht zu einem unterschiedlichen Verständnis für den Begriff des Netzbetreibers kommen können. Denn der Einschub in der alten Definition, nach dem es um die „unabdingbaren“ Funktionen ging, diente trotz der Verwendung des Begriffs auch bei der Definition des Telekommunikationsnetzes vor allem der Abgrenzung zwischen dem lizenzpflichtigen Betreiben von Übertragungswegen und dem nicht lizenzpflichtigen Betreiben von Übertragungssystemen bzw. Telekommunikationsnetzen, die auf bereits betriebenen Übertragungswegen aufsetzen1. Die Definitionen im TKG 1996 enthielten demnach eine Verengung auf das Mindestmaß an Funktionen, die für den Betrieb erforderlich sind. Dieses Mindestmaß ist in der zitierten Definition der Zugangsrichtlinie (Rz. 36) enthalten. Was also auf den ersten Blick als Beschränkung erscheint, ist demnach eigentlich von Vorteil, weil gerade keine hohen Anforderungen an den Begriff des Netzbetreibers geknüpft werden. Dementsprechend verwendet die BNetzA auch unter dem TKG 2004 nach wie vor die aus dem TKG 1996 stammende Definition zur Bestimmung eines Netzbetreibers, einschließlich des Merkmals der Funktionsherrschaft2. Allenfalls würde sich die Frage stellen, ob nach der Definition in der Zugangsrichtlinie ein Mehr an Funktionen bzw. Bereitstellen erforderlich ist. Dies ist aber angesichts des Zwecks des Richtlinienpakets 2002, den Marktzutritt zu vereinfachen, nicht anzunehmen. Was die Befugnis zum Bereitstellen anbetrifft, so liegt hierin im Ergebnis lediglich eine Klarstellung für die ohnehin unter dem TKG 1996 vorhandene Praxis, einen erst angehenden Netzbetreiber auch als solchen zu behandeln. So waren auch solche Unternehmen als Betreiber (öffentlicher) Telekommunikationsnetze zur Zusammenschaltung berechtigt, wenn deren Netz erst im Aufbau befindlich war, es also noch nicht existierte, das Unternehmen zum Betrieb aber etwa auf Basis einer Sprachtelefondienstlizenz befugt war3. Ebenso wurden und werden Rufnummerzuteilungen gehandhabt4.
38
Der zentrale Begriff der (Netz-)Betreibereigenschaft ist demnach weiterhin derjenige der Funktionsherrschaft5. Wie sich bereits aus der Definition der Funktionsherrschaft ergibt, hat sie zwei wesentliche Komponenten, nämlich zum einen die rechtliche, zum anderen die tatsächliche Kontrolle. Für die rechtliche Kontrolle ist nicht unbedingt erforderlich, dass der Betreiber _______________
1 2 3 4
Siehe Bothe/Heun/Lohmann, Archiv PT 1995, 5 (18 f.). Siehe RegTP Mitteilung Nr. 237/2004, ABl. RegTP Nr. 15/2004. Siehe z. B. RegTP, BK 4-98-004 v. 12.8.1998 und BK 4-98-006 v. 19.8.1998. Nach den Zuteilungsregeln der BNetzA für Rufnummern reicht(e) es regelmäßig aus, dass ein Antragsteller den Netzbetrieb „beabsichtigt (hat)“. 5 Dies sieht auch die BNetzA so, vgl. Mitteilung Nr. 237/2004, ABl. RegTP Nr. 15/ 2004, S. 785 (786).
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Rz. 40 A
auch das Eigentum an den Netzressourcen innehat. Vielmehr reicht der Besitz bzw. die tatsächliche Verfügungsgewalt. Die tatsächliche Kontrolle setzt voraus, dass der Betreiber derjenige ist, der dergestalt Zugang zu den für den Netzbetrieb unabdingbaren bzw. erforderlichen Ressourcen hat, dass er jederzeit tatsächlich selbst die Anlagen ein- oder ausschalten kann. Die Funktionsherrschaft besitzt also, wer in eigener Verantwortung über das Ob und Wie des Betreibens des Netzes entscheidet und ein eigenes Interesse an der bestimmungsgemäßen Nutzung des Netzes besitzt1. Hilfstätigkeiten im Auftrag eines anderen, wie z. B. die Ausführung von Installations- oder Wartungsarbeiten sowie die regelmäßig an Weisungen des Auftraggebers gebundenen „Outsourcing“-Dienstleistungen, können eine Funktionsherrschaft damit ebenso wenig begründen wie das bloße Eigentum an den Netzressourcen oder die bloße Nutzung von Netzfunktionen, die durch einen Anderen betrieben werden. Letzteres schließt freilich nicht aus, dass die gleiche physikalische Infrastruktur parallel von einem Netzbetreiber zum Betrieb eines aus Mietleitungen bestehenden Übertragungswegenetzes und von einem weiteren Netzbetreiber zum Betrieb eines IP-Netzes – auf Basis der von dem ersten Netzbetreiber überlassenen Mietleitungen – genutzt wird. Hier werden auf der Basis eines Netzes im physikalischen Sinne zwei unterschiedliche Netze im (logischen und) rechtlichen Sinne von zwei unterschiedlichen Unternehmen betrieben, die beide als Netzbetreiber gelten. Besondere Abgrenzungsfragen mit über die Meldepflicht hinausgehenden Fragen stellen sich heute vornehmlich im Bereich des Mobilfunks bei der Einordnung so genannten virtueller Mobilfunknetzbetreiber (Mobile Virtual Network Operators – MVNO, dazu unten Rz. 59 ff.) sowie bei der Bewertung des Outsourcing und Infrastructure-Sharing von Netzbetriebseinrichtungen und -funktionen (dazu D. Rz. 374 ff.). Wo der Netzbetreiber seinen Sitz hat, sei es in der Bundesrepublik Deutschland oder im Ausland, ist für die Meldepflicht nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass sich das Netz im Geltungsbereich des TKG befindet. Insofern ist es auch irrelevant, ob Teile des Netzes wie z. B. Vermittlungseinrichtungen im Ausland sind, solange die im Inland befindlichen Ressourcen die Qualifikation als Telekommunikationsnetz erfüllen.
39
4.4.1.3 Erbringer von Telekommunikationsdiensten Neben den Netzbetreibern sind diejenigen meldepflichtig, die Telekommunikationsdienste erbringen. Diese Formulierung entspricht derjenigen in § 4 TKG 1996. Erfasst ist damit eine Teilmenge der in § 3 Nr. 6 TKG legaldefinierten Diensteanbieter, nämlich diejenigen, die ganz oder teilweise geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen (lit. a)). Nicht erfasst sind diejenigen Diensteanbieter, die lediglich an der Erbringung solcher _______________
1 Näher zur Herleitung: Bothe/Heun/Lohmann, Archiv PT 1995 S. 5, 14 ff.; vgl. auch Beck TKG-Komm/Schütz, 2. Auflage, § 6 TKG 1996 Rz. 33 ff.
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A Rz. 41
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Dienste mitwirken (lit. b)). Meldepflichtig sind daher nur diejenigen Unternehmen, welche die Telekommunikationsdienste im eigenen Namen und für eigene Rechnung gegenüber Dritten anbieten. Wie die sogleich darzustellende Definition von „geschäftsmäßigem Erbringen“ verdeutlicht, benutzt das Gesetz die Worte „Erbringen“ und „Angebot“ als Synonym. Gemeint ist dabei allerdings nicht etwa auch der Vertrieb durch einen Handelsvertreter u. ä. Vielmehr erbringt (oder: bietet) nur derjenige Telekommunikationsdienste (an), der diese im eigenen Namen und für eigene Rechnung ungeachtet des Vertriebswegs anbietet (erbringt) und abrechnet. Die Ausführung der Leistungen kann hierbei durch den Anbieter selbst oder zum Teil wie auch vollständig durch Dritte (als Erfüllungsgehilfen) erfolgen. Im letztgenannten Fall ist der Diensteanbieter ein Wiederverkäufer (Reseller). 41
In örtlicher Hinsicht ist entscheidend, dass die Leistungen in der Bundesrepublik Deutschland erbracht werden; der Sitz des Anbieters ist unerheblich.
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Geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten meint nach § 3 Nr. 10 TKG das „nachhaltige Angebot von Telekommunikation für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht“. Nachhaltigkeit ist gegeben, wenn das Angebot eine gewisse Häufigkeit aufweist und auf gewisse Dauer angelegt ist1. Damit ist auch das Unternehmen, welches seinen Mitarbeitern private Telefonie vom Arbeitsplatz gestattet, ein Diensteanbieter (gegenüber diesen Mitarbeitern), ebenso wie etwa das Hotel, welches seinen Gästen Telefondienste anbietet. Die Meldepflicht solcher Diensteanbieter entfällt allerdings mangels eines gewerblichen Angebots solcher Leistungen (siehe unten Rz. 51). Einmalige oder gelegentliche Leistungen fallen dagegen nicht unter den Begriff „geschäftsmäßig“. So etwa die zeitweilige Überlassung eines Telefon- oder Internetanschlusses für die Besucher eines Unternehmens. Angesichts des später noch darzustellenden Merkmals der Gewerblichkeit (Rz. 50 f.) spielen etwaige, zum Teil schwierige Abgrenzungsfragen hier keine Rolle. Anders ist dies allerdings für Fragen der öffentlichen Sicherheit und Überwachung (dazu B.). 4.4.1.4 Telekommunikationsdienste
43
Im Zentrum der zweiten Gruppe der meldepflichtigen Unternehmen stehen demnach Telekommunikationsdienste. Telekommunikationsdienste sind gemäß § 3 Nr. 24 TKG „in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen“. Die im ersten Teil gleichlautende aber etwas längere Definition in Art. 2 lt. c) Rahmenrichtlinie verdeutlicht lediglich zusätzlich, dass vornehmlich inhaltsbezogene Dienste oder solche, bei denen redaktionelle _______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 58 zu § 3 Nr. 11 des Gesetzentwurfs.
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Allgemeine Vorschriften des TKG zum Marktzutritt
Rz. 44 A
Kontrolle ausgeübt wird (wie bei Rundfunk), ebenso keine Telekommunikationsdienste darstellen wie Tele- und Mediendienste, solange die Übertragung von Signalen nicht im Vordergrund steht. Damit erfolgt gegenüber der früheren Definition in § 3 Nr. 18 TKG 1996 in zweierlei Hinsicht eine Veränderung. Zum einen ist im Rahmen der Definition nicht mehr erforderlich, dass die Dienste gewerblich erbracht werden. Vielmehr reicht es aus, dass die Dienste „in der Regel gegen Entgelt“ erbracht werden. Damit gilt praktisch jede, ganz oder überwiegend aus Telekommunikation bestehende Leistung an einen Dritten als Telekommunikationsdienst, auch wenn sie unentgeltlich angeboten bzw. erbracht wird. Zum anderen erfordert ein Telekommunikationsdienst, dass die Leistung ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen besteht. Dies dient der klarstellenden Abgrenzung zu inhaltsbezogenen Diensten und der diesbezüglichen Regulierung, etwa in Form des Rundfunkrechts oder des Telemediengesetzes. Dies führt freilich nicht dazu, Dienste mit Bezug zum Internet von der Bestimmung als Telekommunikationsdienste auszunehmen. Internet-Zugang, eMail wie auch Voice over IP (VoIP)1 beinhalten typischerweise die Übertragung von Signalen, so dass diese Dienste auch Telekommunikationsdienste sind. Dies gilt auch dort, wo etwa im Falle von (reinen) VoIP- oder eMailDiensten2 diese auf Basis von Internet-Zugängen und/oder IP-Infrastrukturen Dritter und damit unter Einsatz von Signalübertragung durch Dritte erbracht werden. Denn auch in diesen Fällen nehmen die soft- und/oder hardwaregestützten Vermittlungs- und Speichereinrichtungen der Diensteanbieter regelmäßig auch Routing-Entscheidungen für den Transport des Verkehrs zu ihrem Ziel (Gesprächspartner bzw. Mailempfänger) vor. Eine andere Beurteilung kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn sich die Leistungsbeschreibung bzw. das Angebot des Diensteanbieters ausdrücklich auf Datenverarbeitungs- bzw. Vermittlungsvorgänge beschränkt3. 4.4.1.4.1 Dienstekategorisierung der BNetzA Die BNetzA nimmt eine grundsätzliche Kategorisierung von Telekommunikationsdiensten vor, die sich aus dem für die Erfüllung der Meldepflicht zu nutzenden Meldeformular und der Veröffentlichung der gemeldeten Unternehmen ergibt4. Danach sind die verschiedenen Telekommunikationsdienste in die Hauptbereiche festnetzgebundene Dienste, Mobil- sowie _______________
1 Für VoIP stellt dies die Regulierungsbehörde ausdrücklich in ihren „Eckpunkten zur regulatorischen Behandlung von Voice over IP (VoIP)“ unter Eckpunkt 2 fest, abrufbar unter www.bundesnetzagentur.de. 2 Bei VoIP etwa der Fall eines VoIP-zu-VoIP-Dienstes, der über das Internet genutzt wird und der sich technisch auf die Vermittlung des Gesprächs beschränkt. 3 Mit Blick auf die Marktgängigkeit der Produkte dürfte die Abgrenzung allerdings eher zugunsten der Annahme eines Telekommunikationsdienstes ausfallen. 4 Beide Dokumente sind abrufbar unter www.bundesnetzagentur.de. Das Meldeformular nebst Erläuterungen ist im Anhang zu diesem Kapitel nach Rz. 102 abgedruckt.
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A Rz. 44
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
Satellitenfunkdienste unterteilt und dort weiter kategorisiert. Hieran hat sich gegenüber dem TKG 1996 nichts Wesentliches geändert. Bei den festnetzgebundenen Telekommunikationsdiensten werden die folgenden Kategorien unterschieden: –
Angebot von Festnetzübertragungswegen (kabel- oder funkgestützte Systeme ohne satellitengestützte Übertragungswege, aber einschließlich des Weitervermietens von angemieteten Übertragungswegen);
–
Datenübermittlungsdienste (paketorientierte und leitungsvermittelte Datenübermittlung, Telex);
–
Datenmehrwertdienste (elektronische Post, Electronic Data Interchange, Telefaxmehrwertdienste, Buchungsdienste/elektronischer Zahlungsverkehr, d. h. Übermittlung von Transaktionsdaten, Fernwirkdienste);
–
integrierte Mehrwertdienste (Videokonferenz, Business-TV);
–
Netzmanagementdienste (z. B. Zusammenschaltungsdienste zwischen Netzen verschiedener Netzbetreiber, Netzzugangsdienste wie zu eMail, Onlinedienste und Internet, netzunterstützende Dienste, intelligente Netzdienste, Callback-Dienste);
–
technische Bereitstellung von Rundfunk (Übermitteln von Ton- und Fernsehsignalen, Heranführen von Rundfunksignalen, Verteilen von Rundfunksignalen über terrestrische Sender oder über Kabelnetze);
–
technische Bereitstellung von Multimediadiensten;
–
Sprachdienste (auf der Basis eines selbst betriebenen Netzes, ohne selbst betriebenes Netz oder auch als Wiederverkauf);
–
Sprachmehrwertdienste (Sprachbox, Audiotext, Erteilen von Auskünften);
–
öffentliche Telekommunikationsstellen (Bereitstellen von öffentlichen Telefonstellen oder sonstigen Telekommunikationsstellen z. B. WLAN Hotspots);
–
Herausgabe von Teilnehmerverzeichnissen.
Bei den Mobilfunkdiensten werden die folgenden Kategorien unterschieden: –
Mobiltelefondienste (Sprachvermittlung, Fax- und Datenübermittlung, Short Messaging Service (SMS), Mailboxdienste, Wiederverkauf von Mobilfunkdiensten als Providerdienste);
–
Funkrufdienste (unidirektionale Nachrichtenübermittlung – Paging);
–
Bündelfunkdienste (Sprach- und Datenübermittlung für eingeschränkte Nutzergruppen);
–
Mobile Datenfunkdienste (paketvermittelte Datenübertragung);
–
Flugtelefondienste (Sprach-, Daten- und Faxübertragung).
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Allgemeine Vorschriften des TKG zum Marktzutritt
Rz. 46 A
Bei den Satellitenfunkdienstleistungen werden die folgenden Kategorien unterschieden: –
Angebot von satellitengestützten Übertragungswegen (auf der Basis selbstbetriebener Übertragungswege oder im Wege der Weitervermietung von angemieteten satellitengestützten Übertragungswegen);
–
allgemeine Satellitenfunkdienste (Verteildienste (Broadcasting), BusinessTV, Satellite News Gathering, Übertragungsdienste, VSAT Dienste, Videokonferenz);
–
mobile Satellitenfunkdienste (Flottenmanagement/Ortungsdienste, Telefondienste, Datendienste);
–
satellitengestützter Rundfunk (Übermitteln von Ton- und Fernsehsignalen, Heranführen von Rundfunksignalen, Verteilen von Rundfunksignalen).
–
Eine Kategorie mit sonstigen Telekommunikationsdiensten ist nicht näher spezifiziert und dem meldepflichtigen Unternehmen überlassen.
Die vorstehende Kategorisierung verdeutlicht, dass die BNetzA einige Dienste entgegen der Legaldefinition als Telekommunikationsdienste behandelt, obwohl deren Inhalt gar nicht in der Signalübertragung besteht. So etwa die Herausgabe von Teilnehmerverzeichnissen. Dies ist eine Ungenauigkeit, die schon im TKG 1996 vorhanden war und darin liegt, dass so genannte Universaldienste gemäß § 17 TKG 1996 durch Gesetz als Telekommunikationsdienste behandelt wurden, unabhängig von den Merkmalen der Legaldefinition. In § 78 TKG ist diese Gleichsetzung im Wortlaut aber nicht mehr vorhanden, was die BNetzA allerdings nicht zu stören scheint. Allerdings sind die betreffenden Dienste in der Legaldefinition des öffentlich zugänglichen Telefondienstes nach § 3 Nr. 17 TKG in der Weise enthalten, dass jener diese Dienste „einschließt“. Daraus kann zumindest für dort aufgeführte Dienste gefolgert werden, dass der Gesetzgeber diese wie Telekommunikationsdienste behandeln will. Im Einzelnen handelt es sich dabei insbesondere um die Unterstützung durch Vermittlungspersonal, Auskunftsdienste, Teilnehmerverzeichnisse, Bereitstellung öffentlicher Münzund Kartentelefone.
45
4.4.1.4.2 Abgrenzung zu Inhaltsdiensten Andererseits ist die Abgrenzung zwischen Telekommunikationsdiensten und inhaltsbezogenen Diensten schwieriger als es den Anschein hat. So liefert das TKG etwa keine Anhaltspunkte dafür, wie die Einordnung zu erfolgen hat, wenn bestimmte Dienste aus einem Paket bestehen, das inhaltsund übertragungsbezogene Elementen beinhaltet. Typische Fälle sind so genannte Content Dienste im Zusammenhang mit dem Internet-Zugang, aber auch so genannte Mehrwertdienste oder Informations- und Datenbankdienste, in deren Rahmen auch typische Telekommunikationsdienste wie Heun | 23
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A Rz. 47
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
Internet-Zugang oder eMail angeboten werden. Eine Einordnung nach dem Schwerpunkt des Produktpakets wird sich allerdings kaum vornehmen lassen. Ein (Telekommunikations-)Dienst bleibt auch dann ein Telekommunikationsdienst, wenn er nur einen Teil eines ansonsten umfangreicheren, aber nicht aus Telekommunikationsdiensten bestehenden Leistungsbündels darstellt. So etwa wenn anlässlich des Zugangs zu einer Informationsdatenbank nebenher auch die Übertragung von eMails und/oder der Übergang zum Internet angeboten wird. Diese, auf die Einzelkomponenten bezogene Sichtweise legt auch der europäische Richtliniengeber zugrunde, wenn er ausdrücklich aufführt, dass derselbe Internet-Diensteanbieter „sowohl elektronische Kommunikationsdienste, wie den Zugang zum Internet, als auch nicht unter diese Richtlinie fallende Dienste, wie die Bereitstellung von Internet gestützten Inhalten, anbieten“ kann1. Voraussetzung für diese Betrachtung ist freilich, dass die Einzelkomponenten auch getrennt betrachtet und beurteilt werden können. 47
Dies ist nach der bisherigen Rechtsprechung zum TKG 1996 problematisch, wenn Telekommunikations- bzw. Übertragungs- und Inhaltsanteil eines Dienstes nach Leistungsinhalt, Preis und Abrechnung so eng miteinander verwoben sind, dass eine Trennung der Komponenten nicht möglich erscheint, wie etwa im Falle von Mehrwertdiensten sowie von Internet-byCall2. Denn hier wird der Inhaltsdienst gleichzeitig mit dem Telekommunikationsdienst erbracht sowie einheitlich bepreist und abgerechnet. Bildet dabei der Inhaltsdienst wie im Falle von Mehrwertdiensten den Schwerpunkt der Leistung, scheidet eine Einordnung als Telekommunikationsdienst aus. Bei dem von der Rechtsprechung auch so gesehenen Fall des Internet-by-Call ist diese Betrachtung allerdings fragwürdig. Denn auch wenn hier Zugang zu Inhalten, nämlich dem Internet vermittelt wird, besteht die Leistung gerade nicht darin, diese Inhalte bereitzustellen, sondern den Zugang hierzu in der Weise herzustellen, dass die An- und Abfragen des Nutzers in Form von Signalen übertragen werden. Daher ist hier – entgegen der bisherigen Rechtsprechung – von einem Telekommunikationsdienst auszugehen. Bei Mehrwertdiensten dagegen zeigt auch die jüngste Rechtsprechung des BGH3, dass die mit der Anwahl der Mehrwertdiensterufnummer verbundene Übertragungsleistung gegenüber dem Inhaltsdienst (Mehrwertdienst) eine nur untergeordnete Rolle spielt, der Vertrag über die Leistung gar direkt zwischen dem Nutzer und dem Mehrwertdiensteanbieter – und nicht dem Netzbetreiber – geschlossen wird. Solange daher die Praxis hier keine für den Nutzer erkennbare Trennung von Übertragungs- und Inhaltsanteil für Leistung, Preis und Abrechnung vornimmt, handelt es sich insgesamt nicht um einen Telekommunikationsdienst. Vielmehr liegt insgesamt _______________
1 Siehe Erwägungsgrund (10) der Rahmenrichtlinie. 2 Siehe VG Köln, 1 K 2788/00 v. 27.11.2002, S. 10 ff. des amtlichen Umdrucks. 3 BGH, Urt. v. 16.11.2006 – III ZR 58/06, CR 2007, 85; BGH, Urt. v. 28.7.2005 – III ZR 3/05, CR 2005, 864 = MMR 2005, 597 mit Anm. Ditscheid.
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Allgemeine Vorschriften des TKG zum Marktzutritt
Rz. 48 A
ein so genannter telekommunikationsgestützter Dienst vor. Derartige Dienste sind nach § 3 Nr. 25 TKG Dienste, „die keinen räumlich und zeitlich trennbaren Leistungsfluss auslösen, sondern bei denen die Inhaltsleistung noch während der Telekommunikationsverbindung erfüllt wird“. Bei diesen, wie schon der Wortlaut der Definition und die separate Definition selbst zeigen, inhalts- und nicht übertragungsbezogenen Diensten handelt es sich nicht um Telekommunikationsdienste im Sinne des TKG1. Denn hier überwiegt der Inhaltsanteil des Dienstes2. Anderenfalls wäre auch deren gesonderte Erwähnung neben Telekommunikationsdiensten in §§ 18 Abs. 2, 21 Abs. 2 Nr. 7 und 42 Abs. 1 TKG überflüssig. Neben den klassischen Mehrwertdiensten (z. B. Premium-Dienste in der Rufnummerngasse 0900 gemäß § 3 Nr. 17a TKG sowie Geteilte-Kosten-Dienste in der Rufnummerngasse 0180 gemäß § 3 Nr. 10a TKG) dürfte dies auch auf den Auskunftsdienst i. S. v. § 3 Nr. 2a S. 1 TKG zutreffen3, nicht aber für die nach § 3 Nr. 2a S. 2 TKG mögliche Weitervermittlung. Allerdings kann argumentiert werden, dass jedenfalls die in § 3 Nr. 17 TKG genannten Dienste (siehe oben Rz. 47) auch als Telekommunikationsdienste anzusehen sind, mithin auch der Auskunftsdienst. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass es für die Einordnung von gemischten Leistungen darauf ankommt, ob die einzelnen Leistungsteile separat betrachtet werden können. Ist dies der Fall, können die einzelnen Teile danach untersucht werden, ob sie ein Telekommunikationsdienst sind oder nicht. Dort, wo diese Trennung nicht möglich ist, entscheidet der Leistungsschwerpunkt. Welche Kriterien für die Frage der Trennbarkeit zugrunde zu legen sind, ist allerdings ebenfalls nicht geklärt. Die bereits zitierte verwaltungs- und zivilgerichtliche Rechtsprechung neigt offenbar dazu, den Empfängerhorizont des Nutzers zu betrachten. Im Schrifttum wird dagegen auch das OSI-Schichtenmodell angeführt4. Letzteres liegt zwar der eher technikorientierten Definition von Telekommunikationsdienst auf den ersten Blick näher. Indes beinhaltet die Definition nicht nur das technische Element „Telekommunikation“ sondern auch das zweckgerichtete Element „Dienst“, wobei die Telekommunikation eben nur Mittel zu diesem Zweck ist, nämlich Dritten gegenüber solche Dienste zu erbringen. Aus einem einheitlichen Angebot, das einheitlich bepreist und abgerechnet wird, lassen sich die technischen (telekommunikativen) Bestandteile nicht einfach herausreißen, wenn sie nicht auch gegenüber dem Nutzer eine selbständige _______________
1 Anders: Schütz, Kommunikationsrecht, Rz. 178, der telekommunikationsgestützte Dienste für eine Teilmenge der Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24 TKG hält. 2 Siehe auch die Gesetzesbegründung zu § 1 Telemediengesetz v. 26.2.2007: BTDrucks. 16/3078, S. 13, wo telekommunikationsgestützte Dienste als Individualkommunikation mit Inhaltsleistung bezeichnet werden. 3 Ebenso Beck TKG-Komm/Schütz/Piepenbrock/Attendorn, § 3 Rz. 51 f. mit weiteren Beispielen. 4 Siehe Schütz, Kommunikationsrecht, Rz. 180 f.
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Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
Bedeutung haben. Daher wird man in solchen Abgrenzungsfällen beide Kriterien zu berücksichtigen haben. Dementsprechend leuchtet es ein, einen Mehrwertdienst solange als einheitlichen, telekommunikationsgestützten Dienst zu betrachten, wie es für den Nutzer unerkennbar bleibt, dass er gleichzeitig eine (getrennte) Übertragungs- und eine Inhaltsleistung erhält. Andererseits bleibt für den Nutzer ein zusätzlich zu einer Datenbanknutzung bereitgestellter eMail-Dienst auch dann eine trennbare Leistung, wenn beide Leistungsteile einheitlich bepreist sind und der eMail-Dienst nicht ohne die Datenbanknutzung angeboten wird. 49
Ein Grenzfall könnte dabei eine Konstellation sein, bei welcher der Zugang zu und die Nutzung von bestimmten (exklusiven) Inhalten (Online-Dienst, Datenbank, Informationsdienst) mittels eigener Leistungen des Inhalteanbieters bereitgestellt wird; so etwa in Form einer Mietleitung, mit der die Signalübertragung vom Nutzer zu den die Inhalte vorhaltenden Speichermedien des Anbieters erfolgt. Anders als in dem bereits beschriebenen Fall des Internet-by-Call steht hier die Nutzung des besonderen Inhalts des betreffenden Anbieters im Vordergrund, und nicht lediglich der Zugang zu den beliebigen Inhalten des Internet. Wenn in einer solchen Konstellation die Mietleitung als Bestandteil der Nutzung des Inhaltsdienstes im Paket angeboten wird, kann man diese nur schwerlich als eigenständigen Telekommunikationsdienst betrachten; sie ist für den Nutzer ohne den Zusammenhang mit der Nutzung des zugleich angebotenen Inhalts wert- und zwecklos. Andererseits ließe sich dann mit der gleichen Begründung das Vorliegen eines Telekommunikationsdienstes ablehnen, wenn beispielsweise ein Breitbandkabelnetzbetreiber eigene Programminhalte über sein Netz an die Nutzer verteilt. Dies widerspräche aber der ausdrücklichen Regelung in der Definition von Telekommunikationsdiensten in § 3 Nr. 24 TKG, wonach Übertragungsdienste in Rundfunknetzen dazugehören. Dies verdeutlicht den Willen des Gesetzgebers, Übertragungsleistungen auch dann als eigenständige (Telekommunikations-)Dienste betrachten zu wollen, wenn sie im Paket mit Inhaltsdiensten (abtrennbar) angeboten werden. In der zuvor beschriebenen Konstellation wird man daher nicht allein auf den Empfängerhorizont abstellen können, sondern auch berücksichtigen müssen, dass der Zugang zu den Inhalten mittels Mietleitung (wiederum) technisch eine eigenständige Leistung darstellt. Fälle der Untrennbarkeit von gemischten Leistungen bzw. Leistungspaketen dürften sich daher im Ergebnis auf die Fälle der heutigen Mehrwertdienste bzw. telekommunikationsgestützten Dienste i. S. d. § 3 Nr. 25 TKG beschränken. 4.4.1.5 Gewerblichkeit
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Meldepflichtig sind Netzbetreiber und Diensteanbieter nur dann, wenn sie ihre Tätigkeiten gewerblich ausüben. Das ist der Fall, wenn die Tätigkeit auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist und nachhaltig ausgeübt wird, also auf eine gewisse Dauer angelegt ist. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers 26 | Heun
Allgemeine Vorschriften des TKG zum Marktzutritt
Rz. 52 A
reicht es für die Gewinnerzielungsabsicht aus, dass die Tätigkeit zumindest mit der Absicht der Kostendeckung angeboten wird1. Die nur gelegentliche Ausübung der Tätigkeit als Netzbetreiber oder Diensteanbieter (z. B. neben einem anderen Gewerbe) begründet noch keine Gewerblichkeit im Sinne des Telekommunikationsrechts und damit auch keine Meldepflicht i. S. v. § 6 Abs. 1 TKG. So ist es beispielsweise in Hotels üblich, dass die Zimmer mit Telefonen oder Internet-Anschlüssen ausgestattet sind und der jeweilige Hotelbetreiber den Telefondienst bzw. Internet-Zugang als Teil der eigentlichen Beherbergungsdienstleistung erbringt. Hier sind aber Telefondienst und Internet-Zugang von völlig untergeordneter Bedeutung; das eigentlich ausgeübte Gewerbe ist das Beherbergungsgewerbe. Eine solche Erbringung von Telekommunikationsdiensten erfüllt daher nicht das Kriterium der Gewerblichkeit und ist nicht meldepflichtig. Dieselbe Konstellation findet sich beispielsweise in Krankenhäusern. Nicht gewerblich ist daher auch die Bereitstellung von Telekommunikationsdiensten durch ein Unternehmen an seine Mitarbeiter für deren private Kommunikation.
51
4.4.1.6 Öffentlichkeit Netzbetreiber und Diensteanbieter sind nur dann meldepflichtig, wenn ein öffentliches Telekommunikationsnetz betrieben bzw. Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbracht werden. Beide Begrifflichkeiten hängen in Bezug auf das Merkmal der Öffentlichkeit eng miteinander zusammen, weil ein „öffentliches Telekommunikationsnetz“ voraussetzt, dass dieses Netz für Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit genutzt wird. Damit erhält der Betrieb eines Telekommunikationsnetzes die entscheidende finale Komponente, um die Meldepflicht für Netzbetreiber zu bestimmen. Dieser Zusammenhang folgt zwar nicht ausdrücklich in dieser Allgemeinheit aus den Begriffsbestimmungen des TKG bzw. der Formulierung in § 6 TKG. Der Zusammenhang kann aber aus der Definition des „öffentlichen Telefonnetzes“ in § 3 Nr. 16 TKG abgeleitet werden. Denn dort kommt es für die Qualifizierung als öffentliches Telefonnetz auf die Nutzung des Telefonnetzes für den „öffentlich zugänglichen Telefondienst“ an. „Öffentlich zugänglich“ wird darin umschrieben mit „der Öffentlichkeit zur Verfügung stehend“. Hierin erschöpft sich allerdings die nähere Bestimmung der in § 6 TKG benutzten Begriffe zur Öffentlichkeit anhand der Begriffsbestimmungen des TKG. Mit „zur Verfügung stehen“ dürfte dabei das Angebot an Teilnehmer (§ 3 Nr. 20 TKG), etwa i. S. d. § 43a TKG gemeint sein, denn nur so können die Dienste bzw. Netze auch genutzt werden. Dies wird bestätigt durch Art. 2 lit. d) Rahmenrichtlinie. Danach ist nämlich ein „öffentliches Kommunikationsnetz“ „ein elektroni_______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 60 zu § 6.
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sches Kommunikationsnetz, das ganz oder überwiegend zur Bereitstellung öffentlich zugänglicher Kommunikationsdienste dient. 53
Anders als unter dem TKG 1996 kann über die Begriffsbestimmungen in § 3 TKG allerdings keine Definition des Begriffs der „Öffentlichkeit“ mehr entnommen werden, die sich aus dem Gegensatz zu „geschlossenen Benutzergruppen“ erschließt. So hieß es in § 3 Nr. 19 TKG 1996, dass Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit „Angebote für beliebige natürliche und juristische Personen, und nicht lediglich für Teilnehmer geschlossener Benutzergruppen“, sind. Obwohl das TKG 2004 den Begriff „geschlossene Benutzergruppen“ nach wie vor verwendet (und zwar in Teil 7 des Gesetzes zum Umfang datenschutz- und sicherheitsrechtlicher Verpflichtungen), bleibt der Begriff „Öffentlichkeit“ selbst undefiniert und es wird auch kein Gegensatz zu Teilnehmern geschlossener Benutzergruppen hergestellt. Auch die Gesetzesbegründung stellt eine solche Verbindung nicht (mehr) her, wenn es heißt „Öffentlichkeit ist jeder unbestimmte Personenkreis“1. Zwar liegt es nahe, hier das bisherige Begriffsverständnis weiterzuführen. Allerdings sprechen hiergegen gewichtige Einwände. Der Begriff bzw. das Konzept „geschlossene Benutzergruppen“ entstammt dem europäischen Regime vor Inkrafttreten des Richtlinienpakets 2002 und war als impliziter Bestandteil der Definition für „Sprachtelefondienst“ in der ursprünglichen Wettbewerbsrichtlinie 90/388/EWG entwickelt worden. Ziel dieses Konzepts war es, einen bestimmten Bereich der damaligen Telefondienstmonopole dem Wettbewerb zu öffnen, nämlich Angebote für geschlossene Benutzergruppen. Später wandelte sich dieses Kriterium zur Marktöffnung in eine Abgrenzung zwischen lizenzpflichtigen und lizenzfreien Festnetz-Sprachdiensten in Form des § 6 Abs. 1 Nr. 2 TKG 1996. Schon diese Wandlung hat dazu geführt, dass die Rechtsprechung das Begriffsverständnis für geschlossene Benutzergruppen vor Inkrafttreten des TKG 1996 nicht in das Begriffsverständnis des TKG 1996 überführt hat2. Beide Zielsetzungen dieses Konzepts sind aber infolge des Richtlinienpakets 2002 durch vollständigen Wegfall der Lizenzpflicht entfallen. Der mit dem Richtlinienpaket 2002 verbundene Paradigmenwechsel bei der Regulierung der Telekommunikationsmärkte (siehe oben Rz. 1, 5) zwingt daher auch zu einer Neubewertung des Begriffs der Öffentlichkeit. Diese Frage ist neben der Meldepflicht auch für die Frage der Marktabgrenzung im Rahmen etwaiger Regulierungsmaßnahmen der BNetzA in Bezug auf den Wettbewerb unter den Marktteilnehmern (siehe oben Rz. 13) nach dem zweiten Teil des Gesetzes von wichtiger Bedeutung (siehe dazu G.). Folgerichtig stellt die BNetzA daher in der Marktdefinition für die Märkte Nr. 1 bis 6 der Märkteempfehlung der EU-Kommission nach ausführlicher Betrachtung fest, dass der im TKG 2004 verwendete Begriff der Öffentlichkeit grundsätzlich nicht (mehr) dazu geeignet ist, so genannte sprachorientierte System_______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 60 zu § 6. 2 OVG Münster, 13 B 32/02 v. 13.3.2002.
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lösungen, also Angebote für geschlossene Benutzergruppen, als einen von den zu untersuchenden öffentlichen Märkten der Festnetztelefonie unterschiedlichen Markt zu behandeln1. Indes stellt die BNetzA bei der Begriffsbestimmung von Öffentlichkeit ausschließlich darauf ab, ob die betreffenden Angebote an einen beliebigen Personenkreis erfolgen können und ignoriert dabei den möglichen Inhalt des Diensteangebots vollständig und bewusst2. Solange aber der Begriff „Öffentlichkeit“ im Richtlinienpaket 2002 und im TKG verwendet wird, muss es zwangsläufig auch „private Dienste“ geben, die dem Begriff der Öffentlichkeit und damit auch dem Regime des TKG sowie des Richtlinienpakets 2002 nur teilweise unterliegen. Allerdings liefert auch das Richtlinienpaket 2002 selbst keine näheren Anhaltspunkte dafür, was unter dem Begriff „Öffentlichkeit“ zu verstehen ist. Die Definition für „öffentlich zugängliche elektronische Kommunikationsdienste“ in Art. 1 Nr. 4 der (konsolidierten) Wettbewerbsrichtlinie erweist sich im Ergebnis als redundant. Denn der in der deutschen Fassung verwendete Definitionstext „der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stehende […]“ ist in der englischen Fassung lediglich mit „public“ und nicht etwa mit „general public“ angegeben. Auch der Hinweis in Art. 8 Abs. 2 der Wettbewerbsrichtlinie, wonach der Begriff „öffentlich zugängliche Telefondienste“ im gleichen Sinne zu verstehen sei wie der in Artikel 1 der Richtlinie 1999/64/EG verwendete Begriff „öffentliche Sprachtelefondienste“ hilft letztlich nicht weiter. Auf den ersten Blick mag es zwar so erscheinen, dass damit der Begriff „(öffentlicher) Sprachtelefondienst“ aus dem alten europäischen Recht in das neue Regime des Richtlinienpakets überführt worden ist. Dies scheitert aber schon daran, dass das neue Regime beim Verständnis für „öffentlich zugänglichen Telefondienst“ begrifflich nicht danach unterscheidet, ob es sich hierbei um einen Festnetz-Telefondienst oder um einen mobilen Telefondienst handelt3. Dies zeigt sich wiederum insbesondere daran, dass etwa die Universaldienstrichtlinie vielerorts von dem öffentlich zugänglichen Telefondienst „an einem festen Standort“ spricht. Der Zusatz „an einem festen Standort“ wäre überflüssig, wenn es sich bei dem „öffentlich zugänglichen Telefondienst“ ohnehin lediglich um einen Festnetz-Telefondienst handelte. Genau so war aber das Verständnis _______________
1 Eine Ausnahme wird jedoch für so genannte „sprachorientierte Systemlösungen“ oberhalb eines Netto-Jahresumsatzes von einer Million Euro gemacht, vgl. Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 21.11.2005, Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten, öffentliche Inlandsgespräche an festen Standorten und öffentliche Auslandsgespräche an festen Standorten, Märkte Nr. 1–6 der MärkteEmpfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 306-311), S. 76 ff. 2 Vgl. Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 21.11.2005, Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten, öffentliche Inlandsgespräche an festen Standorten und öffentliche Auslandsgespräche an festen Standorten, Märkte Nr. 1–6 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 306-311), S. 82, 87. 3 Siehe ausdrücklich Erwägungsgrund (8) der Universaldienstrichtlinie, wo zellulare Mobilfunknetze einbezogen werden.
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für den früheren Begriff des (öffentlichen) Sprachtelefondienstes geprägt1, was auch seinen Ausdruck in der Terminologie der TelekommunikationsKundenschutzverordnung (TKV 1997) fand: „Sprachkommunikationsleistungen“ gegenüber „Sprachtelefondienst“ z. B. in § 19 TKV. Daraus folgt, dass der erwähnte Verweis in Art. 8 Abs. 2 Wettbewerbsrichtlinie letztlich untauglich ist, um hieraus ein neues Begriffsverständnis für öffentlich zugänglichen Telefondienst zu finden oder gar das alte Begriffsverständnis in das neue Richtlinienregime zu übertragen. Hinzu kommt, dass bereits mit der Richtlinie 98/10/EG (ONP Sprachdiensttelefonrichtlinie II) ein Begriffswandel eingesetzt hat, der vom vorher in Kraft getretenen TKG (sowie der ebenfalls vorher in Kraft getretenen TKV) noch nicht nachvollzogen war. 55
Indes findet sich in der neuen Praxis der EU-Kommission ein Hinweis darauf, dass, und wie, der Begriff „Öffentlichkeit“ abgegrenzt wird. Dieser Hinweis ist in dem Informations- und Konsultationspapier der EU-Kommission zur Behandlung von Voice over IP (VoIP) zu entnehmen2. Die dort unter Punkt 3. (2) und (3) vorgenommene Klassifizierung zeigt, dass nach heutigem Begriffsverständnis der EU-Kommission nur solche Netze nicht öffentlich sind, die sich ausschließlich auf die interne Kommunikation einer Person bzw. eines Unternehmens beziehen. Konkret heißt es in Punkt 3. (2) u. a. (Hervorhebungen nur hier): „Corporate private networks, used to provide internal communications within large companies, are within the scope of the EU regulatory framework in that they are covered by the Authorisation Directive, but there are no specific obligations addressed to private networks. There are no conditions or restrictions on the use of Voice over IP services that are used inside a corporation, for the sole use of that corporation.“
Hieran zeigt sich, dass durchaus ein Begriffsverständnis auf europäischer Ebene in Bezug auf den Begriff „Öffentlichkeit“ zu erkennen ist. Die Berücksichtigung eines solchen Verständnisses sowie das Anerkennen, dass es neben „öffentlichen“ Diensten letztlich auch „private“ Dienste geben muss, ist auch schon deswegen unumgänglich, weil es ansonsten des Begriffs „Öffentlichkeit“ nicht bedarf. Allerdings zeigt der vorstehend zitierte Hinweis, dass das Begriffsverständnis für „Öffentlichkeit“ zwischenzeitlich eine Wandlung erfahren hat. Lediglich die rein privaten Netze für die rein interne Kommunikation sind vom Begriff der Öffentlichkeit ausgenommen. Dies ist bei genauer Betrachtung folgerichtig. Der Begriff „Öffentlichkeit“ beinhaltet nicht nur das Element des durch das betreffende Angebot angesprochenen Personenkreises (beliebige Personen vs. geschlossene Benutzergruppe), sondern auch ein Element, das mit Zweck und Widmung der _______________
1 Siehe Erwägungsgrund (3) der Richtlinie 98/10/EG (ONP-Sprachtelefondienstrichtlinie II). 2 The Treatment of Voice over Internet Protocol (VoIP) under the EU Regulatory Framework, als Download verfügbar unter http://europa.eu.int/information_ society.
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angebotenen Telekommunikation umschrieben werden kann (interne, private Kommunikation vs. Kommunikation mit beliebigen Personen). Denn die Begriffsbestimmungen im Richtlinienpaket 2002 benutzen die Begriffe „öffentlich“, „öffentlich zugänglich“ und „der Öffentlichkeit zur Verfügung stehend“ als immer weiter detaillierende Definitionskette1. Es ist aber lediglich die rein private bzw. interne Kommunikation innerhalb von Unternehmen bzw. einer geschlossenen Benutzergruppe, die nicht beliebigen Personen zugänglich sein bzw. zur Verfügung stehen kann; die Kommunikation aus einem privaten Netz zu beliebigen Personen indessen schon2. Daraus folgt insbesondere, dass das bisherige Verständnis der „Öffentlichkeit“ in Abgrenzung zu „geschlossenen Benutzergruppen“ und dem diesbezüglichen Regulierungskonzept nicht mehr Anwendung finden kann. Denn bei dem Regulierungskonzept der geschlossenen Benutzergruppen war immer der einseitige Break-in bzw. Break-out von Verbindungen in das und aus dem PSTN/ISDN (öffentliches Telefonnetz) enthalten. Dies ist aber öffentlicher (Telefon-)Verkehr. Die von der bisherigen Rechtsprechung zum TKG 1996 allein zugrunde gelegte Abgrenzung anhand des angesprochenen Personenkreises, welche zur Einbeziehung auch des öffentlichen Verkehrsanteils in die Angebote für geschlossene Benutzergruppen und zur Verneinung des Merkmals der Öffentlichkeit für derartige Angebot insgesamt führte3, kann dem nicht entgegen gehalten werden. Denn tragendes Argument dieser Entscheidungen war insbesondere die im TKG 1996 enthaltene, heute gerade nicht mehr vorhandene gesetzliche Gegenüberstellung zwischen „Öffentlichkeit“ und „Teilnehmern geschlossener Benutzergruppen“ in der Definition von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit des § 3 Nr. 19 TKG 1996. Damit sind nur jene Diensteanbieter und Netzbetreiber heute nicht meldepflichtig, deren Telekommunikationsdienste bzw. Telekommunikationsnetze ausschließlich der internen Kommunikation zwischen Teilnehmern einer geschlossenen Benutzergruppe dienen. Für alle anderen Fälle ist die Meldepflicht gegeben. Dem steht auch wiederum in Bezug auf Netze nicht entgegen, dass unter Berücksichtigung von Art. 2 lit d) Rahmenrichtlinie ein öffentliches Telekommunikationsnetz erfordert, dass damit ganz oder überwiegend (und nicht nur teilweise!4) der (breiten) Öffentlichkeit zugängliche Telekommunikationsdienste bereitge_______________
1 Siehe Art. 2 lit. d) Rahmenrichtlinie, Art. 2 lit. b) und c) Universaldienstrichtlinie, Art. 1 Nr. 2 und 4 Wettbewerbsrichtlinie. 2 Im Ergebnis ähnlich: Schütz, Kommunikationsrecht, Rz. 17. 3 VG Köln, 1 K 115/03 v. 7.7.2005; OVG Münster, 13 B 806/03 v. 15.9.2003; VG Köln, 1 L 381 v. 25.3.2003; VG Köln, 1 L 353/03 v. 25.3.2003; OVG Münster, 13 B 805/03 v. 15.9.2003. 4 In der früheren Zusammenschaltungsrichtlinie 97/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 30.6.1997 über die Zusammenschaltung in der Telekommunikation) hieß es unter Art. 2 Abs. 1 lit. b) noch „… ein Telekommunikationsnetz, das ganz oder teilweise zur Bereitstellung von für die Öffentlichkeit zugänglichen Telekommunikationsdiensten genutzt wird“.
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Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
stellt werden. Denn dadurch dass im Regulierungskonzept der geschlossenen Benutzergruppen auch der Verkehr in das und aus dem öffentlichen Telefonnetz enthalten war (siehe oben), liegt insoweit nach heutigem Begriffsverständnis auch öffentlicher Verkehr vor (zu den wegerechtlichen Konsequenzen siehe F. Rz. 45 ff.). 57
Somit verbleibt lediglich zu klären, wie unter dem TKG 2004 eine geschlossene Benutzergruppe aufzufassen ist. Hierzu finden sich allerdings nirgends Anhaltspunkte, außer dass der Begriff im Gesetz nach wie vor verwendet wird. Daher wird man hier nicht umhinkommen, dass bisherige Verständnis zugrunde zu legen und hierüber dann die private bzw. interne Kommunikation zu bestimmen. Geschlossene Benutzergruppen umfassen danach zum einen unternehmens- oder behördeninterne Netze (sog. Corporate Networks)1, zum anderen gesellschafts- oder schuldrechtliche Dauerbeziehungen, oder dauerhafte Verbindungen zur Verfolgung gemeinsamer beruflicher, wirtschaftlicher oder hoheitlicher Ziele. Bei den unternehmensinternen Netzen sind auch Netze zwischen verbundenen Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. Aktiengesetz (AktG) erfasst. Im Rahmen einer sonstigen geschlossenen Benutzergruppe kann z. B. ein Unternehmer mit seinen Lieferanten zusammengefasst sein. Die Grenzen liegen darin, dass die gemeinsame Verbindung nicht nur darin bestehen darf, denselben Telekommunikationsanbieter zu nutzen oder dass es sich um eine beliebige Untergruppe der Allgemeinheit, also der Öffentlichkeit, handelt. Diese Definitionen haben ihren Ursprung in der Verordnung zur Öffnung von Märkten für Dienstleistungen sowie zur Regelung von Inhalt, Umfang und Verfahren der Verleihung im Bereich der Telekommunikation (Telekommunikations-Verleihungsverordnung – TVerleihV) vom 19.10.19952, in der die Voraussetzungen für die Anerkennung geschlossener Benutzergruppen ausführlich in §§ 4 ff. geregelt waren. Schon mit dem TKG 1996 hat diese Verordnung allerdings ihre Gültigkeit verloren. 4.4.1.7 Ergebnis
58
Meldepflichtig sind nach alledem Personen, welche –
für eine gewisse Dauer und zumindest mit dem Ziel der Kostendeckung sowie nicht gelegentlich eines anderen Gewerbes (gewerblich)
–
Dienste im eigenen Namen und für eigene Rechnung gegenüber Dritten erbringen, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen bestehen, und zwar jeweils allein oder in einem Paket mit anderen Diensten, sofern nicht eine getrennte Betrachtung in einer Gesamtschau aus technischen Gründen und der Sicht des Leistungsempfängers ausgeschlossen ist (Erbringer von Telekommunikationsdiensten),
_______________
1 Ausführlich zu Corporate Networks: Berger/Gramlich, CR 1999, 150 (153 f.). 2 BGBl. I, S. 1434–1441.
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Allgemeine Vorschriften des TKG zum Marktzutritt
–
Rz. 59 A
es sei denn, diese Dienste dienen ausschließlich der internen (privaten) Kommunikation zwischen Teilnehmern geschlossener Benutzergruppen, d. h. zwischen Personen, die durch gesellschafts- oder schuldrechtliche Dauerbeziehungen oder dauerhafte Verbindungen zur Verfolgung gemeinsamer beruflicher, wirtschaftlicher oder hoheitlicher Ziele und nicht lediglich durch den Zweck der gemeinsam Kommunikation verbunden sind (Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit),
und ferner welche –
für eine gewisse Dauer und zumindest mit dem Ziel der Kostendeckung sowie nicht gelegentlich eines anderen Gewerbes (gewerblich)
–
die rechtliche und tatsächliche Kontrolle (Funktionsherrschaft) über Einrichtungen und/oder Systeme ausüben, welche die Übertragung von Signalen ermöglichen (Betreiber eines Telekommunikationsnetzes) und die für die Erbringung der vorstehend beschriebenen Dienste genutzt werden (öffentliches Telekommunikationsnetz).
4.4.2 Exkurs: Mobile Virtual Network Operator (MVNO) Im Zusammenhang mit der Entwicklung in den Mobilfunkmärkten taucht immer wieder der Begriff Mobile Virtual Network Operator (MVNO) auf. Daher soll hier auf diesen Begriff im Folgenden näher eingegangen werden. Als MVNO werden Mobilfunkanbieter ohne eigenes (lizenziertes) Frequenzspektrum bezeichnet1. Um als MVNO tätig zu sein, „mietet“ der MVNO jene für die Übertragung notwendigen Funkverbindungen bei einem oder mehreren lizenzierten Mobilfunknetzbetreibern. Ein MVNO greift damit auf die Mobilfunkkapazitäten der Mobilfunknetzbetreiber zu und nutzt dessen Basisstationen (BSS). Somit kann der MVNO andere Infrastrukturbestandteile, die für die Übertragung und Vermittlung von Mobilfunkdiensten notwendig sind, unter eigener Regie errichten und betreiben. Er kann folglich mittels eigener Plattformen Dienste anbieten, welche von den Angeboten des Mobilfunknetzbetreibers abweichen. MVNOs treten insoweit gegenüber ihren Kunden mit eigenen Produkten, eigener SIM-Karte und eigenem Display-Logo ähnlich wie lizenzierte Mobilfunknetzbetreiber auf und vermarkten im Gegensatz zu reinen Diensteanbietern nicht nur die vorgefertigten Produkte eines anderen Mobilfunknetzbetreibers2. Allerdings macht dies einen MVNO trotz der begrifflichen Bezeichnung nicht zu einem (Mobilfunk)Netzbetreiber.
_______________
1 Siehe hierzu: „Diskussionsbeiträge“ des Wissenschaftlichen Instituts für Kommunikationsdienste GmbH, Nr. 233 von Wolfgang Kiesewetter: „Mobile Virtual Network Operators – Ökonomische Perspektiven und regulatorische Probleme“, März 2002, S. 1. 2 Jüngling/Fleischmann/Hug, MMR 2004, 375.
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59
A Rz. 60
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
4.4.2.1 Abgrenzung zum Mobilfunknetzbetreiber 60
Der Begriff des „Mobilfunknetzbetreibers“ ist anhand der einschlägigen Lizenzbestimmungen im Zusammenspiel mit der Definition des Netzbetreibers (siehe oben Rz. 36 ff.) zu bestimmen. Nach den Lizenzbestimmungen der GSM- und UMTS-Lizenzen ist Gegenstand der Lizenz „die Errichtung und der Betrieb von … Fernmeldeanlagen für das Angebot von digitalen zellularen Mobilfunkdiensten …“ (vgl. § 1 GSM-Lizenz1) bzw. „das Betreiben von Übertragungswegen für das Angebot von Mobilfunkleistungen …“ (vgl. § 1 UMTS-Lizenz2).
Demnach bezieht sich die Lizenzierung im Bereich des Mobilfunks nicht auf sämtliche Netzkomponenten, sondern nur auf den Betrieb der (funkgestützten) Fernmeldeanlagen bzw. den Betrieb der (funkgestützten) Übertragungswege zwischen der mobilen Station (Endgerät) und der Basisstation. Der Betrieb eines Mobilfunknetzes entsteht freilich erst dann, wenn die (funkgestützten) Übertragungswege über Vermittlungseinrichtungen zu unterschiedlichen Funkverbindungen aufgebaut werden (siehe oben Rz. 33 ff.). Im Zusammenspiel mit dem Begriffsverständnis für Netzbetreiber (siehe oben Rz. 36 ff.) kann somit grundsätzlich auch ein Nicht-Lizenznehmer mittels (z. B. von einem Lizenznehmer) angemieteter Übertragungswege Daten- oder Sprachkommunikationsleistungen erstellen und anbieten und insoweit Netzbetreiber sein (oben Rz. 36). Anders als im Bereich des Festnetzes waren derartige Konstellationen im Mobilfunk indes unbekannt, weil es dort bislang nicht zur Anmietung von Übertragungswegen bzw. Übertragungskapazitäten von den Lizenznehmern kam, mittels derer der „Mieter“ Dienste erstellt und angeboten hat. 61
Dem MVNO fehlt es an der für den Betrieb eines Mobilfunknetzes (funkgestützte Übertragungswege) erforderlichen Funktionsherrschaft (siehe oben Rz. 38). Das Erfordernis der Funktionsherrschaft bedeutet, dass der Betreiber die Möglichkeit hat, in eigener Verantwortung darüber zu entscheiden, ob das Netz in Betrieb geht, bleibt oder außer Betrieb gesetzt wird. Diese Entscheidungen kann im Mobilfunk nur ein Lizenznehmer bzw. Frequenzzuteilungsinhaber treffen. Denn in Bezug auf Mobilfunknetze ist gegenüber Festnetzen eine Besonderheit zu berücksichtigen: Die zellulare Struktur von Mobilfunknetzen sowie das Merkmal der Mobilität führen dazu, dass die (funkgestützten) Übertragungswege nicht wie bei Festnetzmietleitungen (egal ob funkgestützt oder drahtgebunden) transparent und dauerhaft bereitgestellt und genutzt werden können. Vielmehr wird der Übertragungsweg zwischen mobiler Station und Basisstation selbst erst mit jeder Verbindung neu erstellt. Die tatsächliche und rechtliche Kontrolle hierüber hat aber lediglich der Lizenznehmer bzw. Frequenzzuteilungsinhaber, und zwar auch dann, wenn in der mobilen Station die von einem Drittunternehmen (wie _______________
1 Vgl. GSM-Lizenz von 1994. 2 Vgl. UMTS-Lizenz von 2000.
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Allgemeine Vorschriften des TKG zum Marktzutritt
Rz. 63 A
etwa einem MVNO) ausgegebene SIM-Karte eingesetzt wird. Anderenfalls wäre im Fall von Roaming der Betreiber des Heimatnetzes des Endkunden zugleich als Betreiber des Fremdnetzes anzusehen, in welchem der Endkunde „roamt“. Das ist aber nicht der Fall1. Zugleich ist aber diese Funktionalität, also das jeweilige Herstellen des Übertragungswegs, unabdingbar für die Erbringung jeglicher Mobilfunkdienstleistungen. 4.4.2.2 Regulatorische Einordnung des MVNO Ein MVNO ist mindestens dadurch gekennzeichnet2, dass er
62
a) über kein eigenes Frequenzspektrum verfügt, b) die Netznutzungsmöglichkeit von einem Mobilfunknetzbetreiber erhält, c) über eigene SIM-Karten verfügt, und d) er, soweit Telefonie angeboten wird, über eigene (originär) zugeteilte Rufnummernblöcke verfügt. Eine allgemeingültige Definition besteht zwar nicht, indes scheint am Markt Übereinstimmung zu bestehen, die vorstehenden Kriterien zugrundezulegen3. Je nach Geschäftsmodell kann der MVNO zusätzlich zu den genanten Mindestmerkmalen auch Betreiber eines Festnetzes sein (bei Anmietung von Festnetz-Übertragungswegen) und/oder lediglich bestimmte Einrichtungen (Vermittlungseinrichtung, Home Location Register, Visitor Location Register, IN-Plattform) betreiben. In tatsächlicher Hinsicht benötigt der MVNO aber lediglich Vermittlungseinrichtung (Mobile Switching Center – MSC), Home Location Register (HLR) und Visitor Location Register (VLR)4. Das Betreiben solcher Einrichtungen bedeutet das Bereitstellen zugehöriger Einrichtungen gemäß Art. 2 lit. c) Zugangsrichtlinie. Dies allein macht den _______________
1 Vgl. Entscheidung der Präsidentenkammer der Regulierungsbehörde zu den UMTSVergabebedingungen, Vfg 13/2000, ABl. RegTP Nr. 4/2000, S. 516 ff. (529 ff.). 2 Siehe auch Konsultationsentwurf der BNetzA v. 30.8.2006, Entwurf zur Marktdefinition und Marktanalyse im Bereich des Marktes Nr. 15 (Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobilfunknetzen), S. 7 f., BNetzA Mitteilung Nr. 282/2006, ABl. Nr. 17 2006 v. 30.8.2006, S. 2171 (2181 f.). 3 Siehe Konsultationsentwurf der BNetzA v. 30.8.2006, Entwurf zur Marktdefinition und Marktanalyse im Bereich des Marktes Nr. 15 (Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobilfunknetzen), S. 7 f., BNetzA Mitteilung Nr. 282/2006, ABl. Nr. 17 2006 v. 30.8.2006, S. 2171 (2181 f.) sowie die Veröffentlichung der diesbezüglichen Stellungnahmen, die praktisch kaum Kritik an den auch von der BNetzA verwendeten Kriterien äußern, BNetzA Mitteilung Nr. 356/2006, ABl. Nr. 22 2006 v. 15.11.2006, S. 3433. 4 Siehe hierzu: „Diskussionsbeiträge“ des Wissenschaftlichen Instituts für Kommunikationsdienste GmbH, Nr. 233 von Wolfgang Kiesewetter: „Mobile Virtual Network Operators – Ökonomische Perspektiven und regulatorische Probleme“, März 2002, S. 20.
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A Rz. 64
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
MVNO bei richtlinienkonformer Betrachtung zwar zu einem „Betreiber“, nicht aber zu einem Netzbetreiber (siehe oben Rz. 36). 64
Aus Sicht des Mobilfunks ist der MVNO aber nach wie vor lediglich Diensteanbieter und kein Mobilfunknetzbetreiber (siehe oben Rz. 60 f.). Die Einordnung als Diensteanbieter folgt dabei aus den Erwägungen der RegTP in der UMTS-Entscheidung1. Dort hat die RegTP einerseits zu der Frage Stellung genommen, inwieweit Neueinsteiger, die lediglich eine UMTS-, aber keine GSM-Lizenz besitzen, Zugang zu den GSM-Netzen erhalten können. Die RegTP hat hierzu festgelegt, dass ein solcher Neueinsteiger gegenüber einem GSM-Lizenzinhaber grundsätzlich einen Anspruch auf Zulassung als Diensteanbieter hat2. In diesem Zusammenhang ist andererseits die Frage des direkten Netzzugangs für solche Neueinsteiger diskutiert worden. Dazu hat die RegTP erläutert, dass Szenarien vorstellbar sind, bei denen das Diensteangebot weitgehend von einem Diensteanbieter entwickelt wird, der zum Teil über eigene technische Einrichtungen (z. B. HLR) sowie über einen selbstständigen Zugang zu einem Netz verfügt3. Die Rolle des Netzbetreibers ist nach der Entscheidung der Präsidentenkammer bei diesen Szenarien dann auf den Netzbetrieb, d. h. auf das Bereitstellen von Übertragungskapazitäten, beschränkt. In beiden Fällen steht dabei für die RegTP angesichts der in der Entscheidung verwendeten Terminologie außer Zweifel, dass es sich bei dem Zugriff bzw. Zugang erhaltenden Unternehmen nach wie vor um einen Diensteanbieter handelt.
65
Seitens der RegTP ist der Begriff MVNO insbesondere in der Zeit zwischen Anfang des Jahres 2000 und Mitte des Jahres 2002 thematisiert worden4. Hintergrund war, dass infolge der Versteigerung der UMTS-Lizenzen zwei der sechs erfolgreichen Bieter (MobilCom und Quam) nicht – wie die anderen Bieter – zugleich über eine GSM-Lizenz bzw. ein GSM-Netz verfügten. Um während des Aufbaus ihrer UMTS-Netze bereits Kunden gewinnen zu können, war es für diese beiden Unternehmen daher von wesentlicher Bedeutung, schon vorher im GSM-Bereich tätig sein zu können. Dies sollte unter der Nutzung der GSM-Netze der vier bestehenden Netzbetreiber erfolgen, was zu einer Vereinbarung zwischen E-Plus und Quam geführt hat, die als National Roaming-Vereinbarung bezeichnet wurde, im Ergebnis aber eine MVNO-Vereinbarung war5. Wie bereits erwähnt, ist die MVNO-Stellung dem Roaming vergleichbar (oben Rz. 61).
_______________
1 Entscheidung der Präsidentenkammer der Regulierungsbehörde zu den UMTSVergabebedingungen, Vfg 13/2000, ABl. RegTP Nr. 4/2000, S. 516 ff. 2 Entscheidung der Präsidentenkammer der Regulierungsbehörde zu den UMTSVergabebedingungen, Vfg 13/2000, ABl. RegTP Nr. 4/2000, S. 516 ff. (S. 533 ff.). 3 Entscheidung der Präsidentenkammer der Regulierungsbehörde zu den UMTSVergabebedingungen, Vfg 13/2000, ABl. RegTP Nr. 4/2000, S. 516 ff. (S. 535). 4 Vgl. zum Beispiel „funkschau“ 4/2002, S. 40 ff. 5 BT-Drucks. 15/2220 v. 9.12.2003, S. 72.
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Allgemeine Vorschriften des TKG zum Marktzutritt
Rz. 68 A
In diesen zeitlichen Zusammenhang fällt eine Rede des Präsidenten der RegTP, Matthias Kurth vom 20.9.2001, die sich mit dem Phänomen MVNO befasst hat. Nach dieser Rede ist entscheidendes Definitionsmerkmal für MVNOs, dass diese Zugriff auf das Mobilfunknetz eines anderen Betreibers erhalten und im Gegensatz zu Diensteanbietern nicht lediglich auf der Ebene der Distribution die Netzleistungen des Mobilfunknetzbetreibers weiterverkaufen. Zugleich geht die Rede davon aus, das MVNOs über eigene Festnetzinfrastrukturen verfügen. Entscheidend ist danach, dass seitens des MVNO eine Netznutzung mit der Folge stattfindet, dass der MVNO für seine eigenen Kunden lediglich das Netz des Mobilfunknetzbetreibers bzw. dessen Übertragungskapazität nutzt, darüber hinaus aber auch selbst über eine eigene Infrastruktur verfügt (sei es Netzinfrastruktur oder lediglich IN- oder Vermittlungseinrichtungen) und selbst technische Leistungen erbringt. Freilich ist eine Festnetzinfrastruktur tatsächlich nicht erforderlich. Der MVNO kann sich auch lediglich auf Vermittlungseinrichtungen und sonstige notwendigen Einrichtungen (siehe oben Rz. 62) beschränken. Dann entfällt grundsätzlich die mögliche Einordnung als „irgendein“ Netzbetreiber. Denn es fehlt an den für ein Netz erforderlichen Übertragungswegen1. Damit wäre eine regulatorische Minimaldefinition für MVNO dort zu suchen, wo das betreffende Unternehmen statt des reinen Wiederverkaufs Netzkapazitäten im Wege eines Netznutzungsvertrags vom Mobilfunknetzbetreiber erwirbt und darauf aufbauende eigene Dienste technisch leistet und an Teilnehmer verkauft.
66
Diese Minimaldefinition ist in der Folge durch öffentliche Dokumente erweitert worden. In einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage aus dem Jahre 2003 heißt es:
67
„‚Virtuelle Netze‘ oder ‚mobile virtual network operators‘ (MVNOs) sind nicht eindeutig definiert. Zumeist werden unter MVNOs Anbieter ohne eigenes Frequenzspektrum (eigenes Funknetz), aber mit eigener Netzintelligenz (eigene Netzinfrastrukturen im Backbone-Bereich einschließlich Service-Plattformen), verstanden. MVNOs greifen gemeinhin auf Mobilfunknetzkapazitäten und -funktionalitäten der bestehenden Mobilfunknetzbetreiber zurück, um das gesamte Portfolio der Mobilfunkdienstleistungen im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und unter Verwendung eigener Subscriber Identity Module („SIM“) – Karten anzubieten.“
Demzufolge gehört zum Begriff des MVNO nicht lediglich die Netznutzung in Bezug auf das Netz eines anderen Mobilfunknetzbetreibers, sondern auch, dass der MVNO über eigene SIM-Karten verfügt. Im Zusammenhang mit den SIM-Karten wird schließlich gefolgert, dass der MVNO über eigene Rufnummernblöcke verfügt2. Ob tatsächlich auch eigene Rufnummern erforderlich sind, um den Begriff des MVNO zu erfül_______________
1 Siehe auch Mitteilung Nr. 73/1999, ABl. RegTP Nr. 4/1999, S. 739, Abschnitt 3 Schlussfolgerungen. 2 Rickert, K&R 2002, 299.
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A Rz. 69
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
len, ist indes fraglich bzw. hängt letztendlich vom MVNO-Geschäftsmodell ab. Denn bei einer Netznutzung lediglich für Zwecke der Datenübertragung (etwa bei UMTS-Netzen) ist es nicht erforderlich, dass Rufnummern angeboten werden. Solche sind lediglich für Telefonieleistungen erforderlich. Andererseits, wenn und soweit auch Telefonie angeboten werden soll, so ist neben der Kontrolle über die SIM-Karten für den MVNO auch notwendig, dass er über einen eigenen Rufnummernblock verfügt. Dies ist heute aber noch nicht möglich, weil die originäre Rufnummernzuteilung im Mobilfunk lediglich an die (echten) Mobilfunknetzbetreiber erfolgt, nicht aber an virtuelle Netzbetreiber oder gar Diensteanbieter. Stattdessen besteht aber die Möglichkeit einer vom physischen Mobilfunknetzbetreiber „abgeleiteten“ Zuteilung1. Allerdings muss sich dies aufgrund europarechtlicher Vorgaben in Zukunft ändern, mit der Folge, dass künftig auch Diensteanbieter und MVNOs in der Lage sein werden, Rufnummernblöcke zugeteilt zu erhalten (siehe näher E. Rz. 87a ff.). Zuletzt erfolgte eine Zusammenfassung der vorstehenden Kriterien durch die BNetzA im Entwurf der Marktdefinition und Marktanalyse für Markt Nr. 15 der Märkteempfehlung (Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobilfunknetzen)2. 4.4.3 Form und Inhalt der Meldepflicht 69
Die Meldung erfolgt nach § 6 Abs. 1 S. 2 TKG in Schriftform3 und gemäß § 6 Abs. 2 S. 2 TKG durch Formulare, die bei der BNetzA einschließlich Hinweisen zum Ausfüllen erhältlich sind4. Meldepflichtig sind zum einen Angaben, die der Identifizierung der meldepflichtigen Person dienen, d. h. insbesondere Name, Handelsregisternummer (falls vorhanden), Anschrift, Kurzbeschreibung des Netzes oder Dienstes sowie der voraussichtliche Termin für die Aufnahme der Tätigkeit (§ 6 Abs. 2 S. 1 TKG). Zum anderen müssen Aufnahme, Änderung und Beendigung der Tätigkeit sowie Änderungen der Firma gemeldet werden (§ 6 Abs. 1 S. 1 TKG). Für den voraussichtlichen Termin für die Aufnahme der Tätigkeit und deren tatsächliche Aufnahme sind keine zwei Meldungen erforderlich. Aus dem Formular der BNetzA ergibt sich vielmehr, dass es nur zwei Arten von Meldungen gibt: Die Aufnahmemeldung, welche auch die Identifikationsdaten erstmalig enthält, sowie die Änderungsmeldung. Angaben über seine Eigentums- bzw. Beteiligungsverhältnisse muss das meldepflichtige Unternehmen nicht _______________
1 Dies ergibt sich aus Ziffer 5.3 der Zuteilungsregeln zu Rufnummern für öffentliche zellulare Mobilfunknetze, abzurufen unter www.bundesnetzagentur.de. 2 Siehe Konsultationsentwurf der BNetzA v. 30.8.2006, Entwurf zur Marktdefinition und Marktanalyse im Bereich des Marktes Nr. 15 (Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobilfunknetzen), S. 7 f., BNetzA Mitteilung Nr. 282/2006, ABl. Nr. 17 2006 v. 30.8.2006, S. 2171 (2181 f.). 3 Der Schriftform ist nach § 3a VwVfG ein elektronisches Dokument mit qualifizierter elektronischer Signatur gesetzlich gleichgestellt. 4 So etwa als Download unter www.bundesnetzagentur.de. Das Meldeformular nebst Erläuterungen ist im Anhang zu diesem Kapitel nach Rz. 102 abgedruckt.
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Allgemeine Vorschriften des TKG zum Marktzutritt
Rz. 73 A
machen. Derartige Fragen sind nur noch im Rahmen von Frequenzzuteilungen relevant (§ 55 Abs. 6 und 7 TKG, siehe dazu unter D.). Die Meldepflicht dient mehreren Zielen1: Zum einen soll die BNetzA ein Verzeichnis der meldepflichtigen Diensteanbieter und Netzbetreiber führen können, um einen Überblick über den Gesamtmarkt zu erhalten, und um den Wettbewerb beurteilen zu können. Zum anderen vereinfacht dies die Überwachung der Tätigkeit auf dem Markt, d. h. die Einhaltung und Auferlegung von Verpflichtungen aufgrund des oder aus dem TKG. Schließlich umschreibt der Kreis der meldepflichtigen Unternehmen auch den Großteil derjenigen Unternehmen, die nach § 144 Abs. 1 TKG verpflichtet sind, den Telekommunikationsbeitrag zur Deckung der Kosten der BNetzA zu leisten (siehe hierzu C. Rz. 142).
70
Die Meldepflicht nach § 6 TKG ist neuerdings „unverzüglich“, also ohne schuldhaftes Zögern zu erfüllen, während in § 4 TKG 1996 noch eine Frist von vier Wochen vorgesehen war. Die Meldepflicht und das diesbezügliche Verfahren ist den Regelungen in §§ 14 und 15 GewO nachempfunden und formalistischer als früher ausgestaltet. Verletzungen der Meldepflicht in inhaltlicher oder zeitlicher Hinsicht sind nach § 149 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 TKG eine Ordnungswidrigkeit und mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro belegt. In Bezug auf die Beendigung der Tätigkeit ist die BNetzA nach § 6 Abs. 5 TKG berechtigt, die Beendigung der Tätigkeit von Amts wegen festzustellen, wenn die Einstellung der Geschäftstätigkeit feststeht und dies der BNetzA nicht binnen sechs Monaten schriftlich gemeldet worden ist.
71
Wie bereits erwähnt (Rz. 32) sind Unternehmen, die ihre Tätigkeit bereits nach § 4 TKG 1996 angezeigt bzw. unter dem TKG 1996 eine Lizenz erhalten haben, nach § 150 Abs. 2 TKG nicht meldepflichtig. Diese Befreiung kann sich nach Sinn und Zweck der Meldepflicht aber nur auf die Aufnahmemeldung beziehen. Zu einer Änderungsmeldung bleiben die meldepflichtigen Personen verpflichtet. Anderenfalls blieben die betroffenen Personen vom neuen Regime des TKG 2004 unberührt, was gerade nicht intendiert ist.
72
Nach § 6 Abs. 3 TKG bestätigt die BNetzA entsprechend Art. 9 Genehmigungsrichtlinie der meldepflichtigen Person innerhalb von einer Woche die Vollständigkeit der Meldung. Ferner bescheinigt die BNetzA, dass der Person die durch das TKG oder aufgrund des TKG eingeräumten Rechte zustehen. Da bestimmte Rechte aus dem oder aufgrund des TKG beispielsweise nur Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze zustehen2, hat die Bescheinigung – trotz der nicht mehr bestehenden Lizenzpflicht – durchaus ihren Sinn.
73
_______________
1 Siehe BT-Drucks. 15/2316, S. 60 zu § 6. 2 So etwa das Recht, nach § 16 TKG ein Zusammenschaltungsangebot zu erhalten.
Heun | 39
A Rz. 74 74
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
Nach § 6 Abs. 4 TKG veröffentlicht die BNetzA regelmäßig ein Verzeichnis der gemeldeten Personen. Dieses Verzeichnis ist auf der Website der BNetzA abrufbar1. 4.5 Sonstige Allgemeine Pflichten
75
Sonstige allgemeine Pflichten der Marktteilnehmer bestehen vornehmlich im Bereich der Abgaben nach Teil 9 des TKG 2004 (dazu C. Rz. 139 ff.) sowie in Bezug auf Informations- und Berichtspflichten der Marktteilnehmer im Rahmen von Verfahren der BNetzA (dazu C. Rz. 81 ff.). Daneben bestehen lediglich eine außerhalb von Regulierungsverfahren stehende internationale Berichtspflicht (§ 4 TKG, Rz. 76), Pflichten aus einem etwaigen internationalen Status eines Markteilnehmers (§ 8 TKG, Rz. 78) sowie die Pflicht zur strukturellen Separierung (§ 7 TKG, Rz. 80). 4.5.1 Internationale Berichtspflichten und internationaler Status
76
Nach § 4 TKG sind Betreiber von öffentlichen Telekommunikationsnetzen und Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit, also die meldepflichtigen Unternehmen (Rz. 30 ff.), verpflichtet, der BNetzA auf Verlangen die Informationen zur Verfügung zu stellen, die diese wiederum zur Erfüllung ihrer eigenen Berichtspflichten gegenüber der EU-Kommission und internationalen Gremien benötigt. Diese Regelung ist sehr weitgehend in ihrer Anknüpfung an die Pflichten der BNetzA selbst. Allerdings ist diese Informationspflicht nicht gänzlich neu, da sie in ähnlicher Form bereits in § 5 TKG 1996 enthalten war, wenn auch nur bezogen auf die EUKommission.
77
Die Informationspflicht nach § 4 TKG bezieht sich nunmehr gleichermaßen auf Berichtspflichten der BNetzA gegenüber der EU-Kommission wie auch gegenüber anderen internationalen Gremien (siehe auch C. Rz. 81 ff.). Dazu gehört insbesondere die ITU (Internationale Fernmeldeunion), aber auch die CEPT, die auf europäischer Ebene wichtige Aufgaben der Frequenzkoordinierung wahrnimmt. Wenngleich die Befugnis der BNetzA, von den meldepflichtigen Unternehmen Auskünfte einzuholen, in § 127 TKG sehr weitgehend formuliert ist (siehe C. Rz. 82), dürfte dennoch für § 4 TKG ein nicht unerheblicher Anwendungsbereich verbleiben. So etwa bei den Informationen, welche die Mitgliedstaaten der EU-Kommission bei der Überprüfung der Anwendung der Rahmenrichtlinie nach Art. 25 Rahmenrichtlinie zu liefern haben.
78
In § 8 TKG sind Verpflichtungen aufgeführt, die sich aus dem internationalen Status von bestimmten Marktteilnehmern ergeben. Einen solchen Status haben nach der Regelung zum einen solche Unternehmen, die interna_______________
1 Unter www.bundesnetzagentur.de.
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Übergangsbestimmungen und Übergangsprobleme
Rz. 81 A
tionale Telekommunikationsdienste erbringen. Gemeint sind hier diejenigen Diensteanbieter, die Telekommunikationsdienstleistungen grenzüberschreitend anbieten. Zum anderen geht es um Unternehmen, die Funkanlagen betreiben, welche schädliche Störungen bei Funkdiensten anderer Länder verursachen können. Dies betrifft üblicherweise sämtliche Betreiber von Funknetzen oder Funkstrecken, deren Frequenzzuteilung in geographischer Hinsicht entweder deutschlandweit gilt oder grenznahen Funkbetrieb ermöglicht. Die so umschriebenen Adressaten von § 8 TKG gelten als anerkannte Betriebsunternehmen im Sinne der Konstitution und der Konvention der ITU. Sie haben entsprechend § 8 Abs. 1 S. 2 TKG die sich aus der genannten Konstitution ergebenden Verpflichtungen zu beachten, werden aber auch in bestimmtem Umfang an der Arbeit der ITU beteiligt. Besondere Verpflichtungen in Bezug auf (Not-)Nachrichten und sog. Staatstelekommunikationsverbindungen mit Vorrang vor anderen Nachrichten bzw. Signalen sind in § 8 Abs. 2 TKG aufgeführt.
79
4.5.2 Strukturelle Separierung Sofern meldepflichtige Unternehmen innerhalb der Europäischen Union in anderen Sektoren besondere oder ausschließliche Rechte für die Erbringung von Diensten besitzen, z. B. im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge, gelten nach § 7 TKG besondere, zusätzliche Verpflichtungen für die Tätigkeit im Telekommunikationsbereich. Die meldepflichtigen Tätigkeiten sind strukturell auszugliedern, d. h. durch eine andere Rechtsperson wahrzunehmen (§ 7 Nr. 1 TKG) oder die Buchführung ist in der Weise getrennt zu führen, wie wenn die Tätigkeit von einem rechtlich unabhängigen Unternehmen ausgeübt werden würde (§ 7 Nr. 2 TKG). Mit dieser Verpflichtung wird die gleichlautende Regelung in Art. 13 Rahmenrichtlinie umgesetzt. Sie war in ähnlicher Form bereits in § 14 TKG 1996 enthalten.
80
5. Übergangsbestimmungen und Übergangsprobleme Eines der Ziele der TKG-Novellierung war es, Verfahren zu beschleunigen um auf diese Weise schneller – und damit letztlich mehr – Rechtssicherheit für die Marktteilnehmer zu erreichen. Dieses Ziel ist in den ersten 24 Monaten nach Inkrafttreten des TKG 2004 nur teilweise erreicht worden. Denn der Straffung des Rechtswegs und damit schneller gerichtlicher Klärung (siehe C. Rz. 147) steht ein in der Praxis langwieriges Verfahren für Marktdefinition, Marktanalyse und Regulierungsverfügung gegenüber, das Voraussetzung für die weitere Marktregulierung nach dem TKG 2004 ist (siehe G.). Rund zweieinhalb Jahre nach Inkrafttreten des TKG 2004 sowie rund dreieinhalb Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist für die zugrunde liegenden EU-Richtlinien existieren aber noch nicht alle Regulierungsverfügungen Heun | 41
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A Rz. 82
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
(siehe G. Rz. 220 ff.). Demgegenüber hat die gerichtliche Auslegung der Übergangsregelungen des § 150 Abs. 1 TKG dazu geführt, dass die Entgeltregulierung im Endkundenbereich, die Entgeltregulierung bei Mietleitungen sowie die Zusammenschaltungsregulierung und die hieran anknüpfende Entgeltregulierung zunächst vorläufig zum Erliegen gekommen ist; im letztgenannten Fall jedenfalls dort, wo es nicht um die Deutsche Telekom AG (DTAG) als zusammenschaltungsverpflichtetes Unternehmen ging. Da nach § 137 Abs. 3 TKG die Entscheidungen des VG Köln im Bereich des vorläufigen Rechtsschutzes nunmehr unanfechtbar sind, haben die Beschlüsse des Gerichts schneller Fakten geschaffen als die BNetzA im Wege der Marktanalyse. Wegen der damit verbundenen Bedeutung für den Markt sollen diese Entwicklungen hier kurz näher aufgezeigt werden. 82
Nach § 150 Abs. 1 TKG bleiben die von der RegTP vor Inkrafttreten des TKG getroffenen Feststellungen marktbeherrschender Stellungen sowie die daran anknüpfenden Verpflichtungen wirksam, bis sie durch neue Entscheidungen nach Teil 2 des TKG ersetzt werden. Dies gilt auch dann, wenn die Feststellungen marktbeherrschender Stellungen lediglich Bestandteil der Begründung eines Verwaltungsaktes sind. Die Regelung in Satz 1 gilt entsprechend für Verpflichtungen nach den §§ 36, 37 und 39 Alternative 2 des TKG 1996. Streitig geworden ist die Frage, ob die Formulierung der „daran anknüpfenden Verpflichtungen“ lediglich Verpflichtungen erfasst, die konkret bereits durch Verwaltungsakt seitens der RegTP unter der Geltung des TKG 1996 ausgesprochen worden sind oder ob mit dieser Formulierung allein und/oder im Zusammenspiel mit der Regelung in § 150 Abs. 1 S. 3 TKG, die auf die (gesetzlichen) Verpflichtungen nach den §§ 36, 37 und 39 Alternative 2 des TKG 1996 hinweist, auch abstrakte gesetzliche Gebote des TKG 1996 fortgelten können1. Der Wortlaut lässt beide Sichtweisen zu. Bei der letztgenannten Sichtweise würde es im Rahmen des § 150 Abs. 1 S. 1 TKG beispielsweise ausreichen, dass die RegTP die marktbeherrschende Stellung des betroffenen Unternehmens irgendwie festgestellt hat, um das daran anknüpfende gesetzliche Gebot der Entgeltregulierungspflichtigkeit des § 25 TKG 1996 fortgelten zu lassen. Bei den Verpflichtungen nach den §§ 36, 37 und 39 Alternative 2 des TKG 1996 kam es dagegen nicht einmal auf die marktbeherrschende Stellung des betroffenen Unternehmens an. Damit in Zusammenhang stehen die europarechtlichen Übergangsbestimmungen, nach denen die Mitgliedstaaten alle im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Verpflichtungen, die aufgrund von Vorgängerregelungen zur Universaldienstrichtlinie und zur Zugangsrichtlinie galten, aufrecht erhalten, bis hierüber anhand des neuen Regulierungsregimes entschieden ist (Art. 20 Rahmenrichtlinie in Verbindung mit Art. 7 Zugangsrichtlinie und Art. 16 Universaldienstrichtlinie).
_______________
1 Siehe dazu auch Koenig/Leinen/Senger, CR 2007, 147.
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Übergangsbestimmungen und Übergangsprobleme
Rz. 84 A
5.1 Entgeltregulierung von Endkundenleistungen Das vorstehend geschilderte Problem haben die BNetzA und der Markt bereits in der ersten Eilentscheidung des VG Köln im September 2004 zu spüren bekommen, mit welcher die Übergangsvorschriften des TKG im Bereich der Entgeltregulierung für Endkundenleistungen dahingehend ausgelegt wurden, dass es ein Entgeltgenehmigungsverfahren für derartige Entgelte auch nicht mehr übergangsweise geben darf1. Das Gericht begründet diese Sichtweise im wesentlichen damit2, dass der betroffene, auf § 25 TKG 1996 beruhende und die Genehmigungspflichtigkeit feststellende Verwaltungsakt nicht mit der Fortgeltung von Verpflichtungen nach § 150 Abs. 1 TKG gemeint sei. Denn § 150 Abs. 1 TKG betreffe nur Verpflichtungen, die aus sich heraus vollziehbar seien und keines weiteren regulatorischen Vollzugsakts bedürften. Dies sei bei einem die Genehmigungspflicht feststellenden Verwaltungsakt nicht der Fall, weil dieser eben noch die Genehmigung selbst erfordere. Diese durchaus enge Auslegung verstoße auch nicht gegen Gemeinschaftsrecht. Die zugrunde liegenden Bestimmungen von Art. 27 Rahmenrichtlinie und insbesondere Art. 16 Universaldienstrichtlinie bezögen sich auf die Fortgeltung von Verpflichtungen aus früher geltenden EU-Richtlinien. Allerdings sei dort von einer Genehmigungspflicht gerade nicht die Rede.
83
Mit dieser Argumentation hat das VG Köln gemeinsam mit einer selbst eingeräumten sehr engen Auslegung sozusagen einen Sperrfilter vor die Bestimmung des § 150 Abs. 1 TKG gesetzt: Die Fortgeltung nur solcher Verpflichtungen wird zugelassen, die von den Überleitungsvorschriften des EURichtlinienpakets und den früheren EU-Richtlinien, auf die in den Überleitungsvorschriften verwiesen wird, eindeutig getragen werden. Im Ergebnis prüft daher das VG Köln nichts anderes als die Frage, ob die Überleitungsvorschriften und die früheren EU-Richtlinien eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für den deutschen Gesetzgeber bzw. die RegTP im Rahmen der Inkraftsetzung und Anwendung des TKG 1996 enthalten bzw. enthielten. Es ist dabei zwar grundsätzlich nachvollziehbar, bei der recht allgemein und letztlich unzureichend ausformulierten Bestimmung des § 150 Abs. 1 TKG einen derartigen Sperrfilter anzunehmen. Allerdings kann sich die Betrachtung der Überleitungsvorschriften und früheren EU-Richtlinien nicht darauf beschränken, ob die betreffenden Verpflichtungen explizit mit der Verpflichtung aus dem TKG 1996 bzw. einer danach ergangenen Entscheidung der RegTP, um deren Fortgeltung es bei § 150 Abs. 1 TKG geht, identisch ist. Damit würde der nach den alten EU-Richtlinien noch bestehende größere Umsetzungsspielraum der Mitgliedstaaten nachträglich in unzulässiger Weise verengt. Stattdessen wäre zu fragen, ob die fragliche, im Rah-
84
_______________
1 VG Köln, Beschl. v. 6.9.2004 – 1 L 1832/04, CR 2004, 826, hierzu Schütze, CR 2004, 816. 2 VG Köln, Beschl. v. 6.9.2004 – 1 L 1832/04, CR 2004, 826 (827); bestätigt durch Urt. v. 15.9.2005 – 1 K 4556/04.
Heun | 43
A Rz. 85
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
men des § 150 Abs. 1 TKG zu beurteilende nationale Verpflichtung sowohl Inhalt und Zweck der Regelung aus den alten EU-Richtlinien verkennt. 85
Für den vom VG Köln entschiedenen Fall würde dies die Frage bedeuten, ob die in Art. 17 der Richtlinie 98/10/EG1 aufgeführten Tarifgrundsätze durch die Genehmigungspflichtigkeit der betroffenen Endnutzerentgelte verkannt worden sind. Das ist deswegen nicht der Fall, weil beispielsweise die in Art. 17 Abs. 2 dieser Richtlinie statuierte Pflicht zur Kostenorientierung der Entgelte im TKG 1996 über die Genehmigungspflichtigkeit dieser Entgelte gemäß § 25 Abs. 2 i. V. m § 27 Abs. 1 Nr. 1 TKG 1996 sichergestellt wurde.
86
Angesichts der Unanfechtbarkeit des vorgenannten Beschlusses des VG Köln hat die BNetzA vorläufig weitere Aktivitäten im Bereich der Genehmigung von Entgelten für Endnutzerleistungen durch Ablehnung von Entgeltgenehmigungen mangels Sachentscheidungsvoraussetzungen eingestellt2. Hieran hat sich zunächst auch nichts mehr geändert, da das VG Köln den Beschluss durch Urteil in der Hauptsache bestätigt hat3. Das mittlerweile mit dem Fall beschäftigte BVerwG hat in einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH4 einen der hier vertretenen Auffassung näher stehenden Standpunkt eingenommen (siehe unten Rz. 93 ff.), so dass hier ggf. noch eine Änderung der Rechtsprechung erfolgen wird. Zwar hat die BNetzA im Endkundenbereich nach § 39 Abs. 3 i. V. m. § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG die DTAG verpflichtet, ihre Tarife vor Inkrafttreten der Behörde zumindest vorzulegen5. Indes ist auch diese Entscheidung vom VG Köln wegen Prüfungs- und Begründungsfehlern aufgehoben worden6, wobei die BNetzA die Anzeigepflicht allerdings mittels Regulierungsverfügung dann kurz danach wieder auferlegt hat7. 5.2 Entgeltregulierung bei Mietleitungen
87
Bei der Entgeltregulierung für Mietleitungsprodukte der DTAG, d. h. Standard-Festverbindungen (SFV) und Carrier-Festverbindungen (CFV) hat die BNetzA bereits erste Konsequenzen aus dem genannten Beschluss des VG Köln gezogen. Weil nämlich die betreffenden Mietleitungsprodukte sowohl als Vorleistungs- als auch als Endkundenprodukte angeboten werden, die Entgeltregulierung nach TKG 1996 aber von dieser Qualifizierung unab-
_______________
1 ONP-Sprachtelefondienstrichtlinie v. 26.2.1998, Amtsblatt EG Nr. L 101 v. 1.4. 1998, S. 24. 2 RegTP Beschl. v. 17.9.2004 – BK 2a 04/016. 3 VG Köln, Urt. v. 15.9.2005 – 1 K 4556/04. 4 BVerwG, Beschl. v. 17.5.2006 – 6 C 14.05. 5 RegTP, Beschl. v. 14.12.2004 – BK 2a 04/045. 6 VG Köln, Urt. v. 26.1.2006 – 1 K 266/05. 7 BNetzA Regulierungsverfügung v. 5.7.2006 – BK2a-06-001-R, BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006, S. 1742.
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Übergangsbestimmungen und Übergangsprobleme
Rz. 89 A
hängig erfolgte1 und Mietleitungen unter dem TKG 1996 nicht als Zugangsprodukte angesehen worden waren (so dass es keine diesbezüglichen Zugangsentscheidungen zu Lasten der DTAG) gab2, ist die BNetzA hier für die Entgeltregulierung einen anderen Weg gegangen. Sie hat versucht, über § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG der DTAG eine vorläufige Zugangspflicht aufzuerlegen, um auf diese Weise zu einer Entgeltregulierung für den Teil der Mietleitungen zu kommen, die von Wettbewerbern genutzt werden3. Auch hier hat das VG Köln per Eilentscheidung den Beschluss der BNetzA aufgehoben4. Das Gericht bemängelt hier erstaunlicherweise weniger die Vorgehensweise über § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG – dies obwohl durchaus fragwürdig ist, ob auch auf eine Marktanalyse selbst und nicht nur auf die Konsultationsverfahren verzichtet werden kann – als vielmehr den Fehler der BNetzA, nicht auch die Vorschriften ausführlich geprüft zu haben, die sich mit der Auferlegung von Zugangsverpflichtungen befassen. Dies betrifft insbesondere die Regelungen in § 21 TKG. Da auch diese Eilentscheidung unanfechtbar ist, hat sich die BNetzA erfolgreich um eine Selbstverpflichtung der DTAG bemüht, deren Inhalt aber von den Wettbewerbern abgelehnt wird.
88
5.3 Zusammenschaltungspflicht und Entgeltregulierung im Vorleistungsbereich Zunächst anders stellte sich die Lage im Vorleistungsbereich dar, wo die BNetzA Entgeltregulierungsverfahren wie auch Zusammenschaltungsanordnungsverfahren gegenüber Betreibern durchgeführt hat, die eigentlich § 18 TKG unterfallen, ohne dass diesen eine Zusammenschaltungspflicht auf Basis dieser Regelung auferlegt worden ist. Im Fall der nachträglichen Entgeltregulierung nach § 30 Abs. 4 TKG folgerte die BNetzA das Vorliegen der Zusammenschaltungspflicht i. S. v. § 18 TKG zu Recht aus Zusammenschaltungsanordnungen, die vor Erlass des TKG 1996 ergangen sind, und nach Auffassung der BNetzA gemäß § 150 Abs. 1 TKG fortgelten, weil das frühere EU-Recht auch eine Zusammenschaltungspflicht für nicht marktbeherrschende Netzbetreiber vorsah5. Im Fall der Anordnungsverfahren ging die BNetzA sogar weiter, indem sie gemäß § 150 Abs. 1 S. 3 TKG auch die früher gemäß §§ 36, 37 TKG 1996 gesetzlich bestehende Zusammenschaltungspflicht für nicht marktbeherrschende Netzbetreiber fortgelten ließ6 und hieran dann auch die Entgeltregulierung anknüpfte. Diese Sichtweise _______________
1 Die gesetzliche Verpflichtung ergab sich direkt aus § 25 Abs. 1 TKG 1996. 2 Fischer/Heun/Sörup, in Heun (Hrsg.), Handbuch Telekommunikationsrecht, 1. Auflage 2002, Teil 4 Rz. 34 ff. 3 RegTP Beschl. v. 30.11.2004 – BK 2 04-027. 4 VG Köln, Beschl. v. 2.2.2005 – 1 L 3522/04. 5 RegTP Beschl. v. 21.9.2004 – BK 4a 04/032 mit ausführlicher Begründung, ebenso RegTP Beschl. v. 8.11.2004 – BK 4c 04/048. 6 RegTP Beschl. v. 20.9.2004 – BK 4d 04/028 mit ausführlicher Begründung.
Heun | 45
89
A Rz. 90
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
ist mit Blick auf die besondere Regelung in § 150 Abs. 1 S. 3 TKG zutreffend, wo die Verpflichtungen aus den Bestimmungen der §§ 36, 37 und 39 Alternative 2 TKG 1996 ausdrücklich angesprochen sind. Dies ermöglicht und erfordert es, die dort geregelten gesetzlichen Verpflichtungen fortgelten zu lassen. 90
Allerdings wird diese Auffassung wiederum vom VG Köln nicht geteilt. Durch (unanfechtbare) Eilentscheidung1 hat das Gericht mit einer äußerst knappen Begründung festgestellt, dass die Folgerung einer Zusammenschaltungspflicht aus § 150 Abs. 1 TKG ohne eine nach altem Recht ergangene Feststellung zur marktbeherrschenden Stellung auf eine vom Gericht abgelehnte Fortgeltung des alten Rechts hinausliefe. Zwar ließ das Gericht in dem anderen vorstehend genannten Fall eine vor Inkrafttreten des TKG 2004 ergangene Zusammenschaltungsanordnung fortgelten, stellte dann aber fest, dass hierauf nach Inkrafttreten des TKG 2004 auch die dortigen Regelungen zur Entgeltregulierung anzuwenden seien und nicht etwaige frühere gesetzliche Verpflichtungen aus dem TKG 19962; im konkreten Fall führte dies zur nachträglichen Entgeltregulierung nach § 30 Abs. 4 TKG statt zu einer Entgeltgenehmigungspflicht nach § 39 Alternative 2 TKG 1996. Das Gericht fordert demnach für alle Fälle der Fortgeltung von Feststellungen und/oder Verpflichtungen nach dem TKG 1996, dass diese konkret durch Verwaltungsakt ausgesprochen sind, und zwar auch in den Fällen der §§ 36, 37 und 39 Alternative 2 TKG 1996 i. V. m. § 150 Abs. 1 S. 3 TKG. 5.4 Folgerungen
91
Die Entscheidungspraxis des VG Köln führt dazu, dass ohne Marktanalyse und Regulierungsverfügung nach neuem Recht nur dort noch Regulierung stattfindet, wo entweder nach altem Recht Beschlüsse der RegTP eine marktbeherrschende Stellung feststellen bzw. selbst Verpflichtungen auferlegen – dies betrifft im Wesentlichen nur die DTAG, aber nicht in allen Vorleistungsbereichen –, oder die BNetzA trifft hinreichend begründete vorläufige Auferlegungsentscheidungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG. In jedem Fall führt dies aber dazu, dass die zügige Durchführung der ausstehenden Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren sowie die Auferlegung von Verpflichtungen durch die BNetzA noch größere Bedeutung erlangt hat. 5.5 Die Ansicht des BVerwG und Bewertung
92
Das BVerwG vertritt demgegenüber in zwei Beschlüssen zu Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zwischenzeitlich eine andere Auffassung, die im Folgenden dargestellt und bewertet wird. _______________
1 VG Köln, Beschl. v. 11.4.2005 – 1 L 277/05. 2 VG Köln, Urt. v. 19.9.2005 – 1 K 8432/04, Absatz Nr. 30 über www.justiz.nrw.de.
46 | Heun
Übergangsbestimmungen und Übergangsprobleme
Rz. 95 A
5.5.1 Fortgeltung gesetzlicher Gebote des TKG 1996? Anders als das VG Köln versteht das BVerwG die Regelung des § 150 Abs. 1 S. 1 TKG dahingehend, dass hiermit auch die im Gesetz selbst enthaltenen Gebote gemeint sind und als solche auch fortgelten1. Diese Fortgeltung endet gemäß § 150 Abs. 1 S. 1 TKG erst dann, wenn Entscheidungen nach Teil 2 des TKG getroffen wurden (dazu G. Rz. 224 ff.). Das Gericht basiert diese Sichtweise u. a. auf die Regelung in § 150 Abs. 1 S. 3 TKG zur entsprechenden Geltung des Satz 1 für die Verpflichtungen nach den §§ 36, 37 und 39 Alternative 2 TKG 1996, weil die dortigen Verpflichtungen gerade gesetzliche Gebote darstellten.
93
Die soeben dargestellte Sichtweise des BVerwG verdient Zustimmung. Gerade die Regelungssystematik unter dem heutigen TKG verdeutlicht dies. Die heutige Notwendigkeit der Auferlegung von Verpflichtungen durch die BNetzA (dazu G. Rz. 60, H. Rz. 20 ff.), welche unter dem TKG 1996 häufig noch als gesetzliche Verpflichtungen bestanden, macht es aus systematischen Gründen erforderlich, diese gesetzlichen Verpflichtungen jenen gleichzusetzen, welche heute der Auferlegung bedürfen. Dazu gehört u. a. die Frage der Entgeltgenehmigungspflichtigkeit von Leistungen unter § 25 TKG 1996 im Verhältnis zu der Auferlegung dieser Verpflichtung mittels Regulierungsverfügung nach §§ 13 Abs. 1, 30 TKG. Hinzu kommt, dass die Übergangsvorschriften des TKG einen nahtlosen Übergang vom alten zum neuen TKG bewirken sollen, um einen rechtsfreien Raum zu verhindern2. Würde man den § 150 Abs. 1 TKG entsprechend der Ansicht des VG Köln interpretieren, dann würde gerade dies einen rechtsfreien Raum bewirken. Dies läuft der gesetzgeberischen Intention, „den Marktteilnehmern die notwendige Rechtssicherheit zu geben“3 zuwider.
94
Ein Widerspruch zu den europarechtlichen Vorgaben ist dabei aus den bereits genannten Gründen (Rz. 84 f.) nicht zu erkennen; angesichts der Vorabentscheidungsersuchen des BVerwG wird diese Frage aber abschließend durch den EuGH geklärt werden. Entscheidend kann hierbei freilich nicht die Frage sein, ob die früheren europarechtlichen Vorgaben die einzelnen Verpflichtungen explizit in der im TKG 1996 bestehenden Form vorsahen4. Vielmehr ist die Frage zu stellen, ob die früheren Vorgaben die Verpflichtungen aus dem TKG 1996 zumindest in Bezug auf deren Zweck beinhalten oder diesen entgegenstanden, mithin die Bestimmungen des TKG 1996 insoweit europarechtswidrig waren. Lediglich solche nationalen Ver-
95
_______________
1 BVerwG, Beschl. v. 17.5.2006 – 6 C 14.05, S. 16 ff. (Rz. 36 ff.) des amtlichen Umdrucks sowie Beschl. v. 30.8.2006 – 6 C 17.05, S. 8 ff. (Rz. 17 ff.) des amtlichen Umdrucks. 2 BVerwG, Beschl. v. 17.5.2006 – 6 C 14.05, S. 20 f. (Rz. 47 f.) des amtlichen Umdrucks. 3 BT-Drucks. 15/2316, S. 107 zu § 148 Abs. 1. 4 So offenbar BVerwG, Beschl. v. 30.8.2006 – 6 C 17.05, S. 10 ff. (Rz. 21 ff.) des amtlichen Umdrucks.
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A Rz. 96
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
pflichtungen, die keinen relevanten Umsetzungszweck hinsichtlich der europarechtlichen Vorgaben verfolgen, wären auszunehmen. Denn unter dem früheren europarechtlichen Regime blieb es weitgehend dem nationalen Gesetzgeber überlassen, wie die Vorgaben umgesetzt werden. Zugleich sieht das BVerwG allerdings auch generellen Klärungsbedarf, ob die europarechtlichen Übergangsregelungen (oben Rz. 82) das Fortgelten nationaler gesetzlicher Verpflichtungen überhaupt gestatten1. Angesichts der weiten Formulierung in Art. 27 Abs. 1 Rahmenrichtlinie („alle im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Verpflichtungen“) dürfte dies zu bejahen sein. Dies gilt umso mehr als erst mit dem Richtlinienpaket 2002 und nicht mit den Vorgängerbestimmungen Vorgaben getroffen wurden, welche die Entscheidung über Verpflichtungen vom Gesetzgeber auf die nationale Regulierungsbehörde verlagern (siehe oben Rz. 5). 5.5.2 Fortgeltung des TKG 1996 selbst? 96
Über die Frage des Umfangs der nach § 150 Abs. 1 TKG fortgeltenden Verpflichtungen aus dem TKG 1996 ist das BVerwG in den genannten Beschlüssen allerdings noch einen Schritt weiter gegangen: Nach Ansicht des BVerwG führt die Fortgeltung gesetzlicher Gebote des TKG 1996 auch dazu, dass zur Umsetzung dieser Gebote weiterhin das TKG 1996 anzuwenden ist2. Diese Folgerung geht zu weit, weil sie die Systematik des neuen TKG ebenso wie die Regulierungssystematik der europarechtlichen Vorgaben außer Acht lässt. Der in § 150 Abs. 1 TKG benutzte Begriff „Verpflichtungen“ ist parallel zu den nach Teil 2 des TKG auferlegten bzw. durch die BNetzA auferlegbaren (Vorab-)Verpflichtungen zu sehen. An diese Verpflichtungen knüpfen die (verfahrensseitigen) Um- und Durchsetzungsregelungen des TKG an, etwa in § 25 TKG in Bezug auf Zugangsanordnungen sowie in § 31 TKG in Bezug auf das Entgeltgenehmigungsverfahren. Daher konnte mit § 152 Abs. 1 TKG das TKG 1996 auch außer Kraft gesetzt werden. Würde man nun über § 150 Abs. 1 TKG den Regelungen des TKG 1996 sozusagen „durch die Hintertür“ wieder Anwendung verschaffen, so widerspricht dies der gesetzgeberischen Entscheidung, dass nicht das TKG 1996, sondern bestimmte darin enthaltene oder darauf beruhende Verpflichtungen fortgelten sollen. Diese Fortgeltungsanordnung ist darüber hinaus darauf begrenzt, dass seitens der BNetzA neue, ersetzende Entscheidungen nach Teil 2 des TKG getroffen werden. Es sollen also nach dem Willen des Ge-
_______________
1 BVerwG, Beschl. v. 17.5.2006 – 6 C 14.05, S. 26 ff. (Rz. 58 ff.) des amtlichen Umdrucks sowie Beschl. v. 30.8.2006 – 6 C 17.05, S. 10 ff. (Rz. 21 ff.) des amtlichen Umdrucks. 2 BVerwG, Beschl. v. 17.5.2006 – 6 C 14.05, S. 21 ff. (Rz. 49 ff.) des amtlichen Umdrucks sowie Beschl. v. 30.8.2006 – 6 C 17.05, S. 9 f. (Rz. 19 f.) des amtlichen Umdrucks.
48 | Heun
Übergangsbestimmungen und Übergangsprobleme
Rz. 98 A
setzgebers und entsprechend den europarechtlichen Vorgaben1 auch fortgeltende gesetzliche Gebote aus dem TKG 1996 wie nach dem TKG 2004 auferlegte Verpflichtungen ersetzt, d. h. aufgehoben bzw. bestätigt werden können. Dies obwohl gesetzliche Gebote eigentlich nicht durch Verwaltungsakt aufgehoben werden können2. Das alles führt zu einem Wertungswiderspruch. Der vorstehende Wertungswiderspruch ist aber dadurch aufzulösen, dass § 150 Abs. 1 TKG dahingehend gelesen wird, dass mit der Anordnung der Fortgeltung der Verpflichtungen diese als auferlegt im Sinne des TKG 2004 anzusehen sind. Hierfür spricht zum einen die bereits angeführte Parallelität in der Begriffsverwendung von Verpflichtungen in § 150 Abs. 1 TKG einerseits und Teil 2 des TKG andererseits. Zum anderen zeigt das TKG an anderer Stelle selbst, dass gesetzlich angeordnete Verpflichtungen auch durch spätere Entscheidungen der BNetzA abgeändert werden können. So, wenn in § 50 Abs. 5 TKG vorgesehen ist, dass die BNetzA bei Fehlen beträchtlicher Marktmacht, die in § 50 Abs. 1 bis 3 TKG vorgesehenen gesetzlichen Verpflichtungen in Bezug auf Zugangsberechtigungssysteme ändern oder aufheben darf. Damit stellt sich § 150 Abs. 1 TKG ebenso wie § 50 Abs. 5 TKG als gesetzliche Ermächtigungsgrundlage auf der gleichen Ebene der Normhierarchie wie das betroffene gesetzliche Gebot dar, bestimmte, sozusagen vorläufig im Gesetz festgelegte Bedingungen zu ändern.
97
Hinzu kommt, dass nach den Vorstellungen des europäischen Richtliniengebers das mit dem Richtlinienpaket 2002 intendierte rechtliche Regime bereits seit dem 25.7.2003 anzuwenden war (Art. 28 Abs. 1 Unterabsatz 2 Rahmenrichtlinie) und auch der Übergang von Altregelungen in das neue Regime schnellstmöglich vollzogen werden sollte3. Dabei sollen die fortgeltenden Altverpflichtungen zunächst in den neuen Rechtsrahmen übernommen, aber einer unverzüglichen Prüfung unterzogen werden4. Es geht also auch dem europäischen Richtliniengeber darum, dass auf die fortgeltenden Verpflichtungen bereits der neue Rechtsrahmen angewendet wird. Dies ist auch im Rahmen des TKG zu beachten.
98
_______________
1 Art. 20 Rahmenrichtlinie i. V. m. Art. 7 Zugangsrichtlinie und Art. 16 Universaldienstrichtlinie gehen sämtlich davon aus, dass unter dem neuen Regime erneut über die betreffenden Verpflichtungen „beschlossen“ wird mit der Folge, dass diese „beibehalten, geändert oder aufgehoben werden“. 2 BVerwG, Beschl. v. 17.5.2006 – 6 C 14.05, S. 19 (Rz. 44) des amtlichen Umdrucks. 3 Siehe Erwägungsgrund (36) der Genehmigungsrichtlinie, nach dem alle Bestandteile des neuen Regulierungsrahmens gleichzeitig zur Anwendung gelangen (sollen). 4 Vgl. Erwägungsgrund (12) der Zugangsrichtlinie.
Heun | 49
A Rz. 99
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
6. Fazit und Ausblick 99
Zu Beginn der Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte in Deutschland im Jahre 1989 waren neben der DB TELEKOM insgesamt acht Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen registriert. Im Jahre 1996 waren es 1.066 Anbieter, deren Zahl sich im Jahr des Inkrafttretens des TKG Ende 2004 auf 2.304 mehr als verdoppelt hat. Es hat sich daher zweifellos seit dem Regime des FAG viel getan bei der Öffnung der Telekommunikationsmärkte in Deutschland. Die vielerorts nach wie vor bestehende beträchtliche Marktmacht der DTAG (dazu G.) verdeutlicht aber auch, dass es noch unerledigte Aufgaben für die Regulierung gibt. Zugleich sind neue Aufgaben hinzugekommen.
100
Mit dem Aufkommen von DSL und Voice over IP sind neue Herausforderungen bei der Marktzutritts- und Zugangsregulierung entstanden. Auch längerfristig wird daher die sektorspezifische Regulierung erforderlich bleiben. Dies zeigt nicht nur die bisherige Marktentwicklung im Anschlussbereich sondern auch die Herausbildung wettbewerbsverzerrender Strukturen bei den Vorleistungen im Mobilfunk. Überdies sind neue Regulierungsrunden im Bereich des Marktzutritts, nämlich der Frequenzregulierung und diesbezügliche Verteilungskämpfe der Marktteilnehmer zu erwarten. Die ersten GSM-Lizenzen laufen bald aus, während sich zugleich neue Interessenten für breitbandige Funktechnologien wie WiMAX entwickelt haben. Durch europäische Initiativen (WAPECS) steht mittelfristig ein Paradigmenwechsel der besonderen Art bevor: die bisher an einer fein ziselierten Marktabgrenzung orientierte und die Frequenznutzung beschränkende Frequenzvergabe, könnte von einer offenen Frequenznutzung für alle zur Herstellung breitbandiger Funkanschlüsse geeigneten Frequenzbereiche abgelöst werden (dazu D.).
101
Bei der allgemeinen Regelung des Marktzutritts hat das TKG einige Begrifflichkeiten des TKG 1996 übernommen, die sich auch auf andere Regelungsbereiche des TKG auswirken, ohne allerdings die alten Legaldefinitionen zu übernehmen oder neue zu schaffen. Dies führt zur vermeidbaren Zweifelsfragen. Ebenso müssen die Regelungen, die sich mit Übergangsfragen vom alten in das neue Regime befassen oder dies unterlassen als misslungen betrachtet werden. Hier hat sich der Übergang zum neuen Regime mehr als nur „holperig“ erwiesen. Die mittels des TKG-Änderungsgesetzes eingefügten Regelungen haben diese Fragen nur teilweise und damit unzureichend adressiert.
102
Wenngleich daher der Wegfall der Lizenzpflicht für den Eintritt in die Telekommunikationsmärkte zweifellos die Hürden für den Wettbewerb gesenkt haben, ist dennoch am Markt erhebliche Unsicherheit entstanden, die vermeidbar gewesen wäre. Diese Unsicherheit dauert auch mehr als zwei Jahre nach Inkrafttreten des TKG 2004 an und hat dem Markt insgesamt geschadet. Dennoch zeigen gerade die Entwicklungen im Bereich von Voice over 50 | Heun
Fazit und Ausblick
Rz. 102 A
IP, DSL und WiMAX, dass die deutschen Telekommunikationsmärkte nach wie vor attraktiv sind und zusätzliche Attraktivität durch Konvergenz von Infrastrukturen (Integration Festnetz und Funk) und Inhalten (Integration Telekommunikation und Rundfunk in den Bereichen DSL, Breitbandkabelnetze und Mobil-TV) gewinnen. Diese Tendenzen gilt es durch zeitnahe Schaffung von Rechtssicherheit zu fördern.
Heun | 51
A
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
Anhang* Meldung des gewerblichen Betriebs von öffentlichen Telekommunikationsnetzen und/oder von gewerblichen Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit nach § 6 TKG A
[Angaben zum Unternehmen
[Name und Sitz des Unternehmens Name mit Rechtsform, Anschrift (Straße, Haus-Nr. , PLZ, Ort)
Telefon :
Ansprechperson:
Internet:
Telefon: Internet:
HRG-Nummer:
Datum letzter Eintrag:
Amtsgericht:
B
IGrund der Meldung D
Aufnahme der Tätigkeit
D
Beendigung der Tätigkeit
Reg-Nr.: _ _ _/_ _ _ c::> weiter zu PunktE " Rechtsverbindliche Erklärung"
D
Änderung der Finna
Reg-Nr.:_ _ _/_ _ _
c>
c::>
weiter zu Punkt C
weiter auf dieser Seite
[ Änderung der Firma Anderung des Namens, Verlegung des Sitzes, Anderung der Rechtsform u. ä.
_______________
* Der Abdruck erfolgt mit Genehmigung der Bundesnetzagentur.
52 | Heun
A
Anhang
C
ITelekommunikationsnetze D
Das Unternehmen betreibt gewerblich öffentli che Telekommunikationsnetze.
Betreibertyp:
I Aufnahme des Netzbetriebs:
D
Teilnehmernetzbetreiber (TNB)
D
Verbindungsnetzbetreiber (VNB)
k urze Beschreibung des Telekommunikationsnetzes (ggf. Anlage beifügen)
IÜbertragungswege, Infrastruktur D
Dem Unternehmen stehen eigene Übertragungswege in Deutschland zur Verfügung.
D
Angernietete Übertragungswege
D
D
werde n nicht verwendet.
D
werden von der DT AG bezogen.
D
werden von anderen Anbietern als der DT AG bezogen.
Dem Unternehmen stehen eigene Netzknoten in Deutschland zur Verfügung,
Anzahl _ _ _ _ _.
Heun | 53
A D
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
ITelekommunikationsdienste D ~=~:~o~%~~~~~:ne~~i:~~~~~;~i~iÖ~entlichkeit.
I
Aufnahme des Dienstes:
kurze Beschreibung des Telekommunikationsd ienstes (ggf. Anlage beifügen)
Telekommunikationsdienste-Kategorien (siehe Erläuterungen Seite 2- 3)
Zutreffendes bitte ankreuzen:
Angebot von Festnetz-ÜbertragungsWegen (ohne satellitengestützte Ü-Wege)
Datenübermittlungsdienste
1.1
Angebot von Festnetz-Übertragungswegen auf der Basis selbst betriebener Übertragungswege
1.2
Weitervermieten von angernieteten Übertragungswegen
D --------
2.
z. 8 . paketorientiert, leitungsorientiert, Telex
D
--------
z. 8. Elektronische Post, Electronic Oata Interchange (EDI), Telefaxmehrwertdienste, Buchungsdienste (EFT), Fernwirkdienste
D
--------
Datenmehrwertdienste Integrierte Mehrwertdienste
Netzmanagementdienste
54 | Heun
Beginn TT . MM . JJ
D
--------
D D
4.1
Videokonferenz
42
Business-TV
5.1
Zusammenschaltungsdienste zwischen Netzen verschiedener Netzbatreiber Netzzugangsdienste in Netze, z.B. von Mailboxbetreibern , Onlinediensteanbietern und InternetProvidern
D
--------
5.2
D
--------
5.3
Netzunterstützende Dienste
D D
5.4
Intelligente Netzdienste
5.5
Callback-Dienste
0
--------
A
Anhang
Zutreffendes bitte ankreuzen:
Technische Bereitstellung von Rundfunk
6.1
Übermitteln von Ton- und Fernsehsignalen zwisehen Einrichtungen der Rundfunkanstalten
6.2
Heranführen von Rundfunksignalen
6.3
Verteilen von Rundfunksignalen
über terrestrische Sender über Kabelnetze
D D D D
Begi nn TT . MM . JJ
--------
---------------
Technische Bereitstellung von Multimediadiensten
7.1
Bereitstellung von Multimediadiensten
D
--------
Sprachdienste
8.1
Sprachtelefondienst auf der Basis eines selbst betriebenen Netzes Sprachdienste ohne selbst betriebenes Netz (u. a. Wiederverkauf; Resale)
D
--------
D
--------
9.1
Sprachbox
92
Audiotex
D D D
--------
10.1 Bereitstellen von öffentlichen Münz- oder Kartentelefonen gemäߧ 78 Abs. 2 Punkt 4 TKG 10.2 Sonstige Telekommunikationsstellen I WLAN bzw. Hotspot
D
--------
Herausgabe von Teilnehmerverzeichnissen gemäß
D
8.2 Sprachmehrwertdienste
9.3
Erteilen von Auskünften über Rufnummern gemäß
§ 78 Abs. 2 TKG Öffentliche Telekommunikationsstellen
Teilnehmerverzeichnisse Mobilfunkdienste
11.
§ 104 TKG
D ------ ---------
dienste)
D D D D ------ - D --------
13.
Unidirektionale Nachrichtenübermittlung (Ton, Zah len und/oder Text)
D --------
14.
Sprach- und Datenübermittlung für eingeschränkte Nutzergruppen
D
Mobile Datenfunkdienste
15
Paketverm ittelte Datenübertragung
D
Flugtelefondienste
16
Sprach-, Daten- und Faxübertragung
D
12. 1 Sprachvermittlung 12.2
Fax- und Datenübermittlung
12.3 Messaging Service 12.4 Mailboxdienste 12.5 Wiederverkauf von Mobiltelefondiensten (Provider-
Funkrufdienste Bündelfunkdienste
--------
ISatell itenfunkdienste Angebot von sate llitengestützten Übertragungswegen
17.1 Angebot von satell itengestützten Übertragungswe-
gen auf der Basis selbst betriebener Übertragungswege 17.2 Weitervermieten von angernieteten satell itengestützten Ubertragungswegen
D
--------
D
--------
Heun | 55
A
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
Zutreffendes bitte ankreuzen:
All gemeine Satellitenfunkdienste
18.1
Verteildienste (Broadcasting)
18.2 Business-TV 18.3 Satellite News Gathering 18.4 Übertragungsdienste
D D D
19.1 Flottenmanagement I Ortungsdienste 19.2 Telefondienste 19.3 Datendienste
Satellitengestützter Rundfunk
D D D
18.5 VSAT-Dienste 18.6 Videokonferenz
Mobile Satellitenfunkdienste
20.1 Übermitteln von Ton- und Fernsehsignalen zwi-
schen Einrichtungen der Rundfunkanstalten 20.2 Heranführen von Rundfunksignalen 20.3 Verteilen von Rundfunksignalen Sonstige Telekommunikationsdienste
Beginn TT . MM . JJ
D D D D D D
D
(ggf. Prospekt beilegen)
D D D
D E
IRechtsverbindliche Erklärung
0 ~~~a~i~~~~e~:r~~~·r:i~:s~~~~~e~~~~li~~: ~:~~:~~~~~~ii~:~\~~~~~es~~:~ü~Td~:b~=~~i~~~~~:~~~~=~ntliche TelekommuD ~c:~~~~:~~eh~~~ ~i:s~:·;~~~~e~!~hJe~e~:~d~~e:u~i~r~~~s~~~~!;k~i~~:~~se~~~~2r~:~:~eR~~~~=~:~~~~;~.dass mei-
Ort, Datum
56 | Heun
Unterschrift I Firmenstempel
A
Anhang
Erläuterungen § 6 "Meldepflicht" des Telekommunikationsgesetzes lautet: (1) Wer gewerblich öffentliche Te lekommunikationsnetze betreibt oder gewerblich Telekommunikationsdienste für
die Öffentlichkeit erbringt, muss die Aufnahme, Änderung und Beendigung seiner Täti gkeit sowie Änderungen seiner Firma bei der Regulierungsbehörde unverzüglich melden. Die Erklärung bedarf der Schriftform. (2) Die Meldung muss die Angaben enthalten, die für die Identifizierung des Setreibers oder Anbietars nach Absatz 1 erforderlich sind, insbesondere die Handelsregisternummer, die Anschrift, die Kurzbeschreibung des Netzes oder Dienstes sowie den voraussichtlichen Termin für die Aufnahme der Tätigkeit. Die Meldung hat nach einem von der Regulierungsbehörde vorgesch riebenen und ve röffentlichten Formul a r zu erfolgen.
(3) Auf Antrag bestätigt die Regulierungsbehörde innerhalb von einer Woche die Vollständigkeit der Meldung nach Absatz 2 und bescheinigt, dass dem Unternehmen die durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes eingeräumten Rechte zustehen. (4) Die Regulierungsbehörde veröffentlicht regelmäßig ein Verzeichnis der gemeldeten Unternehmen. (5) Steht die Einstellung der Geschäftstätigkeit eindeutig fest und ist die Beendigung der Tätigkeit der Regulierungsbehörde nicht innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten schriftlich gemeldet worden , kann die Regulierungsbehörde die Beendigung der Täti gkeit von Amts wege n feststellen.
§ 116 " Aufgaben und Befugnisse" Die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen ist Regulierungsbehörde im Sinne dieses Gesetzes und nimmt die ihr nach diesem Gesetz zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse wahr.
Hinweis: Gewerblich in diesem Sinne ist jede Tätigkeit, die zumindest mit der Absicht der Kostendeckung der Öffentlichkeit angeboten wird.
Die Meldung ist z u richte n an:
Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation , Post und Eisenbahnen 513-7 Liselotte-Herrmann-Straße 20a 09127 Chemnitz Die Bundesnetzagentur ist auch gerne telefonisch unter der Rufnummer (03 71) 45 82- 211 bzw. -285 mit diesbezüglichen Auskünften behilflich. Auf die Bußgeldbewahrung nach§ 149 Abs. 1, Nr. 2 Telekommunikationsgesetz (TKG) für nicht richtig , nicht vo llständig, nicht in der vorgesch ri ebenen We ise ode r nicht rechtzeiti g gemachte Meldung wird hingewiesen . Solche Fälle können mit e in e r Geldbuße bis zu 10 000 Euro geahndet werde n
Die Unternehmen werden gebeten, Firmen- und Produktprospekte (bzw. Preislisten) der angebotenen Dienste, die bei der Einstufung der Dienste behilflich sein können, der Meldung beizulegen.
Heun | 57
A
Einführung: Struktur des TKG, Marktzutritt, Übergangsrecht
Erläuterungen Telekommunikationsdienste-Kategorien*) 1.1
Festgeschaltete Verbindungen auf Basis von Kabelnetzen oder funkgestützten Systemen (z.B. terrestrischem Richtfunk, WLL-Techniken, etc.).
5.4
1.2
Vermietung von Übertragungswegen auf Basis von Telekommunikationsnetzen, die von Dritten betrieben werden.
5.5
2.
z. B. Paketorientierte Übermittlung von digitalen Informationen unter Verwendung bestimmter Standards wie X.25-Standards, FPS (Fast Packet Switching) etc.; leitungsorientierte Übermittlung von digitalen Informationen unter Verwendung bestimmter Standards wie X.21 etc.; Telex: Übermittlung digitaler Informationen (Text) mit einer festgelegten Übertragungsgeschwindigkeit von 50 biUs unter Verwendung des ITU-T-Telegrafenalphabetes Nr. 2.
3.
z. B. Elektronische Post: Speicherorientierte Übermittlung von Informationen (ohne Telefaxmehrwertdienste und Netzzugangsdienste); Electronic Data Interchange (EDI): Übermittlung digitaler Informationen unter Verwendung von EDIStandards; Telefaxmehrwertdienste: Übermittlung von Informationen aus Datenbanken auf Abruf (Faxabrufdienste) sowie automatisierte Massen-Übermittlung von Informationen (Faxverteildienste); Buchungsdienste/Eiektronischer Zahlungsverkehr (EFT): Übermittlung von Transaktionsdaten zwischen DV-Anlagen in allgemeinen Buchungssystemen sowie innerhalb des elektronischen Zahlungsverkehrs (z.B . Geldautomatennetze, Clearingsysteme, etc.); Fernwirkdienste: Datenübermittlung zur Fernsteuerung, -Überwachung, -diagnose und -wartung (ohne Fernwirkdienste für den Betrieb von Telekommunikationsnetzen/-anlagen) mittels eigener Netzknoten/techn . Zentrale.
4.1
Breitbandige Übermittlung von Bewegtbildern , Sprache, Text und Daten zwischen Videokonferenzeinrichtun en.
4.2
Breitbandige Übermittlung von Ton- und Fernsehsignale für geschlossene Nutzergruppen (z.B. für Schulungszwecke).
5.1
Bereitstellung von Zu- oder Übergängen (Gateways) zwischen Netzen verschiedener Netzbelreiber. Bereitstellung von Zu- oder Übergängen (Gateways) in Netze, z .B. von Mailboxbetreibern, Onlinediensteanbietem und lnternet-Providern. Die in diesen Netzen angebotenen Dienste wie E-Mail, Fax-Versendung sind hier enthalten .
5.2
5.3
Datenübermittlung zur Fernsteuerung , -Überwachung, diagnose und -wartung von Telekommunikationsnetzen/-anlagen.
58 | Heun
Bereitstellung von netzorientierten Diensten wie z.B. bundeseinheitliche Rufnummer, Gebührenübernahme durch den Angerufenen etc. Bereitstellung von (Auslands-)Verbindungen unter Zuhilfenahme eines Rückrufs.
6.1
Übermittlung von Ton- und Fernsehsignalen über Außenübertragungs-, Zuführungs-, Verteil- und Programmaustauschleitungen zwischen Einrichtungen der Rundfunkanstalten .
6.2
Übertragung von Ton- und Fernsehsignalen von den Sendestudios zu den Rundfunkverteil netzen. Verteilen von Rundfunksignalen über Rundfunkverteilnetze zu den Rundfunkteilnehmern mittels Kabelnetzen oder terrestrischen Sendern.
6.3
7.1
Übermitteln und Management von Multimediadiensten über Telekommunikationsnetze . Zu Multimediadiensten gehören Tele-Shopping , Tele-Teaching , Video-ondemand, Pay-per-view oder ähnl iche Dienste.
8.1
Vermittlung von Sprache in Echtzeit auf der Basis selbst betriebener Telekommunikationsnetze (inkl. Angebot von allgemeinen Telefax-Diensten) .
8.2
Angebot von Sprachdiensten ohne selbst betriebenes Netz (Wiederverkauf, Resale u. a.).
9.1
Bereitstellung von Sprachspeichern, in denen gesprochene Nachrichten abgelegt und wieder abgerufen werden.
9.2
Bereitstellung einer technischen Plattform zum Abruf von Informationen und Unterhaltungsangeboten über eine einheitliche Zugangsnummer. Erteilen von Auskünften über Rufnummern von Teilnehmern gemäߧ 78 Abs. 2 TKG
9.3
10.1 Bereitstellung öffentlicher Telefonstellen (inkl. Angebot von allgemeinen Telefax-Diensten) gemäß gemäߧ 78 Abs. 2 Punkt 4 TKG 10.2 Bereitstellung sonstiger Telekommunikationsstellen, wie z.B. WLAN bzw. Hotspot 11.
Herausgabe von Teilnehmerverzeichnissen gemäß 104 TKG
')alle TK-Dienste : gewerblich für die Öffentlichkeit
A
Anhang Mobilfunkdienste 12.1 Vermittlung von Sprache in Echtzeit auf der Basis selbst betriebener Mobiltelefonnetze. Die Übermittlung der Gespräche erfolgt über zellular aufgebaute analoge oder digitale terrestrische Funknetze mit Sch nittstellen zu den öffentlichen Festnetzen. 12.2 - Faxdienst auf der Basis des CCITI-Standards der Gruppe 3; Übertragung als Papierfax oder PC-Fax mit einer Geschwindigkeit von 9.600 biUs. - Übermittlung beliebiger Dateien mit Übertragungsgeschwindigkeiten zwischen 2.400 und 9.600 biUs. Für die mobile Datenübertragung werden Fu nktelefone mit speziellen integriertem oder separatem Datenmodul benöti t. 12.3 Übermittlung von Nachrichten. 12.4 Bereitstellung eines Sprachspeichers. 12.5 Weiterverkauf von bei den Netzbetreibern eingeka ufter Gesprächszeit (Airtime) an Dritte. 13.
Analoge oder digitale Übermittlung eines Signals, das im Funkrufempfänger bestimmte Tonsequenzen auslöst und/oder alpha/numerische Zeichen zur Anzeige brin t.
14.
Analoge oder digitale Übermittlung von Sprache und Daten innerhalb einer eingeschränkten Nutzergruppe. Der Übergang zu Festnetzen ist optional möglich.
15.
Paketorientierte Übermittlung von digitalen Informationen über virtuelle Verbindungen unter Verwendung bestimmter Standards (z .B. X.25) innerhalb des mobilen Datenfunknetzes. Übergänge zu den Festnetzen sind möglich.
16.
Sprach-, Daten- und Faxkommunikation für Flugpassagiere zu Fest- und Mobiltelefonnetzen auf der Basi s von terrestrisch betriebenen Funkstationen.
Satellitenfunkdienste 17.1 Festgeschaltete Verbindungen auf Basis von Satellitenfunknetzen. 17.2 Vermietung von Übertragungswegen auf Basis von Telekommunikationsnetzen, die von Dritten betrieben werden. 18.1 Unidirektional gerichtete Übertragung von Daten als Punkt-zu-Mehrpunkt-Verbindung. 18.2 Breitbandige Übertragung von Ton- und Fernsehsignalen zu einem oder mehreren Empfangsorten für einen ausgewählten Teilnehmerkreis. 18.3 Videoübertragung vom Ereignisort zu einem Fernsehstudio mittels mobilen Sendeanlagen. 18.4 Herstellung von Einweg- oder interaktiven Datenübertragungssirecken über Satellitenanl agen am Kundenstandort. 18.5 Übertragen von Daten auf Basis kleiner Erdfunksteilen und einer großen Zentralstation in sternförmiger Netzstruktur. 18.6 Breitbandige Übermittlung von Bewegtbildern, Sprache, Text und Daten zwischen Videokonferenze inrichtu ngen über Satellit. 19.1 Übermittlung von alphanumerischen Daten und Nachrichten zwischen der Zentralstation und den mobilen Einheiten (Fahrzeuge) sowie Positionsbestimmung. 19.2 Vermitteln von Sprache in Echtzeit auf Basis von analogen und digitalen Satellitenfunknetzen. 19.3 Vermittlung von Daten auf Basis von analogen und digitalen Satellitenfunknetzen. 20.1 Übermittlung von Ton- und Fernsehsignalen über Satellitenverbindungen zwischen Einrichtungen der Rundfu nkanstalten. 20.2 Übertragung von Rundfunksignalen von den Sendestudios zu den Rundfunkverteilsatelliten. 20.3 Verteilung von Rundfunksignalen zum Direktempfang für die Rundfunkteilnehmer.
Satelliten-
")alle TK-Dienste: gewerblich für die Öffentlichkeit
Heun | 59
.
B. Öffentliche Sicherheit 1. Regelungsrahmen Die Regelungen des Teils 7 des TKG dienen insgesamt dem Schutz des Nutzers von Telekommunikationstechnik. Der gemeinsame Nenner der Vorschriften ist der Schutz der Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 GG) und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG). Im Zuge der Privatisierung und Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes ist die Schaffung von Regelungen erforderlich geworden, die den im Verhältnis Staat-Bürger unmittelbar grundgesetzlich bestehenden Schutz auf das Verhältnis Bürger-zu-Bürger tradieren (hierzu siehe unten Teil L Rz. 2 ff.). Gleichzeitig ist aber auch eine Änderung für die Eingriffsbefugnisse und den Schutz von Telekommunikationseinrichtungen im Individual- und Allgemeininteresse erforderlich geworden. Dieser Schutz im Verhältnis Bürger-zu-Bürger erfolgt durch den Teil 7 des TKG.
1
1.1 Regelungsrahmen Die Regelungen des mit Öffentlicher Sicherheit überschriebenen Abschnitts dienen dem Allgemeininteresse und damit (nur) indirekt dem Schutz der Bürger. Wohingegen die Vorschriften der Abschnitte 1 und 2 des Teil 7 direkt den Schutz der Nutzer und Teilnehmer im Verhältnis zum Anbieter zum Gegenstand haben (siehe hierzu unter Teil L Rz. 9 ff.).
2
Die Vorschriften über die Öffentliche Sicherheit regeln vier Aufgaben:
3
– – – –
Bereitstellung von Notrufmöglichkeiten (§ 108 TKG)1 Technische Schutzmaßnahmen (§ 109 TKG) Technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen (§ 110 TKG) Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden (§§ 111–114 TKG)
1.2 Europarechtliche Vorgaben Die Novellierung des TKG 1996 ist aufgrund europarechtlicher Richtlinien2 erforderlich geworden. Gleichwohl sind die Regelungen über die öffentliche Sicherheit hiervon weitgehend unbeeinflusst geblieben. Im Wesentlichen beruht nur die Abkehr vom Genehmigungsverfahren im Rahmen der Ver_______________
1 Im Vergleich zum TKG 1996TKG 1996 ist die Regelung über den Notruf in § 108 TKG im Abschnitt über die Öffentliche Sicherheit neu. Diese war bis dahin im § 13 TKG 1996 geregelt. 2 Hierzu Heun, CR 2004, 893 f.; Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003; Koenig/Bartosch/Braun, EC Competition and Telecommunications Law, 2002; Koenig/Loetz/Neumann, Die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes, 2003.
Eckhardt | 61
4
B Rz. 5
Öffentliche Sicherheit
pflichtung zur Technischen Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen (§ 110 TKG) und die Ergänzung der Bestimmung über den Notruf (§ 108 TKG) auf europarechtlichen Vorgaben. Die Änderungen, insbesondere die Änderung der Auskunftsverfahren in §§ 111 ff. TKG, stellen in erster Linie einen nationalen Alleingang dar.
2. Allgemeines 2.1 Verpflichteter Personenkreis – Allgemeines 5
Der Kreis der Verpflichteten ist entsprechend den vier in Abschnitt 3 geregelten Aufgaben unterschiedlich und jeweils eigenständig ausgestaltet:
6
Während die Bereitstellung von Notrufmöglichkeiten an das Erbringen von öffentlich zugänglichen Telefondiensten anknüpft (§ 108 TKG), sind zu technischen Schutzmaßnahmen Diensteanbieter und Betreiber von Telekommmunikationsanlagen, die dem Erbringen von Telekommmunikationsdiensten für die Öffentlichkeit dienen, verpflichtet (§ 109 TKG). Die Regelung über die technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen nimmt Betreiber von Telekommmunikationsanlagen, mit der Telekommmunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbracht werden (§ 110 Abs. 1 S. 1 TKG), Erbringer von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit (§ 110 Abs. 1 S. 2 TKG) sowie Betreiber von Telekommmunikationsanlagen, die anderen im Rahmen ihres Angebots für die Öffentlichkeit Netzabschlusspunkte überlässt (§ 110 Abs. 6 TKG) in Bezug. Die Regelungen über das Auskunftserteilung verpflichten diejenigen, die geschäftsmäßige Telekommmunikationsdienste erbringen oder daran mitwirkt (§ 113 TKG), und diejenigen, die Telekommmunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringen (§ 112 TKG)sowie diejenigen, die Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringen oder Übertragungswege betreiben, die für die Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit genutzt werden (§ 114 TKG). Zur Datenerhebung für die Auskunftserteilung ist verpflichtet, wer geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt und dabei Rufnummern vergibt oder Telekommunikationsanschlüsse für von anderen vergebene Rufnummern bereitstellt (§ 111 TKG).
7
Die Erläuterung der Begriffe erfolgt wegen des Sachzusammenhangs jeweils im Kontext der entsprechenden Verpflichtung. Gleichwohl wird die Erläuterung zweier Wendungen, die in § 3 TKG nicht definiert sind, nachfolgend vorneweg besprochen. Denn für ihr Verständnis ist auch die Betrachtung der Definitionen des TKG 1996 erforderlich. 2.2 Unklare Definitionen – Rückgriff auf das TKG 1996
8
Die im 3. Abschnitt des Teils 7 des TKG verwendeten 2 Begriffspaare zur Festlegung des verpflichteten Personenkreises erscheinen gerade unter Be62 | Eckhardt
Rz. 11 B
Allgemeines
rücksichtigung des Definitionskatalogs in § 3 TKG zunächst wenig konsequent und unvollständig. Es geht um die Begriffspaare: – geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten und Telekommunikationsdienst – für die Öffentlichkeit und geschlossene Benutzergruppe Mit einem Rückgriff auf die Definitionen des TKG 1996 wird die Auslegung beider Begriffspaare nachvollziehbar.
9
2.2.1 Telekommunikationsdienst und geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten 2.2.1.1 Eigenständige Bedeutung Die Begriffe geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten und Telekommunikationsdienst sind im TKG eigenständig definiert. Sie haben damit auch eine eigenständige Bedeutung zur Beschreibung des persönlichen Anwendungsbereichs. Es verbietet sich, die Definitionen in § 3 Nr. 10 TKG und § 3 Nr. 24 TKG unreflektiert zu vermischen.
10
Bei der Anwendung von Regelungen des TKG, die diese Begriffe verwenden, ist zu unterscheiden, ob der eine oder der andere Begriff verwendet wird. Eine Vermischung der Begriffe bedeutet eine fehlerhafte Bestimmung des persönlichen Anwendungsbereichs. 2.2.1.2 Definitionen in § 3 TKG Geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten ist das nachhaltige Angebot von Telekommunikation für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht (§ 3 Nr. 10 TKG), wohingegen Telekommunikationsdienste in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste sind, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdiensten in Rundfunknetzen (§ 3 Nr. 24 TKG). Die Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 10 TKG enthält also nicht den in § 3 Nr. 24 TKG definierten Begriff Telekommunikationsdienst, sondern enthält eine eigenständige Beschreibung. Die Bestimmung des geschäftsmäßigen Telekommunikationsdienstes rekurriert damit nicht auf den Begriff und damit auch nicht auf die Definition von Telekommunikationsdienst1. Das _______________
1 Deutlicher wird das, wenn nachvollzogen wird, auf welche unterschiedlichen weiteren Definitionen die Definitionen dieser beiden Begriffsbestimmungen Bezug nehmen: – § 3 Nr. 10 TKG § 3 Nr. 22 TKG (Telekommunikation) § 3 Nr. 23 TKG (Telekommunikationsanlagen) – § 3 Nr. 24 TKG § 3 Nr. 27 TKG (Telekommunikationsnetze)
Eckhardt | 63
11
B Rz. 12
Öffentliche Sicherheit
Begriffspaar ist also trotz eines gemeinsamen Wortes (Telekommunikationsdienst) nicht aufeinander aufbauend definiert1. 2.2.1.3 Berücksichtigung des TKG 1996 Unter Einbeziehung des TKG 1996 wird auch der Hintergrund der fehlenden Bezugnahme erkennbar. Das TKG 1996 unterschied zwischen Telekommunikationsdienstleistungen (§ 3 Nr. 18 TKG 1996)2 und geschäftsmäßigem Erbringen von Telekommunikationsdiensten (§ 3 Nr. 5 TKG 1996). 12
Die Wendung geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten im TKG 1996 war gerade für den damaligen 11. Teil (Fernmeldegeheimnis, Datenschutz, Sicherung) eingeführt worden und wurde nur im 11. Teil des TKG 1996 verwendet3. Sie beschrieb den Anwendungsbereich des 11. Teils des TKG 1996 eigenständig und zielte auf eine eindeutige Abgrenzung gegenüber dem Begriff Telekommunikationsdienstleistungen, der in den anderen Teilen des TKG 1996 verwendet wurde, ab4. Die Definition der Wendung geschäftsmäßigem Erbringen von Telekommunikationsdiensten ist aus § 3 Nr. 5 TKG 1996 in § 3 Nr. 10 TKG im Wesentlichen wortgleich übernommen worden. Der im TKG 1996 verwendete Begriff Telekommunikationsdienstleistungen (§ 3 Nr. 18 TKG 1996) wurde im TKG durch den Begriff Telekommunikationsdienste ersetzt5.
13
Damit wurde mit der Novellierung zwar die Verwendung unterscheidbarer Begriffe aufgeben, aber nicht die unterschiedliche und abgrenzende Verwendung.
_______________
1 Ein Telekommunikationsdienst ist bspw. ein „in der Regel gegen Entgelt“ erbrachter Dienst, während die Entgeltlichkeit für das geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten vollständig unerheblich ist. Jedenfalls in der Begründung daher zu kurz gegriffen: Beck TKG-Komm/Bock, § 109 TKG Rz. 8; Beck TKG-Komm/Schütz, § 3 TKG Rz. 27. 2 Das TKG 1996 unterschied ferner zwischen Telekommunikationsdienstleistungen (§ 3 Nr. 18 TKG 1996) und Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit (§ 3 Nr. 19 TKG 1996). 3 Der Begriff Telekommunikationsdienstleistungen und die Wendung Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit wurden hingegen im 11. Teil des TKG 1996 nicht zur Bestimmung des verpflichteten Personenkreises verwendet. 4 Wuermeling/Felixberger, CR 1997, 230 (231). 5 BT-Drucks. 15/2316, S. 58. Es wurde dabei die Vorgabe des Art. 2 lit. c S. 1 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über den gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie), ABl. EU Nr. L 108 v. 24.4.2002, 33 berücksichtigt (BT-Drucks. 15/2316, S. 58).
64 | Eckhardt
Allgemeines
Rz. 16 B
Für zwei Gruppen von Definitionen bleibt es ohnehin bei der Auslegung entsprechend dem TKG 1996: –
Relevant ist die Bedeutung unter dem TKG 1996 für Bestimmungen außerhalb des TKG, die noch an den Begriff Telekommunikationsdienstleistung anknüpfen1.
–
Von besonderer Relevanz ist diese Unterscheidung für die Befugnisnormen zum Eingriff in das Fernmeldegeheimnis (siehe Rz. 32 ff. und 100 ff.), in die unter Bezugnahme auf das TKG 1996 die Wendung geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten eingefügt wurde.
14
Die Wendung geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten und ihre Definition in § 3 Nr. 10 TKG einerseits sowie der Begriff Telekommunikationsdienste und seine Definition in § 3 Nr. 24 TKG andererseits muss also trotz gleichem Kernbestandteil unterschieden werden. 2.2.2 Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit und geschlossene Benutzergruppen Das Merkmal für die Öffentlichkeit ist in § 3 TKG ebenso wenig definiert wie das Merkmal geschlossene Benutzergruppe, obgleich beide Merkmale in Teil 7 des TKG mehrfach verwendet werden.
15
2.2.2.1 Verwendung im TKG Allein aus der Verwendung des Begriffspaars im TKG erschließt sich deren Bedeutung nicht. Das Merkmal für die Öffentlichkeit in Bezug auf Telekommunikationsdienste wird in Abschnitt 3 (Öffentliche Sicherheit) des Teils 7 des TKG verwendet, während die Wendung geschlossene Benutzergruppe nur in Abschnitt 2 (Datenschutz) des Teils 7 und nur in Bezug auf Diensteanbieter genutzt wird. Beide Wendungen dienen im Teil 7 dazu, den Kreis der Verpflichteten zu begrenzen. Durch die Wendung Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit wird der persönliche Anwendungsbereich einzelner Vorschriften insgesamt begrenzt, während durch die Verwendung des Merkmals geschlossene Benutzergruppe nach der Systematik der Bestimmungen Ausnahmen von bestimmten Verpflichtungen für solche Diensteanbieter geschaffen werden. _______________
1 Bspw. § 2 Abs. 2 JMStV oder § 2 Nr. 3 Gesetz zur Sicherstellung des Postwesens und der Telekommunikation (PTSG); Entsprechendes gilt für die Wendung Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit des TKG 1996.
Eckhardt | 65
16
B Rz. 17
Öffentliche Sicherheit
2.2.2.2 Historische Auslegung 17
Ein Anhaltspunkt für das im TKG nicht definierte Merkmal für die Öffentlichkeit kann in Anlehnung an die Abgrenzung der unter dem TKG 1996 verwendeten Begriffe Telekommunikationsdienstleistung für die Öffentlichkeit und Telekommunikationsdienstleistung gefunden werden1. Die Bezugnahme liegt auch insofern nahe, als der Begriff Telekommunikationsdienstleistung im TKG durch den Begriff Telekommunikationsdienst ersetzt wurde (siehe Rz. 12). Die Abgrenzung erfolgte in § 3 Nr. 19 TKG 1996 durch die ausgrenzende Bezugnahme auf den Begriff geschlossene Benutzergruppe („für beliebige natürliche oder juristische Personen und nicht lediglich für die Teilnehmer geschlossener Benutzergruppen“).
18
Daraus ergibt sich, dass sich das Merkmal für die Öffentlichkeit und das Merkmale geschlossene Benutzergruppe – jedenfalls unter dem TKG 1996 – gegenseitig ausschließen2. Zu berücksichtigen ist allerdings bei einem Rückgriff auf die Abgrenzung des Begriffspaars anhand des TKG 1996, dass die Festlegung von Öffentlichkeit bzw. geschlossene Benutzergruppen im TKG 1996 im regulatorischen Umfeld des TKG erfolgte und nicht aus der Sicht des Fernmeldegeheimnisses, des Datenschutzes und der öffentlichen Sicherheit. Denn das Begriffspaar Telekommunikationsdienstleistung und Telekommunikationsdienstleistung für die Öffentlichkeit war im Rahmen des TKG 1996 gerade nicht im Kontext dieser Bestimmungen verwendet worden (siehe Rz. 12).
19
Während der Begriff geschlossene Benutzergruppe im Jahr 1995 als Ausnahme von dem fernmelderechtlichen Monopol weit ausgelegt wurde, wurde er nach der Privatisierung und Liberalisierung eng ausgelegt, weil der ExMonopolist im Bereich der geschlossenen Benutzergruppen nicht der Regulierung unterlag. Die Interpretation des Begriffspaars ist damit in erster Linie regulatorisch veranlasst gewesen und stets dem Wandel des Kontexts, in dem sie verwendet wurden, unterworfen gewesen.
20
Gerade mit Blick auf die Aufgabe der vorgenannten Begriffsbestimmung im Zuge der Novellierung des TKG wird unter Bezugnahme auf Entwicklungen auf europäischer Ebene vertreten, dass eine eigenständige Definition von Öffentlichkeit zu erfolgen hat3. Dem ist jedenfalls insoweit zuzustimmen, als durch den Verzicht auf eine normübergreifende Definition von Öffentlichkeit eine normspezifische Auslegung des Merkmals erfolgen kann und _______________
1 Ein Rückgriff auf die Vermutung des § 6 Abs. 3 TKG 1996 scheidet aufgrund deren Zielsetzung hingegen aus. Denn durch sie sollte allein die regulatorische Tätigkeit der Regulierungsbehörde durch die Annahme einer Lizenzpflichtigkeit nach § 6 TKG a. F. erleichtert werden. 2 Im TKG 1996 sind die beiden Merkmale in Bezug auf dasselbe Merkmal, nämlich Telekommunikationsdienstleistung, verwandt worden, im TKG in Bezug auf unterschiedliche Personenkreise (siehe Rz. 16). 3 Heun in diesem Handbuch Teil A. Rz. 53 ff.
66 | Eckhardt
Allgemeines
Rz. 25 B
muss. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass das Begriffspaar in Teil 7 des TKG nicht als Gegensatzpaar und mit unterschiedlichen Funktionen verwendet wird (siehe Rz. 16). Der Unterschied der Zielsetzungen der regulatorischen Bestimmungen, z. B. § 6 TKG, und den Zielsetzungen im Teil 7 des TKG führt dazu, dass für den Bereich des Fernmeldegeheimnisses und des Datenschutzes die Begriffsbestimmung unter Berücksichtigung des Zwecks und der Zielsetzung der Regelungsmaterie vorzunehmen ist. Für den Bereich der öffentlichen Sicherheit mag eine engere Anbindung des Verständnisses an die regulatorischen Fragestellungen anzunehmen sein, weil die damit verbundenen wirtschaftlichen Aufgaben – z. B. die Vorhaltepflicht zur technischen Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen in § 110 TKG – dem regulatorischen Kontext nahe stehen1.
21
2.2.2.3 Geschlossene Benutzergruppe Das Merkmal geschlossene Benutzergruppe wird in Teil 7 des TKG nur im Kontext der Datenschutzbestimmungen verwendet.
22
Eine geschlossene Benutzergruppe liegt vor, wenn entweder ein zusammengefasstes Unternehmen oder eine sonstige geschlossene Benutzergruppe vorliegt. Bei einer geschlossenen Benutzergruppe handelt es sich um einen von vornherein anhand bestimmter Kriterien bestimmbaren Adressatenkreis2. Darunter fallen auch sog. Corporate Networks3.
23
Eine geschlossene Benutzergruppe in Form eines zusammengefassten Unternehmens kann aus Kapital-, Personengesellschaften, Einzelkaufleuten oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts bestehen. Zusammengefasst in diesem Sinn sind Unternehmen, zwischen denen ein Beherrschungsvertrag (§ 291 AktG) oder eine entsprechende vertragliche Regelung besteht. Des Weiteren Unternehmen, von denen das eine in das andere gemäß § 319 AktG oder aufgrund einer entsprechenden vertraglichen Weise eingegliedert ist. Ferner Unternehmen, von denen das eine in Mehrheitsbesitz steht und das andere an ihm mit Mehrheit beteiligt ist4.
24
Eine sonstige geschlossene Benutzergruppe ist gegeben, wenn die Teilnehmer einer Gruppe in einer gesellschaftlichen oder schuldrechtlichen Dauerbeziehung oder in dauerhaften Verbindungen zur Verfolgung gemeinsamer
25
_______________
1 Im Kontext der Bestimmungen über die öffentliche Sicherheit wird das Merkmal für die Öffentlichkeit auch wie im regulatorischen Kontext des TKG zur Begrenzung des Adressatenkreises verwendet (siehe hierzu auch Rz. 16). 2 Bestätigt wird dieses Verständnis durch BT-Drucks. 15/2316, S. 92 und 95, wonach durch die Beschränkung auf Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit insbesondere Corporate Networks ausgenommen werden sollten. 3 Umfassend zu diesen: Berger/Gramlich, CR 1999, 150 ff. 4 Beck TKG-Komm/Schütz, § 3 TKG 1996 Rz. 22.
Eckhardt | 67
B Rz. 26
Öffentliche Sicherheit
beruflicher, wirtschaftlicher oder hoheitlicher Ziele stehen1. Allein der gemeinsame Kommunikationszweck genügt nicht, um den Teilnehmerkreis hinreichend bestimmbar von der Allgemeinheit abzugrenzen. Dasselbe muss für große Gruppen gelten, die sich nur über derart allgemeine Zwecke definieren, dass sie der Allgemeinheit gleichzusetzen sind2. Die Grenze ist jedenfalls dann überschritten, wenn die gemeinsame Verbindung darin besteht, denselben Diensteanbieter zu nutzen. 2.2.2.4 Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit 26
Das Merkmal für die Öffentlichkeit wird in Teil 7 des TKG nur im Kontext der Bestimmungen über die öffentliche Sicherheit verwendet. Entscheidend ist aus der Sicht der Bestimmungen über die Öffentliche Sicherheit, dass das Merkmal für die Öffentlichkeit solche Telekommunikationsdienste ausschließen soll, die nur einen bestimmten Nutzerkreis betreffen und daher die Belange der Allgemeinheit unberührt lassen3. Ein Telekommunikationsdienst ist an die Öffentlichkeit gerichtet, wenn nicht nur die Teilnehmer einer geschlossenen Benutzergruppe, sondern jede beliebige Person den Telekommunikationsdienst in Anspruch nehmen kann. Gegenstand des Öffentlichkeitsbezugs muss ein bestimmtes Angebot eines Telekommunikationsdienstes sein. Nicht erforderlich ist, dass die Dienstleistung tatsächlich von allen in gleichem Umfang genutzt wird. Ausreichend, aber auch notwendig ist, dass ein bereits im Einzelnen definiertes Angebot besteht4.
27
Soweit mit Blick auf die Entwicklung auf europäischer Ebene eine eigenständige Definition des Merkmals Öffentlichkeit gefordert wird, bleibt die Festlegung der geschlossenen Benutzergruppe (hierzu Rz. 22 ff.) in ihrem Kern unberührt. Der entscheidende Unterschied gegenüber dem TKG 1996 ist die Behandlung des sog. Break-In und des sog. Break-Out5. Demnach ist die Öffentlichkeit auch im Falle einer geschlossenen Benutzergruppe nur zu verneinen, soweit es sich ausschließlich um interne Kommunikation innerhalb der geschlossenen Benutzergruppe handelt6. 2.2.2.5 Verwendung des Begriffspaars im TKG
28
Damit muss bei der Anwendung der einschlägigen Vorschriften unter dem TKG die Unterscheidung danach erfolgen, welches Merkmal in der jeweili_______________
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Beck TKG-Komm/Schütz, § 3 TKG 1996 Rz. 22. Beck TKG-Komm/Schütz, § 6 TKG 1996 Rz. 29. Vgl. Beck TKG-Komm/Schütz, § 6 TKG 1996 Rz. 27. Zu § 3 Nr. 19 TKG 1996: vgl. Beck TKG-Komm/Schütz, § 3 TKG 1996 Rz. 22a. Diese lassen sich mit einseitigen Verbindungen aus der geschlossenen Benutzergruppe in das öffentliche Telefonnetz und umgekehrt beschreiben. 6 Heun in diesem Handbuch Teil A. Rz. 55 f.
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Allgemeines
Rz. 31 B
gen Bestimmung zur Begrenzung des Adressatenkreises verwendet wird. Dementsprechend ist auf die zuvor genannte Begriffsbestimmung zurückzugreifen. Ein Austausch der Merkmale, wie er unter dem TKG 1996 möglich gewesen ist, scheidet aus. Dieser Ansatz führt dazu, dass derselbe Betroffene in den Vorzug der Ausnahmen eines Diensteanbieters für geschlossene Benutzergruppe kommen kann (z. B. § 101 Abs. 1 S. 4 TKG), er aber gleichwohl den Pflichten eines Erbringers von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit (z. B. § 110 Abs. 1 S. 2 TKG) unterliegt. Widerspruchsfrei ist das nur möglich, wenn davon ausgegangen wird, dass im TKG 2004 die Merkmale geschlossene Benutzergruppe und für die Öffentlichkeit nicht (mehr) ein sich gegenseitig definierendes Gegensatzpaar – „zwei Seiten derselben Münze“ – sind, sondern jeweils eigenständig definiert werden. Die Verwendung der Begriffe im TKG 2004 steht einem solchen Verständnis gerade nicht (mehr) entgegen (siehe Rz. 16)1. 2.3 Abgrenzung gegenüber Telemediendiensten Für den Anwendungsbereich der Bestimmungen über die öffentliche Sicherheit – und nicht nur für den Datenschutz – ist die Abgrenzung zu den Telebzw. Mediendiensten erforderlich.
29
2.3.1 Abgrenzung im Rahmen der Regelung über die öffentliche Sicherheit im TKG Die Abgrenzung zu den Telemediendiensten hat anhand einer funktionalen Betrachtung zu erfolgen2. Es kann daher auf die Darstellung im Rahmen der datenschutzrechtlichen Bestimmungen Bezug genommen werden. Dies gilt insbesondere für die Abgrenzung bei IP-Adressen, E-Mail-Diensten, des Voice over IP und der Location Based Services (hierzu siehe unten Teil L Rz. 119 ff.).
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Soweit ein Dienst danach nicht als Telekommunikation einzuordnen ist, ist der Anwendungsbereich der Bestimmungen über die öffentliche Sicherheit im TKG nicht eröffnet. Andererseits bedarf es im Fall der Einordnung als Telekommunikation gleichwohl noch der Prüfung der Festlegung des verpflichteten Personenkreises im Rahmen der jeweiligen Vorschrift über die öffentliche Sicherheit und den weiteren dort beschriebenen Merkmalen.
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_______________
1 Fraglich bleibt aber, ob der Gesetzgeber diese Unterscheidung im Zuge der Novellierung des TKG auch bezweckt hat. 2 So auch König/Koch/Braun, K&R 2002, 289 (291).
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B Rz. 32
Öffentliche Sicherheit
2.3.2 Abgrenzung im Rahmen der Befugnisnormen zur Überwachung der Telekommunikation 32
Auch für die Befugnisnormen zur Überwachung der Telekommunikation ist die Abgrenzung relevant, soweit es darum geht, wer die Überwachung zu ermöglichen hat. Denn die §§ 100a, 100b Strafprozessordnung (StPO), §§ 23a bis 23f, 45, 46 Zollfahndungsdienstgesetz (ZFdG)1 und Art. 3, 5, 8 Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (G 10-Gesetz) knüpfen diese Pflicht an das geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten an2.
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Für Auskunft nach §§ 100g, 100h StPO ist diese Abgrenzung zwischen Telekommunikation und Tele- bzw. Mediendienst wiederum relevant. Während §§ 100g, 100h StPO nur „Telekommunikationsverbindungsdaten“3 in Bezug nimmt, nehmen § 8 Abs. 8 BVerfSchG, § 8 Abs. 3a BND-G und § 10 Abs. 3 MAD-G nehmen sowohl „Telekommunikationsverbindungsdaten“ als auch „Teledienstenutzungsdaten“ als Gegenstand der Auskunft in Bezug und verpflichten nicht nur diejenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste, sondern auch diejenigen, die Teledienste erbringen, zur Erteilung der Auskunft.
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Es lässt sich argumentieren, dass auf der Grundlage der §§ 100g, 100h StPO keine Auskunft über Teledienstenutzungsdaten oder vom Anbieter von Telediensten verlangt werden, weil der Gesetzgeber mit der zeitgleichen, aber unterschiedlichen Schaffung der Bestimmungen dies so zum Ausdruck gebracht hat4. Gleichwohl ist nicht zu verkennen, dass die Auslegung und Anwendung dieser Bestimmungen aus dem Kontext und der Interessenslage der Gesetze erfolgt, in denen die Befugnisnormen verankert sind (siehe unten Rz. 100 ff.). Die Ausgrenzung der Teledienstenutzungsdaten aus §§ 100g, 100h StPO ist daher nur eingeschränkt praxisrelevant.
3. Notruf (§ 108 TKG) 35
Ihren rudimentären Ursprung hat die Regelung über Notrufe in § 13 Abs. 1 TKG 1996. In § 108 Abs. 1 S. 1 TKG wird zunächst die bereits unter dem TKG 1996 bestehende Verpflichtung zur Gewährleistung einer Notrufmöglichkeit aufgegriffen. Die Verpflichtungen für die Betreiber von Telekommunikationsnetzen in § 108 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 und 3 TKG sind hingegen neu. _______________
1 Zuvor geregelt in §§ 39–43 Außenwirtschaftsgesetz (AWG). 2 Bezüglich des Objekts der Überwachung spielt die Abgrenzung hingegen in Praxis keine Rolle, da mit der Aufzeichnung und Überwachung der Telekommunikation auch die Kenntnisnahme der Inhalte gestattet ist und somit auch aller auf die Telekommunikation als Transportebene aufbauenden Ebenen. 3 Legaldefiniert in § 100g Abs. 3 StPO. 4 Hierzu Eckhardt, DuD 2002, 197 ff.
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Notruf (§ 108 TKG)
Rz. 37 B
Verstöße gegen bestimmte Verpflichtungen sind nach § 149 Abs. 1 Nr. 19 und Nr. 20, Abs. 2 TKG bußgeldbewehrt. 3.1 Verpflichteter Personenkreis 3.1.1 Notrufmöglichkeit (§ 108 Abs. 1 S. 1 TKG) Nach § 108 Abs. 1 S. 1 TKG ist verpflichtet, wer öffentlich zugängliche Telefondienste erbringt. Ein öffentlich zugänglicher Telefondienst ist ein der Öffentlichkeit zur Verfügung stehender Dienst für das Führen von Inlands- und Auslandsgesprächen einschließlich der Möglichkeit, Notrufe abzusetzen. Der öffentlich zugängliche Telefondienst schließt auch folgende Dienste ein: Unterstützung durch Vermittlungspersonal, Auskunftsdienste, Teilnehmerverzeichnisse, Bereitstellung öffentlicher Münz- und Kartentelefone, Erbringung des Dienstes nach besonderen Bedingungen sowie Bereitstellung geografisch nicht gebundener Dienste (§ 3 Nr. 17 TKG).
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Unter Erbringen ist bereits das Angebot der Leistung und nicht erst die (erstmalige) tatsächliche Ausführung der Leistung zu verstehen1. Hierfür spricht bereits die Definition der Wendung „geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten“ (§ 3 Nr. 10 TKG), die auf das Angebot und nicht das erstmaligen tatsächliche Erbringen abstellt2. Bei einem anderen Verständnis würde auch die sich aus der Bestimmung ergebende Verpflichtung tatsächlich erst zu spät, nämlich mit der tatsächlich ersten Übertragung von Signalen, zum Tragen kommen3. Ob diese Verpflichtung bei der Internet-Telefonie bzw. Voice over IP (VoIP)4 gegeben ist, wird kontrovers diskutiert. Mit Rücksicht auf den Sinn _______________
1 Vgl. auch Beck TKG-Komm/Schuster, § 4 TKG 1996 Rz. 5; Beck TKG-Komm/ Bock, § 108 TKG Rz. 3. 2 Dies gilt trotz der im Übrigen bestehenden Unterschiede zwischen den Begriffen des Teil 7 (zu den Unterschieden siehe Rz. 10 ff.). 3 Besonders deutlich wird dies bei den §§ 112 und 114 TKG, die ebenfalls an das Erbringen von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit anknüpfen. 4 VoIP ist dadurch gekennzeichnet, dass nicht die Sprache als solche, sondern Sprachsignale zu Paketen komprimiert über das Internet mittels des Internet Protokolls (IP) versandt werden und diese beim Empfänger entweder wieder entpackt oder über ein sog. Gateway in das herkömmliche Telefonnetz eingespeist werden. Gateways dienen im Allgemeinen dazu, die Kommunikation verschiedener nicht kompatibler Netze zu übersetzen, sodass sich unterschiedliche Hard- und Software „verständigen“ kann. VoIP gibt es derzeit in drei Varianten (Katko, CR 2005, 189 [189 f.]): – IP zu IP: Die Telephonie erfolgt zwischen zwei mit dem Internet verbundenen PCs über synchrone Standards. – Festnetz zu Festnetz: Die Gespräche werden von dem Anbieter über ein IPNetzwerk geroutet, wobei dem Nutzer dies nicht erkennbar sein muss, weil er das Telefonat mittels herkömmlicher Telefone bzw. Anschlüsse führt. Das IPNetzwerk befindet sich dabei zwischen zwei Festnetzen.
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B Rz. 38
Öffentliche Sicherheit
und Zweck des § 108 TKG wird entgegen dem Wortlaut des § 3 Nr. 17 TKG eine weite Auslegung vorgeschlagen, die jedenfalls die VoIP-Kommunikation erfasst, welche die „klassische“ Telephonie substituiert1. Mit dem Verzicht auf das Merkmal der Echtzeit-Kommunikation in § 3 Nr. 17 TKG gegenüber dem TKG 1996 ist dies jedenfalls kein Ausschlusskriterium. Die Definition in § 3 Nr. 17 TKG setzt aber auch voraus, dass Verbindungen in das bzw. aus dem öffentlichen Telefonnetz (PSTN) möglich sind2. Aufgrund der Begriffsbestimmung, welche die Möglichkeit zum Absetzen von Notrufen voraussetzt, wird diskutiert, ob das Anbieten von Notrufen als Bedingung für die Annahme eines Telefondienstes gesehen werden müsse bzw. könne3. Damit würde aber die Rechtsfolge des § 108 TKG zum Tatbestandsmerkmal gemacht und die Zielsetzung des § 108 Abs. 1 TKG, nämlich die Verpflichtung zur Bereitstellung von Notrufmöglichkeiten, konterkariert. Die Bestimmung liefe leer4. Dagegen spricht des Weiteren, dass die Wendung öffentlich zugänglicher Telefondienst ausschließlich in § 108 Abs. 1 TKG verwandt wird. Im praktischen Ergebnis könnten sich anderenfalls Anbieter durch den Verzicht auf Notrufmöglichkeiten außerhalb der Pflichten nach § 108 TKG halten5. Von einigen Anbietern wird die Pflicht nach § 108 Abs. 2 S. 1 TKG auch bereits erfüllt6. 3.1.2 Bereitstellung von Informationen über den Notrufer (§ 108 Abs. 1 S. 2 TKG) 38
Betreiber (zum Begriff siehe Rz. 62 ff.) von Telekommunikationsnetzen, die für öffentlich zugängliche Telefondienste genutzt werden7, treffen nach § 108 Abs. 1 S. 2 TKG weitergehende Verpflichtungen. Der Begriff Telekommunikationsnetz ist in § 3 Nr. 27 TKG definiert. Die Definition ent-
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– IP zu Festnetz und Festnetz zu IP: Ein Internet-Telephon wird – erforderlichenfalls über einen PC – an einen Internetbreitbandzugang angeschlossen und mit einer Rufnummer versehen. Die Gespräche werden über Datenpakete vermittelt. Über sog. Gateways erfolgt eine Überleitung in das herkömmliche Telefonnetz an Knotenpunkten. Meinberg/Grabe, K&R 2004, 409 (414). Dies trifft auf die Variante „IP zu Festnetz und Festnetz zu IP“ des VoIP aber nicht auf „IP zu IP“ oder „Festnetz zu Festnetz“ zu (vgl. Katko, CR 2005, 189 [192]; Holznagel/Bonnekoh, MMR 2005, 585, [589]). Zur Vorwahl-Problematik und der Zuteilung des Rufnummerkorridors „032“ siehe Katko, CR 2005, 189 (190 f.); Holznagel/Bonnekoh, MMR 2005, 585 (588 f.). Berl. Komm/Säcker, § 3 TKG Rz. 29; vgl. Mainberg/Grabe, K&R 2004, 409 (414). Im Ergebnis ebenso Berl. Komm/Säcker, § 3 TKG Rz. 29; Mainberg/Grabe, K&R 2004, 409 (414). So auch Katko, CR 2005, 189 (192); Holznagel/Bonnekoh, MMR 2005, 585 (589). Kurth, MMR Beilage 3/2005, 3 (5). Zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs gegenüber den Telemediendiensten siehe Rz. 30 und Teil L Rz. 119 ff. (Abgrenzung zu Telediensten).
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Notruf (§ 108 TKG)
Rz. 42 B
spricht Art. 2 lit. A) der Rahmenrichtlinie1. Es werden sowohl leitungs- als auch paketvermittelte Netze erfasst. Auch das Internet soll ein Netz im Sinne der Definition sein2. Durch das Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften (TKGÄndG) ist der Kreis der nach § 108 Abs. 1 S. 2 TKG Verpflichteten auf diejenigen erweitert werden, die öffentlich zugängliche Telefondienste erbringen (siehe Rz. 36) oder den Zugang zu solchen Diensten ermöglichen. Sie haben die nach § 108 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Nr. 2 TKG bestehenden Pflichten sicherzustellen oder im notwendigen Umfang an der Sicherstellung mitzuwirken. Dementsprechend wurde in § 108 Abs. 2 TKG auch die Bezugnahme auf die „Netzbetreiber“ gestrichen.
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Diese Änderung ist motiviert durch die Diskussion um die Notrufmöglichkeiten bei VoIP-Diensten, aber nicht auf diese beschränkt. Insbesondere soll mit dieser Änderung keine Grundsatzentscheidung dahingehend verbunden sein, dass Telefondienstangebote über das Internet als öffentlich zugänglicher Telefondienst gelten3. Gerade bei VoIP-Diensten hat der bis dahin nicht verpflichtete Anbieter des öffentlich zugänglichen Dienstes die Kenntnis über die Identität der Teilnehmer, nicht aber der Netzbetreiber4. Entscheidend ist die Erweiterung des Adressatenkreises für die Möglichkeit, in der Rechtsverordnung nach § 108 Abs. 2 TKG entsprechende Regelungen vorzusehen.
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Wer Teilnehmern technisch neue öffentlich zugängliche Telefondienste anbietet oder den Zugang zu solchen verschafft, muss die Verpflichtung nach § 108 Abs. 1 TKG erst ab dem 1.1.2009 erfüllen (§ 150 Abs. 9a TKG). 3.2 Inhalt der Verpflichtung Unmittelbar aus dem TKG ergeben sich nur die grundlegenden Verpflichtungen zur Bereitstellung von Notrufmöglichkeiten. Durch eine Rechtsverordnung und eine Technische Richtlinie sollen diese konkretisiert werden.
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§ 108 Abs. 1 S. 1 TKG statuiert zunächst grundlegend die Kostenfreiheit. Eine Abrechnung der Notrufe darf also nicht erfolgen. Damit sind diese Daten auch nicht abrechnungsrelevante Verkehrsdaten, sodass sie unverzüglich nach Beendigung der Verbindung zu löschen sind (§§ 96 Abs. 2 S. 2, 97 Abs. 3 S. 2 TKG). Sie dürfen damit auch nicht in Einzelverbindungsnachweisen aufgeführt werden (§ 99 TKG). Das kann zu Problemen führen, wenn nachgewiesen werden soll, dass ein Notruf abgesetzt wurde.
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1 Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über den gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie), ABl. EU Nr. L 108 v. 24.4.2002, 33. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 58. 3 Beck TKG-Komm/Bock, § 108 TKG Rz. 27. 4 Beck TKG-Komm/Bock, § 108 TKG Rz. 8.
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B Rz. 43 43
Öffentliche Sicherheit
Die darüber hinausgehende Verpflichtung in § 108 Abs. 1 S. 2 TKG erfolgte in Umsetzung des Art. 26 Abs. 3 der Universaldiensterichtlinie1 (URL)2 und verfolgt zwei Zielsetzungen: Zum einen geht es um die Bekämpfung des Missbrauchs von Notrufnummern. Die Regelung in § 108 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TKG trägt dabei dem Umstand Rechnung, dass nicht stets eine Rufnummer (§ 3 Nr. 18 TKG) mitgeteilt werden kann, weshalb in einem solchen Fall andere Daten, die der Identifizierung des Missbrauchenden dienen können3, mitzuteilen sind. Eine Festlegung der mitzuteilenden Daten soll in der nach § 108 Abs. 2 TKG zu erlassenden Rechtsverordnung festgelegt werden. Zum anderen soll aufgrund der Übermittlung der weiteren Informationen die Feststellung des Standorts eines Notrufers, der nicht mehr in der Lage ist, diesen selbst mitzuteilen, ermöglicht werden (§ 10b Abs. 1 S. 2 Nr. 2 TKG). Durch die Wendung „Daten, die zur Ermittlung des Standorts erforderlich sind“ wird deutlich, dass auch andere als die Verkehrs- (§ 3 Nr. 30 TKG) oder Standortdaten (§ 3 Nr. 19 TKG) erfasst sind. Der Verpflichtete ist aber nicht zusätzlich verpflichtet, den Standort zu ermitteln und diesen dann mitzuteilen. Die Informationen nach § 108 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 TKG sind unverzüglich an die örtlich zuständige Notrufabfragestelle zu übermitteln. Die örtlich zuständige Notrufabfragestelle bestimmt sich nach Landesrecht4.
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Die Umsetzung dieser Vorgaben bereitet beim VoIP Schwierigkeiten. Es besteht nämlich keine feste Bindung an einen bestimmten Anschluss oder einen bestimmten Standort und IP-Adressen werden im Regelfall dynamisch genutzt. Insoweit wird von „VoIP-Nomaden“ oder „nomadischer Nutzung“ gesprochen. Aber auch bei einer statischen IP-Adresse ist eine Zuordnung zur örtlich zuständen Notrufzentrale nur schwer eindeutig möglich. Die Bundesnetzagentur (§ 116 TKG) hat hierzu einen pragmatischen Standpunkt angedeutet, wonach mit Rücksicht auf das Interesse an einer
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1 Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldiensterichtlinie), ABl. EU Nr. L 108 v. 24.4.2002, 51. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 91. 3 In BT-Drucks. 15/2316, S. 91, wird als Beispiel die Übermittlung der International Mobile Equipment Identity (IMEI) genannt, falls ein Mobiltelefon ohne Subscriber Identity Module (SIM)-Karte genutzt wird. Eine Missbrauchsbekämpfung hängt hier allerdings davon ab, dass eine IMEI einer konkreten Person zugeordnet werden kann. Das dürfte gerade dann nicht häufig der Fall sein, wenn eine SIM-Karte nicht genutzt wird. Dies dürfte sich allerdings durch die geplante Aufnahme der IMEI als nach § 111 TKG zu erhebendes Bestandsdatum sukzessive ändern. 4 BT-Drucks. 15/2316, S. 91 (Begründung zum TKG-E).
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Rz. 47 B
Technische Schutzmaßnahmen (§ 109 TKG)
Entfaltung von VoIP-Angeboten eine Umsetzung der Verpflichtung nach § 108 TKG in der Zukunft einstweilen genügen soll1. 3.3 Konkretisierung der Verpflichtung (§ 108 Abs. 2 und 3 TKG) Die Grundlage zur Konkretisierung der Verpflichtungen aus § 108 Abs. 1 TKG im Wege der Rechtsverordnung wird durch § 108 Abs. 2 TKG geschaffen2. Insbesondere soll auch die Festlegung nationaler Notrufnummern neben der europaeinheitlichen 112 sowie die Bestimmung der zur Missbrauchsbekämpfung mitzuteilenden Daten in dieser Rechtsverordnung erfolgen.
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Darüber hinaus sollen in dieser Rechtsverordnung die Aufgaben der Bundesnetzagentur (§ 116 TKG) im Rahmen der durch diese Rechtsverordnung zu konkretisierenden Aufgaben bestimmt werden3. Die technischen Einzelheiten sollen nach § 108 Abs. 3 TKG durch die Bundesnetzagentur in einer Technischen Richtlinie definiert werden. Mit der Ausgestaltung durch eine Technische Richtlinie wird der Schnelligkeit der technischen Veränderungen und des hohen technischen Detaillierungsgrades Rechnung getragen. Internationale Standards sind bei der Ausgestaltung zu berücksichtigen. Mit dem expliziten Erfordernis, Abweichungen von diesen Standards zu begründen, soll nationalen Sonderlösungen und damit unwirtschaftlichen Lösungen entgegen gewirkt werden. Die erstmalige Umsetzung der Vorgaben hat binnen eines Jahres zu erfolgen, wobei in der Technischen Richtlinie für einzelne Verpflichtungen längere Zeiträume vorgesehen werden können.
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4. Technische Schutzmaßnahmen (§ 109 TKG) Das TKG enthält in § 109 TKG die Verpflichtung zu technischen Schutzmaßnahmen, um den Gefährdungslagen, die mit der Nutzung von Telekommunikationseinrichtungen einhergehen, zu begegnen. Ausgehend von unterschiedlichen Schutzgütern und Beherrschbarkeiten der Gefährdung ist die Verpflichtung in § 109 TKG in zwei Kategorien aufgeteilt: _______________
1 Katko, CR 2005, 189 (192); zu Lösungsansätzen und deren Probleme: Holznagel/ Bonnekoh, MMR 2005, 585 (590). Entscheidend zum Tragen kommt diese Problematik bei den sog. Röchelanrufen, bei denen der Anrufer selbst seinen Standort nicht mehr mitteilen kann. 2 Der Entwurf einer solchen Verordnung liegt mit Stand 1.10.2004 vor. 3 Als Regelungsgegenstand der Rechtsverordnung ist gemäß § 108 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 TKG die Festlegung der Aufgaben der Bundesnetzagentur im Rahmen der in § 108 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 5 TKG genannten Aufgaben vorgesehen. Der Entwurf einer Rechtsverordnung wurde nach Auskunft des BMWA am 5.9.2005 wegen der möglichen Änderung des § 108 TKG durch das TKGÄndG einstweilen nicht zurückgestellt.
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B Rz. 48 48
Öffentliche Sicherheit
Zunächst ist grundlegend der technische Schutz des Fernmeldegeheimnisses und von Daten sicherzustellen (§ 109 Abs. 1 TKG). Darüber hinaus soll ergänzend ein technischer Schutz der Infrastruktur, also der Telekommunikationsnetze vor Beeinträchtigungen, Angriffen und Einwirkungen von Katastrophen, geschaffen werden (§ 109 Abs. 2 und 3 TKG). Die grundlegende Verpflichtung nach § 109 Abs. 1 TKG trifft dementsprechend einen weiten Kreis Verpflichteter, wohingegen die ergänzende Verpflichtung nach § 109 Abs. 2 und 3 TKG mit Rücksicht auf die Beherrschbarkeit der Gefährdungslagen einen spezielleren Kreis von Verpflichteten trifft. Verstöße gegen §§ 109 Abs. 3 S. 2 und S. 4 TKG sind nach § 149 Abs. 1 Nr. 21, Abs. 2 TKG bußgeldbewehrt. 4.1 Verpflichteter Personenkreis
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Die Verpflichtung traf gemäß § 87 TKG 1996 alle Betreiber von Telekommunikationsanlagen, die dem geschäftsmäßigen Erbringen von Telekommunikationsdiensten dienten. Der Anwendungsbereich sollte in § 109 TKG nach dem Willen des Gesetzgebers begrenzt werden, weil der weite Anwendungsbereich des § 87 TKG 1996 für eine übermäßige Belastung gehalten wurde1. 4.1.1 Grundlegende Verpflichtungen (§ 109 Abs. 1 TKG)
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Die grundlegenden Verpflichtungen nach § 109 Abs. 1 TKG treffen den Diensteanbieter2. Diensteanbieter ist nach § 3 Nr. 6 TKG jeder, der ganz oder teilweise geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt. Der Kern der Definition ist wiederum das geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten, das in § 3 Nr. 10 TKG definiert ist. Eine Begrenzung auf die Öffentlichkeit ist nicht vorgesehen. 4.1.1.1 Geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten
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Kernbestandteil der Definition von Diensteanbieter ist nach § 3 Nr. 6 TKG das geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten3. Unter _______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 91. 2 Der Begriff wurde im TKG 1996 nicht verwendet, sondern nur in der TDSV. Die Definition in § 3 Nr. 6 TKG entspricht der in § 2 TDSV. 3 Ebenso Beck TKG-Komm/Robert, § 3 TKG Rz. 18; nicht aber der Begriff Telekommunikationsdienst, der in § 3 Nr. 24 TKG definiert wird (hierzu auch Rz. 10 ff.). Für dieses Verständnis spricht, dass in den Bestimmungen über den Datenschutz (§§ 91 ff. TKG) die Begriffe Diensteanbieter und geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten synonym verwendet werden. Zur Definition des Anwendungsbereichs in § 91 TKG wird auf das geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten Bezug genommen, während in den §§ 92–107 TKG auf
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Technische Schutzmaßnahmen (§ 109 TKG)
Rz. 54 B
geschäftsmäßigem Erbringen von Telekommunikationsdiensten ist nach § 3 Nr. 10 TKG wiederum das nachhaltige Angebot von Telekommunikation für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht zu verstehen. Telekommunikation ist gemäß § 3 Nr. 22 TKG der technische Vorgang des Aussendens, Übermittelns und Empfangens von Signalen mittels Telekommunikationsanlagen1. Dieser technologienneutrale Ansatz führt zu einem weiten Anwendungsbereich2. Eine Begrenzung des verpflichteten Personenkreises ergibt sich durch das Merkmal für Dritte in der Definition des § 3 Nr. 10 TKG. Die Drittbezogenheit ist in jedem Fall dann gegeben, wenn das Angebot von Telekommunikation an eine andere – natürliche oder juristische – Person gerichtet ist. Dieses Merkmal und damit die Geschäftsmäßigkeit fehlen jedenfalls bei geschlossenen Systemen im privaten Bereich, bspw. bei privaten Endgeräten, privaten hausinternen Sprechanlagen und privaten Haustelefonanlagen3. Erfasst sind aber insbesondere sog. Corporate Networks, Nebenstellenanlagen in Hotels und Krankenhäusern, Clubtelefone und Nebenstellenanlagen in Betrieben und Behörden sowie Intranets, soweit sie den Gästen oder Patienten zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt sind.
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Wird das Angebot von Telekommunikation innerhalb eines Unternehmensverbunds oder Organisationsverbunds bestehend aus rechtlich selbständigen Einheiten, insbesondere juristischen Personen, durch eine für die anderen erbracht, dann ist das Merkmal der Drittbezogenheit erfüllt. Das Merkmal für Dritte ist also insbesondere auch dann erfüllt, wenn ein Intranet oder ein Corporate Network von einer Konzerntochter oder -schwester für das nutzende Unternehmen betrieben wird4.
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Innerhalb einer juristischen Person können Dritte nur solche Personen sein, die nicht als Teil der juristischen Person betroffen sind. Zum verpflichteten Personenkreis gehören die Unternehmen damit dann nicht, wenn sich das Angebot von Telekommunikation an die Beschäftigten nur zum Zweck der Erfüllung der geschäftlichen oder dienstlichen Aufgaben der juristischen
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den Diensteanbieter Bezug genommen wird. Dies übersieht Beck TKG-Komm/ Bock, § 88 TKG Rz. 22 mit der Bezugnahme auf den Begriff Telekommunikationsdienst zur Bestimmungen des Diensteanbieters. Telekommunikationsanlagen sind entsprechend der Definition in § 3 Nr. 23 TKG technische Einrichtungen oder Systeme, die als Nachrichten identifizierbare elektromagnetische oder optische Signale senden, übertragen, vermitteln, empfangen, steuern oder kontrollieren können. Zur gleichwohl erforderlichen Abgrenzung gegenüber den Telemediendiensten siehe Rz. 30 und Teil L Rz. 119 ff. Ohlenburg, MMR 2004, 431 (432); Geppert/Ruhle/Schuster, Handbuch Recht und Praxis der Telekommunikation, 2. Aufl. 2002, Rz. 739; Beck TKG-Komm/Bock, § 88 TKG Rz. 24. Beck TKG-Komm/Büchner, § 85 TKG 1996 Rz. 4.
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B Rz. 55
Öffentliche Sicherheit
Person richtet1. Der persönliche Anwendungsbereich der Verpflichtung ist jedoch eröffnet, wenn eine Nutzung zu privaten Zwecken gestattet ist2. Aus der Sicht der betroffenen Unternehmen ist zu beachten, dass allein das formale Verbot der privaten Nutzung nicht genügt, wenn dieses nicht auch tatsächlich um- und durchgesetzt wird3. 55
Das Merkmal für Dritte ist von dem Merkmal geschlossene Benutzergruppe zu unterscheiden. Bei der Frage des geschäftsmäßigen Erbringens von Telekommunikationsdiensten geht es nicht um das Kriterium für die Öffentlichkeit oder geschlossene Benutzergruppe. Auch die Mitglieder einer geschlossenen Benutzergruppe können Dritte in diesem Sinne sein, wie § 91 Abs. 2 TKG zeigt4. Denn dieser Sonderregelung für geschlossene Benutzergruppen im Datenschutzrecht bedürfte es nicht, wenn beim Vorliegen einer geschlossenen Benutzergruppen der Anwendungsbereich der Datenschutzbestimmungen nach § 91 Abs. 1 TKG nicht eröffnet wäre, der gerade auf das geschäftsmäßigen Erbringer von Telekommunikationsdiensten abstellt.
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Das Erfordernis der Nachhaltigkeit setzt voraus, dass das Angebot auf Dauer angelegt ist und nicht für den Einzelfall begrenzt ist5. Eine Gewinnerzielungsabsicht oder Gewerbsmäßigkeit ist aber nicht erforderlich. Nicht gegeben ist dies bei einem nur gelegentlichen Angebot von Telekommunikation. In der Praxis ist die Grenzziehung schwer6. Die Nachhaltigkeit ist nicht allein aus der Sicht des einzelnen Nutzers zu beurteilen. Vielmehr kann sich eine Nachhaltigkeit auch aus der Menge der potenziellen Nutzer ergeben. Bei einem Unternehmen beispielsweise, das seinen Besuchern die
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1 Vgl. Ohlenburg, MMR 2004, 431 (432); Lünenberger in: Scheuerle/Mayen, Kommentar zum TKG, 2002, § 3 TKG 1996 Rz. 18; Beck TKG-Komm/Büchner, § 85 TKG 1996 Rz. 4; Meister/Schmitz in: Wissmann, Telekommunikationsrecht, 2003, Kap. 15 Rz. 8; Gola, MMR 1999, 322 (323), der zutreffend darauf hinweist, dass sich an dieser Wertung auch dadurch nichts ändert, dass den Mitarbeiter ein eingehendes Privatgespräch erreichen kann. Die a. A. von Kieper, DuD 1998, 583 (585 f.), der Beschäftigte auch im Falle von Dienstgesprächen als „Dritte“ ansieht, hat sich nicht durchgesetzt. 2 Köngishofen/Ulmer, Datenschutz-Handbuch Telekommunikation, 2006, § 91 TKG Rz. 4; Berl. Komm/Klesczewski, § 91, Rz. 29. 3 Ein Verbot der Nutzung der Telefonie zur privaten Mitteilung beruflicher Auswirkungen auf das Privatleben, wie beispielsweise beruflich bedingte Verspätungen, begegnet rechtlichen Bedenken (vgl. Hoffmann in: Kröger/Hoffmann, Rechts-Handbuch zum E-Government, 2006, S. 58/59). Allein eine solche Nutzung darf aber nicht zur einer Kategorisierung als private Nutzung und damit zur Annahme der Drittbezogenheit führen. Denn diese Nutzung muss als dienstlich veranlasst bewertet werden. 4 Ebenso Beck TKG-Komm/Robert, § 3 TKG Rz. 18. 5 Köngishofen/Ulmer, Datenschutz-Handbuch Telekommunikation, 2006, § 91 TKG Rz. 2: Lünenberger in: Scheuerle/Mayen, Kommentar zum TKG, 2002, § 3 TKG 1996 Rz. 18. 6 Vgl. zur Grenzziehung Gola/Jaspers, RDV 1998, 243 (248).
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Rz. 58 B
Technische Schutzmaßnahmen (§ 109 TKG)
Nutzung von Telekommunikation anbietet, kann sich die Nachhaltigkeit aus der Regelmäßigkeit der Anwesenheit von Besuchern ergeben1. 4.1.1.2 Ganzes und teilweises geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten Die Definition von Diensteanbieter stellt darauf ab, dass das in § 3 Nr. 10 TKG definierte geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten „ganz oder teilweise“ erfolgt. Damit stellt sich die Frage, ob und welche Auswirkungen dies auf den Anwendungsbereich hat. In Bezug auf das Merkmal für Dritte in der Definition von Diensteanbieter wird ohnehin ein entweder-oder-Prinzip gelten, weshalb sich aus der Wendung „ganz oder teilweise“ kaum ein Unterschied ergeben kann. Auf das Merkmal der Nachhaltigkeit könnte diese Wendung allerdings die Auswirkung haben, dass damit das gelegentliche Angebot genügt und sich die schwierige Abgrenzung erübrigt.
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Dass aber eine Veränderung überhaupt gesetzgeberisch durch diese Wendung gewollt ist, ist zu bezweifeln. Denn in die Betrachtung muss einbezogen werden, dass in Abschnitt 2 des Teils 7 des TKG die Begriffe Diensteanbieter und geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten unterschiedslos verwendet werden (hierzu unten Teil L Rz. 154). Es liegt auch nahe, dass der Begriff einschließlich seiner Definition ohne Reflektion möglicher Auswirkungen schlicht im Zuge der Integration der Datenschutzregelungen aus der TDSV in das TKG übernommen wurde, denn bisher wurde der Begriff nur in der TDSV verwendet und die Definition in § 3 Nr. 6 TKG entspricht der in § 2 TDSV. 4.1.1.3 Mitwirkende Der Kreis der Verpflichteten ist in § 109 Abs. 1 TKG gegenüber dem § 87 TKG 1996 erweitert. Mit dem Begriff Diensteanbieter sind auch Mitwirkende (siehe hierzu Teil L Rz. 51 ff.), bspw. Mitarbeitern und Erfüllungsgehilfen, nach § 109 Abs. 1 TKG zur Datenerhebung verpflichtet. Diese Erstreckung erscheint – anders als bei den Regelungen über das Fernmeldegeheimnis und den Datenschutz (hierzu siehe unter Teil L Rz. 51 ff.) – nicht erforderlich und nicht geboten. Jeder Mitwirkende kann zwar das Fernmeldegeheimnis und den Datenschutz eigenständig unabhängig vom Willen des Primärverpflichteten verletzen. Die Verpflichtung zu Schutzmaßnahmen kann der Mitwirkende aber nicht eigenständig und unabhängig von dem Primärverpflichteten erfüllen. Im Übrigen sind die als Mitwirkende Verpflichteten dem Primärverpflichteten gegenüber aufgrund der vertraglichen Binnenbeziehung ohnehin – soweit erforderlich – zur Mitwirkung _______________
1 Wuermeling in der Vorauflage Teil 9 Rz. 21.
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B Rz. 59
Öffentliche Sicherheit
verpflichtet, weshalb auch insofern eine gesetzliche Verpflichtung nicht erforderlich ist. Sinn macht die Erstreckung hingegen nur insoweit, dass als Mitwirkende auch beispielsweise Wiederverkäufer erfasst werden, die für ihre Kundenverwaltung und ihr Rechnungswesen Daten erheben und verwenden1. 59
Die Schutzgüter sind durch Einbeziehung der Mitwirkenden in §§ 88 ff., 91 ff. TKG diesen gegenüber im Übrigen auch hinreichend geschützt. 4.1.2 Ergänzende Verpflichtungen (§ 109 Abs. 2 und 3 TKG)
60
Die ergänzenden Verpflichtungen aus § 109 Abs. 2 und 3 TKG treffen den Betreiber von Telekommunikationsanlagen, die dem Erbringen von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit dienen2. 4.1.2.1 Betrieb einer Telekommunikationsanlage
61
Telekommunikationsanlagen sind gemäß der Definition in § 3 Nr. 23 TKG technische Einrichtungen oder Systeme, die als Nachrichten identifizierbare elektromagnetische oder optische Signale senden, übertragen, vermitteln, empfangen, steuern oder kontrollieren können.
62
Der Begriff Betreiben bzw. Betreiber ist in § 3 TKG nicht definiert. Gleichwohl kann gerade im vorliegenden Kontext auf das Verständnis unter dem TKG 1996 rekurriert werden3. Es ist derjenige erfasst, der die rechtliche und tatsächliche Kontrolle (Funktionsherrschaft) über die Gesamtheit der technischen Einrichtungen und Systeme ausübt, die unabdingbar erforderlich sind, um als Nachrichten identifizierbare elektromagnetische oder optische Signale senden, übertragen, vermitteln, empfangen, steuern oder kontrollieren zu können. Dies ist dann gegeben, wenn der Betreiber die Möglichkeit hat, in eigener Verantwortung darüber zu entscheiden, ob die technischen Einrichtungen und Systeme in Betrieb gehen, bleiben oder außer Betrieb gesetzt werden. Eigentum an diesen ist dafür nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass kumulativ die tatsächliche und die rechtliche Kontrolle gegeben sind4. Das Betreiben ist auch erst dann anzunehmen, wenn die Telekommunikationsanlage betriebsfähig ist und tatsächlich betrieben wird. _______________
1 Berl. Komm/Klesczewski, § 109 TKG Rz. 6. 2 Zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs gegenüber den Telemediendiensten siehe unter Rz. 30 und Teil L Rz. 119 ff. 3 Im Ergebnis ebenso: Berl. Komm/Nolte, § 16 TKG Rz. 11; Meinberg/Grabe, K&R 2004, 409 (415). Der Begriff wurde im Rahmen des 11. Teils des TKG 1996 in Anlehnung an § 3 Nr. 1 und 2 TKG 1996 ausgelegt (Beck TKG-Komm/Ehmer, § 88 TKG 1996 Rz. 39). 4 Beck TKG-Komm/Schütz, § 3 TKG 1996 Rz. 4 f.; Lünenberger in: Scheuerle/Mayen, Kommentar zum TKG, 2002, § 3 TKG 1996 Rz. 8; Geppert/Ruhle/Schuster, Handbuch Recht und Praxis der Telekommunikation, 2. Auflage 2002, Rz. 263 f.
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Technische Schutzmaßnahmen (§ 109 TKG)
Rz. 65 B
In mehrstufigen Leistungsbeziehungen zwischen dem Eigentümer und dem Nutzer kann es zu Abgrenzungsproblemen kommen. Behält sich der vermietende Eigentümer eine sowohl rechtliche als auch tatsächliche Kontrolle über die Funktionen vor, hat er die Funktionsherrschaft. Sichert er sich diese Kontrollmöglichkeiten hingegen nicht, hat lediglich der Mieter die Funktionsherrschaft1. Diese Frage ist durch eine eindeutige Zuordnung der Funktionsherrschaft bei der Vertragsgestaltung zu klären. Im Rahmen der Einordnung der Internet-Telefonie bzw. Voice over IP (VoIP)2 ist das Merkmal der Funktionsherrschaft problematisch und umstritten. Sie wird mit der Begründung verneint, dass der Anbieter aufgrund der grenzüberschreitenden, dezentralen Natur des Internets nicht die tatsächliche Kontrolle über die notwendigen Netzfunktionen ausübt3. Es obliege bspw. nicht seiner Entscheidung, über welche Wege die durch das Internet gesendeten Datenpakete „geroutet“ werde4. Aus diesem Grund sind „IP zu IP“-Angebote nicht erfasst5. „IP zu Festnetz und Festnetz zu IP“Angebote sind hingegen erfasst6. Diese Frage darf aber nicht mit Konstellationen vermischt werden, in denen in einem Netz, für das grundsätzlich die Funktionsherrschaft besteht, zur Übertragung lediglich IP-Protokolle verwendet werden und nicht fremde Teile „öffentlichen“ Internets genutzt werden.
63
Die grundlegenden Verpflichtungen nach § 109 Abs. 1 TKG sind dennoch stets zu beachten, da in allen Fällen ein geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten gegeben sein kann.
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4.1.2.2 Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit Was Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit sind, ist in § 3 TKG nicht als eigenständige Wendung definiert. Telekommunikationsdienste _______________
1 Beck TKG-Komm/Schütz, § 6 TKG 1996 Rz. 35. 2 Siehe Rz. 37, Fn. 4. 3 Vgl. Mertens, MMR 2000, 77 (79); Meinberg/Grabe, K&R 2004, 409 (415); a. A. Katko, CR 2005, 189 (192), der sich mit dem „Betreiben“ jedoch nicht auseinandersetzt. 4 Lünenberger in: Scheuerle/Mayen, Kommentar zum TKG, 2002, § 3 TKG 1996 Rz. 8; Mertens, MMR 2000, 70 (79). Diese Ansicht muss sich jedoch entgegenhalten lassen, dass dem Anbieter der Internet-Telefonie mit dem Betrieb des erforderlichen zentralen Vermittlungsrechners zumindest die Kontrolle über das „Ob“ und das „Ein“/„Aus“ der Telekommunikation hat. Zu bedenken ist auch, dass in den leitungsvermittelten Netzen (sog. PSTN) bei der der Übergabe zur Terminierung an einen anderen Netzbetreiber der Ursprungsnetzbetreiber den weiteren Weg nicht bestimmen kann. Dennoch wird seine Funktionsherrschaft nicht angezweifelt, weil er beim „Durchschalten“ der Verbindung nach wie vor über das „Ob“ der Kommunikation entscheiden kann. 5 Holznagel/Bonnekoh, MMR 2005, 585 (590) (siehe Rz. 37 Fn. 4). 6 Holznagel/Bonnekoh, MMR 2005, 585 (590) (siehe Rz. 37 Fn. 4).
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B Rz. 66
Öffentliche Sicherheit
sind in § 3 Nr. 24 TKG definiert als in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen. Ein gewerbsmäßiges Handeln ist nicht Voraussetzung wie ein Umkehrschluss aus § 6 Abs. 1 S. 1 TKG zeigt1. 66
Für das Merkmal für die Öffentlichkeit wird auf die Ausführungen unter Rz. 15 ff. und 26 ff. verwiesen.
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Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte das Merkmal für die Öffentlichkeit den Anwendungsbereich gegenüber § 87 TKG 1996 begrenzen, um die unter dem TKG 1996 zu technischen Schutzmaßnahmen verpflichteten „Betreiber nichtöffentlicher Telekommunikationsanlagen (insbesondere Corporate Networks)“ aus der Verpflichtung zu entlassen2. 4.2 Inhalt der Verpflichtung
68
Inhaltlich geht die Verpflichtung über den reinen Schutz des Fernmeldegeheimnisses und den Datenschutz hinaus. Es soll auch ein Schutz vor Beeinträchtigungen von Telekommunikationsnetzen und vor äußeren Angriffen und Einwirkungen von Katastrophen erreicht werden. 4.2.1 Grundlegende Verpflichtungen (§ 109 Abs. 1 TKG)
69
Als grundlegende Verpflichtung fordert § 109 Abs. 1 TKG angemessene Maßnahmen, insbesondere technische Vorkehrungen, zum Schutz –
–
des Fernmeldgeheimnisses und personenbezogener Daten (§ 109 Abs. 1 Nr. 1) und gegen den unerlaubten Zugriff auf Telekommunikations- und Datenverarbeitungssysteme (§ 109 Abs. 1 Nr. 2) zu treffen.
Technische Vorkehrungen sind Maßnahmen, die sich auf die Funktionsweise der Anlagen beziehen, während zu den sonstigen Maßnahmen insbesondere Organisations- und Kontrollvorkehrungen und auch vertragliche Absicherungen gegenüber Vertragspartnern gehören3. Neben äußeren Angriffen muss der Schutz auch interne Einflussnahmen von z. B. Mitarbeitern und Subunternehmern erfassen4. _______________
1 Der Anwendungsbereich wird § 6 Abs. 1 S. 1 TKG mit „… oder gewerblich Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringt, …“ umschrieben. 2 BT-Drucks. 15/2315, S. 92. 3 Berl. Komm/Klesczewski, § 109 TKG Rz. 10. 4 Berl. Komm/Klesczewski, § 109 TKG Rz. 8; Beck TKG-Komm/Bock, § 109 TKG Rz. 19.
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Technische Schutzmaßnahmen (§ 109 TKG)
Rz. 71 B
Es erfolgt aber keine gesetzliche Festlegung der Maßnahmen. Eine zwingende Ausrichtung am Stand der technischen Entwicklung ist gesetzlich nicht vorgegeben. Aus dem Gesetz, insbesondere durch die Beschränkung auf angemessene Maßnahmen, ergibt sich aber, dass die gewählten Maßnahmen tatsächlich geeignet sein müssen, die Rechtsgüter und die Einrichtungen zu schützen. Damit ist nicht nur die Gewährleistung, sondern auch die Festlegung, dass die Schutzmaßnahmen geeignet sind, der Verantwortung des Verpflichteten überlassen. Ausgangspunkt dieser Beurteilung wie auch der späteren Angemessenheitsabwägung ist die Feststellung der Gefährdungslagen.
70
Von § 109 Abs. 1 TKG wird kein formales Sicherheitskonzept vorausgesetzt. In der praktischen Umsetzung der Verpflichtungen muss ein solches gleichwohl erstellt werden. In der Planungsphase sollten zunächst der IstStand und die bestehenden Risiken erfasst und analysiert werden. Die Anlage zu § 9 BDSG kann zur Unterstützung dieser Festlegungen herangezogen werden. Eine ordentliche Dokumentation dieses Vorgangs ist allein schon deshalb geboten, um im Haftungsfall die Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt belegen zu können. Daneben kann in einem Schadensfall so auch die Ursache besser festgestellt und damit zukünftig vermeiden werden. Ein Beurteilungsmaßstab für die Angemessenheit der Maßnahmen lässt sich § 109 Abs. 2 S. 4 TKG entnehmen. Der Beurteilungsmaßstab ist zwar in der Regelung über die ergänzenden Verpflichtungen (§ 109 Abs. 2 TKG) enthalten, er gilt aber gleichermaßen auch für § 100 Abs. 1 TKG. Hierfür spricht insbesondere, dass in § 109 Abs. 2 S. 4 TKG neben den zu schützenden Einrichtungen ausdrücklich auch auf die zu schützenden Rechte Bezug genommen wird, obwohl § 109 Abs. 2 TKG nur den Schutz von Einrichtungen regelt. Es ist der technische und wirtschaftliche Aufwand für die geeigneten Schutzmaßnahmen der Bedeutung der zu schützenden Rechtsgüter und Einrichtungen gegenüber zu stellen. Durch § 109 Abs. 2 S. 4 TKG werden die gegenüber zu stellenden Abwägungskriterien festgelegt. Wenn auch damit noch keine Aussage über deren Gewichtung getroffen ist, so lassen sich hieran doch sachfremde Gesichtspunkte ausscheiden. Daneben ist auch klargestellt, dass sowohl der technische als auch der wirtschaftliche Aufwand zu berücksichtigen ist. In die Bewertung der Bedeutung der zu schützenden Rechtsgüter und Einrichtungen ist auch die Eigenverantwortlichkeit des Nutzers in Bezug auf die von ihm übertragenen Daten einzubeziehen. Bei der Übertragung hoch sensibler Daten oder bei einer besonderen Abhängigkeit von der Funktionsfähigkeit der genutzten Systeme Dritter, muss der Nutzer selbst (zusätzliche) Schutzmaßnahmen ergreifen, um diese in einem durchschnittlich ge-
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B Rz. 72
Öffentliche Sicherheit
schützten Netz abzusichern1. Sofern der Verpflichtete also keine höhere Erwartungshaltung des Nutzers veranlasst hat, muss er sich auf Standardmaßnahmen beschränken können. 72
Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit und damit auch der Angemessenheit der Schutzmaßnahmen sollten die Verpflichteten zunächst mit der Frage nach den betrieblichen Eigenschutzinteressen ansetzen. Das Schutzniveau wird in Praxis nämlich regelmäßig von dem hohen Eigeninteresse der Verpflichteten getragen. Hier sind insbesondere vertragliche und gegebenenfalls deliktrechtliche Schadensersatzansprüche, aber auch Imageschäden zu berücksichtigen. Im Kontext des Fernmeldegeheimnisses ist auch zu berücksichtigen, dass ein Eingriff in dieses nach § 206 StGB strafbar ist und dieser Straftatbestand auch durch Unterlassen verwirklicht werden kann (§§ 206, 13 StGB), wenn die nach § 13 StGB erforderliche Garantenstellung gegeben ist. Eine solche Garantenstellung kann bei denjenigen in Betracht kommen, welche die Verpflichtung nach § 109 TKG umzusetzen haben2. 4.2.2 Schutz der Infrastruktur (§ 109 Abs. 2 TKG)
73
Als ergänzende Verpflichtungen sind in § 109 Abs. 2 TKG Maßnahmen gefordert, die auf den Schutz der Infrastruktur abzielen. Die Schutzziele des § 87 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 und 4 TKG 1996 sind übernommen worden.
74
Die zum Erbringen von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit betriebenen Telekommunikationsanlagen sind durch angemessene Maßnahme, insbesondere technische Vorkehrungen (hierzu Rz. 69 ff.), zu schützen3. Der Schutz zielt auf die Absicherung gegen Störungen, die eine erhebliche Beeinträchtigung von Telekommunikationsnetzen führen können, sowie gegen äußere Angriffe und Einwirkungen von Katastrophen zu gewährleisten. Erforderlich ist damit der Schutz sowohl gegen unmittelbare als auch mittelbare Einwirkungen und zwar nicht nur auf Grund externer, sondern auch interner Einflüsse (z. B. Mitarbeiter und Subunternehmer)4. Störungen, die zu erheblichen Beeinträchtigungen führen, sind anzunehmen, wenn die Funktionsfähigkeit der Systeme aufgehoben oder in einem _______________
1 So bereits Wuermeling in der Vorauflage Teil 9 Rz. 66. 2 So auch Beck TKG-Komm/Bock, § 109 TKG Rz. 25. 3 Dies umfasst sowohl aktive technische Vorrichtungen – z. B. Bereitstellung redundanter Systemen oder von Überbrückungsaggregaten für Stromausfälle – als auch passive technische Maßnahmen – z. B. technisch-physikalische Schutzmaßnahmen wie den Brandschutz für Gebäude und Räumlichkeiten. 4 Berl. Komm/Klesczewski, § 109 TKG, Rz. 17; Beck TKG-Komm/Bock, § 109 TKG Rz. 19; vgl. Zerres in: Scheurle/Mayen, Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, 2002, § 87 TKG 1996 Rz. 13 f.
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Technische Schutzmaßnahmen (§ 109 TKG)
Rz. 76 B
nicht mehr tolerablen Maß eingeschränkt ist. Unter äußeren Angriffen sind alle vorsätzlichen menschlichen Einwirkungen, insbesondere alle Schäden durch Vandalismus, Terrorismus oder Softwaremanipulation zu verstehen. Katastrophen sind nicht beherrschbare Schadensereignisse größeren Ausmaßes, die auf natürliche Ursachen wie Blitzschlag, Feuer, Sturm oder auf technisches oder menschliches Versagen zurückzuführen sind1. Es ist damit nicht eine Sicherung gegen jede Art von, insbesondere einfachen, Störungen zu gewährleisten, sondern nur gegen Störungen, welche die genannte Qualität erreichen. Aufgrund der Ausrichtung der Pflichten am Stand der technischen Entwicklung (§ 109 Abs. 2 S. 2 TKG) ist ein grundsätzlich dynamisches Schutzniveau zu gewährleisten. Die technischen Schutzmaßnahmen müssen aber nicht dem jeweils aktuellen Stand der technischen Entwicklung entsprechen. Denn der aktuelle Stand der technischen Entwicklung ist bei der Planung zwar einzubeziehen und umzusetzen, wenn dies wegen der Bedeutung des Schutzgutes geboten ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 109 Abs. 2 S. 2 TKG besteht aber keine unmittelbare Bindung an den jeweiligen Stand der technischen Entwicklung2. Bei den Schutzmaßnahmen ist auch die räumliche Unterbringung der eigenen und fremder, mitbenutzter Netzteile bzw. -elemente zu berücksichtigen.
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§ 109 Abs. 2 S. 3 TKG regelt die Verantwortlichkeit, die bei einer Gemengelage eigener und fremder (mitbenutzter) Einrichtungen besteht. Die Zusammenlegung von Einrichtungen führt zu einer Konzentration von Risiken. Um dieser Situation angemessen Rechnung zu tragen, legt § 109 Abs. 2 S. 3 TKG fest, dass im Falle gemeinsamer Nutzung – einer technischen Einrichtung oder eines Standortes – jeden die Pflichten nach § 109 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 TKG treffen. Durch diese Gesamtverantwortlichkeit verhindert der Gesetzgeber, dass Schutzmaßnahmen unterbleiben, weil sich die Verpflichteten die Verantwortlichkeit gegenseitig zuschieben und veranlasst sie, die Problemlage gemeinsam (vertraglich) zu lösen.
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Damit soll eine klare Verantwortlichkeit gerade für das Risiko der gemeinsamen Nutzung von Standorten geschaffen werden. Denn durch diese entsteht eine Situation, in der nicht nur eine einzelne und damit für die Allgemeinheit nicht relevante Anlage eines Betreibers gefährdet ist, sondern eine Gesamtheit an Anlagen gefährdet ist, was hingegen für die Allgemeinheit kritisch ist. Der Gesetzgeber verhindert damit, dass die Beteiligten versuhen, sich aus der Verantwortung zu ziehen, indem sie einseitig dem anderen die Verantwortung zuweisen. Diese Gesamtverantwortlichkeit besteht nur dann nicht, wenn „bestimmte Verpflichtungen“ einem „bestimmten Betreiber“ zugeordnet werden kön_______________
1 Berl. Komm/Klesczewski, § 109 TKG Rz. 17; Zerres in: Scheurle/Mayen, Kommentar zum TKG, 2003, § 87 TKG 1996 Rz. 13. 2 Berl. Komm/Klesczewski, § 109 TKG Rz. 19.
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Öffentliche Sicherheit
nen1. Diesem Aspekt kann nur mit einer klaren vertraglichen Regelung Rechnung getragen werden, in der konkrete Verantwortlichkeiten festgelegt werden. Unklarheiten einer vertraglichen Festlegung könnten wegen der geforderten Bestimmtheit der Festlegungen zu einer gemeinsamen Verantwortlichkeit führen. 77
Durch die Bezugnahme auf jeden Betreiber in § 109 Abs. 2 S. 3 TKG erfolgt, wie sich aus der Systematik der Regelung und der Formulierung2 ergibt, keine Erweiterung des Kreises der Verpflichteten auf alle Betreiber. Es handelt sich nur um eine verkürzte Bezugnahme auf den nach § 109 Abs. 2 S. 1 TKG Verpflichteten.
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Der Umfang der Verpflichtung steht unter dem Vorbehalt der Angemessenheit der Schutzmaßnahmen (§ 109 Abs. 2 S. 1 TKG). Der Abwägungsmaßstab hierfür ist in § 109 Abs. 2 S. 4 TKG vorgegeben (siehe Rz. 71 [109 Abs. 1]). Es ist weder erforderlich, gegen sehr unwahrscheinliche Störungen Vorsorge zu treffen, noch ist es geboten, eine Sicherheitsgarantie zu geben, die das übliche Maß übersteigt3. Grundsätzlich ist daher eine durchschnittliche Standardsicherheit zu gewährleisten, welche die Funktionsfähigkeit der Infrastruktur gegenüber den üblicherweise zu erwartenden Gefährdungen garantiert. 4.2.3 Sicherheitsbeauftragter und Sicherheitskonzept (§ 109 Abs. 3 TKG)
79
Aus § 109 Abs. 3 TKG ergibt sich die Pflicht zur Benennung eines oder einer Sicherheitsbeauftragten und zur Erstellung eines Sicherheitskonzepts. Die Regelung ist in ihrem Kern gegenüber § 87 TKG 1996 unverändert geblieben. 4.2.3.1 Sicherheitsbeauftragter
80
Der Sicherheitsbeauftragte ist ein Element der Selbstkontrolle. Er ist weder Träger der Verpflichtung noch für die Schaffung der Sicherheitsanforderungen verantwortlich.
81
Für die Bestellung des/der Sicherheitsbeauftragten enthält § 109 Abs. 3 TKG – anders als für das Sicherheitskonzept – keine konkreten Vorgaben. Die Beschreibung der Befähigung4, Stellung und Aufgaben des Sicherheitsbeauftragen bleibt auch deutlich hinter der des betrieblichen Beauftragten _______________
1 Die Gemengenlage und die Verantwortlichkeitsverteilung ist auch in dem zu erstellende Sicherheitskonzept (§ 109 Abs. 3 TKG) zu berücksichtigen (hierzu Rz. 84). Auch aus diesem Grund ist eine vertragliche Regelung sinnvoll. 2 „jeder Betreiber der Anlage“. 3 Berl. Komm/Klesczewski, § 109 TKG Rz. 20. 4 Für seine Befähigung ist eine Orientierung an den Vorgaben für den betrieblichen Beauftragten für den Datenschutz sinnvoll.
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Technische Schutzmaßnahmen (§ 109 TKG)
Rz. 84 B
für den Datenschutz in § 4f BDSG zurück. Aus der Systematik der Regelung ergibt sich nur, dass der Sicherheitsbeauftragte jedenfalls die Einhaltung der Verpflichtungen nach § 109 TKG zu überprüfen hat. Ob und welche darüber hinaus gehenden Aufgaben er hat, ist im TKG nicht geregelt. Seine Aufgabenstellung und vor allem auch seine Kompetenzen sollten daher in der (arbeitsrechtlichen) Tätigkeitsbeschreibung des Sicherheitsbeauftragten konkret und eindeutig festgelegt werden1. Wird diese Funktion mit der des betrieblichen Datenschutzbeauftragten in einer Person zusammengefasst, darf es nicht dazu kommen, dass der Sicherheitsbeauftragte sich selbst kontrolliert. Im Übrigen bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Wahrnehmung der beiden Funktionen in Personalunion2. Denn es überschneiden sich eher die Ziele, als dass Interessenskonflikte entstehen. Daher kann eine Zusammenlegung in einem Unternehmen auch deshalb interessant sein, um Konflikte zu vermeiden, die allein dadurch entstehen, dass die beiden Funktionen von zwei verschiedenen Personen wahrgenommen werden.
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In der Praxis wird die Erstellung bzw. die Fortentwicklung und dynamische3 Anpassung des Sicherheitskonzeptes regelmäßig dem Sicherheitsbeauftragten überlassen. In diesem Fall beschreibt er die Anforderungen im und an das Unternehmen sowie sein eigenes Tätigkeitsfeld4.
83
4.2.3.2 Sicherheitskonzept Das Sicherheitskonzept hat die Beschreibung der Schutzmaßnahmen zur Erfüllung der nach § 109 Abs. 1 und Abs. 2 TKG bestehenden Schutzpflichten zu enthalten. § 109 Abs. 3 TKG enthält aber keine inhaltlichen Vorgaben für die Schutzmaßnahmen, sondern regelt lediglich, wie diese zu bestimmen und zu dokumentieren sind. Damit dient die Verpflichtung zur Erstellung eines Sicherheitskonzeptes zum einen dazu, dem Verpflichteten5 die Sachlage zur vergegenwärtigen und zum anderen dazu, eine Grundlage zur Überprüfung der Schutzmaßnahme zu schaffen.
_______________
1 Hierauf sollte der Sicherheitsbeauftragte schon im eigenen Interesse drängen. Denn diese Festlegung kann sich auch auf seine Haftung im Innen- und Außenverhältnis auswirken. 2 Beck TKG-Komm/Ehmer, § 87 TKG 1996 Rz. 34. 3 § 109 Abs. 3 S. 5 TKG; hierzu Rz. 75. 4 Die grundlegenden Aufgaben und Fragen der Weisungskompetenz des Sicherheitsbeauftragten sollten gleichwohl in einer (arbeitsrechtlichen) Tätigkeitsbeschreibung festgelegt sein. 5 Obwohl die Verpflichtungen nach § 109 Abs. 1 TKG für jeden Diensteanbieter bestehen, haben nur Betreiber von Telekommunikationsanlagen, die dem Erbringen von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit dienen, diese in einem Sicherheitskonzept zu beschreiben.
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B Rz. 85
Öffentliche Sicherheit
4.2.3.2.1 Struktur und Inhalt 85
Die Struktur und der Inhalt des Sicherheitskonzepts ergibt sich aus § 109 Abs. 3 S. 1 Nr. 1–3 TKG1. Die Struktur ist dreiteilig. Die Beschreibung der eingesetzten Telekommunikationsanlagen und die damit geschäftsmäßig erbrachten Telekommunikationsdienste bilden den ersten Teil (§ 109 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 TKG). Es hat eine Bestandsaufnahme zu erfolgen, die daneben auch die Datenverarbeitungsanlage erfasst, auf die in § 109 Abs. 1 und 2 TKG Bezug genommen wird.
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Der zweite Teil hat die Erfassung der Gefährdungslagen – ausgehend von den in § 109 Abs. 1 und 2 TKG angeführten Risiken – zu umfassen. Darzustellen sind dabei die konkreten Gefährdungen für die Anlagen, die Gegenstand des Sicherheitskonzepts sind (§ 109 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 TKG). Allein die Beschreibung abstrakt-theoretischer Gefährdungen genügt nicht. Dies ergibt sich indirekt aus den Vorgaben für den dritten Teil des Sicherheitskonzepts. Bei theoretisch denkbaren Gefährdungen, für die daher noch keine Erfahrungswerte vorliegen, muss dennoch eine abstrahierte Beschreibung genügen. Die technischen Vorkehrungen und Schutzmaßnahmen zur Erfüllung der Verpflichtung sind im dritten Teil zu beschreiben (§ 109 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 TKG). Es hat eine konkrete, auf die betriebene Anlage bezogene Beschreibung zu erfolgen. Die Regelung des § 109 Abs. 3 S. 3 TKG zur Berücksichtigung von Gemengelagen (siehe Rz. 76) erfordert insbesondere auch deren Berücksichtigung im Rahmen des Sicherheitskonzepts2.
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Durch die neue Regelung in § 109 Abs. 3 S. 4 TKG ist die Pflicht zur Erstellung und Umsetzung des Sicherheitskonzepts als dynamischer Prozess und nicht nur als einmalig zu erfüllende Pflicht ausgestaltet. Die Überprüfung des Sicherheitskonzepts wird damit eine ständige Aufgabe des Verpflichteten3. Die Pflicht, das Sicherheitskonzept anzupassen – und erneut der Bundesnetzagentur vorzulegen –, realisiert sich spätestens, wenn „sich die dem Sicherheitskonzept zugrunde liegenden Gegebenheiten ändern“. Aufgrund der systematischen Zusammenhänge der Regelung in § 109 Abs. 3 TKG ist dies nur dann der Fall, wenn sich die in § 109 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 TKG genannte technische Grundlage und/oder die in § 109 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 TKG angesprochenen Gefährdungslage ändert. _______________
1 Aus praktischen Gründen ist eine Ausrichtung an anerkannten Standards geboten (z. B. ISO 17799, BS 7799-2, IT-Grundschutzhandbuch des BSI). Die Ausrichtung an solchen Standards wird in einem Haftungsfall relevant, weil diese als Maßstab der jedenfalls gebotenen Sorgfalt dienen dürften. 2 Eine vertragliche Regelung der am Gemengegelage Beteiligten erleichtert auch den Nachweis im Rahmen eines Sicherheitskonzepts. 3 BT-Drucks. 15/2316, S. 92.
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Technische Schutzmaßnahmen (§ 109 TKG)
Rz. 91 B
4.2.3.2.2 Vorlagepflicht Das Sicherheitskonzept ist nach § 109 Abs. 3 S. 2 TKG der Bundesnetzagentur „unverzüglich nach Aufnahme der Telekommunikationsdienste durch den Betreiber vorzulegen“ (Vorlagepflicht). Maßgeblich für den Zeitpunkt der Vorlage ist damit nicht die Aufnahme des Betriebs der Telekommunikationsanlage, sondern das Erbringen von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit. Im Rahmen der Vorlage des Sicherheitskonzeptes muss der Betreiber auch erklären, dass die Schutzmaßnahmen bereits umgesetzt sind oder diese unverzüglich umgesetzt werden. Eine Umsetzung muss also nicht mit der Inbetriebnahme erfolgt sein.
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Das Sicherheitskonzept ist nicht genehmigungspflichtig. Die Bundesnetzagentur kann jedoch Änderungen verlangen, wenn sie Sicherheitsmängel entweder in dem Sicherheitskonzept oder in dessen Umsetzung feststellt. In § 109 TKG ist kein Verfahren zur Prüfung des Sicherheitskonzepts durch die Bundesnetzagentur vorgesehen. Unter § 87 TKG 1996 hatte sich ein Verfahren herausgebildet, wonach die Bundesnetzagentur die Durchführung der Konzeptprüfung bestätigte. Damit wurde aber weder bestätigt, dass die Maßnahmen tatsächlich durchgeführt worden sind noch dass diese effektiv sind. Es wurde nur die Stimmigkeit des Konzepts geprüft1.
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4.2.3.2.3 Sicherheitskonzepte nach § 87 TKG 1996 Diejenigen, die ein Sicherheitskonzept nach § 87 TKG 1996 vorgelegt haben, sind zwar von der Vorlagepflicht (§ 109 Abs. 3 S. 6 TKG), aber nicht von der Pflicht zur dynamischen Anpassung und erneuten Vorlage bei der Bundesnetzagentur (§ 109 Abs. 3 S. 3 TKG) ausgenommen.
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4.2.4 Exkurs: Verhältnis zu § 9 BDSG Aus § 9 BDSG2 in Verbindung mit der Anlage zu § 9 BDSG ergibt sich bereits für jeden, der personenbezogene Daten erhebt oder verwendet, die Pflicht zu angemessenen technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen zum Datenschutz und zur Datensicherheit3. Denn nach § 9 Satz 1 BDSG haben öffentliche und nicht-öffentliche Stellen, die selbst oder im Auftrag personenbezogene Daten erheben, bearbeiten oder nutzen, die technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um insbesondere die in der Anlage zu § 9 BDSG genannten Anforderungen zu gewährleisten. _______________
1 Wuermeling in der Vorauflage Teil 9 Rz. 70. 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in der Fassung der Bekanntmachung v. 14.1.2003, BGBl. I, S. 66. 3 Hierzu statt Vieler: Gola/Schomerus, Kommentar zum BDSG, 8. Aufl. 2005, § 9 BDSG.
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B Rz. 92
Öffentliche Sicherheit
Der Aufwand für die Maßnahmen muss unter Berücksichtigung des Standes der Technik in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Zweck stehen (§ 9 S. 2 BDSG). 92
Die Regelungen in § 109 TKG gehen hierüber hinaus. Denn der Anknüpfungspunkt für die Regelung ist nicht die Erhebung und Verwendung von personenbezogenen Daten. Anderseits greift § 109 TKG nur im Rahmen seines Anwendungsbereichs, weshalb subsidiär die Regelungen des § 9 BDSG gelten können, so dass auch insoweit eine ausreichende Schutzverpflichtung besteht. Soweit personenbezogene Daten, also insbesondere Verkehrsdaten (§ 3 Nr. 30 TKG), nicht nur unter dem Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts wie es im allgemeinen Datenschutzrecht zum Ausdruck kommt, stehen, sondern auch dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, ist der Schutz im Rahmen des § 109 TKG an diesem Schutzgut auszurichten. Für Bestandsdaten (§ 3 Nr. 3 TKG) wird daher vertreten, dass für diese keine strengeren Schutzmaßnahmen zu beachten sind als diejenigen, die sich aus dem allgemeinen Datenschutzrecht ergeben1.
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Die Regelung in § 109 TKG kann aber nicht als reine Spezialvorschrift zu § 9 BDSG angesehen werden, weil sie § 9 BDSG nicht ersetzt, sondern vielmehr ergänzt. 4.2.5 Gesetz zur Sicherstellung des Postwesens und der Telekommunikation (PTSG)
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Der Zweck des Gesetzes zur Sicherstellung des Postwesens und der Telekommunikation (PTSG) ist nach dessen § 1 die Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung mit Post- und Telekommunikationsdienstleistungen bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall oder im Rahmen der Notfallbewältigung auf Grund internationaler Vereinbarungen, im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen, im Rahmen von Bündnisverpflichtungen sowie im Spannungs- und Verteidigungsfall.
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Nach § 2 Nr. 3 PTSG gilt dieses Gesetz für die Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen (siehe Rz. 12 ff.). Das PTSG ist des Weiteren die Grundlage für –
die Verordnung zur Sicherstellung der Post- und Telekommunikationsversorgung durch Schutzvorkehrungen und Maßnahmen des Zivilschutzes (PTZSV) (§ 4 Abs. 1 und 5 und § 9 Abs. 1 und 2 PTSG)
–
die Verordnung zur Sicherstellung von Telekommunikationsdienstleistungen sowie zur Einräumung von Vorrechten bei deren Inanspruchnahme (TKSiV) (§ 3 Abs. 1–3 PTSG)
_______________
1 Berl. Komm/Klesczewski, § 109 TKG Rz. 11.
90 | Eckhardt
Rz. 98 B
Technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen (§ 110 TKG)
Die PTZV1 und die TKSiV2 bestimmen ihren persönlichen Anwendungsbereich jeweils eigenständig.
5. Technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen (§ 110 TKG) Durch die Regelung in § 110 TKG soll die Überwachung von Telekommunikation technisch ermöglicht und sichergestellt werden. § 110 TKG regelt nur die technische und organisatorische Realisierung der Überwachung. Ob, wessen, wie lange und durch wen die Telekommunikation überwacht werden darf, ist hingegen in den Regelungen über die Eingriffsbefugnisse (Befugnisnormen) abschließend geregelt. Das TKG enthält in § 110 TKG die technischen Annexregelungen zu den Befugnisnormen.
96
Die Vorgaben sind in § 110 TKG in drei Detaillierungsstufen ausgestaltet:
97
–
§ 110 Abs. 1 TKG enthält die grundlegenden Verpflichtungen.
–
Durch eine Rechtsverordnung (Telekommunikationsüberwachungsverordnung (TKÜV)), deren Rechtsgrundlage in § 110 Abs. 2 TKG enthalten ist, sollen die grundlegenden Verpflichtungen in technischer und organisatorischer Hinsicht konkretisiert werden, wobei auch Einschränkungen des Kreises der Verpflichteten möglich sind.
–
Die technischen Einzelheiten werden auf unterster Stufe durch eine Technische Richtlinie Telekommunikationsüberwachung (TR TKÜ) festgelegt, die in § 110 Abs. 3 TKG ihre Rechtsgrundlage hat.
Mit dieser Dreistufigkeit soll eine hinreichende Flexibilität geschaffen werden, um, insbesondere technischen, Entwicklungen flexibel Rechnung tragen zu können. Gegenüber der komplexen Vorgängerregelung in § 88 TKG 1996 ist die Regelung über die Technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahme in § 110 TKG systematisch strukturiert. Die sich aus § 110 TKG unmittelbar ergebenden Verpflichtungen (§ 110 Abs. 1, 4, 5, 6, 8 TKG) sind von den Rechtsgrundlagen für eine Verordnung über die technische und organisatorische Umsetzung von Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunika_______________
1 Nach § 1 PTZSV sind die Deutsche Post AG, die Deutsche Telekom AG, die Deutsche Telekom Mobilnet GmbH, die Mannesmann Mobilfunk GmbH und die E-Plus Mobilfunk GmbH sowie deren Tochterunternehmen und Rechtsnachfolger Normadressaten. Auf Grund der enumerativen Aufzählung besteht für andere als die Genannten keine Verpflichtung aus der PTZSV. 2 Neben der Deutschen Telekom AG treffen die Verpflichtungen nach der TKSiV diejenigen Unternehmen, die auf Grund einer Verleihung nach § 2 des Gesetzes über Fernmeldeanlagen oder einer Lizenz nach § 6 des Telekommunikationsgesetzes eine Telekommunikationsanlage betreiben, um Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anzubieten.
Eckhardt | 91
98
B Rz. 99
Öffentliche Sicherheit
tion (Telekommunikations-Überwachungsverordnung – TKÜV) in § 110 Abs. 2 TKG und einer Technischen Richtlinie zur Sicherstellung einer vollständigen Erfassung und zur Gestaltung des Übergabepunktes zu den berechtigen Stellen (Technische Richtlinie Telekommunikationsüberwachung – TR TKÜ) in § 110 Abs. 3 TKG1 zu unterscheiden. 99
Im Vergleich zu § 88 TKG 1996 zeigt sich, dass die Regelung über die technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen erhebliche Veränderungen erfahren hat. Aufgrund europarechtlicher Vorgaben ist das Genehmigungsverfahren der technischen Einrichtungen zur Umsetzung der Überwachungsmaßnahmen entfallen. 5.1 Exkurs: Befugnisnormen
100
101
Im Kontext der Überwachungsmaßnahmen sind zwei Regelungsbereiche grundlegend zu unterscheiden: –
Regelungen über die Informationsbeschaffung und die Pflicht diese zu unterstützen (d. h. Aufzeichnung und Überwachung der Telekommunikation zu ermöglichen sowie die Auskunftserteilung) (Befugnisnormen)
–
Regelungen über technische und organisatorische Vorkehrungen zur Umsetzung gesetzlich vorgesehener Überwachungsmaßnahmen (§ 110 TKG i. V. m. TKÜV und i. V. m. TR TKÜ)
Die Befugnisnormen können nach ihrer Eingriffsintensität in drei Kategorien eingeteilt werden: – – –
Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation Auskunft über Verkehrsdaten Auskunft über Bestandsdaten
5.1.1 Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation 102
Die Befugnis zur Überwachung der Telekommunikation ergibt sich ausschließlich aus §§ 100a, 100b Strafprozessordnung (StPO), §§ 23a bis 23f, 45, 46 Zollfahndungsdienstgesetz (ZFdG)2 und Art. 3, 5, 8 Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (G 10-Gesetz). Allein nach diesen bestimmt sich, wer unter welchen Voraussetzungen den
_______________
1 Der § 88 TKG 1996 enthielt keine Rechtsgrundlage für eine Technische Richtlinie. Diese war in § 11 TKÜV 2002 enthalten. 2 Zuvor geregelt in §§ 39–43 Außenwirtschaftsgesetz (AWG).
92 | Eckhardt
Technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen (§ 110 TKG)
Rz. 104 B
Inhalt und die nähere Umstände1 der Telekommunikation zur Kenntnis nehmen und aufzeichnen darf2. Darüber hinaus legen sie auch fest, wer den Sicherheitsbehörden die Überwachung ermöglichen muss. Dazu werden diejenigen, die „geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken“3 in die Pflicht genommen4. Es wird also – wie § 110 Abs. 1 S. 6 und § 3 Abs. 2 Satz 3 TKÜV ausdrücklich klarstellen – nicht durch § 110 TKG und die TKÜV festgelegt, wer die Überwachung tatsächlich zu ermöglichen hat. Die §§ 100a, 100b StPO, §§ 23a bis 23f, 45, 46 ZFdG5 und Art. 3, 5, 8 G 10-Gesetz verpflichten auch dann dazu, wenn sie nicht nach § 110 TKG zur Vorhaltung von technischen Einrichtungen verpflichtet sind6. Die Befugnisnormen verweisen nur für die Frage, „ob und in welchem Umfang hierfür Vorkehrungen zu treffen sind“7, auf § 110 TKG und die TKÜV. Das TKG enthält also in § 110 TKG nur technische Annexregelungen zu den Befugnisnormen, beschränkt aber nicht deren Adressatenkreis.
103
Die §§ 100a, 100b StPO8, §§ 23a bis 23f, 45, 46 ZFdG und Art. 3, 5, 8 G 10G ermächtigen zur „Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunika-
104
_______________
1 Hierunter fallen beispielsweise die Uhrzeit des Telefonats, die Dauer oder die genutzte Funkzelle, aber entgegen der Ansicht des Ermittlungsrichters beim BGH (CR 2001, 386 mit ablehnender Anmerkung Eckhardt) mangels Telekommunikation nicht die Funkzelle im Bereitschaftszustand des Mobiltelefons. 2 Zu der tendenziellen Ausweitung der Telekommunikationsüberwachung: Eckhardt, DSB 1/2002, 9 ff. 3 Bei der Auslegung dieser Bestimmungen ist zu beachten, dass diese Wendung in diesen Bestimmungen unter dem TKG 1996 eingefügt worden ist. Es kann nicht unterstellt werden, dass der Gesetzgeber mit der Novelle des TKG auch den Inhalt dieser Bestimmungen ändern wollte. Die Anwendung der Definition des TKG 2004 darf daher nicht unreflektiert erfolgen (hierzu Rz. 10 ff.). Bei Redaktionsschluss lag ein Referentenentwurf zur Novellierung der §§ 100a, 100b und §§ 100g, 100h StPO (Rz. 182) vor. Demnach sollen zukünftig „Erbringer von Telekommunikationsdiensten“ verpflichtet sein. Damit soll insbes. die Überwachung unternehmensinterner Telekommunikation einbezogen werden, die bisher wegen der Drittbezogenheit (Rz. 54) nicht stets erfasst war. Die Problematik würde dann auf das Merkmal „in der Regel gegen Entgelt“ (§ 3 Nr. 24 TKG) verlagert. 4 „Auf Grund der Anordnung hat jeder, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, dem Richter, der Staatsanwaltschaft und ihren im Polizeidienst tätigen Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zu ermöglichen.“ So bspw. § 100b Abs. 3 S. 1 StPO. 5 Zuvor geregelt in §§ 39–43 Außenwirtschaftsgesetz (AWG). 6 Ebenso Beck TKG-Komm/Bock § 110 TKG Rz. 9. 7 So bspw. § 100b Abs. 3 S. 2 StPO. 8 Auf der Grundlage von §§ 100a, 100b StPO erfolgten im Jahr 2004 insgesamt 34.374 Anordnungen zur Überwachung der Telekommunikation, wobei fast 41.000 Anschlüsse betroffen waren (BT-Drucks. 15/5199).
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B Rz. 105
Öffentliche Sicherheit
tion“1. Von dem Zugriff durch diese Bestimmungen sind sowohl der Inhalt als auch die näheren Umstände der Telekommunikation erfasst. Aus der Definition von Telekommunikation im TKG ergibt sich kein Hindernis für eine weite Auslegung des Begriffs Telekommunikation im Rahmen der StPO, des ZFdG oder des G 10-G2. In § 3 Nr. 22 TKG wurde nämlich bewusst eine weite Definition gewählt, die aufgrund ihres Abstraktionsgrades geeignet ist, Telekommunikation in jeder denkbaren technischen Variante zu erfassen. Auf eine Festlegung auf bestimmte Technologien oder Verfahren wurde verzichtet. Die Definition sollte nach dem Willen des Gesetzgebers für zukünftige Entwicklungen offen sein3. Damit besteht technikunabhängig die Möglichkeit zur Anordnung der Überwachung jeglicher fernvermittelter Inhalte. Das schließt die Kommunikation über das Internet und über sonstige Datennetze genauso wie Satellitenkommunikation ein. 105
Die unterschiedliche Zielsetzung des TKG einerseits und der Befugnisnormen andererseits erfordert eine unterschiedliche normspezifische Auslegung. Denn während den Bestimmungen des TKG eine eher weite Auslegung zugrunde liegt, sind die Befugnisnorm wegen des Eingriffs in Art. 10 GG eng auszulegen4. Die Verpflichteten haben keine Prüfungskompetenz der materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Anordnung. Soweit sie in ihren eigenen Rechten betroffen sind, muss ihnen die Beschwerde nach § 304 StPO zugestanden werden. Der Beschwerde kommt kein Suspensiveffekt zu (§ 307 StPO). Gegen eine staatsanwaltliche Eilanordnung ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegeben (§ 98 StPO analog). Die Anordnung kann erforderlichenfalls mit Zwangsgeld und Beugehaft durchgesetzt werden (§ 70 StPO). _______________
1 Die Überwachungsanordnung nach StPO, ZFdG und G 10-G muss seit der Änderung durch das Begleitgesetz zum TKG v. 17.12.1997, BGBl. I, 3108, die Rufnummer oder eine andere Kennung eines Telekommunikationsanschlusses zur Identifikation enthalten. Als Gründe für diese Konkretisierung sind zum einen die klare Begrenzung und Konkretisierung des Grundrechtseingriffs und zum anderen die Veränderungen auf dem Telekommunikationsmarkt durch die Vielzahl von Anbietern zu nennen, Bär, MMR 2000, 472 (474). Als weiterer Grund wird die Möglichkeit zum Anknüpfen an die IMSI (International Mobile Subscriber Identification) – der eindeutigen Kennung, die die in das Mobiltelefon eingesetzte Chipkarte enthält – zu nennen sein; Kiper/Ruhmann, DuD 1998, 155 (160). 2 Aufgrund der Möglichkeit auf die Inhalte zuzugreifen, spielt für diese Bestimmungen die Abgrenzung zu den Telemediendiensten keine Rolle (siehe Rz. 32 ff.) [Abgrenzung zu Telediensten]. 3 Vgl. Felixberger, CR 1998, 143 (144); vgl. Wuermeling/Felixberger, CR 1997, 555 (557); Eckhardt, CR 2001, 670 (671). 4 König/Koch/Braun, K&R 2002, 289 (292) m. w. N.; vgl. Bernsmann, Anmerkung zu BGH, Beschl. v. 21.2.2001, BGs 42/2001, NStZ 2002, 103 ff.; vgl. Eckhardt, Anmerkung zu BGH Beschl. v. 21.2.2001, 2 BGs 42/2001, CR 2001, 386 (386).
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Technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen (§ 110 TKG)
Rz. 107 B
Die Verpflichteten unterliegen auch einer strafbewehrten Verschwiegenheitspflicht bezüglich der Überwachungsmaßnahme (§§ 17 Abs. 1, 18 G 10-G)1. 5.1.2 Auskunft über Verkehrs- und Bestandsdaten Daneben bestehen weitere Bestimmungen, nach denen Auskunft über die Verkehrsdaten – d. h. lediglich über die äußeren Umstände der Telekommunikation, aber nicht über deren Inhalt – (§§ 100g, h StPO2, § 8 Abs. 8 Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVerfSchG), § 8 Abs. 3a Gesetz über den Bundesnachrichtendienst (BNDG) und § 10 Abs. 3 Gesetz über den militärischen Abschirmdienst (MADG))3 oder nach denen Auskunft über die Bestandsdaten sowie gegebenenfalls weiteren Daten – d. h. weder den Inhalt noch die äußeren Umstände der Telekommunikation, sondern lediglich über die der Telekommunikation zugrunde liegenden Vertragsverhältnisse (§§ 112, 113 TKG), verlangt werden kann. Für diese Bestimmungen kann die Abgrenzung zu Telemediendiensten relevant werden4.
106
Auch der Einsatz sog. IMSI-Catcher ist nach §§ 100i StPO, 9 Abs. 4 BVerfSchG zulässig. Ein sog. IMSI-Catcher simuliert die Basisstation eines Mobiltelefons und veranlasst damit die in seinem Wirkungsbereich befindlichen Mobiltelefone, sich bei ihm anzumelden5. Nach § 100i StPO ist der Einsatz mit zwei Zielrichtungen zulässig: Zum Zweck der Vorbereitung
107
_______________
1 Verstöße gegen die Verschwiegenheitspflicht bei Maßnahmen nach §§ 100a, 100b StPO und dem G 10-G sind mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren und Geldstrafe sanktioniert. 2 Für den Rechtsschutz gelten die Ausführungen zu §§ 100a, 100b StPO entsprechend. Bei Redaktionsschluss lag ein Referentenentwurf zur Novellierung der §§ 100g, 100h StPO vor (Rz. 182). Im Kern soll Folgendes geändert werden: – § 100g StPO wird als Erhebungsbefugnis ausgestaltet. D. h., die Strafverfolgungsbehörden können eine Auskunft über Verkehrsdaten verlangen, müssen es aber nicht, sondern können die Daten auch eingenständig erheben. – Verpflichtet werden sollen „Erbringer von Telekommunikationsdiensten“. – Es kann anstatt einer Auskunft über zukünftige Verkehrsdaten deren Echtzeitausleitung angeordnet werden. Technische Regelungen sind in der TKÜV zu erwarten. 3 Hierzu Meister/Schmitz in: Wissmann, Telekommunikationsrecht, 2003, Kap. 15 Rz. 69; Eckhardt, DuD 2002, 197 (198 ff.); Eckhardt, CR 2002, 158. 4 Siehe Rz. 32 ff. (Abgrenzung zu Telediensten); hierzu auch Eckhardt, DuD 2002, 197 (200 f.). 5 Zur Funktionsweise von IMSI-Catchern und deren Einsatz zur Ermittlung der International Mobile Subscriber Identification (IMSI) und der International Mobile Equipment Identification (IMEI) sowie zur Positionsbestimmung einer Zielperson: grundlegend FOX, DuD 2002, 212; zum praktischen Einsatz Eckhardt, DSB 1/2002, 9.
Eckhardt | 95
B Rz. 108
Öffentliche Sicherheit
einer Telekommunikationsüberwachung darf er zur Ermittlung der Gerätenummer des mobilen Endgerätes (sog. IMEI) und der Kartennummer (sog. IMSI) der in das mobile Endgerät eingesetzten SIM-Karte genutzt werden. Daneben darf der Standort eines aktiv geschalteten mobilen Endgeräts ermittelt werden, um die Person vorläufig festzunehmen oder zu verhaften. Die Verwendung der ermittelten Daten ist nach § 100i Abs. 3 StPO auf den Abgleich zur Ermittlung der gesuchten Geräte- oder Kartennummer beschränkt; jegliche Zweckänderung ist damit ausgeschlossen1. 5.2 Verpflichteter Personenkreis 108
Der zu Vorkehrungen für Überwachungsmaßnahmen verpflichtete Personenkreis ist grundsätzlich in § 110 TKG festgelegt. Die zur Konkretisierung der Vorgaben des § 110 TKG zu erlassende Rechtsverordnung (§ 110 Abs. 2 TKG) kann aus Gründen der Verhältnismäßigkeit oder aus grundlegenden technischen Erwägungen den Kreis der Verpflichteten weiter einschränken (§ 110 Abs. 2 Nr. 2 c TKG).
109
Bereits § 88 TKG 1996 enthielt eine Rechtsgrundlage für den Erlass einer Rechtsverordnung. Diese wurde mit dem Erlass der TelekommunikationsÜberwachungsverordnung genutzt. Die TKÜV enthält auch Einschränkungen des Anwendungsbereichs gegenüber dem § 88 TKG 1996 5.2.1 § 110 TKG
110
Die Verpflichtungen zur Vorhaltung von Einrichtungen zur Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen nach § 110 Abs. 1 S. 1 TKG treffen denjenigen, der Telekommunikationsanlagen betreibt, die dem Erbringen von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit dienen2. Die Beschränkung auf solche Telekommunikationsdienste, die für die Öffentlichkeit erbracht werden, war im § 88 TKG 1996 und auch im Regierungsentwurf zum TKG nicht enthalten3.
111
Eine weitere Eingrenzung des verpflichteten Personenkreises ergibt sich daraus, dass es bei den verpflichteten Betreibern aufgrund der Befugnisnormen auch zu Überwachungsmaßnahmen kommen können muss. Diese Beschränkung kommt in § 110 TKG – anders als in § 88 Abs. 2 TKG 1996 – _______________
1 Meyer-Goßner, Kommentar zur StPO, 48. Aufl. 2005, § 100i StPO Rz. 7; Eckhardt, CR 2002, 770 (771 f.). 2 S. o. zur Erläuterung der Wendung Betrieb der Telekommunikationsanlagen unter Rz. 61 ff. und Erbringen von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit unter Rz. 15 ff. und 65 ff. 3 BT-Drucks. 15/2316, S. 92. Eine entsprechende Begrenzung erfolgte – soweit es den § 88 TKG 1996 betrifft – und sollte – soweit es den TKG-RegE v. 15.10.2003 betrifft – durch die TKÜV erfolgen.
96 | Eckhardt
Technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen (§ 110 TKG)
Rz. 113 B
zwar nicht mehr explizit zum Ausdruck1, ist aber regelungsimmanent. Sie wird durch § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TKG bestätigt, da nur die Verpflichtung zur Umsetzung von „gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation“ besteht. Zu einer Überwachungsmaßnahme kann es nach § 100b Abs. 3 der Strafprozessordnung (StPO), § 2 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (G 10-Gesetz) und § 23a Abs. 8 des Zollfahndungsdienstgesetz (ZFdG)2 i. V. m. § 2 G 10-G nur bei geschäftsmäßigen Anbietern von Telekommunikationsdiensten (s. o. Rz. 102) kommen3. Nach § 110 TKG sind damit nur die Betreiber verpflichtet, auf die diese Merkmale insgesamt zutreffen. Nach § 110 Abs. 1 S. 2 TKG ist derjenige, der Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit anbietet4, ohne hierfür eine Telekommunikationsanlage zu betreiben, ebenfalls in die Pflicht genommen. Er ist verpflichtet, einen Betreiber auszuwählen, der die Verpflichtungen nach § 110 TKG erfüllt. Diese neue Regelung wird damit begründet, dass eine Verpflichtung allein der Betreiber von Telekommunikationsanlagen in Anbetracht der Marktentwicklungen seit 1998 zu kurz greife. Als Beispiele werden die Service Provider im Mobilfunk und die Anbieter von Telekommunikationsdiensten, die sich zur technischen Umsetzung ihrer Dienste eines externen Betreibers bedienen, genannt5.
112
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Betreiber der nach § 110 TKG zum Vorhalten von technischen Einrichtungen zur Überwachung Verpflichtete ist6. Wer Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringt, ohne hierfür eine Telekommunikationsanlage zu betreiben, hat einen Betreiber auszuwählen, der den Umsetzungspflichten nachkommt (§ 110 Abs. 1 S. 2 TKG)7. Die geschäftsmäßigen Erbringer von Telekommunikationsdiensten sind zwar nicht nach § 110 TKG, aber hingegen aufgrund der StPO, des ZFdG und des G 10-G im Einzelfall gleichwohl verpflichtet eine Überwachung zu ermöglichen.
113
_______________
1 Zu § 88 TKG 1996: König/Koch/Braun, K&R 2002, 289 (290). 2 Zuvor geregelt in §§ 39–43 Außenwirtschaftsgesetz (AWG). 3 Zum Verhältnis der Regelungskomplexe des TKG und der StPO, des ZFdG bzw. AWG und des G 10-G siehe Eckhardt, CR 2001, 670 (671 f.). 4 Zur Erläuterung der Wendung s. Rz. 15 ff. und 65 ff. 5 BT-Drucks. 15/2316, S. 93. 6 Der Betreiber der Telekommunikationsanlage ist aber nicht Adressat der Überwachungsanordnung nach § 100b Abs. 3 StPO, § 2 G 10-Gesetz und § 23a Abs. 8 ZFdG i. V. m. § 2 G 10-G. 7 Der Kreis der nach StPO, ZFdG und G 10-G einerseits und durch § 110 Abs. 1 S. 2 TKG andererseits Verpflichteten ist wenig aufeinander abgestimmt. Aufgrund der Vorgabe der StPO, des ZFdG und des G 10-G wäre ein Anknüpfen an das geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten nahe gelegen (beachte aber Rz. 102 Fn. 3).
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B Rz. 114
Öffentliche Sicherheit
114
Eine Einschränkung des Kreises der nach § 110 Abs. 1 TKG Verpflichteten kann durch die TKÜV vorgenommen werden (§ 110 Abs. 2 Nr. 2 c) TKG). Durch § 110 Abs. 1 S. 5 TKG wird nämlich festgelegt, dass die Verpflichtung aus § 110 Abs. 1 TKG nicht gilt, soweit die TKÜV Ausnahmen vorsieht.
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Exkurs: Internet-Telefonie bzw. Voice over IP (VoIP) Bei der Internet-Telefonie bzw. Voice over IP (VoIP) ist anhand der konkreten Ausgestaltung des Angebots zu unterscheiden, ob eine Verpflichtung nach § 110 Abs. 1 S. 1 TKG besteht. Mangels Funktionsherrschaft ist das Betreiben einer Telekommunikationsanlage zu verneinen, wenn lediglich „IP zu IP“-Angebote betroffen sind1, wohingegen bei „IP zu Festnetz und Festnetz zu IP“-Angeboten eine Funktionsherrschaft anzunehmen ist (siehe Rz. 63). Die Bundesnetzagentur hat bereits Konzepte zur Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen bei der Telekommunikation mittels VoIP ausgearbeitet2. Soweit ein Betreiber nicht festgelegt werden kann, aber der Anbieter gleichwohl Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit anbietet, stellt sich die Frage, wie dieser seiner Pflicht aus § 110 Abs. 1 S. 2 TKG nachkommen soll. Ein geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten kann allerdings dennoch gegeben sein, weshalb die hieran anknüpfende Pflicht zur Ermöglichung der Überwachung nach StPO, ZFdG und G 10-G sowie die weiteren Verpflichtungen der Bestimmungen über die öffentliche Sicherheit, insbesondere nach §§ 111 ff. TKG eingreifen.
_______________
1 Die Pflicht zur Ermöglichung der Überwachung nach StPO, ZFdG und G 10-G ist damit nicht ausgeschlossen, da diese Verpflichtung an das geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten anknüpft und nicht wie § 110 TKG an das Betreiben einer Telekommunikationsanlage. 2 TR TKÜ zusammen mit dem Dokument Übergangslösung zur Umsetzung gesetzlicher Maßnahme zu Überwachung der Telekommunikation bei VoIP, Ausgabe 2.0, v. Juli 2005 (Quelle: www.bundesnetzagentur.de). Bis zur Entwicklung eines ETSI-Standards hat man sich auf eine Übergangslösung geeinigt, wonach VIPspezifische Überwachungstechnik nicht eingefordert werden soll, sofern das VoIPAngebot an einen überwachbaren Internetzugang gebunden ist und die Dienstmerkmale „nomadische Nutzung“ oder „Um- und Weiterleitung“ nicht zur Verfügung stehen (Holznagel/Bonnekoh, MMR 2005, 585 [591 Fn. 70]).
98 | Eckhardt
Technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen (§ 110 TKG)
Rz. 118 B
5.2.2 Exkurs: TKÜV – Konkretisierung des Kreises der Verpflichteten im Überblick Die TKÜV wurde erstmals 20021 auf der Grundlage von § 88 TKG 1996 erlassen2. Die TKÜV enthält neben der Konkretisierung der Vorgaben aus § 110 TKG vor allem auch eine weitere Begrenzung des Kreises der Verpflichteten, mit der sowohl dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als auch technischen Besonderheiten in Einzelfällen Rechnung getragen wird.
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Die TKÜV konkretisiert den Kreis der Verpflichteten gegenüber § 110 TKG zunächst durch Begrenzungen.
117
In § 3 Abs. 1 TKÜV ist eine Klarstellung für den Fall, dass mit einer Telekommunikationsanlage sowohl Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit als auch andere Telekommunikationsdienste erbracht werden, vorgesehen. Die Bestimmungen der TKÜV gelten nur für den Teil der Telekommunikationsanlage, welche der Erbringung von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit dient. Durch § 3 Abs. 2 TKÜV werden bestimmte Telekommunikationsanlagen von der Verpflichtung ausgenommen. Während die Betreiber der in § 3 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 TKÜV genannten Telekommunikationsanlage aufgrund deren Funktion von der Pflicht zur technischen Umsetzung ausgenommen werden, werden durch § 3 Abs. 2 Nr. 5 TKÜV solche ausgenommen, an die „nicht mehr als 1.000 Teilnehmer oder sonstige Nutzungsberechtigte angeschlossen sind“3. Eine Rückausnahme von den Ausnahmen nach Nr. 1 bis 5 gilt für Netzknoten, welche der Vermittlung eines öffentlich zugänglichen Telefondienstes ins Ausland dienen. Für die Betreiber von Telekommunikationsanlagen, an die „nicht mehr als 10.000 Teilnehmer oder sonstige Nutzungsberechtigte angeschlossen sind“4, _______________
1 Verordnung über die technische und organisatorische Umsetzung von Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation – Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) in der Fassung v. 8.11.2005 (BGBl. I 2005, 3136) ist am 9.1.2005 in Kraft getreten und hat die TKÜV 2002 v. 22.1.2002 (BGBl. I 2002, 458) zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 18 Gesetz v. 7.7.2005 (BGBl. I 2005, 1970) ersetzt. 2 Zur Kritik an der TKÜV 2002: König/Koch/Braun, K&R 2002, 289 (293); Eckhardt, CR 2001, 670 (677); Eckhardt, DSB 10/2001, 5 ff.; Pernice, DuD 2002, 207; zu den Kernpunkten der TKÜV 2002: Meister/Schmitz in: Wissmann, Telekommunikationsrecht, 2003, Kap. 15 Rz. 73 ff. 3 Diese Grenzziehung berücksichtigt nicht, dass die Anzahl der Teilnehmer kein direkter Indikator für die Überwachungswahrscheinlichkeit ist. Die Überwachungswahrscheinlichkeit sollte als weiterer Aspekt für eine Befreiung von der Verpflichtung Berücksichtigung finden; Eckhardt, CR 2001, 670 (675). 4 Diese Grenzziehung berücksichtigt nicht, dass die Anzahl der Teilnehmer kein direkter Indikator für die Überwachungswahrscheinlichkeit ist. Die Überwachungswahrscheinlichkeit sollte als weiterer Aspekt für eine Befreiung von der Verpflichtung Berücksichtigung finden; Eckhardt, CR 2001, 670 (675).
Eckhardt | 99
118
B Rz. 119
Öffentliche Sicherheit
besteht die Möglichkeit, nach Maßgabe des § 21 TKÜV Abweichungen von bestimmten Regelungen der TKÜV vorzusehen. Voraussetzung ist allerdings, dass diese Telekommunikationsanlage nicht Teil einer größeren Telekommunikationsanlage desselben Betreibers ist. Die Bundesnetzagentur (§ 116 TKG) soll die Abweichungen dulden (§ 21 Abs. 1 TKÜV). Der Umfang der zu duldenden Abweichungen ist durch § 21 Abs. 2 TKÜV festgelegt. § 22 TKÜV sieht eine weitere Möglichkeit zu Abweichungen hinsichtlich der Gestaltung der technischen Einrichtungen zur Umsetzung der Überwachung sowie für Feldversuche und den Probebetrieb vor. 119
§ 110 Abs. 1 S. 6 und § 3 Abs. 2 Satz 3 TKÜV stellen ausdrücklich klar, dass die Einschränkungen des Kreises der Verpflichteten durch die TKÜV die Pflicht zum Ermöglichen der Telekommunikationsüberwachung, insbesondere nach den §§ 100b Abs. 3 Satz 1 StPO, § 2 Abs. 1 Satz 3 des G 10-Gesetzes, § 23a Abs. 8 des ZFdG sowie den Vorschriften des Landesrechts über Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation, unberührt lassen. 5.3 Inhalt und Konkretisierung der Verpflichtung 5.3.1 Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen
120
Der Betreiber von Telekommunikationsanlagen sollte seine aus § 110 TKG entstehende Verpflichtung von Anfang an berücksichtigen und einen Hersteller auswählen, mit dessen Telekommunikationsanlagen die Vorgaben erfüllt werden können. Günstigerweise liegt dem Hersteller bereits das Ergebnis einer erfolgreichen Typmusterprüfung oder ein geprüftes Rahmenkonzept vor.
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Der geschäftsmäßige Erbringer von Telekommunikationsdiensten sollte ebenfalls von Anfang an die Möglichkeiten zur technischen Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen berücksichtigen. Auch wenn er nicht selbst nach § 110 TKG zur Vorhaltung von Einrichtungen zur technischen Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen verpflichtet ist, muss er seinen Betrieb so einrichten, dass er im Einzelfall eine Überwachung ermöglichen kann. Diese Verpflichtung besteht für ihn gemäß §§ 100a, 100b StPO, §§ 23a bis 23f, 45, 46 ZFdG und Art. 3, 5, 8 G 10-G. Mit Rücksicht hierauf sollte er im eigenen Interesse auch seine Entscheidungen über die genutzten Systeme treffen. 5.3.1.1 Grundlegende Pflichten (§ 110 Abs. 1 TKG)
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In der Regelung in § 110 Abs. 1 TKG sind die Sätze 1 und 3 bis 5 einerseits und der Satz 2 andererseits zu trennen. Während die Sätze 1 und 3 bis 5 den Kern der Regelung des § 110 TKG enthalten, enthält Satz 2 eine flankierende Regelung. 100 | Eckhardt
Technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen (§ 110 TKG)
Rz. 124 B
5.3.1.1.1 § 110 Abs. 1 S. 1 TKG In § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis Nr. 5 TKG sind Anforderungen an die verpflichteten Betreiber von Telekommunikationsanlagen geregelt. Sie werden ergänzt durch die § 110 Abs. 1 S. 3 und 4 TKG.
123
Verstöße gegen bestimmte Verpflichtungen sind nach § 149 Abs. 1 Nr. 22 bis Nr. 28, Abs. 2 TKG bußgeldbewehrt.
5.3.1.1.1.1 § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TKG Die beiden grundlegenden Verpflichtungen ergeben sich aus § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TKG. Die Verpflichteten haben danach technische Einrichtungen zur Umsetzung von gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation vorzuhalten. Die Verpflichtung, diese technischen Einrichtungen „zu gestalten“ ist gegenüber dem TKG 1996 entfallen1. Damit wird der wirtschaftlichen Realität, wonach die Betreiber sich hierzu Dritter bedienen, Rechnung getragen. Die weitere, explizite Verpflichtung, organisatorische Vorkehrungen für die unverzügliche Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen zu treffen, war in § 88 TKG 1996 nicht enthalten. Die organisatorischen Maßnahmen betreffen im Übrigen vor allem die Verteilung der Verantwortlichkeiten, der Zuständigkeiten und die Absicherung der im Zusammenhang mit Überwachungsmaßnahmen anfallenden Informationen durch den Verpflichteten in seinem Organisationsbereich. Da die geschäftsmäßigen Erbringer von Telekommunikationsdiensten, die nach § 100b Abs. 3 StPO, § 2 G 10-Gesetz und § 23a Abs. 8 ZFdG i. V. m. § 2 G 10-G zur Ermöglichung der Überwachung Verpflichteten sind, sind sie die Adressaten der Überwachungsanordnung. Dementsprechend kann die Entgegennahme einer Überwachungsanordnung direkt von den Sicherheitsbehörden nicht Gegenstand der organisatorischen Vorkehrungen der Betreiber der Telekommunikationsanlage sein2. Nach § 88 Abs. 2 Nr. 1 TKG 1996 war der Umfang der organisatorischen Vorkehrungen deutlicher begrenzt, indem die organisatorische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen
_______________
1 Zu dieser Verpflichtung nach § 88 TKG 1996: Eckhardt, CR 2001, 670 (674, 676); König/Koch/Braun, K&R 2002, 289 (291); Eckhardt, DSB 10/2001, 5 (6). 2 Auch wenn der Betreiber der Telekommunikationsanlage gleichzeitig der geschäftsmäßige Erbringer von Telekommunikationsdiensten ist, ist er in seiner Eigenschaft als Betreiber der Telekommunikationsanlage nicht zur Ermöglichung der Telekommunikationsüberwachung verpflichtet und daher auch nicht Adressat der Überwachungsanordnung.
Eckhardt | 101
124
B Rz. 125
Öffentliche Sicherheit
„mittels dieser Einrichtungen“ verlangt wurde. Die organisatorischen Pflichten waren damit zutreffend auf die technische Umsetzung begrenzt1. Diese Verpflichtungen sind auf eigene Kosten2 des Verpflichteten zu erfüllen haben3. 125
Die Verpflichtungen bestehen „ab dem Zeitpunkt der Betriebsaufnahme“ und unabhängig vom Zeitpunkt des Nachweises ihrer Erfüllung. Damit haben die erforderliche Beschaffung und Organisation vor der Betriebsaufnahme abgeschlossen zu sein4. Test- und Probeläufe sind keine Betriebsaufnahme. Die Zulässigkeit der Nutzung der Telekommunikationsanlage hängt auch nicht vom Nachweis ihrer Erfüllung ab5. 5.3.1.1.1.2 § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a TKG
126
Durch das Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften (TKGÄndG) ist die Nr. 1a in § 110 Abs. 1 S. 1 TKG eingefügt worden. Die Regelung soll solchen Konstellationen begegnen, in denen eine Überwachung daran scheitern würde, dass nur durch das Zusammenwirken mehrer Telekommunikationsanlagen eine Überwachung möglich ist. Sie ist im Gesetzgebungsverfahren zum TKGÄndG erst kurz vor dessen Ende eingefügt worden. Zur Begründung dieser Vorschrift wurde darauf verwiesen, dass sie der Klarstellung diene, „dass technische Einrichtungen zur Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen auch im Zusammenhang mit Telekommunikationsdiensten vorzuhalten seien, die auf neuen Technologien beruhen, bei denen _______________
1 § 88 Abs. 1 Nr. 2 TKG 1996 enthielt als Rechtsgrundlage die Vorgaben für den Inhalt der TKÜV 2002. Aufgrund dieser Beschränkung fehlte es an der Rechtsgrundlage für die Regelung in § 12 TKÜV 2002 (König/Koch/Braun, K&R 2002, 289 [293]; Eckhardt, CR 2001, 670 [677]). Mit § 110 TKG sollte offensichtlich eine entsprechende Rechtsgrundlage geschaffen werden. Gegen diese besteht die genannte Kritik wegen des falschen Adressaten. 2 Damit korrespondiert die Klarstellung in § 110 Abs. 9 S. 2 TKG, wonach die Kosten der Vorhaltung nach § 110 Abs. 1 TKG nicht Gegenstand der dort geregelten Entschädigungsregelung sind. 3 Grundlegend zur Kritik an der Kostenabwälzung auf die Verpflichteten: Kube/ Schütze, CR 2003, 663 ff.; von Hammerstein, MMR 2004, 222 ff., mit Kritik auch zu der Kostentragungspflicht nach §§ 111 ff. TKG; König/Koch/Braun, K&R 2002, 289 (294 ff.); Friedrich, Die Verpflichtung privater Telekommunikationsunternehmen, die staatliche Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zur ermöglichen (Dissertation), 2001; der österreichische Verfassungsgerichtshof hat mit Entscheidung v. 27.2.2003, G 37/02-16, G 118/02-14, G 122/02-19, G 156/02, V 42/02-17, G 157/02, V 43/02-17, G 195/02-16, CR 2003, 671 ff. festgestellt, dass eine Abwälzung auf den Diensteanbieter gegen das verfassungsmäßige Verhältnismäßigkeitsgebot verstößt. 4 Das zeigt der Vergleich mit § 110 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 TKG, dessen Vorgaben „unverzüglich nach der Betriebsaufnahme“ zu erfüllen sind. 5 Hierzu siehe auch unten zu § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 TKG.
102 | Eckhardt
Technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen (§ 110 TKG)
Rz. 128 B
die zur Steuerung einer Telekommunikation erforderlichen Signale und die Signale, die den Nachrichteninhalt repräsentieren, über völlig von einander getrennte Telekommunikationsanlagen übermittelt werden, wie dies z. B. bei der sog. VoIP-Telefonie der Fall sei“1. Ferner wird ausgeführt, dass „die Überwachbarkeit der Telekommunikation jedoch durch die völlige Trennung zwischen diesen beiden Signaltypen dahingehend beeinflusst wird, dass es ohne technische Gegenmaßnahmen nicht mehr möglich sei, den zur Überwachung berechtigten Stellen die Nachrichteninhalte zur Verfügung zu stellen“2. Dass der Gesetzgeber keine klare Regelung vor Augen hatte, sondern eher eine einwirkende Maßnahme in der Einfügung der Nr. 1a sah, zeigt die weitere Begründung: „Durch die Einfügung der Nr. 1a wird verdeutlicht, dass sich sowohl die Industrie als auch die Betreiber bei der Suche nach geeigneten technischen Lösungen zur Sicherstellung der Überwachbarkeit für diese modernen Telekommunikationstechnologien darauf einstellen können, auch neue, bisher ungewohnte Lösungsansätze zu verfolgen“3. Aufgrund der Unbestimmtheit der Regelung, die sich nicht einmal durch ihre Begründung beseitigen lässt, begegnet sie erheblichen Bedenken. Sie setzt die Branche unnötiger Rechtsunsicherheit aus. 5.3.1.1.1.3 § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 TKG Unverzüglich nach der Betriebsaufnahme treffen den Verpflichteten zwei weitere Pflichten:
127
Gemäß § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 a TKG hat der Verpflichtete gegenüber der Bundesnetzagentur (§ 116 TKG) zu erklären, dass er die Vorkehrung nach § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TKG getroffen hat. Zur Empfangnahme von Überwachungsanordnungen hat der Verpflichtete nach § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 b TKG eine im Inland gelegene Stelle zu benennen, die für ihn bestimmte Anordnungen entgegennimmt. Änderungen der Daten dieser Stelle sind der Bundesnetzagentur unverzüglich mitzuteilen (§ 110 Abs. 1 S. 3 TKG). Mit dieser gegenüber dem TKG 1996 neuen Verpflichtung soll den Anforderungen der Sicherheitsbehörden Rechnung getragen werden, welche die Kenntnis einer solchen Stelle für unverzichtbar halten4. _______________
1 2 3 4
Begründung des Kabinettsentwurfs v. 17.5.2006. Begründung des Kabinettsentwurfs v. 17.5.2006. Begründung des Kabinettsentwurfs v. 17.5.2006. BT-Drucks. 15/2316, S. 92. In der Begründung zu § 110 Abs. 2 Nr. 1 a) TKG, wonach in der TKÜV die organisatorischen Eckpunkte für die Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen getroffen werden soll, wird als Beispiel für die organisatorischen Aspekte die Forderung der Sicherheitsbehörden angeführt, Vorgaben zur Übermittlungsmöglichkeit von Anordnungen zu machen (BT-Drucks. 15/2316, S. 93).
Eckhardt | 103
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B Rz. 129
Öffentliche Sicherheit
Diese Begründung erscheint jedoch wenig stimmig. Denn nicht der durch § 110 Abs. 1 TKG verpflichtete Betreiber der Telekommunikationsanlage, sondern der geschäftsmäßige Erbringer von Telekommunikationsdiensten ist nach § 100b Abs. 3 StPO, § 2 G 10-Gesetz und § 23a Abs. 8 ZFdG i. V. m. § 2 G 10-G zur Ermöglichung der Überwachung verpflichtet. Dementsprechend ergeht die Überwachungsanordnung nicht gegenüber dem nach § 110 Abs. 1 TKG Verpflichteten, sondern gegenüber dem geschäftsmäßigen Erbringer von Telekommunikationsdiensten. Diese Begründung und die Verpflichtung des Betreibers erscheint umso zweifelhafter, als sich aus § 110 Abs. 1 S. 2 TKG ergibt, dass sich der Gesetzgeber bewusst war, dass die Eigenschaft des Betreibers mit der des Diensteerbringers nicht zwangsläufig zusammenfallen muss1. 5.3.1.1.1.4 § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 TKG 129
Von der Erklärung nach § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 a TKG ist der Nachweis nach § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 TKG, dass die technischen Einrichtungen und die organisatorischen Vorkehrungen mit den Vorgaben der TKÜV und der TR TKÜ übereinstimmen, zu unterscheiden. Im Zuge der Umsetzung der Genehmigungsrichtlinie2 musste das Genehmigungs- und Abnahmeverfahren nach § 88 TKG 1996 aufgegeben und durch diese Nachweispflicht ersetzt.
130
Der Nachweis ist keine Zulässigkeitsvoraussetzung für den Betrieb der Telekommunikationsanlage. Der unentgeltliche Nachweis ist allerdings „unverzüglich, spätestens nach einem Monat nach Betriebsaufnahme“ zu erbringen3.
131
Aus § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 a und b TKG ergibt sich ein zweistufiges Nachweisverfahren. Der Bundesnetzagentur müssen zunächst die zur Vorbereitung der Prüfung erforderlichen Unterlagen zugesandt werden. Im Anschluss hieran wird durch sie eine Prüfung der tatsächlich vorgehaltenen Einrichtungen durchgeführt. Dieses Nachweisverfahren knüpft letztlich an die Praxis der Abnahme unter § 88 TKG 1996 an, wenn auch die Aufnahme des Betriebs nicht mehr hiervon abhängt. Das Ergebnis einer Typmusterprüfung (§ 110 Abs. 4 TKG) ist gemäß § 110 Abs. 4 S. 4 TKG bei dem zu erbringenden Nachweis zu berücksichtigen. _______________
1 Zur fehlenden Abstimmung des Kreises der Verpflichteten nach § 100b Abs. 3 StPO, § 2 G 10-Gesetz und § 23a Abs. 8 ZFdG i. V. m § 2 G 10-G und § 110 Abs. 1 S. 2 TKG siehe Rz. 113. 2 Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie), ABl. EU Nr. L 108 v. 24.4.2002, S. 21. 3 Bei der Bundesnetzagentur ist ein Formblatt „Unterlagen für den Nachweis gemäß § 110 (I) Nr. 3 TKG“ erhältlich.
104 | Eckhardt
Technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen (§ 110 TKG)
Rz. 137 B
Zu beachten ist dabei, dass nicht nur die technischen Einrichtungen, sondern auch die organisatorischen Vorkehrungen Gegenstand dieses Nachweises sind.
132
Nach § 88 Abs. 2 TKG 1996 erteilte Genehmigungen bleiben gemäß § 43 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) unverändert bestehen. Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers1.
133
5.3.1.1.1.5 § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, Nr. 5 und S. 4 TKG § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 stellt die Möglichkeit einer erneuten Prüfung durch die Bundesnetzagentur sicher, falls im Einzelfall eine begründete Erforderlichkeit durch die Bundesnetzagentur festgestellt wird.
134
Durch § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 TKG werden die Voraussetzungen für die sog. strategische Beschränkung nach §§ 5 ff. G 10-G geschaffen.
135
Falls die TR TKÜ (§ 110 Abs. 3 TKG) für die betriebene Telekommunikationsanlage noch keine allgemeinen technischen Festlegungen enthält, hat der Betreiber nach § 110 Abs. 1 S. 4 TKG die technischen Einrichtungen zur Überwachung in Absprache mit der Bundesnetzagentur zu gestalten. Eindeutig klargestellt ist, dass damit Neuerungen nicht die Verpflichtung zur Überwachung entgegensteht. Die BNetzA kann nach dem Wortlaut des § 110 Abs. 1 S. 4 TKG Neuerungen nicht verhindern, soweit der Betreiber die in § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TKG nur grundlegend beschriebenen Pflichten erfüllt. Die BNetzA kann auch damit außerhalb der TR TKÜ keine von ihr konkretisierten Vorgaben durchsetzen.
136
Durch das Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften (TKGÄndG) ist § 110 Abs. 1 S. 4 TKG zunächst dahingehend ergänzt worden, dass die BNetzA entsprechende Festlegungen im Benehmen mit den berechtigten Stellen trifft. Die Einflussnahme der berechtigten Stellen wird dadurch gestärkt. Durch den angefügten Nachsatz wird aber auch die Stellung der BNetzA im Rahmen der Absprachen nach § 110 Abs. 1 S. 4 TKG gegenüber den Verpflichteten gestärkt, weil sich nun daraus ergibt, dass sie die Festlegungen trifft. Die Letztentscheidung wird die BNetzA daher für sich beanspruchen. Darüber hinaus wurde die Regelung nach § 110 Abs. 1 S. 4 TKG durch das TKGÄndG auch auf die – durch das TKGÄndG eingeführte – Nr. 1 des § 110 Abs. 1 S. 1 TKG erstreckt. 5.3.1.1.2 § 110 Abs. 1 S. 2 TKG § 110 Abs. 1 S. 2 TKG enthält eine flankierende Regelung, um die Einhaltung der Vorgaben des § 110 TKG abzusichern. Nach § 110 Abs. 1 S. 2 TKG _______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 93.
Eckhardt | 105
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B Rz. 138
Öffentliche Sicherheit
muss sich der Erbringer eines Telekommunikationsdienstes für die Öffentlichkeit, wenn er nicht selbst als Betreiber den vorgenannten Verpflichtungen unterliegt (zu den nach § 110 Abs. 1 S. 2 TKG Verpflichteten siehe Rz. 112), bei der Auswahl eines Betreibers vergewissern, dass dieser eine Überwachungsanordnung nach Maßgabe der TKÜV und der TR TKÜ unverzüglich umsetzen kann1. 138
Er hat der Bundesnetzagentur unverzüglich nach Aufnahme des Dienstes mitzuteilen, welche Telekommunikationsdienste er erbringt, durch wen die Überwachungsanordnungen betreffend seine Teilnehmer (§ 3 Nr. 20 TKG) umgesetzt werden und an welche Stelle im Inland die Überwachungsanordnungen zu richten sind. Änderungen dieser Informationen sind der Bundesnetzagentur wiederum unverzüglich mitzuteilen (§ 110 Abs. 1 S. 3 TKG).
139
Nach § 110 Abs. 1 S. 5 TKG besteht eine Ausnahme von dieser Pflicht, soweit die TKÜV für die genutzte Telekommunikationsanlage Ausnahmen vorsieht. Direkte Ausnahmen für die nach § 110 Abs. 1 S. 2 TKG Verpflichteten sind in der TKÜV aber nicht vorgesehen worden. Die Rechtsgrundlage für die TKÜV (§ 110 Abs. 2 TKG) nimmt die Verpflichtung aus § 110 Abs. 1 S. 2 TKG nicht in Bezug. Damit können sich nur indirekt Befreiungen von Verpflichtungen ergeben. 5.3.1.2 Konkretisierung durch die TKÜV (§ 110 Abs. 2 TKG)
140
§ 110 Abs. 2 TKG enthält die Rechtsgrundlage für die TKÜV. Durch die TKÜV sollen die in § 110 Abs. 1 TKG vorgegebenen grundlegenden Verpflichtungen zur technischen Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen konkretisiert werden. Die Rechtsverordnung bedarf – anders nach § 88 TKG 1996 – der Zustimmung des Bundesrats.
141
Eine wesentliche inhaltliche Änderung der Rechtsgrundlage hat sich wegen der Abschaffung der Genehmigungspflicht und des -verfahrens aufgrund der Vorgaben der Genehmigungsrichtlinie2 ergeben. Darüber hinaus wurde die Rechtsgrundlage gegenüber dem § 88 TKG 1996 konkretisiert und unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich erkannten Erfordernisse verändert3. Damit wurde auf Kritik an der TKÜV und dem § 88 TKG 1996 reagiert4.
142
In § 110 Abs. 2 TKG sind zwei Regelungsbereiche der TKÜV zu unterscheiden. § 110 Abs. 2 Nr. 1 TKG enthält die Maßgaben zur Ausgestaltung der Verpflichtungen nach § 110 Abs. 1 TKG durch die TKÜV. § 110 Abs. 2 Nr. 2 _______________
1 Diese Regelung wird auch als „Switchless Reseller“-Problematik diskutiert. 2 Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie), ABl. EU Nr. L 108 v. 24.4.2002, 21. 3 BT-Drucks. 15/2316, S. 93. 4 Zur Kritik: König/Koch/Braun, K&R 2002, 289 (293); Eckhardt, CR 2001, 670 (677); Pernice, DuD 2002, 207.
106 | Eckhardt
Technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen (§ 110 TKG)
Rz. 143 B
TKG hingegen schafft die Rechtsgrundlage, um unter den dort genannten Voraussetzungen Ausnahmen von den Verpflichtungen zur technischem Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen zuzulassen. Die Festlegung des Umfangs dessen, was dem Zugriff der Sicherheitsbehörden unterliegt – also was „Inhalt“ und „nähere Umstände“ sind – ist dem Verordnungsgeber als Entscheidungsgegenstand entzogen1. 5.3.1.2.1 Ausgestaltung der Verpflichtungen (§ 110 Abs. 2 Nr. 1 TKG) Nach § 110 Abs. 2 Nr. 1 a TKG sind in der TKÜV die „grundlegenden technischen Anforderungen und die organisatorischen Eckpunkte“ für die Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen zu regeln. Die Pflicht nach § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TKG soll durch die TKÜV konkretisiert werden. Die Beschränkung auf die grundlegenden technischen Anforderungen trägt dem Umstand Rechnung, dass die technischen Einzelheiten gerade nicht durch eine Rechtsverordnung, sondern durch die TR TKÜ nach § 110 Abs. 3 TKG geregelt werden sollen. Die Wendung „organisatorische Eckdaten“ stellt klar, dass durch die TKÜV nicht grundlegend in die Organisationsfreiheit der Verpflichteten eingegriffen werden soll. Es sollen lediglich Vorgaben für die unabweisbaren Forderungen der Sicherheitsbehörden geschaffen werden2. Als Beispiele nennt die Begründung: Vorgaben zur Erreichbarkeit der Unternehmen, der Zulässigkeit der organisatorischen Ausgliederung der mit der Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen verbundenen Aufgaben und zu Übermittlungsmöglichkeiten von Anordnungen3. Bei der Konkretisierung durch die TKÜV ist ebenfalls zu beachten, dass der nach § 110 TKG verpflichtete Betreiber von Telekommunikationsanlagen nicht der Adressat der Überwachungsanordnungen nach StPO, ZFdG und G 10-G ist (siehe Rz. 113 und 124) ist. Eine Regelung, welche die Verpflichtung der Betreiber von Telekommunikationsanlagen zur Entgegennahme von Überwachungsanordnungen enthält bzw. die Art und Weise der Entgegennahme durch diese ausgestaltet, ist daher rechtlich bedenklich4. _______________
1 2 3 4
Berl. Komm/Klesczewski, § 110 TKG Rz. 43. BT-Drucks. 15/2316, S. 93. BT-Drucks. 15/2316, S. 93. Insofern erscheint die Regelung in § 12 TKÜV weiterhin bedenklich, obwohl der Gesetzgeber versucht hat, mit dem § 110 Abs. 2 Nr. 1 a) TKG eine Rechtsgrundlage zu schaffen. § 88 Abs. 2 Nr. 1 TKG 1996 enthielt dementsprechend zutreffend eine Begrenzung auf die „organisatorische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen mittels dieser Einrichtungen“. Damit waren die organisatorischen Aufgaben auf die Pflichten des Betreibers zur Umsetzung beschränkt. Hierzu Eckhardt, CR 2003, 805 (810); König/Koch/Braun, K&R 2002, 289 (293); Eckhardt, CR 2001, 670 (677).
Eckhardt | 107
143
B Rz. 144
Öffentliche Sicherheit
Die Ermächtigung zur Regelung der organisatorischen Umsetzung erstreckt sich auch auf die Umsetzung der Überwachungsmaßnahme durch einen von dem Verpflichteten beauftragten Erfüllungsgehilfen1. 144
§ 110 Abs. 2 Nr. 1 c TKG schafft die Rechtsgrundlage für die Ausgestaltung des Nachweisverfahrens, das in § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 und Nr. 4 TKG angelegt ist. Da trotz der Aufhebung der Genehmigungspflicht die Überprüfung der Einhaltung der technischen und organisatorischen Vorkehrungen für die Gewährleistung staatlicher Sicherheitsinteressen unverzichtbar sei, sollen – so die Begründung – die Einzelheiten des Verfahrens in der TKÜV geregelt werden2. Hierzu gehört auch die Festlegung von angemessenen Zeiträumen, innerhalb derer die Bundesnetzagentur die Nachweisprüfung anhand der ursprünglich gültigen Vorgaben vornimmt, falls Vorgaben geändert werden.
145
In der TKÜV soll nach § 110 Abs. 2 Nr. 1 b TKG der Regelungsrahmen der TR TKÜ festgelegt und nach § 110 Abs. 2 Nr. 1 d TKG die Duldungspflicht nach § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 TKG näher ausgestaltet werden. Mit § 110 Abs. 2 Nr. 1 d TKG soll die Rechtsgrundlage für die Regelungen in §§ 26 ff. TKÜV geschaffen werden3.
146
Der Begründung zu § 110 TKG ist zu entnehmen, dass die grundlegenden Eckpunkte der in der TKÜV 2002 geregelten Sachverhalte durch § 110 Abs. 2 Nr. 1 a) und b) TKG unverändert bleiben4. 5.3.1.2.2 Ausgestaltung der Ausnahmen (§ 110 Abs. 2 Nr. 2 TKG)
147
Mit § 110 Abs. 2 Nr. 2 a bis c TKG ist die Rechtsgrundlage geschaffen, um in der TKÜV Ausnahmen von der grundsätzlichen Verpflichtung nach § 110 Abs. 1 TKG zu schaffen. Es sind in § 110 Abs. 2 Nr. 2 TKG drei Kategorien von Ausnahmen angelegt.
148
Nach § 110 Abs. 2 Nr. 2 a TKG können vorübergehende – also nur zeitlich begrenzte – Ausnahmen von bestimmten – also nicht von sämtlichen – technischen Vorgaben geschaffen werden. Für Betriebs- und Feldversuche müssen damit nicht in dem für den Regelbetrieb erforderlichen Umfang Überwachungseinrichtungen vorgehalten werden5.
149
Befreiungen von einzelner Pflichten können nach § 110 Abs. 2 Nr. 2 b TKG die TKÜV für den Fall von technisch begründeten Ausnahmen erfolgen.
150
Durch § 110 Abs. 2 Nr. 2 c TKG wird die Rechtsgrundlage für die generelle Ausnahmen von der Pflicht nach § 110 Abs. 1 TKG geschaffen. Diese müs_______________
1 2 3 4 5
Siehe § 5 Abs. 3 S. 2 TKÜV. BT-Drucks. 15/2316, S. 93 f. BT-Drucks. 15/2316, S. 94. BT-Drucks. 15/2316, S. 93. BT-Drucks. 15/2316, S. 94.
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Technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen (§ 110 TKG)
Rz. 151 B
sen in grundlegenden technischen Erwägungen oder dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ihren Grund haben. Allein auf § 110 Abs. 2 Nr. 2 c TKG können Ausnahmeregelungen gestützt werden, die nicht auf einzelne technischen Vorgaben beschränkt sind und solche, die auch von organisatorischen Pflichten befreien. Nach der Begründung dieser Regelung ist in der TKÜV insbesondere zu berücksichtigen, dass in einer grundsätzlich mit Überwachungstechnik auszustattenden Telekommunikationsanlage nicht notwendigerweise alle Telekommunikationsarten überwachbar sein müssen1. Die Begründung nennt als Beispiel Dienste, bei denen nicht die Individualkommunikation im Vordergrund steht, sondern ein jedermann zugängliches Informationsangebot, wie Call Center, Freephone oder Premium Rate Services, zum Gegenstand haben2. Auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sind insbesondere die Einschränkungen der Verpflichtungen in § 3 Abs. 2 S. 2 Nr. 5, 21 TKÜV 2002 zu stützen. 5.3.1.3 Exkurs: TKÜV – Konkretisierung der technischen Vorgaben im Überblick Die TKÜV wurde erstmals 20023 auf der Grundlage von § 88 TKG 1996 erlassen4. Die TKÜV enthält neben der Konkretisierung der Vorgaben aus § 110 TKG vor allem auch eine weitere Begrenzung des Kreises der Verpflichteten, mit der sowohl dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als auch technischen Besonderheiten in Einzelfällen Rechnung getragen wird.
_______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 94. Bei dieser Einschränkung ist allerdings zu beachten, dass nicht § 110 TKG i. V. m. der TKÜV festlegt, welche Telekommunikation überwachbar sein muss. Der Maßstab hierfür sind die Regelungen der StPO, des ZFdG und des G 10-G. Deren Reichweite wird in der Praxis wiederum aus dem eigenständigen Verständnis der Regelungen der StPO, des ZFdG und des G 10-G ausgelegt. Eine Auslegung, die sich nicht zwingend mit dem Verständnis des TKG decken muss. Insofern wird nicht zu regeln sein, welche Telekommunikation nicht überwachbar sein muss, sondern für welche Telekommunikationsarten die Verpflichtungen nach § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TKG nicht bestehen. Die Pflicht die Überwachung nach der StPO, dem ZFdG und dem G 10-G im Einzelfall zu ermöglichen, bleibt hiervon unberührt. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 94. 3 Verordnung über die technische und organisatorische Umsetzung von Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation – Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) in der Fassung v. 22.1.2002 (BGBl. I 2002, 458) zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 18 Gesetz v. 7.7.2005 (BGBl. I 2005, 1970). 4 Zur Kritik an der TKÜV 2002: König/Koch/Braun, K&R 2002, 289 (293); Eckhardt, CR 2001, 670 (677); Eckhardt, DSB 10/2001, 5 ff.; Pernice, DuD 2002, 207; zu den Kernpunkten der TKÜV 2002: Meister/Schmitz in: Wissmann, Telekommunikationsrecht, 2003, Kap. 15 Rz. 73 ff.
Eckhardt | 109
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B Rz. 152
Öffentliche Sicherheit
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Im Kern wurde die TKÜV1 gegenüber der TKÜV 2002 lediglich überarbeitet und entsprechend den Vorgaben der Genehmigungsrichtlinie2 und dem § 110 TKG angepasst.
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Die TKÜV enthält als eine der wichtigsten Neuerungen gegenüber der TKÜV 2002 das Verfahren zum Nachweis der Vorgaben anstelle des Genehmigungs- und Abnahmeverfahrens. Der Genehmigungsvorbehalt ist gegenüber dem § 88 TKG 1996 in § 110 TKG nicht mehr enthalten, weshalb auch die Regelungen zur Ausgestaltung des Abnahme- und Genehmigungsverfahrens entfallen sind. § 18 TKÜV 2002 ist daher ersatzlos gestrichen und in § 19 TKÜV anstatt des Abnahmeverfahrens das Nachweisverfahren geregelt. Dementsprechend wurden auch die §§ 1 Nr. 2 und 3 und § 20 TKÜV 2002 sowie die §§ 21, 22 TKÜV 2002 in der TKÜV geändert, soweit sie an die Genehmigung bzw. Abnahme anknüpfen. Auch die landesrechtlichen Befugnisse zur Überwachung der Telekommunikation werden in der TKÜV berücksichtigt.
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Die sog. Auslandskopfüberwachung ist in § 3 Abs. 2 und § 4 Abs. 2 TKÜV aufgenommen worden3. Unter einer Auslandskopfüberwachung ist die Überwachung der vom Inland zu einer bestimmten, in der Anordnung benannten Zieladresse im Ausland aufgebauten Telekommunikationsverbindung zu verstehen; die inländische Kennung ist dabei den Sicherheitsbehörden (typischerweise) nicht bekannt4. Die Überwachung setzt daran an, dass die Zusammenschaltung inländischer mit ausländischen Telekommunikationsnetzen durch die Verbindung inländischer Knotenpunkte, dem sog. Auslandskopf, mit ausländischen Knotenpunkten erfolgt5.
155
Der Verpflichtete nach § 5 Abs. 2 TKÜV hat der berechtigten Stelle am Übergabepunkt eine vollständige Kopie der Telekommunikation bereitzustellen, die über seine Telekommunikationsanlage unter der zu überwachenden Kennung abgewickelt wird. § 6 TKÜV regelt die grundlegenden Anforderungen an die technischen und organisatorischen Vorkehrungen. Der Verpflichtete hat beispielsweise seine Überwachungseinrichtungen so zu gestalten, dass er eine Anordnung un_______________
1 Verordnung über die technische und organisatorische Umsetzung von Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation – Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) v. 3.11.2005 (BGBl. I 2005, 3136). 2 Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie), ABl. EU Nr. L 108 v. 24.4.2002, S. 21. 3 Tiedemann, CR 2005, 858 ff.; Beck TKG-Komm/Bock, § 110 TKG Rz. 89. 4 Die Auslandskopfüberwachung unterscheidet sich von anderen Überwachungsmaßnahmen der Sicherheitsbehörden dadurch, dass nicht an einem bestimmten Anschluss im Inland ansetzt. Die Unterschied zur sog. strategischen Beschränkung nach dem G 10-G hat sie ein bestimmtes Ziel im Ausland zum Gegenstand. 5 BT-Drucks. 15/5199, S. 2.
110 | Eckhardt
Technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen (§ 110 TKG)
Rz. 159 B
verzüglich umsetzen kann. Regelungen zu weiteren Punkten sind in den §§ 7 ff. TKÜV vorgesehen. Aus § 12 TKÜV ergeben sich insbesondere Verpflichtungen zur Vorhaltung personeller Ressourcen und zur Entgegennahme von Überwachungsanordnungen1. In §§ 26 ff. TKÜV sind Bestimmungen für die technische Umsetzung von Maßnahmen nach §§ 5 und 8 des Art. 10-Gesetzes (sog. Strategische Beschränkung) enthalten. Diese Bestimmungen gelten jedoch nur für Betreiber von Telekommunikationsanlagen, die der Bereitstellung von internationalen leitungsgebundenen Telekommunikationsbeziehungen dienen, soweit eine gebündelte Übertragung erfolgt und Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbracht werden.
156
Die TKÜV verbietet weder die Verschlüsselung der Kommunikation noch enthält sie die Verpflichtung, eine fremde Verschlüsselung aufzuheben. § 5 Abs. 2 TKÜV ist zu entnehmen, dass die Telekommunikation an die berechtigten Stellen so auszuleiten ist, wie sie an den Kommunikationsteilnehmer ausgeleitet wird. Aus § 8 Abs. 3 TKÜV ergibt sich, dass netzseitige Verschlüsselungen im Rahmen der Übertragung der Telekommunikation bei der Ausleitung an die berechtigten Stellen aufzuheben sind. Bei einer von den Kommunikationsteilnehmern eingesetzten Verschlüsselung ist die Kommunikation in der verschlüsselten Form auszuleiten, wie sie auch an die Kommunikationsteilnehmer ausgeleitet wird.
157
Im Interesse der Sicherstellung der Verschleierungssicherheit in Bezug auf Überwachungsmaßnahmen trifft den Verpflichteten nach § 15 Abs. 3 TKÜV eine Meldepflicht, falls ihm bekannt wird oder er einen begründeten Verdacht hat, dass ein Unbefugter Kenntnis erhalten hat.
158
Erleichterungen sind für die Verpflichteten gegenüber der TKÜV 2002 auch im administrativen Bereich erfolgt. Das Rückrufverfahren bei vorab per Telefax oder elektronischer Kopie übersandten Anordnungen ist entfallen. Nach § 12 Abs. 2 TKÜV hat der Verpflichtete die Überwachungsmaßnahme zu beenden, falls bei aufgrund eines Telefaxes begonnener Überwachung nicht binnen einer Woche das Original oder eine beglaubigte Abschrift zugeht. Die Prüfung der Protokolldaten ist vereinfacht und damit der Aufwand für den Verpflichteten verringert worden. In § 17 Abs. 1 TKÜV wurde die Prüfung von ursprünglich 100 % auf einen „angemessenen Teil“ der Protokolldaten, mindestens jedoch 20 %, verringert.
159
_______________
1 Der nach § 12 Abs. 1 TKÜV Verpflichtete hat beispielsweise sicherzustellen, dass er jederzeit telefonisch über das Vorliegen einer Anordnung und die Dringlichkeit ihrer Umsetzung benachrichtigt werden kann; innerhalb seiner üblichen Geschäftszeiten hat er eine Anordnung jederzeit entgegen nehmen zu können, außerhalb der üblichen Geschäftszeiten muss er eine unverzügliche Entgegennahme der Anordnung sicherstellen, spätestens jedoch nach sechs Stunden seit der Benachrichtigung.
Eckhardt | 111
B Rz. 160
Öffentliche Sicherheit
5.3.1.4 Konkretisierung durch eine Technische Richtlinie (§ 110 Abs. 3 TKG) 160
Die Detailregelung der technischen Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen soll durch die Bundesnetzagentur (§ 116 TKG) in der Technischen Richtlinie Telekommunikationsüberwachung (TR TKÜ) erfolgen1. Der Regelungsrahmen der TR TKÜ wird durch die TKÜV festgelegt (§ 110 Abs. 2 Nr. 1 b TKG) festgelegt. Sie hat sich daher an den grundlegenden Vorgaben des § 110 Abs. 3 TKG und den Konkretisierungen der TKÜV auszurichten. Der Inhalt der TR TKÜ ist strikt auf die technischen Aspekte zur Sicherstellung der vollständigen Erfassung der zu überwachenden Telekommunikation und zur Gestaltung des Übergabepunktes beschränkt. Die TR TKÜ ist nach § 110 Abs. 3 S. 3 TKG in der Fassung durch das TKGÄndG durch die BNetzA auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen und diese Veröffentlichung in ihrem Amtsblatt bekannt zu machen. Wegen dieses begrenzten Regelungsbereiches sowie aufgrund der Schnelligkeit der Veränderungen und des erforderlichen Detaillierungsgrades ist eine Beteiligung der in § 110 Abs. 3 TKG explizit Genannten an der Ausarbeitung der TR TKÜ vorgesehen. Von internationalen Standards darf nur in zu begründenden Ausnahmefällen abgewichen werden. Nationale „Insellösungen“ sollen damit verhindert werden. Dahinter steht das Ziel der Minimierung der Kosten aller Beteiligten.
161
Der Rechtsstatus der TR TKÜ ist unklar. Eine Beachtung der TR TKÜ als Verwaltungsvorschrift im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wie unter dem TKG 1996 kommt nicht mehr in Betracht. Auch der Ansatz des Referentenentwurfs zum TKG, die TR TKÜ als Allgemeinverfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit auszugestalten, wurde nicht umgesetzt2. Die Begründung zum Entwurf führt hierzu aus: „In Folge des Wegfalls des Genehmigungsverfahrens muss der Status der TR TKÜ dahin gehend, geändert werden, dass sie zu einer unmittelbar verbindlichen technischen Vorschrift mit dem Rechtsstatus einer Richtlinie der Verwaltung wird.“
162
Auf dieser Grundlage ist eine Einordnung in die verwaltungsrechtliche Dogmatik nicht eindeutig möglich. Allgemein werden in dieser Begründung unter Richtlinien ebenfalls Verwaltungsvorschriften verstanden, so dass durch den „Rechtsstatus einer Richtlinie der Verwaltung“ nicht viel gewonnen ist; zumal diese eben gegenüber dem Bürger – und damit auch ge_______________
1 Technische Richtlinie zur Umsetzung gesetzlicher Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation (TR TKÜ), Ausgabe 5.0, Dezember 2006, Amtsblatt der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahn 2006, S. 3850 ff. 2 Hierzu Eckhardt, CR 2003, 805 (811).
112 | Eckhardt
Technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen (§ 110 TKG)
Rz. 164 B
genüber den verpflichteten Unternehmen – nicht unmittelbar verbindlich sind. Eine Bindungswirkung von Verwaltungsvorschriften kommt nur bei sog. normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften in Betracht. Gebunden sind dann die Verwaltungsgerichte, nicht aber der betroffene Bürger1. Der Vorteil einer unmittelbaren gerichtlichen Angreifbarkeit durch den Betroffenen wie bei einer Allgemeinverfügung ist damit nicht gegeben. Für den Erlass einer Verwaltungsvorschrift bedarf es keiner Rechtsgrundlage, so dass ein wesentlicher Gehalt der Regelung in § 110 Abs. 3 TKG in der gesetzlichen Absicherung der Beteiligung der entsprechenden Verbände und der Hersteller ist2. In Fällen, in denen noch keine Vorgaben in der TR TKÜ enthalten sind, hat der Verpflichtete die Vorgaben nach § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TKG in Absprache mit der Bundesnetzagentur zu gestalten (§ 110 Abs. 1 S. 4 TKG). 5.3.1.5 Typmusterprüfung (§ 110 Abs. 4 TKG) Die Regelung über die Typmusterprüfung betrifft die Hersteller und Vertriebsunternehmen von technischen Einrichtungen zur Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen und greift das bis dahin auf freiwilliger Basis bestehende Verfahren zur Prüfung von Rahmenkonzepten auf.
163
Entscheidend ist, dass durch § 110 Abs. 4 S. 1, 3 TKG den Herstellern und Vertreibenden von Überwachungseinrichtungen ein Anspruch auf eine Typmusterprüfung gegenüber der Bundesnetzagentur (§ 116 TKG) sowie einer schriftlichen Mitteilung des Ergebnisses eingeräumt wird. Maßstab der Prüfung sind die TKÜV und die TR TKÜ. Darüber hinaus wird die Genehmigung vorübergehender Abweichungen der technischen Einrichtungen zur Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen von den technischen Vorgaben durch die Bundesnetzagentur in § 110 Abs. 4 S. 2 TKG ermöglicht. Voraussetzung ist, dass die Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen grundsätzlich gewährleistet ist und sich für die Einrichtungen der zur Überwachung berechtigten Stellen nur ein unwesentlicher Anpassungsbedarf ergibt. _______________
1 Die Rechtsprechung des BVerwG anerkennt eine solche Bindungswirkung unter folgende Voraussetzungen (BVerwGE 107, 338 ff.): Die Verwaltungsvorschrift stammt aus dem Bereich des Umwelt- und Technikrechts (1.), sie beachtet „höherrangige Gebote“ (2.), sie berücksichtigt „die im Gesetz getroffenen Wertungen“ (3.), sie ist in einem sorgfältigen Verfahren unter Einbeziehung des wissenschaftlichen und technischen Sachverstands erarbeitet worden (4.) ist nicht durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt (5.). Dogmatisch basiert die Bindungswirkung auf der Lehre des Beurteilungsspielraums; statt aller: Maurer, Verwaltungsrecht, 15. Aufl. 2004, § 24 Rz. 25a). 2 Eine direkte Beteiligung der nach § 110 Abs. 1 TKG Verpflichteten ist nicht verpflichtend.
Eckhardt | 113
164
B Rz. 165
Öffentliche Sicherheit
165
Im Nachweisverfahren nach § 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 und 4 TKG ist das Ergebnis der Typmusterprüfung durch die Bundesnetzagentur zu beachten.
166
Durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit vor dem Inkrafttreten des § 110 Abs. 4 TKG ausgesprochene Zustimmungen zu Rahmenkonzepten gelten gemäß § 110 Abs. 4 S. 5 TKG als Mitteilungen im Sinne des § 110 Abs. 4 TKG. 5.3.1.6 Umsetzungsfristen (§ 110 Abs. 5 TKG)
167
Die Vorgaben der TKÜV und der TR TKÜ sind grundsätzlich innerhalb eines Jahres nach ihrer Bekanntmachung zu erfüllen. Es können aber im Einzelfall längere Umsetzungsfristen vorgesehen werden.
168
Im Falle von Änderungen der TR TKÜ besteht für die Umsetzung der Änderungen eine Frist von drei Jahren ab dem Inkrafttreten der geänderten Anforderungen. Voraussetzung ist allerdings, dass eine mängelfreie technische Einrichtung für einen im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung bereits angebotenen Telekommunikationsdienst betroffen ist.
169
§ 110 Abs. 5 S. 3 TKG sieht unterschiedliche Fristen für die Beseitigung von Mängeln vor. Zeigt sich ein Mangel im Rahmen des Nachweisverfahrens nach § 110 Abs. 1 S. 1 TKG, ist dieser innerhalb eines von der Bundesnetzagentur festzusetzenden angemessenen Zeitraums zu beseitigen. Unverzüglich zu beseitigen ist ein Mangel, der sich im Rahmen des Regelbetriebs zeigt. Neu gegenüber dem TKG 1996 ist, dass sich die Mängelbeseitigungspflicht auch auf die organisatorischen Vorkehrungen bezieht1. Fristen zur Mängelbeseitigung, die im Rahmen einer Typmusterprüfung (§ 110 Abs. 4 TKG) gesetzt worden sind, sind bei dieser Fristsetzung zu berücksichtigen. 5.3.1.7 Übermittlung an die berechtigten Stellen (§ 110 Abs. 6 TKG)
170
Die Regelung in § 110 Abs. 6 TKG enthält die Verpflichtung den berechtigten Stellen auf deren Anforderung Netzabschlusspunkte für die Übertragung der im Rahmen einer Überwachungsmaßnahme anfallenden Informationen bereit zu stellen. Sie entspricht im Wesentlichen der Regelung in § 88 Abs. 4 TKG 1996 Der verpflichtete Personenkreis ist jedoch anders als in § 88 Abs. 4 TKG 1996 auf solche Betreiber, die ihr Angebot für die Öffentlichkeit bereithalten, beschränkt2. _______________
1 Zu den Bedenken in Bezug auf die Festlegung organisatorischer Pflichten: siehe Rz. 143. 2 Zum Merkmal „für die Öffentlichkeit“ siehe Rz. 15 ff. und 65 ff.
114 | Eckhardt
Technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen (§ 110 TKG)
Rz. 174 B
Die Ausgestaltung der Netzabschlusspunkte, über welche die im Rahmen der Überwachung anfallenden Informationen übertragen werden, können in der TKÜV festgelegt werden. Letztlich wird dies aber in der TR TKÜ geregelt, wie sich aus § 110 Abs. 3 TKG ergibt.
171
Die Bereitstellung hat unverzüglich und vorrangig zu erfolgen. Sie erfolgt zu den allgemeinen Tarifen, sofern nicht wegen vorrangiger oder vorzeitiger Bereitstellung oder Entstörung besondere Tarife zum Tragen kommen. 5.3.1.8 § 110 Abs. 7 TKG § 110 Abs. 7 TKG regelt die Gestaltung der Telekommunikationsanlage, mit der in das Fernmeldegeheimnis oder in den Netzbetrieb eingegriffen wird. Mit der Erweiterung gegenüber § 88 Abs. 3 TKG 1996 sind eindeutig auch Geräte wie der sog. IMSI-Catcher1 (siehe Rz. 107) erfasst.
172
Die Adressaten der Regelung sind die berechtigten Stellen. Die Begründung zu dieser Regelung betont, dass das Einvernehmen mit den berechtigten Stellen und nicht den mit von diesen beauftragten Herstellern hergestellt werden soll2.
173
5.3.1.9 Jahresstatistik (§ 110 Abs. 8 TKG) Für Überwachungsmaßnahmen auf der Grundlage von §§ 100a, 100b StPO ist durch die Betreiber von Telekommunikationsanlagen eine Jahresstatistik zu führen. Die Einzelheiten können in der TKÜV geregelt werden. Die TKÜV enthält ein Muster zur Meldung der Überwachungsmaßnahmen3. Diese Verpflichtung soll drei Jahre nach dem Inkrafttreten des neuen TKG entfallen, falls bis dahin eine Rechtsgrundlage für aussagekräftige statistische Erhebungen über die durchgeführten Überwachungsmaßnahmen durch die Landesjustizbehörden verfügbar ist4. _______________
1 Dieses Gerät ermöglicht es, die International Mobile Subscriber Indentification in einem gewissen Radius um das Geräte herum zu ermitteln, indem es eine Funkzelle simuliert, an die sich Mobilfunkgeräte versuchen anzumelden. Mit diesem Gerät kann allerdings auch der Aufbau einer Mobilfunkkommunikation in einem bestimmten Bereich unterdrückt erwerden. Die Nutzung des Geräts greift in den Netzbetrieb ein und stört diesen. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 94. 3 Zur Kritik an dieser Regelung, insbesondere im Hinblick darauf, dass diese Pflicht den berechtigten Stellen aufzuerlegen ist, weil auch nur sie eine Evaluation der Erkenntnisse aus der Statistik vornehmen könnten: Eckhardt, CR 2003, 805 (811). Der zum Redaktionsschluss vorliegende Referentenentwurf zur Novellierung der TK-Überwachung (Rz. 182) sieht die Streichung der Regelung vor. Die Strafverfolgungsbehörden sollen stattdessen berichten. 4 In dem Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG ist die Streichung des § 110 Abs. 8 TKG bereits vorgesehen.
Eckhardt | 115
174
B Rz. 175
Öffentliche Sicherheit
5.3.1.10 Entschädigung (§ 110 Abs. 9 TKG) 175
§ 110 Abs. 9 TKG enthält die Rechtsgrundlage für eine Rechtsverordnung zur Regelung der Entschädigung von „Diensteanbietern“ für die Ermöglichung der Überwachung nach StPO, AWG und G 10-G sowie landesgesetzliche Bestimmungen zur Telekommunikationsüberwachung und für Auskünfte nach § 113 TKG1.
6. Vorratsdatenspeicherung 6.1 Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung 176
Die Richtlinie über die Vorratsspeicherung2 ist am 13.4.2006 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden. Ihre Entstehung ist von einer heftigen Diskussion über deren Zulässigkeit begleitet worden. Aus deutscher Sicht bestehen weiterhin schwere Bedenken gegen die Vereinbarkeit der Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung mit dem Grundgesetz. Seit dem sog. Volkszählungsurteil des BVerfG ist anzunehmen, dass eine generelle und anlassunabhängige Speicherung von personenbezogenen Daten unzulässig ist. Der deutsche Gesetzgeber hat gleichwohl deutlich gemacht, dass er diese Grundsatzdiskussion nicht führen, sondern die Richtlinie durch ein nationales Gesetz umsetzen wird. 6.1.1 Verpflichteter und Gegenstand der Vorratsdatenspeicherung
177
In die Pflicht genommen werden die Anbieter öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste und die Betreiber öffentlicher Kommunikationsnetze. Nach der Art. 2 Abs. 2 lit. a und Art. 3, 5 der Richtlinie sind die zu erfassenden Daten die Verkehrsdaten und Standortdaten sowie damit in Zusammenhang stehende Daten, die zur Feststellung des Teilnehmers oder Benutzers erforderlich sind, auf Vorrat zu speichern. Eingeschlossen sind dabei erfolglose Anrufversuche, nicht aber Fälle, in denen eine Verbindung nicht zustande kommt (Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie). In Art. 5 der Richtlinie sind die Kategorien der zu speichernden Daten festgelegt. Dabei wird zwischen Daten des Fest- und Mobilfunknetzes einerseits und des Internetzugangs, der Internet-Mail und der Internet-Telefonie andererseits differenziert3. _______________
1 Hierzu existiert zwar ein Entwurf. Die Finalisierung gestaltet sich wegen der Diskussionen insbesondere über die Höhe der Entschädigungen schwierig. 2 Richtlinie 2006/244/EG über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG (ABl. L 105/54 v. 13.4.2006). 3 Diese Unterstreichung wird in § 110a TKG-RefE (Rz. 182) aufrechterhalten.
116 | Eckhardt
Vorratsdatenspeicherung
Rz. 181 B
Nach Erwägungsgrund 13 und Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie dürfen keine Inhalte der Kommunikation erfasst werden.
178
Ebenso wird in Erwägungsgrund 13 der Richtlinie klargestellt, dass die Pflicht sich nur auf Daten aus den eigenen Diensten des Verpflichteten bezieht. 6.1.2 Speicherpflicht Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie sind die Daten auf Vorrat zu speichern. Aus Art. 3 der Richtlinie ergibt sich aber, dass keine Pflicht zur Erhebung dieser Daten besteht, wenn der Verpflichteten diese nicht aufgrund der Gestaltung im Eigeninteresse erzeugt oder verarbeitet und diese bei Telefondiensten gespeichert bzw. bei Internetdaten protokolliert werden. Unterstrichen wird dies durch Erwägungsgrund 23 der Richtlinie1. Die Richtlinie regelt auch keine Auskunftspflicht, weshalb hierfür weiterhin die nationalen Befugnisnormen und deren Voraussetzungen zu beachten sind. Gleichwohl ist in Art. 8 der Richtlinie geregelt, dass die Informationen auf eine Anfrage hin unverzüglich mitzuteilen sind2.
179
Nach Art. 6 der Richtlinie ist eine Speicherfrist zwischen sechs Monaten und höchstens zwei Jahren vorgesehen.
180
In der Praxis haben die Verpflichteten geeignete technische und personelle Ressourcen bereitzustellen, um diese Daten zu speichern und dann im Einzelfall aus der Masse der Daten „herauszufiltern“3. Für die auf Vorrat gespeicherten Daten enthält die Richtlinie in Art. 7 Vorgaben für den Datenschutz und die Datensicherheit. Die Daten haben demnach der gleichen Sicherheit und dem gleichen Schutz zu unterliegen wie die im Netz vorhandenen Daten. Es müssen bspw. auch Maßnahmen der Zugriffssicherung getroffen werden. Für die Umsetzungsfristen ist die Kategorisierung der Daten in Art. 5 der Richtlinie entscheidend. Denn die Richtlinie muss für das Fest- und Mobilfunknetz bis 15.9.2007 und für den Internetzugang, die Internet-Mail und die Internet-Telefonie bis 15.5.2009 in nationales Recht umgesetzt werden.
_______________
1 Aus §§ 110a, 110b TKG-RefE (Rz. 182) ergibt sich ebenfalls, dass keine Erhebungspflicht besteht. 2 Diese Systematik ist in §§ 110a, 110b TKG-RefE (Rz. 182) übernommen worden. Die Auskunftspflicht ergibt sich nur aus § 100g StPO. Gleichwohl geben §§ 110a, 110b TKG-RefE deren Unverzüglichkeit vor. 3 Entscheidend für die Entlastung der Verpflichteten wird es auch sein, ein geeignetes Verfahren zur Koordination der Anfragen zu schaffen.
Eckhardt | 117
181
B Rz. 182
Öffentliche Sicherheit
6.2 Nationale Umsetzung 182
Die nationale Umsetzung soll durch ein Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG1 erfolgen. Das Gesetz sieht umfangreiche Änderungen der StPO und des TKG vor. Die Vorratsdatenspeicherungspflicht soll im Kern in den neuen §§ 110a, 110b TKG umgesetzt werden. Mit Blick auf das frühe Stadium des Gesetzgebungsverfahrens sind die Ausführungen auf einen Überblick beschränkt. 6.2.1 Verpflichteter
183
Nach § 110a TKG-E werden die Erbringer von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit und die daran Mitwirkenden in die Pflicht genommen. Falls dieser nicht selbst auch die entsprechende Telekommunikationsanlage betreibt, hat er sicherzustellen, dass die Daten dennoch gespeichert werden. 6.2.2 Umfang der Verpflichtung
184
Neben der Speicherpflicht (§ 110a TKG-E) wird zugleich auch die Unverzüglichkeit der Auskunftserteilung (§ 110b TKG-E) geregelt. Der Katalog der zu erhebenden Daten ist in § 110a Abs. 2 TKG-E enthalten und durch eine Änderung der §§ 111 ff. TKG flankiert. Die Mobilfunknetzbetreiber haben nach § 110a Abs. 6 TKG-E auch Informationen über die genutzten Funkzellen zu speichern.
185
Die Neuregelung setzt jedoch bereits in §§ 96, 97 TKG ein, um eine Befreiung von der Löschungspflicht für die Pflichten nach § 110a TKG zu schaffen.
186
Die Speicherdauer soll gemäß § 110a Abs. 1 TKG-E sechs Monate betragen. Binnen eines Monats nach Ablauf der Frist hat der Verpflichtete diese Daten gemäß § 110b Abs. 4 TKG-E zu löschen. Nach § 150 Abs. 11a TKG-E haben die Anbieter von Internet-Zugangsdiensten, Diensten der elektronischen Post und Internet-Telefondiensten die Pflichten aus § 110a TKG-E spätestens ab dem 15.3.2009 zu erfüllen. Der Gesetzgeber will sich also an seine im Vorfeld gemachte Ankündigung, die Übergangsfrist auszuschöpfen, halten.
_______________
1 Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG v. 27.11.2006.
118 | Eckhardt
Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden (§§ 111–114 TKG)
Rz. 189 B
Die Vorratsdatenspeicherung haben die Verpflichteten auf eigene Kosten vorzunehmen. In Betracht kommt lediglich eine Entschädigung für die konkrete Auskunftserteilung.
187
7. Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden (§§ 111–114 TKG) Die Regelungen über das Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden in §§ 111–114 TKG enthalten abgestufte Pflichten. § 111 TKG enthält die Pflicht zur Erhebung der Daten, über die entweder nach § 112 TKG (sog. automatisiertes Auskunftsverfahren) oder nach § 113 TKG (sog. manuelles Auskunftsverfahren) Auskunft erteilt werden muss. Während sich diese Auskünfte im Kern auf die Zuordnung von Rufnummern zu deren Inhaber beziehen, sind die Strukturen der Telekommunikationsdienste und -netze Gegenstand der Auskunft nach § 114 TKG.
188
Sinn und Zweck des Auskunftsverfahrens nach den §§ 111–113 TKG ist es, den Zusammenhang zwischen einem bekannten Datum und den weiteren nach §§ 111–113 TKG erfassten Daten herzustellen. Sei es, dass ausgehend von der bekannten Kennung der Name ermittelt wird, sei es, dass ausgehend von dem Namen eine Kennung oder Rufnummer ermittelt wird.
189
Die Bedeutung dieser Auskunft ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass Ermittlungsverfahren gegen Personen geführt werden, weshalb der Name zur Identifikation eines Täters relevant ist. Eine Überwachungsmaßnahme hingegen muss an ein technisches Merkmal, beispielsweise die Rufnummer, anknüpfen, weshalb die Anordnung einer Überwachungsmaßnahme auch ein solches technisches Identifikationsmerkmal enthalten muss, sodass auch Anfragen ausgehend von einem Namen erforderlich sind1. Es sind also zwei grundsätzliche „Richtungen“ der Auskunftsbegehren auszumachen. Die Anfrage dient entweder der Ermittlung der Person, gegen die ein Ermittlungsverfahren geführt werden soll, oder der Vorbereitung einer Überwachungsmaßnahme beispielsweise nach §§ 100a, 100b StPO.
_______________
1 Die Überwachungsanordnung nach StPO, ZFdG und G 10-G muss seit der Änderung durch das Begleitgesetz zum TKG v. 17.12.1997, BGBl. I, 3108, die Rufnummer oder eine andere Kennung eines Telekommunikationsanschlusses zur Identifikation enthalten. Als Gründe für diese Konkretisierung sind zum einen die klare Begrenzung und Konkretisierung des Grundrechtseingriffs und zum anderen die Veränderungen auf dem Telekommunikationsmarkt durch die Vielzahl von Anbietern zu nennen; Bär, MMR 2000, 472 (474).
Eckhardt | 119
B Rz. 190
Öffentliche Sicherheit
7.1 Verpflichteter Personenkreis 7.1.1 Datenerhebung (§ 111 TKG) 190
Zur Erhebung der Daten ist nach § 111 TKG verpflichtet, wer geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt (zur Erläuterung siehe Rz. 51 ff.) und dabei Rufnummern vergibt oder Telekommunikationsanschlüsse für von anderen vergebene Rufnummern bereitstellt1.
191
Entscheidend für die Regelungen über das Auskunftsersuchen ist, dass der Verpflichtete den Bezug zwischen einer Person und einer Rufnummer2 herstellen kann.
192
Der Begriff Telekommunikationsanschluss ist in § 3 TKG nicht definiert. Weder die Begründung noch das TKG 1996 gibt eindeutig Aufschluss über die Verwendung des Begriffs. Es ist daher von einem redaktionellen Versehen auszugehen. Denn inhaltlich nahe liegende Begriff „Teilnehmeranschluss“ ist in § 3 Nr. 21 TKG definiert3.
193
Die eigenständige Verpflichtung von Mitwirkenden, bspw. Mitarbeitern und Erfüllungsgehilfen, erscheint hier ebenso wenig erforderlich und geboten wie im Rahmen von § 109 TKG. Eine eigene Herrschaft über die Daten und damit die Möglichkeit zur Erfüllung der Pflicht besteht für den Mitwirkenden nicht. Aus datenschutzrechtlichen Gründen darf eine solche eigenständige Datenherrschaft auch nicht bestehen. Auch die Tatsache, dass in § 111 Abs. 2 TKG eine gesonderte Regelung für Vertriebspartner enthalten ist, spricht gegen die Einbeziehung von Mitwirkenden in den Kreis der Verpflichteten. 7.1.2 Automatisiertes Auskunftsverfahren (§ 112 TKG)
194
Zur Teilnahme am Automatisierten Auskunftsverfahren nach § 112 TKG ist verpflichtet, wer Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringt. Die Wendung Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit ist in § 3 TKG nicht eigenständig definiert4. Telekommunikationsdienste sind _______________
1 Durch den bei Redaktionsschluss vorliegenden Referentenentwurf zur Novellierung der TK-Überwachung (Rz. 182) sollen auch die Anbieter von E-Mail-Diensten, insbes. Web-Mail-Diensten in die Erhebungspflicht einbezogen werden (§ 111 Abs. 1 S. 3 TKG-E). 2 Der Begriff „Rufnummer“ wird damit zum entscheidenden Merkmal bei der Bestimmung des verpflichteten Personenkreises. Zum Begriff „Rufnummer“ siehe Rz. 205. 3 Es handelt sich um die physische Verbindung, mit dem der Netzabschlusspunkt in den Räumlichkeiten des Teilnehmers mit den Hauptverteilerknoten oder mit einer gleichwertigen Einrichtung in festen öffentlichen Telefonnetzen verbunden wird (§ 3 Nr. 21 TKG). 4 Zur Erläuterung des weder direkt noch indirekt in § 3 TKG definierten Merkmals für die Öffentlichkeit wird auf die Rz. 15 ff. und 65 ff. Bezug genommen.
120 | Eckhardt
Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden (§§ 111–114 TKG)
Rz. 197 B
in § 3 Nr. 24 TKG definiert als in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen. 7.1.3 Manuelles Auskunftsverfahren (§ 113 TKG) Im Wege der Manuellen Auskunft nach § 113 TKG hat Auskunft zu erteilen, wer geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt (siehe Rz. 51 ff.) oder daran mitwirkt (siehe Rz. 193).
195
7.1.4 Auskunft über Strukturen (§ 114 TKG) Zur Erteilung der Auskunft über Strukturen der Telekommunikationsdienste und -netze ist verpflichtet, wer Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringt (siehe Rz. 15 ff. und 65 ff.) oder Übertragungswege betreibt, die für die Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit genutzt werden.
196
§ 3 Nr. 28 TKG definiert Übertragungswege als Telekommunikationsanlagen1 in Form von Kabel- oder Funkverbindungen mit ihren übertragungstechnischen Einrichtungen als Punkt-zu-Punkt- oder Punkt-zu-Mehrpunktverbindungen mit einem bestimmten Informationsdurchsatzvermögen (Bandbreite oder Bitrate) einschließlich ihrer Abschlusseinrichten definiert. 7.2 Inhalt der Verpflichtung (§§ 111–114 TKG) Die Auskunftsverpflichtung nach den §§ 111–113 TKG bezieht sich auf die in § 111 TKG festgelegten Daten (§§ 112, 113 TKG) und auf Bestandsdaten (§ 113 TKG)2. Entgegen dem § 89 TKG 1996 enthalten diese Auskunftsregelung mit § 111 TKG auch explizit eine gesetzliche Verpflichtung, die dort festgelegten Daten zu erheben3. Die Auskunftserteilung über diese Daten bestimmt sich nach den §§ 112, 113 TKG.
_______________
1 Telekommunikationsanlagen sind entsprechend der Definition in § 3 Nr. 23 TKG technische Einrichtungen oder Systeme, die als Nachrichten identifizierbare elektromagnetische oder optische Signale senden, übertragen, vermitteln, empfangen, steuern oder kontrollieren können. 2 Zur Kritik an dieser Regelung unter verfassungsrechtlichen Aspekten: Kühling, K&R 2004, 105 ff. 3 Um die Frage, ob nach dem § 89 TKG 1996 eine Verpflichtung zur Datenerhebung bestand, war kurz vor der Novellierung des TKG eine Auseinandersetzung entbrannt, die im Instanzenzug zu unterschiedlichen Entscheidungen geführt hatte. Hierzu: Tiedemann, CR 2004, 95 ff.; Eckhardt, CR 2002, 770 (774 f.); Eckhardt, CR 2003, 805 (811).
Eckhardt | 121
197
B Rz. 198
Öffentliche Sicherheit
Der Gesetzgeber ist offenbar davon ausgegangen, dass mit den §§ 111–113 TKG nicht in das Fernmeldegeheimnis, sondern nur in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen wird. Denn ein dem Zitiergebot des Art. 10, 19 GG entsprechender Hinweis erfolgt nicht1. Hierfür spricht auch der Umkehrschluss aus § 113 Abs. 1 S. 3 TKG2. 198
Das Zusammenspiel der Regelungen funktioniert dergestalt, dass Daten jedenfalls3 in dem durch § 111 TKG vorgegebenen Umfang erhoben und dann zur Beauskunftung vorgehalten werden. Soweit diese Daten nicht aus betrieblichem Eigeninteresse erhoben werden oder zeitlich über die betrieblichen Eigeninteressen hinaus gespeichert bleiben, handelt es sich um eine Vorratsdatenspeicherung allein mit Ziel der Auskunftserteilung an die Sicherheitsbehörden. Die Beauskunftung erfolgt entweder im Automatisierten (§ 112 TKG) oder im Manuellen Auskunftsverfahrens (§ 113 TKG).
199
Der Unterschied zwischen den Auskunftsverfahren besteht neben dem Kreis der Verpflichteten in erster Linie in der Ausgestaltung der Auskunftserteilung. Im Falle der entschädigungsfreien Automatisierten Auskunft erfolgt diese an die Sicherheitsbehörden nur mittelbar. Nur bei der Manuellen Auskunftserteilung erfolgt die Anfrage durch die Sicherheitsbehörden direkt an die Verpflichteten und die entschädigungspflichtige Auskunft wird direkt diesen erteilt. Eine Auskunft über Bestandsdaten erfolgt, sofern sie nicht inhaltsgleich mit den Daten im Sinne des § 111 TKG sind, allein im Manuellen Auskunftsverfahren nach § 113 TKG.
200
Die Auskunftsverfahren unterscheiden sich damit in vier Punkten:
201
–
Kreis der zur Auskunft Verpflichteten
–
Verfahren der Auskunftserteilung (mittelbar oder unmittelbar an die Sicherheitsbehörden)
–
Entschädigung für die Auskunftserteilung (nur im Manuellen Auskunftsverfahren)
–
Umfang der Daten (Bestandsdaten nur im Manuellen Auskunftsverfahren)
Ein großer Fortschritt gegenüber den Regelungen der §§ 89 Abs. 6, 90 TKG 1996 ist die klare Abgrenzung der Anwendungsbereiche der automatisierten und der manuellen Auskunft im Hinblick auf die Entschädigungspflichtigkeit. Aufgrund der klaren Strukturierung der Vorschriften, wird es den _______________
1 Zur Frage, ob Bestandsdaten dem Schutz des Fernmeldegeheimnisses unterstehen siehe Teil L Rz. 37. 2 „Ein Zugriff auf Daten, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, ist nur unter den Voraussetzungen der hierfür einschlägigen gesetzlichen Vorschriften zulässig.“ 3 § 113 TKG bezieht in die Auskunftspflicht neben den nach § 111 TKG erhobenen Daten auch die Bestandsdaten ein.
122 | Eckhardt
Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden (§§ 111–114 TKG)
Rz. 203 B
Sicherheitsbehörden nicht mehr wie unter §§ 89 Abs. 6, 90 TKG 1996 möglich sein, Anfragen direkt an die Verpflichteten zu richtigen und sich dann auf die Bestimmungen über die entschädigungslose automatisierte Auskunft zu berufen1. Für die nach § 114 TKG zu erteilende Auskunft ist eine gesonderte Regelung über die Erhebung der entsprechenden Informationen nicht erforderlich, da sich die Auskunft auf Informationen bezieht, die ohnehin vorliegen.
202
7.2.1 Datenerhebung (§ 111 TKG) Die Bedeutung der Regelung des § 111 TKG für das Auskunftsverfahren erschließt sich erst durch eine Blick auf die Vorgängervorschriften im TKG 1996. Um die Verpflichtung zur Erhebung von Daten bei dem Vertrieb von sog. Prepaid-Produkten, bei dem kein Eigeninteresse der Leistungsanbieter an einer Erhebung von Bestandsdaten besteht, ist vor der Novellierung des TKG auf der Grundlage der §§ 89 Abs. 6, 90 TKG 1996 ein Rechtsstreit entbrannt. Die §§ 89 Abs. 6, 90 TKG 1996 enthielten nämlich gerade keine dem § 111 TKG vergleichbare Erhebungspflicht. Einzelne Anbieter weigerten sich daher, Bestandsdaten zu erheben und erst Recht, diese zu überprüfen. Nach unterschiedlichen Entscheidungen im Instanzenzug über die Vorgabe der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post über die Pflicht zur Erhebung von Bestandsdaten und deren Prüfung anhand eines amtlichen Lichtbildausweise2, hat schließlich das BVerwG eine eigenständige Erhebungspflicht verneint, weil es an der erforderlichen gesetzlichen Regelung fehle3. Damit war die Auskunft auf die durch die Leistungsanbieter gegebenen- und erforderlichenfalls freiwillig aus Eigeninteresse erhobenen Bestandsdaten beschränkt. Verstöße gegen bestimmte Verpflichtungen des § 111 TKG sind nach § 149 Abs. 1 Nr. 29 bis Nr. 30, Abs. 2 TKG bußgeldbewehrt.
_______________
1 Gleichwohl zeigt die Praxis, dass weiterhin Auskünfte direkt durch die Ermittlungsbehörden eingeholt werden und die Entschädigung (pauschal) unter Verweis auf § 112 TKG verweigert wird. 2 Die Klägerin war 1997 aufgefordert worden diese „Leitlinien für die Vermarktung von Prepaid-Produkten im Mobilfunk“ zu berücksichtigen. 3 BVerwG, Urt. v. 22.10.2003, 6 C 23.02, CR 2004, 103 ff.; die Kernargumente herausgearbeitet von Tiedemann, CR 2004, 95 (96).
Eckhardt | 123
203
B Rz. 204
Öffentliche Sicherheit
7.2.1.1 Gegenstand der Erhebungspflicht 204
Der Katalog der Daten in § 111 TKG ist abschließend1. Es besteht damit nur die Verpflichtung, die folgenden Daten zu erheben und zu speichern2: –
Rufnummern
–
Namen und Anschrift des Rufnummerninhabers
–
das Datum des Vertragsbeginns
–
bei natürlichen Personen deren Geburtsdatum
–
bei Festnetzanschlüssen auch die Anschrift des Anschlusses
–
das Vertragsende bei Bekanntwerden
205
Der Aufhänger für diese Verpflichtung ist die Rufnummer. Begrifflich ist die Rufnummer (§ 3 Nr. 18 TKG) von der Nummer (§ 3 Nr. 13 TKG) zu unterscheiden3. Rufnummern sind Nummern, durch deren Wahl im öffentlichen Telefondienst4 eine Verbindung zu einem bestimmten Ziel aufgebaut werden kann. Nummern sind wiederum Zeichenfolgen, die in Telekommunikationsnetzen Zwecken der Adressierung dienen. Mit der Einführung des Begriffs Rufnummer sollte klargestellt werden, dass damit nur die Adressierung im öffentlichen Telefondienst (§ 3 Nr. 17 TKG) erfasst sein soll5.
206
Die IP-Adressen, wie sie für den Zugang zum Internet durch Internetprovider vergeben werden, sind keine Rufnummern6. Damit sind Internetzugangsprovider von der Verpflichtung nach § 111 TKG nicht erfasst.
_______________
1 Neben dem Wortlaut des § 111 TKG spricht hierfür auch die ratio der Entscheidung des BVerwG, Urt. v. 22.10.2003, 6 C 23.02, CR 2004, 103 ff. Der bei Redaktionsschluss vorliegende Referentenentwurf zur Novellierung der TK-Überwachung (Rz. 182) sieht die Erweiterung um eine Pflicht zur Erhebung der IMEI vor (§ 111 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 TKG-RefE). 2 Tiedemann, CR 2004, 95 (96) und Meisel, DuD 2004, 426 (427 f.) kritisieren, dass die Regelung im Hinblick auf die Erfassung von Prepaid-Produkten an einem Verstoß gegen das Gebot der Nornklarheit leide. Die Kritik vermag – jedenfalls in ihrer Kürze – nicht vollständig zu überzeugen. 3 Für eine synonyme Verwendung unter dem TKG 1996: Lünenberger in: Scheuerle/ Mayen, Kommentar zum TKG, 2002, § 3 TKG Rz. 33. Das TKG 1996 enthielt allerdings auch nur eine Definition von Nummer in § 3 Nr. 10, wohingegen der Begriff Rufnummer im TKG bewusst eingeführt wurde. 4 Der Begriff öffentlicher Telefondienst ist dem Begriff öffentlich zugänglicher Telefondienst gleichzusetzen, weil hier ein redaktionelles Versehen anzunehmen ist. 5 BT-Drucks. 15/2316, S. 58. 6 Gnirck/Lichtenberg, DuD 2004, 598 (599), Fn. 11; vgl. Holznagel/Bonnekoh, MMR 2005, 585 (589); Berl. Komm/Klesczewski, § 111 TKG Rz. 13.
124 | Eckhardt
Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden (§§ 111–114 TKG)
Rz. 210 B
Für die Einordnung von VoIP – Angeboten ist damit die Nutzung einer Rufnummer entscheidend. Sie sind daher – nur – dann eigenständig erfasst, wenn für die VoIP-Kommunikation eine eigene Rufnummer zugeteilt ist1. Bei den nach § 111 TKG zu erhebenden Daten kann es, muss es sich aber nicht um Bestandsdaten handeln. Denn, was Bestandsdaten sind, wird nach der betrieblichen Erforderlichkeit des Leistungserbringers bestimmt. Davon, dass von diesen Daten abweichende Bestandsdaten erhoben werden können, ist auch der Gesetzgeber ausgegangen, der in § 113 TKG neben den Daten nach § 111 TKG auch eine Auskunft über Bestandsdaten vorgesehen hat.
207
In § 111 Abs. 1 S. 1 TKG wird darüber hinaus explizit klargestellt, dass die Erhebungspflicht für die dort genannten Daten auch dann besteht, wenn diese Daten für die eigenen betrieblichen Zwecke des Verpflichteten nicht benötigt werden. Damit wird die Festlegung der zu erhebenden Daten von den Bestandsdaten (§ 3 Nr. 3 TKG) abgekoppelt. 7.2.1.2 Erhebung und Speicherung der Daten Mit der Erhebungspflicht wird eine eingeschränkte Identifizierungspflicht geschaffen. Die Daten sind zwar zu erheben und die Person ist damit zu identifizieren, andererseits besteht aber keine Verpflichtung, diese Daten auch beispielsweise anhand eines amtlichen Ausweisdokumentes zu überprüfen2, 3.
208
Die Erhebung der Daten muss auch erst „vor der Freischaltung“ erfolgen. Hierdurch ist – zusammen mit dem nur eingeschränkten Identifizierungspflicht – Spielraum für Vertriebsformen geschaffen, bei denen keine Erhebung und Überprüfung am Verkaufsort erfolgt4. Beispielsweise genügt die Mitteilung der entsprechenden Daten durch den Teilnehmer unmittelbar vor der Freischaltung des Produkts. Eine Freischaltung ist nicht anzunehmen, solange der Anschluss nicht genutzt werden kann5.
209
Die Daten sind unverzüglich nach ihrer Erhebung zu speichern. Aus der Systematik der Regelung ergibt sich, dass die Speicherung zwar unverzüg-
210
_______________
1 Dies trifft auf die Variante „IP zu Festnetz und Festnetz zu IP“ des VoIP aber nicht auf „IP zu IP“ oder „Festnetz zu Festnetz“ zu (zu den Varianten des VoIP: siehe Rz. 37). Zur Vorwahl-Problematik und der Zuteilung des Rufnummerkorridors „032“ siehe Katko, CR 2005, 189 (190 f.); Holznagel/Bonnekoh, MMR 2005, 585 (588 f.); Beck TKG-Komm/Bock, § 111 TKG Rz. 6. 2 Dies wurde unter § 89 TKG 1996 gefordert. Hiervon zu unterscheiden ist die Berechtigung des Diensteanbieters nach § 95 Abs. 4 S. 1 TKG die Vorlage eines amtlichen Ausweises zur Überprüfung der Bestandsdaten zu verlangen. 3 Ebenso Beck TKG-Komm/Bock, § 111 TKG Rz. 11. 4 Der Streit um die Datenerhebung ist unter dem § 89 TKG 1996 gerade daran entbrannt, dass die Diensteanbieter die Bestandsaten beim Vertrieb von PrepaidProdukten erheben und anhand amtlicher Ausweisdokumente prüfen sollten. 5 Beck TKG-Komm/Bock, § 111 TKG 8.
Eckhardt | 125
B Rz. 211
Öffentliche Sicherheit
lich, nicht aber vor der Freischaltung des Dienstes erfolgen muss1. Für das manuelle Auskunftsverfahren (§ 113 TKG) ist dem Verpflichteten die Form der Speicherung freigestellt (§ 111 Abs. 1 S. 6 TKG). Für den Fall des automatisierten Auskunftsverfahrens enthält § 112 Abs. 1 TKG Vorgaben für die Speicherung. 211
Eine Entschädigung für die Erhebung und Speicherung dieser Daten ist durch § 111 Abs. 1 S. 5 TKG explizit ausgeschlossen.
212
Als Zweckbestimmung der Erhebung legt § 111 Abs. 1 TKG die Auskunftsverfahren nach §§ 112, 113 TKG fest. Eine abweichende Nutzung bedarf damit einer neuen Rechtsgrundlage. Dies gilt insbesondere für eine anderweitige eigene Nutzung durch den Erhebenden.
213
Die Pflicht zur Erhebung dieser Daten stellt damit für den Verpflichteten gleichzeitig in diesem Umfang gegenüber dem Kunden die datenschutzrechtliche Berechtigung zur Erhebung dar2. § 111 TKG enthält jedoch keine Regelung darüber, ob die Betroffenen entsprechend den datenschutzrechtlichen Verpflichtungen (§ 93 TKG) zu unterrichten sind. Für eine Informationspflicht spricht zwar, dass es sich um die Erhebung personenbezogener Daten handelt und der Betroffene auch ein Interesse daran hat, zu erfahren, dass diese Daten allein für Auskunftszwecke erhoben werden. Dagegen spricht allerdings, dass die Datenerhebung und -speicherung allein im öffentlichen Interesse erfolgt. Auch über die möglichen Auskünfte nach §§ 89 Abs. 6, 90 TKG 1996 und § 113 TKG ist nicht zu informieren. Praktisch würde es für den Verpflichteten eine Gemengelage an Informationspflichten ergeben, wenn die Daten sowohl als Bestandsdaten als auch als Daten nach § 111 TKG erhoben würden. 7.2.1.3 Berichtigung, Nacherhebung und Löschung
214
Nach § 111 Abs. 1 S. 3 TKG besteht die Pflicht zur Berichtigung und nachträglichen Erhebung der Daten. Falls dem Verpflichteten Änderungen der bereits erhobenen Daten bekannt werden, hat er die gespeicherten Daten zu berichtigen. In diesem Zusammenhang ist er auch verpflichtet, noch nicht erfasste Daten zu erheben, sofern ihm dies „ohne besonderen Aufwand“ möglich ist. Mit dieser Verpflichtung soll die Nachpflege der Datensätze erreicht werden. Der Anwendungsbereich besteht vor allem in den Fällen, bei denen die Ersterhebung der Daten bereits vor dem Inkrafttreten des TKG erfolgt ist. Praktisch bedeutet dies, dass der Verpflichtete im Rahmen der Än_______________
1 Vgl. BT-Drucks. 15/2316, S. 95. 2 Soweit bei dem Kunden mehr Daten erhoben werden, als zur Ausgestaltung der Vertragsbeziehung erforderlich, ist die Erhebung und Verwendung der Daten nicht mehr aufgrund der datenschutzrechtlichen Regelungen über Bestandsdaten (§ 95 TKG) legitimiert.
126 | Eckhardt
Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden (§§ 111–114 TKG)
Rz. 218 B
derung der Bestandsdaten die Erhebung der weiteren Daten des § 111 TKG sicherzustellen hat. Eine hiervon unabhängige und isolierte Nacherhebungspflicht bei bereits bestehenden Vertragsverhältnissen wird durch § 111 Abs. 3 TKG explizit ausgeschlossen1. Die Löschung der Daten hat erst mit Ablauf des auf die Beendigung des Vertrags folgenden Kalenderjahres zu erfolgen. Diese Speicherfrist macht die Vorhaltung der Daten aus der Sicht der Sicherheitsbehörden unabhängig von den Zulässigkeitsregelungen des Datenschutzrechts, die sich insoweit an dem für die betrieblichen Bedürfnisse der Anbieter Erforderlichen ausrichten und damit gerade keine Mindestspeicherfristen vorsehen. Dies soll den Sicherheitsbehörden eine breite Informationsgrundlage sichern2.
215
7.2.1.4 Pflichten des Vertriebspartners Für den Vertriebspartner eines verpflichteten Diensteanbieters ergibt sich aus § 111 Abs. 2 TKG die Pflicht, die in § 111 Abs. 1 TKG abschließend aufgezählten Daten zu erheben und diese zusammen mit den Bestandsdaten an den verpflichteten Diensteanbieter unverzüglich zu übermitteln (§ 111 Abs. 2 TKG). Entsprechendes gilt für Änderungen, die im Rahmen der üblichen Geschäftsabwicklung dem Vertriebspartner zur Kenntnis gelangen.
216
Der Vertriebspartner muss sich daher nicht aktiv um Informationen über Änderungen bemühen. Die Nacherhebungspflicht des § 111 Abs. 1 S. 3 TKG besteht in dieser Vertriebskonstellation nicht, da diese Verpflichtung durch § 111 Abs. 3 TKG nicht in Bezug genommen wird.
217
7.2.2 Automatisiertes Auskunftsverfahren (§ 112 TKG) § 112 TKG enthält die grundsätzlichen Regelungen und Vorgaben zur Ausgestaltung des Automatisierten Auskunftsverfahrens. Neben der Festlegung der Aufgaben des Verpflichteten (§ 112 Abs. 1 und 5 TKG) ist wegen der Ausgestaltung als indirektes Auskunftsverfahren auch die Festlegung der Aufgaben der Bundesnetzagentur (§ 116 TKG) im Rahmen der Auskunftsverteilung (§ 112 Abs. 4 TKG) erfolgt. Aufgrund der Automatisierung des Auskunftsverfahrens sind auch technische Regelungen erforderlich. § 112 Abs. 3 TKG sieht daher den Erlass einer Rechtsverordnung und die Schaffung einer Technischen Richtlinie vor.
_______________
1 Damit wird insbesondere dem Vertrieb von sog. Prepaid-Produkten Rechnung getragen, bei denen unter dem TKG 1996 ein Streit entbrannt war, ob überhaupt eine Erhebungspflicht besteht (BT-Drucks. 15/2316, S. 95). 2 Vgl. BT-Drucks. 15/23216, S. 95.
Eckhardt | 127
218
B Rz. 219
Öffentliche Sicherheit
Verstöße gegen bestimmte Verpflichtungen nach § 112 TKG sind nach § 149 Abs. 1 Nr. 31 und Nr. 32, Abs. 2 TKG bußgeldbewehrt. 7.2.2.1 Speicherung und Bereitstellung durch den Verpflichteten 219
Die Regelung über das Automatisierte Auskunftsverfahren knüpft an die Datenerhebung nach § 111 Abs. 1 S. 2 und 3 sowie Abs. 2 TKG an. Der Verpflichtete hat eine unverzügliche Speicherung der Daten in einer Kundendatei vorzunehmen. Er hat zu gewährleisten, dass die Bundesnetzagentur (§ 116 TKG) die Daten aus der Kundendatei jederzeit automatisiert abrufen kann. Die technische Einrichtung zum Abruf ist im Inland bereitzustellen. Er hat auch sicherzustellen, dass ihm Abrufe nicht zur Kenntnis gelangen. In diese Kundendatei sind des Weiteren auch die Rufnummern und Rufnummernkontingente aufzunehmen, die an andere Anbieter von Telekommunikationsdiensten vergeben werden. Bei portierten Rufnummern ist die aktuelle Portierungskennnung aufzunehmen. Der Verpflichtete hat die Daten in einer zum Abruf geeigneten Weise bereitzustellen. Auch sog. Joker-Abfragen müssen ermöglicht werden. Nach § 112 Abs. 1 S. 4 Nr. 2 TKG hat der Verpflichtete zu gewährleisten, dass der Datenabruf auch unter Verwendung unvollständiger Abfragedaten und die Suche mittels einer Ähnlichkeitsfunktion erfolgen kann.
220
Die Berichtigung und (Nach-)Pflege der gesamten Kundendatei hat entsprechend § 111 Abs. 1 S. 3 und 4 TKG zu erfolgen. Für den Fall der Portierung soll die Löschung erst nach Ablauf des auf die Rückgabe der Rufnummer folgenden Jahres erfolgen.
221
Der Verpflichtete hat die technischen Vorkehrungen zur Auskunftserteilung zu treffen. Dies umfasst auch den Schutz der Vertraulichkeit und vor unberechtigten Zugriffen, die Einrichtung eines geeigneten Telekommunikationsanschlusses, die Teilnahme an dem entsprechenden geschlossenen Benutzersystem sowie die laufende Bereitstellung dieser nach den Maßgaben der Rechtsverordnung und Technischen Richtlinie im Sinne des § 112 Abs. 3 TKG. Er hat die technischen Vorkehrungen in seinem Verantwortungsbereich auf eigene Kosten zu treffen (§ 112 Abs. 5 S. 1 TKG). Eine Entschädigung wird auch nicht für in diesem Verfahren erteilte Auskünfte gewährt (§ 112 Abs. 5 S. 3 TKG). 7.2.2.2 Verfahren der Auskunftserteilung
222
Die nach § 112 Abs. 2 TKG berechtigten Stellen können die Auskunft nicht direkt beim nach § 112 Abs. 1 TKG Verpflichteten erfragen, sondern erhalten die Auskunft mittelbar über die Bundesnetzagentur (§ 116 TKG) und 128 | Eckhardt
Rz. 227 B
Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden (§§ 111–114 TKG)
haben ihre Anfragen auch an diese zu richten. Die Bundesnetzagentur hat die Aufgabe, den Abruf der Datensätze aus den Kundendateien vorzunehmen und die Ergebnisse den berechtigten Stellen zu übermitteln (§ 112 Abs. 4 TKG). Eine Mitwirkungspflicht hieran, die über die Bereitstellung der Daten in einer zum Abruf geeigneten Weise hinausgeht, besteht für den Verpflichteten nicht1. Die auf der Grundlage von § 112 TKG erhältliche Auskunft bezieht sich nur auf die in § 111 TKG festgelegten Daten. Das sind nicht sämtliche bei dem Verpflichteten möglicherweise vorliegenden Bestandsdaten. Eine Auskunft über davon abweichende Bestandsdaten ist nur nach § 113 TKG zu erhalten.
223
Die in § 112 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 7 TKG genannten Stellen sind zu Anfragen im automatisierten Verfahren berechtigt. Die Zulässigkeit des Ersuchens darf die Bundesnetzagentur nur im Einzelfall und, sofern hierfür ein besonderer Anlass besteht (§ 112 Abs. 4 S. 2 TKG), vornehmen. Die berechtigte Stelle muss allerdings in jedem Fall unverzüglich prüfen, ob die als Antworten gelieferten Daten benötigt werden und diese anderenfalls unverzüglich zu löschen.
224
In § 112 Abs. 2 TKG wird durch die Bezugnahme auf Absatz 4 nochmals klargestellt, dass die Auskunft an die berechtigten Stellen nicht direkt durch die Verpflichteten, sondern mittelbar über die Bundesnetzagentur erteilt wird2. In dieser Klarstellung spiegeln sich die Erfahrungen mit Umgehungsversuchen unter des § 90 TKG 1996 wieder3.
225
Die Bundesnetzagentur hat des Weiteren die Selbstkontrolle der jeweiligen berechtigen Stelle zu ermöglichen. Sie hat die Abfragen für die Datenschutzkontrolle durch die jeweils zuständige Stelle zu protokollieren. Die zu protokollierenden Informationen sind in § 112 Abs. 4 S. 4 TKG genannt.
226
7.2.2.3 Konkretisierung durch RVO und Technische Richtlinie In einer Rechtsverordnung nach § 112 Abs. 3 TKG sollen die wesentlichen Anforderungen an die technischen Verfahren zur Übermittlung der Ersuchen an die Bundesnetzagentur, zum Abruf der Daten durch die Bundesnetzagentur einschließlich der verwendeten Datenarten und der Übermittlung von der Bundesnetzagentur an die anfragende berechtigte Stelle (§ 112 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 TKG) sowie die zu beachtenden Sicherheitsanforderungen
_______________
1 Dies wird durch die Verpflichtung in § 112 Abs. 1 S. 6 TKG bestätigt. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 96. 3 §§ 89 Abs. 6, 90 TKG 1996 regelten das manuelle und das automatisierte Auskunftsverfahren. Um die Entschädigungspflicht des manuellen Auskunftsverfahren nach § 89 Abs. 6 TKG 1996 zu umgehen, wurden direkte Anfragen an die Verpflichteten gleichwohl auf § 90 TKG 1996 gestützt.
Eckhardt | 129
227
B Rz. 228
Öffentliche Sicherheit
(§ 112 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 TKG) festgelegt werden1. Auch die Details der sog. Joker-Abfrage und der Abfrage mit Ähnlichenfunktion soll in der Rechtsverordnung geregelt werden (§ 112 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 TKG). Die Rechtsverordnung kann außerdem Einschränkungen für die Abfragemöglichkeiten der berechtigten Stellen auf den jeweils für diese erforderlichen Umfang vorsehen (§ 112 Abs. 3 S. 2 TKG). 228
Die technischen Einzelheiten sollen, wie in § 110 TKG, in einer Technischen Richtlinie2 festgelegt werden, die von der Bundesnetzagentur unter Beteiligung der betroffenen Verbände und der berechtigten Stellen zu erarbeiten ist. Eine direkte Beteiligung der Verpflichteten ist nicht vorgesehen.
229
Sowohl für die Verpflichteten als auch für die berechtigen Stellen ist eine Umsetzungsfrist für die Vorgaben der Technischen Richtlinie von einem Jahr nach deren Bekanntmachung vorgesehen; spätere Änderungen an mangelfrei gestalteten Einrichtungen sind binnen drei Jahren nach Inkrafttreten der Änderungen umzusetzen. 7.2.3 Manuelles Auskunftsverfahren (§ 113 TKG)
230
Gegenstand der Auskunft nach § 113 Abs. 1 S. 1 TKG sind die nach § 111 TKG erhobenen Daten sowie die durch den Verpflichteten im eigenen Interesse erhobenen3 Bestandsdaten. Damit wird auch dem Umstand Rechnung getragen, dass nicht jeder geschäftsmäßige Erbringer von Telekommunikationsdiensten auch zur Erhebung der Daten nach § 111 TKG verpflichtet ist4.
231
Die Auskunftserteilung nach § 113 TKG erfolgt direkt gegenüber den berechtigen Stellen auf deren Verlangen. Im Fall einer Auskunft über die nach § 111 TKG erhobenen Daten besteht für die berechtigten Stellen die Wahlmöglichkeit zwischen den beiden Auskunftsverfahren. Mit Rücksicht auf die Kostenpflichtigkeit einer Auskunft nach § 113 TKG auch in Bezug auf die nach § 111 TKG erhobenen Daten, wird für diese regelmäßig eine Auskunft nach § 112 TKG erfolgen, sofern der persönliche Anwendungsbereich des § 112 TKG im konkreten Fall eröffnet ist.
_______________
1 Nach Auskunft des BMWA v. 5.9.2005 besteht hier, insbesondere in Bezug auf die Ähnlichenfunktion, noch Abstimmungsbedarf zwischen den beteiligten Ministerien. 2 Zur Rechtsnatur einer solchen Technischen Richtlinie siehe oben zu § 110 TKG (Rz. 161 f.). 3 Die Gesamtbetrachtung der §§ 111 und 113 TKG sowie die ratio der Entscheidung des BVerwG, Urt. v. 22.10.2003, 6 C 23.02, CR 2004, 103 ff. verbietet eine die Auskunftspflicht ausweitende Auslegung auf andere als die aus Eigeninteresse des Verpflichteten erhobenen und gespeicherten Daten. 4 Zu dem nach § 111 TKG verpflichteten Personenkreis siehe Rz. 195.
130 | Eckhardt
Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden (§§ 111–114 TKG)
Rz. 233 B
Soweit die Unternehmen nach § 113 Abs. 1 S. 1 TKG zur Auskunftserteilung verpflichtet sind, sind sie hierzu datenschutzrechtlich auch legitimiert. Dass sich die Legitimation aber nur auf solche Daten bezieht, die dem Datenschutzrecht unterliegen, ergibt sich aus § 113 Abs. 1 S. 3 TKG. Nach § 113 Abs. 1 S. 3 TKG werden explizit solche Bestimmungen von der Auskunftspflicht ausgenommen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen. Eine Auskunft über diese ist nur nach den jeweils einschlägigen gesetzlichen Regelungen zulässig1.
232
Die Rechtsnatur einer auf § 113 TKG gestützten Anfrage ist umstritten. Entgegen der zum Teil vertreten Ansicht, § 113 TKG sei keine eigenständige Befugnisnorm2, ist anzunehmen, dass § 113 TKG eine eigenständige Befugnisnorm ist und eine darauf gestützte Auskunft als Verwaltungsakt einzuordnen ist3. § 113 TKG ist als Befugnisnorm ausgestaltet; sie enthält die Auskunftspflicht und deren tatbestandlichen Voraussetzungen. Verstöße gegen bestimmte Verpflichtungen sind nach § 149 Abs. 1 Nr. 33 bis Nr. 35, Abs. 2 TKG bußgeldbewehrt. 7.2.3.1 Bestandsdaten Die Auskunftspflicht in Bezug auf Bestandsdaten4 ist nur in § 113 TKG enthalten5. Damit ist gegenüber der Automatisierten Auskunft der Umfang der Auskunft erweitert, soweit die Bestandsdaten über die in § 111 TKG genannten und nach § 112 zu beauskunftenden Daten hinausgehen. Die Auskunft ist den Sicherheitsbehörden direkt und unverzüglich6 zu erteilen. Als Maßstab für die Bewertung der Unverzüglichkeit ist zu berücksichtigen, dass der Verpflichtete nach § 113 Abs. 2 TKG die erforderlichen Vorkehrun_______________
1 Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass der Gesetzgeber die Bestandsdaten nicht als vom Schutz des Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 GG) erfasst ansieht. 2 Beck TKG-Komm/Bock, § 113 TKG Rz. 9; die dort in Fn. 15 zur Begründung dort genannten Fundstellen beziehen sich noch auf § 89 TKG 1996, der mit § 113 TKG nicht vergleichbar ist. Es mag dieser Ansicht zugestanden sein, dass § 113 TKG insofern mit Blick auf das allgemeine Persönlichkeitsregelung unvollkommen ist, als keine Zweckbestimmung in § 113 TKG enthalten ist. Sie aber damit auf die Pflicht zur Unverzüglichkeit zu beschränken, ist nicht nachvollziehbar. 3 Berl. Komm/Klesczewski, § 113 TKG Rz. 9. 4 Zur Einordnung von Bestandsdaten im Hinblick auf das Fernmeldegeheimnis siehe Teil L Rz. 37. 5 Für die Auskunftspflicht nach § 89 Abs. 6 TKG 1996 war umstritten, ob diese auf telekommunikationsspezifische Bestandsdaten beschränkt ist. Die unter dem TKG 1996 erhobenen Bedenken gegen eine umfassende Auskunft über Bestandsdaten mögen nach wie vor bestehen (hierzu Beck TKG-Komm/Bock, § 113 TKG Rz. 15). Sie haben sich jedoch für die Praxis aufgrund des Wortlauts nach § 113 TKG erledigt. 6 Hiermit soll der in der Vergangenheit vermeintlich zu zögerlichen Beantwortung entgegen getreten werden (vgl. BT-Drucks. 15/2316, S. 97).
Eckhardt | 131
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B Rz. 234
Öffentliche Sicherheit
gen zu treffen hat. Danach wird er jedenfalls die technischen Voraussetzungen schaffen müssen und grundsätzlich Personal haben müssen, das die Auskunft erteilen kann. Mangels näherer Festlegung bedeutet dies aber auch, dass der Verpflichtete eine solche Auskunft nur im normalen Geschäftsbetrieb – wenn auch bevorzugt – zu erfüllen hat1. 234
Die Erhebung von Bestandsdaten durch den Verpflichteten ist nach § 95 TKG zulässig, soweit dies für das Vertragsverhältnis zu seinem Teilnehmer erforderlich ist (§ 95 TKG). Bestandsdaten sind die Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste erhoben werden (§ 3 Nr. 3 TKG). Die Art und der Umfang der Datenerhebung werden also durch die jeweiligen betrieblichen Erfordernisse des Verpflichteten bestimmt.
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Für die Auskunftsfähigkeit ist die Abgrenzung zu den Telemediendiensten von erheblicher Bedeutung. Denn für die Tele- bzw. Mediendienste fehlt eine entsprechende Auskunftsregelung, sodass eine Auskunft ausschließlich im Fall der Anwendbarkeit des TKG verlangt werden kann. Ob beispielsweise eine IP-Adresse oder eine E-Mail-Adresse als Bestandsdatum erfasst ist, bestimmt sich nach der datenschutzrechtlichen Einordnung (siehe Teil L Rz. 119 ff.)2.
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Die Diskussion über Pflicht zur Auskunft in Bezug auf IP-Adressen entbrennt im Rahmen des § 113 TKG aber nicht unter dem Aspekt der Abgrenzung zwischen TKG und Telemediendiensten. Die umstrittene Frage ist: Handelt es sich um ein Bestandsdatum? Das Landgericht Stuttgart hat sich in mehreren Entscheidungen auf den Standpunkt gestellt, dass unter die Auskunftspflicht nach § 113 TKG als Bestandsdatum eines Internet-AccessProviders sowohl dynamische3 als auch statische IP-Adressen zu fassen sind4. _______________
1 Eine Bearbeitung bleibt damit auf die allgemeinen Geschäftszeiten beschränkt. Hierbei ist auch darauf zu verweisen, dass auch die Bundesnetzagentur die Bearbeitung im Rahmen § 112 TKG auf die normalen Dienstzeiten beschränkt (hierzu Beck TKG-Komm/Bock, § 112 Rz. 37). 2 Ob IP-Adressen und E-Mail-Adressen als Bestandsdaten erfasst sind, war unter dem § 89 Abs. 6 TKG 1996 umstritten; hierzu vgl. Bär, MMR 2000, 472 (479); Eckhardt, DuD 2002, 197 (201). Der Hinweis in der Begründung zum neuen TKG, dass zu den als Bestandsdaten in aller Regel auch die E-Mail-Adressen und die statische IP-Adresse gehören (BT-Drucks. 15/2316, S. 97), ist zu undifferenziert, um bei der Bewertung weiterzuhelfen. 3 Dynamische IP-Adressen werden einem Nutzer – im Gegensatz zu statischen IPAdressen – nur temporär, d. h. jeweils nur für die Dauer einer Internet-Session, zugeteilt. Beendet der Nutzer seine Session, kann diese IP-Adresse einem anderen Nutzer zugeteilt werden. 4 LG Stuttgart, Beschl. v. 4.1.2005, 13 Qs 89/04, CR 2005, 598 f.; MMR 2005, 628; so auch LG Hamburg, MMR 2005, 711; LG Hechingen, NJW-RR 2006, 1196 ff.; LG Köln, Beschl. v. 30.6.2004, 111 Qs 124/04. Die Einordnung der dynamischen IP-
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Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden (§§ 111–114 TKG)
Rz. 238 B
Das LG Bonn hat in einer Entscheidung vom 21.5.2004 hingegen angenommen, dass es sich bei der Mitteilung einer dynamischen IP-Adresse um eine Auskunft über ein Verkehrsdatum handelt und damit nur unter den Voraussetzungen der §§ 100g, 100h StPO erfolgen muss1. Gegen die Einstufung dynamischer IP-Adressen als Bestandsdatum bestehen im Rahmen des § 113 TKG Bedenken, insbesondere wenn zur Feststellung auch ein Rückgriff auf Verkehrsdaten erforderlich ist2.
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Die Frage, nach welcher Bestimmung Auskunft über die Person „hinter einer IP-Adresse“ zu erteilen ist, hängt damit davon ab, ob die Einordnung anhand des Ziels der Auskunft, nämlich Name und Anschrift, und damit als Bestandsdatum oder anhand der zur Feststellung ausgewerteten Daten, nämlich Verkehrsdaten, erfolgt. Anhand einer Auswertung der ihm vorliegenden Verkehrsdaten nimmt der Internet-Access-Provider nämlich die Zuordnung einer IP-Adresse zu einer Person vor; vorausgesetzt er hat die Zuweisung dynamischer IP-Adressen überhaupt zu Abrechnungs- und anderen Zwecken protokolliert3. Darüber hinaus ist bei einer Mitteilung einer dynamischen IP-Adresse auch der Informationsgehalt zu berücksichtigen, der sich insgesamt ergibt. Es ist damit nämlich mitgeteilt, dass eine bestimmte Person zu einem bestimm_______________
Adresse als Bestandsdatum durch das LG Stuttgart (CR 2005, 598 f.) basiert darauf, dass über eine Auskunft zu entscheiden war, bei der den Sicherheitsbehörden die Verkehrsdaten bereits bekannt waren. Gerade damit, dass diese bereits bekannt waren, begründet das Gericht nämlich die generelle Einordnung als Bestandsdatum. Zustimmend Sankol, MMR 2006, 361 (363), dessen verfassungsrechtliche Argumentation allerdings erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Das Gericht lässt bei seiner generalisierenden Bewertung aber die Konstellation außer Acht, bei der den Sicherheitsbehörden nur der Name bekannt ist und sie die übrigen Informationen erhalten möchten. Hier ist die dynamische IP-Adresse der wesentliche Gegenstand der Auskunft. Mit der Information über die dynamische IP-Adresse und damit verbunden über den Zeitpunkt der Nutzung dieser Adresse erhalten die Sicherheitsbehörden nicht nur ein Bestandsdatum, sondern ein Verkehrsdatum; so auch Gnirck/Lichtenberg, DuD 2004, 598 (600). Die Aussage des LG Stuttgart ist damit allein wegen ihrer Pauschalierung nicht überzeugend. 1 LG Bonn, Beschl. v. 21.5.2004, 31 Qs 65/04, DuD 2004, 628; vgl. LG Ulm, Beschl. v. 15.10.2003 – 1 Qs 1088/03, MMR 2004, 187 mit Anmerk. Bär; so auch AG Waldshut-Tiengen, Beschl. v. 11.8.2004, 5 Gs 400/04; AG Köln, Beschl. v. 11.9.2003, 506 Gs 1056/03. 2 Gnirck/Lichtenberg, DuD 2004, 598 ff.; im Ergebnis ebenfalls ablehnend Gercke, Anmerk. zu LG Stuttgart, Beschl. v. 4.1.2005, 13 Qs 89/04, CR 2005, 599 ff.; siehe auch die Fn. zuvor (Kritik an LG Stuttgart); Bär, MMR 2002, 358 (359 f.); Bär, MMR 2002, 472 (479). Durch den TKGÄndG wurde § 96 Abs. 2 TKG dahin gehend geändert werden, dass eine Verwendung auch „für die durch andere gesetzlichen Vorschriften begründeten“ Zwecke zulässig ist. Dieser Regelung zielt in erster Linie auf die Befugnisnormen der Sicherheitsbehörden ab. 3 Vgl. Gnirck/Lichtenberg, DuD 2004, 598 (600); zur Zulässigkeit der Speicherung von dynamischen IP-Adressen siehe Teil L Rz. 230 ff.
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B Rz. 239
Öffentliche Sicherheit
ten Zeitpunkt an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt war. Erst durch die Zuordnung eines Namens wird diese Aussage gewonnen1. Dieses Ob und Wann ist aber eine Information über die nach § 88 TKG geschützten „näheren Umstände“ der Telekommunikation. Eine solche Auskunft ist durch § 113 TKG nicht gedeckt, weil dem Zitiergebot nicht Rechnung getragen ist, es nicht dem gesetzgeberischen Sinn und Zweck des § 113 TKG entspricht und der eindeutigen Klarstellung in § 113 Abs. 1 S. 3 TKG widerspricht2. Auch ist zu berücksichtigen, dass für Bestandsdaten charakteristisch ist, dass sie keinen Bezug zu einem konkreten Telekommunikationsvorgang haben. Eine Auskunft über die dynamische IP-Adresse oder ausgehend von der dynamischen IP-Adresse kann nicht auf § 113 TKG gestützt werden3. Für die Einordnung der statische IP-Adressen unter § 113 TKG wird der Entscheidung des LG Stuttgart zuzustimmen sein, denn hier findet eine Verknüpfung der Informationen statt, die zur Beauskunftung keinen Rückgriff auf andere Daten erfordert4. 239
Für die Daten, die Gegenstand der Auskunftspflicht sind, ergibt sich auch im Hinblick auf die Speicherfristen ein Unterschied. Während die nach § 111 TKG erhobenen Daten für die in § 111 Abs. 1 S. 4 TKG festgelegte Mindestdauer vorzuhalten sind, richtet sich die Vorhaltung der Bestandsdaten an dem für die betrieblichen Bedürfnisse des Anbieters Erforderlichen aus5. _______________
1 Dies bestätigt auch das Interesse der Sicherheitsbehörden. Denn auch wenn sie die Verkehrsdaten – wie das LG Stuttgart argumentiert – bereits haben, erhält diese Aussage erst durch den Namen die Aussage, dass diese Person zu diesem Zeitpunkt eine Telekommunikationsverbindung unterhielt. 2 Vgl. Gnirck/Lichtenberg, DuD 2004, 598 (600); Neumann/Wolff, TKMR 2003, 110 (114). Auch wenn die dynamische IP-Adresse datenschutzrechtlich dem TMG zu geordnet wird, ändert dies nichts an dem Ergebnis, dass eine Auskunft einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis darstellt und unzulässig ist. Ausgeschlossen wäre dann jedoch auch Beauskunftung, soweit sie auf §§ 100g, 100h StPO gestützt würde, da diese gerade anders als die §§ 8 Abs. 8 BVerfSchG, 10 Abs. 2 MAD-G, § 8 Abs. 3a BND-G Teledienste nicht erfassen. Der Referentenentwurf zur Novellierung der TK-Überwachung (Rz. 182) geht ausweislich der Aufnahme der (dynamischen) IP-Adresse in § 110a Abs. 4 TKG-RefE auch von einer Einordnung als Verkehrsdatum aus. 3 Ebenso Beck TKG-Komm/Bock, § 113 Rz. 24; Bär, MMR 2005, 626 (627); das LG Bonn, Beschl. v. 21.5.2004, 31 Qs 65/04, DuD 2004, 628, bejaht eine Auskunftspflicht nach § 100g Abs. 3 Nr. 1 StPO als „Kennung“ (hiergegen Gnirck/Lichtenberg, DuD 2004, 598 [601]), wobei es die Einordnung als „Kennung“ nicht begründet. 4 Gnirck/Lichtenberg, DuD 2004, 598 (600). 5 Siehe auch Rz. 215.
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Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden (§§ 111–114 TKG)
Rz. 241 B
Den Verpflichteten steht keine Prüfungskompetenz der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Auskunftsverlangens zu. Ihnen steht eine Prüfungskompetenz hinsichtlich formeller Aspekte zu. Das umfasst neben der Prüfung, ob es sich um eine berechtigte Stelle im Sinne des § 113 TKG handelt, auch, ob es sich um eine Auskunft über Bestandsdaten handelt. Eine Auskunft über z. B. Verkehrsdaten dürfte verweigert werden. Ferner dürfen die berechtigten Stellen auch eine nicht eindeutige Auskunftsanfrage verweigern. Den Verpflichteten muss auch – nicht zuletzt aus datenschutzrechtlichen Gründen – zugestanden werden, auf schriftliche Anfrage – jedenfalls aber auf Telefaxanfragen – zu beharren und telefonische Auskünfte zu verweigern. Ein Problem der Praxis ist die Prüfung, ob es sich tatsächlich um eine Anfrage der berechtigten Stelle und nicht um Fälschung handelt1. Darüber hinaus sollten die Verpflichteten im Eigeninteresse sicherstellen, dass die berechtigten Stellen ihre Anfrage auf die Auskunftspflicht – das muss nicht die explizite Nennung von § 113 TKG sein – stützen2.
240
Nach § 113 Abs. 1 S. 4 TKG besteht für den Verpflichteten eine Verschwiegenheitspflicht gegenüber seinen Kunden und gegenüber Dritten3. 7.2.3.2 Daten zum Schutz von Endgeräten und Speichereinrichtungen Eine besondere Festlegung in Bezug auf die Auskunftserteilung enthält § 113 Abs. 1 S. 2 TKG. Es wird festgelegt, dass Auskünfte über Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder in diesen oder im Netz eingesetzter Speichereinrichtungen geschützt wird, „insbesondere PIN4 oder PUK5“, Gegenstand einer Auskunft nach §§ 161 Abs. 1 S. 1, 163 Abs. 1 StPO, der Datenerhebungsvorschriften der Polizeigesetze des Bundes und der Länder oder nach § 8 Abs. 1 BVerfSchG, § 2 Abs. 1 BND-G oder § 4 Abs. 1 des MAD-G sind6. Gleichzeitig wird bestimmt, dass anderen Behörden diese Daten nicht übermittelt werden dürfen. _______________
1 Es kann daher keinen Verstoß gegen die Auskunftspflicht, insbesondere deren Unverzüglichkeit, darstellen, wenn eine Auskunft verweigert wird, bis die Echtheit der Anfrage verifiziert ist. Für solche Anfragen sollten sich die berechtigten bereithalten. Andererseits kann von den Verpflichteten generell und insbesondere bei massenhaften Anfragen eine Verifizierung aller Anfragen nicht verlangt werden; eine Beschränkung auf Fälle mit besonderen Auffälligkeiten oder Stichproben wird hier als ausreichend zu betrachten sein. 2 Denn anderenfalls könnte eine rein informelle Anfrage zu einer freiwilligen Auskunft vorliegen. Damit könnte die datenschutzrechtliche Legitimation zur Auskunftserteilung ebenso wie die Entschädigungspflicht entfallen. 3 Damit ist es aber auch ausgeschlossen, sich gegenüber dem Kunden oder einem Dritten auf § 113 Abs. 1 S. 4 TKG zu berufen. Denn bereits dadurch würde indirekt offenbart, dass eine Anfrage nach § 113 TKG erfolgte. 4 Kurios ist die Einbeziehung der PIN (Personal Identity Number) insoweit, als diese dem Verpflichteten typischerweise nicht bekannt ist. 5 Personal Unblocking Key. 6 Der Rechtsschutz bestimmt sich entsprechend den für die genannten Befugnisnormen geltenden Regelungen.
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B Rz. 242
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Es besteht keine Verpflichtung zum Entschlüsseln eines verschlüsselt gespeicherten Passworts. Ferner besteht auch keine Verpflichtung zum Zurücksetzen, falls Passwort/PIN dem Verpflichteten nicht bekannt ist.
243
Mit dieser Regelung soll im Hinblick auf unterschiedliche Rechtsauffassungen der Auskunftspflichtigen über die Gewährung der Auskunft Rechtssicherheit geschaffen werden1. Ebenso respektabel wie dieses Ansinnen ist, so problematisch ist der gewählte Weg. Für die zur Auskunft Verpflichteten ist dies zunächst insofern positiv, als für sie nicht mehr das Risiko besteht, dass ihnen vorgeworfenen werden könnten, dass § 161a StPO keine ausreichende Rechtsgrundlage für eine solche Auskunft sei. Gleichwohl ist diese Regelung verfassungsrechtlich bedenklich.
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Diese Regelung begegnet erheblichen rechtlichen Bedenken. Zunächst ist es kompetenzrechtlich zweifelhaft, eine solche Festlegung im TKG vorzunehmen. Durch ein Bundesgesetz wird damit beispielsweise die Auslegung der Landespolizeigesetze vorgenommen. Darüber hinaus betrifft eine solche Auskunft bereits den Schutzbereich des Art. 10 GG, wenn dadurch auf Daten Zugriff genommen werden kann, die während der Übermittlung für den Betroffenen gespeichert wurden. Dies gilt beispielsweise für Informationen, die in der Mailbox oder der Voicemailbox gespeichert sind2. Dasselbe gilt auch für das Auslesen der Anruflisten3 eines Mobiltelefons, weil dies jedenfalls nähere Umstände der Telekommunikation sind4. Denn der Zweck des Fernmeldegeheimnisses ist es, die Beteiligten so zu stellen, wie sie ohne Inanspruchnahme der Telekommunikationstechnologie, also bei unmittelbarer Kommunikation in beiderseitiger Gegenwart, stünden5. Unterstrichen wird dies dadurch, dass die Auskunft unmittelbar dem Eingriff in das Fernmeldegeheimnis dient6. An diesem Maßstab sind die in Bezug genommenen _______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 97. 2 So auch Bär, MMR 2005, 523 (524), Anmerkung zu BVerfG, Beschl. v. 4.2.2005, 2 BvR 308/04, MMR 2005, 520 ff. 3 In der sog. Anrufliste sind eine bestimmte Anzahl abgehender und ankommender Telekommunikationsverbindungen erfasst; bei den ankommenden ist die Übertragung der Rufnummer des Anrufenden für die identifizierbare Erfassung in der Liste erforderlich. 4 BVerfG, Beschl. v. 4.2.2005, 2 BvR 308/04, MMR 2005, 520 (522). Das BVerfG stellt in dieser Entscheidung klar, dass die den Zugriff auf Verkehrsdaten regelenden Bestimmungen wie §§ 100g, 100h StPO nicht durch den Rückgriff auf andere Bestimmungen unterlaufen werden dürfen. Eine Beschlagnahme von Aufzeichnungen, bspw. Einzelverbindungsnachweisen, oder Geräten, bspw. Mobiltelefonen, um aus diesen Verkehrsdaten abzulesen, ist nur unter den Voraussetzungen §§ 100g, 100h StPO zulässig (BVerfG, Beschl. v. 4.2.2005, 2 BvR 308/04, MMR 2005, 520 [522] mit ablehnender Anmerkung Bär). 5 BVerfGE 100, 313 (316). 6 Auch praktisch leuchtet diese Regelung wenig ein. Ein Passwort, das nicht genutzt werden kann, weil die Nutzung einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis darstellt, ist praktisch wertlos. Falls zu dessen Verwendung eine Anordnung bspw.
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Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden (§§ 111–114 TKG)
Rz. 248 B
Befugnisnormen zu messen. Jedenfalls die allgemeine Ermittlungsbefugnis des §§ 161 Abs. 1 S. 1, 163 Abs. 1 StPO hält diesem Maßstab nicht stand1. Unbeachtlich ist damit auch, dass mit den Passwörtern auch auf Daten zugegriffen werden kann, die nicht dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, wie beispielsweise das in einem (Mobil-)Telefon gespeicherte Telefonbuch. § 113 Abs. 1 S. 2 TKG selbst stellt schon dem Wortlaut nach keine Befugnisnorm dar. Ein Auskunftsverlangen kann hierauf nicht gestützt werden.
245
7.2.3.3 Kosten und Entschädigung Die Vorkehrungen in seinem Verantwortungsbereich für die Erteilung der Auskunft hat der Verpflichtete auf eigene Kosten zu treffen. Für die Erteilung der Auskunft ist eine Entschädigung zu gewähren, deren Höhe sich entsprechend der Rechtsverordnung nach § 110 Abs. 9 TKG bemisst. Rechtsgrundlage für den Entschädigungsanspruch ist aber weiterhin § 110 Abs. 9 S. 2 TKG i. V. m. § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes2.
246
§ 113 Abs. 2 S. 3 TKG trägt der Umgehungspraxis unter dem TKG 1996 Rechnung und stellt klar, dass die Entschädigungspflicht auch dann gilt, wenn Informationen erfragt werden, die auch nach § 112 TKG hätten erfragt werden können.
247
Eine Entschädigungspflicht gilt jedoch nicht, falls sich die Auskunft auf im automatisierten Auskunftsverfahren unvollständig oder nicht richtig erteilte Informationen bezieht. Als Schwachpunkt könnte es sich hier erweisen, die Auskunftsverfahren für die Joker-Abfrage oder die Ähnlichfunktion im Rahmen der automatisierten Auskunft unzulänglich geregelt sind und die Sicherheitsbehörden die Unzulänglichkeit über Anfragen nach § 113 TKG auf Kosten der Verpflichteten ausgleichen. 7.2.4 Auskunft über Strukturen (§ 114 TKG) Gegenstand der Auskunft sind die Strukturen von Telekommunikationsdiensten und bevorstehende Änderungen dieser. Die Auskunft hat unentgeltlich zu erfolgen. Empfänger der Auskunft ist der Bundesnachrichtendienst im Rahmen der sog. Strategischen Beschränkung (§§ 5, 8 G 10-G). Die Auskunft wird mittelbar eingeholt, indem im Falle eines Ersuchens _______________
nach § 100a StPO ergeht, dann kann auch auf der Grundlage dieser Anordnung zunächst auf das Passwort und dann auf den Inhalt zugegriffen werden. Für eine gesonderte Regelung besteht damit kein Bedürfnis. 1 Bereits zur Kritik am Regierungsentwurf zum TKG: Eckhardt, CR 2003, 805 (812). 2 Die Bezugnahme auf § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz ist mit dem TKGÄndG eingefügt worden.
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B Rz. 249
Öffentliche Sicherheit
seitens des Bundesnachrichtendienstes das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit bei den Verpflichteten anfragt. 249
Die Regelung in § 114 TKG ist dahin zu verstehen, dass sich die Auskünfte nur auf die eigenen Strukturen des jeweils Angefragten beziehen. Die Zusammenhänge zwischen den Informationen der verschiedenen Auskunftspflichtigen haben die Sicherheitsbehörden selbst herzustellen.
8. Kontrolle und Durchsetzung der Verpflichtungen (§ 115 TKG) 250
§ 115 TKG enthält neben den Kontrollbefugnissen der Bundesnetzagentur (§ 116 TKG) auch abgestufte Möglichkeiten zur Durchsetzung der Vorgaben. Neben den gesetzlichen Bestimmungen des Teils 7 des TKG sind auch die auf Grundlage dieses Teils des TKG ergangenen Rechtsverordnungen und Technischen Richtlinien einbezogen.
251
Die Bundesnetzagentur kann nach § 115 Abs. 1 TKG Anordnungen und andere Maßnahmen treffen, um die Einhaltung der Bestimmungen sicherzustellen. Im Rahmen der Kontrolle hat der Verpflichtete der Bundesnetzagentur Auskünfte zu erteilen und die Mitarbeiter der Bundesnetzagentur sind zum Betreten der Geschäfts- und Betriebsräume berechtigt.
252
§ 115 Abs. 2 TKG eröffnet der Bundesnetzagentur abgestuft die Möglichkeit zur Festsetzung von Zwangsgeldern nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz zur Durchsetzung der in §§ 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 TKG benannten Verpflichtungen. Für den Fall wiederholter Verstöße kann nach § 115 Abs. 2 S. 2 TKG die Tätigkeit des Verpflichteten dadurch beschränkt werden, dass er seinen Kundenstamm bis zur Erfüllung der Pflicht nicht verändern darf.
253
Nach § 115 Abs. 3 TKG ist die Bundesnetzagentur auch berechtigt, dem Verpflichteten die Tätigkeit ganz oder teilweise zu untersagen.
254
Der Einsatz des durch § 115 TKG eröffneten Durchsetzungsinstrumentarium steht unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Dies gilt sowohl für das Ob als auch für die abgestufte Auswahl des Mittels.
255
§ 115 Abs. 5 TKG stellt klar, dass eine Einschränkung des Fernmeldegeheimnisse nur im Rahmen der Kontrolle nach den Absatz 1 in Betracht kommt, nicht aber bei der Durchsetzung der Verpflichtungen.
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C. Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde) 1. Entwicklung und Rechtsstellung der Regulierungsbehörde 1.1 Verfassungsrechtliche Vorgaben In den Jahren 1989/1990 hatte – noch im Rahmen der durch Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG a. F.1 vorgegebenen Einheit einer „Bundespost“ als eines Zweiges bundeseigener Verwaltung (im Hinblick auf die Gegenstände „Post- und Fernmeldewesen“ nach Art. 73 Nr. 7 GG a. F.2) – eine organisatorische Trennung von politisch-hoheitlichen Bereichen einerseits, unternehmerischbetrieblichen Feldern andererseits stattgefunden (§ 1 PostVerfG3). Die Zweiteilung bezog sich auf Aktivitäten im Inland ebenso wie auf solche mit dem bzw. im Ausland (§ 36 PostVerfG). Dem (Ende 1997 aufgelösten) Bundesministerium für Post und Telekommunikation (BMPT)4 – zugleich oberste Bundesbehörde – wurden seinerzeit ein Infrastrukturrat (§§ 32 ff. PostVerfG) bei- und das Bundesamt für Post und Telekommunikation (BAPT)5 als Bundesoberbehörde mit Sitz in Mainz nachgeordnet.
1
Die zweite Postreform – bestehend aus einer inhaltlich und zeitlich verknüpften Novellierung des GG (vom 30.8.19946) sowie dem Erlass eines Postneuordnungsgesetzes (PTNeuOG)7 – hatte keine größeren Auswirkungen auf die Organisation der Regulierung im (Post- wie im) Telekommunikationssektor. Immerhin führte sie diesen Begriff in Gesetzestitel und -sprache ein („Gesetz über die Regulierung der Telekommunikation und des Postwesens“ [PTRegG] = Art. 7 PTNeuOG).
2
Der neu eingefügte Art. 87f Abs. 2 Satz 2 GG hingegen schrieb fest, dass „Hoheitsaufgaben im Bereich des Postwesens und der Telekommunika-
3
_______________
1 „In bundeseigener Verwaltung werden geführt … die Bundespost“. Die seit Inkrafttreten des GG (v. 23.5.1949, BGBl. 1) geltende Fassung der Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung des GG v. 30.8.1994 (BGBl. I, 2245) dergestalt geändert, dass die Wörter „die Bundespost“ gestrichen wurden. 2 Art. 1 Nr. 1 der zuvor genannten GG-Novelle machte hieraus „das Postwesen und die Telekommunikation“, um dem „international üblichen Sprachgebrauch“ zu entsprechen (BT-Drucks. 12/6717 v. 1.2.1994, 3). 3 Gesetz über die Unternehmensverfassung der Deutschen Bundespost = Art. 1 des Gesetzes zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost (Poststrukturgesetz – PostStruktG) v. 8.6.1989, BGBl. I, 1026. 4 Dazu Bötsch in: Witte (Hrsg.), Das Telekommunikationsgesetz 1996, 1996, 3 (4), sowie Ziff. I des Organisationserlasses des Bundeskanzlers v. 17.12.1997, BGBl. 1998 II, 68. 5 Dazu Lenke, ZPT 6/1990, 28 ff.; Hugentobler, ZPT 11/1991, 61 ff. 6 BGBl. I, 2245; die Änderung ist gemäß Art. 2 am 3.9.1994 in Kraft getreten. 7 Gesetz zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation v. 14.9.1994, BGBl. I, 2325; Berichtigung v. 29.11.1995, BGBl. 1996 I, 103.
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C Rz. 4
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
tion“, wie sie gemäß Art. 73 Abs. 1 Nr. 7 i. V. m. Art. 71 GG nach wie vor der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterliegen und nach Art. 87f Abs. 1 GG vornehmlich in einem Infrastrukturgewährleistungsauftrag bestehen, in „bundeseigener Verwaltung“, d. h. durch Stellen der unmittelbaren Bundesverwaltung ausgeführt werden (müssen). Wenn hierfür nicht mehr – wie nach Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG a. F. – ein eigener Unterbau in Gestalt von Bundesmittel- und -unterbehörden eingerichtet werden muss, bedeutete dies auch nicht umgekehrt einen Zwang zu organisatorischer Konzentration auf der Ministerialebene. Nach Maßgabe des Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG dürfen vielmehr für (die Wahrnehmung von) Angelegenheiten, für die dem Bund die Gesetzgebungskompetenz zusteht – hier insbesondere, aber nicht nur nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 7 GG – (auch) „selbständige Bundesoberbehörden“ durch Bundesgesetz errichtet werden. Dabei bezeichnet auch freilich nach wie vor die (ausschließliche oder konkurrierende) Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes die äußerste Grenze für ihm zugewiesene Exekutivkompetenzen1; nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des Art. 87 Abs. 3 Satz 2 GG wären auch (bundeseigene) Mittel- und Unterbehörden zulässig. Die Einrichtung bzw. Beibehaltung von bloßen Außenstellen (Rz. 28) wird dadurch jedoch nicht untersagt. 4
„Selbständigkeit“ im Sinne von Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG erlaubt die Ausgliederung von Organisationseinheiten aus einem Bundesministerium (einschließlich unterschiedlicher Sitze von oberster und Ober-Behörde2) sowie die Reduzierung der regelmäßig strikten Weisungsgebundenheit im Verhältnis der über- und untergeordneten Stellen innerhalb der unmittelbaren Bundesverwaltung; nicht zulässig wäre allerdings die Bildung eines neuen „bundesunmittelbaren“ Rechtsträgers3. Zudem erfordert es die parlamentarische Verantwortlichkeit der Bundesregierung wie ihrer einzelnen Mitglieder (Art. 63, 67, 68 GG), dem Kabinett (im Rahmen der Gesetze) personell wie inhaltlich maßgeblichen Einfluss auf die Tätigkeit von selbständigen Bundesoberbehörden zu einzuräumen bzw. zu belassen.
5
§ 66 Abs. 1 TKG 19964 knüpfte unmittelbar an Art. 87f Abs. 2 Satz 2 GG an, indem diese Vorschrift die neue „Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post“ (RegTP) nicht nur mit der Wahrnehmung der sich aus dem TKG ergebenden, sondern auch mit der Erfüllung von Hoheits-Aufgaben und Befugnissen betraut, die aus „anderen Gesetzen“ resultieren (unten, Rz. 57 ff.). Freilich stand die Art der bislang von einem Bundes_______________
1 BVerfG, Urt. v. 28.2.1961 – 2 BvG 1, 2/60, BVerfGE 12, 205 (229 f.). 2 S. insoweit § 1 Abs. 2 Nr. 3 a) und § 4 des Gesetzes zur Umsetzung des Beschlusses des Deutschen Bundestages v. 20.6.1991 zur Vollendung der Einheit Deutschlands (Berlin-Bonn-Gesetz) v. 26.4.1994, BGBl. I, 918; ferner BR-Drucks. 80/96 (Beschluss) v. 22.3.1996, S. 36; Trute in: Trute/Bosch/Spoerr, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 66 TKG Rz. 14. 3 BVerfG, Urt. v. 27.7.1962 – 2 BvF 4, 5/61, 1, 2/62, BVerfGE 14, 197 (211 f.). 4 Telekommunikationsgesetz v. 25.7.1996, BGBl. I, 1120.
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Entwicklung und Rechtsstellung der Regulierungsbehörde
Rz. 7 C
minister(ium) wahrgenommenen politisch-hoheitlichen Aufgaben einer völligen „Herabstufung“ auf die Ebene einer Oberbehörde entgegen, so dass mit der Auflösung des Postressorts notwendig eine Aufteilung der bisher von diesem wahrgenommenen Kompetenzen einhergehen musste und, soweit es sich um „gubernative“ Tätigkeiten handelt1, lediglich ein Wechsel zu einem anderen Ressort (dem Bundesministerium für Wirtschaft [von 2002 bis 2005: und Arbeit2]) stattfand. Im Übrigen wurde der reibungslose Übergang der Verwaltungsbefugnisse organisatorisch durch eine neue hierarchische Zuordnung – Errichtung der Regulierungsbehörde als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Wirtschaftsministeriums (§ 66 Abs. 1 TKG 1996/§ 116 Abs. 1 Satz 2 TKG3) – sowie durch ein Begleitgesetz zum TKG 19964 bewerkstelligt. Dem Infrastrukturrat – der an die Stelle des Verwaltungsrates nach §§ 5 ff. PostVerwG5 getreten war – war mit Inkrafttreten des PTNeuOG zunächst ein „Regulierungsrat“ (§§ 11 ff. PTRegG)6 gefolgt. In Zusammensetzung, Aufgaben und in seinem Verhältnis zu Ministerium bzw. Bundeskabinett entsprachen die für ihn geltenden Vorschriften weithin den Vorgängerregelungen. Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens setzte sich die Auffassung des Bundesrates durch, dass Länderinteressen auch (künftig) bei der Tätigkeit der Regulierungsbehörde von Bedeutung sein könnten und daher deren institutionelle Verankerung weiterhin vonnöten sei, so dass §§ 67 ff. TKG 1996 Regelungen über einen bei der Regulierungsbehörde zu bildenden Beirat trafen (unten, Rz. 29 ff.).
6
Die Vorschriften über Errichtung, Sitz und Rechtsstellung der Regulierungsbehörde (§ 66 TKG 1996) und über das (Beschlusskammer-)Verfahren (§§ 73– 79 TKG 1996) traten zum 1.1.1998 in Kraft (§ 100 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996), die Bestimmungen über den Beirat, dessen Geschäftsordnung, Vorsitz und Sitzungen (§§ 67, 68 TKG 1996) zum 1.10.1997 (§ 100 Abs. 1 Satz 2 TKG 1996). Die übrigen Regelungen des TKG 1996 – formell-organisatorischer wie materiell-rechtlicher Art – galten hingegen vorbehaltlich von § 100 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 TKG 1996 bereits ab 1.8.1996 (§ 100 Abs. 1 Satz 3 TKG 1996). Die „Überleitungsregelung“ in § 98 Satz 1 TKG 1996, welche die nach
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1 Der Referentenentwurf zum TKG v. 6.10.1995 hatte in § 73 noch eine eigene, dem § 36 PostVerfG nachempfundene Vorschrift über „Internationale Beziehungen“ enthalten. Zum Wiederaufgreifen des Abgrenzungsproblems in § 140 s. unten, Rz. 54. 2 So die Bezeichnung nach Maßgabe von Ziff. I.1. des Organisationserlasses des Bundeskanzlers v. 22.10.2002, BGBl. I, 4206; von 1998 bis 2002 lautete die Ressortbezeichnung „Wirtschaft und Technologie“. 3 Telekommunikationsgesetz v. 22.6.2004, BGBl. I, 1190. 4 V. 16.12.1997, BGBl. I, 3108; s. a. BR-Drucks. 369/97 v. 23.5.1997; zu BT-Drucks. 369/97 v. 4.6.1997; BT-Drucks. 13/8776 v. 15.10.1997. 5 Gesetz über die Verwaltung der Deutschen Bundespost (Postverwaltungsgesetz) v. 24.7.1953, BGBl. I, 676. 6 Vgl. die Kommentierung der §§ 11 bis 14 PTRegG durch Stober/Moelle/MüllerDehn in: Stern (Hrsg.), Postrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1997 ff.
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C Rz. 8
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diesem Gesetz der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (§ 66 Abs. 1 TKG 1996) zugewiesenen Aufgaben noch bis zum 31.12.1997 „kommissarisch“ dem BMPT übertragen hatte, basierte auf der Entscheidung der Bundesregierung, ein speziell mit Post- und Fernmelde- bzw. Telekommunikationsangelegenheiten befasstes Ministerium nicht über den Jahreswechsel 1997/98 hinaus aufrecht zu erhalten1. 1.2 Allgemeine organisatorische Fragen 1.2.1 Die Regulierungsbehörde als „unabhängige“ Bundesoberbehörde 8
Beim Erlass des TKG 1996 waren „der rechtliche Status und die Ausstattung der Regulierungsbehörde … einer der zentralen rechtlichen Diskussions- und politischen Streitpunkte“2. Nach § 70 Satz 1 des Diskussionsentwurfs (Mai 1995) sollte sie ein „unabhängiges und nur dem Gesetz unterworfenes Organ“ sein, den Referentenentwürfen vom Juli und Oktober 1995 zufolge eine „oberste Bundesbehörde“, die „ihre fachlichen Entscheidungen unabhängig“ treffe (§ 70 [§ 69] bzw. § 68). Bereits im Gesetzesentwurf der Bundesregierung war schließlich die auch in § 66 Abs. 1 TKG 1996 verwendete Formulierung zu finden, die RegTP werde „als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft“ errichtet. Nur in der Begründung dieser Vorlage verlautete noch, die „Regulierungsinstanz“ müsse „ihre fachliche Entscheidung möglich unabhängig treffen“3 können.
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Die Normierung einer „Unabhängigkeit“ im Sinne ministerialfreier Verwaltung4 hätte im Hinblick auf die parlamentarische Verantwortlichkeit der Regierung (Rz. 4) einer eindeutigen verfassungsrechtlichen Absicherung bedurft, wie dies beim Bundesrechnungshof direkt (Art. 114 Abs. 2 GG), bei der Deutschen Bundesbank zumindest mittelbar über Art. 88 Satz 2 GG erfolgt ist. Jedoch ist die im Telekommunikationssektor (und auch in anderen Infrastrukturbereichen) für notwendig erachtete Unabhängigkeit ohnehin von einer anderen Art, betrifft sie doch nicht (primär)5 den Binnenraum staatlicher Verfasstheit. _______________
1 Vgl. Bötsch in: Witte (Hrsg.), Das Telekommunikationsgesetz 1996, 1996, 3 (4), sowie oben, Rz. 1. 2 Scheurle/Lehr/Mayen, Telekommunikationsrecht, 1997, 1 (16); s. a. Ludl, JA 1998, 431 (434). 3 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 51. 4 Vgl. Ulmen/Gump, CR 1997, 396 (398); Nolte, CR 1996, 459 (464); Mayen, DöV 2004, 45 (46 f.); Ulmen in: Scheurle/Mayen, Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 66 Rz. 10; offener Trute in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 66 TKG Rz. 13. 5 Anders jedoch, solange eine maßgebliche staatliche Beteiligung an einem Telekommunikationsunternehmen besteht, wie (noch) im Hinblick auf die Deutsche Telekom AG, wo für den Aktionär Bund das Bundesministerium der Finanzen sowie die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost
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Rz. 11 C
Dies erhellt vor allem aus den einschlägigen EG-Rechtsakten: In Fortführung bereits seit 1988 auf EG-Ebene formulierter Vorgaben1 postuliert Erwägungsgrund 10 der Rahmenrichtlinie vom 7.3.20022, die Mitgliedstaaten sollten nach dem „Grundsatz der Trennung hoheitlicher und betrieblicher Funktionen … die Unabhängigkeit ihrer Regulierungsbehörde(n) garantieren, um die Unparteilichkeit ihrer Beschlüsse sicherzustellen“ (Satz 1), ohne dass durch diese Vorgabe aber die „institutionelle Autonomie“ der EG-Mitglieder berührt werde (Satz 2). Nach Satz 3 sollte(n) diese Behörde(n) „in Bezug auf Personal, Fachwissen und finanzielle Ausstattung über die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendigen Mittel verfügen“. Art. 2 (g) und Art. 3 Abs. 1 kennzeichnen dabei nationale Regulierungsbehörden (NRBen3) zunächst nur anhand der diesen durch die Rahmen- wie die „Einzelrichtlinien“ (Art. 2 [l] RRL) zugewiesenen Aufgaben, über deren konkrete Übertragung im Rahmen der Umsetzung die Kommission zu informieren ist (Art. 3 Abs. 6). Darüber hinaus gibt allerdings Art. 3 Abs. 2–5 RRL den Mitgliedstaaten einige konkrete Regelungsaufträge zur organisatorischen Struktur. So müssen diese die „Unabhängigkeit“ ihrer NRB(en) „gewährleisten“, indem sie „dafür sorgen, dass sie rechtlich und funktional von allen Unternehmen unabhängig sind, die elektronische Kommunikationsnetze“ (Art. 2 [a]), „-geräte oder -dienste“ (Art. 2 [c]) – „anbieten“ (Satz 1). Wenn (und solange) Mitgliedstaaten weiterhin an Unternehmen beteiligt sind, die elektronische Kommunikationsnetze und/oder -dienste bereitstellen, oder diese kontrollieren, sind sie nach Satz 2 gehalten, „eine wirksame strukturelle Trennung der hoheitlichen Funktion von Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Eigentum oder der Kontrolle sicher(zu)stellen“4. Darüber hinaus werden Grundzüge des Rechtsschutzes gegenüber regulatorischen Maßnahmen formuliert (Rz. 12).
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Die deutsche Regelung sah zunächst in § 3 Abs. 1 und § 9 des Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutschen Bundespost (= Art. 1 PTNeuOG) vor, diese rechtsfähige Anstalt (§ 1 Abs. 2 BAPostG) halte, erwerbe oder veräußere und verwalte die Aktien des DBP-Nachfolgeunternehmens Deutsche Telekom AG „im Namen und für Rechnung der Bundesrepublik Deutschland“; sie nimmt dabei insbeson-
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tätig werden; vgl. Burmeister/Röger, § 3 BAPostG Rz. 10 ff., 23 ff. in: Stern (Hrsg.), Postrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1997 ff.; Windhorst, CR 1998, 281 (285); Manssen, ArchPT 1998, 236 (237); Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 66 Rz. 24. Vgl. dazu Voraufl., 2002, Teil 8 Rz. 21. Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste v. 7.3.2002, ABl. EG Nr. L 108 v. 24.4.2002, 33; im Folgenden RRL. Engl. „national regulatory authorities“ (NRAs). Vgl. Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 51; Scherer, K&R 2002, 273 (279); Nihoul/Rodford, EU Electronic Communications Law, 2004, 1.72. – 1.75; Mayen, DöV 2004, 45 (50 f.); s. a. oben, Rz. 9.
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Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
dere Aktionärsinteressen wahr. Die Bundesanstalt unterliegt ministerieller Einflussnahme sowohl generell (in Form einer Beaufsichtigung nach § 2) als auch bei der Bestellung ihres Vorstands (§ 4 BAPostG). Andererseits schrieb § 3 Abs. 4 PTNeuOG fest, sie dürfe über die im Gesetz genannten Aufgaben „weder Rechte noch Einfluss“ in Bezug auf die DTAG ausüben. Damit sollte jedoch lediglich sichergestellt werden, dass die Anstalt kein herrschendes Unternehmen i. S. der §§ 311 ff. AktG ist1, so dass Bedenken dahin, hier liege nur eine „formal-organisatorische“ Trennung vor2, nachvollziehbar sind. Das Reorganisationsgesetz vom Herbst 20053 hat zwar § 3 Abs. 1 BAPostG modifiziert und § 3 Abs. 4 wie § 9 BAPostG gänzlich gestrichen; damit wird aber lediglich bezweckt und erreicht, dass die bisher dort normierten („Eigentümer“-)Aufgaben unmittelbar auf das Bundesministerium der Finanzen übertragen werden4, ohne dass ersichtlich ist, wie dadurch bzw. in diesem Ressort den Vorgaben der Rahmenrichtlinie genügt würde. 12
Den EG-Mitgliedstaaten obliegt es nach Art. 3 Abs. 3 des Weiteren dafür zu sorgen, dass NRBen ihre Befugnisse „unparteiisch und transparent“ ausüben; damit hängt unmittelbar die Verpflichtung zusammen, die jeweiligen Aufgaben „in leicht zugänglicher Form“ publik zu machen (Art. 3 Abs. 4)5. Eine spezielle Kooperationspflicht sieht schließlich Art. 3 Abs. 5 im Verhältnis der NRBen zu allgemeinen Wettbewerbsbehörden eines jeweiligen Staates vor; bei dem für die Erfüllung der Aufgaben notwendigen (gegenseitigen) Informationsaustausch (unten, Rz. 105) muss allerdings Vertraulichkeit gewahrt bleiben. Keine Unabhängigkeit besteht freilich im Hinblick auf richterliche Kontrolle. Insoweit schreibt Art. 4 der Rahmenrichtlinie den Mitgliedstaaten vor, wirksame Rechtsbehelfe gegen NRB-Entscheidungen zu eröffnen, und gewährleistet (in Abs. 2 Satz 2) betroffenen „Nutzern“ (Art. 2 [h]), Netzbetreibern oder Diensteanbietern zumindest nach einer erfolglosen „Beschwerde“ eine Überprüfung durch ein Gericht i. S. v. Art. 234 EG6. Erwägungsgrund 11 (Satz 4) stellt dabei klar, dass die „Kompetenzverteilung in den einzelstaatlichen Rechtssystemen und die Rechte juristischer oder natürlicher Personen nach nationalem Recht“ durch das Beschwerdeverfahren als solches nicht berührt werden. Die Verkürzung des Instanzenzuges im neuen TKG (Rz. 147) ist daher gemein_______________
1 BT-Drucks. 12/6718 v. 1.2.2004, S. 77; Burmeister/Röger, § 3 BAPostG Rz. 90 in: Stern (Hrsg.), Postrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1997 ff. 2 Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 319; s. aber Scherer, K&R 2002, 273 (279 f.). 3 Gesetz zur Reorganisaton der Bundesanstalt Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost und zur Änderung anderer Gesetze v. 12.9.2005, BGBl. I, 2746. 4 Vgl. BT-Drucks. 15/5573 v. 31.5.2005, S. 30, 31, 34; BR-Drucks. 482/05 v. 17.6.2005. 5 Vgl. Scherer, K&R 2002, 273 (280); Nihoul/Rodford, EU Electronic Communications Law, 2004, 1.88, 1.89. 6 Vgl. Scherer, K&R 2002, 273 (281); Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 62; Nihoul/Rodford, EU Electronic Communications Law, 2004, 6.22.
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Rz. 14 C
schaftsrechtlich unbedenklich; Einschränkungen der gerichtlichen Kontrolldichte durch Zuerkennung von Beurteilungsspielräumen (Rz. 46) müssen hingegen dem Maßstab wirksamer Korrekturmöglichkeit entsprechen. Auch in den im Rahmen des Vierten Protokolls vom 15.4.19971 zum Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS)2 eingegangenen „Zusätzlichen Verpflichtungen der Europäischen Gemeinschaften und ihrer Mitgliedstaaten“ verlautet das „Referenzpapier“ unter Ziff. 5 zu „unabhängige(n) regulierende(n) Stellen“, die Regulierungsbehörde sei „getrennt von jedem Anbieter von Basistelekommunikationsdienstleistungen3“ und diesem „nicht verantwortlich“; zudem müssten ihre Entscheidungen und Verfahren „im Hinblick auf alle Marktteilnehmer unparteiisch“ sein4.
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Im Hinblick auf die Vorgaben des EG- wie des WTO-Rechts muss also die Regulierungsbehörde nicht rechtlich „unabhängig“ sein, d. h. sie braucht nicht als juristische Person des öffentlichen Rechts, etwa als Anstalt, verselbständigt zu werden, sondern darf Teil der unmittelbaren Bundesverwaltung sein/bleiben. Weiter muss ihr auch nicht die Stellung einer obersten Bundesbehörde eingeräumt werden5. Entscheidet sich der Gesetzgeber jedoch für die Wahrnehmung (eines wesentlichen Teils) der Regulierungsaufgaben durch eine Bundesoberbehörde, so erfordert diese Einordnung in einen ministeriellen Geschäftsbereich auch Regelungen über das Verhältnis zum Ressortminister. So bedarf die Geschäftsordnung der Regulierungsbehörde der Bestätigung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (§ 3 Abs. 1 Satz 2 BNetzA-Gesetz6 wie zuvor § 66 Abs. 2 Satz 2 TKG
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1 BGBl. 1997 II, 1990. 2 General Agreement on Trade in Services (GATS) v. 15.4.1994, BGBl. II, 1643; dazu unten, Rz. 40. 3 In den Anlagen zum GATS – „zur Telekommunikation“ (BGBl. 1994 II, 1664) bzw. zu „Verhandlungen über Basistelekommunikation“ (BGBl. 1994 II, 1666) – wie in einem zur Schlussakte von Marrakesch über die Ergebnisse der multilateralen Handelsverhandlungen der Uruguay-Runde gehörenden Minister-Beschluss „zu Verhandlungen über Basistelekommunikation“ (BGBl. 1994 II, 1673) wird insoweit pauschal auf den Handel mit „Telekommunikationsnetzen und -diensten“ Bezug genommen. Eine nicht sehr präzise Definition „öffentlicher“ TK-Netze und Dienste enthält die Anlage zur Telekommunikation in Nr. 3 lits. b), c). 4 Hierzu auch Strivens/Bratby, International Regulatory Framework in: Scherer (Hrsg.), Telecommunication Laws in Europe, 4. Aufl. 1998, 24.10., 24.13, 24.20; Nihoul/Rodford, EU Electronic Communications Law, 2004, 1.83; Mathew, The WTO Agreements on Telecommunications, 2003, S. 187 ff.; Koenig/Braun, The International Regulatory Framework of EC Telecommunications Law in: Koenig/ Bartosch/Braun (Hrsg.), EC Competition and Telecommunications Law, 2002, 1(16). 5 Zweifelnd Schwintowski, CR 1997, 630 (636). 6 Art. 2 des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts v. 7.7.2005, BGBl. I, 1970 (Gesetz über die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen). Die Vorschrift ist identisch mit § 116 Abs. 2 Satz 2 TKG 2004; vgl. BT-Drucks. 15/3917 v. 14.10.2004, S. 76.
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Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
1996). Während dabei § 66 Abs. 5 TKG 1996 eine Befugnis (nur) zu „allgemeinen Weisungen“ gegenüber der Oberbehörde voraussetzte1, deren Reichweite umstritten war2, fehlt eine derartige Einschränkung in § 117 Satz 1 TKG3. Letztlich wurde hier aber eine allgemeine Veröffentlichungspflicht in Bezug auf ministerielle Weisungen normiert4, von der lediglich Fälle ausgenommen sind, in denen sich eine Zuständigkeit der RegTP (bzw. der Bundesnetzagentur [BNetzA]) nicht aus dem (TK-)Gesetz selbst, sondern erst aus einer Übertragung der Erfüllung von Aufgaben durch das Ressortministerium ergibt (§ 117 Satz 2 TKG), bei denen also die Letztverantwortung ohnehin beim BMWi liegt5. Davon abgesehen bleibt es der Regierung bzw. deren zuständigem Ressort/Mitglied vorbehalten, die (hoch)politischen Probleme im Bereich der Telekommunikation zu behandeln (Rz. 5, 20). 15
Neu eingeführt durch Art. 7 RRL wurde ein Verfahren der „Konsolidierung“ des „Binnenmarktes für elektronische Kommunikation“: Damit sich Beschlüsse, die auf nationaler Ebene gefasst werden, nicht nachteilig auf den Binnenmarkt (Art. 14 EG) oder andere Ziele (Art. 2) des EG-Vertrags auswirken, sollte Erwägungsgrund 15 Satz 2 dieses Rechtsakts zufolge jede NRB bestimmte Maßnahmen-Entwürfe auch der Kommission und den Regulierungsbehörden anderer Mitgliedstaaten notifizieren, damit diese hierzu (in der Regel binnen eines Monats6) Stellung nehmen können. Die Verpflichtung bezieht sich nach Art. 7 Abs. 3 auf beabsichtigte Maßnahmen, die in den Anwendungsbereich des Art. 15 oder 16 RRL – Marktdefinitions-, Marktanalyseverfahren –, des Art. 5 oder 8 der Zugangsrichtlinie7 – d. h. Befugnisse und Zuständigkeiten in Bezug auf „Zugang“ und „Zusammenschaltung“ (Art. 2 Abs. 2 [a], [b] dieses Rechtsakts) bzw. weitere Verpflich-
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1 Von einer „sachlich steuernden Funktion“ sprechen Ulmen/Gump, CR 1997, 396 (401); s. a. Beck TKG-Komm/Geppert, § 66 Rz. 19 ff.; Windhorst, CR 1998, 340 (342). 2 Vgl. Gramlich, CR 2000, 816 (822 f.); Ulmen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 66 Rz. 16 f. 3 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 98, wo ausdrücklich „Einzelweisungen“ erwähnt werden; krit. bereits Heun, CR 2003, 485 (496). Rechtspolitisch Röhl, JZ 2006, 831 (837 f.). 4 Vorbild dieser Regelung ist § 52 GWB (i. d. F. v. 15.7.2005, BGBl. I, 2114) bzw. § 49 GWB a. F.; zum Bezug zu Art. 3 Abs. 3 RRL s. Scherer, NJW 2004, 3001 (3009). 5 Eingefügt erst durch den v. Bundesrat (BT-Drucks. 15/2907 v. 6.4.2004) angerufenen Vermittlungsausschuss (BT-Drucks. 15/3063 v. 5.5.2004, 4 – Nr. 23). 6 Zwar ist nach Art. 7 Abs. 3 Satz 3 RRL die Monatsfrist nicht verlängerbar, da sich diese Bestimmung aber auf den vorhergehenden Satz bezieht, der auch (den Mitgliedstaaten bzw. NRBen) das Setzen einer längeren Frist ermöglicht, muss dies wohl entsprechend relativiert werden. 7 Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung v. 7.3.2002, ABl. EG Nr. L 108 v. 24.4.2002, 7; im Folgenden ZRL.
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Rz. 17 C
tungen (nur) für Unternehmen mit „beträchtlicher Marktmacht“1 – sowie des Art. 16 der Universaldienstrichtlinie2 – Verpflichtungen in Bezug auf Endnutzermärkte – fallen und Auswirkungen auf den „Handel zwischen Mitgliedstaaten“3 haben werden. Fristgemäß abgegebenen Stellungnahmen anderen NRBen wie der Kommission muss die notifizierende Behörde „weitestgehend“ Rechnung tragen; die Annahme des Entwurfs wird dadurch aber nicht gänzlich verhindert4. Auch die letztlich beschlossene Maßnahme ist aber (erneut) der Kommission zu übermitteln (Art. 7 Abs. 5 RRL). Dieser stehen dann bei einer weiterhin ablehnenden Haltung die Möglichkeit offen, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen den Mitgliedstaat (nach Art. 226 EG) einzuleiten5.
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Einer förmlichen Unterordnung unter ein europäisches Regulierungsgremium nahe kommt der spezifische Fall des Art. 7 Abs. 4: Hier geht es zum einen um eine Abweichung von den durch Kommissions-Empfehlung6 (i. S. v. Art. 249 Abs. 5 EG) gem. Art. 15 Abs. 1 RRL abgesteckten (18) relevanten Märkten, zum andern um die Festlegung alleiniger oder kollektiver „beträchtlicher Marktmacht“ (nach Art. 16 Abs. 3, 4 oder 5 des Rechtsakts) mit Auswirkungen auf den zwischenstaatlichen Handel (Rz. 15). Hält hier die Kommission in ihrer Stellungnahme nach Art. 7 Abs. 3 an die notifizierende NRB den Maßnahmenentwurf für problematisch, weil dieser entweder ein „Hemmnis für den Binnenmarkt schaffen“ würde7 oder seine Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht, „insbesondere den in Art. 8 (der Richtlinie) genannten Zielen“ ernsthaft in Zweifel steht, darf die geplante Maßnahme während zwei weiterer Monate nicht verabschiedet werden8.
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1 Nach Satz 3 des Erwägungsgrunds 25 RRL beruht die Definition dieses Begriffs „auf dem Konzept der beherrschenden Stellung nach der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften“; vgl. Scherer, NJW 2004, 3001 (3003); Heun, CR 2004, 893 (900); Klotz, MMR 2003, 495 (497) und K&R Beil. 1/2003, 3 (5 f.); Krüger, K&R Beil. 1/2003, 9 (13 ff.); Braun/Capito, The Framework Directive in: Koenig/Bartosch/Braun (Hrsg.), EC Competition and Telecommunications Law, 2002, 309 (312 ff.). 2 Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten v. 7.3.2002, ABl. EG Nr. L 108 v. 24.4.2002, 51; im Folgenden UDRL. 3 Vgl. erläuternd hierzu Erwägungsgrund 38 RRL; dazu Scherer, K&R 2002, 273 (282). 4 Ebenso Scherer, K&R 2002, 273 (281); ferner Elkettani, K&R Beil 1/2004, 11 (14). 5 Soweit kein Vetorecht gegeben ist (Rz. 17). 6 V. 12.2.2003 (über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen), ABl. EG Nr. L 114 v. 8.5.2003, 45; dazu etwa Ladeur, K&R 2003, 153 (156 f.), und K&R 2004, 153 (153 ff.). 7 Vgl. Scherer, K&R 2002, 273 (282). 8 Als Bsp. „serious doubts letter“ der Kommission in Sachen DE/2006/0480 und 0481, SG-Greffe (2006) D/205459 v. 29.9.2006, 4 ff.
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Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
Innerhalb dieses Zeitraums kann die Kommission den Entwurf förmlich beanstanden, indem sie die NRB auffordert, ihre Vorlage zurückzuziehen; dann muss eine „detaillierte und objektive“ Darstellung der Gründe für ein solches Veto erfolgen, und „zugleich“ müssen „spezifische Vorschläge zur Änderung des Maßnahmenentwurfs“ unterbreitet werden. Übernimmt die NRB diese Vorschläge, muss gleichwohl das Verfahren nach Art. 7 Abs. 3 noch einmal durchlaufen werden1; ein erneutes Veto ist jedoch nicht mehr zu gewärtigen. Will sie den Änderungsvorschlägen hingegen nicht folgen, so bleibt ihrem Träger gegen den Kommissionsbeschluss lediglich der Rechtsweg zum EuGH gem. Art. 230 EG2. Damit dies fristgerecht erfolgen kann, statuiert § 12 Abs. 2 Nr. 3 Satz 5 eine Verpflichtung der RegTP/BNetzA, das BMWi über die (Veto-)Entscheidung der Kommission zu unterrichten3. 18
In allen Fällen des Art. 7 Abs. 3 (einschließlich der gem. Abs. 4) verbleibt einer NRB aber nach Art. 7 Abs. 6 RRL eine – wenngleich sachlich und zeitlich beschränkte – eigene Kompetenz zur Gewährleistung des Wettbewerbs und zum Schutz der Nutzerinteressen: Voraussetzung ist zum einen das Vorliegen „außergewöhnlicher Umstände“, zum andern Gefahr in Verzug, d. h. die Notwendigkeit „dringlichen“ Handelns vor Ablauf der Stellungnahme-Fristen nach Abs. 3 oder 4. Ist beides aus Sicht der NRB gegeben, darf sie umgehend (ohne Beteiligung anderer Regulierungsbehörden oder der Kommission) jede „angemessene“ Maßnahme treffen, allerdings nur solche „einstweiliger“ Art4. Über das Vorgehen und die Gründe hierfür sind Kommission und andere NRBen unverzüglich zu informieren, ohne dass diesen daraus aber ein Recht zur Stellungnahme erwächst oder gar eine Pflicht zur weitest gehenden Berücksichtigung besteht. Von der Durchführung des Konsolidierungsverfahrens kann nur vorübergehend abgesehen werden; bereits eine Verlängerung der Geltungsdauer einer temporären Maßnahme findet in Art. 7 Abs. 6 der Richtlinie keine Rechtsgrundlage mehr, ebenso wenig ihre Umwandlung in eine unbefristete/„dauerhafte“ Regelung5.
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Die RegTP/BNetzA legte im Rahmen ihrer Kompetenzen nach §§ 9 ff. TKG seit August 2004 diverse Entwürfe zur Definition und Analyse einzelner durch die Kommissionsempfehlung (Rz. 17) abgesteckter Märkte vor, beginnend mit Markt Nr. 11 (Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung)6; über _______________
1 Empfehlung der Kommission v. 23.7.2003 zu den Notifizierungen, Fristen und Anhörungen gem. Art. 7 der Richtlinie 2002/21/EG …, KOM (2003) 2647 endg.; dazu Ladeur, K&R 2004, 153 (155 ff.); Elkettani, K&R Beil 1/2004, 11 (17). 2 Vgl. Scherer, NJW 2004, 3001 (3004); Klotz, MMR 2003, 495 (499). 3 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 63. 4 Im Hinblick auf die in Art. 7 RRL genannten Fristen liegt eine Höchstdauer von drei Monaten nahe. 5 Zum Konzept des „europäischen Regulierungsverbundes“ s. Ladeur/Möllers, DVBl. 2005, 525 ff.; Röhl, DVBl. 2006, 1070 (1072 ff.). 6 Mitt. Nr. 245/2004, ABl. RegTP 2004, 874 ff. (BK 1-04/001); Überblick zum Stand Mitte 2006 bei Gramlich, CR 2006, 518 (519 f.); zuletzt Mitt. Nr. 435/2006, ABl. BNetzA 2006, 3967 ff. (BK 1-06/002).
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Rz. 19 C
den Stand der Verfahren informiert die nach Art. 6 Satz 3 RRL, § 12 Abs. 1 Satz 4 TKG eingerichtete „Einheitliche Informationsstelle“1. In Bezug auf ein im September 2004 eröffnetes2 und im Februar 2005 der Kommission notifiziertes Verfahren (betr. Märkte 8–10) meldete das EG-Organ innerhalb der Monatsfrist ernsthafte Zweifel an3 und forderte schließlich die deutsche NRB zu einer (partiellen) Rücknahme ihres Maßnahmenentwurf (im Hinblick auf Markt 9) auf4. Die RegTP gab daraufhin interessierten Parteien erneut (nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 TKG) Gelegenheit zur Stellungnahme zu dieser (Veto-)Entscheidung5; soweit die Kommission keine Einwände erhoben hatte, wurde das Verfahren mit dem Ziel des Erlasses einer Regulierungsverfügung (§ 13) weiter betrieben6. Im Dezember 2004 wurden ferner zwei „vorläufige“ Maßnahmen nach Art. 7 Abs. 6 RRL bzw. § 12 Abs. 2 Nr. 4 getroffen: Im Rahmen der Prüfung einer von der DTAG beantragten Genehmigung der Verlängerung von Entgeltgenehmigungen7 wurde dieser auferlegt, anderen Unternehmen bis zum Erlass einer Regulierungsverfügung für die Märkte 13 und 14 „Zugang zu denjenigen Übertragungswegen zu gewähren, deren Entgelte und entgeltrelevante Bestandteile der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 25 TKG 1996 der Genehmigungspflicht unterlegen haben“8. Gestützt auch auf § 39 Abs. 3 Satz 2 TKG 1996 wurde ebenfalls die DTAG verpflichtet, einstweilen ihre Entgeltmaßnahmen in Bezug auf Endkundenmärkte (1–6) der RegTP zwei Monate vor dem geplanten Inkrafttreten zur Kenntnis zu geben9. Eine weitere vorläufige Festlegung (einer call by call- und preselection-Verpflichtung nach § 40 Abs. 1 TKG) erfolgte im Juli 200510.
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www.bundesnetzagentur.de/enid. Mitt. Nr. 280/2004, ABl. RegTP 2004, 1171 ff. (BK 1-04/002). Auszug des Schreibens v. 11.3.2005 in: N&R 2005, 71 ff. mit Anm. Elspaß. Entscheidung v. 17.5.2005 – DE/2005/0144: Anrufzustellung in einzelnen öffentlichen Telefonnetzen an festen Standorten –, Mitt. Nr. 118/2005, ABl. RegTP 2005, 866 ff. Mitt. Nr. 138/2005, ABl. RegTP 2005, 947 (BK1-04/002). Mitt. Nr. 112/2005, ABl. RegTP 2005, 819 ff. (BK 4c-05-002/R); Nr. 163/2005, ABl. RegTP 2005, 1052 ff. Mitt. Nr. 333/2004, ABl. RegTP 2004, 1508 (Antrag v. 21.9.2004). Mitt. Nr. 394/204, ABl. RegTP 2004, 1810 (BK 2b 04/027, Beschl. v. 30.11.2004); dazu RegTP-Jahresbericht 2004, 120; Schütze, CR 2005, 332 (333 f., 336); VG Köln, Beschl. v. 2.2.2005 – 1 L 3522/04, CR 2005, 344 f. Mitt. Nr. 5/2005, ABl. RegTP 2005, 8 (BK 2a 04/045, Beschl. v. 14.12.2004); Mitt. Nr. 17/2005, ABl. RegTP 2005, 75 f.; dazu RegTP-Jahresbericht 2004, 120 f. Mitt. Nr. 182/2005, ABl. BNetzA 2005, 1158 (BK 2a 05/002, Beschl. v. 18.7.2005).
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C Rz. 19a
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
19a
Im Februar 2006 initiierte die BNetzA – unter Hinweis auf die beabsichtigte Einfügung eines neuen § 9a in das TKG1 – eine Anhörung zur Identifizierung „neuer Märkte“ im Bereich der Telekommunikation sowie zu deren regulatorischer Behandlung2. Wenig später stellte sie eine Untersuchung zu den Märkten für die Überlassung von Ton- und TV-Leitungen ein, weil sich insoweit derzeit die Notwendigkeit einer bereichsspefizischen Ex anteRegulierung nicht begründen lasse3.
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Die ministeriellen Aufgaben, für deren Erfüllung eine Abteilung (VII) für „Informations- und Kommunikationstechnologie, Medien, Post“ bzw. deren Unterabteilung A für Telekommunikations- und Postpolitik verantwortlich zeichnet4, umfassen vor allem die Erarbeitung und Weiterentwicklung ordnungspolitischer Konzeptionen sowie vorbereitende Maßnahmen zu deren Umsetzung (durch Gesetze und andere Rechtsvorschriften) im nationalen, europäischen und weltweiten Umfeld, die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in regionalen und universellen Internationalen Organisationen5 mit Kompetenzen im Telekommunikations(- und Post)sektor sowie die Beaufsichtigung der Aktivitäten der Regulierungsbehörde. Ausmaß und Intensität dieser Kontrolle reichen teils weiter als eine bloße Rechtsaufsicht; insbesondere gegenüber Beschlusskammern bleiben sie jedoch hinter deren Mitteln zurück, scheidet selbst eine Beanstandung aus. So wurde die vom Regierungsentwurf abweichende Fassung des § 80 Abs. 1 TKG 1996 gerade damit begründet, „für den Status und die Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde“ sei es „erforderlich, dass nicht jede Entscheidung durch das zuständige Bundesministerium kassiert werden kann“6. Weder das alte7 noch das neue TKG kennen Ministererlaubnisse wie nach §§ 8 und 42 GWB.
21
Die Regeln zur Bestellung der Behördenleitung, das notwendige Zusammenwirken von Bundesregierung, Beirat und Bundespräsident (§ 3 Abs. 3, 4 BNetzA-Gesetz8 wie zuvor § 66 Abs. 3, 4 TKG 1996), sollen und können andererseits in Verbindung mit der regelmäßig 5-jährigen Amtsdauer auch zur Sicherung einer gewissen „personellen“ Autonomie der Spitze der Agen_______________
1 Bezug genommen wurde auf den Ende Januar 2006 vom BMWi veröffentlichten Entwurf (in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht in der Fassung der BT-Drucks. 16/2681 v. 14.8.2006); dazu auch Dahlke/Neumann, CR 2006, 377 (382 f.); Elsenbast, MMR 2006, 575 ff.; Herdegen, MMR 2006, 580 ff.; Holznagel, MMR 2006, 661 ff. 2 Mitt. Nr. 79/2006, ABl. BNetzA 2006, 703. 3 Mitt. Nr. 104/2006, ABl. BNetzA 2006, 789. 4 Vgl. zur Kurzinfomation den Organisationsplan auf der Homepage des Ministeriums (www.bmwa.bund.de). 5 Außer in der I.T.U. etwa im Rahmen des INTELSAT-, EUTELSAT- und INMARSAT- Übereinkommens; s. a. unten, Rz. 38 ff., 54. 6 BT-Drucks. 13/4864 v. 12.6.1996, S. 82. 7 Ulmen/Gump, CR 1997, 396 (401); Ulmen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 66 Rz. 13. 8 Identisch mit § 116 Abs. 3, 4 TKG 2004; vgl. BT-Drucks. 15/3917 v. 14.10.2004, S. 77.
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Entwicklung und Rechtsstellung der Regulierungsbehörde
Rz. 24 C
tur beitragen1. Freilich schieden zwei von drei Mitgliedern des ersten Präsidiums (Rz. 24 f.) vorzeitig aus. Unabhängigkeit auf Grund von Organisation und Verfahren2 ergibt sich bei wesentlichen Entscheidungen der Regulierungsbehörde daraus, dass diese von speziellen „Beschlusskammern“ getroffen werden und deren Zusammensetzung teils sogar schon durch das TKG selbst festgelegt wird (§ 73 Abs. 1, 3 TKG 1996; § 132 Abs. 1–3 TKG). Als „unabhängig“ werden diese Gremium allerdings nur noch in den (früheren) Materialien3 bezeichnet. Dass überdies ihre Bildung (genaue Zahl, Aufgabenzuordnung und -abgrenzung) vom Ressortminister mitbestimmt wird (§ 132 Abs. 1 Satz 3 TKG wie zuvor § 73 Abs. 1 Satz 3 TKG 1996), läuft der angestrebten Abkoppelung von Unwägbarkeiten der Tagespolitik jedoch eher zuwider.
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Außer der „Präsidentenkammer“ (Rz. 24) existierten nach dem TKG 1996 vier weitere Beschlusskammern, mit Kompetenzen für Entgeltregulierung Telefondienst und Übertragungswege, Lizenzklasse 3 (BK 2), besondere Missbrauchsaufsicht und nachträgliche Entgeltregulierung Telekommunikation (BK 3) bzw. besondere Netzzugänge, einschließlich Zusammenschaltungen (BK 4); der Beschlusskammer 5 obliegt die Entgeltregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht über Postmärkte. Eine Neuorganisation nach Erlass des TKG 2004 führte (ohne Veränderung der Zahl) zu einer Zuständigkeitsverteilung (zwischen den Kammern 2–4) nach Maßgabe der zu regulierenden Märkte4. So fallen in die Zuständigkeit der BK 2 „Endkundenmärkte im Sprachtelefondienst, Vor- und Endkundenmärkte von Mietleitungen, Preselection sowie Vor- und Endkundenmärkte von öffentlichen Telefonstellen“, die BK 3 befasst sich mit „Vorleistungs- und Endkundenmärkten breitbandiger Internetzugang“ sowie „im Mobilfunk“ und „Rundfunk-Übertragungsdiensten“, die BK 4 schließlich mit „Vorleistungsmärkten im öffentlichen Telefonnetz (Festnetz) und Teilnehmeranschluss“.
23
1.2.2 Organisationsstruktur, Sitz Die Organisationsstruktur der Behörde wurde bisher und wird auch bis auf weiteres durch gesetzliche Bestimmungen eher vage vorgeprägt; die Energierechtsnovelle vom Juli 2005 bündelte in einem eigenen Gesetz nur „diejenigen organisatorischen Regelungen, die in allen Tätigkeitsbereichen übergreifend gelten“5, ohne inhaltliche Änderungen, von der neuen Bezeich_______________
1 Ähnlich Windhorst, CR 1998, 340 (343). 2 Krit. aber Mayen, DöV 2004, 45 (53 f.); wie hier Trute in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 66 TKG Rz. 10; s. a. Schmidt, DöV 2005, 1025 (1028 f.). 3 BT-Drucks. 13/4864 v. 14.7.1996, S. 82. 4 Vgl. die Anregung von Scherer, NJW 2004, 3001 (3006 Fn. 72). 5 BT-Drucks. 15/3917 v. 14.10.2004, S. 76.
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C Rz. 25
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
nung „Bundesnetzagentur“1 einmal abgesehen. Näheres zu Geschäftsverteilung und Geschäftsgang regelt eine Geschäftsordnung des Präsidenten2 (§ 3 Abs. 1 Satz 2 BNetzA-Gesetz, wie zuvor § 66 Abs. 2 Satz 2 TKG 1996). Die Leitung der Behörde/Agentur ist nur auf den ersten Blick kollegial: Zwar amtieren neben dem Präsidenten zwei Vizepräsidenten3; ein Gremium („Ausschuss“ i. S. v. §§ 88 ff. VwVfG) bilden diese drei Personen jedoch nur dann, wenn sie in den Fällen der §§ 55 Abs. 9, 61, 62 und 81 TKG (zuvor gem. §§ 11 und 19 TKG 1996) als Beschlusskammer fungieren (§ 132 Abs. 3 TKG; ähnlich zuvor § 73 Abs. 3 TKG 1996). Im Übrigen steht der Präsident allein an der Spitze der Behörde/Agentur; ihm obliegt die Leitung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 BNetzA-Gesetz4, wie zuvor § 66 Abs. 2 Satz 1 TKG 1996) nach innen (Geschäftsführung) wie nach außen (Vertretung, § 3 Abs. 1 Satz 25 BNetzAGesetz, wie zuvor § 66 Abs. 2 Satz 2 TKG 1996). Zulässig ist es jedoch, Verantwortung für einzelne Abteilungen (Rz. 27) auf einen der Vizepräsidenten zu übertragen. 25
Die Bestellung des Präsidenten (und der Vizepräsidenten) erfordert zunächst einen Vorschlag des Beirats (§ 3 Abs. 3 Satz 1 BNetzA-Gesetz i. V. m. § 120 Nr. 16, wie zuvor § 66 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 69 Nr. 1 TKG 1996). Die Bundesregierung ist hieran nicht gebunden, muss jedoch, bevor sie selbst endgültig entscheidet, dem Beirat eine zweite Gelegenheit zur Nennung geeigneter Personen geben (§ 3 Abs. 3 Sätze 3, 4 BNetzA-Gesetz [= § 116 Abs. 3 Sätze 3, 4 TKG 2004], wie zuvor § 66 Abs. 3 Sätze 3, 4 TKG 1996). Besondere fachliche Kenntnisse fordert das Gesetz von den Kandidaten nicht: Bereits aus § 73 (Abs. 4) TKG 1996 folgte – nachdem § 73 Abs. 3 Satz 1 ergänzt worden war7 – nicht (mehr), dass auch Präsident und Vizepräsidenten die Befähigung für eine Laufbahn des höheren Dienstes (§§ 11 Abs. 2, 13 Abs. 2 Nr. 4 BRRG, § 19 BBG) erworben haben müssen; ebenso verhält es sich jetzt nach § 132 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 i. V. m. Abs. 2 Sätze 2, 3 _______________
1 Dementsprechend ist die Behörde auch im Internet unter www.bundesnetzagen tur.de erreichbar. Zur Umbenennung auch ABl. BNetzA 2005, 1178 (Allgemeines, Nr. 1/2005). 2 In der Novelle 2004 (und im BNetzA-Gesetz) werden für diese Person wie die beiden weiteren Mitglieder der Behördenleitung durchweg die männliche und die weibliche Form verwendet. 3 Insofern brachte die Zuweisung weiterer Aufgaben (Elektrizität/Strom; Eisenbahnen) keine Änderungen. 4 Identisch mit § 116 Abs. 2 Satz 1 TKG 2004; vgl. BT-Drucks. 15/3917 v. 14.10. 2004, S. 76; Trute in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 66 TKG Rz. 16 ff. 5 Übereinstimmend § 116 Abs. 2 Satz 2 TKG 2004; s. Trute in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 66 TKG Rz. 21. 6 Die zweite Vorschrift wurde durch Art. 3 Abs. 2 Nr. 3 b) der zweiten Energierechtsnovelle gestrichen, die erste hingegen knüpft direkt an § 116 Abs. 3 Satz 1 TKG 2004 an. 7 Durch Art. 2 Abs. 34 Nr. 1 lit. a) TK-BegleitG; zur Begründung s. BT-Drucks. 13/8776 v. 15.10.1997, S. 39.
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Entwicklung und Rechtsstellung der Regulierungsbehörde
Rz. 28 C
TKG. Die Ernennung ist in Anlehnung an Art. 60 Abs. 1 GG Sache des Bundespräsidenten. Einen Vorschlag des Kabinetts darf dieser nur aus Rechtsgründen zurückweisen1. Wie bei Vorstandsmitgliedern der Deutschen Bundesbank (§ 7 Abs. 4 BBankG) sind Präsident und Vizepräsidenten der Behörde/Agentur nicht (Bundes-)Beamte, sondern stehen in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis zum Bund, welches in der Regel auf fünf Jahre befristet ist, aber verlängert werden kann (§ 4 Abs. 1, 8 BNetzA-Gesetz2). Eine vorzeitige Entlassung ist nur auf eigenes Verlangen hin3 oder (durch Beschluss der Bundesregierung) dann vorgesehen, wenn ein „wichtiger Grund“ vorliegt (§ 4 Abs. 5 BNetzA-Gesetz). Das Verhältnis zur Anstellungskörperschaft wird durch einen (verwaltungsrechtlichen) Vertrag mit dem Ressortministerium geregelt, welcher der Zustimmung der Bundesregierung (Art. 62 GG) bedarf und den Vorgaben des § 4 Abs. 3, 4 BNetzA-Gesetz Rechnung tragen, also insbesondere Unvereinbarkeitsregelungen ähnlich Art. 66 GG4 beinhalten muss.
26
Von diesen Vorschriften abgesehen, obliegt die nähere Ausgestaltung der Organisation („Einrichtung“) dem Präsidenten im Rahmen der personalund haushaltsrechtlichen Möglichkeiten. Hierbei muss(te) den Beschlusskammern eine herausgehobene Stellung eingeräumt werden, wie nunmehr § 3 Abs. 1 Satz 3 BNetzA-Gesetz klar stellt. Der geltende Organisationsplan5 weist neben den Kammern und einem Leitungsstab acht Abteilungen aus; drei davon sind ökonomischen, rechtlichen und technischen Fragen der (Regulierung der) Telekommunikation gewidmet, daneben gibt es neben einer Zentralabteilung Bereiche für Informationstechnik und Sicherheit, für Außenstellen (Rz. 28) und Rufnummernmissbrauch sowie Regulierung Post und Energie. Hinzu kommt ein Aufbaustab Schiene.
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Alleiniger Sitz der Behörde/Agentur ist Bonn (§ 1 Satz 2 BNetzA-Gesetz6; zuvor § 66 Abs. 1 TKG 1996). Bedeutung hat diese Normierung für die örtliche Zuständigkeit der Gerichte, insbesondere im Hinblick auf § 52 Nr. 2
28
_______________
1 Vgl. Trute in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 66 Rz. 24; zur parallelen Befugnis gem. Art. 60 Abs. 1 GG Pieroth in: Jarass/Pieroth, GG, 3. Aufl. 1995, Art. 60 Rz. 1; s. ferner § 51 Abs. 4 GWB betr. alle Beschlussabteilungen des Bundeskartellamts. 2 Ohne inhaltliche Änderung an Stelle von § 8 PersBG, der durch Art. 3 Abs. 3 der 2. Novelle des Energiewirtschaftsrechts aufgehoben wurde. 3 Vgl. Trute in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 66 TKG Rz. 25. 4 Die Bestimmung will Pflichten- und Interessenkollisionen vorbeugen und orientiert sich wohl am Vorbild der Federal Communications Commission (s. Ulmen/ Gump, CR 1997, 396 [399]; krit. Weber/Rommersbach in: Manssen [Hrsg.], Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 66 Rz. 25). 5 Vom Oktober 2006; www.bundesnetzagentur.de/media/archive/7752.pdf. 6 Identisch mit § 116 Abs. 1 Satz 2 TKG 2004.
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C Rz. 29
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
VwGO. Die Einrichtung von Außenstellen1 war weder im TKG 1996 noch ist sie im neuen Gesetz ausdrücklich vorgesehen, anders als noch in § 68 Abs. 1 Satz 3 des Referentenentwurfs vom Oktober 1995; eine derartige (verwaltungsinterne) Ausdifferenzierung, die an frühere Organisationsstrukturen anknüpft, sprengt jedoch nicht die verfassungsrechtlichen Schranken (Rz. 3). Für die zum Jahreswechsel 1997/98 in die Regulierungsbehörde einbezogenen Behörden (BAPT und BZT2) behielt der bisherige, nicht durch Rechtssatz festgelegte Sitz (Mainz bzw. Saarbrücken) lediglich noch die Bedeutung eines „Stand“- oder „Dienstortes“ insbesondere für personalrechtliche Angelegenheiten3. 1.3 Beirat 29
Beim Erlass des TKG 1996 hatte der Bundesrat „ein Mitwirkungsrecht für die Länder bei den wichtigen Entscheidungen der Regulierung“4 eingefordert. Das „besondere und legitime Interesse daran, dass der grundgesetzlich normierte Infrastrukturauftrag des Bundes auch nach einer Öffnung der Telekommunikationsmärkte in vollem Umfang erfüllt wird“, ergab sich nach Auffassung dieses Verfassungsorgans aus der „Mitverantwortung“ der Bundesländer bei der „Verwirklichung des Sozialstaatsgebotes des Grundgesetzes und bei der vom Grundgesetz postulierten Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet“. Daher solle „die Entscheidung grundsätzlicher Fragen der Regulierung“ von der Zustimmung eines Gremiums von Ländervertretern bei der Regulierungsbehörde abhängig sein. Die Bundesregierung hatte dem entgegengehalten, die Einrichtung eines Länder„Regulierungsrates“ finde „im Grundgesetz keine Stütze“; die vom Bundesrat geforderten „Ingerenzbefugnisse“ seien mit dem „Typus“ einer Bundesoberbehörde nicht vereinbar; das Mitspracherecht der Länder komme durch das Erfordernis einer Zustimmung beim Erlass wesentlicher Rechtsverordnungen „in angemessener und ausreichender Weise“ zum Ausdruck5. Auch der Bundestagsausschuss für Wirtschaft sprach sich seinerzeit gegen einen Fortbestand des Regulierungsrates (§§ 11 ff. PTRegG) aus6. Gleichwohl setzte sich letztlich eine modifizierte Beirats-Konzeption durch; danach sollten
_______________
1 In ihnen hält die Behörde „Kontakt zu den Verbrauchern und zu der Industrie in der Fläche“. Dazu Beck TKG-Komm/Geppert, § 66 Rz. 9, 22; RegTP-Jahresbericht 2004, S. 117. 2 (Ehemaliges) Bundesamt für Zulassungen in der Telekommunikation in Saarbrücken; zuvor Zentralamt für Zulassungen im Fernmeldewesen der Deutschen Bundespost. 3 Vgl. § 2 PersBG; ebenso Schmidt, DöV 2005, 1025 (1027). 4 BR-Drucks. 80/96 (Beschluss) v. 22.3.1996, S. 39; Ulmen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 67 Rz. 1. 5 BT-Drucks. 13/4438 v. 23.4.1996, S. 37. 6 BT-Drucks. 13/4864 v. 12.6.1996, S. 72.
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Entwicklung und Rechtsstellung der Regulierungsbehörde
Rz. 31 C
einem Gremium aus je neun Vertretern von Bundestag und Bundesrat1 „im wesentlichen Vorschlags-, Beratungs- und Auskunftsrechte bei solchen Regulierungssachverhalten“ zustehen, „bei denen es um Fragen der Infrastruktur geht“2. Die telekommunikationsbezogenen „Aufgaben“ bzw. „Zuständigkeiten“ des Beirats sind in § 120 TKG (zuvor § 69 TKG 1996)3 abschließend aufgeführt; sie betreffen vornehmlich „Fragen des flächendeckenden Angebots von Telekommunikationsdienstleistungen“4. Dies gilt vor allem im Hinblick auf das Antragsrecht5 für Maßnahmen zur Sicherstellung des Universaldienstes (§ 120 Nr. 3 TKG wie zuvor § 69 Nr. 3 TKG 1996) und zur Umsetzung weiterer Regulierungsziele (§ 2 Abs. 2)6, in Bezug auf die Mitwirkung bei Beschlusskammer-Entscheidungen über Fragen einer Frequenzvergabe nach § 61 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 und 4 TKG (früher § 11)7 und die Auferlegung von Universaldienstleistungen nach § 81 TKG (zuvor § 19) – § 120 Nr. 2 TKG (zuvor § 69 Nr. 2) – sowie hinsichtlich der Anhörung im Rahmen der Aufstellung des Frequenznutzungsplans (§ 120 Nr. 6 i. V. m. § 54 TKG, zuvor § 69 i. V. m. § 46 Abs. 1 TKG 1996). Bereits 1996 wurde aber vermerkt, die Ressortverantwortlichkeit des zuständigen Bundesministers werde von diesem Beteiligungsrecht nicht berührt8.
30
Das „Anliegen der Länder, an wesentlichen Regulierungsentscheidungen beteiligt zu werden“9, soll auch durch ein Vorschlagsrecht des Beirats „in personalrechtlichen Angelegenheiten, soweit es um die Leitung der Regulie-
31
_______________
1 Der Bundesrat strebte demgegenüber einen „Regulierungsrat“ nur aus Ländervertretern an (s. § 65a seiner Stellungnahme, BR-Drucks. 80/96 [Beschluss] v. 22.3. 1996, S. 37). Eine Anregung aus dem Bundesrat, im TK-BegleitG vorzusehen, dass „leitende Beamte“ einer Landesregierung Beiratsmitglieder sein könnten (BRDrucks. 860/1/97 v. 17.11.1997), wurde nicht weiter verfolgt. 2 BT-Drucks. 13/4864 v. 12.6.1996, S. 74. 3 Hierauf verweist § 7 BNetzA-Gesetz; s. a. die geringfügige Modifizierung des § 120 durch Art. 3 Abs. 2 Nr. 3 a) der 2. Energierechtsnovelle. 4 BT-Drucks. 13/4864 v. 12.6.1996, S. 82 und 81. 5 Der Regulierungsbehörde obliegt ausdrücklich eine Verpflichtung, hierauf binnen sechs Wochen verbindlich zu antworten (§ 120 Nr. 3 Satz 2 wie zuvor § 69 Nr. 3 Satz 2 TKG 1996). 6 In diesen Kontext gehört auch das Beratungsrecht nach § 120 Nr. 5 i. V. m. § 122 (Abs. 2); ähnlich zuvor § 69 Nr. 5 i. V. m. § 81 Abs. 1 TKG 1996. 7 Z. B. nach altem Recht bei der Entscheidungen der Präsidentenkammer v. 3.6.1998 über das Verfahren zur Vergabe von Frequenzen für die Funkanbindung von Teilnehmeranschlüssen als Punkt-zu-Mehrpunkt-Richtfunk, ABl. RegTP 1998, 1519, und zum Vergabeverfahren über eine TFTS-Lizenz, ABl. RegTP 1998, 1540; zum neuen Recht Vfg Nr. 38/2005, ABl. RegTP 2005, 859 ff. betr. Eröffnung der 1. Stufe (Antragsverfahren) des Frequenzvergabeverfahrens für Frequenzen für T-DAB … für den Freistaat Bayern, Vfg. Nr. 42/2006, ABl. BNetzA 2006, 3051 ff. betr. Anordnung und Wahl des Vergabeverfahrens zur Vergabe von Frequenzen im Bereich 3,5 GHz für den breitbandigen drahtlosen Netzzugang (BK 1-05/008). 8 BT-Drucks. 13/4864 v. 12.6.1996, S. 82. 9 BT-Drucks. 13/4864 v. 12.6.1996, S. 81.
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C Rz. 32
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
rungsbehörde geht“ (so § 120 Nr. 1 TKG 20041), berücksichtigt werden. Nicht nur die Gesetzesmaterialien, sondern auch der Gesetzestext (§ 3 Abs. 3 Satz 4 BNetzA-Gesetz [= § 116 Abs. 3 Satz 4 TKG 2004] wie zuvor § 66 Abs. 3 Satz 4 TKG 1996) heben allerdings das „aus verfassungsrechtlichen Gründen unabdingbare“ Letztentscheidungsrecht der Bundesregierung hervor2; diese ist lediglich gehalten, zunächst ein- oder zweimal über vorgeschlagene Kandidaten zu befinden, bevor sie andere Personen als Präsident oder Vizepräsidenten benennen darf. 32
Für eine fundierte Beratung ist es wesentlich, dass dem Beirat gegenüber der Regulierungsbehörde Rechte auf Auskünfte und Stellungnahmen eingeräumt werden (§ 120 Nr. 4 TKG wie zuvor § 69 Nr. 4 TKG 1996). Dem steht eine eigens normierte Auskunftspflicht der Behörde gegenüber; zur Durchsetzung der Informationsansprüche kommt ein verwaltungsrechtlicher Organstreit in Betracht. Zur Förderung der gegenseitigen Kommunikation gibt § 6 Abs. 7 BNetzA-Gesetz (wie zuvor § 68 Abs. 7 TKG 1996) dem Präsidenten der Regulierungsbehörde und dessen „Beauftragten“ (i. d. R. leitende Mitarbeiter) ein Teilnahme- und Rede-Recht bei Beiratssitzungen, umgekehrt kann das Gremium die Anwesenheit (zum Zwecke sachdienlicher Äußerung) des Präsidenten, ausnahmsweise auch eines „Stellvertreters“ verlangen3.
33
Dem Beirat gehören nunmehr 324 je zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat vorgeschlagene Vertreter des jeweiligen Staatsorgans an; diese müssen nicht mehr Mitglieder (wie nach § 67 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996) der Körperschaft sein, aber entweder einer Landesregierung angehören oder diese „politisch vertreten“5 (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 BNetzA-Gesetz [= § 118 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 TKG 2004]). Ihre Ernennung – wie die von Stellvertretern6 in gleicher Zahl – obliegt der Bundesregierung (§ 5 Abs. 1 BNetzA-Gesetz wie zuvor § 67 Abs. 1 TKG 1996), deren Mitwirkung ist freilich auf die _______________
1 Die Streichung dieser Ziffer durch Art. 3 Abs. 2 Nr. 3 b) der Energierechtsnovelle hat jedenfalls keine Änderung bewirkt, da sich das Recht (weiterhin) bereits aus § 3 Abs. 3 BNetzA-Gesetz ergibt. 2 Dies war auch seitens des Bundesrates nicht in Abrede gestellt worden; s. § 65d Abs. 3 seines Änderungsvorschlags (BR-Drucks. 80/96 [Beschluss] v. 22.3.1996, S. 38); s. Trute in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 69 TKG Rz. 3; Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikationsund Multimediarecht, 1999 ff., C § 66 Rz. 39; Schmidt, DöV 2005, 1025 (1031). 3 Ebenso § 119 Abs. 7 TKG 2004; vgl. BT-Drucks. 15/3917 v. 14.10.2004, S. 77. 4 So § 5 Abs. 1 Satz 1 BNetzA-Gesetz im Hinblick auf die erweiterten Aufgaben der Behörde (BT-Drucks. 15/3917 v. 14.10.2004, S. 77). 5 Insbes. Staatssekretäre; vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 98. 6 Diese übernehmen (wie bisher) entweder die Aufgaben eines ausscheidenden Mitglieds bis zur Ernennung eines neuen, die „unverzüglich“ (s. § 121 BGB) erfolgen soll (§ 5 Abs. 4 Satz 1), oder werden bei vorübergehender Verhinderung eines Beiratsmitglieds tätig (§ 5 Abs. 4 Satz 2 BNetzA-Gesetz); ebenso zuvor § 118 Abs. 4 Sätze 1, 2 TKG 2004.
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Entwicklung und Rechtsstellung der Regulierungsbehörde
Rz. 34 C
Prüfung formaler Aspekte1 beschränkt. Eine Berufung in den Beirat erfolgt auf bestimmte Zeit2 und kann wiederholt erfolgen (§ 5 Abs. 2 Sätze 1–4 BNetzA-Gesetz [= § 118 Abs. 2 Sätze 1–4 TKG 2004] wie zuvor § 67 Abs. 2 Sätze 1–4 TKG 1996); eine vorzeitige Abberufung ist nur für die vom Bundesrat vorgeschlagenen Personen vorgesehen (§ 5 Abs. 2 Satz 5 BNetzA-Gesetz [= § 118 Abs. 2 Satz 5 TKG 2004] wie zuvor § 67 Abs. 2 Satz 5 TKG 1996). Ein Unterschied zu anderen ehrenamtlichen Tätigkeiten (§§ 81 ff. VwVfG) zeigt sich beim jederzeit und auch ohne wichtigen Grund zulässigen Verzicht auf die Mitgliedschaft in dem Beratungsgremium (§ 5 Abs. 3 Satz 1 BNetzA-Gesetz [= § 118 Abs. 3 Satz 1 TKG 2004] wie zuvor § 67 Abs. 3 Satz 1 TKG 1996), eine Parallele hingegen in der Vergütungsregelung des § 6 Abs. 8 BNetzA-Gesetz3 (wie zuvor § 68 Abs. 8 TKG 1996). Nur im Hinblick auf die Beschränkung auf Beratungs- und Vorschlagsrechte erscheint es hinnehmbar, dass Beiräten eine Tätigkeit bei und für Unternehmen im Telekommunikationssektor nicht untersagt ist4. „Wesentliche Verfahrensbestimmungen“5 sind in § 6 Abs. 2–7 BNetzA-Gesetz (wie zuvor § 119 Abs. 2–7 TKG 2004, § 68 Abs. 2–7 TKG 1996) gesetzlich festgeschrieben, weitere Einzelheiten einer Geschäftsordnung vorbehalten, die der (rechtsaufsichtlichen) Genehmigung des Ressortministeriums bedarf (§ 6 Abs. 1 BNetzA-Gesetz, wie zuvor § 119 Abs. 1 TKG 2004, § 68 Abs. 1 TKG 1996); ergänzend sind §§ 88 ff. VwVfG heranzuziehen. „Ordentliche Sitzungen“, die nichtöffentlich sind (§ 6 Abs. 6 BNetzA-Gesetz, wie zuvor § 119 Abs. 6 TKG 2004, § 68 Abs. 6 TKG 1996)6, sollen mindestens alle drei Monate stattfinden (§ 6 Abs. 5 Satz 1 BNetzA-Gesetz, wie zuvor § 119 Abs. 5 Satz 1 TKG 2004, § 68 Abs. 5 Satz 1 TKG 1996); Beschlüsse außerhalb von Sitzungen können nur erfolgen, wenn weder ein Beiratsmitglied noch die Regulierungsbehörde mündliche Beratung der Angelegenheit fordert (§ 6 Abs. 4 Satz 3 BNetzA-Gesetz, wie zuvor § 119 Abs. 4 Satz 3 TKG 2004, § 68 Abs. 4 Satz 3 TKG 1996). Während für das stets notwendige Quorum jeweils mindestens neun Vertreter von Bundestag und von Bundesrat zugegen sein bzw. mitwirken müssen (§ 6 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 BNetzA-Gesetz, während nach § 119 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 TKG 2004 _______________
1 Vgl. Ulmen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 67 Rz. 6; Trute in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 67 TKG Rz. 11. 2 4 Jahre als regelmäßige Zeitspanne ergeben sich im Hinblick auf den Bundesrat unmittelbar aus dem (Fach-)Gesetz, beim Bundestag durch die Bezugnahme auf die Wahlperiode nach Art. 39 Abs. 1 GG. 3 Identisch mit § 119 Abs. 8 TKG 2004. 4 So für „Mitglieder des Bundeskartellamts“ § 51 Abs. 5 GWB. Rechtspolitische Kritik bei Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 67 Rz. 19. 5 So BT-Drucks. 13/4864 v. 12.6.1996, S. 81. 6 Dass für Sonder-Sitzungen etwas anderes gelten solle, ist fraglich; vgl. Gramlich in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 2. Aufl. 2007, § 119 Rz. 10.
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wie zuvor § 68 Abs. 3 Satz. 1, Abs. 4 Satz 2 TKG 1996 je fünf genügten), können nach wie vor bereits drei Mitglieder eine (Sonder-)Sitzung des Beirats erzwingen, auch wenn sie sämtlich von der einen Seite (Parlament oder Zweite Kammer) „entsandt“ sind (§ 6 Abs. 5 Satz 2 BNetzA-Gesetz wie zuvor § 119 Abs. 5 Satz 2 TKG 2004, § 68 Abs. 5 Satz 2 TKG 1996). Auch auf Verlangen der Regulierungsbehörde muss der Beiratsvorsitzende eine außerordentliche Sitzung anberaumen, etwa im Hinblick auf anstehende Entscheidungen nach § 132 Abs. 3 i. V. m. § 120 Nr. 2 TKG (wie zuvor § 73 Abs. 3 i. V. m. § 69 Nr. 2 TKG 1996). Der Beirat beschließt mit einfacher Mehrheit; bei Stimmengleichheit ist ein Antrag abgelehnt (§ 6 Abs. 3 Sätze 2, 3 BNetzA-Gesetz, wie zuvor § 119 Abs. 3 Sätze 2, 3 TKG 2004, § 68 Abs. 3 Satz 2 TKG 1996). 1.4 Wissenschaftliche Beratung des Regulierers 1.4.1 Wissenschaftliche Kommissionen 35
Die Politikberatung – im früheren Postressort bereits längere Zeit durch eine ständige, interdisziplinär zusammengesetzte Forschungskommission und weitere ad hoc- Gremien zur Begutachtung einzelner Fragen (etwa Nummerierung1, Zusammenschaltung2) praktiziert – wurde durch § 70 Abs. 1 TKG 1996 und wird nunmehr durch § 125 Abs. 1 TKG auf eine explizite gesetzliche Grundlage gestellt; die Einrichtung beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie selbst angesiedelter (weiterer) wissenschaftlicher Kommissionen ist hierdurch nicht ausgeschlossen3. § 125 Abs. 1 Satz 2 TKG soll gewährleisten, dass alle Mitglieder über die erforderlichen (unterschiedlichen) fachspezifischen Erfahrungen und Kenntnisse verfügen. Eine Mitarbeit als Experte erfolgt aus freien Stücken; nähere Modalitäten müssen vertraglich festgelegt werden4. 1.4.2 Ständige wissenschaftliche Unterstützung
36
Mitglieder wissenschaftlicher Kommissionen sollen externen Sachverstand aus Hochschulen oder der Unternehmenspraxis in die Arbeit der Behörde einbringen. Darüber hinaus ist jedoch ständig der Einsatz eigener For_______________
1 Abschlussbericht des Expertengremiums für Nummerierungsfragen beim BMPT, 4.12.1995. 2 Forschungskommission für Regulierung und Wettbewerb beim BMPT, Netzzugang und Netzzusammenschaltung nach dem Telekommunikationsgesetz 1996, 14.5. 1996. 3 Seit Februar 1998 besteht bei der Regulierungsbehörde ein Wissenschaftlicher Arbeitskreis für Regulierungsfragen (dazu Gramlich in: Scheurle/Mayen [Hrsg.], Telekommunikationsgesetz, 2. Aufl. 2007, § 125 Rz. 5 f.), während beim Wirtschaftsministerium weiterhin ein Wissenschaftlicher Beirat amtiert. 4 Vgl. näher Gramlich in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 2. Aufl. 2007, § 125 Rz. 3, 6.
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schungskapazität geboten. Beim früheren Gesetz verwies die Gesetzesbegründung für die“fortlaufend(e) wissenschaftliche Unterstützung“ (so § 125 Abs. 2 Satz 1 TKG wie zuvor § 70 Abs. 2 Satz 1 TKG 1996) darauf, der Bund könne hierzu „das Wissenschaftliche Institut für Kommunikationsdienste (WIK GmbH) nutzen“1. Zwar hat sich diese Einrichtung seither nicht unerheblich weiter entwickelt2 und 2005 auch ihre Bezeichnung entsprechend angepasst3; nach wie vor ist sie aber wichtigster „think tank“ für (TK-)Regulierungsfragen4. 1.5 Von der Behörde zur Agentur §§ 66 ff. TKG 1996 sind am 26.6.2004 außer Kraft getreten (§ 152 Abs. 1 Satz 2 TKG 2004). Insoweit enthält § 150 aber keine „Übergangsvorschriften“5, so dass die neuen Organisations- und Verfahrensregelungen den alten nahtlos gefolgt sind. Im Hinblick auf die meist nur geringfügigen Änderungen im Verhältnis der Teile 10 (alt) zu 8 (neu) des Gesetzes war diese Lösung sachgerecht. Mit der Novellierung des Energiewirtschaftsrechts wurde die RegTP im Juli 2005 umbenannt in „Bundesregulierungsbehörde für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen“ (§ 1 Satz 1 BNAGesetz). Anderen aktuellen Organisationsgesetzen folgend, fasst die Neuregelung diejenigen organisatorischen Regelungen zusammen, die in allen bisherigen und neuen Tätigkeitsbereichen der RegTP/BNetzA „übergreifend“ gelten6; zugleich wurden (zunächst) die entsprechenden Bestimmungen des TKG 2004 angepasst oder aufgehoben (Art. 3 Abs. 2 der 2. Energierechtsnovelle7). Bereits im April 20058 erhielt die Behörde (mit Wirkung ab Anfang 2006) die Aufgabe, die Einhaltung der Vorschriften des Eisenbahnrechts über den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur zu überwachen (§ 14b Abs. 1 AEG), sowie diesbezügliche Befugnisse (§ 14c AEG). Damit verbunden wurde die Schaffung eines Eisenbahninfrastrukturbeirats (§ 35 AEG, § 4 _______________
1 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 51. 2 So besteht seit 2001 eine Tochtergesellschaft WIK-Consult GmbH; Näheres unter: www.wik-consult.com. 3 Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste; vgl. www.wik.org. 4 Vgl. näher Gramlich in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 2. Aufl. 2007, § 125 Rz. 7 f. 5 Zu Übergangsfragen allgemein vgl. Säcker/Gosse, K&R Beil. 4/2004, 2; Scherer/ Mögelin, K&R Beil. 4/2004, 3 ff.; Tschentscher/Bosch, K&R Beil. 4/2004, 14 ff.; Rädler/Elspaß, CR 2004, 418 ff.; Nacimiento, K&R 2005, 1 (1 ff.); VG Köln, Beschl. v. 24.3.2005 – 1 L 6/05, CR 2005, 437 (ff.) mit Anm. von Rädler; Beschl. v. 11.4. 2005 – 1 L 277/05, 441 (f.). 6 BT-Drucks. 15/3917 v. 14.10.2004, S. 76. 7 Weithin redaktionelle Modifikationen des Telekommunikationsrechts sind auch in weiteren Absätzen des Art. 3 enthalten. 8 Durch das 3. Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften v. 27.4.2005, BGBl. I, 1138; Art. 1 ändert/ergänzt das Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG), Art. 2 das Bundeseisenbahnverkehrsverwaltungsgesetz.
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Abs. 4 BundeseisenbahnverkehrsverwaltungsG). Praktischer wichtiger dürfte aber die Regelung sein, wonach insoweit ein zweites Bundesministerium (Verkehr, Bau- und Wohnungswesen) die Fachaufsicht über die Behörde ausüben wird (§ 4 Abs. 1 BundeseisenbahnverkehrsverwaltungsG), so dass die Agentur „zwei Herren dienen“ soll; auch hier müssen aber „allgemeine Weisungen“ veröffentlicht werden (§ 4 Abs. 3 BundeseisenbahnverkehrsverwaltungsG)1.
2. Aufgaben der Regulierungsbehörde 2.1 Vorgaben des internationalen und europäischen Rechts 2.1.1 ITU und WTO/GATS 38
Das Recht der Internationalen Fernmeldeunion (International Telecommunication Union, ITU) als einer Internationalen (gouvernementalen, d. h. aus Staaten gebildeten) Organisation2 nimmt zwar zunehmend von der Tätigkeit privater Betriebsunternehmen3 Kenntnis4, erlegt diesen bestimmten Pflichten auf5 und macht die Mitgliedstaaten für deren (Fehl-)Verhalten verantwortlich6. Jedoch unterscheiden die ITU-Vorschriften nur allgemein zwischen (Staats-)Verwaltung7 und Betriebsunternehmen, anerkennen andererseits seit je her ausdrücklich das uneingeschränkte („souveräne“) Recht jedes Staates an, „sein Fernmeldewesen zu regeln“. Zweck der Union ist daher auch heute nicht eine Veränderung der Strukturen nationaler Tele-
_______________
1 Eingefügt erst durch den Vermittlungsausschuss; vgl. BT-Drucks. 15/5122 v. 16.3.2005; dazu auch Schmidt, DöV 2005, 1025 (1027). 2 So explizit Art. 2 der I.T.U.-Konstitution v. 22.12.1992 i. d. F. v. 18.10.2002 (Anhang zum Vertragsgesetz v. 2.5.2005, BGBl. II, 426). 3 Zur Definition s. Anlage (Nr. 1008 i. V. m. 1007) zur I.T.U.-Konstitution i. d. F. v. 6.11.1998 (Anhang zum Vertragsgesetz v. 27.4.2001, BGBl. II, 365). 4 1998 wurde in Art. 1 der I.T.U.-Konstitution ein Abs. abis eingefügt, der als Zweck der Union aufführt „die Teilnahme von Rechtsträgern und Organisationen“ – d. h. „Sektormitglieder“ nach der ebenfalls 1998 erfolgten Ergänzung der Anlage (Nr. 1001B) – „an de(re)n Arbeiten … zu fördern und zu verstärken und eine fruchtbare Zusammenarbeit und Partnerschaft zwischen diesen und den Mitgliedstaaten sicherzustellen“. Zu dieser „Öffnung für den privaten Sektor“ auch Denkschrift zum Vertragsgesetz, BT-Drucks. 14/3952 v. 27.7.2000, S. 103. 5 Vgl. Art. 3 Abs. 1, 3 der I.T.U-Konstitution; vgl. die Zusammenstellung in BTDrucks. 14/3952 v. 27.7.2000, S. 103 f. 6 Insofern stellte § 7 TKG 1996 eine Verbindung zwischen den beiden Rechtsebenen her und vermittelte überdies auch die „Berechtigung, als Mitglied in internationale Gremien aufgenommen zu werden“ (BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 38); nunmehr regelt dies § 8 (Abs. 1). Zur Verpflichtung, die „Grundsatzdokumente“ der I.T.U. auch Betriebsunternehmen gegenüber durchzusetzen, s. Art. 6 Abs. 2 der I.T.U.-Konstitution. 7 S. die Definition in der Anlage (Nr. 1002) zur I.T.U.-Konstitution.
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kommunikationssektoren, sondern in erster Linie „die internationale Zusammenarbeit zwischen allen Mitgliedern … im Hinblick auf die Verbesserung und den zweckmäßigen Einsatz der Fernmeldeeinrichtungen aller Art zu erhalten und auszubauen“1. Daher finden sich nach wie vor im ITURecht keine Bestimmungen zu (nationalen) Regulierungsbehörden. Das 1994 als „multilaterales“ Übereinkommen unter dem Dach der Welthandelsorganisation (World Trade Organization, WTO) abgeschlossene und Anfang 1995 für die EG und deren Mitgliedstaaten in Kraft getretene G(eneral) A(greement on) T(rade in) S(ervices) findet auf alle „Maßnahmen der Mitglieder“ (Art. I Abs. 3) Anwendung, die den „Handel mit Dienstleistungen“ (Art. I Abs. 2) beeinträchtigen (Art. I Abs. 1 GATS)2. Neben „allgemeinen Verpflichtungen“ insbesondere zur Meistbegünstigung (Art. II)3 – Ausnahmen hierzu dürfen nur nach Maßgabe einer Anlage zum GATS aufrechterhalten werden4 – ergeben sich für alle Parteien dieses völkerrechtlichen Vertrags „spezielle Verpflichtungen“ zur Gewährung von Marktzugang (Art. XVI)5 und Inländerbehandlung (Art. XVII)6. Deren Art und Ausmaß werden durch von jedem Mitglied festgelegte, auf je bestimmte Wirtschafts-Sektoren bezogene Listen fixiert (Art. XX)7. Der hiermit erreichte Stand der Liberalisierung kann nur nach Maßgabe des Art. XXI GATS modifiziert werden. Umgekehrt hält Art. XIX die Abkommensparteien zu Verhandlungsrunden an, um schrittweise ein höheres Niveau der Liberalisierung zu erreichen. Wesentliche Bestandteile des GATS sind gem. Art. XXIX diverse Anlagen; eine hiervon befasst sich mit Telekommunikation im Allgemeinen8, eine andere mit Verhandlungen über Basistelekommunikation; hierfür wurde auch ein Zeitplan festgelegt9. Inhaltlich wenig
_______________
1 So Art. 1 Abs. 1 lit. a) der I.T.U.-Konstitution. 2 Weitere Definitionen enthält Art. XXVIII GATS. 3 Vgl. Moos, Die Bindung der Telekommunikationsregulierung durch das GATS-Abkommen, 2003, S. 167 ff. 4 Vgl. Moos, Die Bindung der Telekommunikationsregulierung durch das GATS-Abkommen, 2003, S. 172 f. 5 Vgl. Moos, Die Bindung der Telekommunikationsregulierung durch das GATS-Abkommen, 2003, S. 206 ff. 6 Vgl. Moos, Die Bindung der Telekommunikationsregulierung durch das GATS-Abkommen, 2003, S. 220 ff. 7 Die EG und ihre Mitgliedstaaten gingen zunächst nur Bindungen im Hinblick auf gewisse Mehrwertdienstleistungen, elektronische Post, gesprochene Briefe, OnLine-Informations- und Datenbankabfragen, elektronischen Datenaustausch sowie Code- und Protokollkonvertierung ein (BGBl. 1994 II, 1701). 8 Vgl. Moos, Die Bindung der Telekommunikationsregulierung durch das GATS-Abkommen, 2003, S. 145 f.; eingehend Mathew, The WTO Agreements on Telecommunications, 2003, S. 77 ff.; Koenig/Braun, The International Regulatory Framework of EC Telecommunications Law in: Koenig/Bartosch/Braun (Hrsg.), EC Competition and Communications Law 2002, 1 (11 f.). 9 Vgl. Barth, ArchPT 1997, 112 (114).
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präzise Bindungen ergeben sich ferner aus dem Transparenzgebot (Art. III GATS)1 sowie aus der Vorschrift über „domestic regulation“ (Art. VI GATS)2. 40
Im Februar 1997 billigte der Rat für Dienstleistungen der WTO (Art. IV Abs. 5 WTO-Übk.3) das Vierte Protokoll zum GATS. Mit dessen Inkrafttreten (Ziff. 3) ergänzen oder ändern die neuen Vereinbarungen die bisherigen Listen „spezifischer Verpflichtungen“ und der Ausnahmen von Art. II in Bezug auf die Basistelekommunikation (Ziff. 1). Dabei übernahmen die Europäischen Gemeinschaften (als Vertragspartei der WTO, Art. XI WTOÜbk.) und ihre Mitgliedsstaaten in einem Referenzpapier4 „zusätzliche Verpflichtungen“ (i. S. v. Art. XVIII GATS) im Hinblick auf den „Schutz des Wettbewerbs“5, einschließlich der Errichtung „unabhängiger regulierender Stellen“ (Nr. 5; oben, Rz. 13). Die Denkschrift zum Entwurf eines deutschen Vertragsgesetzes (nach Art. 59 Abs. 2 GG) verlautete hierzu, die im Protokoll genannten „regulatorischen Prinzipien“ entsprächen denen des TKG (1996) und stünden „auch im Einklang mit den Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland nach EG-Recht“6. Die Einigung wurde freilich nur dadurch erzielt, dass die Bestimmungen meist recht vage bleiben7. 2.1.2 EG
41
Schon das TKG 1996 bezog sich in zahlreichen Vorschriften auf Pflichten und Bindungen aus dem Recht der EG, teils auf primäres Gemeinschaftsrecht (so in § 5), meist aber auf genauer bezeichnete Sekundärrechtsakte, nämlich (Rats-)Richtlinien (§§ 23 Abs. 1, 33 Abs. 1, 34 Abs. 1, 35 Abs. 2, 5, 41 Abs. 2, 59 Abs. 3, 4, 60 Abs. 2, 3, 62 Abs. 1 TKG 1996). Diese konkreten Vorgaben fügten sich in ein umfassenderes (ordnungspolitisches) Konzept, welches seit Mitte der achtziger Jahre zunehmend zulasten der mitgliedstaatlichen Gestaltungsspielräume aus Art. 295 EG (ex-Art. 222 E[W]GV]8 geht und aus Art. 86 (ex-Art. 90) und 95 EG (ex-Art. 100 a E[W]GV) Befug_______________
1 Vgl. Moos, Die Bindung der Telekommunikationsregulierung durch das GATS-Abkommen, 2003, S. 247 ff. 2 Vgl. Moos, Die Bindung der Telekommunikationsregulierung durch das GATS-Abkommen, 2003, S. 261 ff.; Mathew, The WTO Agreements on Telecommunications, 2003, S. 94 f. 3 Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation v. 15.4.1994, BGBl. II, 1625. 4 Eingehend dazu Mathew, The WTO Agreements on Telecommunications, 2003, S. 124 ff. 5 Barth, ArchPT 1997, 112 (115); Strivens/Bratby, International Regulatory Framework in: Scherer (Hrsg.), Telecommunication Laws in Europe, 4. Aufl. 1998, 24.13 – 24.21. 6 BT-Drucks. 13/8217 v. 14.7.1997, S. 19. 7 Vgl. Mathew, The WTO Agreements on Telecommunications, 2003, S. 194 f. 8 Zur – im Text vor die Klammer gestellten – neuen Zählung der primärrechtlichen Vorschriften in der EU nach dem Vertrag von Amsterdam (v. 2.10.1997, BGBl. 1998 II, 387) s. die Synopse in dessen Anhang.
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nisse ableitet, auf Grund deren die auch im Telekommunikationssektor regelmäßig nur öffentlichen Unternehmen gewährten Monopol- und Vorrechte abgebaut werden und letztlich mit ihrer Beseitigung unverfälschter Wettbewerb auf den im Verlauf der Entstaatlichung entstandenen Telekommunikationsmärkten ermöglicht und sichergestellt wird1. Für die Umsetzung dieses Konzeptes und der auf seiner Grundlage schrittweise erlassenen Rechtsvorschriften ist freilich eine starke (Regulierungs-)Behörde vonnöten: Diese scheinbare Paradoxie erklärt sich aus dem Umstand, dass der Regulierer auf Unternehmen trifft, deren wirtschaftliche Macht durch die Beseitigung von ausschließlichen und besonderen Rechten nicht notwendig schwächer geworden ist, so dass bis auf weiteres gerade im Hinblick auf den Wegfall öffentlich-rechtlicher Bindungen strikte Kontrolle erforderlich wird, damit die tatsächliche Dominanz eines „incumbent“ oder „Altsassen“ die Marktöffnung nicht konterkariert. Die mit dem „communications review“2 einsetzende zweite Phase einer Telekommunikationsregulierung (in) der EG befasst sich nur noch rudimentär mit dem Status nationaler Regulierungsbehörden (NRBen). Kap. II der Rahmenrichtlinie (Rz. 10) richtet sich fast ausschließlich an die Mitgliedstaaten und hält sie an, dafür „Sorge zu tragen“, dass –
alle den NRBen durch Rahmen- und Einzelrichtlinien übertragenen Aufgaben von „einer“, nicht notwendig einer einzigen „zuständigen Stelle wahrgenommen werden“ (Art. 3 Abs. 1, 4),
–
ein Mindestmaß an Unabhängigkeit von privaten wie von öffentlichen Unternehmen im Telekommunikationsbereich besteht (Art. 3 Abs. 2; Rz. 10, 14),
–
die Befugnisse „unparteiisch und transparent ausgeübt“ werden (Art. 3 Abs. 3)3,
–
verschiedene für Regulierung zuständige Behörden sich konsultieren und miteinander zusammenarbeiten (Art. 3 Abs. 4),
–
die von Regulierungsbehörden wahrzunehmenden Aufgaben4 in leicht zugänglicher Form veröffentlicht werden, insbesondere wenn mehr als eine Stelle für deren Erfüllung zuständig ist (Art. 3 Abs. 4),
–
auf nationaler Ebene wirksame Rechtsbehelfe betroffener Personen gegen NRB-Entscheidungen existieren (Art. 4 Abs. 1; Rz. 12),
_______________
1 Vgl. insbes. J. Scherer, CR 1987, 743 ff.; Fangmann, EuZW 1990, 48 ff. 2 Europäische Kommission, Entwicklung neuer Rahmenbedingungen für elektronische Kommunikationsinfrastrukturen und zugehörige Dienste, KOM (1999) 539; vgl. Braun/Capito, The Emergence of EC Telecommunications Law as a New SelfStanding Field Within Community Law in: Koenig/Bartosch/Braun (Hrsg.), EC Competition and Telecommunications Law 2002, 51 (59 ff.); Nihoul/Rodford, EU Electronic Communications Law, 2004, 1.116 – 1.166. Zum erneuten „review“ 2006 s. unten, Rz. 153. 3 Vgl. Scherer, K&R 2002, 273 (277). 4 Die Kommission ist über diese zu informieren, Art. 3 Abs. 6 RRL.
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–
alle erforderlichen Informationen von Unternehmen der jeweiligen NRB und von dieser der Kommission sowie ggf. auch anderen NRBen zur Verfügung gestellt und die Daten, soweit sie zu einem offenen, wettbewerbsorientierten Markt beitragen und nicht geheimhaltungsbedürftig sind, auch veröffentlicht werden (Art. 5 Abs. 1–4)1,
–
regelmäßig allen „interessierten Parteien“2 Gelegenheit zur Stellungnahme zum Entwurf von NRB-Maßnahmen gegeben wird („Konsultation“), die sich auf die Rahmen- oder eine Einzelrichtlinie stützen und „beträchtliche Auswirkungen“3 auf den betreffenden Markt haben werden (Art. 6 Satz 1),
–
eine „einheitliche Informationsstelle“ (Rz. 19) eingerichtet wird, bei der eine Liste aller laufenden Anhörungen aufliegt (Art. 6 Satz 3).
Jedoch sind einige Verpflichtungen auch unmittelbar an die NRB(en) adressiert. Dabei ergibt sich die Frage, ob damit die Grenzen des staatliche Souveränität stärker als eine Verordnung respektierenden Instruments „Richtlinie“ noch eingehalten werden bzw. inwieweit nationalstaatliche Organisationsgewalt bei der Umsetzung der EG-Vorgaben übermäßig beeinträchtigt wird4. Eine unmittelbare Geltung kommt diesem Typus von Sekundärrechtsakt nicht zu; der nationale Gesetzgeber bleibt zu Durchführungsmaßnahmen berechtigt (und verpflichtet). Freilich ist sein Spielraum5 bisweilen kaum mehr existent, was sich in einer (fast) wörtlichen Übernahme des Wortlauts einzelner Richtlinienbestimmungen zeigt (insbesondere im Verhältnis von Art. 7 RRL und § 12 Abs. 26). So hält Art. 3 Abs. 5 RRL die NRB (und die nationalen Wettbewerbsbehörden) an, untereinander für die Anwendung des einschlägigen Rechts notwendige Informationen auszutauschen; § 123 Abs. 1 Satz 5 fasst diese Kooperationsverpflichtung sogar noch weiter, indem Regulierungsbehörde und Bundeskartellamt sich bereits alle „Beobachtungen und Feststellungen“ mitzuteilen haben, „die für die Erfüllung der beiderseitigen Aufgaben von Bedeutung sein können“7. NRBen haben ferner Bedingungen für den Zugang der Öffentlichkeit zu veröffentlichungswürdigen Informationen (Art. 5 Abs. 4) einschließlich der Verfahren für die Zugangsgewährung zu publizieren, deren Aufstellung und Inhalte sich aus nationalen und/oder gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften _______________
1 2 3 4
Vgl. Scherer, K&R 2002, 273 (278, 282 f.). Zur Ein- und Abgrenzung vgl. Scherer, K&R 2002, 273 (279). Vgl. Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 54. Formal ist in Rahmen- wie Einzelrichtlinie(n) eine Umsetzungspflicht der Mitgliedstaaten statuiert (z. B. Art. 28 RRL). 5 Vgl. näher Koenig/Loetz/Neumann, K&R Beil 2/2003, 1 ff. 6 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 62. 7 Vgl. Gramlich in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 2. Aufl. 2007, § 123 Rz. 7.
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über Informationszugang1 und Wahrung von Geschäftsgeheimnissen2 ergibt (Art. 5 Abs. 5 RRL); umgesetzt wird diese Vorgabe insbesondere durch § 26 i. V. m. § 53. Zu veröffentlichen hat jede NRB zudem (nach Art. 6 Satz 1) ihre jeweiligen Anhörungsverfahren sowie deren Ergebnisse, letzteres wieder unter Vorbehalt der Wahrung vertraulicher Informationen (Art. 6 Sätze 2, 4 RRL). Entsprechende gesetzliche Regeln finden sich in § 12 Abs. 1 Sätze 2, 3 (ggf. i. V. m. § 15)4. Eine Mischung von Vorschriften für Mitgliedstaaten als solche und weiteren direkt mit „Aufgaben“ für NRBen enthalten auch Kap. 3 und 4 der Rahmenrichtlinie: Der zunächst nur die Staaten als solche adressierende Abs. 1 von Art. 8 RRL wendet sich am Ende (in UAbs. 3) unmittelbar an die Regulierungsbehörden und ermächtigt diese, „im Rahmen ihrer Zuständigkeiten“, d. h. nicht in Bezug auf Inhalte (s. Erwägungsgründe 5, 6 sowie Art. 1 Abs. 2)5, dazu beizutragen, dass die „Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt sowie des Pluralismus der Medien sichergestellt“ wird. Das Erreichen bestimmter „politischer Ziele“ (durch dafür geeignete und angemessene Maßnahmen, Art. 8 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2) wird unmittelbar den NRBen aufgetragen, den Mitgliedstaaten insoweit nur eine Gewährleistungsfunktion anvertraut. Dabei werden die Ziele zu drei Bündeln gruppiert6, nämlich –
Förderung des Wettbewerbs bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste sowie „zugehöriger Einrichtungen“ (Art. 2 e]) und Dienste (Art. 8 Abs. 2),
–
Leisten eines Beitrags zur Entwicklung des Binnenmarkts (Art. 8 Abs. 3), und
–
Förderung der Interessen der Bürger der Europäischen Union (Art. 8 Abs. 4).
_______________
1 Hierzu zählt nunmehr auch das Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes v. 5.9.2005 (BGBl. I, 2722). 2 Hierzu etwa Wodtke/Richters, Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, 2004, Rz. 13 ff., 98 ff. 3 Vgl. auch BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 68, wo (nur) auf Art. 15 Abs. 1 ZRL verwiesen wird. 4 Vgl. etwa Mitt. Nr. 66/2005 und Nr. 147/2005, ABl. RegTP 2005, 329 ff. und 971 ff. (Breitbandzugang für Großkunden/Bitstromzugang, BK 1-05/002); Mitt. Nr. 65/2005 und Nr. 148/2005, ABl. RegTP 2005, 245 ff. und 092 ff. (Anrufzustellung in einzelnen Mobilfunktelefonnetzen, BK 1-05/001). 5 Vgl. Scherer, K&R 2002, 273 (274, 278); Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 44 ff. 6 Anschaulich Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 50.
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Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
Im neuen TKG wird hieran bei den „Regulierungszielen“ des § 2 angeknüpft, wenn auch dessen Abs. 2 anders strukturiert ist (Rz. 48 f.) und die Berücksichtigung von „Belangen des Rundfunks und vergleichbarer Telemedien“1 dort erst in Abs. 5 Satz 2 angeführt wird. In Konkretisierung von Art. 8 Abs. 2 d) RRL hält auch Art. 10 unmittelbar die NRBen an, „objektive, transparente und nicht diskriminierende Verfahren für die Zuteilung der nationalen Nummerierungsressourcen“ festzulegen (Abs. 1 Satz 3) sowie dafür zu sorgen, dass „Nummerierungspläne und -verfahren so angewandt werden, dass die Gleichbehandlung aller Anbieter öffentlich zugänglicher Kommunikationsdienste gewährleistet ist“ (Art. 10 Abs. 2 Satz 1). Das TKG nimmt darauf in § 2 Abs. 2 Nr. 8 TKG (Rz. 50) sowie in § 66 Abs. 1, 4 TKG Bezug2. Demgegenüber hält Art. 12 Abs. 1 die NRB lediglich zu einer „Förderung“ der gemeinsamen Nutzung von Einrichtungen eines elektronische Kommunikationsnetze anbietenden Unternehmens an, die dieses nach nationalem Recht auf, über oder unter öffentlichem oder privatem „Grundbesitz“ installieren kann; dies gilt auch in Bezug auf Grundstücke, für die das Unternehmen ein Verfahren zur Enteignung oder Nutzung „in Anspruch nehmen“ kann. Dieser Vorgabe kann nach § 70 i. V. m. § 69 Abs. 3 TKG durch Erteilung einer entsprechenden (Mit-)Nutzungsberechtigung genügt werden3. „Allgemeine Bestimmungen“ über das „Marktanalyseverfahren“ (Art. 16 i. V. m. Art. 14) stecken dessen Voraussetzungen und Stufen ab und lassen bei nationaler Umsetzung dem Gesetzgeber kaum Konkretisierungs- oder gar Gestaltungsspielräume, ebenso wenig wie Art. 15, wonach die „Marktdefinition“ in Abs. 3 ebenfalls unmittelbar den NRBen aufgegeben ist4. Eine eigenständige Entscheidung innerhalb der §§ 9 ff. TKG enthält daher allenfalls die Vorschrift zu den Rechtsfolgen (§ 13 TKG)5. Schließlich komplettieren Art. 20 und 21 die Bestimmungen über den Rechtsschutz (Rz. 12); auch bei Streitigkeiten zwischen Unternehmen aus demselben oder verschiedenen Mitgliedstaaten richten sich wesentliche Regelungen wieder direkt an NRBen (Art. 20 Abs. 1, 3 und 4, Art. 21 Abs. 2)6,
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1 D. h. insbesondere „Mediendienste“ i. S. v. § 2 MedDStV; s. jetzt § 1 Abs. 1 Satz 1 des Telemediengesetzes (TMG) v. 26.2.2007, BGBl. I, 179. 2 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 56. 3 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 84; Bezug nehmend auf § 51 TKG 1996; s. bereits Scherer, K&R 2002, 273 (289). 4 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 60 f. 5 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 63; der dort genannte Art. 16 (Abs. 6 i. V. m. Abs. 3 bzw. 4) RRL besagt nichts darüber, wie Maßnahmen getroffen oder Verpflichtungen auferlegt werden. 6 Vgl. Scherer, K&R 2002, 273 (278) und MMR Beil. 12/2002, 23 (24 f.); Schütz/ Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 63 f.
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wodurch im nationalen Recht (§ 133 TKG) eine Zuständigkeitslücke geschlossen wird1. Die nähere Festlegung der Aufgaben und Befugnisse von NRB in den „Einzelrichtlinien“ ist von Rechtsakt zu Rechtsakt überaus unterschiedlich: In der Genehmigungsrichtlinie (GRL)2 werden Regulierungsbehörden meist nur als Empfänger von Anzeigen oder Meldungen angesprochen (Art. 3 Abs. 3, 9, 10, 11 TKG) bzw. wird die Veröffentlichung fremder wie „eigener“ Informationen behandelt (Art. 12 Abs. 2, 15 Abs. 2 GRL). Nur in gravierenden Fällen von Rechtsverstößen ist auch eine Befugnis zum Einschreiten gegen fehlsame Unternehmen vorgesehen (Art. 10 Abs. 5 GRL)3. Die Datenschutzrichtlinie4 beinhaltet sogar ausschließlich an die Mitgliedstaaten gerichtete Rechtsetzungspflichten. Anders verhält es sich demgegenüber bei Zugangs- (ZRL) und Universaldienstrichtlinie (UDRL): In Bezug auf „Zugang“ und „Zusammenschaltung“ normiert Art. 5 ZRL bereits in der Überschrift „Befugnisse und Zuständigkeiten“ der NRBen auch im Verhältnis zu anderen Unternehmen als solchen mit beträchtlicher Marktmacht (Rz. 15); das nationale Gegenstück zu Art. 5 Abs. 1 UAbs. 2 a) des Rechtsakts ist § 18 TKG („Kontrolle über Zugang zu Endnutzern“)5. Die zentralen Regelungen der Art. 8 ff. ZRL werden zwar durch eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten (in Art. 8 Abs. 1) eingeleitet „sicher zu stellen“, dass die nationalen Regulierungsbehörden befugt sind, Maßnahmen nach Art. 9–13 aufzuerlegen (bzw. zu ändern oder aufzuheben); bereits Art. 8 Abs. 2–5 normieren aber allgemeine Vorgaben direkt für diese Behörden bis hin zu Informationspflichten der EG-Kommission gegenüber (Abs. 5). Die einzelnen „Verpflichtungen“ („remedies“) sodann sind für NRBen in doppelter Weise maßgeblich: Zumindest eine hiervon – Transparenz (Art. 9), Gleichbehandlung (Art. 10), getrennte Buchführung (Art. 11), Zugang zu bestimmten Netzeinrichtungen und deren Nutzung (Art. 12) sowie Preiskontrolle und Kostenrechnung (Art. 13) – muss (vorbehaltlich von Art. 8 Abs. 3 UAbs. 1 ZRL) marktmächtigen Unternehmen auferlegt werden6, andere Maßnahmen dürfen hingegen nur „unter außergewöhnlichen Um_______________
1 Heun, CR 2004, 893 (896). 2 Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste v. 7.3.2002, ABl. EG Nr. L 108 v. 24.4.2002, 21. 3 Vgl. Scherer, K&R 2002, 329 (334); Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 102. 4 Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation v. 12.7.2002, ABl. EG Nr. L 201 v. 31.7.2002, 37. 5 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 64. 6 Scherer, K&R 2002, 329 (339 f.).
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Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
ständen“ und nach Billigung der Kommission (im Komitologie-Verfahren nach Art. 14 Abs. 21) getroffen werden (Art. 8 Abs. 3 UAbs. 2 ZRL)2. „Zur Gewährleistung der Verfügbarkeit gemeinschaftsweiter hochwertiger, öffentlich zugänglicher Dienste durch wirksamen Wettbewerb und Angebotsvielfalt“, aber auch zur Regelung von Fällen, „in denen die Bedürfnisse der Endnutzer durch den Markt nicht ausreichend befriedigt werden können“ (Art. 1 Abs. 1), betraut die Universaldienstrichtlinie unmittelbar die NRBen mit der Überwachung der (Erschwinglichkeit der) Endnutzertarife (Art. 9 Abs. 1, 5) und der Dienstequalität von (nach Art. 8) „benannten“ (und der Kommission gem. Art. 36 Abs. 1 gemeldeten) Unternehmen (Art. 11), des Weiteren mit der Ermittlung, Berechnung und Aufteilung der Kosten von Universaldienstverpflichtungen (Art. 12–14). Zu konkreten „Regulierungsmaßnahmen in Bezug auf Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auf speziellen Märkten“ (Kap. III) werden diese Behörden durch Art. 17 (Dienste für Endnutzer, einschl. Preiskontrollen), 18 (Mietleitungen) und 19 UDRL (Betreiberaus- und -vorauswahl) angehalten; auch insoweit ist die Kommission über die Umsetzung zu unterrichten (Art. 36 Abs. 2). Zur Wahrung der „Interessen und Rechte der Endnutzer“ (Kap. IV) obliegen den NRBen Pflichten zur Veröffentlichung von Informationen (Art. 21 Abs. 2, 22), aber auch die Befugnis zu Entgeltmaßnahmen (bei Nummernübertragbarkeit, Art. 30 Abs. 2, 3 UDRL). Überwiegend werden hier freilich die Mitgliedstaaten aufgefordert, den notwendigen „Verbraucherschutz“3 sicherzustellen. 2.2 Aufgaben der Regulierungsbehörde im Telekommunikationssektor 46
Die Regulierungsbehörde soll nach § 1164 TKG sowie § 2 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 BNetzA-Gesetz (in Fortführung von § 66 Abs. 1 TKG 1996) die ihr nach „diesem oder anderen Gesetzen zugewiesenen Aufgaben“ wahrnehmen, um „den Telekommunikationsmarkt aus seiner bislang monopolistischen Struktur herauszulösen und die Entwicklung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs zu fördern“5. Eine Zusammenstellung ihrer verschiedenen Aufgabenbereiche im Sektor Telekommunikation – wie sie beim Beirat (in § 120 TKG) erfolgt ist (Rz. 30) – fehlt. Die Regelungen des TKG lassen sich aber systematisch ähnlich wie schon bisher unter drei Funktionen – (aktive) Gestaltung, Schlichtung, Überwachung6 – einordnen, _______________
1 Dort wird auf Art. 3 und 7 des Rats-Beschlusses 1999/468/EG Bezug genommen. 2 Vgl. Scherer, K&R 2002, 329 (340). 3 Dazu näher Scherer, K&R 2002, 385 ff.; Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 196 ff. 4 I. d. F. v. Art. 3 Abs. 2 Nr. 1 der zweiten Energierechtsnovelle. 5 BT-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 51. 6 So Piepenbrock, Glossar in: Scheurle/Lehr/Mayen, Telekommunikationsrecht, 1997, 357 (405); s. a. Ulmen/Gump, CR 1997, 396 (397 f.); Geppert/Ruhle/Schuster, Handbuch Recht und Praxis der Telekommunikation, 1998, 534 f.
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wobei die zweite im Gesetzeswortlaut weiterhin nur schwach ausgeprägt ist (Rz. 56), gleichwohl schon nach altem Recht sowohl informelle Einflussnahme als auch schlichtes Verwaltungshandeln durchaus legitime Mittel der Aufgabenwahrnehmung waren und auch weiterhin sind. Insbesondere bei der angesichts der gebotenen Marktregulierung deutlich in den Vordergrund getretenen Gestaltungskompetenz wird freilich die Frage nach Ausmaß und Grenzen gerichtlicher Kontrolle virulent1. 2.2.1 TKG 2004 Dem Telekommunikationsrecht liegen seit 1996 „die verfassungsrechtlich garantierten Rechte der Berufs- und Gewerbefreiheit“ zugrunde, „wonach grundsätzlich jedermann berechtigt ist, Telekommunikationsdienstleistungen am Markt anzubieten“2 und hierfür den selbst festgesetzten Preis zu verlangen. Weil daher jede Einschränkung von wirtschaftlichen Betätigungen (nicht nur ein Genehmigungserfordernis) im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG einer Rechtfertigung bedarf, richtet sich das Augenmerk der Regulierungsbehörde seit je her zunächst auf das Verhalten der im Bereich der Telekommunikation tätigen Personen und Unternehmen: Im Hinblick auf die Vorgaben der Genehmigungsrichtlinie (Rz. 45) wurde hier zwar das früher noch (übergangsweise) für angemessen erachtete Lizenzerfordernis (§§ 6 ff. TKG 1996) gestrichen3. Hingegen verbleibt das eingehender als bisher (in § 4 TKG 1996 in Form der „Anzeigepflicht“) geregelte Gebot – nur – an jede Person, die (im Inland) gewerblich „Telekommunikationsnetze“ (§ 3 Nr. 27 TKG) betreibt oder „Telekommunikationsdienste“ (§ 3 Nr. 24 TKG) „für die Öffentlichkeit“ erbringt, die Aufnahme, Änderung und Beendigung dieser Tätigkeit sowie Änderungen ihrer „Firma“ (§§ 17 ff. HGB) auch bei der Fachbehörde zu melden (§ 6 Abs. 1 Satz 1 TKG); wie nach der daneben fortbestehenden Anzeige(pflicht) nach § 14 GewO muss dies nunmehr „unverzüglich“ (§ 121 BGB)4 und in „Schriftform“ (§ 6 Abs. 1 Satz 2 TKG)1
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1 Zu Beurteilungsspielräumen und damit einher gehender Reduktion einer Kontrolldichte der Judikatur vgl. Holznagel, MMR 2003, 513 (517); Gurlit, K&R Beil. 1/2004, 32 (36); Ellinghaus, CR 2004, 23 (28) und MMR 2004, 293 (296 f.); Ladeur/ Möllers, DVBl. 2005, 525 (531 ff.); krit. Wegmann, K&R Beil. 1/2004, 25 (26 f.); Mayen, CR 2005, 21 (23 f.); v. Danwitz, DVBl. 2003, 1405 ff.; aus der Judikatur (ablehnend) OVG Münster Beschl. v. 19.8.2005 – 13 A 1521/03, CR 2006, 101 (103), mit Anm. Liebschwager. 2 BT-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 34; vgl. Scherer/Ellinghaus, Telecommunication Law in Germany in: Scherer (Hrsg.), Telecommunication Laws in Europe, 4. Aufl. 1998, 7.18.; Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 6 Rz. 4 f. 3 Vgl. bereits Scherer, K&R 2002, 329 (330 f.); Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 336. 4 Statt binnen vier Wochen nach Aufnahme der Tätigkeit (gem. § 4 TKG 1996); vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 60; Heun, CR 2004, 893 (895).
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erfolgen. Neu ist insoweit, dass auf Antrag die Vollständigkeit (§ 6 Abs. 2 TKG) der Meldung binnen einer Woche nach Eingang bestätigt und dem betr. Unternehmen bescheinigt werden muss, ihm stünden Rechte nach TKG oder Durchführungsverordnungen (Rz. 55) zu (§ 6 Abs. 3 TKG)2. Ausdrücklich vorgesehen ist ferner in § 6 Abs. 5 TKG eine (§ 14 Abs. 1 Satz 4 GewO entsprechende) Befugnis, von Amts wegen festzustellen, dass eine Geschäftstätigkeit (nach Abs. 1) nicht mehr ausgeübt wird, wenn der Meldepflicht nicht nachgekommen wird und die Beendigung der Aktivität eindeutig ist. Wie bisher (s. § 4 Satz 2 TKG 1996) veröffentlicht die BNetzA regelmäßig (halbjährlich) ein (aktuelles) Verzeichnis der gemeldeten Unternehmen (§ 6 Abs. 4 TKG), auch zur Information aller auf dem Telekommunikationsmarkt tätigen Akteure3. 48
Nach der (ordnungspolitischen) Konzeption des (neuen wie des alten) Gesetzes soll eine nicht nur zufrieden stellende, sondern möglichst optimale Versorgung aller Nachfrager (nicht zuletzt der [End-]Verbraucher4) nach Telekommunikationsdiensten – als dem zumindest nach der Gesetzessystematik primären Regulierungsziel (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG) – bereits durch Sicherstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs auch in der Fläche bewerkstelligt werden (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG); nur im Notfall, bei einem „Marktversagen“, soll der (Zentral-)Staat selbst eine Grundversorgung zu erschwinglichen Preisen aufrechterhalten müssen – und können (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 5 TKG wie zuvor § 2 Abs. 2 Nr. 3 TKG 1996). Auch dann dürfen „Universaldienstleistungen“ (§ 78 TKG; zuvor § 17 TKG 1996) freilich allein Privaten auferlegt und dann auch nur von diesen erbracht werden, wobei jedoch lediglich bedeutendere Unternehmen zu der realen Erbringung herangezogen (§§ 80, 81 TKG; zuvor formal zudem auf Lizenznehmer begrenzend §§ 18, 19 TKG 1996) oder zumindest (finanziell) mit einer Ausgleichsabgabe (§§ 82, 83 TKG; zuvor §§ 20, 21 TKG 1996) belastet werden dürfen. Das ebenfalls fortgeschriebene Ziel einer „Förderung von Telekommunikationsdiensten bei öffentlichen Einrichtungen“ (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 TKG; zuvor Nr. 4) bleibt demgegenüber weiterhin recht Konturen los5.
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Im Hinblick auf die Vorgaben aus Art. 8 RRL (Rz. 44) wurde § 2 Abs. 2 TKG im Vergleich zur bisherigen Zielsetzung weitaus umfangreicher und differenzierter ausgestaltet: Nr. 2 sieht nunmehr (auch) die „Förderung nachhal_______________
1 Die Formulierung bezweckt die Klarstellung, dass nach § 3a VwVfG stattdessen auch ein qualifiziert signiertes Dokument (§ 2 Nr. 3 SigG) verwendet werden kann (BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 60). 2 In Umsetzung von Art. 3 Abs. 3 und Art. 9 GRL, aber auch angelehnt an § 15 Abs. 1 GewO; s. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 60. 3 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 60; hierzu Mitt. Nr. 20/2005, ABl. RegTP 2005, 76 f.; Mitt. Nr. 23/2006, ABl. BNetzA 2006, 176. 4 Vgl. Scherer, K&R 2002, 385 (392). 5 Vgl. zum alten Recht Scheurle in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 2 Rz. 17; Trute in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 2 TKG Rz. 23.
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tig wettbewerbsorientierter Märkte der Telekommunikation im Bereich der Telekommunikationsdienste und -netze sowie der zugehörigen Einrichtungen und Dienste“ vor, Nr. 3 verpflichtet dazu, „effiziente Infrastrukturinvestitionen zu fördern und Innovationen zu unterstützen“, und Nr. 4 hält dazu an, „die Entwicklung des Binnenmarktes der Europäischen Union zu fördern“1. Zur Verwirklichung dieser Ziele dient vor allem die „Marktregulierung“ nach dem 2. Teil des Gesetzes, die in erster Linie Vorleistungen betrifft (sowohl unter dem Zugangs- als auch unter dem Entgeltaspekt), aber auch eine Regulierung von Entgelten für Endnutzerleistungen (§ 39 TKG) wie sonstige Verpflichtungen ermöglicht (§§ 40, 41 TKG) und nicht zuletzt eine Präzisierung der (im Vergleich zum GWB) „besonderen Missbrauchsaufsicht“ (§ 42 TKG) vornimmt, einschließlich der Einführung einer Befugnis zur Mehrerlös- bzw. Vorteilsabschöpfung (§ 43 TKG)2. Auf Teil 5 des TKG („Vergabe von Frequenzen, Nummern und Wegerechten“ als Verfahren zur Allokation knapper Ressourcen) bezogen sind die Ziele in § 2 Abs. 2 Nr. 7 TKG (zuvor: Nr. 5) und Nr. 8 TKG. Für Funk-Frequenzen ist zudem „ein hohes Maß an Koordinierung“ notwendig, „um wechselseitige Störungen von Funksignalen auszuschließen“3. Die Festlegung einer Frequenzordnung ist zwar nicht mehr eigens als Gesetzeszweck (wie in § 1 TKG 19964) festgelegt, die Sicherstellung einer „effizienten und störungsfreien Nutzung von Frequenzen“ aber nach wie vor ein wichtiges Ziel der Regulierung. Einzelheiten des Frequenzwesens (§§ 52 ff. TKG; früher §§ 44 ff. TKG 1996), das auch außerhalb der Telekommunikation bedeutsam ist5, sind nunmehr sogar primär im Gesetz selbst geregelt6. Allerdings ist die Verknüpfung mit Lizenzvergaben (§§ 10, 11 TKG 1996) wie das Genehmigungserfordernis selbst weggefallen. Eine wichtige regulatorische Aufgabe bildet ferner die „Nummerierung“ (§ 66 TKG; zuvor § 43 TKG 1996), weil es sich auch bei „Ruf“- und anderen „Nummern“ (§ 3 Nr. 13, 18 TKG) aufgrund hierfür bestehender internationaler Festlegungen um ein Gut handelt, dessen „effiziente Nutzung“ zu gewährleisten im öffentlichen Interesse liegt (§ 2 Abs. 2 Nr. 8 TKG). Sowohl die Strukturierung und Ausgestaltung als auch die Verwaltung des Nummernraums müssen Maß_______________
1 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 56. 2 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 72; Scherer, NJW 2004, 3001 (3009); Enaux/König, N&R 2005, 2 (7 f.); Möschel, MMR 2003, 505 (507); krit. Doll/ Rommel/Wehmeier, MMR 2003, 522 (524). 3 BT-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 35. 4 Vgl. Scheurle in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 1 Rz. 9; Trute in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 1 TKG Rz. 28. 5 Vgl. nur § 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 13 i. V. m. § 4 des (sächsischen) Gesetzes über den privaten Rundfunk und neue Medien in Sachsen i. d. F. der Bek. v. 9.1.2001 (SächsGVBl. 69); sowie BVerfG, Urt. v. 28.2.1961 – 2 BvG 1, 2/60, BVerfGE 12, 205 (227, 230), Urt. v. 4.11.1986 – 1 BvF 1/84, BVerfGE 73, 118 (121 f.), Beschl. v. 24.3. 1987 – 1 BvF 147, 478/86, BVerfGE 74, 297 (341). 6 Vgl. Scherer, NJW 2004, 3001 (3009).
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stäben der Transparenz, der Objektivität und der Nichtdiskriminierung genügen, „um chancengleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Anbieter zu gewährleisten“1. Aspekte einer Bewirtschaftung kommen schließlich bei der Sondernutzung von „Verkehrswegen“ (§ 68 Abs. 1 Satz 2 TKG wie zuvor § 50 Abs. 1 Satz 2 TKG 1996) für „Telekommunikationslinien“ (§ 3 Nr. 26 TKG; identisch mit § 3 Nr. 20 TKG 1996) ins Spiel. Im Verhältnis von Netzbetreiber (früher auf Lizenznehmer beschränkt) und (staatlichem) Träger der Wegebaulast ist der letztere zur Abwägung der divergierenden Belange berufen (§ 68 Abs. 3 TKG wie zuvor § 50 Abs. 3 TKG 1996). Dass zunächst im Falle einer drohenden Interessenkollision bei der Wege-Benutzung die RegTP zur Entscheidung über die Zustimmung berufen war (§ 50 Abs. 4 TKG i. V. m. Abs. 3 TKG 1996), erachtete das BVerfG für eine kompetenzielle Fehlleistung, weil mit Art. 30 GG unvereinbar2. § 68 Abs. 4 TKG weist diese Befugnis nunmehr einer „Verwaltungseinheit“ zu, die von der „für den Betrieb der Telekommunikationslinie bzw. der für die Wahrnehmung der Gesellschaftsrechte“ zuständigen Stelle „unabhängig“ ist. Damit soll die durch Art. 11 RRL vorgeschriebene strukturelle Trennung zwischen diesen beiden Einheiten bundesweit gleichartig in nationales Recht umgesetzt werden3. 51
§§ 59 ff. TKG 1996 wiesen zunächst auch Geräte- und Personen-Zulassung der RegTP zu; § 64 Abs. 1, 2 TKG ermöglichte jedoch die Übertragung der Befugnisse auf private Stellen im Wege einer „Beleihung“4. Aufgrund der Vorgaben der R&TTE-Richtlinie5 vollzog sich hier aber bereits mit deren Umsetzung durch Erlass des FTEG6 vor einigen Jahren ein grundlegender Wandel, der sich auch in den Aufgaben und Befugnissen der Behörde niederschlug (Rz. 57).
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Als Ziele der Regulierung nennt § 2 Abs. 2 TKG wie bisher weiterhin die „Wahrung“ des „Fernmeldegeheimnisses“ (Nr. 1) sowie „der Interessen der _______________
1 BT-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 35. 2 Urt. v. 15.7.2003 – 2 BvF 6/98, MMR 2003, 664 ff.; K&R 2003, 467 ff. mit Anm. von Wissmann/Kreitlow. 3 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 120. 4 Vgl. Verordnung über die Anforderungen und das Verfahren für die Beleihung von benannten Stellen und für die Akkreditierung von Testlabors für Endeinrichtungen und Prüfstellen für Qualitätssicherungssysteme auf dem Gebiet der Telekommunikation (Beleihungs- und Akkreditierungsverordnung – BAkkrV) v. 10.10.1997, BGBl. I, 2905; zu benannten Stellen s. Mitt. Nr. 133/1998, ABl. RegTP 1643. Dazu auch unten, Rz. 54. Die Regulierungsbehörde hat daher (gem. § 64 Abs. 1 Satz 2 TKG 1996) ihre Tätigkeit als Zulassungsbehörde zum 15.6.1998 eingestellt (s. Vfg 65/1998, ABl. RegTP 1560). 5 Richtlinie 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 9.3.1999 über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität, ABl. EG Nr. L 91 v. 7.4.1999, 10. 6 Gesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen v. 31.1.2001, BGBl. I, 170.
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öffentlichen Sicherheit“ (Nr. 9, zuvor Nr. 6). Hierbei ergibt sich aus Art. 10 GG und in engem Zusammenhang hiermit aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG („Recht auf informationelle Selbstbestimmung“)1 nicht nur eine Verpflichtung der Regulierungsbehörde zur Achtung der (Freiheits-)Grundrechte natürlicher und juristischer Personen. Vielmehr muss auch der Gesetzgeber selbst (nach Art. 1 Abs. 3 GG) dem objektiven Gehalt der Grundrechtsgewährleistungen durch ein Mindestmaß an Schutz-Vorkehrungen Rechnung tragen, die auch private Telekommunikationsunternehmen anhalten, im Verhältnis zu anderen, insbesondere Nutzern die Vertraulichkeit der Kommunikation zu achten2. Justiz-, Polizei- und Sicherheitsbehörden erfüllen freilich einen gleichermaßen verfassungsrechtlich fundierten Auftrag, so dass insoweit gesetzliche Einschränkungen des Rechts auf Privatheit zulässig sind. Ob die insoweit im Siebten Teil des TKG (§§ 88 ff. TKG; früher §§ 85 ff. TKG 1996) getroffenen näheren Regelungen über „Fernmeldegeheimnis, Datenschutz, Öffentliche Sicherheit“ eingehalten werden, ist ebenfalls der Kontrolle der Regulierungsbehörde überantwortet (§ 115 Abs. 1 Satz 1 TKG wie zuvor § 91 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996)3. Nicht explizit normiert, aber in diversen Vorschriften (§§ 121 Abs. 1, 122 Abs. 1, 125 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 TKG) vorausgesetzt sind weitere RegulierungsAufgaben, vor allem die Marktbeobachtung, aber auch die Rolle als „Anwalt des Verbrauchers“ (Endkunden). Insoweit geht es nicht nur um die (auf Art. 20 ff. UDRL bezogenen) Befugnisse nach § 45 Abs. 1 Satz 34 TKG, sondern auch um die (bis auf weiteres fort geltenden) spezifischen Kompetenzen nach § 43c TKG 19965 und den Betrieb eines „Verbraucherservice“ auch für Anfragen oder Beschwerden über den Bereich von (Mehrwertdienste-) Nummern hinaus6. Insoweit soll(te) eine erste Novelle zum TKG7 erhebliche Erweiterungen (bzw. „Optimierungen“) sowohl des allgemeinen als auch des speziell Nummern bezogenen Kundenschutzes in das Gesetz einfügen (und zugleich die einschlägigen Regelungen der TKV 1997 wie auch §§ 43a–43c TKG 1996 ablösen)8. Diese scheiterte zwar zunächst an der vorzeitigen Auflösung des (15.) Bundestages, wurde aber in modifizierter Fas_______________
1 So BVerfG Urt. v. 14.7.1999 – 1 BvR 2226/94, 2420, 2437/95, BVerfGE 100, 313 (358). 2 Vgl. Gramlich, CR 1996, 102 (110 ff.); ferner M. Rottmann, ArchPT 1994, 193 (196); Stern/Bernards/Dünchheim/Hufschlag, Art. 10 GG Rz. 49 ff. in: Stern (Hrsg.), Postrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1997 ff. 3 Zur Sicherheit in der Telekommunikation als Regulierungsaufgabe s. Helf, CR 1997, 331 ff. 4 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 72. 5 Eingefügt durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung des Missbrauchs von 0190er-/0900er-Mehrwertdiensterufnummern v. 9.8.2003, BGBl. I, 1590; dazu etwa Mitt. Nr. 259/2004, ABl. RegTP 2004, 1067 ff., Mitt. Nr. 409/2004, ABl. RegTP 2004, 2125 ff. 6 Dazu Tätigkeitsbericht 2002/2003, BT-Drucks. 15/2220 v. 9.12.2003, S. 113 ff.; RegTP-Jahresbericht 2004, S. 1 ff.; ferner Stober, DöV 2004, 221 (226 ff.). 7 Vgl. BT-Drucks. 15/5213 v. 7.4.2005; 15/5694 v. 15.6.2005. 8 Zur einstweiligen Weitergeltung § 152 Abs. 1 Sätze 2, 3 TKG 2004.
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Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
sung erneut in das Parlament eingebracht1 und trat schließlich am 24.2. 2007 in Kraft2. 54
Berichtspflichten der Regulierungsbehörde gegenüber der EG-Kommission (aufgrund korrespondierender Regelungen in EG-Rechtsakten) sprach bereits § 5 TKG 1996 an; § 4 TKG erweitert diese auf andere „internationale Gremien“ (wie z. B. die ITU). „Internationale Aufgaben“ werden in § 140 und § 141 näher bezeichnet. Während § 141 TKG (in Abs. 2) der RegTP/BNetzA die Zuständigkeit als „zuständige Behörde“ für die Anerkennung von (im Inland ansässigen) Abrechnungsstellen für den internationalen Seefunkverkehr überträgt (und damit zugleich eine eigene Kompetenz i. S. v. § 140 Satz 2 TKG begründet), unternimmt § 140 TKG eine generelle Zuweisung von Verantwortung im Verhältnis von Ressortministerium und nachgeordneter Bundesoberbehörde: Soweit nicht unmittelbar geltende EG-Verordnungen (Art. 249 Abs. 2 EG) oder nationale Parlamentsgesetze etwas Anderes vorsehen, bleibt der Regulierungsbehörde Politik auf internationaler Ebene nur im ministeriellen „Auftrag“, also im Rahmen von Vorgaben und Weisungen, möglich, sowohl im europäischen (EG) als auch im globaleren Rahmen. Diese Maßgabe betrifft vor allem, aber nicht nur die Mitarbeit in „Institutionen und Organisationen“, gleich ob diese eine eigene Rechtspersönlichkeit aufweisen oder gouvernementaler Natur sind und welcher Art die Tätigkeit dort im Einzelnen ist3. 2.2.2 Verordnungen zum TKG
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Wesentliche Durchführungsverordnungen zum TKG 1996 wie die NZV4, die TEntgV5, die TUDLV6 und die TDSV (2000)7 wurden durch § 152 Abs. 2 TKG 2004 aufgehoben. Auch das neue Gesetz sieht allerdings diverse Ermächtigungen (oder auch Verpflichtungen) an die Bundesregierung zum Erlass von Rechtsverordnungen vor, in deren Vorschriften dann auch Handlungsaufträge an die Regulierungsbehörde weiter präzisiert werden können. Hierzu gehören etwa § 45 TKG (Abs. 1 Satz 3), § 66 Abs. 4 (Satz 3), § 108 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 TKG.
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Besonderer Erwähnung bedürfen Vorschriften, nach welchen die Regulierungsbehörde Schlichtungsfunktionen wahrnehmen darf oder muss. _______________
1 BT-Drucks. 16/2581 v. 14.8.2006. 2 Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften v. 18.2.2007, BGBl. I, 106, Art. 5 (Abs. 1). 3 Vgl. des Näheren Gramlich in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 140 Rz. 11 ff., 24 ff. 4 Verordnung über besondere Netzzugänge (Netzzugangsverordnung) v. 23.10.1996, BGBl. I, 1568. 5 Telekommunikations-Entgeltverordnung v. 1.10.1996, BGBl. I, 1492. 6 Telekommunikations-Universaldienstleistungsverordnung v. 30.1.1997, BGBl. I, 141. 7 Telekommunikations-Datenschutzverordnung v. 18.12.2000, BGBl. I, 1740.
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Zwar ist § 8 NZV entfallen, wonach bei Streitigkeiten im Rahmen von Verhandlungen über besondere Netzzugänge, bei denen ein marktbeherrschender Betreiber beteiligt ist, die Beteiligten „gemeinsam“ die Regulierungsbehörde „zur Schlichtung anrufen“ konnten; diese war dann gehalten, „unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen“ zu entscheiden. Von der Möglichkeit des Art. 20 Abs. 2 RRL, die nicht zuletzt auf Zugangs- bzw. Zusammenschaltungsfragen bezogen ist (Erwägungsgrund 32 Satz 1)1, wurde damit (zunächst) kein Gebrauch gemacht2. Jedoch bleibt im Rahmen des „Kundenschutzes“ ein „außergerichtliches Streitbeilegungsverfahren“ (§ 45 Abs. 3 Nr. 6 TKG; zuvor § 41 Abs. 3 Nr. 8 TKG 1996) bestehen, wie es (bislang) in § 35 TKV 19973 näher ausgestaltet ist und sich nach Parteien und Inhalt von dem nach § 8 NZV erheblich unterscheidet. Beteiligt sind hier Endkunden und Anbieter von Zugängen zu einem öffentlichen Telekommunikationsnetz bzw. Sprachtelefondienstanbieter (§ 35 Abs. 1 TKV)4; Abs. 4 eröffnet das Verfahren auch für Anbieter von Telekommunikationsdiensten im Verhältnis zu einem marktbeherrschenden Anbieter von Übertragungswegen, dessen Kunden jene sind. Das Verfahren beginnt mit der Anrufung des Schlichters (nur) durch den Kunden, der die Verletzung eigener, ihm durch die TKV eingeräumter Rechte rügt. Die Regulierungsbehörde unternimmt einen „Schlichtungsversuch“5 mit dem „Ziel einer gütlichen Einigung“ (§ 35 Abs. 2 S. 1 TKV); gelingt diese nicht, endet das Verfahren mit der den Parteien schriftlich mitzuteilenden Feststellung, dass eine Einigung nicht zustande gekommen sei (§ 35 Abs. 2 Sätze 2, 3 TKV)6. Die Begründung des Verordnungsentwurfs zog überdies aus der Freiwilligkeit des Verfahrens den Schluss, es sei auch dann abzuschließen, wenn eine Partei die Bereitschaft verweigere, hieran überhaupt oder weiter mitzuwirken7. Im Hinblick auf das angestrebte Ergebnis („Befriedigung“, nicht Regelung) handelt es sich nicht um ein Verwaltungsverfahren i. S. v. §§ 9 ff. VwVfG. § 35 TKV beruht aus einer den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG entsprechenden parlamentsgesetzlichen Ermäch-
_______________
1 Vgl. Nihoul/Rodford, EU Electronic Communications Law, 2004, 6.04., 6.07.; Husch/Kemmler/Ohlenburg, MMR 2003, 139 (139 f.); Wissmann/Klümper, K&R 2003, 52 (53 f.). 2 Insoweit ungenau BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 100, zu § 133, wo nur verbindliche Entscheidungen der RegTP/BNetzA vorgesehen sind; s. a. oben, Rz. 44, sowie unten, Rz. 119. 3 Telekommunikations-Kundenschutzverordnung v. 11.12.1997, BGBl. I, 2910. 4 Daran anknüpfend § 1 Abs. 1 der novellierten Verfahrensordnung, in Kraft seit 23.2.2006 (Mitt. Nr. 77/2006), ABl. BNetzA 2006, 700 f. 5 So die Begründung des Verordnungsentwurfs, BR-Drucks. 551/97 v. 24.7.1997, S. 53. 6 § 12 Abs. 4, 5 der novellierten Verfahrensordnung. 7 Vgl. BR-Drucks. 551/97 v. 24.7.1997, S. 53; s. a. BT-Drucks. 15/2220 v. 9.12.2003, S. 115 f.; §§ 13 i. V. m. § 2 Abs. 8 der novellierten Verfahrensordnung.
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tigung und sollte zugleich Vorgaben des EG-Rechts umsetzen1; maßgeblich ist insoweit nunmehr Art. 34 UDRL2. Eine ausführliche Streitschlichtungsregelung enthält auch § 51 TKG im Hinblick auf die in §§ 48 ff. normierten Vorschriften über Rundfunkübertragung (Rz. 65 ff.) 2.2.3 FTEG 57
Ihre Tätigkeit als Zulassungsbehörde (nach Maßgabe der §§ 59 ff. TKG 1996) stellte die RegTP bereits Mitte 1998 ein3, auch im Hinblick auf Personen (im Rahmen des § 63 TKG 1996). Nach Inkrafttreten des Gesetzes über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen (FTEG) obliegt ihr seit Winter 2001 die Ausführung dieser Regelung (z. B. Bereitstellung von Schnittstellen nach § 4 Abs. 1 FTEG) sowie die Überwachung der Einhaltung seiner Bestimmungen (und der Durchführungsverordnungen, wie insbesondere der BEMFV; Rz. 58). Außer den Zuständigkeiten als Verwaltungsbehörde nach dem OWiG (§ 17 Abs. 3 FTEG) sind der RegTP/BNetzA hier einige spezielle Informationsbefugnisse (nach §§ 14 Abs. 2, 15 Abs. 2 FTEG) sowie eine Kompetenz zu Maßnahmen gegenüber Netzbetreibern eingeräumt (§ 15 Abs. 3 FTEG i. V. m. § 11 Abs. 5, 6 FTEG)4; im Übrigen stehen ihr nach § 15 Abs. 1 FTEG die Kontroll-Befugnisse aus §§ 8, 9 EMVG (Rz. 61) entsprechend zu (und erhebt sie für ihre Betätigung Kosten nach § 16 FTEG).
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EG-rechtlich nicht veranlasst, aber durchaus im Einklang mit gemeinschaftsrechtlichen Konzepten5 ermächtigt § 12 FTEG die Bundesregierung zu näheren (Verordnungs-)Regelungen „zur Gewährleistung des Schutzes von Personen in den durch den Betrieb von Funkanlagen und Radaranlagen entstehenden elektromagnetischen Feldern“. Hierauf gestützt erging die Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder (BEMFV)6, durch die der RegTP/BNetzA nicht nur die Befugnis zur Erteilung (§ 5 i. V. m. §§ 3 f. BEMFV) und Aufhebung („Widerruf“, § 7 Abs. 1 BEMFV) von Standortbescheinigungen als Voraussetzung für den Betrieb „ortsfester Funkanlagen“ (§ 2 Nr. 1 BEMFV i. V. m. § 2 Nr. 3 FTEG), sondern überdies allgemeine Überprüfungs- und Anordnungskompetenzen (§§ 13, 14 BEMFV) – auch betr. „Amateurfunkanlagen“, § 2 Nr. 2 BEMFV i. V. m. § 2 Nr. 3 AFuG (Rz. 59) – zugewiesen wurden7. _______________
1 2 3 4 5 6
Anders wohl Schütz/Attendorn, MMR Beil. 4/2002, 1 (43). Husch/Kemmler/Ohlenburg, MMR 2003, 139 (145). Vgl. Vfg 65/1998, ABl. RegTP 1560. Vgl. Herbst, R&TTE-Richtlinie und FTEG 2005, 153 ff. Vgl. Herbst, R&TTE-Richtlinie und FTEG 2005, 54. Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder v. 20.8.2002, BGBl. I, 3366. 7 Vgl. Herbst, R&TTE-Richtlinie und FTEG 2005, 150 ff.; zur fraglichen Verfassungsmäßigkeit s. ebd., 162 ff.
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Aufgaben der Regulierungsbehörde
2.2.4 AFuG 1997 Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 des 1997 in Anpassung an den Erlass des TKG 1996 neu gefassten Gesetzes über den Amateurfunk1 nimmt die Regulierungsbehörde auch die sich aus diesem und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen2 ergebenden Aufgaben wahr. Hierzu gehört vor allem die Zulassung natürlicher Personen zur Teilnahme am „Amateurfunkdienst“ (§ 2 Nr. 2), wenn diese die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AFuG erfüllen3, die Zuteilung eines bzw. weiterer Rufzeichen (§ 3 Abs. 2)4, deren (nach § 3 Abs. 4 Satz 1 nur aus wichtigen Gründen zulässige) Änderung sowie der Widerruf der Zulassung auch bei fortgesetztem Fehlverhalten eines „Funkamateurs“ (§ 3 Abs. 4 Satz 2 i. V. m. § 2 Nr. 1 AFuG). Der Regulierungsbehörde obliegt ferner (nach § 7 Abs. 3 Satz 2 AFuG) auf Antrag eine Standortbescheinigung im Hinblick auf „Amateurfunkstellen“ (§ 2 Nr. 3). § 7 Abs. 3 Satz 3 AFuG nimmt dabei Bezug auf § 12 FTEG und damit auch auf die Regeln (§§ 8 f. BEMFV i. V. m. § 2 Nr. 2 AFuG) der hierauf gestützten BEMFV (Rz. 58). Allgemein ist die RegTP/BNetzA damit betraut, die Einhaltung der Rechtsvorschriften über den Amateurfunk zu überwachen (§ 10 Abs. 1 Satz 2 AFuG); auch die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten ist ihr zugewiesen (§ 9 AFuG).
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2.3 Weitere Aufgaben mit Bezug zum Telekommunikationssektor 2.3.1 PTNeuOG Das Post- und Telekommunikationssicherstellungsgesetz (PTSG; Art. 10 PTNeuOG, Rz. 2) bezweckt, eine ausreichende Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen in Katastrophen-, Not- und Krisenfällen zu gewährleisten (s. § 1 PTSG). Das Gesetz bildet einen Rahmen für in Gestalt von Rechtsverordnungen zu treffende Verpflichtungen (§§ 3 f., 9 f. PTSG) sowohl gegenüber der Deutschen Telekom AG als auch gegenüber anderen Anbietern von Telekommunikationsdienst(leistung)en (§ 2 Nr. 1, 3 PTSG). Vollzugsaufgaben waren hier zunächst nicht dem BMPT (oder der Regulierungsbehörde), sondern speziell dem hernach in diese eingeordneten (Rz. 28) Bundesamt für Post und Telekommunikation übertragen (§§ 9 Abs. 3 Satz 2, _______________
1 Amateurfunkgesetz (AFuG 1997) v. 23.6.1997, BGBl. I, 1494. 2 Auf der Grundlage von § 6 AFuG 1997 können der Entwurfsbegründung zufolge „in Anlehnung an das TKG … Eingriffsrechte der Regulierungsbehörde“ ausgestaltet werden (BR-Drucks. 704/96 v. 27.9.1996, S. 13); vgl. insbes. § 17 der Verordnung zum Gesetz über den Amateurfunk (Amateurfunkverordnung – AFuV) v. 15.2.2005, BGBl. I, 442. 3 Zur Erteilung eines Amateurfunkzeugnisses und den Voraussetzungen hierfür s. §§ 2 ff. AFuV.; ferner Vfg Nr. 9–11/2005 und Mitt. Nr. 87, 88/2005, ABl. RegTP 2005, 535 ff. bzw. 692 ff. 4 Vgl. näher §§ 10 f., 13 f. AFuV; ferner Vfg Nr. 12, 13/2005 und Mitt. Nr. 89, 90/2005, ABl. RegTP 2005, 570 ff. bzw. 694 f.; Vfg. Nr. 34/2005, ABl. RegTP 2005, 793; Mitt. Nr. 151/2005, ABl. RegTP 2005, 1018 ff.
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15 PTSG)1. Eine förmliche Klarstellung der Zuständigkeiten erfolgte insoweit erst 2002 durch Art. 13 des Bereinigungsgesetzes2. Die auf das PTSG gestützte Post- und Telekommunikations-Zivilschutzverordnung3 bekräftigte die Kompetenz der Behörde (§ 3 Abs. 1 PTSG) und konkretisierte deren Befugnisse (§ 3 Abs. 2, 4 PTZSV). Insbesondere finden sich in der PTZSV diverse Ermächtigungen an die Behörde, Empfehlungen zu geben oder auch Anordnungen auszusprechen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 PTZSV) bzw. Genehmigungen zu erteilen (§ 6 Abs. 3, § 14 PTSG). Dasselbe gilt für Bevorrechtigungen nach Maßgabe von § 6 TKSiV4. 2.3.2 EMVG 61
„Elektromagnetische Verträglichkeit“ wurde bereits im TKG 1996 als eine „grundlegende Anforderung“ an „Endeinrichtungen“ (§ 3 Nr. 3) genannt, soweit sie für diese spezifisch sind (§ 59 Abs. 2 Nr. 3). § 7 AFuG 1997 (Rz. 59) modifiziert Schutzanforderungen des Gesetzes über die elektromagnetische Verträglichkeit von Geräten (EMVG)5 im Hinblick auf den Betrieb einer Amateurfunkstelle; § 6 Satz 1 Nr. 4 AFuG enthält andererseits eine Verordnungsermächtigung in Bezug auf Verfahren zur Beseitigung elektromagnetischer Unverträglichkeiten6 zwischen einer „Amateurfunkstelle“ und anderen „Geräten“ i. S. v. § 2 Nr. 3 EMVG, in dieser festgelegte Anforderungen (§ 16 AFuV) sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AFuG auch von „Funkamateuren“ zu beachten7. Andererseits gelten § 3 Abs. 2, 3 und §§ 4, 5 EMVG nicht für selbst hergestellte, nicht im Handel erhältliche „Funkgeräte“ (s. § 2 Nr. 3 FTEG), die von „Funkamateuren“ verwendet werden (§ 6 Abs. 10); für „Sendefunkgeräte“ (§ 2 Nr. 14), die ausschließlich für solche Personen hergestellt und bestimmt sind, bedarf es keiner EG-Baumusterbescheinigung (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. Abs. 1 und § 2 Nr. 11), müssen jedoch die (Konformitäts- und Dokumentations-)Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 oder 2 EMVG erfüllt werden.
_______________
1 Hierzu Helf, CR 1997, 331 (334 f.). 2 V. 7.5.2002, BGBl. I, 1529. 3 Verordnung zur Sicherstellung der Post- und Telekommunikationsversorgung durch Schutzvorkehrungen und Maßnahmen des Zivilschutzes (PTZSV) v. 23.10.1996, BGBl. I, 1539; vgl. Helf, CR 1997, 331 (335). 4 Verordnung zur Sicherstellung von Telekommunikationsdienstleistungen sowie zur Einräumung von Vorrechten bei deren Inanspruchnahme (Telekommunikations-Sicherstellungs-Verordnung – TKSiV) v. 26.11.1997, BGBl. I, 2751. 5 Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit i. d. F. v. 18.9.1998, BGBl. I, 2882. Eine Anpassung an die Richtlinie 2004/108/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 15.12.2004, ABl. EU Nr. L 390 v. 31.12.2004, 24, steht noch aus; s. nunmehr den Gesetzesentwurf (BT-Drucks. 16/3658 v. 30.11.2006). 6 Zur Definition der „EMV“ s. § 2 Nr. 9 EMVG. 7 Vgl. BT-Drucks. 13/6439 v. 5.12.1996, S. 12, 13, sowie BT-Drucks. 13/7448 v. 17.4.1997, S. 10.
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Das EMVG gilt – mit Ausnahme des militärischen Bereichs (§ 1 Abs. 3 EMVG) – für alle „Sendefunk“- und andere elektrischen/elektronischen „Geräte“, die „elektromagnetische Störungen“ (§ 2 Nr. 8) verursachen können oder deren Betrieb durch diese Störungen beeinträchtigt wird (§ 1 Abs. 1). Angesichts der Ziele und Aufgaben der RegTP/BNetzA im Hinblick auf Funkfrequenzen (§ 2 Abs. 2 Nr. 7 TKG 2004) ist es nur folgerichtig, wenn auch die Ausführung des EMVG ihr obliegt, „soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist“ (§ 7 Abs. 1 EMVG). Hierbei hat diese Behörde insbesondere in Verkehr zu bringende oder gebrachte Geräte daraufhin zu prüfen, ob sie die Anforderungen aus §§ 4–6 sowie die Schutzanforderungen aus § 3 Abs. 1 i. V. m. Anlage I einhalten (§ 6 Abs. 2 Nr. 1), und bei Verstößen nach Maßgabe des § 8 einzuschreiten; insoweit normiert § 9 EMVG Auskunftsund Beteiligungspflichten verantwortlicher Personen sowie behördliche Informationsbefugnisse. Zudem ist die RegTP/BNetzA für die Erhebung von Kosten (§ 10) und eines spezifischen EMV-Beitrags (§ 11)1 sowie zur Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten zuständig (§ 12 Abs. 4 EMVG)2. Der inhaltliche Bezug speziell zu „Telekommunikationsendeinrichtungen“ (§ 2 Nr. 2 EMVG) und „Funkanlagen“ (§ 2 Nr. 3 EMVG) wird durch § 3 Abs. 1 Nr. 2 FTEG bewerkstelligt, wenn dort für beide Arten von „Geräten“ (§ 2 Nr. 1) die in § 3 Abs. 1 EMVG in Bezug auf elektromagnetische Verträglichkeit enthaltenen Schutzanforderungen als „grundlegende Anforderungen“ und damit als Voraussetzung für Inverkehrbringen (§ 10 FTEG) wie Inbetriebnahme (§ 11 FTEG)3 festgelegt werden. Hieraus erklärt und rechtfertigt sich auch die Ausweitung der Eingriffsbefugnisse der RegTP/BNetzA aus dem EMVG in den Bereich des FTEG (§ 15 Abs. 1 FTEG; Rz. 57). 2.3.3 Telemediendienste Das Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (IuKDG)4 befasste sich in Art. 1 – dem Gesetz über die Nutzung von Telediensten (TDG) – speziell mit elektronischen Informations- und Kommunikationsdiensten, „die für eine individuelle Nutzung von kombinierbaren Daten wie Zeichen, Bildern oder Töne bestimmt sind und denen eine Übermittlung mittels Telekommunikation zugrunde liegt“ (§ 2 Abs. 1 TDG). Das Gesetz galt jedoch nicht für Telekommunikationsdienst(leistung)e(n) und das geschäftsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdiensten nach § 3 TKG 1996/2004 (§ 2 Abs. 4 Nr. 1 TDG)5. Ohnehin _______________
1 Dazu auch unten, Rz. 141. 2 Ihre Zuständigkeit nach § 7 Abs. 3 EMVG stellte die RegTP/BNetzA zum 1.6.2005 ein; vgl. Mitt. Nr. 110/2005, ABl. RegTP 2005, 800. 3 Vgl. Herbst, R&TTE-Richtlinie und FTEG, 2005, 84 ff. 4 Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz (IuKDG) v. 22.7.1997, BGBl. I, 1870. 5 Vgl. eingehender Koenig/Neumann, K&R Beil. 3/2004, 1 (24 ff.).
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waren und sind die in § 2 Abs. 2 nicht abschließend aufgezählten Teledienste „im Rahmen der Gesetze zulassungs- und anmeldefrei“ (§ 5 TDG)1; staatliche Kontrolle kann also personenbezogen nur nach Maßgabe des § 35 GewO – und jedenfalls nicht durch die RegTP/BNetzA – erfolgen. Insoweit sind bei der Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie2 durch das Gesetz über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr3 keine Änderungen eingetreten. 63
Ebenso unberührt bleiben die Bestimmungen des „alten“ wie des neuen TKG von den Vorschriften des Mediendienste-Staatsvertrags (MedStV)4. Für die Aufsicht über die Regelungen zu (nach § 4 MedStV) ebenfalls zulassungs- und anmeldefreien „Mediendiensten“ (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 MedStV) ist daher – von spezifischen Kompetenzen den Datenschutz betreffend (§ 22 Abs. 1 Satz 1 MedStV) abgesehen – allein eine durch das jeweilige Bundesland bestimmte Aufsichtsbehörde zuständig (§ 22 Abs. 1 Satz 2 MedStV). Die Abgrenzung gegenüber Telekommunikation wie gegenüber „Rundfunk“5 ist bei beiden Diensten im Einzelfall nicht immer einfach, aber notwendig, da die Aufgaben und Befugnisse der RegTP/BNetzA auch aus kompetenzrechtlichen Gründen6 nur jene Bereiche erfassen (können).
64
Angesichts der wenig geglückten Unterscheidung der (Inhalts-)Dienste wurde im Frühjahr 2005 ein erster Entwurf eines beide Bereiche in einem einzigen (Bundes-)Gesetz zusammenfassenden Regelung zu „Telemedien“ (§ 1 Abs. 1 S. 1 TMG)7 publik8; im Herbst 2006 brachte die Bundesregierung sodann den Entwurf eines Gesetzes „zur Vereinheitlichung von Vorschriften über bestimmte elektronische Informations- und Kommunikationsdienste“(EIGVG)9 ein. Im Hinblick auf die (Un-)Zuständigkeit der Regulierungsbehörde für diese Materie10 wird insoweit wohl alles beim Alten bleiben. _______________
1 Zu § 4 TDG 1996 vgl. Bröhl, CR 1997, 73 (75); Müller-Using/Lücke, ArchPT 1997, 101 (106); Gounalakis/Rhode, CR 1998, 487 (488). 2 Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 8.6.2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt, ABl. EG Nr. L 178 v. 17.7.2000, 1. 3 V. 14.12.2001, BGBl. I, 3721. 4 V. 20.1./12.2.1997, zuletzt geändert durch Art. 8 des 8. Rundfunkänderungs-Staatsvertrags v. 8./15.10.2004. 5 Vgl. Lent, Rundfunk-, Medien-, Teledienste, 2001, 75 ff.; A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kap. 3 Rz. 2 ff. 6 Vgl. auch BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 73; Koenig/Neumann, K&R 2003, 217 (218). 7 Telemediengesetz = Art. 1 EIGVG. 8 Arbeitsdokument des BMWA v. 19.4.2005, Art. 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Vereinheitlichung von Vorschriften über bestimmte elektronische Informationsund Kommunikationsdienste. 9 Vgl. BT-Drucks. 16/3078 v. 23.10.2006 und 16/3135 v. 25.10.2006; s. a. Bender/ Kahlen, MMR 2006, 590 ff.; Weiner/Schmelz, K&R 2006, 453 ff.; oben Rz. 44. 10 Vgl. bereits S. Sieber, Neue Medien im Spannungsverhältnis zwischen Europa-, Bundes- und Landesrecht, 2001, S. 172 ff.
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Aufgaben der Regulierungsbehörde
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2.3.4 Rundfunkübertragung Abschn. 4 des Teils 2 des TKG 2004 (§§ 48 ff.) soll einem Anliegen des „Richtlinienpakets“ 2002 (Rz. 10) angemessen Rechnung tragen: Einerseits werden die dort an unterschiedlichen Stellen platzierten Vorschriften zu Hör- und Fernsehfunk1 „in übersichtlicher Weise“ zusammengestellt und, soweit sie noch relevant sind, Vorschriften des FernsehsignalübertragungsGesetzes2 „integriert“3; zum andern wird eine Optimierung der kompetenzrechtlich begründeten Normendualität angestrebt, um Doppelregulierungen zu vermeiden; auch sollen Verfahrensabläufe zwischen Bund und Ländern weiter verbessert und soll neben größerer Kundenorientierung eine effektive Missbrauchsbehandlung erreicht werden. „Dem soll auch eine Konzentration der Behandlung von Fragestellungen, die in den Grenzbereich zwischen Bundes- und Landesrecht fallen, bei der RegTP dienen (ein Ansprechpartner für die Unternehmen)“4.
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Die Behörde/Agentur ist im Rahmen ihrer (telekommunikationsrechtlichen) Kompetenzen befugt, auf Anrufung eines Beteiligten Streitigkeiten über die Einhaltung der Bestimmungen des § 49 Abs. 1, 2 TKG über die Interoperabilität der Übertragung digitaler Fernsehsignale verbindlich zu entscheiden (§ 49 Abs. 3 Satz 1 TKG); dabei ist allerdings ggf. auch eine inhaltlich eigenständige, aber prozessual mit jener zusammengefasste medienrechtliche Entscheidung einer Landesbehörde erforderlich (§ 49 Abs. 3 Sätze 2–4 TKG) und insofern eine „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ beider Stelle „insbesondere bezüglich des Informationsaustauschs“5 geboten, wie dies hernach in § 123 Abs. 2 TKG auch eigens normiert ist. Hierzu haben BNetzA und Landesmedienanstalten Eckpunkte vereinbart und Verfahrensbeschreibungen (auch zu § 50 TKG; Rz. 67) veröffentlicht6. Anordnungen der Behörde/Agentur müssen von den Beteiligten in der Regel „unverzüglich“ (§ 121 BGB) befolgt werden; zu ihrer Durchsetzung ist ein Zwangsgeld bis zu 50.000 Euro zulässig (§ 49 Abs. 4 TKG; Rz. 113).
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Anbieter wie Verwender von „Zugangsberechtigungssystemen“ (§ 3 Nr. 33 TKG) müssen unabhängig von ihrer (beträchtlichen) Marktmacht gem. § 50 Abs. 3 Nr. 4 TKG vor Aufnahme oder Änderung ihres Angebots die Angaben zu Nr. 1–3 sowie die einzelnen angebotenen Dienstleistungen für Endnutzer und die dafür geforderten Entgelte der RegTP/BNetzA anzeigen. Diese informiert hierüber die zuständige Behörde nach Landesrecht; dies er-
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_______________
1 Insoweit über die EG-Regelungen hinausgehend, die sich bisher nur auf die letztgenannte Tätigkeit bezieht; vgl. A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kap. 7 Rz. 51. 2 Gesetz über die Anwendung von Normen für die Übertragung von Fernsehsignalen v. 14.11.1997, BGBl. I, 2710. 3 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.1994, S. 73. 4 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 73; s. a. Gounalakis, K&R 2003, 49 ff. 5 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 75. 6 Mitt. Nr. 7/2006, ABl. BNetzA 2006, 32 f.
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Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
folgt auch umgekehrt (nach § 53 RStV1). Ziel der hieran anschließenden Regelung (in § 50 Abs. 4 Sätze 2, 3 TKG) ist die „harmonisierte Behandlung von Fragen im eng zu fassenden Grenzbereich zwischen TK- und Medienrecht, unter Wahrung der kompetenzrechtlichen Zuständigkeiten und der Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Bund-/Länder-Regulierungsniveaus“; bei Verstoß gegen § 50 Abs. 3 TKG ist zunächst ein Änderungsverlangen vorgesehen, wenn dem nicht Folge geleistet wird, eine Untersagung des Angebots. Dass jede Behörde auch „von sich aus tätig werden“ dürfe, wenn ihr „begründete Verdachtsmomente“ vorliegen2, lässt sich aus § 50 Abs. 4 TKG schwerlich herleiten, allenfalls auf § 128 und § 126 TKG gestützt werden. § 50 Abs. 5 ermöglicht der RegTP/BNetzA (in Umsetzung von Art. 6 Abs. 3 ZRL) eine Überprüfung, Änderung oder auch Aufhebung von (in Abs. 1–3 normierten) Bedingungen im Hinblick auf Anbieter/Verwender ohne beträchtliche Marktmacht, aber nur auf Grund der Ergebnisse eines Marktanalyseverfahrens (§§ 11 ff. TKG) 68
Für Streitigkeiten zwischen den durch §§ 48–50 TKG berechtigten oder verpflichteten Personen/Unternehmen3 sieht § 51 Abs. 1 TKG die gemeinsame Anrufung einer bei der RegTP/BNetzA errichteten, dreiköpfigen „Schlichtungsstelle“ vor, die in einem „zeitlich überschaubaren Rahmen“ von zwei Monaten ab Einschaltung ihren (unverbindlichen) Spruch trifft. Die (zu veröffentlichende) Verfahrensordnung muss regeln, in welcher Weise die „zuständige Stelle nach Landesrecht“ zu beteiligen ist; für die Bewertung des medienrechtlichen Aspekts ist allein diese maßgeblich (§ 51 Abs. 3 Satz 2 TKG). Im Hinblick auf „mehr Kundenfreundlichkeit“ kann gleichwohl – wie bei § 49 Abs. 3 (Rz. 66) – ein „one stop shopping“-Konzept4 eingeführt werden, d. h. die beiden Entscheidungen müssen nicht getrennt und nacheinander, sondern können auch in einem zusammengefassten Verfahren erfolgen (§ 51 Abs. 3 Satz 3 TKG).
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Von dieser Möglichkeit hat die ab Januar 2006 geltende Verfahrensordnung5 Gebrauch gemacht: Nach § 2 Abs. 3 dieser Ordnung führt die bei der BNetzA gebildete Schlichtungsstelle (§ 2 Abs. 1, § 3) das Verfahren „unter Beteiligung der Gemeinsamen Stelle Digitaler Zugang als zusammengefasstes Verfahren durch“; diese wird von der Direktorenkonferenz der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten eingerichtet und nimmt die Aufgaben der „zuständigen Stelle nach Landesrecht“ wahr (§ 2 Abs. 2). Die Verfahrensordnung befasst sich mit der Anrufung der Schlichtungsstelle _______________
1 V. 31.8.1991, i. d. F. des 8. Änderungs-Staatsvertrags; vgl. A. Hesse, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, Kap. 6 Rz. 29 ff. 2 So BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 75. 3 Um diese zu vermeiden, nimmt die BNetzA eine Befugnis zu (Ausnahme-)Entscheidungen in Anspruch; s. zur Auslegung von § 48 Abs. 3 Nr. 1 TKG Mitt. Nr. 18/2006, ABl. 2006, 84; Mitt. Nr. 251/2006, ABl. BNetzA 2006, 1813. 4 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 76. 5 Mitt. Nr. 6/2006, ABl. BNetzA 2006, 31 f.
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Aufgaben der Regulierungsbehörde
Rz. 69 C
(§§ 4–6) und dem Verfahrensablauf bis zu deren Entscheidung (§§ 7–9). Ergänzend sind nach § 11 Vorschriften der ZPO anzuwenden. 2.3.5 Signaturrecht Das 1997 erlassene Gesetz zur „digitalen“ Signatur (Art. 3 des IuKDG, Rz. 62) wies in § 3 der RegTP vor allem die Aufgaben der Erteilung von Genehmigungen für „Zertifizierungsstellen“ (§ 4 Abs. 1–4 i. V. m. § 2 Abs. 2 SigG), für die Ausstellung von „Zertifikaten“ (§ 2 Abs. 3 SigG), die zum Signieren eingesetzt werden (§ 4 Abs. 5 SigG), für die Vornahme bzw. Anordnung von deren Sperrung (§ 8 Abs. 3; § 13 Abs. 5 Satz 2 SigG) und der Überwachung, ob die Vorschriften des SigG und der Rechtsverordnung nach § 16 SigG1 eingehalten werden, zu. In dem zwecks Anpassung an die Richtlinie 1999/93/EG2 im Jahr 2001 neu gefassten Signaturgesetz3 wurde zwar das Genehmigungserfordernis gestrichen. Der RegTP/BNetzA als der nach wie vor „zuständigen Behörde“ (§ 3 SigG) sind nach der neuen Rechtslage aber weiterhin vielfältige Kompetenzen zugewiesen4: Entgegennahme von Anzeigen, Mitteilungen, Dokumentationen und Deckungsnachweisen (gem. § 4 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 und Abs. 4 Satz 2, § 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3, § 25 Abs. 1 SigG; § 1 Abs. 1, 2, § 10 Abs. 1, § 18 Abs. 1 Satz 1 SigV5); Erteilen von Auskünften (gem. § 13 Abs. 2 Satz 3 SigG); Vorhalten von Informationen über akkreditierte und bei ihr angezeigte „Zertifizierungsdiensteanbieter“ (§ 2 Nr. 8 SigG) und „qualifizierte Zertifikate“ (§ 2 Nr. 7 SigG) gem. § 16 Abs. 2 und § 19 Abs. 6 SigG, § 18 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 4 SigV; „freiwillige Akkreditierung“ (§ 2 Nr. 15 SigG) solcher Anbieter (nach § 15 SigG, § 11 SigV); Ausstellen (und Sperren) von „Wurzel“-Zertifikaten für akkreditierte Anbieter (nach § 16 Abs. 1 SigG)6; Ausstellen von elektronischen Bescheinigungen für die automatische Authentifizierung von „Produkten für qualifizierte elektronische Signaturen“ (§ 2 Nr. 13 SigG) gem. § 16 Abs. 3 SigG; Anerkennung von Prüf- (§ 15 Abs. 2 SigG) sowie von Prüfund Bestätigungsstellen (§ 17 Abs. 4, § 15 Abs. 7 SigG) gem. § 18 Abs. 1 SigG, § 16 SigV; Feststellung der gleichwertigen Sicherheit von „ausländischen elektronischen Signaturen“ (§ 23 Abs. 1 SigG) und von „Produkten“ für diese (§ 23 Abs. 3 Satz 1 SigG) nach § 18 Abs. 2, 3 SigV; Aufsicht über die Einhaltung der Anforderungen des SigG und der SigV (§ 19 Abs. 1 SigG); _______________
1 Verordnung zur digitalen Signatur (Signaturverordnung – SigV) v. 22.10.1997, BGBl. I, 2498; zu Aktivitäten s. BT-Drucks. 14/7901 v. 5.12.2001, S. 148 f. 2 Des Europäischen Parlaments und des Rates v. 13.12.1999 über gemeinschaftliche Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen, ABl. EG Nr. L 13 v. 19.1.2000, 12. 3 Gesetz über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen v. 16.5.2001, BGBl. I, 876. 4 Vgl. BT-Drucks. 15/2220 v. 9.12.2003, S. 102 ff. 5 Verordnung zur elektronischen Signatur v. 16.11.2001, BGBl. I, 3074. 6 Vgl. RegTP-Jahresbericht 2004, S. 97 ff.
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Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
schließlich Erhebung von Kosten und Beiträgen gem. § 22 SigG, §§ 12, 13 SigV (Rz. 139 ff.). 2.4 Weitere Aufgaben 70
Die Regulierungsbehörde hat schon ihrer (ursprünglichen) Bezeichnung zufolge Aufgaben auch im Bereich des Postwesens. Das Postgesetz1 ordnet diesbezüglich in § 44 (Satz 2) die entsprechende Geltung zahlreicher Bestimmungen des TKG (1996) an und stellt zuvor klar (Satz 1), die Regulierungsbehörde im Sinne des PostG sei die auf der Grundlage des TKG errichtete Behörde. Ihre Zuständigkeit erstreckt sich auch hier auf die Verfolgung und Ahndung von – in § 48 Abs. 1 PostG aufgelisteten – Ordnungswidrigkeiten (§ 49 PostG). Eine (redaktionelle) Anpassung des PostG an das TKG 2004 steht noch aus.
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Die Novellierung des Energiewirtschaftsrechts im Sommer 2005 (Rz. 24) überträgt der (bisherigen) RegTP (durch das neue Energiewirtschaftsgesetz [EnWG]2) in Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben3 nicht nur neue Aufgaben (und trifft insoweit in den Teilen 7 und 8 [§§ 54 ff., 65 ff. EnWG) auch eigene Organisations- und Verfahrensregeln). Art. 2 des (BNetzA-)Gesetzes beinhaltet vielmehr auch – wie bereits aus seinem Titel verlautet – eine Umbenennung (s. § 1 Satz 1). § 2 enthält die neue Umschreibung des Tätigkeitsspektrums der Behörde „auf den Gebieten des Rechts der leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas, einschließlich des Rechts der erneuerbaren Energien im Strombereich, des Telekommunikationsrechts, des Postrechts sowie des Rechtes auf Zugang zur Eisenbahninfrastruktur nach Maßgabe des Bundeseisenbahnverkehrsverwaltungsgesetzes“ (Abs. 1)4; in diesem Rahmen nimmt sie gem. Abs. 2 die „Verwaltungsaufgaben des Bundes wahr, die ihr durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes zugewiesen sind“. 2.5 Bereichsausnahme für den Verteidigungssektor
72
Gemäß § 2 Abs. 4 TKG bleiben (wie bisher) „die hoheitlichen Rechte des Bundesministers für Verteidigung“ von den Regelungen dieses Gesetzes „unberührt“. Die Regelung knüpft an früheres Recht (§ 1 Abs. 6 FAG) an. Bereits die Bestimmung im TKG 1996 stellte nicht nur klar, „dass der Bun_______________
1 V. 22.12.1997, BGBl. I, 3294; dazu Gramlich, NJW 1998, 866 ff. 2 Art. 1 des Gesetzes v. 7.7.2005 (Rz. 14). 3 Insbesondere die beiden „Beschleunigungsrichtlinien“ 2003/54/EG und 2003/55/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 26.6.2003, ABl. EU Nr. L 176 v. 15.7.2003, 37 bzw. 57. 4 Dies bezieht sich auf die „Rechtsbereiche insgesamt“; die konkreten Aufgaben und Befugnisse und deren Zuweisung an die RegTP/BNetzA bleiben den „fachspezifischen Regelungen“ vorbehalten (BT-Drucks. 15/3917 v. 14.10.2004, S. 76).
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desminister für Verteidigung, wenn er Telekommunikation betreibt – also Fernmelde- und Funkanlagen mit den dazugehörigen Übertragungswegen und Abschlusseinrichtungen errichtet und betreibt und die entsprechenden Frequenzen nutzt“ –, keine Lizenz benötigt, „soweit dies für die Verteidigung des Bundesgebietes und für die Durchführung des Verfassungsauftrages der Bundeswehr erforderlich ist“1, sondern enthielt allgemeine Grenzen für Aufgaben und Befugnisse der Regulierungsbehörde. Damit war – und ist auch nach der heutigen Rechtslage – allerdings nicht (notwendig) eine Befreiung von (allen oder doch einzelnen) inhaltlichen Vorgaben des Telekommunikationsrechts verbunden. Auch den Mitgliedstaat insgesamt bindende EG-Richtlinien klammern diesen Bereich aus, so explizit in Art. 1 Abs. 3 der TK-Datenschutzrichtlinie (Rz. 45)2, aber auch darüber hinaus, wie Erwägungsgrund 7 der Rahmenrichtlinie verdeutlicht3.
3. Instrumente der Regulierung 3.1 „Allgemeine“ Aufsicht Im bisherigen Recht umfasste der Abschnitt über „Aufgaben und Befugnisse“ lediglich zwei Vorschriften: § 71 Satz 1 TKG 1996 wies der Behörde pauschal „Aufsichts“-Funktionen zu. Die im Normtext als „Überwachung“ bezeichnete Aufgabenstellung4 erstreckte sich auf alle Anbieter und Nachfrager in diesem Wirtschaftszweig und darauf, ob sich diese Personen rechtund gesetzmäßig verhalten. Den Aufsichts-Maßstab bildete das gesamte Telekommunikationsrecht i. e. S., also nicht nur die unmittelbar aus dem TKG resultierenden Pflichten, sondern auch die hierauf oder auf eine Durchführungsverordnung (Rz. 55) gestützten Vollzugsakte Bei solchen „Auflagen, Anordnungen und Verfügungen“ handelte es sich um Ge- oder Verbote, entweder Verwaltungsakte nach § 35 VwVfG oder (selbständig durchsetzbare) Auflagen hierzu (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG). Bei Zuwiderhandlungen normierte § 71 (Satz 2) TKG 1996 lediglich eine einzige Möglichkeit behördlichen Einschreitens, nämlich die Untersagungsbefugnis bei einem Tätigwerden ohne Lizenz. Der letzte Halbsatz kennzeichnete diese Handlungsweise freilich als ultima ratio, und die Entwurfsbegründung präzisierte „andere Weise(n)“ des Vorgehens, indem dort für „wünschenswert und wirkungsvoller“ erachtet wurde, durch Maßnahmen „wie Mahnungen, Zwangs- oder Bußgelder rechtmäßige Zustände herzustellen“5. § 71 Satz 2 _______________
1 So BT-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 37. 2 Vgl. Gramlich in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 91 Rz. 20. 3 Vgl. Nihoul/Rodford, EU Electronic Communications Law, 2004, 1.157. 4 Zu den Begriffen Gramlich, VerwArch 1997, 598 (599 f.). 5 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 51; vgl. auch Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 71 Rz. 18 ff.
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Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
TKG 1996 betraf im Übrigen lediglich einen „Spezialfall“1 rechtswidrigen Verhaltens, der inhaltlich der allgemeinen Bestimmung des § 15 Abs. 2 GewO entspricht; die Vorschrift fand aber auf nicht lizenzpflichtige Tätigkeiten keine Anwendung, und eine (nach § 43 Abs. 2 VwVfG) „wirksame“ Lizenz musste erst durch „Rücknahme“ oder „Widerruf“ aufgehoben werden, bevor nach § 71 Satz 2 vorgegangen werden durfte. 74
Die (zu eng) mit „Untersagung“ überschriebene Bestimmung des § 126 TKG bleibt ein „Auffangtatbestand“2, ist aber präziser gefasst als die Vorgängerregelung des § 71 TKG 1996 (Rz. 73) und erweitert die „konkreten Eingriffsbefugnisse“3. Indem § 126 TKG es der RegTP/BNetzA ermöglicht, die Verpflichtungen aus bzw. auf Grund des TKG effektiv durchsetzen, wird zugleich der Vorgabe aus Art. 10 Abs. 2, 3 und 5 der Genehmigungsrichtlinie Rechnung getragen. Stellt die Behörde fest, dass ein „Unternehmen“4 gegen Telekommunikationsrecht i. e. S. (Rz. 73) verstoßen hat, muss sie den in § 126 Abs. 1 TKG bezeichneten ersten Schritt gehen, nämlich den „Störer“ zu einer Stellungnahme und zur Abhilfe, d. h. Unterlassung oder Beseitigung des Fehlverhaltens auffordern; Ermessen ist ihr allein im Hinblick auf den Zeitraum eingeräumt, den sie dem Unternehmen für die (Wieder-)Einhaltung von dessen Verpflichtungen belässt. Verstreicht diese (erste) Frist, ergibt sich nach § 126 Abs. 2 TKG ein Entschließungs- und Auswahlermessen, ob, wann und wie weiter hoheitlich vorgegangen werden soll (Satz 1). Auf jeden Fall muss aber eine erneute Fristsetzung erfolgen, die im Hinblick darauf „angemessen“ zu sein hat, dass das Unternehmen die ihm auferlegten Maßnahmen tatsächlich auch durchführen kann. Ein Tätigkeitsverbot (nur) gegenüber Betreibern von Telekommunikationsnetzen oder Anbietern von Telekommunikationsdiensten kann die RegTP/BNetzA nur nach Maßgabe des § 126 Abs. 3 TKG treffen: Voraussetzung hierfür ist entweder die Nichterfüllung einer Anordnung nach Abs. 2 Satz 1 oder ein wiederholter oder auch bereits ein einmaliger, aber schwerer Pflichtenverstoß. Für die Durchsetzung behördlicher Anordnungen nach Abs. 2 sieht Abs. 5 ein Zwangsgeld bis zu 50.000 Euro vor; hingegen kann eine Untersagungsverfügung nach Abs. 3 lediglich nach §§ 6, 11 Abs. 2 VwVG erzwungen werden (Rz. 113). Eine schuldhafte Missachtung unanfechtbarer oder zumindest vollziehbarer Verwaltungsakte nach § 126 Abs. 2 oder Abs. 3 TKG ist (ohne ersichtlichen Grund) weder mit Bußgeld noch gar mit Strafe bewehrt. _______________
1 2 3 4
BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 51. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 100. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 100; Heun, CR 2004, 893 (896). Im Hinblick auf § 6 Abs. 4 (gemeldete „Unternehmen“) werden hierunter auch Einzel-„Unternehmer“ (natürliche Personen) gefasst werden dürfen, zumal der persönliche Anwendungsbereich der Vorschrift schwerlich hinter dem des § 71 TKG 1996 zurückbleiben sollte.
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Rz. 76 C
Art. 10 Abs. 6 GRL lässt „im Vorgriff auf die endgültige Entscheidung einstweilige Sofortmaßnahmen“ zu; hier soll (und muss) das betroffene Unternehmen erst im Nachhinein „angemessen Gelegenheit“ erhalten, „seinen Standpunkt darzulegen und eine Lösung vorzuschlagen“. Dementsprechend gestattet auch § 126 Abs. 4 TKG, vom Verfahren nach Abs. 1–3 abzuweichen bzw. dieses abzukürzen, und verpflichtet die Behörde, über die „vorläufige Maßnahme“ nach Anhörung des Betroffenen endgültig zu entscheiden, d. h. sie zu bestätigen, aufzuheben oder abzuändern. Sofortmaßnahmen sind nur unter zwei (alternativen) Voraussetzungen zulässig: Entweder führt ein Verstoß gegen Telekommunikationsrecht zu „ernsten“1 (bzw. erheblichen) wirtschaftlichen oder betrieblichen Problemen bei anderen Anbietern oder „Nutzern“ von Telekommunikationsnetzen oder -diensten oder – insoweit scheint das nationale Recht nicht exakt der EGVorgabe zu entsprechen2 – die Verletzung von (telekommunikationsrechtlichen) Verpflichtungen stellt eine unmittelbare „und“ erhebliche Gefährdung der „öffentlichen Sicherheit, Ordnung oder Gesundheit“3 dar. Freilich sieht auch § 130 TKG „vorläufige Anordnungen“ (bis zur endgültigen Entscheidung) vor und normiert damit eine Befugnis, die bislang (nach § 78 TKG 1996) nur Beschlusskammern zustand (Rz. 132). Eine Abgrenzung des jeweiligen Anwendungsbereichs wird sich an der Entstehungsgeschichte orientieren müssen, so dass § 130 nur dann eingreift, wenn gerade nicht gegen Fehlverhalten eingeschritten werden soll, also insbesondere bei Entscheidungen über (Genehmigungs-)Anträge.
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Eine auf die Kontrolle bestimmter Vorschriften beschränkte, ansonsten jedoch ebenfalls generalklauselartige Befugnis (in § 115 Abs. 1 Satz 1 TKG) ermächtigt die Regulierungsbehörde (wie zuvor § 91 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996) zu allen „Anordnungen“ sowie zu „anderen Maßnahmen“, die geeignet sind, um die Einhaltung der Vorschriften des Siebten Teils des TKG (§§ 88 ff. TKG), der hierauf gestützten Rechtsverordnungen sowie der jeweils anzuwendenden Technischen Richtlinien (z. B. nach § 112 Abs. 3 Sätze 3–5 TKG) sicherzustellen. „Unbeschadet der einschlägigen Straf- und Ordnungswidrigkeitenvorschriften erhält die Regulierungsbehörde damit die Möglichkeit, auf rechtswidriges Verhalten Beteiligter unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angemessen zu reagieren“4.
76
Zwar ähnelt § 115 Abs. 3 TKG im Aufbau und Inhalt dem § 126 Abs. 3 TKG (früher: § 71 Satz 2 TKG 1996; Rz. 74), die Vorschrift betrifft jedoch nur die Nichterfüllung von Verpflichtungen aus §§ 88 ff. Die Untersagungsverfügung richtet sich hier zudem entweder gegen den Betrieb der betreffenden „Telekommunikationsanlage“ (§ 3 Nr. 23 TKG, wie zuvor § 3 Nr. 17 TKG _______________
1 So der Wortlaut der Richtlinie (engl. „serious“; französisch „grave“). 2 Art. 10 Abs. 6 Satz 1 GRL stellt allein auf einen Verstoß gegen Art. 6 (Abs. 1 oder 2) GRL ab. 3 Im Sinne der einschlägigen primärrechtlichen Vorbehalte (in Art. 46 bzw. 55 EG). 4 So bereits BR-Drucks. 80/96 v. 2.2.1996, S. 56.
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C Rz. 77
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
1996) oder das „geschäftsmäßige“ Erbringen eines Telekommunikationsdienstes (§ 3 Nr. 10 TKG, wie zuvor § 3 Nr. 5 TKG 1996) und eröffnet damit (auch) andere Eingriffsmöglichkeiten als § 126 Abs. 3 TKG. 77
Erweitert gegenüber § 91 Abs. 2 TKG 1996 wurde die Bestimmung zur Durchsetzbarkeit von Verpflichtungen aus dem 7. Teil des Gesetzes (§ 115 Abs. 2 Satz 1 TKG), zudem ist die Obergrenze eines Zwangsgeldes, um die „Bedeutung der durchzusetzenden Vorschriften“ besser zu berücksichtigen1, weiter ausdifferenziert (s. Nr. 3). Ob insoweit allerdings die „Androhung eines angemessenen Zwangsgeldes“ das „mildere“2 Mittel gegenüber einem „Einfrieren des Kundenstammes“ (§ 115 Abs. 2 Satz 2 TKG; Rz. 80) darstellt, ist fraglich, geht es doch in diesem Fall um die Anordnung einer Maßnahme, in jenem bereits um einen Akt der Vollstreckung (vgl. § 13 VwVG). 3.2 Spezielle aufsichtliche Befugnisse
78
Neben der generellen und subsidiären Befugnis des § 126 TKG (Rz. 74) sieht das Telekommunikationsrecht i. w. S.3 zahlreiche besondere Eingriffsermächtigungen für die Regulierungsbehörde vor; belastende Maßnahmen darf sie freilich stets nur auf gesetzlicher Grundlage treffen.
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Eine präventive (Rechtmäßigkeits-)Kontrolle findet allerdings nur noch in wenigen Fällen statt: So ist insbesondere die ein Betreiben von „Übertragungswegen“ (§ 3 Nr. 1 TKG 1996) bzw. das Anbieten von „Sprachtelefondienst“ (§ 3 Nr. 15 TKG) erst gestattende Lizenzerteilung (§§ 6, 8 a. F.) entfallen (Rz. 47). Eine ex ante-Regulierung kann jedoch auch in der Weise erfolgen, dass die Wirksamkeit privatrechtlicher Vorgänge von einer (vorherigen) behördlichen Zustimmung abhängig gemacht und/oder der Vertragsinhalt durch einen privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt modifiziert wird, wie nach § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 4 Sätze 2, 4 TKG4. Nur (noch) nachträglich („repressiv“) eingeschritten werden kann zum einen gegen ein Betreiben von Telekommunikationsnetzen oder Erbringen von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit. Da hier ein (zwar anzeigepflichtiges, aber erlaubnisfreies) „Gewerbe“ betrieben wird, kommt aber eine Untersagung aufgrund des § 35 GewO wegen fehlender Zuverlässigkeit in Betracht. Die Regulierungsbehörde ist für eine derartige Maßnahme jedoch sachlich nicht zuständig, sondern muss lediglich als „besondere staatliche Aufsichtsbehörde“ am Verfahren beteiligt werden (§ 35 Abs. 4 GewO). _______________
1 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 98. 2 So BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 98. 3 Außerhalb des TKG auch in anderen Gesetzen, etwa in §§ 10, 11 AFuG 1997, §§ 9, 13 Abs. 5, 16, 17 AFuV, § 13 Abs. 1 und 3 SigG, §§ 7, 8 EMVG. 4 Vgl. Kleinlein/Enaux, K&R 2003, 275 (277).
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Rz. 81 C
Die Regulierungsbehörde kann auch allein die unternehmerische Betätigung mit unterschiedlicher Intensität „fein steuern“. Zu ihren Instrumenten zählen einmal direkt wirkende Gebote, etwa die Verpflichtung zu einer Universaldienstleistung (§ 81 Abs. 2 TKG; früher § 19 Abs. 2, 3 TKG 1996), die mit der Festsetzung einer Ausgleichsabgabe verknüpfte Zahlungspflicht (§ 83 Abs. 2 TKG wie zuvor § 21 Abs. 2 TKG 1996), eine Rechte der Beteiligten begründende Zugangs-Anordnung (§ 25) oder eine Aufforderung, ihr beabsichtigte Entgeltmaßnahmen zur Kenntnis zu geben (§ 39 Abs. 3 Satz 2 TKG), ferner Vorgaben nach § 29 Abs. 2, 3 TKG. Eine Untersagungsverfügung im Rahmen der nachträglichen Entgeltregulierung (gem. § 38 Abs. 1 Satz 2, 4 Satz 1 TKG oder § 39 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 Satz 2 TKG) zielt hingegen auf eine Verhaltensänderung oder -anpassung gegenüber dem Betroffenen ab, indem der zunächst angestrebte Vertragsinhalt nicht rechtswirksam bleibt oder wird. Bei der „besonderen Missbrauchsaufsicht“ ist die Regulierungsbehörde gegenüber Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht befugt, sowohl ein bestimmtes Verhalten vorzuschreiben oder zu verbieten als auch Verträge ganz oder teilweise für unwirksam zu erklären (§ 42 Abs. 4 Satz 2 TKG wie zuvor § 33 Abs. 2 TKG 1996). Im Hinblick auf Nummern und Frequenzen werden Nutzungsrechte durch begünstigende Verwaltungsakte „zugeteilt“ (§ 66 Abs. 4 bzw. § 55 TKG; früher § 43 Abs. 3 bzw. § 47 TKG 1996) bzw. wird einer Änderung zugestimmt (§ 55 Abs. 7 TKG). Den Charakter einer Erlaubnis hat auch die (Erteilung einer) Nutzungsberechtigung, wenn ein Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes „Verkehrswege“ (§ 68 Abs. 1 S. 2 TKG) für öffentlichen Zwecken dienende „Telekommunikationslinien“ (§ 3 Nr. 20 TKG) benutzen will (§ 69 Abs. 2 TKG)1. Für eine Verlegung neuer oder die Änderung vorhandener Linien ist daneben allerdings noch die Zustimmung des Wegebaulastträgers (§ 68 Abs. 3 TKG) oder einer anderen (unabhängigen) Verwaltungseinheit (§ 68 Abs. 4 TKG) erforderlich (Rz. 50). Der Umfang der Geschäftstätigkeit im Telekommunikationssektor kann schließlich (nur) bei gravierenden Verletzungen spezifischer Berufspflichten durch behördliche Anordnung nach § 115 Abs. 2 Satz 2 TKG (zuvor § 90 Abs. 8 TKG 1996) vorübergehend eingeschränkt („eingefroren“2) werden.
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3.3 Informationsbefugnisse Maßnahmen der Aufsicht gegenüber in einem bestimmten Wirtschaftszweig tätigen Personen sind nur rechtmäßig, wenn sie sich auf umfassende und korrekte Informationen stützen können; dies wiederum bedingt ein Mindestmaß an „Überwachung“, auch vor Ort. Allgemeine Befugnisse sind insoweit in § 127 Abs. 1 – Abs. 8 Satz 1 TKG (entsprechend § 72 Abs. 1–7
_______________
1 Vgl. Heun, CR 2004, 893 (898). 2 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 56.
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C Rz. 82
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
TKG 1996) enthalten1, spezielle Ermächtigungen über das ganze Gesetz2 verstreut. Dabei besteht zwischen den einzelnen „Ermittlungsbefugnissen“3 nicht nur ein sachlicher Zusammenhang, sondern auch eine gewisse Stufenfolge. 3.3.1 Auskunftsverlangen 82
Im Unterschied zu Anzeigen oder Meldungen, die ein Verpflichteter bereits kraft Gesetzes „von sich aus“ tätigen muss (z. B. §§ 6, 38 Abs. 1 Satz 3, 39 Abs. 3 Satz 4, 55 Abs. 6, 69 Abs. 3 Satz 1, 87 Abs. 1 Satz 1, 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Sätze 2, 3 TKG; ferner § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SigG), geht ein Auskunftsverlangen, mit dem eine Mitwirkungspflicht des hiervon Betroffenen korrespondiert (s. § 127 Abs. 4 TKG; entsprechend zuvor § 72 Abs. 3 TKG 1996), von der (Regulierungs-)Behörde aus. Darf ein „Bericht“ (§ 4 TKG; zuvor § 5 TKG 1996), eine „Statistik“ (§ 110 Abs. 8 Satz 1, 2 TKG) oder dürfen „Unterlagen“ gefordert werden (wie in § 33 Abs. 1 TKG), so muss der Adressat des Verlangens schriftlich Stellung nehmen, ansonsten darf eine Auskunft auch formlos und fernmündlich gegeben werden, sofern die Behörde keine besondere Form verlangt. Im Rahmen oder zur Vorbereitung von Verfahren zur Entgeltregulierung kann die Regulierungsbehörde zusätzlich die Übermittlung der in § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 TKG aufgeführten Unterlagen auf Datenträgern anordnen (§ 29 Abs. 1 Satz 2 TKG). Eine Datenfernübertragung in Gestalt eines Abrufs im automatisierten Verfahren („on line“) kommt, wie ein Umkehrschluss aus § 112 Abs. 1, 3 TKG zeigt, nur mit Einverständnis des Auskunftspflichtigen in Betracht4.
83
Voraussetzungen, Gegenstand und Zweck von Auskünften sind für Sonderfälle detaillierter geregelt: Im Rahmen der Entgeltregulierung (ex ante wie ex post) muss ein Unternehmen auf Anordnung der Regulierungsbehörde dieser alle für die Ausübung des Regulierungsrechts für erforderlich erachteten „Angaben“ machen, die ihr – wie die sonstigen „Unterlagen“ – in Original oder Kopie in verkörperter Form (auch auf Datenträgern) zur Verfügung zu stellen sind; ggf. ist die Übereinstimmung mit den betreffenden Schriftstücken zu versichern (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 und Abs. 6 TKG). Zur Durchsetzung einer Anordnung nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG (bzw. Abs. 6) kommt ein Zwangsgeld bis zu 1 Mio. Euro in Betracht (§ 29 Abs. 4 TKG). _______________
1 Die Bestimmung lehnt sich eng an § 46 GWB a. F. („Befugnisse der Kartellbehörden“) an; ebenso Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 72 Rz. 2; Bergmann in: Scheurle/ Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Aufl. 2002, § 72 Rz. 3. Zum Bezug zu Art. 5 Abs. 1 RRL s. Gurlit, K&R Beil. 1/2004, 32 (33). 2 Auch insoweit gelten diverse Sondervorschriften, wie z. B. § 7 TKSiV, § 20 SigG. 3 BT-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 51. 4 Zur finanziellen Abgeltung von Aufwendungen für Auskünfte s. nunmehr die Verordnungsermächtigung in § 110 Abs. 9 (Satz 1 Nr. 2).
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Instrumente der Regulierung
Rz. 84 C
Allgemein (und nachrangig gegenüber speziellen nationalen Berichts- und Informationspflichten) normiert § 127 Abs. 1 Satz 1 TKG eine Auskunftsbeziehung zwischen Regulierungsbehörde und Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze bzw. Anbietern von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit; Unternehmen der einen wie der anderen Art müssen auf Verlangen alle für den Vollzug des TKG erforderlichen Auskünfte geben, allerdings nur im Rahmen der Rechte und Pflichten aus diesem Gesetz; umfasst werden dabei auch die aufgrund des TKG erlassenen Vorschriften. Satz 2 konkretisiert 7 wichtige Beispiele; einige davon (Nr. 3–5) müssen zudem den Voraussetzungen nach Satz 3 genügen, dürfen also nicht (faktisch) den Marktzugang erschweren. Weiterhin ist der Regulierungsbehörde durch § 127 Abs. 2 Nr. 1 TKG in recht allgemeiner Art gestattet, nicht mehr (wie nach § 72 Abs. 1 Nr. 1 TKG 1996) von allen in der Telekommunikation tätigen1 „Unternehmen“ und „Vereinigungen von Unternehmen“2, sondern nur noch von den in § 127 Abs. 1 TKG genannten Organisationen Auskunft über „ihre wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere über Umsatzzahlen“, zu verlangen. Allein durch das Merkmal der „Erforderlichkeit“ grenzt schließlich § 115 Abs. 1 Satz 2 TKG die Befugnis der Regulierungsbehörde ein, Auskünfte zu verlangen zwecks Kontrolle, ob §§ 88 ff. TKG und die dazu gehörenden Rechtsverordnungen und Technischen Richtlinien eingehalten wurden. § 114 Abs. 1 TKG betrifft (anders als früher § 92 Abs. 1 TKG 1996) nicht mehr alle Personen/Unternehmen, die „geschäftsmäßig“ Telekommunikationsdienste erbringen (vgl. § 3 Nr. 5 a. F.), sondern lediglich solche, die Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringen oder hierfür „Übertragungswege“ (§ 3 Nr. 28) betreiben. Grundlage der Auskunftspflicht ist ein „entsprechendes“ Ersuchen des Bundesnachrichtendienstes zur Erfüllung seiner Aufgaben nach §§ 5, 8 G 103 (§ 114 Abs. 2 Satz 1 TKG); sein/ihr Gegenstand dürfen lediglich Angaben über die bestehenden oder beabsichtigten Strukturen von Telekommunikationsdiensten und -netzen _______________
1 Diese nur hier verwendete Formulierung war sprachlich wie inhaltlich wenig präzise, insbesondere im Hinblick auf ein „geschäftsmäßiges Erbringen von Telekommunikationsdiensten“ (§ 3 Nr. 5 TKG 1996). Nicht auskunftspflichtig waren hiernach jedenfalls die privaten Kunden solcher Unternehmen; s. etwa Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 72 TKG Rz. 21, 23. 2 Der Entwurfsbegründung zufolge werde hier an die Terminologie des GWB (§ 1 a. F.) angeknüpft; nicht umfasst seien jedoch „Wirtschafts- und Berufsvereinigungen“ (BT-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 51; ebenso Bergmann in: Scheurle/Mayen [Hrsg.], Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 72 Rz. 11). Diese Einschränkung weicht v. Verständnis des GWB ab (s. Immenga in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl.1992, § 1 Rz. 101). 3 Zur „strategischen Überwachung“ s. BVerfG, Beschl. v. 20.6.1984 – 1 BvR 1494/78, BVerfGE 67, 157 (174 f.); BVerfG, Beschl. v. 5.7.1995 – 1 BvR 2226/94, CR 1995, 750 (751 ff.), mit Anm. Schmittmann; C. Arndt, DöV 1996, 459 ff.
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C Rz. 85
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
sein (§ 114 Abs. 1 Satz 1 TKG)1. Die Befugnis der Regulierungsbehörde zu „Anfragen“, wenn eine diesbezügliche Delegation durch das Ressortministerium vorliegt (§ 92 Abs. 2 Satz 3 TKG 1996), wurde gestrichen, „da die Anfragen oftmals politische Bedeutung haben, die von der RegTP[/BNetzA] nicht im erforderlichen Umfang beurteilt werden können“2. 85
Ein Auskunftsverlangen stellt einen („verfügenden“) Verwaltungsakt dar3, für den Schriftform (§ 37 Abs. 3 VwVfG)4 gilt (§ 127 Abs. 3 Satz 1 TKG). Über die generell notwendige Bestimmtheit hinaus (§ 37 Abs. 1 VwVfG) fordert § 127 Abs. 3 Satz 2 TKG die Angaben der Rechtsgrundlagen, des Gegenstands und des Zwecks5. Schließlich muss festgelegt werden, bis zu welchem Zeitpunkt die Auskunft zu erteilen ist; für die je „angemessene“ Frist (§ 127 Abs. 3 Satz 3 TKG) ist nicht nur das öffentliche Interesse an einer raschen Sachverhaltsermittlung, sondern sind auch die dem Verpflichteten möglichen und zumutbaren Dispositionen über Personen und Gegenstände von Bedeutung6.
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Nur als Mittelsperson fungiert die Regulierungsbehörde, soweit die in § 112 Abs. 2 TKG (früher § 90 Abs. 3 TKG 1996) bezeichneten Justiz- und Sicherheitsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf Inhalte von ständig zu aktualisierenden Kundendateien (§ 112 Abs. 1 Sätze 1, 2 i. V. m. § 111 Abs. 1 Sätze 1–3, Abs. 2 TKG) zugreifen dürfen (§ 112 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 4 TKG). Wenn sie bei geschäftsmäßigen Anbietern von Telekommunikationsdiensten in einem automatisierten Verfahren Daten oder Datensätze abruft, so geschieht dies allein zur Übermittlung an die um Auskunft ersuchende Stelle und auf deren Verantwortung (§ 112 Abs. 4 Sätze 1–3 TKG)7.
_______________
1 Zur Auskunftspflicht von Diensteanbietern gegenüber Sicherheitsbehörden s. Wuermeling/Felixberger, CR 1997, 555 (559 f.); des Näheren Gramlich in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 114 Rz. 6 ff. 2 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 98. 3 Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 72 TKG Rz. 25; zu formlosen Anfragen Bergmann in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 72 Rz. 13, 29. 4 Zur auch hier eröffneten elektronischen Kommunikation s. oben, Rz. 47. 5 Im Hinblick auf den mit § 46 Abs. 1 Nr. 1 GWB a. F. (entspr. § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GWB 2005) identischen Wortlaut („ihre“ Verhältnisse) ist ein Auskunftsverlangen betr. die wirtschaftlichen Verhältnisse Dritter unzulässig (Klaue in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 46 Rz. 26; Weber/ Rommersbach in: Manssen [Hrsg.], Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 72 Rz. 19). 6 Ähnlich Klaue in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 46 Rz. 34 zu § 46 Abs. 6 Satz 2 GWB a. F. (= § 59 Abs. 6 Satz 2 GWB 2005); Bergmann in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 72 Rz. 40. 7 Vgl. Helf, CR 1997, 331 (334); Trute in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 90 TKG Rz. 16, 20; krit. Wuermeling/Felixberger, CR 1997, 555 (560 f.).
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Rz. 88 C
Instrumente der Regulierung
3.3.2 Vorlegungs-, Prüfungs-, Besichtigungs- und Betretungsrechte Der Regulierungsbehörde vorzulegen sind:
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–
Vereinbarungen über Zugangsleistungen, an denen ein marktmächtiger Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes als Anbieter beteiligt ist (§ 22 Abs. 3 Satz 1 TKG);
–
genehmigungsbedürftige Entgelte eines solchen Betreibers für Zugangsleistungen einschließlich aller zur Genehmigungserteilung erforderlichen Unterlagen (§ 31 Abs. 5 i. V. m. § 33 Abs. 1, 2 TKG);
–
zu Beginn eines jeden Geschäftsjahres die Gesamtkosten eines Unternehmens, das Entgeltanträge nach § 31 Abs. 5, 6 TKG gestellt hat, sowie deren Aufteilung auf die Kostenstellen und auf die einzelnen Leistungen (Kostenträger) nach Einzel- und Gemeinkosten (i. S. v. § 33 Abs. 2 Satz 1 TKG), § 33 Abs. 3 TKG;
–
einer ex post-Regulierung unterliegende Entgelte (§ 38 Abs. 1 Satz 1 TKG);
–
Angebote für die Vorleistung gleichzeitig mit geplanten Entgeltmaßnahmen im Endnutzerbereich unter den Voraussetzungen des § 39 Abs. 4 Satz 1 TKG;
–
ein Sicherheitskonzept (und etwaige Änderungen) nach § 109 Abs. 3 TKG;
ferner Aufzeichnungen über Konformitätsbewertungsverfahren gem. § 15 Abs. 2 i. V. m. § 7 FTEG1. In derartigen Fällen ergibt sich jeweils aus dem Wortlaut („Übersendung“ zur Vorbereitung einer Prüfung, § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 a TKG]) bzw. aus dem Kontext, dass die „Unterlagen“ nicht „vor Ort“ in den Geschäftsräumen, sondern bei der Regulierungsbehörde „eingesehen“ und „geprüft“ werden und dieser daher übermittelt werden müssen; nur bei einer Pflicht zur „Übergabe“ (wie nach § 13 Abs. 2 i. V. m. § 10 SigG) verbleiben sie auch dort. Hingegen berechtigt § 127 Abs. 3 Nr. 2 TKG (insoweit anders als § 72 Abs. 1 Nr. 2 TKG 1996) die Regulierungsbehörde nicht mehr ausdrücklich, alle „geschäftlichen Unterlagen“ auch „bei“ den Unternehmen einzusehen2, behält aber eine (Verpflichtung zur) „Vorlage“ bei (§ 127 Abs. 4 TKG wie zuvor § 72 Abs. 3 TKG 1996), so dass auch weiterhin eine „Außenprüfung“ zulässig bleibt. Von der Einsichtnahme (in Unterlagen) unterscheidet sich die Besichtigung, welche jedoch ebenfalls zwecks Prüfung erfolgt. Sie war im TKG 1996 ursprünglich vorgesehen im Hinblick auf „Endeinrichtungen“ (§ 3 Nr. 3 TKG 1996), bei Satellitenfunk- und Satellitenfunk-Empfangsanlagen sowie bei „Funkanlagen“ (§ 3 Nr. 4 TKG 1996) und bei Geräten, die der Nutzaussendung elektromagnetischer Wellen dienen (§§ 59 Abs. 8, 60 Abs. 4, 61 _______________
1 Vgl. Herbst, R&TTE-Richtlinie und FTEG 2005, 131 ff. 2 Ein Grund für diese Abweichung ist aus den Materialien nicht ersichtlich.
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C Rz. 88
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
Satz 2 TKG 1996); das FTEG verweist insoweit in § 15 Abs. 1 allgemein auf § 8 EMVG, der nur generell von Prüfung (Abs. 1) bzw. Betreten (Abs. 8) handelt. Ferner enthält § 115 Abs. 1 Satz 3 TKG (wie zuvor § 91 Abs. 1 Satz 3 TKG 1996) bezogen auf die Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtungen aus dem 7. Teil des TKG ein Besichtigungsrecht in Bezug auf „Geschäftsund Betriebsräume“ der Verpflichteten und für den Zeitraum der „üblichen Betriebs- und Geschäftszeiten“1. Auf denselben Zeitraum beschränkt ist schließlich das (bloße) Betreten von Geschäfts(- und Betriebs)räumen sowie von Geschäftsgrundstücken zu Ermittlungs-, aber nicht auch zu Durchsuchungszwecken (Rz. 90). Dabei verpflichtet § 127 Abs. 4 TKG (wie zuvor § 72 Abs. 3 TKG 1996) den Inhaber oder die Leitung eines Unternehmens zur Duldung des mit dem Zutritt einhergehenden Eingriffs2, während § 115 Abs. 1 Satz 3 TKG die Regulierungsbehörde – d. h. deren Personal – hierzu ermächtigt, was jedoch keinen Unterschied in der Sache ausmacht. Das Grundrecht aus Art. 13 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung) – in § 72 Abs. 4 Satz 2 TKG 1996 noch für den Sonderfall (gem. Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG) zitiert, dass nicht die eigenen Bediensteten, sondern andere von der Regulierungsbehörde mit der Vornahme von Prüfungen betraute Personen3, die nicht notwendig oder auch nur regelmäßig im öffentlichen Dienst stehen müssen, Zugang zu „Räumen“ von Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen erhalten4 – wird nicht mehr angeführt5. _______________
1 Auf verfassungsrechtliche Bedenken des Bundesrates hin (BR-Drucks. 80/96 [Beschluss] v. 22.3.1996, S. 39) stellte die Bundesregierung in ihrer Erwiderung klar, ein Vorgehen gegen Privatpersonen und ein Betreten von Wohnungen sei nicht vorgesehen (BT-Drucks. 13/4438 v. 23.4.1996, S. 38). 2 Vgl. Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 72 Rz. 32, 35; zum parallelen § 46 Abs. 2 GWB a. F. (entspr. § 59 Abs. 2 GWB 2005) Klaue in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 46 Rz. 18. 3 Hierzu (im Hinblick auf § 46 Abs. 3 Satz 1 GWB = § 59 Abs. 3 Satz 1 GWB 2005) Klaue in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl.1992, § 46 Rz. 52. 4 Nach Auffassung der Bundesregierung bietet Art. 13 GG bei Betriebs- und Geschäftsräumen nur einen „reduzierten Schutz. Soweit die dort vorgenommenen Tätigkeiten oder aufbewahrten Unterlagen nach außen wirken und Interessen anderer oder der Allgemeinheit berühren, liegt in der Kontrolle dieser Tätigkeiten und dem damit verbundenen Betreten der Räume keine Beeinträchtigung des Art. 13 GG“ (BT-Drucks. 13/4438 v. 23.4.1996, S. 38). Der zum Beleg angeführte Beschl. des BVerfG v. 13.10.1971 – 1 BvR 280/66, BVerfGE 32, 54 ff., bezieht sich allerdings nur auf „reine“ Geschäftsräume und Betriebsgrundstücke (75) und erachtet insoweit „übliche Betretungs- und Besichtigungsrechte“ nicht mehr als „Eingriffe und Beschränkungen“ i. S. v. Art. 13 Abs. 3 GG, stellt hierfür aber gleichwohl (vier) Voraussetzungen auf. Im Gesamtzusammenhang dürften jedoch § 72 Abs. 3 TKG 1996 wie § 127 Abs. 4, 5 „den (erlaubten) Zweck des Betretens, den Gegenstand und den Umfang der zugelassenen Besichtigung und Prüfung“ (BVerfGE 32, 77) hinreichend deutlich erkennen lassen. 5 Ein Grund für diese Modifizierung ist nicht ersichtlich, zumal § 59 Abs. 3 Satz 2 GWB 2005 weiterhin Art. 13 GG nennt!
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Instrumente der Regulierung
Rz. 90 C
§ 127 Abs. 3 Satz 1 TKG (wie zuvor § 72 Abs. 2 Satz 1 TKG 1996) schreibt auch für die Anordnung einer Prüfung (von geschäftlichen Unterlagen) eine schriftliche Verfügung der Regulierungsbehörde gegenüber dem pflichtigen Personenkreis vor. Das Gebot muss dabei nicht zuletzt das Ausmaß der konkreten Mitwirkungs- und Duldungspflichten näher bestimmen1.
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3.3.3 Durchsuchung und Beschlagnahme Behördliche „Durchsuchungen“2 (beim in § 127 Abs. 1 Satz 1 Abs. 1 TKG bezeichneten Adressatenkreis) dürfen nach Art. 13 Abs. 2 GG außer bei Gefahr in Verzug nur durch einen Richter angeordnet und nur in der (parlaments)gesetzlich vorgeschriebenen Form durchgeführt werden. § 127 Abs. 6 Satz 1 TKG (wie zuvor § 72 Abs. 5 Satz 1 TKG 1996) begründet für den Regelfall die sachliche und örtliche Zuständigkeit des lokalen Amtsgerichts, d. h. eines nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichters (§ 22 Abs. 4 i. V. m. § 21e GVG). Dessen Entscheidung kann mittels Beschwerde zum Landgericht (§ 73 Abs. 1 GVG) angefochten werden. Hierfür finden die §§ 306–310 (betr. Einlegung, keine Vollzugshemmung, Befugnisse und Entscheidung des Beschwerdegerichts, weitere Beschwerde) und § 311a StPO (Nachholen des rechtlichen Gehörs) entsprechende Anwendung (§ 127 Abs. 6 Satz 2 TKG), nicht aber § 311 StPO; eine sofortige Beschwerde findet also nicht statt. Zu Durchsuchungen ohne richterliche Anordnung ermächtigt § 127 Abs. 6 Satz 3 TKG einen überaus großen Personenkreis, nämlich alle, auch private Personen, die im Auftrag der Regulierungsbehörde Prüfungen vornehmen; zum Einsatz von Mitteln unmittelbaren Zwangs sind diese jedoch nicht befugt (§ 6 Nr. 8 i. V. m. § 1 UZwG). Während dabei eine gewisse Einschränkung in der Hervorhebung der „erforderlichen“ Durchsuchungen liegen mag, ist umgekehrt für Zeitpunkt und -dauer des Eingriffs nicht die „übliche“, sondern lediglich die (konkrete) „Geschäftszeit“ (des jeweils betroffenen Unternehmens) maßgeblich3. Bei jeder Durchsuchung verpflichtet § 127 Abs. 6 Satz 4 TKG schließlich die hiermit befasste(n) Person(en), noch an Ort und Stelle den Umstand dieses Eingriffs, das wesentliche Ergebnis und gegebenenfalls die Tatsachen zu protokollieren, die zur Annahme einer Gefahr im Verzug geführt haben (vgl. § 107 StPO). Die an sich erforderliche Angabe4 des eingeschränkten Grundrechts fehlt (auch) hier. _______________
1 Vgl. (zu § 46 Abs. 7 GWB a. F. = § 59 Abs. 7 GWB 2005) Klaue in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 46 Rz. 47 f.; Bergmann in: Scheurle/ Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 72 Rz. 52. 2 „Das ziel- und zweckgerichtete Suchen staatlicher Organe nach Personen oder Sachen oder zur Ermittlung eines Sachverhalts, um etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung von sich aus nicht offen legen oder herausgeben will“ (BVerfG, Beschl. v. 3.4.1979 – 1 BvR 994/76, BVerfGE 51, 97 [107]). 3 Vgl. Klaue in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 46 Rz. 51; anders wohl Bergmann in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 72 Rz. 58. 4 Vgl. jüngst BVerfG Urt. v. 27.7.2005 – 1 BvR 668/04, DuD 2005, 553 (555 f.), Rz. 85 f.
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Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
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An „geschäftlichen Unterlagen“ und anderen, nicht notwendig körperlichen „Gegenständen“ kann entweder (bei Einwilligung des Eigentümers/Besitzers) öffentlich-rechtliche Verwahrung begründet, wenn die freiwillige Herausgabe verweigert wird, können diese auch beschlagnahmt1 werden. Gemäß § 127 Abs. 7 Satz 1 TKG (wie zuvor § 72 Abs. 6 Satz 1 TKG 1996) wird diese Befugnis lediglich generell auf den „erforderlichen“ Umfang begrenzt (präziser wohl § 94 Abs. 1 StPO2). Im Fall einer Beschlagnahme gilt nicht nur – wie bei § 98 Abs. 1 StPO – grundsätzlich ein Richtervorbehalt; § 127 Abs. 6 TKG ist vielmehr insgesamt entsprechend anwendbar (§ 127 Abs. 7 Satz 2 TKG).
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Im Wortlaut noch enger an das Strafprozessrecht angelehnt ist die spezielle Regelung des § 129 TKG zur Beschlagnahme, die ebenfalls nicht mehr, wie früher nach § 77 TKG 1996, auf Beschlusskammer-Verfahren beschränkt ist3. Dies gilt für die Voraussetzungen (mögliche Bedeutung als Beweismittel [„Urkunden“ und „Augenschein“4], § 129 Abs. 1 Satz 1 TKG), für Notwendigkeit5 und Verfahren der richterlichen Bestätigung (§ 129 Abs. 2, 3 TKG; vgl. § 98 Abs. 2 StPO) sowie für das gegen die richterliche Entscheidung gegebene Rechtsmittel der Beschwerde (§ 129 Abs. 4 Satz 1 TKG)6; § 129 Abs. 4 Satz 2 TKG deckt sich inhaltlich mit § 127 Abs. 6 Satz 2 TKG (Rz. 90). Die Verpflichtung schließlich, die Beschlagnahme dem davon Betroffenen „unverzüglich“ (i. S. v. § 121 BGB) bekannt zu geben, geht sogar weiter als bei der Postbeschlagnahme (§ 101 Abs. 1 i. V. m. § 99 StPO). Andererseits ist hier eine vorherige richterliche Anordnung nicht für nötig erachtet worden7; ihre Notwendigkeit ergibt sich auch nicht aus Grundrechten des Betroffenen (Art. 14, Art. 12 bzw. Art. 2 Abs. 1 GG8). _______________
1 Zum Verhältnis zu Verwaltungszwang und Betretungsrechten s. BVerwG, Urt. v. 15.3.1988 – 1 A 23.85, BVerwGE 79, 110 (116). 2 Vgl. Bergmann in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 72 Rz. 65; Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 72 TKG Rz. 39. 3 Jedoch findet die Vorschrift nur innerhalb eines Verwaltungsverfahrens gem. §§ 9 ff. VwVfG Anwendung; so Gurlit, K&R Beil 1/2004, 32 (33). 4 So BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 52; vgl. Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 77 Rz. 6; Bergmann in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 77 Rz. 4. 5 Wobei die Verpflichtung noch strikter als in der StPO („Soll“-Vorschrift) ausgestaltet ist! Vgl. Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 77 Rz. 15 f. 6 Vgl. Bergmann in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 77 Rz. 18 ff. 7 Vgl. BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 52. Krit. hierzu Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 77 Rz. 2 f.; anders Bergmann in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 77 Rz. 9. 8 Der Schutzbereich von Art. 13 GG kann, muss aber nicht betroffen sein; zu Abgrenzungen s. Kunig in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG-Kommentar Bd. 1, 5. Aufl. 2000, Art. 13 Rz. 72.
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Rz. 96 C
3.3.4 Grenzen der Mitwirkungspflicht betroffener Personen § 127 Abs. 8 Satz 1 TKG (wie zuvor § 72 Abs. 7 TKG 1996) begründet ein gegenüber behördlichen Informationsverlangen auch sonst (z. B. gem. § 17 Abs. 3 HwO, § 52 Abs. 5 BImSchG) übliches Auskunftsverweigerungsrecht für Inhaber von (im Telekommunikationssektor tätigen) Unternehmen und deren Stellvertreter sowie für die nach Gesetz oder Satzung zur Vertretung berufenen Personen, wenn sich die Verpflichtung an juristische Personen, (Personen-)Gesellschaften oder nichtrechtsfähige Vereine (§ 54 BGB) richtet. Das Recht zu schweigen bezieht sich lediglich auf solche Fragen, deren Beantwortung ein Straf- oder Bußgeldverfahren (auch aufgrund des TKG selbst) auslösen könnte. Der Schutz vor Selbstbezichtigung erstreckt sich nicht nur auf die eigene Person, sondern auch auf Verlobte, Ehegatten – auch geschiedene – sowie nahe Verwandte oder Verschwägerte (§§ 1589 f. BGB), entspricht also dem Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen (bzw. für Angehörige) vor Gericht1.
93
Hingegen sollen mangels ausdrücklicher Regelung – wie z. B. in § 97 Abs. 1 StPO – andere „Überwachungs“-Eingriffe, insbesondere auch eine Beschlagnahme keiner solchen Beschränkung unterliegen, obgleich sie auf eine andere, den Betroffenen häufig stärker belastende Weise zum selben Ergebnis führt und das Bedürfnis nach Schutz der Privatsphäre damit nicht geringer ist. Allerdings kommen insoweit (auch) Verwendungsbeschränkungen im Hinblick auf sensible Informationen in Betracht2.
94
3.3.5 Einschränkungen bei der Verwendung von Ermittlungsergebnissen und anderen Daten Entfallen ist § 84 Abs. 2 TKG 1996, wonach die Regulierungsbehörde die ihr von den Statistikämtern in Bund und Ländern übermittelten Daten nur für einen konkreten Zweck, nämlich die Begutachtung der Markt- und Wettbewerbsentwicklung, und nicht länger, als sie hierzu noch benötigt werden, „verwenden“ (d. h. „übermitteln“ bzw. „nutzen“ i. S. v. § 3 Abs. 4, 5 BDSG) durfte.
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Kenntnisse und Unterlagen, welche die Behörde/Agentur von im Telekommunikationssektor tätigen Unternehmen auf Grund von Auskunftsverlangen, Einsichtnahmen in und Prüfungen von Geschäftspapieren erlangt hat, sind ebenfalls „Verwendungs“-, nämlich Weiterübermittlungsbeschränkungen unterworfen. Dieser Schutz wirkt nach § 127 Abs. 8 Satz 2 TKG (wie
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_______________
1 Vgl. Bergmann in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 72 Rz. 43 f.; zum parallelen § 46 Abs. 5 GWB a. F. (= § 59 Abs. 5 GWB 2005) s. Klaue in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 46 Rz. 36 ff. 2 Vgl. Bergmann in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 72 Rz. 45; Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 72 TKG Rz. 41.
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Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
zuvor § 72 Abs. 8 Satz 1 TKG 1996) insbesondere gegenüber Finanzbehörden (§§ 1–3 FVG) und betrifft zum einen Besteuerungsverfahren, Bußgeldverfahren aufgrund von Steuerordnungswidrigkeiten (§§ 377 ff., 409 AO) und auch – in der Regel – Verfahren wegen Steuerstraftaten (§§ 369 ff., 385 ff. AO), zum anderen Verfahren wegen einer „Devisen“-Zuwiderhandlung oder -Straftat1, d. h. Verstöße gegen §§ 33, 34 AWG im Bereich von Kapital- und Zahlungsverkehr, da insoweit (auch) den Zollbehörden Überwachungs- und Ermittlungsbefugnisse zustehen (§§ 37, 46 Abs. 4 AWG). Komplementär zur Einschränkung der Datenübermittlung wird die Beweiserhebung der Finanzbehörden begrenzt (§ 127 Abs. 8 Satz 2 Hs. 2 TKG): Nicht anzuwenden sind die Vorschriften über Auskunftspflichten (§ 93 AO) und Vorlage von Urkunden (§ 97 AO), die Schweigepflicht öffentlicher Stellen ist nicht eingeschränkt und geht auch den Amtshilferegelungen vor (§ 105 Abs. 1, § 111 Abs. 5 TKG), und schließlich unterliegen insoweit Gerichte und Behörden von Bund, Ländern und Kommunen keiner Anzeigepflicht nach § 116 AO gegenüber den Finanzbehörden. Nicht schutzwürdig sind – wie nach § 30 Abs. 5 AO – freilich Personen, wenn sie selbst oder für sie tätige Dritte vorsätzlich falsche Angaben machen, und auch bei Steuerstraftaten und damit zusammenhängenden Besteuerungsverfahren kann ein „zwingendes öffentliches Interesse“ (i. S. v. § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO) an deren Durchführung das Verwendungsverbot verdrängen (§ 127 Abs. 8 Satz 3 TKG). 3.3.6 Ermittlungen 97
§ 128 TKG entspricht § 76 TKG 1996, gilt aber nunmehr für Ermittlungen (einschl. Beweiserhebungen) der RegTP/BNetzA insgesamt, nicht mehr nur für das Verfahren der Beschlusskammern (unten, Rz. 131): § 128 Abs. 1 TKG verdeutlicht, dass das Verfahren „vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht“ wird, die entscheidungserheblichen Tatsachen von Amts wegen ermittelt werden, „ohne an das Vorbringen oder an Zugeständnisse der Beteiligten gebunden zu sein“2 (s. § 24 Abs. 1 VwVfG). Damit bestimmt die RegTP/ BNetzA Art und Umfang der Ermittlungen, hat dabei jedoch alle für den Einzelfall bedeutsamen, (für die Beteiligten) günstigen wie ungünstigen Umstände zu berücksichtigen (§ 24 Abs. 2 VwVfG). Das TKG statuiert außer in § 127 TKG keine spezifischen Mitwirkungspflichten der Beteiligten, so dass
_______________
1 Die altertümliche Formulierung ist wörtlich aus § 46 Abs. 9 GWB a. F. übernommen; vgl. Klaue in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 46 Rz. 70. 2 BT-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 52; Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 76 Rz. 1; Bergmann in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 76 Rz. 2; ebenso für § 54 Abs. 1 GWB a. F. (= § 57 Abs. 1 GWB 2005) K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 54 Rz. 1.
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diese nur allgemein gehalten sind, „ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel an(zu)geben“ (§ 26 Abs. 2 Satz 2 VwVfG)1. Die Behörde kann unabhängig von Anträgen eines „Beteiligten“ (Rz. 126) alle erforderlichen Beweise erheben (§ 128 Abs. 1 TKG) und sich dabei aller Beweismittel bedienen, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für geeignet und notwendig erachtet (§ 26 Abs. 1 Satz 1 VwVfG). Für wichtige Beweismittel – Augenschein, Zeugen- und Sachverständigenbeweis (s. § 26 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 4 VwVfG) – enthält § 128 in Abs. 2–6 TKG eine „Formalisierung des Verfahrens“2; diese Regelung entspricht § 76 Abs. 2–6 TKG 1996. Für den Beweis durch „Augenschein“, d. h. unmittelbare Sinneswahrnehmung, kann die RegTP/BNetzA anordnen, dass beim Termin ein oder mehrere Sachverständige beizuziehen sind (§ 128 Abs. 2 Satz 1 TKG i. V. m. § 372 Abs. 1 ZPO). Für den Zeugenbeweis sieht § 128 Abs. 2 Satz 1 die entsprechende Anwendung der §§ 376 (Vernehmung von Richtern und Beamten), 377 (Ladung), 380, 381 (Ausbleiben), 382 (Vernehmung von Minister und Abgeordneten), 383–387 (Zeugnisverweigerungsrecht), 390 (Zeugniszwang), 395 (Vernehmung zur Person), 396 (Vernehmung zur Sache), 397 (Fragerecht der Beteiligten) und § 398 Abs. 1 ZPO (wiederholte Vernehmung) vor3. Eine Beeidigung (§§ 391 ff. ZPO) bleibt dem (nach § 157 GVG zuständigen) Amtsgericht vorbehalten (§ 128 Abs. 6 Satz 2 TKG); sie muss aber auch dann nicht vorgenommen werden, wenn die RegTP/BNetzA um diese Rechtshilfe aus dem in § 128 Abs. 6 Satz 1 TKG genannten Grund ersucht4. Für den Beweis durch Sachverständige schließlich sind §§ 404 (Auswahl), 406 (Ablehnung durch Beteiligte), 407, 407a, 408 (Pflichten des Sachverständigen), 409 (Ausbleiben/ Weigerung), 411 (schriftliches Gutachten) und § 412 ZPO (neues Gutachten) analog anwendbar5. Dasselbe gilt für die auf die Rechtslage beim Zeugenbeweis ganz (§ 414 ZPO für sachverständige Zeugen) oder subsidiär (§ 402) verweisenden Bestimmungen sowie die Regeln zur Entschädigung von Zeu_______________
1 Vgl. Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 76 Rz. 5; Bergmann in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 76 Rz. 6; ferner K. Schmidt in: Immenga/ Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 54 Rz. 9. 2 So BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 52; Bergmann in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Aufl. 2002, § 76 Rz. 25; K. Schmidt in: Immenga/ Mestmäcker GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 54 Rz. 13. 3 Anders als in § 57 Abs. 2 Satz 1 GWB 2005 wird nicht auf § 378 ZPO verwiesen. 4 So Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 76 Rz. 21; Bergmann in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Aufl. 2002, § 76 Rz. 31; (zu § 54 Abs. 6 GWB a. F. = § 57 Abs. 6 GWB 2005) auch K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 54 Rz. 21. 5 Hier fehlt gegenüber dem GWB 2005 die Einbeziehung auch des § 404a ZPO. Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 76 Rz. 23 halten dies für ein Redaktionsversehen.
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gen und Sachverständigen (§§ 401, 413)1. Für beide Personengruppen begründet § 128 Abs. 2–5 TKG Pflichten i. S. v. § 26 Abs. 3 Satz 1 VwVfG. 99
Explizit ausgeschlossen ist die Anordnung von (Erzwingungs-)Haft (§ 390 Abs. 2 i. V. m. §§ 904 ff. ZPO) bei wiederholter unberechtigter Verweigerung einer Zeugenaussage (§ 128 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 TKG). Die Festsetzung eines Ordnungsgelds und auch eine zwangsweise Vorführung sind hingegen zulässig, desgleichen die Auferlegung der durch das Fehlverhalten verursachten Kosten2.
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§ 128 Abs. 2 Satz 2 TKG setzt (wie zuvor § 76 Abs. 2 Satz 2 TKG 1996) voraus, dass gegen Entscheidungen der RegTP/BNetzA im Rahmen der Beweisaufnahme der Rechtsbehelf der „Beschwerde“ statthaft ist; er kommt in den Fällen der §§ 380 Abs. 3, 390 Abs. 3, §§ 409 Abs. 2, 411 Abs. 2 Satz 4, des § 387 Abs. 3 sowie des § 406 Abs. 5 ZPO in Betracht3. Obwohl es sich um die Kontrolle von in einem Verwaltungsverfahren ergangenen beweisrechtlichen Entscheidungen handelt, ist (auch) hier – wie bei § 57 Abs. 2 GWB 2005 – die ZPO sinngemäß anwendbar, wofür nicht zuletzt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts (Köln) als Beschwerdegericht (§ 568 Abs. 1 ZPO)4 spricht. Der betroffene Zeuge oder Sachverständige kann den Rechtsbehelf regelmäßig bereits zur Niederschrift der RegTP/BNetzA einlegen, wie überhaupt die Regeln der §§ 567 ff. ZPO (analog) gelten5 – mangels spezifischer (abweichender) Ausgestaltung dieses Verfahrens.
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Eine „Niederschrift“ ist nicht über jede Beweisaufnahme (wie nach § 159 Abs. 1 ZPO), sondern nur (und überdies lediglich in der Regel) beim Beweis durch Zeugen und durch Sachverständige aufzunehmen (§ 128 Abs. 3–5 TKG). Inhaltlich entspricht das Protokoll jedoch § 160 Abs. 1 (Nr. 1, 2, 4) und Abs. 3 (Nr. 4) sowie § 163 Abs. 1 Satz 1 ZPO, indem es sich auf Tag und Ort des Beweistermins, die Namen der Mitwirkenden (Mitglieder der RegTP/BNetzA bzw. einer Beschlusskammer, „Urkundsbeamte“ bzw. Schriftführer) und Beteiligten, die Aussagen der Zeugen oder Sachverständi_______________
1 Hierzu ist anders als nach § 26 Abs. 3 Satz 2 VwVfG kein Antrag erforderlich (Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, 4. Aufl. 1993, § 26 Rz. 54). 2 Vgl. Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 76 Rz. 24; zum GWB K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 54 Rz. 17 f., 23. 3 Vgl. K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 54 Rz. 26; Bergmann, in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 76 Rz. 47; Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 76 Rz. 30. 4 Ebenso Bergmann in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 76 Rz. 49; Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 76 Rz. 31. 5 Bergmann in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 76 Rz. 50; ebenso für das GWB K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWBKommentar, 2. Aufl. 1992, § 54 Rz. 28 ff.
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gen erstreckt1. Im Hinblick auf das Genehmigungserfordernis ist freilich über § 162 ZPO (bzw. § 27 Abs. 5 VwVfG) hinaus auch der Grund für eine unterbleibende Unterschrift des Zeugen oder Sachverständigen anzugeben (§ 128 Abs. 4 Satz 3 TKG). Daneben ergibt sich bereits aus § 93 VwVfG auch für die kollegiale Einrichtung Beschlusskammer, dass über die mündliche Verhandlung (als „Sitzung“) insgesamt eine Niederschrift zu fertigen ist. Deren Mindestinhalt2 bleibt jedoch hinter den Anforderungen aus § 68 Abs. 4 VwVfG zurück, weil er nicht auch die wesentlichen Vorgänge der Sitzung einbezieht. Zur Sicherung der Beweisführung durch Urkunden und durch Augenschein dient die Beschlagnahmebefugnis der RegTP/BNetzA (nach § 129 TKG; oben, Rz. 92) als Teil der Ermittlungsaufgaben3. Die Regelung präzisiert zugleich, dass stets – auch im Rahmen des § 127 Abs. 7 TKG – nur beweiserhebliche Gegenstände der Beschlagnahme unterliegen; diese müssen andererseits nicht notwendig im Eigentum oder Besitz von „Beteiligten“ (Rz. 126) sein.
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§ 131 Abs. 3 TKG (wie zuvor § 79 Abs. 3 TKG 1996) ermächtigt die RegTP/ BNetzA, die Kosten einer Beweiserhebung – aber auch nur diese – den Beteiligten nach „billigem Ermessen“4 aufzuerlegen, also entweder einer Person zur Gänze oder auch mehreren zu gleichen oder unterschiedlich großen Teilen, lässt insoweit also differenziertere Lösungen zu als § 96 ZPO.
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3.4 Zusammenarbeit zwischen Regulierungsbehörde und anderen Stellen Als „sektorspezifische Regelung“ in „Ergänzung zum allgemeinen Wettbewerbsrecht“5 muss das TKG auch das Ineinandergreifen beider Materien sowie das Verhältnis der jeweils mit dem Gesetzesvollzug betrauten Behörden zueinander regeln. Die bereits in der früheren Fassung des § 2 Abs. 3 TKG 1996 enthaltene Bestimmung, wonach die Vorschriften des GWB vom TKG unberührt bleiben, sollte der Entwurfsbegründung zufolge „unterstreichen“, dass dieses Gesetz „subsidiär immer dann Anwendung findet, wenn keine _______________
1 Vgl. Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 76 Rz. 17 f.; zu kleinen Unterschieden s. K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 54 Rz. 19. 2 Bonk in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, 4. Aufl. 1993, § 93 Rz. 2. 3 Vgl. BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 52; Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 77 Rz. 1; Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 77 Rz. 1. 4 Der Aspekt der „Billigkeit“ stammt wohl aus § 77 Satz 1 GWB a. F. = § 78 Satz 1 GWB 2005); s. dazu Sauter in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 77 Rz. 15 ff.; vgl. Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 79 Rz. 37; Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 79 Rz. 23. 5 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 34.
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C Rz. 105
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
Spezialregelung getroffen ist“1; die neue Fassung bemüht sich um mehr Klarheit, indem sie den Vorrang auf Fälle begrenzt, für die das TKG ausdrücklich abschließende Regelungen trifft, im Übrigen aber die Aufgaben und Zuständigkeiten von Bundes- wie Landeskartellbehörden bekräftigt2. Art. 81 ff. EG sowie die Fusionskontrollverordnung3 beanspruchen ohnehin Anwendungsvorrang gegenüber jedem nationalen Recht, auch wenn nicht die Kommission selbst tätig wird4. 105
Die verfahrensrechtliche Kooperation zwischen Regulierungsbehörde und Bundeskartellamt (§ 51 GWB 2005) wird in § 123 Abs. 1 TKG (in Fortführung und Erweiterung von § 82 TKG 1996) näher ausgestaltet: „Einvernehmen“ als stärkste Form der Mitwirkung an Entscheidungen der RegTP/BNetzA ist seitens des BKartA nach Satz 1 erforderlich in den Fällen des § 10 (Marktdefinition), § 11 (Marktanalyse), § 61 Abs. 3 (Ausschluss von der Teilnahme an einem Frequenzvergabeverfahren) und § 62 Abs. 2 Nr. 2 TKG (Rahmenbedingungen und Verfahren für Frequenzhandel). Inhaltlich lehnt sich diese Regelung an das frühere Vetorecht bei der Abgrenzung sachlich und räumlich relevanter Märkte (z. B. nach § 19 Abs. 2, § 21 Abs. 1 TKG 1996) sowie bei der Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung (etwa im Hinblick auf § 25 Abs. 1 TKG 1996)5 und beim Ausschluss von Unternehmen vom Lizenzvergabeverfahren nach § 11 Abs. 3 (Satz 1) TKG 1996 an. Da es im Rahmen von §§ 10, 11 letztlich um die generelle Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche der beiden Behörden geht, soll das BKartA schon „in einem frühen Verfahrensstadium beteiligt“ werden6. Bei Maßnahmen der RegTP/BNetzA nach den anderen Abschnitten des 2. Teils (2–5)7 muss die Kartellbehörde dann lediglich rechtzeitig vor Abschluss des Verfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten (§ 123 Abs. 1 Satz 2 TKG). Umgekehrt beteiligt das BKartA die Regulierungsbehörde in dieser schwächeren Form vor eigenen Entscheidungen im Bereich der „Telekommunika_______________
1 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 36; näher Trute in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 2 TKG Rz. 26 ff.; zu ersten Zuständigkeitskonflikten in der Regulierungspraxis s. 12. Hauptgutachten der Monopolkommission 1996/1997, BT-Drucks. 13/11291 v. 17.7.1998, 42 f. 2 Vgl. Enaux/König, N&R 2005, 2 (11); anders wohl Säcker, AöR 130 (2005), 180 (216). 3 Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates v. 20.1.2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“), ABl. EU Nr. L 24 v. 29.1.2004, 1. 4 Vgl. BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 37; s. a. Schwintowski, CR 1997, 630 (635 f.); Moritz, CR 1998, 13 (20); Scherer/Bartsch, Telecommunication Law and Policy of the European Union in: Scherer (Hrsg.), Telecommunication Laws in Europe, 4. Aufl. 1998, 1.183-1.226; Scheurle in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 2 Rz. 4. 5 Vgl. nur Salje, K&R 1998, 331 (332 ff.); Mestmäcker, MMR 1998, Beil zu H. 8, 1 (10 ff.). 6 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 99. 7 Zu einer Lücke betr. § 47 s. Heun, CR 2004, 893 (896).
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Rz. 107 C
tion“ (§ 3 Nr. 22 TKG) nicht mehr nur (wie bisher) im Rahmen der Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen (nach §§ 19, 20 Abs. 1, 2 GWB 2005), sondern auch bei Art. 82 EG sowie § 40 Abs. 2 GWB 2005 (Zusammenschlusskontrolle). § 123 Abs. 1 Satz 3 TKG erfasst hier lediglich die (Untersagungs- oder Freigabe-)Entscheidungen im Hauptprüfverfahren, nicht hingegen auch Freigaben in der ersten Phase (ohne Eröffnung eines solchen Verfahrens). Kein Recht zur Stellungnahme besteht in Verfahren, welche Telekommunikationsausrüstung oder -geräte betreffen, da insoweit keine „Telekommunikation“ i. S. v. § 3 Nr. 22 TKG vorliegt1. Um eine „einheitliche Marktbewertung“ herbeizuführen, damit im Telekommunikationssektor „nicht andere Maßstäbe angewandt werden als in den übrigen Marktsegmenten“2, sollen beide Bundesoberbehörden (wie bisher nach § 82 Satz 5 TKG 1996) auf eine „einheitliche und den Zusammenhang mit dem GWB wahrende Auslegung“ des TKG hinwirken (§ 123 Abs. 1 Satz 4 TKG). Neben der Kooperation in juristischen Fragen ist auch der Austausch von Beobachtungen und Feststellungen (tatsächlicher Art) geboten, die für die Erfüllung der „beiderseitigen“, also für beide bedeutsamen Aufgaben relevant sein können (§ 123 Abs. 1 Satz 5 TKG)3. Neu ist die Pflicht zur Kooperation mit den jeweiligen Landesmedienanstalten (§ 123 Abs. 2 Satz 1 TKG). Sie soll sich „sowohl auf den rundfunkrechtlichen Aufgabenbereich der RegTP“ (Vergabe von Rundfunkfrequenzen, §§ 48 ff. TKG u. a.) als auch auf die „telekommunikationsrelevanten Aufgaben der Länderbehörden“ erstrecken mit dem Ziel einer „konstruktiven gegenseitigen, d. h. auf die jeweilige Aufgabenstellung bezogenen Kooperation“ und unter Wahrung vertraulicher Informationen, insbesondere von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen4.
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Außer im Verhältnis zum übergeordneten BMWi (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG) leistet auch die BNetzA anderen (inländischen) Behörden Amtshilfe (Art. 35 Abs. 1 GG, § 4 Abs. 1 VwVfG) und nimmt diese ihrerseits in Anspruch. Grenzen (i. S. v. § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 VwVfG) ergeben sich zum Teil speziell aus § 127 Abs. 8 TKG (Rz. 96). Hingegen ist die Bestimmung zu „statistischen Hilfen“ (§ 84 Abs. 1 TKG 1996) entfallen. Neu ist die Verpflichtung, im Bereich der Nummerierung Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit begründen, der Staatsanwaltschaft oder der zuständigen Verwaltungsbehörde mitzuteilen (§ 67 Abs. 3 TKG); letzteres betrifft nur den Fall, in dem nicht die RegTP/BNetzA selbst nach § 149 Abs. 3 TKG zur Ahndung berechtigt ist (Rz. 117).
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1 So auch BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 99. 2 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 52. 3 Die Vorschrift stimmt – von den verpflichteten Stellen abgesehen – wörtlich mit § 7 Abs. 1 Satz 2 KWG überein. 4 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 99; s. bereits oben, Rz. 44.
Gramlich | 203
C Rz. 108 108
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
Einen eigenständigen Beitrag zu dem alle zwei Jahre dem Bundestag und dem Bundesrat vorzulegenden Tätigkeitsbericht (§ 121 Abs. 1 TKG) leistet auch die Monopolkommission (§§ 44 ff. GWB 2005). Ihre gutachtliche Analyse soll gem. § 121 Abs. 2 Satz 1 TKG den Stand und die absehbare Entwicklung des Wettbewerbs und die Frage, ob nachhaltig wettbewerbsorientierte Telekommunikationsmärkte in Deutschland bestehen, sich also auch künftig der Frage widmen, ob auf den Märkten der Telekommunikation ein „funktionsfähiger Wettbewerb“ besteht (so § 81 Abs. 3 Satz 1 TKG 1996) existiert1. Zudem soll die Kommission die Anwendung der Vorschriften des TKG über die Regulierung und Wettbewerbsaufsicht würdigen und zu sonstigen aktuellen wettbewerbspolitischen Fragen Stellung beziehen und sich hierbei vor allem mit den Regelungen zur Entgeltregulierung befassen (§ 121 Abs. 2 Satz 3 TKG). Dabei wurde ihr speziell aufgegeben darauf einzugehen, ob die „resale“-Regelung in § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG „im Hinblick auf die Wettbewerbsentwicklung anzupassen“ ist. Sowohl der Tätigkeitsbericht der RegTP/BNetzA als auch das von der Monopolkommission verfasste Gutachten sollen „eine regelmäßige parlamentarische Kontrolle über die Notwendigkeit (sektorspezifischer) regulatorischer Maßnahmen“2 ermöglichen. § 121 Abs. 2 Satz 2 TKG verbindet die Stellungnahme nach Satz 1 mit der Pflicht aus § 44 Abs. 1 Sätze 1, 2 GWB 2005, ebenfalls im Rhythmus von zwei Jahren ein „Hauptgutachten“3 zu erstellen, so dass im Ergebnis die einschlägigen Fragen jährlich behandelt werden.
109
Eine Zusammenarbeit mit diversen Sicherheitsbehörden ist – außer in § 67 Abs. 3 TKG (Rz. 107) – vor allem im Siebten Teil des TKG normiert (§§ 112, 114 TKG; oben, Rz. 84, 86). Bislang musste auch dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz (§§ 22 f. BDSG) gem. § 87 Abs. 1 Satz 4 TKG 1996 Gelegenheit zur Stellungnahme zu von der RegTP vorgesehenen Sicherheitsanforderungen für das Betreiben von Telekommunikations- und Datenverarbeitungssystemen gegeben werden; eine derartige Beteiligungspflicht enthält § 109 TKG nicht (mehr)4. Die Ergebnisse der BfD-Kontrolle (nach § 115 Abs. 4 Satz 1 TKG) über Unternehmen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen, hat dieser nunmehr (anders als nach § 91 Abs. 4 TKG 1996) direkt an die RegTP/BNetzA zu übermitteln, und auch seine Beanstandungen (§ 25 BDSG) sind an diese (§ 115 Abs. 4 Satz 2 TKG) – und nicht an das BMWi – zu richten5. _______________
1 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 99; zur Modifikation dieses „schillernden Begriffs“ im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens s. Scherer, NJW 2004, 3001 (3003). 2 BT-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 52. 3 Vgl. zuletzt BT-Drucks. 15/3610 v. 14.7.2004, S. 87 ff. 4 Weil das weiterhin maßgebliche Ziel des Datenschutzes (BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 92) nicht mehr (auch) durch regulatorische Vorgaben verwirklicht wird. 5 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 98.
204 | Gramlich
Instrumente der Regulierung
Rz. 112 C
An die Stelle der kargen Regelung des § 83 TKG 1996 zur Zusammenarbeit mit anderen ausländischen Behörden sind zum einen §§ 11 Abs. 2, 12 Abs. 2 TKG getreten, die im Rahmen von Marktanalysen eine Konsolidierung unter den nationalen Regulierungsbehörden der (EG-)Mitgliedstaaten vorschreibt. Insoweit liegt zugleich eine „internationale Aufgabe“ i. S. v. § 140 TKG vor, welche die RegTP/BNetzA „in eigener Zuständigkeit wahrnimmt“ (Satz 2; Rz. 54). Soweit eine solche Kompetenz nicht gegeben ist, kann die Behörde auf internationaler und europäischer Ebene nur „im Auftrag“ des BMWi agieren.
110
3.5 Mediation Nach § 124 TKG kann die BNetzA „in geeigneten Fällen“ den Parteien telekommunikationsrechtlicher Streitigkeiten zur Beilegung einen „einvernehmlichen Einigungsversuch vor einer Gütestelle“ vorschlagen. Nach der Entwurfsbegründung kommen hierfür nicht in Betracht die gesetzlich konkret geregelten Beschlusskammerverfahren (Rz. 120 ff.); das „zusätzliche Angebot“ ziele vielmehr insbesondere auf Situationen, „in denen vornehmlich bei technischen Fragen einheitliche Verfahren erforderlich sind“, wie im Nummerierungsbereich oder bei der Zusammenschaltung1. Auch bei der Erörterung von Grundsatzfragen im Rahmen der Erstellung des Jahresberichts (§ 122 Abs. 2 TKG) könne die Einschaltung eines Mediators „Prozess fördernd“2 sein. Die außergerichtliche Beilegung von Konflikten durch neutrale Dritte zielt auch hier darauf ab, „nach eingehender Analyse der unterschiedlichen Positionen die Diskussion zu versachlichen und zur Vermeidung gerichtlicher Auseinandersetzungen möglichst Konsensvorschläge zu erarbeiten und den Beteiligten Lösungsvorschläge anzubieten“3. Freilich sind „Empfehlungen“ eines Mediators rechtlich nicht verbindlich. Über Verfahrens- und Kostenfragen müssen sich alle beteiligten Personen im konkreten Fall verständigen4.
111
3.6 Verwaltungsvollstreckung Der Regulierungsbehörde sollen zur Durchsetzung der Regulierungsziele wirksame Instrumente, nicht zuletzt „abgestufte Sanktionsmöglichkeiten“5 zur Verfügung stehen. Als Bundesbehörde kann sie nötigenfalls auch Verwaltungszwang nach Maßgabe des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes (VwVG) einsetzen. Die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen für Verwaltungszwang ergeben sich dabei aus § 6 Abs. 1 VwVG. Vollziehbarkeit _______________
1 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 100. 2 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 100. 3 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 99; s. bereits Holznagel/Schulz, CR 2003, 567 (570 f.). 4 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 100. 5 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 36.
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C Rz. 113
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
liegt nicht erst dann vor, wenn ein von der Behörde erlassener Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist, sondern im Hinblick auf § 137 Abs. 1 TKG (wie zuvor § 80 Abs. 2 TKG 1996) bereits mit dem Wirksamwerden (§§ 41, 43 VwVfG), weil Rechtsbehelfen (einschl. Klagen) gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist. Diese Regelung i. S. v. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO beschränkt sich nicht etwa nur auf „Verfügungen“ der Beschlusskammern1. Wenn § 149 Abs. 1 in Nr. 4, 12 und 13 TKG (wie zuvor § 96 Abs. 1 in Nr. 7, 8 und 9 TKG 1996) von „vollziehbaren“ Anordnungen oder „Auflagen“ (i. S. v. § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG) handelt, werden allein die Fälle erfasst, in denen das Verwaltungsgericht einem Antrag nach § 80 Abs. 5 (i. V. m. § 80 a Abs. 3) VwGO stattgegeben hat. Die Zuständigkeit der Regulierungsbehörde als Vollzugsbehörde folgt insoweit aus § 7 Abs. 1 VwVG. 113
Als mögliche Zwangsmittel i. S. v. § 9 Abs. 1 VwVG nennen §§ 25 Abs. 8 Satz 2, 29 Abs. 4, 66 Abs. 3 Satz 2, 115 Abs. 2 Satz 1 und § 127 Abs. 10 TKG zwar jeweils nur das Zwangsgeld (§ 11 VwVG). Damit werden jedoch weder Ersatzvornahme (§ 10 VwVG) noch unmittelbarer Zwang (§ 12 VwVG) von vornherein ausgeschlossen2, vielmehr wird lediglich die allgemeine Obergrenze des § 11 Abs. 3 VwVG durchweg, wenngleich in unterschiedlichem Ausmaß erheblich (von 20 Tsd. bis zu 1 Mio. Euro) angehoben, um den zu vollstreckenden Herausgabe- oder (sonstigen) Handlungspflichten Nachdruck zu verleihen. Zumindest die Androhung unmittelbaren Zwangs etwa kann bei der Durchsetzung der Informationsbefugnisse nach § 127 Abs. 1–7 TKG unumgänglich sein.
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Anwendbar sind schließlich auch die weiteren allgemeinen Bestimmungen des VwVG über eine Androhung (§ 13), Festsetzung (§ 14) und Anwendung (§ 15) von Zwangsmitteln, über die Ersatzzwangshaft, wenn das Zwangsgeld uneinbringlich ist (§ 16), sowie über die Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung (§ 18 VwVG). Im Hinblick auf die Vollstreckung von Geldforderungen (Gebühren, Beiträgen, andere Abgaben; Auslagen – Rz. 139 ff.) sind allerdings auch §§ 1 ff. VwVG relevant. Hierfür bedarf es zunächst einer Vollstreckungsanordnung (§ 3 VwVG) gegen den Vollstreckungsschuldner (§ 2); Verfahren und Vollstreckungsschutz richten sich dann weithin nach Bestimmungen der AO (§ 5 Abs. 1 VwVG), die zuständige Vollstreckungsbehörde ergibt sich aus § 4. _______________
1 Deren Unabhängigkeit sollte lediglich begründen, warum „abweichend vom allgemeinen Verwaltungsrecht“ auf ein Vorverfahren verzichtet wurde (so BTDrucks. 13/4864 v. 12.6.1996, S. 82). 2 So hieß es auch in BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 51, „eines“ der „schlagkräftigen Instrumente zur Durchführung der Regulierungsaufgabe“ sei das gegenüber dem VwVG erhöhte Zwangsgeld, und später wurde allgemein von der „Möglichkeit der Durchsetzung der behördlichen Entscheidung mit den Mitteln der Verwaltungsvollstreckung nach dem VwVG“ gesprochen (BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 58). Wie hier Bergmann in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 72 Rz. 78.
206 | Gramlich
Instrumente der Regulierung
Rz. 116 C
3.7 Ahndung schuldhaften Fehlverhaltens 3.7.1 Straftaten Unter der Geltung des FAG (bis 1996) wurden Straftaten (nach §§ 15, 18, 19 FAG) teils nur auf Antrag verfolgt. Der Strafantrag (gem. §§ 77 ff. StGB) oblag im Fall des § 15 Abs. 3 Satz 2 FAG dem BMPT (oder den hierzu von diesem ermächtigten Behörden). Die in §§ 94, 95 TKG 1996 enthaltenen Strafvorschriften schrieben inhaltlich die Regelungen des FAG fort, die erste § 15 Abs. 2 lits. c), e) i. V. m. §§ 5 a, 5 e, die zweite § 181. § 94 Abs. 2 bezweckte weiterhin auch die Ahndung fahrlässiger Taten mit Ausnahme des fahrlässigen Besitzes von Sendeanlagen. Ein Strafantrag der Regulierungsbehörde oder einer anderen Stelle oder Person war jedoch nicht (mehr) erforderlich.
115
§ 148 TKG fasst die beiden bisherigen Bestimmungen in eine einzige zusammen; § 94 TKG 1996 wurde zu Abs. 1 Nr. 1, § 95 zu Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2, dabei wurden die Verweisungen auf § 89 TKG (Sätze 1, 2; zuvor § 86 Sätze 1, 2 TKG 1996) bzw. § 90 Abs. 1 Satz 1 TKG (früher § 65 Abs. 1 TKG 1996) umgestellt. 3.7.2 Ordnungswidrigkeiten „Der Katalog der Bußgeldvorschriften ergänzt die im Gesetz vorgesehenen Instrumente der Regulierung um die Möglichkeit der Bußgeld bewehrten Sanktion und stellt damit einen wichtigen Baustein zur Durchsetzung regulatorischer Ziele dar“2. § 149 Abs. 1 TKG (anknüpfend an § 96 Abs. 1 TKG 1996) orientiert sich formal an der Reihenfolge der inkriminierten Tatbestände im Gesetz und lässt sich inhaltlich in vier Untergruppen gliedern3: –
Verstöße gegen bestimmte kraft Gesetzes auferlegte Verhaltenspflichten auf dem Markt für Telekommunikationsdienste (Nr. 1–3, 5–11, 14–19, 21, 23–35);
–
Verstöße gegen Normen (auch) aus Rechtsverordnungen, die aufgrund der im TKG vorgesehenen Ermächtigungen erlassen sind (Nr. 13, 19, 20, 22);
–
Zuwiderhandlungen gegen bestimmte vollziehbare Anordnungen oder Auflagen der RegTP/BNetzA (Nr. 4, 12, 13).
–
Beibehaltung bestimmter Bußgeldtatbestände des FAG (Nr. 15; vgl. § 22a Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 5c Abs. 1 FAG 1994, § 96 Abs. 1 Nr. 12 TKG 1996).
_______________
1 Vgl. BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 57 f. 2 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 58. Bußgeldvorschriften finden sich auch in § 13 PTSG, § 12 (Abs. 1) EMVG und in § 9 (Abs. 1) AFuG. 3 Vgl. bereits BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 58.
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116
C Rz. 117
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
Die Erweiterung von bisher 16 auf 35 Ziffern ist durch die Anpassung an die Novellierung (und quantitative Erweiterung) gesetzlicher Regelungen veranlasst, teils aber auch der Umsetzung von EG-Vorschriften geschuldet (z. B. bei Notrufen, Nr. 19, 20)1. 117
Zuständig für die Verfolgung und Ahndung schuldhaft-fehlsamen Verhaltens ist die Regulierungsbehörde (§ 149 Abs. 3 TKG wie zuvor § 96 Abs. 2 S. 2 TKG 1996; § 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG), weil dies „dem Status und der unabhängigen Stellung der Behörde angemessen“2 sei. Die Obergrenze für die Festsetzung des zu verhängenden Bußgeldes geht unterschiedlich weit über den Höchstbetrag des § 17 Abs. 1 OWiG hinaus: Die (reguläre) Maximalsumme von 500 Tsd. Euro „entspricht dem Rahmen im geltenden Wettbewerbsrecht und erscheint angesichts der prognostizierten Umsatz- und Steigerungsraten auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen gerechtfertigt“3. Werden hingegen Anzeige- oder Mitwirkungspflichten missachtet, beträgt die zulässige Höchstsumme „nur“ 10 000 Euro. § 149 Abs. 2 Satz 1 TKG enthält im Vergleich zu früher weitere – insgesamt fünf – Abstufungen für Bußgelder. Im Übrigen bleiben jedoch Abs. 2–4 des § 17 OWiG anwendbar. Es besteht also, worauf § 149 Abs. 2 Satz 2 TKG ausdrücklich hinweist, nach § 17 Abs. 4 OWiG „die Möglichkeit, wirtschaftliche Vorteile, die durch Ordnungswidrigkeiten erlangt wurden, durch Abschöpfung z. B. des Mehrerlöses in den Fällen, in denen Verstöße im Zusammenhang mit den der Genehmigung unterliegenden Entgelten stehen4, auszugleichen“5. Relevanz erhält diese Ermächtigung zu Sanktionen auch über die regulären Höchstsummen hinaus (so § 149 Abs. 2 Satz 3 TKG) „insbesondere in den Fällen der erweiterten Missbrauchsaufsicht“ (§ 42 i. V. m. § 149 Abs. 1 Nr. 4 lit. a] TKG)6. Hier gestattet sie nicht allein eine bloße Abschöpfung wie nach § 43 TKG (und § 34 GWB, Rz. 49); vielmehr soll ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auch „über das Maß der gezogenen Vorteile hinaus eine geldliche Einbuße hinnehmen“ müssen. Bei deren Bemessung ist nicht nur ein „in Geld bestehender Gewinn zu berücksichtigen“, sondern müssen auch „sonstige wirtschaftliche Vorteile wie z. B. eine Verbesserung der Marktposition durch die Ausschaltung oder das Zurückdrängen von Wettbewerbern“ bedacht werden7.
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1 2 3 4 5 6 7
BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 106. BT-Drucks. 13/4864 v. 12.6.1996, S. 85. BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 58. §§ 25 Abs. 1, 39 TKG 1996. BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 58. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 106. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 106.
208 | Gramlich
Verfahren der Regulierungsbehörde
Rz. 119 C
4. Verfahren der Regulierungsbehörde 4.1 Verfahrensarten Der ganz allgemein mit „Verfahren“ überschriebene dritte Abschnitt des Zehnten Teils der TKG 1996 („Regulierungsbehörde“) bezog sich lediglich1 auf (das Verfahren bis zu) Entscheidungen durch Beschlusskammern – in Form von Verwaltungsakten (§ 73 Abs. 1 Satz 2 TKG 1996). Die Zuständigkeit dieser Gremien erstreckte sich jedoch nur auf bestimmte Fälle, nämlich Vergabeverfahren nach § 11, Auferlegung von Universaldienstleistungen nach § 19, Entgeltregulierung nach §§ 23 ff. (und der TEntgV), Offenen Netzzugang und Zusammenschaltungen nach §§ 33 ff. (bzw. der NZV) sowie das einer Frequenzzuteilung vorgeschaltetes Vergabeverfahren nach § 47 Abs. 5 Satz 2 TKG 1996. Dabei handelte es sich vornehmlich um Sachverhalte, „bei denen mehrere Parteien beteiligt sind“2. Ansonsten3, etwa in Sachen Kundenschutz, bei der Nummerierung, im Rahmen der Frequenzordnung und (zunächst) bei der Zulassung, im Hinblick auf den Elften Teil des alten Gesetzes (§§ 85 ff.) ebenso wie im Falle von § 96 TKG 1996, wurde aber kein „Kollegialspruchkörper“4 tätig, sondern (nach außen hin) der Behördenleiter, also der Präsident – und intern der nach der Geschäftsordnung mit der Angelegenheit befasste Bedienstete. Außer bei Bußgeldbescheiden (s. § 2 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG)5 gelten hierbei freilich – wie auch im Hinblick auf § 73 Abs. 1 Satz 2 TKG 1996 (und §§ 9, 35 VwVfG) bei Beschlusskammer-Verfahren6 – die Vorschriften des (Bundes-)Verwaltungsverfahrensgesetzes über das nicht-förmliche Verfahren, wenn und soweit Verwaltungsakte erlassen (oder – soweit zulässig [Rz. 134] – verwaltungsrechtliche Verträge geschlossen) werden sollen.
118
Insoweit ist durch Teil 8 des TKG 2004 ein deutlicher Wandel eingetreten. Der zweite Abschnitt („Befugnisse“) dieses Teils enthält (in §§ 128–131
119
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1 Insoweit anders als §§ 51 ff. GWB a. F. (= §§ 54 ff. GWB 2005), soweit das Bundeskartellamt (nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 a. F. bzw. § 48 Abs. 2 Satz 1 GWB 2005) zuständige Kartellbehörde ist. Dann entscheiden stets Beschlussabteilungen (§ 48 Abs. 2 Satz 1 GWB a. F. = § 51 Abs. 2 Satz 1 GWB 2005); s. Klaue in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 48 Rz. 4 f. 2 BT-Drucks. 13/4864 v. 12.6.1996, S. 82; s. a. BR-Drucks. 80/96 (Beschluss) v. 22.3. 1996, S. 40. 3 Zu eng insoweit BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 51; vgl. Mayen in: Scheurle/ Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 73 Rz. 17 f. 4 Die in BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 51, gewählte Bezeichnung findet sich auch bei Klaue (in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 48 Rz. 5) im Hinblick auf die ebenfalls dreiköpfigen (§ 48 Abs. 3 GWB a. F. = § 51 Abs. 3 GWB 2005) Beschlussabteilungen des Bundeskartellamts. 5 Dazu C. Klein in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 96 Rz. 6. 6 Vgl. Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 132 Rz. 13; auch insofern wie im GWB (s. K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, Vor § 51 Rz. 9).
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C Rz. 120
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
TKG 2004) Vorschriften, die bislang (durch §§ 76–79 TKG 1996) allein den Beschlusskammern zugewiesen waren, nunmehr aber (wie bereits früher §§ 71, 72 TKG 1996 und heute die daran anschließenden §§ 126, 127 TKG) der RegTP/BNetzA insgesamt zustehen sollen. Soweit das TKG keine Spezialregelungen enthält, hat diese aufgrund der genannten „Auffangtatbestände“ „umfassende Befugnisse“1. Spezifische Bestimmungen zu Beschlusskammern finden sich nach wie vor im dritten Abschnitt („Verfahren“), nunmehr in einem eigenen (ersten) Unterabschnitt (§§ 132–136 TKG); insoweit wurden inhaltlich weithin §§ 73–75a TKG 1996 aufrechterhalten. Neu ist der auf Art. 20, 21 der Rahmenrichtlinie (Rz. 10) gestützte § 133 TKG, der „sonstige Streitigkeiten zwischen Unternehmen“ regelt und in Abs. 3 eine entsprechende Geltung der §§ 126 bis 132, 134 bis 137 TKG vorsieht2. 4.2 Beschlusskammern: Zusammensetzung und Aufgaben 4.2.1 Besetzung und Qualifikation der Mitglieder 120
Lediglich für eine Beschlusskammer sieht bereits das TKG selbst (in § 132 Abs. 3 Satz 1 TKG wie bisher § 73 Abs. 3 Satz 1 TKG 1996) eine bestimmte Besetzung vor, indem dort die Gremiums-Mitglieder und ihre Funktionen normiert werden – der Präsident der Regulierungsbehörde (§ 3 Abs. 1 BNetzA-Gesetz) als Vorsitzender, die beiden Vizepräsidenten (§ 3 Abs. 2 BNetzA-Gesetz) als Beisitzer. Die gesetzliche Zuweisung von Aufgaben („Fälle der §§ 55 Abs. 9, 61, 62 und 81“) an die „Präsidentenkammer“ ist nicht abschließend, sondern könnte (auch im Rahmen der Geschäftsverteilung) um weitere ergänzt werden3. Solch’ fakultative Aufgaben sollten, müssen jedoch nicht notwendig „Fragen von besonderem Gewicht“4 betreffen.
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An die Mitglieder der Beschlusskammern – außer der präsidentiellen nach § 132 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 TKG – stellt § 132 Abs. 2 Satz 2 TKG (wie zuvor § 73 Abs. 4 TKG 1996) die Anforderung, sie müssten (vor Beginn ihrer Tätigkeit im Spruchkörper) die Befähigung für eine Laufbahn des höheren Dienstes5 erworben haben; damit soll sichergestellt werden, dass „an den _______________
1 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 100. 2 Als Bsp. s. RegTP Beschl. v. 12.7.2005 (BK-3a 05/035), N&R 2005, 163 ff.; dazu Scherer in: Schulze/Zuleeg (Hrsg.), Europarecht, 2006, § 36 Rz. 153 f.; Scherer, NJW 2006, 2016 (2022 f.). 3 Anders Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 132 Rz. 10; zum alten Recht Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 73 Rz. 15. 4 BT-Drucks. 13/4864 v. 12.6.1996, S. 82. 5 Strikter demgegenüber § 48 Abs. 4 Sätze 2, 3 GWB a. F. (entspr. § 51 Abs. 4 GWB 2005), wonach für Vorsitzende regelmäßig die Befähigung zum Richteramt, für Beisitzer alternativ die Qualifikation zum höheren „Verwaltungsdienst“ gefordert wird. Vgl. Klaue in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 48 Rz. 9.
210 | Gramlich
Verfahren der Regulierungsbehörde
Rz. 122 C
Entscheidungen Kräfte mitwirken, die über die notwendige Fachkompetenz (Juristen, Wirtschaftswissenschaftler, Ingenieure) verfügen“1. Auf die zunächst geforderte Eigenschaft von Beamten auf Lebenszeit (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BBG)2 wurde verzichtet, um „eine möglichst flexible Besetzung“ der Kammern zu ermöglichen3. Neu ist die Vorgabe in § 132 Abs. 2 Satz 3 TKG, dass mindestens ein Mitglied jeder Beschlusskammer die „Befähigung zum Richteramt“ (§ 5 DRiG) haben müsse; damit soll „der zunehmenden Komplexität an juristischen Fragestellungen Rechnung getragen“4 werden. Eine allgemeine Regelung über Stellvertreter musste anders als bei Gerichten (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) nicht unmittelbar im Gesetz getroffen werden; lediglich für die „Präsidenten“-Kammer sieht § 132 Abs. 3 Satz 2 TKG vor, die Vertretung in „Verhinderungsfällen“ sei in der Geschäftsordnung nach § 116 Abs. 2 TKG 2004 (jetzt: § 3 Abs. 1 Satz 2 BNetzA-Gesetz) zu regeln. Im Übrigen kann dieser Aspekt aber im Rahmen der Kammern-Bildung nach § 132 Abs. 1 Satz 3 TKG berücksichtigt werden, zumal § 132 Abs. 2 TKG vom Wortlaut her keine starre Besetzung verlangt5. Die funktionelle (sachliche) Unabhängigkeit der Beschlusskammern (Rz. 22) bleibt auch dann gewährleistet, wenn ihnen jeweils mehr als zwei Beisitzer zugewiesen werden6. 4.2.2 Aufgabenverteilung Nur die in § 132 Abs. 1 Satz 1 TKG (früher: 73 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996) abschließend und explizit bezeichneten „Fälle“ werden durch Beschlusskammern entschieden. Insoweit sind freilich Art und Umfang der Tätigkeit dieser Spruchkörper einer Einflussnahme auch durch die eigene Behördenleitung entzogen; ihr (Fort-)Bestand wird von außen, durch das übergeordnete Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, vorgegeben (§ 132 Abs. 1 Satz 3 TKG). Wie § 3 Abs. 1 Satz 3 BNetzA-Gesetz (ebenso zuvor § 116 Abs. 2 Satz 3 TKG 2004; § 66 Abs. 2 Satz 3 TKG 1996) klarstellt, stößt hier die Befugnis des Präsidenten, die Verteilung und den Gang der _______________
1 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 51; ebenso Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 132 Rz. 9. 2 So § 48 Abs. 4 Satz 1 GWB a. F. (= § 51 Abs. 4 GWB 2005) für die Mitglieder der Beschlussabteilungen des Bundeskartellamts. 3 BT-Drucks. 13/4864 v. 12.6.1996, S. 82. 4 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 100. 5 Insoweit unbedenklich daher der durch Art. 2 Abs. 34 Nr. 1 lit. b) TK-BegleitG nach § 73 Abs. 3 Satz 1 eingefügte Satz, den die Begründung (BR-Drucks. 13/8776 v. 15.10.1997, S. 39) als „Klarstellung“ wertet; anders wohl Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 132 Rz. 20. 6 So auch die Praxis beim Bundeskartellamt; s. Bechtold, GWB-Kommentar, 1993, § 48 Rz. 1. Ebenso wohl Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 73 Rz. 24.
Gramlich | 211
122
C Rz. 123
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
Geschäfte in „seiner“ Behörde zu regeln, an Grenzen1. Deren Einhaltung wird dadurch gewährleistet, dass die Geschäftsordnung der Regulierungsbehörde der ministeriellen Bestätigung bedarf (§ 3 Abs. 1 Satz 2 BNetzA-Gesetz; zuvor § 116 Abs. 2 Satz 2 TKG 2004, § 66 Abs. 2 Satz 2 TKG 1996). 123
Beschlusskammern sind Ausschüsse i. S. v. § 88 VwVfG2, sie treffen also ihre Entscheidungen als Kollegialorgan in Sitzungen (§§ 89–91 VwVfG). Insoweit stehen dem Vorsitzenden spezielle Befugnisse zu. Aus §§ 88 ff. VwVfG, die ohnehin nur ergänzende Bestimmungen enthalten, ergibt sich jedoch nichts über die Aufgabenverteilung in der Kammer vor der mündlichen Verhandlung. Insoweit verdeutlicht § 128 Abs. 3 Satz 1 TKG (früher: § 76 Abs. 3 Satz 1 TKG 1996) für einen besonderen Fall der Beweiserhebung, dass Ermittlungen auch von einem einzelnen Mitglied der Regulierungsbehörde3 durchgeführt werden können4; innerhalb der vom Präsidenten nach § 3 Abs. 1 Satz 2 BNetzA-Gesetz aufgestellten Vorgaben darf also (auch) der jeweilige Kammer-Vorsitzende die Vorbereitung der einzelnen Sachen einem Beisitzer zuweisen bzw. sich selbst vorbehalten5. 4.3 Beschlusskammern: Verfahrensgang
124
Wie bereits die Vorgängerregelung der §§ 16 ff. PTRegG, so folgen auch §§ 134, 135 TKG (zuvor: §§ 74 ff. TKG 1996) mehr oder weniger eng den Verfahrensvorschriften des Kartellrechts (§§ 54 ff. GWB). Soweit hier bzw. in anderen Abschnitten des Achten Teils wie des sonstigen TKG keine speziellen Regelungen getroffen sind, gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit (von Einrichtungen) der Bundes(ober)behörde ergänzend das VwVfG (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG).
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1 Vgl. zu § 48 Abs. 2 Satz 2 GWB a. F. (= § 51 Abs. 2 Satz 2 GWB 2005) Klaue in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 48 Rz. 5, 8; ähnlich Ulmen/Gump, CR 1997, 396 (401), Beck TKG-Komm/Geppert, § 66 Rz. 25 f.; wohl auch Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 73 Rz. 12 f.; Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 132 Rz. 8. 2 Ebenso zu Beschlussabteilungen nach § 48 GWB a. F. (= § 51 GWB 2005) Klaue in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 48 Rz. 5; zum TKG Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 73 Rz. 14 f.; Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 132 Rz. 5 f. 3 Aus dem Zusammenhang mit § 76 Abs. 1 TKG 1996 folgte früher, dass nur Mitglieder der Kammern gemeint waren; ebenso Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 76 Rz. 34. Die Neuregelung hat diese Befugnis verallgemeinert. 4 Vgl. zu § 54 Abs. 3 Satz 1 GWB a. F. (= § 57 Abs. 3 Satz 1 GWB 2005) K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 54 Rz. 19. 5 Abweichend Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 73 Rz. 16; wenig klar Bergmann in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 76 Rz. 26.
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Verfahren der Regulierungsbehörde
Rz. 126 C
4.3.1 Einleitung des Verfahrens und Beteiligte Ein Verfahren vor der nach Gesetz oder Geschäftsordnung zuständigen Beschlusskammer wird nicht von der Regulierungsbehörde als solcher, sondern von dieser speziellen Einrichtung innerhalb der Behörde eingeleitet. Dabei kann sie auf Grund des § 134 Abs. 1 TKG (wie zuvor § 74 Abs. 1 TKG 1996) entweder von Amts wegen tätig werden, oder das Verfahren wird „durch“ Antrag auf den Weg gebracht (§ 22 S. 2 Nr. 1 VwVfG). Ein Amtsverfahren findet z. B. in den Fällen der § 23 Abs. 1 oder § 31 Abs. 6 Satz 2 TKG statt, Anträge sind in § 21 oder in § 31 Abs. 5, 6 TKG vorgesehen1, sie zielen auf eine bestimmte Entscheidung der Kammer ab. Zwar ist antragsberechtigt „nur derjenige, der in eigenen subjektiven Rechten betroffen ist“2; bloße Anregungen oder „Anträge“ Dritter können freilich einen Anlass zur Durchführung eines Offizialverfahrens bilden, und die Kammer kann andererseits auch zur Stellung von (Entgeltgenehmigungs-)Anträgen auffordern (§§ 31 Abs. 6 Satz 1, 39 Abs. 1 Satz 3 TKG).
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Wer die Einleitung eines Verfahrens beantragt (und nicht bloß angeregt) hat, ist dann auch „Beteiligter“ (§ 134 Abs. 2 Nr. 1 TKG, wie zuvor § 74 Abs. 2 Nr. 1 TKG 1996)3. Ähnlich wie nach GWB 2005 (§ 54 Abs. 2 Nr. 3) und VwVfG (§ 13 Abs. 1 Nr. 1) sind darüber hinaus Personen, die vom Verfahrensausgang (nachteilig) betroffen werden können, obligatorisch beteiligt. Als solche weiteren Beteiligten kommen jedoch nur Anbieter („Betreiber“) von öffentlichen Telekommunikationsnetzen und von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit, gegen die sich das Verfahren richtet, in Betracht (§ 134 Abs. 2 Nr. 2 TKG). Sonstige (natürliche oder juristische) Personen und (nicht [voll]rechtsfähige) Personenvereinigungen werden dagegen zu Beteiligten nur dann, wenn sie diese „Beiladung“ – eine „Hinzuziehung“ i. S. v. § 13 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 VwVfG4 – beantragen und die Kammer1
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1 Vgl. Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 134 Rz. 5 ff., 10 f.; zum alten Recht Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 74 Rz. 6 f., 8 f. Zu einer Teil-Anrufung vgl. Ziff. IV.4. der Hinweise (des BMPT) zur Zusammenschaltung von öffentlichen Telekommunikationsnetzen (Vfg 194/1997), ABl. BMPT 1997, 603; hierzu Tschentscher/Neumann, BB 1997, 2437 (2439); Bock/Völcker, CR 1998, 473 (481 f.); Scherer, NJW 1998, 1607 (1612). 2 So BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 52; ähnlich Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 74 Rz. 20; nur auf die formelle Stellung heben ab Trute in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 74 TKG Rz. 17; Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 134 Rz. 13. 3 Zu § 51 Abs. 2 Nr. 1 GWB a. F. (= § 54 Abs. 2 Nr. 1 GWB 2005) s. K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 51 Rz. 3, 23 ff.; zum TKG Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 74 Rz. 18; Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 74 Rz. 62. 4 Ebenso Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 74 Rz. 24; Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 134 Rz. 17; zu § 51 Abs. 2 Nr. 4 GWB a. F. K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 51 Rz. 35.
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Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
dem stattgibt, weil ihre Interessen durch die Entscheidung berührt werden (§ 134 Abs. 2 Nr. 3 TKG). Im Unterschied zu § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB 2005 bzw. § 13 Abs. 2 Satz 1 VwVfG braucht es sich weder um „erhebliche“2 noch um „rechtliche“3 Belange der Interessenten zu handeln4. 127
An die Stellung als Beteiligter knüpfen zum einen § 135 Abs. 1, 3 TKG (wie zuvor § 75 Abs. 1, 3 TKG 1996) und § 131 TKG (früher § 79 TKG 1996) an; darüber hinaus ist sie für Fragen des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts bedeutsam, etwa für eine Bevollmächtigung (§ 14), aber auch für die Regelungen über Ausschluss und Befangenheit (§§ 20, 21), Akteneinsicht oder Geheimhaltung (§§ 29, 30 VwVfG)5. 4.3.2 Anhörung und mündliche Verhandlung
128
Das Verfahren vor einer Beschlusskammer vollzieht sich in zwei Abschnitten. Es ist „justizähnlich ausgestaltet“6 auch insoweit, als zunächst Ermittlungen geführt werden und erst dann und auf deren Grundlage eine „Hauptverhandlung“ vonstatten geht. Alle Beteiligten (§ 134 Abs. 2 TKG wie zuvor § 74 Abs. 2 TKG 1996) müssen zunächst Gelegenheit zu einer (in der Regel schriftlichen) Stellungnahme erhalten (§ 135 Abs. 1 TKG) und daher erforderlichenfalls erst einmal über den Sachverhalt informiert werden7; diese Pflicht zur „Anhörung“ (so die Überschrift des § 135) wird nicht durch die
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1 Hier ist noch immer (wie früher in § 74 Abs. 2 Nr. 3 TKG 1996) an Stelle der „Kartellbehörde“ des GWB – wo es um mehrere Stellen geht (§ 44 GWB a. F.; § 48 GWB 2005) – schlicht und unpräzise „Regulierungsbehörde“ eingesetzt worden. Zutreffend Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 74 Rz. 34 (ungenau aber Rz. 33); im Ergebnis auch Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 134 Rz. 27. 2 Vgl. K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 51 Rz. 40 zu § 51 Abs. 2 Nr. 4 GWB a. F. 3 Vgl. Bonk in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, 4. Aufl. 1993, § 13 Rz. 25 f.; wie hier Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 74 Rz. 28 ff. 4 Ebenso Bock/Völcker, CR 1998, 473 (482); Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999, C § 134 Rz. 20 f.; krit. Moritz/Neus, CR 1997, 239 (244). 5 Hierzu Tschentscher/Neumann, BB 1997, 2437 (2440 f.); Bock/Völcker, CR 1998, 473 (482); Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 135 Rz. 3, 8 ff. 6 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 51; Ulmen/Gump, CR 1997, 396 (401); Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 132 Rz. 14 ff. 7 Vgl. Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 135 Rz. 4; Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 75 Rz. 6 ff.; zu § 53 Abs. 1 GWB a. F. (= § 56 Abs. 1 GWB 2005) K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 53 Rz. 4 ff.
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Verfahren der Regulierungsbehörde
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in § 28 Abs. 2, 3 VwVfG vorgesehenen Ausnahmen eingeschränkt1. Darüber hinaus kann, ebenfalls schon im ersten Verfahrensstadium, „Vertretern der von dem Verfahren berührten Wirtschaftskreise“ – vor allem von im Telekommunikationssektor aktiven Verbänden, aber auch Verbraucher- oder Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften2 – die Möglichkeit zu Äußerungen eingeräumt werden3, allerdings beschränkt auf „geeignete Fälle“. Hierzu sollten insbesondere Konflikte zählen, durch deren sachgerechte Lösung auch für eine Vielzahl von anderen Unternehmen in ähnlicher Lage wie die Beteiligten Klarheit geschaffen wird („Musterverfahren“)4. Jeder Beteiligte – auch der „bloß“ hinzugezogene – kann auf einer mündlichen Verhandlung vor der Beschlusskammer bestehen5; eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren ist nur bei Einverständnis aller Beteiligten zulässig, aber auch dann nicht geboten (§ 135 Abs. 3 Satz 1 TKG wie zuvor § 75 Abs. 3 Satz 1 TKG 1996)6. Die Verhandlung soll „der Erörterung aller entscheidungserheblichen Sach- und Rechtsfragen“ dienen und damit „Gelegenheit zu intensiver Aussprache“ geben7; damit gleicht ihr Gang dem Modell des § 68 Abs. 2 Satz 2 VwVfG. Anders als nach § 68 Abs. 1 VwVfG8 muss die mündliche Verhandlung aber regelmäßig öffentlich stattfinden. Die Gründe für einen Ausschluss des Publikums gleichen denen des § 56 Abs. 3 Satz 2 GWB 2005 und im Wesentlichen auch des § 172 Nr. 1, 2 _______________
1 Ebenso Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 135 Rz. 2; anders Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 75 Rz. 20. 2 Vgl. Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 75 Rz. 14 ff.; Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 135 Rz. 19 f.; Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 75 Rz. 25 f.; zu § 53 Abs. 2 GWB a. F. (= § 56 Abs. 2 GWB 2005) K. Schmidt in: Immenga/ Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 53 Rz. 22. 3 Dadurch werden sie nicht zu Beteiligten (§ 13 Abs. 3 VwVfG); s. Beck TKGKomm/Kerkhoff, § 75 Rz. 16; Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 135 Rz. 22. 4 Ebenso Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 135 Rz. 20. 5 Insofern abweichend von § 53 Abs. 1, 3 GWB a. F. bzw. § 56 Abs. 3 GWB 2005; wie hier Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 75 Rz. 19; Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 75 Rz. 30; Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 135 Rz. 30. 6 Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 135 Rz. 27; Bosch in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 76 TKG Rz. 6; zur nötigen Transparenz auch Bock/Völcker, CR 1998, 473 (482 f.); Moritz/Neus, CR 1997, 239 (244). 7 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 52; Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 75 Rz. 18; Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 135 Rz. 23; ähnlich K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 53 Rz. 14. 8 Als Regelfall bei Verwaltungshandeln, auch bei Ausschüssen; s. Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, 4. Aufl. 1993, § 68 Rz. 3 i. V. m. Rz. 2.
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C Rz. 130
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GVG1. Liegt ein Ausschlussgrund vor, so hat der Spruchkörper kein Ermessen. Ein Antrag eines Beteiligten kann dabei insbesondere auf die Gefährdung eines „wichtigen“2 Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses3 aufmerksam machen, berechtigt aber nicht schon als solcher, nichtöffentlich weiter zu verhandeln. Der Ausschluss der Öffentlichkeit darf auch – und muss ggf. im Hinblick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip – nur „für einen Teil“ der Verhandlung andauern. Auch die schließlich getroffene Entscheidung muss jedoch – anders als in gerichtlichen Verfahren (§ 173 Abs. 1 GVG) – nicht öffentlich verkündet werden. Dass (Zwischen-)Entscheidungen über den Ausschluss des Publikums mit Klage angefochten werden können, erscheint allenfalls für den Fall der Ablehnung eines hierauf gerichteten Antrags eines Beteiligten denkbar4. 130
Bereits in das TKG 1996 wurde nachträglich eingefügt5 eine die Grundsätze des § 30 VwVfG konkretisierende Vorschrift zur Behandlung von Betriebsund Geschäftsgeheimnissen. § 75a Abs. 1 a. F. wurde unverändert in das neue Recht (§ 136 TKG) übernommen6. Eine Beschlusskammer darf nach § 136 Satz 3 TKG davon ausgehen, ihr nicht mit entsprechenden Kennzeichnungen (und dann zugleich in „entschärfter“ Fassung) vorgelegte Unterlagen dürften auch anderen Beteiligten zur Einsicht gebracht werden, wenn die auf diese Weise zu vermutende Zustimmung nicht durch „besondere Umstände“ widerlegt wird7. Wenn und soweit nach Auffassung der Kammer eine Kennzeichnung als Geheimnis zu Unrecht erfolgt ist, darf sie andererseits erst dann über eine Einsichtnahme (nach § 29 VwVfG) entscheiden, wenn sie zuvor die vorlegende(n) Person(en) dazu gehört hat8. _______________
1 Ähnlich Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 75 Rz. 35; krit. Moritz/Neus, CR 1997, 239 (244). 2 Hierzu Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 75 Rz. 36; Bosch in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 75 TKG Rz. 7; Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 135 Rz. 30; ferner K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 53 Rz. 19. 3 Zu deren verfassungsrechtlichem Schutz s. Wolff, NJW 1997, 98 ff.; ferner Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 75 Rz. 22 ff.; Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 75 Rz. 21 und § 75a Rz. 2; oben, Rz. 43. 4 Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 75 Rz. 25; zum GWB ebenso K. Schmidt in: Immenga/ Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 53 Rz. 19. 5 Durch Art. 18 Nr. 3 des post- und telekommunikationsrechtlichen Bereinigungsgesetzes v. 7.5.2002 (BGBl. I, 1529); dazu Ellinghaus, MMR 2003, 91 (92); Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 75a Rz. 1. 6 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 101; Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 136 Rz. 1. 7 Vgl. Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 75a Rz. 18 ff.; Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 136 Rz. 7 f. 8 Vgl. Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 75a Rz. 22 ff.; Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 136 Rz. 9 ff.
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Verfahren der Regulierungsbehörde
Rz. 132 C
4.3.3 Ermittlungen, insbesondere Beweiserhebung Die einschlägigen Vorschriften wurden verallgemeinert (Rz. 97); § 128, aber auch §§ 129–131 TKG haben aber auch nach neuem Recht wesentliche Bedeutung gerade für Beschlusskammer-Verfahren.
131
4.3.4 Vorläufige Anordnungen § 78 TKG 1996 ermächtigte allein die Beschlusskammern zu „einstweiligen Anordnungen, weil vielfach ein praktisches Bedürfnis für vorläufige Regelungen vor Erlass einer endgültigen Entscheidung besteht, um nachteilige Entwicklungen zu verhindern“1. Der Wortlaut der Vorschrift schränkte im Unterschied zu § 60 GWB 20052 die Befugnis nicht auf bestimmte Fallgruppen ein3. § 130 TKG erweitert diese Befugnis auf die RegTP/BNetzA als solche; daneben ermächtigt auch § 126 Abs. 4 TKG zu temporären Maßnahmen (Rz. 75). Formal muss im Fall des § 130 TKG (wie bisher) bereits ein Verfahren überhaupt eingeleitet worden sein4; materiell gilt – ähnlich wie bei § 123 VwGO –, dass gerade eine vorzeitige Anordnung5 im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines oder mehrerer Beteiligter erforderlich ist, um schwere, zumindest aber erhebliche Nachteile zu verhindern6. Eine gänzliche Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung kommt (ebenso wie im gerichtlichen Verfahren) allenfalls bei Befristung der „vorläufigen“
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1 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 52. Dieselbe Begründung wurde auch für § 56 GWB a. F. gegeben (s. K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 56 Rz. 1). 2 Ob dort eine abschließende Aufzählung vorliegt, ist allerdings streitig; vgl. K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 56 Rz. 5; Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 78 Rz. 1. 3 Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 78 Rz. 66. 4 Vgl. Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 78 Rz. 4; offen lassend Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 78 TKG Rz. 5; anders Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 78 Rz. 16 f. 5 Insoweit wie hier auch Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 78 Rz. 36; Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 78 Rz. 2, 9; ähnlich Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 78 TKG Rz. 2. 6 Vgl. zum GWB K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 56 Rz. 12; Bechtold, GWB-Kommentar, 1993, § 56 Rz. 6; zum TKG Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 78 Rz. 8; Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 78 Rz. 40 ff.; weniger strikt Spoerr in: Trute/ Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 78 TKG Rz. 6.
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C Rz. 133
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
Anordnung in Betracht1. § 130 TKG gewährt kein auf Tätigwerden der Bundesnetzagentur gerichtetes Antragsrecht2. 133
Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG muss auch gegen einstweilige („vorläufige“) Anordnungen als „Akte öffentlicher Gewalt“ der Rechtsweg eröffnet sein. Auch sie3 sind „Entscheidungen“ (durch „Verwaltungsakt“) i. S. v. § 137 Abs. 1 TKG, gegen die Klage zum Verwaltungsgericht erhoben oder dort einstweiliger Rechtsschutz (nach § 80 Abs. 5 i. V. m. § 80a Abs. 3 VwGO; Rz. 149) begehrt werden kann. 4.4 Verfahrensabschluss 4.4.1 Entscheidungen
134
Beschlusskammern entscheiden „durch Verwaltungsakt“ (§ 132 Abs. 1 Satz 2 TKG wie zuvor § 73 Abs. 1 Satz 2 TKG 1996). Mit dieser Festlegung scheidet hier die (in § 54 Satz 2 VwVfG prinzipiell eröffnete4) Alternative eines Handelns durch subordinationsrechtlichen Vertrag auch dann aus, wenn sie nicht schon deshalb außer Betracht bleiben muss, weil die Regulierungsbehörde Privatrechtsbeziehungen nicht mit, sondern zwischen („beteiligten“) Unternehmen oder Privatpersonen (um)gestalten will5. KammerEntscheidungen müssen inhaltlich so hinreichend bestimmt sein (s. § 37 VwVfG), dass sie nötigenfalls mit Zwangsmitteln (Rz. 113) durchgesetzt werden können. Schriftform wird in der (anders als nach dem inhaltlich übereinstimmenden § 79 Abs. 1 TKG 19966) allgemein geltenden Bestimmung des § 131 Abs. 1 TKG zwar nicht explizit genannt, jedoch (in Satz 2) insoweit vorausgesetzt, als bislang nur für Schriftstücke (Urkunden) eine „Zustellung“ erfolgen konnte. Mit der Novellierung des Verwaltungszustellungsrechts7 können stattdessen aber auch „elektronische Dokumente“ übermittelt werden (§ 2 Abs. 1, § 5 Abs. 4, 5 VwZG; § 3a VwVfG). _______________
1 Vgl. Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 78 Rz. 52, 55, 59; Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 78 TKG Rz. 8. 2 Holznagel/Schumacher, N&R 2006, 134 (135). 3 Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 78 Rz. 17; Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 78 Rz. 80; Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 78 TKG Rz. 13; Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 78 Rz. 2; zu § 56 GWB s. K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 56 Rz. 23. 4 Vgl. Bonk in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, 4. Aufl. 1993, § 54 Rz. 49, 54. 5 Ebenso Gurlit, K&R Beil. 1/2004, 32 (34). 6 Vgl. Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 79 Rz. 17; Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 79 Rz. 2. 7 Fassung v. 12.8.2005, BGBl. I, 2354; dazu Rosenbach, DVBl. 2005, 816 ff.
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Verfahren der Regulierungsbehörde
Rz. 136 C
Die stets erforderliche Begründung (§ 131 Abs. 1 Satz 1 TKG) muss die „wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründen“ nennen, die den Spruchkörper zu seiner Entscheidung bewogen haben (§ 39 Abs. 1 Satz 2 VwVfG)1. Diese ist zudem mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen (§ 131 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. §§ 58, 59 VwGO); der Gesetzeswortlaut spricht insoweit ungenau von „Rechtsmittel“.
135
Entscheidungen sind, um wirksam zu werden, denjenigen Beteiligten (Rz. 126) bekannt zu geben, für die sie bestimmt sind oder die von ihnen betroffen werden (§ 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG). § 131 Abs. 1 Satz 2 schreibt als besondere Form hierfür die Zustellung nach dem (Bundes-)Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG)2 vor. Dabei knüpft § 131 Abs. 1 Satz 3 TKG an die Regelung in § 15 (Satz 1) VwVfG an, wonach die Regulierungsbehörde von am Verfahren beteiligten Unternehmen3 mit Sitz im Ausland die Benennung eines Empfangs- und damit auch Zustellungsbevollmächtigten (§ 7 VwZG) verlangen kann4. Kommt das Unternehmen dieser Aufforderung nicht nach, greift jedoch weder die Zugangsvermutung des § 15 Satz 2 VwVfG ein noch wird eine „Zustellung im Ausland“ nach Maßgabe des § 9 VwZG5 betrieben. Vielmehr sieht § 131 Abs. 1 Satz 4 eine Bekanntmachung in einem auch für andere amtliche Mitteilungen verwendeten Blatt, dem Bundesanzeiger, vor; mit dem Erscheinen der betr. Ausgabe ist die Zustellung der Entscheidung bewirkt (und beginnt der Lauf der Rechtsbehelfsfrist)6. Hierzu zu unterscheiden ist die der Information des Publikums dienende Veröffentlichung bestimmter Entscheidungen im Amtsblatt der Behörde7. Die hierfür vorgesehenen „Medien der Veröffentlichung“ werden in § 5 genannt.
136
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1 Vgl. Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 79 Rz. 4 ff.; Bosch in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 79 TKG Rz. 2; Mayen in: Scheurle/ Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 79 Rz. 13; K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 57 Rz. 13 f. 2 Wie § 61 Abs. 1 Satz 1 GWB 2005 (anders noch § 57 Abs. 1 Satz 1 GWB a. F.) enthält das TKG eine dynamische Verweisung; vgl. Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 79 Rz. 23 f.; Bosch in: Trute/Spoerr/ Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 79 TKG Rz. 4. 3 Die an § 57 Abs. 1 Sätze 3, 4 GWB a. F. (entspr. § 61 Abs. 1 Sätze 2, 3 GWB 2005) orientierte Regelung soll nicht gegenüber natürlichen Personen gelten (Bechtold, GWB-Kommentar, 1993, § 57 Rz. 6); s. aber oben, Rz. 74. 4 Hierzu Bonk in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, 4. Aufl. 1993, § 15 Rz. 3 ff. 5 Vgl. BT-Drucks. 15/5216 v. 7.4.2005, S. 15; s. a. Rosenbach, DVBl. 2005, 816 (820 f.). 6 So auch Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 79 Rz. 16; für das GWB K. Schmidt in: Immenga/ Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 57 Rz. 18. 7 Vgl. etwa Mitt. Nr. 85/1998, ABl. RegTP 1998, 1368 (zu § 30 Abs. 6 TKG 1996); Mitt. Nr. 140/1998, ABl. RegTP 1998, 1648 (zu § 28 Abs. 4 TKG 1996, § 9 TEntgV); Mitt. Nr. 152/1998, ABl. RegTP 1998, 1833 (zu § 9 TEntgV, § 6 Abs. 5 NZV); Vfg 104/1998, ABl. RegTP 1998, 1972 (zu § 9 TEntgV); Mitt. Nr. 172/1998, ABl. RegTP 1998, 1974 (zu § 9 Abs. 6 NZV); zum neuen Recht Mitt. Nr. 233/2004, ABl.
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C Rz. 137
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
4.4.2 Verfahrensbeendigung in sonstiger Weise 137
§ 131 Abs. 2 TKG (wie zuvor § 79 Abs. 2 TKG 1996) geht (wie § 61 Abs. 2 GWB) davon aus, ein Verfahren vor der RegTP/BNetzA bzw. einer Beschlusskammer könne auch durch andere Weise als durch Erlass einer (endgültigen) Entscheidung enden; die Beteiligten sind dann schriftlich über die „Einstellung“ (und deren Grund) zu informieren. Ein förmlicher Beschluss ist nicht vorgesehen; auch ein Rechtsbehelf gegen diese Art der Verfahrensbeendigung scheidet aus1. Soweit freilich ein Verfahren nur auf Antrag durchgeführt wird, muss über diesen entscheiden werden, sofern er nicht, was zulässig ist2, zuvor wirksam zurückgenommen wird. 4.4.3 Fragmentarische Kostenregelung
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Von § 79 Abs. 3 TKG 1996 abgesehen (oben, Rz. 103), enthielt das TKG 1996 insoweit zunächst keine Bestimmungen, anders als § 80 Abs. 1 GWB 2005 für das Kartellverwaltungsverfahren. Zwar nahm das „alte“ TKG an einigen Stellen speziell auf die Maßgaben des Verwaltungskostengesetzes (VwKostG) des Bundes Bezug. Hierbei handelte es sich aber stets um Sachverhalte, die nicht in die Zuständigkeit der Beschlusskammern fielen. Da aber Gebühren und Auslagen (§ 10 VwKostG) für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Bundes(ober)behörde nicht direkt nach dem VwKostG erhoben werden können, sondern es dafür auch im Anwendungsbereich dieses Gesetzes (s. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 1) eines weiteren Rechtssatzes bedarf, der den kostenpflichtigen Tatbestand näher bezeichnet, wurde 2002 § 80 Abs. 1 TKG modifiziert und dort eine Kostenregelung (nur) für Vorverfahren (§§ 68 ff. VwGO) getroffen3. Auch diese Vorschrift galt jedoch nicht für Beschlusskammer-Entscheidungen (§ 80 Abs. 1
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RegTP 2004, 785 (zu § 22 Abs. 3); Mitt. Nr. 249/2004, ABl. RegTP 2004, 932 ff. (zu § 36 Abs. 2); Mitt. Nr. 302/2004, ABl. RegTP 2004, 1438 (zu § 35 Abs. 6 – Beschl. v. 17.9.2004, BK 2a 04/016); Mitt. Nr. 312/2004, ABl. RegTP 204, 1496 ff. (zu § 26 i. V. m. § 25 – Beschl. v. 20.9.2004, BK4d-04-028); ferner Mitt. Nr. 366/2004, ABl. RegTP 2004, 1562 (zu § 5 Abs. 3 FTEG); Vfg Nr. 35/2005, ABl. RegTP 2005, 793 (zu § 6 Abs. 1 FTEG); Mitt. Nr. 104/2005, ABl. RegTP 2005, 794 ff. (zu § 10 Abs. 4 FTEG). 1 Vgl. Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 79 Rz. 31 f.; Weber/Rommersbach in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikationsund Multimediarecht, 1999 ff., C § 79 Rz. 20; abweichend Bosch in: Trute/Spoerr/ Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 79 TKG Rz. 6; zu § 57 Abs. 2 GWB a. F. (= § 61 Abs. 2 GWB 2005) K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 57 Rz. 23. 2 Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 134 Rz. 9; allgem. Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, 4. Aufl. 1993, § 22 Rz. 40. 3 Zu Art. 18 des post- und telekommunikationsrechtlichen Bereinigungsgesetzes v. 7.5.2002 (BGBl. I, 1529) s. Ellinghaus, MMR 2003, 91 (92).
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Verfahren der Regulierungsbehörde
Rz. 139 C
Satz 8 TKG 1996). Zwar enthält die Folgeregelung (§ 146 TKG) den Vorbehalt nicht mehr, betrifft aber (nach Satz 1) weiterhin lediglich Widerspruchs-, nicht jedoch „normale“ Verwaltungsverfahren. Wegen des Fehlens der erforderlichen expliziten Anordnung, ob und wie Kosten auf die Beteiligten überzuwälzen sind, bleiben (auch) Beschlusskammer-Entscheidungen bis auf weiteres auch künftig kostenfrei1. 4.5 Kosten für (sonstige) Amtshandlungen 4.5.1 Gebühren und Auslagen Gebührenpflichten nach dem TKG sind seit 2004 in einer einzigen Vorschrift (§ 142 TKG) zusammengefasst. Sie betreffen vor allem die Vergabe von Rufnummern2, Frequenzen und Wegerechten3, aber auch Maßnahmen „auf Grund von Verstößen“ gegen das TKG und die darauf beruhenden Rechtsverordnungen (Abs. 1 Satz 1 Nr. 6) und werden auch bei Antragsablehnung oder -rücknahme erhoben (Abs. 1 Satz 2). Die gebührenpflichtigen Sachverhalte und die Gebührenhöhe4 werden dabei in einer Rechtsverordnung5 geregelt (§ 142 Abs. 2 TKG), die teils von den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. VwKostG abweichen darf (Abs. 3)6. Weitere Ermächtigungsvorschriften in Bezug auf öffentlich-rechtliche Entgelte sind in § 16 FTEG, § 22 Abs. 1 SigG7, § 8 AFuG8 und § 10 EMVG9 enthalten. Gebühren und
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1 Im Ergebnis wie hier Beck TKG-Komm/Kerkhoff, § 79 Rz. 18 f.; Bosch in: Trute/ Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 79 TKG Rz. 8; Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 79 Rz. 35. 2 Dazu eingehender Stadler/Neumann, JurPC Web-Dok. 178/2004; s. a. BVerwG (Vorlage-)Beschl. v. 30.4.2003 – 6 C 6.02, BVerwGE 118, 128 ff. 3 Zu einer Gebühr für straßenverkehrsrechtliche Anordnungen im Zusammenhang mit der Verlegung von Telekommunikationslinien BVerwG Urt. v. 9.3.2005 – 6 C 8/04, NVwZ 2005, 821 ff. 4 Insoweit kann und soll die der Regulierungsbehörde nach § 147 aufgegebene Veröffentlichung von Verwaltungskosten und insgesamt eingenommenen Abgaben (auch) zu Anpassungen Anlass geben; s. bereits RegTP-Jahresbericht 2004, S. 119. Zur Bedeutung des „bundesverfassungsrechtlichen“ Äquivalenzprinzips vgl. BVerwG, Urt. v. 30.4.2003 – 6 C 4/02, BVerwGE 118, 123 (125 ff.); K&R 2003, 474 ff. 5 Frequenzgebührenverordnung (FGebV) v. 21.5.1997, BGBl. I, 1226, zuletzt geändert durch Verordnung v. 18.12.2002, BGBl. I, 4564; Telekommunikations-Nummerngebührenverordnung v. 16.8.1999, BGBl. I, 1887, zuletzt geändert durch Verordnung v. 7.5.2004, BGBl. I, 868. 6 Vgl. Heun, CR 2004, 893 (897). 7 I. V. m. § 12 SigV und Anlage 2 hierzu. 8 I. V. m. § 18 AFuV und Anlage 2 hierzu. 9 Verordnung über Kosten für Amtshandlungen nach dem EMVG und dem FTEG v. 16.7.2002, BGBl. I, 2647.
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C Rz. 140
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
Auslagen werden auch für außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren nach § 45 Abs. 3 Nr. 6 erhoben (§ 145 TKG)1. 140
Zu Aufwendungs- und Auslagenersatz verpflichtet schließlich § 127 Abs. 9 (wie zuvor § 72 Abs. 9 TKG 1996) Unternehmen nur dann und insoweit, als bei Prüfungen (nach § 127 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 TKG) Verstöße gegen Verwaltungsakte der Regulierungsbehörde festgestellt werden. Die finanzielle Belastung trifft damit lediglich „Störer“2 und begegnet daher nicht den Bedenken3, die gegen die allgemeine Überwälzung von Prüfungskosten auf Verursacher bestehen. 4.5.2 Andere Abgaben
141
Weniger deutlich auf ein konkretes Verwaltungshandeln bezogen und daher wohl zu Recht als „Beitrag“ bezeichnet wird eine jährliche Zahlungspflicht zur Deckung der Kosten der Regulierungsbehörde für die Verwaltung, Kontrolle und Durchsetzung von (Allgemein-)Zuteilungen und Nutzungsrechten (§ 143 Abs. 1 TKG), die auf die bereits in § 48 Abs. 2, 3 TKG 1996 enthaltenen Regelungen zurückgreift4. Schuldner ist gemäß § 143 Abs. 2 TKG jeder Inhaber einer Frequenzzuteilung. § 143 Abs. 3 TKG normiert eine Nachrangigkeit dieses Beitrags zu Gebühren für eine Frequenzzuteilung nach § 142 TKG, nach § 16 FTEG sowie Gebühren (§ 10; Rz. 139) und Beiträgen (§ 11)5 nach dem EMVG, wobei letztere nur von „Sendebetreibern“, also Personen, denen zum Betreiben von Funkanlagen oder -netzen Frequenzen zugeteilt sind (§ 2 Nr. 11 EMVG), erhoben werden können6; nur hierdurch noch nicht abgedeckte Kosten dürfen in den Beitrag eingehen. Einzelheiten sind auch hier (wie bei § 142 und § 144 TKG) in einer Rechtsverordnung zu regeln (§ 143 Abs. 4 TKG), wobei die Zuständigkeit zu deren Erlass (und Änderung/Aufhebung) an die RegTP/BNetzA weiter übertragen werden darf, sofern hierbei ein Einvernehmen mit BMWi und Bundesfinanzministerium gewährleistet wird – ein gut gemeinter, aber wohl kaum optimal ge_______________
1 Zuerst eingefügt (als § 41 Abs. 4 TKG 1996) durch Art. 18 Nr. 1 des post- und telekommunikationsrechtlichen Bereinigungsgesetzes 2002; vgl. BT-Drucks. 14/7921 v. 20.12.2001, S. 17. 2 Vgl. Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 12. Aufl. 1995, Rz. 450 ff.; zur Annexkompetenz des Bundes BVerfG, Beschl. v. 22.6.1988 – 2 BvR 234/87, 1154/86, BVerfGE 78, 374 (386 f.). 3 Dazu Ehlers/Achelpöhler, NVwZ 1993, 1025 (1026 ff.); unten, Rz. 142. 4 Vgl. Heun, CR 2004, 893 (897); § 48 Abs. 3 wurde neu gefasst durch Art. 18 Nr. 2 des post- und telekommunikationsrechtlichen Bereinigungsgesetzes 2002. 5 Hierzu Verordnung über Beiträge nach dem Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Geräten für die Jahre 1999, 2000, 2001 und 2002 (EMVBeitrV) v. 12.8.2002, BGBl. I, 3359. 6 Zum gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Rahmen BVerwG, Urt. v. 22.11.2000 – 6 C 8.99, BVerwGE 112, 194 (196 ff.); DVBl. 2001, 920 ff.; dazu Zerres in: Scheurle/ Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 1. Aufl. 2002, § 48 Rz. 28, 47; ferner BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 105.
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Verfahren der Regulierungsbehörde
Rz. 142 C
glückter Versuch von „Bürokratieabbau“ durch „Vermeiden von Kompetenzkonflikten und Doppelarbeit“1. Der in § 144 TKG vorgesehene „Telekommunikationsbeitrag“ soll die (in Art. 12 Abs. 1 GRL eröffnete) Möglichkeit realisieren, die nicht anderweitig und durch spezielle Einnahmen aus Abgaben gedeckten Kosten (für den laufenden Aufwand) der Regulierungsbehörde zu (re)finanzieren, indem alle (früher und jetzt) anzeigepflichtigen Unternehmens dieses Sektors – neben der Allgemeinheit (qua Steuern) – hierzu einen finanziellen Beitrag leisten2; Modell für die Regelung war § 51 KWG3 (bzw. die Nachfolgeregelung in § 16 FinDAG4). Im Jahre 2002 hatte sich ein erster Versuch, Mindereinnahmen auszugleichen, die der RegTP im Hinblick auf die Urteile des BVerwG5 zur (Rechtswidrigkeit der) Telekommunikations-Lizenzgebührenverordnung6 entstanden waren, letztlich nicht in einer „kleinen“ Änderung des TKG des Bereinigungsgesetzes niedergeschlagen7. Berücksichtigt werden nach § 144 Abs. 3 TKG im Wege der Anrechnung auch – als (weitere) Reaktion auf die richterliche Verwerfung der TKLGebV8 – bereits geleistete oder verrechnete Gebühren nach § 16 TKG 19969. Der erhebliche Begründungsaufwand vor/bei der nunmehr getroffenen Regelung sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass jede Regulierung für die ihr Unterworfenen eine Beschränkung der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit darstellt und mit ihr einher gehende, hoheitlich auferlegte finanzielle Belastungen nicht nur grund-, sondern auch finanzverfassungsrechtlich legitimiert werden müssen10; gerade die Vielfalt der Ziele in § 2 zeigt, dass hiervon das breite Publi_______________
1 So BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 104. Zur Subdelegation der Ermächtigung nach § 142 und § 144 auf die RegTP/BNetzA vgl. die TKG-Übertragungsverordnung v. 22.11.2004, BGBl. I, 2899. 2 Vgl. Scherer, NJW 2004, 3001 (3010); Heun, CR 2004, 893 (897). EG-rechtlich geboten ist eine derartige „Verwaltungsabgabe“ (i. S. v. Art. 12 GRL) nicht; vgl. Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 96 ff., 370 ff. 3 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 105. 4 Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht v. 22.4.2002, BGBl. I, 1310; zu § 16 s. BT-Drucks. 14/7033 v. 5.1.2001, S. 37 f.; ferner Husch/ Kemmler/Ohlenburg, MMR 2003, 139 (143); Stober, DöV 2004, 221 (226). 5 Urt. v. 19.9.2001 – 6 C. 13.00, BVerwGE 115, 125 ff.; CR 2002, 338 ff.; MMR 2002, 326 ff. mit Anm. Schütz. 6 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 105 f. 7 Vgl. Art. 1 Nr. 3 (= § 72a TKG 1996) des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes v. 3.6.2002, BT-Drucks. 14/9194; zur Begründung s. ebd., S. 6 f.; prinzipiell zustimmend auch die Stellungnahme des Bundesrats, ebd., S. 8 (9); s. ferner Ellinghaus, MMR 2003, 91 (94), sowie zur Zurückstellung der Änderung BT-Drucks. 14/9711 v. 3.7.2002, S. 4. 8 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 105 f.; s. a. Nolte/Schreier, MMR 2003, 235 ff., auch zur neuen Rechtsverordnung (v. 9.9.2002, BGBl. I, 3542). 9 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.7.2004 – 6 C 23.03, CR 2004, 907 (909). Zu Vorarbeiten vgl. Mitt. Nr. 55/2005, ABl. RegTP 2005, 220. 10 Vgl. zu § 16 FinDAG Gramlich in: Pitschas (Hrsg.), Integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht 2003, 313 (357 f.); ebenso Mückl, DöV 2006, 797 (800 ff.).
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C Rz. 143
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
kum profitieren soll, so dass die für eine Belastung gerade nur einer bestimmten Gruppe mit einer Sonderabgabe notwendigen strikten Voraussetzungen schwerlich gegeben sind1.
5. Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde 5.1 Rechtsbehelfe im Überblick 143
§ 139 TKG, anders als die Vorgängerregelung (§ 80 Abs. 3 TKG 1996) in eine eigene Vorschrift eingestellt, verdeutlicht schon in der Überschrift, dass es im Bereich des TKG auch „bürgerliche Rechtsstreitigkeiten“ geben kann, nimmt allerdings inhaltlich auf §§ 87 ff. GWB 2005 Bezug, gilt also (nur) für zivilrechtliche Streitigkeiten „aus dem TKG2„ zwischen Unternehmen und/oder Personen, insbesondere aufgrund des § 44 TKG (früher: § 40 TKG 1996). Die Regulierungsbehörde (bzw. ihr Träger) ist dabei nicht (beklagte) Partei, jedoch nach näherer Maßgabe des § 90 Abs. 1, 2 i. V. m. § 87 Abs. 1 GWB 2005 (entsprechend) beteiligt3.
144
Rechtsschutz gegenüber (hoheitlichen) Entscheidungen einer Behörde kommt (bis auf weiteres4) in erster Linie vor Verwaltungsgerichten in Betracht (§ 40 Abs. 1 VwGO)5. Davon gehen auch § 137 Abs. 1 und 2 TKG (wie zuvor § 80 Abs. 1 und 2 TKG 1996) aus, indem sie Regelungen der VwGO (§ 68 bzw. § 80 Abs. 1) modifizieren6 und dieses Gesetz damit für prinzipiell anwendbar erachten7. Einige spezifische Anordnungen der RegTP/BNetzA bzw. ihrer Beschlusskammern (nach §§ 128 Abs. 2, 129 Abs. 2 TKG) können allerdings nur von ordentlichen (Zivil- oder Straf-)Gerichten kontrolliert werden (Rz. 92, 100). _______________
1 So aber BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 105 f. Lediglich die Einbeziehung der „Kosten der verwaltungsmäßigen Durchführung des Umlageverfahrens“ lässt sich noch als gruppennützige Verwendung verstehen (so BVerfG, Urt. v. 14.7.2003 – 2 BvL 1, 4, 6, 16, 18/9, 1/01, BVerfGE 108, 186 [230]; problematisch aber BVerwG, Urt. v. 21.4.2004 – 6 C 20/03, NJW 2004, 3198 [3202]; dazu krit. Rieck, NVwZ 2005, 523 [525]). 2 Vgl. Beck TKG-Komm/Geppert, § 80 Rz. 14 ff.; Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 139 Rz. 1. 3 Dies soll „der Effektivität der sektorspezifischen Regulierung des Telekommunikationsmarktes“ dienen (BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 52). Vgl. näher Beck TKG-Komm/Geppert, § 80 Rz. 18 f.; Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 139 Rz. 2. 4 Zum intendierten Wechsel zum einheitlichen Zivil-/Kartellrechtsweg s. unten, Rz. 145. 5 S. insbesondere die eingehendere Begründung der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/4438 v. 23.4.1996, S. 30; Beck TKG-Komm/Geppert, § 80 Rz. 1 f. 6 Ebenso BT-Drucks. 13/4864 v. 12.6.1996, S. 82; Beck TKG-Komm/Geppert, § 80 Rz. 3 ff., 7 ff.; Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 137 Rz. 3. 7 Zum Verhältnis von behördlicher (Einzel-)Genehmigung und Zivilrechtsweg vgl. BGH, Urt. v. 10.2.2004 – KZR 6/02, 7/02, MMR 2004, 471 ff. mit Anm. Schuster.
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Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde
Rz. 146 C
Durch die Aufgabenerweiterung ergibt sich allerdings bereits jetzt eine Aufspaltung bei der gerichtlichen Kontrolle, bleibt doch der Rechtsschutz im Bereich der Energieregulierung in der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte1. Zudem haben Bundestag2 und Bundesrat3 die Bundesregierung bei Erlass des TKG 2004 aufgefordert, noch vor Ablauf der (normalen) Legislaturperiode des Parlaments (2006) eine Novellierung des Gesetzes anzugehen mit dem Ziel, auch für den Telekommunikationssektor eine Umstellung auf den Zivilrechtsweg herbeizuführen4.
145
5.2 Verwaltungsgerichte 5.2.1 Hauptsacheverfahren Verwaltungsakte der Beschlusskammern – aber nicht nur sie5 – haben angesichts der Mehrzahl der an einem Verfahren „Beteiligten“ bzw. von seinen Ergebnissen Betroffenen oft (Doppel- oder) Drittwirkung, den/die einen begünstigen, andere belasten sie. Insoweit ist, wenn auch nur ein Adressat innerhalb der Frist des § 74 VwGO eine formgerechte (§§ 81, 82) Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1) erhebt, eine „Beiladung“ (§ 65 VwGO) der anderen am Ausgangsverfahren Beteiligten (§ 134 Abs. 2 TKG, wie zuvor § 74 Abs. 2 TKG 1996) geboten, jedenfalls aber zweckmäßig/zulässig6. Freilich kann gerade bei Konkurrentenklagen mangels drittschützender Ausgestaltung der entscheidungserheblichen Regelungen bereits die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) fehlen7. Ähnliche Fragen _______________
1 Vgl. §§ 75 ff. EnWG 2005; dazu krit. Röger, DöV 2004, 1025 (1034 f.). 2 BT-Drucks. 15/3218 v. 27.5.2004. 3 BR-Drucks. 379/04 v. 14.5.2004; s. a. Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 137 Rz. 2. 4 Vgl. §§ 63 ff. GWB 2005; krit. Scherer, NJW 2004, 3001 (3010); Holznagel, MMR 2003, 513 (513 f.); befürwortend Möschel, MMR 2003, 505 (508); Wissmann/ Klümper, K&R 2003, 52 (57 f.); Kind/Geppert/Schütze/Schulze zur Wiesche, MMR Beil. 12/2003, 3 ff.; vermittelnd Thomaschki, K&R Beil 1/2004, 21 (24 f.): ablehnend Scherer in: Schulze/Zuleeg (Hrsg.), Europarecht, 2006, § 36 Rz. 151. 5 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 52, nannte als (nicht mehr aktuelles) Beispiel „mögliche Konkurrentenklagen, die die Ausübung der Lizenzrechte verzögern“ könnten! Vgl. nunmehr Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikationsund Multimediarecht, 1999 ff., C § 137 Rz. 15. 6 Zur Tagweite von Art. 103 Abs. 1 GG in diesem Zusammenhang vgl. BVerfG, Beschl. v. 9.11.2006 – 1 BvR 675/06, 1 BvR 2699/06, Rz. 17 ff. 7 Vgl. zum TKG 1996 Hiltl/Großmann, BB 1996, 169 (172); Nolte, CR 1996, 459 (466); Manssen, ArchPT 1998, 236 (240); weniger restriktiv J. Scherer, NJW 1996, 2953 (2957); Spoerr/Deutsch, DVBl. 1997, 300 (308 f.); Leo/Schellenberg, ZUM 1997, 188 (191); VG Köln, Urt. v. 5.6.2003 – 1 K 6475/99, CR 2004, 32 ff.; MMR 2003, 689 ff.; BVerwG, Urt. v. 10.10.2002 – 6 C 8/01, BVerwGE 117, 93 (95 ff.); CR 2003, 574 (575 f.); K&R 2003, 196 (197 ff.). Zur Neuregelung Holznagel, MMR 2003, 513 (516 f.); Schütz, MMR 2003, 518 (521); Krings, K&R Beil 1/2004, 6 (10); Mayen, CR 2005, 21 (22 f.); Ladeur/Möllers, DVBl. 2005, 525 (529 f.); Helmes, CR 2006, 583 (587 f.); ferner Wissmann/Klümper, K&R 2003, 52 (54 f.); VG Köln Beschl. v. 21.12.2005 – 21 K 1200/05, N&R 2006, 77 (78), mit Anm. Fuchs.
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146
C Rz. 147
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
schon im Rahmen der Sachentscheidungsvoraussetzungen werfen in privatrechtliche Verhältnisse hineinwirkende Entgeltgenehmigungen auf1. Ein weiteres Problem ergibt sich aus der Abgrenzung von Verfahrens- und Sachentscheidung im Hinblick auf § 44a VwGO2 sowie aus der teils obligatorischen, teils fakultativen Zusammenfassung mehrerer Entscheidungen in einem einzigen Akt (insbesondere nach § 13 Abs. 33 sowie § 25 Abs. 5, 6 TKG4). Örtlich (nach § 52 Nr. 2) und sachlich (gem. § 45 VwGO) für die Entscheidung über das Klagebegehren zuständig ist das Verwaltungsgericht Köln. Im Falle von Beschlusskammer-Entscheidungen findet ein Vorverfahren nach §§ 68 ff. VwGO nicht statt (§ 137 Abs. 2 TKG)5, „da regelmäßig ein Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit von (solchen) Verwaltungsakten der Regulierungsbehörde besteht“6; ansonsten hingegen muss einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ein (belastender) Widerspruchsbescheid (der RegTP/BNetzA selbst, § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO) vorausgehen. 147
Nur wenn sich Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung einer Beschlusskammer richten7, wird der (verwaltungs)gerichtliche Instanzenzug durch Wegfall einer (zweiten) Tatsacheninstanz verkürzt; § 137 Abs. 3 Satz 1 TKG schließt für den Regelfall sowohl eine Berufung (nach § 124 VwGO) gegen ein Urteil als auch eine Beschwerde (§ 136 VwGO) gegen eine andere gerichtliche Entscheidung aus. Damit sollte der überragenden Bedeutung des Zeitfaktors für die Wettbewerber des ehemaligen Monopolisten wie für die Schaffung eines funktionsfähigen Wettbewerbs als solchen besser Rechnung getragen werden, ohne den gebotenen effektiven Rechtsschutz jeder Person gegenüber Maßnahmen öffentlicher Gewalt (Art. 19 Abs. 4 GG) mehr als
_______________
1 Hierzu Groß, DöV 1996, 52 (54 ff.); Ossenbühl, ArchPT 1996, 207 (215 ff.); ferner Leo/Schellenberg, ZUM 1997, 188 (195), zur Anordnung nach § 37 TKG 1996; Großkopf/Rittgen, CR 1998, 86 (95), zu § 29 TKG 1996. 2 Vgl. Leo/Schellenberg, ZUM 1997, 188 (190 f.). 3 Vgl. Scherer, NJW 2004, 3001 (3004); Gurlit, K&R Beil. 1/2004, 32 (35); Ladeur/ Möllers, DVBl. 2005, 525 (529). 4 Vgl. Heun, CR 2004, 893 (903); Mayen, CR 2005, 21 (25); VG Köln, Beschl. v. 8.12.2004 – 1 L 2921/04, CR 2005, 108 f. mit Anm. v. Schuster. 5 So bereits die „Klarstellung“ (BT-Drucks. 14/7921 v. 20.12.2001, S. 17) durch Art. 18 Nr. 4 des post- und telekommunikationsrechtlichen Bereinigungsgesetzes 2002; dazu Ellinghaus, MMR 2003, 91 (92). S. nunmehr Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 137 Rz. 19 ff. 6 So BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, S. 52; Ulmen/Gump, CR 1997, 396 (401); Beck TKG-Komm/Geppert, § 80 Rz. 7; zur EG-rechtlichen Zulässigkeit Holznagel, MMR 2003, 513 (515); Scherer, MMR Beil. 12/2002, 23 (27); Gurlit, K&R Beil. 1/2004, 32 (36); Wegmann, K&R Beil. 1/2003, 21 (22). 7 Heun, CR 2004, 893 (897); Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikationsund Multimediarecht, 1999 ff., C § 137 Rz. 22.
226 | Gramlich
Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde
Rz. 148 C
notwendig zu schmälern1. Zulässig bleiben nach § 137 Abs. 3 Satz 2 TKG – dem Vorbild des § 152 VwGO folgend – Beschwerden im Zwischenverfahren nach § 138 (Rz. 148)2, über die Nichtzulassung der Revision nach § 135 i. V. m. § 133 VwGO sowie über den Rechtsweg (§ 17a Abs. 2, 3 GVG)3. § 138 TKG trifft eine auf die Besonderheiten des Telekommunikationsrechts zugeschnittene Regelung über das Recht oder die Pflicht der Regulierungsbehörde zur Vorlage von Unterlagen (einschließlich der Übermittlung elektronischer Dokumente und der Erteilung von Auskünften), die §§ 99 und 100 VwGO teilweise modifiziert oder verdrängt4. Nach § 138 Abs. 1 Satz 2 TKG liegt es hier im Ermessen der RegTP/BNetzA, die Vorlage zu verweigern, wenn eine Bekanntgabe von Inhalten dem „Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten“ würden oder Vorgänge nach einem Gesetz (s. § 12 Abs. 1 Satz 2) oder „ihrem Wesen nach“ geheim gehalten werden müssen (§ 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO)5. Auf Antrag eines Beteiligten kann das Gericht der Hauptsache in einem Zwischenverfahren die Vorlagepflicht klären; zu diesem Zwecke und in diesem Kontext muss die RegTP/ BNetzA Unterlagen vorlegen (§ 138 Abs. 3 Satz 2 TKG)6. Auch mit Blick auf diese neuere Regelung ist die Entscheidung des BVerfG vom März 20067 wesentlich, dass in mehrpoligen Rechtsverhältnissen – wie bei Entgeltgenehmigungen nach dem TKG – durch ein gesetzliches Abwägungsprogramm oder durch gerichtliche Entscheidung im Einzelfall eine dem Grund_______________
1 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 101; Scherer, MMR Beil. 12/2002, 23 (29) und NJW 2004, 3001 (3010); Holznagel, MMR 2003, 513 (514); Schütz, MMR 2003, 518 (522); Ohlenburg, MMR 6/2003, XIV (XV) und in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 137 Rz. 22 ff.; Krings, K&R Beil. 1/2004, 6 (10); Gurlit, K&R Beil. 1/2004, 32 (36); Wissmann/Klümper, K&R 2003, 52 (56), auch zur EG-rechtlichen Unbedenklichkeit. 2 Zur ersten Entscheidung s. BVerwG, Beschl. v. 4.1.2005 – 6 B 59.04, N&R 2005, 76 ff. mit Anm. Gurlit.; s. a. Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikationsund Multimediarecht, 1999 ff., C § 138 Rz. 22. 3 Vgl. Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 137 Rz. 35 f. 4 Vgl. näher Ohlenburg, NVwZ 2005, 15 ff. und in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 138 Rz. 2 ff.; Gurlit, K&R Beil. 1/2004, 32 (37 f.); BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 102 f. 5 Dazu insbes. BVerwG, Beschl. v. 15.8.2003 – 20 F 7/03, CR 2003, 813 ff.; MMR 2003, 729 ff. mit Anm. Steinwärder; Beschl. v. 15.8.2003 – 20 F 9/03, NVwZ 2003, 745 ff.; Beschl. v. 15.8.2003 – 20 F 3.03, BVerwGE 118, 352 ff.; Nacimiento, K&R 2003, 582 (592 f.); Ellinghaus, MMR 2004, 293 (295 f.); BVerfG, Beschl. v. 5.2.2004 – 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03, CR 2004, 431 ff. mit Anm. Schütze; Nacimiento, K&R 2005, 1 (12); v. Danwitz, DVBl. 2005, 597 ff.; Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 138 Rz. 7, 10. 6 Vgl. Ohlenburg, NVwZ 2005, 15 (17 f.) und in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 138 Rz. 23; ferner Holznagel, MMR 2003, 513 (515 f.). 7 BVerfG, Urt. v. 14.3.2006 – 1 BvR 2087/03, 2111/03, MMR 2006, 375 ff.; NVwZ 2006, 1041 ff.
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148
C Rz. 149
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
gesetz entsprechende Zuordnung der kollidierenden Rechtsgüter zu gewährleisten ist. Hierfür eignet sich nach Ansicht des Gerichts, vor allem aber des Sondervotums (Gaier) die Durchführung eines „in camera“-Verfahren auch in der Hauptsache, was § 138 TKG derzeit freilich nicht vorsieht1. 5.2.2 Einstweiliger Rechtsschutz 149
Im Hinblick auf die Gründe, auf die sich das „Überspringen“ der verwaltungsinternen Kontrolle stützt (Rz. 146), dürfte die Möglichkeit für die Regulierungsbehörde, aufgrund von § 80 Abs. 4 (S. 1) i. V. m. Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO eine Aussetzung der Vollziehung auszusprechen, praktisch nur selten relevant werden2. Die Anordnung des Suspensiveffekts einer (Anfechtungs-)Klage (§ 80 Abs. 1) obliegt so regelmäßig dem (Verwaltungs-)Gericht der Hauptsache (§ 80 Abs. 5 VwGO)3. In Fällen der Drittwirkung einer RegTP/BNetzA-Entscheidung kommen auch einstweilige Maßnahmen nach § 80a Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Nr. 2 VwGO zur Sicherung der Rechte des belasteten Antragstellers in Betracht4. Über § 123 VwGO kann zum einen ein Antragsteller anstreben, eine in der Hauptsache begehrte Genehmigung bereits vorläufig zu sichern, zum andern kann dieses Ziel auch von einem Konkurrenten im Hinblick auf eine erstrebte drittbelastende Regelung verfolgt werden. Insoweit hat § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG für ex ante-Regulierungen von Entgelten eine Vereinfachung herbeigeführt, indem dort ein Anordnungsgrund für gegeben angesehen wird. Ohne die – zunächst ausstehende – Einführung einer Frist für die Einlegung eines (Eil-)Rechtsbehelfs war dies aber inkonsequent5; abzuwarten bleibt, ob die Einfügung von Satz 4 durch das Änderungsgesetz (Rz. 53) das Problem beheben kann.
6. Schluss 150
Beim Erlass des TKG 1996 verwies die Bundesregierung darauf, „dass die künftige Entwicklung auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt nicht _______________
1 Zu Umsetzungsproblemen auch Dietlein/Brandenberg, N&R 2006, 95 (98 ff.). Zu einer weithin ähnlichen Auslegung von Art. 4 RRL vgl. EuGH Urt. v. 13.7.2006 Rs. C-438/04 (Mobistar), Rz. 40 ff. 2 Vgl. Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 137 Rz. 7 f.; Holznagel/Schumacher, N&R 2006, 134 (134); s. aber auch Mitt. Nr. 405/2004, ABl. RegTP 2004, 2121 (Beschl. v. 9.12.2004 – BK 2a 04/015). 3 S. hierzu VG Köln, Beschl. v. 18.8.1997 – 1 L 2317/97, CR 1997, 639 ff.; Beschl. v. 27.6.2003 – 1 L 1214/03, MMR 2003, 618 ff.; Beschl. v. 28.1.2004 – 1 L 3169/04, K&R 2004, 549 ff.; OVG Münster, Beschl. v. 3.6.2004 – 13 B 351/04, K&R 2004, 547 ff.; Beck TKG-Komm/Geppert, § 80 Rz. 11 ff.; Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 137 Rz. 9 ff. 4 Vgl. Ohlenburg in: Manssen (Hrsg.), Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., C § 137 Rz. 16; Holznagel/Schumacher, N&R 2006, 134 (134 f.). 5 S. näher Holznagel/Schumacher, N&R 2006, 134 (135 f.).
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Schluss
Rz. 152 C
zeitlich bestimmt vorausgesagt werden kann. Dies bestätigen auch alle Erfahrungen aus dem Ausland. Es wäre fahrlässig, einen Zeitpunkt festzulegen, zu dem funktionsfähiger Wettbewerb auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt bestehen würde“1. Dieser lasse sich „nicht erzwingen. Man kann nur … günstige Rahmenbedingungen für seine Entstehung schaffen und einen existierenden Wettbewerb vor Verfälschungen schützen“2. Der Zweck des TKG 2004 entspricht dem des alten Gesetzes; zentrales Anliegen bleibt es auch künftig, „durch Regulierung im Bereich der Telekommunikation die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass funktionsfähiger Wettbewerb entstehen kann“. Dabei hat das EG-Recht den nationalen Regulierungsbehörden „mehr Spielraum“ als bisher hinsichtlich der „Anwendung der Regulierungsinstrumente“ eingeräumt, so dass der Bundesgesetzgeber auf Präzisierungen verwiesen war, „um Rechts- und Investitionssicherheit zu gewährleisten“3. Bislang ist noch immer offen, ob das Telekommunikationsrecht im Hinblick auf Organisation, Verfahren und Instrumentarium Richtung weisend für die Entwicklung einer modernen staatlichen Wirtschaftsaufsicht4 sein wird. Nur wenn und soweit Regulierungspolitik im Telekommunikationswie in ähnlich Netz basierten Sektoren ihre Ziele erreicht, weil alle Betroffenen – „incumbent“, andere marktmächtige und sonstigen Betreiber-/ Anbieter-Unternehmen, aber auch Teilnehmer und Nutzer – aus wohlverstandenem Eigeninteresse an der Herausbildung und Erhaltung unverfälschten Wettbewerbs mitwirken, wird sie zunehmend entbehrlich und einer reinen Missbrauchsaufsicht weichen können5.
151
Gegenwärtig wird allerdings vor allem diskutiert, ob und wie weit das Recht der Regulierungsverwaltung Sektor übergreifend geregelt werden soll6. Insoweit sind mit der Erweiterung der Aufgaben der Bundesnetzagentur die Organisationsfragen bereits vor einer Annäherung oder gar Verschmelzung der materiellen und prozeduralen Regulierung erfolgt. Allerdings sind Unterschiede in der Abgrenzung der jeweiligen Tätigkeitsbereiche im Verhältnis zu anderen Bundesbehörden geblieben7, im Bereich Energie darüber hinaus auch zu Landesregulierungsbehörden8, so dass hier noch Klärungs-
152
_______________
1 2 3 4 5 6
BT-Drucks. 13/4438 v. 23.4.1996, S. 41. BT-Drucks. 13/4438 v. 23.4.1996, S. 30. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, S. 55. Vgl. Gramlich, VerwArch 1997, 598 (642 ff.). Vgl. Witte, ZögU 1997, 434 (447 f.). Vgl. insbes. Masing in: Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentags, Bd. 1, 2006, Gutachten D 1 ff.; Juristentag; Röhl, JZ 2006, 831 ff.; Burgi, NJW 2006, 2439 ff.; Storr, DVBl. 2006, 1017 ff. 7 Allgemein gegenüber dem Bundeskartellamt (Rz. 104 f.), im Bahnsektor auch gegenüber dem Eisenbahnbundesamt (s. §§ 2 ff. des Gesetzes über die Eisenbahnverkehrsverwaltung des Bundes v. 27.12.1993, BGBl. I, 2378, 2394). 8 § 54 EnWG; dazu Angenendt/Gramlich/Pawlik, LKV 2006, 49 (52 f.). Im TK-Bereich ist hingegen eine inhaltliche Grenzziehung gegenüber Landesmedienanstalten erforderlich (Rz. 106).
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C Rz. 153
Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde)
bedarf besteht. Nicht einheitlich ausgestaltet sind auch die Kooperationspflichten im europäischen Regulierungsverbund mit Behörden anderer (EG-)Staaten und der Kommission1. 153
Die im Sommer 2006 begonnene Überprüfung des EU-Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste dürfte auch Auswirkungen auf Organisation und Verfahren der Regulierung haben. So hat die Kommission in ihrer Mitteilung2 vorgeschlagen, „zur Wahrung der Vorteile des Binnenmarktes“ ihr Vetorecht nach Art. 7 RRL „auf die vorgeschlagenen Abhilfen auszudehnen“, andererseits aber auch das „Problem der routinemäßigen Aussetzung von Regulierungsentscheidungen durch nationale Gerichte (entgegen Art. 4 RRL) während der Einspruchsfrist dadurch zu beheben, dass auf EU-Ebene Kriterien für die Aussetzung“ festgelegt werden3. Ferner wurden als sinnvolle Änderungen genannt: „Erweiterung der Befugnisse der nationalen Regulierungsbehörden zur Verhängung von Sanktionen bei Verstößen gegen Regulierungsauflagen“ sowie „Einführung eines Mechanismus für die Zustimmung der Kommission“ zu nationalen Maßnahmen nach Art. 5 Abs. 1 ZRL4. Der „review“ zielt damit auf eine eher behutsame Reform ab, die Status, Aufgaben und Befugnisse der Bundesnetzagentur nicht grundlegend modifizieren dürfte5.
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1 Vgl. Storr, DVBl. 2006, 1017 (1025); Röhl, DVBl. 2006, 1070 (1076 ff.). 2 KOM (2006) 334 endg. v. 29.6.2006. 3 KOM (2006) 334 endg. v. 29.6.2006, S. 10; näher dazu Commission Staff Working Document, SEC (2006) 816 v. 28.6.2006, 17 ff. 4 KOM (2006) 334 endg. v. 29.6.2006, S. 11; näher dazu Commission Staff Working Document, SEC (2006) 816 v. 28.6.2006, 17 ff. 5 Erste Bewertungen durch Schütz, MMR 2006 H. 9, XII f.; Enaux/Worok, CR 2006, 736 (738 f.).
230 | Gramlich
Teil 2 Regulierung von Ressourcen D. Frequenzverwaltung 1. Einleitung 1.1 Gegenstand der Frequenzverwaltung Das Angebot moderner Telekommunikationsdienste ist in vielerlei Hinsicht auf die Nutzung von Funktechnologie und damit einhergehend von Funkfrequenzen angewiesen. Rundfunk, Mobilfunk und Satellitenfunk sind ohne Funktechnik nicht realisierbar. Frequenzen sind jedoch aus physikalischen Gründen eine endliche Ressource, bedingt dadurch, dass grundsätzlich dasselbe Funkspektrum zur gleichen Zeit am gleichen Ort nur von jeweils einem Nutzer genutzt werden kann. Weiterhin sind die Ausbreitungseigenschaften von Funkwellen frequenzabhängig unterschiedlich1, was dazu führt, dass manche Frequenzbereiche für einzelne Anwendungen geeigneter sind als andere2. Zudem steht das insgesamt nutzbare Funkfrequenzspektrum nicht uneingeschränkt für Zwecke der kommerziellen Telekommunikation zur Verfügung. Manche Frequenzbereiche müssen sogar zu Zwecken der Weltraumforschung von jeglicher Sendeaktivität freigehalten werden3.
1
Aus diesen einleitenden Aussagen ergibt sich die Notwendigkeit, die Nutzung von Funk einer besonderen staatlichen Aufsicht und Regulierung zu unterwerfen4. Es gilt zum einen, die Nutzungsbedürfnisse zu kanalisieren, indem das verfügbare Frequenzspektrum zwischen verschiedenen Nutzungsarten aufgeteilt wird. Dieses Aufgabenfeld der sachlichen Aufteilung des nutzbaren Frequenzspektrums wird im Regulierungssystem des Telekommunikationsgesetzes (TKG) als Frequenzplanung bezeichnet. Zum anderen sind Entscheidungen erforderlich, wer einen bestimmten Frequenzbe-
2
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1 Darum lässt sich Kurzwellenradio teilweise über Kontinente hinweg empfangen, UKW hingegen nicht. 2 Für Näheres zu technischen Eigenschaften von Funkwellen siehe Beck TKGKomm/Korehnke/Tewes, vor § 52 Rz. 2–26. 3 Beck TKG-Komm/Korehnke/Grotelüschen, 2. Auflage, § 44 Rz. 28. 4 Denkbar wäre allerdings auch eine Selbstregulierung durch die Frequenznutzer, etwa gestützt auf Marktprozesse. Ansatzweise findet sich diese in manchen Bereichen. So erfolgt die Zuteilung von Kapazitäten auf den für Fernsehübertragung führenden Satellitensystemen auf kommerzieller Basis, nämlich aufgrund von Verträgen zwischen den Satellitenbetreibern und den Rundfunkveranstaltern, vgl. Bock, Handbuch für Hörfunk und Fernsehen, S. 179 (190). Allerdings bewegen wir uns hier schon nicht mehr auf der Ebene der Frequenzverwaltung, sondern auf der Ebene des Ausfüllens von Frequenzen mit Inhalten.
Jenny | 231
D Rz. 3
Frequenzverwaltung
reich zur Erbringung des dafür jeweils vorgesehenen Dienstes nutzen darf. Hier geht es also um die Verteilung des Frequenzspektrums in persönlicher Hinsicht, was das TKG als Frequenzzuteilung bezeichnet. Schließlich müssen die auf der Ebene von Frequenzplanung und Frequenzzuteilung getroffenen Entscheidungen auch durchgesetzt werden. Dies wird vom TKG als Überwachung der Frequenznutzung bezeichnet. 3
Diese Aktivitäten bilden zusammen das System der Frequenzverwaltung nach dem TKG. Zusammenfassend handelt es sich damit um die planmäßige Bewirtschaftung eines Allgemeinguts zur Schaffung ausschließlicher und nichtausschließlicher Nutzungsrechte daran. Die wirtschaftliche Bedeutung dieser Vorgänge sollte nicht unterschätzt werden. Mobilfunk und Rundfunk sind als Branchen mit eminenter wirtschaftlicher und auch gesellschaftlicher Bedeutung auf die effiziente und störungsfreie Nutzung von Funkfrequenzen angewiesen. 1.2 Internationaler Rahmen der Frequenzverwaltung
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Ausgehend von der Erkenntnis, dass Funkwellen vor Hoheitsgrenzen nicht halt machen, sind schon frühzeitig Anstrengungen unternommen worden, die Nutzung von Frequenzen international zu koordinieren. Dies ist nicht nur zur Vermeidung wechselseitiger Störungen von Funkdiensten sinnvoll. Durch internationale Koordination ergeben sich wegen universeller Einsetzbarkeit von Produkten zudem größere Märkte, was letztlich günstigere Preise erwarten lässt1. 1.2.1 ITU
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Aus dem 1865 gegründeten Internationalen Fernmeldeverein ist die Internationale Fernmeldeunion (ITU) hervorgegangen, die älteste Organisation innerhalb des heutigen UNO-Systems2. Die planerischen Vorgaben der ITU für die Frequenzverwaltung ihrer Mitgliedstaaten werden auf internationalen Funkkonferenzen getroffen3. Ergebnis sind entweder eigenständige Vertragswerke oder Änderungen des weltweiten Frequenzbereichzuweisungsplans der ITU, welcher Teil der Vollzugsanordnung für den Funkdienst (VOFunk) ist. Diese Entscheidungen der ITU determinieren die nationale Frequenzplanung in erheblichem Ausmaß, weil sie grundsätzlich verbindlich _______________
1 Beck TKG-Komm/Korehnke/Tewes, vor § 52 Rz. 66. 2 Konstitution und Konvention der ITU: BGBl. 1996 II, S. 1306 (1308). Sowohl Konvention als auch Konvention wurden seitdem mehrfach geändert, zuletzt auf der Konferenz 2002 in Marrakesch, siehe Gesetz v. 2.5.2005 mit den Änderungsurkunden, BGBl. 2005 II, S. 426 ff. Näheres zur ITU bei Beck TKG-Komm/Korehnke/ Tewes, vor § 52 Rz. 65, 66 sowie ausführlicher bei Beck TKG-Komm/Korehnke/ Grotelüschen, 2. Auflage, vor § 44 Rz. 37–41. 3 Die nächste World Radio Conference (WRC) ist für Oktober 2007 angesetzt. Die Tagesordnung ist auf der Website der BNetzA abrufbar.
232 | Jenny
Einleitung
Rz. 8 D
sind und nationale Ausnahmen faktisch nur schwer erreicht werden können1. Daneben wirkt die ITU auch auf die nationale Frequenzzuteilung ein. Dies geschieht im Rahmen der Koordination grenznaher Sender. Das insoweit einzuhaltende Verfahren ist in der VO-Funk geregelt und sieht eine Koordination von Senderstandorten und -frequenzen zwischen Nachbarstaaten vor2. Daneben ist die ITU auch für die internationale Koordination und Zuteilung von Satellitenstandorten und -Frequenzen zuständig (siehe näher unten Rz. 403 ff.).
6
1.2.2 CEPT Auf europäischer Ebene wird Frequenzverwaltung durch die CEPT (European Conference of Postal and Telecommunications Adminstrations) und deren Unterorganisation ECC (Electronic Communications Committee) betrieben. Das ECC wird dabei durch das Europäische Funkbüro (ERO) mit Sitz in Koppenhagen unterstützt. Ein wesentliches Arbeitsprodukt des ERO ist der von ihm herausgegebene europäische Frequenzplan3. Die Entscheidungen des ECC beanspruchen zwar keine Verbindlichkeit, sind aber trotzdem wesentliche Grundlage der nationalen Frequenzverwaltung4. Zu den Aufgaben des ECC gehört dabei auch die Koordination und wirkungsvolle Vertretung europäischer Interessen gegenüber der ITU. Die CEPT hat derzeit 46 Mitgliedstaaten und deckt damit ein deutliches größeres Gebiet ab als das der EU.
7
1.2.3 Europäische Union Die Europäische Union hat in der Vergangenheit nur vereinzelt konkret auf die Frequenzplanung eingewirkt5. Daneben partizipierte sie als Beobachter bzw. Berater an der Arbeit von ITU und CEPT6. _______________
1 Siehe Beck TKG-Komm/Korehnke/Grotelüschen, 2. Auflage, vor § 44 Rz. 40, 41; Demmel in Manssen: Telekommunikation- und Multimediarecht, § 44 Rz. 6. 2 Siehe Beck TKG-Komm/Korehnke/Grotelüschen, 2. Auflage, vor § 44 Rz. 46. 3 THE EUROPEAN TABLE OF FREQUENCY ALLOCATIONS AND UTILISATIONS COVERING THE FREQUENCY RANGE 9 kHz TO 275 GHz, zuletzt revidiert in Kopenhagen 2004, abrufbar auf der Website des ERO, www.ero.dk. 4 Als Beispiel sei die Verfügung 11/2001 der Regulierungsbehörde erwähnt, die im Rahmen einer Marktabfrage für die zukünftige Nutzung der Frequenzbereiche 450–455,74 MHz und 460–465,74 MHz (ehemaliges analoges Mobilfunknetz C-Netz) auf den europäischen Frequenzplan Bezug nimmt. 5 Beispiele sind die Normierung für GSM (Richtlinie 87/372/EWG, ABl. L 196, 85), DECT (Richtlinie 90/544/EWG, ABl. L 310, 28) und ERMES (Richtlinie 91/287/ EWG, ABl. L 144, 45). 6 Siehe Holznagel, FS für Hoppe, S. 767 (778).
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8
D Rz. 9
Frequenzverwaltung
9
Dies wird sich als Folge der Frequenzentscheidung, die als Teil der New Regulatory Framework ergangen ist, ändern1. Mit der Entscheidung artikuliert die Europäische Union ihr Anliegen, künftig in diesem Bereich eine aktivere Rolle spielen zu wollen. Ziel der Entscheidung ist nach ihrem Erwägungsgrund (22), einen gemeinsamen Rahmen für die Frequenzpolitik der Mitgliedsländer zu schaffen. Dazu soll nach Art. 1 Abs. 1 der Entscheidung ein politischer und rechtlicher Rahmen geschaffen werden, um die politischen Ansätze zu koordinieren und gegebenenfalls harmonisierte Bedingungen mit Blick auf Verfügbarkeit und effiziente Nutzung des Funkfrequenzspektrums zu gewährleisten.
10
Die Entscheidung ergreift damit selbst noch keine inhaltlichen Maßnahmen in der Frequenzpolitik, sondern stellt die Voraussetzungen dafür her, indem die jeweils für Entscheidungen auf dem Gebiet der Frequenzpolitik geltenden Verfahrensregeln festgelegt werden. Die Kommission wird dabei von der gemäß Art. 3 Abs. 1 der Entscheidung eingerichteten Funkfrequenzausschuss unterstützt, der auch an der Normsetzung mitwirkt2. Zur Vorbereitung von in die Zuständigkeit der CEPT fallenden Umsetzungsmaßnahmen wird diese auf Basis von Aufträgen der Kommission involviert, Art. 4 Abs. 2 der Frequenzentscheidung3. Die Zusammenarbeit der Europäischen Kommission mit der CEPT ist in einem Memorandum of Understanding vom 30.1.2004 geregelt.
11
Erste Ergebnisse der Aktivitäten in diesem Bereich waren Entscheidungen der Kommission zur Einführung von WLAN im 5 GHz Frequenzbereich4 sowie zu Kfz-Kurzstreckenradargeräten im 24 GHz sowie im 79 GHz Frequenzbereich5. Weitere Maßnahmen betreffend unter anderem Short Range _______________
1 Entscheidung 676/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über einen Rechtsrahmen für die Funkfrequenzpolitik der Europäischen Gemeinschaft (Frequenzentscheidung), ABl. Nr. L 108, S. 1. 2 Die Einzelheiten dazu ergeben sich nicht aus der Frequenzentscheidung selbst, sondern über die Verweise in ihrem Art. 3 aus dem Beschluss des Rates 1999/ 468/EG v. 28.6.1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse, ABl. L 188, 23. 3 Beispiel: SECOND MANDATE TO CEPT TO IDENTIFY THE CONDITIONS NECESSARY FOR HARMONISING RADIO SPECTRUM USE FOR ULTRAWIDEBAND SYSTEMS IN THE EUROPEAN UNION v. 6.6.2005, abrufbar über die website der EU zur Informationsgesellschaft/Frequenzpolitik http://europa.eu. int/information_society/policy/radio_spectrum/index_en.htm. 4 Entscheidung der Kommission 2005/513/EG v. 11.7.2005 über die harmonisierte Nutzung von Funkfrequenzen in den 5-GHz-Bändern für die Einführung drahtloser Zugangssysteme einschließlich lokaler Funknetze (WAS/Funk-LANs), ABl. L 187, 22. 5 Entscheidung der Kommission 2005/50/EG v. 17.1.2005 zur Harmonisierung der befristeten Nutzung des Frequenzbands im Bereich um 24 GHz durch Kfz-Kurzstreckenradargeräte in der Gemeinschaft, ABl. L 21, 15 sowie Entscheidung der Kommission 2004/545/EG v. 8.7.2004 zur Harmonisierung der Frequenznutzung im Bereich 79 GHz für Kfz-Kurzstreckenradargeräte in der Gemeinschaft, ABl. L 241, 66.
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Einleitung
Rz. 12a D
Devices, UMTS-Erweiterungsbänder, sowie die ursprünglich für TFTS1 gedachten Frequenzen sind in Vorbereitung. Als weitere Maßnahme hat die Kommission mit Beschluss vom 26.7.20022 eine Gruppe für Frequenzpolitik (Radio Spectrum Policy Group, kurz „RSPG“) eingerichtet. Diese nimmt die Aufgabe eines Beratungsgremiums gegenüber der Kommission war und soll dabei als zentrales Gremium zur Behandlung frequenzpolitischer Fragen fungieren. Die Gruppe für Frequenzpolitik ist damit in die Formulierung frequenzpolitischer Ziele und Initiativen involviert, während der Funkfrequenzausschuss an deren Umsetzung mitwirkt. Die Gruppe ist hochrangig besetzt, ihr Vorsitzender ist zur Zeit Matthias Kurth, der Präsident der Bundesnetzagentur. Zum ersten Arbeitsprogramm der Gruppe vom 13.10.20033 gehören Themen wie Frequenzhandel, Spektrum für drahtlose Zugangsplattformen zu elektronischen Kommunikation (Radio spectrum for wireless electronic communications access platforms) sowie Konvergenz zwischen drahtloser elektronischer Kommunikation und Rundfunk.
12
Hervorzuheben ist dabei die so genannte WAPECS-Initiative. Dieses Akronym steht für „Wireless Access Policy for Electronic Communications Plattforms“ und verfolgt das Ziel, einheitliche und dabei möglichst wenig restriktive Nutzungsbedingungen für diverse Frequenzbänder zu finden, die gegenwärtig teils durch Rundfunk, teils durch Mobilfunk und teils für Feste Funkdienste genutzt werden. Die RSPG hat hierzu nach einer Anhörung im November 2005 eine Stellungnahme veröffentlicht, in der die Liberalisierung der Frequenznutzungsbedingungen deutlich befürwortet wird4. Daran anknüpfend hat die Europäische Kommission der CEPT ein Mandat erteilt, für bestimmte Frequenzbänder das Minimum an technischen Vorgaben zu ermitteln, das zukünftig für die Nutzung der Frequenzen gelten soll5. Betroffen sind unter anderem Rundfunkfrequenzen (470 bis 862 MHz), GSMFrequenzen im Bereich 900 und 1800 MHz, UMTS-Frequenzen (2 und 2,5 GHz) sowie Frequenzen des festen Funkdienstes (3,4 bis 3,8 GHz, darunter auch die jüngst versteigerten Frequenzen für BWA). Die hier in Aussicht stehende Liberalisierung ist geeignet, eine Reihe von Folgeproblemen auszulösen, etwa, wenn GSM-Frequenzen zukünftig auch für UMTS nutzbar
12a
_______________
1 TFTS = Terrestrial Flight Telephone System, ein System für Telefonate aus dem Flugzeug, dessen Einführung in Europa scheiterte. 2 Beschluss 2002/622/EG der Kommission v. 26.7.2002 zur Einrichtung einer Gruppe für Frequenzpolitik, ABl. Nr. L 198, 49. 3 Abzurufen über die Website der Gruppe http://rspg.groups.eu.int/Default.htm. 4 RSPG Opinion #3 on Wireless Access Policy for Electronic Communications Services, RSPG05-102final, abzurufen auf der Website der Gruppe http://rspg.groups. eu.int/Default.htm. 5 European Commission, Mandate to CEPT to develop least restrictive technical conditions for frequency bands addressed in the context of WAPECS, Brüssel 5.7.2006, abzurufen über http://ec.europa.eu/information_society/policy/radio_ spectrum/by_topics/wapecs/index_en.htm.
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D Rz. 12b
Frequenzverwaltung
würden, oder aber BWA-Frequenzen auch für Mobilfunk eingesetzt werden könnten. 12b
Auch im Rahmen der Überprüfung des EU-Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste plädiert die Europäische Kommission für eine Flexibilisierung und Liberalisierung der Frequenzverwaltung. Inhaber von Frequenznutzungsrechten sollten nicht unnötig eingeschränkt, sondern lediglich gewissen Mindeststandards unterworfen werden und dabei beliebige Dienste mittels beliebiger Techniken anbieten dürfen (Diensteund Technologieneutralität)1.
13
Die Rahmenrichtlinie2 und die Genehmigungsrichtlinie3 enthalten für die Frequenzverwaltung und insbesondere die Frequenzzuteilung weitere teils detaillierte Vorgaben. Die Richtlinien enthalten kein unmittelbar geltendes Recht, sondern bedürfen der Umsetzung in das nationale Recht der Mitgliedstaaten.
14
Art. 8 Abs. 2 Rahmenrichtlinie weist den Nationalen Regulierungsbehörden die Aufgabe zu, durch effiziente Nutzung und Verwaltung von Funkfrequenzen den Wettbewerb im Telekommunikationssektor zu fördern. Art. 9 formuliert allgemeine Prinzipien für die Frequenzverwaltung und verlangt von den Mitgliedstaaten, die Harmonisierung der Frequenznutzung im Einklang mit der Frequenzentscheidung zu fördern.
15
Die Genehmigungsrichtlinie enthält konkrete Vorgaben für Frequenzzuteilungen. Hervorzuheben ist, dass nach Art. 5 Abs. 1 nur in Ausnahmefällen die Nutzung von Funkfrequenzen von einer Einzelgenehmigung abhängen soll. Art. 6 Abs. 1 und die Anhänge A und B enthalten Vorgaben für den Inhalt und die Bedingungen von Frequenzzuteilungen. Art. 7 stellt Anforderungen an das Verfahren auf, wenn bei der Vergabe von Frequenznutzungsrechten Knappheitssituationen zu bewältigen sind. 1.3 Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Frequenzverwaltung
16
Vorgaben für die gesetzliche Ausgestaltung der Frequenzverwaltung enthält das Grundgesetz (GG) zum einen in kompetentieller Hinsicht, zum anderen in den Grundrechten. _______________
1 Siehe Ziffer 5.1 der Mitteilung der Kommission an den Rat, das europäische Parlament, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Überprüfung des EU-Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, KOM(2006) 334 endg. v. 29.6.2006. 2 Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie), ABl. L 108, 33. 3 Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie), ABl. L 108, 21.
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Einleitung
Rz. 19 D
Nach Art. 73 Nr. 2 GG hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für Angelegenheiten der Telekommunikation. Zudem ist der Bund gemäß Art. 87f Abs. 2 S. 2 GG für administrative Hoheitsaufgaben auf dem Gebiet der Telekommunikation zuständig. Gleichzeitig ist seit der ersten Rundfunkentscheidung des Bundesverfassungsgerichts1 geklärt, dass diese Bundeskompetenz für Telekommunikation (nach damaliger Diktion: Fernmeldewesen) nicht den Rundfunk als Ganzes, sondern nur dessen sendetechnische Komponente umfasst2. Im Übrigen sind für alle die Organisation und Ausgestaltung des Rundfunks betreffenden Entscheidungen und Maßnahmen die Länder zuständig3. Daraus können sich Konflikte ergeben, insbesondere wenn Bund und Länder unterschiedliche medienpolitische Ziele verfolgen4. Insoweit ist die Bundeskompetenz zur Frequenzverwaltung zu Gunsten der Rundfunkkompetenz der Länder beschränkt5. Das resultiert aus der Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten, aus der im föderalen Bundesstaat wechselseitige Rücksichtnahmegebote bei der Kompetenzausübung folgen6. Dies gebietet, die Länder an der Frequenzplanung angemessen zu beteiligen, ihre Ausgestaltungsentscheidungen bei der Frequenzplanung angemessen zu berücksichtigen, und insbesondere, die Frequenzplanung nicht zur Konterkarierung oder Determinierung von Ausgestaltungsentscheidungen der Länder zu missbrauchen7. Auf der Ebene der Frequenzzuteilung ist sicherzustellen, dass die Entscheidung darüber, welcher Veranstalter Übertragungskapazitäten erhält, bei den Ländern verbleibt und nicht durch den Bund determiniert wird.
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Unter den Grundrechten ist für die Frequenzverwaltung zunächst die durch Art. 12 GG geschützte Freiheit der Berufswahl und Berufsausübung relevant, da vom Amateurfunk abgesehen die Nutzung des Frequenzspektrums in aller Regel zu beruflichen Zwecken erfolgt.
18
Fraglich ist insoweit allerdings, ob die Nutzung von Funkfrequenzen für berufliche Zwecke derart vom Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst wird, dass etwa die Ablehnung einer Frequenzzuteilung als Grundrechtseingriff anzusehen wäre. Prinzipiell könnte jeder Funkanlagen für berufliche
19
_______________
1 BVerfGE 12, 205. 2 Siehe näher BVerfGE 12, 205 (225 ff.). 3 Ausnahme ist der Auslandsrundfunk, der unter die Kompetenz des Bundes für Auswärtige Angelegenheiten fällt, siehe Jarass/Pieroth/Pieroth, GG, Art. 73 Rz. 3. Dies verbirgt sich hinter der Formulierung „Rundfunk im Zuständigkeitsbereich der Länder“, die beispielsweise in § 57 Abs. 1 S. 1 TKG auftaucht. 4 Historisches Beispiel einer Einwirkung auf die Medienpolitik der Länder durch den Bund ist die Breitbandverkabelung, welche das medienpolitische Anliegen mancher Länder zur Einführung privaten Rundfunks unterstützte. Sie wurde von der damaligen Deutschen Bundespost, also der Bundesverwaltung, vorangetrieben. Siehe dazu Herrman, Rundfunkrecht, S. 94. 5 So für den Bereich Rundfunk und Fernmeldewesen schon BVerfGE 12, 205 (239 f.). 6 Siehe BVerfGE 12, 205 (239 f., 254 f.). 7 Siehe erneut schon 1961 BVerfGE 12, 205 (240), sowie aus der umfangreichen Literatur Scherer, Beilage 2 zu K&R 1999, 10.
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D Rz. 20
Frequenzverwaltung
Zwecke einsetzen, gegebenenfalls mit Unterstützung durch qualifizierte Techniker. Genau daraus resultieren Zweifel, ob die Nutzung von Funkfrequenzen von der abwehrrechtlichen Funktion1 der Berufsfreiheit umfasst wird. 20
Um Funkfrequenzen störungsfrei zu nutzen, was in aller Regel für deren kommerziellen Einsatz nötig ist, muss nämlich häufig ein exklusives Nutzungsrecht an diesen eingeräumt werden2. Dies beinhaltet, dass allen außer demjenigen, der die Frequenz bestimmungemäß nutzt, die Frequenznutzung für deren gewerbliche oder sonstige Nutzung entzogen wird. Dieser Befund spricht deutlich dafür, die Nutzung von Funkfrequenzen grundrechtsdogmatisch nicht abwehr-, sondern teilhaberechtlich zu verstehen und damit Akte der Frequenzverwaltung, die einzelnen Nutzerinteressen zuwiderlaufen nicht als Grundrechtseingriff, sondern als Verweigerung der Teilhabe an einer staatlichen Leistung zu verstehen.
21
Daraus folgt allerdings nicht, dass die auf Ebene des TKG durch § 55 Abs. 1 S. 1 vorgesehene Erlaubnispflicht für jede Frequenznutzung im Sinne eines repressiven Verbots einer an sich unerwünschten Tätigkeit zu verstehen wäre, von dem nur ausnahmsweise Befreiungen zugelassen werden3. Nach der Liberalisierung des Telekommunikationssektors ist die Nutzung von Funkfrequenzen hierfür grundsätzlich erwünscht und die Regelungen zur Frequenzordnung dienen der Sicherstellung von Effizienz und Störungsfreiheit dieser Aktivitäten. Dementsprechend besteht bei Vorliegen der Zuteilungsvoraussetzungen ein Rechtsanspruch auf Frequenzzuteilung (näher dazu unten Rz. 114).
22
Die Verwaltung des Frequenzspektrums als knappes Gut zeigt in der Sache deutliche Ähnlichkeit zur Vergabe von Studienplätzen, weshalb sich auch die verfassungsrechtlichen Vorgaben ähneln. Das gilt insbesondere für das Gebot, die vorhandenen Kapazitäten auszulasten und in Knappheitssituationen die Bewerber anhand sachgerechter Maßstäbe (diskriminierungsfrei) auszuwählen4.
23
Als einzige im Grundgesetz erwähnte Funkanwendung kommt daneben dem Rundfunk ein besonderer Status zu. Aus der durch Art. 5 Abs. 1 S. 3 des Grundgesetzes gewährleisteten Rundfunkfreiheit ergibt sich als Anforderung an die Frequenzplanung, dafür Sorge zu tragen, dass für Rundfunkdienste eine Frequenzausstattung zur Verfügung steht, die zur Erbringung eines den verfassungsrechtlichen Erfordernissen genügenden Rund_______________
1 Siehe zu den Grundrechtsfunktionen Pieroth/Schlink, Grundrechte, S. 16 ff. 2 Zur Ausnahme einer Frequenzzuteilung an mehrere siehe § 59 TKG sowie Beck TKG-Komm/Göddel hierzu. Auch in diesen Fällen ist aber die Nutzung auf wenige Nutzer beschränkt. 3 So genanntes Verbot mit Befreiungsvorbehalt, vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 207. 4 Näher zur so genannten Numerus Clausus Rechtsprechung Jarass/Pieroth/Jarass zu Art. 12 GG Rz. 66 ff. m. w. N.
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Einleitung
Rz. 26 D
funkangebots nötig ist. Dies wird insbesondere erfordern, die zur Gewährleistung der Grundversorgung1 nötigen terrestrischen Frequenzen zur Verfügung zu stellen. Auf der Ebene der Frequenzzuteilung muss dem Grundsatz der Staatsfreiheit des Rundfunks Rechnung getragen werden. Es ist sicherzustellen, dass die Vergabe von Übertragungskapazitäten nicht zu Programmeinflüssen führt2. Allerdings ist diese Vergabe von Übertragungskapazitäten an bestimmte Rundfunkveranstalter keine Angelegenheit der Frequenzverwaltung nach dem TKG, sondern eine des jeweiligen Landesrundfunkrechts3. Schließlich ist als inhaltliche Vorgabe für die Frequenzverwaltung noch Art. 87f Abs. 1 GG bedeutsam, nach dem der Bund die flächendeckende, angemessene Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen zu gewährleisten hat. Inhaltlich wird sich hieraus das Gebot ableiten lassen, die vorhandenen Frequenzkapazitäten so zu nutzen, dass das von Art. 87f GG geforderte Grundangebot4 an funkgestützten Telekommunikationsdiensten zur Verfügung gestellt werden kann.
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Das TKG sucht diese verfassungsrechtlichen Vorgaben umzusetzen, indem es in §§ 2 Abs. 2 Nr. 7, 52 Abs. 1 TKG die effiziente und störungsfreie Nutzung des Frequenzspektrums, auch unter Berücksichtigung der Belange des Rundfunks, zum Ziel der Frequenzverwaltung erklärt sowie gemäß §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 3 TKG die von Planungsentscheidungen Betroffenen an den Planungsvorgängen beteiligt. Die im Rahmen der Frequenzverwaltung zu erlassenden Rechtsverordnungen bedürfen der Zustimmung des Bundesrats, allerdings mit der Einschränkung, dass Frequenzbereichszuweisungsplanverordnungen nur insoweit zustimmungsbedürftig sind, als sie Frequenzbereiche dem Rundfunk zuweisen (dazu näher unten Rz. 39). Schließlich erfolgt die Zuteilung von Frequenzen für die Übertragung von Rundfunk im Zuständigkeitsbereich der Länder nach § 57 Abs. 1 TKG in Abstimmung mit den jeweils zuständigen Landesbehörden.
25
1.4 Gang der Darstellung Im folgenden Abschnitt 2 werden die Regelungen zur Frequenzplanung dargestellt, zunächst für den Frequenzbereichszuweisungsplan, dann für den Frequenznutzungsplan. Im Abschnitt 3 werden sodann die Vorschriften für die Frequenzzuteilung erläutert, wobei zunächst der Normalfall, also Zuteilungen ohne Vergabeverfahren dargestellt und sodann die Besonderheiten dieser Verfahren (Versteigerung oder Ausschreibung) erläutert werden. _______________
1 Zu Inhalt und Umfang des Grundversorgung siehe nur BVerfGE 73, 118 (157 ff.); BVerfGE 83, 238 (297 f.). 2 So BVerfGE 83, 238 (323). 3 Siehe als Überblick über die einschlägigen rundfunkrechtlichen Regelungen Grünwald, Analoger Switch-Off, S. 119 ff. 4 Vgl. Jarass/Pieroth/Pieroth, Art. 87f GG Rz. 4.
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26
D Rz. 27
Frequenzverwaltung
27
Für eine Reihe von Funkdiensten gelten im Rahmen der Frequenzzuteilung und/oder für die Frequenznutzung Sonderregeln. Bei Rundfunk, Militär, Funk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, Seefunk und Flugfunk, und Satellitenfunk ergeben diese Sonderregeln sich unmittelbar aus dem Gesetz, beim Mobilfunk sind sie Ergebnis der Regulierungspraxis und durchgeführter Vergabeverfahren. Diese Besonderheiten werden aus darstellungstechnischen Gründen zunächst ausgeklammert und anschließend im Abschnitt 4 gebündelt abgehandelt.
28
In den Abschnitten 5 und 6 geht es sodann um mit der Frequenzordnung im Zusammenhang stehende Abgaben sowie um die Überwachung und Durchsetzung der Frequenzordnung.
2. Frequenzplanung 29
§ 52 Abs. 1 TKG zählt die Mittel der Frequenzplanung auf. Es handelt sich um zwei Pläne, den Frequenzbereichszuweisungsplan und den Frequenznutzungsplan. Gemeinsam mit diesen Plänen bilden die Frequenzzuteilung und Überwachung der Frequenznutzung ein abgestuftes System der Frequenzverwaltung. Der Frequenznutzungsplan ist auf der Basis des Frequenzbereichszuweisungsplans zu erstellen. Die Frequenzzuteilungen erfolgen sodann auf Basis des Frequenznutzungsplans. Daraus ergibt sich ein System abgestufter Konkretisierung der im Rahmen der Frequenzverwaltung vorzunehmenden administrativen Schritte. Der Frequenznutzungsplan konkretisiert dabei die Vorgaben des Frequenzbereichszuweisungsplans mit Blick auf die Art und Weise der Frequenznutzungen, also sachlich, während die einzelnen Frequenzzuteilungen die persönliche, örtliche und technische Konkretisierung darstellen.
30
Damit ist das Verhältnis von Frequenzbereichszuweisungsplan und Frequenznutzungsplan indessen noch nicht vollständig beschrieben. Aus den Gesetzesmaterialien zum TKG ergibt sich weiterhin, dass der Frequenzbereichszuweisungsplan in erster Linie die Aufgabe hat, die Vorgaben der ITU für Deutschland rechtsverbindlich umzusetzen1. Daraus folgt für den Frequenznutzungsplan, dass er nicht nur, wie schon erwähnt, die Detailkonkretisierung des Frequenzbereichszuweisungsplans vorzunehmen hat, sondern auch der Ort ist, durch die Vorgaben der ITU belassene Spielräume auszuschöpfen.
31
Aufgrund des Zusammenhangs der untergeordneten Schritte mit der Frequenzplanung wird vertreten, dass eine gesetzliche Pflicht zum Erlass dieser
_______________
1 Siehe die Begründung zum Entwurf von § 44 TKG-1996, BT-Drucks. 13/3609, S. 47 f. sowie BT-Drucks. 13/4864, S. 80.
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Frequenzplanung
Rz. 32 D
Pläne bestünde1. Dem ist auch wegen der Grundrechtsrelevanz der Materie beizupflichten. Dennoch hat es nach Erlass des TKG-1996 zunächst gut viereinhalb Jahre gedauert, bis mit zwei Rechtsverordnungen der Frequenzbereichszuweisungsplan und die näheren normativen Grundlagen für die Aufstellung des Frequenznutzungsplans erlassen waren. Ursache waren Meinungsverschiedenheiten zwischen Bund und Ländern über die Behandlung des Rundfunks (siehe näher unten Rz. 40). 2.1 Frequenzbereichszuweisungsplan 2.1.1 Rechtsnatur Der Frequenzbereichszuweisungsplan wird nach §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 1 TKG als Rechtsverordnung durch die Bundesregierung erlassen. Diese Rechtsform wurde gewählt, um den Plan rechtsverbindlich zu machen und so die völkerrechtlich verbindlichen Vorgaben der VO-Funk für die Frequenzplanung in Deutsches Recht zu transformieren2, nachdem zunächst vorgesehen war, den Plan durch die Regulierungsbehörde3 aufstellen zu lassen4. § 53 Abs. 2 TKG enthält nähere Bestimmungen über den Inhalt des Plans (dazu unten Rz. 41) und legt damit, wie von Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG gefordert, Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnungsermächtigung fest.
_______________
1 Beck TKG-Komm/Korehnke, § 53 Rz. 1 (Frequenzbereichszuweisungsplan) und § 54 Rz. 1 (Frequenznutzungsplan). 2 BT-Drucks. 13/4864, S. 80. Bemerkenswert ist, dass nur wenige Wochen nach Verabschiedung des TKG-1996 eine weitere Verordnungsermächtigung zur Umsetzung von Vollzugsordnungen der ITU verabschiedet wurde. Sie findet sich in Art. 2 des Gesetz v. 20.8.1996 zu der Konstitution und der Konvention der Internationalen Fernmeldeunion, BGBl. 1996 II, S. 1306, und erneut sowohl im Gesetz zu den Änderungsurkunden v. 6.11.1998 zur Konstitution und Konvention der Internationalen Fernmeldeunion v. 27.4.2001, BGBl. 2001 II, S. 365 als auch zuletzt im Gesetz zu den Änderungsurkunden v. 18.10.2002 zur Konstitution und Konvention der Internationalen Fernmeldeunion v. 2.5.2005, BGBl. 2005 II, S. 426. Die ITU erlässt allerdings neben der Vollzugsordnung für den Funkdienst noch eine weitere Vollzugsordnung, nämlich die für internationale Fernmeldedienste (Art. 4 Abs. 3 der Konstitution der ITU). Die Existenz der Regelungen zur Frequenzverwaltung im TKG spricht dafür, die Verordnungsermächtigungen in den Zustimmungsgesetzen auf diese Vollzugsordnung zu beziehen. Soweit ersichtlich wurde von diesen Verordnungsermächtigungen bisher kein Gebrauch gemacht. 3 Zur Terminologie: Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post ist im Juli 2005 in Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen umbenannt worden. Im Zusammenhang mit Sachverhalten, die sich vor diesem Zeitpunkt ereignet haben, wird die Behörde hier weiterhin als „Regulierungsbehörde“ bezeichnet. 4 Siehe den ursprünglichen Entwurf von § 44 des TKG-1996; BT-Drucks. 13/3609, S. 16.
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32
D Rz. 33
Frequenzverwaltung
2.1.2 Verfahren der Planaufstellung und des Planerlasses 33
Für Aufstellung und Erlass des Frequenzbereichszuweisungsplans sind zunächst die allgemeinen Regeln für Rechtsverordnungen einschlägig. Diese sind nach Art. 80 und 82 GG die Existenz einer Ermächtigungsgrundlage, die Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnung bestimmt, Ausfertigung und Verkündung sowie Benennung der Ermächtigungsgrundlage innerhalb der Verordnung. Daneben gelten für den Frequenzbereichszuweisungsplan nach § 53 Abs. 1 TKG Besonderheiten, die sich auf die Beteiligung Interessierter und die Mitwirkung des Bundesrats beziehen. 2.1.2.1 Beteiligung der betroffenen Kreise
34
Nach § 53 Abs. 1 S. 3 sind die von Zuweisungen im Frequenzbereichszuweisungsplan betroffenen Kreise in die Vorbereitung des Plans einzubeziehen. Offen bleiben dabei sowohl eine nähere Definition dieser betroffenen Kreise als auch die Art ihrer Einbeziehung. Hier besteht ein signifikanter Unterschied den Frequenznutzungsplänen, für die § 54 Abs. 3 S. 2 TKG vorsieht, die Einzelheiten der Öffentlichkeitsbeteiligung per Rechtsverordnung zu regeln, und für die mit der Verordnung über die Aufstellung des Frequenznutzungsplans ein näher ausdifferenziertes Verfahren festgelegt worden ist.
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Die intensivere Ausgestaltung der Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Frequenznutzungsplanung wird teilweise damit begründet, dass dieser Plan nicht als Rechtsnorm erginge und deshalb zumindest das Aufstellungsverfahren verbindlich geregelt werden sollte, um so dem Plan zu Akzeptanz zu verhelfen1. Indessen war schon in den ersten Entwürfen des TKG-1996, die noch nicht vorsahen, den Frequenzbereichszuweisungsplan als Rechtsverordnung zu erlassen, für den Frequenznutzungsplan anders als für den Frequenzbereichszuweisungsplan eine nähere Ausgestaltung des Aufstellungsverfahrens vorgesehen2. Dies legt nahe, dass der Grund der beim Frequenzbereichszuweisungsplan weniger intensiven Öffentlichkeitsbeteiligung ein anderer sein muss.
36
Das oben angedeutete (siehe Rz. 30) systematische Verhältnis der beiden Pläne spricht dabei für Folgendes: Der Frequenzbereichszuweisungsplan hat die Funktion, die frequenzplanerischen Vorgaben der ITU umzusetzen, während der Frequenznutzungsplan nicht nur Detailregelungen enthält, sondern auch der Ort zur Ausnutzung durch die Vorgaben der ITU belassener Spielräume ist. Solche Spielräume sind auf der Ebene der Frequenznutzungsplanung auch durchaus vorhanden, weil die Vorgaben des Frequenzbereichszuweisungsplans oft weit sind. So kann beispielsweise ein international und _______________
1 So die Begründung zur Frequenznutzungsplanaufstellungsverordnung, BR-Drucks. 118/01, S. 5. 2 Siehe BT-Drucks. 13/3609, S. 16 (48).
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Frequenzplanung
Rz. 38 D
damit auch im Frequenzbereichszuweisungsplan für mobilen Landfunkdienst1 vorgesehener Frequenzbereich auf der Ebene der Frequenznutzungsplanung entweder für Bündelfunk, Datenfunk oder Funkruf vorgesehen werden. Diese auf der Ebene der Frequenznutzungsplanung zu treffende Entscheidung bedarf einer gründlicheren und verfahrensmäßig detaillierter ausgestalteten Ermittlung der Nutzerinteressen als die Festlegung, den betroffenen Frequenzbereich, wie international vorgesehen, im Frequenzbereichszuweisungsplan für mobilen Landfunk auszuweisen. Die Beteiligung der Betroffenen dient der Einbeziehung von deren Sachverstand und Erfahrung2. Angesichts des Zwecks der Frequenzplanung, die verschiedenen Nutzer- und Nutzungsinteressen zu koordinieren, wird man den Kreis derjenigen, deren Beiträge gehört werden, weit zu ziehen haben und jedenfalls alle potentiellen Frequenznutzer einzubeziehen haben, daneben etwa auch sachkundige Verbände oder sonst sachkundige Stellen3. Da allerdings manche Funkanwendung, etwa CB- und Amateurfunk, jedermann offen steht, verschiebt sich die Fragestellung in die Richtung, welche Anstrengungen zu unternehmen sind, die zu Beteiligenden zu erreichen und sie auf die Beteiligungsmöglichkeit hinzuweisen. Das Bundeswirtschaftsministerium hat zum Entwurf der ersten Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung eine Anhörung durchgeführt und auch Gelegenheit zu schriftlicher Stellungnahme gegeben. Hierüber wurde durch Veröffentlichung im Amtsblatt der Regulierungsbehörde informiert4. Zur Vorbereitung der Neufassung des Plans im Herbst 2004 wurde der Entwurf auf der Website des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft veröffentlicht und zu Kommentaren eingeladen. Faktisch handelt es sich bei der Frequenzplanung um eine Angelegenheit, die in einer Fachöffentlichkeit diskutiert wird. Deshalb dürfte gegen dieses Vorgehen nichts einzuwenden sein.
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Die Verfahrensregelungen zur Aufstellung des Frequenzbereichszuweisungsplans bzw. deren Fehlen werden in der rundfunkrechtlichen Literatur vielfach kritisiert5. Wenn man die Aufgabe des Frequenzbereichszuweisungsplans wie oben ausgeführt versteht, dürfte sich diese Kritik aber deutlich relativieren. Der Blickpunkt verschiebt sich dann eher darauf, wie die Planungen der internationalen Gremien zustande kommen und welche Möglichkeiten zur Einflussnahme interessierte Parteien dort haben (siehe C. Rz. 38, 54). Mit intensivem Lobbying darf man wohl rechnen. Die bisherige
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_______________
1 Gemäß § 4 Nr. 18 der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung ist dies ein Mobilfunkdienst zwischen ortsfesten und mobilen Landfunkstellen oder zwischen mobilen Landfunkstellen. 2 Beck TKG-Komm/Korehnke, § 53 Rz. 9. 3 So auch Demmel in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 45 Rz. 8 (zum TKG-1996); Beck TKG-Komm/Korehnke, § 53 Rz. 10. 4 Mitteilung Nr. 54/1999, ABl. RegTP 3/1999, S. 515. 5 Siehe beispielhaft Hoffmann-Riem/Wiedekind, FS für Hoppe, S. 762 („Für die Verwirklichung des Grundsatzes bundesfreundlichen Verhaltens gibt es keinen prozeduralen Rahmen“) sowie Holznagel, FS für Hoppe, S. 784 f.
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D Rz. 39
Frequenzverwaltung
Entwicklung spricht allerdings nicht dafür, dass der Rundfunk im Vergleich zu anderen Funkdiensten nicht angemessen berücksichtigt worden wäre. 2.1.2.2 Zustimmung des Bundesrats 39
Der Zustimmung des Bundesrats bedürfen gemäß § 53 Abs. 1 S. 2 TKG Frequenzbereichszuweisungsplanverordnungen insoweit, als sie Frequenzbereiche dem Rundfunk zuweisen. Hier handelt es sich um einen Kompromiss, der im Gesetzgebungsverfahren über das TKG erzielt wurde. Der Bundesrat hatte zunächst gefordert, alle Verordnungen über den Frequenzbereichszuweisungsplan von seiner Zustimmung abhängig zu machen1, konnte sich mit dieser Forderung aber nicht durchsetzen. Der Wortlaut von § 53 Abs. 1 S. 2 TKG, nach dem nur Verordnungen, in denen dem Rundfunk Frequenzbereiche zugewiesen werden, der Zustimmung des Bundesrats bedürfen, nicht jedoch Verordnungen, die eine solche Zuweisung rückgängig machen, löst dabei Verwunderung aus. Offensichtlich kann der Entzug eines Frequenzbereichs die Rundfunkordnung ähnlich stark tangieren wie dessen Zuweisung. In der Literatur hat sich dazu der Umkehrschluss durchgesetzt, der actus contrarius, also die Rückgängigmachung einer Frequenzbereichzuweisung an den Rundfunk, bedürfe ebenfalls der Zustimmung des Bundesrats2.
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Das Zustimmungserfordernis war ein wesentlicher Verzögerungsfaktor beim Erlass des ersten Frequenzbereichzuweisungsplans wie auch der Verordnungen über die Aufstellung des Frequenznutzungsplans und über die Frequenzzuteilung. Anlass waren Meinungsverschiedenheiten zwischen Bund und Ländern betreffend Angelegenheiten des Rundfunks3. Hinsichtlich des Frequenzbereichszuweisungsplan betrafen die Bedenken der Länder zum einen die Definition des Rundfunkdienstes in § 4 Nr. 33 und 34 des Verordnungsentwurfs4, zum anderen die Nutzungsbestimmung 30, welche Regelungen der Frequenznutzung über Leiter vorsieht5. Über diese Punkte _______________
1 BT-Drucks. 13/4439, S. 13. 2 So zB Scherer, Frequenzverwaltung zwischen Bund und Ländern unter dem TKG, Beilage 2 zu K&R 1999, S. 16; Holznagel, FS für Hoppe, S. 767 (783); Grünwald, Analoger Switch-Off, S. 111. 3 Siehe für die Einzelheiten BR-Drucks. 406/00 und 745/99 (Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung), 746/1/99 und 746/99 (Frequenznutzungsplanaufstellungsverordnung) sowie 747/1/99 und 747/99 (Frequenzzuteilungsverordnung). 4 Die Definitionen erlauben die Einbeziehung von Medien- und Telediensten, was die Sorge auslöste, der Bund könnte im Frequenznutzungsplan für Rundfunkdienste vorgesehene Frequenzen den in seine Kompetenz fallenden Telediensten zuweisen und damit die Medienpolitik der Länder beeinträchtigen, siehe Scherer, Beilage 2 zu K&R 1999, S. 17. 5 Dabei geht es darum, Abstrahlungen von Breitbandkabelanlagen, welche terrestrische Funkdienste stören, zu vermeiden. Viele Kabelanlagen haben wegen mangelhaft abgeschirmter Gebäudeverkabelung große Schwierigkeiten, diese Grenzwerte einzuhalten.
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Frequenzplanung
Rz. 42 D
konnte lange keine Verständigung erzielt worden, so dass die erste Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung erst im März 2001 die Zustimmung des Bundesrats fand1 und damit erst am 9.5.2001 in Kraft treten konnte2. Spätere Revisionen des Frequenzbereichzuweisungsplans erfolgten dann im Herbst 2004 und Sommer 2006 ohne Kontroverse3. 2.1.3 Inhaltliche Vorgaben für die Planung Den Inhalt des Frequenzbereichszuweisungsplans gibt § 53 Abs. 2 TKG vor. In diesem Plan werden Frequenzbereiche den einzelnen Funkdiensten und sonstigen Anwendungen elektromagnetischer Wellen zugewiesen. Um eine störungsfreie und effiziente Frequenznutzung zu erreichen, kann der Frequenzbereichszuweisungsplan Bestimmungen über Frequenznutzungen und darauf bezogene nähere Festlegungen enthalten. Letzteres gilt auch für Frequenznutzung in Leitern, für die räumliche, zeitliche und sachliche Festlegungen getroffen werden sollen, bei deren Einhaltung die Frequenznutzung „freizügig“, d. h. ohne weitere Regelung im Einzelfall, also auch ohne Frequenzzuteilung, zulässig ist4. Dies folgt daraus, dass nach § 3 Abs. 2 Nr. 9 die Führung elektromagnetischer Wellen entlang Leitern nur dann als Frequenznutzung verstanden wird, wenn dafür keine Freizügigkeit gegeben ist.
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Für den konkreten Inhalt des Plans enthält das TKG zunächst die Zielbestimmung in § 52 Abs. 1 TKG, dass der Plan unter Berücksichtigung der (übrigen) Regulierungsziele in § 2 Abs. 2 TKG5 die effiziente und störungs-
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_______________
1 Dabei wurden die Meinungsverschiedenheiten wie folgt gelöst: Bei der Rundfunkdefinition wird Rundfunk im engeren Sinne die Priorität gegenüber Tele- und Mediendiensten eingeräumt. Hinsichtlich der Nutzungsbestimmung 30 wurden bei dem für Breitbandkabelanlagen relevanten Frequenzbereich oberhalb von 30 MHz längere Übergangsfristen bis Mitte 2003 vorgesehen. 2 BGBl. I 2001, S. 778 v. 8.5.2001. 3 BGBl. I 2004, S. 2499 v. 28.9.2004. Die Zustimmung des Bundesrats zur Neufassung 2004 erfolgte in der 798. Sitzung, übrigens derselben, in welcher wegen der Reform des TKG der Vermittlungsausschuss angerufen wurde. 4 Anderer Ansicht hinsichtlich des Erfordernis der Frequenzzuteilung allerdings Beck TKG-Komm/Korehnke, § 53 Rz. 29. Wie hier bereits die Begründung zur (inzwischen aufgehobenen) Frequenzzuteilungsverordnung, wonach die Frequenznutzung in Leitern zuteilungspflichtig sein soll, wenn mit dieser Benutzung ein „Verbrauch“ der Ressource Frequenz verbunden ist, vgl. BR-Drucks. 116/01, S. 11. Das ist aber nur der Fall, wenn diese Frequenznutzung eine ohne Leiter stört. Das soll mit den Bestimmungen und näheren Festlegungen über die Frequenznutzungen mittels Leitern verhindert werden. So nun auch die Begründung zu § 3 Nr. 9 TKG, BT-Drucks. 15/2316, S. 57. 5 Diese Ziele sind die Wahrung der Nutzer-, insbesondere der Verbraucherinteressen und des Fernmeldegeheimnisses, die Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs und die Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Telekommunikationsmärkte, auch in der Fläche, effiziente Infrastrukturinvestitionen zu fördern und Innovationen zu unterstützen, die Entwicklung des Binnenmarktes in der
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D Rz. 43
Frequenzverwaltung
freie Frequenznutzung sicherstellen soll. Nähere Vorgaben für die Verteilung von Frequenzbereichen enthält das Gesetz nicht. Insoweit ist dem Verordnungsgeber vom Gesetz ein Ermessensspielraum eröffnet, der allerdings, wie erwähnt, erheblich durch die Internationalen Vorgaben der ITU eingeschränkt ist. 2.1.4 Inhalt des Frequenzbereichszuweisungsplans 43
Die derzeit geltende Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung1 enthält im Verordnungstext eine Beschreibung von Inhalt und Aufbau des Plans sowie Definitionen der 37 verschiedenen Funkdienste. Zu beachten ist, dass teilweise eine Grob- und Feinunterteilung stattfindet; es gibt beispielsweise einen allgemeinen Mobilfunkdienst, § 4 Nr. 22 der Verordnung, daneben aber auch noch verschiedene Unterarten, nämlich mobilen Flugfunk, mobilen Landfunk und mobilen Seefunk. Den Hauptumfang der Verordnung macht sodann der eigentliche, tabellenförmig aufgebaute Frequenzbereichszuweisungsplan aus, der auf dem internationalen Frequenzbereichszuweisungsplan beruht, welcher seinerseits Teil der VO-Funk ist2. In diesem Plan wird das Frequenzspektrum zwischen 9 Kilohertz und 275 Gigahertz in 455 Bereiche unterteilt, die dann einzelnen Funkdiensten zugewiesen werden.
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Dabei wird gemäß § 3 Abs. 3 der Verordnung zwischen primären und sekundären Funkdiensten unterschieden. Letztere sind nur zulässig, soweit sie den jeweils primären Funkdienst nicht stören. Bei gleichrangigen Diensten gilt hinsichtlich der Abwehr von Störungen das Prioritätsprinzip, d. h. die Funkstelle mit der jeweils älteren Zuteilung hat Anspruch auf Schutz vor Störungen durch später zugelassene Funkstellen. Viele Frequenzbereiche sollen nach dem Entwurf mehreren Funkdiensten zugewiesen werden, etwa der Frequenzbereich 225 (790–862 MHz) dem Festen Funkdienst, dem Mobilfunkdienst und dem Rundfunkdienst. Insoweit wird die nähere Aufteilung dem Frequenznutzungsplan überlassen.
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Im Anschluss an die einzelnen Zuweisungen enthält der Frequenzbereichszuweisungsplan eine ganze Reihe von Nutzungsbestimmungen, welche die in § 53 Abs. 2 S. 2 und 3 TKG vorgesehenen Bestimmungen über Frequenznutzungen und darauf bezogenen näheren Festlegungen darstellen. Diese _______________
europäischen Union zu fördern, die Sicherstellung einer flächendeckenden Grundversorgung mit Telekommunikationsdiensten (Universaldienstleistungen) zu erschwinglichen Preisen, Förderung von Telekommunikationsdiensten bei öffentlichen Einrichtungen, Sicherstellung einer effizienten und störungsfreien Nutzung von Frequenzen, auch unter Berücksichtigung der Belange des Rundfunks, eine effiziente Nutzung von Nummerierungsressourcen zu gewährleisten sowie die Wahrung der Interessen der öffentlichen Sicherheit. 1 BGBl. I 2004, S. 2499 v. 7.10.2004, geändert durch Verordnung v. 23.8.2006, BGBl. I 2006, S. 1977. 2 Siehe die Begründung zum Entwurf der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung, BR-Drucks. 145/04, S. 86.
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Frequenzplanung
Rz. 49 D
Nutzungsbestimmungen sind in zwei Kategorien eingeteilt. Zunächst gibt es Bestimmungen, die auf den Frequenzbereichszuweisungsplan der ITU, die VO-Funk, zurückgehen. Diese sind am der Nummerierung vorangestellten D zu erkennen, wobei die Nummerierung nicht fortlaufend ist, weil nur die für Deutschland relevanten Nutzungsbestimmungen der VO-Funk in den Entwurf übernommen wurden, gleichzeitig aber deren Nummerierung beibehalten wurde, um die Zusammenhänge offen zu legen. Die zweite Kategorie der Nutzungsbestimmungen, ohne vorangestelltes D und fortlaufend von 1 bis 32 nummeriert, enthält Nutzungsbestimmungen, die nur für Deutschland relevant sind. Nutzungsbestimmung 30 enthält die oben bei Rz. 41 erwähnten Festlegungen nach § 53 Abs. 2 S. 3 TKG, bei deren Einhaltung in Leitern eine Frequenznutzung ohne Frequenzzuteilung möglich ist. Dies ist vor allem für Rundfunk-Breitbandkabelanlagen von Bedeutung. Manche davon haben wegen schlechter Isolierung von Gebäudeverkabelung große Schwierigkeiten, diese Anforderungen einzuhalten. Dies ist vor allem deshalb problematisch, weil in den Breitbandkabelanlagen auch Frequenzen für Rundfunk eingesetzt werden, die terrestrisch nicht für Rundfunk, sondern für andere, zum Teil sensible Funkanwendungen (etwa: navigatorischer Flugfunk) vorgesehen sind.
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Aufgrund des Rechtscharakters der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung als Rechtsverordnung gelten beide Kategorien der Nutzungsbestimmungen nach Inkrafttreten der Verordnung unmittelbar für die Nutzer, ohne dass es insoweit noch weiterer Umsetzungsakte bedürfte. Soweit nicht die Bestandskraft erteilter Frequenzzuteilungen bzw. vor Inkrafttreten des TKG-1996 erteilter Verleihungen entgegensteht (dazu Rz. 103), müssen die Inhalte des Plans unmittelbar beachtet werden.
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2.1.5 Rechtsschutz Gegen die Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung ist unmittelbarer Rechtsschutz nur im Wege der Verfassungsbeschwerde möglich. Das verwaltungsgerichtliche Normenkontrollverfahren steht gegen Rechtsverordnungen des Bundes nicht zur Verfügung, da § 47 VwGO für diese nicht gilt1. Auch die verwaltungsgerichtliche allgemeine Feststellungsklage, deren Entscheidung im Übrigen nur zwischen den beteiligten Parteien wirken würde, ist als Mittel der unmittelbaren Normenkontrolle nicht zulässig2.
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Voraussetzung für Verfassungsbeschwerden unmittelbar gegen Normen ist, dass der Beschwerdeführer von diesen selbst, gegenwärtig und unmittelbar
49
_______________
1 Vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 47 Rz. 28, m. w. N. 2 Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 47 Rz. 9; siehe zum Ganzen auch Demmel in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 45 Rz. 15 (zum TKG-1996); Beck TKG-Komm/Korehnke, § 53 Rz. 5.
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D Rz. 50
Frequenzverwaltung
betroffen ist. Das ist aber beim Frequenzbereichszuweisungsplan in aller Regel nicht gegeben, weil dieser Plan für sich genommen weder Frequenznutzungsrechte schafft noch aufgrund geltender Frequenzzuteilungen bestehende Nutzungsrechte beseitigt1. Ausnahmen sind aber denkbar. Wenn der Frequenzbereichszuweisungsplan bereits vor seinem Vollzug durch Frequenzzuteilungsentscheidungen zu unumkehrbaren Dispositionen zwingt, wäre nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde schon vor dem Normvollzug zulässig2. Des weiteren kommt eine gegenwärtige, unmittelbare Betroffenheit von Frequenznutzern in Betracht, soweit der Frequenzzuteilungsplan neue Nutzungsbestimmungen enthält, durch die in bestehende Frequenznutzungsrechte eingegriffen wird3. Ähnliches gilt für den Fall, dass im Frequenzbereichszuweisungsplan ein bisher primärer Funkdienst zum sekundären herabgestuft wird (siehe zu primären und sekundären Funkdiensten schon oben Rz. 44). Dies hat zur Folge, dass der betroffene Funkdienst Störungen durch den oder die primären Funkdienste hinzunehmen hat. Darin kann eine unmittelbare Beeinträchtigung der Rechtsposition der Nutzer des herab gestuften Funkdienstes liegen4. 50
Neben diesen Möglichkeiten unmittelbaren Rechtsschutzes gegen den Frequenzbereichszuweisungsplan steht dieser auch immer dann auf dem Prüfstand, wenn einzelne auf ihm beruhende Verwaltungsentscheidungen, etwa Frequenzzuteilungen oder deren Ablehnung, gerichtlich angefochten werden. Da der Frequenzzuweisungsplan kein Parlamentsgesetz ist, kann jedes Gericht seine Vereinbarkeit mit höherangigem Recht, also vor allem dem TKG und dem Grundgesetz prüfen, und gegebenenfalls verneinen5. Eine Entscheidung diesen Inhalts wirkt allerdings nur zwischen den jeweiligen Parteien des Rechtsstreits, auch soweit die Rechtmäßigkeit des Frequenzbereichszuweisungsplans Thema ist.
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Die gerichtliche Prüfung des Frequenzbereichszuweisungsplans wird sich dabei auf die fehlerfreie Ausübung des planerischen Gestaltungsspielraums _______________
1 So auch Demmel in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 45 Rz. 15 (zum TKG-1996); Beck TKG-Komm/Korehnke, § 53 Rz. 5. 2 Vgl. Jarass/Pieroth/Pieroth, Art. 93 Rz. 44 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. 3 Dies ist allerdings nur dann der Fall, wenn nicht entgegenstehende Bestimmungen einer bestandskräftigen Frequenzzuteilung anderes vorsehen. Solche Bestimmungen hätten als Inhalt eines bestandskräftigen Verwaltungsakts Vorrang vor später eintretenden Gesetzesänderungen, siehe zur Bestandskraft von Verwaltungsakten nur Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 264. 4 Beispiel von Demmel in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 46 Rz. 9 (zum TKG-1996). 5 Das Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts gilt nur für Parlamentsgesetze, nicht jedoch für Rechtsverordnungen, vgl. Jarass/Pieroth/Pieroth, GG, Art. 100 Rz. 6, 7.
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Frequenzplanung
Rz. 54 D
der Bundesregierung konzentrieren. Dabei haben die Gerichte zu prüfen, ob alle planungserheblichen Gesichtspunkte und Interessen erkannt, bei der Entscheidung gewürdigt und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in vertretbarer Weise gegeneinander abgewogen sind1. Die eigentliche Gewichtung der betroffenen Belange unterliegt allerdings nur eingeschränkt der gerichtliche Kontrolle2. Ein besonderes Problem entsteht, wenn das zuständige Verwaltungsgericht bei der Inzidentkontrolle des Frequenzbereichszuweisungsplans im Rahmen eines Rechtsstreits über eine Frequenzzuteilungsentscheidung zu dem Ergebnis kommt, die Rechtmäßigkeit des Frequenzbereichszuweisungsplans zu verneinen. Rechtswidrige Rechtsverordnungen sind nichtig3 so dass in der Konsequenz der Frequenzbereichszuweisungsplan und damit auch der auf ihm basierende Frequenznutzungsplan nicht mehr als Grundlage einer Frequenzzuteilungsentscheidung zur Verfügung stehen.
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Hierzu wird mit Bezug auf den Frequenznutzungsplan vertreten, dass in solchem Falle das Gericht seine eigene Beurteilung an die Stelle der für nichtig gehaltenen Pläne setzen müsse. Die fehlerhafte Planung könne auf keinen Fall dazu führen, dass ein Stillstand bei der Frequenzzuteilung eintrete und die Planungsfehler sich damit zu Lasten des Antragstellers auswirken würden4.
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Dem ist nicht zuzustimmen, da dies im Ergebnis die Planungsaufgabe auf das Verwaltungsgericht übertragen würde und so mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz in Konflikt käme. Praktisch wird dieses Problem dann relevant werden, wenn die vom jeweiligen Kläger beantragte Frequenzzuteilung im Konflikt zu den planerischen Grundlagen steht. Außer in Ausnahmefällen, in denen eine Reduzierung des planerischen Gestaltungsspielraums auf Null vorliegt, hat aber die jeweils mit der Planung betraute Stelle die Möglichkeit, den betroffenen Frequenzbereich in einem neuen Plan für eine andere als die vom Kläger gewünschte Nutzung vorzusehen. In diesen planerischen Spielraum würde das Gericht eingreifen, wenn es sich in seiner Entscheidung die Planung selbst in die Hand nähme. Deshalb wird in solchen Fällen das Gericht gemäß § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO zu erkennen haben, so dass die BNetzA erneut unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Frequenzzuteilungsantrag zu entscheiden hat.
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_______________
1 Siehe für die Einzelheiten Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 114 Rz. 34 ff. m. w. N. 2 Näher dazu Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 114 Rz. 36 m. w. N. 3 Jarass/Pieroth/Pieroth, GG, Art. 80 Rz. 20. 4 Beck TKG-Komm/Korehnke, § 54 Rz. 6.
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D Rz. 55
Frequenzverwaltung
2.2 Frequenznutzungsplan 2.2.1 Rechtsnatur 55
Das TKG ermächtigt die BNetzA in § 54 Abs. 1 TKG, den Frequenznutzungsplan aufzustellen. Über die Rechtsform dieses Plans schweigt sich das Gesetz jedoch aus. Mit der Begründung der Verordnung über die Aufstellung des Frequenznutzungsplans1 wird man davon auszugehen haben, dass es sich um eine Verwaltungsvorschrift handelt2. Es wäre zwar auch denkbar, den Frequenznutzungsplan als Bündel von Allgemeinverfügungen nach § 35 S. 2 3. Alternative VwVfG anzusehen, mit denen bezogen auf jeden Frequenzteilbereich dessen Nutzung durch die Allgemeinheit geregelt wird3. Der Wortlaut von § 54 Abs. 1 TKG lässt sowohl die Deutung als Verwaltungsvorschrift als auch die als Allgemeinverfügung zu.
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Indessen wurde im Gesetzgebungsverfahren zum TKG-1996 der Frequenzbereichszuweisungsplan, für den in ersten Entwürfen ebenfalls die Zuständigkeit der Regulierungsbehörde ohne Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen vorgesehen war, als Rechtsverordnung ausgestaltet, um ihm rechtliche Verbindlichkeit zu geben. Dabei wurden auch Regelungen, die zunächst für den Frequenznutzungsplan vorgesehen waren, in den Frequenzbereichszuweisungsplan überführt, um sie außenwirksam zu machen4. Der Gesetzgeber ging demnach davon aus, dass der Frequenznutzungsplan keine außenwirksame Regelung sein sollte, was er als Allgemeinverfügung jedoch wäre.
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Aus der Einordnung des Frequenznutzungsplans als Verwaltungsvorschrift ergibt sich als Konsequenz, dass der Frequenznutzungsplan eine Handlungsanweisung für die BNetzA bei der Entscheidung über Anträge auf Frequenzzuteilung darstellt und insoweit für die Entscheidungsträger verbindlich ist. Dementsprechend ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 der Frequenzzuteilungsverordnung eine Voraussetzung für Frequenzzuteilungen, dass die beabsichtigte Nutzung der Frequenzen im Frequenznutzungsplan vorgesehen ist. Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen über die Rechtswirkung von Verwaltungsvorschriften haben die Bestimmungen des Plans aber keine unmittelbare Außenwirkung, bis der Inhalt des Plans durch Verwaltungsakte, typischerweise Frequenzzuteilungen, umgesetzt wird5.
_______________
1 BR-Drucks. 118/01, S. 5; so auch Beck TKG-Komm/Korehnke, § 54 Rz. 2, 3; Scherer, Beilage 2 zu K&R 1999, 14. 2 So auch Beck TKG-Komm/Korehnke, § 54 Rz. 2, 3. 3 Dafür plädiert Ladeur, CR 2002, 181 (189). 4 Siehe BT-Drucks. 13/4864, S. 80. 5 Siehe zum Ganzen näher Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 598 ff. m. w. N. Die Einzelheiten sind in der verwaltungsrechtlichen Literatur nicht unumstritten, dass Verwaltungsvorschriften ohne weitere Umsetzung Rechtspflichten für den Bürger begründen könnten wird jedoch soweit ersichtlich nicht vertreten.
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Frequenzplanung
Rz. 61 D
Hiervon zu unterscheiden ist die so genannte mittelbare Außenwirkung von Verwaltungsvorschriften. Da diese das Verwaltungshandeln lenken und vereinheitlichen sollen, hat der Bürger grundsätzlich Anspruch darauf, dass die Behörden in Entscheidungen ihm gegenüber die Verwaltungsvorschriften beachten und etwa ihm in den Vorschriften vorgesehene Vergünstigungen gewähren. Von Verwaltungsvorschriften abweichendes Verwaltungshandeln stellt sich insoweit als Ungleichbehandlung dar, die vor Art. 3 GG zu rechtfertigen ist. Insoweit werden Verwaltungsvorschriften im Rahmen einer gerichtlichen Kontrolle des Verwaltungshandelns relevant1. Für den Frequenznutzungsplan bedeutet dies, dass die BNetzA bei Frequenzzuteilungsentscheidungen nur in besonders begründeten Ausnahmefällen von den Vorgaben des Plans abweichen darf, was allerdings auch vorgesehen ist2.
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2.2.2 Inhaltliche Vorgaben für die Planung Ziel und Inhalt des Frequenznutzungsplans werden von § 54 Abs. 1 und Abs. 2 TKG vorgegeben. Nach § 54 Abs. 1 TKG soll der Frequenznutzungsplans auf der Grundlage des Frequenzbereichszuweisungsplans erstellt werden. Der Inhalt des Frequenzbereichszuweisungsplans ist also für den Frequenznutzungsplan verbindlich3. Nach § 54 Abs. 2 TKG soll der Frequenznutzungsplan die Frequenzbereiche weiter auf die einzelnen Frequenznutzungen aufteilen und nähere Festlegungen für diese treffen. Bei der Planerstellung sind die allgemeinen Regulierungsziele des § 2 Abs. 2 TKG, die europäische Harmonisierung, die technische Entwicklung und die Verträglichkeit von Frequenznutzungen in den Übertragungsmedien zu berücksichtigen. Auch hier fehlen nähere inhaltliche Vorgaben, so dass die konkreten Inhalte dem planerischen Ermessen der BNetzA überlassen bleiben.
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In der Praxis hat sich allerdings erwiesen, dass die Vorgaben der CEPT eine ganz wesentliche Determinante für den Frequenznutzungsplan sind. Es ist zu erwarten, dass die zukünftig verstärkten Aktivitäten der EU (siehe oben Rz. 8 ff.) eine ähnliche Rolle spielen werden, zumal die Mitgliedstaaten nach Art. 9 Abs. 2 der Rahmenrichtlinie aufgefordert sind, die Harmonisierung der Frequenznutzung in der Gemeinschaft zu fördern.
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Der Inhalt des Frequenznutzungsplans wird von § 54 Abs. 2 S. 1 TKG näher beschrieben. Danach enthält er die weitere Aufteilung der Frequenzbereiche auf die einzelnen Frequenznutzungen4 sowie Festlegungen für diese. Die Frequenznutzungen und die für diese geltenden Bedingungen werden gemäß
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1 Siehe näher Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 598 ff. 2 Siehe zu den Möglichkeiten einer vom Frequenznutzungsplan abweichenden Frequenzzuteilung § 2 Abs. 4 der Frequenznutzungsplanaufstellungsverordnung und § 58 TKG. 3 Beck TKG-Komm/Korehnke, § 54 Rz. 8. 4 Terminologisch richtig müsste es heißen „Arten der Frequenznutzung“, da der Begriff Frequenznutzung im TKG auch den konkreten Nutzungsvorgang bezeichnet.
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D Rz. 62
Frequenzverwaltung
§ 3 Abs. 2 der Frequenznutzungsplanaufstellungsverordnung durch technische, betriebliche oder regulatorische Bestimmungen beschrieben. In der Sache geht es hier um die Konkretisierung des Frequenzbereichszuweisungsplans. Das lässt sich am besten an Beispielen verdeutlichen. Nach dem Frequenzbereichszuweisungsplan ist der Frequenzbereich Nr. 228 (890 MHz bis 960 MHz) für feste und mobile Funkdienste sowohl ziviler als auch militärischer Natur vorgesehen. Der Frequenznutzungsplan enthält dann die Festlegung, welcher Teil dieses Frequenzbereichs für GSM-Mobilfunknetze genutzt wird, und diesen Mobilfunkdienst näher beschreiben. Entsprechendes ist für die sonstigen in diesem Frequenzbereich angesiedelten Arten von Frequenznutzungen, Eisenbahnbetriebsfunk und auslaufend Schnurlose Analogtelefone, enthalten1. Der Plan kann aus Teilplänen bestehen, § 54 Abs. 2 S. 2 TKG, so dass die BNetzA den Plan nicht in einem Zug für alle Frequenzbereiche aufstellen muss. 2.2.3 Verfahren des Planerlasses, insbesondere Verordnung über die Aufstellung des Frequenznutzungsplans 62
Gemäß § 54 Abs. 3 TKG ist der Frequenznutzungsplan unter Beteiligung der Öffentlichkeit aufzustellen. Die nähere Ausgestaltung des Aufstellungsverfahrens bleibt einer Rechtsverordnung vorbehalten, zu deren Erlass § 54 Abs. 3 S. 2 TKG die Bundesregierung ermächtigt. Auch hier hat sich der Verordnungserlass vor allem wegen Meinungsverschiedenheiten über die Letztentscheidungskompetenz für Frequenznutzungen für Rundfunk verzögert2, so dass die Verordnung erst am 8.5.2001 verkündet werden konnte3 und am darauf folgenden Tag in Kraft trat. Die Verordnung wurde unter dem TKG-1996 erlassen, gilt aber auch nach Inkrafttreten des neuen TKG fort. 2.2.3.1 Zielbestimmungen für die Planerarbeitung
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Die Frequenznutzungsplanaufstellungsverordnung (FNPAV) enthält zunächst eine Angabe von Zielen und Inhalt des Plans, Bestimmungen über das Verfahren zur Planaufstellung und die gerichtliche Durchsetzung von Beteiligungsrechten, sowie schließlich Regelungen über die Planentscheidung, die Veröffentlichung des Plans und Planänderungen.
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Gegen die Nennung von Zielen und Inhalt des Plans in der Planaufstellungsverordnung ist eingewendet worden, dies sei durch die Verordnungsermächtigung nicht gedeckt, da diese nur das Verfahren der Planaufstellung _______________
1 Siehe die entsprechenden Einträge 227001 bis 227007 des Frequenznutzungsplans (Stand Juni 2006, also vor der letzten Änderung des Frequenzbereichszuweisungsplans). 2 Siehe für die Einzelheiten BR-Drucks. 746/1/99. 3 BGBl. I 2001, S. 827 v. 8.5.2001.
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Frequenzplanung
Rz. 66 D
erfasse1. Dieser Einwand überzeugt nicht. Grundsätzlich wiederholen die betreffenden Regelungen der Verordnung lediglich ausführlicher, was hinsichtlich Zielen und Inhalt des Plans bereits dem Gesetz zu entnehmen ist. Das Normprogramm der Verordnung lässt sich damit auf das TKG zurückführen, was aus verfassungsrechtlicher Sicht erforderlich, aber auch ausreichend ist2. Dies dürfte auch noch für die Regelung von § 5 Abs. 1 S. 2 FNPAV gelten, welche (allerdings an systematisch falscher Stelle3) verlangt, dass bei der Frequenznutzungsplanung die Interessen der öffentlichen Sicherheit gewahrt werden. Auf die an gleicher Stelle vorhandene Regelung betreffend Kapazitäten für Rundfunk wird noch gesondert eingegangen (unten Rz. 74 ff.). 2.2.3.2 Einleitung von Planungsverfahren Die Frage, wann die BNetzA die Aufstellung eines Frequenznutzungsteilplans einzuleiten hat, ist in der FNPAV nur ansatzweise geregelt worden. Die einzige Aussage zu diesem Thema ist, dass nach § 4 Abs. 1 S. 2 FNPAV jederzeit der BNetzA Anregungen zur Aufstellung von Frequenznutzungsteilplänen unterbreitet werden können, ein Anspruch auf Einleitung eines Planverfahrens aber nicht bestehe. Letztere Regelung wurde ausweislich der Begründung zur Verordnung aufgenommen, weil die Einleitung eines Planungsverfahrens zu beliebigen Zeitpunkten weder sachgerecht noch erforderlich sei4.
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Zu bejahen ist aber, auch wenn nicht ausdrücklich erwähnt, ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über Anregungen zur Frequenznutzungsplanung. Sonst wäre die Vorschrift in § 4 Abs. 1 S. 2 FNPAV nichts als eine Wiederholung des allgemeinen Petitionsrechts aus Art. 17 GG. Dass die BNetzA hier mit entsprechenden Anregungen überhäuft würde, ist schon tatsächlich nicht zu erwarten, dazu ist das Thema für weite Bevölkerungskreise zu esoterisch. Außerdem lassen sich solche Anregungen ohne großen Aufwand abschlägig bescheiden, wenn kein Anlass zur Änderung eines Teilplans besteht, so dass auch insoweit keine restriktive Auslegung zum Schutz der BNetzA vor Arbeitsüberlastung veranlasst ist. Aus denselben Erwägungen heraus ist nicht angebracht, den Kreis derer, die Anregungen vorbringen können, auf Personenkreise, von denen sachkundige
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_______________
1 Beck TKG-Komm/Korehnke/Grotelüschen, 2. Auflage, § 46 Rz. 18 unter Bezugnahme auf den insoweit identischen früheren Entwurf der Verordnung; BR-Drucks. 378/97. 2 Siehe Jarass/Pieroth/Pieroth, Art. 80 Rz. 11. 3 Zielbestimmungen der Frequenznutzungsplanung stehen sonst in § 2 der Verordnung, während § 5 Verfahrensfragen regelt. 4 BR-Drucks. 118/01, S. 9.
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D Rz. 67
Frequenzverwaltung
Beiträge zu erwarten sind1, zu beschränken, zumal der Verordnungswortlaut keine Beschränkung in diesem Sinne enthält. 67
Im Übrigen wurde unter Rz. 31 eine Pflicht zur Aufstellung der Frequenzpläne angenommen, was bedeutet, dass nach Inkrafttreten der erforderlichen normativen Grundlagen die BNetzA gehalten war, die Aufstellung von Frequenznutzungsplänen einzuleiten. Für die Frage, unter welchen Voraussetzung eine Neuplanung bzw. Änderung bereits bestehender Frequenznutzungspläne zu erfolgen hat, sagt dies indessen wenig. Etwas weiter hilft obige Überlegung immerhin in Fällen, in denen sich der Frequenzbereichszuweisungsplan geändert hat. Wenn, wie gesagt, eine Pflicht zur Frequenzplanung besteht, dann bedeutet das auch, dass der Frequenznutzungsplan bei Änderungen des zugrunde liegenden Frequenzbereichszuweisungsplans diesem anzupassen ist. Ansonsten wird die BNetzA regelmäßig gehalten sein, ein Verfahren zur Änderung des Frequenznutzungsplans zu initiieren, wenn dafür ein konkreter Anlass besteht, etwa weil durch Beendigung der bisherigen Nutzung Frequenzbereiche zur Neuverwendung frei werden. 2.2.3.3 Ausgestaltung des Planungsverfahrens
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Das eigentliche Planaufstellungsverfahren ist nach der FNPAV dreistufig ausgestaltet. Der jeweilige Frequenznutzungsteilplan wird unter Mitwirkung des Beirats der BNetzA entworfen und danach die Fertigstellung des Entwurfs öffentlich bekannt gemacht. Zur Ermittlung der Nutzerbedürfnisse wird dabei häufig die Durchführung einer Bedarfsabfrage zur Vorbereitung des Entwurfs erforderlich sein2. Mit den von der Planung betroffenen obersten Bundes- und Landesbehörden wird unter Beteiligung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie das Benehmen hergestellt. Das bedeutet nach der gängigen Verwaltungspraxis, dass diesen Behörden mit dem Ziel der Einigung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird, ohne dass die BNetzA an diese Stellungnahmen gebunden wäre3. Die interessierte Öffentlichkeit hat binnen zwei Monaten nach Bekanntmachung der Fertigstellung des Planentwurfs die Möglichkeit, sich schriftlich zum Entwurf zu äußern, wobei die Äußerungsfrist bei dringendem Planungsbedarf bis auf zwei Wochen verkürzt werden kann. Wessen Äußerungen hier Berücksichtigung finden, wird durch die einschlägige Bestimmung der Verordnung über die Aufstellung des Frequenznutzungsplans in § 6 Abs. 1 S. 1 FNPAV nicht festgelegt. Das TKG spricht in § 54 Abs. 3 S. 1 in diesem Zu_______________
1 So mit Blick auf die Öffentlichkeitsbeteiligung Beck TKG-Komm/Korehnke, § 54 Rz. 14. 2 Beispiel einer solchen Bedarfsabfrage ist die Verfügung 11/2001, ABl. RegTP 3/2001, S. 451, zur zukünftigen Nutzung der zuvor vom C-Mobilfunknetz genutzten Frequenzen im Frequenzbereich um 450 MHz. 3 Siehe die Definition der Begriffe „Benehmen“ und „Einvernehmen“ in Creifelds Rechtswörterbuch beim Stichwort „Einvernehmen“.
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Frequenzplanung
Rz. 71 D
sammenhang von „Öffentlichkeit“. Dies ist dahin gehend zu verstehen, dass sich jeder äußern kann1. Verfahrensvereinfachungen gibt es bei geringfügigen Änderungen eines Frequenznutzungsteilplans sowie bei Planungen, die bei Inkrafttreten der Verordnung bereits begonnen sind2. Die Vereinfachungen des Planungsverfahrens bei geringfügigen Änderungen ähneln entsprechenden Regelungen für die Aufstellung von Bauleitplänen in § 13 BauGB. Sie können nach § 9 FNPAV zur Anwendung kommen, wenn die Änderung die Grundzüge der Planung nicht berührt. Die Verordnungsbegründung3 nennt beispielhaft Änderungen, die nur einzelne Nutzer oder Nutzergruppen betreffen. Wenn die beabsichtigte Änderung eines Frequenznutzungsplans in diesem Rahmen bleibt, steht die Entscheidung, das vereinfachte Planungsverfahren zu wählen, im pflichtgemäßen Ermessen der BNetzA. Sie ist in solchen Situationen also nicht nur berechtigt, trotzdem das volle Beteiligungsverfahren durchzuführen, sondern kann in Einzelfällen hierzu sogar verpflichtet sein. Daran ist etwa zu denken, wenn die BNetzA zwar nur eine geringfügige Änderung der Planung beabsichtigt, es aber auch nahe liegende gravierendere Planungsalternativen gibt, gegen die sich die Behörde allerdings entscheiden möchte.
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Obwohl sich die FNPAV an den Regelungen zur Bauleitplanung orientiert, fehlen Bestimmungen zur Sicherung des Planungsvorgangs, wie sie in §§ 14 bis 18 BauGB enthalten sind. Auch die Vorschriften des TKG zur Frequenzzuteilung enthalten keine ausdrückliche Regelung dazu, ob Frequenzzuteilungsanträge während der Planungsphase zurückgestellt oder abschlägig beschieden werden können. Auf diese Fragestellung wird im Rahmen der Ausführungen zur Frequenzzuteilung noch zurückzukommen sein (siehe unten Rz. 167).
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§ 8 Abs. 1 FNPAV regelt die zum Verfahrensende zu treffende Entscheidung der BNetzA. Sie soll das Ergebnis des Verfahrens nach § 5 (Herstellung des Benehmens mit den obersten Bundes- und Länderbehörden) beachten und das Ergebnis des Verfahrens nach § 6 (Beteiligung Interessierter Kreise) würdigen. Gemeint ist hiermit, wie die Begründung zur Frequenznutzungsplanaufstellungsverordnung zeigt4, dass das Ergebnis des Verfahrens nach § 5 für die BNetzA verbindlich sein soll.
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1 Anderer Ansicht Beck TKG-Komm/Korehnke, § 54 Rz. 14, der meint, nur Anregungen und Einwände sachkundiger Stellen wären zu berücksichtigen, da sonst eine uferlose Berücksichtigung von Einwänden zu leisten wäre. Abgesehen davon, dass Äußerung von nicht sachkundigen Personen tatsächlich nicht in nennenswerter Zahl zu erwarten sind – die Erarbeitung von Frequenznutzungsplänen geschieht für Laien weitgehend unbemerkt – ist diese Auslegung mit dem Gesetzeswortlaut, der eben nicht von „Fachöffentlichkeit“ spricht, unvereinbar. 2 Für die Einzelheiten wird auf §§ 4 bis 6 sowie 9 und 10 der Verordnung verwiesen. 3 BR-Drucks. 118/01, S. 5–13. 4 Begründung zu § 8 der Verordnung, BR-Drucks. 118/01, S. 12.
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D Rz. 72
Frequenzverwaltung
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Das ist in mehrfacher Hinsicht angreifbar. Zunächst ist nicht zu sehen, dass das TKG den von obersten Bundes- und Landesbehörden vertretenen Interessen einen Vorrang einräumt. Soweit die Begründung der Verordnung1 hierzu auf § 2 Abs. 2 Nr. 5 und 6 TKG (Belange des Rundfunks bzw. Öffentliche Sicherheit) als Rechtfertigung rekurriert, ist dem entgegenzuhalten, dass §§ 2 und 54 TKG auch andere Regulierungsziele nennen, ohne eine Priorität bestimmter Ziele anzuordnen. Weiterhin sieht § 5 Abs. 1 S. 1 FNPAV die Herstellung des Benehmens mit den zu beteiligenden obersten Bundes- und Landesbehörden vor. Mit Blick auf die oben wiedergegebene Bedeutung des Benehmens ist nicht recht zu sehen, wie dieses Verfahren ein verbindliches Ergebnis hervorbringen soll. Schließlich ist die Gewichtung einzelner Belange bei der Entscheidung über Frequenznutzungspläne keine Verfahrensfrage, sondern eine Frage der Ausübung des planerischen Ermessens. Die Ermächtigungsgrundlage in § 54 Abs. 3 TKG ermächtigt aber wie schon § 46 Abs. 3 TKG-1996, auf dessen Grundlage die Verordnung seinerzeit erlassen wurde, nur zur Regelung des Verfahrens. Indem in § 8 Abs. 1 FNPAV auch die planerische Gewichtung regelt, wird der Rahmen der Ermächtigungsgrundlage verlassen. Insoweit muss § 8 Abs. 1 FNPAV daher als rechtswidrig und nichtig angesehen werden.
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Gemäß § 8 Abs. 2 FNPAV wird die endgültige Fertigstellung von Frequenznutzungsteilplänen öffentlich bekannt gemacht. Sie sind in ihren Grundzügen zu begründen2. Dies umfasst nach der Verordnungsbegründung, dass auf die im Planungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen im Grundsatz eingegangen wird3. Die Pläne können sodann bei der BNetzA angefordert werden. 2.2.3.4 Beachtung rundfunkrechtlicher Festlegungen
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Innerhalb der Regelung zur Beteiligung der obersten Landesbehörden an der Frequenznutzungsplanung in § 5 Abs. 1 S. 2 enthält die FNPAV eine Aussage zum Verhältnis zwischen Frequenznutzungsplanung und Rundfunkrecht. Hiernach ist bei der Frequenznutzungsplanung „sicherzustellen, dass … dem Rundfunk die auf der Grundlage der rundfunkrechtlichen Festlegungen zustehenden Kapazitäten für die Übertragung von Rundfunk im Zuständigkeitsbereich der Länder im Rahmen der gemäß dem der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung dem Rundfunk zugewiesenen Frequenzen zur Verfügung stehen“. Dieser schwer verständliche, teilweise terminolo-
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1 Begründung zu § 5 der Verordnung, BR-Drucks. 118/01, S. 9. 2 Beispiel: Mitteilung Nr. 99/2003, ABl. RegTP 8/2003, S. 428 zum Frequenznutzungsteilplan 223: Umwidmung der ehemaligen C-Netz-Frequenzen. 3 So die Begründung zu § 8 der Verordnung, BR-Drucks. 118/01, S. 12.
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Frequenzplanung
Rz. 77 D
gisch unsaubere1 und wörtlich aus dem Verordnungstext zitierte Satz bedarf der Erläuterung. In der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung wird der Rundfunkdienst in einem Sinne definiert, der über klassischen Hörfunk und Fernsehen hinausgeht, und auch Medien- und Teledienste im Sinne des Mediendienstestaatsvertrags bzw. des Teledienstegesetzes umfasst2. Wie bereits oben erwähnt (Rz. 31, 40) begründete dies auf Seiten der Länder die Sorge, dass so dem in ihre Kompetenz fallenden Rundfunk Frequenzen entzogen werden könnten. Diese Definition hat nämlich zur Folge, dass telekommunikationsrechtlich betrachtet den Rundfunkdiensten zugewiesene Frequenzbereiche im Rahmen der Frequenznutzungsplanung und Frequenzzuteilung für Kommunikationsangebote vorgesehen und zugeteilt werden könnten, die nicht als Rundfunk im engeren Sinne angesehen werden und für die der Bund die Kompetenz beansprucht.
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Bekanntlich ist die Auslegung des Begriffs Rundfunk und daran anknüpfend die Bestimmung der Reichweite der Rundfunkkompetenz der Länder zwischen Bund und Ländern umstritten gewesen. Das letztlich entstandene dreiteilige System der Regulierung elektronischer Medien durch Rundfunkstaatsvertrag und Landesrundfunkgesetze für den „klassischen“ Rundfunk, Mediendienstestaatsvertrag für elektronische Medien mit massenmedialer Ausprägung sowie Informations- und Kommunikationsdienstegesetz des Bundes für sonstige elektronische Medien beruht auf einem Kompromiss in dieser Frage3.
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Der oben angedeuteten Möglichkeit, Frequenzen, die im Frequenzbereichszuweisungsplan für Rundfunkdienst im weiteren Sinne vorgesehen sind, im Frequenznutzungsplan für Medien- und Teledienste vorzusehen und sie so dem „klassischen“ Rundfunk zu entziehen, wird durch die Regelung von § 5 Abs. 1 S. 2 FNPAV ein Riegel vorgeschoben. Im Klartext besagt sie, dass die Frequenznutzungsplanung hinsichtlich der für Rundfunkdienste vorgesehenen Frequenzbereiche von den rundfunkrechtlichen Festlegungen der Länder abhängig ist. Die Länder legen fest, welche dieser Kapazitäten für Rundfunk in ihrem Zuständigkeitsbereich (d. h. Hörfunk, Fernsehen, Mediendienste) verwendet werden. Nur was übrig bleibt, kann im Frequenz-
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1 Die Zuweisungen im Frequenzbereichszuweisungsplan lauten nicht „Rundfunk“, sondern „Rundfunkdienst“ bzw. „Rundfunkdienst über Satelliten“. Indem der oben zitierte Verordnungstext auf diese Differenzierung verzichtet, verwendet er das Wort Rundfunk im Ergebnis mit mehreren verschiedenen Bedeutungen. 2 Siehe § 4 Nr. 33 und 34 der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung und die Begründung dazu, BR-Drucks. 117/01, S. 90. 3 Siehe zum Rundfunkbegriff und der beschriebenen dreiteiligen Regulierung Hesse, Rundfunkrecht, S. 80 ff. Beachte: Im Januar 2007 hat der Bund das Telemediengesetz erlassen, woraus sich eine Akzentverschiebung ergibt. Es ist beabsichtigt, die verbleibenden inhaltlichen Regelungen des Mediendienstestaatsvertrags in den Rundfunkstaatsvertrag zu überführen.
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D Rz. 78
Frequenzverwaltung
nutzungsplan für Teledienste vorgesehen werden. Rundfunkrechtliche Festlegungen können dabei sowohl in Form von Gesetzen, Verordnungen als auch in Entscheidungen der jeweils zuständigen Landesbehörden getroffen werden1. 78
Neben den schon angesprochenen Schwächen in der Formulierung der Regelung ist sie auch inhaltlich in mehrfacher Hinsicht problematisch. Zum einen stellt sich die Frage, ob hier noch das Aufstellungsverfahren oder bereits die Inhalte der Frequenznutzungspläne geregelt werden, was von der Ermächtigung in § 54 Abs. 3 S. 2 TKG, das Verfahren zur Aufstellung der Pläne zu regeln, nicht mehr umfasst wäre. Daneben ist die Praktikabilität der Vorschrift zweifelhaft.
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Eigentlich liegt es nahe, die Frage, ob die Regelung der § 5 Abs. 1 S. 2 der FNPAV noch im Rahmen der Ermächtigung liegt, zu verneinen. Wenn wie hier vertreten, die BNetzA bei der Aufstellung von Frequenznutzungsplänen an die rundfunkrechtlichen Festlegungen der Länder gebunden ist, bedeutet dies zugleich eine Bindung des planerischen Ermessens der Behörde. Mit Blick auf die Verteilung der Regelungskompetenzen für Rundfunk einerseits und Telekommunikation andererseits muss dies jedoch hingenommen werden. Es wäre nämlich ein Eingriff in die Rundfunkkompetenz der Länder, wenn der Bund im Rahmen der Frequenznutzungsplanung für die international für Rundfunkdienste vorgesehenen Frequenzbereiche sich über die Festlegungen der Länder über die Nutzung dieser Frequenzbereiche hinwegsetzen würde. So gesehen werden mit dieser Regelung der Verordnung verfassungsrechtliche Vorgaben zum Verhältnis Telekommunikations- und Rundfunkkompetenz umgesetzt.
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Die Praktikabilität der Regelung ist in mehrfacher Hinsicht fraglich: Zum einen gibt es 16 Bundesländer, deren rundfunkrechtliche Festlegungen, auch veranlasst durch unterschiedliche Bedürfnisse und topographische Gegebenheiten, durchaus verschieden sein können. Weiter verkompliziert wird die Sachlage dadurch, dass es Frequenzbereiche gibt, die im Frequenzbereichszuweisungsplan auf primärer Basis (hierzu siehe oben Rz. 44) sowohl für Rundfunkdienste als auch gleichrangig für andere Funkdienste vorgesehen sind2. Schließlich wird sich im Rahmen der Digitalisierung der Rundfunkübertragung die Frage stellen, inwieweit eine Unterscheidung zwischen Fernsehen, Hörfunk, Mediendiensten und Telediensten auf der Ebene der Frequenznutzungsplanung und -zuteilung noch haltbar ist, da die techni-
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1 Siehe die Begründung zu § 5 der Frequenznutzungsplanaufstellungsverordnung, BR-Drucks. 118/01, S. 9. 2 Etwa die Frequenzbereiche Nr. 58 (3950 bis 4000 kHz), 177 (47 bis 68 MHz) und 343 (11,7 bis 12,5 GHz).
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Rz. 82 D
sche Entwicklung es erlauben wird, innerhalb eines Frequenzblocks simultan verschiedene Angebote zu übertragen1. Dem ersten dieser praktischen Probleme wird man auf der Ebene der Frequenznutzungsplanung durch Flexibilität beizukommen haben, indem etwa nötigenfalls regionale Sonderregelungen zugelassen werden. Das zweite praktische Problem, dass einzelne Frequenzbereiche für Rundfunk und andere Dienste ausgewiesen sind, ist im Frequenzbereichszuweisungsplan angelegt, der damit allerdings zum Teil internationalen Vorgaben folgt2. Hier werden die Aussagen über die Pflicht zum bundesfreundlichen Verhalten von oben (Rz. 17) besonders relevant. Bei den rundfunkrechtlichen Festlegungen für die betroffenen Frequenzbereiche muss seitens der Länder auf die in diesen Frequenzbereichen vorgesehenen anderen Dienste genauso Rücksicht genommen werden, wie der Bund bei seinen Planungen hinsichtlich solcher Dienste die rundfunkrechtlichen Festlegungen der Länder beachten muss. Um die anderen Dienste bundesweit auf möglichst einheitlichen Frequenzen anbieten zu können sollte dabei die Planung aller Beteiligten frühzeitig aufeinander abgestimmt werden.
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Was schließlich den Umstand angeht, dass die für digitale Rundfunkübertragung entwickelten technischen Standards in der Lage sind, auch Medienund Teledienste zu übertragen, so handelt es sich um ein Problem, dass auf Ebene der Frequenznutzungsplanung schon aus Kompetenzgründen nicht vom Bund gelöst werden kann. Die Entscheidung darüber, wie viele MB/s innerhalb eines digitalen Frequenzblocks jeweils für Fernsehen, Hörfunk, Mediendienste und Teledienste genutzt werden, ist so eng mit dem Rundfunkrecht verzahnt, dass sie von der Bundeskompetenz zur Frequenzverwaltung, die sich beim Rundfunk auf sendetechnische Aspekte beschränkt, nicht mehr umfasst wird. Diese Fragestellung einer Regulierung zuzuführen wäre Sache der Länder, die mit § 52a des Rundfunkstaatsvertrags auch erste Schritte in diese Richtung unternommen haben. Der Frequenznutzungsplan hat sich deshalb mit der Festlegung auf Übertragung von Rundfunkdiensten
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1 Dies ist Konsequenz des bei Digitaler Rundfunkübertragung verwendeten so genannten Multiplexing. Dabei werden mehrere Programme in einen Datenstrom zusammengefügt, der dann gemeinsam in einem Frequenzblock ausgestrahlt und beim Empfänger wieder separiert wird. Die so kombinierten Programme müssen nicht Rundfunk sein, es können auch Tele- oder Mediendienste mit Rundfunkprogrammen kombiniert werden. Siehe Hoffmann-Riem/Wieddekind, FS für Hoppe, S. 745 (754); Grünwald, Analoger Switch-Off, S. 11. 2 Siehe die Angaben zu den Frequenzbereichen 1452 bis 1492 MHz sowie 11,7 bis 12,5, 21,4 bis 22 und 40,5 bis 42,5 GHz im ERC Report 25 der CEPT, im Internet unter www.ero.dk abrufbar.
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D Rz. 83
Frequenzverwaltung
im weiteren Sinne1, gegebenenfalls unter Festlegung bestimmter Standards (etwa DAB oder DVB-T) und fernmeldetechnischer Parameter zu begnügen. 2.2.4 Rechtsschutz 2.2.4.1 Rechtsschutz unmittelbar gegen den Plan 83
Wie bereits oben Rz. 55 ausgeführt, bedingt der Rechtscharakter des Frequenznutzungsplan als Verwaltungsvorschrift, dass dieser nicht unmittelbar Rechte und Pflichten für die einzelnen Nutzer von Funkfrequenzen begründen kann, sondern es dazu immer der Umsetzung durch Entscheidungen über die Zuteilung von Frequenzen für einzelne Nutzer bedarf. Das hat zur Konsequenz, dass Rechtsschutz unmittelbar gegen den Frequenznutzungsplan nicht möglich ist2. Insbesondere kann der Frequenznutzungsplan nicht mit einer allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO angegriffen werden3. Als Verwaltungsvorschrift kann der Frequenznutzungsplan gerade keine feststellungsfähigen Rechtsverhältnisse begründen4. 2.2.4.2 Durchsetzung von Beteiligungsrechten
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Rechtsschutz ist nach § 7 der Frequenznutzungsplanaufstellungsverordnung aber möglich, um die Beteiligungsrechte im Planaufstellungsverfahren durchzusetzen. Zur Überprüfung steht dabei nicht der Inhalt eines Frequenznutzungs(teil)plans, sondern allein die Frage, ob im Planungsverfahren Beteiligungsrechte des jeweiligen Klägers verletzt wurden5. Soweit ersichtlich ist es bisher ohne Beispiel, dass bei einem nicht außenwirksamen Plan Verfahrensrechte gerichtlich durchsetzbar sind. Nach § 7 des Entwurfs sind alle natürlichen oder juristischen Personen, die durch den Planentwurf einen Nachteil erleiden, berechtigt, die Einhaltung der ihnen zustehenden Beteiligungsrechte gerichtlich überprüfen zu lassen. Zu den Antragsberechtigten gehören dabei mangels Beschränkung auf Privatrechtssubjekte auch juristi-
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1 Also wie in der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung definiert als „a) Funkdienst, dessen Aussendungen zum unmittelbaren Empfang durch die Allgemeinheit bestimmt sind und der Tonsendungen, Fernsehsendungen oder andere Arten von Sendungen umfassen kann, sowie b) Funkdienst, dessen Funknutzungen die wesentlichen technischen Merkmale der Funknutzungen unter Buchstabe a besitzen. Die Funknutzung unter Buchstabe a genießen Priorität.“ 2 So auch Beck TKG-Komm/Korehnke, § 54 Rz. 4 sowie Berl.KommTKG/Wegmann, § 54 Rz. 32. 3 Andere Ansicht allerdings Demmel in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 46 Rz. 9 (Kommentierung zum alten TKG). 4 Siehe zu den Voraussetzungen für ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis näher Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 43 Rz. 8 ff., 17 ff. 5 Siehe die Begründung zu § 7 der Frequenznutzungsplanaufstellungsverordnung, BR-Drucks. 118/01, S. 11.
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Frequenzplanung
Rz. 88 D
sche Personen des öffentlichen Rechts, also etwa Rundfunkanstalten oder Landesmedienanstalten. Die Antragsbefugnis ist gemäß § 7 der Verordnung gegeben, wenn der jeweilige Antragsteller durch den Planentwurf (genauer: dessen Umsetzung) einen Nachteil erleidet. Hierunter fallen zunächst alle, die bereits vom Planentwurf betroffene Frequenzen nutzen. Zwar wird je nach Inhalt der Frequenzzuteilung im Einzelfall mangels Außenwirksamkeit des Plans zum Eintreten konkreter Nachteile noch ein Umsetzungsakt in Form der nachträglichen Änderung oder Aufhebung der jeweiligen Frequenzzuteilung nötig sein. Trotzdem entspricht es den Intentionen der Verordnung, wenn der insoweit betroffene Personenkreis seine Beteiligungsrechte bereits im Planverfahren vorbringen kann und nicht auf nachträglichen Rechtsschutz gegen den jeweiligen Umsetzungsakt beschränkt ist. Daneben sind wegen der Zukunftsgerichtetheit der Planung auch diejenigen als antragsbefugt anzusehen, die zwar noch keine Frequenzzuteilung besitzen, aber eine Frequenznutzung im betroffenen Frequenzbereich planen. Zur Vermeidung von Popularklagen wird man allerdings eine hinreichende Konkretisierung dieser Nutzungsabsichten zu verlangen haben.
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Der Antrag ist binnen 2 Monaten nach Kenntnis vom Beteiligungsmangel, spätestens aber 6 Monate nach Veröffentlichung des betreffenden Frequenznutzungsteilplans zulässig. Durch eine gerichtliche Prüfung wird die weitere Durchführung des Planverfahrens zwar nicht gehindert, doch soll der Betroffene die Möglichkeit haben, insoweit um einstweiligen Rechtsschutz nach § 123 VwGO nachzusuchen.
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Offen geblieben sind in der Frequenznutzungsplanaufstellungsverordnung die Konsequenzen einer Verletzung von Beteiligungsrechten. Ein früherer Entwurf der Verordnung1 hatte insoweit vorgesehen, dass je nach Gewicht des Beteiligungsmangels das Planverfahren entweder teilweise hinsichtlich der auf die unterbliebene Beteiligung folgenden Schritte oder sogar vollständig zu wiederholen sein sollte. Diese Regelung ist jedoch letztlich nicht in die Verordnung übernommen worden, nachdem der Bundesrat hiergegen opponiert hatte2. Veranlasst waren die Einwände des Bundesrats durch die Formulierung des Verordnungsentwurf, der bei der Tenorierung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ansetzte. Dergleichen könne nur auf der Normebene der Verwaltungsgerichtsordnung geregelt werden, mindestens wäre aber eine ausdrückliche Ermächtigung hierzu im TKG erforderlich, die aber fehle3.
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Dass der Bundesrat sich mit diesem unberechtigten Einwand durchsetzen konnte ist bedauerlich. Hinter der Formulierung des Verordnungsentwurfs verbarg sich eine Regelung der Reichweite der Beteiligungsrechte und der
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1 BR-Drucks. 746/99. 2 BR-Drucks. 746/1/99, S. 2. 3 BR-Drucks. 746/1/99, S. 2.
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D Rz. 89
Frequenzverwaltung
Konsequenzen von deren Verletzung. Dies sind Fragen, die zum Verfahren der Planerstellung gehören, zu dessen Regelung § 54 Abs. 3 TKG ermächtigt. Durch das Entfallen dieser Regelung in der letztlich erlassenen Verordnung steht die Praxis nunmehr vor der Frage, welche Konsequenzen eine Verletzung von Beteiligungsrechten haben soll, ohne hierfür klare Indizien in der Verordnung zu finden. Klar ist nur Folgendes: Da Frequenznutzungspläne als Verwaltungsvorschriften keine Außenwirkung haben, können sie auch nicht mit Außenwirkung aufgehoben werden. Bei Bestehen von Mängeln im Planaufstellungsverfahren wären sie zwar rechtswidrig und könnten deshalb beispielsweise nicht die Verweigerung einer Frequenzzuteilung an einen Antragsteller rechtfertigen, doch besagt dies noch nichts darüber, wie der von § 7 FNPAV vorgesehene Verwaltungsrechtsstreit zu entscheiden wäre. 89
Als Alternativen in Betracht kommen zum einen die simple Feststellung, dass Beteiligungsrechte des jeweiligen Klägers verletzt sind, ohne dass an diese Feststellung weitere Konsequenzen geknüpft wären, zum anderen eine Verpflichtung der BNetzA, das Planungsverfahren ganz oder teilweise unter Beachtung der Beteiligungsrechte des Klägers zu wiederholen. Gegen erstere Lösung spricht zunächst, dass sie den Klägern Steine statt Brot geben würde. Zudem spricht die Überschrift von § 7 FNPAV ausdrücklich von der „Durchsetzung von Beteiligungsrechten“. Wenn sich das Ergebnis eines Rechtsstreits nach § 7 der Verordnung darauf beschränkte, einen Rechtsverstoß festzustellen, dann wären damit die Beteiligungsrechte nicht durchgesetzt. Weiteres und entscheidendes Argument gegen diese Lösung ist schließlich die durch § 7 der Verordnung ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit, einstweiligen Rechtsschutz nach § 123 VwGO zu erhalten1.
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Dieser einstweilige Rechtsschutz wird regelmäßig darauf gerichtet sein, eine Fortsetzung des Verfahrens zur Aufstellung des Frequenznutzungsplans so lange zu verhindern, bis die Frage, ob ein Beteiligungsmangel vorliegt, geklärt und diesem gegebenenfalls abgeholfen ist. Eine weiter gehende Entscheidung, beispielsweise die Verlängerung einer nach § 6 Abs. 1 FNPAV verkürzten Äußerungsfrist, dürfte demgegenüber im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes regelmäßig ausscheiden, weil sie im Ergebnis die Hauptsacheentscheidung vorwegnehmen würde. Das ist im einstweiligen Verfügungsverfahren regelmäßig nur gestattet, wenn anderweitig effektiver Rechtsschutz nicht gewährt werden kann2. Das ist jedoch im Bereich der _______________
1 Der Wortlaut von § 7 S. 3 der Verordnung, wonach § 123 VwGO „unberührt“ bleibe, lässt sich zwar auch einschränkend dahingehend verstehen, dass die Möglichkeit für einstweiligen Rechtsschutz nur besteht, soweit § 123 VwGO sie vorsieht. Aus der Begründung zu § 7, BR-Drucks. 118/01, S. 11, folgt jedoch, dass der Verordnungsgeber vom Bestehen dieser Möglichkeit ausgeht. Daraus wiederum folgt, dass er mit § 7 der Verordnung durchsetzungsfähige Rechte schaffen wollte. 2 Siehe für die Einzelheiten Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 123 Rz. 13 ff.
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Frequenzplanung
Rz. 93 D
Frequenznutzungsplanung nicht der Fall. Für den Antragsteller birgt ein Abwarten bis zur Hauptsacheentscheidung neben der zeitlichen Verzögerung des Planungsverfahrens das Risiko, dass in der Zwischenphase auf den früheren Frequenznutzungsplan gestützte Frequenzzuteilungen ergehen, die seinen Plänen zuwiderlaufen. Die Zeitverzögerung ist jedoch Verfahren dieser Art immanent und für sich genommen nicht geeignet, dem Antragsteller nachteilige Fakten zu schaffen. Ihr lässt sich zudem mit einer Lösung der Streitfrage auf dem Vergleichsweg, an der auch die BNetzA regelmäßig interessiert sein wird, begegnen. Nachteilige Fakten könnten demgegenüber durch Frequenzzuteilungen an Dritte entstehen. Diese sind allerdings nach Änderung des Frequenznutzungsplans gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 1 TKG widerruflich. Wenn die von einem Frequenznutzungsplanverfahren Betroffenen, wie gezeigt, also im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verhindern können, dass ein Frequenznutzungsplan unter Verstoß gegen Beteiligungsrechte erlassen wird, dann müssen diese Betroffenen auch die Möglichkeit haben, nach Fertigstellung eines Frequenznutzungsplans ihre Beteiligungsrechte retrospektiv durchzusetzen. Sonst ginge der einstweilige Rechtsschutz weiter als der Rechtsschutz in der Hauptsache, was systemwidrig wäre. Konsequenterweise muss mithin nach Fertigstellung eines Frequenznutzungsplans den hiervon Betroffenen ein Anspruch zuerkannt werden, dass Planverfahren ab dem Verfahrensschritt, bei dem es zum Beteiligungsmangel kam, wiederholen zu lassen. Dieser Anspruch wäre mit einer verwaltungsgerichtlichen Leistungsklage durchzusetzen1.
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Frühere Entwürfe der Verordnung2 hatten weiter gehend sogar vorgesehen, dass bei schwerer Verletzung von Beteiligungsrechten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit Auswirkungen auf die Grundzüge des Plans hatten, ein Anspruch auf eine vollständige Neuplanung bestehen sollte. Nachdem die betreffende Entwurfspassage nicht in die Verordnung aufgenommen wurde, lässt sich dieses Ergebnis allerdings nicht mehr begründen. Auch in Fällen schwerster Verstöße gegen Beteiligungsrechte wird es daher mit einer teilweisen Wiederholung des Planaufstellungsverfahren sein Bewenden haben.
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2.2.4.3 Inzidentkontrolle bei Klagen über Frequenzzuteilungen Einer gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen ist der Frequenznutzungsplan schließlich im Rahmen von Klagen über Frequenzzuteilungsentscheidungen. Prüfungsmaßstab ist dabei nicht nur die fehlerfreie Ausübung des planerischen Ermessens durch die BNetzA (siehe dazu schon oben Rz. 51), sondern auch das ordnungsgemäße Zustandekommen des in Rede stehen_______________
1 Dieser schon in der 1. Auflage vertretenen Ansicht zustimmend Berl.KommTKG/ Wegmann, § 54 Rz. 35. 2 BR-Drucks. 746/99.
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D Rz. 94
Frequenzverwaltung
den Frequenznutzungsplans. Das ergibt sich aus dem Fehlen von Regelungen zur Planerhaltung, wie sie sich etwa für die Bauleitplanung in §§ 214 ff. BauGB finden. Kommt das Gericht dabei zum Ergebnis, den Frequenznutzungsplan für rechtswidrig zu halten, so hat dies nicht die Unwirksamkeit oder Nichtigkeit des Plans zur Folge. Das folgt aus der fehlenden Außenwirksamkeit der Plans als Verwaltungsvorschrift1. Der Plan ist dann schlicht für die Entscheidung im Einzelfall unbeachtlich. Zur Frage, wie das Gericht in dieser Situation zu verfahren hat, sei auf die Ausführungen oben Rz. 54 verwiesen. 2.3 Praxis der Regulierungsbehörde/BNetzA 94
In den ersten Jahren nach Inkrafttreten des TKG-1996 war die Regulierungsbehörde mit dem Problem konfrontiert, über Frequenzzuteilungen entscheiden zu müssen, ohne über die gesetzlich vorgesehenen planerischen Grundlagen zu verfügen. Wie oben (Rz. 40) geschildert, traten sowohl der Frequenzbereichszuweisungsplan als auch die FNPAV erst mehrere Jahre nach dem Gesetz in Kraft. In dieser Zeit zog die Behörde den Entwurf des Frequenzbereichszuweisungsplans zur Orientierung heran. Daneben hat die BNetzA ihre Verwaltungspraxis über Frequenznutzungen zusammengefasst und gemäß § 81 Abs. 2 TKG-1996 als Verwaltungsgrundsätze veröffentlicht2. Aus letzterem resultierte eine Selbstbindung der Behörde3, so dass im Ergebnis kaum ein Unterschied zum Frequenznutzungsplan (zu dessen fehlender Außenwirkung siehe oben, Rz. 57) bestand.
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Nach Inkrafttreten der FNPAV hat die Regulierungsbehörde als ersten Schritt Aufstellungsverfahren für die Frequenznutzungsteilpläne 198 und 223 durchgeführt, weil diese Frequenzbereiche in den Verwaltungsgrundsätzen nicht abgehandelt waren und zudem im Frequenzteilbereich 223 die Frequenzen des ehemaligen C-Netzes zur Neuvergabe anstanden, woraus sich ein zusätzlicher Planungsbedarf ergab4. Für die übrigen Frequenzteilbereiche wurde das öffentliche Planaufstellungsverfahren mit der Veröffentlichung vom 16.4.20035 eingeleitet. Nach Durchführung der einschlägigen _______________
1 So auch Beck TKG-Komm/Korehnke, § 54 Rz. 5, Berl.KommTKG/Wegmann, § 54 Rz. 37. 2 Verwaltungsgrundsätze der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post nach § 81 Abs. 2 TKG über die Aufteilung des Frequenzbereichs von 9 kHz bis 275 GHz auf die einzelnen Frequenznutzungen sowie über die Festlegungen für diese Frequenznutzungen (Verwaltungsgrundsätze Frequenznutzungen – VwGrdsFreqN). 3 Beck TKG-Komm/Geppert, § 122 Rz. 12; vgl. auch zur Parallelvorschrift § 53 GWB Bechtold, GWB, § 53 Rz. 2 sowie Klaue in: Immenga/Mestmäcker, GWB, § 53 Rz. 4–6. 4 Siehe Mitteilung Nr. 267/2002, ABl. RegTP 10/2002, S. 811. 5 Mitteilung 96/2003, ABl. RegTP 8/2003, S. 426 über die Fertigstellung und Veröffentlichung der Planentwürfe. Ich spreche hier vom „öffentlichen“ Verfahren, weil diverse Verfahrensschritte zeitlich vor dieser Veröffentlichung liegen.
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Rz. 98 D
Frequenzzuteilung
Verfahrensschritte wurde der erste Frequenznutzungsplan im November 2003 fertig gestellt und veröffentlicht1. Der Plan kann bei der BNetzA bezogen werden, daneben steht er auch zur Einsichtnahme auf der Website der Behörde zur Verfügung. Eine erste Überarbeitung und Aktualisierung des Frequenznutzungsplans erfolgte per Juni 2006, um ihn an den Frequenzbereichszuweisungsplan vom September 2004 anzupassen. Ähnlich wie bei den Frequenzteilbereichen 198 und 223 des ersten Plans hat die Behörde die Behandlung der Teilpläne 226 und 227 vorgezogen. Anlass war diesmal die Räumung der so genannten E-GSM Frequenzbänder (880–890 und 925–935 MHz) durch das Militär, die nunmehr einer schnellen Nutzung für Mobilfunk zugeführt werden sollen2. Da kurz darauf im August 2006 der Frequenzbereichszuweisungsplan geändert wurde, steht nunmehr die nächste Aktualisierung des Frequenznutzungsplans an. Dieser zeitliche Ablauf weckt allerdings den Eindruck, die Behörde komme mit ihren Planaktualisierungen dem Verordnungsgeber nicht hinterher. In der Interimszeit kann die Behörde bei Frequenzzuteilungsentscheidungen nur soweit auf den Frequenznutzungsplan zurückgreifen als er noch dem Frequenzbereichszuweisungsplan entspricht.
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3. Frequenzzuteilung 3.1 Einleitung Nachdem im vorigen Abschnitt die planerischen Grundlagen der Frequenzzuteilungsverwaltung dargestellt worden sind, soll es nunmehr um die Zuteilung von Frequenzen an einzelne Nutzer gehen. Hiermit wird determiniert, wer an welchem Ort welche Frequenzen auf welche Weise benutzen darf.
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3.1.1 Erfordernis der Frequenzzuteilung/Begriff der Frequenznutzung Einer Frequenzzuteilung, also einer „behördlichen oder durch Rechtsvorschrift erteilten Erlaubnis zur Nutzung bestimmter Frequenzen unter festgelegten Bedingungen“, bedarf nach § 55 Abs. 1 S. 1 TKG grundsätzlich, d. h. soweit im TKG nichts anderes geregelt ist, jede Frequenznutzung3. Frequenznutzung ist nach § 3 Nr. 9 TKG „jede gewollte Aussendung oder Abstrahlung elektromagnetischer Wellen zwischen 9 kHz und 3000 GHz zur Nutzung durch Funkdienste und andere Anwendungen elektromagnetischer Wellen.“ Der Begriff „Funkdienst“ ist dabei im Sinne der VO-Funk zu verstehen, also als die Übertragung, Aussendung und/oder Empfang von Funk_______________
1 Mitteilung 359/2003, ABl. RegTP 23/2003, S. 1284. 2 Siehe zum ganzen Absatz Verfügung 32/2005, ABl. RegTP 8/2005, S. 750. 3 Zur Ausnahme der militärischen Frequenznutzungen unten Rz. 348.
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98
D Rz. 99
Frequenzverwaltung
wellen für bestimmte fernmeldetechnische Zwecke. Mit „anderen Anwendungen elektromagnetischer Wellen“ sind Anwendungen aus Industrie, Wissenschaft, Medizin und Haushalt gemeint, deren Zweck nicht die Nachrichtenübermittlung ist, die aber auch elektromagnetische Wellen erzeugen (sog. ISM-Geräte). Keine Frequenznutzung ist der Betrieb von Empfangsgeräten1. 99
Weiter ist nach § 3 Nr. 9 S. 2 TKG „auch die Führung elektromagnetischer Wellen in und längs von Leitern, für die keine Freizügigkeit nach § 53 Abs. 2 Satz 3 gegeben ist“ eine Frequenznutzung, für die damit eine Frequenzzuteilung erforderlich ist. Nutzungsbestimmung 30 des Frequenzbereichszuweisungsplans bestimmt die Reichweite dieser Freizügigkeit (siehe dazu schon oben Rz. 41).
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Nach § 55 Abs. 1 S. 4 TKG ist eine Frequenzzuteilung dann „nicht erforderlich, wenn die Frequenznutzungsrechte aufgrund einer sonstigen gesetzlichen Regelung ausgeübt werden können“. Die Gesetzesbegründung verweist hier als Beispiele auf das Amateurfunkgesetz und das Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut2.
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§ 55 Abs. 1 S. 5 TKG erlaubt Behörden unter von der BNetzA festzulegenden Rahmenbedingungen ohne Frequenzzuteilung die Nutzung von bereits an andere zugeteilten Frequenzen und soll laut der Gesetzesbegründung3 die frequenzrechtlichen Voraussetzungen für den Einsatz so genannter IMSICatcher schaffen. Hierbei handelt es sich um Geräte, die eine MobilfunkBasisstation simulieren und Mobiltelefone veranlassen, sich bei ihnen „einzubuchen“. Die Rechtsgrundlage für ihren Einsatz findet sich nunmehr in § 100i StPO4. Diese Bestimmung des TKG ist insoweit etwas unlogisch, als man die von der BNetzA festzulegenden Rahmenbedingungen auch als (eigentlich aber nicht erforderliche) Frequenzzuteilung verstehen kann.
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Nicht im Gesetz definiert wird allerdings, wer die Erlaubnis benötigt. Insoweit sollte auf den tradierten Begriff der Funktionsherrschaft zurückgegriffen werden, also in Abwandlung von § 3 Nr. 2 TKG-1996 darauf, wer die „rechtliche und tatsächliche Kontrolle über die Gesamtheit der Funktionen, die … [für die Frequenznutzung] unabdingbar zur Verfügung stehen müssen“ ausübt. Dieses Verständnis lässt sich auch auf die oben wiedergegebene Definition der Frequenznutzung als „gewollte Aussendung“ zurückführen. Derjenige, von dessen Willen es abhängt, ob eine Aussendung stattfindet, hat typischerweise die Funktionsherrschaft im Sinne der eben zitierten Definition. _______________
1 Siehe zum ganzen Absatz die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 15/2316, S. 57. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 77 (zu § 53 des Entwurfs). 3 Siehe BT-Drucks. 15/2316, S. 77 (zu § 53 des Entwurfs) sowie den Änderungsvorschlag Nr. 48 des Bundesrats, S. 117 f. der Drucksache, sowie dessen Ablehnung durch die Bundesregierung, BT-Drucks. 15/2345, S. 5. 4 Siehe Beck TKG-Komm/Bock, § 88 Rz. 41 ff.
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Frequenzzuteilung
Rz. 106 D
3.1.2 Bestandschutz bestehender Frequenzzuteilungen Gemäß § 150 Abs. 3 TKG gelten vor Inkrafttreten des Gesetzes erteilte Verleihungen nach dem Fernmeldeanlagengesetz bzw. nach dem TKG 1996 fort. Dieser Bestandschutz erfasst auch die von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in eigener Netzträgerschaft genutzten Frequenzen. Das heutige TKG findet aber auf diese bestandsgeschützten Rechte Anwendung. Einschränkend ist dazu allerdings anzumerken, dass dies nur soweit gilt, als nicht bestandskräftige Regelungen der seinerzeit erteilten Verleihungen oder Frequenzzuteilungen entgegenstehen, das folgt aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts1.
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Hieraus lässt sich auch die Frage nach der Reichweite des Bestandschutz zugunsten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten hinsichtlich der von ihnen in eigener Netzträgerschaft genutzten Frequenzen lösen. Insoweit war umstritten, ob der Bestandschutz nur für die Nutzungsart zur Zeit des Inkrafttretens des TKG-1996 gilt2, oder auch eine Umstellung auf digitale Technik (wohlgemerkt auf derselben Frequenz) umfasst3. Im Ergebnis wird es auf den Inhalt der jeweils erfolgten Verleihung ankommen4. Erfasst diese beliebigen Rundfunk, dann wäre damit auch digitale Übertragung erlaubt, soweit diese sich im Rahmen der in der Verleihung festgelegten technischen Parameter bewegt. Bezieht eine Verleihung sich hingegen etwa auf UKWHörfunk, dann ist sie darauf beschränkt. Angemerkt sei, dass dieser Bestandschutz durch die Regelung in § 63 Abs. 5 TKG5 deutlich relativiert wird. Darauf wird noch zurückzukommen sein.
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3.1.3 Rechtsnatur und Arten von Frequenzzuteilungen Frequenzzuteilungen nach dem TKG durch die BNetzA sind Verwaltungsakte nach § 35 VwVfG, also behördliche Einzelfallentscheidungen mit Außenwirkung. Das Gesetz unterscheidet in § 55 Abs. 2 und Abs. 3 TKG zwischen Allgemeinzuteilungen und Einzelzuteilungen.
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Bei Allgemeinzuteilungen werden Frequenzen für die Nutzung durch die Allgemeinheit oder einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis zugeteilt. Verwaltungsrechtlich handelt es sich hier um so genannte Allgemeinverfügungen nach § 35 S. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Demgegenüber werden bei Einzelzutei-
106
_______________
1 So zur Rechtslage nach dem TKG-1996 auch Klein in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 97 Rz. 6. 2 So Beck TKG-Komm/Schuster, 2. Auflage, § 97 Rz. 16 mit weiteren Nachweisen. 3 So Demmel in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 47 Rz. 7 mit weiteren Nachweisen (noch zum TKG-1996). 4 So auch Beck TKG-Komm/Göddel, § 57 Rz. 6. 5 Hiernach sollen Frequenzzuteilungen für analoge Fernsehübertragungen bis 2010, für UKW-Rundfunk bis 2015 widerrufen werden.
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D Rz. 107
Frequenzverwaltung
lungen Frequenzen für einzelne Funkanwendungen an einzelne Berechtigte (natürliche oder juristische Personen oder rechtsfähige Personenvereinigungen) zugeteilt. 107
Einzelzuteilungen erfolgen gemäß § 55 Abs. 3 TKG auf schriftlichen Antrag. Eine bestimmte Form für die Zuteilung schreibt das Gesetz nicht vor, so dass nach § 37 VwVfG auch mündliche Zuteilungen denkbar wären. Praktisch dürfte das aber kaum vorkommen.
108
Allgemeinzuteilungen erfolgen demgegenüber von Amts wegen und richten sich an einen nicht konkretisierten Personenkreis. Das Gesetz spricht insoweit von der Allgemeinheit oder nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreisen. Zuteilungen dieser Art sind als Allgemeinverfügungen nach § 35 S. 2 letzte Alternative VwVfG zu sehen1. Sie regeln die öffentlich-rechtliche Benutzung einer Sache durch die Allgemeinheit. Dass dabei die betroffenen Funkfrequenzen mangels Körperlichkeit keine „Sachen“ im bürgerlich-rechtlichen Sinne sind, steht dieser Wertung nicht entgegen. Indem das TKG die Nutzungsregelung von Funkfrequenzen per Allgemeinverfügung vorsieht, ordnet es damit gleichzeitig insoweit die Frequenzen dem Sachbegriff zu2. Soweit sich Allgemeinzuteilungen in personeller Hinsicht an nach allgemeinen Merkmalen bestimmte oder bestimmbare Personenkreise richten, sind sie im Übrigen schon nach § 35 S. 2 1. Alt VwVfG als Allgemeinverfügungen anzusehen. Allgemeinzuteilungen werden gemäß § 55 Abs. 2 S. 2 TKG veröffentlicht, üblicherweise im Amtsblatt sowie auch auf der Website der Bundesnetzagentur.
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Nach dem Gesetzeswortlaut sollen Allgemeinzuteilungen die Regel, Einzelzuteilungen hingegen die Ausnahme sein, von der nur Gebrauch gemacht werden soll, wenn eine Allgemeinzuteilung nicht möglich ist, etwa wegen der Gefahr funktechnischer Störungen oder weil es zur Sicherstellung einer effizienten Frequenznutzung notwendig erscheint. Es darf bezweifelt werden, dass dieses gesetzliche Regel-Ausnahme-Verhältnis, welches auf Art. 5 Abs. 1 der Genehmigungsrichtlinie beruht, der Realität entspricht. Die Anzahl der auf der Website der BNetzA veröffentlichten Allgemeinzuteilungen ist durchaus überschaubar. Die wirtschaftlich wichtigsten Frequenznutzungen etwa des Rundfunks und des Mobilfunks beruhen auf Einzelzuteilungen, die zumeist noch in Vergabeverfahren erfolgen. Daran wird sich in absehbarer Zeit auch nichts ändern. Das Gesetz verspricht damit mehr Liberalität als die Praxis einlösen kann.
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1 So Demmel in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 47 TKG Rz. 19 (zum TKG-1996), Beck TKG-Komm/Göddel, § 55 Rz. 6 sowie die Begründung zur (aufgehobenen) Frequenzzuteilungsverordnung, BR-Drucks. 116/01, S. 11. 2 Vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, § 35 VwVfG Rz. 222.
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Frequenzzuteilung
Rz. 113 D
3.1.4 Gegenstand von Frequenzzuteilungen Gegenstand einer Frequenzzuteilung ist nach § 55 Abs. 1 S. 2 TKG die behördliche oder durch Rechtsvorschriften erteilte Erlaubnis zur Benutzung bestimmter Frequenzen unter festgelegten Bedingungen. Nach § 55 Abs. 1 S. 3 TKG erfolgt die Zuteilung zweckgebunden wobei die Zwecke, für welche die Frequenzen eingesetzt werden dürfen aus dem Frequenznutzungsplan folgen. Zuteilungen beziehen sich auf die Frequenz, nicht jedoch auf bestimmte Geräte1. Die Zweckgebundenheit von Frequenzzuteilungen dient dem Ziel, das Regulierungssystem der Frequenzverwaltung durchzusetzen2. Wenn der Zuteilungsinhaber die Frequenzen beliebig benutzen könnte, liefe die Frequenzplanung offensichtlich leer.
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Hinzuweisen ist darauf, dass einer Frequenzzuteilung keine so genannte Konzentrationswirkung3 zukommt. Das heißt, die Frequenzzuteilung ersetzt nicht sonstige nach öffentlichem Recht nötige Erlaubnisse. Dies ergibt sich aus dem Fehlen einer § 75 VwVfG oder § 13 BImSchG entsprechenden Bestimmung im TKG. Zur Errichtung einer Sendeanlage können also neben der Frequenzzuteilung noch weitere öffentlich-rechtliche Genehmigungen und Verfahren erforderlich sein. In Betracht kommen etwa Baugenehmigungen nach den Landesbauordnungen4, Anzeigepflichten nach § 7 der Verordnung über elektromagnetische Felder5 und Standortbescheinigungen nach der Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder.
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Daneben weisen Einzelzuteilungen eine Verknüpfung mit der Person des Begünstigten auf. Anders als nach früherem Recht sind sie neuerdings gemäß § 55 Abs. 7 TKG übertragbar6, jedoch ist die Übertragung von der Zustimmung der BNetzA abhängig. Darauf wird noch näher einzugehen sein (siehe unten Rz. 293 ff.).
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3.2 Frequenzzuteilung ohne Vergabeverfahren Im Folgenden werden die Regelung für den Normalfall von Frequenzzuteilungen abgehandelt, d. h. Frequenzzuteilungen ohne besondere Vergabever_______________
1 Siehe die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 15/2316, S. 77 (zu § 53 des Entwurfs). 2 Siehe erneut die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 15/2316, S. 77 (zu § 53 des Entwurfs). 3 Zum Begriff Kopp/Ramsauer, Kommentar zum VwVfG, § 9 Rz. 45. 4 Die Genehmigungspflicht ist regelmäßig von der Antennenhöhe, daneben teilweise auch von der Strahlungsleistung abhängig, siehe als Beispiel § 65 Nr. 18 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen. 5 Die Anzeigepflicht besteht für ortsfeste Sendeanlagen mit einer Sendeleistung von mehr als 10 Watt EIRP, die im Frequenzbereich 10 MHz bis 300 GHz senden. Für Sendeanlagen mit Frequenzen unter 10 MHz gilt die Verordnung nicht. 6 Siehe zur alten Rechtslage Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Auflage, § 47 Rz. 22 ff.; Demmel in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 47 Rz. 57 ff., sowie Teil 2, Rz. 354 der ersten Auflage dieses Handbuchs.
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D Rz. 114
Frequenzverwaltung
fahren (dazu unten Ziff. 3.3, Rz. 185 ff.). Für eine Reihe von Funkdiensten, namentlich Rundfunk, militärische Funkanwendungen, Funk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, Seefunk und Flugfunk, gelten für die Zuteilung von Frequenzen Sonderregeln. Auch diese werden aus darstellungstechnischen Gründen zunächst ausgeklammert und anschließend gebündelt behandelt (Ziff. 4, Rz. 323 ff.). 3.2.1 Allgemeine Voraussetzungen der Frequenzzuteilung 114
§ 55 Abs. 5 TKG stellt allgemeine Voraussetzungen auf, bei deren Erfüllung prinzipiell, d. h. vorbehaltlich der in § 57 TKG geregelten besonderen Voraussetzungen bei bestimmten Funkanwendungen, ein Rechtsanspruch auf Frequenzzuteilung besteht. In diesen Fällen hat die Behörde keinen Ermessensspielraum bei der Entscheidung über Zuteilungsanträge. Ein Anspruch auf bestimmte Einzelfrequenzen besteht indessen nicht, § 55 Abs. 5 S. 2 TKG.
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Diese allgemeinen Zuteilungsvoraussetzungen sind Ausweisung der beantragten Frequenzen für die beabsichtigte Nutzung im Frequenznutzungsplan, Verfügbarkeit von Frequenzen, Verträglichkeit mit anderen Frequenznutzungen und die Sicherstellung einer effizienten und störungsfreien Nutzung durch den Antragsteller. Auch wenn der Gesetzeswortlaut dies nicht ausdrücklich sagt kann das letztgenannte Kriterium nur bei Einzelzuteilungen eine Rolle spielen, denn bei Allgemeinzuteilungen steht nicht fest, wer die Frequenzen nutzen wird, so dass Eigenschaften der Nutzer keine Rolle spielen können. 3.2.1.1 Ausweisung im Frequenznutzungsplan
116
Zunächst ist nach § 55 Abs. 5 Nr. 1 TKG für eine Frequenzzuteilung grundsätzlich erforderlich, dass die beabsichtigte Frequenznutzung im Frequenznutzungsplan ausgewiesen ist. Das ist logische Konsequenz des durch § 52 ff. TKG geschaffenen Regulierungssystems der Frequenzverwaltung. Erörterungsbedürftig sind allerdings zu einen die Frage, wie zu verfahren ist, wenn für eine beantragte Frequenznutzung (noch) kein Frequenznutzungsplan existiert, zum anderen die Möglichkeiten zur Abweichung von Frequenznutzungsplänen. 3.2.1.1.1 Fehlen von Frequenznutzungsplänen
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Wie bereits oben Rz. 40, 94 ff. ausgeführt dauerte es nach Inkrafttreten des TKG 1996 mehrere Jahre, bis die Frequenznutzungspläne erlassen wurden. Gleichwohl bestand ein Bedürfnis nach Frequenznutzung und den dafür nötigen Frequenzzuteilungen. Das führte zu zwei Fragen: Konnte die Regulierungsbehörde, solange die normativen Grundlagen nicht vollständig vor-
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Frequenzzuteilung
Rz. 120 D
lagen, Frequenzen zuteilen und wenn ja, woran hatte sie sich dabei insbesondere in planerischer Hinsicht zu orientieren? Nach der einschlägigen Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts sollen fehlende normative Grundlagen dann eine sog. Rechtsanwendungssperre zur Folge haben, wenn die gesetzliche Regelung allein nicht vollziehbar ist, wenn sie dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot nicht entspricht oder wenn sie zwar diesen Anforderungen genügt, aber der Wille des Gesetzgebers, den betroffenen Lebensbereich einer weiteren Regelung vorzuhalten, im Gesetz zum Ausdruck gekommen ist und die dadurch bewirkte Rechtsanwendungssperre keine unerträglichen Auswirkungen auf die Verfolgung öffentlicher Belange oder den Schutz von Grundrechten hat1. Bei Anwendung dieser Grundsätze wird man davon auszugehen haben, dass im Falle der Frequenzzuteilungen grundsätzlich keine Rechtsanwendungssperre bestand2. Zum einen war dem Gesetzgeber bewusst, dass die Pläne nicht sofort vorliegen würden. Wenn angesichts dessen für die Zeit bis zu deren Vorliegen eine Sperre für Frequenzzuteilungen gewollt gewesen wäre, hätte es nahe gelegen, dies ausdrücklich im Gesetz zu sagen. Im Übrigen wird durch § 47 TKG ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für Frequenznutzungen begründet. Es wäre eine vor den Grundrechten der Betroffenen schwer zu rechtfertigende Zumutung, die Frequenzzuteilung zu verweigern, weil die Pläne noch nicht erlassen sind.
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Als planerische Grundlagen standen der Regulierungsbehörde, der Frequenzbereichszuweisungsplan sowie die Verwaltungsgrundsätze Frequenznutzungen, die auf der bestehenden Praxis beruhten, zur Verfügung. Daneben war für bestimmte Funkdienste, nämlich Amateurfunk und nichtöffentliche Funkanwendungen (Betriebsfunk), in der Übergangsbestimmung des § 10 Abs. 1 der inzwischen außer Kraft getretenen Frequenzzuteilungsverordnung nach dem TKG-1996 die Weitergeltung untergesetzlicher Regelungen, auf welche die Zuteilungspraxis angewiesen war, bis zum Erlass entsprechender Frequenznutzungspläne vorgesehen.
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Für das TKG 2004 wird die Frage nicht wieder aktuell. § 150 Abs. 7 ordnet ausdrücklich an, dass bis zum Erlass eines Frequenznutzungsplans nach § 54 TKG die Frequenzzuteilung auf der Grundlage des geltenden Frequenzbereichszuweisungsplans erfolgen soll. Die Fragen nach einer Rechtsanwendungssperre und nach den einstweilen anzuwendenden planerischen Grundlagen sind damit erledigt, dafür fragt man sich allerdings, warum nicht auch die vorläufige Weitergeltung unter dem TKG 1996 erlassenen Frequenznutzungspläne angeordnet wird. Die Gesetzesbegründung liefert
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_______________
1 BVerfGE 79, 174 (194). 2 So im Ergebnis auch Beck TKG-Komm/Korehnke/Grotelüschen, 2. Auflage, § 45 Rz. 20 ff.; Tschentscher/Pegatzky/Bosch, Beilage 1 zu K & R 2000, 23, jeweils zur Rechtslage vor Inkrafttreten von Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung, Frequenznutzungsplanaufstellungsverordnung und Frequenzzuteilungsverordnung.
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D Rz. 121
Frequenzverwaltung
keine Antwort1. Der Grund könnte sein, dass während des Gesetzgebungsverfahrens zum TKG 2004 der Frequenzbereichszuweisungsplan neu gefasst wurde (siehe oben Rz. 40 und 96) und offen war, wie lange die Anpassung des Frequenznutzungsplans dauern würde. In der Praxis hat die BNetzA auch die alten Frequenznutzungspläne berücksichtigt, wogegen solange nichts einzuwenden ist, als diese dem Frequenzbereichszuweisungsplan entsprechen. 3.2.1.1.2 Abweichung vom Frequenznutzungsplan nach § 58 TKG 121
§ 58 S. 1 TKG erlaubt in begründeten Einzelfällen bei Frequenzzuteilungen vom Frequenzbereichszuweisungsplan und/oder Frequenznutzungsplan befristet abzuweichen. Als Beispiele für solche Einzelfälle nennt das Gesetz die Erprobung innovativer Technologien oder Fälle kurzfristigen Frequenzbedarfs. Die Aufzählung ist aber nicht abschließend, da sie mit dem Wort „insbesondere“ eingeleitet wird. Nach der Gesetzesbegründung ist neben technischen Experimenten an Großveranstaltungen oder andere marginale Nutzungen gedacht2.
122
Voraussetzung für solche Abweichungen von den Plänen ist zunächst, dass durch sie keine in den Plänen vorgesehene Frequenznutzung beeinträchtigt wird. Laut Gesetzesbegründung müssen solche Beeinträchtigungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein. Ferner dürfen Abweichungen die Weiterentwicklung der Pläne nicht stören. Die BNetzA muss also durch Nebenbestimmungen sicherstellen, dass eine von den Plänen abweichende Nutzung nötigenfalls auch wieder beendet werden kann.
123
Die Entscheidung über solche Ausnahme steht im pflichtgemäßen Ermessen der BNetzA. Dieses Ermessen kann sich aber aus Gleichbehandlungsgründen auf Null reduzieren, was einen Anspruch auf Frequenzzuteilung zur Folge hätte. 3.2.1.2 Verfügbarkeit und Verträglichkeit
124
Dass die Verfügbarkeit von Frequenzen für deren Zuteilung Voraussetzung ist, kann auf der Grundlage des bisher Gesagten nicht wirklich überraschen. Bedeutsam ist aber, dass die Verfügbarkeit nicht zwingend mit der Frage verbunden ist, ob Frequenzen an dem in Rede stehenden Standort oder Versorgungsbereich bereits genutzt werden. Es gibt Ausnahmen in beide Richtungen.
_______________
1 Siehe BT-Drucks. 15/2316, S. 108 zu § 148 Abs. 6 des Gesetzentwurfs. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 79.
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Frequenzzuteilung
Rz. 129 D
Zum einen enthalten manche Lizenzen nach dem alten TKG die Zusicherung, dass dem Lizenznehmer bestimmte Frequenzen zugeteilt werden1. Diese Zusicherung ist nach § 38 VwVfG die rechtlich verbindliche Zusage, die Frequenzen an den Lizenzinhaber zuzuteilen. Dementsprechend sah § 5 Abs. 1 S. 2 der nunmehr außer Kraft getretenen Frequenzzuteilungsverordnung einen vorrangigen Zuteilungsanspruch für Lizenznehmer vor, denen eine entsprechende Zusicherung gemacht wurde. Mit dieser Zusicherung würde die BNetzA in Konflikt geraten, wenn sie die Frequenzen anderweitig zuteilte. Deswegen sind solche zugesicherten Frequenzen nicht mehr für die Zuteilung an andere verfügbar.
125
Zum anderen schließt die bereits erfolgte Vergabe einer Frequenz nicht zwingend eine Zuteilung an andere Nutzer aus. Unter bestimmten Voraussetzungen kann nach § 59 TKG dieselbe Frequenz mehrfach zugeteilt werden. Darauf wird unten noch näher eingegangen (Rz. 158).
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Weiterhin ist nach § 55 Abs. 5 Nr. 3 TKG die Verträglichkeit der beantragten Frequenznutzungen mit anderen allgemeine Voraussetzung der Frequenzzuteilung. Hier geht es darum, Störungen anderer Funkanwendungen durch neu zugeteilte Frequenznutzungen zu vermeiden. Die BNetzA hat insoweit die Aufgabe, mittels wissenschaftlicher und technischer Methodik zu ermitteln, wann mit hinreichender Sicherheit vom Nichteintreten solcher Störungen ausgegangen werden kann. Die Gesetzesbegründung nennt als Beispiel dafür die Erstellung geographischer Frequenzverteilungspläne2.
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3.2.1.3 Subjektive Anforderungen Nach § 55 Abs. 5 Nr. 4 TKG gehört zu den Voraussetzungen einer Frequenzzuteilung, dass „eine effiziente und störungsfreie Frequenznutzung durch den Antragsteller sichergestellt ist“. Ergänzend verlangt § 55 Abs. 4 TKG für Frequenzanträge, den Nachweis, dass die „subjektiven Voraussetzungen für die Frequenzzuteilung im Hinblick auf eine effiziente und störungsfreie Frequenznutzung und weitere Bedingungen nach Anhang B der Richtlinie 2002/20/EG (Genehmigungsrichtlinie)“ vorliegen.
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Indem der Normwortlaut hier auf ein anderes Normwerk verweist statt die Voraussetzungen selbst zu nennen erweist er sich als wenig leserfreundlich. Wenn man dann genannten Anhang B3 zu Rate zieht werden die subjektiven
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1 Beispiel: Die UMTS-Mobilfunklizenzen, siehe die Musterlizenz ABl. RegTP 4/2000, S. 555. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 77. 3 Anhang B der Richtlinie 2002/20/EG lautet: B. Bedingungen, die an Frequenznutzungsrechte geknüpft werden können 1. Angabe der Dienstleistung oder der Art des Netzes oder der Technologie, für die die Frequenznutzungsrechte erteilt wurden, gegebenenfalls einschließlich der ausschließlichen Nutzung einer Frequenz für die Übertragung eines bestimmten Inhalts oder bestimmter audiovisueller Dienste.
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D Rz. 130
Frequenzverwaltung
Anforderungen für eine Frequenzzuteilung auch nicht klarer, denn dieser enthält Bedingungen, die mit Frequenzzuteilungen verbunden werden können, aber keine subjektiven Anforderungen. 130
131
Ein Blick in die Praxis zeigt dann, dass die subjektiven Anforderungen sich nicht unmittelbar aus der effizienten und störungsfreien Frequenznutzung oder Anhang B ergeben. Es geht um subjektive Anforderungen, die mit Blick darauf zu erfüllen sind. Dies sind in der Praxis der BNetzA die Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkunde des Antragstellers1. In der Praxis kommen hier, wie auch bei der Vergabe von Wegerechten nach § 69 Abs. 2 die Kriterien zur Anwendung, die zu § 8 Abs. 3 TKG-1996 entwickelt worden sind. Danach ist –
zuverlässig, wer Gewähr dafür bietet, dass er die Rechtsvorschriften einhalten wird,
–
leistungsfähig, wer Gewähr dafür bietet, dass ihm die erforderlichen Produktionsmittel zur Verfügung stehen werden,
–
fachkundig, wer Gewähr dafür bietet, dass die für ihn tätigen Personen über die erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten verfügen.
Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkunde sind Voraussetzungen dafür, mit hinreichender Sicherheit von einem Antragsteller erwarten zu können, dass er zugeteilte Frequenzen effizient und störungsfrei nutzen wird. Gegen die Heranziehung dieser Kriterien ist daher dem Grunde nach nichts einzuwenden. Misslungen ist aber die Formulierung des Gesetzes, die diese Kriterien nicht klar benennt, sondern mit einem Verweis auf die Genehmigungsrichtlinie vernebelt. _______________
2. Effektive und effiziente Frequenznutzung entsprechend der Richtlinie 2002/21/ EG (Rahmenrichtlinie), gegebenenfalls einschließlich Anforderungen in Bezug auf die Reichweite. 3. Technische und den Betrieb betreffende Bedingungen zur Vermeidung von funktechnischen Störungen und für die Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern, sofern diese Bedingungen von den in der Allgemeingenehmigung aufgeführten Bedingungen abweichen. 4. Höchstdauer gemäß Artikel 5 dieser Richtlinie vorbehaltlich von Änderungen im nationalen Frequenzplan. 5. Übertragung von Rechten auf Betreiben des Inhabers der Rechte und Bedingungen für eine solche Übertragung im Einklang mit der Richtlinie 2002/21/EG (Rahmenrichtlinie). 6. Nutzungsentgelte gemäß Artikel 13 dieser Richtlinie. 7. Verpflichtungen, die das Unternehmen, das die Nutzungsrechte erwirbt, im Laufe eines auf Wettbewerb oder auf Vergleich beruhenden Auswahlverfahrens eingegangen ist. 8. Verpflichtungen im Rahmen der einschlägigen internationalen Vereinbarungen über die Nutzung von Frequenzen. 1 Siehe als Beispiel die Frequenzvergabe für Broadband Wireless Access (BWA), Vfg. 95/2005, Ziff. 5.1, ABl. BNetzA 24/2005, S. 1963.
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Frequenzzuteilung
Rz. 136 D
3.2.1.4 Kein Anspruch auf Einzelfrequenz Nach 55 Abs. 5 S. 2 TKG besteht grundsätzlich kein Anspruch auf eine bestimmte Einzelfrequenz. Hierdurch wird der Anspruch auf Frequenzzuteilung eingeschränkt. Praktisch dürfte diese Regelung vor allem dann bedeutsam werden, wenn es konkurrierende Anträge für bestimmte Frequenzen gibt, aber der hinter diesen Anträgen stehende Nutzungsbedarf sich auch mittels anderer verfügbarer Frequenzen befriedigen lässt. In diesem Fall besteht die Möglichkeit, durch Zuteilung anderer, gleich geeigneter Frequenzen an einzelne Antragsteller die langwierige Durchführung eines Vergabeverfahrens nach § 61 TKG zu vermeiden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Alternativfrequenzen für die Antragsteller ein gleichwertiger Ersatz sind; falls nicht, wäre ein Vergabeverfahren einzuleiten.
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Daneben sollte die Regelung auch Anwendung finden, wenn Zuteilungsanträge sich auf unverfügbare oder nicht störungsfrei nutzbare Frequenzen beziehen und sich das Nutzungsbedürfnis des Antragstellers mit Alternativfrequenzen adäquat decken lässt.
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Hinzuweisen ist schließlich noch darauf, dass sich aus etwa in alten Lizenzen enthaltenen Zusicherungen abweichend von § 55 Abs. 5 S. 2 TKG ein Anspruch auf Zuteilung bestimmter Einzelfrequenzen ergeben kann.
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3.2.1.5 Anforderungen an Zuteilungsanträge Anträge auf Einzelzuteilung sind nach § 54 Abs. 4 TKG schriftlich zu stellen. Für häufig vorkommende Fälle1 hat die BNetzA Antragsformulare mit Ausfüllhinweisen entworfen, deren Verwendung sich empfiehlt. Die Dokumente können von der Website der BNetzA herunter geladen werden. Im Übrigen unterscheiden sich die Anforderungen an die Antragsinhalte und die gegebenenfalls beizubringenden Nachweise je nach Funkanwendung und gewähltem Zuteilungsverfahren ganz erheblich. Hinsichtlich der Nachweise von Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkunde werden bei aufwendigeren Funkanwendungen dieselben Anforderungen wie bei der Übertragung des Wegerechts nach § 69 TKG gestellt (siehe F, Rz. 57). Für alles weitere sind die jeweils einschlägigen Veröffentlichungen der BNetzA auf ihrer Website und in ihrem Amtsblatt zu Rate zu ziehen und zu beachten.
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3.2.1.6 Entscheidungsfristen Anders als das frühere Recht enthält das TKG heute in § 55 Abs. 4 S. 3 Fristen, binnen derer die BNetzA über Zuteilungsanträge zu entscheiden hat. _______________
1 Etwa nichtöffentlichen Mobilfunk, verschiedene Anwendungen im Langwellenbereich, Versuchsfunk, Richtfunk.
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D Rz. 137
Frequenzverwaltung
Für einfache Zuteilungsanträge beträgt diese Sechs Wochen, nach Eingang des vollständigen Antrags. In Vergabeverfahren kann die Frist nötigenfalls um bis zu acht Monate (d. h. Frist insgesamt sechs Wochen + acht Monate) verlängert werden. Beide Fristenregelungen beruhen auf Artt. 5 Abs. 3 und 7 Abs. 4 der Genehmigungsrichtlinie. Unberührt bleiben internationale Vereinbarungen zur Funkkoordinierung an den Grenzen bzw. zu Satellitenorbitpositionen, die gegebenenfalls eine längere Verfahrensdauer verursachen können. 3.2.2 Inhalt von Frequenzzuteilungen, Nebenbestimmungen 137
§ 60 TKG regelt den Inhalt von Frequenzzuteilungen und Zuteilungsbescheiden. Im Einzelnen sind Art und Umfang der Frequenznutzung festzulegen, Nebenbestimmungen vorzusehen und dem Zuteilungsinhaber Hinweise zu geben. 3.2.2.1 Festlegung von Art und Umfang der Frequenznutzung
138
Die nach § 60 TKG in jeden Zuteilungsbescheid aufzunehmenden Festlegungen zu Art und Umfang der Frequenznutzung sind die eigentliche Regelung des Bescheids. Sie legen fest, in welcher Weise der Zuteilungsinhaber das Frequenzspektrum im Einzelnen nutzen darf. Die Festlegungen sind dabei auf das Maß zu beschränken, das zur Sicherung einer effizienten und störungsfreien Frequenznutzung erforderlich ist. Allerdings wird insbesondere die Störungsfreiheit oft von technischen Details abhängen, so dass deren Regelung im Zuteilungsbescheid regelmäßig zulässig sein dürfte.
139
Denkbare inhaltliche Festlegungen einer Frequenzzuteilung sind beispielsweise Standort, Kanalbandbreite, Modulationsverfahren, Sendeleistung, Feldstärkegrenzwerte einschließlich deren räumlicher und zeitlicher Verteilung sowie Nutzungsbeschränkungen im Hinblick auf die Verträglichkeit mit anderen Frequenznutzungen sowie den Betrieb stationärer Messeinrichtungen der BNetzA1. Soweit dies zur Festlegung des Nutzungsumfangs erforderlich ist, kann auch die Anzahl der von der Zuteilung erfassten Funkanlagen im Zuteilungsbescheid festgelegt werden. Dies ist anscheinend bei manchen Funkanwendungen das einzig geeignete Kriterium zur Festlegung der Nutzungsintensität.
140
Die Aufzählung dieser Punkte ist weder abschließend noch zwingend. Beispielsweise kann bei mobilen Sendeanlagen oder auch bei Allgemeinzuteilungen der Standort allenfalls regional eingegrenzt werden. Soweit für Funkanwendungen festgelegte technische Standards existieren kommt es in Betracht, diese in die Frequenzzuteilung aufzunehmen, soweit dies zur Sicherung von Effizienz und Störungsfreiheit geboten ist. _______________
1 Siehe BT-Drucks. 15/2316, S. 79 (zu § 58 des Entwurfs).
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Frequenzzuteilung
Rz. 143 D
§ 60 Abs. 2 S. 2 TKG erlaubt der BNetzA, Zuteilungen inhaltlich nach pflichtgemäßem Ermessen nachträglich zu ändern (siehe dazu unten Rz. 180).
141
3.2.2.2 Nebenbestimmungen Da nach dem TKG ein Rechtsanspruch auf Frequenzzuteilung besteht, sind nach § 36 Abs. 1 VwVfG nur solche Nebenbestimmungen zu Frequenzzuteilungen zulässig, die entweder durch Rechtsvorschrift zugelassen sind oder die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der Frequenzzuteilung sicherstellen sollen. Nebenbestimmungen sind nach § 36 Abs. 2 VwVfG Befristungen, Bedingungen, Widerrufsvorbehalte, Auflagen und Auflagenvorbehalte.
142
§ 60 Abs. 2 S. 1 TKG ermöglicht Nebenbestimmungen zur Sicherung von Effizienz und Störungsfreiheit der Frequenznutzung. Eine nähere gesetzliche Konkretisierung der zulässigen Inhalte fehlt. Nach der Gesetzesbegründung kommen nur solche Nebenbestimmungen in Betracht, die Anhang B der Genehmigungsrichtlinie entsprechen1. Da die Zielrichtung solcher Nebenbestimmungen mit denen der Inhaltsbestimmung nach § 60 Abs. 1 TKG identisch ist, kann im Einzelfall die Abgrenzung zu den Zustimmungsbescheiden beigefügten Auflagen, also nach § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG Bestimmungen, die ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorschreiben, Schwierigkeiten bereiten. Die Abgrenzung zwischen Inhaltsbestimmungen und Auflagen
143
_______________
1 Anhang B der Richtlinie 2002/20/EG lautet: B. Bedingungen, die an Frequenznutzungsrechte geknüpft werden können 1. Angabe der Dienstleistung oder der Art des Netzes oder der Technologie, für die die Frequenznutzungsrechte erteilt wurden, gegebenenfalls einschließlich der ausschließlichen Nutzung einer Frequenz für die Übertragung eines bestimmten Inhalts oder bestimmter audiovisueller Dienste. 2. Effektive und effiziente Frequenznutzung entsprechend der Richtlinie 2002/21/ EG (Rahmenrichtlinie), gegebenenfalls einschließlich Anforderungen in Bezug auf die Reichweite. 3. Technische und den Betrieb betreffende Bedingungen zur Vermeidung von funktechnischen Störungen und für die Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern, sofern diese Bedingungen von den in der Allgemeingenehmigung aufgeführten Bedingungen abweichen. 4. Höchstdauer gemäß Artikel 5 dieser Richtlinie vorbehaltlich von Änderungen im nationalen Frequenzplan. 5. Übertragung von Rechten auf Betreiben des Inhabers der Rechte und Bedingungen für eine solche Übertragung im Einklang mit der Richtlinie 2002/21/EG (Rahmenrichtlinie). 6. Nutzungsentgelte gemäß Artikel 13 dieser Richtlinie. 7. Verpflichtungen, die das Unternehmen, das die Nutzungsrechte erwirbt, im Laufe eines auf Wettbewerb oder auf Vergleich beruhenden Auswahlverfahrens eingegangen ist. 8. Verpflichtungen im Rahmen der einschlägigen internationalen Vereinbarungen über die Nutzung von Frequenzen.
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D Rz. 144
Frequenzverwaltung
ist ohnehin ein allgemeines verwaltungsrechtliches Problem1, das hier durch die identische Zielrichtung von Inhaltsbestimmung und Nebenbestimmung noch verschärft wird. Die oben Rz. 138 ff. genannten Punkte werden im Zweifel zur Inhaltsbestimmung gehören. 144
Die Konsequenzen dieser Abgrenzung sind erheblich. Die Missachtung einer Inhaltsbestimmung macht die Frequenznutzung zu einer ungenehmigten, was den Bußgeldtatbestand des § 149 Abs. 1 Nr. 10 TKG verwirklicht. Demgegenüber ist Konsequenz einer missachteten Auflage deren Durchsetzung nach Verwaltungsvollstreckungsrecht2. Daneben kann die Möglichkeit zu Rücknahme oder Widerruf der Zuteilung bestehen. Weiterhin hat die Unterscheidung auch für den gerichtlichen Rechtsschutz Konsequenzen (dazu unten Rz. 320). Bei dieser Sachlage ist die BNetzA gehalten, in der Praxis der Frequenzzuteilung eindeutig zwischen Inhaltsbestimmungen und Nebenbestimmungen zu unterscheiden3.
145
§ 60 Abs. 2 TKG ist nicht abschließend, das heißt, Nebenbestimmungen zu Frequenzzuteilungen aus anderen Motiven als zur Sicherung von Effizienz und Störungsfreiheit der Frequenznutzung sind nach § 36 VwVfG möglich, soweit sie die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen der Frequenzzuteilung sicherstellen. 3.2.2.3 Insbesondere: Befristungen und deren Verlängerung
146
Anders als das frühere Recht enthält § 55 Abs. 8 TKG nunmehr die ausdrückliche Anordnung, Frequenzzuteilungen in der Regel zu befristen. Auch unter dem alten Recht waren Befristungen schon üblich, allerdings nur bei in Vergabeverfahren erteilten Lizenzen explizit vorgesehen (§ 8 Abs. 4 TKG1996). Ausnahmsweise sind auch unbefristete Zuteilungen möglich, solche Ausnahmen bedürfen jedoch einer besonderen Begründung4. Die Befristung muss der Länge nach angemessen sein (§ 55 Abs. 8 S. 2 TKG), wobei die Frage der Angemessenheit nach den Gegebenheiten des Einzelfalls zu beurteilen ist, insbesondere nach den Bedürfnissen des Antragstellers und der Höhe der zu amortisierenden Investitionen. Das denkbare Spektrum reicht von einigen Tagen oder Wochen bei anlassbezogenen Nutzungen (Beispiel: Fußball-Weltmeisterschaft) bis zu zwanzig Jahren beim Mobilfunk.
147
§ 55 Abs. 8 S. 1, 2. Halbsatz TKG erlaubt Befristungen zu verlängern ohne nähere Voraussetzungen dafür aufzustellen. Dies wird man dahingehend zu _______________
1 Siehe Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, § 36 Rz. 10; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Rz. 7 und 35 zu § 36; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 314 (322). 2 In Betracht kommen nach dem Verwaltungsvollstreckungsrecht des Bundes in Verbindung mit § 126 TKG Zwangsgeld bis zu einer Höhe von 500.000 Euro, ersatzweise Zwangshaft oder auch unmittelbarer Zwang in Form der Ersatzvornahme. 3 So auch für den Bereich des allgemeinen Verwaltungsrechts Stelkens/Bonk/Sachs/ Stelkens, VwVfG, § 36 Rz. 8. 4 BT-Drucks. 15/2316, S. 78 (zu § 53 Abs. 8).
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Frequenzzuteilung
Rz. 149 D
verstehen haben, dass die Entscheidung über eine Verlängerung nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen ist. Problematisch sind insoweit vor allem die Fälle, bei denen im Rahmen einer Neuvergabe nicht alle Interessenten bedient werden könnten. In allen anderen Fällen käme neben der Verlängerung der bestehenden Zuteilung genauso gut eine Neuzuteilung in Betracht, so dass sich allenfalls bei den Gebühren eine Änderung ergibt1. Mit dieser Konstellation zu befassen hatte sich die BNetzA bei den Frequenzzuteilungen für GSM. Die Inhaber wünschten eine Verlängerung der zunächst bis Ende 2009 bzw. 2012 befristeten Zuteilungen bis Ende 2016. Gleichzeitig gab es auch andere Interessenten für die Frequenzen. Die BNetzA hat sich in jenem Fall entschieden, die Zuteilungen wie gewünscht zu verlängern. Grund hierfür waren offenbar zum einen praktische Erwägungen aus der Frequenzplanung. Durch die damit erreichte einheitliche Laufzeit der Zuteilungen sind alle GSM-Nutzungen nunmehr bis 2016 befristet, so dass dann die Möglichkeit besteht, zusammenhängende Frequenzblöcke einer neuen Nutzung zuzuführen. Außerdem verweist die Behörde auf den Zweck der Befristung, der darin bestehen soll, die Effizienz der Frequenznutzung zu sichern, indem der BNetzA eine regelmäßige Überprüfung aufgegeben wird2.
148
Auch wenn die praktischen, frequenzplanerischen Erwägungen der Behörde nachvollziehbar sind ist Kritik anzumelden: Zunächst einmal lassen sich die Ausführungen der BNetzA zum Zweck der Befristung weder auf die Gesetzesbegründung3 noch auf die von ihr zitierten Entscheidungen zur Befristung der UMTS-Lizenzen4 stützen. Weiter ist die Verlängerung befristeter Verwaltungsakte grundsätzlich von denselben Voraussetzungen abhängig wie ihr erstmaliger Erlass5. Dass dies bei Frequenzzuteilungen anders sein soll ergeben weder Wortlaut noch Normbegründung. Schließlich führt eine Verlängerung der Zuteilungen, ohne dass sich die Inhaber einem Vergabeverfahren zu stellen haben, zu einer Perpetuierung der Marktverhält-
149
_______________
1 Die Frequenzgebührenverordnung enthält derzeit keinen ausdrücklichen Tatbestand für die Verlängerung, so dass wohl Ziffer A.2 des Gebührenverzeichnis (i. e. Änderungen einer Zuteilungsurkunde, die nicht die auf den Verwendungszweck der Frequenz abgestellten Parameter betreffen, Gebühr 60 Euro) zur Anwendung kommt. 2 Siehe zum Ganzen das die Erläuterungen zu den Eckpunkten 6 und 7 des GSMKonzept, Vfg. 88/2005, ABl. BNetzA 23/2005, S. 1852 ff. 3 BT-Drucks. 15/2316, S. 78 (zu § 53 Abs. 8) nennt keine Zwecke der Befristung. 4 Die Behörde verweist auf die Vfg. 51/1999, ABl. RegTP 9/1999, S. 1519, 1530 f. Dort heißt es jedoch unter Verweis auf die Gesetzesbegründung von § 8 Abs. 4 TKG-1996 (BR-Drucks. 80/96, S. 38 f.): „Die Festlegung einer Laufzeit … ist überdies geboten, da es sich bei den … Frequenzen um ein knappes Gut handelt. Daher ist zu verhindern, dass bei knappen Ressourcen die Lizenzausübung nicht auf Dauer auf Wenige beschränkt bleibt“. Oder ist das Wort „nicht“ etwa kein Redaktionsversehen? 5 Siehe die Entscheidung des BVerwG v. 18.12.1979, I C 84.77, DÖV 1980, 645 sowie Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 36 Rz. 18.
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D Rz. 150
Frequenzverwaltung
nisse. Dem in der Gesetzesbegründung angesprochenen Ziel der Wettbewerbsförderung entspricht dies nicht unbedingt. 3.2.2.4 Hinweise 150
Nach § 60 Abs. 3 TKG sollen Frequenzzuteilungsbescheide eine Reihe von Hinweisen enthalten. Solche Hinweise sind keine rechtlichen Regelungen oder Nebenbestimmungen, sondern dienen lediglich der Information des Zuteilungsinhabers1.
151
So legt die BNetzA den Festlegungen zu Art und Umfang der Frequenznutzung regelmäßig bestimmte Parameter der Empfangsanlagen zugrunde. Nur bei Einhaltung dieser Parameter kann mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Funkübertragung funktioniert. Regelmäßig wird es sich dabei um technische Eigenschaften der Empfangsgeräte handeln, die nach dem Gesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen festgelegt sind. Nach § 60 Abs. 3 TKG sollen diese Parameter offen gelegt und der Zuteilungsinhaber darauf hingewiesen werden, dass die BNetzA Störungen, die aus der Nichtbeachtung folgen, nicht begegnen wird.
152
Weitere typische Hinweise in Zuteilungsbescheiden betreffen die Regelungen zum Schutz vor elektromagnetischen Feldern und das sogenannte Standortverfahren, die Pflicht zur Veröffentlichung von Schnittstellenbeschreibungen nach dem FTEG, die fehlende Konzentrationswirkung der Zuteilung, die Pflicht zur Wahrung des Fernmeldegeheimnis und dessen Einschränkungen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, Anzeigepflichten zu Aufnahme und Beendigung der Frequenznutzung und zu Veränderungen beim Zuteilungsinhaber sowie die gegebenenfalls nötige Grenzkoordinierung. 3.2.2.5 Anzeigepflicht
153
Gemäß § 55 Abs. 6 S. 1 TKG hat der Zuteilungsinhaber Beginn und Beendigung der Nutzung der BNetzA auf deren Verlangen unverzüglich anzuzeigen.
154
Praktisch wird es sich anbieten, dieses Anzeigeverlangen als Auflage in den Frequenzzuteilungsbescheid aufzunehmen. Die Information, welche Frequenzen tatsächlich genutzt werden ist für die Behörde zur Gewährleistung des störungsfreien Funkbetriebs relevant. Die Motivation dieser Anzeigepflicht, die BNetzA mit den nötigen Informationen zu versorgen, um gegebenenfalls die Zuteilung ungenutzter Frequenzen nach § 63 Abs. 1 TKG widerrufen zu können, steht mit der Effizienz der Frequenznutzung im Zu_______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 80.
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Frequenzzuteilung
Rz. 159 D
sammenhang1. Daher dient eine entsprechende Auflage der Effizienz und Störungsfreiheit der Frequenznutzung, was sie rechtfertigt. Während der Beginn der Frequenznutzung einfach daran zu erkennen ist, dass der Zuteilungsinhaber die Funkanlage in Betrieb nimmt, kann es schwierig sein, den Zeitpunkt der Beendigung festzumachen. Dies ist nicht nur für die Anzeigepflicht relevant, sondern auch für den Widerruf der Frequenzzuteilung nach § 63 Abs. 1 TKG. Nicht jeder Funkdienst sendet bestimmungsgemäß ununterbrochen. Auch die Außerbetriebnahme der eingesetzten Funkanlage scheint dabei kein geeignetes Kriterium zu sein, um den Zeitpunkt der Beendigung der Frequenznutzung zu bestimmen, weil die Zuteilung sich auf die Frequenznutzung, nicht auf konkret genutzte Funkanlagen bezieht. Deshalb hat der Zuteilungsinhaber die Möglichkeit, die Funkanlage zu ersetzen. Entsprechend der Widerrufsregelung des § 63 Abs. 1 TKG kann er sich dafür ein ganzes Jahr Zeit nehmen. Wenn er während dieses Zeitraums die Beendigung und bei Inbetriebnahme der neuen Anlage die Wiederaufnahme der Frequenznutzung anzeigen müsste, wären im Ergebnis auch Unterbrechungen anzuzeigen, was § 55 Abs. 6 TKG gerade nicht vorsieht.
155
Deshalb wird man von einer Beendigung der Frequenznutzung dann auszugehen haben, wenn der Zuteilungsinhaber nicht mehr die Absicht hat, die Frequenz weiter zu nutzen. Diese Absicht wird anhand des Verhaltens der Zuteilungsinhabers zu erkennen sein, etwa wenn er nach Abbau der Sendeanlage keine ernstzunehmenden Anstalten macht, für Ersatz zu sorgen, oder wenn die Anlage zwar stehen bleibt, aber nicht mehr ordentlich gewartet wird. Daneben ist die Frequenznutzung auch als beendigt anzusehen, wenn ihre Fortsetzung aus tatsächlichen Gründen nicht zu erwarten ist2.
156
Die Nichtbefolgung der Anzeigepflicht ist anders als die nach § 6 TKG nicht bußgeldbewehrt.
157
3.2.3 Mehrfache Zuteilung § 59 TKG erlaubt, bereits zugeteilte und damit eigentlich nicht verfügbare Frequenzen erneut zuzuteilen. Die Mehrfachzuteilung steht dabei jeweils im pflichtgemäßem Ermessen der BNetzA.
158
Voraussetzung für eine mehrfache Zuteilung ist, dass die Nutzung durch einen Einzelnen nicht effizient wäre. Das ist etwa bei nur unregelmäßig genutzten Frequenzen der Fall oder wenn Störungen durch andere Nutzung
159
_______________
1 Siehe die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 15/2316, S. 70. 2 Beispiel: Die Frequenzzuteilung für eine Sendestation legt deren Standort fest. Das Gebäude, auf dem die Station errichtet ist brennt ab. Wenn der Zuteilungsinhaber dann von einem Alternativstandort die Frequenznutzung fortsetzen will benötigt er eine neue Frequenzzuteilung, jedenfalls aber eine Änderung der bisherigen.
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D Rz. 160
Frequenzverwaltung
derselben Frequenz technisch begegnet werden kann1. Die Gesetzesbegründung nennt als einen Anwendungsfall den Betriebsfunk2. Die Zuteilungsinhaber haben dabei nach Satz 2 Beeinträchtigungen hinzunehmen, die sich aus der bestimmungsgemäßen gemeinsamen Nutzung ergeben. Dies ist eine Abweichung vom sonst bei Störungen geltenden Prioritätsprinzip aus § 3 Abs. 3 der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung, nach dem der Inhaber der früheren Zuteilung Schutz vor Störungen des Inhabers späterer Zuteilungen verlangen kann. 3.2.4 Versagung beantragter Frequenzzuteilungen 160
Gründe, eine beantragte Frequenzzuteilung trotz Vorliegen der allgemeinen und besonderen Zuteilungsvoraussetzungen abzulehnen legt § 55 Abs. 10 TKG fest. Das Gesetz spricht insoweit in Bürokratendeutsch von Versagung.
161
§ 55 Abs. 10 TKG ermöglicht es, eine beantragte Frequenzzuteilung ganz oder teilweise abzulehnen, wenn die beabsichtigte Nutzung mit den Regulierungszielen des TKG nach § 2 Abs. 2 nicht vereinbar ist. Die Entscheidung steht dabei im pflichtgemäßem Ermessen der Behörde3. Allerdings sind die Regulierungsziele sehr unbestimmt und können im Einzelfall sogar zu widersprüchlichen Entscheidungen führen, etwa dann wenn ein großes Nutzerinteresse an einer ineffizienten, störungsträchtigen Frequenznutzung besteht. Bei dieser Sachlage ist fraglich, ob dieser Versagungsgrund noch mit dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot in Einklang steht. Angesichts der Tatsache, das unbestimmte und auslegungsbedürftige Rechtsbegriffe und Generalklauseln regelmäßig zulässig sind4, wird man dies hier aber gerade noch annehmen können.
162
Die eben erwähnte Unbestimmtheit legt eine restriktive Auslegung nahe. Er sollte nur in Fällen Anwendung finden, in denen die Regulierungsbehörde zwingende gegen eine Frequenzzuteilung sprechende Gründe sieht, die sich nicht nach anderweitig in den Griff bekommen lassen. Daneben ist soweit möglich eine teilweise Ablehnung gegenüber einer vollständigen als das mildere Mittel in Betracht zu ziehen.
163
Weiterhin ist die Einräumung von Ermessen als problematisch anzusehen. Die Kombination von unbestimmten Rechtsbegriffen auf der Tatbestandsund Ermessen auf der Rechtsfolgenseite5 legt nahe, hier abweichend Geset_______________
1 Siehe zu diesen Partagierungsmöglichkeiten Beck TKG-Komm/Korehnke/ Grotelüschen, 2. Auflage, vor § 44 Rz. 20 ff. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 80. S. 79 (zu § 57 des Entwurfs). 3 Das Gesetz spricht von „kann“ und auch die Gesetzesbegründung geht von Ermessen aus, vgl. BT-Drucks. 15/2316, S. 78. 4 Siehe Jarass/Pieroth/Jarass, GG, Art. 20 Rz. 62. 5 Sogenannte Koppelungsvorschrift oder Mischtatbestand, vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rz. 48 ff.
282 | Jenny
Frequenzzuteilung
Rz. 166 D
zeswortlaut und -Begründung1 von einem sog. Ermessensschwund2 auszugehen. Wenn eine Frequenznutzung tatsächlich bei Berücksichtigung aller Regulierungsziele im Ergebnis diesen zuwiderläuft, dann ist schwer denkbar, dass es Ermessensgründe gibt, die Frequenz dennoch zuzuteilen. Auch der in der Gesetzesbegründung angesprochene Fall, dass eine beantragte Frequenzzuteilung zwar ineffizient ist, aber der Herstellung der Chancengleichheit gegenüber anderen Zuteilungsinhabern dient, lässt sich als einer verstehen, bei dem das Regulierungsziel der Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs die fehlende Effizienz der Frequenznutzung aufwiegen kann. Allerdings gebietet das Ziel, eine effiziente Frequenznutzung zu erreichen es in diesem Beispielsfall eher, dem übermäßig gut mit Frequenzen ausgestatteten Konkurrenten einzelne Zuteilungen zu widerrufen. So gesehen erweist sich auch das eingeräumte Ermessen als richtig, weil sonst der in der Frequenzzuteilung benachteiligte Antragsteller in diesen Situationen einen Anspruch auf Zuteilung haben könnte. Eine Behandlung aller denkbaren weiteren Fälle, in denen eine Ablehnung beantragter Zuteilungen in Betracht kommt, kann hier nicht geleistet werden. Im Folgenden werden lediglich einige typische Fälle angesprochen, in denen eine beantragte Frequenzzuteilung abgelehnt werden kann.
164
3.2.4.1 Ineffiziente Frequenznutzung Ausweislich der Gesetzesbegründung hatte der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Versagungsgrundes vor allem diese Fallgruppe im Auge. Insoweit soll die Ablehnung einer beantragten Frequenzzuteilung möglich sein, wenn der Antrag der Hortung von Frequenzen dient oder die Sendernetzgestaltung des Antragstellers ineffizient ist3.
165
Der erste dieser Fälle ist rechtlich unproblematisch, aber tatsächlich unter Umständen schwer nachweisbar. Immerhin hat die BNetzA nach §§ 64, 127, 128 TKG und §§ 24 ff. VwVfG die Möglichkeit, beispielsweise die Auslastung von bereits bestehenden Funkanlagen des Antragstellers zu ermitteln. Problematischer ist der zweite oben genannte Fall. Über die aus Effizienzgesichtspunkten optimale Gestaltung von Funknetzen werden sich auch Fachleute wohl nicht immer einig sein. Zudem ist auch das Verhältnis zwischen Kosten und technischer Effizienz im Auge zu behalten. Von daher kann hier vom Antragsteller nicht verlangt werden, dass sein Sendernetz das Optimum an technischer Effizienz erreicht, sondern nur ein unter Kostengesichtspunkten vertretbares Maß an Effizienz. Bei dieser Abwägung ist auch die generelle Frequenzknappheit im betroffenen Frequenzbereich mit einzubeziehen. Wenn zeit- und kostenaufwendige Vergabeverfahren drohen,
166
_______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 80. S. 78. 2 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rz. 49. 3 BT-Drucks. 15/2316, S. 80. S. 78.
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D Rz. 167
Frequenzverwaltung
müssen bei diesem Punkt strengere Maßstäbe angelegt werden als anderenfalls. 3.2.4.2 Sicherung der Frequenzplanung 167
Schließlich ist noch auf das bereits oben Rz. 70 angesprochene Problem einzugehen, dass weder das TKG noch die zwei Verordnungen zur Frequenzplanung Bestimmungen zur Sicherung der Frequenzplanung enthalten, wie sie etwa für die Bauleitplanung in §§ 14 ff. BauGB vorgesehen sind. Dies führt zur Frage, wie die BNetzA mit Anträgen auf Frequenzzuteilung umzugehen hat, deren Frequenzen zu gerade in Planung befindlichen Frequenzbereichen gehören. Insoweit mag es aus Sicht der Behörde als wünschenswert erscheinen, die Möglichkeit zur Ablehnung solcher Anträge zu haben. § 63 Abs. 2 Nr. 1 TKG steht dem aber grundsätzlich entgegen. Da bei geänderter Frequenznutzungsplanung nach dieser Bestimmung die Frequenzzuteilung entschädigungslos widerrufen werden kann (näher unten Rz. 174) ist diese Widerrufsmöglichkeit das primäre Instrument zur Bewältigung geänderter Planungen.
168
In der Praxis wird es sich anbieten, den Antragsteller auf die laufende Planung und die Widerrufsmöglichkeit hinzuweisen. Wenn er dann gleichwohl seinen Antrag aufrechterhält, stellt sich die Frage, ob dies nicht durch Blockadeabsichten motiviert ist. Dergleichen kann zum einen gegen Regulierungsziele (Störung von Nutzerinteressen, Wettbewerbschancen und effizienter Frequenznutzung) verstoßen und außerdem die Zuverlässigkeit des Antragstellers in Frage stellen. 3.2.4.3 Gesundheitsgefahren
169
Die möglicherweise gesundheitsschädlichen Wirkungen von Funkwellen sind insbesondere im Zusammenhang mit der Errichtung von Mobilfunkstationen Anlass zahlreicher Konflikte gewesen1. Der Schutz der Gesundheit gehört zu den Schutzgütern der öffentlichen Sicherheit. Daher kann eine Frequenzzuteilung nach §§ 55 Abs. 10 i. V. m. § 2 Abs. 2 Nr. 9 TKG ganz oder teilweise abgelehnt werden, wenn zu erwarten ist, dass von ihr gesundheitliche Gefährdungen ausgehen. Für Frequenznutzungen oberhalb von 10 MHz2 ist dabei die 26. Verordnung zum Bundesimmissionsschutzge-
_______________
1 Mancherorts sind deshalb schon Volksinitiativen gegen die Aufstellung solcher Stationen initiiert worden, vgl. das Urteil des Bayerischen VGH v. 16.3.2001, Az. 4 B 99.318 zu solch einem Fall, in dem die Volksinitiative zugelassen wurde (siehe dazu die Meldung bei www.heise.de/newsticker/meldung/16167). 2 Die umstrittenen Mobilfunkanwendungen liegen mit ihren Frequenzen oberhalb dieser Schwelle, nämlich bei ca. 900 (D-Netze), 1800 (E-Netze) und 2000 (UMTS) MHz.
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Frequenzzuteilung
Rz. 172 D
setz1 die maßgebliche Entscheidungsgrundlage. Soweit ihre Grenzwerte eingehalten sind, ist davon auszugehen, dass keine Gesundheitsgefahren bestehen. Bei den besonders kontroversen Mobilfunkanlagen stellt sich dieses Thema allerdings nicht bei den Frequenzzuteilungen, sondern im Rahmen des sog. Standortverfahrens, in dem es um die Genehmigung einzelner Funkstandorte geht2. 3.2.5 Aufhebung von Frequenzzuteilungen 3.2.5.1 Überblick Das TKG und das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht ermöglichen in einer ganzen Reihe von Fällen den Widerruf oder die Rücknahme von Frequenzzuteilungen. Unter Widerruf ist die Aufhebung einer ursprünglich rechtmäßig erfolgten Frequenzzuteilung durch die Behörde zu verstehen, unter Rücknahme die Aufhebung einer von Anfang an rechtswidrigen3. Daneben regelt das Gesetz in § 63 Abs. 6 TKG ausdrücklich den Verzicht auf Zuteilungen.
170
Zum Nebeneinander von Widerrufsgründen nach TKG und allgemeinem Verwaltungsrecht ist anzumerken, dass Sachverhalte, die bereits unter die speziellen telekommunikationsrechtlichen Widerrufstatbestände fallen ohne deren Voraussetzungen zu erfüllen, nicht zu einem Widerruf nach § 49 Abs. 2 VwVfG berechtigen. So kann die Zuteilung einer ungenutzten Frequenz nicht gestützt auf das VwVfG vor Ablauf der in § 63 Abs. 1 TKG vorgesehenen Jahresfrist widerrufen werden. Die Rücknahme von Zuteilungen regelt das TKG nicht. Insoweit hat es mit den Regelungen des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts sein Bewenden.
171
3.2.5.2 Widerruf bei ungenutzten Frequenzen § 63 Abs. 1 TKG ermächtigt die BNetzA zum Widerruf von Frequenzzuteilungen, wenn entweder nicht binnen eines Jahres nach Zuteilung die Nutzung der Frequenz aufgenommen oder aber die Nutzung länger als ein Jahr nicht fortgeführt wird. Die Bestimmung soll das Brachliegen ungenutzter Frequenzen verhindern und dient damit dem Regulierungsziel der effizienten Frequenznutzung4. Zur Frage, wann insoweit von einer Beendigung der _______________
1 Sechsundzwanzigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über elektromagnetische Felder) v. 16.12.1996, BGBl I 1996, 1966. 2 Rechtsgrundlage ist die Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder v. 20.8.2002, BGBl I 2002, 3366. Die Website der BNetzA enthält praktische Hinweise und Formulare zum Verfahren. 3 Vgl. §§ 48 und 49 VwVfG. 4 Beck TKG-Komm/Göddel, § 63 Rz. 2.
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172
D Rz. 173
Frequenzverwaltung
Frequenznutzung ausgegangen werden kann, sei auf die oben bei Rz. 155 zur Anzeigepflicht gemachten Ausführungen verwiesen. 173
Der Widerruf nach dieser Bestimmung steht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Die Entscheidung wird maßgeblich davon abhängen, ob die unterbliebene Nutzung der Frequenz dem Verantwortungsbereich des Zuteilungsinhabers zuzurechnen ist1. 3.2.5.3 Weitere Widerrufsgründe nach § 63 TKG
174
§ 63 TKG enthält daneben eine Reihe von weiteren Fällen, in denen der Widerruf von Frequenzzuteilungen auch in Fällen möglich ist, die nicht von § 49 Abs. 2 VwVfG erfasst werden. Die Fälle sind das nachträgliche Entfallen einer allgemeinen oder besonderen Zuteilungsvoraussetzung nach § 55 Abs. 5 oder § 57 Abs. 4 bis 6 TKG, die wiederholte und hartnäckige Missachtung von aus der Zuteilung resultierenden Verpflichtungen, nach der Zuteilung eintretende Frequenzknappheit, die entweder den Wettbewerb oder die Einführung neuer frequenzeffizienter Techniken verhindert oder unzumutbar erschwert, sowie Wettbewerbsverzerrungen, die durch eine Änderung der Eigentumsverhältnisse beim Zuteilungsinhaber zu besorgen sind (dazu unten Rz. 288 ff.). Zu den Zuteilungsvoraussetzungen in § 55 Abs. 5 oder § 57 Abs. 4 bis 6 TKG, auf welche hier verwiesen wird, gehören die Vereinbarkeit mit dem Frequenznutzungsplan, die Funkverträglichkeit, die persönliche Qualifikation des Frequenznutzers (Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit, Fachkunde) sowie gegebenenfalls seine Berechtigung an besonderen Funkdiensten (BOS, Seefunk, Flugfunk) teilzunehmen. Beachtlich ist dabei der Verweis auf den Frequenznutzungsplan. Aus ihm folgt die Möglichkeit, bei Änderungen des Plans Frequenzzuteilungen zu widerrufen, wenn sie der neuen Planung nicht mehr entsprechen.
175
Der Widerruf steht in all diesen Fällen im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Grundsätzlich ist außer in Fällen, in denen der Widerruf durch Missachtung von Zuteilungsbedingungen motiviert ist, ein zurückhaltender Gebrauch angebracht. Oft stammen die nach Zuteilung entstehenden Widerrufsgründe wie beispielsweise Frequenzknappheit oder Störungen nicht aus dem Verantwortungsbereich des Zuteilungsinhabers oder waren im Falle geänderter Frequenzplanungen für ihn bei Erhalt der Zuteilung nicht vorherzusehen2. Darauf ist bei der Ermessensausübung Rücksicht zu nehmen, zumal eine Entschädigung für Vermögensnachteile nicht vorgesehen ist.
_______________
1 Demmel in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 47 Rz. 52 (zum TKG-1996); Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Auflage, § 47 Rz. 19. 2 Anders allerdings im oben Rz. 168 genannten Fall, wenn die Zuteilung während eines laufenden Planungsverfahrens erfolgte, und dem Antragsteller dies mitgeteilt wurde.
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Frequenzzuteilung
Rz. 179 D
3.2.5.4 Entschädigung Eine Entschädigung für den Verlust widerrufener Frequenzen ist nicht vorgesehen. Das folgt allerdings nicht aus der Regelung in § 63 Abs. 4 TKG, dass § 49 Abs. 6 VwVfG nicht gelte, weil jene Bestimmung nur für einen Widerruf, der auf § 49 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 VwVfG gestützt wird, einen Entschädigungsanspruch vorsieht. Dass für den Widerruf von Frequenzzuteilungen keine Entschädigung zu erlangen ist, ergibt sich vielmehr schon aus dem Fehlen einer Regelung, die eine Entschädigung vorsieht. Hiergegen bestehen keine durchgreifenden Bedenken, weil regelmäßig ein eventuelles Vertrauen der Zuteilungsinhaber, eine Frequenz zeitlich unbefristet nutzen zu können, nicht geschützt ist1.
176
3.2.5.5 Frist bis zum Wirksamwerden des Widerrufs Nach § 63 Abs. 2 Satz 2 TKG hat die Frist bis zum Wirksamwerden des Widerrufs angemessen zu sein. Unter Wirksamwerden ist in diesem Zusammenhang nicht die Rechtswirksamkeit des Widerrufs als Verwaltungsakt zu verstehen – diese tritt nach § 43 VwVfG mit Bekanntgabe beim Adressaten ein – sondern der Zeitpunkt, zu dem die Rechtsfolgen des Widerrufs eintreten und das Nutzungsrecht an der zugeteilten Frequenz endet.
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Dass dem Zuteilungsinhaber eine angemessene Frist belassen wird, in der er umdisponieren und die Frequenznutzung beenden kann, ist schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zwingend erforderlich. Anders als nach der früheren Frequenzzuteilungsverordnung ist nunmehr keine Mindestfrist von einem Jahr mehr vorgesehen, wodurch sich das Problem erledigt, dass diese Mindestfrist in manchen Fällen unangemessen lang war2. Mach der Normstruktur gilt das Erfordernis einer angemessenen Frist nicht in Fällen eines Widerrufs nach anderen Bestimmungen als § 63 Abs. 2 TKG. Allerdings ist auch in solchen Fällen aus Verhältnismäßigkeitsgründen eine angemessene Frist einzuräumen.
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3.2.5.6 Verzicht Der Verzicht auf Frequenzzuteilungen ist in § 63 Abs. 6 TKG ausdrücklich geregelt. Die Norm entspricht dem auch für das allgemeine Verwaltungsrecht anerkannten Prinzip, dass der Begünstigte eines Verwaltungsakts auf die Rechte aus diesem verzichten kann, und sich dadurch die Wirksamkeit nach § 43 Abs. 2 VwVfG erledigt3. Von Bedeutung ist die Bestimmung deshalb vor allem, weil sie die Form des Verzichts regelt. Hiernach ist der Ver_______________
1 Das gilt auch bei Zuteilungen nach dem TKG-1996 bzw. den davor geltenden Regelungen, siehe dazu Kapitel 2, Rz. 163 in der ersten Auflage dieses Handbuchs. 2 Dazu Kapitel 2, Rz. 165 der ersten Auflage dieses Handbuchs. 3 Kopp/Ramsauer, Kommentar zum VwVfG, § 43 Rz. 41.
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D Rz. 180
Frequenzverwaltung
zicht schriftlich unter genauer Bezeichnung der Zuteilung zu erklären. Es empfiehlt sich zur Vermeidung von Unklarheiten oder Missverständnissen, die zurückzugebende Zuteilung mit Datum, Aktenzeichen sowie Angabe der Inhaltsbestimmungen zu bezeichnen. Praktisch wird es sich anbieten, der Verzichtserklärung eine Fotokopie des Zuteilungsbescheids beizulegen. 3.2.6 Nachträgliche Änderungen und Einschränkungen 180
Die nachträgliche Änderung oder Einschränkung einer Frequenzzuteilung ist stets zugleich ein teilweiser Widerruf bzw. eine teilweise Rücknahme derselben. Von daher ist in Fällen, in denen ein Widerruf oder auch eine Rücknahme möglich ist, eine Änderung bzw. Einschränkung in Betracht zu ziehen. §§ 60 Abs. 2 S. 2 und 65 TKG regeln daneben zwei Sonderfälle. 3.2.6.1 Nachträgliche Änderungen
181
§ 60 Abs. 2 S. 2 TKG erlaubt die nachträgliche Änderung von Frequenzzuteilungen. Hiernach können Art und Umfang einer Frequenznutzung modifiziert werden, wenn wegen intensivierter Nutzung des Frequenzspektrums erhebliche Einschränkungen der Frequenznutzung auftreten oder aber technische Fortschritte erhebliche Effizienzsteigerungen möglich machen. Auch diese Entscheidung steht im pflichtgemäßen Ermessen der BNetzA. Die Initiative kann dabei sowohl von der Behörde als auch von dem Nutzer der Frequenz ausgehen, beispielsweise, wenn dieser modernere Technik einsetzen möchte. 3.2.6.2 Einschränkung in Notlagen
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In bestimmten von § 65 TKG enumerativ aufgezählten Notfällen, nämlich Spannungs- und Verteidigungsfall (Art. 80a bzw. 115a GG), im Rahmen von Bündnisverpflichtungen, im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen, im Rahmen internationaler Vereinbarungen zur Notfallbewältigung oder bei Naturkatastrophen und besonders schweren Unglücksfällen, kann die Nutzung zugeteilter Frequenzen vorübergehend eingeschränkt werden, damit die betroffenen Frequenzen von den zuständigen Behörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben in derartigen Situationen genutzt werden können. Die Entscheidung liegt im pflichtgemäßem Ermessen der Bundesnetzagentur.
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Die Bedeutung der Vorschrift liegt weniger darin, dass sie vorübergehende Einschränkungen der Frequenznutzung ermöglicht. Das wäre als teilweiser Widerruf der Zuteilung zur Bekämpfung schwere Nachteile für das Gemeinwohl, den § 49 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG ermöglicht, ebenfalls zu bewerkstelligen. Dann würde jedoch § 49 Abs. 6 VwVfG zu einer Entschädigung des Zuteilungsinhabers führen. Eine solche ist im Fall des § 65 TKG nicht
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Frequenzzuteilung
Rz. 186 D
vorgesehen, worin die eigentliche Auswirkung der Vorschrift liegt. Das darin liegende Sonderopfer des Frequenzzuteilungsinhabers wird man rechtlich hinzunehmen haben, da die mit der Zuteilung eingeräumte Rechtsposition von vornherein durch die Möglichkeit einer Einschränkung in den genannten Notfällen belastet ist. Praktisch ist die Bedeutung dieser Vorschrift gering, weil ihre Anwendungsfälle selten vorkommen und außerdem die dann zuständigen Behörden regelmäßig über eigene Frequenzen zur Nutzung verfügen (militärische Funkanwendungen, BOS-Funk, siehe unten Rz. 342 und 348).
184
3.3 Frequenzvergabe in Vergabeverfahren Nachdem der Normalfall von Frequenzzuteilungen ohne besondere Vergabeverfahren dargestellt wurde, soll nunmehr die Bewältigung von Knappheitslagen bei Frequenzen im Rahmen der Frequenzzuteilung beleuchtet werden. Hier sind komplexe, mehrstufige Verfahren vorgesehen, die im Einzelnen folgende Schritte umfassen können: – – – – – –
185
Ermittlung der Nachfrage, ob Frequenzknappheit vorliegt; Entscheidung zur Durchführung des Vergabeverfahrens; Entscheidung über das zu wählende Vergabeverfahren; Aufstellung der näheren Verfahrensregeln; Zulassung bzw. Ausschluss von Teilnehmern; Durchführung des Vergabeverfahren.
Im Folgenden werden diese Schritte näher erläutert und dabei die mit ihnen im Zusammenhang stehenden Rechtsfragen entsprechend dem Geschehensablauf angesprochen. 3.3.1 Nachfrageermittlung Erster Schritt einer Frequenzvergabe in einem Vergabeverfahren wird regelmäßig die tatsächliche Ermittlung sein, ob die Durchführung dieser Verfahren erforderlich ist. Dies gehört zur Sachverhaltsermittlung nach § 24 Abs. 1 VwVfG. Häufig leitet die Behörde dies von Amts wegen ein, wenn die Frequenzvergabe für Dienste, bei denen eine Frequenzknappheit zu erwarten ist, ansteht und veröffentlicht dazu eine Bedarfsanfrage in ihrem Amtsblatt1. Frequenzen bei denen eine solche Knappheitssituation zu er_______________
1 Beispiele sind Verfügung 51/1997 zur Nachfrageermittlung für Frequenzzuteilungen für drahtlose Teilnehmeranschlussleitungen als Punkt-zu-Mehrpunkt (PMP) Richtfunk (im Folgenden entsprechend dem üblichen Sprachgebrauch als WLL bezeichnet), die seinerzeit noch vom Bundesministerium für Post und Telekommunikation veröffentlicht wurde, ABl. BMPT 5/1997, S. 338 sowie Verfügung 122/1998 zur Anhörung zur Regulierung von UMTS, ABl. RegTP 20/1998, S. 2513.
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D Rz. 187
Frequenzverwaltung
warten ist ohne Bedarfsermittlung an diejenigen, die zuerst Anträge stellen, zu vergeben, wäre rechtlich nicht haltbar. Solche Entscheidungen wären auf unvollständiger Tatsachbasis ergangen und würden damit gegen § 24 VwVfG verstoßen1. 187
Wenn sich im Rahmen der Bedarfsanfrage ergibt, dass der Bedarf aller qualifizierten Interessenten gedeckt werden kann, wird ins normale Frequenzzuteilungsverfahren übergegangen, da dann die Voraussetzungen für die Durchführung eines Vergabeverfahrens nicht gegeben sind. Nur wenn sich eine Knappheitssituation ergibt, wird ein Vergabeverfahren eingeleitet.
188
In der jüngeren Vergangenheit hat die BNetzA zwei Alternativen zum Vorgehen mit Bedarfsanfrage entwickelt. Bei den Frequenzen für weitbandigen Bündelfunk im Frequenzbereich 450 MHz wurde nach Eingang des ersten Antrags mit Veröffentlichung im Amtsblatt ein Zeitfenster von sechs Wochen für konkurrierende Bewerbungen eröffnet. Nur wenn innerhalb dieses Zeitraums mehr Bewerbungen eingegangen wären als berücksichtigt werden konnten hätte es ein Vergabeverfahren gegeben. Dazu kam es jedoch zunächst nicht, da für beide Interessenten ausreichend Spektrum vorhanden war2.
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Den Weg einer Koordination zwischen den Bewerbern versuchte die BNetzA beim der Zuteilung von Frequenzen für sog. Broadband Wireless Access (BWA) im 3,5 GHz-Bereich zu beschreiten. Es wurde zunächst ein Stichtag für Anträge festgelegt. In Versorgungsbereichen, in denen nach Lage der zuteilungsfähigen Anträge Knappheit herrschte, sollten die Antragsteller sodann einen Zeitraum von 10 Wochen erhalten, um sich untereinander zu einigen3. Bemerkenswert daran ist, dass dieser Weg trotz Bedenken des Bundeskartellamts gewählt wurde4. Wie sich inzwischen abzeichnet hat in diesem Fall der Versuch, ein Vergabeverfahren zu vermeiden, wegen einer zu großen Zahl von Anträgen nicht funktioniert5. Im Dezember 2006 kam es daher zu einer Versteigerung dieser Frequenzen.
_______________
1 So im Ergebnis auch Beck TKG-Komm/Geppert, 2. Auflage, § 10 Rz. 5, 6; Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Medienrecht, § 10 Rz. 2 (zum TKG-1996). 2 Siehe Ziffern 4.1 und 5 der Präsidentenkammerentscheidung v. 17.2.2004, Vfg. 6/2004, ABl. RegTP 7/2004, S. 299 ff. Die Frist begann sodann mit der Mitteilung 109/2004, ABl. RegTP 8/2004, S. 406. Die Zuteilungen wurden als Mitteilung 412/2004, ABl. RegTP 25/2004, S. 2134 bekannt gegeben. 3 Siehe Vfg. 95/2005, Ziff. 5.3, ABl. BNetzA 24/2005, S. 1963 (1964). 4 Siehe dazu die Mitteilung 9/2006, ABl. BNetzA 1/2006, S. 33, mit der die Darstellung dieser Problematik bei Ziff. 5.3 der Vfg. 94/2005, ABl. BNetzA 14/2005, S. 1949 (1959) ergänzt wurde. 5 Beantragt wurden 1221 Zuteilungen für individuell zugeschnittene Zuteilungsgebiete von 102 Antragstellern. Von diesen hatten neun bundesweite oder quasi bundesweite Zuteilungen beantragt. Siehe Vfg. 42/2006, ABl. BNetzA 100/2006, S. 3051, 3064.
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Frequenzzuteilung
Rz. 193 D
3.3.2 Entscheidung zur Durchführung des Vergabeverfahrens Ergibt die Nachfrageermittlung, dass die Nachfrage nach Frequenzen das Angebot übersteigt, dann „kann“ laut § 55 Abs. 9 TKG die Behörde die Durchführung eines Vergabeverfahrens anordnen. Warum das Gesetz hier von kann spricht und damit Ermessen suggeriert, ist nicht so recht verständlich. Es ist nicht zu sehen, welche sinnvolle Alternative zu einem Vergabeverfahren es in dieser Situation geben könnte. Vielmehr muss dann ein Vergabeverfahren stattfinden1.
190
Vor der Entscheidung sind die betroffenen Kreise anzuhören. In der Praxis erfolgt dies durch Veröffentlichung im Amtsblatt der Behörde, in der die Möglichkeit eines Vergabeverfahrens mitgeteilt und unter Fristsetzung zu Stellungnahme aufgefordert wird2.
191
Für Entscheidungen nach § 55 Abs. 9 TKG ist gemäß § 132 Abs. 3 TKG die Präsidentenkammer der BNetzA zuständig. Damit wird eine für das alte Recht umstrittene Frage im Sinne der bisherigen Praxis geklärt3. Die Entscheidungen sind gemäß § 132 Abs. 1 S. 2 TKG Verwaltungsakte. Es handelt sich um sog. adressatenbezogene Allgemeinverfügungen, nämlich Entscheidungen gegenüber einem bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis4. Die für einen Verwaltungsakt erforderliche Rechtsfolge für einen Einzelfall liegt darin, dass bestimmte Frequenzen nicht im normalen Zuteilungsverfahren, sondern im Vergabeverfahren zugeteilt werden5. Die Entscheidung richtet sich an alle potentiellen Interessenten an den Frequenzen, was für den erforderlichen Personenbezug hinreichend konkret ist6. Sie ist im Amtsblatt der BNetzA zu veröffentlichen.
192
Im Zusammenhang mit einer später zurückgenommenen Klage gegen die UMTS-Lizenzvergabe ist vertreten worden, die Entscheidung nach der Vor-
193
_______________
1 So auch Scheuerle/Mayen/Hahn, Rz. 13 zur Vorgängernorm § 47 Abs. 5 S. 2 TKG1996. 2 Siehe als Beispiele die Verfügung 122/1998 zur Anhörung zur Regulierung von UMTS, ABl. RegTP 20/1998, S. 2513 (zum TKG-1996) sowie zu BWA die Mitteilung 252/2006, ABl. BNetzA 13/2006, S. 1814. 3 Siehe zum TKG-1996 und der Frage der Zuständigkeit der Präsidentenkammer Beck TKG-Komm/Geppert, 2. Auflage, § 10 Rz. 15 (bejahend) sowie Ehlers, K&R 2001, 6 (verneinend). 4 Siehe zur Allgemeinverfügung nur Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 191. Der Einordnung der Entscheidung als Allgemeinverfügung zustimmend Beck TKGKomm/Göddel, § 55 Rz. 11. 5 So auch zum alten Recht für den Fall der UMTS-Vergabe Ehlers, K&R 2001, 1 (3;) anderer Ansicht hinsichtlich des Merkmals Einzelfallbezug allerdings Sachs, K&R 2001, 13 (16), hinsichtlich der Verfügung 51/99; ABl. RegTP 9/1999, S. 1519 zu UMTS. 6 Siehe Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 180 und 191; Stelkens/Bonk/ Sachs/Stelkens Verwaltungsverfahrensgesetz, § 35 Rz. 211 mit weiteren Nachweisen und Beispielen wie dem eines Demonstrationsverbots, dass sich an alle potentiellen Demonstranten richtet.
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D Rz. 194
Frequenzverwaltung
läuferbestimmung § 10 TKG-1996 sei unabhängig davon, ob sie ein Verwaltungsakt ist, nach § 44a VwGO nicht anfechtbar, weil sie im Zusammenhang mit dem anschließend durchzuführenden Vergabeverfahren als Verfahrenshandlung anzusehen sei1. Rechtsschutz wäre dann erst gegen die das Verfahren abschließende Entscheidung der Frequenzzuteilung möglich, allerdings wäre dann auch die Wahl des Vergabeverfahrens zu prüfen. Die Anwendung des § 44a VwGO auf Entscheidungen dieser Art in Erwägung zu ziehen, mag zunächst überraschen, wenn man an die gängigen Anwendungsfälle dieser Norm2 denkt. Allerdings ist zuzugeben, dass auch Verwaltungsakte unter § 44a VwGO fallen können, was der Umkehrschluss aus dessen Satz 2 ergibt3. 194
Dennoch wird man § 44a VwGO nicht auf die Entscheidung nach § 55 Abs. 9 TKG anwenden können. Diese Entscheidung hat nämlich über die Einleitung des Vergabeverfahrens hinausgehende Rechtswirkungen4 weil sie den sonst bestehenden Rechtsanspruch auf Frequenzzuteilung in einen auf Teilnahme am Vergabeverfahren umwandelt5. Außerdem stellt sie sich nach dem oben gesagten als rechtlich verbindliche Teilentscheidung6 bezüglich der Frequenzvergabe dar. Nach hiesiger Ansicht wäre deshalb bereits die Wahl des Vergabeverfahrens eigenständig anzufechten und als Konsequenz wegen Verfristung im Rahmen einer späteren Klage gegen die Frequenzzuteilung nicht mehr überprüfbar. 3.3.3 Auswahl zwischen Versteigerung oder Ausschreibung
195
Im Anschluss an die Feststellung, dass Frequenzknappheit herrscht, „kann“ die BNetzA nach § 61 Abs. 1 TKG entweder das Versteigerungsverfahren gemäß § 61 Abs. 5 TKG oder das Ausschreibungsverfahren nach § 61 Abs. 4 und 6 TKG durchführen. Dies ist nicht im Sinne eines Ermessens zu verstehen, statt in einem Vergabeverfahren Frequenzen im normalen Antragsver_______________
1 Dies vertreten Ehlers, K&R 2001, 8 ff.; Sachs, K&R 2001, 19 ff. 2 Schulbeispiele sind etwa Akteneinsicht, Ladung zur Prüfung oder die Aufforderung an einen Kraftfahrer, sich medizinisch untersuchen zu lassen, siehe Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 177 (470). 3 Siehe nur Eyermann-Geiger, Verwaltungsgerichtsordnung, § 44a Rz. 13. 4 Siehe dazu als die Anwendung von § 44a ausschließenden Gesichtspunkt Kopp/ Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 44a Rz. 8 und 10. 5 Beck TKG-Komm/Geppert, 2. Auflage, § 10 Rz. 10; in diese Richtung auch Sachs, K&R 2001, 18 mit Blick auf die nach § 11 Abs. 1 TKG-1996 zu treffende Auswahlentscheidung zwischen Versteigerung und Ausschreibung („weitreichende Rechtsfolge“). 6 Siehe zu diesem Gesichtspunkt Eyermann-Geiger, Verwaltungsgerichtsordnung, § 44a Rz. 10. Das sieht auch Ehlers, K&R 2001, 10, der jedoch meint, die Beschränkung der Lizenzzahl sei keine bindende Entscheidung eines Teilkomplexes obwohl er in der Beschränkung der Lizenzzahl eine verbindliche Rechtsfolge sieht (K&R 2001, 3).
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Frequenzzuteilung
Rz. 198 D
fahren zuzuteilen, sondern soll lediglich die zur Auswahl stehenden Verfahrensalternativen verdeutlichen1. 3.3.3.1 Kriterien zur Verfahrenswahl Die Kriterien für die Auswahl zwischen Versteigerungs- und Ausschreibungsverfahren bestimmt § 61 Abs. 2 TKG. Danach hat das Versteigerungsverfahren Vorrang. Ein Ausschreibungsverfahren soll nur dann stattfinden, wenn das Versteigerungsverfahren zur Erreichung der regulatorischen Ziele nach § 2 Abs. 2 TKG nicht geeignet ist. Angesichts der Vielzahl dieser Ziele, die im Einzelfall auch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können, ist Manssen darin zuzustimmen, dass es sich insoweit um eine wenig präzise Festlegung handelt2. In der Literatur wird deshalb vielfach angenommen, dass der Behörde bei der Bewertung und Abwägung dieser Kriterien gegeneinander ein so genannter Beurteilungsspielraum zukomme, der allerdings durch die im Gesetz angelegte Präferenz für das Versteigerungsverfahren eingeschränkt sei3. Dem wird man vor dem Hintergrund, dass die Rechtssprechung bei der Abwägung der nunmehr neun Regulierungsziele gegeneinander an ihre Grenze stieße, zuzustimmen haben.
196
§ 61 Abs. 2 TKG nennt beispielhaft, aber nicht abschließend, Fälle, in denen eine Versteigerung mit den Regulierungszielen nicht vereinbar sein kann. Zwingend ausgeschlossen ist sie nach § 61 Abs. 2 S. 4 TKG bei der Vergabe von Frequenzen für Rundfunk. Demgegenüber führen die beiden weiteren in § 61 Abs. 2 TKG genannten Fälle nicht zwingend zu einem Ausschluss der Versteigerungsverfahrens.
197
Diese Fälle sind zum einen, dass auf dem betroffenen Markt bereits Frequenzen ohne Versteigerungsverfahren vergeben worden sind, zum anderen wenn ein Antragsteller oder Nutzer eine gesetzlich begründete Präferenz für die betroffenen Frequenzen geltend machen kann. Im ersten Fall wird die Durchführung eines Versteigerungsverfahrens wegen der Erhöhung der Marktzutrittskosten für Neueinsteiger regelmäßig dem Regulierungsziel der Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs zuwiderlaufen. Beispiel aus der Praxis ist die zeitgleich mit Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens zu TKG eingeleitete Vergabe der vierten GSM-Mobilfunklizenz (E2-Lizenz), für die nach der Vergabe der drei älteren GSM-Lizenzen in Ausschreibungen eine Versteigerung eine erhebliche Benachteiligung des vierten Marktteil-
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_______________
1 So auch Beck TKG-Komm/Geppert, § 61 Rz. 6. 2 Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 11 Rz. 8 (zum TKG-1996). 3 So Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 11 Rz. 8 (zum TKG-1996); Beck TKG-Komm/Geppert, § 61 Rz. 8; weiter einschränkend mit Blick auf die UMTS-Versteigerung Koenig, K&R 2001, 41 (49 ff.).
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D Rz. 199
Frequenzverwaltung
nehmers gewesen wäre. Die Lizenz wurde deshalb per Ausschreibung vergeben1. 199
Allerdings ist ausnahmsweise auch auf Märkten, für die vorige Lizenzen bzw. Frequenzzuteilungen in Ausschreibungen vergeben worden waren, eine Vergabe durch Versteigerung möglich, wenn dadurch eine Benachteiligung von Neueinsteigern nicht zu befürchten ist. Das ist der Fall, wenn für die bereits etablierten Marktteilnehmer starke Anreize bestehen, am Verfahren teilzunehmen, um am technischen Fortschritt zu partizipieren. Deshalb wurde zeitgleich mit der Lizenzierung für E2 für den neuen Funkrufstandard ERMES ein Versteigerungsverfahren eingeleitet2.
200
Unklar ist demgegenüber der zweite Fall. Die in der Gesetzesbegründung3 benannten Fälle Polizeifunk und Rundfunk führen nicht weiter. Für den Polizeifunk gelten ohnehin Sonderregeln nach § 57 Abs. 4 TKG, die praktisch Vergabeverfahren ausschließen (dazu unten Rz. 342 ff.). Für den Rundfunk enthält das TKG nunmehr (anders als das TKG-1996 und der ursprüngliche Gesetzesentwurf) eine ausdrückliche Regelung in § 61 Abs. 2 S. 3 TKG.
201
Zudem dürften Frequenzen, bei denen einzelne Nutzer oder Antragsteller von Rechts wegen zu bevorzugen sind, jedenfalls dann nicht mehr für andere verfügbar sein, wenn Präferenzberechtigte sich für die Frequenzen ernsthaft interessieren. Man wird die Gesetzesbegründung wohl dahin gehend zu verstehen haben, dass Funkanwendungen, die im Rahmen der Regulierungsziele eine besondere Stellung haben4, nicht mit Versteigerungskosten belastet werden sollen5. Indem die sprachliche Fassung des Gesetzes auf präferierte Antragsteller und Nutzer statt auf Funkanwendungen oder Frequenznutzungen abstellt, bringt sie das aber nicht zum Ausdruck. 3.3.3.2 Rechtscharakter der Auswahlentscheidung
202
Entsprechend der Aussagen oben (Rz. 192 ff.) zu § 55 Abs. 9 TKG handelt es sich bei der Auswahlentscheidung zwischen Versteigerung und Ausschreibung um eine Allgemeinverfügung. Allerdings wird das in der Literatur vielfach anders gesehen, weil die Entscheidung angeblich keine Rechtswirkung6 _______________
1 Siehe Vfg. 114/1996, ABl. BMPT 17/1996, S. 941. 2 Diese Überlegung dürfte der Entscheidung zugrunde gelegen haben, die Lizenzen für den Funkrufdienst ERMES zu versteigern, vgl. Vfg. 115/96, ABl. BMPT 17/1996, 948. Kritisch dazu allerdings Beck TKG-Komm/Geppert, § 61 Rz. 12. 3 BT-Drucks. 15/2316, S. 80 (zu § 59 des Entwurfs). 4 Das sind dann tatsächlich zum einen Rundfunk, zum anderen sicherheitsrelevante Funkdienste wie Polizeifunk. 5 Dementsprechend hat schon die Regulierungspraxis zum TKG-1996 für Rundfunkfrequenzen keine Versteigerungen, sondern Ausschreibungen durchgeführt, siehe Vfg. 110/1998 zu T-DAB, ABl. RegTP 19/1998, S. 2271 (2277). 6 So Beck TKG-Komm/Geppert, § 61 Rz. 19.
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Frequenzzuteilung
Rz. 205 D
oder Außenwirkung1 habe. Indessen folgt für alle Interessenten an Frequenzen aus der Wahl eines der beiden Verfahren unmittelbar, dass die jeweils nicht gewählte Verfahrensart für ihr Ziel nicht zur Verfügung steht2. Darin ist eine durch die BNetzA gegenüber Außenstehenden gesetzte rechtliche Regelung zu sehen. Zudem geht auch § 132 Abs. 1 S. 2 TKG davon aus, dass es sich bei Entscheidungen der Behörde nach § 61 TKG um Verwaltungsakte handelt und § 61 Abs. 1 S. 2 TKG spricht von „Entscheidung über die Wahl des Verfahrens“. Weiterhin greift nach den Aussagen oben (Rz. 194) auch hier § 44a VwGO nicht ein. Die Entscheidung über die Verfahrenswahl erfolgt nach Anhörung der betroffenen Kreise. Üblicherweise werden die interessierten Kreise mit Veröffentlichung eines Entscheidungsentwurfs im Amtsblatt der Behörde zur Kommentierung aufgefordert3. Die sodann ergehende Entscheidung, für die nach § 132 Abs. 3 S. 1 TKG die Präsidentenkammer zuständig ist, muss nach § 61 Abs. 1 S. 2 im Amtsblatt der Behörde veröffentlicht werden. In der Praxis werden häufig die Entscheidungen nach § 55 Abs. 9 TKG (Durchführung eines Vergabeverfahrens) und nach § 61 Abs. 1 TKG (Auswahl der Verfahrensart) miteinander verbunden4.
203
3.3.4 Zulassung und Ausschluss von Teilnehmern Im Zusammenhang mit der Zulassung und dem Ausschluss von der Teilnahme an Vergabeverfahren sind nach dem TKG zwei Tatbestände zu unterscheiden. Zunächst sieht § 61 Abs. 3 TKG vor, dass Unternehmen, deren erfolgreiche Bewerbung den chancengleichen Wettbewerb auf dem betroffenen Markt gefährden könnten, vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden können. Daneben verlangt § 61 Abs. 4 Nr. 1 TKG die Festlegung von Mindestvoraussetzungen, welche von Bewerbern für die Zulassung zum Verfahren erfüllt werden müssen.
204
3.3.4.1 Ausschluss nach § 61 Abs. 3 TKG Der Ausschluss von Antragstellern nach § 61 Abs. 3 TKG zielt zunächst auf Fälle, in denen die Bewerbung von am einschlägigen Markt bereits etablierten Unternehmen dadurch motiviert ist, Konkurrenten den Markteintritt zu erschweren bzw. zu blockieren. Daneben käme er grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn einzelne Bewerber, etwa aufgrund starker Stellung auf _______________
1 So Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 11 Rz. 12 (zum TKG-1996). 2 In diese Richtung auch Sachs, K&R 2001, 13 (18). 3 Beispiel: Vfg. 122/1998 Anhörung nach §§ 10 und 11 Abs. 1 TKG zur Regulierung von UMTS, ABl. RegTP 20/1998, S. 2513. 4 Siehe Vfg. 51/1999 zu UMTS, ABl. RegTP 9/1999, S. 1519 sowie zuletzt Vfg. 42/2006 zu BWA, ABl. BNetzA 20/2000, S. 3051.
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D Rz. 206
Frequenzverwaltung
Nachbarmärkten, durch eine erfolgreiche Bewerbung gravierende Vorteile gegenüber den anderen Bewerbern hätten. Dies wurde im Vergabeverfahren für UMTS von einzelnen Interessenten mit Bezug auf die GSM-Lizenznehmer vorgebracht, führte aber nicht zu deren Ausschluss1. 206
Soweit bekannt wurde auch sonst von der Regelung in der bisherigen Regulierungspraxis noch kein Gebrauch gemacht. Ihre Anwendung ist in das Ermessen der BNetzA gestellt. Bei der Ermessensentscheidung ist gemäß § 61 Abs. 3 S. 2 TKG aber auch zu berücksichtigen, ob und inwieweit Bewerbungen bereits etablierter Marktteilnehmer nicht durch Behinderungsgedanken, sondern durch marktkonformes Interesse an der Teilhabe am technischen Fortschritt motiviert sind2. Beispielsfall für letzteres war die Einführung von ERMES als neuem Funkruf-Standard, welches den analogen POCSAGStandard ablöste. Entscheidungen nach § 61 Abs. 3 setzen gemäß § 123 Abs. 1 TKG das Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt voraus. Sie sind Verwaltungsakte3. 3.3.4.2 Zulassungsvoraussetzungen und Zulassung
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Als von Verfahrensteilnehmern zu erfüllenden Mindestvoraussetzungen sind nach §§ 61 Abs. 4 Nr. 1 TKG fachliche und sachliche Mindestvoraussetzungen festzulegen. Bei Ausschreibungen ist eine Vorauswahl anhand fachlicher Mindestkriterien eigentlich überflüssig, weil Bewerber, die bereits die Mindestanforderungen nicht erfüllen, in der Auswahl ohnehin chancenlos sein werden. Bei Versteigerungen, wo es im Verfahren selbst nur noch um das höchste Gebot geht, ist demgegenüber unabdingbar, bereits mit der Zulassung zur Auktion alle subjektiven Voraussetzungen für die Frequenzzuteilung zu prüfen.
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In der Verwaltungspraxis prüft die BNetzA daneben bei Versteigerungen, ob der Bewerber die erforderlichen Mittel für ein erfolgreiches Gebot hat4. Ferner werden bei Bewerbungen von Unternehmenszusammenschlüssen oder Konsortien kartellrechtliche Unbedenklichkeitsbestätigungen verlangt5. Rechtlich ist gegen solche Festlegungen nichts einzuwenden, da sie verhindern, dass einem zunächst erfolgreichen Teilnehmer am Vergabeverfahren danach die Frequenzen nicht erteilt werden können, weil telekommuni_______________
1 Siehe die Ausführungen zu Eckpunkt 6 der Vfg. 51/1999, ABl. RegTP 9/1999, S. 1519 (1526). 2 Siehe zum Ganzen Beck TKG-Komm/Geppert, § 61 Rz. 27; Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 11 Rz. 13 (zum TKG-1996). 3 Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 11 Rz. 21 (zur Vorläuferbestimmung im TKG-1996). 4 Siehe Vfg. 13/2000 ABl. RegTP 4/2000, S. 516 zu UMTS sowie zuletzt Vfg. 42/2006 zu BWA, ABl. BNetzA 20/2000, S. 3051. 5 Siehe erneut Vfg. 13/2000 sowie für WLL Vfg. 48/2000, ABl. RegTP 9/2000, S. 1667 (1669) und zuletzt Vfg. 42/2006 zu BWA, ABl. BNetzA 20/2000, S. 3051.
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Rz. 212 D
kationsrechtliche Mindestvoraussetzungen nicht gegeben sind oder sonst rechtliche Hindernisse entgegenstehen. 3.3.4.3 Verfahrensfragen Die festgelegten Zulassungskriterien sind zur Information der Interessenten gemäß § 61 Abs. 1 S. 2 TKG vor Durchführung der Verfahren im Amtsblatt der BNetzA zu veröffentlichen. In der Praxis werden sie zusammen mit anderen Festlegungen nach § 61 Abs. 4 bis Abs. 6 TKG als Allgemeinverfügungen erlassen1.
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Das ist allerdings nicht unproblematisch, weil ein Verwaltungsakt nach § 35 S. 1 VwVfG voraussetzt, dass die fragliche behördliche Maßnahme unmittelbar auf die Setzung von Rechtsfolgen gerichtet ist. Es lässt sich argumentieren, dass die Festlegung von Zulassungsvoraussetzungen ihre Rechtswirkungen erst entfaltet, wenn über die Zulassung von Bewerbern entschieden wird2. Umgekehrt kann auch vertreten werden, dass die Zulassungsvoraussetzungen für jeden unmittelbar gelten, der an dem Vergabeverfahren teilnehmen will3.
210
Der Wortlaut von §§ 61, 132 TKG ist auch nicht eindeutig. Nach § 132 Abs. 1 S. 2 TKG ergehen Entscheidungen der Präsidentenkammer nach § 61 als Verwaltungsakt. § 61 Abs. 1 S. 2 TKG spricht einerseits von „Entscheidung“ über die Wahl des Verfahrens, andererseits aber mit Blick auf § 61 Abs. 4 bis 6 TKG von Festlegungen und Regeln. § 132 Abs. 3 S. 3 TKG wiederum gebraucht mit Blick auf § 61 TKG den Begriff Entscheidungen. Im Ergebnis handelt es sich nach alledem um einen echten Grenzfall, bei dem das Vorgehen der Behörde per Allgemeinverfügung von §§ 132 Abs. 1 TKG gedeckt sein dürfte.
211
Eindeutig Verwaltungsakt ist demgegenüber die Zulassung bzw. Nichtzulassung eines Bewerbers, die auf die Zulassungskriterien gestützt wird4. Bei Ausschreibungsverfahren wurde in der Vergangenheit allerdings auf diesen Schritt verzichtet, weil anders als bei Versteigerungen, bei denen nur noch das höchste Gebot ausschlaggebend ist, bei Ausschreibungen die Erfüllung von Mindestvoraussetzungen im Verfahren selbst berücksichtigt werden kann5.
212
_______________
1 Siehe Vfg. 13/2000 ABl. RegTP 4/2000, S. 516 zu UMTS sowie zuletzt Vfg. 42/2006 zu BWA, ABl. BNetzA 20/2000, S. 3051. 2 In diesem Sinne wohl Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediadienste, § 11 Rz. 21 (zum TKG-1996). 3 So etwa Sachs, K&R 2001, 13 (18). 4 Dies implizierend auch Beck TKG-Komm/Geppert, § 61 Rz. 65, der die Verpflichtungsklage als Rechtsbehelf gegen die Nichtzulassung für einschlägig hält. 5 Vgl. zur Praxis etwa Vfg. 48/2000, ABl. RegTP 9/2000, S. 1667, zu WLL.
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D Rz. 213
Frequenzverwaltung
213
Wo eine eigenständige Zulassungsentscheidung erfolgt, dürfte einer Klage gegen die Zulassungsvoraussetzungen § 44a VwGO im Wege stehen. Solange die Ablehnung eines Zulassungsantrags nicht vorliegt, steht noch nicht fest, ob die Zulassungsvoraussetzungen für einen Bewerber nachteilig sind1. Dennoch eine Klage unmittelbar gegen diese Voraussetzungen zuzulassen würde den Zwecken von § 44a VwGO2 zuwiderlaufen3.
214
In der Regulierungspraxis ist ein Fall bekannt geworden, in welchem ein Bewerber nicht zur UMTS-Versteigerung zugelassen wurde. Grund hierfür war anscheinend die fehlende Leistungsfähigkeit des Bewerbers. Rechtsbehelfe gegen diese Entscheidung sind offenbar nicht eingelegt worden4. 3.3.5 Festlegung von Markt, Frequenzausstattung und -nutzungsbestimmungen
215
Jeweils vor Durchführung einer Versteigerung bzw. Ausschreibung sind zum einen der sachlich und räumlich relevante Markt, auf den sich die Frequenzvergabe bezieht, zum anderen soweit erforderlich die Frequenzgrundausstattung sowie die Nutzungsbestimmungen für die zu vergebenden Frequenzen festzulegen. Dies folgt aus § 61 Abs. 4 Nr. 2–4 TKG und dient der Konkretisierung des Gegenstands des Verfahrens und zugleich der Information der Auktionsteilnehmer5. 3.3.5.1 Marktdefinition
216
Die Abgrenzung bzw. Festlegung der Märkte hat daneben vor allem die Funktion, die Geschäftstätigkeit, für welche Frequenzen im Vergabeverfahren vergeben werden, von solchen abzugrenzen, bei denen Frequenzen auf Antrag erteilt werden. Dabei ist die Marktfestlegung gleichzeitig Grundlage für die Frequenznutzungsbestimmungen. Die Marktabgrenzung richtet sich nach dem Bedarfsmarktkonzept (siehe näher G Rz. 121). Insbesondere im Mobilfunkbereich wird hier relativ fein differenziert zwischen Mobilfunk 2. und 3. Generation, Funkruf, Datenfunk, Bündelfunk. Für Einzelheiten _______________
1 Noch weitergehend wollen Ehlers, K&R 1001, 1 (8 ff.) und Sachs, K&R 2001, 13 (19 ff.) auf alle im Rahmen der UMTS-Lizensierung ergangenen Allgemeinverfügungen § 44a VwGO anwenden. 2 Zu diesen Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 44a Rz. 1. 3 Aus praktischer Vorsicht sollte in Fällen rechtswidriger nachteiliger Zulassungsbedingungen aber trotzdem vorsorglich gegen diese Klage erhoben werden. 4 Betroffen war die Nets AG, siehe für weiteres die Pressemitteilung der RegTP v. 31.5.2000 (mehrfach aktualisiert nach wie vor abrufbar auf der Website der BNetzA unter der Rubrik „Presse“) sowie UMTS-Versteigerung offiziell mit 11 Teilnehmern, heise-online v. 31.5.2000 (www.heise.de/newsticker/data/jk-31.5.00002). 5 Vgl. zu letzterem Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 11 Rz. 14 (zur Vorläuferbestimmung im TKG-1996).
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Frequenzzuteilung
Rz. 219 D
dazu und die mit dieser Abgrenzung verbundenen Probleme wird auf Rz. 357 ff. unten verwiesen. 3.3.5.2 Festlegung der Frequenzgrundausstattung Ein weiterer vor Beginn eines Vergabeverfahrens festlegungsbedürftiger Punkt ist die für eine Aufnahme der Telekommunikationsdienstleistungen erforderliche Grundausstattung an Frequenzen. Diese soll nach § 61 Abs. 4 Nr. 2 TKG vorab festgelegt und im Amtsblatt der BNetzA veröffentlicht werden, soweit dies erforderlich ist. Soweit es um den Markteintritt und nicht lediglich um die Vergabe weiterer Frequenzen an bereits aktive Marktteilnehmer geht, wird eine solche Festlegung aber regelmäßig erforderlich sein, um zu erreichen, dass jeder Marktteilnehmer über ausreichendes Funkspektrum verfügt um die beabsichtigten Dienste sinnvoll anbieten zu können. Die praktische Festlegung der Mindestausstattung im Einzelfall wird regelmäßig von Zielkonflikten beherrscht. Je niedriger die Festlegung ist, desto mehr Bewerber können bedient werden. Andererseits ist aus technischen Gründen für die sinnvolle Ausübung der Frequenznutzungsrechte regelmäßig eine gewisse Bandbreite erforderlich. Wo dieses technische Minimum liegt, dürfte dabei oft auch unter technischen Fachleuten und den Bewerbern umstritten sein1. Um den Marktzugang möglichst wenig zu beschränken erscheint als angezeigt, die Mindestausstattung im unteren Bereich des technisch vertretbaren anzusetzen.
217
Anders als im TKG-1996 ist nach dem neuen Recht die Festlegung einer Grundausstattung auch bei Ausschreibungsverfahren ausdrücklich vorgesehen2. Das ist auch sinnvoll, denn auch bei Ausschreibungen bedarf es einer Definition des zu vergebenden Objekts.
218
Obwohl nicht gesetzlich vorgesehen wird ebenfalls häufig die Höchstausstattung an von demselben Bieter zu ersteigernden Frequenzen festgelegt3. Das ist in mehrerer Hinsicht problematisch. Zum einen gibt es wie erwähnt für eine Festlegung der Höchstausstattung keine ausdrückliche Rechtsgrundlage. Für die Versteigerungsteilnehmer hat sie zur Folge, dass technische und geschäftliche Planungen, die auf einer über die festgelegte Höchstausstattung hinausgehenden Frequenzkapazität beruhen, von vornherein nicht mehr realisierbar sind.
219
_______________
1 Bei UMTS reichte das in Stellungnahmen geforderte Mindestspektrum von 2 x 10 MHz gepaart (d. h. jeweils 10 MHz für die Basisstationen und die Endgeräte) bis zu 2 x 20 MHz gepaart plus 1 x 5 MHz ungepaart (d. h. nur für die Basisstationen für TDD-Anwendungen), siehe Vfg. 13/2000, ABl. RegTP 4/2000, S. 516 (550). 2 § 11 Abs. 4 Nr. 4 TKG-1996 bezog sich nur auf Versteigerungsverfahren, nicht auf Ausschreibungen. 3 Beispiel ist Ziffer 4.2 der Vfg. 13/2000 zu UMTS, siehe ABl. RegTP 4/2000, S. 516 (517).
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D Rz. 220
Frequenzverwaltung
220
Gleichzeitig ist von anderer Seite kritisiert worden, dass eine über die festgelegte Mindestausstattung hinausgehende Frequenzzuteilung zu einer über das erforderliche hinausgehende Beschränkung des Marktzugangs führen kann. Die Kritik entzündete sich konkret daran, dass bei der UMTS-Versteigerung im Sommer 2000 nach Ausscheiden des siebten Bieters die Gebote durch Versuche einzelner Bieter, über die Mindestausstattung hinausgehende gepaarte Frequenzblöcke zu ersteigern, weiter anstiegen. Wäre dieser Versuch erfolgreich gewesen, hätte dies aufgrund des insgesamt zur Verfügung stehenden Frequenzspektrums die Anzahl der UMTS-Lizenznehmer weiter reduziert. Letztlich scheiterten diese Versuche jedoch, da alle verbliebenen Bieter mitzogen. So war einziges Ergebnis eine Verteuerung der Lizenzen um insgesamt fast 20 Milliarden Euro. Hiergegen wurde eingewendet, mit dem Ausscheiden des siebten Auktionsteilnehmers habe keine die Fortsetzung der Auktion rechtfertigende Frequenzknappheit mehr bestanden1. Im Ergebnis wird damit gefordert, die Höchstausstattung an für jeden Bewerber zu ersteigernden Frequenzen auf die Grundausstattung zu beschränken.
221
Die RegTP stützt ihre Festsetzung einer maximal möglichen Frequenzausstattung auf Wettbewerbserwägungen. Im Falle UMTS hat sie die Festlegung auf 2 x 15 MHz gepaart maximal damit begründet, dass eine zu unterschiedliche Frequenzausstattung der Lizenznehmer zu Chancenungleichheiten im Wettbewerb führen könnte, was den Regulierungszielen zuwider laufen würde2. Dieser Ansatz verdient grundsätzlich Zustimmung, zumal mit ihm verhindert wird, dass ein etwa übermächtiger Auktionsteilnehmer den Frequenzmarkt „leer kauft“ und damit den Wettbewerb behindert. Dies kann auch die Belange kleinerer und mittlerer Unternehmen fördern, was nach § 61 Abs. 5 TKG eine Vorgabe für die Ausgestaltung der Verfahrensregeln ist. Da indessen die Festlegung einer Höchstausstattung zugleich die technischen und geschäftlichen Entwicklungsmöglichkeiten beschränken kann, sollten entsprechende Festlegungen nicht unter dem Maß liegen, für das im Zeitpunkt der Entscheidung gewichtige technische Gründe angeführt werden.
222
Demgegenüber verdient die eben referierte Kritik daran, dass eine über das Mindestmaß hinausgehende Ausstattung bei Versteigerungsverfahren zugelassen wird, keine Zustimmung. Das Argument, die Frequenzknappheit entfalle, wenn sich die Zahl der Bieter auf die Zahl der möglichen Anbieter mit Mindestausstattung eingependelt habe, greift zu kurz. Vielmehr liegt eine Knappheitslage so lange vor, wie mehrere durch Zulassung zur Versteigerung und Abgabe entsprechender Gebote qualifizierte Interessenten um die Nutzung des zu vergebenden Frequenzspektrums rivalisieren. Hinzu kommt, dass die geforderte Beschränkung auf eine Höchstausstattung eigentlich im Wortlaut des Gesetzes keine Stütze findet und eine Regelung _______________
1 Degenhart, K&R 2001, 32 (41). 2 Vfg. 13/2000, ABl. RegTP 4/2000, S. 516 (547).
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Frequenzzuteilung
Rz. 225 D
Grundausstattung = Höchstausstattung die Möglichkeiten der Bieter noch weiter beschränken würde, als es die Praxis der BNetzA tut. 3.3.5.3 Frequenznutzungsbestimmungen Hinsichtlich der Frequenznutzungsbestimmungen sieht § 61 Abs. 4 Nr. 4 TKG Festlegung im Sinne von § 60 TKG vor (dazu oben Rz. 137 ff.) sowie daneben Vorgaben zum räumlichen Versorgungsgrad einschließlich dessen zeitlicher Umsetzung. In der Sache geht es hier neben den gängigen Inhalten von Frequenzzuteilungen um Auflagen, welche die effiziente Nutzung der knappen Ressource sowie die dauerhafte Einhaltung der Vergabebedingungen1 sicherstellen sollen. So werden in Versteigerungen bestimmte Versorgungsauflagen vorgesehen2 während bei Ausschreibungen insoweit die Angaben des erfolgreichen Bewerbers in die Frequenzzuteilung aufgenommen werden, um dessen Zusagen, die Auswahlkriterium nach § 61 Abs. 6 S. 3 TKG sind, verbindlich zu machen3.
223
Sowohl die Bestimmung der relevanten Märkte als auch die Festlegung der Frequenznutzungsbestimmungen erfolgt gemäß §§ 132 Abs. 3 S. 3, 120 Nr. 2 TKG durch die Präsidentenkammer im Benehmen mit dem Beirat. Hinsichtlich der Marktbestimmung ist anders als nach § 82 S. 2 TKG-1996 kein Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt erforderlich, da § 61 Abs. 4 in § 123 Abs. 1 TKG nicht genannt wird.
224
In der bisherigen Praxis erfolgte die Bestimmung von Märkten und Frequenznutzungsbestimmungen wiederum als Allgemeinverfügung4. Dies ist allerdings wie bei den Zulassungsvoraussetzungen nicht unproblematisch, aber mit Blick auf die Ausführungen oben (Rz. 192 ff.) von § 132 Abs. 1 S. 2 TKG gedeckt. § 44a VwGO sollte indessen hier nicht eingreifen. Denn mit der hier in Rede stehenden Entscheidung wird festgelegt, wie die späteren Frequenzzuteilungen aussehen, welche Dienste also mit welchen funktechnischen Parametern über die zu vergebenden Frequenzen angeboten werden dürfen und umgekehrt, welche Dienste und technischen Gestaltungen nicht zulässig sind. Es wäre unsinnig, diesen Streit nach erfolgter Frequenzzuteilung auszufechten und etwa von Interessenten zu erwarten, dass sie dazu
225
_______________
1 Vgl. dazu Teil C 2. der UMTS-Musterlizenz, Anlage 1 zu Vfg. 13/2000, ABl. RegTP 4/2000, S. 516 (557), betreffend die wettbewerbliche Unabhängigkeit der Lizenznehmer. 2 Beispiel hierfür ist etwa die UMTS-Lizenznehmern nach Teil B 4. der Musterlizenz aufgegebene Pflicht, bis Ende 2003 25 % und bis Ende 2005 50 % der Bevölkerung mit UMTS-Dienstleistungen versorgen zu können, siehe erneut Anlage 1 zu Vfg. 13/2000, ABl. RegTP 4/2000, S. 516 (557). 3 Beispiel ist die Frequenzvergabe für WLL, bei der diese Angaben des erfolgreichen Bewerbers in die Frequenzzuteilung aufgenommen werden, vgl. Vfg. 48/2000 ABl. RegTP 9/2000, S. 1667 (1672). 4 Siehe wieder Vfg. 13/2000, ABl. RegTP 4/2000, S. 1516 zu UMTS sowie zuletzt Vfg. 42/2006 zu BWA, ABl. BNetzA 20/2000, S. 3051.
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D Rz. 226
Frequenzverwaltung
die Frequenzen erwerben, obwohl sie diese anders als vorgesehen nutzen wollen. 3.3.6 Aufstellung von Verfahrensregeln 226
Vor Beginn der eigentlichen Vergabeverfahren müssen nach § 61 Abs. 1 S. 2 TKG die im Einzelnen geltenden Verfahrensregeln festgelegt und veröffentlicht werden. Aufgrund der Verschiedenheit dieser Verfahren sind diese Regeln zu unterschiedlich, als dass eine gemeinsame Behandlung sinnvoll wäre. Insoweit sei auf Rz. 231 und 261 ff. verwiesen.
227
Auch hier stellen sich wieder die Fragen nach Rechtsnatur und unmittelbarer Anfechtbarkeit. Die Behörde hat in der Vergangenheit die Form der Allgemeinverfügung gewählt und auch Rechtsbehelfsbelehrungen beigefügt1. Fraglich ist hier wiederum, ob durch diese Verfahrensregeln unmittelbar Rechtswirkungen gesetzt werden. In der Literatur wird dies teils bejaht, weil etwa Regelungen zur Stellung von Sicherheiten für alle Teilnehmer unabhängig vom Inhalt der späteren Vergabeentscheidung sofort greifen2. Diese Überlegung gelten allerdings nur, wenn dem eigentlichen Vergabeverfahren keine Zulassungsentscheidung zu diesem vorgeschaltet ist. Andernfalls treten in den Vergabebedingungen enthaltene Rechtswirkungen der eben genannten Art erst mit dieser Zulassung der einzelnen Teilnehmer ein. Dann folgen die Rechtswirkungen der Vergaberegeln nicht unmittelbar aus deren Bekanntmachung im Amtsblatt, was aber Kriterium für Verwaltungsakte wäre3. In diesen Fällen dürfte deshalb ein Verwaltungsakt im Sinne von § 35 S. 1 VwVfG nicht vorliegen.
228
Diese Sicht lässt sich auch auf den Wortlaut der Norm stützen. Im Zusammenhang mit den Verfahrensregeln gebraucht § 61 Abs. 1 S. 2 TKG nicht den Ausdruck „Entscheidung“, sondern spricht von zu veröffentlichenden „Festlegungen und Regeln“. Auch die gesetzliche Definition des Verwaltungsakts in § 35 VwVfG nennt „Festlegungen und Regeln“ anders als „Entscheidungen“ nicht. Spätestens bei „Regeln“ denkt man an Rechtsnormen, die typischerweise gerade keine Verwaltungsakte sind4. Bei dieser Sachlage erscheint die Praxis der Behörde, die Vergaberegeln als Allgemeinverfügungen zu erlassen, als zumindest zweifelhaft. Der dogmatisch sauberere Weg wäre, die Regeln im Amtsblatt bekannt zu machen und sie sodann als _______________
1 Beispiele: Vfg. 14/2000 betreffend UMTS-Versteigerungsregeln, ABl. RegTP 4/2000, S. 564, Vfg. 48/2000 zu WLL, ABl. RegTP 9/2000, S. 1667, Vfg. 6/2002, ABL. RegTP 6/2002, S. 499 zu DVB-T sowie zuletzt Vfg. 42/2006 zu BWA, ABl. BNetzA 20/2000, S. 3051. 2 So Sachs, K&R 2001, 13 (18) zur Vfg. 14/2000. 3 Siehe näher zur Behandlung von Fällen, in denen der Eintritt von Rechtsfolgen von einem weiteren Verwaltungsakt abhängig ist Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 35 Rz. 85. 4 Siehe Kopp/Ramsauer, Rz. 68 ff., 104 zu § 35 VwVfG.
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Rz. 230 D
Frequenzzuteilung
Nebenbestimmung den eigentlichen Zulassungsbescheiden beizufügen anstatt sie, wie bei der UMTS-Auktion geschehen, als Anlage einfach beizulegen. Die Praxis birgt jedenfalls die Gefahr, dass die Allgemeinverfügungen in solchen Fällen als bloße Form-Verwaltungsakte gesehen und nicht bestandskräftig werden1. 3.3.7 Gesetzliche Ziele der Vergabeverfahren Nach § 61 Abs. 4 TKG soll mit den Vergabeverfahren festgestellt werden, welcher oder welche Bewerber am besten geeignet sind, die ersteigerten Funkfrequenzen effizient zu nutzen. Der Unterschied zwischen Versteigerungs- und Ausschreibungsverfahren liegt in Folgendem: Bei Versteigerungen hat derjenige Erfolg, der sich selbst zutraut, die Nutzerbedürfnisse besser als seine Konkurrenten zu befriedigen2. Im Wettbewerb hat typischerweise Erfolg, wer sich mit seinem Angebot an die Marktgegenseite gegen die Wettbewerber durchsetzt. Dabei spielen neben Faktoren wie etwa Werbung und Image auch Preis und Qualität der Angebote eine signifikante Rolle. Die in einer Versteigerung abgegebenen Gebote resultieren dabei aus der Selbsteinschätzung der Bieter, wie erfolgreich sie beim Angebot der mit den Frequenzen dann anzubietenden Telekommunikationsdienstleistungen voraussichtlich sein werden. Entsprechend hoch können sie bieten. Bei einer Ausschreibung trifft diese Zukunftsprognose dagegen die Behörde auf Grundlage der eingereichten Bewerbungsunterlagen. Das eigentliche Ziel, eine möglichst effiziente Nutzung der Frequenzen zu erreichen, die so auch den übrigen Regulierungszielen dient, ist dasselbe.
229
3.3.8 Einzelheiten zu Versteigerungsverfahren 3.3.8.1 Stellungnahme zu den grundsätzlichen Einwänden gegen Versteigerungsverfahren Die Versteigerung von Frequenzen ist ein Novum im deutschen Verwaltungsrecht. Dessen verfassungs- und europarechtliche Zulässigkeit ist alles andere als unumstritten3. Geppert nimmt an, dass dies nach Umfang und Menge der publizierten Stellungnahmen die bedeutendste Einzelthematik in der telekommunikationsrechtlichen Fachliteratur sein dürfte4. In der Tat _______________
1 Weiterführende Hinweise dazu bei Ehlers, K&R 2001, 1 (8); Sachs, K&R 2001, 13 (19). 2 In diese Richtung auch Ruhle/Geppert, MMR 1998, 175 (176). 3 Für Zulässigkeit etwa Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 11 Rz. 6 (zum TKG-1996); Klöck, RTKom 2000, 280; Gramlich, CR 2000, 101; Grünwald, Analoger Switch-Off, S. 204 ff.; Berl.KommTKG/Wegmann, § 61 Rz. 3. Die Zulässigkeit verneinen demgegenüber u. a. Demmel in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 47 Rz. 38; Degenhart, K&R 2001, 32; Beck TKG-Komm/Geppert, 2. Auflage, § 11 Rz. 17. 4 Beck TKG-Komm/Geppert, § 61 Rz. 28.
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D Rz. 231
Frequenzverwaltung
sind die Stellungnahmen zu diesem Thema inzwischen kaum überschaubar. Da die UMTS-Versteigerung wohl ein Hauptauslöser der Publikationsflut war, kann man dies als Beleg der Anziehungskraft großer Geldbeträge sehen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Verteilung der Erlöse aus der UMTS-Versteigerung keine Stellung zu diesen Fragen genommen1. 231
In verfassungsrechtlicher Hinsicht werden dabei unter anderem folgende Gesichtspunkte angeführt: Die Zahlungsbereitschaft bzw. Zahlungsfähigkeit sei kein geeignetes Auswahlkriterium in Knappheitslagen. Rechtsstaatlich wäre es erforderlich, eine Auswahl nach Qualifikation und Leistungsfähigkeit vorzunehmen2. Die in der Versteigerung bezahlten Beträge würden auf die Nutzer umgelegt und damit für diese die fragliche Telekommunikationsdienstleistung teurer, was den durch § 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG und Art. 87f GG geschützten Nutzerinteressen zuwiderlaufe3. Die Versteigerung stelle einen Ausverkauf von Hoheitsrechten dar4. Weiter wird in den Versteigerungserlösen eine Abgeltung staatlicher Monopolrechte gesehen, welche durch Art. 87f GG gerade zugunsten einer privatwirtschaftlichen Betätigung auf dem Telekommunikationsmarkt aufgehoben werden sollten5. Schließlich wird der Vorwurf erhoben, die gesetzliche Entscheidung für das Vergabeverfahren sei fiskalisch durch das Ziel der Einnahmeerzielung motiviert6.
232
Aus europarechtlicher Sicht wird die Vereinbarkeit der Versteigerungsregelungen mit den Vorgaben der Art. 10 und 11 der Lizenzierungsrichtlinie 97/13/EG (nunmehr: Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie 2002/20/EG) in Frage gestellt7.
233
Bei der verfassungs- und europarechtlichen Analyse von Versteigerungen als Mittel knapper Frequenzen ist zu berücksichtigen, dass die Idee ursprünglich nicht etwa von Haushaltspolitikern, sondern von Ökonomen entwickelt wurde. Sie geht auf Überlegungen der Wirtschaftswissenschaftler Coase und Herzel zurück, welche in den 50er Jahren vorschlugen, knappe Frequenzen zu versteigern8. Ökonomisch liegt dem Vorschlag die Annahme zugrunde, dass derjenige, der bereit und fähig ist, einen höheren Preis für Frequenzen zu zahlen, diese gewinnbringender nutzen und damit einen höheren Beitrag zur Gesamtwohlfahrt leisten kann als die in der Versteige_______________
1 BVerfG, Urt. v. 28.3.2002, 2 BvG 1/01 und 2/01, NJW 2002, 2020: „Die Beteiligten [scil. der Bund und einzelne Bundesländer] streiten um die Aufteilung, nicht hingegen um die grundsätzliche Berechtigung, diese Erlöse überhaupt zu erzielen.“ 2 In diesem Sinne etwa Demmel in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 47 Rz. 38 f. und Scherer, NJW 1996, 2953 (2958 [dort Fn. 32]). 3 So Degenhart, K&R 2001, 32 (39). 4 So etwa Beck TKG-Komm/Geppert, § 11 Rz. 17. 5 Degenhart, K&R 2001, 32 (36). 6 Beese/Naumann, MMR 2000, 145 (148). 7 Siehe Koenig/Schäfer, K&R 1998, 243 (245). 8 Siehe Grünwald, Analoger Switch-Off, S. 159.
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Frequenzzuteilung
Rz. 236 D
rung unterlegenen Bewerber1. Aus diesem Blickwinkel ist „Effizienz“ der Frequenznutzung mithin nicht technisch, sondern wirtschaftlich zu verstehen2. Auch wenn zuzugeben ist, dass die Politik in der Folge ihren Beitrag leistete, um Versteigerungen als Mittel der Frequenzvergabe in Misskredit zu bringen3, ist diese ökonomische Annahme soweit ersichtlich bisher nicht widerlegt worden. Für die grundrechtsdogmatische Betrachtung sind die oben Rz. 20 gemachten Feststellungen von entscheidender Bedeutung. Wenn man, wie dort vertreten, den Zugang zu Funkfrequenzen nicht abwehr-, sondern teilhaberechtlich versteht, muss sich die Prüfung daran orientieren, ob die in einer Versteigerung ausschlaggebende Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft als sachgerechtes Auswahlkriterium für die Vergabe von Funkfrequenzen darstellt. Nicht zur Debatte steht demgegenüber, ob die als Ergebnis der Versteigerung unterbleibende Zuteilung von Frequenzen an die unterlegenen Bieter oder aber die Belastung der erfolgreichen Bieter mit Zahlungspflichten als Eingriff in deren Berufsfreiheit aus Art. 12 GG gerechtfertigt werden können. Das ist Konsequenz der teilhaberechtlichen Einordnung des Zugangs zu Funkfrequenzen. Die entscheidende Frage ist damit, ob sich das Kriterium des höchsten Gebots im Zusammenhang mit den Zwecken der Frequenzvergabe als sachgerecht erweist.
234
Dies ist zu bejahen. Wenn Bieter aus Mangel an finanziellen Mitteln aus der Versteigerung ausscheiden sind sie offenbar weniger leistungsfähig oder -willig und damit auch weniger geeignet, die Frequenzen gewinnbringend zu nutzen. Umgekehrt lässt die sich in einem erfolgreichen Gebot artikulierende Zahlungsbereitschaft und Zahlungsfähigkeit durchaus Rückschlüsse darauf zu, welche Erträge und damit welche gesamtwirtschaftliche Effizienz ein erfolgreicher Bieter sich von der Nutzung der Frequenzen verspricht4.
235
Die im Dezember 2006 durchgeführte Auktion für BWA-Frequenzen kann als Indiz für diese Sichtweise gesehen werden. Wenn sich von ursprünglich mehr als 100 Bewerbern nur noch sechs einem Versteigerungsverfahren stellen wollen, deutet dies darauf hin, dass bei vielen der übrigen Interessenten
236
_______________
1 Siehe zu diesen ökonomischen Überlegungen Koenig/Schäfer, K&R 1998, 243 (248). 2 Die technische Effizienz ergibt sich ohnehin zumeist aus der einzusetzenden Technik, daneben möglicherweise aber auch der Netzkonfiguration. 3 In den USA wurden Frequenzauktionen im Rahmen der Haushaltsgesetzgebung eingeführt, wobei eine künstliche Verknappung des Auktionsgutes durchaus vorkam, siehe Grünwald, Analoger Switch-Off, S. 159 (160) und S. 193. In Deutschland wurden entsprechende Überlegungen nach dem Rückzug mehrerer Bieter aus der UMTS-Auktion durch das Bundesfinanzministerium ebenfalls angestellt, siehe erneut Grünwald, S. 193. Dass dergleichen offensichtlich rechtswidrig gewesen wäre, versteht sich von selbst. 4 Auf dieser Linie auch Grünwald, Analoger Switch-Off, S. 208.
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D Rz. 237
Frequenzverwaltung
entweder die Leistungsfähigkeit fehlte oder ihr Interesse an den Frequenzen nicht ernsthaft genug war1. 237
Der vielfach geäußerte Einwand, Versteigerungen führten zu erhöhten Kosten für die Nutzer und damit zu Konflikten mit den Regulierungszielen nach § 2 TKG, ist auf Ebene des Gesetzes bereits dadurch entkräftet, dass § 61 TKG insoweit dem Regulierungsziel der effizienten Frequenznutzung den Vorrang vor den anderen Zielen einräumt2. Auch auf der Ebene von Art. 87f GG greifen die erhobenen Bedenken nicht durch. Art. 87f Abs. 1 GG verlangt eine Grundversorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen und eröffnet dem Gesetzgeber bei den zu deren Realisierung zu ergreifenden Schritten einen breiten Ermessensspielraum3. Dass eine der Telekommunikationsdienstleistungen, für die bisher Frequenzen versteigert wurden, Teil dieser Grundversorgung wäre, behauptet soweit ersichtlich keiner der Kritiker von Versteigerungsverfahren. Keine der fraglichen Telekommunikationsdienstleistungen gehört zu den Universaldienstleistungen nach § 78 Abs. 2 TKG.
238
Schließlich ist auch die These, das Privatisierungsgebot von Art. 87f Abs. 2 GG verbiete es, den wirtschaftlichen Wert der Frequenzen abzuschöpfen4, nicht durchschlagend. Wenn, wie behauptet, der Staat den Wert der Frequenzen nicht abschöpfen dürfte, dann wäre er verpflichtet, insoweit den Telekommunikationssektor bzw. den jeweils einschlägigen Funkdienst durch Vergabe von Frequenzen unter Wert zu subventionieren. Dafür mag es politische Gründe geben, von Verfassungs wegen geboten ist es indessen nicht.
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Aus Sicht des europäischen Rechts problematisch könnte allerdings die Vorgabe von Art. 11 Abs. 2 der Lizenzierungsrichtlinie 97/13/EG (nunmehr Art. 13 Genehmigungsrichtlinie) sein. Hiernach darf zwar die Nutzung knapper Ressourcen mit Abgaben belastet werden, welche die Notwendigkeit widerspiegeln, die optimale Nutzung sicherzustellen. Die Abgaben sollen aber dabei auch der Notwendigkeit Rechnung tragen, die Entwicklung innovativer Dienste und des Wettbewerbs zu fördern. Die Kritik knüpft insoweit vor allem an der Gefahr an, ein finanzstarker Bieter könne bei einer Versteigerung seine Konkurrenten mit überhöhten Geboten vom Markt drängen und damit die Entwicklung innovativer Dienste blockieren5.
240
Indessen ist dieses Risiko bei keinem Vergabeverfahren auszuschließen. Aus Sicht eines Bewerbers, dem es um die Behinderung der Konkurrenz geht, hat ein Ausschreibungsverfahren sogar den Vorzug, das er dort im _______________
1 Siehe zur Bewerberzahl die Pressemitteilungen der BNetzA v. 7.3.2006 und v. 12.12.2006, jeweils abrufbar auf der Website der BNetzA unter der Rubrik „Presse“. 2 So auch Degenhart, K&R 2001, 32 (34). 3 Siehe BT-Drucks. 12/7269, S. 5 sowie Jarass/Pieroth/Pieroth, Grundgesetz, Art. 87f Rz. 4. 4 In diesem Sinne Degenhart, K&R 2001, 32 (36). 5 Siehe Koenig/Schäfer, K&R 1998, 243 (249).
306 | Jenny
Rz. 243 D
Frequenzzuteilung
Zweifel geringere finanzielle Mittel einsetzen muss. Finanzstärke wäre bei solch einem Ansinnen doppelt hilfreich, zum einen beim Auswahlkriterium der Leistungsfähigkeit, zum anderen bei der Vorbereitung einer guten Bewerbung, bei der finanzielle Mittel typischerweise ebenfalls gute Dienste leisten können. Im Übrigen schaffen sowohl Zuteilungsauflagen als auch § 63 TKG die Möglichkeit, Frequenzzuteilungen entschädigungslos zu widerrufen, wenn ein erfolgreicher Teilnehmer die Frequenzen brachliegen lässt. 3.3.8.2 Abgabenrechtliche Qualifikation der Versteigerungserlöse Innerhalb der abgabenrechtlichen Typologie aus Steuer, Gebühr, Beitrag und Sonderabgabe1 sind die von erfolgreichen Teilnehmern zu zahlenden Gebotsbeträge als Gebühren in Form so genannter Verleihungsgebühren anzusehen2. Mit der Zahlung des Gebotsbetrags zahlt der erfolgreiche Bieter für eine ihm Individuell zurechenbare staatliche Gegenleistung3, welche darin besteht, dass ihm das ausschließliche Recht zur Nutzung der Frequenzen gewährt wird. Dieses Recht ist auch gegen andere Frequenznutzer, welche eine Frequenz ohne Genehmigung nutzen, zivilrechtlich durchsetzbar4. In seiner Entscheidung zur Verteilung der UMTS-Erlöse hat das Bundesverfassungsrecht die abgabenrechtliche Qualifikation der Erlöse offen gelassen und sich auf den für die Entscheidung ausreichenden Befund beschränkt, es handele sich nicht um Steuern5.
241
Die Sicht der Versteigerungserlöse als Verleihungsgebühr sieht sich teilweise Einwänden ausgesetzt. Von manchen wird vertreten, die Gebote seien keine Verleihungsgebühr, weil der Wert der Gegenleistung (d. h. im Ergebnis der Wert der Frequenzen) zur Zeit weder juristisch noch ökonomisch bestimmt werden könne6. Dieser Einwand geht fehl, weil die Angemessenheit der staatlichen Gegenleistung nicht Tatbestandsmerkmal, sondern Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der Gebühr ist.
242
Von einigen Autoren, welche ansonsten die hier vertretene abgabenrechtliche Sicht teilen, wird mit Blick auf die UMTS-Auktion im Sommer 2000 vertreten, die von den letztlich erfolgreichen Auktionsteilnehmern bezahlten Gebote stünden außer Verhältnis zum wirtschaftlichen Wert der erstei-
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_______________
1 Siehe zu diesen Begrifflichkeiten und ihren Voraussetzungen Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 48 ff. 2 So auch Schumacher, NJW 2000, 3096 (3098); Arndt, K&R 2001, 23 (30). 3 Vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 51. 4 Siehe Demmel in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 47 Rz. 80 (zum TKG-1996). 5 BVerfG, Urt. v. 28.3.2002, 2 BvG 1/01 und 2/01, NJW 2002, 2020. 6 So anscheinend Klöck, RTKom 2000, 280 (285), der allerdings auf derselben Seite auch ausführt, den Wert der Lizenzen zu bestimmen sei Sache der Marktteilnehmer, und nicht der juristischen Kommentatoren.
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D Rz. 243a
Frequenzverwaltung
gerten Frequenzen1. Die zu zahlenden Beträge ergaben sich jedoch aus dem Auktionsverlauf und mithin aus der Zahlungsbereitschaft der erfolgreichen Teilnehmer. Alle Teilnehmer an jener Auktion waren entweder selbst international operierende Telekommunikationsunternehmen oder mit solchen verbunden. Es steht zu vermuten, dass ihnen bei der Vorbereitung der Auktion hochkarätige Berater zur Seite standen, um zu ermitteln, welche Gebote mit Blick auf die zukünftige Ertragserwartungen für die zu ersteigernden Lizenzen gerechtfertigt sein könnten. Aus jetziger Sicht spricht wohl einiges dafür, dass diese Rechnung bei UMTS nicht aufgehen könnte. Die Frage ist dann, ob der Staat gehindert ist, die Unternehmen bzw. deren Aktionäre solchen Risiken auszusetzen2. Ich meine nein. Eher wären die diversen staatlich veranstalteten bzw. sanktionierten Glücksspiele, Lotterien, Spielhallen und Casinos zu verbieten, bei denen sich mancher aus pathologischer Spielsucht ruiniert3. 243a
Hinzuweisen ist schließlich noch darauf, dass ein umsatzsteuerlicherrechtlicher Streit darüber anhängig ist, ob die in den UMTS-Auktionen in verschiedenen europäischen Ländern gezahlten Gebühren zum Umsatzsteuervorabzug berechtigen. Die UMTS-Lizenznehmer haben offenbar in diversen europäischen Ländern von den nationalen Regulierungsbehörden die Ausstellung von Rechnungen verlangt, mit denen sie dann den Umsatzsteuervorabzug geltend machen und damit im Ergebnis ihre Abgabenlast um den Umsatzsteuersatz reduzieren könnten. Entscheidend scheint hier die Frage zu sein, ob die nationalen Regulierungsbehörden bei der Frequenzvergabe in Auktionen im Sinne von Art. 4 Abs. 5 der 6. Umsatzsteuerrichtlinie hoheitlich oder aber unternehmerisch handeln. Zu dieser Frage liegen dem EuGH Vorlagebeschlüsse aus Österreich und dem Vereinigten Königreich vor4. 3.3.8.3 Anforderungen an die Verfahrensregeln
244
Nach § 61 Abs. 5 TKG sollen die vorab festzulegenden Versteigerungsregeln objektiv, nachvollziehbar und diskriminierungsfrei sein und die Belange kleiner und mittlerer Unternehmen berücksichtigen. Die erstgenannten Kriterien sind eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit und auch durch EU-Recht vorgegeben. Die Berücksichtigung kleiner und mittlerer Unternehmen, ist allerdings im Rahmen einer Versteigerung, bei der Höchstgebote entscheiden, anscheinend nur durch Ausschluss größerer Unternehmen oder stärkere Gewichtung von Geboten kleiner Bieter durchführbar. Einem _______________
1 In diesem Sinne beispielsweise Arndt, K&R 2001, 23 (30); Degenhart, K&R 2001, 32 (38); Luttermann, K&R 2000, 473. 2 Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass einzelne Auktionsteilnehmer bereit gewesen wären, für eine breitere Frequenzausstattung nochmals deutlich mehr zu zahlen, nämlich bis zu 12 Milliarden Euro. 3 Siehe dazu mit ähnlicher Tendenz das Urt. des Bundesverfassungsgericht v. 28.3. 2006 zum bayerischen staatlichen Wettmonopol 1 BvR 1054/01. 4 Rs. C-284/04 (T-Mobile Austria u. a.) und C-369/04 (Hutchson 3G UK Limited u. a.).
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Frequenzzuteilung
Rz. 246 D
entsprechenden Vorschlag des Bundesrats wurde aber im Gesetzgebungsverfahren zum TKG-1996 eine Absage erteilt, so dass die Bestimmung häufig als rein politische Willensäußerung ohne konkreten Regelungsgehalt verstanden wird1. Allerdings hat die BNetzA in der BWA-Versteigerung auf den Wunsch von Interessenten hin den Zuschnitt der Regionen geändert (28 statt 16 Regionen) und zugleich durch Verzicht auf externe Schutzkanäle die Zuteilungsmöglichkeiten von 3 auf 4 Frequenzblöcke je Region erhöht2. Hierdurch wurde der Marktzutritt insbesondere für regionale Anbieter erleichtert. Zur Begründung dieses Schritts verwies die Präsidentenkammer auch auf die Belange kleiner und mittlerer Unternehmen3. Hierin lässt sich ein praktischer Anwendungsfall dieser Bestimmung sehen. In der allgemeinen Auktionspraxis gibt es eine ganze Reihe unterschiedlicher Auktionsverfahren. Zu unterscheiden sind zunächst offene Auktionen, bei denen die Gebote öffentlich abgegeben werden, und verdeckte Auktionen, bei denen die Bieter nur jeweils ein Gebot in geschlossenen Umschlägen einreichen. Bei offenen Auktionen finden sich zudem die gängige englische Auktion und die sogenannte holländische Auktion. Bei der englischen Auktion wird mit einem Mindestgebot begonnen und die Gebote erhöht, bis keine höheren Gebote vorgelegt werden. Die holländische Auktion funktioniert demgegenüber umgekehrt. Der Auktionator ruft einen Höchstpreis auf, der immer weiter verringert wird, bis ein Bieter den ausgerufenen Preis akzeptiert. Jedes dieser Verfahren hat spezifische Vorzüge und Nachteile, ohne dass eine der Verfahrensarten grundsätzlich besser als andere geeignet wäre, den Knappheitspreis zu ermitteln. Verdeckte Auktionen führen tendenziell zu niedrigeren Geboten, sind aber anfälliger für Manipulation4. Von daher wird man der BNetzA bei der Entscheidung für das von ihr anzuwendende Verfahren einen Ermessensspielraum zubilligen müssen. Bisher wurden alle Versteigerungen als offene simultane mehrstufige Verfahren durchgeführt (zu den Einzelheiten s. u. Rz. 251 ff.).
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3.3.8.4 Mindestgebote Weiterhin eröffnet die Bestimmung des § 61 Abs. 5 S. 2 TKG die Möglichkeit, ein Mindestgebot festzulegen. Diese Regelung sollte allein als Verfah_______________
1 So Manssen in: Manssen Telekommunikations- und Multimediarecht, § 11 Rz. 16; Berl.KommTKG/Wegmann, § 61 Rz. 33 sowie die Vorauflage Teil 2 Rz. 269. Zum Vorschlag des Bundesrats siehe BT-Drucks. 13/4438, S. 9 (Begründung des Vorschlags) und S. 32 (Äußerung der Bundesregierung). 2 Siehe einerseits die zur Anhörung gestellten Eckpunkte der Präsidentenkammerentscheidung Mitteilung Nr. 252/2006, ABl. BNetzA 13/2006, S. 1814 und andererseits die letztlich ergangene Entscheidung Vfg. 42/2006, ABl. BNetzA 20/2006, S. 3051. 3 Vfg. 42/2006, ABl. BNetzA 20/2006, S. 3051 (3089). 4 Siehe für Einzelheiten zu den verschiedenen Auktionsformen Grünwald, Analoger Switch-Off, S. 185 ff.; Ruhle/Geppert, MMR 1998, 175 (177), letztere mit einigen krassen Beispielen für Manipulationen durch Bieter bei geschlossenen Auktionen.
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Frequenzverwaltung
rensvereinfachung gesehen werden. Mit der Festlegung soll vermieden werden, dass Versteigerungen sich in die Länge ziehen, weil zunächst eine Vielzahl von Runden mit Geboten weit unterhalb des späteren Versteigerungsergebnisses abgehalten wird. Dementsprechend setzt die neuere Praxis die Mindestgebote aufgrund einer Schätzung des wirtschaftlichen Werts (gemeint ist wohl der erwartete Versteigerungserlös) fest, von dem ein „angemessener“ Abschlag vorgenommen wird. 247
Nicht angebracht wäre es allerdings, Mindestgebote mit dem Ziel der Sicherung eines minimalen Versteigerungserlöses festzulegen, wie es einmal in der Begründung zu Eckpunkt 4 der Verfügung 45/991 zur Versteigerung von zusätzlichen GSM-Frequenzen angeklungen ist. Dergleichen würde dem Ziel der Versteigerung, den ökonomischen Wert der Frequenzen zu ermitteln, zuwiderlaufen2. Im konkret betroffenen Fall war die Festlegung anscheinend allerdings von Befürchtungen, die Versteigerungsteilnehmer könnten die Auktion durch Absprachen im Vorfeld sabotieren, veranlasst3.
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Vom Gesetz nicht geregelt ist der Fall, dass für zu versteigernde Frequenzen das Mindestgebot nicht erreicht, bzw. nicht abgegeben wird. Wenn sich herausstellt, dass die festgelegten Verfahrensregeln und die vorgesehenen Mindestgebote derart abschreckend wirken, dass für einzelne zur Versteigerung anstehende Frequenzen und/oder Lizenzen keine Interessenten auftreten, obwohl die ursprüngliche Marktabfrage eine Frequenzknappheit ergeben hatte, dann wäre zu überlegen, ob das Verfahren unterbrochen und unter Festlegung geringerer Zugangshürden fortgesetzt werden soll. Rechtliches Mittel dazu wäre die Rücknahme der ursprünglichen Festlegungen gemäß oder analog § 48 Abs. 3 VwVfG (je nach dem wie der Rechtscharakter beurteilt wird, siehe oben Rz. 192 ff., 202 ff.), da diese dann unverhältnismäßig restriktiv und folglich rechtswidrig sein könnten.
248a
Die vorstehend beschriebene Situation, dass es weniger Interessenten als in der Versteigerung angebotene Frequenzzuteilungen gab, hat sich bei der Auktion für BWA-Frequenzen im Dezember 2006 eingestellt. Dabei ist offen, warum die Nachfrage nach Frequenzen im Versteigerungsverfahren so viel geringer war als im vorangegangenen Antragsverfahren. Gelegen haben kann dies an den für die Versteigerung festgesetzten Mindestgeboten, die sich allerdings an der einschlägigen Gebührenordnung für Frequenzzuteilungen orientierten4. Weiterer Grund für das verringerte Interesse könnten die für die Versteigerung festgelegten Versorgungsauflagen sein5. Schließlich dürfte die Aussicht, an einer Versteigerung teilnehmen zu müssen, so manchen Interessenten abgeschreckt haben. Aus jetziger Sicht lässt sich nicht _______________
1 2 3 4
ABl. RegTP 7/1999, S. 1251. Kritisch deshalb auch Beese/Naumann, MMR 2000, 145 (150). Siehe Vfg. 70/1999, ABl. RegTP 11/1999, S. 1751 (1757). Siehe zur Festlegung der Mindestgebote Vfg. 42/2006, ABl. BNetzA 20/2006, S. 3051 (3111). 5 Siehe dazu Ziff. II. 4.5 der Vfg. 42/2006, ABl. BNetzA 20/2006, S. 3051 (3053).
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Frequenzzuteilung
Rz. 251 D
sagen, wie und mit welchem Gewicht die genannten Faktoren im einzelnen zusammengewirkt haben. Von daher ist ein Urteil über die Frage, ob die BWA-Auktionsbedingungen zu restriktiv waren, im Moment nicht möglich. 3.3.8.5 Durchführung der Verfahren in der Regulierungspraxis Der Abdruck der Verfahrensregeln der UMTS-Versteigerung macht im Amtsblatt der Regulierungsbehörde vier Seiten aus. Die Regeln der BWAVersteigerung sind sogar noch umfangreicher. Von daher erscheint es nicht angebracht, hier eine detaillierte Wiedergabe aller Einzelheiten vorzunehmen. Interessenten seien auf die Veröffentlichungen im Amtsblatt verwiesen1. Hier soll statt dessen nur eine Darstellung der grundlegenden Prinzipien und Abläufe erfolgen2.
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Vorgeschaltet war jeweils zunächst das oben Rz. 207 ff. bereits beschriebene Zulassungsverfahren. Nach Zulassung der Bewerber hatten diese vor der eigentlichen Auktion eine Kaution sowie bei UMTS zusätzlich Bankbürgschaften für die von ihnen in Anspruch genommenen Bietrechte in Höhe der jeweils einschlägigen Mindestgebote zu stellen, ihre Bevollmächtigten für die Versteigerung zu benennen und diese an einer Bieterschulung teilnehmen zu lassen, in welcher der Umgang mit der Auktionssoftware erläutert wurde. Die Forderung nach Bürgschaften als Sicherheit entspricht dem bei staatlichen Versteigerungen üblichen3 und ist von daher keinen durchgreifenden Einwänden ausgesetzt. Auch die Kaution, die dem Nachweis der Ernsthaftigkeit des Teilnahmewillens dient, wird man als letztlich sinnvolle Verfahrensregel akzeptieren können.
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Die Versteigerungen wurden wie die beiden vorigen für Funkruf und zusätzliche Frequenzen für GSM als simultane mehrstufige offene Auktionen durchgeführt. Dazu wurde bei UMTS das zu vergebende Spektrum in abstrakte Blöcke4 portioniert, für welche rundenweise auf elektronischem Weg Gebote abgegeben werden konnten. Bei BWA wurden demgegenüber konkrete Frequenzblöcke in den gebildeten 28 Regionen versteigert. Grund für das unterschiedliche Vorgehen war hier, dass die Frequenzausstattung der Blöcke unterschiedlich war. Am Ende jeder Runde wurden für die einzelnen Blöcke die Höchstgebote bekannt gegeben. Jeder Bieter konnte nur Gebote für die vorgegebene Höchstausstattung von Frequenzen abgeben, also bei UMTS für drei von zwölf Blöcken, bei BWA für einen Block je
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_______________
1 Vfg. 14/2000, ABl. RegTP 4/2000, S. 564 zu UMTS sowie Vfg. 42/2006, ABl. BNetzA 20/2006, S. 3051 zu BWA. Um den Text nicht mit Fußnoten zu überfrachten wird im Folgenden davon abgesehen, jede einzelne Aussage zu belegen. 2 Die Ausführungen konzentrieren sich auf die Auktionen für UMTS und BWA, für Einzelheiten zur ERMES-Auktion siehe Ruhle/Geppert, MMR 1998, 175. 3 Siehe etwa §§ 67 ff. des Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung. 4 D. h. die konkreten Frequenzen waren bei der Versteigerung noch nicht festgelegt.
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D Rz. 252
Frequenzverwaltung
Region, vorausgesetzt, entsprechende Bürgschaften waren vorab gestellt worden. Weiterhin bedeutsam war die Aktivitätsregel. Bei UMTS konnte ein Bieter in jeder Runde nur für so viele Frequenzblöcke bieten, wie in der jeweils vorausgegangenen. Bei BWA wurde demgegenüber eine komplexere Aktivitätsregel angewendet, bei der in den ersten Runden nicht alle Bietrechte ausgenutzt werden mussten, um Bietrechte für spätere Runden zu erhalten. Wirksam („valide“) waren Gebote nur, soweit sie das Höchstgebot für den jeweiligen Frequenzblock aus der vorherigen Bietrunde um das vom Auktionator festgelegte Mindestinkrement übertrafen. In jeder Runde mussten die Gebote in einem vorab festgelegten Zeitrahmen abgegeben werden. Wenn ein Bieter in einer Runde nicht für die Mindestausstattung an Frequenzen wirksame Gebote vorlegte schied er aus. Bei BWA gab es zusätzlich limitierte Bietbefreiungen, die für einzelne Runden in Anspruch genommen werden konnten. Zurückgenommen werden konnten wirksame Gebote nicht1. 252
Bei Versteigerungen hat die Verhinderung von Absprachen oder sonstigem den Auktionsprozess störenden Verhalten der Bieter erhebliche Bedeutung. Sonst bestünde die Möglichkeit, dass sich beispielsweise die Teilnehmer vorab über die Verteilung des Auktionsgutes einigen oder aber einzelne Bieter gegen andere zusammenarbeiten. Bei Frequenzauktionen mit beschränktem und für alle Beteiligten überschaubarem Teilnehmerkreis ist diese Gefahr naturgemäß größer als etwa bei Versteigerungen, die jedermann zugänglich sind. Die Praxis der BNetzA versucht, diese Gefahr zum einen durch die Verfahrensgestaltung, zum anderen durch drakonische Sanktionierung bekannt werdender Verstöße in den Griff zu bekommen.
253
Dazu werden während der Auktionsrunden die Vertreter der Bieter in getrennten Räumen untergebracht und von einem Mitarbeiter der Behörde beaufsichtigt. Kommunikation ist nur telefonisch mit dem Auktionator sowie per Telefon und Fax mit der Unternehmensleitung über vor der Auktion genannte Telefonnummern möglich. Mobiltelefone oder sonstige Telekommunikationsgeräte dürfen im Bietraum nicht benutzt werden.
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Bei dennoch festgestelltem kollusiven Verhalten, also Zusammenwirken von Bietern zur Beeinflussung von Verlauf oder Ergebnis der Auktion, wären _______________
1 Dies war bei der Versteigerung zusätzlicher GSM-Frequenzen anders, aber dort damit begründet, dass eine Mindestausstattung nicht vorgegeben war und ein Auktionsergebnis, dass nur zu einer geringen Frequenzausstattung für einen Bieter geführt hätte, für diesen unattraktiv gewesen wäre. Im Falle einer Rücknahme von Geboten wären die Frequenzen unter den übrigen Auktionsteilnehmern erneut versteigert worden. Falls dabei ein geringeres Ergebnis als das zurückgenommene Gebot erzielt worden wäre, so wäre der Bieter des zurückgenommenen Gebots zur Zahlung der Differenz zu seinem Gebot verpflichtet gewesen. Dies war veranlasst, um preistreibende Gebote ohne Erwerbsabsicht zu verhindern. Für die Einzelheiten siehe Ziffer 10 der Vfg. 93/1999, ABl. RegTP 14/1999, S. 2379 (2380, 2385). Aufgrund der Auktionsergebnisse kam es zu keiner Rücknahme von Geboten.
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Frequenzzuteilung
Rz. 257 D
die Bieter von der Auktion ausgeschlossen worden. Hätte sich ergeben, dass etwa zum Zeitpunkt des Ausschlusses bestehende Höchstgebote der betroffenen Bieter im weiteren Auktionsverlauf nicht überboten worden wären, so wären diese nach den Versteigerungsregeln zur Zahlung der Gebotsbeträge verpflichtet gewesen, ohne die Frequenzen zu erhalten. Noch drastischere Folgen hätte es, wenn sich nach Ende der Versteigerung kollusives Verhalten von erfolgreichen Bietern herausstellen würde. Für diesen Fall sahen die Auktionsregeln Widerruf der Lizenz bzw. Frequenzzuteilung vor, ohne dass die Zahlungspflichten aus den Höchstgeboten entfallen oder bereits geleistete Zahlungen zurückerstattet würden. Während der Ausschluss kollusiv handelnder Bieter ohne weiteres als adäquate Sanktion erscheint, begegnen die in den Versteigerungsregeln (und nur dort) vorgesehenen finanziellen Sanktionen Bedenken. Diese entstehen weniger aus der eigentlich gegebenen Plausibilität, sondern daraus, dass diese Sanktionen im Gesetz selbst nicht ausdrücklich vorgesehen sind. Wenn etwa jetzt ein Verstoß bei der UMTS-Versteigerung im Sommer 2000 entdeckt würde, so hätte dies den Widerruf der Lizenz des betroffenen Bieters und außerdem eine finanzielle Sanktion von etwa 8 Milliarden Euro nur für das gezahlte Gebot zur Folge. Es erscheint zweifelhaft, ob derartige finanzielle Sanktionen, die ein Vielfaches der im Strafrecht für Geldstrafen vorgesehenen Höchstbeträge ausmachen, allein auf Grundlage der Verfahrensbedingungen angeordnet werden könnten.
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Als Zahlungsmodalität wird in der Praxis regelmäßig die Überweisung binnen 10 Tagen nach Zugang einer schriftlichen Zahlungsfestsetzung festgelegt. Hierfür sprechen praktische Gesichtspunkte, zumal allfällige Zahlungserleichterungen sich unter Umständen in dann höheren Gebote niederschlagen würden. Bemerkenswert ist, dass keine Sanktionen für Zahlungsverzug vorgesehen wurden. Insoweit vertraut die Regulierungspraxis auf die Regelungen zur Beitreibung und Verzinsung von Geldforderungen nach dem Verwaltungsvollstreckungsrecht.
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3.3.8.6 Ausschluss von Doppelbewerbungen Nach ständiger Verfahrenspraxis der BNetzA sowohl bei Versteigerungen als auch bei Ausschreibungen1 kann sich in Vergabeverfahren jeder Bewerber nur einmal bewerben. Unternehmen werden dabei schon dann als zusammengehörig gewertet, wenn die Voraussetzungen von § 37 GWB vorliegen, so dass eine Beteiligung von 25 % ausreicht, um die Schwelle zu überschreiten.
_______________
1 Siehe Ziffer 1.2 der Vfg. 13/2000, ABl. RegTP 4/2000, S. 516 für die UMTS-Versteigerung sowie Abschnitt II Ziffer 1. der Anlage zur Vfg. 48/2000, ABl. RegTP 9/2000, S. 1667 (1669) für WLL-PMP-Richtfunk.
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D Rz. 258
Frequenzverwaltung
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Die Behörde stützt diese Praxis auf das Regulierungsziel der Sicherung eines chancengleichen, funktionsfähigen Wettbewerbs sowie den Umstand der Beschränkung des Marktzugangs, woraus sie ein Gebot wettbewerblicher Unabhängigkeit der Bewerber und Anbieter herleitet1. Unabhängig davon, ob sich solch ein Gebot tatsächlich aus dem TKG herleiten lässt (dazu unten Rz. 367), ist jedenfalls dem Ausschluss doppelter Bewerbungen desselben Unternehmens bzw. miteinander in kartellrechtlich relevanter Weise verbundener Unternehmen prinzipiell zuzustimmen. Dies folgt aus § 61 Abs. 3 S. 1 TKG. Wenn bei beschränktem Marktzugang letztlich mehrere der wenigen Teilnehmer von demselben oder zusammengeschlossenen Unternehmen gehalten würden, dann hätte dies mit hinreichender Wahrscheinlichkeit negative Auswirkungen auf den Wettbewerb. Zum einen bliebe sonst womöglich anstelle der zusammengeschlossenen Unternehmen ein sonst erfolgreicher unabhängiger Wettbewerber vom jeweiligen Markt ausgeschlossen. Zum anderen ist bei zusammengeschlossenen Unternehmen die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass sie in der Auktion ihre Biet- und nach Frequenzvergabe ihre Marktstrategie zum Nachteil des Wettbewerbs und der Konkurrenten aufeinander abstimmen.
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Bei der UMTS-Versteigerung entstand zwischen der Zulassung der Bewerber und der Auktion selbst die Situation, dass zugelassene Bewerber nunmehr anfingen, über Kooperationen nachzudenken und auch zu verhandeln. Außerdem wurde das englische Mobilfunkunternehmen Orange, welches seinerzeit Teil des Group 3G Bieterkonsortiums war, von France Telecom übernommen, die wiederum für die deutsche Vergabe mit Mobilcom kooperierte, was zu einer Doppelbewerbung der beiden Bieter führte und gleichzeitig die zuvor bestehende Doppelbewerbung von Orange mit Vodafone bzw. Mannesmann Mobilfunk beseitigte. Die Regulierungsbehörde hatte damit wohl nicht gerechnet und dementsprechend keine ausdrückliche Regelung für solche Sachverhalte in die Verfahrensregeln aufgenommen. Auch die Regeln für die BWA-Versteigerung enthielten keine Bestimmungen zu solchen Sachverhalten.
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Die anscheinend zunächst von der Behörde vertretene Haltung, die Zulassungsregeln stünden einer Änderung der Beteiligungsverhältnisse an Bietern vor Abschluss der Auktion entgegen2, ließ sich durch den Lauf der Ereignisse nicht aufrechterhalten. Hätte man diese Linie durchgehalten, so hätte mit Group 3G oder Mobilcom mindestens ein am Ende erfolgreicher Bieter ausgeschlossen werden müssen. Abgesehen davon wäre fraglich gewesen, ob sich diese Position rechtlich durchhalten lassen hätte. Da nach § 55 Abs. 6 TKG Änderungen der Beteiligungsverhältnisse bei Frequenzinhabern zulässig sind, ist nicht zu sehen, warum ohne ausdrückliche Regelung in den Verfahrensbedingungen für Bewerber etwas anderes gelten soll. Deshalb _______________
1 Siehe die Begründung zu Ziffer 1.2 der Vfg. 13/2000, ABl. RegTP 4/2000, S. 516 (518). 2 Als Gründe hierfür hätten sich eventuell das Erfordernis der vorherige Freigabe von Bieterzusammenschlüssen durch das Bundeskartellamt anführen lassen.
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Frequenzzuteilung
Rz. 264 D
wurden diese Fälle letztlich pragmatisch behandelt und die Veränderung von Beteiligungsverhältnissen zugelassen, wenn der Nachweis des weiteren Gegebenseins der Zulassungsvoraussetzungen zur Versteigerung geführt wurde. Für zukünftige Versteigerungsverfahren sollte diese Linie beibehalten werden. 3.3.9 Einzelheiten zu Ausschreibungsverfahren 3.3.9.1 Verfahrensgestaltung und Ablauf Die bisher durchgeführten Ausschreibungsverfahren nach § 11 Abs. 6 TKG 1996 waren im Ablauf deutlich einfacher strukturiert als die eben geschilderten Versteigerungsverfahren. Das ist darauf zurückzuführen, dass bei Ausschreibungen anders als bei Versteigerungen die Bewerber nicht unmittelbar (durch Gebote) am Auswahlprozess teilnehmen, so dass ihnen hierfür keine Verhaltensregeln vorgegeben werden müssen.
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Die Regeln für die Durchführung von Ausschreibungsverfahren müssen gemäß § 61 Abs. 6 S. 4 TKG objektiv, nachvollziehbar und diskriminierungsfrei sein. Hier handelt es sich wieder um eine Wiederholung rechtsstaatlicher Mindestanforderungen, die auch durch EU-Recht1 vorgegeben sind. Für die nähere Verfahrensgestaltung ist der Behörde in diesem Rahmen ein weiter Ermessensspielraum eröffnet. Die festgelegten Verfahrensregeln sind im Amtsblatt zu veröffentlichen, § 61 Abs. 1 S. 2 TKG.
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Als Beispiel für die Regulierungspraxis wird hier der Ablauf der letzten Vergaberunde für Frequenzen für Wireless Local Loop (WLL) dargestellt2. Spätere Vergabeverfahren, die den digitalen Rundfunkbereich betrafen, waren weitgehend ähnlich strukturiert, wobei es allerdings erst zweimal zu einer Auswahlentscheidung durch die Präsidentenkammer kam3.
263
Für WLL schrieb § 11 Abs. 2 S. 3 TKG-1996 das Ausschreibungsverfahren zwingend vor, so dass eine Versteigerung nicht in Betracht kam. Diese Vorgabe ist aber inzwischen entfallen, wohl wegen der nicht den Erwartungen entsprechenden Entwicklung von WLL.
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_______________
1 Art. 5 Abs. 2 der Genehmigungsrichtlinie 2002/20/EG. 2 Vfg. 48/2000, ABl. RegTP 9/2000, S. 1667. 3 Siehe zu T-DAB die Präsidentenkammerentscheidung v. 14.9.1998 über das Verfahren zur Vergabe von Frequenzen für T-DAB, Vfg. 110/1998, ABl. RegTP 19/1998, S. 2271, zu DVB-T die Entscheidung der Präsidentenkammer v. 20.3.2002 über Eckpunkte zur Vergabe von Frequenzen für die terrestrische digitale Übertragung von Rundfunk, ABl. RegTP 6/2002, S. 499. Die Auswahlentscheidungen ergingen für DVB-T in den sog. Versorgungsbedarfen Südwestdeutschland 1 und 2, Hessen 1 bis 3 sowie Baden-Württemberg/Rheinland-Pfalz 1 und 2, siehe die Präsidentenkammerentscheidungen v. 24.9.2004, Mitteilung Nr. 336/2004, ABl. RegTP 21/2004, S. 1508 sowie v. 16.5.2006, Mitteilung Nr. 195/2006. ABl. BNetzA 11/2006, S. 1669. Weiteres zu den Verfahren ist auf der Website der BNetzA in der Rubrik „Frequenzordnung, Rundfunk“ abrufbar.
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D Rz. 265
Frequenzverwaltung
265
Als Vorgeschichte ist dafür zunächst zu erläutern, dass die Vergabe dieser Frequenzen mit einer Nachfrageermittlung 1997 noch durch das seinerzeitige Bundespostministerium eingeleitet wurde1. In Gebieten (Versorgungsbereichen), in welchen sich für zur Verfügung stehende Frequenzen (es gab mehrere Frequenzbereiche, in denen regional unterschiedlich Frequenzen zugeteilt werden konnten) nur ein Bewerber meldete, konnte sogleich eine Frequenzzuteilung ohne Vergabeverfahren erfolgen, da insoweit keine Frequenzknappheit bestand2.
266
Die Frequenzen für Versorgungsbereiche, in denen mehrere Bewerber Interesse bekundet hatten, wurden in bisher zwei Ausschreibungsrunden vergeben, deren letzte im Frühjahr 2000 eingeleitet wurde, und kurz vor Jahresende 2000 abgeschlossen war3. Ausgeschrieben waren dabei insgesamt 824 Zuteilungsmöglichkeiten für Frequenzen in 400 Versorgungsbereichen4, d. h. geographischen Regionen, die mittels der ausgeschriebenen Frequenzen versorgt werden konnten5. Die Frequenzen, welche zugeteilt werden konnten, lagen in den Frequenzbereichen 2,6, 3,5 und 26 GHz. Die Versorgungsbereiche wurden unter Berücksichtigung der eingegangenen Zuteilungsanträge sowie Erfordernissen der effizienten und störungsfreien Frequenznutzung festgelegt6. Der Umstand, dass diese letzte Vergaberunde von der Entscheidung der Präsidentenkammer über die Ausschreibung am 30.3.2000 bis zur Entscheidung über die Zuteilungen am 12.12.2000 fast 9 Monate dauer_______________
1 Vfg. 51/1997, ABl. BMPT 1997, S. 338. 2 Siehe Ziffer 3.1 der Vfg. 55/1998, ABl. RegTP 1998, S. 1519. Kritisch dazu allerdings Schuster/Müller, MMR 2000, 26 (28 f.), die aus § 11 Abs. 2 S. 3 TKG folgern, dass auch in Fällen, wo sich nur ein Kandidat um WLL-Frequenzen bewirbt, eine Bewertung von Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Eignung der vorgelegten Planungen des Kandidaten erforderlich sei. (Anm.: Schuster/Müller zitieren allerdings § 11 Abs. 6 S. 4 TKG-1996, nach dem bei der Auswahl Bewerber mit höherem räumlichem Versorgungsgrad bevorzugt werden sollte. Weil dies in der Situation mit nur einem Kandidaten keinen Sinn macht, ist davon auszugehen, dass sie tatsächlich § 11 Abs. 6 S. 3 meinen.) Der Sinn und Zweck von § 11 Abs. 2 S. 3 dürfte sich indessen darauf beschränken, bei WLL das Versteigerungsverfahren auszuschließen, vgl. BT-Drucks. 13/4938, S. 3. 3 Siehe Mitteilung 9/2001 über die Entscheidung der Präsidentenkammer v. 12.12. 2000 hierzu, ABl. RegTP 2001, S. 31. 4 Die Zahlen sind Summen der in zwei Runden ausgeschriebenen Versorgungsbereiche bzw. Zuteilungsmöglichkeiten, gebildet nach den Angaben in Mitteilungen 384/1999, ABl. RegTP 1999, S. 2622, und 9/2001, ABl. RegTP 2001, S. 31. Da manche Versorgungsbereiche/Zuteilungsmöglichkeiten in beiden Runden ausgeschrieben wurden (in der ersten Vergaberunde erfolgten für manche keine Bewerbung) ist die Gesamtzahl der vergebenen Frequenzen und Zuteilungsbereiche niedriger. 5 Die in der Regulierungspraxis verwendete Definition für Versorgungsbereich lautet: „Als Versorgungsbereich … wird der … Bereich verstanden, in dem sich alle Standorte der Zentralstationen und der Teilnehmerstationen befinden und der als geographisch fest umrissene Fläche beschrieben ist.“ (Ziffer 2.2 der Vfg. 123/1998, ABl. RegTP 1998, S. 2515). In Betracht kommen Kreise, Gemeinden, Städte oder Teile von Kommunen, siehe Ziffer 2.3 der Vfg. 123/1998. 6 Siehe Buchstabe C) der Vfg. 48/2000, ABl. RegTP 9/2000, S. 1667 (1668).
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Frequenzzuteilung
Rz. 269 D
te, illustriert, dass sich bei Ausschreibungsverfahren der Auswahlprozess lange hinziehen kann. Die nunmehr geltende gesetzliche Höchstfrist für solche Entscheidungen beträgt sechs Wochen plus 8 Monate, vgl. § 61 Abs. 8 TKG. In jener vorerst letzten Vergaberunde für WLL-Frequenzen wurden im Amtsblatt der Regulierungsbehörde vom 10.5.2000 die zur Vergabe anstehenden Frequenzen ausgeschrieben und Interessenten unter Fristsetzung auf den 21.6.2000, 15:00 Uhr, zu Bewerbungen aufgefordert. Voraussetzung für die Bewerbung gemäß § 11 Abs. 6 Nr. 1 TKG-1996 war, dass zeitgleich ein Lizenzantrag der Klasse 3 für die Versorgungsbereiche gestellt wurde, soweit ein Bewerber für den Versorgungsbereich nicht bereits im Besitz der Lizenz war. Dies Erfordernis hat sich nach neuem Recht erledigt. Bewerber, die sich zur Bewerbung zusammengeschlossen hatten, mussten zudem durch Anmeldung des Zusammenschluss beim Bundeskartellamt die kartellrechtliche Unbedenklichkeit des Zusammenschluss nachweisen. Wiederum war pro Versorgungsbereich je Bewerber nur eine Bewerbung zulässig.
267
Für Aufbau und Umfang der Bewerbungsunterlagen enthielt die Ausschreibung detaillierte Vorgaben. Die geforderten Angaben waren in drei Teile mit insgesamt sieben Unterabschnitten zu gliedern. Der erste Teil mit vier Unterabschnitten (Angaben zum Bewerber, Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Wettbewerbsaspekte) war nur einmal einzureichen, die Teile 2 (Versorgungsgrad und Vollversorgung, technische Planung) und 3 (geschäftliche Planung) hingegen für jede Vergabemöglichkeit, um welche sich beworben wurde, gesondert. Die Gesamtlänge der Bewerbungen war auf 60 Druckseiten je Versorgungsbereich begrenzt. Bewerbungen waren in fünffacher Ausfertigung einzureichen. Für die in dieser Vergaberunde ausgeschriebenen 162 Zuteilungsmöglichkeiten wurden 503 Bewerbungen von 14 Unternehmen eingereicht1.
268
Im Einzelnen waren in den sieben erwähnten Unterabschnitten konkret folgende Angaben gefragt:
269
–
Angaben zum Bewerber: Name, Geschäftssitz, Beteiligungsstruktur, gegebenenfalls Unbedenklichkeitsbescheinigung des Bundeskartellamts (nunmehr überholt: Nachweis, dass Lizenz der Klasse 3 beantragt bzw. erteilt ist).
–
Fachkunde: Angaben sowohl zu Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten im Bezug auf WLL wie auch auf andere Bereiche der Telekommunikation.
–
Leistungsfähigkeit: Schlüssige Darlegung, wie Fragen des Planungs- und Projektmanagements beantwortet und Ressourcenprobleme gelöst werden sollen.
_______________
1 Siehe Pressemitteilung der RegTP v. 20.12.2000, nach wie vor abrufbar auf der BNetzA-Website in der Rubrik „Presse, Archiv“.
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D Rz. 270
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Frequenzverwaltung
–
Versorgungsgrad und Vollversorgung: Angaben dazu, welche Anteile von Wohnbevölkerung und Beschäftigten im fraglichen Versorgungsbereich versorgt werden können, gestaffelt nach Startphase, Zwischenphase (nach 2 Jahren) sowie Endausbau. Beim erfolgreichen Bewerber werden diese Angaben Teil seiner Frequenzzuteilung und damit für ihn verpflichtend.
–
Technische Planung: Angaben zum Planungskonzept, zu den daraus hergeleiteten Ergebnissen der Funknetzplanung und zum beabsichtigten Diensteangebot.
–
Geschäftliche Planung: Marktanalyse, Angaben zur Marketingstrategie sowie Investitions- und Finanzierungsplanung mindestens für 5 Jahre, jedenfalls bis zum erwarteten Break-Even-Point, falls dieser später liegen sollte. Dabei musste auch die Finanzierung der beabsichtigten Investitionen offen gelegt und nachgewiesen werden, wozu Finanzierungszusagen beizubringen waren.
–
Wettbewerbsaspekte: Offenlegung etwaiger wettbewerbsschädlicher Aspekte beim Bewerber, wie Beteiligung von Herstellern von WLLSystemtechnik an ihm.
Nach Auswertung der Bewerbungen wurde den in den einzelnen Versorgungsbereichen erfolgreichen Bewerbern von der Regulierungsbehörde der Zuschlag für die Frequenzen erteilt. Die erfolgreichen Bewerber erhielten sodann eine Frequenzzuteilung, deren Inhalt aus dem den Ausschreibungsunterlagen beiliegenden Muster ersichtlich war1. Von den 14 Bewerbern gingen 8 ganz leer aus, während einer Bewerberin 132 von 162 vergebenen Frequenzen zugeteilt wurden2. 3.3.9.2 Auswahlkriterien: Festlegung und Gewichtung
271
Hinsichtlich der Kriterien, anhand deren die Bewerbungsunterlagen ausgewertet werden sollen enthält zunächst § 61 Abs. 6 S. 2 TKG eine Aufzählung. Genannt werden Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Eignung der vorzulegenden Planungen für die Erbringung der ausgeschriebenen Telekommunikationsdienstleistungen und schließlich Wettbewerbsförderung. Zudem verlangt § 61 Abs. 6 S. 3 TKG die bevorzugte Berücksichtigung von Bewerbern mit höherem räumlichem Versorgungsgrad. Daneben gibt § 61 Abs. 6 S. 1 TKG der Behörde die Möglichkeit, Kriterien für die Bewertung der Eignung der Bewerber festzulegen. Da nicht ersichtlich ist, welche neben den von § 61 Abs. 6 S. 2 und 3 TKG genannten Kriterien noch für die _______________
1 Siehe Anlage 4 zur Vfg. 48/2000, ABl. RegTP 9/2000, S. 1667 (1682). 2 Siehe erneut die Pressemitteilung der RegTP v. 20.12.2000. Auffallend ist, dass in der ersten Vergaberunde die Verteilung sehr viel gleichmäßiger war, ohne dass ersichtlich ist, woran das lag, vgl. Pressemitteilung der RegTP v. 25.8.1999, nach wie vor abrufbar auf der BNetzA-Website in der Rubrik „Presse, Archiv“.
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Rz. 274 D
Frequenzzuteilung
Auswahl relevant sein sollten, muss man dies dahin gehend verstehen, dass es dabei um die nähere Konkretisierung dieser Kriterien geht. Diese Konkretisierung ergibt sich aus den Angaben, welche die Behörde in der Ausschreibung von Bewerbungen erwartet. Bei den WLL-Ausschreibungsverfahren wurden die Angaben und von Bewerbern beigebrachten Unterlagen in einem linearen additiven Punktesystem für jeden einzelnen in den Ausschreibungsunterlagen geforderten Themenkomplex auf einer Skala von 0 bis 10 Punkten bewertet. Die Zwischenergebnisse für die Unterabschnitte werden dann entsprechend der Gewichtung der Abschnitte summiert und ein Gesamtergebnis berechnet1. Gewichtet wurden die einzelnen Auswahlkriterien dabei wie folgt2: – – – – –
Fachkunde: Leistungsfähigkeit: Versorgungsgrad und Vollversorgung: Technische Planung: Geschäftliche Planung:
272
10 % 10 % 15 % 25 % 40 %
Die Angaben der Bewerber zu Wettbewerbsaspekten wurden nicht eigenständig gewichtet, sondern es wäre vom Gesamtergebnis ein Punktabzug vorgenommen worden, wenn sich bei einem Bewerber negative Wettbewerbsauswirkungen ergeben hätten. Zu einem Punktabzug kam es jedoch nicht3. Das geschilderte Vorgehen entspricht dem bei der Auswertung der ersten WLL-Vergaberunde4.
273
Gegen die Berücksichtigung der Wettbewerbsaspekte lediglich als Negativkriterium ist eingewendet worden, dass sie mit der Vorgabe von § 61 Abs. 6 S. 2 TKG, welcher die Förderung des Wettbewerbs als Auswahlkriterium erwähnt, nicht vereinbar sei5. Indessen ist schwerlich zu sehen, wie Wettbewerbsaspekte positiv berücksichtigt werden können, wenn die Zahl der potentiellen Marktteilnehmer aufgrund der zur Verfügung stehenden Vergabemöglichkeiten schon feststeht. Der Vorschlag, hier einem „Duopol zwischen den Bewerbern mit den besten Bewertungskriterien“ gegenzusteuern6, überzeugt letztlich nicht, da dies darauf hinausliefe, in einzelnen Versorgungsbereichen (nebenbei: welchen?) bewusst weniger geeignete Bewerber auszuwählen. Daher verdient die Praxis in diesem Punkt Zustimmung.
274
_______________
1 Die Einzelheiten der Berechnungsmethodik ergeben sich aus den Ziffern 3.1 bis 3.3 der Mitteilung 9/2001, ABl. RegTP 1/2001, S. 31 (42). 2 Siehe Ziffer 2.2 der Mitteilung 9/2001, ABl. RegTP 1/2001, S. 31 (41). 3 Siehe Ziffer 2.3.6 Mitteilung 9/2001, ABl. RegTP 1/2001, S. 31 (42). 4 Siehe Mitteilung 384/1999, ABl. RegTP 16/1999, S. 2622. 5 Schuster/Müller, MMR 2000, 26 (31). 6 So Schuster/Müller, MMR 2000, 26 (32).
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D Rz. 275
Frequenzverwaltung
275
Im Übrigen wird man der BNetzA aufgrund des prognostischen Charakters der Auswahlentscheidung bei der Gewichtung der Bewertungskriterien grundsätzlich einen Beurteilungsspielraum zuzubilligen haben1. Zwar werden die Auswahlkriterien in § 61 Abs. 6 S. 2 TKG gleichberechtigt nebeneinander genannt, doch erscheint es in einem Auswahlprozess sachgerecht, die Kriterien, bei denen sich erfahrungsgemäß die qualitativen Unterschiede der Bewerber besonders deutlich zeigen auch besonders stark zu gewichten2. Dafür spricht auch, dass zwischen Fachkunde und technischer Planung und mit Einschränkungen auch zwischen Leistungsfähigkeit und geschäftlicher Planung ein Zusammenhang besteht.
276
Dennoch erscheint es bedenklich, wenn bei der geschäftlichen Planung ein Gewicht von 40 % eingeräumt wird. Zu den vorzulegenden Unterlagen gehörte beispielsweise ein Geschäftsplan über fünf Jahre. Wenn man bedenkt, dass zur Zeit der letzten Ausschreibung die vollständige Liberalisierung des deutschen Telekommunikationsmarkts noch keine fünf Jahre zurücklag, fragt man sich, auf welcher Erfahrungsbasis solche Geschäftspläne beruhen sollten und auf welcher die Regulierungsbehörde sie bewerten konnte3. In den Veröffentlichungen der Zuschlagsentscheidungen sagt die Behörde leider nicht, woran sie eine besonders gute geschäftliche Planung erkannt haben will. Dies provoziert den Verdacht, dass geschönte Zahlen zum Erfolg geführt haben könnten4. Außerdem stellt dies die von § 61 Abs. 6 S. 4 TKG geforderte Nachvollziehbarkeit der Entscheidung in Frage5. Auch die Vereinbarkeit mit Art. 7 Abs. 3 der Genehmigungs-Richtlinie 2002/20/EG, die insoweit Transparenz verlangt, ist zweifelhaft. Noch stärker zu kritisieren sind in dieser Hinsicht die Vergabeentscheidung zu DVB-T6, welche nicht einmal die Gewichtung der Kriterien offen legen.
277
Die noch im Halbjahr nach dem Zuschlag eingetretene Insolvenz der Bewerberin Callino GmbH, die 80 % der vergebenen Frequenzen gewonnen hatte, und deren geschäftliche Planung demzufolge nach Ansicht der Regulierungsbehörde gut gewesen sein muss, legt nahe, dass hier offenbar die Gewichtung und/oder die Bewertung nicht stimmte. Diese Entwicklung legt _______________
1 So auch Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 11 Rz. 18; Beck TKG-Komm/Geppert, § 11 Rz. 30. 2 So auch die Begründung der RegTP für ihr Vorgehen, siehe Ziffer 2.3 der Mitteilung 9/2001, ABl. RegTP 1/2001, S. 31 (41 f.). Anderer Ansicht allerdings Schuster/ Müller, MMR 2000, 26 (32) unter Bezugnahme auf den Wortlaut von § 11 Abs. 6 S. 3. Dieser Schluss ist jedoch nicht zwingend. 3 So auch Schuster/Müller, MMR 2000, 26 (31). 4 In diesem Sinne Schuster/Müller, MMR 2000, 26 (31). 5 Auch die den Bewerbern zugestellten Zuschlags- bzw. Ablehnungsbescheide verraten insoweit nicht mehr als die Mitteilungen der RegTP. 6 Präsidentenkammerentscheidungen v. 24.9.2004, Mitteilung Nr. 336/2004, ABl. RegTP 21/2004, S. 1508 sowie v. 16.5.2006, Mitteilung Nr. 195/2006. ABl. BNetzA 11/2006, S. 1669.
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Frequenzzuteilung
Rz. 279 D
nahe, bei zukünftigen Ausschreibungsverfahren die Gewichtung von Geschäftsplänen zugunsten des Kriteriums Leistungsfähigkeit abzuschwächen. Ein weiteres Problem bei der Handhabung der Auswahlkriterien ist die Berücksichtigung des Versorgungsgrads. Nach der Normstruktur von § 61 Abs. 6 S. 2 und 3 TKG soll der Versorgungsgrad anscheinend kein Bewertungskriterium sein, sondern dann den Ausschlag geben, wenn nach Auswertung der von S. 2 genannten Kriterien zwei Bewerber gleichauf liegen1. Indessen kann die Zusage eines höheren Versorgungsgrades sich für einen Bewerber an anderer Stelle nachteilig auswirken, weil er dann entweder zur Finanzierung weniger rentabler Gebiete insgesamt teurer sein oder aber bei der technischen Qualität (Bandbreite, Bitfehlerrate) Zugeständnisse machen muss. Weiterhin erweist sich die Durchsetzung von Zusagen zum Versorgungsbereich als problematisch. Diese Zusagen werden zwar in die Frequenzzuteilung als Auflage aufgenommen und damit rechtlich verbindlich. Wenn sich aber nach mehreren Jahren erweist, dass ein Zuteilungsinhaber sie nicht vollständig erfüllt, steht die Behörde vor dem Problem der Durchsetzung. Auflagen werden im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt. § 126 Abs. 5 TKG ermöglicht nunmehr empfindliche Zwangsgelder, aber die Beitreibung ist spätestens bei insolventen Frequenzinhabern problematisch. Daneben berechtigt hartnäckige Nichteinhaltung von Versorgungsauflagen zum Widerruf der Frequenzzuteilung nach § 63 Abs. 2 Nr. 2 TKG. Auch die Ermessensausübung über einen Widerruf, bei der auch die Interessen der angeschlossenen Kunden des Zuteilungsinhabers zu berücksichtigen wären, ist nicht einfach.
278
Vorstehende Ausführungen zeigen, dass sich die BNetzA bei der Handhabung dieses Auswahlkriteriums in einem Zielkonflikt befindet. Aufgrund des prognostischen Charakters der Auswahl und des Befundes, dass es keine zwingend richtige Lösung dieses Problems gibt, wird man der Behörde auch hier einen Beurteilungsspielraum zubilligen müssen2. In der Praxis wurden die nutzerbezogenen Versorgungszusagen der Bewerber wie erwähnt mit 15 % gewichtet und sodann bei gleichrangigen Bewerbern dem mit dem höheren räumlichen Versorgungsgrad der Vorrang eingeräumt. Dabei wurde aber nicht auf die Versorgungszusage für den jeweils fraglichen Versorgungsbereich abgestellt, sondern die Anzahl der Versorgungsbereiche, in denen der Bewerber insgesamt erfolgreich sein würde3. Diese Handhabung führte dazu, dass Bewerber, die sich im Sinne eines „Cherry Picking“ nur in den besonders attraktiven Regionen bewarben, bei sonst gegebenem Gleich-
279
_______________
1 So Schuster/Müller, MMR 2000, 26 (32). 2 Anderer Ansicht Schuster/Müller, MMR 2000, 26 (32), welche die Praxis der RegTP in diesem Punkt für rechtswidrig halten. 3 Siehe Ziffer 3.5 der Mitteilungen 384/1999, ABl. RegTP 16/1999, S. 2622 (2653) und 9/2001, ABl. RegTP 1/2001, S. 31 (43).
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D Rz. 280
Frequenzverwaltung
stand benachteiligt waren1. Das erscheint als sachgerecht, weil die Bereitschaft, sich in vielen und auch weniger attraktiven Versorgungsbereichen zu engagieren, ein Indiz für Leistungsfähigkeit ist und zudem dem Regulierungsziel der Förderung von Wettbewerb auch in der Fläche entspricht. Zugleich zeigt dies, dass im Ergebnis das Kriterium Versorgungsgrad auf zweierlei Art angewendet wird, nämlich einmal nach Nutzerzahl im jeweiligen Versorgungsbereich als Bewertungskriterium (siehe Rz. 269 zu den geforderten Angaben) und einmal räumlich verstanden als Auswahlkriterium bei Gleichstand. 280
Allerdings erhält der Versorgungsgrad in seinen beiden Ausprägungen durch die geschilderte Handhabung ein beträchtliches Gewicht in der Auswahl. Insbesondere in Fällen, in denen dies sich in der Auswahlentscheidung zugunsten eines Bewerbers auswirkt, spricht dies dafür, bei der Durchsetzung der Versorgungszusagen in Frequenzzuteilungen eine konsequente Linie zu fahren.
281
Bei der Auswertung der Bewerbungsunterlagen kann es aufgrund des Punktrasters und der vorzunehmenden Rundungen vorkommen, dass Differenzen in der Punktzahl nicht auf Qualitätsunterschieden der Bewerber, sondern auf mathematischen Unschärfen beruhen. Die Behörde hat sich hierzu wissenschaftlich beraten lassen und im Ergebnis in den WLL-Vergabeverfahren alle Bewerber, deren Punktzahlen in einem Ergebniskorridor lagen, als gleichrangig bewertet. Der Korridor wurde jeweils so gewählt, dass alle darin liegenden Ergebnisse mit mindestens 50 % Wahrscheinlichkeit nicht auf unterschiedlicher Eignung, sondern auf den erwähnten mathematischen Gegebenheiten beruhten2.
282
Anzusprechen ist noch ein letzter, problematischer Punkt der Regulierungspraxis. Die Gewichtung und Handhabung der Auswahlkriterien wird zwar anscheinend schon vor Ende der Bewerbungsfristen festgelegt3. Bekannt gegeben wird dies den Bewerbern und der Öffentlichkeit nicht vor Ergehen der Zuschlagentscheidung. Bei der zweiten Vergaberunde 2000 war mit der geschilderten Gewichtung zwar aufgrund der Praxis in der ersten Runde zu rechnen. Sicher war dies indessen nicht, und in der ersten Runde gab es keine konkreten Anhaltspunkte für die Gewichtung. Von daher hatten die Bewerber, die zufällig in ihren Bewerbungen einen besonderen Schwerpunkt auf die schwer gewichteten Kriterien legten, einen sachlich nicht zu rechtfertigenden Vorteil. Daneben ist die Vereinbarkeit mit den oben Rz. 276 erwähnten Transparenzerfordernissen zweifelhaft. Alles in allem bestehen gegen diese Praxis erhebliche Bedenken. Diese gelten in _______________
1 Das übersehen Schuster/Müller, MMR 2000, 26 (33), welche die Praxis gerade wegen angeblicher Bevorzugung von ‚Cherrypickern’ kritisieren. 2 Siehe für die Einzelheiten Ziffer 3.4 der Mitteilung 9/2001, ABl. RegTP 1/2001, S. 31 (43). 3 So jedenfalls Ziffer 3.2 der Mitteilung 9/2001, ABl. RegTP 1/2001, S. 31 (43).
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Frequenzzuteilung
Rz. 286 D
noch stärkerem Maße für die Praxis in der Zuschlagsentscheidung zu DVB-T, welche nicht einmal in der Entscheidung die Gewichtung der Entscheidungskriterien offen legt. 3.3.9.3 Losentscheidung Ausgehend von der Einsicht, dass die menschlichen Prognose- und Erkenntnisfähigkeiten Grenzen haben, sieht das TKG in § 61 Abs. 6 S. 1 eine Regelung für den Fall vor, dass auch nach Anwendung aller Entscheidungskriterien mehrere Bewerber gleichauf liegen. Dann soll das Los entscheiden. Diese Möglichkeit darf aber nicht zu einer Flucht aus der Entscheidungsverantwortung genutzt werden1. Soweit bekannt ist es allerdings in der deutschen Regulierungspraxis bisher nicht zu solchen Entscheidungen gekommen2. Dies steht in deutlichem Gegensatz zur Praxis in den USA, wo Frequenzlotterien in den 80er Jahren eine erhebliche Bedeutung erlangten, die sie inzwischen aber an die Versteigerungsverfahren verloren haben3.
283
3.4 Rechtsnachfolge und Frequenzhandel Unter Geltung des TKG-1996 war die Einzelrechtsnachfolge bei Frequenzzuteilungen ausgeschlossen und auch die Gesamtrechtsnachfolge nur eingeschränkt möglich. Dies beruhte auf einer Sicht der Zuteilung als personengebundener Erlaubnis, führte aber in der Praxis zu Friktionen, zum einen weil Lizenzen, mit denen Frequenzzuteilungen teils verbunden waren, anders als diese übertragen werden konnten (§ 9 Abs. 1 TKG-1996), zum anderen, weil es in der unternehmerischen Praxis durchaus Fälle gab, in denen ein Bedürfnis nach einer Rechtsnachfolge bestand, das auch frequenzrechtlich schwerlich ignoriert werden konnte4.
284
Angestoßen durch Vorgaben aus dem EU-Richtlinienpaket5 hat sich der Wind im TKG-2004 um 180 Grad gedreht. Nicht nur können Frequenzzuteilungen nunmehr in Einzelrechtsnachfolge übertragen werden (§ 55 Abs. 7 TKG), es ist weitergehend sogar in § 62 TKG die Möglichkeit eines Frequenzhandels vorgesehen.
285
Aus den §§ 55 Abs. 6 und 7 sowie 62 TKG ergibt sich ein abgestuftes System zur Bewältigung personeller Veränderungen bei Inhabern von Fre-
286
_______________
1 So auch Dorn, ArchPT 1992, 56. Nebenbei: Die Veröffentlichung dieses Beitrags mehrere Jahre vor den ersten Entwürfen zum TKG und ohne ersichtlichen Anlass wirkt geradezu prophetisch. 2 Siehe für WLL Ziffer 3.5 der Mitteilungen 9/2001, ABl. RegTP 1/2001, S. 31 (43) sowie 384/1999, ABl. RegTP 16/1999, S. 2622 (2654). 3 Siehe dazu Grünwald, Analoger Switch-Off, S. 157–159 (166). 4 Siehe zum ganzen Teil 2, Rz. 354 ff. der ersten Auflage dieses Handbuchs. 5 Konkret: Art. 9 Abs. 3 und 4 der Rahmenrichtlinie 2002/21/EG, ABl. EG Nr. L 108, S. 33.
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D Rz. 287
Frequenzverwaltung
quenzzuteilungen: Geringfügige Veränderungen sind anzuzeigen, Fälle der Rechtsnachfolge bedürfen einer Genehmigung in Form der Änderung der Frequenzzuteilung, während der noch weitergehende Frequenzhandel erst nach einer entsprechenden Eröffnung des Markts durch den Regulierer stattfinden kann. 3.4.1 Anzeigepflichtige Sachverhalte 287
Anzuzeigen sind gemäß § 55 Abs. 6 TKG folgende Veränderungen beim Inhaber einer Frequenzzuteilung: Namensänderungen, Änderungen der Anschrift, Änderung der Beteiligungsverhältnisse sowie sogenannte identitätswahrende Umwandlungen. Erläuterungsbedarf besteht nur zu den letzten zwei Fällen. 3.4.1.1 Änderung der Eigentumsverhältnisse
288
Die Anzeigepflicht soll der BNetzA die Informationen für einen Widerruf nach § 63 Abs. 1 Nr. 4 TKG wegen durch die Änderung ausgelösten Wettbewerbsverzerrungen verschaffen. Es geht also um eine frequenzrechtliche Fusionskontrolle. Daraus ergeben sich zwei Konsequenzen für die Auslegung der Norm.
289
Zunächst sind auch Änderungen der indirekten Beteiligungsverhältnisse anzeigepflichtig, da sonst Umgehungsversuchen Tür und Tor geöffnet wären.
290
Weiter sind nur solche Vorgänge einer Anzeigepflicht zu unterwerfen, die für die Aufsichtstätigkeit der BNetzA Relevanz haben. Bei börsennotierten Unternehmen ändern sich die Beteiligungsverhältnisse permanent, ohne dass dies für die Aufsichtstätigkeit der Behörden in irgendeiner Form relevant wäre. Es geht mithin darum, Veränderungen im Bagatellbereich aus der Anzeigepflicht auszunehmen. Mit Blick auf den oben geschilderten Zweck drängt sich die Parallele zu den kartellrechtlichen Zusammenschlusstatbeständen auf. Auch die BNetzA stellt bei der Prüfung, ob in Vergabeverfahren unzulässige Doppelbewerbungen vorliegen, auf diese Tatbestände ab (siehe oben Rz. 257). Nach § 37 GWB liegt ein Zusammenschluss insbesondere vor, bei –
Erwerb des Vermögens eines anderen Unternehmens ganz oder zu einem wesentlichen Teil;
–
Erwerb der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle durch ein oder mehrere Unternehmen über die Gesamtheit oder Teile eines oder mehrerer anderer Unternehmen;
–
Erwerb von Anteilen an einem anderen Unternehmen, wenn die Anteile allein oder zusammen mit sonstigen, dem Unternehmen bereits gehörenden Anteilen 50 % oder 25 % des Kapitals oder der Stimmrechte des anderen Unternehmens erreichen.
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Frequenzzuteilung
Rz. 293 D
Umgekehrt sollten Veränderungen, die keinen Zusammenschlusstatbestand nach dem Kartellrecht darstellen, auch für die Frequenzzuteilung ohne Belang sein1. Ob allerdings die Widerrufsmöglichkeit nach § 63 Abs. 2 Nr. 4 TKG wirklich nötig ist, erscheint doch zweifelhaft. Man kann sich nicht recht vorstellen, dass ein der Zusammenschlusskontrolle unterliegender Vorgang diese Hürde ohne Auflagen zur Vermeidung einer wettbewerbsverzerrenden Frequenzakkumulation nimmt. Auch wenn der Maßstab des TKG („Wettbewerbsverzerrungen nicht zu besorgen“) strenger als der des Kartellrechts („marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt“) ist, sind nicht viele Anwendungsfälle zu erwarten.
291
3.4.1.2 Identitätswahrende Umwandlungen Hierunter versteht die Verwaltungspraxis nur solche Umwandlungen, bei denen der umgewandelte Rechtsträger erhalten bleibt. Das sind Formwechsel sowie Verschmelzungen für den übernehmenden Rechtsträger, aber nur hinsichtlich der ihm vorher zugeteilten Frequenzen. Keine identitätswahrenden Umwandlungen sind demgegenüber Verschmelzungen für den übertragenden Rechtsträger und die ihm zugeteilten Frequenzen sowie Spaltungen für den abgespaltenen Rechtsträger und gegebenenfalls von diesem zu nutzenden Frequenzen. Für diese zuletzt genannten Fälle gilt § 55 Abs. 7 TKG, der eine Änderung der Frequenzzuteilung erfordert und ermöglicht (dazu sogleich)2.
292
3.4.2 Übertragung von Frequenzzuteilungen § 55 Abs. 7 TKG ermöglicht nunmehr eine Einzel- und Gesamtrechtsnachfolge bei Frequenzzuteilungen, die allerdings von einer Genehmigung durch die BNetzA abhängig ist. Die Genehmigung erfolgt in Form der Änderung der Frequenzzuteilung. Die genehmigungspflichtigen Vorgänge nach § 55 Abs. 7 TKG sind: –
Frequenznutzungsrechte sollen durch Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge übergehen (§ 55 Abs. 7 Nr. 1 TKG);
–
Frequenzen sollen auf ein verbundenes Unternehmen (§ 15 AktG) übertragen werden (§ 55 Abs. 7 Nr. 2 TKG);
–
Frequenzen sollen von einer natürlichen Person auf ein Unternehmen, an dem diese beteiligt ist, übertragen werden (§ 55 Abs. 7 Nr. 3 TKG);
–
ein Erbe will Frequenzen weiter nutzen (§ 55 Abs. 7 Nr. 4 TKG).
_______________
1 Für einen strengeren Maßstab mit einer Schwelle bei 10 % der Geschäftsanteile plädiert allerdings Beck TKG-Komm/Göddel, § 55, Rz. 26 unter Verweis auf die Parallelvorschrift in § 7 Abs. 3 PostG. 2 Siehe zum Ganzen auf gleicher Linie auch Beck TKG-Komm/Göddel, § 55, Rz. 27 und 30.
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293
D Rz. 294
Frequenzverwaltung
294
Die Auflistung der Fälle 2 bis 4 im Gesetz ist im Grunde genommen überflüssig, da es sich bei ihnen um Fälle der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge handelt, die schon von § 55 Abs. 7 Nr. 1 TKG erfasst sind. Gesamtrechtsnachfolge meint alle Arten der gesellschaftsrechtlichen Umwandlungen, die nicht „identitätswahrend“ (siehe oben) sind sowie daneben den Erbfall. Einzelrechtsnachfolge ergibt sich typischerweise bei einer Abtretung von Frequenzzuteilungen nach oder entsprechend § 398 BGB, entweder im Rahmen einer Übertragung nur des Frequenznutzungsrechts oder auch bei Unternehmensverkäufen in der Form des so genannten „Asset Deals“1.
295
Das neue TKG erlaubt mithin jegliche Art von Rechtsnachfolge bei Frequenzzuteilungen, insbesondere auch die entgeltliche Abtretung2. Dafür sprechen eine ganze Reihe von Erwägungen: Zunächst einmal erlaubt die Formulierung des Gesetzes alle Arten von Einzel- und Gesamtrechtsnachfolge, ohne insoweit eine Beschränkung auf die in § 55 Abs. 7 Ziffer 2 bis 4 TKG genannten Fälle vorzunehmen. Weiter äußert sich das Gesetz nicht zu den möglichen Motiven für die Rechtsnachfolge und macht also die „Lauterkeit“ dieser Motive nicht zum Erlaubniskriterium. Damit billigt es zugleich implizit alle generell von der Rechtsordnung erlaubten Motive einer Rechtsnachfolge, insbesondere also auch einen Handel.
296
Zudem wäre eine Beschränkung auf beispielsweise konzerninterne Umstrukturierungen mit dem Ziel, einen Handel zu unterbinden, praktisch kaum durchzusetzen. Frequenzzuteilungen im Rahmen einer Spaltung oder Ausgliederung zunächst auf einen eigenen Rechtsträger oder ein Tochterunternehmen zu übertragen3 und diesen anschließend mit den Frequenzzuteilungen zu verkaufen4 ist für fachlich versierte Anwälte kein Kunststück5. Ferner sind die nach § 62 TKG vorzusehenden Mechanismen für einen Frequenzhandel (insbesondere Ermittlung des Interesses, Festlegung _______________
1 Zur Abtretung wie hier Beck TKG-Komm/Göddel, § 55, Rz. 29. Anderer Ansicht Helbing, K&R 2006, 505 (508), der auf den ähnlichen Fall des § 62 TKG verweist und meint, ein Grund für eine abweichende Behandlung der Frequenzübertragung nach § 55 Abs. 7 TKG sei nicht ersichtlich. Nach ihm ist die ursprüngliche Zuteilung zurückzugeben und eine neue zu erteilen. Der Grund für den Unterschied zum Frequenzhandel dürfte indessen sein, dass im Rahmen des Handels sich die Frequenznutzung ändern kann, siehe unten Rz. 301. 2 So auch Heun, CR 2004, 893 (898); Beck TKG-Komm/Göddel, § 55, Rz. 29. Anderer Ansicht allerdings Berl.KommTKG/Wegmann, § 55 Rz. 43 f., der Abtretungen mit Erlöserzielungsabsicht per se für Frequenzhandel im Sinne des § 62 hält, weil § 62 sonst unterlaufen werden könnte. Das ist meines Erachtens unzutreffend, dazu sogleich. 3 Fälle des § 55 Abs. 7 Nr. 1 (Gesamtrechtsnachfolge) oder Nr. 2 (verbundenes Unternehmen iSd § 15 AktG). 4 Rechtsfolge des Verkaufs wäre lediglich eine Anzeigepflicht nach § 55 Abs. 6. 5 Größtes praktisches Problem einer solchen Umgehungsaktion wäre wohl die Außendarstellung, die das eigentliche geschäftliche Ziel der Transaktion nicht verraten dürfte und trotzdem den kapitalmarktrechtlichen Veröffentlichungspflichten genügen müsste.
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Frequenzzuteilung
Rz. 299 D
von Rahmenbedingungen, Aufhebung und Neuerlass von Frequenzzuteilungen statt simpler Änderung des Berechtigten) für die Behandlung schlichter Abtretungen von Frequenzzuteilungen unangemessen aufwendig. Schließlich: Die wenigsten Fälle der Rechtsnachfolge bei kommerziell nutzbaren Frequenzen sind karitativ motiviert, dazu sind solche Frequenzzuteilungen zu wertvoll. Auch die BNetzA hat inzwischen zu erkennen gegeben, dass sie die Übertragung von Frequenzzuteilungen im Rahmen kommerzieller Transaktionen für zulässig erachtet1. Nach Ansicht der Behörde ist dabei auch eine teilweise Übertragung der Zuteilung möglich2. Dies führt zur Frage, was den Frequenzhandel im Sinne von § 62 TKG von der entgeltlichen Abtretung von Frequenzzuteilungen nach § 55 Abs. 7 TKG unterscheidet. Die unten näher zu erläuternde Antwort lautet: Handelsgut des Frequenzhandels sind nicht Frequenzzuteilungen, sondern Frequenznutzungsrechte.
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Auf die Genehmigung der Rechtsnachfolge besteht ein Rechtsanspruch, wenn die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Diese sind die hinreichende persönliche Qualifikation des Erwerbers (Verweis auf § 55 Abs. 4 TKG), dass eine Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen nicht zu besorgen ist und die Effizienz und Störungsfreiheit der Frequenznutzung weiter gesichert sind. Zwischen Antragstellung und Entscheidung darf die Frequenz einstweilen weiter genutzt werden, § 55 Abs. 7 S. 2 TKG. Zur Nutzung berechtigt kann dabei neben dem Veräußerer, der die Frequenz aufgrund der ursprünglichen Zuteilung ohnehin nutzen darf, je nach Ausgestaltung des Übertragungsvorgangs (d. h. Abtretung entweder bedingt durch Zustimmung der Behörde oder sofort wirksam) auch der Erwerber sein3.
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Zum Thema Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen gilt das oben Rz. 291 gesagte prinzipiell entsprechend, wobei hier schon eher Fälle denkbar sind, die durch die kartellrechtliche Fusionskontrolle schlüpfen. Bei der Übertragung von Frequenznutzungsrechten ist allerdings auch europarechtlich vorgegeben, dass Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden müssen4. Dies prüft die Behörde im Rahmen ihrer Zustimmungsentscheidung, wobei sich diese Frage in der Regel nur stellen dürfte, wenn die Frequenzen in Vergabeverfahren vergeben wurden und keine weiteren Zuteilungsmöglichkeiten bestehen5. Auffallend ist ein Umsetzungsdefizit: Nach Art. 9 Abs. 4 der Rahmenrichtlinie wären Frequenzübertragungen veröffentlichungspflichtig. Eine Veröffentlichung ist jedoch in § 55 Abs. 7 TKG nicht vorgesehen. Vermutlich handelt es sich um ein gesetzgeberisches Versehen,
299
_______________
1 Siehe die Mitteilung Nr. 152/2005, ABl. RegTP 12/2005, S. 1021. 2 Siehe Ziffer I. 1. a. der Mitteilung Nr. 152/2005, ABl. RegTP 12/2005, S. 1021. 3 Siehe zum Letzteren Ziffer I. 1. d. der Mitteilung Nr. 152/2005, ABl. RegTP 12/2005, S. 1021 (1022). 4 Art. 9 Abs. 4 der Rahmenrichtlinie 2002/21/EG. 5 Siehe Ziffer I. 1. e. der Mitteilung Nr. 152/2005, ABl. RegTP 12/2005, S. 1021.
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D Rz. 299a
Frequenzverwaltung
denn die Gesetzesbegründung verweist zu § 55 Abs. 7 TKG nicht auf Art. 9 Abs. 4 der Richtlinie. 3.4.3 Frequenzüberlassung 299a
In der bereits erwähnten Amtsblattsmitteilung zur Frequenzübertragung und, daran anknüpfend, den Vergabebedingungen für BWA-Frequenzen bringt die BNetzA eine weitere Gestaltungsmöglichkeit für die Ausnutzung Frequenzzuteilungen eines Dritten ins Spiel, die zeitweilige Frequenzüberlassung1. Die Frequenzüberlassung wird dabei dahingehend verstanden, dass Frequenzen eines Zuteilungsinhabers tatsächlich durch Dritte genutzt würden. Der Zuteilungsinhaber bleibe aber rechtlich gegenüber der Behörde weiter für die ordnungsgemäße Nutzung verantwortlich und müsse sich dazu in der vertraglichen Ausgestaltung mit dem tatsächlichen Nutzer Weisungsrechte vorbehalten, die ihm seine Funktionsherrschaft sicherten. Die Behörde behält sich zudem aus wettbewerblichen Erwägungen die Zustimmung zu Frequenzüberlassungen vor.
299b
Praktisch relevant werden Frequenzüberlassungen voraussichtlich bei BWA werden. Die Versorgungsauflagen dort sind anspruchsvoll. Die BNetzA sieht Frequenzüberlassungen dabei als eine Möglichkeit, diese Auflagen zu erfüllen. Wenn also einer der erfolgreichen Bieter für BWA an manchen Orten seiner Zuteilungsregionen kein Interesse hat, selbst eine Funkversorgung zu errichten, kann er die Frequenzzuteilung dort einem Dritten überlassen, der dies auf eigene Rechnung übernimmt. Die so erzielte Versorgung wird dem Zuteilungsnehmer zugerechnet und hilft ihm dabei, seine Versorgungsauflage zu erfüllen2.
299c
Diese Möglichkeit ist begrüßenswert. Gleichwohl bleibt unklar, woher das von der BNetzA reklamierte Zustimmungsbedürfnis resultieren soll. Der Umstand, dass der Zuteilungsnehmer die Funktionsherrschaft über die Frequenznutzung behalten soll, passt hierzu nicht. Denn nach hiesiger Ansicht ist die Funktionsherrschaft über eine Frequenznutzung der Umstand, der das Erfordernis der behördlichen Erlaubnis in Form der Frequenzzuteilung auslöst (siehe oben Rz. 102). Wer Funktionsherrschaft hat braucht eine Frequenzzuteilung, sonst aber niemand. Insbesondere benötigt auch der Überlassungsnehmer keine eigene Frequenz(unter)zuteilung, weil die Funktionsherrschaft beim Überlasser verbleiben soll3. Die Behörde stellt selbst auf dieses Kriterium ab, was nahe legt, dass sie diese Sicht teilt. Funktionsherrschaft setzt nach gängiger Sichtweise nicht voraus, dass der Inhaber der Fre_______________
1 Siehe Ziffer I. 2. der Mitteilung Nr. 152/2005, ABl. RegTP 12/2005, S. 1021 (1023) sowie die Präsidentenkammerentscheidung zu BWA, Vfg. 24/2006, ABl. BNetzA 20/2006, S. 3051 (3108). 2 Siehe die Begründung der Vfg. 42/2006, ABl. BNetzA 20/2006, S. 3051 (3108). 3 Anders offenbar Helbing, K&R 2006, 505 (510), der meint, sowohl der Überlasser als auch der Überlassungsnehmer bräuchten eine Frequenzzuteilung.
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Frequenzzuteilung
Rz. 299f D
quenzzuteilung Eigentümer der Sendeanlagen ist1. Ferner steht der Funktionsherrschaft nicht entgegen, dass Arbeitnehmer oder auch externe Dienstleister im Rahmen vertraglicher Beziehungen für den Zuteilungsnehmer handeln. Seine Funktionsherrschaft folgt hier aus den vertraglichen Weisungsrechten im Rahmen des Arbeitsverhältnis bzw. der Dienstverträge, die allerdings auch entsprechend ausgestaltet sein müssen. Daraus folgt: Es ist kein Novum, dass ein anderer als der Zuteilungsnehmer tatsächlich die Sendeanlagen für diesen betreibt, im Gegenteil, es ist gängige Praxis. Bisher waren solche Gestaltungen aber nie von Zustimmungen des Regulierers abhängig. Das führt zur Frage, wodurch sich die Frequenzüberlassung von diesen Fällen unterscheidet und ob diese Unterschiede ein Zustimmungserfordernis begründen können. Wenn man den im Zusammenhang mit BWA beschriebenen Fall betrachtet, ergeben sich folgende Unterschiede zu Arbeitnehmern oder Dienstleistern: Die Überlassungsnehmer sollen offenbar selbst Kundenbeziehungen unterhalten. Sie sollen das wirtschaftliche Risiko des Aufbaus und Betriebs der örtlichen Funkversorgung übernehmen. Typischerweise werden sie dabei auch die Anbindung des Funkstandorts an weitere Telekommunikationsnetze übernehmen und etwa den breitbandigen Übergang in das Internet herstellen. Damit kontrollieren sie auch den Übertragungsweg, der vom Kunden über die Funkanbindung in die öffentlichen Telekommunikationsnetze geschaffen wird.
299d
All diese Umstände sind indessen frequenzrechtlich neutral: Kundenbeziehungen halten auch die Mobilfunk-Reseller, ohne dass diese Tätigkeit deswegen einer Zulassung nach dem TKG bedürfte. Anzeigepflichten nach § 6 TKG treffen sie zwar und werden auch für BWA-Frequenzüberlassungsnehmer bestehen, stehen jedoch in keinem Zusammenhang mit der Frequenzregulierung. Wirtschaftliche Risiken begründen als solche ebenfalls keine frequenzrechtlichen Erlaubnispflichten. Dasselbe gilt für den über die Funkverbindung geschaffenen Übertragungsweg. Denn die Definition der Frequenznutzung in § 3 Nr. 9 TKG, aus der das Erfordernis der Frequenzzuteilung folgt, beinhaltet nicht, dass dabei ein Übertragungsweg geschaffen wird. Auch Aussendungen elektromagnetischer Wellen, die keinen Funkdienst darstellen, sind Frequenznutzungen und damit erlaubnispflichtig. Als Fazit bleibt damit festzuhalten, dass sich ein Zustimmungserfordernis für Frequenzüberlassungen aus dem Gesetz schwerlich herleiten lässt2.
299e
In der praktischen Umsetzung erscheint es trotzdem als ratsam, Frequenzüberlassungen nicht an der BNetzA vorbei durchzuführen. Der Überlassungsvertrag wird dem Überlasser weitgehende Kontroll- und Weisungsrechte vorbehalten müssen, damit die Funktionsherrschaft, wie von der Behörde gefordert, bei ihm verbleibt. Der Überlasser muss sich deshalb das
299f
_______________
1 Näher zur Funktionsherrschaft Bothe/Heun/Lohmann, ArchPT 1995, S. 5 sowie in der Vorauflage Zwetkow, Teil 1 Rz. 24 ff. 2 So auch Beck TKG-Komm/Göddel, § 55, Rz. 33.
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D Rz. 300
Frequenzverwaltung
Recht vorbehalten, jederzeit Anordnungen zum Betrieb der eingesetzten Funkanlagen zu erteilen. Ferner sind das Überlassungsgebiet und die einzuhaltenden funktechnischen Parameter und insbesondere Störabstände festzulegen, so dass der Überlasser außerhalb des Überlassungsgebiets die Frequenz ungestört selbst nutzen kann. 3.4.4 Frequenzhandel 300
Damit kommen wir zur größten Neuheit im Frequenzregime des TKG, dem Frequenzhandel. § 62 Abs. 1 TKG erlaubt der BNetzA, für bestimmte Frequenzbereiche einen Frequenzhandel unter von der Behörde festzulegenden Rahmenbedingungen einzuführen. Diese gesetzgeberische Neuausrichtung wurde durch Art. 9 Abs. 3 und 4 der Rahmenrichtlinie angestoßen. Ergänzend hat das Bundeswirtschaftsministerium im Rahmen der Vorarbeiten zum TKG-2004 ein Gutachten1 erstellen lassen, das die Absicht bestärkte, einen Handel mit Frequenzen zu ermöglichen. Insbesondere verspricht man sich von solchem Handel Effizienzgewinne für Frequenznutzung und -Allokation2. 3.4.4.1 Handelsgut
301
Oben wurde zur Erläuterung des Unterschieds zwischen der Übertragung von Frequenzzuteilungen und dem Frequenzhandel gesagt, Handelsgut des Frequenzhandels seien nicht Frequenzzuteilungen, sondern -Nutzungsrechte. Das bedarf näherer Erläuterung, ist doch eine Frequenzzuteilung nach der einschlägigen Legaldefinition die „Erlaubnis zur Nutzung bestimmter Frequenzen unter festgelegten Bedingungen“, also ein Frequenznutzungsrecht. Der letzte Satzteil der Definition liefert die Antwort auf die Frage nach dem Unterschied: Im Rahmen des Frequenzhandels ist es innerhalb gewisser Grenzen möglich, die in der ursprünglichen Frequenzzuteilung (der des Verkäufers) festgelegten Bedingungen für die Frequenznutzung zu ändern. Dies ergibt sich aus Folgendem: –
Rahmenbedingungen und Verfahren des Frequenzhandels haben sicherzustellen, dass die Effizienz der Frequenznutzung gesteigert oder gewahrt werden (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 TKG). In technischer Hinsicht ist die Effizienz unter anderem durch die technischen Parameter determiniert, die in der Frequenzzuteilung festgelegt werden. Eine Effizienzsteigerung kann also eine Änderung dieser Parameter nötig machen.
_______________
1 Stumpf/Nett/Strube/Martins/Ellinghaus/Scherer/Vogelsang, Eckpunkte zur Ausgestaltung eines möglichen Handels mit Frequenzen. Studie für das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Bad Honnef, November 2002 (im Folgenden zitiert als „WIK-Studie Frequenzhandel“). 2 Siehe Erwägungsgrund 19 der Rahmenrichtlinie sowie WIK-Studie Frequenzhandel, S. 5 ff.
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Frequenzzuteilung
Rz. 303 D
–
Ferner ist sicherzustellen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere die Nutzungsbestimmungen und internationale Vereinbarungen zur Frequenznutzung eingehalten werden (§ 62 Abs. 2 Nr. 4 TKG). Das mag auf den ersten Blick gegen die hier vertretene These sprechen, tut es aber nicht: Denn schon auf der Ebene des Frequenznutzungsplans können im gleichen Band verschiedene Technologien mit unterschiedlichen Parametern zulässig sein. Zudem verweist der Ausdruck „Nutzungsbestimmungen“ auf die Vorgaben des Frequenzbereichszuweisungsplans (genauer auf § 2 Abs. 1 und 3), die deutlich weiter sind als die des Frequenznutzungsplans. Das ist auch folgerichtig, denn der Frequenzbereichszuweisungsplan, der von der Bundesregierung erlassen wird, steht anders als der Frequenznutzungsplan nicht zur Disposition der BNetzA. Insbesondere kann die BNetzA für Frequenzbereiche, die für den Handel geöffnet werden, die Vorgaben im Nutzungsplan auf das absolute Minimum reduzieren, das zur Wahrung der Funkverträglichkeit benötigt wird und hinsichtlich des Verwendungszwecks auf Konkretisierungen gegenüber dem Frequenzbereichszuweisungsplan verzichten. Internationale Vereinbarungen zur Frequenznutzung schließlich sind entweder bereits im Frequenzbereichszuweisungsplan reflektiert oder betreffen nur einzelne Frequenzbereiche.
–
Außerdem: Das Verfahren für den Frequenzhandel hat die Aufhebung und Neuerlass von Frequenzzuteilungen zu beinhalten (§ 62 Abs. 1 S. 2 TKG). Wenn sich jedoch beim Handel außer der Bezeichnung des Frequenzinhabers nichts ändert, dann ist das ein unnötiger Aufwand.
Die hier vertretene Sicht zu diesem Punkt wird von der BNetzA geteilt1. Dadurch wird eine ganz erhebliche Flexibilisierung denkbar. So kann beispielsweise ein Interessent von verschiedenen Parteien nebeneinander liegende Frequenzblöcke erwerben und diese dann mit größerer Bandbreite nutzen. Ferner kann im Rahmen der Vorgaben der Frequenzpläne sowie gegebenenfalls bestehender internationaler Vereinbarungen eine Änderung der Nutzungsart ermöglicht werden.
302
3.4.4.2 Voraussetzungen und Verfahren Die Entscheidung zur Öffnung einzelner Frequenzbereiche für den Handel und über Rahmenbedingungen sowie Verfahrensregeln steht im pflichtgemäßen Ermessen der BNetzA. Vor den Entscheidungen sind die betroffenen Kreise zu hören. Laut Gesetz ist ferner Interesse der Betroffenen an Frequenzhandel erforderlich, was aber praktisch eine Selbstverständlichkeit ist. Wenn sich bei der Anhörung kein Interesse ergibt wird die Behörde schon _______________
1 Siehe Ziffer II. der Mitteilung Nr. 152/2005, ABl. RegTP 12/2005 S. 1021 (1024): „Im Rahmen dieser Neuzuteilung können dann auch der Nutzungszweck und die Nutzungsbestimmungen geändert werden.“
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303
D Rz. 304
Frequenzverwaltung
von sich aus den Handel nicht eröffnen. Niemand würde handeln, wenn sie es trotzdem täte. Wie bereits erwähnt hat das Verfahren die Aufhebung der (alten) und den Neuerlass einer (neuen) Frequenzzuteilung zu beinhalten. 3.4.4.3 Handelsregeln 304
305
§ 62 Abs. 2 TKG enthält Vorgaben für die von der BNetzA aufzustellenden Rahmenbedingungen und Verfahrensregeln für den Frequenzhandel. Diese haben insbesondere Folgendes sicherzustellen: –
Die Effizienz der Frequenznutzung soll gesteigert oder (zumindest) gewahrt werden. Dies wird man in erster Linie technisch zu verstehen haben, denn die wirtschaftliche Effizienz der Frequenzallokation zu den einzelnen Nutzern wird bereits durch den Handel an sich gefördert und ist Hauptmotiv für dessen Einführung1.
–
Das ursprüngliche Vergabeverfahren darf einer Frequenzzuteilung nach Frequenzhandel nicht entgegenstehen. Damit kann nicht gemeint sein, Frequenzhandel bei Frequenzknappheit auszuschließen, denn wenn Frequenzen bei der BNetzA verfügbar sind ist das Interesse am Handel von vornherein geringer. Vielmehr geht es darum, Anforderungen aus dem ursprünglichen Verfahren wie beispielsweise Zusagen zur Netzabdeckung auch nach einem Handel durchzusetzen. Einstweilen wird dieses Kriterium keine nennenswerte Rolle spielen, da nach den Übergangsvorschriften des TKG (§ 150 Abs. 8) der Handel mit Frequenzen aus alten Vergabeverfahren ausgeschlossen ist.
–
Es darf keine Wettbewerbsverzerrung zu besorgen sein. Dies dürfte insbesondere Auflagen zur Vermeidung von Frequenzakkumulationen in Verdrängungs- bzw. Marktbereinigungsabsicht rechtfertigen.
–
Die sonstigen rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere die Nutzungsbestimmungen und internationale Vereinbarungen zur Frequenznutzung sind einzuhalten. Art. 9 Abs. 4 der Rahmenrichtlinie fordert in diesem Zusammenhang, dass die Übertragung von Nutzungsrechten an Frequenzen mit harmonisierter Nutzung nicht zu einer Nutzungsänderung führen darf.
–
Die Regulierungsziele des TKG sind sicherzustellen.
Die Festlegung der Regeln im Einzelnen ist dem pflichtgemäßen Ermessen des Regulierers überlassen. Bisher sind noch keine Entwürfe oder Vorschläge bekannt geworden. Die BNetzA hat in ihrem Vorhabenplan für 2006 zwar entsprechende Aktivitäten angekündigt2, greifbare Ergebnisse haben diese aber bis jetzt nicht erzielt. _______________
1 Siehe WIK-Studie Frequenzhandel, S. 7. 2 Siehe die Anhörung zum Vorhabenplan 2006, Mitteilung 314/2005, ABl. BNetzA 24/2005, S. 1986 (1988).
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Frequenzzuteilung
Rz. 309 D
Auch in § 62 TKG wurde wie in § 55 Abs. 7 TKG das Veröffentlichungserfordernis für jede Frequenzübertragung nach Art. 9 Abs. 4 Rahmenrichtlinie nicht ausdrücklich umgesetzt. Dies sollte sich allerdings im Rahmen der festzulegenden Verfahrensregeln beheben lassen.
306
3.4.4.4 Erlöse aus dem Frequenzhandel Die Erlöse sollen nach § 62 Abs. 3 TKG nur abzüglich der Verwaltungskosten dem Veräußerer der Frequenznutzungsrechte zustehen. Es ist nicht ganz klar, ob dies lediglich eine Klarstellung sein soll, dass Verwaltungskosten erhoben werden, was aber bereits daraus folgt, dass die vorzusehende Neuerteilung der Frequenzzuteilung gebührenpflichtig ist, oder ob hier die Behörde als Zahlstelle fungieren soll, die zunächst den Kaufpreis einzieht, die Verwaltungskosten abzieht und dann den Rest an den Verkäufer auskehrt. Die Gesetzesbegründung1 spricht für letzteres. Am Sinn einer Tätigkeit der BNetzA als Inkassobüro für den Verkäufer kann man allerdings zweifeln.
307
3.4.4.5 Ausschluss für Frequenzen aus alten Vergabeverfahren Nach § 150 Abs. 8 TKG ist der Handel mit allen Frequenzen bzw. Lizenzen ausgeschlossen, die noch unter dem Fernmeldeanlagengesetz oder in Vergabeverfahren nach dem TKG 1996 vergeben wurden. Dies gilt für die Laufzeit dieser Lizenzen bzw. Frequenzzuteilungen Die Motivation, der BNetzA für diese Frequenzen die Möglichkeit zu nehmen, den Handel zu eröffnen, bleibt nach den Gesetzesmaterialien im Dunkeln2. Warum gerade diejenigen, die am meisten für Frequenzen bezahlt haben, nicht mit ihnen handeln dürfen sollen ist nicht offenkundig. Es mag hierfür gute Gründe geben, man würde diese aber gern erfahren. Diese Intransparenz provoziert verfassungsrechtliche Zweifel3. Aus der Nichterwähnung von Frequenzübertragungen nach § 55 Abs. 7 TKG in der Übergangsvorschrift des § 150 Abs. 8 TKG folgt allerdings auch, dass auch für Frequenznutzungsrechte nach altem Recht und dabei insbesondere auch für solche, die in wettbewerblichen Verfahren erworben wurden, nunmehr die Frequenzübertragung möglich ist4.
308
3.5 Rechtsschutz Ein Bedürfnis nach gerichtlichem Rechtsschutz kann sich im Zusammenhang mit Frequenzzuteilungen in einer Vielzahl von Konstellationen erge_______________
1 „Absatz 3 regelt die Verwendung der Erlöse“, BT-Drucks. 15/2316, S. 81. 2 BT-Drucks. 15/2679, S. 19: „Regelung dient der Klarstellung, dass insbesondere für die vergebenen GSM- und UMTS-Frequenzen bzw. Lizenzen ein Handel zumindest bis Ende der jeweiligen Laufzeiten ausgeschlossen ist.“ 3 Diese äußert Schütz, Kommunikationsrecht, Rz. 89. 4 So auch Beck TKG-Komm/Göddel, § 55 Rz. 33.
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309
D Rz. 310
Frequenzverwaltung
ben. Zunächst ist an die Ablehnung beantragter Frequenzen zu denken, und zwar sowohl in Fällen des normalen Antragsverfahrens wie auch in Vergabeverfahren. Weiter kann es Fälle geben, in denen zwar dem Antrag entsprochen, aber Nebenbestimmungen vorgesehen werden, denen sich der Zuteilungsinhaber nicht fügen möchte. Daneben können Frequenzzuteilungen an Dritte auch unabhängig von Konkurrenzsituationen in Rechte anderer eingreifen. 310
In der Sache geht es hier jeweils um den Erlass bzw. Nichterlass von Verwaltungsakten. Die damit im Zusammenhang stehenden Rechtsfragen sind in vollem Umfang aus der Literatur und Judikatur zum Verwaltungsprozessrecht zu erschließen. Hier soll deshalb nur ein Grobüberblick geliefert werden.
311
In allen Fällen von Bedeutung sind zunächst § 137 Abs. 1 und 2 TKG, wonach ein Vorverfahren gegen Beschlusskammerentscheidungen, wie sie im Rahmen der Vergabeverfahren ergehen, nicht stattfindet und Widersprüche sowie Anfechtungsklagen in allen Fällen keine aufschiebende Wirkung haben. Wer den Vollzug von Entscheidungen der BNetzA aufhalten will, muss deshalb um gerichtlichen Eilrechtsschutz nach § 80 VwGO nachsuchen. 3.5.1 Versagung von Frequenzzuteilungen im Antragsverfahren
312
Die Nichterteilung einer beantragten Frequenz stellt sich als Ablehnung eines begünstigenden Verwaltungsakts dar. Einschlägiger Rechtsbehelf ist insoweit zunächst (außer bei Beschlusskammerentscheidungen) der Widerspruch, bei dessen Erfolglosigkeit die verwaltungsgerichtliche Verpflichtungsklage. 3.5.2 Versagung von Frequenzzuteilung im Vergabeverfahren
313
Soweit ein Bewerber daran scheitert, dass er nach § 61 Abs. 3 TKG vom Vergabeverfahren ausgeschlossen oder nach Abs. 4 Nr. 1 nicht zum Verfahren zugelassen wird, handelt es sich jeweils um Verwaltungsakte der Präsidentenkammer, § 132 Abs. 3 TKG. Im ersten Fall wäre die Anfechtungsklage einschlägiger Rechtsbehelf, weil der Ausschluss vom Verfahren durch seine Aufhebung hinfällig wird. Da die Klage keine aufschiebende Wirkung hat müsste daneben ein Antrag auf deren Anordnung nach § 80 Abs. 4 oder 5 VwGO gestellt werden.
314
Bei Nichtzulassung zum Vergabeverfahren wäre demgegenüber eine Verpflichtungsklage auf Zulassung zur weiteren Teilnahme am Verfahren zu erheben, weil nur damit das Rechtschutzziel des begünstigenden Verwaltungsakts der Zulassung erreicht werden kann. Einstweiliger Rechtsschutz wäre nach § 123 VwGO zu beantragen. Problematisch ist dabei allerdings 334 | Jenny
Rz. 317 D
Frequenzzuteilung
der Inhalt der über einen solchen Antrag zu treffenden Entscheidung, wenn er sich bei Anwendung der summarischen Prüfungsmaßstäbe dieses Verfahrens als erfolgreich erweist. Möglich wäre, entweder den Antragsteller direkt per einstweiliger Anordnung zuzulassen oder aber lediglich das Vergabeverfahren bis zur endgültigen Entscheidung über die Zulassung zu unterbrechen. Keine dieser Lösungen ist unter dem Strich befriedigend. Im ersten Falle würde ein Kandidat am Vergabeverfahren teilnehmen, bei dem unsicher sein kann, ob er die Voraussetzungen hierfür erfüllt. Hat er im einstweiligen Rechtsschutz Erfolg und stellt sich dann später heraus, dass er nicht hätte zugelassen werden dürfen, dann muss das Verfahren wiederholt werden. Die Alternative der Unterbrechung des Vergabeverfahrens bürdet demgegenüber allen Beteiligten unter Umständen erhebliche Zeitverzögerungen auf. Dennoch erscheint diese Lösung grundsätzlich als vorzugswürdig, weil sie eine Vorwegnahme der Hauptsache vermeidet.
315
Wird demgegenüber ein Bewerber zwar zugelassen, unterliegt aber in der Auswahl, so liegt eine klassische Konkurrenzsituation vor. Hier muss der Zuschlag an den oder die konkurrierenden Bewerber beseitigt und zugleich eine Verpflichtung der BNetzA zum Zuschlag an den Antragsteller oder zumindest zur Neuentscheidung erreicht werden. Mittel dazu ist eine kombinierte Verpflichtungs- und Anfechtungsklage1. Einstweiliger Rechtsschutz in Form einer Kombination von einstweiliger Anordnung und Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung erscheint theoretisch denkbar. Allerdings ist kaum zu erwarten, dass solch ein Antrag je Erfolg haben würde, weil wegen der darin liegenden Vorwegnahme der Hauptsache eine Entscheidung in diesem Sinne nur bei krassen Fehlentscheidungen der Behörde zu erwarten wäre. Leidtragender dieser Situation dürfte allerdings der Konkurrent des Klägers sein, der bis zur endgültigen Entscheidung keine Rechtssicherheit hinsichtlich des Zuschlags hat und deshalb auch nur schwer in die Frequenznutzung investieren kann.
316
3.5.3 Störende Frequenzzuteilung an Dritte Auch unabhängig von Vergabesituationen kann ein Bedürfnis bestehen, gegen einem Dritten erteilte Frequenzzuteilungen vorzugehen. Daran ist einerseits zu denken, wenn die genehmigte Frequenznutzung zu Störungen der Frequenznutzung eines anderen führen würde. Diese Störung hat er nur dann hinzunehmen, wenn die Frequenznutzung des anderen materiell rechtmäßig ist. Hinsichtlich der Klageart stellt sich dann allerdings die Frage, ob rechtmäßige Zustände nur durch Aufhebung der Frequenzzuteilung an den anderen oder schon durch Schutzauflagen herzustellen sind. Im ers_______________
1 Siehe näher Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 42 Rz. 48.
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317
D Rz. 318
Frequenzverwaltung
ten Fall wäre Anfechtungsklage gegen die Zuteilung insgesamt, im zweiten wohl eine Verpflichtungsklage auf Erlass solcher Auflagen zu erheben1. 318
Zu einer störenden Frequenzzuteilung an Dritte kann es daneben auch in der oben (Rz. 84 ff.) angesprochenen Situation kommen, in der bei der Frequenzplanung Beteiligungsrechte missachtet werden und in der Folge Frequenzen einem Nutzer zugeteilt werden. Wie oben angeführt kann derjenige, dessen Beteiligungsrechte verletzt sind, zwar das Planungsverfahren selbst aufhalten. Frequenzzuteilungen nach der früheren, eigentlich zur Novellierung anstehenden Planung bleiben aber prinzipiell möglich und auch rechtlich zulässig, so dass Rechtsmittel gegen sie jedenfalls unbegründet wären2. Solche Frequenzzuteilungen wären aber nach § 63 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 55 Abs. 5 Nr. 1 TKG widerruflich, sobald die Planung unter Heilung des Verfahrensfehlers abgeschlossen ist. In einer derartigen Situation, in der die den neuen Planungen widersprechende Frequenzzuteilung auf einem Verfahrensfehler der BNetzA beruht, sollte die Ermessensausübung stark in Richtung Widerruf tendieren.
319
Eine Sondervariante der störenden Frequenzzuteilung an Dritte hat das VG Köln beschäftigt: Es hatte sich mit der Klage eines UMTS-Lizenznehmers gegen die Präsidentenkammerentscheidung zur Einführung weitbandigen Bündelfunks auseinanderzusetzen. Die „Störung“ lag allerdings nicht im technischen, sondern im wettbewerblichen Bereich (siehe näher unter Rz. 363). 3.5.4 Rechtsschutz gegen Inhalts- und Nebenbestimmungen
320
Oben Rz. 138 ff., 142 ff. wurde schon auf den Unterschied zwischen Inhaltsund Nebenbestimmungen mit Blick auf Frequenzzuteilungen hingewiesen. Ein entscheidender Grund für die Relevanz dieser Unterscheidung liegt im Rechtsschutz, der je nach dem, ob es um eine Inhalts- oder eine Nebenbestimmung geht, unterschiedlich ist.
321
Gegen Inhaltsbestimmungen ist eine Verpflichtungsklage zu erheben, gerichtet auf Erlass eines Verwaltungsakts mit dem gewünschten Inhalt. Auflagen wären demgegenüber mit einer Anfechtungsklage anzugreifen. Bei Befristungen und Bedingungen gehen die Meinungen immer noch auseinander, das Bundesverwaltungsgericht tendiert aber zur Anfechtungsklage3.
_______________
1 Für Näheres dazu: Eyermann/Happ, Verwaltungsgerichtsordnung, § 42 Rz. 56 f. mit Nachweisen aus der noch nicht einheitlichen Rechtsprechung. 2 Die Frage, ob in derartigen Fällen überhaupt eine Verletzung subjektiver Rechte in der für die Zulässigkeit einer Klage erforderlichen Weise gegeben ist, soll deshalb dahinstehen. 3 Siehe Eyermann/Happ, Verwaltungsgerichtsordnung, § 42 Rz. 42, 46, 49 mit weiteren Nachweisen.
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Besonderheiten bei einzelnen Funkanwendungen und -diensten
Rz. 325 D
Soweit in Fällen dieser Art ein Bedürfnis nach einstweiligem Rechtsschutz besteht, richtet sich der zu wählende Antrag nach dem in der Hauptsache, d. h. bei Anfechtungsklagen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, bei Verpflichtungsklagen einstweilige Anordnung.
322
4. Besonderheiten bei einzelnen Funkanwendungen und -diensten Bei einer Reihe von Funkdiensten bestehen im Rahmen der Frequenzzuteilung signifikante Sonderregeln. Diese sind bis jetzt bewusst ausgeklammert worden, um die Darstellung zu vereinfachen. Im Folgenden werden diese Fälle zusammengefasst dargestellt.
323
4.1 Frequenzzuteilungen für die Übertragung von Rundfunk Aus den Ausführungen oben Rz. 23 ff., 39 ff., 74 ff. dürfte klar geworden sein, dass der Rundfunk im Rahmen der Frequenzverwaltung eine Sonderstellung einnimmt. Dies folgt nicht nur aus seiner Rolle als Medium und Faktor der öffentlichen Meinungsbildung1, sondern auch aus der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern. Die Frequenzzuteilung ist der Ort, an dem sich die Bundeskompetenz für Frequenzverwaltung und die Länderkompetenz für Rundfunk verzahnen2. Daraus ergeben sich für die Frequenzzuteilungspraxis vielfältige Abstimmungs- und Koordinationsbedarfe.
324
Im Überblick gelten für den Rundfunkbereich bei Frequenzzuteilungen folgende Sonderregeln3: Die Zuteilung von Frequenzen für die Übertragung von Rundfunk erfolgt nach § 57 Abs. 1 TKG in Abstimmung mit den zuständigen Landesbehörden. Daneben ergehen viele anderen Entscheidungen im Rahmen von Frequenzzuteilungen für Rundfunk in Abstimmung mit den Landesbehörden. Versteigerungsverfahren sind für Rundfunkfrequenzen ausgeschlossen, § 61 Abs. 2 S. 3 TKG, und Frequenzhandel kann nur im Einvernehmen mit der landesrechtlich jeweils zuständigen Stelle eingeführt werden, § 61 Abs. 2 S. 3 TKG. Schließlich sieht § 63 Abs. 5 TKG im Rahmen der Regelungen zum Widerruf von Frequenzzuteilungen das Ende analoger Rundfunkübertragung für Fernsehen und UKW-Hörfunk vor. Die Einzelheiten werden im Folgenden näher dargestellt:
325
_______________
1 Vom Bundesverfassungsgericht im 1. Rundfunkurteil geprägte Beschreibung der Bedeutung des Rundfunks für die öffentliche Meinungsbildung, siehe BVerfGE 12, 205 (260). 2 Vgl. Demmel in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 47 Rz. 11. 3 Für die Deutsche Welle, die gestützt auf die Kompetenz des Bundes für Auswärtige Beziehung eine Rundfunkanstalt nach Bundesrecht ist, gelten all diese Besonderheiten nicht, weil insofern kein Rundfunk im Zuständigkeitsbereich der Länder vorliegt. Im Folgenden wird vereinfachend von Rundfunk gesprochen.
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D Rz. 326
Frequenzverwaltung
4.1.1 Voraussetzungen 326
§ 57 Abs. 1. S. 1–4 TKG stellt für die Zuteilung von Frequenzen für Rundfunkübertragung neben § 55 TKG zusätzliche Voraussetzungen auf. Nach § 57 Abs. 1 S. 1 TGK stellt die BNetzA für solche Zuteilungen auf der Grundlage rundfunkrechtlicher Festlegungen das Benehmen mit der jeweils zuständigen Landesbehörde her. Die Landesbehörde teilt dazu der BNetzA den von ihr zu bestimmenden Versorgungsbedarf für Rundfunk mit, der dann von der BNetzA durch Frequenzzuteilungen umzusetzen ist, § 57 Abs. 1 S. 2 und 3 TKG. Näheres legt die BNetzA wiederum auf der Grundlage rundfunkrechtlicher Festlegungen fest, § 57 Abs. 1 S. 4 TKG.
327
Aus der Gesamtschau ergibt sich, dass die Vorgaben der Landesbehörden für die BNetzA bindend sind1. Es ist deshalb sprachlich unglücklich, in § 57 Abs. 1 S. 1 TKG von „Benehmen“ zu sprechen, denn dies meint eine schwächere Position, als sie die Landesbehörden hier haben.
328
Die von § 57 Abs. 1 S. 4 TKG vorgesehen näheren Verfahrensregelungen, die als Verwaltungsvorschriften2 zu erlassen wären, stehen noch aus, insbesondere enthält die vorläufige Verwaltungsvorschrift für Frequenzzuteilungen für den Rundfunkdienst (VVRdfk) (Stand Februar 2006) hierzu keine näheren Regelungen. 4.1.2 Nebenbestimmungen
329
Für Nebenbestimmungen bei Rundfunkfrequenzen gelten zwei Sonderregelungen: Für Nebenbestimmungen zur Sicherung der effizienten und störungsfreien Frequenznutzung ist das Benehmen mit den Landesbehörden herzustellen, § 60 Abs. 2 S. 3 TKG. Hier ist anders also für die Zuteilung selbst „normales“ Benehmen ausreichend, also Gelegenheit zur Stellungnahme mit dem Ziel der Einigung. Das erscheint sachgerecht, weil es um technische Fragen mit reduziertem Konfliktpotenzial geht.
330
Daneben sind nach § 60 Abs. 4 TKG Auflagen vorzusehen, welche die Berücksichtigung rundfunkrechtlicher Belange der Länder sicherstellen. Auch hier ist wieder Benehmen herzustellen, was aber wieder im Sinne einer stärkeren Position der Landesbehörden zu verstehen ist, denn was ihre rundfunkrechtlichen Belange sind, steht nicht zur Disposition der BNetzA.
331
In der Praxis werden hier Auflagen vorgesehen, die dafür Sorge tragen, dass die von den Ländern vorgesehenen Programme ausgestrahlt werden. Beispiel sind die Eckpunkte zu den Vergabeverfahren für DVB-T3, die in Ziffer 4.5 _______________
1 Siehe die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/2316, S. 79 (zu § 55 des Entwurfs), sowie Berl.Komm TKG/Wegmann, § 57 Rz. 6–8. 2 So auch Berl.Komm TKG/Wegmann, § 57 Rz. 9. 3 Entscheidung der Präsidentenkammer v. 20.3.2002 über Eckpunkte zur Vergabe von Frequenzen für DVB-T, ABl. RegTP 6/2002, S. 499.
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Besonderheiten bei einzelnen Funkanwendungen und -diensten
Rz. 333 D
einen Kontrahierungszwang des Zuteilungsinhabers zu Gunsten der nach Landesrecht auszustrahlenden Rundfunkprogramme vorsehen. 4.1.3 Übertragung von Tele- und Mediendiensten auf Rundfunkfrequenzen Wie schon oben Rz. 40 und Rz. 75 erwähnt sehen der Frequenzbereichszuweisungsplan und die Verordnung zur Aufstellung des Frequenznutzungsplans vor, auf Frequenzen, die für Rundfunkübertragung vorgesehen sind, auch Kommunikationsangebote zu übertragen, die nicht im überkommenen Sinne als Rundfunk, sondern als Tele- und Mediendienste anzusehen sind. Allerdings sollen solche Dienste gegenüber dem herkömmlichen Rundfunk nur nachrangig in diesen Frequenzbereichen übertragen werden, was sich aus § 4 Nr. 33 und 34 jeweils Buchstabe b) der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung ergibt. Das ist sachlich dadurch gerechtfertigt, dass derartige Dienste auch über andere, nicht für Rundfunk vorgesehene Übertragungswege angeboten werden können und praktisch auch angeboten werden. Gleichzeitig geht allerdings die Entwicklung der digitalen Rundfunkübertragungstechnik dahin, auch Tele- und Mediendienste übertragen zu können. Genau genommen ist dies bei Angeboten wie RDS oder Videotext auch schon im analogen Rundfunk Realität1.
332
Bei der Frequenzzuteilung wird der angedeutete Vorrang für Rundfunk dadurch aufgegriffen, dass eine Zuteilung für Tele- und Mediendienste erst in Betracht kommt, wenn dem Rundfunk die Übertragungskapazität zur Verfügung steht, die ihm auf Grundlage der rundfunkrechtlichen Festlegungen zusteht. Hierüber soll sich die BNetzA mit den zuständigen Landesbehörden ins Benehmen setzen. Auch hier handelt es sich wieder um ein für die Landesbehörden „starkes“ Benehmen, weil sie die Kapazitätsbedürfnisse für Rundfunk im engeren Sinne festlegen und die BNetzA an diese Festlegungen gebunden ist. Die BNetzA hat zu der Thematik ein Eckpunktepapier veröffentlicht, dass bis 31.3.2006 kommentiert werden konnte2. Insgesamt wurden 20 Stellungnahmen abgegeben, unter anderen von Rundfunkanstalten, Mobilfunkunternehmen, der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten und Systemtechniklieferanten3. Einige der Eckpunkte wurden wie zu erwarten kontrovers aufgenommen, insbesondere die Aussage in Eckpunkt 8, wonach Kapazitätsgewinne nicht für Rundfunk genutzt werden sollen sowie die These in Eckpunkt Eckpunkt 9, wonach die Grundversorgung durch Kabel und Satellit weitgehend realisiert sei.
333
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1 Zu diesen Systemen siehe Bock, Handbuch für Hörfunk und Fernsehen, S. 194 f. 2 Mitteilung Nr. 10/2006 Eckpunkte für die bedarfsgerechte Bereitstellung von Übertragungskapazitäten für Rundfunk und für multimediale Dienste auf Frequenzen, die dem Rundfunkdienst zugewiesen sind ABl. BNetzA 1/2006, S. 34. 3 Die Stellungnahmen sind wie auch das Eckpunktepapier auf der Website der BNetzA abrufbar.
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D Rz. 333a
Frequenzverwaltung
333a
In der Tat wird es der beschriebene Vorrang für Rundfunk der BNetzA schwer machen, die vielzitierte „Digitale Dividende“ – also die Möglichkeit, mit digitaler Technik mehr Programme zu übertragen als analog – zu ernten und andere Dienste auf diese Frequenzen zu bringen1. Wie oben Rz. 327 festgestellt sind die Bedarfsanmeldungen der Länder für die BNetzA verbindlich. Wenn die Bundesländer gemeinsam oder jedes für sich entscheiden, die vorhandenen Kapazitäten mit T-DAB bzw. DVB-T und gängigen Hörfunk- und Fernsehangeboten auszuschöpfen wird die BNetzA das wohl oder übel hinnehmen müssen. Am Ende steht nicht zu erwarten, dass es so kommen wird. Die Bundesländer haben kein Interesse daran, als Blockierer dazustehen. Mir scheint, es geht bei der Debatte wieder einmal darum, zwischen Bund und Ländern das Regulierungsterritorium abzustecken.
333b
Hinzuweisen ist schließlich auch darauf, dass die Frequenzen 470 bis 862 MHz auch von der WAPECS-Initiative betroffen sind, die auf eine Liberalisierung der Nutzungsbedingungen abzielt (siehe dazu Rz. 12a). Allerdings sind in diesem Frequenzbereich bereits diverse Zuteilungen für DVB-T ergangen, zumeist anscheinend an öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. Von diesen ist nicht zu erwarten, dass sie auf diesen Frequenzen in großem Umfang das digitale Fernsehen durch andere Angebote ersetzen. 4.1.4 Widerruf von Frequenzzuteilungen für Rundfunkübertragung
334
Für den Widerruf von Frequenzzuteilungen für Rundfunkübertragung gelten zunächst dieselben Widerrufstatbestände, wie auch sonst für Frequenzzuteilungen. Insoweit sei auf die Ausführungen oben, Rz. 170 ff., verwiesen.
335
Daneben sollen Frequenzzuteilungen für Rundfunk nach § 63 Abs. 3 TKG widerrufen werden, wenn alle rundfunkrechtlichen Festlegungen der zuständigen Landesbehörde für auf dieser Frequenz zu übertragenden Rundfunk entfallen sind. Der Widerruf ist allerdings nicht zwingend und insbesondere dann nicht geboten, wenn der Zuteilungsinhaber die eingetretene Entwicklung nicht zu vertreten hat. Alternativ sieht das Gesetz deshalb die Möglichkeit vor, die Frequenz ohne oder mit eingeschränkter Auflage zur Übertragung von Rundfunk an den bisherigen Inhaber zuzuteilen, was als Minus auch die Möglichkeit enthalten sollte, die bisherige Zuteilung entsprechend anzupassen. Auch diese Entscheidung ist im Benehmen mit den Landesbehörden zu treffen, allerdings hier im einfachen Benehmen. 4.1.5 Analoger Switch-Off und Digitalisierung
336
Die Entwicklung digitaler Übertragungstechniken für Rundfunk ist weitgehend abgeschlossen. Ihre Einführung ist allerdings sowohl technisch als _______________
1 Siehe zum Thema „Digitale Dividende“ vertiefend Zagouras, CR 2006, 819.
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Besonderheiten bei einzelnen Funkanwendungen und -diensten
Rz. 340 D
auch planerisch ein komplexer Vorgang1. Wegen Frequenzmangel ist hierfür die weitgehende Einstellung der analogen Rundfunkübertragung notwendig2. Bund und Länder haben zur Abstimmung dieser Vorgänge eine Initiative Digitaler Rundfunk (IDR) ins Leben gerufen, an der neben diesen eine Vielzahl Interessierter mitwirkt. Über die Endtermine für analoge Übertragung besteht bei den Beteiligten offenbar Einigkeit3. Dementsprechend sieht § 63 Abs. 5 TKG das Ende analoger Fernseh- und UKW-Übertragung vor. Die Abschalttermine werden entsprechend der Übereinkünfte innerhalb der IDR für Fernsehen auf 2010, für UKW auf 2015 gesetzt. Hörfunk über Kurz-, Mittel- und Langwellen ist hiervon nicht betroffen. Umgesetzt werden soll dies durch Widerruf der Frequenzzuteilungen für analoge Übertragung. Hinsichtlich der Widerrufsentscheidung ist der BNetzA Ermessen eingeräumt, das auf der Grundlage rundfunkrechtlicher Festlegungen der zuständigen Landesbehörden auszuüben ist. Die Länder haben also die Entscheidungsprärogative, allenfalls in Ausnahmefällen wäre eine von deren Festlegungen abweichende Handhabung zulässig.
337
Fraglich sind bei dieser Regelung sowohl ihre Notwendigkeit als auch ihre Angemessenheit. Sollte die digitale Rundfunkübertragung sich in den nächsten Jahren als Erfolg erweisen, spricht einiges dafür, dass sich die Analogübertragung von selbst erledigt, weil die Rundfunkveranstalter und -Teilnehmer an ihr das Interesse verlieren. Die analoge Rundfunkübertragung würde dann schlicht eingestellt und für sie vorgesehene Frequenzzuteilungen entweder zurückgegeben oder wegen Brachliegen der Frequenzen widerrufen. Die Frequenzen wären dann für digitale Rundfunkübertragung oder andere Funkdienste verfügbar.
338
Hinsichtlich der Angemessenheit der Regelung ist fraglich, ob sie ausreicht, allfällige Konflikte in diesem Bereich zu bewältigen. Es spricht einiges dafür, dass die Digitalisierung auf die Rundfunklandschaft eine einschneidende Auswirkung haben wird. Das gilt auch für Aspekte, die nicht rein rundfunkrechtlich zu sehen und von den Ländern zu regeln sind.
339
Konfliktsituationen können beim Übergang von analoger zu digitaler Technik dann entstehen, wenn nicht genug Frequenzen für digitale Übertragung zur Verfügung stehen. Ein weiteres Problem entsteht, wenn in solchen Situationen Zuteilungen für analoge Übertragung widerrufen werden und dann außer dem bisherigen noch andere Nutzer sich für diese Frequenz interessieren. Den Nutzer, der die Frequenz bisher hatte, einem Vergabeverfahren auszusetzen, erscheint nicht als unproblematisch. Insoweit geht das TKG davon aus, dass derjenige, der aus solch einem Verfahren erfolgreich hervorgeht, am besten in der Lage ist, die Regulierungsziele zu erreichen. Dem zu-
340
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1 Siehe dazu Bock, Handbuch für Hörfunk und Fernsehen, S. 180 ff. 2 Siehe BR-Drucks. 116/01, S. 19. 3 Siehe zur IDR näher BR-Drucks. 116/01, S. 19; Grünwald, Analoger Switch-Off, S. 66 f.
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D Rz. 341
Frequenzverwaltung
grunde liegt implizit die Annahme, dass dies auch im Sinne der Rundfunkordnung ist. Allerdings haben die Länder es in der Hand, in diese Prozesse steuernd einzugreifen, da ihre rundfunkrechtlichen Festlegungen regelmäßig Voraussetzungen für den Widerruf einer Frequenzzuteilung für analoge Rundfunkübertragung sind. Die Länder können damit für die schnelle Räumung analoger Frequenzen sorgen und so einer Knappheit im digitalen Bereich zumindest ansatzweise begegnen. 341
Als neue Entwicklung ist schließlich die Digitalisierung von Kurz-, Mittelund Langewellen-Hörfunk zu erwähnen. Die BNetzA hat dazu Anfang 2006 neue Eckpunkte zur Frequenzvergabe zur Anhörung gestellt, die sowohl für analoge wie für digitale Übertragung gelten1. Nach Einschätzung der BNetzA ist eine abstrakte Knappheitsprognose nicht möglich. Vergabeverfahren sollen deshalb nur dann stattfinden, wenn sich im Einzelfall Knappheit durch konkurrierende Anträge ergibt. Die gegebenenfalls durchzuführenden Vergabeverfahren sollen entsprechend denen für T-DAB strukturiert werden. 4.2 Behörden mit Sicherheitsaufgaben
342
Zahlreiche Institutionen, die Aufgaben öffentlichen Sicherheit wahrnehmen, sind dafür auf die Nutzung von Funkverkehr angewiesen. Dazu gehören etwa Polizei, Feuerwehr, Notärzte. Zusammengefasst werden die entsprechenden Funkanwendungen als BOS-Funk bezeichnet. Für diese Funkanwendungen sind in den Frequenzplänen eigene Frequenzbereiche und Frequenznutzungen vorzusehen.
343
Gemäß § 57 Abs. 4 TKG soll das Bundesinnenministerium (BMI) in einer Richtlinie (Verwaltungsvorschrift)2, die im Benehmen mit den zuständigen obersten Landesbehörden erlassen wird, Einzelheiten zur Frequenzzuteilung und -Planung innerhalb sowie zum Funkbetrieb des BOS-Funk regeln. Die Richtlinie ist insbesondere hinsichtlich der letzten beiden unten genannten Punkte mit der BNetzA abzustimmen und soll namentlich regeln: – – – – –
Zuständigkeiten der beteiligten Behörden, Verfahren zur Anerkennung als Berechtigter zur Teilnahme am BOSFunk, Verfahren und Zuständigkeiten zur Bearbeitung von Frequenzzuteilungsanträgen, Grundsätze zur Frequenzplanung und die Verfahren zur Frequenzkoordinierung innerhalb der BOS, sowie Regelungen für den Funkbetrieb und für die Zusammenarbeit der Frequenznutzer.
_______________
1 Verfügung 4/2006, ABl. BNetzA 3/2006, S. 259. 2 BT-Drucks. 15/2316, zu § 55 des Entwurfs.
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Besonderheiten bei einzelnen Funkanwendungen und -diensten
Rz. 347 D
Weiter bestätigt das BMI nach Anhörung der sachlich zuständigen obersten Bundes- oder Landesbehörden die Zugehörigkeit eines Antragstellers auf Frequenzzuteilung zum Kreis der BOS, denen entsprechende Frequenzen zugeteilt werden können. Diese Bestätigung ist Voraussetzung für entsprechende Zuteilungen1.
344
Als aktuelle Entwicklung im BOS-Bereich ist auf das schon seit Jahren laufende Verfahren zur Einführung digitalen BOS-Funks hinzuweisen, bei dem es allerdings nicht um Frequenzverwaltung, sondern um öffentliche Auftragsvergabe und public-private Partnership geht. Als letzter Stand wird nunmehr eine flächendeckende Einführung bis 2010 erwartet, also rechtzeitig zur nächsten Fußball-WM, die aber leider nicht in Deutschland stattfinden wird2.
345
4.3 Flugfunk und Seefunk § 52 Abs. 2 TKG enthält die Aussage, dass die BNetzA Anordnungen über den Betrieb von Funkanlagen auf fremden Land-, Wasser- und Luftfahrzeugen trifft, die sich im deutschen Hoheitsgebiet aufhalten. Hierunter fallen alle Arten von im Ausland registrierten bzw. zugelassenen Fahrzeugen, also etwa Binnen- und Seeschiffe, Flugzeuge und Hubschrauber3. Die Bestimmung ermächtigt nicht zu eigenen Maßnahmen, sondern stellt klar, dass Funkanlagen auf fremden Fahrzeugen der Souveränität Deutschlands unterliegen, wenn sie sich in deutsches Hoheitsgebiet bewegen4. Auf Ebene der Frequenzzuteilung wird diese Aussage dahin gehend umgesetzt, dass gemäß § 57 Abs. 3 TKG Frequenzen, die im Frequenznutzungsplan für See, Binnenschiff- und Luftfahrt vorgesehen sind, und von fremden Fahrzeugen zweckentsprechend eingesetzt werden, als zugeteilt gelten.
346
Daneben sehen § 57 Abs. 5 und 6 TKG für Frequenzzuteilungen an feste Funkstellen im Luftverkehr bzw. der Seefahrt Zustimmungserfordernisse vor. Insoweit sind zur Frequenzzuteilungen für Küstenfunkstellen des Revier- und Hafenfunkdienstes die Zustimmung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sowie für Bodenfunkstellen des mobilen Flugfunkdienstes und ortsfeste Flugnavigationsfunkstellen die nach § 81 Abs. 1 und 2 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung5 geforderten Zustimmungen erforderlich. Hin-
347
_______________
1 So auch Berl.KommTKG/Wegmann, § 57 Rz. 22. 2 Siehe den Beitrag auf Heise-Online v. 29.3.2006, http://www.heise.de/newsticker/ meldung/71438. Dort finden sich auch links zu zahlreichen weiteren Meldungen, anhand derer die Entwicklung nachvollzogen werden kann. 3 Demmel in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 44 Rz. 19 ff. (zum TKG-1996). 4 Demmel in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 44 Rz. 18 (zum TKG-1996). 5 Hiernach ist die Zustimmung der Luftfahrtsbehörde des Landes und für Navigationsfunkstellen auch die des Flugsicherheitsunternehmens erforderlich.
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D Rz. 348
Frequenzverwaltung
zuweisen ist schließlich noch auf die von der BNetzA aufgestellten einschlägigen Verwaltungsvorschriften, die auf der Website der Behörde abgerufen werden können1. 4.4 Frequenznutzungen für militärische Zwecke 348
Die §§ 52 Abs. 3 und 57 Abs. 2 TKG enthalten Sonderregeln für die Nutzung von Funkfrequenzen durch das Militär. Gemäß § 57 Abs. 2 TKG darf das Bundesministerium der Verteidigung Frequenzen in den Frequenzbereichen, die im Frequenznutzungsplan ausschließlich für militärische Zwecke vorgesehen sind, nutzen, ohne dafür Frequenzzuteilungen zu benötigen. In allen anderen nicht ausschließlich für militärische Zwecke vorgesehene Frequenzbereichen tritt nach § 52 Abs. 3 TKG an die Stelle der Frequenzzuteilung die Herstellung des Einvernehmens zwischen Bundesministerium der Verteidigung und dem Wirtschaftsministerium. 4.5 Mobilfunk
349
In Teil 5 Abschnitt 1 des TKG zur Frequenzordnung wird der Mobilfunk nicht ausdrücklich erwähnt. Im Gesetz selbst spielt er namentlich eine so geringe Rolle, dass in § 3 auf eine Legaldefinition verzichtet werden konnte. Das war unter dem TKG 1996 anders, das dem Mobilfunk eine eigene Definition und Lizenzklasse widmete. Im heutigen Recht ist wohl die Übergangsregelung des § 150 Abs. 4 S. 2 TKG die bedeutendste Vorschrift, die sich dem Mobilfunk widmet.
350
Diese gering ausgeprägte Beredsamkeit des Gesetzes steht in einem gewissen Gegensatz zur wirtschaftlichen Bedeutung des Mobilfunks. Der Jahresbericht der BNetzA nennt für 2005 Umsätze von ca. 28 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Für den Festnetzbereich werden Umsätze von 25.1 Mrd. Euro geschätzt2.
351
Diese Bedeutung rechtfertigt, den Mobilfunk hier ausführlicher zu behandeln, wobei die relevanten regulatorischen Besonderheiten nicht (mehr) unmittelbar aus dem Gesetz folgen, sondern aus der Regulierungshistorie und den erteilten Lizenzen und Frequenzzuteilungen. 4.5.1 Begriff des Mobilfunks
352
Mobilfunkdienstleistungen sind nach der alten Begriffsbestimmung des TKG 1996 Telekommunikationsdienstleistungen, die für die mobile Nutzung bestimmt sind. Eine abgewandelte Definition enthält die Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung in § 4 Nr. 22. Danach ist Mobilfunk ein _______________
1 Verwaltungsvorschriften für Frequenzzuteilungen im mobilen Seefunk und Binnenschifffahrtsfunk (VVSB) Ausgabe September 2004. 2 Bundesnetzagentur Jahresbericht 2005, S. 37 (Festnetz) und 47 (Mobilfunk).
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Besonderheiten bei einzelnen Funkanwendungen und -diensten
Rz. 356 D
Funkdienst zwischen mobilen und ortsfesten Funkstellen oder zwischen mobilen Funkstellen. Die Abgrenzung des Mobilfunks von anderen Funkanwendungen hat durchaus praktische Bedeutung. So werden WLAN und zukünftig BWA (Broadband Wireless Access) auf Frequenzen angeboten, die in den Frequenzplänen nicht für Mobilfunk vorgesehen sind. Daraus folgt, dass diese Frequenzen nicht für Mobilfunk genutzt werden dürfen1. Weiter wurde von interessierter Seite in den Anhörungen zu DVB-T vorgebracht, dass die Frequenzen hierfür nur für stationären Empfang genützt werden dürften, sofern für mobilen Empfang nicht auch Lizenzen der Lizenzklasse 1 erteilt würden2.
353
In der Entscheidung zu DVB-T hat sich die Regulierungsbehörde anscheinend damit schwer getan zu begründen, warum mobil einsetzbarer Rundfunk kein Mobilfunkdienst sein soll3. Angesichts der Verbreitung von Autoradios lässt sich schwerlich widerlegen, dass Rundfunk jedenfalls auch für die mobile Nutzung bestimmt ist. Die Behörde verweist insoweit vor allem auf die historische Sicht und darauf, dass Rundfunk nicht „primär“ für die mobile Nutzung bestimmt sei, was der Wortlaut des TKG-1996 aber auch nicht verlangte. Eleganter wäre es gewesen, unter Verweis auf die Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung darauf hinzuweisen, dass Rundfunkempfänger keine Funkstellen sind.
354
Dieses Argument sticht allerdings bei portablen Endgeräten, wie sie für WLAN oder zukünftig BWA eingesetzt werden, nicht mehr. Die Abgrenzung muss dann anhand der Gegenüberstellung von „mobil“ einerseits und „portabel“ oder „nomadisch“ andererseits erfolgen. Dementsprechend hat die BNetzA als determinierendes Merkmal von Mobilfunk gegenüber portablen bzw. nomadischen Anwendungen darauf abgestellt, dass Mobilfunk den sog. „seamless handover“ zwischen verschiedenen Funkzellen sowie daneben größere, zusammenhängende Versorgungsbereiche voraussetze4. Unter seamless handover ist dabei der nahtlose, für den Nutzer nicht spürbare Übergang zwischen verschiedenen Funkzellen auch während des laufenden Gesprächs zu verstehen5.
355
Dieser Begriffsbestimmung der Behörde ist zuzustimmen, da sie den Nutzererwartungen an Mobilfunk entspricht und zugleich das gebotene Maß an
356
_______________
1 Siehe die Ausführungen unter I. Zu Punkt 1 in der Vfg. 94/2005 Auswertung der Kommentare zum Zuteilungsverfahren für breitbandige drahtlose Verteilsysteme im Bereich 3400-3600 MHz ABl. BNetzA 24/2005, S. 1949. 2 Siehe die Darstellung der eingegangenen Kommentierungen zu Ziffer 1.4 der Vfg. 6/2002 Eckpunkte zur Vergabe von Frequenzen für DVB-T ABl. RegTP Nr. 6/2002, S. 499 (512). Dieser Vortrag ist nach dem neuen Recht überholt. 3 Siehe Vfg. 6/2002 ABl. RegTP Nr. 6/2002, S. 499 (512). 4 Siehe die Mitteilung 181/2005 ABl. BNetzA 14/2005, S. 1146 unter I. zu Eckpunkt 1. 5 Siehe Beck TKG-Komm/Piepenbrock, 2. Auflage, Glossar zu den Stichworten Handover (automatischer Wechsel der Zelle während aktiver Verbindung) und Changeover (automatischer Wechsel der Zelle ohne aktive Verbindung).
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D Rz. 357
Frequenzverwaltung
Differenzierung erreicht. Unschön ist an ihr allerdings, dass sie bei großflächigen BWA-Netzen einem nahtlosen Wechsel zwischen den Funkzellen entgegenstehen kann und damit die Betreiber womöglich zwingt, die eigentlich leistungsfähigere Technik künstlich zu beschränken, etwa indem der Zellwechsel nur nach Bestätigung durch den Nutzer erfolgt. Allerdings wird bei BWA erwogen, im Anschluss an entsprechende Änderungen in den Frequenzplänen auch die mobile Nutzung zu erlauben1. Dies könnte etwa in Umsetzung der WAPECS-Initiative eintreten (dazu schon oben Rz. 12a). 4.5.2 Arten und einschlägige Zuteilungsverfahren 357
In der Praxis und dieser folgend der Regulierung haben sich verschiedene Systeme von Mobilfunk herausgebildet. Es gibt den (allgemeinen) Mobilfunk der 2. und 3. Generation (GSM und UMTS), TFTS (terrestrisches Flugzeug-Telefonsystem, das allerdings in Deutschland nicht eingeführt wurde), Bündelfunk, Funkruf, Datenfunk und Betriebsfunk.
358
Die Differenzierung zwischen den Diensten in regulatorischer Hinsicht wurde bereits vor Inkrafttreten des TKG begonnen, als einzelne Mobilfunkdienste dem Wettbewerb geöffnet wurden. Damals diente die Unterscheidung in regulatorischer Hinsicht der Unterscheidung von Monopol- und Wettbewerbsbereich. Heute ist die Differenzierung zwischen den Mobilfunkdiensten in §§ 61 Abs. 4 Nr. 2 TKG angelegt und hat die Funktion, Mobilfunkdienstleistungen, bei denen die Lizenzzahl bzw. der Marktzugang beschränkt worden ist, und die deshalb in Vergabeverfahren behandelt werden, von anderen zu unterscheiden, bei denen Lizenzen bzw. nunmehr Frequenzen auf Antrag erteilt werden. Entscheidendes Kriterium hierfür ist die Marktabgrenzung, welche sich nach dem so genannten Bedarfsmarktkonzept richtet und anders als nach § 82 S. 2 TKG-1996 nicht mehr das Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt erfordert. Der Grund für diese Änderung ist unklar.
359
Im Einzelnen haben die Mobilfunkdienste folgende Merkmale, die sich in den Lizenzgegenständen bzw. nunmehr Frequenzzuteilungsbescheiden wieder finden: –
GSM: Mobilfunkdienstleistungen nach dem GSM bzw. DCS 1800 Standard2.
–
UMTS: Mobilfunkdienstleistungen der 3. Generation (UMTS/IMT-2000), die sich in einer Reihe von Kriterien qualitativ von GSM unterscheiden3.
_______________
1 Siehe die Begründung zu Ziff. II. 2.1 der Vfg. 42/2006, ABl. BNetzA 20/2006 S. 3051 (3086). 2 Vgl. Vfg. 128/1997, ABl. BMPT 14/1997, S. 679 (E2-Lizenz). 3 Die Kriterien sind etwa verbesserte Multimediafähigkeit, effizienter Internetzugang, Sprachübertragung in Festnetzqualität, siehe für die Einzelheiten Teil A 1. der UMTS-Musterlizenz, ABl. RegTP 4/2000, S. 555 (556). Die Abgrenzung zu
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Besonderheiten bei einzelnen Funkanwendungen und -diensten
Rz. 361 D
–
TFTS: Flugtelefondienstleistungen nach europäischem Standard1.
–
Bündelfunk: Mobilfunkdienstleistungen (sowohl Sprache als auch Daten) überwiegend für firmeninterne Kommunikation2.
–
Funkruf: Pagingdienste mittels einseitiger Übermittlung von Zeichen an den Kunden3.
–
Datenfunk: zweiseitige paketvermittelte Datenübermittlung, nicht jedoch Sprachkommunikation4.
Die Aufzählung zeigt, dass die Abgrenzung teilweise auf den anzubietenden Diensten (Datenfunk, Funkruf), teilweise auf der Nutzungssituation (TFTS), teilweise auf der Kundenzielgruppe (Bündelfunk) und teilweise auch auf technischem Fortschritt (UMTS) beruhen kann. Historisch wurde die Abgrenzung dabei technik- und diensteorientiert vorgenommen. Es spricht allerdings einiges dafür, dass dieser Ansatz bedingt durch den Trend zu Breitbandigkeit und Konvergenz von Sprach- und Datendiensten in Zukunft vor immer größere Schwierigkeiten gestellt werden wird. Schon die Abgrenzung zwischen Bündelfunk und GSM, die beide (schmalbandige) Sprach- und Datenübertragung bieten, war alles andere als unproblematisch5. Zukünftig wird diese Abgrenzung durch die Einführung von UMTS vor noch größeren Problemen stehen. Da UMTS als breitbandiges und „universelles“ Mobilfunksystem letztlich jeden anderen spezialisierten Mobilfunkdienst abbilden kann, werden damit zukünftig alle anderen Mobilfunkdienste zu „Teilmengen“ von UMTS6.
360
Die Regulierungspraxis sucht dem beizukommen, indem sie für die Abgrenzung von Märkten ausreichen lässt, dass die zu erwartenden Substitutions-
361
_______________
1 2
3 4
5 6
GSM ist nicht unumstritten, siehe etwa Degenhart, KR 2001, 32 (40). Dass die Marktabgrenzung vom Bundeskartellamt mitgetragen wurde spricht allerdings für ihre Richtigkeit. Siehe die Musterlizenz in der Ausschreibung Vfg. 74/1998, ABl. RegTP 12/1998, S. 1582 (1587). Die Lizenz wurde mangels Interesse am Markt nicht vergeben. Siehe Ziffer 1 nebst Begründung der Vfg. 13/2001 sowie Teil A Ziffer 1 der neuen Bündelfunk-Musterlizenz, ABl. RegTP 4/2001, S. 519 (543) sowie die Fortschreibung in Vfg. 6/2004 ABl. RegTP 7/2004, S. 299 zu weitbandigem Bündelfunk. Siehe Ziffer 3 nebst Begründung der Vfg. 1/2001, ABl. RegTP 1/2001, S. 3 (7 f.). Siehe Ziffer 1 der mit Vfg. 298/1997 veröffentlichten Lizenz, ABl. BMPT 341997, S. 1838. Hinsichtlich der Sprachkommunikation spricht die Lizenz von „Sprachtelefondienst“, was mit Blick auf die Regulierungspraxis nach dem TKG-1996, die Sprachkommunikation im Mobilfunk keine Lizenz für Sprachtelefondienst (Lizenzklasse 4 des TKG-1996) verlangte, inkonsequent war. Vgl. den dafür nötigen Argumentationsaufwand in Vfg. 13/2001, ABl. RegTP 4/2001, S. 519 (520 f.). So schon die RegTP mit Blick auf das Verhältnis zwischen GSM und UMTS, siehe die Begründung zu Ziffer 1 der Vfg. 51/1999 ABl. RegTP 9/1999, S. 1519 (1521).
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D Rz. 362
Frequenzverwaltung
effekte entweder asymmetrisch1 oder nur einseitig2 ausgeprägt sind. Dieser Ansatz entspricht grundsätzlich dem Bedarfsmarktkonzept. 362
Allerdings ist nicht zu übersehen, dass die hier im Rahmen der Marktdefinition zu treffende Prognoseentscheidung ein machtvolles Instrument zur Steuerung der Märkte sein kann. So kann etwa die Entscheidung, einen Mobilfunkdienst als zum UMTS-Markt gehörig anzusehen, dessen regulatorischem Todesurteil gleichkommen, weil auf dem relevanten Markt die Lizenzzahl bzw. der Marktzugang beschränkt ist und die Lizenzen vergeben sind. Die BNetzA steht hier vor der schwer lösbaren Aufgabe, einerseits eine „Kannibalisierung“ von UMTS durch Dienste, die einzelne attraktive UMTS-Leistungsmerkmale anbieten, zu verhindern, andererseits jedoch den technischen Forstschritt spezialisierter Mobilfunkdienste nicht zu blockieren.
363
Für das Nebeneinander von weitbandigem Bündelfunk und UMTS ist die Praxis der BNetzA Gegenstand eines Rechtsstreits geworden. Im Eilverfahren3 gegen die Präsidentenkammerentscheidung zum weitbandigen Bündelfunk4 hat das angerufene VG Köln sich allerdings nicht mit der Marktabgrenzung abschließend auseinander gesetzt, sondern die Entscheidung, keinen vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, in erster Linie auf Erwägungen zum nach Ansicht des Gerichts nicht gegebenen Drittschutz gestützt. Die UMTS-Lizenzen gewährten keinen Schutz vor dem Angebot gleicher oder vergleichbarer Mobilfunkdienstleistungen durch (nicht für UMTS lizensierte) Dritte5. Auch sonst folge aus den Regelungen der Frequenzordnung kein Drittschutz aus marktlichen Gesichtspunkten. Diese wären nur dann relevant, wenn im Rahmen von Vergabeverfahren der sachliche und räumliche Markt zu definieren sei. Ein Vergabeverfahren habe bei der beklagten Vergabe von Frequenzen für weitbandigen Bündelfunk aber nicht stattgefunden.
364
An diesen Aussagen sind gewisse Zweifel angebracht. Auf die Spitze getrieben würde sie bedeuten, dass die UMTS-Lizenznehmer es hinnehmen müssten, dass Dritte dem gleichen Markt zugehörige Dienstleistungen anbieten, obwohl eine bestandskräftige Präsidentenkammerentscheidung der Regulierungsbehörde festgelegt hat, dass die Anzahl der für diesen Markt verfügbaren Lizenzen beschränkt wird und der Marktzugang nur durch Qualifikation _______________
1 So die Vfg. 51/1999 ABl. RegTP 9/1999, S. 1519 (1521) zum Verhältnis GSM/ UMTS. 2 Siehe die Begründung zu Ziffer 1 der Vfg. 13/2001, ABl. RegTP 4/2001 S. 519 (521) zu GSM/Bündelfunk. 3 Beschl. des VG Köln v. 3.9.2004, AZ 11 L 1280/04, soweit ersichtlich unveröffentlicht, aber im NRW-Justizportal abrufbar. 4 Vfg. 6/2004 ABl. RegTP 7/2004, S. 299. 5 VG Köln v. 3.9.2004, AZ 11 L 1280/04, S. 5 des Beschlussabdrucks. Auf gleicher Linie auch die Hauptsacheentscheidung v. 7.7.2006, AZ 11 K 2763/04, CR 2007, 166 (Ls.), vollständig abzurufen im NRW-Justizportal. Zustimmend zur Entscheidung Nacimiento, K&R 2006, 536.
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Besonderheiten bei einzelnen Funkanwendungen und -diensten
Rz. 366a D
in einem Versteigerungsverfahren möglich sei1. Im Vergabeverfahren für UMTS haben auch die vom Gericht angesprochenen marktlichen Gesichtspunkte eine Rolle gespielt. Darauf geht das Gericht nicht ein. Man kann die strenge Linie des Gerichts aber auch positiv sehen. Sie erweitert nämlich den Spielraum der BNetzA bei zukünftigen Frequenzzuteilungen, da nunmehr die Hürden für Klagen von Inhabern alter Zuteilungen sehr hoch hängen2. 4.5.3 Praxisrelevante Lizenz- und Zuteilungsbestimmungen 4.5.3.1 Versorgungspflichten Mobilfunklizenzen bzw. nunmehr Frequenzzuteilungen, die in Vergabeverfahren vergeben werden, enthalten in ihren Nebenbestimmungen regelmäßig Versorgungspflichten. Diese werden in der Regel administrativ durch die BNetzA festgelegt, wofür nunmehr § 61 Abs. 4 Nr. 4 TKG die Rechtsgrundlage gibt. Es ist bei Ausschreibungen aber auch denkbar, statt einer regulatorischen Entscheidung entsprechende Zusagen der erfolgreichen Ausschreibungsteilnehmer aufzugreifen, wie bei WLL geschehen.
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Die praktische Durchsetzung solcher Versorgungsauflagen ist nicht unproblematisch (siehe oben Rz. 278). Bei UMTS wurde gegen die Lizenznehmerin Quam nach Nichteinhaltung der entsprechenden Lizenzauflagen ein Widerrufsverfahren für die Lizenz eingeleitet3, dessen Ausgang anscheinend noch offen ist. Im genannten Fall wäre der Widerruf der Lizenz zweifelsfrei rechtlich zulässig. Wenn allerdings die Lizenznehmerin in dieser Angelegenheit durch die Instanzen geht, dann wird es noch Jahre dauern, bis die Frequenzen an andere Interessenten praktisch zuteilbar sind, und zwar schon deshalb, weil niemand in den Aufbau eines UMTS-Netzes investieren wird, so lange die zu nutzenden Frequenzen noch streitbefangen sind.
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Einen neuen Ansatz zur Durchsetzung von Versorgungsauflagen deutet die BNetzA allerdings in den Eckpunkten der Entscheidung zum Vergabeverfahren BWA an4. Sie kündigt dort die Festsetzung von Zwangsgeldern nach § 126 Abs. 2, 5 TKG an, die bis zu 500.000 Euro betragen könnten. In der Tat wären solche Zwangsgelder in diesen Fällen möglich, siehe oben Rz. 144. Wenn, wie bei WLL geschehen, Zuteilungsnehmer insolvent werden, dann nützen Zwangsgelder allerdings auch nichts, um das Ziel der Versorgungsauflagen zu erreichen. Interessanterweise enthält die letztlich zu
366a
_______________
1 Vgl. Ziffer 4 und 5 des Tenors der Vfg. 51/1999 ABl. RegTP 9/1999, S. 1519. 2 Dies hebt auch Nacimiento, K&R 2006, 536 (538) hervor. 3 Siehe die Begründung zu Eckpunkt 2 der Verfügung 33/2005, ABl. RegTP 8/2005, S. 783 (786). 4 Mitteilung Nr. 252/2006, ABl. BNetzA 13/2006, S. 1814 (1834).
Jenny | 349
D Rz. 367
Frequenzverwaltung
BWA ergangene Präsidentenkammerentscheidung keine Hinweise zum Zwangsgeld mehr1. Warum bleibt unklar. 4.5.3.2 Wettbewerbliche Unabhänigkeit und Infrastruktur-Sharing 367
Die UMTS-Lizenzen enthalten in ihrem Teil C und Ziffer 2 die Aussage, dass die wettbewerbliche Unabhängigkeit der Lizenznehmer für die gesamte Lizenzlaufzeit zu gewährleisten sei2. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine Nebenbestimmung im eigentlichen Sinne, die als Regelung der Lizenzen als Verwaltungsakte anzusehen wäre, sondern um einen Hinweis an die Lizenznehmer auf nach Ansicht der Regulierungsbehörde bereits von Gesetz wegen bestehende Verpflichtungen, was sich daraus ergibt, dass diese Aussage sich im entsprechenden Abschnitt der Lizenzen befindet3.
368
Das Konzept der wettbewerblichen Unabhängigkeit wird darüber hinaus in der UMTS-Entscheidung von der Regulierungsbehörde als Begründung für mehrere Aussagen herangezogen, die zum Teil gravierende Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit der Lizenznehmer haben können. Im Einzelnen stützt die Regulierungsbehörde hierauf das Verbot von Doppelbewerbungen (dazu oben Rz. 257), ein (vermeintliches) Verbot für die Lizenznehmer, als Diensteanbieter anderer Lizenznehmer auf demselben Markt zu agieren, Bedenken gegen ein Roaming zwischen inländischen UMTS-Netzen sowie schließlich Grenzen für die Kooperation beim Netzaufbau4. Dies gibt Anlass zu fragen, ob es den von der Behörde postulierten Grundsatz wettbewerblicher Unabhängigkeit überhaupt gibt, und falls ja, welche konkreten Folgerungen aus ihm abgeleitet werden können.
369
Dabei kann sich dieser Grundsatz nur aus dem TKG selbst ergeben, da er zum einen, wie erwähnt, nicht im regelnden Teil der UMTS-Lizenzen enthalten ist, und zum anderen auch in der Entscheidungen zur UMTS-Lizenzvergabe nicht als eigenständige Regelung auftaucht, sondern nur als Begründung einzelner Regelungen verwendet wird. Die Regulierungsbehörde leitet den Grundsatz aus der Beschränkung der Lizenzzahl sowie dem Regulierungsziel des § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG, wonach ein chancengleicher, funktionsfähiger Wettbewerb sicherzustellen ist, ab und beruft sich ergänzend auf die Regulierungspraxis in früheren Vergabeverfahren5.
370
Dieser Ansatz ist allerdings erheblichen Zweifeln ausgesetzt. Über die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen funktionsfähigen und chancen_______________
1 2 3 4
Siehe Vfg. 42/2006, ABl. BNetzA 20/2006, S. 3051. Siehe die UMTS-Musterlizenz, ABl. RegTP 4/2000, S. 555. So auch Koenig/Neumann, K&R 2001, 281 (282). Siehe Vfg. 13/2000, ABl. RegTP 4/2000, S. 516 (518) (Doppelbewerbung), 527 (Lizenznehmer als Diensteanbieter), 532 (Roaming zwischen inländischen UMTS-Netzen) und 535 (Kooperation). 5 Siehe erneut Vfg. 13/2000, ABl. RegTP 4/2000, S. 516 (518).
350 | Jenny
Besonderheiten bei einzelnen Funkanwendungen und -diensten
Rz. 373 D
gleichen Wettbewerbs lässt sich nämlich ebenso trefflich streiten wie über die Frage, welche Verhaltensweisen der Marktteilnehmer im Einzelnen hierfür wünschenswert sind und welche nicht. Von daher erweist sich dieses Regulierungsziel für sich genommen schwerlich als geeignet, losgelöst von konkreten Verhaltensnormen des TKG das Marktverhalten zu regulieren. Das gilt umso mehr, als Verhaltensweisen und Sachverhalte wie die Doppelstellung eines UMTS-Lizenznehmers und UMTS-Diensteanbieters, National Roaming oder die Kooperation beim Infrastrukturausbau mit Blick auf den Wettbewerb und auch die sonstigen Regulierungsziele durchaus ambivalent zu beurteilen sind1. Neben dem genannten Regulierungsziel des § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG enthielt das TKG-1996 noch einige punktuelle Aussagen zu Eingriffsmöglichkeiten der Regulierungsbehörde bei wettbewerbspolitisch unerwünschten Entwicklungen auf Märkten, bei denen die Lizenzzahl beschränkt wurde. Zum einen konnten einzelne Bewerber zur Sicherung des Wettbewerbs vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden, wobei diese Bestimmung auch nach erfolgter Lizenzerteilung anwendbar blieb, wenn Lizenzen übertragen wurden. Daneben ermöglichte § 32 TKG-1996, einem Lizenznehmer, der einen Markt beherrscht, auf dem die Anzahl der Lizenzen beschränkt ist, in einer Lizenzauflage ein Zusammenschlussverbot für diesen Markt aufzuerlegen2.
371
Gerade die sich im Umkehrschluss aus § 32 TKG-1996 ergebende Möglichkeit zum Zusammenschluss nicht marktbeherrschender Lizenznehmer war ein deutliches Indiz gegen die Sicht der Behörde, da ein Zusammenschluss das Gegenteil wettbewerblicher Unabhängigkeit ist.
372
In der Zusammenschau waren die erwähnten Handlungsmöglichkeiten eher punktuell und nicht geeignet, ein allgemeines Prinzip mit klaren rechtlichen Konturen zu begründen3. Da auch sonst keine rechtlich eindeutige Fundierung eines allgemeinen Grundsatzes wettbewerblicher Unabhängigkeit erkennbar war und ist, entsteht der Eindruck, dass es sich hier letztlich um eine Art Argumentationstopos handelt, mit der die BNetzA ihr unerwünscht erscheinenden Marktentwicklungen gegensteuern will. Eben wegen der fehlenden rechtlichen Fundierung ist der Grundsatz dazu aber kaum geeignet. Die Behörde hält indessen auch unter dem neuen TKG an ihm fest4.
373
_______________
1 So auch Koenig/Neumann, K&R 2001, 281 (286) hinsichtlich Kooperation im Infrastrukturbereich. 2 Siehe näher Beck TKG-Komm/Salger/Traugott, 2. Auflage, § 32 Rz. 3. 3 So auch Koenig/Neumann, K&R 2001, 281 (287). 4 Siehe die Präsidentenkammerentscheidung zu BWA, Vfg. 42/2006, ABl. BNetzA 20/2006 S. 3051 (3077).
Jenny | 351
D Rz. 374
Frequenzverwaltung
4.5.3.3 Gemeinsame Nutzung von Infrastruktur 374
Erstmals relevant wurde die wettbewerbliche Unabhängigkeit als „Hinweis“ in den Lizenzbestimmungen etwa ein dreiviertel Jahr nach Vergabe der UMTS-Lizenzen, als seitens der Lizenznehmer der Wunsch aufkam, beim Aufbau ihrer Infrastruktur zu kooperieren, und dabei nicht nur Infrastrukturteile wie Gebäude, Stromversorgung und Sendemasten, die nicht unmittelbar zum Mobilfunknetz gehören, gemeinsam zu nutzen, sondern auch Sende-, Vermittlungs- und Netzwerktechnik. Hier wurde anscheinend durch die Lizenznehmer intensive Lobbyarbeit betrieben1, die schließlich zur Veröffentlichung eines „Thesenpapiers“ zu dieser Fragestellung durch die Regulierungsbehörde führte2. Die Bezeichnung als Thesenpapier zeigt dabei, dass es sich dabei nicht um eine rechtliche Regelung, sondern um eine Interpretation der Lizenz- und Vergabebedingungen handelt. Die Behörde nimmt dabei zur gemeinsamen Nutzung verschiedener Netzbestandteile sowie von weiteren Infrastrukturteilen, die nicht zum eigentlichen Netz gehören, Stellung. Dabei werden die Aussagen sowohl auf die wettbewerbliche Unabhängigkeit als auch das Erfordernis der Funktionsherrschaft, die beim jeweiligen Lizenznehmer liegen muss, gestützt. Die Aussagen sind genau genommen als Diskussionsbeitrag zu verstehen, was sich daran zeigt, dass auf der Website der Regulierungsbehörde zu Kommentaren aufgefordert wurde.
375
Aus den Ausführungen oben dürfte deutlich geworden sein, dass die wettbewerbliche Unabhängigkeit als solche kein geeignetes Kriterium ist, um die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Kooperationen beim Aufbau von UMTS-Infrastruktur zu beurteilen. Der rechtlich entscheidende Maßstab hierfür ist vielmehr die Funktionsherrschaft (siehe dazu oben Rz. 102, 299 ff.). Diese muss stets beim jeweiligen Lizenznehmer bzw. heute Zuteilungsinhaber liegen. Hätte diese jemand anders, so würde er eine Lizenz bzw. Frequenzzuteilung für die jeweiligen UMTS-Mobilfunkübertragungswege benötigen. Neben der Funktionsherrschaft können auch Aspekte des bereichspezifischen Datenschutzes oder wettbewerbsrechtliche Aspekte nach allgemeinem Kartellrecht relevant werden.
376
Hieraus ergibt sich zunächst, dass eine gemeinsame Nutzung von Infrastrukturteilen, die nicht unmittelbar in die Informationsübermittlung involviert sind (dazu gehören Grundstücke, Masten, Antennen, Kabel, Stromversorgung und Combiner sowie Site Support Cabinets, d. h. Schränke, in
_______________
1 Laut dem Spiegel ging dies bis zum Bundeskanzler, vgl. den Beitrag ‚Kartell der Verlierer’, DER SPIEGEL 24/2001, S. 118. 2 Veröffentlicht auf der Website der BNetzA in der Rubrik „Regulierung/Frequenzordnung/öffentlicher Mobilfunk/UMTS“.
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Besonderheiten bei einzelnen Funkanwendungen und -diensten
Rz. 379 D
denen technische Ausrüstung untergebracht ist), die Funktionsherrschaft der kooperierenden Lizenznehmer nicht in Frage stellt1. Bei allen Infrastrukturteilen, welche unmittelbar zur Realisierung der Informationsübertragung genutzt werden, kommt es demgegenüber darauf an, dass die Kooperationspartner diese soweit ihre Übertragungswege betroffen sind, selbst steuern. Eine physische Trennung der relevanten Geräte und Anlagen ist dabei nicht zwingend erforderlich, eine logische genügt. In diesem Sinne äußert sich auch die Behörde in ihrem Thesenpapier, die daneben aber eine Reihe von einschränkenden Voraussetzungen postuliert2. Diese sind:
377
a) unabhängige Steuerung von Node B bzw. RNC, so dass jeder Kooperationspartner nur „seine“ Frequenzen nutzt und Zell-Last und Funkleistung selbst steuert, b) kein Austausch wettbewerbsrelevanter Daten über betriebstechnische Informationen hinaus (z. B. Kundendaten), c) Trennung der „Operation and Maintenance Center“, d) Betrieb eigener Node B bzw. Möglichkeit zum Betrieb eigener RNC (Gewährleistung eigener Planungshoheit), e) hinsichtlich gemeinsamer Node B: keine regionale Aufteilung der Versorgungsgebiete zwischen Kooperationspartnern, hinsichtlich gemeinsamer RNC: Anschluss eigener, selbst betriebener Node B an das eigene logische RNC. Von diesen Einschränkungen lassen sich die Punkte a), c) und teilweise auch d) auf das Erfordernis der Funktionsherrschaft zurückführen. Aus diesem folgt unmittelbar, dass jeder Kooperationspartner soweit es um sein Netz geht den Node B bzw. das RNC unabhängig steuern können muss. Auch die Trennung der Operation und Maintenance Center (d. h. der Einrichtungen, in denen die das Netz steuernden und wartenden Techniker arbeiten) folgt im Prinzip aus der Funktionsherrschaft. Allerdings erscheint es denkbar, dass auch innerhalb eines Operation und Maintenance Centers die Funktionsherrschaft über zwei Netze unabhängig voneinander ausgeübt wird. Dazu erforderlich wären allerdings strikte Regelungen zu Weisungsrechten und zur Aufteilung der technischen und personellen Kapazitäten. Soweit bekannt ist dergleichen noch nicht realisiert worden.
378
Punkt d) hat neben wettbewerblichen Elementen auch Bezüge zur Funktionsherrschaft. Wenn ein Kooperationspartner aufgrund der Zusammenarbeit in seinen Planungsmöglichkeiten aufgrund technischer Sachzwänge
379
_______________
1 So auch das Thesenpapier der Regulierungsbehörde unter Ziffern 1 und 2. Die Aussagen zu Betriebsgebäuden, Stromversorgung, Antennenmasten sowie Antennen (mit Kabel und Combiner) finden sich bereits in der UMTS-Entscheidung selbst, siehe Vfg. 13/2000, ABl. RegTP 4/2000, S. 516 (535). 2 Ziffern 3 und 4 des Thesenpapiers.
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D Rz. 380
Frequenzverwaltung
eingeschränkt würde, dann würde das seine Fähigkeit zum Aufbau neuer, von der Kooperation nicht berührter Übertragungswege beeinträchtigen. Das würde mit Bezug auf diese die Funktionsherrschaft in Frage stellen. Aus Sicht der Funktionsherrschaft wäre es aber ausreichend, wenn der Betrieb eigener Node B sowohl innerhalb im Zusammenhang mit den gemeinsamen RNC als auch unabhängig davon technisch möglich ist. Ob dies tatsächlich praktiziert wird hat auf die Funktionsherrschaft keine Auswirkungen. Insoweit müssen sich die Aussagen der Regulierungsbehörde zum Betrieb eigener Node B in den Punkten d) und e) auf wettbewerbsrechtliche Prinzipien stützen lassen (dazu gleich). 380
Keinen Bezug oder nur eingeschränkten Bezug zur Funktionsherrschaft haben des weiteren der unter Punkt b) erwähnte Datenaustausch, der bei d) und e) angesprochene tatsächliche Betrieb unabhängiger Node B sowie die Aufteilung von Versorgungsgebieten aus Punkt e). Insoweit bedarf es anderer Begründungsansätze, für die, wie dargelegt, das von der Regulierungsbehörde postulierte Prinzip wettbewerblicher Unabhängigkeit nicht taugt.
381
Relativ einfach zu finden ist diese für den Ausschluss der Überlassung von Kundendaten. In Basisstationen und RNCs anfallende Kundendaten werden jeweils sogenannte Verbindungsdaten im Sinne der einschlägigen Regelungen des 11. Teils des TKG sein. Für Erhebung, Verarbeitung und Nutzung solcher Daten gelten spezifische Restriktionen, die eine Übermittlung an andere Telekommunikationsunternehmen allein zur Ermöglichung der Infrastrukturteilung prinzipiell ausschließen dürften (näher dazu Kapitel L). Abgesehen von diesen Kundendaten ist allerdings schwer zu sehen, was „wettbewerbsrelevante Daten über betriebstechnische Information hinaus“ sein sollen. Allerdings wird dies wohl so lange kein praktisches Problem werden, als die Kooperationspartner miteinander im Wettbewerb stehen, da sie dann hinreichend Anreiz haben, den Informationsaustausch auf das betriebstechnisch Notwendige zu beschränken.
382
Was die übrigen Aussagen des Thesenpapiers angeht bleibt als sachliche Rechtfertigung für sie letztlich nur § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)1. Insoweit ist allerdings zuzugeben, dass etwa Gebietsabsprachen häufig als Beispiele nach § 1 GWB unzulässiger Vereinbarungen genannt werden2, und dass es durchaus ein Zeichen fehlenden Wettbewerbs zwischen zwei Kooperationspartnern sein kann, wenn einer oder beide keine unabhängigen Node B betreiben würde. Dabei müssen einerseits auch die Zuliefermärkte der UMTS-Lizenznehmer im Blick behalten werden, andererseits aber auch gesehen werden, dass sogenannte Rationalisierungkartelle unter Umständen durch das Bundeskartellamt nach § 3 GWB
_______________
1 So auch Koenig/Neumann, K&R 2001, 281 (288). 2 Siehe nur Bechtold, GWB § 1 Rz. 1, 38.
354 | Jenny
Rz. 386 D
Besonderheiten bei einzelnen Funkanwendungen und -diensten
vom allgemeinen Kartellverbot ausgenommen werden können1. Dem soll hier nicht weiter nachgegangen werden2. Die grundsätzlichen Aussagen des Thesenpapiers sind verallgemeinerungsfähig und können auch bei anderen Funkanwendungen herangezogen werden.
383
4.5.3.4 National Roaming und Lizenznehmer als Diensteanbieter Eines der im Vorfeld der UMTS-Lizenzierung umstrittensten Themen war das sogenannte National Roaming. Dahinter verbirgt sich die Möglichkeit, als Kunde eines Mobilfunkunternehmens auch außerhalb dessen Versorgungsbereich über die Netze anderer Mobilfunkunternehmen erreichbar zu sein. Im Internationalen Gebiet ist dies auf der Grundlage von Verträgen zwischen den Mobilfunkunternehmen gängige Praxis. In Deutschland wurde nationales Roaming erstmals möglich, als Viag Interkom (E2-Lizenznehmer, jetzt als O2 firmierend) und DeTeMobil Deutsche Telekom Mobilnet GmbH (D1-Lizenznehmer, heute firmierend als T-Mobile) ein entsprechendes Abkommen schlossen. Damit war es Kunden des sehr viel später gestarteten E2 Netzes möglich, außerhalb dessen Versorgungsbereich in Deutschland über die Netze von D1 zu telefonieren.
384
Vor der UMTS-Lizenzierung in Deutschland befürchteten Neueinsteiger auf dem deutschen Mobilfunkmarkt, im Wettbewerb gegenüber den Lizenznehmern für GSM benachteiligt zu sein, da diese ihren UMTS-Kunden außerhalb der Versorgungsbereiche von deren UMTS-Netzen die Möglichkeit bieten können, über die bestehenden GSM-Netze erreicht zu werden3. Diese Möglichkeit wie auch das Roaming zwischen terrestrischen und satellitengestützten UMTS-Netzbestandteilen gehört zur Spezifikation von UMTS, was sich auch aus dem Lizenzgegenstand der UMTS-Lizenzen ergibt4. Seitens potentieller Neueinsteiger auf den deutschen Mobilfunkmarkt wurde deshalb gefordert, dass Lizenznehmern, die sowohl über UMTS als auch GSM-Netze verfügten, eine Pflicht zum Abschluss von Vereinbarungen über National Roaming auferlegt werde.
385
Die Regulierungsbehörde hat in ihrer Entscheidung grundsätzlich den Neueinsteigern darin zugestimmt, dass Roaming mit GSM-Netzen für deren Wettbewerbschancen wichtig sei. Sie hat insoweit aber keine Lizenzauflage
386
_______________
1 So auch Koenig/Neumann, K&R 2001, 281 (288). Auffallend ist, dass die dort vorgeschlagenen Vorkehrungen zur kartellrechtlichen Absicherung in ganz ähnlicher Form im Thesenpapier der RegTP auftauchen. 2 Siehe zur Kooperation bei Infrastruktur und national roaming zwischen O2 und T-Mobile die Entscheidung der Europäischen Kommission v 16.7.2003, ABl. EU 2004 Nr. L 75, S. 32 ff. 3 Siehe die Zusammenfassung der Stellungnahmen in Vfg. 13/2000, ABl. RegTP 4/2000, S. 516 (529). 4 Siehe Ziffer 1 Punkt 5 der UMTS-Musterlizenz, ABl. RegTP 4/2000, S. 555 (556).
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D Rz. 387
Frequenzverwaltung
vorgesehen, weil sie meinte, dass entsprechende Möglichkeiten und Ansprüche bereits in hinreichendem Umfang durch § 4 der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung (TKV) beziehungsweise der inhaltlich gleichen Nebenbestimmungen der noch vor Inkrafttreten des TKG erteilten GSM-Lizenzen eröffnet werden. Ob das zutrifft1 mag hier dahinstehen (siehe dazu H Rz. 376 f.). Nach Aufhebung von § 4 TKV durch die Übergangsregelungen des TKG-2004 wird die Frage im Rahmen der Vergabe weiteren Spektrums für UMTS an Neueinsteiger unter Umständen wieder auf die Tagesordnung kommen. 387
Einzugehen ist aber auf die Äußerungen in der UMTS-Entscheidung zu Roaming zwischen UMTS-Netzen einerseits und der angeblich unzulässigen Stellung eines UMTS-Lizenznehmers als Diensteanbieter eines anderen. Bezüglich eines National Roaming direkt zwischen UMTS-Netzen äußert sich die Regulierungsbehörde in der Entscheidung dahingehend, dass dergleichen als UMTS-Systemvoraussetzung grundsätzlich zulässig sei, aber mit Blick auf die wettbewerbliche Unabhängigkeit und das Kartellrecht im Einzelfall geprüft werden müsse2. In den Lizenzen selbst findet sich aber der Hinweis, dass der Lizenznehmern verwehrt sei, Diensteanbieter von Betreibern auf demselben Markt zu werden3. Diese Aussage steht im unmittelbarem Zusammenhang mit der oben (Rz. 367 ff.) bereits angesprochenen These von der wettbewerblichen Unabhängigkeit und wird unmittelbar auf diese gestützt.
388
Wie eben ausgeführt interpretiert die Regulierungsbehörde National Roaming mit GSM als ein Diensteangebot im Sinne von § 4 TKV und sieht insoweit die UMTS-Lizenznehmer als Diensteanbieter für GSM-Dienstleistungen. Daraus ergibt sich mit Blick auf National Roaming zwischen UMTSNetzen einerseits und das Verbot, als UMTS-Lizenznehmer Diensteanbieter eines anderen UMTS-Lizenznehmers zu sein, ein Widerspruch. Wenn National Roaming grundsätzlich als ein Fall des Vermarktens fremder Telekommunikationsdienste anzusehen ist (so die Regulierungsbehörde mit Blick auf GSM) kann dies mit Blick auf UMTS nur entweder als Systemvoraussetzung grundsätzlich zulässig oder aber als Diensteangebot unzulässig sein. Beides gleichzeitig ist logisch nicht möglich.
389
Dieser Widerspruch löst sich letztlich aufgrund der oben (Rz. 370 ff.) dargelegten Ablehnung des von der Regulierungsbehörde angenommenen allgemeinen Grundsatzes wettbewerblicher Unabhängigkeit. Demnach ist das Angebot fremder UMTS-Dienste durch UMTS-Lizenznehmer nicht per se unzulässig, sondern kann nach denselben Grundsätzen wie National Roaming zwischen UMTS-Netzen zulässig sein. Der anders lautende Hinweis in den UMTS-Lizenzen steht dem nicht entgegen, da er keine eigenständige _______________
1 Deutliche Zweifel äußert insoweit allerdings von Hammerstein, MMR 2001, 214. 2 Siehe Vfg. 13/2000, ABl. RegTP 4/2000, S. 516 (532). 3 Teil C 2. der UMTS-Musterlizenz, ABl. RegTP 4/2000, S. 555 (557).
356 | Jenny
Besonderheiten bei einzelnen Funkanwendungen und -diensten
Rz. 391 D
Regelung der Lizenzen sein soll, sondern lediglich ein Hinweis auf die (vermeintlich) bestehende Rechtslage. 4.5.3.5 Laufzeit Mobilfunklizenzen bzw. Frequenzzuteilungen werden regelmäßig befristet erteilt. Die in der Praxis vorkommenden Fristen liegen zwischen 12 (Funkruf) und 20 Jahren (GSM, UMTS), was dem Erfordernis, die Befristung so vorzunehmen, dass Investitionen für den Netzaufbau amortisiert werden können, genügen sollte. Rechtsgrundlage der Befristung ist nunmehr § 55 Abs. 8 TKG (siehe schon oben Rz. 146). Hierfür spricht neben Wettbewerbsgesichtspunkten – die Frequenzen sollen nicht auf ewig der Nutzung durch andere entzogen werden1 – der technische Fortschritt, dem nicht gedient wäre, wenn Frequenzen für veraltete Techniken und Dienste unbefristet zugeteilt blieben2. Mit Blick auf diese Aussagen ist die Verlängerung der GSMLizenzen und Frequenzzuteilungen kritisch zu sehen (siehe dazu oben Rz. 148 f.).
390
4.5.4 Aktuelle Entwicklungen 4.5.4.1 GSM-Konzept Im Bereich des GSM-Mobilfunks war die BNetzA in jüngerer Vergangenheit mit einer Reihe von Fragen und Entwicklungen konfrontiert, die sie mit dem so genannten GMS-Konzept3 zu behandeln sucht. –
Die erteilten GSM-Lizenzen und Frequenzzuteilungen liefen teilweise nur noch bis Ende 2009 und von den Inhabern wurde der Wunsch nach Verlängerung geäußert.
–
Zwei der vier Netzbetreiber (E-Plus, O2) verfügten nur über Frequenzen im Frequenzbereich 1800 MHz, wodurch sich diese gegenüber den anderen Betreibern (T-Mobile und Vodafone) benachteiligt fühlten.
–
Durch Verzicht des diese Frequenzen zuvor nutzenden Militärs sind insgesamt 2 x 10 MHz aus dem Frequenzbereich um 900 MHz zusätzlich verfügbar geworden. Diese Frequenzen sind durch die europäischen Gremien als Erweiterungsbänder für GSM-Mobilfunk vorgesehen4.
–
Auf längere Sicht sind die heute für GSM im Einsatz befindlichen Frequenzen im Bereich 1800 MHz durch Beschlüsse der WRC-2000 der ITU
_______________
1 Vgl. Beck TKG-Komm/Schütz, 2. Auflage, § 8 Rz. 34 unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung. 2 Auf dieser Linie auch die Begründung zur Befristung der Bündelfunk-Lizenzen, Vfg. 13/2001, ABl. RegTP 4/2001, S. 519 (531). 3 Vfg. 88/2005, ABl. BNetzA 23/2005, S. 1852. 4 Entscheidung des Europäischen Funkausschusses der CEPT v. 21.3.1997, ERC/ DEC/(97)02.
Jenny | 357
391
D Rz. 392
Frequenzverwaltung
als Erweiterungsbänder für UMTS vorgesehen1. Die derzeitigen Nutzungsrechte für die Frequenzen für GSM waren unterschiedlich befristet, teils bis 2009, teil bis 2012 und teils bis 2016. 392
Im GSM-Konzept kündigt die BNetzA folgendes Vorgehen an: –
Komplex I: Die verfügbaren 2 x 10 MHz aus dem Bereich um 900 MHz werden zu gleichen Teilen an E-Plus und O2 zugeteilt, die dafür entsprechendes Spektrum im Bereich 1800 MHz räumen müssen.
–
Komplex II: Alle GSM-Betreiber, deren Lizenzen früher ablaufen, erhalten die Option zur Verlängerung bis Ende 2016.
–
Komplex III: Das durch die Verlagerung freiwerdende Spektrum im Bereich 1800 MHz soll dem Markt bedarfsgerecht und diskriminierungsfrei zur Verfügung gestellt werden.
393
Rechtlich gesehen ist das GSM-Konzept keine unmittelbar wirksame Maßnahme (etwa Verwaltungsakt oder Rechtsnorm), sondern die Ankündigung des beabsichtigten Vorgehens seitens der BNetzA2. Die Umsetzungsmaßnahmen für die einzelnen Maßnahmenkomplexe sollen jeweils im Amtsblatt bekannt gemacht werden. Als erste Maßnahme sind gegenüber den beiden E-Netz-Betreibern so genannte Frequenzverlagerungsbescheide zur Umsetzung von Komplex I ergangen3.
394
Im Vorfeld war ein Entwurf des Konzepts gemeinsam mit Entwürfen zur Änderung der Frequenznutzungspläne für die zusätzlichen Frequenzen im Bereich 900 MHz veröffentlicht und zur Kommentierung gestellt worden4. Anders lautende Vorstellungen kamen vor allem von zwei Seiten: Öffentliche Eisenbahnunternehmen schlugen vor, die freigewordenen Frequenzen für Eisenbahnfunk im Standard GSM-R zu nutzen. Weiter meldeten sich Interessenten an einem Neueinstieg in den GSM-Markt, die forderten, die freien Frequenzen an Neueinsteiger zu vergeben. Beide Anliegen drangen nicht durch.
395
Zuzustimmen ist dabei der Entscheidung, die Frequenzen im 900 MHzBereich nicht für Eisenbahnfunk zu nutzen. Insbesondere wäre ein deutscher Alleingang gerade auch vor dem Hintergrund eines Zusammenwachsens der europäischen Schienennetze wenig sinnvoll gewesen5. _______________
1 Durch Nutzungsbestimmung D384A in Anlage B der FreqBZPV in deutsches Recht umgesetzt. 2 Siehe den Hinweis unter Buchstabe C. des Konzepts, Vfg. 88/2005, ABl. BNetzA 23/2005, S. 1869. 3 Mitteilung 78/2006; ABl. BNetzA 4/2006, S. 702. 4 Vfg. 31/2005 (Anhörung zum GSM-Konzept) und Vfg. 32/2005 (Anhörung zu den Entwürfen der Frequenznutzungsteilpläne 226 und 227) ABl. RegTP 8/2005, S. 746 bzw. 750. Zeitgleich wurde mit Vfg. 33/2005 auch das unten zu besprechende UMTS-Konzept zur Anhörung gestellt. 5 Siehe im Übrigen die ausführliche Begründung gegen GSM-R im GSM-Konzept.
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Besonderheiten bei einzelnen Funkanwendungen und -diensten
Rz. 398 D
Kritik ist aber gegenüber dem übrigen Konzept angebracht. Während einerseits die Marktentwicklung im Mobilfunk eine Regulierung von Terminierungsentgelten notwendig zu machen scheint und die BNetzA den Betreibern eine beträchtliche Marktmacht bescheinigt1 lässt die Behörde andererseits die Chance aus, den Wettbewerb durch Ermöglichung eines weiteren Marktzutritts zu fördern. Ordnungspolitisch ist das jedenfalls nicht glücklich. In diesem Zusammenhang ist auch der Verweis auf den Dritten Handlungskomplex des Konzepts keine echte Hilfe: Wenn die Behörde einerseits E-Plus und O2 dadurch im Nachteil sieht, dass diese lediglich über Spektrum im Bereich 1800 MHz verfügen, ist nicht recht plausibel, die dann dort frei werdenden Frequenzen als adäquate Alternative zu den Frequenzen im Bereich 900 MHz darzustellen.
396
Pikant ist in diesem Zusammenhang auch Folgendes: E-Plus und O2 hatten bei ihrem Markteintritt jeweils 2 x 22,4 MHz während T-Mobile und Vodafone sich im 900 MHz Bereich mit je 2 x 12,4 MHz begnügen mussten2. Wegen der besseren Ausbreitungseigenschaften ist das Spektrum im unteren Bereich also anscheinend fast doppelt so wertvoll wie das im 1800er Bereich. Gleichwohl wird in den Frequenzverlagerungsbescheiden ein Umtauschverhältnis von 1:1 angewendet, so dass O2 und E-Plus für 2 x 5 MHz im oberen Bereich 2 x 5 MHz im unteren erhalten. Daneben liegen die zu räumenden Bereiche nicht nebeneinander3, was allerdings aufgrund der Belegungssituation auch nicht möglich war4. Diese zwei Umstände machen die zu räumenden Frequenzen im Bereich 1800 MHz für potentielle Neueinsteiger jedenfalls nicht attraktiver.
397
Die im Handlungskomplex II zu gewährende Verlängerungsoption ist oben Rz. 148 ff. bereits kritisch beleuchtet worden. Ein weiterer Kritikpunkt ist der Umstand, dass es mit der Verlängerung bis 2016 unwahrscheinlich wird, dass die Frequenzen vorher für die vorgesehene zukünftige Nutzung als Erweiterungsband für UMTS verfügbar werden. Hinzuweisen ist darauf, dass die WAPECS-Initiative (oben Rz. 12a) auf eine Flexibilisierung der Nutzungsbedingung abzielt, welche bei Umsetzung in Deutschland darauf hinausliefe, den Einsatz von UMTS oder sonstiger breitbandiger Techniken auf den GSM-Frequenzen zuzulassen. Eine Nutzung hierfür durch die derzeitigen Inhaber ohne offenes Vergabeverfahren wäre indessen gegenüber potentiellen Neueinsteigern in den UMTS-Markt eine schwerlich akzeptable Benachteiligung, weil sie dann nicht nur mit dem Nachteil des späteren Marktzutritts hätten, sondern auch mit einer schlechteren Frequenzausstattung zurechtkommen müssten.
398
_______________
1 2 3 4
Siehe die Presseerklärung der BNetzA v. 30.3.2006 hierzu. Siehe GSM-Konzept Vfg. 88/2005, ABl. BNetzA 23/2005, S. 1853. Siehe Mitteilung 78/2006; ABl. BNetzA 4/2006, S. 702. Die 1999 an Vodafone und T-Mobile versteigerten Frequenzen liegen zwischen denen von E-Plus und O2, siehe Vfg. 45/1999 ABl. RegTP 7/99, S. 1251 sowie die Angaben in den als Vorläufer der Frequenznutzungspläne veröffentlichten Verwaltungsgrundsätzen Frequenznutzungen unter laufende Nr. 266.
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D Rz. 399
Frequenzverwaltung
4.5.4.2 UMTS-Konzept 399
Auch für UMTS stehen einige Entwicklungen zur regulatorischen Behandlung an1: –
Im Kernband, das Gegenstand des Vergabeverfahrens 2000 war, wird Spektrum, das Raum für zwei weitere Marktzutritte bietet, nicht genutzt (insgesamt 2 x 20 MHz FDD2 und 2 x 5 MHz TDD3). Die Frequenzen stammen von den Lizenznehmern Mobilcom und Quam, wobei Mobilcom auf seine Frequenzen bereits verzichtet hat während bei Quam ein Widerrufsverfahren läuft.
–
Ab 2008 werden im UMTS-Erweiterungsband 2500 bis 2690 MHz Frequenzen für UMTS verfügbar werden, davon 2 x 70 MHz FDD und 1 x 50 MHz TDD. Diese Frequenzen sind zur Zeit noch für festen Funkdienst (WLL) zugeteilt, wobei die Zuteilungen bis Ende 2007 befristet sind.
–
Anders als 2000 erwartet haben sich die so genannten TDD-Anwendungen für UMTS nicht entwickelt. Die dafür 2000 ersteigerten Frequenzen aus dem Kernband werden nicht genutzt und entsprechende Ausrüstung ist nicht am Markt verfügbar.
400
Die Regulierungsbehörde hat zur Behandlung dieser Situation bisher zwei schriftliche und eine mündliche Anhörungen durchgeführt, bei denen sich bis dato folgende Interessenkonstellationen herauskristallisiert haben: Die etablierten UMTS-Netzbetreiber möchten das gesamte verfügbare UMTSSpektrum für sich. Demgegenüber wünschen auch einige potentielle Neueinsteiger die Chance zum Markteinstieg. Der derzeitige Zuteilungsinhaber für Frequenzen aus dem Erweiterungsband begehrt demgegenüber eine Verlängerung seiner Zuteilung. Schließlich wird hinsichtlich der TDD Frequenzen von Dritten vorgeschlagen, diese für BWA-Anwendungen zur Verfügung zu stellen.
401
Auf Basis des zuletzt publizierten Stands der Überlegungen der Behörde zeichnet sich folgende Entwicklung ab4: –
Verfügbare FDD-Frequenzen aus dem UMTS-Kernband werden für Neueinsteiger zur Verfügung gestellt, wobei ein Vergabeverfahren in Form einer Versteigerung zu erwarten ist.
_______________
1 Siehe zum ganzen Folgenden die Anhörungen betreffend die Verfügbarkeit von Frequenzen für UMTS Vfg. 33/2005 ABl. RegTP 8/2005, S. 782 sowie Vfg. 89/2005 ABl. BNetzA 24/2005, S. 1909. 2 FDD = Frequency Division Duplex, d. h. Basisstationen und Endgeräte senden auf unterschiedlichen Frequenzen. 3 TDD = Time Division Duplex, d. h. Basisstationen und Endgeräte senden auf den gleichen Frequenzen zu unterschiedlichen Zeiten. 4 Siehe Vfg. 89/2005, ABl. BNetzA 24/2005, S. 1909 (1919 ff.).
360 | Jenny
Besonderheiten bei einzelnen Funkanwendungen und -diensten
Rz. 404 D
–
FDD-Frequenzen aus dem Erweiterungsband werden in Portionen von je 2 x 10 MHz bedarfsgerecht an die im Kernband aktiven bzw. zu erwartenden sechs Betreiber im Kernband zugeteilt.
–
Die TDD-Frequenzen im Erweiterungsband werden für BWA zur Verfügung gestellt, wobei der Modus der Vergabe noch offen ist.
Dies erscheint als sachgerecht. 4.6 Satellitenfunk Ähnlich wie beim Mobilfunk hatte das TKG 1996 dem Satellitenfunk eine eigene Lizenzklasse gewidmet während das TKG 2004 zu ihm weitgehend schweigt. Geregelt wird nur ein Thema, das im alten Recht nicht im Gesetz vorkam, nämlich in § 56 TKG die Allokation von Orbit- und Frequenznutzungsrechten1. Für die Frequenzzuteilungen im Übrigen, d. h. für das Erdsegment (Uplink zum Satelliten) gelten keine Besonderheiten. Die BNetzA hat für sie eine Verwaltungsvorschrift erlassen, aus der sich die einschlägigen Einzelheiten ergeben2.
402
Hinsichtlich Orbitpositionen und Frequenznutzungen ist einleitend zu bemerken, dass dieser Komplex international durch die ITU koordiniert und kontrolliert wird. Das Recht, Satelliten im Orbit zu platzieren und von Ihnen Funkaussendungen zu tätigen haben nur die ITU-Mitgliedstaaten, nicht aber Private. Satellitenpositionen und Frequenzen für dieses Raumsegment werden durch die ITU vergeben. Für direktstrahlende Rundfunkund für Fernmeldesatelliten gibt es besondere Allokationspläne der ITU, bei denen allen Mitgliedstaaten Kontingente reserviert werden. Will ein Mitgliedstaat sein Kontingent nutzen, so hat er einen entsprechenden Antrag zu stellen. Sofern die beabsichtigte Nutzung von den Allokationsplänen abweicht oder sonst Störungen zu befürchten sind muss dies in Koordinationsverhandlungen mit allen potentiell betroffenen Mitgliedsstaaten adressiert werden. Neben diesem Koordinationsverfahren gibt es noch ein einfacheres Registrierungsverfahren, das zur Anwendung kommt, wenn keine Allokationspläne existieren3.
403
Das TKG regelt in § 56, wie Interessierte in den Genuss der durch die Bundesrepublik erworbenen Satellitenkontingente kommen können. Solche Interessenten müssen keine Deutschen sein, denn auch Deutsche können Satellitensysteme über andere Fernmeldeverwaltungen anmelden und koordinieren lassen4. Die BNetzA führt auf Antrag die Anmeldung, Koordinie-
404
_______________
1 Orbitpostionen und Frequenznutzungsrechte werden im Folgenden auch gemeinsam als Satellitenkontingente bezeichnet. 2 Die Verwaltungsvorschrift ist in der jeweils geltenden Fassung auf der Website der BNetzA abrufbar. 3 Siehe zum Ganzen Berl.KommTKG/Wegmann, § 56 Rz. 4 ff. m. w. N. 4 Siehe Ziffer 1 der Vfg. 8/2005 ABl. RegTP, S. 239.
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D Rz. 405
Frequenzverwaltung
rung und Notifizierung von Satellitensystemen bei der ITU durch und überträgt dem Antragsteller die so erworbenen Orbit- und Frequenznutzungsrechte. Voraussetzung hierfür sind die Verfügbarkeit von Frequenzen und Orbitpositionen, die Verträglichkeit mit anderen Frequenznutzungen und anderen Anmeldungen von Satellitensystemen sowie, dass öffentliche Interessen nicht beeinträchtigt werden. Übertragung der Orbit- und Frequenznutzungsrechte meint deren Überleitung auf den tatsächlichen Nutzer durch Verwaltungsakt1. 405
Nach der gesetzlichen Formulierung besteht hier ein Anspruch auf Tätigwerden der Behörde und die entsprechende Übertragung, welcher nicht durch eine weite Auslegung der öffentlichen Interessen unterminiert werden darf2. Wenn ein Antragsteller die vernünftigerweise an ihn zu stellenden Anforderungen erfüllt, kann man sich sowieso nur schwerlich vorstellen, welche öffentlichen Interessen einer Übertragung an ihn im Wege stehen könnten. Wenn Hoheitsträger Bedarf an den Satellitenkontingenten haben, dann fehlt es bereits an deren Verfügbarkeit. Näheres zu Voraussetzungen und Verfahren hat die BNetzA in einer Verfügung geregelt3.
406
Gemäß § 56 Abs. 2 kann für deutsche Planeinträge und ungenützte Satellitenkontingente ein Vergabeverfahren durchgeführt werden. Weitere Vorgaben zum wann und wie solcher Verfahren enthält das Gesetz nicht. Wegen des erwähnten Anspruchs auf Anmeldung, Koordinierung und Übertragung der Satellitenkontingente kommt ein Vergabeverfahren nur in Konkurrenzsituationen mit Mangel an Kapazitäten in Betracht. Das Gesetz verweist dabei nicht auf § 61 TKG, so dass der nähere Rahmen des Verfahrens offen bleibt. Man darf aber davon ausgehen, dass § 61 TKG insoweit Modelcharakter haben sollte4. Dabei erscheint auch eine Versteigerung als denkbarer Vergabemodus, jedenfalls dann, wenn man insoweit nicht den so genannten Parlamentsvorbehalt5 für einschlägig hält. Wenn man das so sieht, dann ist allerdings § 56 TKG ohnehin verfassungsrechtlich lückenhaft, da er weder ein Ausschreibungs- noch ein Vergabeverfahren vorgibt. Durch Einfügen eines Verweis auf § 61 TKG wäre dies nötigenfalls aber einfach zu reparieren. Einstweilen ist das eine theoretische Frage, bis dato waren noch keine Vergabeverfahren vonnöten.
407
§ 56 Abs. 3 TKG ermöglicht den Widerruf einer Übertragung von Satellitenkontingenten wenn entweder die Voraussetzungen für ihre Übertragung _______________
1 2 3 4
So auch Berl.KommTKG/Wegmann, Rz. 7. Berl.KommTKG/Wegmann, Rz. 9. Vfg. 8/2005 ABl. RegTP 2005, S. 239. Weitergehend Berl.KommTKG/Wegmann, Rz. 13, der dies für verfassungsrechtlich zwingend hält. 5 D. h. man erachtet die Grundrechtsrelevanz der Vergabemodalitäten für so wesentlich, dass hierüber eine (ausdrückliche) gesetzliche Grundlage durch Entscheidung des Parlaments getroffen werden muss.
362 | Jenny
Gebühren und Beiträge
Rz. 411 D
entfallen oder diese für länger als ein Jahr ungenutzt bleiben. Der Widerruf der Frequenzzuteilungen für das Erdsegment richtet sich daneben nach den allgemeinen Regeln.
5. Gebühren und Beiträge Selbst ohne Versteigerung gibt es Frequenzen nicht umsonst. § 142 Abs. 1 Nr. 1 TKG sieht vielmehr für die Zuteilung eine Gebühr nach Maßgabe einer nach § 142 Abs. 2 TKG zu erlassenden Rechtsverordnung vor. Daneben ist der Aufwand der BNetzA zur Frequenznutzungsplanung und dazu nötige Prüfungen, Messungen und Verträglichkeitsuntersuchungen durch einen jährlichen Beitrag nach § 143 TKG abzugelten, dessen Einzelheiten durch eine Rechtsverordnung nach § 143 Abs. 4 TKG geregelt werden.
408
Die Frequenzzuteilungsgebühr ist dabei entsprechend der Aussagen oben (Rz. 241) im abgabenrechtlichen Sinne als Gegenleistung für zurechenbaren Verwaltungsaufwand eine Gebühr, der Frequenznutzungsbeitrag als Abgeltung eines dem Inhaber von Frequenzzuteilungen zugute kommenden Verwaltungsaufwands1 ein Beitrag.
409
5.1 Einzelheiten zu Frequenzzuteilungsgebühren Die Erhebung von Gebühren für Frequenzzuteilungen sowie für Maßnahmen, die für Verstöße gegen Regelungen im Bereich der Frequenzordnung entstehen, regelt sich nach der Frequenzgebührenverordnung2. Diese besteht aus drei Paragraphen und einem Anhang, in welchem die einzelnen Gebührentatbestände aufgeführt werden. Nicht aufgeführte Fälle sollen dabei gemäß § 1 Abs. 2 der Frequenzgebührenverordnung nach dem jeweils ähnlichsten Fall behandelt werden. In die Gebührentatbestände sind die Verwaltungsauslagen, d. h. nach § 10 des Verwaltungskostengesetzes etwa Aufwendung für Telekommunikation, Post, Dienstreisen, bereits eingerechnet.
410
Maßstab der Gebührenbemessung ist nach § 142 Abs. 2 S. 2 TKG der Verwaltungsaufwand, sowie nach S. 4 der „Lenkungszweck, die optimale Nutzung und eine den Zielen des Gesetzes verpflichtete effiziente Verwendung“ der Frequenzen sicherzustellen. Das erlaubt im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben des Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie 2002/ 20/EG, den Wert der Frequenzen bei der Gebührenbemessung zu berück-
411
_______________
1 Vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, S. 52 mit der Parallele zu Unterhaltung öffentlicher Einrichtungen sowie von Straßen und Plätzen. 2 Verordnung v. 21.5.1997 (BGBl. I 1997, S. 1226), seitdem mehrfach geändert. Die Verordnung wurde auf der Grundlage des TKG 1996 erlassen und gilt einstweilen weiter.
Jenny | 363
D Rz. 412
Frequenzverwaltung
sichtigen. Allerdings entsteht bei vielen der Gebührentatbestände der Eindruck, dass die festgesetzten Gebühren eher noch unter dem Verwaltungsaufwand liegen. Es gibt eine ganze Reihe von Gebührentatbeständen unter 100 Euro. 412
Problematischer und allgemein kritisiert sind demgegenüber die vereinzelt festgelegten Rahmengebühren, bei denen sowohl die weite Spanne als auch die absolut nach der Verordnung möglichen Höchstgebühren kritisiert werden1. Der Gebührenrahmen von 1250 Euro bis 8,75 Mio. Euro für Frequenzzuteilungen für PMP-WLL ist außerordentlich weit, zumal die Verordnung selbst keine weiteren Leitlinien für die Gebührenbemessung im Einzelfall enthält. Auch Vorschriften wie der ergänzend heranzuziehende § 9 Abs. 1 VwKostG, der lediglich die Forderung der Orientierung der Gebühr im Einzelfall an Verwaltungsaufwand und Wert der Amtshandlung wiederholt, sind kaum geeignet, die Gebührenbemessung aus der Verordnung heraus für die Betroffenen auch nur ansatzweise kalkulierbar zu machen. Das wäre aber für die Bestimmtheit des Gebührentatbestands Voraussetzung2. Deshalb dürfte zumindest dieser Gebührentatbestand, aber wohl auch der für DECT-WLL (Rahmen 1250 Euro bis 1.093.750 Euro), wegen fehlender Bestimmtheit rechtswidrig sein.
413
Praktisch haben diese Rahmentatbestände bis jetzt soweit bekannt noch nicht zu Auseinandersetzungen geführt weil die BNetzA die Gebühren in der Praxis im unteren Bereich des Gebührenrahmens festlegt, und dabei eine Formel anwendet, bei der neben den erreichbaren Einwohnern des Versorgungsbereichs auch die jeweils zugeteilte Bandbreite einfließt3.
414
Die Frequenzgebührenverordnung enthält in Buchstabe C eine Reihe von Gebührentatbeständen für Maßnahmen des Prüf- und Messdienstes bei Verstößen gegen Vorschriften aus dem Bereich der Frequenzordnung. Die Gebühren bewegen sich im Bereich zwischen 25 Euro und 1500 Euro.
415
Hinzuweisen ist noch darauf, dass nach § 8 VwKostG und § 2 der Frequenzgebührenverordnung zum einen die öffentliche Hand weitgehend Gebührenfreiheit genießt und zum anderen private Einrichtungen mit Aufgaben im Bereich der öffentlichen Sicherheit auf Antrag von den Gebühren befreit werden können.
416
Anders als etwa im Bereich der Lizenzen nach dem alten TKG oder der Rufnummernzuteilung waren die Frequenzzuteilungsgebühren bisher offenbar erst selten Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Bekannt ist nur eine wohl unveröffentlichte Eilentscheidung des VG Köln, in dem ein Antrag auf _______________
1 Demmel in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 48 Anh. 2 Rz. 2; Beck TKG-Komm/Ehmer, § 48 Anh. I Rz. 3, 4. 2 Siehe Jarass/Pieroth/Jarass, Art. 20 Rz. 62. 3 Siehe näher Beilage 9 zur Vfg. 58/1998, ABl. RegTP 11/1998, S. 1539.
364 | Jenny
Gebühren und Beiträge
Rz. 419a D
einstweiligen Rechtsschutz in einem offenbar recht komplizierten Fall (anscheinend Widerruf von Frequenzzuteilungen bei gleichzeitiger Zuteilung von neuen Frequenzen) keinen Erfolg hatte1.
5.2 Anrechnung von Versteigerungserlösen Kommt es zur Versteigerung von Frequenzen, sind Frequenzzuteilungsgebühren mit dem Versteigerungserlös zu verrechnen, so dass sie nur anfallen, wenn dieser unter den vorgesehenen Gebühren bleibt. Das ergibt sich aus §§ 142 Abs. 5 TKG.
417
Diese auf den ersten Blick plausibel erscheinende Regelung verdient bei genauerer Betrachtung Kritik. Die Versteigerung soll den wirtschaftlichen Wert von Frequenzen ermitteln. Fällt der Erlös niedriger aus als die vorgesehenen Frequenzzuteilungsgebühren, dann liegen die Gebührensätze offenbar über dem wirtschaftlichen Wert. Dann würde das Äquivalenzprinzip, wonach bei der Gebührenbemessung der wirtschaftliche Wert nicht überschritten werden soll, dafür sprechen, von einer über den Versteigerungserlös hinausgehenden Gebührenerhebung abzusehen, zumal auch der konkrete Verwaltungsaufwand regelmäßig durch den Versteigerungserlös abgedeckt sein dürfte. Die Regelung ist deshalb zumindest inkonsequent wenn nicht sogar insoweit rechtswidrig. In der Praxis ist das offenbar noch nicht relevant geworden, weil die Versteigerungserlöse stets höher waren.
418
5.3 Frequenznutzungsbeiträge Die Frequenznutzungsbeiträge sollen nach § 143 TKG rein kostenorientiert nach dem Veranlasserprinzip auf die Frequenznutzer verteilt werden. Hierzu wird nach § 143 Abs. 2 S. 2, 3 TKG der in diesem Zusammenhang entstehende jährliche Aufwand ermittelt, auf die verschiedenen Nutzergruppen verteilt und dann innerhalb dieser umgelegt. Die Einzelheiten ergeben sich aus der Frequenzschutzbeitragsverordnung2, die neben den Frequenznutzungsbeiträgen auch die Beiträge nach dem EMVG regelt. Die für das laufende Jahr anfallenden Beiträge sind in einer Tabelle im Anhang der Verordnung, die jährlich aktualisiert wird, wiedergegeben. Für das Jahr 2005 (neuere liegen noch nicht vor) reicht das Spektrum der Jahresbeiträge von einigen Euro beispielsweise für Amateurfunkstellen bis zu annährend insgesamt 170.000,00 Euro für jedes UMTS-Mobilfunknetz.
419
Hinzuweisen ist darauf, dass das Verwaltungsgericht Köln in mehreren Urteilen Beitragsbescheide sowohl für die Frequenznutzungsbeiträge als auch
419a
_______________
1 VG Köln, Beschl. v. 26.4.2001, AZ 25 L 187/01, abrufbar über das sog. Justizportal NRW. 2 Verordnung v. 13.5.2004, BGBl. I 2004, S. 958.
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D Rz. 420
Frequenzverwaltung
für die Beiträge nach dem EMVG für die Jahre 2000 bis 2002 aufgehoben hat1. Das Gericht moniert jeweils die zu ungenaue Ermittlung der Kosten, die teils auch Aufwände wie die Behördenleitung berücksichtigen und pauschalisieren und sieht darin eine Verstoß gegen das Kostendeckungsprinzip. Es ist möglich, dass auch die Beitragsverordnungen für spätere Jahre unter denselben Mängeln leiden, da die Urteile erst nach deren Erlass ergangen sind.
5.4 Überwachung und Durchsetzung der Frequenzordnung 420
Die im Rahmen der Frequenzverwaltung ergehenden regulatorischen Entscheidungen bedürfen der Durchsetzung. Erforderlich ist dazu zum einen, dass die BNetzA sich Kenntnisse von der tatsächlichen Nutzung des Frequenzspektrums verschafft, und zwar sowohl anlassbezogen, wenn Störungen auftreten, als auch allgemein. Weiter muss sie für den Fall das Rechtsverstöße auftreten Eingriffsbefugnisse zu deren Beseitigung haben.
421
Die entsprechenden Möglichkeiten verschafft ihr § 64 TKG. Nach dessen Absatz 1 Satz 1 ist die BNetzA zur Überwachung der Frequenznutzung berechtigt, was insbesondere die Durchführung des Funkmessdienstes umfasst, aber auch anders als nach dem alten Recht zur Kenntnisnahme der dem Fernmeldegeheimnis unterliegenden Kommunikationsinhalte selbst berechtigt2. Werden dabei Verstöße festgestellt, kann der Verwaltungsaufwand für deren Ermittlung über die Gebühren nach § 142 Abs. 1 Nr. 6 TKG sowie Teil C des Gebührenverzeichnis zur Frequenzgebührenverordnung beim Verursacher erhoben werden (siehe schon oben Rz. 414).
422
Weiter ermächtigt § 64 Abs. 2 TKG die Behörde zu Einzelfallanordnungen zum Abstellen festgestellter Verstöße gegen Bestimmungen der Frequenzordnung. Solche Anordnung sind nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen, wobei aus Verhältnismäßigkeitsgründen die Anordnung einer Abschaltung von Geräten nur dann gewählt werden sollte, wenn anderweitige Abhilfe nicht möglich ist, etwa wenn eine Frequenzzuteilung völlig fehlt3. Anordnungen nach § 64 Abs. 2 TGK werden nötigenfalls mit Mitteln der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt, wobei nach § 126 Abs. 5 TKG Zwangsgelder bis zu einer Höhe von 500.000 Euro möglich sind.
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1 Siehe u. a. VG Köln, Urt. v. 11.8.2006, AZ 11 K 241/05 (zu EMV-Beiträgen), Urt. v. 21.11.2005, AZ 11 K 3206/03 und Urt. v. 3.3.2006, AZ 11 K 6431/04 (jew. zu Frequenznutzungsbeiträgen), offenbar unveröffentlicht, aber über das Justizportal NRW abrufbar. 2 Vgl. Beck TKG-Komm/Ehmer, § 49 Rz. 2, 3 zur alten Rechtslage sowie zum neuen Recht BT-Drucks. 15/2316, S. 82. 3 So auch Beck TKG-Komm/Ehmer, § 49 Rz. 6, Demmel in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 49 Rz. 3.
366 | Jenny
Gebühren und Beiträge
Rz. 426 D
Daneben ist eine Frequenznutzung ohne Zuteilung eine Ordnungswidrigkeit nach § 149 Abs. 1 Nr. 10 TKG, die auch durch Missachtung von Inhaltsbestimmungen einer bestehenden Zuteilung verwirklicht werden kann. Die Missachtung von Auflagen zu Frequenzzuteilungen ist zudem anders als früher ebenfalls eine Ordnungswidrigkeit nach § 149 Abs. 1 Nr. 12 TKG. In ersterem Fall droht ein Bußgeld von bis zu 500.000 Euro, im zweiten von bis zu 100.000 Euro.
423
5.5 Fazit und Ausblick Auch wenn hier stellenweise nicht mit Kritik am Gesetz und dessen Anwendung gespart wurde lässt sich festhalten, dass das vom TKG 1996 etablierte und mit dem neuen Gesetz fortgeschriebene System der Frequenzregulierung stimmig ist. Von daher bestand im Rahmen der Reform des TKG auch wenig Anlass zu durchgreifenden Änderungen. Bei zwei der gravierendsten Änderungen, dem Vorrang der Allgemeinzuteilung vor der Einzelzuteilung (siehe oben Rz. 109) sowie der Möglichkeit zum Frequenzhandel (oben Rz. 300 ff.), handelt es sich im ersten Fall pointiert betrachtet um ein Lippenbekenntnis während der zweite Fall für wirtschaftlich besonders interessante Frequenzen (etwa GSM und UMTS) ausgeschlossen ist. Von daher bleibt offen, ob diese Änderungen in der Praxis schon bald großes Gewicht erlangen werden. Nachdrücklich zu begrüßen ist aber die dritte gravierende Änderung, nämlich die nunmehr bestehende Möglichkeit, Frequenzzuteilungen zu übertragen (oben Rz. 293 ff.).
424
Gleichzeitig kann aber auch nicht verschwiegen werden, dass der Frequenzverwaltung eine gewisse Rigidität innewohnt, die sicher auch historisch zu erklären ist. Bis vor ca. 20 Jahren wurden Funkfrequenzen in ganz Europa fast ausschließlich von den staatlichen Fernmeldeverwaltungen hoheitlich genutzt. Dass dabei national wie international gewisse Bürokratismen entstehen kann bei dieser Sachlage nicht verwundern. Reaktion hierauf ist dann der von verschiedenen Seiten aufkommende Ruf nach Flexibilisierung, der beispielsweise in der WAPECS-Initiative der Gruppe für Frequenzpolitik (siehe oben Rz. 12a), Stellungnahmen der Europäischen Kommission zum zukünftigen Regulierungsrahmen (siehe oben Rz. 12b) oder auch in Gutachtenaufträgen der BNetzA zum Ausdruck kommt1.
425
Ich meine hier mancherorts schon Hinweise gegeben zu haben, wie eine Flexibilisierung im Rahmen des geltenden Rechts zu bewerkstelligen wäre. Abstrakt gesagt dürfte ein entscheidender Punkt sein, bei den Vorgaben beispielsweise in Frequenzplänen oder Frequenzzuteilungen weniger detaillierte Vorgaben etwa zu Technik und Diensten zu machen. Gleichzeitig muss man aber auch sehen, dass viele wirtschaftlich interessante Frequen-
426
_______________
1 Siehe die entsprechende Studie des WIK, abrufbar auf der Website der BNetzA unter der Rubrik „Frequenzordnung/Flexibilisierung der Frequenzregulierung“.
Jenny | 367
D Rz. 426
Frequenzverwaltung
zen in jüngerer Vergangenheit langfristig zugeteilt wurden (z. B. für UMTS, BWA oder DVB-T), so dass die Rechtspositionen der Zuteilungsinhaber einer Flexibilisierung auch Grenzen setzen können. Hiermit umzugehen gehört zu den mittelfristigen Herausforderungen für die deutsche und europäische Frequenzverwaltung und -Politik.
368 | Jenny
E. Nummernverwaltung 1. Einleitung In Telekommunikationsnetzen erfolgen Adressierung und Steuerung des Verkehrs mittels spezieller Zeichenfolgen, den Nummern1. Daneben haben Nummern Funktionen bei der Tarifierung von Verbindungen und lassen über die Vorwahl den in Anspruch genommenen Dienst, das genutzte Netz und/oder die Lokation des Angerufenen erkennen. In Zeiten der Fernmeldemonopole wurden die Nummernressourcen durch die Monopolisten selbst verwaltet2. Als Folge der Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte wurde es erforderlich, die Nummernverwaltung auf eine neutrale Stelle zu übertragen, um auch den neuen Markteinsteigern Zugang zu Nummernressourcen zu verschaffen3. Deshalb wurde mit dem TKG-1996 die Verwaltung der Nummernressourcen als hoheitliche Aufgabe im Sinne des Art. 87f Abs. 2 S. 2 GG der Regulierungsbehörde aufgegeben. Die effiziente Nutzung von Nummerierungsressourcen zu gewährleisten ist ein Ziel der Regulierung nach dem TKG, § 2 Abs. 2 Nr. 8 TKG. Dies soll wie die Regulierung insgesamt dem Gesetzeszweck dienen, durch Regulierung den Wettbewerb und leistungsfähige Telekommunikationsinfrastrukturen zu fördern und flächendeckend ausreichende und (damit) angemessene Telekommunikationsdienstleistungen zu gewährleisten.
1
Die administrativen Aufgaben in diesem Bereich lassen sich in drei Bereiche einteilen. Zunächst müssen die Nummernressourcen planerisch verwaltet bzw. sogar geschaffen werden. Beispiele hierfür sind die Festlegungen, welche Vorwahlen für internationale Telefonate gelten, welche für verschiedene Ortsnetze und wie viele Ziffern eine Ortsnetzrufnummer haben soll4. Das TKG nennt dies die Strukturierung und Ausgestaltung des Nummernraums, § 66 Abs. 1 S. 2 TKG. Daneben stellt sich die Aufgabe, einzelne Nummern einzeln oder in Blöcken an die verschiedenen Akteure im Telekommunikationsverkehr zu vergeben, entweder an Netzbetreiber, an Diensteanbieter oder in manchen Fällen auch direkt an die Nutzer selbst. Dies ist die Zuteilung von Rufnummern, § 66 Abs. 1 S. 3 TKG. Schließlich muss die regelkonforme Nutzung der Nummern selbst beaufsichtigt und nötigenfalls auch durchgesetzt werden, damit die verschiedenen Akteure sich beispielsweise an die planerischen Vorgaben des Regulierers halten. Diese Aufgaben sind in § 66 Abs. 3 und § 67 TKG geregelt.
2
_______________
1 Siehe die Definition in § 3 Nr. 13 TKG. 2 Siehe Geppert/Ruhle/Schuster, Handbuch Recht und Praxis der Telekommunikation, Rz. 652; Beck TKG-Komm/Büning/Weißenfels, § 66 Rz. 2. 3 Siehe Geppert/Ruhle/Schuster, Handbuch Recht und Praxis der Telekommunikation, Rz. 653 sowie die Begründung zum TKG-1996, BT-Drucks. 13/3609, S. 35. 4 So auch Beck TKG-Komm/Büning/Weißenfels, § 66 Rz. 9.
Jenny | 369
E Rz. 3
Nummernverwaltung
3
Mit diesen drei Aufgabenfeldern ähnelt die Nummernverwaltung stark der Frequenzverwaltung (vgl. Kapitel D dieses Handbuchs). Ähnlich wie dort geht es um das Management von Ressourcen, allerdings anders als bei Funkfrequenzen bzw. den diesen zugrunde liegenden elektromagnetischen Wellen nicht um natürliche, sondern um geschaffene Ressourcen. Dennoch lassen sich Nummern nicht beliebig vermehren, sondern sind eine knappe Ressource1, weil zum einen ihre maximale Länge international standardisiert ist (siehe unten Rz. 5) und zum anderen durch Entwicklungen aus der Vergangenheit die Nutzbarkeit des nationalen Nummernraums weiter eingeschränkt ist2.
4
Bei der Nummernverwaltung geht es nicht nur um Rufnummern, also Nummern, durch deren Wahl eine Verbindung zu einem bestimmten Ziel im öffentlichen Telefondienst aufgebaut wird (vgl. die Legaldefinition in § 3 Nr. 18 TKG), sondern daneben auch um Netzkennzahlen, Ortsnetzkennzahlen, technische Nummern (beispielsweise Signaling Point Codes, Portierungskennungen, Data Network Identification Codes, International Mobile Subscriber Identities – IMSI), IP-Nummern und sogar Domänennamen im Internet. Letzteres war allerdings umstritten3, folgt für das TKG-2004 aber aus der breiten Legaldefinition der Nummern in § 3 Nr. 13. Nummern sind danach Zeichenfolgen (nicht nur „Ziffernfolgen“), die zur Adressierung in Telekommunikationsnetzen dienen. Weitere Argument für diese Sichtweise sind zum einen, dass die Domänennamen durch § 66 Abs. 1 S. 4 von der Verwaltung durch die Regulierungsbehörde ausgenommen werden, zum zweiten geht auch die Gesetzesbegründung ausdrücklich davon aus, dass Domain-Namen und IP-Nummern grundsätzlich Nummern im Sinne des TKG sind4. Exkurs: Die Vergabe von Domänennamen der Domain „.de“ erfolgt durch die DENIC eG. IP-Nummern sind nach derzeitigem Verständnis keine Nummern des deutschen Nummernraums und werden daher nicht durch die BNetzA verwaltet. Diese Nummern werden für Deutschland von der gemeinnützigen Vereinigung Reseaux IP Européens Network Coordination Centre (RIPE NCC) mit Sitz in Amsterdam vergeben5.
5
Ähnlich wie die Frequenzverwaltung ist auch die Nummernverwaltung stark durch internationale Vorgaben geprägt. Diese stammen zunächst von _______________
1 H. M., siehe nur Berl.KommTKG/Brodkorb, § 66 Rz. 10 mit weiteren Nachweisen. 2 Beispiele für ineffiziente Nummernnutzungen bei Geppert/Ruhle/Schuster, Handbuch Recht und Praxis der Telekommunikation, Rz. 661. 3 Siehe Beck TKG-Komm/Schuster, 2. Auflage, § 3 Rz. 13; Beck TKG-Komm/ Büning/Weißenfels, § 66 Rz. 3 f.; Berl.KommTKG/Säcker, § 3 Rz. 22, sowie ausführlich Berl.KommTKG/Brodkorb, § 66 Rz. 204 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen. 4 BT-Drucks. 15/2316, S. 82. 5 Siehe zur Nummerierung im Internet ausführlich Berl.KommTKG/Brodkorb, § 66 Rz. 204 ff.
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Überblick über die normativen Grundlagen
Rz. 7 E
der ITU und sind von dem Ziel geleitet, die internationale Erreichbarkeit von Anschlüssen zu gewährleisten. Einschlägig ist für das öffentliche Telefonnetz die Empfehlung E.1641, die zwar rechtlich nicht verbindlich ist, aber aus den genannten Gründen in der Praxis befolgt wird2. Hiernach besteht eine internationale Rufnummer aus drei Teilen: der Landeskennzahl, der nationalen Bereichskennzahl (entweder Ortsnetzkennzahl, Netzkennzahl oder Dienstekennzahl) und schließlich der Teilnehmerrufnummer. Die Empfehlung geht für internationale Rufnummern von maximal 15 Stellen aus. Auch für technische Nummernressourcen gibt es eine ganze Reihe von Einzelempfehlungen der ITU und weiterer internationaler Organisationen, die für Deutschland umgesetzt werden müssen3.
2. Überblick über die normativen Grundlagen 2.1 Vorgaben des EU-Richtlinienpakets Wie schon frühere Rechtsakte der EG und EU4 enthält das Richtlinienpaket von 2002 konkrete Anforderungen und Vorgaben für die deutsche Nummernverwaltung. Diese finden sich in Art. 8 und 10 der Rahmenrichtlinie5 sowie in Art. 5, 6 10 und 13 der Genehmigungsrichtlinie6.
6
Art. 8 der Rahmenrichtlinie erklärt die effiziente Nutzung und Verwaltung der Nummerierungsressourcen zum politischen Ziel der Regulierung und zur Aufgabe der nationalen Regulierungsbehörden, als eines von mehreren Mitteln, den Wettbewerb bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste zu fördern. Art. 10 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 konkretisieren die Aufgabenzuweisung. Hiernach soll sowohl die Verwaltung der nationalen Nummernpläne als auch die Zuteilung von Nummern eine Aufgabe der nationalen Regulierungsbehörden sein. Weiter haben die nationalen Regulierungsbehörden dafür zu sorgen, dass bei der Anwendung von Nummerierungsplänen und -verfahren die Gleichbehandlung aller Anbieter öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste gewährleistet ist. Die Mitgliedstaaten haben ferner dafür zu sorgen, dass Unternehmen, denen Nummernbereiche zugewiesen wurden, andere Anbieter elek-
7
_______________
1 CCITT, Recommendation E.164, Numbering Plan for the ISDN Era, CCITT Blue Book, Volume II, Fascicle II.2, Genf 1989. 2 Beck TKG-Komm/Büning/Weißenfels, § 66 Rz. 13. 3 Siehe ausführlich Berl.KommTKG/Brodkorb, § 66 Rz. 176 ff., 199 ff. und 227 ff. 4 Siehe die Übersicht dazu bei Beck TKG-Komm/Paul/Melewigt, 2. Auflage, § 43 Rz. 6. 5 Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie), ABl. EG 2002 Nr. L 108, S. 33. 6 Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie), ABl. EG 2002 Nr. L 108, S. 21.
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E Rz. 8
Nummernverwaltung
tronischer Kommunikationsdienste hinsichtlich der Nummernfolgen für den Zugang zu ihren Diensten nicht diskriminierend verhalten (Abs. 2 S. 2) und dass nationale Nummerierungspläne vorbehaltlich entgegenstehender Sicherheitsinteressen veröffentlich werden (Abs. 3). 8
Weiter wird den Mitgliedstaaten aufgegeben, die Zuweisung von Nummerierungsressourcen in der Gemeinschaft zu vereinheitlichen, wenn dies notwendig ist, um die Entwicklung europaweiter Dienste zu fördern (Art. 8 Abs. 4). Schließlich sollen die Mitgliedstaaten ihre Standpunkte in internationalen Organisationen und Gremien koordinieren, soweit dies zu Sicherstellung einer vollen globalen Interoperabilität von Diensten angebracht erscheint (Art. 8 Abs. 5).
9
Die Genehmigungsrichtlinie enthält daneben konkretere Vorgaben für die Vergabe von Nummern an Diensteanbieter. Gemäß Art. 5 Abs. 2 sind Nummern auf Antrag grundsätzlich jedem Unternehmen zuzuteilen, das Netze betreibt oder elektronische Kommunikationsdienste anbietet. Zuteilungsverfahren haben offen, transparent und nichtdiskriminierend zu sein. Etwaige Befristungen müssen für den betreffenden Dienst angemessen sein. Anträge auf Nummernzuteilung sind schnellstmöglich, jedenfalls aber innerhalb von drei Wochen zu bescheiden (Art. 5 Abs. 3). Art. 5 Abs. 4 erlaubt für die Vergabe von Nummern wettbewerbsorientierte Auswahlverfahren, wobei dann die Entscheidungsfrist um drei Wochen verlängert wird. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie beschränkt die Nebenbestimmungen, welche zulässigerweise mit einer Nummernzuteilung verbunden werden können. Art. 10 erlaubt, den Inhabern von Nummernzuteilungen Informations- und Auskunftspflichten aufzuerlegen. Art. 13 gestattet, bei der Nummernzuteilung den Verwaltungsaufwand übersteigende Abgaben zu erheben, um eine optimale Nutzung der Ressourcen sicherzustellen.
2.2 Regelungen des TKG 10
Das TKG nennt die effiziente Nutzung von Nummerierungsressourcen als Regulierungsziel in § 2 Abs. 2 Nr. 8 TKG. Die Begriffsbestimmungen für „Nummern“, „Nummernart“, „Nummernbereich“, „Nummernraum“, „Nummernteilbereich“, „Rufnummer“ und „Rufnummernbereich“ finden sich in § 3 Nr. 13, 13a, 13b, 13c, 13d, 18 und 18a TKG. Daneben existieren in § 3 TKG in der durch das TKG-Änderungsgesetz geänderten Fassung Definitionen für eine Reihe von Diensten, denen bestimmte Arten von Nummern zugeordnet sind, etwa „Auskunftsdienste“ oder „Premium-Dienste“. Diese Regelungen gehören zum „Allgemeinen Teil“ des TKG.
11
§§ 46 und 47 TKG enthalten Vorgaben zur Rufnummernübertragbarkeit, zur Zuführung von Anrufen in den Europäischen Telefonnummernraum sowie zur Bereitstellung von Teilnehmerdaten. Diese Regelungen zählen zum Regulierungsbereich „Kundenschutz“, auch wenn die Rufnummernüber372 | Jenny
Überblick über die normativen Grundlagen
Rz. 17 E
tragbarkeit im TKG-1996 noch in den Bestimmungen zur Nummerierung zu finden war. Die eigentliche Nummernverwaltung ist in den §§ 66 und 67 TKG geregelt. § 66 Abs. 1 S. 1 TKG weist der BNetzA die Aufgaben der Nummerierung zu. § 66 Abs. 1 S. 2 und 3 TKG konkretisieren die relevanten Verwaltungsaufgaben als Strukturierung und Ausgestaltung des Nummernraums sowie die Zuteilung von Nummern an Netzbetreiber, Diensteanbieter und Endnutzer. Die Regelung entspricht inhaltlich weitgehend dem § 43 Abs. 1 TKG-1996.
12
§ 66 Abs. 2 TKG enthält nähere Vorgaben für die „planende“ Nummernverwaltung, also die Änderung von Struktur und Ausgestaltung des Nummernraums und des nationalen Nummernplans. Die BNetzA wird ermächtigt, zur Umsetzung internationaler Vorgaben sowie zur Sicherstellung einer ausreichenden Verfügbarkeit von Nummern entsprechende Änderungen in Nummernraum und -Plan vorzunehmen. § 66 Abs. 3 TKG enthält eine spezielle Ermächtigung, Anordnung zur Durchsetzung von Verpflichtungen nach Abs. 2 zu treffen und solche Anordnungen mit Zwangsgeldern bis zu 500.000 Euro auch durchzusetzen. Diese Bestimmungen entsprechen inhaltlich § 43 Abs. 4 und Abs. 7 TKG-1996.
13
§ 66 Abs. 4 sieht vor, Einzelheiten der Nummernverwaltung sowohl für die Planung als auch für die Nummernzuteilung näher in einer Rechtsverordnung zu regeln, die der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat bedarf. Hier handelt es sich um eine Neuerung gegenüber dem früheren Recht, das keine entsprechende Verordnung vorsah. Die Verordnung soll im einzelnen Maßstäbe und Leitlinien für Strukturierung, Ausgestaltung und Verwaltung der Nummernräume sowie für den Erwerb, Umfang und Verlust von Nutzungsrechten an Nummern festlegen. Damit soll die Nummerierungsverordnung auch den früheren § 43 Abs. 3 TKG-1996 ersetzen, der anders als das jetzige Gesetzesrecht nähere Aussagen zur Rufnummernzuteilung enthielt.
14
§ 67 ist die Grundlage für Aufsichtsmaßnahmen der BNetzA. Die Behörde kann hiernach Auskünfte einfordern, Anordnungen treffen, Nummern entziehen und/oder abschalten lassen, für einzelne Nummern die Rechnungsstellung durch die Netzbetreiber unterbinden, Kategorien von Dialern verbieten und Vorgaben für die Tarifierung von Mehrwertdiensten erlassen. Die Norm ist die Nachfolgebestimmung von § 43c TKG-1996.
15
Die durch Art. 3 des TKG-Änderungsgesetzes eingeführten §§ 66a bis 66l TKG gehören nicht zur Nummernverwaltung im engeren Sinne, sondern zum Regelungskomplex Verbraucher- und Kundenschutz. Dasselbe gilt für den neuen § 67 Abs. 2 TKG. Diese Vorschriften werden in Kapitel K. dieses Handbuchs besprochen.
16
§ 142 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 TKG ist die Grundlage für die Erhebung von Gebühren und Auslagen für die Zuteilung von Rufnummern. Abs. 2 sieht
17
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E Rz. 18
Nummernverwaltung
dazu eine Gebührenverordnung vor. Zur Zeit gilt jedoch noch die Telekommunikations-Nummerngebührenverordnung vom 16.8.1999, die noch nach altem Recht erlassen wurde1. 2.3 Verordnungen 18
Die von § 66 Abs. 4 TKG vorgesehene Nummerierungsverordnung ist noch nicht erlassen. Grund hierfür ist das Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des TKG, nach dem zunächst für die Verordnung vorgesehene Regelungen zum Verbraucherschutz ins Gesetz integriert werden. Im Rahmen dieses Vorhabens wurde auch die Ermächtigungsgrundlage für die Nummerierungsverordnung entsprechend geändert.
19
Das Bundeswirtschaftsministerium hat einen Entwurf der Verordnung mit Stand 23.1.2007 veröffentlicht2. 2.4 Maßnahmen der Bundesnetzagentur
20
In der Vergangenheit unter Geltung des TKG-1996 hatte die Regulierungsbehörde die Gestaltung der Nummernräume sowie die jeweils geltenden Zuteilungsregeln durch Verwaltungsvorschriften geregelt. Es gelten teilweise sogar noch vom seinerzeitigen Postministerium erlassene „vorläufige Zuteilungsregeln“, etwa für Portierungskennungen, Nutzergruppen oder Auskunftsdienste.
21
Die Regelung per Verwaltungsvorschrift führte allerdings dazu, dass Änderungen von Zuteilungsregeln und sonstige Gestaltungsmaßnahmen gegenüber den Inhabern von Zuteilungen nicht unmittelbar wirksam waren3. Dem soll zukünftig begegnet werden, indem die BNetzA in der Telekommunikations-Nummerierungsverordnung (TNV) ermächtigt wird, Struktur und Ausgestaltung von Nummernräumen und/oder -bereichen per Allgemeinverfügung zu ändern4.
22
Im Vorgriff hierauf hat die BNetzA schon vor Inkrafttreten der TNV erste Allgemeinverfügungen erlassen5. Es ist allerdings zu bezweifeln, dass vor Inkrafttreten der TNV eine Ermächtigungsgrundlage für diese Allgemein_______________
1 BGBl I 1999, 1887, zuletzt geändert durch Verordnung v. 19.12.2006, BGBl I 2006, 3378. 2 Der Entwurf war auf der Website des Ministeriums abrufbar. 3 Siehe den Beschl. des VG Köln v. 17.12.2003, AZ 11 L 2782/03. 4 Siehe §§ 1 und 2 des Entwurfs der TNV sowie die Begründung dazu für Strukturierung und Ausgestaltung von Nummernräumen. 5 Siehe die Vfg. 25/2005, ABl. BNetzA 9/2006, S. 1115 ff. zur Struktur und Ausgestaltung des Nummernbereichs für Ortsnetzrufnummern sowie die Vfg. 23/200, ABl. BNetzA 8/2006, S. 983 zur Struktur und Ausgestaltung des Nummernbereichs für Betreiberkennzahlen.
374 | Jenny
Überblick über die normativen Grundlagen
Rz. 26 E
verfügungen und die von Ihnen beabsichtigte Rückwirkung existiert (siehe dazu unten Rz. 75). 2.5 Andere relevante Gremien Neben der BNetzA spielen auf nationaler Ebene zwei weitere Gremien eine Rolle, der Arbeitskreis Netze und Nummerierung (AKNN) und die Freiwillige Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste e.V. (FST).
23
Der AKNN versteht sich als „selbst organisierender Arbeitskreis der Telekommunikationsnetzbetreiber und -hersteller in Deutschland“ ohne organisatorischen Unterbau oder Rechtspersönlichkeit1. Zur rechtlichen Einordnung sagt die Geschäftsordnung des AKNN schlicht, dass er nicht am Rechtsverkehr teilnehme. Tatsächlich dürfte er aber alle Merkmale eines nicht-rechtsfähigen Vereins im Sinne des § 54 BGB erfüllen, also eine auf Dauer angelegte körperschaftlich organisierte Verbindung zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes sein, die einen Namen führt und auf einen wechselnden Mitgliederbestand angelegt ist2. Entstanden ist der AKNN aus einer Gesprächsrunde zwischen Vertretern der DTAG sowie der ersten alternativen Netzbetreiber, in denen man sich über die Schaffung der technischen die Voraussetzungen zur Einführung von Rufnummernportabilität und Verbindungsnetzbetreiberauswahl verständigen wollte. Heute steht die Mitgliedschaft allen gewerblichen Netzbetreibern bzw. deren Holdinggesellschaften offen, daneben als nicht-stimmberechtigten Mitgliedern Unternehmen der Hard- und Softwareindustrie auf Vorschlag eines stimmberechtigten Mitglieds, sowie daneben der BNetzA.
24
Heute hat der AKNN ein breiteres Aufgabenfeld übernommen, er erstellt Empfehlungen für eine Vielzahl technischer Sachverhalte die zwischen den Teilnehmern eines liberalisierten Telekommunikationsmarkts auftauchen. Diese werden teils auch durch den Regulierer in Zuteilungsregeln und Verfügungen zur Ausgestaltung von Nummernräumen in Bezug genommen. So verweist beispielsweise Ziffer 8.4 der Vfg. 25/2005 zur Struktur und Ausgestaltung des Nummernbereichs für Ortsnetzrufnummern3 für die Anwendung des Portierungsdatenaustauschverfahrens auf die entsprechende Spezifikation des AKNN.
25
Die Freiwillige Selbstkontrolle Mehrwertdienste e.V. (FST) ist ein eingetragener Verein mit Sitz in Düsseldorf mit dem Zweck, eine freiwillige Selbstkontrolle der Marktteilnehmer im Bereich der Telefonmehrwertdienste zu organisieren und die Mitgliederinteressen gegenüber dem Gesetzgeber, Behörden, Organisationen und Verbänden auf nationaler und internationaler
26
_______________
1 Siehe für alles Weitere den Internet-Auftritt des AKNN: www.aknn.de. 2 Zur Definition des nicht-rechtsfähigen Vereins siehe Palandt/Heinrichs, § 54 Rz. 1 unter Verweis auf RGZ 143, 213. 3 ABl. BNetzA 9/2006, S. 1115 ff.
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E Rz. 27
Nummernverwaltung
Ebene zu vertreten. Die Mitgliedschaft steht in erster Linie Netzbetreibern und Anbietern von Mehrwertdiensten offen, daneben auch Verbänden derselben und allen sonstigen die Vereinziele unterstützenden Organisationen1. Die FST hat einen Verhaltenskodex für das Angebot von Mehrwertdiensten aufgestellt, auf den die Zuteilungsregeln für Mehrwertdienstenummern hinweisen2.
3. Strukturierung und Ausgestaltung des Nummernraums 3.1 Aufgaben und Ziele 27
§ 66 Abs. 1 S. 2 TKG weist der BNetzA die Aufgabe der Strukturierung und Ausgestaltung des Nummernraums zu, mit dem Ziel, den Anforderungen von Endnutzern, Netzbetreibern und Diensteanbietern zu genügen. Die hier genannte Zielvorgabe ist dabei mangels Konkretheit rechtlich wenig gehaltvoll. Dass Maßnahmen der BNetzA in diesem Bereich wie auch sonst nicht Selbstzweck sein dürfen, versteht sich von selbst. Vielmehr hat die Behörde sich bei ihrer gesamten Tätigkeit an den Regulierungszielen in § 2 des Gesetzes zu orientieren, zu denen auch gehört, die effiziente Nutzung von Nummerierungsressourcen zu gewährleisten. Letzteres ist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers eine wesentliche Voraussetzung für den Wettbewerb3.
28
Unter Strukturierung und Ausgestaltung sind dabei planerische, ordnende Maßnahmen zu verstehen, mit denen festgelegt wird, welche Art von Diensten und/oder Anschlüssen über welche Vorwahl und Rufnummern zu erreichen sind. Bei den einzelnen Rufnummern geht es dann um die Vorgabe der Länge sowie darum, ob alle Ziffern verfügbar sind. So beginnen Teilnehmerrufnummern in Ortsnetzen nie mit der Ziffer 0, weil diese den Fernverkehr ausscheidet. Weiter sind bestimmte Nummern in allen Ortsnetzen für bestimmte Dienste (etwa Notruf, Auskunft) festgelegt4.
29
Durch diese Strukturierung und Ausgestaltung erhalten Nummern zugleich einen Informationswert5. Die Ortsnetzkennzahl verrät (normalerweise) den Standort eines Anschlusses6, Dienstekennzahlen für Mehrwertdienste informieren über die Art des Dienstes und teilweise über den zu zahlenden Tarif. Vor Einführung der Netzbetreiberportabilität informierte die Vorwahl von _______________
1 Siehe die Satzung der FST, abrufbar auf der Website www.fst-ev.org. 2 Siehe die Regeln für die Zuteilung von (0)900-Rufnummern für Premium RateDienste Vfg. 037/2004 ABl. RegTP 16/2004, S. 864. 3 Siehe die Gesetzesbegründung für die Einführung von § 2 Abs. 2 Nr. 8 in BTDrucks. 15/2316, S. 56. 4 Siehe zum Ganzen Beck TKG-Komm/Büning/Weißenfels, § 66 Rz. 9. 5 Beispiele von Scheurle/Mayen/Scheurle, § 43 Rz. 6. 6 Siehe aber zur Problematik des Ortsnetzbezugs unten Rz. 79 ff.
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Rz. 31 E
Strukturierung und Ausgestaltung des Nummernraums
Mobilfunknummern auch über den Netzbetreiber, bei dem ein Mobilfunkanschluss geschaltet war. 3.2 Derzeitiger Stand Der nationale Nummernraum für den öffentlichen Telefondienst ist in Deutschland gemäß der ITU-Empfehlung E.164 strukturiert. Die BNetzA hat für bestimmte Zwecke bestimmte Nummernbereiche aus dem E.164Nummernraum bereitgestellt. Typischerweise erfolgt bzw. erfolgte die Bereitstellung bestimmter Nummernbereiche, indem die BNetzA Zuteilungsregeln für bestimmte Nummern veröffentlicht und auf dieser Grundlage die Nummern an Antragsteller zuteilt.
30
Die Behörde hat mehrmals zusammenfassende Darstellungen über den Nummernraum in ihrem Amtsblatt veröffentlicht, zuletzt im Jahr 20001. Seither veröffentlich die BNetzA diese Darstellungen nur noch auf ihrer Website und in ihrem Jahresbericht. Der jetzige Stand ist nachfolgend wiedergegeben:
31
Nummer bzw. Nummernraum
Verwendung
Planungen
0
nationale Verkehrsausscheidungsziffer
00
internationale Verkehrsausscheidungsziffer
010xy, 0100yy mit x = 1 … 9 und y = 0 … 9
optional der Verkehrsausscheidungsziffer voranzustellende Ziffernfolge zur Verbindungsnetzbetreiberauswahl Call-by-Call
(0)11
frei
(0)12
Innovative Dienste
(0)13
frei; Ausnahmen:
soweit frei: Reserve
(0)137
– Televotum, Teledialog
Verlagerung geplant; danach Reserve
(0)14
frei
Reserve
(0)15
Mobilfunk (GSM und UMTS/IMT-2000):
(0)16
Mobilfunk (GSM, UMTS/IMT-2000, Funkruf, Bündelfunk):
Reserve
_______________
1 Siehe Mitteilung 35/1998 ABl. RegTP 4/1998, S. 670, sowie zuletzt Mitteilung 659/2000 ABl. RegTP 22/2000, S. 3773.
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E Rz. 31
Nummernverwaltung
Nummer bzw. Nummernraum
Verwendung
(0)17
Mobilfunk (GSM und UMTS/IMT2000):
(0)180
Shared Cost-Dienste
(0)181xxx, (0)181xxxx
Kennzahlen für Internationale Virtuelle Private Netze (IVPN)
(0)18xy, (0)18xyy, (0)18xyyy, (0)18xyyyy, (0)18xyyyyy, (0)18xyyyyyy mit x = 2 … 9 und y = 0 … 9
Kennzahlen für geschlossene Nutzergruppen
(0)19
frei; Ausnahmen:
soweit frei: Reserve
(0)190
– bis 30.6.2006: kostenlose Bandansage (Hinweis auf Premium Rate-Dienst in anderem Nummernbereich)
ab 1.7.2006: Reserve
(0)19xz, (0)19yzzz mit x = 1 … 3, y=1…4 und z = 0 … 9
– Online-Dienste
(0)1987
– Routingnummern für Rufnummern der Struktur 116xyz
(0)1988
– Zielnetzbetreiberkennungen zur Generierung von Routingnummern für Internationale entgeltfreie Mehrwertdienste
(0)1989
– Routingnummern für Auskunftsdienste
(0)199
– Netzinterne Verkehrslenkung
(0)xy, (0)xyy, (0)xyyy, (0)xyyyy mit x = 2 … 9 und y = 0 … 9
Ortsnetzkennzahlen (ONKz); Ausnahmen:
(0)31
– Testrufnummern
(0)31-0
– Test der Betreiberauswahl und der Betreibervorauswahl bei Fernverbindungen
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Planungen
Rz. 31 E
Strukturierung und Ausgestaltung des Nummernraums
Nummer bzw. Nummernraum
Verwendung
Planungen
(0)31-1
– Test der Betreiberauswahl und der Betreibervorauswahl bei Ortsverbindungen
(0)32
– Nationale Teilnehmerrufnummern
(0)500, (0)501
– frei
Reserve für Telekommunikationsdienste
(0)600
– ONKz
bei Bedarf freizuräumen
(0)601
– frei
Reserve
(0)700
– Persönliche Rufnummern
(0)701
– frei
(0)800
– Freephone Dienste
(0)801
– frei
(0)900x mit x = 1, 3 und 5
– Premium Rate-Dienste
(0)9009
– Registrierungspflichtige Anwählprogramme
(0)901, (0)902, (0)903, (0)904, (0)905
– frei
Reserve für Persönliche Rufnummern
Reserve für Freephone Dienste
Reserve für Telekommunikationsdienste
xyy (auslaufend), Teilnehmerrufnummern; Ausnahmen: xy yy (auslaufend), x yy yy, xy yy yy, x yy yy yy, xy yy yy yy mit x = 1 … 9 und y = 0 … 9 110
– Polizei
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E Rz. 32
Nummernverwaltung
Nummer bzw. Nummernraum
Verwendung
112
– Notruf, Feuerwehr
116 116
– Sperrrufnummer für elektronische Berechtigungen
118xy mit x = 1 … 9 und y = 0 … 9 1180yy
– Auskunftsdienste
übrige Bereiche der Gasse 11
– netzinterne Nutzung
Planungen
Rufnummern der Struktur 1180yy werden nur zugeteilt, wenn keine Rufnummern der Struktur 118xy mehr verfügbar sind
Tabelle: Der Nummernraum für das öffentliche Telefonnetz/ISDN in Deutschland (Quelle: Website der Bundesnetzagentur, Stand 18.1.2006, Kürzungen betreffend Mobilfunk d.d. Verfasser)
3.3 Rechtlicher Rahmen für Änderungen 3.3.1 Überblick 32
§ 66 Abs. 2 TKG ermächtigt die BNetzA zu Änderungen von Struktur und Ausgestaltung des Nummernraums sowie des nationalen Nummernplans, um internationale Verpflichtungen oder Empfehlungen umzusetzen. Unter Nummernraum ist dabei die Gesamtheit aller Nummern zu verstehen, die für eine bestimmte Art der Adressierung verwendet werden, siehe nunmehr § 3 Nr. 13c TKG. Die Behörde ist bei solchen Maßnahmen verpflichtet, die Belange der Betroffenen und insbesondere die Umsetzungskosten angemessen zu berücksichtigen. Änderungen müssen rechtzeitig bekannt gegeben werden. Die betroffenen Netzbetreiber und Diensteanbieter sind verpflichtet, die zur Umsetzung erforderlichen Maßnahmen zu treffen. 3.3.2 Rechtliche Qualifikation von Änderungsmaßnahmen
33
Für die rechtliche Qualifikation von Änderungsmaßnahmen von Struktur und/oder Ausgestaltung von Nummernraum bzw. -plan ist § 66 Abs. 2 S. 4 TKG von ausschlaggebender Bedeutung. Indem die Vorschrift Betreiber von Telekommunikationsnetzen wie auch Anbieter von Telekommunikationsdiensten zu Umsetzungsmaßnahmen verpflichtet, macht sie zugleich klar, dass solche Änderungen für diese Betroffenen rechtlich verbindlich sind. 380 | Jenny
Strukturierung und Ausgestaltung des Nummernraums
Rz. 36 E
Hieraus folgt in Zusammenschau mit dem Umstand, dass die BNetzA in diesem Bereich keine Ermächtigung zum Erlass von Normen (etwa Rechtsverordnungen) hat, dass solche Änderungsmaßnahmen als Allgemeinverfügungen im Sinne von § 35 S. 2 VwVfG anzusehen sind1. Daneben können Änderungsmaßnahmen auch auf die Rechtsposition der einzelnen Nutzer von Nummern einwirken2. Wenn etwa die BNetzA zur Sicherstellung einer ausreichenden Verfügbarkeit von Rufnummern in einem bestimmten Ortsnetz anordnet, die Rufnummern um eine Stelle zu verlängern, dann berührt dies auch die Rechtsposition der Nutzer der Rufnummern, die sich aus der abgeleiteten Nummernzuteilung ergibt (zu dieser Rechtsposition unten Rz. 55). Die Einordnung von Änderungsmaßnahmen als Allgemeinverfügungen hat ihrerseits Konsequenzen für den Rechtsschutz: Gegen Allgemeinverfügungen steht den Betroffenen der Rechtsbehelf des Widerspruchs zur Verfügung, § 68 VwGO, bei dessen Erfolglosigkeit die Anfechtungsklage nach § 42 VwGO. Allerdings haben diese Rechtsbehelfe nach § 137 Abs. 1 TKG keine aufschiebende Wirkung; diese wäre nur mit einem erfolgreichen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zu erlangen.
34
3.3.3 Ziele von Änderungsmaßnahmen Die erlaubten Ziele von Änderungsmaßnahmen werden in § 66 Abs. 2 TKG festgelegt. Solche Maßnahmen sind nur zur Umsetzung internationaler Verpflichtungen und Empfehlungen sowie zur Sicherstellung einer ausreichenden Nummernverfügbarkeit zulässig, nicht jedoch zur sonst vielleicht wünschenswerten Verbesserung der Effizienz der Nummernutzung. Dies ergibt der Normwortlaut3.
35
Internationale Verpflichtungen können dabei insbesondere EU-rechtliche Vorgaben sein, Empfehlungen solche der ITU oder der CEPT und deren jeweiliger Unterorganisationen4. Für Maßnahmen zur Vermeidung von Nummernknappheit reicht aus, dass eine solche abzusehen ist, eine akute Mangelsituation muss noch nicht bestehen5. Insofern wird man der BNetzA
36
_______________
1 So im Ergebnis auch Berl.KommTKG/Brodkorb, § 66 Rz. 58, die allerdings darauf abstellt, dass solche Änderungen auch die Nutzungsrechte an bereits zugeteilten Nummern modifizieren. Dazu sogleich. Der Entwurf zur TNV sieht sowohl Maßnahmen der Änderung wie auch der (erstmaligen) Ausgestaltung von Nummernräumen als Allgemeinverfügung. 2 Siehe dazu auch § 2 Abs. 2 des Entwurfs zur TNV, wonach die BNetzA entscheidet, ob und inwieweit Änderungen auch für bestehende Zuteilungen gelten. 3 So auch Beck TKG-Komm/Büning/Weißenfels, § 66 Rz. 34 sowie für die Vorläuferbestimmung des TKG-1996 Scheurle/Mayen/Scheurle, § 43 Rz. 22. 4 Berl.KommTKG/Brodkorb, § 66 Rz. 227 ff. sowie Beck TKG-Komm/Büning/ Weißenfels, § 66 Rz. 33. 5 Berl.KommTKG/Brodkorb, § 66 Rz. 234 f.
Jenny | 381
E Rz. 37
Nummernverwaltung
auch einen gewissen, gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbaren Prognosespielraum zubilligen müssen1. 3.3.4 Zulässige Maßnahmen im einzelnen 37
Welche Änderungsmaßnahmen im jeweiligen Einzelfall zulässig sein können lässt sich nicht abschließend sagen. Dies hängt vom jeweiligen Anlass ab. Die Maßnahmen müssen sich allerdings im Rahmen einer pflichtgemäßen Ermessensausübung bewegen und dabei insbesondere geeignet, erforderlich und angemessen sein.
38
Je nach Konstellation kommen beispielsweise in Betracht2: –
Öffnung weiterer Nummerngassen, etwa der Gasse 015 für Mobilfunk,
–
Verlagerung von Diensten in andere Nummerngassen, etwa der Freephone-Dienste von 0130 nach 0800 oder der Premium Rate-Dienste von 0190 nach 0900,
–
Verlängerung von Nummern, etwa die Einführung elfstelliger Nummern in einzelnen Ortsnetzen.
3.3.5 Berücksichtigung von Belangen der Betroffenen 39
§ 66 Abs. 2 S. 2 TKG verlangt von der BNetzA bei Änderungen von Struktur und Ausgestaltung von Nummernraum und -plan die Berücksichtigung der Belange der Betroffenen. Als Betroffene werden beispielhaft genannt die Netzbetreiber, Anbieter von Telekommunikationsdiensten und Nutzer von Nummern hinsichtlich der Ihnen jeweils entstehenden Umstellungskosten. Daneben können auch andere betroffen sein, etwa Gemeinden bei Änderungen in ihrem Ortsnetz hinsichtlich ihres Selbstverwaltungsrechts aus Art. 28 Abs. 2 GG3.
40
Unter einer Berücksichtigung wird man allerdings keine umfassende Abwägung der genannten Belange gegen die jeweils verfolgten Ziele im Sinne eines umfassenden planungsrechtlichen Optimierungsgebots4 verstehen können, da die zulässigerweise zu verfolgenden Ziele den zu berücksichtigenden Belangen prinzipiell vorgehen5. Die Berücksichtigungspflicht beschränkt sich daher darauf, die von Änderungsmaßnahmen verursachten Belastungen auf Seiten der Betroffenen zu ermitteln und bei mehreren Handlungsalternativen die weniger belastende zu wählen. Damit beschränkt sich _______________
1 Siehe zur gerichtlichen Kontrolle von Prognoseentscheidungen Kopp/Schenke, VwGO, § 114 Rz. 37 f. 2 Beispiele von Berl.KommTKG/Brodkorb, § 66 Rz. 236 ff. 3 Siehe BVerwG DVBl. 1981, S. 218. 4 Etwa im Sinne von § 1 Abs. 6 Baugesetzbuch. 5 So Demmel in: Manssen, Telekommunikation- und Multimediarecht, § 43 Rz. 82, Berl.KommTKG/Brodkorb, § 66 Rz. 248.
382 | Jenny
Strukturierung und Ausgestaltung des Nummernraums
Rz. 44 E
der normative Gehalt von § 66 Abs. 2 S. 2 TKG allerdings in der Praxis auf das schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erforderliche. 3.3.6 Verfahrensfragen Nicht ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben, aber zur Ermittlung der zu berücksichtigenden Belange der Betroffenen ratsam sind öffentliche Anhörungen zu beabsichtigten Maßnahmen nach § 66 Abs. 2 TKG1. Dies entspricht auch der behördlichen Praxis2. § 66 Abs. 2 S. 3 TKG verlangt daneben ausdrücklich eine „rechtzeitige“ Bekanntgabe von Änderungsmaßnahmen. Was dabei als rechtzeitig angesehen werden kann lässt sich nicht allgemein konkretisieren. Je nach Umfang der bei Netzbetreibern, Diensteanbietern und Nutzern nötigen Umsetzungsmaßnahmen können die erforderlichen Vorlaufzeiten zwischen mehreren Monaten und vereinzelt auch Jahren liegen. So war beispielsweise die beabsichtigte Abschaltung der 0190er-Nummern für Premium Rate-Dienste mehrere Jahre bekannt3.
41
Für die Bekanntgabe von Änderungsmaßnahmen gelten die Regelungen des Verwaltungsverfahrensrechts zur Bekanntgabe von Allgemeinverfügungen. In Betracht kommen namentlich entsprechend der Behördenpraxis die Veröffentlichung in ihrem Amtsblatt, wobei auf eine Begründung verzichtet werden kann4.
42
3.3.7 Umsetzungspflicht und deren Durchsetzung § 66 Abs. 2 S. 4 TKG verpflichtet Netzbetreiber und Anbieter von Telekommunikationsdiensten zur Umsetzung von Änderungen des Nummernraums bzw. nationalen Nummernplans. Diese Pflicht trifft damit diejenigen, die technisch und rechtlich Einfluss auf die Umsetzung haben5, woraus sich erklärt, dass bloße Nutzer von Nummern in der Vorschrift nicht genannt werden.
43
Wenn also beispielsweise eine neue Nummerngasse geöffnet wird, haben die Netzbetreiber dafür zu sorgen, dass die dort geschalteten Nummern auch erreichbar sind und gegenüber den Kunden abgerechnet werden können. Dies kann weniger trivial sein, als es klingen mag. Bei der Migration
44
_______________
1 Nach §§ 1 Abs. 4 sowie 2 Abs. 3 des Entwurfs zur TNV sollen Anhörungen grundsätzlich durchgeführt werden, und zwar nicht nur bei Änderungen, sondern auch bei sonstigen Maßnahmen zur Strukturierung und Ausgestaltung von Nummernräumen, sofern diese erhebliche Bedeutung haben. 2 Siehe als Beispiel die Anhörung zur Bereitstellung von Rufnummern für Premium Rate-Dienste Mitteilung 150/2005 ABl. BNetzA 12/2005, S. 1017. 3 Siehe die Mitteilung 227/2005 ABl. BNetzA 18/2005, S. 1339. 4 §§ 39 Abs. 2 Nr. 5, 41 Abs. 3, 4 VwVfG. 5 Demmel in: Manssen, Telekommunikation- und Multimediarecht, § 43 Rz. 85, Berl.KommTKG/Brodkorb, § 66 Rz. 253.
Jenny | 383
E Rz. 45
Nummernverwaltung
von Premium Rate-Diensten von 0190er Nummern auf 0900er Nummern kam es wegen Schwierigkeiten bei der gleichzeitig vorzunehmenden Umstellung von so genanntem Online-Billing zu Offline-Billing1 zu mehrjährigen Verzögerungen2. 45
Sollten einzelne Netzbetreiber oder Diensteanbieter im Zusammenhang mit der Änderungsmaßnahmen zu Struktur und Ausgestaltung von Nummernraum bzw. -plan ihren Umsetzungspflichten nicht nachkommen, kann die BNetzA nach § 66 Abs. 3 TKG durch Verwaltungsakt die gebotenen Umsetzungsmaßnahmen anordnen. Nötigenfalls kann die Behörde solche Anordnung mit den Mittelns der Verwaltungsvollstreckung durchsetzen, wobei ein Zwangsgeld bis zu 500.000 Euro möglich ist3. Sowohl gegen Umsetzungsanordnungen als auch gegen etwaige Vollstreckungsmaßnahmen sind die Rechtsbehelfe von Widerspruch und Anfechtungsklage eröffnet, wobei zu beachten ist, dass diese keine aufschiebende Wirkung haben (§ 137 Abs. 1 TKG). Im TKG 1996 waren Verstöße gegen die Umsetzungspflicht daneben noch bußgeldbewehrt4. Dies ist im neuen Recht entfallen, ohne dass ein Grund dafür ersichtlich wäre. 3.4 Strukturierung und Ausgestaltung nach dem Entwurf der Nummerierungsverordnung
46
Nach dem Entwurf der TNV soll diese zwei Paragraphen enthalten, die sich mit der Strukturierung und Ausgestaltung von einzelnen Nummernräumen befassen. Unter Ausgestaltung ist dabei die Zweckbestimmung zu verstehen, unter Strukturierung die Formatierung und Gruppierung von Nummernräumen. Die BNetzA soll ermächtigt werden, hierzu Allgemeinverfügungen zu erlassen. § 1 des Entwurfs regelt die erstmalige Strukturierung und Ausgestaltung von Nummernräumen, § 2 spätere Änderungen.
47
Nach § 1 Abs. 1 soll die Behörde für jeden Nummernraum im einzelnen Struktur und Ausgestaltung festlegen. Die Behörde soll dabei Nummernräume in Nummernbereiche und gegebenenfalls -teilbereiche einteilen und _______________
1 Beim Online-Billing, welches bei 0190er-Nummern Anwendung fand, war der Nummernbereich in verschiedene Tarifstufen eingeteilt, so dass anhand der jeweils gewählten Nummer der Tarif von vornherein feststand. Die Kundenbeziehung für den Dienst lag beim Teilnehmernetzbetreiber, der den Mehrwertdienst als Vorleistung einkaufte. Letzteres ist beim neueren Offline-Billing umgekehrt. Die Tarife werden durch den Anbieter des Mehrwertdienstes festgelegt, der Teilnehmernetzbetreiber des Anrufers übernimmt Fakturierung und Inkasso auf Basis von Verträgen mit den Diensteanbietern. Siehe zum ganzen Schütz, Kommunikationsrecht, Rz. 481 ff. 2 Siehe dazu die bereits oben zitierte Mitteilung 227/2005 ABl. BNetzA 18/2005, S. 1339. 3 Zur Vollstreckung von Anordnungen der BNetzA siehe näher Gramlich, Kapitel C Rz. 112 ff. 4 § 96 Abs. 1 Nr. 7 TKG-1996.
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Strukturierung und Ausgestaltung des Nummernraums
Rz. 50 E
sodann per Allgemeinverfügung Festlegungen zu Struktur und Ausgestaltung treffen können. Auf Grundlage dieser Festlegungen soll die BNetzA einen Nummernplan erstellen und veröffentlichen, § 1 Abs. 2 des Entwurfs. Ferner soll die Behörde nach § 1 Abs. 3 des Entwurfs ein Nummerierungskonzept führen und veröffentlichen, welches die wesentlichen Planungen für die Fortentwicklung von Strukturierung und Ausgestaltung der Nummernräume darstellen soll. Vor dem Erlass von Allgemeinverfügungen mit erheblicher Bedeutung nach § 1 Abs. 1 soll nach § 1 Abs. 4 des Entwurfs „grundsätzlich“ eine öffentliche Anhörung durchzuführen sein. Nach § 2 des Entwurfs soll die BNetzA Struktur und Ausgestaltung bestehender Nummernräume, -bereiche und -teilbereiche durch Allgemeinverfügung mit Wirkung für die Zukunft ändern oder aufheben können, soweit dies den Regulierungszielen nach § 2 Abs. 2 des TKG und den in § 66 Abs. 4 S. 3 TKG genannten Zielsetzungen dient. Dabei sollen die Änderungen gemäß § 2 Abs. 2 auch für bereits bestehende Nummernzuteilungen gelten können, worüber die Behörde unter Berücksichtigung der Ziele der Nummerierung und eines angemessenen Vertrauensschutzes zu entscheiden hat. In diesem Zusammenhang soll auch die Aufhebung oder Änderung bestehender Nummernzuteilungen möglich sein. Nach Abs. 3 ist auch hier „grundsätzlich“ eine öffentliche Anhörung durchzuführen.
48
In der Praxis wären die Anwendungsbereiche von § 1 einerseits und § 2 des Entwurfs andererseits wie folgt gegeneinander abzugrenzen: § 1 betrifft Maßnahmen, die entweder den bereits zuvor geltenden Status festschreiben und damit die Rechtsposition der betroffenen Netzbetreiber und Nummernutzer nicht negativ beeinträchtigen sowie Maßnahmen zur erstmaligen Strukturierung und Ausgestaltung von Nummernräumen, die zuvor noch nicht genutzt waren. § 2 betrifft demgegenüber alle Maßnahmen, welche die zuvor bestehende Strukturierung und Ausgestaltung ändern.
48a
Sollten §§ 1 und 2 des Entwurfs wie eben referiert umgesetzt werden ergeben sich Konflikte mit § 66 Abs. 2 TKG, der nur unter engen Voraussetzungen Änderungen der Struktur und Ausgestaltung des Nummernraums und des nationalen Nummernplans erlaubt. Der Verordnungsentwurf bezieht sich auf Nummernräume und -bereiche, die aber ihrerseits Teil des gesamten von § 66 TKG erfassten Nummernraums sind. So gesehen lassen sich Festlegungen nach § 1 oder 2 des Verordnungsentwurfs, die inhaltlich vom vorherigen Stand abweichen, oft auch als Änderungen des Nummernraums im Sinne von § 66 Abs. 2 TKG verstehen.
49
Auflösen lässt sich dieser Konflikt, indem man § 66 Abs. 2 TKG auf Änderungen auf höherer Rangstufe bezieht als die Bestimmungen des Verordnungsentwurfs. § 66 Abs. 2 TKG bezieht sich danach auf Änderungen des Nummernraums und Nummernplans auf der oben Ziffer 3.2 dargestellten Ebene, §§ 1 und 2 TNV demgegenüber auf Maßnahmen, die unter dieser Stufe bleiben und damit auch weniger Betroffene tangieren. Gestützt wird
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E Rz. 51
Nummernverwaltung
diese Sicht durch die nunmehr ins TKG aufgenommene Legaldefinition von „Nummernraum“, wonach dieser die Gesamtheit aller Nummern ausmacht, die für eine bestimmte Art der Adressierung verwendet werden. Beispielhaft wäre danach die Überleitung von Premium Rate-Diensten von 0190er zu 0900er-Nummern eine Änderungsmaßnahmen nach § 66 Abs. 2 TKGs während die Zuordnung verschiedener Premium Rate-Dienste zu unterschiedlichen Nummernbereichen, -teilbereichen oder Gassen1 eine Maßnahmen nach §§ 1 und/oder 2 des Verordnungsentwurfs wäre. Um dieses Nebeneinander zu verdeutlichen wäre es besser, in § 1 und 2 der Verordnung nur von „Nummernbereichen“ und „-teilbereichen“ zu sprechen, nicht aber von Nummernräumen.
4. Rufnummernzuteilung 4.1 Normative Grundlagen 51
Das jetzige TKG enthält anders als das TKG-1996 in seinem § 43 Abs. 3 und 4 TKG neben der Aufgabenzuweisung in § 66 Abs. 1 S. 3 TKG keine konkreten Vorgaben oder Regelungen zur Nummernzuteilung. Diese sollen auf Basis der entsprechenden Ermächtigungsgrundlage in § 66 Abs. 4 TKG mit der TNV geschaffen werden, die aber einstweilen noch aussteht. Momentan operiert die BNetzA damit bei der Rufnummernzuteilung auf dünner normativer Grundlage.
52
Am Entwurf der TNV lassen sich allerdings viele Grundlinien ablesen, die schon in der Vergangenheit für Nummernzuteilungen gegolten haben und voraussichtlich auch zukünftig gelten werden. Insoweit kann die Darstellung hier den Verordnungsentwurf als Orientierungshilfe nutzen. Die Behördenpraxis muss sich derweil an Grundsätzen der Gleichbehandlung sowie den oben (Rz. 7 bis 9) referierten Vorgaben der Rahmenrichtlinie und vor allem der Genehmigungsrichtlinie orientieren, bis die Verordnung erlassen wird.
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Für viele Arten von Nummern hat die BNetzA in Verwaltungsvorschriften2 Zuteilungsregeln erlassen, die das Zuteilungsverfahren und die Zuteilungsvoraussetzungen im Einzelfall näher regeln. Als Verwaltungsvorschriften haben diese Zuteilungsregeln allerdings keine Außenwirkung, sondern binden lediglich die behördliche Praxis. _______________
1 Vgl. dazu 2. Teil Ziffer I. der FST Verhaltensregeln, wonach die Gasse 0900-1 für Informationsangebote, die Gasse 0900-3 für Unterhaltungsangebote (jew. unter Ausschluss von Angeboten erotischen oder sonst jugendgefährdenden Inhalts), die Gasse 0900-9 für Dialer und die Gasse 0900-5 für alle sonstigen Inhalte (d. h. dann wohl insbesondere Erotik) genutzt werden sollen. 2 Berl.KommTKG/Brodkorb, § 66 Rz. 33. Auch der Entwurf der TNV sieht die Zuteilungsregeln als Verwaltungsvorschriften, siehe § 6 Abs. 1 TNV-E.
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Rufnummernzuteilung
Rz. 57 E
4.2 Arten von Nummernzuteilung und deren rechtliche Qualifikation In der Praxis wird unterschieden zwischen direkten, originären und abgeleiteten Zuteilungen1. Bei der direkten Zuteilung werden einzelne Nummern unmittelbar von der BNetzA durch Verwaltungsakt an den jeweiligen Nutzer zugeteilt. Dies ist beispielsweise bei Rufnummern für Premium Rate-Dienste die vorgesehene Praxis2, die allerdings nicht immer eingehalten wird (siehe dazu auch unten Rz. 61a). In anderen Fällen erhalten Netzbetreiber bzw. Diensteanbieter von der Behörde Nummernblöcke zugeteilt, aus denen sie dann einzelne Nummern an ihre jeweiligen Kunden zuteilen. Ersteres ist die sog. originäre Zuteilung von Nummernblöcken, letzteres die abgeleitete Zuteilung einzelner Nummern. Dieser Ansatz ist insbesondere bei Ortsnetzrufnummern und Mobilfunkrufnummern gängige Praxis.
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Originäre Zuteilungen sind Verwaltungsakte, während die rechtliche Qualifikation abgeleiteter Zuteilungen noch nicht befriedigend geklärt ist. Die vorherrschende Sicht sieht abgeleitete Zuteilungen als zivilrechtliche Verträge, weil eine Beleihung der Inhaber originärer Zuteilungen nicht vorliege, so dass die abgeleitete Zuteilung nicht in Formen des öffentlichen Rechts erfolgen könne3. Diese Begründung ist zutreffend, gleichwohl ist das Ergebnis etwas unbefriedigend, weil die Rechtsposition des Inhabers einer originären Zuteilung eines Nummernblocks sich grundlegend von der seiner Kunden unterscheidet, denen einzelne Nummern abgeleitet zugeteilt wird. Erstere Rechtsposition bestimmt sich nach dem jeweiligen Zuteilungsbescheid der BNetzA und dabei insbesondere den darin enthaltenen Auflagen, letztere demgegenüber früher nach § 20 TKV und zukünftig voraussichtlich nach der einschlägigen Bestimmung der TNV.
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4.3 Zuteilungsverfahren Im Normalfall erfolgen direkte und originäre Zuteilungen von Nummern und Nummernblöcken nach dem „first-come first-served“ Prinzip, das heißt wer als erstes einen Zuteilungsantrag stellt, der die jeweils einschlägigen Voraussetzungen erfüllt, erhält die beantragte Nummer bzw. den beantragten Nummernblock zugeteilt. Hiervon gibt es jedoch in Einzelfällen Ausnahmen.
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Bei der erstmaligen Zuteilung von Nummern aus neu geöffneten Bereichen, bei denen gerade zu Beginn mit besonderer Nachfrage gerechnet wird, führt die BNetzA das sogenannte „Tag-Eins-Verfahren“ durch. In Betracht kommt dies etwa bei so genannten „Vanity-Nummern“, also Nummern, bei denen
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_______________
1 Siehe § 3 Abs. 2 des Entwurfs zur TNV sowie Berl.KommTKG/Brodkorb, § 66 Rz. 33–39; Beck TKG-Komm/Büning/Weißenfels, § 66 Rz. 24. 2 Siehe die einschlägigen Zuteilungsregeln Vfg. 37/2004, ABl. RegTP 16/2004, S. 864. 3 Berl.KommTKG/Brodkorb, § 66 Rz. 38; Beck TKG-Komm/Büning/Weißenfels, § 66 Rz. 25.
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E Rz. 58
Nummernverwaltung
die Ziffernfolge zugleich einem Namen oder Markenzeichen entspricht bzw. entsprechen kann1. Bei diesem Verfahren gelten alle innerhalb eines vorgegebenen Zeitfensters eingegangenen Anträge als gleichzeitig gestellt2. Bei gleichzeitigen Anträgen für dieselbe Nummer entscheidet dann das Los3. Bei Vanity-Nummern wird zuvor noch eine Rangordnung der gleichzeitigen Anträge erstellt, bei denen Inhaber eingetragener Schutzrechte im ersten Rang, Inhaber sonstiger Namensrechte im zweiten Rang und sonstige Antragsteller erst danach berücksichtigt werden. Die Losentscheidung findet dann zwischen gleichrangigen Anträgen statt4. 58
Bei besonders attraktiven oder besonderen Zwecken gewidmeten Nummern kommen daneben Vergabeverfahren in Form von Ausschreibungen oder Versteigerungen in Betracht. Nach Erwägungsgrund 21 der Rahmenrichtlinie sowie Art. 5 Abs. 4 der Genehmigungsrichtlinie dürfte beides europarechtlich zulässig sein. Nummernauktionen hat es allerdings in Deutschland bisher nicht gegeben, Auswahlverfahren in einer Ausschreibung bisher einmal für die Rufnummer 116 116 zur Sperrung von elektronischen Berechtigungen (d. h. von Kreditkarten und sonstigen Zahlungsmitteln, außerdem von Mobiltelefonen)5.
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Abgeleitete Zuteilungen sind vom originären Zuteilungsnehmer diskriminierungsfrei vorzunehmen6, wobei ihm aber überlassen bleibt, welche Nummer er jeweils abgeleitet zuteilt7. Für abgeleitet zuzuteilende Nummern existieren teils detaillierte Vorgaben, wie viele Nummern einzelnen Kunden jeweils zugeteilt werden dürfen8. Dies dient dem Ziel einer effizienten Nummerbewirtschaftung. Ferner können originäre Zuteilungsnehmer etwa im Rahmen von Reselling-Verträgen oder von Outsourcing Dritte beauftragen, abgeleitete Zuteilungen für sie vorzunehmen9, wobei aber nicht zwingend ist, dass der Empfänger von abgeleiteten Zuteilungen Kunde des Dritten wird. _______________
1 Grundlage dafür ist die ITU-Empfehlung E.161, welche die Zuordnung der Buchstaben zu einzelnen Ziffern regelt. 2 Siehe auch § 4 Abs. 1 S. 3 des TNV-Entwurfs, der das Tag-Eins-Verfahren erwähnt. 3 Siehe Berl.KommTKG/Brodkorb, § 66 Rz. 43, 44; Beck TKG-Komm/Büning/ Weißenfels, § 66 Rz. 23. 4 Siehe als Beispiel Ziffer 5.2 der Zuteilungsregeln für persönliche Rufnummern, Vfg. 35/2004, ABl. RegTP 17/2004. 5 Siehe Vfg. 45/2004 ABl. RegTP 21/2004, S. 1464 zur Ausschreibung der Nummer sowie Vfg. 61/2004 ABl. RegTP 25/2004, S. 2015 zur Vergabeentscheidung. 6 So vormals § 20 Abs. 2 TKV und zukünftig voraussichtlich die einschlägige Regelung der TNV (§ 10 Abs. 2 des Entwurfs). 7 Siehe für Ortsnetznummern Ziffer 4.3.2 der Vfg. 25/2005 ABl. BNetzA 9/2006, S. 1115 ff. 8 Siehe dazu für Ortsnetzrufnummern Ziffer 4.3.2 und Anlage 1 der Vfg. 25/2005 ABl BNetzA 9/2006, S. 1115 ff. 9 Siehe für Ortsnetzrufnummern Ziffer 4.2.3 der Vfg. 25/2005 ABl BNetzA 9/2006, S. 1115 ff. sowie für abgeleitete Zuteilungen allgemein § 3 Abs. 2 S. 2 TNV-Entwurf.
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Rufnummernzuteilung
Rz. 61a E
4.4 Rechtsnachfolge Im Grundsatz soll eine Rechtsnachfolge bei Nummernzuteilungen nur in Ausnahmefällen stattfinden, insbesondere sind rechtsgeschäftliche Übertragungen unzulässig. Letzteres sieht § 3 Abs. 6 des TNV-Entwurfs vor. Daneben folgt es für direkte und originäre Zuteilungen auch daraus, dass kein gesetzlicher Nachfolgetatbestand1 für rechtsgeschäftliche Übertragungen besteht, d. h. das TKG und zukünftig voraussichtlich auch die Nummernverordnung eine rechtsgeschäftliche Übertragung außer in Ausnahmefällen nicht vorsehen.
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Nach § 3 Abs. 6 des Entwurfs der TNV soll die rechtsgeschäftliche Übertragung wie auch die Rückgabe von Nummernzuteilungen gegen Gegenleistung sowie die Werbung für solche Aktivitäten verboten werden. Für direkte und originäre Zuteilungen sieht der Entwurf der TNV in § 3 Abs. 7 einzelne Fälle der Rechtsnachfolge vor. Genannt werden beispielhaft Erbfall, Übertragung von Mehrheitsbeteiligungen an Unternehmen sowie die Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung oder Formwechsel. Der Übergang der Nummernzuteilung soll in all diesen Fällen von einer Bestätigung der BNetzA abhängig sein, für welche die Anforderungen an Neuzuteilungen entsprechend gelten. Auffallend ist dabei, dass in manchen der genannten Fälle ein Wechsel des Rechtsträgers, dem die Nummern zugeteilt sind, nicht stattfindet. Dies gilt namentlich beim Formwechsel sowie der Änderung von Mehrheitsbeteiligungen. Ob es sich hier um ein Versehen handelt oder aber eine Art Fusionskontrolle für Nummernzuteilungen eingeführt werden soll, ist derzeit unklar. Die Begründung des Entwurfs schweigt zu dieser Frage. Eine Fusionskontrolle wäre allerdings verfehlt, zumal bei Nummernzuteilungen anders als etwa bei Frequenzzuteilungen (siehe dort § 55 Abs. 7 TKG) die Beteiligungsverhältnisse des Nummerninhabers regelmäßig belanglos sind.
61
Die derzeit geltenden Zuteilungsregeln für direkt zuzuteilende Nummern enthalten oft inhaltlich dem Verordnungsentwurf ähnelnde Regeln2. Bei Shared-Cost-Diensten gibt es ergänzend nach Ziffer 5.3 der Zuteilungsregeln die Möglichkeit, die Nummern vom Netzbetreiber bzw. Diensteanbieter auf den die Nummer konkret nutzenden Kunden zu übertragen. Hintergrund ist, dass solche Nummern in der Vergangenheit offenbar häufig den Netzbetreibern und nicht den eigentlichen Nutzern zugeteilt worden waren. Dies ist als so genannte „Nutzung von Rufnummern im Rahmen einer Dienstleistung“ nach den Zuteilungsregeln auch zulässig. Allerdings gibt es dieselbe Situation auch bei Freephone und Premium-Rate-Diensten,
61a
_______________
1 Siehe zu diesem Erfordernis Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 43 Rz. 13. 2 Siehe beispielsweise für Shared-Cost-Dienste Ziff. 6.1 d) der Vfg. 034/2004, ABl. RegTP 16/2004, S. 845, für Freephone-Dienste Ziff. 6.1. d) der Vfg. 036/2004, ABl. RegTP 16/2004, S. 858 sowie für Premium-Rate-Dienste Ziff. 6.1. d) der Vfg. 37/2004, ABl. RegTP 16/2004, S. 864.
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E Rz. 62
Nummernverwaltung
ohne dass die einschlägigen Zuteilungsregeln eine entsprechende Abhilfe vorsähen. Der Grund für diese abweichende Handhabung ist nicht klar. 62
Bei abgeleiteten Zuteilungen für Ortsnetznummern sieht die Vfg. 25/2005 in Ziffer 8.7 ebenfalls die Möglichkeit einer Rechtsnachfolge vor, wenn der Nachfolger mit der Nummer bereits „identifiziert“ wird. Hier geht es neben Betriebs- und Unternehmensfortführungen um Situationen, in denen die Nummer zwischen Bewohnern desselben Privathaushalts übergehen soll. Ein Rechtsanspruch der Inhaber abgeleiteter Zuteilungen auf deren Übertragung besteht allerdings nicht. Bei anderen abgeleitet zugeteilten Nummern, insbesondere nationalen Teilnehmerrufnummern und Mobilfunknummern sehen die derzeit geltenden Zuteilungsregeln keine Nachfolge vor. Es spricht aber nichts dagegen, wenn die Vertragspartner der betroffenen Kunden in Fällen, die den zuvor für Ortsnetznummern beschriebenen ähneln, eine Übernahme der Nummer ermöglichen. Dies würde auch nicht mit der von § 4 Abs. 3 TNV-Entwurf vorgesehenen Sperrfrist für die Neuzuteilung freier Nummern kollidieren, denn diese gilt gerade nicht für abgeleitete Zuteilungen. 4.5 Gebühren 4.5.1 Rechtliche Grundlagen
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Gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 2 TKG werden für die Zuteilung von Rufnummern Gebühren erhoben. Das Gesetz verwendet den in § 3 Nr. 18 definierten Begriff „Rufnummer“1, was zumindest nahe legt, dass für die Zuteilung sonstiger Nummern keine Gebühr erhoben werden soll. Die Gesetzesbegründung2 sieht die Vorschrift allerdings als Nachfolgevorschrift zu § 43 Abs. 3 S. 3 TKG-1996, der eine entsprechende Beschränkung nicht enthielt. Hier liegt es nahe, von einem Redaktionsversehen auszugehen. Ob dies ausreicht, um den eindeutigen Gesetzeswortlaut in diesem Punkt zu ignorieren, ist indessen zweifelhaft. Die derzeit geltende Nummerngebührenverordnung sieht auch für die Zuteilung technischer Nummern Gebühren vor.
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Nach § 142 Abs. 2 TKG werden die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebührenhöhe einschließlich der Zahlungsweise durch eine Rechtsverordnung festgelegt. Die Ermächtigung zum Erlass der Gebührenverordnung wurde entsprechend § 142 Abs. 2 S. 6 TKG, Art. 80 Abs. 1 S. 4 GG durch Verordnung vom 22.11.2004 auf die Bundesnetzagentur übertragen3. Die BNetzA benötigt für den Erlass der Verordnung allerdings das Einvernehmen sowohl des Wirtschafts- als auch des Finanzministeriums. _______________
1 „Nummer, durch deren Wahl im öffentlichen Telefondienst eine Verbindung zu einem bestimmten Ziel aufgebaut werden kann.“ 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 103. 3 Fundstelle dieser Verordnung: BGBl. I 2004, S. 2899.
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Rufnummernzuteilung
Rz. 67 E
Nach § 142 Abs. 2 S. 4 TKG sollen die Gebührensätze so festgelegt werden, dass die optimale Nutzung und effiziente Verwendung der Nummern sichergestellt werden. Dies geht auf Art. 13 der Genehmigungsrichtlinie zurück, der als Ausnahme vom sonst geltenden strikten Kostendeckungsprinzip (Art. 12 der Richtlinie) unter anderem für die Zuteilung von Nummern Abgaben erlaubt, die eine optimale Nutzung der Ressourcen sichern. Es geht hier insgesamt darum, Gebührensätze festzulegen, die den wirtschaftlichen Wert der zuzuteilenden Güter reflektieren, um die Nutzer zur sparsamen Verwendung anzuhalten. Laut § 142 Abs. 2 S. 5 TKG soll aber weder S. 4 (Gebührensätze mit Lenkungszweck optimierter Ressourcennutzung) noch S. 2 (Gebühren mit strikter Kostenorientierung) gelten, wenn Nummern von außerordentlichem wirtschaftlichem Wert im Wege wettbewerbsorientierter oder vergleichender Auswahlverfahren vergeben werden, wobei allerdings offen bleibt, woran die Gebühren sich dann zu orientieren haben. Praktisch wird es hier um Auktionen gehen, die allerdings für Nummern bisher jedenfalls in Deutschland nicht stattgefunden haben.
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Die Gebührenverordnung ist derzeit noch nicht erlassen. Es gilt einstweilen weiter die Telekommunikations-Nummerngebührenverordnung, die 1999 auf Basis des TKG-1996 erlassen wurde1. Nach dem Gebührenverzeichnis der Verordnung lagen bis vor kurzem die Gebühren für die Zuteilung von Nummernblöcken durchweg bei 0,05 Euro je Nummer, abweichend davon bei zehnstelligen Ortsnetzrufnummern bei 0,50 Euro je Nummer. Die Gebühren für einzelne Nummern liegen zwischen 62,50 Euro (persönliche Rufnummern, entgeltfreie und entgeltpflichtige Mehrwertdienste) bis 2.600 Euro für Auskunftsdienste und Onlinedienste.
66
4.5.2 Problemfelder Wie auch in anderen Bereichen, insbesondere den Lizenzgebühren, gab es bei Nummerngebühren in der Vergangenheit eine ganze Reihe von Rechtsstreiten und aus diesen resultierende Gerichtsentscheidungen, welche für die zukünftige Gestaltung der Gebühren bedeutsam sind. Ein mit auslösender Faktor war dabei der Umstand, dass die Deutsche Telekom AG (DTAG) aus Monopolzeiten über einen umfangreichen Bestand an Nummern verfügte, während Neueinsteiger in den Markt solche Nummern erst gebührenpflichtig erwerben mussten. Der Versuch, die DTAG für diesen Altbestand mit Gebühren zu belasten wurde zwar unternommen, scheiterte aber an den Verwaltungsgerichten2. Demgegenüber mussten Neueinsteiger Gebühren entrichten, die mit 1 DM (später 0,50 Euro) je Ortsnetznummer deutlich über den anfallenden Verwaltungskosten lagen. Die Ortsnetznummern wur_______________
1 Telekommunikations-Nummerngebührenverordnung v. 16.8.1999, BGBl. I 1999, S. 1887, zuletzt geändert durch Verordnung v. 19.12.2006, BGBl. I 2006, S. 3378. 2 VG Köln, Urt. v. 8.12.2000, AZ 11 K 10380/99. Die von der DTAG geforderten Gebühren bewegten sich in der Größenordnung von 360 Millionen DM.
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E Rz. 68
Nummernverwaltung
den dabei für jedes Ortsnetz in Blöcken à 1000 Nummern zugeteilt, so dass bei einer gewünschten Präsenz in jedem der über 5000 Ortsnetze Gebühren von über 5 Millionen DM anfielen. 68
Hiergegen haben sich Telekommunikationsunternehmen in Gerichtsverfahren gewehrt, was schließlich über das Bundesverwaltungsgericht zu einer Vorlage an den EuGH führte1. Der EuGH entschied daraufhin, dass es gegen das Gebot der Wettbewerbsförderung in Art. 11 der Lizensierungsrichtlinie 97/13 verstößt, wenn in dieser Konstellation für die Nummernzuteilung Gebühren erhoben werden, die über dem Verwaltungsaufwand liegen2. Auch bei der Ablehnung von Zuteilungsanträgen dürfen lediglich kostendeckende Gebühren festgesetzt werden, da dann keine zu schonenden Ressourcen verbraucht werden3. Diese Feststellungen sind auf die Art. 12 und 13 der nunmehr geltende Genehmigungsrichtlinie direkt übertragbar. In der neuen Gebührenverordnung wird es damit erforderlich sein, die Gebühren für die Zuteilung von Ortsnetznummern auf die der Verwaltung entstehenden Kosten zu beschränken. Dasselbe gilt für alle Gebühren für die Ablehnung von Zuteilungsanträgen. Gebührenbescheide auf Grundlage der noch geltenden alten Verordnung, die diese Vorgaben nicht berücksichtigt, wären rechtswidrig. Als Konsequenz aus dieser Situation wurde die Nummerngebührenverordnung im Dezember 2006 geändert und die Zuteilungsgebühren für Ortsnetzrufnummern drastisch gesenkt, nämlich auf 152 Euro für die Antragsbearbeitung und, je nach Antragsjahr, auf 69 bis 109 Euro je Nummernblock für die Zuteilung.
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In einem weiteren Verfahren betreffend die Gebühren für Mobilfunkrufnummern hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Gebühren von 1 DM je Nummer bei Zuteilung von Blöcken à 10 Millionen Nummern rechtswidrig seien, weil die Gebühren damit das 4.444fache des Verwaltungsaufwandes erreichten. Dies verletze das verfassungsrechtliche Äquivalenzprinzip, da sich die Gebühr völlig von den Kosten der gebührenpflichtigen Amtshandlung entferne4. Offen gelassen hat das Gericht allerdings, bei welcher Überschreitung des Verwaltungsaufwandes es die zulässige Grenze sehe. Im Vorlagebeschluss zu den Ortnetzrufnummern hat das Gericht eine Gebühr, die das 16-fache des Verwaltungsaufwandes ausmachte, als akzeptabel angesehen.
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Als Reaktion darauf sind die Gebühren für Mobilfunknummern um den Faktor 10 reduziert worden5. Bei Außerachtlassung der Inflation liegen die Gebühren dann allerdings immer noch beim 444-fachen des Verwaltungs_______________
1 BVerwG, Urt. v. 30.4.2003, Az 6C 6/02, BVerwGE 118, S. 128 ff. = CR 2004, 267. 2 EuGH, Urt. v. 20.10.2005, Rs C-327/03 und C-328/03. Der Leitsatz ist veröffentlicht in CR 2006, 111. 3 EuGH, Urt. v. 20.10.2005, Rs C-327/03 und C-328/03, Rz. 27 des Urteils. 4 BverwG, Urt. v. 30.4.2003, 6 C 5/02 NVwZ 2003, 1385. 5 Siehe Ziffer B.4 der Telekommunikations-Nummerngebührenverordnung.
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Einzelfragen
Rz. 73 E
aufwands. Ob damit dem Äquivalenzprinzip genügt wird ist zweifelhaft, aber offenbar noch nicht gerichtlich entschieden. 4.6 Internationale Nummernressourcen Die ITU hat einige Rufnummernbereiche für internationale Dienste geöffnet und nimmt die Verwaltung und Zuteilung der Nummern hierfür selbst vor. Um die betreffenden Dienste zu erreichen muss jeweils die internationale Verkehrsausscheidungsziffer (für Deutschland die „00“) vorgewählt werden. Es handelt sich dabei um folgende Nummernressourcen beziehungsweise Dienste: – – –
(00)800 – Internationale Entgeltfreie Mehrwertdienste (00)979 – Internationale Premium-Rate-Dienste (00)808 – Internationale Shared-Cost-Dienste
Ferner hat die ITU 24 europäischen Ländern die internationale Kennzahl 3883 als Nummernraum für paneuropäische Dienste zugeteilt. § 46 Abs. 4 TKG sieht dazu in Umsetzung von Art. 28 der Universaldienstrichtlinie vor, dass die Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze die Erreichbarkeit dieser Nummern sicherzustellen haben. Der Nummernraum unterteilt sich in – – – –
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Anwendungen im öffentlichen Interesse (003883-1-XXX), Kundendienstanwendungen (003883-3-X XXX XXX), Nutzergruppen (003883-5-XXX XXX XXX) und persönliche Rufnummern (003883-7-XXX XXX XXX).
Die Nummern werden durch das Europäische Telekommunikationsbüro (ETO) verwaltet. Die Zuteilung ist auf ein Unternehmen in London delegiert1.
5. Einzelfragen Dieser Beitrag ist nicht der Ort, für alle Arten von Nummern die einschlägigen Zuteilungs- und Nutzungsmodalitäten im einzelnen zu referieren, zumal diese Änderungen unterworfen sind und die aktuellen Zuteilungsregeln auf der Website der BNetzA problemlos abgerufen werden können2. Hier sollen deshalb lediglich einige Einzelfragen angesprochen werden, die in der jüngeren Regulierungspraxis besonders relevant waren.
_______________
1 Siehe Mitteilung 150/2001 ABl. RegTP 6/2001, S. 744 sowie www.etns.org. 2 Einen ausführlichen Überblick bietet Berl.KommTKG/Brodkorb, § 66 Rz. 68 ff.
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E Rz. 74
Nummernverwaltung
5.1 Strukturierung und Ausgestaltung von Nummernräumen und -bereichen per Allgemeinverfügung 74
Wie bereits oben (Rz. 46) erwähnt sieht der Entwurf der TNV die Strukturierung und Ausgestaltung von Nummernräumen und Bereichen per Allgemeinverfügung vor. Die BNetzA hat nunmehr im Vorgriff auf die Verordnung bereits erste Allgemeinverfügungen erlassen und zwar zu Ortsnetzrufnummern sowie zu Betreiberkennzahlen1. Beide Verfügungen sollen auch für bereits zugeteilte Nummern bzw. Nummernblöcke gelten2.
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Problematisch ist hier die Frage nach der Ermächtigungsgrundlage für solche Allgemeinverfügungen und insbesondere für Eingriffe in bereits bestehende Rechte an Nummern. Beide Verfügungen berufen sich als Rechtsgrundlage auf § 66 Abs. 1 S. 2 TKG3. Diese Norm beschreibt jedoch lediglich in Übereinstimmung mit Art. 10 der Rahmenrichtlinie eine Aufgabe der Behörde und die zu verfolgenden Ziele. Zu den dazu erlaubten Mitteln schweigt sie. Der Wortlaut bietet keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die Vorschrift die BNetzA zu Allgemeinverfügungen im Bereich der Nummerierung ermächtigen soll. Ferner führt § 66 Abs. 4 S. 3 TKG aus, dass in der zu erlassenden Nummerierungsverordnung unter anderem die Befugnisse der Bundesnetzagentur zu regeln sind. Auch der veröffentlichte Entwurf sieht wie erwähnt Ermächtigungsgrundlagen für Allgemeinverfügungen zur Strukturierung und Ausgestaltung von Nummernräumen und -bereichen vor. Dies spricht dafür, dass nach den Vorstellungen des Gesetzgebers eine entsprechende Ermächtigung erst mit der TNV erteilt werden sollte.
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Deshalb ist davon auszugehen, dass § 66 Abs. 1 S. 2 TKG keine taugliche Rechtsgrundlage für die Allgemeinverfügungen ist. Auch § 66 Abs. 2 TKG kommt als Ermächtigungsgrundlage nicht in Betracht. Es ist nicht zu sehen, welche internationalen Vorgaben hier umgesetzt werden bzw. welche Maßnahmen hier konkret zur Gewährleistung ausreichender Nummernverfügbarkeit getroffen werden.
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Den Verfügungen ist auch nicht ohne weiteres zu entnehmen, welche Änderungen gegenüber dem früheren Stand sie vornehmen. Schließlich bewegen sich die Verfügungen auch auf einem Detaillierungsgrad, der nicht dem Anwendungsbereich von § 66 Abs. 2 TKG entspricht. Sie ändern weder den Nummernraum noch den nationalen Nummernplan, sondern treffen _______________
1 Vfg. 25/2006 Struktur und Ausgestaltung des Nummernbereichs für Ortsnetzrufnummern ABl BNetzA 9/2006, S. 1115 sowie Vfg. 24/2006 Struktur und Ausgestaltung des Nummernbereichs für Betreiberkennzahlen ABl. BNetzA 8/2006, S. 983. 2 Siehe Ziff. 11 der Vfg. 25/2006 sowie Ziff. 8 der Vfg. 24/2006. 3 Dieser lautet: „Ihr [der BNetzA] obliegt insbesondere die Strukturierung und Ausgestaltung des Nummernraumes mit dem Ziel, den Anforderungen von Endnutzern, Betreibern von Telekommunikationsnetzen und Anbietern von Telekommunikationsdiensten zu genügen.“
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Einzelfragen
Rz. 80 E
detaillierte Regelungen zur Zuteilung und Nutzung von Ortnetznummern bzw. Betreiberkennzahlen. Nach alledem kommt man zum Befund, dass die Allgemeinverfügungen ohne Ermächtigungsgrundlage ergangen und damit rechtswidrig sind. Die Verfügungen enthalten zudem keine Rechtsbehelfsbelehrung, so dass Rechtsbehelfe noch bis zu ein Jahr nach ihrer Veröffentlichung möglich wären.
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5.2 Ortsnetznetzbezug für Ortsnetzrufnummern Rufnummern aus Ortsnetzen waren traditionell dazu gedacht, einzelne Netzanschlüsse zu adressieren und zu erreichen (sog. Anschlussbezug). In der jüngeren Vergangenheit entwickelten sich jedoch Diensteangebote, die Ortsnetznummern unabhängig von Anschlüssen nutzten und dabei auch Dienste ermöglichten, welche die Kunden in Anspruch nehmen konnten, ohne in dem betreffenden Ortsnetz zu sein. So hatte die DTAG einen Anschluss namens „T-Net-vor-Ort“ angeboten, der im Netzknoten realisiert wurde. Ankommende Anrufe werden dabei zu einem mit dem Kunden vereinbarten Zielanschluss weitergeleitet1. Daneben hatten auch erste Voice over IP-Dienste begonnen, Ortsnetznummern zu nutzen und ihren Kunden zur Verfügung zu stellen.
79
Die BNetzA hat nach Anhörung der betroffenen Anbieter angeordnet, dass Ortsnetznummern künftig nicht mehr ortsnetzfremd zugeteilt werden dürfen. Dabei hat sie aber geduldet, dass dieses Merkmal einstweilen nicht über die Lokation des Anschlusses sondern über den Wohn- oder Firmensitz des Kunden definiert wird. Für bis zum 15.10.2004 ortsnetzfremd zugeteilte Nummern hat sie eine Übergangsfrist eingeräumt, die bis 1.2.2007 lief2. Nummern, die auch nach der weiteren Definition ortsnetzfremd genutzt wurden, waren den Endnutzern zu dieser Frist zu kündigen. Das VG Köln hat dieses Vorgehen der Behörde gebilligt3. Die neue, weitere Definition des Ortsnetzbezugs hat die Behörde in der Vfg. 25/2006 zu Struktur und Ausgestaltung des Nummernbereichs für Ortsnetzrufnummern übernommen. Dies ist zu begrüßen, weil ein Festhalten am Anschlussbezug Anbieter von Diensten, die dem Kunden keinen Netzanschluss bereitstellen, benachteiligen würde4. Dies wäre mit Art. 10 Abs. 2 S. 1 der Rahmenrichtlinie nicht zu vereinbaren, wonach im Bereich der Nummernverwaltung die Gleichbehandlung aller Anbieter öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienste zu gewährleisten ist.
80
_______________
1 Siehe den Beitrag „Regulierungsbehörde setzt Ortsnetzbezug für Voice over IP durch“ in C’T 22/2004, S. 58. 2 Siehe Mitteilung Nr. 306/2004 ABl. RegTP 20/2004, S. 1459 sowie Mitteilung 125/2005 AB. 10/2005, S. 895. 3 VG Köln, Urt. v. 3.3.2006, AZ 11 K 4217/05. 4 Siehe die Begründung zu Eckpunkt 1 der Eckpunkte der regulatorischen Behandlung von Voice over IP (VoIP) Mitteilung 229/2005 ABl. BNetzA 18/2005, S. 1340.
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E Rz. 81
Nummernverwaltung
5.3 Nummern für Voice over IP-Dienste 81
Die Entwicklung und Markteinführung von Voice over IP (VoIP) Diensten hat zu einer ganzen Reihe von regulatorischen Fragestellungen in verschiedenen Bereichen geführt. Dies betrifft bei weitem nicht nur die Nummernverwaltung. Die BNetzA hat dazu eine umfangreiche Anhörung durchgeführt um den zukünftigen Regulierungsansatz zu ermitteln1. Die Anhörung bestand aus einem Katalog von insgesamt 87 Fragen bei denen es neben Nummerierungsthemen unter anderem um Marktentwicklung, Geschäftsmodelle, Zugang/Zusammenschaltung, Verbraucherschutz, Fernmeldegeheimnis, Datenschutz, Notruf und Überwachungsmaßnahmen ging.
82
Im Bereich der Nummerierung hat die Behörde als Reaktion auf die Anhörung folgende Maßnahmen ergriffen: –
Es wurden nationale Teilnehmerrufnummern aus der Gasse (0)32 zur Verfügung gestellt. Diese werden Blockweise an Diensteanbieter zugeteilt, die dann einzelne Nummern abgeleitet an Kunden zuteilen können. Diese Nummern können bundesweit unabhängig vom Wohn- oder Firmensitz eingesetzt werden2.
–
Es wurden Eckpunkte zur Änderung der Zuteilungsregeln für Ortsnetznummern veröffentlicht und eine Anhörung zu ihnen durchgeführt3. Die Behörde hat im Eckpunktepapier zu VoIP angekündigt, die Eckpunkte vollständig umzusetzen, was mittlerweile durch die bereits mehrfach erwähnte Vfg. 25/2006 zu Struktur und Ausgestaltung von Ortsnetzrufnummern sowie geänderte Zuteilungsregeln auch geschehen ist. Zu ihnen gehören die Beibehaltung des Ortsnetzbezugs mit der oben geschilderten Änderung, die Antragsberechtigung für originäre Zuteilungen auch für Anbieter von Telekommunikationsdiensten statt nur für Netzbetreiber sowie die Möglichkeit, kleinere Nummernblöcke originär zuzuteilen (die Kosten für 1000er Blöcke waren ein Hindernis beim Marktzutritt). Die sogenannte „nomadische“ Nutzung, das heißt die Nutzung derselben Nummer an verschiedenen Standorten, soll im Rahmen der Nummernverwaltung nicht geregelt werden und bleibt damit erlaubt. Die eigentlichen Probleme liegen hier nicht im Bereich der Nummernverwaltung, sondern bei der Implementierung der Notruffunktionalität sowie von Überwachungsmaßnahmen.
5.4 Auskunftsdienste 83
Auskunftsdienste haben aus mehreren Gesichtspunkten im Rahmen der Nummernverwaltung und insbesondere der Aufsicht eine hervorgehobene _______________
1 Mitteilung 106/2004 ABl. RegTP 8/2004, S. 399. 2 Zuteilungsregeln veröffentlicht mit Vfg. 51/2004 ABl. RegTP 23/2004, S. 1595. 3 Mitteilung 381/2004 ABl. RegTP 23/2004, S. 1765.
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Einzelfragen
Rz. 85 E
Stellung: Zum einen sind Auskunftsdienste ein Universaldienst (§ 78 Abs. 2 Nr. 3 TKG). Aus Sicht der Kundenfreundlichkeit ist erwünscht, dass die Rufnummern für Auskunftsdienste kurz gehalten werden. Gegenwärtig werden fünf- und lediglich ausnahmsweise (bei Knappheit) sechsstellige Nummern aus der Gasse 118xy bzw. 1180xy zugeteilt. Die Menge der verfügbaren Nummern ist also auf je 90 fünf- und sechsstellige Nummern begrenzt. Gleichzeitig haben sich in der jüngeren Vergangenheit Geschäftsmodelle herausgebildet, die keine klassischen Auskunftsdienste mehr sind, sondern über Auskunftsdienstenummern so genannte Portale zu Mehrwertdiensten anbieten, zu denen dann auch weiter vermittelt wird1. Dies hat auch schon die Aufsichtspraxis beschäftigt und zu Widerrufen von Nummernzuteilungen geführt2. Die einschlägigen Zuteilungsregeln3 definieren Auskunftsdienste als „Informationsdienste, die ausschließlich der Weitergabe von Rufnummer, Name, Anschrift und zusätzlicher Angaben von Telekommunikationsnutzern dienen.“ Bei ihnen müssen „mindestens aller Rufnummern von Teilnehmern des Sprachtelefondienstes und der bundesweiten zellularen Mobilfunknetze für Sprachkommunikation (Inlandsauskunft) oder alle Rufnummern von Teilnehmern ausländischer Sprachtetefondienste (Auslandsauskunft) erfragbar sein, soweit die Teilnehmerdaten zu angemessenen Entgelten zur Verfügung stehen und die Teilnehmer der Auskunftserteilung nicht ganz oder teilweise widersprochen haben. Die Weitervermittlung zu einer erfragten Rufnummer kann Bestandteil des Auskunftsdienstes sein“. Nunmehr enthält in § 3 Nr. 2a auch das TKG selbst eine inhaltlich deckungsgleiche, kürzere Definition. „Auskunftsdienste“ sind hiernach „bundesweit jederzeit telefonisch erreichbare Dienste, insbesondere des Rufnummernbereichs 118, die ausschließlich der neutralen Weitergabe von Rufnummer, Name, Anschrift sowie zusätzlichen Angaben von Telekommunikationsnutzern dienen. Die Weitervermittlung zu einer erfragten Rufnummer kann Bestandteil des Auskunftsdienstes sein.“
84
Manche der erwähnten Portale leben offenbar vor allem von der Weitervermittlung der Anrufer. Die BNetzA hat deshalb in einer Mitteilung ihre Auslegung der zulässigen Weitervermittlung bekannt geben4. Hiernach ist eine Weitervermittlung nur zulässig, wenn das Ziel auch direkt über eine eigene Rufnummer angewählt werden kann. Kann dem Kunden keine eigenständige Nummer benannt werden ist die Weitervermittlung unzulässig. Ferner müssen sich Auskunftsdienste auf die Nennung der erfragten Angaben konzentrieren. Liegt der Schwerpunkt demgegenüber auf weitergehenden Angaben so liegt ein Mehrwertdienst vor. Zumindest in neueren Zuteilungs-
85
_______________
1 Siehe den Tätigkeitsbericht der BNetzA 2004/2005, S. 136. 2 Siehe die Pressemitteilungen der BNetzA v. 30.1.2006 und v. 30.9.2005 sowie den Beschl. des VG Köln v. 19.9.2005, 11 L 1269/05. 3 Vfg. 61/1997 ABl. BMPT 8/1997 geändert durch Vfg 143/1998 ABl. RegTP 24/1998. 4 Mitteilung 305/2002 ABl. RegTP 12/2002, S. 964.
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E Rz. 86
Nummernverwaltung
bescheiden werden diese Regelungen auch in Nebenbestimmungen aufgenommen. Das VG Köln hat den Widerruf einer Auskunftsdienstenummer bei Missachtung dieser Auflagen bestätigt1. 86
Weiter gelten besondere Anforderungen für die Zuteilung von Auskunftsnummern. Nach den Zuteilungsregen werden maximal fünf Nummern je Antragsteller zugeteilt, verbundenen Unternehmen insgesamt maximal sieben Nummern. Als Teil des Zuteilungsantrags haben Antragsteller ein so genanntes Realisierungskonzept vorzulegen, mit dem der Nachweis geführt wird, dass ein Auskunftsdienst im Sinne der Zuteilungsregeln beabsichtigt ist. Das Konzept soll die technische und geschäftliche Planung darlegen. Nach der behördlichen Praxis muss das Konzept die Beteiligungsverhältnisse des Unternehmens enthalten, klarstellen, wie die benötigten Teilnehmerdaten beschafft werden und detailliert beschreiben, wie die bundesweite, vorwahlfreie Schaltung der Rufnummer realisiert werden soll2. Angesichts der Knappheit von Nummern für Auskunftsdienste, der hervorgehobenen Stellung dieser Dienste als Universaldienste und der beschriebenen Markttendenzen zu Portalen und damit im Zusammenhang stehenden, teils krassen Missbräuchen3 kann man gegen diese Praxis nichts einwenden. Sie strebt an, die Verwendung von Auskunftsdienstenummern auf Angebote zu beschränken, die der Verbraucher dort erwartet.
87
Die BNetzA bereitet derzeit auf der Grundlage einer öffentlichen Anhörung eine Überarbeitung der Zuteilungsregeln vor, wobei damit zu rechnen ist, dass die neuen Regeln vor allem mit Blick auf die genannten Portale restriktiver ausfallen werden4. 5.5 Antragsberechtigung von Diensteanbietern für originäre Zuteilungen
87a
Nach den früheren Zuteilungsregeln für Ortsnetznummern konnten originäre Zuteilungen von Nummernblöcken in Ortsnetzen nur an Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze erfolgen. Diese mussten dazu in dem fraglichen Ortsnetz, aus dem Nummernblöcke zugeteilt werden sollten, Anschlüsse bereitstellen oder dies zumindest beabsichtigen. Im Ortsnetzbereich sind diese Anforderungen inzwischen im Zuge der Reform der Zuteilungsregeln aufgegeben worden. Bei Mobilfunknummern gelten aber
_______________
1 VG Köln, Beschl. v. 19.9.2005, 11 L 1269/05. 2 Siehe Mitteilung 305/2002 ABl. RegTP 12/2002, S. 964. 3 Instruktiv dazu der Sachverhalt der zitierten Entscheidung des VG Köln v. 19.9. 2005 – 11 L 1269/05. Unter anderem wurde mit Telefonbucheinträgen wie „Bahnhof Auskunft Zentrale“, die nicht von der Bahn oder sonst einem Verkehrsunternehmen stammten, Verkehr für die entzogene Rufnummer generiert. 4 Siehe die Fragen in der Anhörung Mitteilung 170/2005 ABl. BNetzA 13/2005, S. 1117.
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Aufsicht durch die Bundesnetzagentur
Rz. 89 E
nach wie vor ähnliche Anforderungen. Originäre Zuteilungen erfolgen danach nur an Inhaber von Frequenzen für öffentliche Mobilfunknetze1. Vor dem Hintergrund der einschlägigen europarechtlichen Vorgaben ist dies bedenklich. Nach Art. 10 Abs. 1 S. 2 und 3 Rahmenrichtlinie sorgen die nationalen Regulierungsbehörden für die Bereitstellung adäquater Nummern und Nummerierungsbereiche für alle öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienste. Die nationalen Regulierungsbehörden legen objektive, transparente und nicht diskriminierende Verfahren für die Zuteilung der nationalen Nummerierungsressourcen fest. Darüber hinaus sieht Art. 10 Abs. 2 der Rahmenrichtlinie vor, dass die nationalen Regulierungsbehörden dafür sorgen, dass Nummerierungspläne und -verfahren so angewandt werden, dass die Gleichbehandlung aller Anbieter öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste gewährleistet ist.
87b
Wenn Zuteilungsregeln demgegenüber wie derzeit noch bei Mobilfunknummern für die originäre Zuteilung von Nummernblöcken nicht an das Angebot entsprechender elektronischer Kommunikationsdienste, sondern an die Inhaberschaft von Frequenzzuteilungen anknüpfen, dann behandeln sie die Anbieter solcher Dienste gerade nicht gleich, sondern differenzieren zwischen Netzbetreibern oder Frequenzinhabern und Diensteanbietern. Dies verstößt gegen die dargestellten europarechtlichen Vorgaben.
87c
6. Aufsicht durch die Bundesnetzagentur 6.1 Aufsichtstatbestände und Maßnahmen Neben den allgemeinen Aufsichts- und Auskunftsrechten in Teil 8 Abschnitt 2 des TKG enthält § 67 TKG einen spezifischen Aufsichtstatbestand für den Bereich der Nummernverwaltung. Absatz 1 der Vorschrift ermächtigt die BNetzA zu Anordnungen und anderen geeigneten Maßnahmen, um die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften wie auch der Bedingungen für die Zuteilung von Nummern sicherzustellen. Zu den Handlungsmöglichkeiten gehört dabei namentlich das Einholen von Auskünften über Nummernnutzer, der Entzug der Nummern, die Anordnung von deren Abschaltung sowie die Aufforderung, von der Rechnungsstellung abzusehen. Ferner können Kategorien von Dialern verboten werden.
88
Gesetzliche Vorschriften, die ein Tätigwerden rechtfertigen können, sind dabei nicht nur solche des Telekommunikationsrechts, auch sonstige Rechtsverstöße können Maßnahmen nach § 67 Abs. 1 rechtfertigen2. Hierin
89
_______________
1 Siehe Ziff. 4 der Regeln für die Zuteilung von Rufnummern für öffentliche zellulare Mobilfunknetze, Vfg. 84/2000, ABl. RegTP 23/2000, S. 4003, geändert durch Vfg. 10/2002, ABl. 7/2002 S. 607 und Vfg. 31/2003, ABl. 14/2003, S. 629. 2 Siehe VG Köln, NJW 2006, 1880 für Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht sowie Beck TKG-Komm/Büning/Weißenfels, § 67 Rz. 7.
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E Rz. 90
Nummernverwaltung
unterscheidet sich die Vorschrift von § 126 TKG, der auf Verstöße gegen das Telekommunikationsrecht beschränkt ist1. 90
Die jeweils zu treffenden Anordnungen und Maßnahmen sind in das pflichtgemäße Ermessen der Behörde gestellt2. Die Anordnung der Nummernabschaltung wie auch die Aufforderung, von der Rechnungsstellung abzusehen, setzen dabei dem Wortlaut nach als erhöhte Anforderung voraus, dass die Behörde „gesicherte Kenntnis von der rechtswidrigen Nutzung“ voraus. Indessen dürfen bei unsicherer Erkenntnislage auch sonst keine belastenden Anordnungen und Maßnahmen getroffen werden, vielmehr ist dann zunächst eine weitere Ermittlung und Aufklärung des Sachverhalt angezeigt.
91
Maßnahmen der BNetzA nach § 67 Abs. 1 TKG sind Verwaltungsakte, gegen welche die Rechtsbehelfe des Widerspruchs und der Anfechtungsklage möglich sind. Wie auch bei sonstigen Maßnahmen der Behörde haben diese keine aufschiebende Wirkung.
92
Zur Durchsetzung stehen der Behörde die Zwangsmittel des Verwaltungsvollstreckungsrechts zur Verfügung. Anders als in anderen Aufsichtstatbeständen fehlt allerdings in § 67 TKG die Möglichkeit, erhöhte Zwangsgelder festzusetzen. Nach dem allgemeinen Verwaltungsvollstreckungsrecht beschränkt sich das mögliche Zwangsgeld auf DM 20003. Die sonstigen Vollstreckungsmaßnahmen von Ersatzvornahme und unmittelbarem Zwang scheiden aus praktischen Gründen wohl regelmäßig aus. Verstöße gegen vollziehbare Anordnungen nach § 67 Abs. 1 S. 1, 2, 6 und 7 TKG sind aber nach der jüngsten Änderung des Gesetzes immerhin bußgeldbewehrt, wobei nach § 149 Abs. 1 Nr. 4 Bußgelder bis zu 100.000 Euro verhängt werden können.
93
In der Praxis wird die Durchsetzung von Anordnungen nach § 67 TKG wohl häufig über eine Anordnung an den Netzbetreiber erfolgen, die fraglichen Nummern abzuschalten. Auch wenn die betreffende Vorschrift des § 67 Abs. 1 S. 4 TKG diese Anordnung nur für „Rufnummern“ vorsieht dürfte eine Abschaltungsanordnung auch bei sonstigen Nummern auf der Grundlage von § 67 Abs. 1 S. 1 TKG möglich sein. Denn die anschließenden Sätze beschreiben beispielhaft jeweils mögliche Maßnahmen. Davon abgesehen dürften die allermeisten Missbrauchsfälle ohnehin bei Rufnummern stattfinden, nicht bei sonstigen Nummern. Die Abschaltungsanordnung „soll“ nach § 67 Abs. 1 S. 5 TKG erfolgen, wenn die Behörde „gesicherte Kenntnis“ von der rechtswidrigen Nutzung hat. Die Abschaltungsanordnung ist also in diesen Fällen die Regel, Ausnahmen bleiben aber möglich. _______________
1 Siehe Gramlich, Kapitel C Rz. 74. 2 Siehe die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/2316, S. 103. 3 Die Umstellung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes auf Euro steht immer noch aus.
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Aufsicht durch die Bundesnetzagentur
Rz. 98 E
6.2 Widerruf von Zuteilungen und Entziehung von Nummern, Rückgabepflichten Bis zum Erlass der TNV gibt es einstweilen außer den Regelungen des allgemeinen Verwaltungsrechts, die auf Fälle rechtswidriger Nummernnutzung nicht immer passen1, keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für den Widerruf von Nummernzuteilungen. Allerdings sieht § 67 Abs. 1 S. 4 TKG die Möglichkeit vor, rechtswidrig genutzte Nummern zu entziehen. Systematisch sollte der eigentliche Anwendungsfall dieser Vorschrift im Bereich der abgeleitet zugeteilten Nummern liegen, bei den kein Zuteilungsbescheid seitens der BNetzA vorliegt, der widerrufen werden könnte. Weiteres Argument gegen die Möglichkeit, direkt zugeteilte Nummern nach dieser Vorschrift zu entziehen, wäre der Umstand, dass der Verlust von Nutzungsrechten an Nummern nach der gesetzgeberischen Konzeption in der TNV geregelt werden sollte.
94
Gegen diese Sicht sprechen aber zwei Erwägungen: Zum einen ist die Behörde nach § 67 Abs. 1 S. 3 TKG ermächtigt, die Abschaltung von Nummern anzuordnen. Es spricht wenig dafür, wegen rechtswidriger Nutzung abgeschaltete Nummern auf Dauer beim Zuteilungsinhaber zu belassen, zumal sie für ihn ohnehin nicht praktisch einsetzbar sind. Ferner befasst sich § 67 Abs. 1 TKG mit der rechtswidrigen Nutzung von Nummern, während ein Widerruf von Zuteilungsbescheiden auch in anderen Fällen in Betracht kommt.
95
§ 7 Abs. 4 des Entwurfs der TNV sieht den Widerruf von direkten und originären Nummernzuteilungen in folgenden Fällen vor:
96
–
rechtswidrige Nutzung,
–
Unerreichbarkeit des Zuteilungsnehmers,
–
Bestehen von Anhaltspunkten dafür, dass der Zuteilungsnehmer keinen Bedarf an der Nummer hat und sich auf entsprechende Anfrage nicht zu weiteren Nutzungsabsichten äußert,
–
dauerhaftes Brachliegen von Nummern.
§ 2 Abs. 2 des Entwurfs der TNV sieht daneben im Zusammenhang mit Änderungen der Ausgestaltung von Nummernräumen und -bereichen die Aufhebung oder Änderung von Nummernzuteilungen vor.
97
Zuteilungsregeln für einzelne Nummernarten enthalten häufig weitere Fälle, in denen die BNetzA sich einen Widerruf von Zuteilungen vorbehält2.
98
_______________
1 Siehe aber den Fall eines Verstoßes gegen Nebenbestimmungen des Zuteilungsbescheids im Beschl. des VG Köln v. 19.9.2005, 11 L 1269/05. Dann ist Widerruf nach § 49 Abs. 2 Ziff. 2 VwVfG möglich. 2 Siehe als Beispiel Ziffer 7 der Zuteilungsregeln für Premium Rate-Dienste Vfg. Nr. 38/2003 ABl. RegTP 16/2003, S. 864.
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E Rz. 99
Nummernverwaltung
Als Verwaltungsvorschriften sind die Zuteilungsregeln indessen für sich genommen keine geeignete Rechtsgrundlage für einen Widerruf1. 99
Der Entwurf der TNV enthält in § 7 Abs. 1 eine Pflicht zur Rückgabe von Nummern, die nicht mehr genutzt werden. Unterbrechungen sind allerdings zulässig, wenn sie nicht länger als 12 Monate andauern, wobei die BNetzA für einzelne Nummernarten kürzere Fristen vorsehen können soll. Unter Nutzung ist dabei die Einrichtung der Nummer in einem Netz und ihre dem regulatorischen Zweck entsprechende Nutzung zu verstehen. Entsprechende Regelungen finden sich teils auch in Zuteilungsregeln2. Rückgabepflichten sollen ferner nach § 7 Abs. 2 des Entwurfs die Liquidatoren von juristischen Personen und Personengesellschaften treffen. 6.3 Informationspflichten und Auskunftsrechte
100
Neben den ohnehin schon umfassenden Befugnissen der BNetzA nach dem 8. Teil des Gesetzes3, von Netzbetreibern und Diensteanbietern Auskünfte zu verlangen, gibt nunmehr § 67 Abs. 1 S. 2 TKG der Behörde auch ausdrücklich die Befugnis, Auskünfte zu Nummernnutzern einzuholen. Daneben bestehen in manchen Bereichen teils umfassende Informationspflichten der Inhaber von Nummernzuteilungen.
101
So enthält Ziffer 8.3 der Vfg. 25/2006 für Ortsnetznummern detaillierte Berichtspflichten4. Nach Ziffer 8.3.2 müssen Unternehmen, denen originär Ortsnetzrufnummern zugeteilt sind sowie Unternehmen, die solche Nummern unter Verwendung ihrer Portierungskennung geschaltet haben, der Behörde jährlich zum Ende Januar einen Jahresbericht für das Vorjahr erstellen. Dieser Bericht soll für jeden originär zugeteilten Rufnummernblock über die Anzahl der insgesamt abgeleitet zugeteilten Rufnummern sowie der insgesamt wegportierten Nummern informieren. Für den Bericht gibt die Behörde ein Format vor. Halbjährlich sind zudem gemäß Ziffer 8.3.3 in elektronischer Form alle genutzten Rufnummern in einem vorgegebenen Format mitzuteilen. Weiter wird die Behörde nach Ziffer 8.3.4–8.3.6 ermächtigt, verschiedene ad hoc Informationen anzufordern. 6.4 Verfahrensfragen
101a
§ 67 Abs. 1 TKG enthält keine Regelungen zum Verfahren, das die BNetzA bei Aufsichtsmaßnahmen einzuhalten hat. Es gelten also zunächst die allge_______________
1 Anders allerdings, wenn die Zuteilungsregeln auch in Auflagen des Nummernzuteilungsbescheides aufgenommen werden, siehe dazu die bereits oben Rz. 85 erwähnte Entscheidung des VG Köln, wo eine Auskunftsdienstenummer wegen Verstoß gegen Auflagen aus dem Zuteilungsbescheid widerrufen werden konnte. 2 Siehe als Beispiel Ziffer 6.2 der Zuteilungsregeln für Premium Rate-Dienste Vfg. Nr. 38/2003 ABl. RegTP 16/2003, S. 864. 3 Dazu Gramlich, Kapitel C Rz. 81 ff. 4 Zu den Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Vfg. siehe oben Rz. 74 ff.
402 | Jenny
Schlussbemerkung
Rz. 104 E
meinen Anforderungen des Verwaltungsverfahrensrechts. Allerdings enthalten die europäischen Vorgaben teils detaillierte Vorgaben, die weder im allgemeinen Verwaltungsrecht noch im § 67 des TKG umgesetzt sind und die in der Folge in der Behördenpraxis nicht immer beachtet werden. Namentlich sieht Art. 10 Abs. 2, 1. Spiegelstrich der Genehmigungsrichtlinie vor, dass die Stellungnahmefrist bei Anhörungen in der Regel einen Monat betragen soll. Die BNetzA setzt in der Praxis regelmäßig kürzere Äußerungsfristen. 6.5 Bußgeldtatbestände Das TKG selbst enthält einige Bußgeldtatbestände für den Fall der Nichtbefolgung von Aufsichtsmaßnahmen nach § 67 Abs. 1 TKG. Die möglichen Bußgelder betragen bis zu 100.000 Euro (siehe schon oben Rz. 92).
102
Daneben eröffnet § 149 Abs. 1 Nr. 13 TKG die Möglichkeit, Verstöße gegen die Nummerierungsverordnung sowie gegen auf ihrer Grundlage ergangene vollziehbare Anordnungen mit Bußgeldern zu sanktionieren. Möglich sind auch hier Bußen bis zu 100.000 Euro. Der Entwurf der Verordnung sieht folgende Bußgeldtatbestände vor:
103
–
Nutzung einer Nummer ohne Zuteilung,
–
das Angebot der rechtsgeschäftlichen Weitergabe von Zuteilungen oder Rückgabe von Nummern gegen Gegenleistung sowie Werbung dafür,
–
Schaltung von nicht zuteilten Nummern in Telekommunikationsnetzen,
–
Schaltung von Nummern ohne Beauftragung durch den Zuteilungsnehmer,
–
Unterlassen der Rückgabe zugeteilter Nummern bei Liquidation von juristischen Personen oder Personengesellschaften,
–
Unterlassen des Erhebens von ladungsfähigen Anschriften von abgeleiteten Zuteilungsnehmern.
7. Schlussbemerkung Das TKG-1996 hat die Regelungen zur Nummernverwaltung nicht grundlegend materiell verändert. Mit dem Ansatz, das Zuteilungsverfahren zukünftig in einer Rechtsverordnung zu regeln, ist allerdings ein Teil des bisherigen Gesetzesrechts einstweilen entfallen. Dass die besagte Verordnung über zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes noch aussteht, ist für die Praxis nicht unbedingt hilfreich und hat in Einzelbereichen zu rechtlich fragwürdigen Hilfskonstruktionen geführt. Dies betrifft die Allgemeinverfügungen zu Struktur und Ausgestaltung von Ortsnetznummern und Betreiberkennzahlen. Jenny | 403
104
E Rz. 105 105
Nummernverwaltung
Daneben enthält das Gesetz einige Ungereimtheiten, namentlich die nicht durchgängig erhöhten Zwangsgelder oder die Verwendung des Begriffs „Rufnummer“ in der Vorschrift zu Gebühren, wo es vermutlich „Nummer“ heißen sollte. Dies ist kein Indiz für sorgfältige Arbeit des Gesetzgebers.
404 | Jenny
F. Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge Die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes im Jahre 2004 hat die wegerechtlichen Regelungen des TKG 1996 inhaltlich weitgehend unberührt gelassen. Änderungen beziehen sich vornehmlich auf Bestimmungen, die mit der Abschaffung der Lizenzpflicht (siehe A. Rz. 24 f.) erforderlich geworden sind. Da das Wegerecht zur Benutzung öffentlicher Verkehrswege nicht mit mehr mit einer Lizenz erteilt werden kann, ist hierfür eine eigenständige Regelung erforderlich geworden. Im Übrigen hat der Gesetzgeber Regelungen zugunsten der Wegebaulastträger und der Grundstückseigentümer aufgenommen, die zum Teil der unter dem TKG 1996 geübten Praxis entsprechen.
1
Schon im Gesetzgebungsverfahren für das TKG 1996, aber auch danach in Praxis und Rechtsprechung haben Fragen der Regulierung und des Umfangs der „Wegerechte“ eine besondere Stellung eingenommen. Dies hat zwei Gründe: Zum einen sind Wegerechte Voraussetzung für das Verlegen von Telekommunikationsleitungen. Sie sind damit ein wesentliches „rechtliches Vorprodukt“ für die Produktion und Erbringung von Telekommunikationsdiensten. Zum anderen greifen die Wegerechte in die Rechtsposition von Wegebaulastträgern und Grundstückseigentümern ein. Zu Monopolzeiten vor Inkrafttreten des TKG 1996 wurden die Wegerechte der Deutschen Bundespost und ihren Nachfolgeunternehmen an öffentlichen Wegen als ein besonderes und unentgeltliches Recht durch das Telegraphenwegegesetz (TWG) bundesgesetzlich gewährt (sog. Fernmeldeleitungsrecht). Diese Unentgeltlichkeit haben TKG 1996 und TKG 2004 beibehalten, zunächst zugunsten aller Lizenznehmer für das Betreiben von Übertragungswegen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 TKG 1996) und nunmehr zugunsten aller Betreiber von öffentlichen Telekommunikationsnetzen (heute: Telekommunikationsleitungsrecht).
2
Allerdings betrifft die Regelung der Wegerechte nicht lediglich die Frage des „Ob“ der unentgeltlichen Nutzung öffentlicher Wege, es geht auch und gerade um die Ausgestaltung und Ausübung dieses Nutzungsrechts im Einzelfall sowie um die Frage privater Nutzungsrechte, ohne die letztlich weder umfassende Telekommunikationsnetze noch Teilnehmeranschlüsse errichtet werden können.
3
1. Struktur der Wegerechte Die Wegerechte für Telekommunikationsleitungen sind in Teil 5, Abschnitt 3 des TKG geregelt. Die Einordnung in einen gemeinsamen Teil mit den Regelungen zur Frequenzordnung (siehe D.) und Nummerierung (siehe E.) Heun | 405
4
F Rz. 5
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
ist sinnvoll, weil es sich bei diesen drei Bereichen um Ressourcen handelt, die für unterschiedliche Telekommunikationsdienste benötigt und von der Bundesnetzagentur (BNetzA früher: RegTP1) verwaltet, vergeben und überwacht werden. 5
Zentrale Anspruchsnormen für die Wegerechte des TKG sind –
§§ 68 Abs. 1, 69 Abs. 1 TKG, welche die Benutzung der Verkehrswege regeln, und im Folgenden auch als „öffentliches Wegerecht“ bezeichnet werden;
–
§ 70 TKG, der die Mitbenutzung bestehender Einrichtungen regelt und im Folgenden auch als „Mitbenutzungsrecht“ bezeichnet wird; und
–
§ 76 Abs. 1 TKG, der die Benutzung privater Grundstücke regelt und im Folgenden auch als „privates Wegerecht“ bezeichnet wird.
6
Das öffentliche Wegerecht ist in seiner Struktur zweistufig. Während in § 68 Abs. 1 TKG im ersten Absatz das unentgeltliche Nutzungsrecht an den Verkehrswegen dem Bund zugewiesen wird, überträgt der Bund wiederum dieses Nutzungsrecht auf Antrag durch die BNetzA gemäß § 69 Abs. 1 TKG an Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze. Das Mitbenutzungsrecht folgt dieser Zweistufigkeit, indem § 70 TKG auf § 68 TKG verweist. Demgegenüber gewährt die Bestimmung in § 76 TKG das private Wegerecht durch einen unmittelbaren Anspruch.
7
Regelungen administrativer, technischer wie auch rechtlicher Art über die praktische Umsetzung der Wegerechte sind lediglich im Bereich des öffentlichen Wegerechts durch die Bestimmungen in §§ 68 Abs. 2 bis 4, 71, 73 und 74 TKG getroffen. Gleiches gilt für die sog. straßenrechtlichen Folgepflichten und Folgekostenpflichten in §§ 72 und 75 TKG. Für das Mitbenutzungsrecht und das private Wegerecht fehlen vergleichbare Bestimmungen. Dies dürfte letztlich darauf zurückzuführen sein, dass es sich in den beiden letztgenannten Fällen um rein privatrechtliche Rechtsverhältnisse handelt.
8
Außerhalb der oben dargestellten Struktur des TKG finden sich auch Regelungen über das private Wegerecht in § 45a TKG – diese Bestimmung hat § 10 der zwischenzeitlich außer Kraft getretenen TelekommunikationsKundenschutzverordnung von 1997 (TKV 1997) ersetzt, soweit es um die Nutzung von Grundstücken für Netzzugänge (Anschlüsse) geht.
_______________
1 Nach § 116 TKG in der Fassung von Art. 3 des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung der Energiewirtschaft v. 7.7.2005 (BGBl. I, 1970) ist die BNetzA für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen als Regulierungsbehörde im Sinne des TKG bezeichnet worden. Mit dem TKG-Änderungsgesetz v. 18.2.2007, BGBl. I, S. 106, wird im Gesetz nunmehr nur noch die Bezeichnung Bundesnetzagentur (BNetzA) verwendet. Soweit im Folgenden auch die Abkürzung RegTP oder die Bezeichnung Regulierungsbehörde verwendet wird, bezieht sich dies auf Entscheidungen und Maßnahmen vor Inkrafttreten des TKG 2004.
406 | Heun
Rz. 11 F
Verfassungsrechtliche Fragen des öffentlichen Wegerechts
2. Verfassungsrechtliche Fragen des öffentlichen Wegerechts Die Regelung des öffentlichen Wegerechts war zwischen Bund, Ländern und Kommunen im Gesetzgebungsverfahren des TKG 1996 und danach in Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht insbesondere mit Blick auf dessen Unentgeltlichkeit heftig umstritten. Rechtlicher Hintergrund der Diskussion um das öffentlichen Wegerecht waren im Wesentlichen folgende Fragen: –
Besitzt der Bundesgesetzgeber eine Gesetzgebungsbefugnis im Bereich der Telekommunikationsleitungen?
–
Verletzt eine bundesgesetzliche Gewährung von Wegerechten für die Verlegung von Telekommunikationsleitungen in öffentlichen Wegen, insbesondere die Unentgeltlichkeit des öffentlichen Wegerechts, die zugunsten der Kommunen bestehenden verfassungsrechtlichen Garantien, d. h. Eigentumsschutz und kommunale Selbstverwaltungsgarantie?
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Reichen die im TKG vorgesehenen Beteiligungsrechte der Kommunen aus, die bestehenden verfassungsrechtlichen Garantien sicherzustellen?
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Die beiden letztgenannten Fragen hat das Bundesverfassungsgericht auf eine Kommunalverfassungsbeschwerde mehrerer Kommunen hin in einem Beschluss vom 7.1.19991 zu Lasten der Kommunen entschieden. In der Praxis ist damit Rechtssicherheit für Telekommunikationsunternehmen gegenüber den Kommunen erzielt worden, wenngleich die Frage der Gesetzgebungskompetenzen offenbar nicht Gegenstand des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts war2.
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Später musste sich das Bundesverfassungsgericht aber erneut mit der zuletzt genannten Frage aufgrund eines Normenkontrollverfahrens des Bundeslands Hamburg befassen. Mit Urteil vom 15.7.20033 hat das Bundesverfassungsgericht in diesem Verfahren die Regelung des § 50 Abs. 4 TKG 1996 für nichtig erklärt, weil diese die Verwaltungskompetenz der Länder unzulässig beschneide4. Damit war klargestellt worden, dass die RegTP auch dann keine Zuständigkeit bei der Erteilung von Zustimmungen für die Verlegung von Telekommunikationslinien hatte, wenn der Wegebaulastträger mit dem Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes zusammengeschlossen ist. In der Praxis spielte dies kaum eine Rolle, weil auch derartige Zustimmungen von der RegTP inhaltlich mit den Wegebaulastträgern abgestimmt worden sind. Im novellierten TKG ist die Regelung entsprechend geändert worden.
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1 BVerfG, MMR 1999, 355 (355 ff.). 2 Zu den Einzelheiten siehe die Ausführungen in der 1. Auflage, Heun in: Heun, Telekommunikationsrecht, Teil 6, Rz. 10 ff. 3 BVerfG, MMR 2003, 664. 4 BVerfG, MMR 2003, 664 (665). Im Ergebnis ebenso die Ausführungen in der 1. Auflage, Heun in: Heun, Telekommunikationsrecht, Teil 6, Rz. 27, 99–102.
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F Rz. 12
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
3. Europarechtliche Fragen des Wegerechts 12
Auch das europäische Richtlinienpaket von 2002 enthält Regelungen über Wegerechte. Diese finden sich in der Rahmenrichtlinie1 und der Genehmigungsrichtlinie2. Terminologisch sprechen diese Regelungen dabei von der „Installation von Einrichtungen auf, über oder unter öffentlichem oder privatem Grundbesitz“. Dies ist im Sinne der öffentlichen bzw. privaten Wegerechte (siehe oben Rz. 5) nach deutschem Recht zu verstehen. Die europäischen Vorgaben für die Erteilung von Wegerechten beschränken sich aber wie zuvor auf Aspekte des Verfahrens. Materielle Vorgaben, etwa dass die Mitgliedstaaten verpflichtet wären, im nationalen Recht Wegerechte vorzusehen oder dass diese unentgeltlich sein müssten, sind nicht getroffen3, auch wenn die Gewährung von Wegerechten durch die Mitgliedstaaten auf europäischer Ebene durch die verfahrensrechtlichen Vorgaben eigentlich vorausgesetzt wird. Denn die betreffenden Regelungen knüpfen an gestellte Anträge und deren Prüfung durch die zuständige Behörde an, wenn es solche Verfahren im nationalen Recht gibt4. Ferner gestattet Art. 13 Genehmigungsrichtlinie unter bestimmten Voraussetzungen sogar ausdrücklich die Erhebung von Entgelten für die Erteilung von Wegerechten. Gleichwohl sind die Vorgaben nicht unerheblich. Sie sind von der Kommission bereits vor dem Europäischen Gerichtshof durchgesetzt worden5. 3.1 Vorgaben der Rahmenrichtlinie
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Die Rahmenrichtlinie enthält vier Vorgaben. Sie beziehen sich auf des Verfahren zur Erteilung von Wegerechten, auf die Behördenzuständigkeit im Falle der Beteiligung an Netzbetreibern, auf Rechtsschutz und die gemeinsame Nutzung bestehender Einrichtungen. Zum ersten haben die Mitgliedstaaten nach Art. 11 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie dafür zu sorgen, dass die zuständige Behörde bei der Erteilung von öffentlichen und privaten Wegerechten an Betreiber öffentlicher oder nicht-öffentlicher Telekommunika_______________
1 Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie), ABl. EU Nr. L 108 v. 24.4.2002, S. 33. 2 Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie), ABl. EU Nr. L 108 v. 24.4.2002, S. 21. 3 Anders für ähnlich lautende Vorgaben aus dem früheren europäischen Recht: Beck TKG-Komm/Schütz, 2. Auflage, § 50 TKG 1996 Rz. 4, siehe auch in der 1. Auflage, Heun in: Heun, Telekommunikationsrecht, Teil 6 Rz. 32. 4 Siehe Erwägungsgrund (22) der Rahmenrichtlinie, wonach die nationalen Regelungen über die Enteignung und die Nutzung von Grundbesitz ausdrücklich unberührt bleiben sollen. 5 Siehe etwa EuGH, EuGHE I 2003, 5797, wo festgestellt wird, dass Luxemburg die betreffenden Verwaltungsverfahren nicht effektiv und transparent genug eingerichtet hat.
408 | Heun
Europarechtliche Fragen des Wegerechts
Rz. 15 F
tionsnetze auf der Grundlage transparenter, öffentlich zugänglicher Verfahren vorgeht, die nichtdiskriminierend und unverzüglich anzuwenden sind. Die Grundsätze der Transparenz und Nichtdiskriminierung gelten auch für die Auferlegung von Bedingungen im Zusammenhang mit der Erteilung der Wegerechte. Die unterschiedliche Behandlung von Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze gegenüber anderen Betreibern ist ausdrücklich zulässig. Auch unter Berücksichtigung der Eingangs (Rz. 12) getroffenen Feststellung, dass der europäische Rechtsrahmen keine materiellen Vorgaben trifft, kann das Diskriminierungsverbot abhängig von der tatsächlichen Ausgestaltung der Wegerechte im nationalen Recht Auswirkungen auf materielle Fragen einschließlich solcher über Entgeltlichkeit und Gebühren haben1. Besonders hervorzuheben ist an diesen Vorgaben ferner, dass die Verfahren zügig durchzuführen sind. Eine solche Regelung war im europäischen Recht vor Inkrafttreten des Richtlinienpakets 2002 nicht vorgesehen. Damit wird auch auf europäischer Ebene dem Umstand Rechnung getragen, dass die Dauer ebenso wie der Inhalt von Verwaltungsverfahren erheblichen Einfluss auf den Marktzutritt von Unternehmen im Telekommunikationsbereich hat. Gegenstand dieser Vorgaben sind die Regelungen in §§ 68 und 69 TKG (Rz. 40 ff.). Zum zweiten müssen die Mitgliedstaaten nach Art. 11 Abs. 2 der Rahmenrichtlinie sicherstellen, dass eine strukturelle Trennung bei Behörden und Gebietskörperschaften erfolgt, die an einem Netzbetreiber oder Diensteanbieter beteiligt sind oder diese kontrollieren. Hier muss die für etwaige Wegerechtsverfahren zuständige Stelle von den Tätigkeiten strukturell getrennt sein, die mit der Ausübung der Beteiligung bzw. Kontrolle in Zusammenhang stehen. Damit wird dem insbesondere in Deutschland bestehenden Umstand Rechnung getragen, dass viele Wegebaulastträger (insbesondere Gemeinden) direkt oder indirekt an Stadtnetzbetreibern beteiligt sind. Angesichts der Wortwahl „beteiligt“ oder „kontrolliert“ ohne zusätzliche Einschränkungen oder Hinweise ist dabei davon auszugehen, dass die Bestimmung weit aufzufassen ist, also auch indirekte Beteiligungen oder mittelbare Kontrolle erfasst. Im TKG ist diese Vorgabe in § 68 Abs. 4 TKG (Rz. 96) sowie im Rahmen des Verfahrens zur Übertragung des öffentlichen Wegerechts vom Bund auf die Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze nach § 69 TKG (Rz. 53) umgesetzt worden.
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Zum dritten haben die Mitgliedstaaten nach Art. 11 Abs. 3 Rahmenrichtlinie wirksame Rechtsschutzverfahren vorzusehen, die ein Vorgehen gegen Entscheidungen im Zusammenhang mit Wegerechten bei einer von den Parteien unabhängigen Stelle ermöglichen. Diese Regelung versteht sich vor dem Hintergrund, dass das europäische Richtlinienpaket von 2002 die Bedeutung des Rechtsschutzes besonders hervorhebt2. Im TKG ist hierzu kei-
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1 Siehe BVerwG, NVwZ 2005, 821. 2 Siehe Erwägungsgrund (12) der Rahmenrichtlinie.
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F Rz. 16
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
ne besondere Umsetzung erfolgt, offenbar im Vertrauen auf den im deutschen Verwaltungsrecht bereits vorhandenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz. 16
Zum vierten schließlich sind die Mitgliedstaaten nach Art. 12 Abs. 1 Rahmenrichtlinie aufgefordert, die gemeinsame Nutzung von Einrichtungen eines Unternehmens zu fördern, welches öffentliche oder private Wegerechte aufgrund innerstaatlicher Regelungen zum Wegerecht oder zu Enteignungen innehat. Insbesondere können die Mitgliedstaaten nach Art. 12 Abs. 2 Rahmenrichtlinie einem Netzbetreiber die gemeinsame Nutzung von Einrichtungen oder Grundbesitz (einschließlich physischer Kollokation) vorschreiben oder Maßnahmen zur Koordinierung öffentlicher Bauarbeiten treffen, wenn andere Unternehmen aus Gründen des Umweltschutzes, der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit, der Städteplanung und Raumordnung keine tragfähigen Alternativen haben. In persönlicher Hinsicht ist der Kreis der hier möglicherweise zu verpflichtenden Unternehmen nicht auf solche Netzbetreiber mit Wegerechten beschränkt, die über beträchtliche Marktmacht verfügen. In sachlicher Hinsicht sind u. a. die gemeinsame Nutzung von Leitungsrohren, Bauwerken, Masten, Antennen oder Antennensystemen gemeint1. Allerdings erfordern derartige Anordnungen eine vorherige öffentliche Anhörung von angemessener Dauer, bei der alle interessierten Parteien Gelegenheit zur Meinungsäußerung erhalten müssen. Ferner können derartige Anordnungen Regelungen über die Kostenumlage bei der gemeinsamen Umsetzung enthalten. Gegenstand dieser Vorgaben ist zumindest teilweise die Regelung in § 70 TKG (Rz. 186 ff., insbesondere Rz. 201) sowie § 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG (dazu H. Rz. 378 ff.). 3.2 Vorgaben der Genehmigungsrichtlinie
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In der Genehmigungsrichtlinie sind zwei Vorgaben in Bezug auf das Wegerecht enthalten. Nach Art. 4 Abs. 1 lit. b) Genehmigungsrichtlinie gehört es zu den Mindestrechten aufgrund einer Allgemeingenehmigung (A. Rz. 19 ff.), dass das von der Allgemeingenehmigung begünstigte Unternehmen die Prüfung eines Antrags zur Erteilung von Wegerechten veranlassen kann. Auch hierin ist letztlich ein Verfahrensrecht im Sinne eines Rechts auf Verfahrenseinleitung auf Antrag zu sehen. Dies hat der Gesetzgeber durch § 69 Abs. 1 TKG umgesetzt (siehe Rz. 51 ff.).
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Gemäß Art. 9 Genehmigungsrichtlinie stellen die nationalen Regulierungsbehörden den gemeldeten Unternehmen (§ 6 TKG) auf Antrag binnen einer Woche eine standardisierte Erklärung aus, unter welchen Umständen diese berechtigt sind, u. a. Wegerechte in Anspruch zu nehmen (dazu A. Rz. 73). Dieser Anspruch soll den Unternehmen die Wahrnehmung ihrer Rechte erleichtern. Durch die in § 69 TKG vorgesehene Übertragung des öffentlichen _______________
1 Siehe Erwägungsgrund (23) der Rahmenrichtlinie.
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Der Begriff der Telekommunikationslinie
Rz. 20 F
Wegerechts (siehe Rz. 51 ff.) ist diese Erklärung für das öffentliche Wegerecht praktisch in dem Übertragungsbescheid enthalten. Mit Blick auf das in § 76 TKG geregelte private Wegerecht bleibt aber die in § 6 Abs. 3 TKG vorgesehene (A. Rz. 73), der Umsetzung von Art. 9 Genehmigungsrichtlinie dienende Bescheinigung gleichwohl erforderlich.
4. Der Begriff der Telekommunikationslinie Zentraler Begriff der Regelungen des TKG über die Wegerechte ist der Begriff der „Telekommunikationslinie“. Alle drei Anspruchsnormen des TKG (§§ 68, 70 und 76) setzen voraus, dass es sich um Telekommunikationslinien handelt, für die das Nutzungsrecht besteht. Telekommunikationslinien sind in § 3 Nr. 26 TKG legaldefiniert als
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„unter- oder oberirdisch geführte Telekommunikationskabelanlagen einschließlich ihrer zugehörigen Schalt- und Verzweigungseinrichtungen, Masten und Unterstützungen, Kabelschächte und Kabelkanalrohre“.
Anders als bei anderen Begriffsbestimmungen in § 3 TKG werden der Begriff „Telekommunikationslinie“, oder die in der Begriffsbestimmung verwendeten Definitionen, nicht im Rahmen der übrigen Begriffsbestimmungen zur Herstellung oder Darstellung von Zusammenhängen benutzt. Gleichwohl besteht naturgemäß ein Zusammenhang zwischen Telekommunikationslinien und Telekommunikationsnetzen: Erstere sind ein (physikalisches) Vorprodukt für Letztere. Telekommunikationslinien bilden somit begrifflich zumindest eine Schnittmenge mit Telekommunikationsnetzen, was auch bei der Frage der Auslegung des Begriffs und der Legaldefinition zu berücksichtigen ist. 4.1 Telekommunikationskabelanlage Zentrales Element der Definition der Telekommunikationslinie wiederum ist der Begriff der Telekommunikationskabelanlage. Eine Telekommunikationslinie setzt daher voraus, dass es sich im Kern um ein kabelgebundenes Übertragungsmedium, genauer um (mindestens) eine „Verbindungsleitung“ handelt. Diese definitorische Klarstellung erschließt sich aus dem Begriff der „Funkanlage“ des TKG 19961. Funkanlagen waren gesetzlich definiert als „elektrische Sende- und Empfangseinrichtungen zwischen denen die Informationsübertragung ohne Verbindungsleitungen2 stattfinden kann“ (§ 3 Nr. 4 TKG 1996). Damit können im Umkehrschluss Kabelanlagen mit Verbindungsleitungen gleichgesetzt werden.
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1 Die heutige Definition in § 2 Nr. 3 FTEG verwendet eine andere Umschreibung. 2 Hervorhebung durch den Verfasser, nicht im Originaltext.
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F Rz. 21
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
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Aus der vorstehenden begrifflichen Gegenüberstellung wird auch ein Versäumnis des Gesetzgebers, sowohl des TKG 1996 als auch des TKG 2004, deutlich, das im Zusammenhang mit der Nutzung von Anlagen, Grundstücken und Gebäuden für Funkanlagen steht, die dem Betrieb von Mobilfunknetzen wie GSM und UMTS oder von festen Funknetzen wie Wireless Local Loop (WLL), WLAN oder WiMAX dienen. Ebenso wie die Betreiber von kabelgebundenen Netzen sind die Betreiber dieser Funknetze als (Teil-)Erfüller des verfassungsrechtlichen Infrastrukturauftrags in Art. 87f GG zu sehen. Anders aber als die Betreiber von kabelgebundenen Netzen unterliegen die Betreiber von Funknetzen im Rahmen der bisherigen Lizenz- und Frequenzvergabe und nach Maßgabe ihrer Lizenzen und Frequenzzuteilungsbescheide häufig erheblichen Versorgungsverpflichtungen. Besonders deutlich wird die unterschiedliche Behandlung, wenn man sich die im Wege einer Versteigerung erlösten Lizenzkosten einer UMTS-Lizenz in Höhe von rund 8 Mrd. Euro vor Augen führt. Mit dieser Summe ist noch kein einziger Teil des Netzes finanziert, welches nach den Lizenzbestimmungen innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren einen Versorgungsgrad von 50 % der Bevölkerung erreichen sollte. Für die Betreiber von Wireless Local Loop Netzen war zwar die Lizenzgebühr nicht so hoch, aber auch diese unterlagen bzw. unterliegen erheblichen Versorgungsauflagen. Gleichwohl hat der Gesetzgeber keine Regelung in das TKG aufgenommen, welche es den Betreibern von Funkanlagen in angemessenem Umfang erleichtert, ihre Netze auf Basis gesetzlicher Nutzungsrechte für Antennenstandorte zu errichten. Dies erstaunt umso mehr als die bereits erwähnten europäischen Vorgaben auch konkret die Nutzung von Einrichtungen für Antennen im Sinn haben (Rz. 16). Auch die Vorentwürfe zum TKG 2004 enthielten zu Anfang Regelungen, nach denen Wegerechte auch für Funkanlagen gewährt worden wären1.
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Die Kabelanlagen müssen als Telekommunikationskabelanlagen der Telekommunikation, also dem technischen Vorgang „des Aussendens, Übermittelns und Empfangens von Signalen mittels Telekommunikationsanlagen“ (§ 3 Nr. 22 TKG) dienen. Angesichts der umfassenden Definition von Telekommunikation kann es dementsprechend keine Rolle spielen, ob es sich um ein klassisches Telefonkabel handelt oder beispielsweise ein Breitbandkabel, also welche Art der Telekommunikation mittels der Kabelanlage übermittelt wird. Die unter Geltung des TWG umstrittene, aber letztlich zugunsten der Einordnung von Breitbandkabeln in den Begriff der Fernmeldelinie entschiedene Frage2, ist damit in der heutigen Begriffswelt des TKG kein Problem. Ebenso ist festzuhalten, dass sowohl oberirdisch als auch unterirdisch geführte Kabelanlagen als Telekommunikationslinien anzusehen sind. _______________
1 Heun, CR 2003, 485. 2 BVerwG, NJW 1987, 2096 (2097).
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Der Begriff der Telekommunikationslinie
Rz. 25 F
Soweit es sich also bei einer Kabelanlage um Kupferdraht, Koaxialkabel oder Lichtwellenleiter handelt, die ausschließlich für Zwecke der Telekommunikation verwendet werden, besteht kein Zweifel daran, dass es sich um eine Telekommunikationskabelanlage und damit um eine Telekommunikationslinie im Sinne der gesetzlichen Definition handelt. Die Anzahl der Kabel selbst ist dabei nach der gesetzlichen Definition unerheblich, d. h. es kann sich gleichermaßen um ein einziges Kabel wie auch eine Vielzahl von Kabeln handeln1.
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Schwieriger wird der Umgang mit der Definition allerdings dort, wo die Kabelanlage selbst auch anderen Zwecken als der Telekommunikation dient, möglicherweise sogar vorrangig. Als wichtigstes Beispiel seien hier die Elektrizitätskabel genannt. Diese können nicht nur für die Versorgung mit Elektrizität genutzt werden, sondern zugleich für Zwecke der Telekommunikation (Stichwort „Powerline“). In erster Linie handelt es bei diesen Kabelanlagen um Elektrizitätskabelanlagen, so dass sich die Frage stellt, ob diese Kabelanlagen gleichwohl als Telekommunikationskabelanlagen im Sinne der Legaldefinition von Telekommunikationslinien anzusehen sind. Diese Frage wird u. a. dann relevant, wenn in Frage steht, ob die Nutzung der Elektrizitätskabel für Telekommunikationszwecke von bestehenden Konzessionsverträgen2 abgedeckt ist3. Ist dies nicht der Fall, drohen dem Konzessionsinhaber zusätzliche Forderungen des Konzessionsgebers, wenn hier nicht die Wegerechte des TKG weiterhelfen4.
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Die Legaldefinition von Telekommunikationslinien liefert selbst keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei den Telekommunikationskabelanlagen um Anlagen handeln müsse, die ausschließlich für Zwecke der Telekommunikation genutzt werden. Lediglich die rein am Wortlaut orientierte Interpretation des Begriffs „Telekommunikationskabelanlage“ könnte eine solche Betrachtungsweise rechtfertigen. Dieser Betrachtungsweise kann allerdings entgegengehalten werden, dass die Begriffe „Telekommunikation“ und „Telekommunikationsanlage“ umfassend und funktional im TKG definiert sind. Neben der bereits oben dargestellten Definition von Telekommunikation sind nach § 3 Nr. 23 TKG
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„‚Telekommunikationsanlagen‘ technische Einrichtungen oder Systeme, die als Nachrichten identifizierbare elektromagnetische oder optische Signale senden, übertragen, vermitteln, empfangen, steuern oder kontrollieren können“.
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1 Anders noch BVerwG, NJW 1976, 906 (907). 2 Dazu Bauer in: Kodal/Krämer, Kap. 27, Rz. 73 ff. 3 Diese Fragestellung ist vergleichbar mit der später im Rahmen der Bestimmung des § 76 TKG noch zu untersuchenden Frage, inwieweit die für herkömmliche Versorgungsanlagen gewährten Wegerechte auch die Nutzung für Telekommunikationslinien umfassen. 4 Freilich kommt es dabei auch im Einzelnen auf die Inhalte des Konzessionsvertrags an.
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F Rz. 26
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
Durch die gesetzlichen Definitionen, insbesondere aufgrund der Verwendung des Begriffs „können“, wird deutlich, dass jede Einrichtung, die für Telekommunikation geeignet ist, eine Telekommunikationsanlage darstellt, ungeachtet ihrer möglicherweise sonst bestehenden Funktionalität. Nichts anderes kann für die Telekommunikationskabelanlage gelten, die bei Anwendung der vorstehenden Definition im Ergebnis selbst eine Telekommunikationsanlage ist. Bestätigung findet diese Sichtweise schließlich im sog. „funktionalen Fernmeldeanlagenbegriff“, der sich bereits zu Zeiten des Fernmeldeanlagengesetzes (FAG) herausgebildet hat. Danach kommt es nicht auf eine einheitliche Betrachtung der betreffenden Einrichtung bzw. des betreffenden Systems an, sondern auf die jeweilige Funktion1. Demnach ist auch eine Elektrizitätskabelanlage eine Telekommunikationskabelanlage und damit eine Telekommunikationslinie, soweit2 diese der Telekommunikation dient. 4.2 Zubehör 26
Zur Telekommunikationslinie gehören auch die zugehörigen Schalt- und Verzweigungseinrichtungen, Masten und Unterstützungen, Kabelschächte und Kabelkanalrohre. Damit wird sichergestellt, dass die von den Wegerechten erfasste Linie nicht lediglich die Kabel selbst umfasst sondern auch die Einrichtungen und Gegenstände, die der Linienführung (Masten, Unterstützungen und Kabelkanalrohre3) und der Linienverzweigung (Schalt- und Verzweigungseinrichtungen, Kabelschächte) dienen.
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Freilich kann die gesetzliche Definition auch in Bezug auf das vorgenannte Zubehör nicht als dem reinen Wortlaut entsprechende abschließende Aufzählung angesehen werden. Anderenfalls wären beispielsweise Kabeltröge oder sonstige, nicht aufgezählte Schutzvorrichtungen für Telekommunikationskabelanlagen nicht vom Begriff der Telekommunikationslinie umfasst. Auch hier ist daher auf die Funktion der Einrichtungen oder Gegenstände im Rahmen der Linienführung und -verzweigung abzustellen, so dass jede dieser Einrichtungen und jeder dieser Gegenstände als erfasst zu gelten hat, wenn er die entsprechende Funktion erfüllt. 4.3 Öffentliche Telefonstellen
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Unter der Geltung des TWG wurde verbreitet die Auffassung vertreten, dass auch öffentliche Telefonstellen (Fernsprechhäuschen) zu den Fernmeldelinien i. S. d. § 1 TWG, dem damaligen Äquivalent zum heutigen § 68 TKG, gehören4. Diese schon damals umstrittene Sichtweise ist vor dem Hinter_______________
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Dazu bereits Bothe/Heun/Lohman, Archiv PT 1995, 5 (8 ff.). Soweit also telekommunikationstechnische Funktionalität besteht. Im Folgenden wird hierfür zumeist der Begriff „Leerrohre“ verwendet. Aubert/Klingler, Fernmelderecht/Telekommunikationsrecht, S. 14 m. w. N.
414 | Heun
Der Begriff der Telekommunikationslinie
Rz. 29 F
grund der nunmehr auf Telekommunikationskabelanlagen abstellenden Legaldefinition von Telekommunikationslinien nicht mehr haltbar. Die öffentliche Telefonstelle ist selbst keine Telekommunikationskabelanlage und auch keine zugehörige Einrichtung, die der Linienführung oder Linienverzweigung dient. Da die öffentliche Telefonstelle im Ergebnis ein Telefonapparat ist, handelt es sich bei ihr vielmehr um eine Endeinrichtung (§ 2 Nr. 2 FTEG) mit zugehörigen Bauten bzw. Aufhängungs- und/oder Schutzvorrichtungen1. Die öffentliche Telefonstelle liegt damit bildlich gesprochen „hinter“ der Netzabschlusseinrichtung eines Telekommunikationsnetzes, welches durch Telekommunikationslinien gebildet wird2. Vom Begriff der Telekommunikationslinie ist die öffentliche Telefonstelle damit weder dem Wortlaut oder ihrer Funktion nach, noch vor dem Hintergrund der begrifflichen Systematik des TKG erfasst3. Lediglich eine zweckorientierte, zugleich erweiternde Auslegung der Legaldefinition von Telekommunikationslinie vermag hier ggf. weiterzuhelfen. Eine solche Auslegung kann deswegen in Betracht kommen, weil die Bereitstellung öffentlicher Telefonstellen gemäß § 78 Abs. 2 Nr. 4 TKG als Universaldienstleistung bestimmt worden ist. Betrachtet man diese Festlegung vor dem Hintergrund, dass wesentliches Argument für das unentgeltliche öffentliche Wegerecht der in Art. 87f Grundgesetz enthaltene Versorgungsauftrag des Bundes war4, so lässt sich nicht leugnen, dass die Bestimmung der Universaldienstleistungen und damit auch das Bereitstellen von öffentlichen Telefonstellen der Erfüllung dieses Versorgungsauftrags in besonderem Maße dienen. Nach § 78 TKG ist durch die Bestimmung zur Universaldienstleistung die Bereitstellung von öffentlichen Telefonstellen ein Telekommunikationsdienst, dessen Erbringung für die Öffentlichkeit als Grundversorgung unabdingbar geworden ist. Andererseits bedeutet die Erweiterung der Legaldefinition von Telekommunikationslinien auf öffentliche Telefonstellen vor dem Hintergrund der gefundenen Ergebnisse zur Tragweite des Begriffs der Telekommunikationskabelanlage eine Interpretation, die sich gegen den Wortlaut und die Systematik der vom Gesetzgeber verwendeten Begriffe stellt. Gerade angesichts des schon vor Inkrafttreten des TKG zwischen Kommunen und der Deutschen Bundespost (TELEKOM) umstrittenen Umfangs des öffentlichen Wegerechts in Bezug auf öffentliche Telefonstellen hätte es nahe gelegen, die Legaldefinition von Telekommu_______________
1 Ebenso VG Berlin, NVwZ 2004, 1015. 2 Einfach gesagt: Die öffentliche Telefonstelle ist keine „Linie“ oder Linienzubehör sondern ein „Punkt“. 3 Ebenso VG Berlin, NVwZ 2004, 1015; anderer Ansicht ist Beck TKG-Komm/ Schütz, § 68 Rz. 21, der darauf hinweist, dass die Regelung der Wegerechte im TKG den sachlichen Anwendungsbereich der Regelungen des TWG nicht einschränken sondern auf sämtliche Wettbewerber ausdehnen wolle. Allerdings existierte unter der Geltung des TWG auch noch keine Legaldefinition für Telekommunikationslinien. 4 Siehe in der 1. Auflage, Heun in: Heun, Telekommunikationsrecht, Teil 6 Rz. 10 ff.
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F Rz. 30
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
nikationslinien so zu fassen, dass öffentliche Telefonstellen dazugehören. Dies ist allerdings unterblieben. Im Gegenteil, die in das TKG aufgenommene Definition deutet angesichts der Begriffswahl vielmehr darauf, dass öffentliche Telefonstellen gerade nicht vom Begriff der Telekommunikationslinien erfasst sein sollen1. Dementsprechend ist eine erweiternde Auslegung von Telekommunikationslinien zugunsten öffentlicher Telefonstellen abzulehnen. Dies hat zur Folge, dass sich ein Recht zum Aufstellen von Telefonstellen nach Regelungen außerhalb des TKG bestimmt, etwa nach der straßenrechtlichen Sondernutzung im Falle von öffentlichen Verkehrswegen2. 4.4 Teilnehmeranschluss 30
Die Frage, ob und inwieweit die vom sog. „Netzwerk-Backbone“ abzweigende Teilnehmeranschlussleitung nebst Zubehör eine Telekommunikationslinie darstellt, ist durch den BGH höchstrichterlich verneint worden3. Zweifellos handelt es sich zwar auch hier um eine Telekommunikationskabelanlage. So kann dieser Sichtweise unter Verweis auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 19764 nicht mehr entgegengehalten werden, dass es sich bei dem Teilnehmeranschluss nicht um eine Telekommunikationslinie handele, sondern um eine einzelne Leitung5. Die Telekommunikationslinie sei demgegenüber nicht eine einzelne Leitung sondern die Zusammenfassung mehrerer Leitungen oder mehrerer Kabel in einer gemeinsamen Trasse6. Diese Sichtweise ist angesichts der im TKG 1996 und TKG 2004 vorhandenen Legaldefinition der Telekommunikationslinie überholt. Dies wird auch vom BGH in der erwähnten Entscheidung nicht in Frage gestellt.
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Indes sah der BGH im Falle des Teilnehmeranschlusses die Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung, insbesondere des § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG 1996, der identischen Vorgängerbestimmung des § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG. Nach Ansicht des BGH erfasst jedenfalls der in § 76 TKG verwendete Begriff Telekommunikationslinie nicht solche Kabelanlagen, „die in Gebäuden zur Versorgung der dort lebenden Bewohner installiert sind“7. Aus der Vorvorgängerbestimmung des § 10 TWG, die keine Anschlüsse zum Gegenstand hatte, aus dem Gesetzeszweck, die Errichtung von Telekommunikationsnetzen, nicht aber Anschlüssen zu fördern, und aus der _______________
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Ebenso VG Berlin, NVwZ 2004, 1015. Dazu näher VG Berlin, NVwZ 2004, 1015 ff. BGH, BGH Report 2004, 79 mit Anmerkung Heun. BVerwG, NJW 1976, 906. Siehe Begründung der Bundesregierung zur TKV, BR-Drucks. 551/97, S. 30. Dem folgend Beck TKG-Komm/Piepenbrock, 2. Auflage, Anh. § 41 TKG 1996, § 10 TKV, Rz. 2. 6 BVerwG, NJW 1976, 906. 7 BGH, BGH Report 2004, 80 f.
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Der Begriff der Telekommunikationslinie
Rz. 33 F
Tatsache, dass für Teilnehmeranschlüsse schon immer einer Sonderregelung in Form der Grundstückseigentümererklärung auf Basis der TKV 1997 (dazu näher unten Rz. 334 ff.) existierte (heute: Nutzungsvertrag nach § 45a TKG), folge letztlich, dass das private Wegerecht des § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG nicht für die Errichtung bzw. die Duldung von Teilnehmeranschlussleitungen herhalten könne. Die sich hieraus ergebenden Folgerungen für das private Wegerecht nach § 76 TKG bzw. das Wegerecht für den Kundenanschluss auf Basis der von § 45a TKG bzw. § 10 TKV 1997 werden später näher erörtert (unten Rz. 346 ff.). Die restriktive Betrachtung des BGH greift zu kurz, weil sie das Telekommunikationsnetz und die Teilnehmeranschlussleitung auf dem privaten Grundstück als unterschiedliche Gegenstände betrachtet. Dies trifft nicht zu. So ist gemäß § 3 Nr. 27 TKG ein „‚Telekommunikationsnetz‘ die Gesamtheit von Übertragungssysteme und gegebenenfalls Vermittlungsund Leitwegeinrichtungen sowie anderweitigen Ressourcen, die die Übertragung von Signalen über Kabel, Funk, optische und andere elektromagnetische Einrichtungen ermöglichen, …“. Da für die Erbringung von Telekommunikationsdiensten auch der Teilnehmeranschluss erforderlich ist, sind auch die diesbezüglichen Leitungen zwangsläufig Teil eines Telekommunikationsnetzes im Sinne des TKG. Dementsprechend ist ‚Teilnehmeranschluss’ mittlerweile in § 3 Nr. 21 TKG definiert als „die physische Verbindung, mit dem der Netzabschlusspunkt in den Räumlichkeiten des Teilnehmers … verbunden wird“1. Damit steht jedenfalls außer Zweifel, dass die Teilnehmeranschlussleitung bis zum Netzabschlusspunkt im Gebäude des Teilnehmers Bestandteil des Telekommunikationsnetzes im Sinne der Begriffsbestimmungen des TKG ist. Da wiederum Telekommunikationsnetze aus Telekommunikationslinien gebildet werden, ist auch die Teilnehmeranschlussleitung eine Telekommunikationslinie im Sinne des TKG2. Auf die Frage, ob damit eine Abnahmeverpflichtung von Telekommunikationsdiensten für die anschließbaren Teilnehmer verbunden ist3, kommt es nicht an. Denn auch bei reinen Grundstücksquerungen für Zwecke eines Netzwerk-Backbones ohne Anschlüsse ist für das Unternehmen, um dessen Telekommunikationslinie es geht, nicht gesichert, dass es auch erfolgreich die Nutzung der Leitungen am Markt verkaufen kann.
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Hinzu kommt, dass der BGH die Frage insbesondere vor dem Hintergrund entschieden hat, ob eine Duldungspflicht des Grundstückseigentümers für die Kabelanlage besteht, wenn sie außer Betrieb ist, es also nur noch darum geht, dem Betreiber die Kosten der Beseitigung zu ersparen4. Hierbei übersieht der BGH allerdings, dass es bei dem privaten Wegerecht in § 76 TKG
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1 Hervorhebung durch den Verfasser, nicht im Originaltext. 2 Im Ergebnis ebenso, wenngleich ohne nähere Begründung, AG Tempelhof-Kreuzberg, Archiv PT 1997, 337. 3 So aber BGH, BGH Report 2004, 80. 4 So BGH, BGH Report 2004, 80.
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F Rz. 34
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
nicht um Telekommunikationslinien geht, die tatsächlich nicht (mehr) zum Betrieb eines Telekommunikationsnetzes genutzt werden. Denn das private wie auch das öffentliche Wegerecht setzen voraus, dass die Telekommunikationslinien auch zum Betrieb von Telekommunikationsnetzen genutzt werden. Dies folgt aus der bereits erwähnten funktionalen Betrachtungsweise im Telekommunikationsrecht (oben Rz. 25). Zwar muss nicht jede einzelne Leitung bzw. jedes einzelne Kabel in Betrieb sein (siehe näher unten Rz. 88). Wenn jedoch eine Kabelanlage vom Betreiber praktisch aufgegeben ist, dient diese nicht mehr der Telekommunikation, so dass die Frage eines diesbezüglichen Wegerechts nicht über eine speziell restriktive Auslegung von § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG bei Teilnehmeranschlussleitungen beantwortet werden muss. Aus diesen Gründen, wird daher an der hier vertretenen Auffassung festgehalten.
5. Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG) 34
Nach § 68 Abs. 1 TKG ist der Bund befugt, „Verkehrswege für die öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationslinien unentgeltlich zu benutzen, soweit nicht dadurch der Widmungszweck der Verkehrswege dauernd beschränkt wird (Nutzungsberechtigung)“. Damit ist gesetzlich nicht unmittelbar ein Telekommunikationsunternehmen berechtigt. Zunächst ist nur der Bund selbst nutzungsberechtigt, was als primäre Nutzungsberechtigung bezeichnet werden kann. Diese Nutzungsberechtigung wird vom Bund nach Maßgabe der Bestimmungen in § 69 TKG (siehe Rz. 51 ff.) übertragen. 5.1 Rechtsnatur des öffentlichen Wegerechts
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Das öffentliche Wegerecht wird allgemein als kraft Gesetzes bestehendes, öffentlich-rechtliches (nicht hoheitliches) Sonderrecht bzw. Sondergebrauchsrecht zur Benutzung der Verkehrswege angesehen1. Als solches, außerhalb des Straßenrechts des Bundes und der Länder geregeltes Recht, ist es weder Gemeingebrauch noch Sondernutzung im straßenrechtlichen Sinne. Vielmehr ist das öffentliche Wegerecht eine kraft Gesetzes eintretende Rechtsfolge der Widmung des Verkehrswegs für den öffentlichen Verkehr2 und dem Regime des Straßenrechts entzogen3. Als ein infolge der Trennung von hoheitlichen und operativen Aufgaben der Telekommunikation nach Art. 87f Abs. 2 GG zwar öffentliches aber nicht mehr hoheitliches Recht, ist es grundsätzlich übertragbar4. _______________
1 BVerwG, NVwZ 2000, 316; Aubert/Klingler, Fernmelderecht/Telekommunikationsrecht, S. 26 Rz. 50; Bauer in: Kodal/Krämer, Kapitel 27 Rz. 127.2. 2 Bauer in: Kodal/Krämer, 1999, Kapitel 27 Rz. 127.2. 3 BVerwG, DVBl. 2001, 1373. 4 Bullinger, Archiv PT 1998, 105 (113).
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Rz. 40 F
Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
Mit der Inanspruchnahme des öffentlichen Wegerechts entsteht ein gesetzliches (öffentlich-rechtliches) Schuldverhältnis zwischen dem Anspruchsberechtigten und dem Träger der Wegebaulast1, welches durch die Regelungen der §§ 71–75, 77 TKG abschließend2 bestimmt wird.
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5.1.1 Verhältnis zum Straßenrecht Eine wesentliche Rechtsfolge dieser Einordnung des öffentlichen Wegerechts ist, dass straßenrechtliche Regelungen des Bundes und der Länder auf das Wegerecht grundsätzlich nur dort Anwendung finden, wo dies ausdrücklich im TKG vorgesehen ist oder das TKG straßenrechtliche Begriffe verwendet3. Freilich wird in der Praxis bei der Verlegung von Telekommunikationslinien häufig, nicht zuletzt bei etwaigen (oder vermeintlichen) Regelungslücken auf straßenrechtliche Bestimmungen zurückgegriffen. Angesichts der Rechtsnatur des öffentlichen Wegerechts kann ein solcher Rückgriff allerdings nur subsidiär und zur Erlangung sachgerechter, mit den Regelungen des TKG in Einklang stehender Ergebnisse hingenommen werden.
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5.1.2 Zivilrechtliche Sonderrechtsfähigkeit der Telekommunikationslinien Eine weitere wesentliche Rechtsfolge ist die zivilrechtliche Sonderrechtsfähigkeit der in Ausübung des Nutzungsrechts verlegten Telekommunikationslinien. Da die Verlegung infolge eines Rechtes (Widmung + öffentliches Wegerecht) an einem fremden Grundstück (Straßengrundstück) erfolgt, handelt es sich bei den Telekommunikationslinien lediglich um Scheinbestandteile eines Grundstücks4. Diese verbleiben gemäß § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB im Eigentum des verlegenden Unternehmens.
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Die zivilrechtliche Sonderrechtsfähigkeit erlangt praktisch insbesondere dann Bedeutung, wenn und soweit die Telekommunikationslinien eines Unternehmens einzeln oder gemeinsam mit dem Unternehmen veräußert oder anderweitig übertragen werden sollen. Durch die in den Jahren 1998 bis 2001 durchgeführten intensiven Verlegemaßnahmen in Deutschland häufen sich eigentumsrechtliche Übertragungen von Telekommunikationslinien (zu den hierdurch aufgeworfenen Fragen siehe Rz. 179 ff.).
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5.2 Persönlicher Anwendungsbereich des öffentlichen Wegerechts Da der Bund primär Nutzungsberechtigter des öffentlichen Wegerechts ist, erfordert die Inanspruchnahme des öffentlichen Wegerechts durch Dritte _______________
1 OVG, NRW Archiv PT 1997, 329 (331 f.). 2 BVerwG, TMR 2003, 285; BVerwG, NVwZ 2005, 821; BGH, MMR 2005, 306 f. 3 Aubert/Klingler, Fernmelderecht/Telekommunikationsrecht, S. 26 Rz. 50; BVerwG, 6 C 8.04 v. 9.3.2005, NVwZ 2005, 821; BVerwG, DVBl. 2001, 1373. 4 BGH, NJW 1994, 999 (999); Bauer in: Kodal/Krämer, Kapitel 27 Rz. 127.2.
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F Rz. 41
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
eine Übertragung des Nutzungsrechts auf sekundär Nutzungsberechtigte. Diese Übertragung ist in § 69 TKG geregelt und erfolgt durch die BNetzA nach Maßgabe einer amtlichen Mitteilung, die das Verfahren und die Voraussetzungen der Übertragung näher darlegt1. 41
Der Kreis der sekundär Nutzungsberechtigten für das öffentliche Wegerecht wird in § 69 Abs. 1 Satz 1 TKG mit Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze beschrieben (ausführlich dazu A. Rz. 33 ff. und 52 ff.). Nur für diese Personen kann demnach das unentgeltliche öffentliche Wegerecht gelten. Dabei wird ein Begriff verwendet, der zwar im TKG 1996 legaldefiniert war, nicht aber im TKG 2004. Bevor aber auf die alte Begriffsbestimmung zurückgegriffen wird, wie dies der Gesetzgeber selbst offenbar intendierte2, müssen freilich erst die Regelungen des TKG 2004 betrachtet werden. Damit sind lediglich diejenigen Personen nutzungsberechtigt, welche Telekommunikationsnetze betreiben, die zur Bereitstellung „öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste“ genutzt werden. Dies folgt aus der Definition von „öffentliches Telefonnetz“ in § 3 Nr. 16 TKG, welche sich zwar nur auf Telefondienste bezieht, aber angesichts der Wortwahl auf die Bestimmung von öffentlichen Telekommunikationsnetzen erweiternd angewendet werden kann. Der Begriff „öffentlich zugänglich“ entstammt dem europäischen Richtlinienpaket 2002 und war im TKG 1996 noch nicht enthalten. 5.2.1 Öffentliches Telekommunikationsnetz
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Eine weitere Annäherung an die Bestimmung von Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze ermöglicht daher der Rückgriff auf die Begriffsbestimmungen der Rahmenrichtlinie. Nach Art. 2 lit. d) Rahmenrichtlinie ist nämlich ein „öffentliches Kommunikationsnetz“ „ein elektronisches Kommunikationsnetz, das ganz oder überwiegend zur Bereitstellung öffentlich zugänglicher Kommunikationsdienste dient“. „Öffentlich zugängliche elektronische Kommunikationsdienste“ sind wiederum nach Art. 1 Nr. 4 Wettbewerbsrichtlinie3 solche Kommunikationsdienste, die der „breiten Öffentlichkeit“ zur Verfügung stehen. Allerdings ist der in der deutschen Fassung verwendete Definitionstext „[…] der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stehende […]“ in der englischen Fassung lediglich mit „public“ und nicht etwa mit „general public“ angegeben, so dass der Erkenntnisgewinn hier eher gering ist. Daraus folgt, dass Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze nur solche Unternehmen sind, deren Netze ganz oder überwiegend der Bereitstellung von Telekommunikationsdiensten dienen, die _______________
1 BNetzA (RegTP) Mitteilung Nr. 237/2004, ABl. RegTP Nr. 15/2004, S. 785–787. 2 Vgl. die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/2316, S. 83 f. 3 Richtlinie 2002/77/EG der Kommission v. 16.9.2002 über den Wettbewerb auf den Märkten für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Wettbewerbsrichtlinie), ABl. EU Nr. L 249 v. 17.9.2002, S. 21.
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Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
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der (breiten) Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, d. h. der Öffentlichkeit angeboten werden (siehe A. Rz. 52). Interessant ist, dass auf europäischer Ebene somit nur eine positive Abgrenzung für öffentliche (Tele-)Kommunikationsnetze besteht, während früher in § 3 Nr. 12 und Nr. 19 TKG 1996 auch eine Negativabgrenzung vorgenommen worden war: Angebote für „beliebige natürliche oder juristische Personen“ gegenüber Angeboten lediglich für „Teilnehmer geschlossener Benutzergruppen“. Damit stellt sich die Frage, ob der Begriff „(breite) Öffentlichkeit“ anders zu verstehen ist, als der Begriff „beliebige natürliche oder juristische Personen“ (in Abgrenzung zu Teilnehmern geschlossener Benutzergruppen) des TKG 1996. Dies ist zu bejahen. Zwar verfährt die BNetzA in der Praxis so, dass beliebige natürliche oder juristische Personen1 Zugang zu dem Telekommunikationsnetz haben müssen und dieses nicht lediglich dem Zweck der Kommunikation zwischen Teilnehmern einer geschlossenen Benutzergruppe dient2. Dies liest sich auf den ersten Blick so, als ob die BNetzA hier die alte Begrifflichkeit fortführt. Dies ist aber nur scheinbar der Fall. So ist die BNetzA an anderer Stelle in der Marktdefinition für die Märkte Nr. 1 bis 6 der Märkteempfehlung der EU-Kommission nach ausführlicher Betrachtung und unter Hinweis darauf, dass im TKG 2004 die frühere Abgrenzung zu Teilnehmern geschlossener Benutzergruppen in einer Legaldefinition nicht mehr existiert, der Auffassung, dass der im TKG 2004 verwendete Begriff der Öffentlichkeit grundsätzlich nicht (mehr) dazu geeignet ist, Angebote für geschlossene Benutzergruppen, als einen von den zu untersuchenden öffentlichen Märkten der Festnetztelefonie unterschiedlichen Markt zu behandeln3. Bei genauer Betrachtung ist daher die entscheidende Frage, ob der Zweck des betreffenden Netzes sich ausschließlich auf die Kommunikation der Teilnehmer der geschlossenen Nutzergruppe untereinander bezieht (siehe A. Rz. 55 f.).
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Danach sind nur solche Netzbetreiber von der Nutzungsberechtigung des öffentlichen Wegerechts ausgenommen, die ihre Netze für Dienste nutzen (lassen), die ausschließlich der internen Kommunikation zwischen Teilnehmern einer geschlossenen Benutzer dienen. Diese Differenzierung ist auch nach europäischen Recht zulässig, weil Art. 11 Abs. 1 Rahmenrichtlinie eine unterschiedliche Behandlung von Betreibern öffentlicher (Tele-)Kommunikationsnetze gegenüber den anderen Betreibern (privater Netze) gestattet. Das heute immer noch vorherrschende Verständnis von geschlossenen Be-
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_______________
1 Die Gesetzesbegründung spricht von jedem „unbestimmten Personenkreis“: BTDrucks. 15/2316, S. 60. 2 BNetzA (RegTP) Mitteilung Nr. 237/2004, ABl. RegTP Nr. 15/2004, S. 785–787. 3 Eine Ausnahme wird jedoch für so genannte „sprachorientierte Systemlösungen“ oberhalb eines Netto-Jahresumsatzes von einer Million Euro gemacht, vgl. Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 21.11.2005, Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten, öffentliche Inlandsgespräche an festen Standorten und öffentliche Auslandsgespräche an festen Standorten, Märkte Nr. 1–6 der MärkteEmpfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 306-311), S. 76 ff.
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
nutzergruppen geht dabei zurück auf die Verordnung zur Öffnung von Märkten für Dienstleistungen sowie zur Regelung von Inhalt, Umfang und Verfahren der Verleihung im Bereich der Telekommunikation (Telekommunikations-Verleihungsverordnung – TVerleihV) vom 19.10.19951, in der die Voraussetzungen für die Anerkennung geschlossener Benutzergruppen ausführlich in §§ 4 ff. geregelt waren. Auch wenn diese Verordnung ihre Gültigkeit bereits mit dem TKG 1996 verloren hat, werden die dort verwendeten Umschreibungen auch heute noch angewendet. Geschlossene Benutzergruppen umfassen danach zum einen unternehmens- oder behördeninterne Netze (sog. Corporate Networks), zum anderen gesellschaftsrechtliche oder schuldrechtliche Dauerbeziehungen oder dauerhafte Verbindungen zur Verfolgung gemeinsamer beruflicher, wirtschaftlicher oder hoheitlicher Ziele (sonstige geschlossene Benutzergruppen). Bei den unternehmensinternen Netzen sind auch Netze zwischen verbundenen Unternehmen im Sinne der §§ 15 ff. Aktiengesetz (AktG) erfasst. Im Rahmen einer sonstigen geschlossenen Benutzergruppe kann z. B. ein Unternehmer mit seinen Lieferanten zusammengefasst sein. Die Grenzen liegen darin, dass die gemeinsame Verbindung nicht nur darin bestehen darf, denselben Telekommunikationsanbieter zu nutzen oder dass es sich um eine beliebige Untergruppe der Allgemeinheit, also der Öffentlichkeit, handelt. 45
Allerdings beinhaltet die soeben dargestellte Sichtweise zur Abgrenzung öffentlicher Telekommunikationsnetze bei dem öffentlichen Wegerecht auf den ersten Blick auch eine Unschärfe. Denn nach den dargestellten Definitionen in Art. 2 lit d) Rahmenrichtlinie erfordert ein öffentliches Telekommunikationsnetz, dass damit ganz oder überwiegend (und nicht nur teilweise!2) der (breiten) Öffentlichkeit zugängliche Telekommunikationsdienste bereitgestellt werden. Daher könnten grundsätzlich nicht nur solche Netze aus dem Anwendungsbereich fallen, die ausschließlich der Kommunikation zwischen Teilnehmern geschlossener Benutzergruppen dienen, sondern auch solche, bei denen der öffentliche Anteil nicht überwiegt. Dies könnte erhebliche praktische Folgen für die Nutzungsberechtigung von Betreibern haben, die auf Geschäftskunden spezialisiert sind und bei denen häufig physikalisch oder logisch getrennte Netze gebildet werden, um Unternehmenskommunikation zu ermöglichen. Indes lässt sich dieses Problem durch eine genauere Betrachtung einerseits des eigentlichen Anknüpfungspunkts für die Nutzungsberechtigung, nämlich das Telekommunikationsnetz, und anderseits des Kommunikationsumfangs bei Diensten für geschlossene Benutzergruppen lösen. _______________
1 BGBl. I, S. 1434. 2 In der früheren Zusammenschaltungsrichtlinie 97/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 30.6.1997 über die Zusammenschaltung in der Telekommunikation) hieß es unter Art. 2 Abs. 1 lit. b) noch „… ein Telekommunikationsnetz, das ganz oder teilweise zur Bereitstellung von für die Öffentlichkeit zugänglichen Telekommunikationsdiensten genutzt wird“.
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Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
Rz. 48 F
Da die Nutzungsberechtigung an das (öffentliche) Telekommunikationsnetz anknüpft, ist das Netz in seiner Gesamtheit zu betrachten. Solange ein Netz daher nicht wirklich ausschließlich der Kommunikation zwischen Teilnehmern geschlossener Benutzergruppen dient, werden hierüber eine Vielzahl von Kommunikationsverbindungen realisiert, die über die geschlossene Kommunikation hinausgehen. Dies gilt insbesondere für den Backbone-Teil des Netzes, über den die Verbindungen zusammengefasst verlaufen.
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Hinzu kommt, dass die geschlossene Benutzergruppe unter dem früheren Begriffsverständnis nicht dadurch aufgehoben wird, dass es möglich ist, die einzelnen Teilnehmer der geschlossenen Nutzergruppe von außerhalb anzurufen, oder dadurch, dass die Teilnehmer selbst nach außen wählen können. Ein solcher so genannter einseitiger break-in- bzw. break-out-Verkehr war und ist1 zulässig. Entscheidend ist vielmehr, dass stets mindestens an einem Ende der Telekommunikationsverbindung ein Mitglied der geschlossenen Benutzergruppe beteiligt ist2. Daher findet nach dem bisherigen Begriffsverständnis für geschlossene Benutzergruppen auch über Netze, die der Kommunikation zwischen Teilnehmern geschlossener Benutzergruppen dienen, in signifikantem Umfang öffentliche Kommunikation statt3. Bei zusammengefasster Betrachtung eines Netzes spricht demnach viel dafür, dass letztlich auch bei einem Netz, über das Angebote für geschlossene Benutzergruppen erfolgen, mittels dieses Netzes überwiegend der (breiten) Öffentlichkeit zugängliche Dienste bereitgestellt werden. Es bleibt daher dabei, dass lediglich solche Netze nicht öffentlich sind, mit denen ausschließlich interne Kommunikation zwischen Teilnehmern eines Unternehmens bzw. einer geschlossenen Benutzergruppe durchgeführt wird.
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5.2.2 Betreiber Schließlich muss der Nutzungsberechtigte Betreiber eines solchen öffentlichen Telekommunikationsnetzes sein. Auch der Begriff Betreiber wird im TKG 2004 anders als im TKG 1996 nicht mehr definiert. Nach Art. 2 lit. c) der Zugangsrichtlinie4 ist „‚Betreiber‘ ein Unternehmen, das ein öffent_______________
1 Siehe die sog. Bündelfunkentscheidung: Entscheidung der Präsidentenkammer v. 17.2.2004 über das Verfahren zur Vergabe von Frequenzen für weitbandigen Betriebs-/Bündelfunk in den gepaarten Frequenzbereichen 450,00–455,74 und 460,00– 465,74 MHz, Vfg. Nr. 6/2004, ABl. RegTP Nr. 7/2004 v. 31.3.2004, S. 299 (315, 332 f.). Dort wird das bisherige Verständnis zusammengefasst (näher dazu auch D.). 2 Siehe ausführlich zu Corporate Networks: Berger/Gramlich, CR 1999, 150 (153 f.). 3 Gerade deswegen taugt auch die frühere Abgrenzung von Angeboten für geschlossene Benutzergruppen gegenüber Angeboten für beliebige Personen in § 3 Nr. 19 TKG 1996 nicht mehr, um den Begriff der Öffentlichkeit zu bestimmen, siehe A, Rz. 53. 4 Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie), ABl. EU Nr. L 108 v. 24.4.2002, S. 7.
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
liches Kommunikationsnetz … bereitstellt, oder zur Bereitstellung hiervon befugt ist.“ Demgegenüber verwendet die BNetzA (auch) hier nach wie vor die aus dem TKG 1996 stammende Definition des Betreiberbegriffs. Danach bedeutete Betreiben eines Telekommunikationsnetzes das Ausüben der tatsächlichen und rechtlichen Kontrolle (Funktionsherrschaft) über die Gesamtheit der Funktionen, die zur Erbringung von Telekommunikationsdiensten über Telekommunikationsnetze unabdingbar zur Verfügung gestellt werden müssen; dies gilt auch dann, wenn Ressourcen eingesetzt werden, die im Eigentum Dritter stehen (§ 3 Nr. 2 TKG 1996)1. Hiermit dürfte allerdings für die hier interessierenden Zwecke keine Abweichung von dem in der Zugangsrichtlinie verwendete Begriff des „Bereitstellens“ verbunden sein (näher hierzu A. Rz. 36 ff.). 49
Der zentrale Begriff der Betreibereigenschaft ist demnach derjenige der Funktionsherrschaft. Wie sich bereits aus der früheren Legaldefinition ergibt, hat die Funktionsherrschaft zwei wesentliche Komponenten, nämlich zum einen die rechtliche Kontrolle, zum anderen die tatsächliche Kontrolle. Für die rechtliche Kontrolle ist nicht unbedingt erforderlich, dass der Betreiber auch das Eigentum an den Netzressourcen innehat. Vielmehr reicht der Besitz bzw. die tatsächliche Verfügungsgewalt. Die tatsächliche Kontrolle setzt voraus, dass der Betreiber derjenige ist, der dergestalt Zugang zu den für den Netzbetrieb unabdingbaren Ressourcen hat, dass er jederzeit tatsächlich selbst die Anlagen ein- oder ausschalten kann. Die Funktionsherrschaft besitzt also, wer in eigener Verantwortung die rechtliche und tatsächliche Kontrolle über das Ob und Wie des Betreibens des Netzes ausübt und ein eigenes Interesse an der bestimmungsgemäßen Nutzung des Netzes besitzt2. Reine Hilfstätigkeiten im Auftrage eines anderen, wie z. B. die Ausführung von Installations- oder Wartungsarbeiten, können eine Funktionsherrschaft damit ebenso wenig begründen wie das bloße Eigentum an den Netzressourcen oder die bloße Nutzung von Netzfunktionen, die durch einen anderen betrieben werden.
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Folglich spielt es auch keine Rolle ob der Nutzungsberechtigte auch Eigentümer der Telekommunikationslinien ist oder aufgrund anderer Recht zur Nutzung der Telekommunikationslinien berechtigt ist3. Wenn das Eigentum schon bei der Frage des Netzbetriebs unerheblich ist, kann nichts anderes für die Frage des Eigentums an den Telekommunikationslinien gelten. Allerdings soll der Nutzungsberechtigte tatsächliche Verfügungsgewalt bzw. Sachherrschaft über die Telekommunikationslinie besitzen müssen4.
_______________
1 BNetzA (RegTP) Mitteilung Nr. 237/2004, ABl. RegTP Nr. 15/2004, S. 785–787. 2 Näher zur Herleitung: Bothe/Heun/Lohmann, Archiv PT 1995, S. 5 (14 ff.). 3 Etwa bei Anmietung von Einrichtungen wie Leerrohren von einem anderen Nutzungsberechtigten. 4 VG Kassel, NVwZ-RR 2002, 892 (893).
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Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
Rz. 52 F
5.3 Übertragung der Nutzungsberechtigung Die Übertragung der Nutzungsberechtigung vom Bund auf die sekundär Nutzungsberechtigten erfolgt auf schriftlichen Antrag gemäß § 69 Abs. 1 TKG. Da mit dem neuen TKG 2004 die Lizenzpflicht entfallen und das öffentliche Wegerecht gemäß § 50 Abs. 2 TKG 1996 früher mit der Lizenz auf Infrastruktur-Lizenznehmer übertragen worden ist, erfolgt die Übertragung nach dem neuen Regime mit einer eigenständigen Entscheidung in einem eigenständigen Verfahren. Bei der Übertragung des öffentlichen Wegerechts handelt es sich wie bei der früheren Lizenz1 um einen begünstigenden Verwaltungsakt, auf den bei Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen ein Rechtsanspruch besteht. Denn sie wird gemäß § 69 Abs. 2 S. 2 TKG erteilt, wenn der Antragsteller nachweislich fachkundig, zuverlässig und leistungsfähig ist (dazu Rz. 57 ff.), Telekommunikationslinien zu errichten und die Nutzungsberechtigung mit den Regulierungszielen nach § 2 Abs. 2 TKG vereinbar ist. Der Hinweis auf die Regulierungsziele soll dabei aber lediglich als zusätzliche Klarstellung für die bei der Entscheidung der BNetzA über die Übertragung bzw. Erteilung des Nutzungsrechts anzulegenden Prüfkriterien dienen2. Der Hinweis auf die subjektiven Erteilungsvoraussetzungen Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit (dazu näher Rz. 57 ff.) verdeutlicht wiederum, dass es sich bei der Erteilung bzw. Übertragung des öffentlichen Wegerechts um einen personengebundenen Verwaltungsakt handelt.
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Nach § 69 Abs. 2 S. 3 TKG wird die Nutzungsberechtigung für die Dauer der öffentlichen Tätigkeit erteilt. Eine solche Regelung fand sich im TKG 1996 nicht. Gemeint ist hiermit offenbar, dass die Übertragung des Nutzungsrechts solange gelten soll, wie dieses zum Betrieb eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes in Anspruch genommen wird. Eine Befristung der Nutzungsberechtigung selbst bzw. des diesbezüglichen Bescheids kann damit vernünftigerweise nicht verbunden sein. Denn nicht die BNetzA entscheidet über die Dauer der Tätigkeit als Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, sondern der Betreiber selbst. Insofern könnte die Nutzungsberechtigung mit einer auflösenden Bedingung erteilt werden, nach der diese erlischt, wenn der Betreiber keine öffentliche Tätigkeit mehr ausübt3. Unterbleibt die auflösende Bedingung heißt dies freilich nicht, dass dann die Nutzungsberechtigung unbefristet gilt, unabhängig von Veränderungen in der Tätigkeit des Berechtigten. Dieser ist nämlich nach § 69 Abs. 3 TKG verpflichtet, Beginn und Beendigung der Nutzung gegenüber der BNetzA unverzüglich anzuzeigen (näher zu den Pflichten des Berechtigten Rz. 66 f.). Bei Beendigung der öffentlichen Tätigkeit durch den Berechtigten, die der BNetzA entsprechend anzuzeigen wäre, kann diese die erteilte Nut-
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_______________
1 Dazu in der 1. Auflage, Zwetkow in: Heun, Telekommunikationsrecht, Teil 1 Rz. 6. 2 So die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/2316, S. 84. 3 Dies wäre eine sog. Potestativbedingung, die vom Willen des Berechtigten abhängt, vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 36 Rz. 19.
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
zungsberechtigung dann nach § 49 Abs. 2 Nr. 3 TKG widerrufen, sofern sie sich nicht den Widerruf ohnehin im Erteilungsbescheid vorbehalten hat (§§ 36 Abs. 2 Nr. 3, 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG). 5.3.1 Antragsverfahren 53
Gemäß § 69 Abs. 1 S. 1 TKG wird die Nutzungsberechtigung auf schriftlichen Antrag von der BNetzA schriftlich übertragen. Das Verfahren hat die BNetzA in der Mitteilung Nr. 237/2004 geregelt1. Bei Durchsicht dieser Mitteilung begegnen dem Leser viele „alte Bekannte“ aus dem Lizenzerteilungsverfahren des TKG 1996. Gemäß § 23 Abs. 1 VwVfG hat die BNetzA in ihrer Mitteilung 237/2004 festgelegt, dass die Anträge in deutscher Sprache zu stellen sind. Der Antrag muss bestimmte Angaben und Nachweise enthalten, die nachfolgend bei den Antragsvoraussetzungen näher behandelt werden (Rz. 54 ff.). Nach § 69 Abs. 2 S. 4 TKG entscheidet die BNetzA über vollständige Anträge innerhalb einer Frist von sechs Wochen. Dies ist eine Verbesserung gegenüber der früheren Soll-Frist bei der Lizenzerteilung. Freilich weist die BNetzA in der Mitteilung 237/2004 darauf hin, dass die Fristeinhaltung nur gewährleistet ist, wenn die Antragsunterlagen vollständig sind. Dabei behält sich die BNetzA ausdrücklich vor, zusätzliche Nachweise zu den Antragsvoraussetzungen vom Antragsteller anzufordern. In der Praxis hat sich diese Vorgehensweise allerdings schon bei der Lizenzerteilung nach dem TKG 1996 weitgehend eingespielt, ohne dass es seitens der Antragsteller zu größeren Beschwerden gekommen ist. Festzuhalten bleibt aber, dass die heute von der BNetzA verlangten Angaben und Nachweise für die Erteilung der Nutzungsberechtigung praktisch den gleichen Umfang haben wie bei der Erteilung einer Lizenz der Lizenzklasse 3 (Festnetz-Übertragungswege) nach dem TKG 1996, obwohl es heute mit dem öffentlichen Wegerecht nur noch um einen Teilaspekt der früheren Lizenzerteilung geht. 5.3.2 Antragsvoraussetzungen
54
Im Folgenden werden die Anforderungen an einen Antrag zur Übertragung der Nutzungsberechtigung für das öffentliche Wegerecht im einzelnen dargelegt. Die Darstellung gliedert sich in allgemeine Angaben und die subjektiven Übertragungsvoraussetzungen Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit, Fachkunde. 5.3.2.1 Allgemeine Angaben
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In ihrer Mitteilung 237/20042 hat die BNetzA die allgemeinen Angaben, die sie vom Antragsteller für die Übertragung der Nutzungsberechtigung benötigt, wie folgt festgelegt: _______________
1 BNetzA (RegTP) Mitteilung Nr. 237/2004, ABl. RegTP Nr. 15/2004, S. 785–787. 2 ABl. RegTP Nr. 15/2004, S. 785–787.
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Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
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a) Angaben zur Person des Antragstellers, insbesondere – Name und Anschrift des Antragstellers. – Rechtsform, Registerart, -ort und -nummer (d. h. die typischen Angaben der Handelsregistereintragung). – Vertretungsberechtigter Ansprechpartner mit Telefon- und Telefaxnummer (bei Antragstellern mit Sitz im Ausland ist die Benennung eines inländischen Empfangsbevollmächtigten erforderlich). – Aktueller Registerauszug (Handelsregister, Genossenschaftsregister etc. oder ein ähnlicher Nachweis). Anders als im früheren Lizenzerteilungsverfahren verzichtet die BNetzA nunmehr auf die Vorlage eines beglaubigten Registerauszugs. Gleichwohl können bei diesem Punkt Probleme entstehen. Insbesondere bei neu gegründeten Unternehmen können Registerauszüge oft nicht schon bei Antragseinreichung vorgelegt werden. b) Kurzbeschreibung des geplanten Netzes sowie voraussichtlicher Termin für die Betriebsaufnahme. c) Bezeichnung des Gebietes, für das die Nutzungsberechtigung übertragen werden soll (d. h. verwaltungsmäßig abgegrenzte Gebiete wie z. B. Gemeinden, Landkreise, Bundesländer etc.). Für kleinere Gebiete als Bundesländer ist vom Antragsteller ein Übersichtsplan vorzulegen, aus dem die Gebietsgrenzen eindeutig hervorgehen. Die wesentlich umfangreicheren Anforderungen hinsichtlich des (Lizenz-) Gebiets aus dem früheren Lizenzerteilungsverfahren sind damit entfallen. Das öffentliche Wegerecht wird schlicht für die vom Antragsteller beantragten Gebiete erteilt. Auf die Linien selbst sowie die Streckenführung im einzelnen kommt es hier – anders als bei der Zustimmung des Wegebaulastträgers (Rz. 95 ff.) – nicht (mehr) an. d) Angaben über den beabsichtigten Zeitpunkt für den Beginn der Ausübung der (zu übertragenden) Nutzungsberechtigung für das öffentliche Wegerecht. e) Angaben und Nachweise zum Beleg, dass es sich bei dem Antragsteller um einen Betreiber (Rz. 48 ff.) eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes (Rz. 42 ff.) handelt. In Bezug auf die Betreibereigenschaft hat der Antragsteller seine Funktionsherrschaft schlüssig und nachvollziehbar darzulegen, und zwar mit einer Kurzbeschreibung des Netzes sowie der Ausgestaltung seiner rechtlichen und tatsächlichen Kontrolle über im Netz eingesetzten Telekommunikationsanlagen (§ 3 Nr. 23 TKG), Übertragungswege (§ 3 Nr. 28 TKG), Vermittlungs- und Leitwegeeinrichtungen, Teilnehmeranschlüsse (§ 3 Nr. 21 TKG). Hinsichtlich des Nachweises eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes erwartet die BNetzA eine Beschreibung des Nutzerkreises bzw. der Art der Teilnehmer, für die mittels des Telekommunikationsnetzes Heun | 427
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
Dienste angeboten werden sollen. Hierauf wird der Antragsteller genau zu achten haben. f) Erklärung zur strukturellen Separierung nach § 7 TKG. Ähnlich wie nach § 14 TKG 1996 müssen Unternehmen, die auf anderen Sektoren als der Telekommunikation innerhalb der Europäischen Union über besondere oder ausschließliche Rechte für die Erbringung von Diensten verfügen, ihre Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Betrieb öffentlicher Telekommunikationsnetze und der Erbringung öffentlicher Telekommunikationsdienste strukturell ausgliedern oder über diese Tätigkeiten eine getrennte Rechnungslegung vorsehen (sog. strukturelle Separierung). Diese Verpflichtung beruht auf Art. 13 Rahmenrichtlinie. g) Beteiligungsverhältnisse am Antragsteller sowie die Angabe, ob eine Unternehmensverbindung mit einem Wegebaulastträger im Sinne von § 37 Abs. 1 oder 2 GWB besteht. Mit Hilfe der Angaben über Beteiligungsverhältnisse will die BNetzA sicherstellen, dass die Marktstellungen potentieller Nutzungsberechtigter von Anfang an transparent sind. Da eines der Hauptregulierungsziele des TKG darin besteht, einen chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb, auch in der Fläche, auf den Märkten der Telekommunikation sicherzustellen (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG), soll im Zweifel verhindert werden, dass Nutzungsberechtigungen innerhalb von Konzernstrukturen ausufern. Dementsprechend weist die BNetzA in der Mitteilung 237/2004 auch ausdrücklich darauf hin, dass der Antrag auf Übertragung der Nutzungsberechtigung abgelehnt werden kann, wenn die Nutzungsberechtigung mit den Regulierungszielen nach § 2 Abs. 2 TKG unvereinbar ist (§ 69 Abs. 2 S. 2 TKG). Insbesondere ist die BNetzA dabei aber offenbar daran interessiert, dass die Beteiligungen von Wegebaulastträgern an Antragstellern offen gelegt werden, weil dies rechtliche Auswirkungen auf die Ausgestaltung des Zustimmungsverfahrens beim Wegebaulastträger für die Verlegung der Telekommunikationslinien nach § 68 Abs. 4 TKG hat (siehe oben Rz. 11 und unten Rz. 96). h) Nachweis der subjektiven Voraussetzungen Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkunde des Antragstellers (siehe dazu näher Rz. 57 ff.) Die vorstehenden Angaben müssen vom Antragsteller vollständig beigebracht werden, damit die sechswöchige Frist bei der BNetzA zu laufen beginnt (§ 69 Abs. 3 S. 4 TKG). 56
Nach der Gesetzesbegründung sind die Angaben und Anforderungen, insbesondere die subjektiven Voraussetzungen für die Erteilung der Nutzungsberechtigung durch Art. 11 Abs. 1 Rahmenrichtlinie und Art. 11 Abs. 1 lit. c) Genehmigungsrichtlinie gerechtfertigt1. Hier hat es sich der Gesetzgeber _______________
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Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
Rz. 57 F
allerdings etwas zu einfach gemacht. Denn bei den subjektiven Voraussetzungen handelt es sich anders als bei den anderen Angaben nicht lediglich um Informationen im Sinne des Art. 11 Abs. 1 lit. c) Genehmigungsrichtlinie bzw. um Voraussetzungen, die sich unmittelbar aus der Anforderung ergeben, dass es sich um einen Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes handeln muss (Art. 11 Abs. 1 Rahmenrichtlinie). Hinzu kommt, dass sich Art. 11 Abs. 1 lit. c) Genehmigungsrichtlinie überhaupt nicht auf die Erteilung von Wegrechten bezieht, sondern auf Nutzungsrechte an Frequenzen und Rufnummern. Dies ergibt sich aus dem Zusammenhang der Regelung mit Art. 5 und Art. 9 Genehmigungsrichtlinie. Damit, so scheint es, werden in Form der Kriterien Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkunde besondere personenbezogene Voraussetzungen für die Übertragung der Nutzungsberechtigung aufgestellt, die im europäischen Recht nicht vorgesehen sind. Im Ergebnis lassen sich die subjektiven Voraussetzungen mit Blick auf die europäischen Vorgaben aber dennoch rechtfertigen. Allerdings deswegen, weil weder in Art. 11 Abs. 1 Rahmenrichtlinie noch in der Genehmigungsrichtlinie tatsächlich inhaltliche Vorgaben für die Erteilung von Wegrechten getroffen sind (Rz. 12 ff.). Die Einhaltung der verfahrensrechtlichen Vorgaben, insbesondere transparente und nichtdiskriminierende Gestaltung des Verfahrens wird durch die subjektiven Voraussetzungen nicht gefährdet. 5.3.2.2 Subjektive Voraussetzungen Auch wenn das TKG 2004 anders als das TKG 1996 die Begriffe Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkunde nicht mehr legaldefiniert wie dies in § 8 Abs. 3 TKG 1996 erfolgt ist, hat sich an dem zugrunde liegenden Begriffsverständnis nichts geändert. Nach der Gesetzbegründung1 gilt grundsätzlich „als zuverlässig, wer die Gewähr dafür bietet, die Rechtsvorschriften einzuhalten, als leistungsfähig, wer die Gewähr dafür bietet, für den Aufbau und den Betrieb von Telekommunikationsnetzen die erforderlichen Produktionsmittel zur Verfügung zu haben, als fachkundig, wer die Gewähr dafür bietet, dass die bei Ausübung der Wegerechte tätigen Personen über die erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten verfügen.“
Dies entspricht der früheren Regelung des § 8 Abs. 3 TKG 1996, aber bezogen und beschränkt auf das öffentliche Wegerecht. Im konkreten Fall müssen diese Anforderungen sich aber im rechten Verhältnis zu der räumlich beantragten Nutzungsberechtigung bewegen2.
_______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 84. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 84.
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F Rz. 58
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
5.3.2.2.1 Zuverlässigkeit 58
Hierbei handelt es sich um die auch im allgemeinen Gewerberecht bestehende Anforderung der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die sich auf alle einzuhaltenden Rechtsvorschriften bezieht, die in irgendeinem Zusammenhang mit der Ausübung der geplanten Tätigkeit stehen, also auch allgemeine Straf-, wirtschafts- und steuerrechtliche Vorschriften. Die BNetzA hat in der Mitteilung 237/20041 den erforderlichen Nachweis der Zuverlässigkeit dahingehend konkretisiert, dass der Antragsteller insbesondere angeben muss, ob ihm oder einem mit ihm gemäß §§ 36 Abs. 2, 37 GWB verbundenen Unternehmen, oder einer mit der Führung seines Geschäfts bestellten Person in den letzten fünf Jahren ein Zustimmungsbescheid zur Verlegung neuer Telekommunikationslinien aufgrund der Nichterfüllung von Bedingungen und Auflagen eines Bescheides versagt oder widerrufen wurde, oder ob zum Zeitpunkt der Antragstellung ein solches Verfahren anhängig ist. Außerdem muss der Antragsteller erklären, ob Klagen wegen der Nichterfüllung von Bedingungen oder Auflagen stattgegeben wurde. Abzustellen ist, wie auch aus der Formulierung ersichtlich, auf die handelnden Personen und Organe einer Gesellschaft, wenn (wie zumeist) juristische Personen den Antrag stellen.
59
Indem die BNetzA diese Anforderung nicht auf die früher erteilten Lizenzen bezieht, sondern insbesondere auf das Verhältnis zwischen Nutzungsberechtigtem und Wegebaulastträger, erlangt die Frage der Zuverlässigkeit eine größere Bedeutung als früher. Denn gerade die Zustimmungsbescheide der Wegebaulastträger zu den Verlegemaßnahmen haben immer wieder Anlass zu Streitigkeiten gegeben (dazu Rz. 91 ff., 151 ff.). Anders als im Lizenzvergabeverfahren des TKG 19962 fordert die BNetzA aber offenbar nicht mehr, dass alle Geschäftsführer bzw. haftenden Gesellschafter und für den Antragsteller handelnde Personen einen Auszug aus dem Bundeszentralregister vorlegen. 5.3.2.2.2 Leistungsfähigkeit
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Der Nachweis der Leistungsfähigkeit hat sich in der Praxis als einer der problematischsten Punkte in einem Lizenzantrag nach dem TKG 1996 erwiesen. Gleiches gilt nach wie vor für den Bereich der Frequenzzuteilungen (D, Rz. 128 ff.). Nach der Mitteilung 237/20043 verlangt die BNetzA auch im Bereich des Wegerechts nach wie vor grundsätzlich drei Nachweise: Zum Ersten muss ein schlüssiger und nachvollziehbarer mittelfristiger Geschäftsplan in Bezug auf die geplante Ausübung des Wegerechts vorgelegt _______________
1 ABl. RegTP Nr. 15/2004, S. 785–787. 2 Siehe in der 1. Auflage, Zwetkow in: Heun, Telekommunikationsrecht, Teil 1 Rz. 91 ff. 3 ABl. RegTP Nr. 15/2004, S. 785–787.
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Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
Rz. 62 F
werden, der sich über fünf Jahre erstreckt und die Finanzierung umfasst. In einem solchen mittelfristigen Geschäftsplan sollten die zu erwartenden Kapitalinvestitionen, die zu erwartenden Betriebskosten und auch die zu erwartenden Umsätze enthalten sein. Sofern möglich, sollte eine Vorausschau der in den fünf Jahren zu erwartenden Gewinne und Verluste in einer Gegenüberstellung dargestellt werden, aus der sich schlüssig und nachvollziehbar die zu erwartenden Kosten ergeben. Zum Zweiten muss die Finanzierung der so dargelegten erwarteten Kosten schlüssig nachgewiesen werden. Als Nachweise kommen Bürgschaften, Kredite, Eigenmittel, wie z. B. das im Handelsregister ausgewiesene Eigenkapital, oder auch Gewährleistungen und Garantien in Betracht. Hierbei kann es sich entweder um Zusagen finanzierender Kreditinstitute handeln, um solche von Systemherstellern, die häufig Warenkredite zur Verfügung stellen (sog. Vendor Financing), oder auch um Zusagen von den (oftmals ausländischen) Mutterunternehmen, die eine neue Tochtergesellschaft unterstützen wollen. Auch eine Mischung verschiedener Arten von Finanzierungsmitteln bzw. Zusagen ist möglich. Entscheidendes Kriterium bei allen Erklärungen für die Finanzierung des geplanten Vorhabens ist, dass die entsprechenden Erklärungen verbindlich sind. Bloße Absichtserklärungen oder Bemühenszusagen reichen der BNetzA nicht aus. Klarstellungshalber sei hinzugefügt, dass diese Zusagen nicht gegenüber der BNetzA abzugeben sind, sondern sich auf das Verhältnis zwischen dem Antragsteller und dem Geber der Zusage beziehen und somit für die BNetzA informativen, eben Nachweischarakter haben.
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Schließlich fordert die BNetzA, dass Wirtschaftsauskünfte über den Antragsteller selbst und über die eine Finanzierung zusagenden Gesellschafter vorgelegt werden. Diese so genannten Selbstauskünfte sollen Bonitätsauskünfte von nationalen oder internationalen Wirtschaftsauskunfteien, wie z. B. Creditreform, Bürgel, Schimmelpfennig, Standard & Poor’s, Dun & Bradstreet sein. Im früheren Lizenzbeantragungsverfahren bestand die RegTP auf derartigen Selbstauskünften für jeden Antragsteller, auch bei Lizenzerweiterungen, sofern eine entsprechende Selbstauskunft noch nicht vorher vorgelegt worden war. Dies galt sowohl für Unternehmen, die bereits länger als Lizenznehmer, z. B. bezogen auf eine andere Lizenzklasse auf dem deutschen Markt tätig waren, als auch für neu gegründete Unternehmen, für die sich in der Regel aus solchen Selbstauskünften nicht viel mehr ergibt als die Eintragungen im Handelsregister. Aus Gleichbehandlungsgründen verlangte die RegTP jedoch von jedem dieser Unternehmen eine entsprechende Auskunft. Ausgenommen davon waren lediglich anerkannte Kreditinstitute, die eine Finanzierung zusagten, nicht jedoch Muttergesellschaften, gleich welcher Größe. Dies wird im Zweifel auch im Rahmen des Antrags zur Erteilung bzw. Übertragung des öffentlichen Wegerechts zu beachten sein.
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F Rz. 63 63
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang ferner, dass inländische Wirtschaftsauskunfteien wegen der Auskunftspflicht gegenüber dem Betroffenen nach § 34 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG)1 ihre Auskünfte meist mit einem Stempel versehen, der wie folgt oder ähnlich lautet: „ACHTUNG! Der Inhalt dieser Auskunft ist ausschließlich für den Betroffenen bestimmt (§ 34 Abs. 2 BDSG). Er hat keine Wirkung gegenüber Dritten und darf weder ganz noch zum Teil an solche weitergegeben werden.“
Daher muss ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die Auskunft gegenüber Dritten zu wirtschaftlichen Zwecken genutzt werden soll. Dann ist die Auskunft zwar nicht mehr unentgeltlich (§ 34 Abs. 5 S. 2 BDSG), aber mit dem beschriebenen Stempel oder Aufdruck akzeptiert die BNetzA die Auskünfte nicht. Demgegenüber akzeptiert die BNetzA den Ausdruck von Auskünften, die im Internet veröffentlicht (z. B. von den internationalen Rating-Agenturen) und auf Deutsch übersetzt worden sind. 5.3.2.2.3 Fachkunde 64
Auch dieser Nachweis war in der Praxis bei vielen Lizenzanträgen nach dem TKG 1996 problematisch. Und auch hier gilt das Gleiche weiterhin für den Bereich der Frequenzzuteilungen (D. Rz. 130). Nach der Mitteilung 237/20042 verlangt die BNetzA Nachweise über bisherige Tätigkeiten (Referenzen) im Zusammenhang mit der Verlegung neuer oder der Änderung vorhandener Telekommunikationslinien (siehe den Wortlaut in § 68 Abs. 3 S. 1 TKG). Üblicherweise werden hierfür entsprechend qualifizierte Mitarbeiter des Antragstellers benannt, deren Erfahrung über die Vorlage von z. B. Lebensläufen mit Zeugnissen und Abschlusszertifikaten oder Referenzen von früheren Tätigkeiten im Bereich der Telekommunikation nachgewiesen wird.
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Soweit der Antragsteller nicht eigenes fachkundiges Personal einsetzt sondern Subunternehmer, hat der Antragsteller zu erklären, dass er Unternehmen mit der Errichtung und Unterhaltung der Telekommunikationslinien beauftragen wird, welche die Anforderungen der Sicherheit und Ordnung, die anerkannten Regeln der Technik sowie die einschlägigen Normen einhalten. In der Praxis wird dabei zu beachten sein, dass die Funktionsherrschaft (Rz. 49 ff.) für die Telekommunikationslinie (bzw. das Telekommunikationsnetz) beim Antragsteller verbleibt. Gleiches gilt, wenn die Fachkunde durch die mittlerweile marktübliche Abordnung von Mitarbeitern konzernangehöriger Unternehmen sichergestellt werden soll. Zu beachten ist dabei die Erwartung der BNetzA, dass derartige Abordnungen vertraglich geregelt werden. _______________
1 Bundesdatenschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung v. 14.1.2003, BGBl. I, S. 66. 2 ABl. RegTP Nr. 15/2004, S. 785–787.
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Rz. 68 F
Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
5.4 Mitteilungspflichten des Nutzungsberechtigten Nach § 69 Abs. 3 S. 1 TKG hat der Nutzungsberechtigte folgende Sachverhalte der BNetzA unverzüglich mitzuteilen, über welche wiederum nach § 69 Abs. 3 S. 2 TKG die BNetzA den Wegebaulastträger informiert: –
Beginn und Beendigung der Nutzung,
–
Namensänderungen, Anschriftenänderungen und identitätswahrende Umwandlungen des Unternehmens.
66
Angesichts der Beschränkung der Nutzungsberechtigung auf Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze und auf die Dauer der öffentlichen Tätigkeit, umfasst die Mitteilungspflicht in Bezug auf Beginn und Beendigung der Nutzung nicht nur die rein tatsächliche Nutzung selbst, sondern auch den Inhalt der Nutzung für den Betrieb eines öffentlichen oder nicht öffentlichen Telekommunikationsnetzes. Identitätswahrende Umwandlungen sind nach dem Verständnis der BNetzA lediglich gegeben, wenn das Unternehmen vor und nach der Umwandlung formalrechtlich identisch ist. Dies beschränkt den Anwendungsbereich im Wesentlichen auf den Formwechsel im Sinne von § 190 des Umwandlungsgesetzes1 sowie auf Umwandlungen, bei denen der ursprüngliche Rechtsträger, d. h. das ursprüngliche Unternehmen rechtlich erhalten bleibt (zu dem damit verbundenen Problem sogleich unter Rz. 69). Bei nicht rechtzeitiger Mitteilung haftet der Nutzungsberechtigte für die daraus entstehenden Schäden nach § 69 Abs. 3 S. 3 TKG. Dieser neu in das TKG 2004 eingefügte Haftungstatbestand dürfte sich insbesondere auf etwaige Schäden der Wegebaulastträger beziehen. So etwa wenn Arbeiten an einem Verkehrsweg nach § 72 Abs. 1 TKG dadurch verteuert werden, dass der Nutzungsberechtigte infolge einer nicht oder verspätet mitgeteilten Anschriftenänderung nicht rechtzeitig ermittelt werden kann. Denkbar wären auch seitens des Wegebaulastträgers entgangene Sondernutzungsentgelte oder Sondernutzungsgebühren, wenn der Nutzungsberechtigte nicht oder verspätet mitteilt, dass die Telekommunikationslinien nicht mehr zum Betrieb eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes genutzt werden. Denn damit entfällt das unentgeltliche öffentliche Wegerecht (siehe oben Rz. 41 ff.).
67
5.5 Fortgeltung des nach dem TKG 1996 übertragenen öffentlichen Wegerechts Das gemäß § 50 Abs. 2 TKG 1996 mit einer (nach dem TKG 2004 nicht mehr erforderlichen) Lizenz erteilte bzw. übertragene öffentliche Wegerecht muss nicht anhand der Bestimmungen des TKG 2004 neu beantragt werden. _______________
1 Das Umwandlungsgesetz kennt den Begriff „identitätswahrende Umwandlungen“ allerdings nicht.
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F Rz. 69
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
Nach § 150 Abs. 3 TKG bleiben u. a. bestehende Wegerechte, die nach dem TKG 1996 erteilt wurden, wirksam. Diese Übergangsvorschrift stellt die Verpflichtung aus Art. 17 Abs. 1 Genehmigungsrichtlinie sicher, bestehende Genehmigungen mit der Genehmigungsrichtlinie in Einklang zu bringen1. Allerdings sind von den Alt-Nutzungsberechtigten künftig die Bestimmungen der §§ 68 ff. TKG zu beachten. 5.6 Übertragung bzw. Übergang des öffentlichen Wegerechts zwischen Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze? 69
Der Übergang vom TKG 1996, bei dem das öffentliche Wegerecht mit der Lizenz erteilt wurde und dieser praktisch folgte, zum TKG 2004 mit seinen eigenständigen Regelungen zur Übertragung des öffentlichen Wegerechts wirft eine im TKG 1996 nicht bestehende Fragestellung auf: Kann das öffentliche Wegerecht wie früher nach § 9 TKG 1996 gemeinsam mit der Lizenz von einem (sekundär) nutzungsberechtigten Unternehmen auf ein anderes Unternehmen übertragen werden oder übergehen? Die BNetzA verneint dies, im Wesentlichen unter Hinweis darauf, dass das TKG 2004 – anders als § 9 TKG 1996 – keine Regelung mehr enthalte, welche die Rechtsnachfolge bei der Erteilung/Übertragung des öffentlichen Wegerechts vorsehe.
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Für die Einzelrechtsnachfolge durch rechtsgeschäftliche Übertragung trifft diese Sichtweise grundsätzlich zu. Die Rechtsnachfolge bei personenbezogenen Verwaltungsakten bzw. durch personenbezogenen Verwaltungsakt gewährten Berechtigungen bedarf einer besonderen Rechtsgrundlage im materiellen Recht2. Denn derartige Verwaltungsakte sind eigentlich schon nicht nachfolgefähig3. Dennoch war in § 9 TKG 1996 eine Rechtsnachfolge vorgesehen, mit der allerdings sichergestellt wurde, dass auch der vorgesehene neue Rechtsinhaber die personenbezogenen Voraussetzungen, d. h. Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkunde besitzt. Fehlt eine solche Regelung für einen personenbezogenen Verwaltungsakt wie die Erteilung/ Übertragung des öffentlichen Wegerechts, ist eine Rechtsnachfolge nicht (mehr) möglich.
71
In der Praxis sieht die BNetzA dies auch so für die Fälle der Gesamtrechtsnachfolge nach dem Umwandlungsgesetz. Dies bedeutet, dass nunmehr jegliche Übertragung bzw. jeglicher Übergang des öffentlichen Wegerechts zwischen sekundär Nutzungsberechtigten außer im Fall der sog. identitätswahrenden Umwandlung (Rz. 66) aus Sicht der BNetzA ausgeschlossen ist.
72
Die Auswirkungen dieser Sichtweise sind insbesondere bei Umwandlungen innerhalb bestehender Konzernstrukturen oder Unternehmensgruppen eigen_______________
1 Vgl. die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/2316, S. 107. 2 Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 13 Rz. 59, § 43 Rz. 13 ff. 3 Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 43 Rz. 13a.
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Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
Rz. 74 F
artig: Findet eine Verschmelzung auf den Inhaber des öffentlichen Wegerechts statt, so liegt eine identitätswahrende Umwandlung vor, denn der Rechtsträger, dem die Nutzungsberechtigung erteilt bzw. übertragen wurde, bleibt erhalten. Wird dagegen der Inhaber des öffentlichen Wegerechts auf ein anderes Konzern- oder Gruppenunternehmen verschmolzen, geht der Rechtsträger, dem die Nutzungsberechtigung erteilt bzw. übertragen wurde, unter. Mangels Rechtsnachfolgeregelung im TKG erlischt damit auch das öffentliche Wegerecht und muss neu beantragt werden. Zwischen beiden Varianten bestehen in der Regel keine inhaltlichen sondern lediglich formale Unterschiede. Dies rechtfertigt es nicht, beide Fälle gänzlich unterschiedlich zu behandeln. Das wird umso deutlicher, wenn es sich um eine Gesamtrechtsnachfolge bei einem Lizenznehmer nach dem TKG 1996 handelt. Während nach § 9 Abs. 2 TKG 1996 früher eine Anzeige des anderweitigen Übergangs der Lizenz gegenüber der RegTP ausreichte1, erlischt nach dem Verständnis der BNetzA u. U. sowohl die Lizenz wie auch das gemäß § 150 Abs. 3 TKG (bisher) weiter wirksame öffentliche Wegerecht und muss neu beantragt werden. Dies ist aber ein sinnwidriges Ergebnis, wenn es nur deswegen eintritt, weil etwa eine Verschmelzung wie soeben dargestellt in die eine statt in die andere Richtung verläuft. In der Sache geht es dabei um die Auslegung des § 20 UmwG (Wirkungen der Verschmelzungseintragung). Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG gehen alle Vermögensgegenstände des übertragenden Rechtsträgers auf den übernehmenden Rechtsträger über. Interessant ist dabei der Vergleich mit § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG, der für die Spaltung vorsieht, dass nicht übertragbare Gegenstände von der Gesamtrechtsnachfolge ausgeschlossen sind. Dies legt den Umkehrschluss nahe, dass aufgrund der fehlenden Ausnahme bei der Verschmelzung auch alle sonst nicht übertragbaren Vermögensgegenstände übergehen sollen. Im Bereich der öffentlich-rechtlichen Genehmigungen gehen die Kommentatoren aber überwiegend davon aus, dass personenbezogene Genehmigungen, also solche, die an Zuverlässigkeit und Qualifikation des Inhabers anknüpfen, bei einer Verschmelzung nicht übergehen2. Hiervon wird von manchen Kommentatoren allerdings eine Ausnahme dann gemacht, wenn die Personen, an denen diese Merkmale festgemacht werden, beim übernehmenden Rechtsträger eine entsprechende Position erhalten3. Genau diese Situation ist aber in der Regel bei der Verschmelzung innerhalb von Konzernstrukturen bzw. Unternehmensgruppen der Fall.
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Die in § 69 Abs. 3 TKG verwendete Terminologie lässt eine solche Interpretation durchaus zu. Denn sie ist weder eindeutig noch eng gefasst. Wann eine Umwandlung als „identitätswahrend“ angesehen wird, ist gesetzlich
74
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1 Zwetkow in: Heun, Telekommunikationsrecht, 1. Auflage, Teil 1 Rz. 168. 2 Schmitt/Hörtnagel/Stratz, UmwG, § 20 Rz. 68 m. w. N., Lutter-Grunewald, UmwG, § 20 Rz. 8. 3 Lutter/Grunewald, UmwG, § 20 Rz. 8.
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
weder im TKG noch im Umwandlungsrecht definiert. Das Umwandlungsgesetz kennt den Begriff nicht. Die von der BNetzA gewählte Sichtweise, dass derselbe Rechtsträger erhalten bleiben muss, ist im Umwandlungsrecht vielmehr im Rahmen des so genannten Formwechsels (§ 190 UmwG) relevant1. Indem das TKG aber nicht den Begriff „Formwechsel“ verwendet, kann der Begriff der „identitätswahrenden Umwandlung des Unternehmens“ grundsätzlich auch weitergehend verstanden werden. In der oben beschriebenen Konstellation (Rz. 72) spricht vieles dafür, die Kontinuität über das unveränderte Fortbestehen der subjektiven Voraussetzungen für das öffentliche Wegerecht (Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit, Fachkunde) zu betrachten. Da die (auch identitätswahrende) Umwandlung begrifflich und inhaltlich über den reinen Formwechsel hinausgeht, kann nämlich die Identität im Rahmen von § 69 Abs. 3 TKG nach anderen materiellen Kriterien zu beurteilen sein als der Formwechsel. Die Zweckrichtung einer Identitätswahrung wird nach der Struktur des § 69 TKG gerade durch die subjektiven Voraussetzungen für die Erteilung/Übertragung des öffentlichen Wegrechts verdeutlicht. Es kann also nicht nur darauf ankommen, dass der umgewandelte Rechtsträger formal der Gleiche bleibt; denn dann läge keine Umwandlung vor. Vielmehr ist entscheidend, ob die Tatsachen und Umstände, welche der Erfüllung der Kriterien Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkunde zugrunde lagen, auch nach der Umwandlung identisch geblieben sind. Mit anderen Worten: es kommt darauf an, ob die Personen und Vermögenswerte, mit denen der ursprüngliche Rechtsträger Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkunde nachgewiesen hat, unverändert auf den neuen Rechtsträger übergegangen sind. Dies kann bei einer Verschmelzung durchaus der Fall sein, auch wenn der Inhaber des öffentlichen Wegerechts auf ein anderes Konzern- oder Gruppenunternehmen verschmolzen wird und damit als Rechtsträger untergeht. Auch in solchen Fällen sollte daher eine identitätswahrende Umwandlung angenommen werden.
75
5.7 Sachlicher Anwendungsbereich des Nutzungsrechts In sachlicher Hinsicht bezieht sich das öffentliche Wegerecht einerseits auf Verkehrswege, soweit deren Widmungszweck durch die Nutzung nicht dauernd beschränkt wird und besteht andererseits nur für öffentlichen Zwecken dienende Telekommunikationslinien. 5.7.1 Verkehrswege
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Verkehrswege werden in § 68 Abs. 1 TKG gesetzlich definiert als öffentliche Wege, Plätze und Brücken sowie die öffentlichen Gewässer. „Öffentlich“ sind die Wege dann, wenn sie im straßenrechtlichen Sinne für den öffent-
_______________
1 Lutter/Decher, UmwG, § 190 Rz. 3 ff.
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Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
Rz. 79 F
lichen Verkehr gewidmet sind1. Daher können auch derartig gewidmete Privatwege Gegenstand des Wegerechts sein. Bei öffentlichen Wegen sind nämlich zwei rechtliche Regime zu unterscheiden, die sich überlagern. Zunächst handelt es sich um Sachen, die daher Gegenstand von Eigentumsrechten sind. Dieses privatrechtliche Eigentum2 wird überlagert vom öffentlichrechtlichen Straßenrecht, das die Widmung und Benutzung der Wege regelt. Diese Überlagerung entfällt wiederum, wenn der Verkehrsweg eingezogen wird. Dann geht es nur noch um das privatrechtliche Eigentum. Die Widmung und Einziehung ergeben sich aus den einschlägigen straßenrechtlichen Regelungen des Bundes und der Länder. Öffentliche Wege sind insbesondere die Bundes-, Landes- und Gemeindestraßen einschließlich der etwa vorhandenen Gehwege, Seitenbefestigungen und Gräben, des Luftraums darüber und des Erdkörpers3. Eisenbahngelände und -trassen gehören aus historischen Gründen nicht zu den öffentlichen Wegen in diesem Sinne4. Sie dienen nicht dem öffentlichen Verkehr im straßenrechtlichen Sinn, sondern (lediglich) dem Eisenbahnverkehr. Dies gilt in der Regel auch für Bahnhofsgelände und Bahnhofsvorplätze5. Bei Brücken ist zu beachten, dass der Brückenbaulastträger nicht notwendigerweise mit dem Straßenbaulastträger für die anschließende Strecke identisch ist. Dies ist für die Frage der Bestimmung der zuständigen Behörde für die Zustimmung nach § 68 Abs. 3 TKG relevant (dazu unten Rz. 91 ff.).
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Zu den öffentlichen Gewässern gehören insbesondere die Binnen- und Seewasserstraßen, von denen Letztere insbesondere bei der Frage der Anlandung von Seekabeln Bedeutung haben. Gerade bei Seekabeln sind aber auch Genehmigungserfordernisse zu beachten, die außerhalb des Telekommunikations- oder des Straßenrechts liegen, wie beispielsweise in Bezug auf den deutschen Festlandsockel. Zu berücksichtigen ist ferner6, dass der Begriff der öffentlichen Gewässer sämtliche natürlichen und künstlichen Wasserflächen erfasst, deren Benutzung der Allgemeinheit nach Bundes- oder Landesrecht zusteht, z. B. künstliche oder natürliche Wasserläufe, Häfen, Seen oder geschlossene Gewässer; auf die Schiffbarkeit kommt es nicht an.
78
5.7.2 Keine dauernde Beschränkung des Widmungszwecks Die Nutzungsberechtigung gilt nur, soweit dadurch der Widmungszweck der Verkehrswege, d. h. die öffentlich rechtliche Widmung zum Verkehr – straßenrechtlich vornehmlich durch den so genannten „Gemeingebrauch“ umschrieben – nicht dauernd beschränkt wird. Gemeingebrauch ist nach _______________
1 2 3 4 5 6
Dazu Krämer in: Kodal/Krämer, Kapitel 4 Rz. 2.3. Eine Ausnahme gilt für Hamburg: Dort besteht öffentlich-rechtliches Eigentum. Aubert/Klingler, Fernmelderecht/Telekommunikationsrecht, S. 18 Rz. 28. Aubert/Klingler, Fernmelderecht/Telekommunikationsrecht, S. 18 Rz. 29. Krämer in: Kodal/Krämer, 1999, Kapitel 4 Rz. 22. OLG Bamberg, RTkom 2001, 103.
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
der Legaldefinition des § 7 Abs. 1 Bundesfernstraßengesetz (FStrG), an der sich die Landesstraßengesetze orientieren, der jedermann gestattete, freie Gebrauch der öffentlichen Straßen zum Verkehr im Rahmen der Widmung und der Verkehrsvorschriften. Für diese Benutzung der Straße ist weder eine besondere Erlaubnis noch eine vertragliche Gestattung erforderlich. Sie ist in den genannten Grenzen jedermann möglich. Ein Benutzung hält sich nicht mehr im Rahmen des zulässigen Gemeingebrauchs, wenn sie Eingriffe in die Bausubstanz erfordert1. Die Verlegung von Telekommunikationslinien in den Straßenuntergrund erfordert solche Eingriffe. Sie fällt daher nicht mehr unter den Gemeingebrauch. 80
Bei der unterirdischen Verlegung erfolgt eine Beeinträchtigung vor allem durch die in die Straßenoberfläche eingreifende Verlegung infolge der hierfür erforderlichen Baumaßnahmen. Allerdings hat die Rechtsprechung diesbezüglich bereits anerkannt, dass Verlegearbeiten lediglich eine kurzfristige, nicht aber eine die widmungsgerechte Nutzung verhindernde dauernde Beeinträchtigung darstellen2.
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Regelmäßig führt daher die unterirdische Verlegung von Telekommunikationslinien zu keiner dauernden Beschränkung des Widmungszwecks. Im Gesetzgebungsverfahren zum TKG 1996 war es dagegen Wunsch des Bundesrats gewesen, das Wort „dauernd“ zu streichen3. Nach Vorstellung des Bundesrats wäre dann für jede Verlege- und Änderungsmaßnahme (nach dem Wortlaut von § 68 Abs. 3 TKG zustimmungsbedürftig), aber auch für Wartungsmaßnahmen (nach dem Wortlaut von § 68 Abs. 3 TKG nicht zustimmungsbedürftig) eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis für die kurzfristige Nutzung der Wegeoberfläche erforderlich gewesen. Eine Betrachtungsweise, die auch nach der insoweit durch das TKG 2004 unveränderten Rechtslage von einzelnen Wegebaulastträgern gerne angeführt wird und damit für die Nutzungsberechtigten des öffentlichen Wegerechts zu Problemen führen kann (dazu näher Rz. 103 ff., 165 ff.).
82
Der Begriff des Benutzens in § 68 Abs. 1 Satz 1 TKG ist in einem umfassenden Sinn auszulegen4. Daher sind auch alle Nutzungen im Zusammenhang mit der Einlegung oder Errichtung der Telekommunikationslinie wie insbesondere der durch die Erdarbeiten verursachte Aushub und dessen vorübergehende Lagerung an der Baustelle, die Lagerung des zur Verlegung vorgesehenen Materials (z. B. der Leerrohre) vor Ort sowie das Aufstellen von Containern und das Abstellen von Baumaschinen erfasst. Demnach kann festgehalten werden, dass jegliche im Zusammenhang mit den Verlegearbeiten stehenden Nutzungen des Verkehrswegs vom öffentlichen Wegerecht er_______________
1 2 3 4
Grote in: Kodal/Krämer, Kapitel 26 Rz. 4.1. BVerwGE 29, 248. BR-Drucks. 80/96 Anlage mit Stellungnahme, S. 27 Nr. 60. VGH München, NVwZ-RR 2002, 70 (71 ff.) mit den im folgenden Text genannten Beispielen; bestätigt durch BVerwG, NVwZ 2001, 1170.
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Rz. 84 F
Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
fasst und damit unentgeltlich erfolgen dürfen, solange sie von nur vorübergehender Dauer sind. Zu beachten ist weiterhin, dass der in § 68 Abs. 1 Satz 1 TKG gewählte Begriff des Widmungszwecks weiter ist als der in der Vorvorgängerbestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 1 TWG benutzte Begriff des Gemeingebrauchs1. Der Widmungszweck eines Verkehrswegs erfasst damit auch den so genannten Anliegergebrauch in Form von Zufahrten und Zugängen von anliegenden Grundstücken zum Verkehrsweg2. Die veränderte Begriffswahl und gleichzeitige Nutzung eines Begriffs aus einer höheren Abstraktionsebene macht nur Sinn, wenn hiermit eine Erweiterung des zu berücksichtigenden Widmungszwecks gegenüber dem bisherigen Gemeingebrauch gemeint ist. Die früher entwickelte Meinung in Rechtsprechung und Literatur, wonach der Gemeingebrauch des § 1 TWG nicht den Anliegergebrauch erfasse, wird zwar noch vertreten3. Sie erscheint aber aus den genannten Gründen überholt.
83
5.7.3 Öffentlichen Zwecken dienende Telekommunikationslinien Öffentlichen Zwecken dienende Telekommunikationslinien sind im TKG als zusammenhängender Begriff ebenso wenig definiert wie der Begriff „öffentlicher Zweck“ als solcher. Üblicherweise wird der „öffentliche Zweck“ über das Gemeinwohlinteresse definiert. In Bezug auf die Telekommunikation erschließt sich der Begriff des öffentlichen Zweckes durch zwei Komponenten: Zum einen durch den in Art. 87f Abs. 1 GG enthaltenen Infrastrukturauftrag des Bundes, der nach Art. 87f Abs. 2 GG durch Unternehmen der Privatwirtschaft (operativ) erfüllt wird. Mit diesem Auftrag und seiner Erfüllung wird der öffentliche Zweck, nämlich die flächendeckend angemessene und ausreichende Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen, im eigentlichen Sinne umschrieben. Zum zweiten dadurch, dass das öffentliche Wegerecht nach § 69 Abs. 1 TKG lediglich auf Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze vom primär nutzungsberechtigten Bund übertragen wird. Der Gesamtzusammenhang der Regelungen des § 68 und § 69 TKG ergibt damit die folgende Aussage: Öffentlichen Zwecken dienen die Telekommunikationslinien aller Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze. Im Umkehrschluss: keinen öffentlichen Zwecken dienen die Telekommunikationslinien mittels derer Übertragungswege für Telekommunikationsnetze betrieben werden, auf deren Grundlage lediglich Telekommunikation für eigene Zwecke betrieben wird oder Telekommunikationsdienstleistungen ausschließlich für Teilnehmer geschlossener Benutzergruppen erbracht werden (siehe oben Rz. 42 ff.). _______________
1 Ebenso Beck TKG-Komm/Schütz, § 68 TKG Rz. 33. 2 Herber in: Kodal/Krämer, 1999, Kapitel 7 Rz. 8, Kapitel 25. 3 Schmidt, Urteilsanmerkung, RTkom 1999, 32 f. unter Verweis auf Aubert/Klingler, Fernmelderecht/Telekommunikationsrecht, S. 50 und BVerwGE 64, 176 ff.
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
Vor diesem Hintergrund erschließt sich auch das bereits dargestellte Verfahren zur Erteilung bzw. Übertragung der Nutzungsberechtigung für das öffentliche Wegerecht (Rz. 51 ff.). Denn mittels dieses Verfahrens wird zugleich die sachliche Voraussetzung einer öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationslinie mitgeprüft und mittels der Erteilung bzw. Übertragung der Nutzungsberechtigung für das öffentliche Wegerecht festgestellt. Dies vermeidet eine eigenständige sachliche Prüfung1, z. B. durch den Wegebaulastträger im Rahmen des Zustimmungsverfahrens für die Verlegung der Telekommunikationslinien (Rz. 91 ff.). 85
Für die Verlegung von Telekommunikationslinien, die ausschließlich für die Erbringung von Telekommunikationsdiensten für Teilnehmer geschlossener Benutzergruppen oder für betriebs- bzw. konzerninterne Kommunikation genutzt werden sollen, findet demnach die jeweils einschlägige bundesgesetzliche (Bundesfernstraßengesetz) oder landesgesetzliche (Länderstraßengesetze) straßenrechtliche Regelung Anwendung. Für die Verlegung ist in diesen Fällen der Abschluss von (entgeltlichen) Gestattungsverträgen oder die Erteilung von (entgeltlichen) Sondernutzungserlaubnissen erforderlich2. 5.7.4 Umfang des Nutzungsrechts – Anzahl der Telekommunikationslinien
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Nach § 68 Abs. 2 TKG sind die Telekommunikationslinien so zu errichten und zu erhalten, dass sie den Anforderungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie den anerkannten Regeln der Technik genügen. Diese Kriterien richten sich in der Praxis nach den für die betroffenen Baumaßnahmen geltenden technischen Normen, Merkblättern und Richtlinien. Sie werden bei den Wegebaulastträgern vorgehalten und werfen in der Verlegepraxis regelmäßig keine besonderen Probleme auf3.
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Abgesehen von der Frage der dauerhaften Beschränkung des Widmungszwecks und den mit der Verlegung in Zusammenhang stehenden Nutzungen des Verkehrswegs, ist in der Praxis aber immer wieder umstritten, welchen Umfang das öffentliche Wegerecht für die Telekommunikationslinien konkret hat, d. h. insbesondere wie viel Leerrohre bzw. Kabel je Telekommunikationslinie oder je Trasse vom jeweiligen Nutzungsberechtigten verlegt werden dürfen. Die Wegebaulastträger versuchen dabei immer wieder, den Umfang der zu verlegenden Telekommunikationslinien dahingehend zu beschränken, dass die Anzahl der Kabel bzw. Leerrohre begrenzt wird.
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Das TKG selbst enthält dagegen weder in den wegerechtlichen Bestimmungen noch in der Legaldefinition von Telekommunikationsanlagen eine Beschränkung der Anzahl der Telekommunikationslinien bzw. des Zubehörs. _______________
1 Siehe die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/2316, S. 83. 2 Siehe dazu ausführlich: Heun/Lohmann, Archiv PT 1996, 132 ff. 3 Es handelt sich hier sozusagen um das „Tagesgeschäft“ der mit den Verlege- und Änderungsmaßnahmen beauftragten Bauunternehmen.
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Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
Rz. 90 F
Vielmehr spricht schon der vom Gesetzgeber verwendete Begriff der „Linie“ anstelle des Begriffs der „Leitung“ dafür, dass weder explizite noch implizite Begrenzungen in der gesetzlichen Regelung enthalten sind. Auch aus dem in der Legaldefinition gewählten Begriff der Telekommunikationskabelanlage lassen sich keine impliziten Begrenzungen entnehmen. So bedeutet dieser Begriff insbesondere nicht, dass etwa jedes verlegte Leerrohr auch mit einem Kabel bestückt oder dass jedes Leerrohr bzw. jedes Kabel auch zum Betreiben von Übertragungswegen tatsächlich in Betrieb sein müsste. Begrifflich liegt eine Kabelanlage schon dann vor, wenn lediglich ein Kabel in eine Mehrzahl hierfür vorgesehener Leerrohre eingezogen ist. Denn der Begriff Kabelanlage ist weiter gefasst als der Begriff des Kabels. Das Betreiben von Übertragungswegen ist bereits dann gegeben, wenn mittels der Telekommunikationslinie auch nur ein einziger Übertragungsweg errichtet und betrieben wird. Dieses Ergebnis wird auch durch die sonstigen wegerechtlichen Bestimmungen des TKG bestätigt. So schreibt insbesondere § 71 Abs. 1 TKG vor, dass der Nutzungsberechtigte auf Wegeunterhaltung und Widmungszweck der Verkehrswege Rücksicht zu nehmen hat. Eine Verlegung indessen, die sich nur an einem jeweils unmittelbar benötigten Kabel orientierte, würde diese Verpflichtung durch wiederholt erforderliche Neuaufgrabungen konterkarieren. Eine Begrenzung der Anzahl der zu verlegenden Telekommunikationslinien kann sich daher allenfalls daraus ergeben, dass der betroffene Verkehrsweg in seiner Aufnahmekapazität für die geplante(n) Telekommunikationslinie(n) tatsächlich beschränkt ist. Dies folgt aus zweierlei Gründen: Zum einen ist die aus dem öffentlichen Wegerecht des § 68 Abs. 1 TKG folgende Nutzungsberechtigung ein Sonderrecht, welches sich von vorneherein auf den öffentlichen Verkehrsweg innerhalb der Grenzen seiner Widmung beschränkt. Zum anderen verdeutlichen die Bestimmungen in den §§ 72–75 TKG, dass das unentgeltliche öffentliche Wegerecht des TKG gegenüber dem Widmungszweck des öffentlichen Verkehrswegs und gegenüber sonstigen vorhandenen Anlagen bzw. Versorgungsleitungen („besondere Anlagen“ im Sinne der §§ 74 und 75 TKG) nachrangig ist (dazu noch näher Rz. 138 ff.).
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Dementsprechend kann es zu tatsächlichen Beschränkungen kommen, wenn beispielsweise in städtischen Bereichen zum einen innerhalb eines Gehwegs verschiedene Trassenbreiten unterschiedlichen Versorgern zugewiesen sind (etwa je eine Teiltrasse für Elektrizität, Wasser, Abwasser, Gas und Telekommunikation) und zum anderen der für die Telekommunikation vorgesehene Teil bereits belegt ist. Mit Zustimmung eines betroffenen Versorgers ist freilich auch die Überbauung1 anderer Versorgungsleitungen denkbar, so dass in einem solchen Falle der Verlegung keine Argumente mehr entgegengehalten werden können. Dies folgt aus den in den §§ 74 und 75 TKG vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten bei Kollisionen zwischen
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1 Die Verlegung im Erdraum über oder unter der vorhandenen Leitung.
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
Telekommunikationslinien und anderen Versorgungsleitungen. So kann der Nutzungsberechtigte nach § 74 Abs. 2 TKG sogar die Verlegung einer anderen Versorgungsleitung verlangen wenn a) die Nutzung für Telekommunikationslinien unterbleiben müsste, b) eine Entschädigung gezahlt wird und c) die andere Versorgungsleitung ihrem Zweck entsprechend anderweitig untergebracht werden kann. Wenn also schon die Verlegung verlangt werden darf, gilt dies erst Recht für die Möglichkeit der Überbauung aus Platzmangel im Trassenteil für Telekommunikation. 5.8 Zustimmung des Trägers der Wegebaulast 91
Für die tatsächliche (physikalische) Inanspruchnahme des öffentlichen Wegerechts durch den Nutzungsberechtigten in Form der Verlegung neuer oder der Änderung vorhandener Telekommunikationslinien sieht § 68 Abs. 3 TKG die nunmehr schriftliche Zustimmung seitens des Wegebaulastträgers vor. Träger der Wegebaulast sind in der Regel bei Bundesstraßen der Bund, bei Landesstraßen die Länder und bei Gemeindestraßen sowie dem innerörtlichen Teil aller Straßen die Kommunen. Dieses Zustimmungserfordernis soll der Abstimmung zwischen Nutzungsberechtigtem und Wegebaulastträger dienen. Die Zustimmung soll sich nach der Gesetzesbegründung1 demnach nur auf Fragen der technischen Ausgestaltung der Verlegung beziehen (z. B. Verlegetiefe, Abstand vom Fahrbahnrand, Koordinierung mit anderen, unmittelbar bevorstehenden Bauvorhaben etc.) und nur in diesem Rahmen einen Ermessensspielraum beinhalten. Lediglich bei der oberirdischen Verlegung von Telekommunikationslinien soll eine Abwägung zwischen städtebaulichen Belangen und den wirtschaftlichen Interessen des Nutzungsberechtigten erfolgen können. Anders als § 50 Abs. 3 TKG 1996 ist hierfür zusätzlich klargestellt, dass die Verlegung in der Regel unterirdisch erfolgen soll, wenn sie im Rahmen einer mit dem Zustimmungsantrag in engem zeitlichen Zusammenhang stehenden Gesamtbaumaßnahme koordiniert werden kann. Dies soll allerdings nichts daran ändern, dass unter- und oberirdische Verlegung grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinander stehen2. Auch unter dem TKG 1996 kam allerdings die oberirdische Verlegung innerhalb von Stadtgebieten ohnehin kaum in der Praxis vor. Allerdings können im Ernstfall die Interessen des Nutzungsberechtigten an der höheren Wirtschaftlichkeit einer oberirdischen Verlegung durchaus die städtebaulichen Belange überwiegen3. Demgegenüber wird seitens der Kom_______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 83. 2 So die Gesetzesbegründung: BT-Drucks. 15/2316, S. 83. 3 VGH München, Archiv PT 1997, 213.
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Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
Rz. 93 F
munen die Auffassung vertreten, dass eine Koordinierung jedenfalls bei Neubaugebieten zumutbar ist1. 5.8.1 Anwendungsbereich der Zustimmung Festzuhalten ist zunächst, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Regelung über das „Ob“ des öffentlichen Wegerechts in § 68 Abs. 1 und § 69 TKG getroffen ist und die Zustimmung in § 68 Abs. 3 TKG lediglich die Frage des „Wie“ der Verlegung von Telekommunikationslinien betrifft. Letzteres hat lediglich dann auch Einfluss auf das „Ob“ der Verlegung, wenn es um die oberirdische Verlegung geht und beschränkt sich bei der unterirdischen Verlegung gänzlich auf Fragen der technischen Durchführung der Verlegemaßnahmen.
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Ferner ist die Zustimmung nur für die erstmalige Verlegung von Telekommunikationslinien (§ 68 Abs. 3 Satz 1, 1. Alternative TKG: „Verlegung neuer Telekommunikationslinien“) und für die Änderung vorhandener Telekommunikationslinien (§ 68 Abs. 3 Satz 1, 2. Alternative TKG) erforderlich. Dem Gesetzeszweck entsprechend, mit der Zustimmung die Abstimmung zwischen Wegebaulastträger und Nutzungsberechtigten über die technische Ausgestaltung der Inanspruchnahme des Wegekörpers zu gewährleisten, kommt es demnach bei beiden Alternativen ausschließlich darauf an, ob durch die betreffende Maßnahme der Wegekörper erstmalig oder in physisch verändertem Umfang in Anspruch genommen wird. Zustimmungspflichtig ist nach dem Wortlaut von § 68 Abs. 3 Satz 1 TKG allein die Verlegung einer neuen oder die Änderung einer vorhandenen Telekommunikationslinie, nicht aber die Durchführung von Maßnahmen, die „innerhalb“ der Linie vorgenommen werden. Mit anderen Worten: Es kommt darauf an, dass der Raum im Wegekörper durch die jeweilige Maßnahme betroffen ist. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn Leerrohre erstmalig verlegt werden oder neue Leerrohre zu den bestehenden hinzu verlegt werden. Dies ist aber nicht der Fall, wenn neue oder zusätzliche Kabel in bereits verlegte Leerrohre eingezogen werden, Kabel in Leerrohren ausgetauscht werden oder wenn eine vorhandenes Erdkabel durch ein neues Erdkabel ersetzt wird. In diesen Fällen ändert sich an der (durch die vorhandenen Leerrohre oder Erdkabel gegebenen) räumlichen Nutzung des Wegekörpers nichts, d. h. es wird kein zusätzlicher Raum in Anspruch genommen2. Gleiches gilt für Wartungs- und Reparaturmaßnahmen, auch wenn hiermit Aufgrabungen
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_______________
1 Deutscher Städte und Gemeindebund, Auslegungshilfe zu den wegerechtlichen Bestimmungen im neuen Telekommunikationsgesetz, Stand: Oktober 2004, S. 8 (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 543). 2 Dies wird auch von den kommunalen Spitzenverbänden so gesehen. Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, Die Benutzung öffentlicher Wege für Telekommunikationslinien, Stand Februar 1997, S. 12 f.
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F Rz. 94
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
verbunden sind. Auch hier findet keine Veränderung der Raumnutzung des Wegekörpers statt1. 5.8.2 Rechtsnatur der Zustimmung 94
Allgemeines Verständnis ist, dass die Zustimmung einen gebundenen Verwaltungsakt darstellt2, der zu erlassen ist, wenn die Nutzungsberechtigung nach § 68 Abs. 1 und § 69 TKG besteht sowie –
die Telekommunikationslinie den Widmungszweck des betroffenen Verkehrswegs nicht dauernd beschränkt, und
–
die Telekommunikationslinie den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung und den anerkannten Regeln der Technik entspricht (§ 68 Abs. 2 TKG).
Mit Vorliegen dieser Voraussetzungen, muss der Wegebaulastträger die Zustimmung zur Verlegung erteilen. Da die Zustimmung mit Nebenbestimmungen in Gestalt technischer Auflagen und Bedingungen versehen werden kann und die vorgenannten Voraussetzungen nicht ohne weiteres evident sind, ist aber eine Prüfung durch den Wegebaulastträger erforderlich. 5.8.3 Zustimmungsverfahren 95
Für die Prüfung bzw. das Verfahren der Zustimmung durch den Wegebaulastträger enthält das TKG, wie bereits erwähnt, keine Regelungen. Die Wegebaulastträger, insbesondere die Kommunen greifen daher auf die vorhandenen Verfahren zurück, die im Rahmen von straßenrechtlichen Gestattungsverträgen oder Sondernutzungserlaubnissen verwendet werden. Dies kann beispielsweise darin bestehen, dass die Kommune über das Straßenbauamt dem Nutzungsberechtigten einen „Laufschein“ aushändigt, der von diesem abgearbeitet werden muss. Dazu gehört etwa die Einholung von Informationen bei anderen Wegenutzern im Bereich der geplanten Trasse über deren Trassenverläufe, die Anfertigung einer genauen, möglicherweise Straße für Straße durch Scanner oder Probegrabungen verifizierten Trassenplanung sowie die Einholung straßenverkehrsrechtlicher Genehmigungen für die erforderlichen Absperrmaßnahmen an der Baustelle3. Der Zustimmungsantrag ist dann regelmäßig schriftlich einzureichen mit einer genau_______________
1 Insoweit (noch) anderer Ansicht die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, Die Benutzung öffentlicher Wege für Telekommunikationslinien, Stand Februar 1997, S. 13, wonach bei Aufgrabungen immer eine Aufbruchgenehmigung erforderlich sein soll. 2 Siehe z. B. BVerwG, NVwZ 2000, 316 (317). 3 Vgl. Deutscher Städte und Gemeindebund, Auslegungshilfe zu den wegerechtlichen Bestimmungen im neuen Telekommunikationsgesetz, Stand: Oktober 2004, § 1 Abs. (2) S. 2 Mustervertrag Zustimmungen (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 548).
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Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
Rz. 97 F
en Bezeichnung der Linie, einem Trassenplan sowie den eingeholten Erklärungen anderer Nutzungsberechtigter, die von der Maßnahme betroffen sein könnten. Verfahrensseitig ist ferner zu beachten, dass der Wegebaulastträger nach § 68 Abs. 4 TKG, wenn er selbst Betreiber einer Telekommunikationslinie oder mit einem Betreiber i. S. v. § 37 Abs. 1 oder 2 GWB zusammengeschlossen ist, sicherzustellen hat, dass die Zustimmung von einer Verwaltungseinheit erteilt wird, die von der für den Betrieb der Telekommunikationslinie bzw. der für die Wahrnehmung der Gesellschafterrechte zuständigen Verwaltungseinheit unabhängig ist. Diese Regelung ersetzt die verfassungswidrige1 Bestimmung des § 50 Abs. 4 TKG 1996, nach der in solchen Fällen die Zustimmung durch die RegTP zu erteilen war. Die Regelung entspricht der Vorgabe in Art. 11 Abs. 2 Rahmenrichtlinie (Rz. 14).
96
5.8.4 Inhalt der Zustimmung und Nebenbestimmungen Die erste praktische Umsetzung für das öffentliche Wegerecht des TKG 1996 haben die erwähnten vorhandenen Verfahren durch eine Empfehlung der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände erfahren2. Diese im Februar 1997 veröffentlichte Empfehlung enthält insbesondere Muster für die Zustimmung als Verwaltungsakt sowie über die vertragliche Regelung der Zustimmung. Sie ist Grundlage vieler bestehender Zustimmungen, wenngleich zwischenzeitlich ein weiteres Dokument zum TKG 2004 veröffentlicht worden ist, das ebenfalls Musterverträge enthält und die Zustimmung dabei mitregelt3. Die Praxis in den Großstädten weicht allerdings nicht selten in erheblichem Umfang zuungunsten des Nutzungsberechtigten von den Musterempfehlungen ab (zu den Einzelproblemen siehe Rz. 151 ff.). So wurde die Zustimmung häufig in zwei selbständige Verwaltungshandlungen aufgeteilt: zum einen die Trassenanweisung und zum anderen die Aufbruchgenehmigung. Beide sollen nach dem Willen der Großstädte selbständige Amtshandlungen bzw. Verwaltungsakte und damit ggf. selbständig gebührenpflichtig sein. Es mag zwar sein, dass sich die bisherige Praxis bei Sondernutzungen in Richtung der genannten zwei Amtshandlungen herausgebildet hat. Die hier allein maßgebende Ermächtigungsgrundlage für das Verwaltungshandeln der Wegebaulastträger ist allerdings die Bestimmung in § 68 Abs. 3 TKG. Die Aufsplitterung des einen, als Zustimmung vorgesehenen Verwaltungsakts in zwei selbständige Verwaltungsakte (Trassenanweisung und Aufbruchgenehmigung) ist daher abzulehnen. Viel_______________
1 BVerfG, MMR 2003, 664 (665). 2 Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, Die Benutzung öffentlicher Wege für Telekommunikationslinien, Stand Februar 1997. 3 Deutscher Städte und Gemeindebund, Auslegungshilfe zu den wegerechtlichen Bestimmungen im neuen Telekommunikationsgesetz, Stand: Oktober 2004 (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 534 ff.).
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
mehr handelt es sich allenfalls um zwei Teilakte einer Zustimmungserteilung. Mit Blick auf die Regelung des § 68 Abs. 3 TKG und die dort vorgesehene Zustimmung ist nicht zu ersehen, welchen, für die Annahme eines Verwaltungsakts erforderlichen eigenständigen Regelungsgehalt1 Trassenanweisung und Aufbruchgenehmigung jeweils haben sollen. Dementsprechend verzichtet das neue Vertragsmuster der kommunalen Spitzenverbände auch auf die Trassenweisung und ersetzt diese durch eine vor der eigentlichen Zustimmung durchzuführenden Trassenabstimmung2. 98
Die Zustimmung besteht in der Regel aus der Erklärung der Zustimmung sowie Nebenbestimmungen in Form technischer Bedingungen und Auflagen (z. B. Trassenbezeichnung, Verlegetiefe und Verlegebreite, Anordnung der Kabel und/oder Leerrohre übereinander statt nebeneinander, keine Überbauung von Anlagen Dritter, Bestimmungen über die Wiederherstellung der Oberdecke) sowie Verweisen auf einschlägige zu beachtende rechtliche und technische Regelungen3. Häufig findet sich auch ein Hinweis auf eine einschlägige Gebührenregelung4. Außerdem sind Zustimmungen nicht selten befristet, damit sichergestellt ist, dass die Verlegemaßnahmen innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums durchgeführt werden5.
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Nach § 68 Abs. 3 S. 4 TKG müssen die Nebenbestimmungen diskriminierungsfrei gestaltet werden. Zu beachten ist, dass nach § 68 Abs. 3 S. 4 und 5 TKG im Gegensatz zu § 50 Abs. 3 TKG 1996 der inhaltliche Umfang der zulässigen Nebenbestimmungen explizit in den Gesetzestext aufgenommen worden ist. Dies betrifft auch Regelungen, die in der Praxis bislang teilweise umstritten6 waren (dazu näher Rz. 151 ff.).
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So kann die Zustimmung des Wegebaulastträgers nunmehr davon abhängig gemacht werden, dass der Nutzungsberechtigte angemessene Sicherheit leistet. Die Regelung zur Sicherheitsleistung basiert auf einer Forderung des Bundesrats7 und Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang A Nr. 5 Genehmigungsrichtlinie, wo eine Auflage im Rahmen einer Allgemeingenehmigung gestattet ist, die das Verlangen finanzieller oder technischer Garantien vor_______________
1 Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 35 VwVfG, Rz. 47 ff. 2 Vgl. § 1 Abs. (3) und (4) Mustervertrag Zustimmungen (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 548 f.). 3 Vgl. §§ 3 und 4 Mustervertrag Zustimmungen (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 549 f.). 4 Vgl. § 7 Mustervertrag Zustimmungen (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 551). 5 Da eine derartige Befristung auch mit der Auflage erreicht werden kann, die Verlegung innerhalb eines bestimmten Zeitraums durchzuführen, bestehen gegen derartige Befristungen nur dann Bedenken, wenn der Zeitraum unzumutbar kurz ist. Ähnlich die Regelung in § 1 Abs. 5 Mustervertrag Zustimmungen (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 549). 6 Zur Frage zulässiger Nebenbestimmungen: VG Saarlouis, TKMR 2003, 142; VG Düsseldorf, RTkom 2001, 118. 7 BT-Drucks. 15/2316, S. 119 (Nr. 57 zu § 66 Abs. 3 Satz 3 des Gesetzentwurfs).
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Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
Rz. 101 F
sieht, welche für die ordnungsgemäße Ausübung von Infrastrukturarbeiten erforderlich sind. Zwar sieht das TKG keine Allgemeingenehmigung im Sinne der Genehmigungsrichtlinie vor, sondern gestattet generell das Erbringen jeglicher Telekommunikationsdienstleistungen (siehe A, Rz. 24). Indes kommt diese generelle Gestattung in Inhalt und Wirkung einer Allgemeingenehmigung gleich. Die Regelung über die Sicherheitsleistung ist daher aus europäischer Sicht nicht zu beanstanden. In der Praxis wird sich erweisen müssen, ob die Wegebaulastträger künftig Sicherheitsleistungen verlangen werden (wovon ausgegangen werden kann)1 und ob sich daraus Streitigkeiten über deren Höhe ergeben (was zu vermuten ist). Nach den Vorstellungen des Bundesrats soll die Sicherheitsleistung maximal die Kosten abdecken, die voraussichtlich für die Instandsetzung der Verkehrswege während der Bauphase nötig sind und auch in Form einer Bürgschaft erbracht werden können2. Dies erscheint nicht unangemessen, kann aber nicht verhindern, dass unterschiedliche Auffassungen über den Umfang und damit die Kosten der Instandsetzungsmaßnahmen bestehen (siehe Rz. 124 f.). Ausgeschlossen ist danach jedenfalls das Verlangen einer Gewährleistungsbürgschaft, da diese sich über den Zeitraum der Bauphase hinaus erstreckt. Im Übrigen dürfen die Nebenbestimmungen nur
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–
die Art und Weise der Errichtung der Telekommunikationslinie,
–
die dabei zu beachtenden Regeln der Technik,
–
die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs,
–
die im Bereich des jeweiligen Wegebaulastträgers übliche Dokumentation der Lage der Telekommunikationslinie nach geographischen Koordinaten und
–
die Verkehrssicherungspflichten regeln.
Abgesehen von der Dokumentationspflicht handelt es sich bei der vorstehenden Liste unmittelbar um Fragen der technischen Ausgestaltung der Telekommunikationslinie selbst bzw. um Anforderungen, die sich auch aus § 68 Abs. 2 und § 71 TKG ergeben. Die Dokumentationspflicht ist vom Gesetzgeber dagegen insbesondere unter dem Eindruck der Rechtsprechung3 anhand des TKG 1996 aufgenommen worden, um die Bedeutung der Leitungsdokumentation insbesondere für große Städte zu verdeutlichen4. Dem_______________
1 Die kommunalen Spitzenverbände wollen hier aber offenbar die DTAG sowie TKUnternehmen in kommunaler Trägerschaft bevorzugen, was rechtlich bedenklich ist; siehe Deutscher Städte und Gemeindebund, Auslegungshilfe zu den wegerechtlichen Bestimmungen im neuen Telekommunikationsgesetz, Stand: Oktober 2004, S. 9 (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 543 f.). 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 119 (Nr. 57 zu § 66 Abs. 3 Satz 3 des Gesetzentwurfs). 3 Siehe OVG Münster, MMR 2004, 53, wonach die Nebenbestimmung zu einer Zustimmung über die Verpflichtung des Nutzungsberechtigten, die Telekommunikationslinie digital einzumessen und zu dokumentieren als unzulässig angesehen wurde. 4 BT-Drucks. 15/2316, S. 83.
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F Rz. 102
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
zufolge werden sich die Nutzungsberechtigten künftig gegen die Verpflichtung, ihre Telekommunikationslinien je nach Anforderung des betreffenden Wegebaulastträger in jeweils lokal unterschiedlichen digitalen geographischen Koordinatensystemen zu dokumentieren, nicht mehr wehren können. Hierfür ist zwischenzeitlich von den kommunalen Spitzenverbänden auch eine eigene Mustervereinbarung vorgesehen, die Inhalt und Umfang der Dokumentationspflichten regelt1. 102
Die Zustimmung zu der Verlegung umfasst nicht straßenverkehrsrechtliche Anordnungen oder Zustimmungen. So hat der Nutzungsberechtigte bzw. der die Arbeiten ausführende Unternehmer nach § 46 Abs. 6 der Straßenverkehrsordnung vor Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, unter Vorlage eines Verkehrszeichenplans Anordnungen von der Straßenverkehrsbehörde darüber einzuholen, wie die Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind und ggf., ob und wie der Verkehr zu regeln ist. Ebenso erfasst die Zustimmung keine natur- oder landschaftsschutzrechtlichen Genehmigungen, die häufig zusätzlich bei der Verlegung von Telekommunikationslinien auf Langstrecken außerhalb der städtischen Gebiete aufgrund landesgesetzlicher Regelungen erforderlich sind. 5.8.5 Zustimmungsgebühren
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Die Ausgestaltung des öffentlichen Wegerechts in § 68 Abs. 1 TKG als unentgeltliches Nutzungsrecht bedeutet nicht notwendigerweise, dass die Zustimmung der Wegebaulastträger als kostenfreie Amtshandlung erfolgen müsste. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts verbürgen §§ 68 Abs. 1, 69 Abs. 1 TKG (§ 50 Abs. 1 u. 2 TKG 1996) den Netzbetreibern lediglich das Recht, öffentliche Verkehrswege für Telekommunikationslinien unentgeltlich zu benutzen. Dem lasse sich aber kein Gebot entnehmen, dass auch die Zustimmung des Wegebaulastträgers i. S. v. § 68 Abs. 3 TKG (§ 50 Abs. 3 TKG 1996) unentgeltlich sein müsse2. Da es sich bei der Zustimmung um einen Verwaltungsakt handelt, kann demnach für diese Amtshandlung vom Wegebaulastträger, aber auch nur diesem3, nach Maßgabe einschlägiger gebührenrechtlicher Bestimmungen eine Verwaltungsgebühr erhoben werden. Dies ist mittlerweile in § 142 Abs. 6 TKG ausdrücklich klargestellt und im _______________
1 Siehe Deutscher Städte und Gemeindebund, Auslegungshilfe zu den wegerechtlichen Bestimmungen im neuen Telekommunikationsgesetz, Stand: Oktober 2004 (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 545 ff.). 2 BVerwG, NVwZ 2005, 821 (823); sowie BVerwG, TMR 2002, 468. Anders aber OVG Lüneburg, TMR 2002, 483. 3 Die Erhebung der Gebühr steht ausschließlich dem Wegebaulastträger, der nach den Vorschriften des Straßenrechts zu bestimmen ist, zu. Für eine Anfrage des Nutzungsberechtigten bei einem Abwasserzweckverband über dessen Leitungsbestand im Straßenbereich darf keine Gebühr erhoben werden. VG Leipzig, TKMR 2002, 316 (318).
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Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
Rz. 106 F
Vertragsmuster der kommunalen Spitzenverbände aufgegriffen1. Derartige gebührenrechtliche Bestimmungen finden sich beispielsweise in gemeindlichen Gebührensatzungen bzw. im Landesgebührenrecht2. Zu beachten ist dabei allerdings, dass die Gebührenpraxis der Wegebaulastträger, insbesondere der Kommunen im Einklang mit den gebührenrechtlichen Bestimmungen stehen muss. Dies ist in der Praxis nicht immer Fall. Nicht selten erfolgt eine Bemessung der Gebühren anhand der Trassenlänge bzw. anhand des mit der Verlegung verbundenen Nutzungsrechts. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt3, dass eine Gebührenbemessung für die Zustimmung anhand einer Wertgebühr zulässig ist, die Gebühr also nicht ausschließlich anhand des Verwaltungsaufwands bemessen werden muss. Indes darf diese Gebührenbemessung nicht dazu führen, dass darin auch Anteile enthalten sind, die auf die Benutzung der Verkehrswege durch die Telekommunikationslinie entfallen. Denn diese ist nach § 68 Abs. 1 TKG unentgeltlich. In der Praxis dürfte diese Abgrenzung allerdings schwierig sein. Unzulässig ist aber die Erhebung einer eigenen Gebühr für die Betreuung und/oder Überwachung von Aufbruch- und Instandsetzungsarbeiten im Zusammenhang mit der Verlegung von Telekommunikationslinien in Verkehrswegen, weil hier der Wegebaulastträger im eigenen Interesse handelt und keine Leistung der Verwaltung erbringt4.
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Unabhängig von den landes- bzw. kommunalrechtlich bestimmten Gebühren für die Zustimmung nach § 68 Abs. 3 TKG sind die Straßenverkehrsbehörden gemäß §§ 6, 6a Abs. 1 Nr. 1 a StVG i. V. m. 45 StVO auch berechtigt, für straßenverkehrsrechtliche Anordnungen, die z. B. im Rahmen der Verlegearbeiten auf Straßen erforderlich sind, Gebühren für Maßnahmen im Straßenverkehr nach Maßgabe der GebOSt zu erheben5.
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5.8.6 Vertragliche Regelung der Zustimmung Nach § 54 VwVfG kann anstelle des Erlasses eines Verwaltungsakts zwischen der zuständigen Behörde und dem Adressaten auch ein öffentlichrechtlicher Vertrag geschlossen werden. Da die Zustimmung nach § 68 Abs. 3 TKG einen Verwaltungsakt darstellt, ist daher auch ein öffentlichrechtlicher Vertrag zwischen Wegebaulastträger und Nutzungsberechtigtem über die Zustimmung möglich und üblich6.
_______________
1 Vgl. § 7 Mustervertrag Zustimmungen (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 551). 2 VG Arnsberg, RTkom 2000, 59 (60). 3 BVerwG, TMR 2002, 468. 4 OVG Münster, MMR 2002, 131 (131 f.). 5 BVerwG, NVwZ 2005, 821. 6 Siehe auch die Gesetzesbegründung zu § 68 TKG: BT-Drucks. 15/2316, S. 83.
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F Rz. 107
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
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Derartige Verträge werden häufig dann geschlossen, wenn der Nutzungsberechtigte beabsichtigt, in städtischen Gebieten mehr als eine Telekommunikationslinie zu verlegen. Beispielsweise wenn ein Stadtnetz gebaut werden soll. Zustimmungsverträge kommen aber auch dann vor, wenn lediglich eine einzelne, das Gebiet einer Gemeinde querende Telekommunikationslinie verlegt werden soll oder bei langen Telekommunikationslinien entlang von Bundesfernstraßen bzw. Bundesautobahnen.
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Wenngleich gerade bei Einzelstrecken bzw. einzelnen Linien der Abschluss eines Zustimmungsvertrages eigentlich keinen Sinn macht, findet in der Praxis selten ein Streit darüber statt, ob ein einzelner Zustimmungsbescheid ausreicht oder nicht. Zwar kostet die Verhandlung eines Zustimmungsvertrages für sich genommen möglicherweise mehr Zeit als das Zustimmungsverfahren für einen einzelnen Zustimmungsbescheid. Indessen wird der Zeitvorteil des Zustimmungsbescheids häufig dadurch aufgehoben, dass der Wegebaulastträger auf den Abschluss eines Vertrages besteht und daher auch hierüber verhandelt werden müsste.
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Die am häufigsten anzutreffenden Zustimmungsverträge betreffen den städtischen Bereich, weil im Wege eines solchen Vertrags eine Rahmenregelung zwischen Wegebaulastträger und Nutzungsberechtigtem getroffen werden kann, die dann für sämtliche Maßnahmen im Stadtgebiet gilt.
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Die meisten Verträge beruhen auf Musterempfehlungen der Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände1 und regeln folgende Punkte2: –
Regelungsgegenstand/Vertragsinhalt des Zustimmungsvertrages, früher unter dem TKG 1996 einschließlich spezieller Regelung über die Aufteilung der Zustimmung in Trassenzuweisung und Aufbruchgenehmigung bzw. nunmehr Zustimmung mit vorgelagerter Trassenabstimmung sowie hinsichtlich unterschiedlicher Verlegemaßnahmen wie beispielsweise normale Längsverlegung entlang der Wegeführung, Kabelschächte, Kurzstrecken, Punktaufbrüche und Hausanschlüsse.
–
Regelung über das Zustimmungsverfahren im einzelnen, insbesondere einzureichende Unterlagen und Pläne sowie das Verfahren und die zuständige Behörde beim Wegebaulastträger.
–
Regelungen über die Baumaßnahmen, insbesondere Verlegetiefe und Verlegeabstand, Trassenbreite, Anordnung von Leerrohren und Kabelschächten sowie von Hausanschlüssen, Regelungen zum Schutz der Anlieger und über die Durchführung der Bauarbeiten selbst, Schutzvorkehrungen,
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1 Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, Die Benutzung öffentlicher Wege für Telekommunikationslinien, Stand Februar 1997 sowie neuerdings: Deutscher Städte und Gemeindebund, Auslegungshilfe zu den wegerechtlichen Bestimmungen im neuen Telekommunikationsgesetz, Stand: Oktober 2004 (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 547 ff.). 2 Zur Rechtmäßigkeit einzelner Bestimmungen in einem Zustimmungsbescheid siehe VG Düsseldorf, RTkom 2001, 118.
450 | Heun
Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
Rz. 113 F
Wiederherstellung der Wegdecke und Nachweispflichten des Nutzungsberechtigten über die ordnungsgemäße Bauausführung. –
Regelungen über die im einzelnen anzuwendenden Vorschriften, die neben dem TKG und den Länderstraßengesetzen zumeist die anerkannten Regeln der Technik sowie einschlägige kommunale Satzungen betreffen.
–
Regelungen über die Dokumentationspflichten des Nutzungsberechtigten1.
–
Regelungen über die Folgepflichten und Folgekostenpflichten des Nutzungsberechtigten.
–
Regelungen über die Kostentragung, insbesondere die Verwaltungsgebühren.
–
Regelungen über Abnahme und Gewährleistung sowie etwa erforderliche Reparaturmaßnahmen an der Wegdecke.
–
Regelungen über die Vertragsdauer.
–
Schlussbestimmungen, die zumeist auch Regelungen über die Haftung enthalten (Freistellung des Wegebaulastträger und Haftungsübernahme seitens des Nutzungsberechtigten) sowie Regelungen über das Vorgehen bei Beendigung des Nutzungsrechts und bei etwaigen Übertragungen der Telekommunikationslinien vom Nutzungsberechtigten auf andere Nutzungsberechtigte.
Gerade die von den Großstädten benutzten Verträge sind mittlerweile inhaltlich weitgehend einheitlich ausgestaltet. Bei kleineren Städten wie auch bei Zustimmungsverträgen mit den für Fernstraßen und Autobahn zuständigen Wegebaulastträgern kommt es aber immer wieder zu Überraschungen (dazu Rz. 151 ff.).
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Alles in allem hat sich aber die vertragliche Regelung der Zustimmung in der Praxis für die Durchführung der Verlegemaßnahmen bewährt.
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5.8.7 Rechtsschutz Da es sich bei der Zustimmung um einen (begünstigenden) Verwaltungsakt handelt, ist die Zustimmung für den Nutzungsberechtigten vor den Verwaltungsgerichten im Wege der Verpflichtungsklage einklagbar. Bislang sind diesbezüglich allerdings keine Gerichtsentscheidungen bekannt geworden. Dies dürfte vor allem daran liegen, dass die engen Zeitpläne der Nutzungsberechtigten für die Verlegung ihrer Telekommunikationslinien regelmäßig _______________
1 Hierzu existiert zwischenzeitlich ein eigenständiges Vertragsmuster zur Umsetzung der Regelung in § 68 Abs. 3 S. 5 TKG, in: Deutscher Städte und Gemeindebund, Auslegungshilfe zu den wegerechtlichen Bestimmungen im neuen Telekommunikationsgesetz, Stand: Oktober 2004 (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 545 ff.).
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113
F Rz. 114
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
keine langwierigen verwaltungsgerichtlichen Prozesse zulassen und somit in der Praxis anderweitige Lösungen gefunden werden müssen. 5.9 Pflichten, Folgepflichten und Folgekostenpflichten des Nutzungsberechtigten 114
In den Bestimmungen der §§ 71 bis 75 übernimmt das TKG 2004 die bestehenden Regelungen des TKG 1996 und des TWG, welche die Pflichten, Folgepflichten und Folgekostenpflichten des Nutzungsberechtigten betreffen. Die Bestimmungen sollen nach dem Willen des Gesetzgebers „unverändert fortgelten“1. Nach diesen Bestimmungen –
ist im Rahmen der Nutzung auf den Widmungszweck der Verkehrswege zu achten (§ 71 Abs. 1 TKG),
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hat der Nutzungsberechtigte dem Wegebaulastträger die Kosten zu erstatten, die aus einer etwaigen Erschwerung des Wegeunterhalts durch das öffentliche Wegerecht erwachsen (§ 71 Abs. 2 TKG),
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hat der Nutzungsberechtigte den Verkehrsweg nach der Verlegung unverzüglich wieder instand zu setzen oder, bei Instandsetzung durch den Wegebaulastträger jenem die diesbezüglichen Auslagen zu vergüten und etwa entstandene Schäden zu ersetzen (§ 71 Abs. 3 TKG),
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hat der Nutzungsberechtigte die Telekommunikationslinie auf seine Kosten abzuändern oder zu beseitigen, wenn sie nach Errichtung den Widmungszweck dauerhaft beschränkt, erforderliche Unterhaltungsarbeiten verhindert oder einer beabsichtigten Änderung des Verkehrswegs entgegensteht (§ 72 Abs. 1, 3 TKG),
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erlischt das öffentliche Wegerecht, wenn die Widmung des öffentlichen Verkehrswegs entfällt mit der Folge, dass der Nutzungsberechtigte die gebotenen Maßnahmen auf seine Kosten zu bewirken hat (§ 71 Abs. 2, 3 TKG),
–
hat der Nutzungsberechtigte auf Baumpflanzungen Rücksicht zu nehmen und etwaige an den Baumpflanzungen verursachte Kosten und Schäden zu ersetzen (§ 73 TKG),
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dürfen Telekommunikationslinien vorhandene oder in Vorbereitung befindliche besondere Anlagen (der Wegeunterhaltung dienende Einrichtungen, Kanalisations-, Wasser-, Gasleitungen, Schienenbahnen, elektrische Anlagen und dergleichen) nicht störend beeinflussen (§ 74 Abs. 1, 3 TKG),
–
dürfen Telekommunikationslinien nicht verlegt werden, wenn die Kosten der Verlegung oder Veränderung der vorhandenen oder in Vorbereitung befindlichen besonderen Anlagen trotz Übernahme durch den Nutzungsberechtigten gegenüber einer Verlegung der Telekommunikations-
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1 BT-Drucks. 15/2316, S. 84; BR-Drucks. 80/96, S. 50.
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Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
Rz. 117 F
linie in einem anderen Verkehrsweg unverhältnismäßig hoch sind (§ 74 Abs. 2, 3 TKG), –
sollen zwar spätere besondere Anlagen oder Änderungen vorhandener besonderer Anlagen vorhandene Telekommunikationslinien nicht störend beeinflussen (§ 75 Abs. 1, 6 TKG), müssen vorhandene Telekommunikationslinien aber späteren besonderen Anlagen oder Veränderungen vorhandener besonderer Anlagen weichen, wenn sonst deren Herstellung oder Änderung unterbleiben oder wesentlich erschwert würde (§ 75 Abs. 2, 6 TKG),
–
hat der Nutzungsberechtigte die Kosten für etwaige Schutzvorkehrungen an der Telekommunikationslinie, die durch die spätere besondere Anlage oder die Änderung einer vorhandenen besonderen Anlage verursacht werden, zu tragen (§ 75 Abs. 3, 6 TKG).
Diese umfassenden Pflichten des Nutzungsberechtigten erklären sich daraus, dass das öffentliche Wegerecht gemäß § 68 Abs. 1 TKG unentgeltlich ist. Damit ist es im Zweifel interessengerecht, dass es gegenüber den aus der Wegebaulast folgenden Pflichten ebenso subsidiär ist wie gegenüber anderen, entgelt- oder gebührenpflichtigen Nutzungen des Verkehrswegs1.
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5.9.1 Praktische Bedeutung und Anwendungsbereich In der Praxis sind zum einen die Regelungen der §§ 71, 72 TKG über das Verhältnis zwischen Nutzungsberechtigtem und Wegebaulastträger – die Bestimmungen sprechen hier vom „Unterhaltungspflichtigen“2 – und zum anderen die Regelungen der §§ 74, 75 TKG über das Verhältnis zwischen dem Nutzungsberechtigten und anderen Nutzern relevant. Für beide Fälle sind im TKG abschließende3 Regelungen getroffen worden4. Dies hat zur Folge, dass sich auch vertragliche Regelungen über die Regelungsgegenstände der §§ 74, 75 TKG zwischen privatrechtlich organisierten Versorgungsträgern bzw. Nutzungsberechtigten nach öffentlichem Recht richten und Streitigkeiten hierüber vor den Verwaltungsgerichten auszutragen sind5.
116
Das Rechtsverhältnis zwischen dem Nutzungsberechtigten und dem Wegebaulastträger richtet sich allein nach den Bestimmungen in § 71 und insbesondere § 72 TKG. Regelungsgegenstand der §§ 74, 75 TKG sind dagegen die Rechtsbeziehungen zwischen dem Nutzungsberechtigten aus dem öffent-
117
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1 BVerwG, NVwZ 2000, 316 (318). 2 Beide Begriffe sind als Synonym zu sehen. Ebenso: Beck TKG-Komm/Schütz, § 72 TKG Rz. 7. 3 BVerwG, TMR 2003, 285; BVerwG, NVwZ 2005, 821; BGH, MMR 2005, 306 f. 4 Hierzu und zum Folgenden BVerwG, NVwZ 2000, 316 (316 ff.). Sowie für § 71 Abs. 3 TKG bzw. § 53 Abs. 3 TKG 1996/§ 2 Abs. 3 TWG OVG Münster, Archiv PT 1998, 406 ff. und VG Osnabrück, RTkom 1999, 106 ff. 5 BGH, MMR 2005, 306 f.
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
lichen Wegerecht einerseits und anderen privaten oder öffentlichen Aufgabenträgern andererseits, die den Verkehrsweg für eine besondere Anlage in Anspruch nehmen dürfen, egal auf welchem Rechtstitel dieser Nutzungsanspruch beruht. Die Kollision bzw. der Konflikt von Telekommunikationslinien mit den besonderen Anlagen richtet sich nach diesen Vorschriften. 5.9.2 Besondere Pflichten, Folgepflichten und Folgekostenpflichten gegenüber dem Wegebaulastträger (§§ 71, 72 TKG) 118
Die Vorschriften in den §§ 71, 72 TKG begründen ein gesetzliches öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis zwischen dem Nutzungsberechtigten und dem Wegebaulastträger1. Im Verhältnis zu § 71 TKG sind nur die in § 72 TKG enthaltenen Pflichten Folge- und Folgekostenpflichten im eigentlichen (straßenrechtlichen) Sinne, da nur Letztere den Zustand der bereits errichteten Telekommunikationslinien zum Gegenstand haben. 5.9.2.1 Wegeunterhaltung und Widmungszweck
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Nach § 71 Abs. 1 TKG ist bei der Benutzung der Verkehrswege eine Erschwerung ihrer Unterhaltung und eine vorübergehende Beschränkung ihres Widmungszwecks nach Möglichkeit zu vermeiden. Schon die Formulierung zeigt, dass die Vermeidungspflicht nicht zwingend ist, sondern nur im Rahmen der Möglichkeiten besteht. Dies folgt auch aus § 71 Abs. 2 TKG, der die tatsächliche Erschwerung der Unterhaltung des Verkehrwegs voraussetzt. Die Vermeidungspflicht gilt daher nur insoweit, als die Vermeidung technisch durchführbar und wirtschaftlich zumutbar ist2.
120
Ist eine vorübergehende Beschränkung des Widmungszwecks des Verkehrswegs unvermeidbar, so folgen daraus keine weiteren Konsequenzen, zumal nach § 68 Abs. 1 TKG nur dauerhafte Beschränkungen des Widmungszwecks gegen das Nutzungsrecht sprechen.
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Bei unvermeidbaren Erschwerungen für die Unterhaltung des Verkehrswegs ist allerdings eine besondere Regelung in § 71 Abs. 2 TKG getroffen. Danach hat der Nutzungsberechtigte dem Wegebaulastträger die aus der Erschwerung erwachsenden Kosten zu ersetzen. Hierbei geht es um die Mehraufwendungen, die dem Wegebaulastträger gegenüber dem früheren Zustand entstehen3. Für die Mehraufwendungen ist der Wegebaulastträger beweispflichtig (zu den praktischen Problemen und der häufigen Pauschalierung siehe Rz. 176 ff.).
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1 Für § 71 Abs. 3 TKG bzw. dessen Vorgängerbestimmungen in § 52 Abs. 3 TKG 1996, § 2 Abs. 3 TWG: OVG Münster, Archiv PT 1998, 406 (407 f.). 2 Aubert/Klingler, Fernmelderecht/Telekommunikationsrecht, S. 50 Rz. 121. 3 Aubert/Klingler, Fernmelderecht/Telekommunikationsrecht, S. 51 Rz. 124.
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5.9.2.2 Instandsetzung und Schadensersatz In der Praxis besonders bedeutsam ist die Regelung in § 71 Abs. 3 TKG. Hiernach hat der Nutzungsberechtigte nach Beendigung der Arbeiten an der Telekommunikationslinie den Verkehrsweg entweder unverzüglich wieder instand zu setzen oder dem Wegebaulastträger die Auslagen zu vergüten, wenn jener die Instandsetzung selbst vorgenommen hat. Darüber hinaus hat der Nutzungsberechtigte den durch die Arbeiten an der Telekommunikationslinie entstandenen Schaden zu ersetzen. Mit Blick auf die Instandsetzungspflicht kann der Wegebaulastträger wählen zwischen der Instandsetzung durch den Nutzungsberechtigten oder der Erstattung von Instandsetzungskosten durch den Nutzungsberechtigten1.
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Der Instandsetzungsanspruch ist von dem Schadensersatzanspruch zu trennen. Schäden am Verkehrsweg, die durch den Eingriff in dessen Sachsubstanz eintreten, sind im Wege der Instandsetzung auszugleichen. Der Schadensersatzanspruch umfasst dagegen nur sonstige Schäden, die nicht unmittelbar mit der Instandsetzungspflicht zusammenhängen. Demzufolge führt die mangelhafte Instandsetzung nicht zu Schadensersatzansprüchen des Wegebaulastträgers, sondern der Instandsetzungsanspruch bleibt bis zur ordnungsgemäßen Erfüllung erhalten. Der Schadensersatzanspruch erfasst dagegen nur solche Nachteile, deren Beseitigung nicht mit der ordnungsgemäßen Instandsetzung verlangt werden kann. Diese Unterscheidung ist insbesondere dann von praktischer Bedeutung, wenn es um den Beginn der in § 77 TKG vorgesehenen regelmäßigen Verjährungsfrist geht. Während die Verjährungsfrist bei dem Instandsetzungsanspruch mit Beendigung der Arbeiten an der Telekommunikationslinie beginnt (Jahresende), kann ein durch die Arbeiten entstandener Schaden auch erst später auftreten, so dass die Verjährung dieses Anspruchs auch erst später beginnt (zu den mit der Verjährung verbundenen praktischen Problemen siehe Rz. 173 ff. und 331a ff.).
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Unter Instandsetzung im Sinne von § 71 Abs. 3 TKG ist die Herstellung eines Wegezustands zu verstehen, der demjenigen vor Arbeitsbeginn gleichwertig ist2. Allerdings kann die Instandsetzungspflicht nur insoweit bestehen, als der Verkehrsweg zur Verlegung der Telekommunikationslinie aufgebrochen worden ist3. Eine Verpflichtung etwa, die Wegdecke über die gesamte Wegbreite zu erneuern wäre unverhältnismäßig. Die systematische Stellung der Instandsetzungspflicht innerhalb der Regelung des § 71 TKG mit der Überschrift „Rücksichtnahme auf Wegeunterhaltung und Widmungszweck“ erlaubt die Folgerung, dass der Umfang der Instandsetzungspflicht durch Wegeunterhaltung und Widmungszweck bestimmt wird. Während nach § 71 Abs. 2 TKG die Wegeunterhaltung sogar erschwert werden
124
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1 Hierzu und zum Folgenden: OVG Münster, Archiv PT 1998, 406 ff. 2 OVG Münster, Archiv PT 1998, 406 (408). 3 Aubert/Klingler, Fernmelderecht/Telekommunikationsrecht, S. 52 Rz. 126.
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darf (bei gleichzeitiger Kostenerstattungspflicht durch den Nutzungsberechtigten für die Erschwerung), geht es maßgeblich darum, den Widmungszweck des Verkehrsweg dauerhaft zu erhalten. Dieser Zweck, nämlich die Nutzung des Verkehrswegs für den Verkehr, wird auch durch eine Instandsetzung erreicht, die lediglich den Teil des Verkehrswegs instand setzt, der durch die Verlegung aufgebrochen worden ist. Ästhetische Gesichtspunkte, wie beispielsweise die Vermeidung von Reparaturflecken in der Wegdecke, spielen dabei keine Rolle1, solange nicht auch die Freiheit oder Sicherheit des Verkehrs betroffen ist. Gleiches gilt für den Wunsch des Wegebaulastträgers, dass Schachtabdeckungen aus ästhetischen Gründen dem umgebenden Wegbelag (z. B. Pflasterung) entsprechen sollen2. 125
Was den Kostenerstattungsanspruch des Wegebaulastträgers bei eigener Instandsetzung anbetrifft, so sind nur diejenigen Kosten vom Nutzungsberechtigten zu erstatten, die für die Instandsetzung im Umfang des Instandsetzungsanspruchs erforderlich sind. Verbesserungen oder Verschönerungen können daher nicht zu Lasten des Nutzungsberechtigten gehen3.
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Bemerkenswert ist schließlich, dass der Wegebaulastträger für die Abnahme der Instandsetzungsarbeiten durch den Nutzungsberechtigten keine Verwaltungsgebühr erheben darf4. Ebenso darf der Wegebaulastträger keine Gebühren für die bloße Überwachung von Straßenaufbrüchen im Zusammenhang mit der Benutzung der Verkehrswege für Telekommunikationslinien vom Nutzungsberechtigten verlangen5. 5.9.2.3 Gebotene Änderungen
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Die Regelung in § 72 TKG enthält Folgepflichten und Folgekostenpflichten6 des Nutzungsberechtigten gegenüber dem Wegebaulastträger für eine bereits errichtete Telekommunikationslinie, die nachträglich Konflikte aufwirft. Es sind vier Fälle zu unterscheiden, den allen gemeinsam ist, dass der Nutzungsberechtigte die danach gebotenen Maßnahmen (z. B. Beseitigung oder Änderung) an der Telekommunikationslinie auf seine Kosten zu bewirken hat (§ 72 Abs. 3 TKG): –
der Widmungszweck des Verkehrswegs wird nicht nur vorübergehend beschränkt (§ 72 Abs. 1, 1. Alternative);
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die zur Unterhaltung des Verkehrswegs erforderlichen Arbeiten werden verhindert (§ 72 Abs. 1, 2. Alternative);
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Ebenso: Aubert/Klingler, Fernmelderecht/Telekommunikationsrecht, S. 52 Rz. 126. OVG Münster, Archiv PT 1994, 331. So auch Aubert/Klingler, Fernmelderecht/Telekommunikationsrecht, S. 52 Rz. 128. VG Osnabrück, RTkom 1999, 106 (106). OVG Münster, MMR 2002, 131. Im Verhältnis zu § 71 TKG sind die in § 72 TKG enthaltenen Pflichten Folge- und Folgekostenpflichten im eigentlichen Sinne.
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die Telekommunikationslinie steht der Ausführung einer vom Wegebaulastträger beabsichtigten Änderung des Verkehrswegs entgegen (§ 72 Abs. 1, 3. Alternative);
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die Nutzungsberechtigung erlischt mit der Einziehung des Verkehrswegs (§ 72 Abs. 2 TKG).
Eine (nachträgliche) nicht nur vorübergehende Beschränkung des Widmungszwecks durch eine vorhandene Telekommunikationslinie (§ 72 Abs. 1, 1. Alternative) dürfte vor allem dann eine Rolle spielen, wenn sich der Widmungszweck bzw. hierdurch geschützte Nutzungen des Verkehrswegs verändern. So etwa, wenn aus einer bisherigen Fußgängerzone eine befahrbare Strasse entsteht und sich die dort verlegten Kabelschächte plötzlich mitten auf der (geplanten) Fahrbahn befinden. Dann wird aber regelmäßig auch eine selbständig geregelte Änderung des Verkehrswegs in Frage stehen (§ 72 Abs. 1, 3. Alternative TKG). Als Beispiel für die 1. Alternative ist allerdings vom Oberlandesgericht (OLG) Dresden ein Fall entschieden worden, in dem ein Kabelverzweiger an einem bislang zugemauerten Hauseingang nach Wiederöffnung des Hauseingangs dem Zugang zum Grundstück entgegenstand1. Das Gericht wies dabei interessanterweise einen Kostenerstattungsanspruch des Nutzungsberechtigten wegen der Verlegung des Kabelverzweigers gegen den privaten Eigentümer ab. Nach Ansicht des Gerichts gelte die Kostentragungsregelung in § 72 Abs. 3 TKG auch zugunsten des hier betroffenen Privateigentümers und gehöre dessen Zugang zum Grundstück als Anliegergebrauch auch zu dem Widmungszweck des betroffenen Verkehrswegs. Der Entscheidung wird zweierlei entgegengehalten2: Zum einen regele § 72 TKG ausschließlich des Verhältnis zwischen Nutzungsberechtigtem und Wegebaulastträger und nicht das Verhältnis zu (privaten) Dritten. Zum anderen umfasse der von § 72 TKG geschützte Widmungszweck lediglich die allgemeine Verkehrsfunktion innerhalb des Gemeingebrauchs des Verkehrswegs, nicht aber individuelle Nutzungsinteressen des Anliegergebrauchs3.
128
Wenngleich zuzugeben ist, dass § 72 TKG in erster Linie das Verhältnis zwischen dem Nutzungsberechtigten und dem Wegebaulastträger regelt, so stellt sich doch die Frage, wie dann die Regelung in § 72 Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 TKG zu verstehen ist. Auch bei Einziehung des Verkehrswegs hat der Nutzungsberechtigte auf seine Kosten die gebotenen Maßnahmen zu bewirken. Mit der Einziehung entfällt die Widmung des Verkehrswegs und damit zugleich die öffentlich-rechtliche Sacheigenschaft des Verkehrswegs4. Zugleich bedeutet dies, dass sich dann die Rechtsverhältnisse über die Be-
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1 OLG Dresden, RTkom 1999, 30 ff. zur Vorvorgängerbestimmung des § 3 Abs. 3 TWG. 2 Schmidt, Urteilsanmerkung, RTkom 1999, 32 (32 f.). 3 Schmidt, Urteilsanmerkung, RTkom 1999, 32 (32 f.) unter Hinweis auf BVerwGE 64, S. 176. 4 Aubert/Klingler, Fernmelderecht/Telekommunikationsrecht, S. 56 Rz. 141.
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
nutzung des Weges (wieder) nach bürgerlichem Recht richten. Der zivilrechtliche Eigentümer ist aber selbst bei Personenidentität mit dem früheren Wegebaulastträger eben nicht mehr der Wegebaulastträger, sondern privater Dritter. Im Falle der Einziehung des Verkehrswegs würde demnach unter Zugrundelegung der vorstehend zitierten Ansicht die Kostentragungspflicht des § 72 Abs. 3 TKG komplett leer laufen, weil dann kein Wegebaulastträger mehr vorhanden wäre. Dementsprechend muss angenommen werden, dass § 72 TKG das Rechtsverhältnis zwischen dem Nutzungsberechtigten und betroffenen Dritten zumindest dann mitregelt, wenn der Dritte in den Schutzumfang der Regelung einbezogen ist. Das ist bei der Einziehung des Verkehrswegs ebenso der Fall wie in der Entscheidung des OLG Dresden. Dies muss übrigens nicht bedeuten, dass dem Dritten ein eigenständiger Anspruch aus § 72 Abs. 3 TKG gewährt wird. Als Eigentümer folgen seine Rechte aus § 1004 BGB1, die insoweit durch § 72 TKG konkretisiert werden. Im Fall der Einziehung kann sich das Fortbestehen eines Nutzungsrechts dann allenfalls aus § 76 TKG ergeben. Jedenfalls war in der vorstehenden Entscheidung auch zu berücksichtigen, dass nicht der Eigentümer einen Anspruch benötigte, damit der Kabelverzweiger beseitigt wird. Vielmehr ging es um einen Anspruch des Nutzungsberechtigten auf Erstattung der durch die Beseitigung verursachten Kosten. 130
Auch hinsichtlich der zweiten Frage des Anliegergebrauchs bestehen die Bedenken gegen die Entscheidung des OLG Dresden mittlerweile zu Unrecht. Zwar ist die Entscheidung noch zum TWG und damit (auch) zu der früher negativ beantworteten Frage ergangen, ob der Begriff des Gemeingebrauchs den Anliegergebrauch umfasst. Wie bereits erwähnt (siehe Rz. 83) ist aber der im TKG verwendete Begriff des Widmungszwecks weiter und schützt damit auch den Anliegergebrauch.
131
Die (nachträgliche) Verhinderung von Unterhaltungsmaßnahmen an dem Verkehrsweg durch die Telekommunikationslinie (§ 72 Abs. 1, 2. Alternative TKG) tritt in der Praxis kaum auf. Auch hier wird es zumeist um Änderungen des Verkehrwegs gehen, denen die vorhandene Telekommunikationslinie entgegensteht, indem sie die infolge der Änderung erforderlichen geänderten Unterhaltungsarbeiten unmöglich macht.
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Von großer praktischer Relevanz ist die Folgepflicht bei einer vom Wegebaulastträger beabsichtigten Änderung des Verkehrswegs (§ 72 Abs. 1, 3. Alternative TKG). Hier ist zunächst grundsätzlich festzustellen, dass diese Folgepflicht nur bei verkehrsbezogenen Änderungen greift, nicht aber bei Änderungen aus ästhetischen oder gestalterischen Gründen2. _______________
1 Als Störung gilt dabei auch die Zugangsbehinderung, Palandt/Bassenge, Bürgerliches Gesetzbuch, § 1004 BGB Rz. 11. 2 VG Darmstadt, NVwZ-RR 2002, 699 (700); so auch schon zum TWG: OVG Münster, Archiv PT 1994, 331.
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Umstritten ist in Fällen der Änderung des Verkehrswegs aber die Frage, was unter einer „vom Unterhaltungspflichtigen beabsichtigten Änderung“ zu verstehen ist. Überwiegend wurde unter „beabsichtigt“ bislang die Konstellation verstanden, dass die Änderung des Verkehrswegs im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse des Wegebaulastträgers erfolgt1. Hintergrund ist die systematische Überlegung, dass die in § 72 TKG geregelten Folgeund Folgekostenpflichten den im Widmungszweck verkörperten Interessen des Wegebaulastträgers Vorrang vor der Telekommunikationslinien einräumen wollen, nicht aber sonstigen Drittinteressen2. Dieser Sichtweise hat das Bundesverwaltungsgericht eine Absage erteilt3. Nach Ansicht des Gerichts enthalte das Absichtsmerkmal zwar ein subjektives Element, es verstehe sich jedoch nicht von selbst, dass hiermit eine Interessenposition markiert werden solle. Eine Absicht läge auch dann vor, wenn der Wegebaulastträger als Träger des Änderungsvorhabens in Erscheinung tritt, unabhängig davon, ob er damit auch ausschließlich oder überwiegend eigene Interessen verfolgt. Die Wahrnehmung eigener Interessen des Wegebaulastträgers möge zwar die Regel sein, sie gehöre aber nicht zu den unabdingbaren Wesensmerkmalen des Änderungsvorhabens gemäß § 72 Abs. 1, 3. Alternative TKG4.
133
Allerdings folgt das Gericht auch nicht der im straßenrechtlichen Schrifttum vertretenen Auffassung, für die Folgepflicht reiche es schlicht aus, dass das Vorhaben vom Wegebaulastträger durchgeführt wird5. Vielmehr entwickelt das Gericht eine differenzierte Auffassung anhand außerhalb des TKG gelegenen Rechtsvorschriften (z. B. §§ 12, 13 20 Abs. 2 FStrG, § 10 EKreuzG, und insbesondere § 75 Abs. 1 VwVfG), nach denen der Wegebaulastträger verpflichtet werden kann, Änderungsmaßnahmen am Verkehrsweg vorzunehmen, auch wenn diese Änderungen weder durch ihn veranlasst noch in seinem ausschließlichen oder überwiegenden Interesse liegen6. Im Ergebnis bedeutet daher die Auffassung des Gerichts, dass die Folgepflicht des § 72 Abs. 1, 3. Alternative TKG auch dort zu lasten des Nutzungsberechtigten besteht, wo das Vorhaben des Wegebaulastträgers seinerseits auf einer gesetzlichen Verpflichtung (also quasi ebenfalls einer Folge-
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1 Aubert/Klingler, Fernmelderecht/Telekommunikationsrecht, S. 54 f. Rz. 136. Beck TKG-Komm/Schütz, § 72 TKG Rz. 12. In der Rechtsprechung zuletzt VG Oldenburg, Archiv PT 1998, 410 (411) mit Anm. Schmidt. Ausführlich mit Fallgruppen: Biletzki, MMR 1999, 80 ff. 2 VG Köln, Archiv PT 1995, 338; Biletzki, MMR 1999, 80 (81); Beck TKG-Komm/ Schütz, § 72 TKG Rz. 13. Freilich muss dann konsequenterweise zumindest dasjenige Drittinteresse berücksichtigungsfähig sein, welches als Anliegergebrauch dem Widmungszweck des Verkehrswegs unterfällt. 3 BVerwG, NVwZ 2000, 316 (317 f.). 4 BVerwG, NVwZ 2000, 316 (317). 5 Kempfer in: Kodal/Krämer, 1995, S. 781 ff. 6 BVerwG, NVwZ 2000, 316 (317 f.).
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
pflicht) beruht. In derartigen Fällen kommt es dann auf das eigene Interesse des Wegebaulastträgers nicht an1. 135
Die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Wertung ist interessengerecht. Wo sich der Wegebaulastträger fremden Interessen aus rechtlichen Gründen nicht entziehen kann, soll auch der Nutzungsberechtigte nicht über eine Auslegung von § 72 Abs. 1, 3. Alternative TKG privilegiert werden. Im Übrigen ist jedenfalls grundsätzlich der bisherigen Ansicht zu folgen, dass Änderungsvorhaben, die ausschließlich oder überwiegend im Interesse eines Dritten erfolgen, die diesbezügliche Folge- und Folgekostenpflicht des Nutzungsberechtigten nicht auslösen. Dabei ist zusätzlich aber zweierlei zu berücksichtigen: Zum einen muss konsequenterweise die Folge- und Folgekostenpflicht dann bestehen, wenn ein Drittinteresse durch den Widmungszweck des Verkehrswegs geschützt ist, also der so genannte Anliegergebrauch2. Zum anderen richten sich Änderungsmaßnahmen am Verkehrsweg, die durch besondere Anlagen im Sinne von §§ 74, 76 TKG veranlasst sind, ausschließlich nach den dortigen Bestimmungen3.
136
Die im Konfliktfall und bei gegebener Folgepflicht des Nutzungsberechtigten gebotenen Maßnahmen bestehen in der Abänderung oder Beseitigung der Telekommunikationslinie. Wie schon der Begriff der „gebotenen Maßnahmen“ aufzeigt, ist der Nutzungsberechtigte nur dann zur Beseitigung und auch nur insoweit zur Beseitigung verpflichtet, als diese geboten, d. h. geeignet und erforderlich ist. Der Nutzungsberechtigte ist nur zur Vornahme der „mildesten“ Maßnahme verpflichtet, solange diese geeignet ist, den Konflikt mit dem Widmungszweck bzw. den Interessen und Pflichten des Wegebaulastträgers aufzulösen. Während die Beseitigung die Entfernung aller störenden Teile der Telekommunikationslinie bedeutet, kann die Abänderung in jeder Veränderung der Telekommunikationslinie (z. B. tiefere Einbettung, Ausweichen etc.) liegen.
137
Der Wegebaulastträger ist demgegenüber nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht berechtigt, die gebotenen Maßnahmen selbst vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen (sozusagen im Wege der Ersatzvornahme) und vom Nutzungsberechtigten die Kostenerstattung zu verlangen4. In dem betreffenden Fall hatte der Wegebaulastträger Arbeiten an der Telekommunikationslinie des Nutzungsberechtigten durchgeführt und verlangte darauf hin Ersatz für die dadurch entstandenen Kosten aus §§ 677 f. BGB analog (öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag). Dem hat das Bundesverwaltungsgericht im Gegensatz zur Vorinstanz eine Absage erteilt. _______________
1 Bestätigend: BGH, NVwZ 2003, 1018 f. 2 Dies folgt aus den Überlegungen zu § 72 Abs. 1, 1. Alternative und wird von Beck TKG-Komm/Schütz, 2. Auflage § 53 TKG Rz. 12 übersehen, wenn dort ausschließlich auf das Interesse der „Allgemeinheit am Weg als Verkehrsmittler“ abgestellt wird. Ähnlich Beck TKG-Komm/Schütz, § 72 TKG Rz. 13 f. 3 BVerwG, NVwZ 2000, 316 (316 f.). 4 BVerwG, TMR 2003, 285.
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Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
Rz. 139 F
Zwar sei die Geschäftsführung ohne Auftrag (unter analoger Heranziehung der §§ 677 f. BGB) im öffentlichen Recht grundsätzlich zulässig. Jedoch sei für eine Analogie stets eine „planwidrige Regelungslücke“ erforderlich. Die Auslegung von § 72 Abs. 3 TKG ergebe jedoch, dass zur Vornahme von Arbeiten an der Telekommunikationslinie ausschließlich der Nutzungsberechtigte selbst berechtigt sei und für einen Rückgriff auf §§ 677 f. BGB kein Raum bleibe. Denn § 72 Abs. 3 TKG stelle eine abschließende Regelung dar. Daraus folgt, dass der Wegebaulastträger in solchen Fällen den Nutzungsberechtigten auf Vornahme der gebotenen Maßnahmen vor den Verwaltungsgerichten verklagen muss. Für einen entsprechenden Verwaltungsakt fehlt dagegen in § 72 Abs. 3 TKG die Rechtsgrundlage1. 5.9.3 Vorhandene besondere Anlagen (§ 74 TKG) Nach § 74 Abs. 1 TKG sind Telekommunikationslinien so auszuführen, dass vorhandene besondere Anlagen nicht störend beeinflusst werden. Die Kosten für die Herstellung erforderlicher Schutzvorkehrungen sind vom Nutzungsberechtigten zu tragen. Hierin kommt zunächst der Grundsatz zum Ausdruck, dass ältere Anlagen vor jüngeren Anlagen Priorität genießen. Dieser Prioritätsgrundsatz gilt grundsätzlich auch zugunsten älterer Telekommunikationslinien gegenüber jüngeren besonderen Anlagen, der in § 75 Abs. 1 TKG geregelt ist. Allerdings zeigen die weiteren Bestimmungen in den §§ 74 und 75 TKG, dass dieser Prioritätsgrundsatz zugunsten der besonderen Anlagen durchbrochen werden kann.
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Der Begriff der besonderen Anlage ist in § 74 Abs. 1 TKG beispielhaft definiert mit der Wegeunterhaltung dienenden Einrichtungen, Kanalisations-, Wasser-, Gasleitungen, Schienenbahnen, elektrischen Anlagen und dergleichen. Neben den im Gesetz aufgeführten Einrichtungen gehören zu den besonderen Anlagen auch Tankanlagen für Kraftfahrzeuge, Zubehör zu Versorgungsleitungen wie Transformatoren und Schaltstellen, Zufahrten zu Tankstellen, Grundstückszufahrten für besonders schwere Fahrzeuge u. a.2, nicht aber Anlagen, die selbst Bestandteil des Verkehrswegs im Rahmen der üblichen Widmung sind wie etwa Brückenpfeiler für Verkehrswege und deren Widerlager3 sowie Fußgängerunterführungen, die auch der kreuzungsfreien Überquerung einer Straße dienen4. Soweit es sich bei den Anlagen um solche handelt, die bereits vom normalen Anliegergebrauch wie beispielsweise normale Grundstückszugänge erfasst sind, dürften daher nach der hier vertretenen Auffassung (siehe oben Rz. 128 f.) nicht mehr die §§ 74 und 75 TKG einschlägig sein, sondern § 72 TKG.
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1 Dies sieht wohl auch das Bundesverwaltungsgericht: BVerwG, TMR 2003, 285. 2 Eidenmüller, Kommentar zum Post- und Fernmeldewesen, § 5 TWG Anm. 3 m. w. N. 3 BGH, NVwZ 2003, 1018 f. 4 VG Köln, Archiv PT 1995, 338 (noch zu §§ 1, 5, 6 TWG).
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F Rz. 140
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
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Die Schwelle, ab der die Telekommunikationslinie hinter der besonderen Anlage zurückzutreten hat, ist begrifflich niedrig gewählt. Es reichen bereits störende Beeinflussungen. Hierzu gehört im Zweifel bereits, dass die Telekommunikationslinie die Wartung der besonderen Anlage erschwert. Dies ist ein in Gehwegen hinsichtlich anderer Versorgungsleitungen für Gas, Wasser oder Elektrizität nicht selten anzutreffender Fall.
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Unter den auf Kosten des Nutzungsberechtigten herzustellenden Schutzvorkehrungen sind Maßnahmen zu verstehen, die nicht erforderlich sind, um die Telekommunikationslinie auszuführen, aber zur Vermeidung von Störungen zusätzlich getroffen werden müssen1. Da § 74 Abs. 1 Satz 2 TKG von „erforderlichen“ Schutzvorkehrungen spricht, besteht eine Verpflichtung nur zu derjenigen Schutzmaßnahme, die das „mildeste“ Mittel darstellt, solange die Maßnahme zum Schutz geeignet ist. Die Schutzvorkehrungen können an der Telekommunikationslinie wie auch an der besonderen Anlage vorgenommen werden.
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Zwar kann nach § 74 Abs. 2 TKG die Verlegung oder Änderung vorhandener besonderer Anlagen vom Nutzungsberechtigten verlangt werden, aber nur wenn insgesamt vier Voraussetzungen vorliegen:
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–
der Nutzungsberechtigte zahlt dem betroffenen Betreiber der besonderen Anlage eine Entschädigung (§ 74 Abs. 2 TKG);
–
die Benutzung des Verkehrswegs durch die Telekommunikationslinie müsste sonst unterbleiben (§ 74 Abs. 2 TKG);
–
die besondere Anlage kann ihrem Zweck entsprechend anderweitig untergebracht werden (§ 74 Abs. 2 TKG);
–
der aus Verlegung oder Veränderung entstehende Schaden (siehe Nr. 1) ist gegenüber den Kosten, die dem Nutzungsberechtigten durch Nutzung eines anderen Verkehrswegs erwachsen, unverhältnismäßig groß (§ 74 Abs. 3 TKG).
Hieran wird deutlich, dass Telekommunikationslinien gegenüber vorhandenen besonderen Anlagen grundsätzlich subsidiär sind. Dies gilt gemäß § 74 Abs. 4 TKG auch für in Vorbereitung befindliche, d. h. genehmigte besondere Anlagen, wobei dann allerdings die Entschädigung auf die Vorbereitungskosten beschränkt ist. In der Praxis werden die Kollisionsfragen gleichwohl zumeist im Verhandlungswege und über mehr oder minder umfangreiche Schutzvorkehrungen gelöst. 5.9.4 Spätere besondere Anlagen (§ 75 TKG)
144
Zwar gilt nach § 75 Abs. 1 TKG, dass spätere besondere Anlagen nach Möglichkeit so auszuführen sind, dass sie die vorhandenen Telekommunika_______________
1 Eidenmüller, Kommentar zum Post- und Fernmeldewesen, § 5 TWG Anm. 14.
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Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
Rz. 146 F
tionsanlagen nicht störend beeinflussen. Indes zeigt schon die Einfügung der in § 74 Abs. 1 TKG fehlenden Worte „nach Möglichkeit“, dass der Schutz der vorhandenen Telekommunikationslinien weitaus schwächer geregelt ist. Die Pflicht zur Schonung der älteren Telekommunikationslinie besteht demnach nur in dem Umfang, wie sie technisch durchführbar und wirtschaftlich zumutbar ist. Nach § 75 Abs. 2 TKG muss ferner die ältere Telekommunikationslinie einer jüngeren besonderen Anlage auf Kosten des oder der Nutzungsberechtigten weichen (Verlegung oder Veränderung), wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: –
die Herstellung einer späteren besonderen Anlage müsste unterbleiben oder würde wesentlich erschwert werden (§ 75 Abs. 2 Satz 1 TKG);
–
die besondere Anlage soll aus Gründen des öffentlichen Interesses, insbesondere aus volkswirtschaftlichen Interessen oder Verkehrsrücksichten zur Ausführung gebracht werden (§ 75 Abs. 2 Satz 1 TKG);
–
die Ausführung der besonderen Anlage erfolgt durch den Wegebaulastträger oder unter überwiegender Beteiligung eines oder mehrerer Wegebaulastträger (§ 75 Abs. 2 Satz 1 TKG).
–
sofern eine überörtliche Telekommunikationslinie betroffen ist, kann diese ohne Aufwendung unverhältnismäßig hoher Kosten anderweitig ihrem Zweck entsprechend untergebracht werden (§ 75 Abs. 2 Satz 2 TKG).
Besondere Anlagen, welche die ersten drei genannten Voraussetzungen erfüllen, gelten als „bevorrechtigte Anlagen“. Dementsprechend gehen gemäß § 75 Abs. 3 TKG auch die Kosten für Schutzvorkehrungen an der älteren Telekommunikationslinie gegenüber den bevorrechtigten besonderen Anlagen zu Lasten des Nutzungsberechtigten. Unter „Verlegung“ ist die Entfernung der Linie vom derzeitigen Standort und der Einbau an einer anderen Stelle zu verstehen. „Veränderung“ bedeutet die anderweitige Befestigung, Höher- oder Tieferlegung der Telekommunikationslinie oder das Abrücken um einige Meter von der jüngeren besonderen Anlage1. Auch hier gilt, dass die Verpflichtung des Nutzungsberechtigten nur hinsichtlich des milderen Mittels aus Verlegung oder Veränderung besteht. Zwar wird hier nicht mit Begriffen wie „erforderlich“ oder „geboten“ gearbeitet, aber aus dem Prioritätsgrundsatz ist zu folgern, dass gegenüber der älteren Telekommunikationslinie nicht die schärfere Maßnahme zum Einsatz kommen kann, wenn eine mildere, ebenso geeignete Maßnahme zur Verfügung steht. Dem kann auch nicht entgegenhalten werden, dass hier ja gerade der Prioritätsgrundsatz im Gesetz ausdrücklich durchbrochen wird. Denn gerade Ausnahmen von diesem Grundsatz sind eher restriktiv zu interpretieren. _______________
1 Eidenmüller, Kommentar zum Post- und Fernmeldewesen, § 5 TWG Anm. 5 f.
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F Rz. 147
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
147
Die sonstigen jüngeren besonderen Anlagen unterliegen dem Prioritätsgrundsatz mit der Folge, dass nach § 75 Abs. 5 TKG die Kosten für Verlegung oder Veränderung sowie für die Herstellung von Schutzvorkehrungen an den älteren Telekommunikationslinien von den Unternehmern bzw. Betreibern der sonstigen besonderen Anlagen getragen werden müssen.
148
Die Voraussetzung, wonach ohne Verlegung oder Veränderung der Telekommunikationslinie die Erstellung der besonderen Anlage unterbleiben müsste oder wesentlich erschwert würde, ist ebenso als Abweichung von dem ansonsten geltenden Prioritätsgrundsatz zugunsten der jüngeren besonderen Anlage eng auszulegen. So kann eine Verlegung oder Veränderung der Telekommunikationslinie nicht verlangt werden, wenn nicht die Herstellung, sondern nur der Betrieb oder die Unterhaltung der besonderen Anlage erschwert wird. Das Vorrecht besteht auch dann nicht, wenn eine anderweitige Unterbringung der Telekommunikationslinie nicht möglich ist1. Dies folgt daraus, dass zwar eine Verlegung oder Änderung der Telekommunikationslinie gegenüber bevorrechtigten besonderen Anlagen verlangt werden kann, nicht aber, wie beispielsweise in § 72 TKG vorgesehen, die Beseitigung.
149
Eine Herstellung im öffentlichen Interesse liegt vor allem bei der Errichtung von Anlagen vor, die der allgemeinen Versorgung mit Strom, Gas und Wasser oder dem allgemeinen öffentlichen Verkehr dienen. Dagegen reicht es nicht aus, wenn die Anlage nur für einen begrenzten Personenkreis oder für einzelne Personen errichtet werden soll2.
150
Die überwiegende Beteiligung eines oder mehrerer Wegebaulastträger ist im Wesentlichen anhand der Kostentragung für die (bevorrechtigte) besondere Anlage zu bestimmen3. Wenn der Wegebaulastträger seinen Anteil an der bevorrechtigten besonderen Anlage später Dritten überlässt (z. B. Veräußerung der Anlage), so hat der Nutzungsberechtigte nach § 75 Abs. 4 TKG einen Erstattungsanspruch für die zuvor entstandenen Kosten aus Verlegung, Änderung und Schutzvorkehrungen. 5.10 Besondere Einzelprobleme in der Praxis
151
Nachfolgend soll anhand von verschiedenen Beispielen dargestellt werden, welche Probleme typischerweise in der Praxis zwischen den Nutzungsberechtigten und den Wegebaulastträgern auftreten4.
_______________
1 2 3 4
Eidenmüller, Kommentar zum Post- und Fernmeldewesen, § 6 TWG Anm. 7. Eidenmüller, Kommentar zum Post- und Fernmeldewesen, § 6 TWG Anm. 8. Eidenmüller, Kommentar zum Post- und Fernmeldewesen, § 6 TWG Anm. 9. Zur Unzulässigkeit verschiedener Nebenbestimmungen in einem Zustimmungsbescheid siehe VG Saarlouis, TKMR 2003, 142, VG Düsseldorf, RTkom 2001, 118.
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Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
Rz. 155 F
5.10.1 Begrenzung des Nutzungsumfangs Es kommt immer wieder vor, dass die Wegebaulastträger von den Nutzungsberechtigten verlangen, nicht mehr als eine bestimmte Anzahl von Kabeln bzw. Leerrohren zu verlegen. Insbesondere in Zustimmungsverträgen finden sich Bestimmungen, wonach sich die Anzahl der mit der jeweiligen Zustimmung verlegbaren Leerrohre nach dem „voraussichtlichen künftigen Bedarf“ richten solle. Ferner beschränken häufig einzelne Zustimmungsbescheide die Zustimmung selbst auf eine Verlegung einer bestimmten Anzahl von Leerrohren oder Kabeln.
152
Wie bereits dargestellt (Rz. 23, 87 ff.), enthält das TKG keine Begrenzungen hinsichtlich der Anzahl bzw. des physischen Umfangs der vom öffentlichen Wegerecht begünstigten Telekommunikationslinien. Ohne eine derartige Begrenzung bzw. ohne eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage seitens der Wegebaulastträger, sind die Wegebaulastträger aber nicht berechtigt, eigenmächtig Begrenzungen für die Anzahl der zu verlegenden Leerrohre zu verlangen. Eine derartige Begrenzung kommt einer Kontingentierung gleich, die im Ergebnis eine Entscheidung über das „Ob“ des Nutzungsrecht darstellt, und keine Entscheidung mehr über das „Wie“ bedeutet. Nur letzteres ist allerdings Gegenstand der Zustimmung nach § 68 Abs. 3 TKG. Darüber hinaus war schon in der Gesetzesbegründung zum TKG 1996 ausdrücklich aufgeführt, dass sich die Zustimmung nicht auf Prioritätsregelungen beziehen können soll1. Damit sind Begrenzungen der Anzahl von Leerrohren in Zustimmungsverträgen oder Zustimmungsbescheiden grundsätzlich unzulässig2. Eine andere Sichtweise ergibt sich auch nicht dadurch, dass in § 68 Abs. 3 TKG nunmehr die zulässigen Nebenbestimmungen einer Zustimmung explizit aufgelistet sind. Denn die dort aufgeführten Bestimmungen betreffen sämtlich nicht den Umfang des Nutzungsrechts selbst.
153
Andererseits soll aber auch nicht verkannt werden, dass fehlende Begrenzungen zu einer kompletten Ausnutzung der Kapazität des Wegekörpers durch denjenigen Nutzungsberechtigten führen können, der (zufällig) zuerst kommt. Nicht zuletzt mit diesem Argument stellen sich die Wegebaulastträger häufig auf den Standpunkt, dass daher eine Begrenzung auf den voraussichtlichen künftigen Bedarf eine interessengerechte Regelung darstelle. Dieser Ansicht kann allerdings trotz des dargestellten Problems der Kapazitätserschöpfung durch einen Nutzungsberechtigten nicht gefolgt werden.
154
Es ist nicht Sache der Wegebaulastträger zu bestimmen, welchen Umfang das Nutzungsrecht hat, bzw. was unter dem voraussichtlichen künftigen
155
_______________
1 BR-Drucks. 80/96, S. 49. 2 Und daher auch nicht im Mustervertrag der kommunalen Spitzenverbände enthalten; siehe Deutscher Städte und Gemeindebund, Auslegungshilfe zu den wegerechtlichen Bestimmungen im neuen Telekommunikationsgesetz, Stand: Oktober 2004, Mustervertrag Zustimmungen (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 547 ff.).
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
Bedarf zu verstehen ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zu § 50 TKG 1996 vielmehr klargestellt, dass die Regelungen in § 50 TKG 1996 (= § 68 TKG) den Schutzbereich der gemeindlichen Aufgaben überhaupt nicht berühren1. Dementsprechend haben zumindest die kommunalen Wegebaulastträger keine gesetzliche Grundlage, mit dem Argument der Ressourcenbewirtschaftung Kapazitäten an öffentlichen Verkehrswegen auch für andere potentielle Nutzungsberechtigte freizuhalten. In Ermangelung eigener gesetzlicher Grundlagen gilt dies erst recht für die anderen Wegebaulastträger, denen keine kommunale Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 GG) zur Seite steht. 156
Soweit sich ein Nutzungsberechtigter in einem Zustimmungsbescheid oder einem Zustimmungsvertrag gleichwohl durchringt, eine zahlenmäßige Begrenzung bzw. eine Begrenzung auf den voraussichtlichen zukünftigen Bedarf zu akzeptieren, so sollte zumindest klargestellt werden, was das gemeinsame Verständnis des voraussichtlichen zukünftigen Bedarfs ist. Die Entwicklung am Markt hat gezeigt, dass es eine bestimmte Anzahl von Unternehmen gibt, die selbst Telekommunikationslinien verlegen. Daneben existiert eine weitere nicht unerhebliche Gruppe von Unternehmen, die aufgrund späteren Markteintritts oder aufgrund einer anderen Marktstrategie zwar eigene Infrastrukturen sucht, diese aber nicht mehr selbst verlegen will. Es kommt daher in der Praxis häufig zu Verkäufen, Verpachtungen oder Vermietungen von Leerrohren, Kabeln und/oder Glasfasern durch diejenigen Nutzungsberechtigten, welche Telekommunikationslinien bereits verlegt haben. Vor dieser Marktentwicklung können und dürfen sich die Wegebaulastträger aus zwei Gründen nicht verschließen: Zum einen tragen diese Geschäfte zur Schonung der öffentlichen Verkehrswege bei, weil auf diese Weise weitere Verlegemaßnahmen vermieden werden. Zum anderen handelt es sich bei diesen Geschäften mittlerweile um ein eigenständiges Marktsegment und damit um einen eigenen Bedarf seitens der verlegenden Unternehmen. Die Beschränkung von Telekommunikationslinien auf den voraussichtlichen zukünftigen Bedarf ist daher im Lichte dieser Entwicklung zu betrachten und kann sich nicht auf den Eigenbedarf des Nutzungsberechtigten an Übertragungswegen auf Basis der Telekommunikationslinien beschränken.
157
Diese Sichtweise kann auch auf den Wortlaut der Regelungen im § 68 TKG gestützt werden. Die grundsätzliche Nutzungsberechtigung im § 68 Abs. 1 TKG zugunsten des Bundes spricht nämlich generell von Telekommunikationslinien, die öffentlichen Zwecken dienen. Diese Nutzungsberechtigung wird zwar auf einzelne Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze gemäß § 69 TKG übertragen. Öffentlichen Zwecken dienen aber nicht nur diejenigen Telekommunikationslinien, die der (ursprüngliche) Nutzungs-
_______________
1 BVerfG, MMR, 1999, 355 (356 f.).
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Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
berechtigte für eigene Zwecke betreibt, sondern auch solche Telekommunikationslinien oder Teile derselben, die von anderen (späteren) Nutzungsberechtigten genutzt werden. 5.10.2 Verfahrensdauer für die Zustimmung und deren Regelung Insbesondere in Zustimmungs-Rahmenverträgen mit Kommunen liegt es im Interesse der Nutzungsberechtigten, Regelungen in den Vertrag aufzunehmen, welche die Zeiträume bestimmen, innerhalb derer einzelne Zustimmungen zu erteilen sind. Auch wenn die Wegebaulastträger in der Regel zögern, sich auf einen Zeitraum für die Zustimmungserteilung festzulegen, finden sich doch in der Praxis häufig diesbezügliche vertragliche Regelungen1. Ferner ist es in der Praxis üblich, bestimmte Baumaßnahmen mit besonders kurzen Fristen zu versehen. Dies gilt beispielsweise für die Herstellung von Hausanschlüssen oder bei Punktaufgrabungen2. Insbesondere Ersteres liegt im besonderen Interesse des Nutzungsberechtigten, weil hier zumeist auch ein Termin bei dem betreffenden Kunden eingehalten werden muss, für den der Hausanschluss vorgesehen ist.
158
5.10.3 Aufgrabesperren Zustimmungsverträge im kommunalen Bereich enthalten nicht selten offene oder versteckte Hinweise auf so genannte Aufgrabesperren3. Hierbei handelt es sich um zumeist in kommunalen Satzungen vorgesehene Möglichkeiten, die Aufgrabung von bestimmten Straßen für bestimmte Zeiträume zu sperren. Üblicherweise werden Aufgrabesperren im Anschluss an komplette Sanierungsmaßnahmen von Straßen und/oder Gehwegen ausgesprochen. Versteckte diesbezügliche Hinweise in Zustimmungsverträgen sind häufig in der Weise ausgestaltet, dass dem Nutzungsberechtigten zugestanden wird, nur diejenigen Aufgrabesperren beachten zu müssen, die nach Inkrafttreten des Vertrages ausgesprochen worden sind. Mit der Unterzeichnung einer solchen Regelung wird dann regelmäßig implizit die Anerkennung der nach Inkrafttreten des Vertrages ausgesprochenen Aufgrabesperren angenommen.
159
Auch wenn das Interesse der kommunalen Wegebaulastträger an der mittelfristigen Unversehrtheit von sanierten Verkehrswegen verständlich ist, so stehen Aufgrabesperren gleichwohl im Gegensatz zu den Bestimmungen des
160
_______________
1 Vgl. § 1 Abs. (2) Mustervertrag Zustimmungen (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 548). 2 Vgl. § 2 (Kleine Baumaßnahmen) Mustervertrag Zustimmungen (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 549). 3 Allerdings nicht (mehr) im Mustervertrag Zustimmungen (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 547 ff.).
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
TKG. Diese Bestimmungen gehen schon aufgrund des Vorrechts von Bundesrecht vor Landesrecht den gemeindlichen Satzungen bzw. Aufgrabesperren vor. In § 68 Abs. 3 TKG kommt darüber hinaus eindeutig zum Ausdruck, dass städtebauliche Belange nur dann bei der Zustimmung zu berücksichtigen sind, wenn die Verlegung der Telekommunikationslinien oberirdisch erfolgt. Bei der unterirdischen Verlegung, die regelmäßig mit Aufgrabesperren kollidiert, sind derartige Belange nicht zu berücksichtigen. 161
Aus diesen Gründen ist zu folgern, dass der Nutzungsberechtigte derartige vertragliche Regelungen in den Zustimmungsverträgen nicht zu akzeptieren braucht. Gleiches gilt für solche Regelungen in Zustimmungsbescheiden. Dem kommunalen Interesse wird ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass der Nutzungsberechtigte gemäß § 71 Abs. 3 TKG den Verkehrsweg nach Beendigung der Arbeiten an den Telekommunikationslinien unverzüglich wieder in Stand zu setzen oder bei Vorname durch den Wegebaulastträger diesem die Aufwendungen zu erstatten hat und schadensersatzpflichtig für durch die Arbeiten verursachte Schäden ist. Zwar können Verlegemaßnahmen für Telekommunikationslinien an sanierten Verkehrswegen zu einer Erschwerung der Unterhaltung des Verkehrswegs führen. Aber auch hierfür ist in § 71 Abs. 1 TKG eine ausdrückliche Regelung getroffen. Danach sind derartige Erschwerungen „nach Möglichkeit“ zu vermeiden, d. h. also nicht zwingend. 5.10.4 Instandsetzung
162
Häufig finden sich in Zustimmungsverträgen Regelungen, welche es dem Wegebaulastträger erlauben, vom Nutzungsberechtigten auf dessen Kosten jederzeit den Nachweis über die ordnungsgemäße Instandsetzung bzw. die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik bei Bau und Betrieb der Telekommunikationslinien zu verlangen. Gerade mit Blick auf die knapp geregelte Instandsetzungspflicht gemäß § 71 Abs. 3 TKG und die kurze Verjährungsfrist des § 77 TKG ist der Wunsch nach einer solche Regelung zugunsten der Wegebaulastträger zu verstehen. Andererseits erscheint die Möglichkeit, den Nachweis „jederzeit“ verlangen zu können unverhältnismäßig1. In der Praxis wird die Regelung daher zumeist dahingehend abgeschwächt, dass der Nachweis nur aus begründetem Anlass verlangt werden kann2.
163
Ebenso finden sich häufig Regelungen, welche die Gestaltung der Schachtdeckel von Kabelschächten anhand der umgebenden Wegefläche verlangen. Auch wenn, wie bereits erörtert, ästhetische Fragen bei der Frage des Um-
_______________
1 Ebenso VG Düsseldorf, RTkom 2001, 118 (120). 2 So nunmehr auch § 3 Abs. (5) Mustervertrag Zustimmungen (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 550).
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Rz. 165 F
fangs der Instandsetzungspflicht keine Rolle spielen sollten, wird eine derartige Regelung oft akzeptiert1. Eine gesetzliche Pflicht besteht hierzu nicht2. 5.10.5 Koordinierung von Bauarbeiten Gerichtlich ungeklärt ist die Frage, wie weit das Zustimmungsrecht der Wegebaulastträger, wiederum insbesondere der Kommunen gehen kann, soweit es um die Koordinierung von mehrfachen Bauarbeiten im Straßenraum, sei es durch verschiedene Telekommunikationsunternehmen und/ oder herkömmliche Versorgungsunternehmen, geht. Zwar ist der Wegebaulastträger, wie bereits erwähnt, nicht berechtigt, Kontingentierungen oder Priorisierungen vorzunehmen. Andererseits schreibt § 71 TKG wie früher das TWG ausdrücklich vor, dass bei der Benutzung der Verkehrswege auf die Wegeunterhaltung und den Widmungszweck Rücksicht genommen werden muss. Es dürfte daher ein gewisser Koordinationsspielraum der Gemeinden auch im Rahmen des Zustimmungsverfahrens bestehen. Dieser darf zwar angesichts der bereits nach § 69 TKG übertragenen Nutzungsberechtigung nicht darin liegen, bestimmte Berechtigte zu bevorzugen. Es erscheint aber denkbar, dass die Nutzungsberechtigten verpflichtet werden können, ihre Verlegearbeiten beispielsweise innerhalb eines zumutbaren Zeitraums mit den Arbeiten anderer Berechtigter oder anderen Arbeiten des Wegebaulastträgers im Straßenraum zu koordinieren3.
164
5.10.6 Sondernutzungen durch die Bauarbeiten? In der Praxis war häufig umstritten, wie die mit der Verlegung und den Verlegearbeiten in Zusammenhang stehenden Nutzungen des Verkehrswegs zu beurteilen sind. Hierbei geht es insbesondere um den durch die Erdarbeiten verursachten Aushub und dessen vorübergehende Lagerung an der Baustelle, die Lagerung der zur Verlegung vorgesehenen Leerrohre sowie das Aufstellen von Containern und das Abstellen von Baumaschinen. Erwartungsgemäß waren die Wegebaulastträger der Auffassung, dass es sich hierbei um Sondernutzungen handelt, die gebührenpflichtig sind. Dem ist entgegenzuhalten, dass jede der genannten Aktivitäten mit den Verlegemaßnahmen zur Inanspruchnahme des unentgeltlichen öffentlichen Wegerechts in Zusammenhang steht und keine der genannten Aktivitäten eine dauernde Beschränkung des Widmungszwecks des betroffenen öffentlichen Verkehrswegs bedeutet. _______________
1 Dies gilt aber nicht für reine Verschönerungsmaßnahmen an der Straße durch die Gemeinde, vgl. § 3 Abs. (2) Mustervertrag Zustimmungen (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 549). 2 OVG Münster, Archiv PT 1994, 331. 3 In diesem Sinne nunmehr ausdrücklich die Gesetzesbegründung: BT-Drucks. 15/2316, S. 83; vgl. § 1 Abs. (3) Mustervertrag Zustimmungen (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 548).
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
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Eine gewisse Kompromisslinie hat sich in der Praxis in der Weise herausgebildet, dass zumindest die Nutzungen als vom öffentlichen Wegerecht erfasst angesehen worden sind, die unmittelbar durch die Verlegung verursacht sind. So beispielsweise der Aushub an der Baustelle selbst sowie die unmittelbar dort zur Verlegung gelagerten Leerrohre. Die Nutzung einer größeren Wegefläche für Material, Container bzw. Aushub und Baumaschinen zur Versorgung mehrerer nahe gelegener Baustellen wurde indessen als Sondernutzung betrachtet. Derartige Regelungen fanden und finden sich in vielen städtischen Rahmenverträgen über die Zustimmung1.
167
Die Nutzungsberechtigten haben sich zumeist deswegen auf diese Kompromisslinie eingelassen, weil die Zeitpläne für die Verlegung der Telekommunikationslinien keine langwierigen Verhandlungen mit den Wegebaulastträgern geschweige denn die gerichtliche Klärung dieser Frage erlauben. Zwischenzeitlich liegt allerdings Rechtsprechung2 vor, infolge dessen die Nutzungsberechtigten diese Kompromisslinie nicht mehr zu akzeptieren brauchen. Danach sind auch alle Nutzungen im Zusammenhang mit der Einlegung oder Errichtung der Telekommunikationslinie wie insbesondere der durch die Erdarbeiten verursachte Aushub und dessen vorübergehende Lagerung an der Baustelle, die Lagerung des zur Verlegung vorgesehenen Materials (z. B. der Leerrohre) vor Ort sowie das Aufstellen von Containern und das Abstellen von Baumaschinen vom unentgeltlichen öffentlichen Wegerecht umfasst. 5.10.7 Mitverlegung von Leerrohren für den Wegebaulastträger
168
Insbesondere im Bereich von Fernstrecken, d. h. bei der Verlegung von Telekommunikationslinien entlang von Bundesfernstraßen oder Bundesautobahnen kommt es vor, dass der zuständige Wegebaulastträger vom Nutzungsberechtigten verlangt oder diesem nahe legt, Leerrohre auch für den Wegebaulastträger mitzuverlegen.
169
Soweit die Erteilung der Zustimmung des Wegebaulastträgers hiervon abhängig gemacht wird, handelt es sich entweder um eine unzulässige Auflage im Zustimmungsbescheid3 oder es handelt sich in einem Zustimmungsvertrag um eine Gegenleistung, auf die der Wegebaulastträger gemäß § 56 VwVfG keinen Anspruch hat. Da die Zustimmung ein gebundener Verwaltungsakt ist, besteht nämlich seitens des Nutzungsberechtigten ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung mit der Folge, dass die Gegenleistung nur in dem Umfang zulässig ist, wie sie im Falle des Verwaltungsakts auch _______________
1 Vgl. § 7 Abs. (3) Mustervertrag Zustimmungen (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 551). 2 VGH München, NVwZ-RR 2002, 70 (71 ff.); bestätigt durch BVerwGE, NVwZ 2001, 1170. Konkret zur Unzulässigkeit einer entsprechenden Nebenbestimmung im Zustimmungsbescheid: VG Saarlouis, TKMR 2003, 142 (147). 3 Eine solche Auflage wäre im Zweifel selbständig anfechtbar.
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Benutzung öffentlicher Wege (§ 68 TKG)
Rz. 173 F
als Nebenbestimmung erlassen werden könnte. Bei der Verpflichtung zur zusätzlichen Verlegung von Leerrohren für den Wegebaulastträger handelt es sich indessen nicht um eine nach § 68 Abs. 3 TKG zulässige Nebenbestimmung. Vielmehr handelt es sich um eine zusätzliche Belastung des Nutzungsberechtigten zur Verlegung einer nicht beantragten Telekommunikationslinie für den Wegebaulastträger selbst. Wird der Vertrag gleichwohl mit einer solchen Bestimmung geschlossen, so ist der Vertrag im Zweifel gemäß § 59 Abs. 2 Nr. 4 in Verbindung mit § 59 Abs. 3 VwVfG insgesamt nichtig. Diese Nichtigkeit dürfte freilich dem Nutzungsberechtigten dann nicht mehr schaden, wenn die Verlegemaßnahmen durchgeführt sind, da ein Anspruch auf die Zustimmung bestanden hat und eine Beseitigungsverfügung aufgrund des gemäß § 69 TKG übertragenen Nutzungsrechts nicht durch den Wegebaulastträger ergehen kann. Im Zweifel könnte der Nutzungsberechtigte sogar soweit gehen, vom Wegebaulastträger eine Vergütung für das zusätzlich verlegte Leerrohr zu erhalten, weil der Wegebaulastträger in Folge der Nichtigkeit des zugrunde liegenden Vertrags um dieses Leerrohr ungerechtfertigt bereichert ist.
170
5.10.8 Erweiterte Folgepflichten und Folgekostenpflichten Wiederum in kommunalen Zustimmungsverträgen finden sich häufig Regelungen, die den Nutzungsberechtigten zu gegenüber §§ 72, 75 TKG erweiterten Folgepflichten und Folgekostenpflichten verpflichten. Besonders häufig anzutreffen ist die Regelung, dass in den Fällen, wo eine Beseitigung oder Änderung der Telekommunikationslinie im öffentlichen Interesse liegt, aber nicht von § 72 TKG erfasst ist, der Nutzungsberechtigte gleichwohl eine Beseitigung oder Umlegung der Telekommunikationslinie vornehmen wird.
171
Wie schon der Wortlaut dieser vertraglichen Regelung zeigt, steht dies im Widerspruch zu § 72 TKG und braucht deswegen vom Nutzungsberechtigten nicht akzeptiert zu werden1. Dies gilt auch für die Pflichten aus § 75 TKG. Dementsprechend hat sich in der Praxis auch immer stärker eine Angleichung der Verträge an den Wortlaut des § 72 TKG herausgebildet2.
172
5.10.9 Gewährleistungsfrist für die Verlegemaßnahmen In praktisch allen Zustimmungsverträgen findet sich eine Regelung dahingehend, dass die Gewährleistung für die Verlegemaßnahmen, insbesondere die Wiederherstellung der Wegdecke (§ 71 Abs. 3 TKG) nach VOB geregelt _______________
1 Siehe auch VG Düsseldorf, RTkom 2001, 118 (119 f.). 2 Vgl. § 6 Mustervertrag Zustimmungen für § 75 TKG und § 7 Abs. (2) Mustervertrag Zustimmungen für § 72 TKG (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 551).
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
ist und die Gewährleistungsfrist fünf Jahre beträgt1. Insbesondere die Regelung der Gewährleistungsfrist widerspricht eindeutig der gesetzlichen Fristenregelung im § 77 TKG, wonach die auf den §§ 70 bis 76 beruhenden Ansprüche nach der regelmäßigen Verjährungsfrist des BGB in drei Jahren (früher nach § 58 TKG 1996 zwei Jahre) verjähren (dazu näher Rz. 331a ff.). 174
Die in § 77 gemeinten Ansprüche betreffen dabei auch die Ansprüche des Wegebaulastträgers in § 71 Abs. 3 TKG. Dies ist gegenüber § 58 TKG 1996 nunmehr umso deutlicher, weil im Text nur noch der Begriff „Ansprüche“ und nicht mehr „Ersatzansprüche“ verwendet wird. Nach dieser Vorschrift hat der Wegebaulastträger gegen den Nutzungsberechtigten entweder einen Instandsetzungsanspruch oder einen Auslagenanspruch sowie einen Schadensersatzanspruch im Zusammenhang mit der Wiederherstellung des Verkehrswegs nach Durchführung der Verlegemaßnahmen bzw. im Zusammenhang mit Arbeiten an der Telekommunikationslinie2. Gewährleistungsmängel unterfallen dabei der Instandsetzungsregelungen in § 71 Abs. 3. Die Verjährungsfrist in § 77 TKG wiederum erfasst damit auch alle „Gewährleistungsansprüche“ des Wegebaulastträgers.
175
Folglich lässt sich der Wegebaulastträger durch die Ausdehnung der Gewährleistungsfrist von (früher nach § 58 TKG 1996 zwei und nunmehr) drei auf fünf Jahre wiederum eine nach § 56 VwVfG unzulässige Gegenleistung versprechen, die nach § 59 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 VwVfG zur Nichtigkeit des Vertrages führt3. 5.10.10 Verwaltungsgebühren und Pauschalen
176
Zustimmungsverträge enthalten regelmäßig auch Kostenregelungen. Zumeist wird hinsichtlich der Verwaltungsgebühren für die Erteilung der Zustimmung auf die einschlägigen Verwaltungsvorschriften der Bundesländer über die Erhebung von Verwaltungsgebühren verwiesen. Hiergegen bestehen insbesondere wegen der neu eingefügten gesetzlichen Regelung des § 142 Abs. 6 TKG grundsätzlich keine Bedenken, solange hierbei die gesetzlichen Maßstäbe der Gebührenbemessung beachtet werden (Rz. 103 ff.). Zu berücksichtigen ist dabei, dass nach § 142 Abs. 6 S. 2 TKG eine Pauschalierung der Gebühren und Auslagen zulässig ist4.
177
Darüber hinaus finden sich Pauschalierungen in Zustimmungsverträgen, die auf § 71 Abs. 2 TKG beruhen. Danach hat der Nutzungsberechtigte dem _______________
1 So auch in § 8 Abs. (2) Mustervertrag Zustimmungen (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 551). 2 Hierzu und zum Folgenden: OVG Münster, Archiv PT 1998, 406 (408) zu den gleichlautenden Regelungen im Telegrafenwegegesetz. 3 Ebenso für einen Zustimmungsbescheid VG Düsseldorf, RTkom 2001, 118 (120 f.). 4 Siehe § 7 Abs. (4) und (5) Mustervertrag Zustimmungen (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 551).
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Rz. 182 F
Wegebaulastträger die aus einer etwaigen Erschwerung der Unterhaltung des Verkehrswegs erwachsenden Kosten zu ersetzen. Obgleich diese Regelung den Einzelfall der Erschwernis und der damit verbundenen höheren Kosten im Sinn hat, werden diese Kosten seitens der Wegebaulastträger in den Zustimmungsverträgen häufig pauschaliert. Diese Regelung ist zwar bedenklich, aber vor dem Hintergrund verständlich, dass der Wegebaulastträger im Zweifel einige Beweisprobleme haben wird, wenn es um den Einzelfall geht. Für den Nutzungsberechtigten wird hierbei zu beachten sein, dass mit einer solchen Pauschalierung dann aber auch sämtliche Erschwerniskosten abgegolten sind, also keine zusätzlichen Möglichkeiten der Kostenerhebung für den Wegebaulastträger bestehen bleiben.
178
5.10.11 Vermietung und Übertragung von Telekommunikationslinien sowie „Übertragung“ des Nutzungsrechts Es ist bereits erwähnt worden (Rz. 39, 156), dass sich in der Praxis ein Markt für den Verkauf von Leerrohren bzw. deren Vermietung oder Verpachtung sowie für die Vermietung von Glasfasern herausgebildet hat. Häufig betreffen diese Geschäfte Telekommunikationslinien bzw. Teile derselben, die vom ursprünglichen Nutzungsberechtigten bereits aufgrund von Zustimmungsbescheiden und/oder Zustimmungsverträgen verlegt worden sind.
179
Damit stellt sich bei diesen Geschäften die Frage, wie sie sich auf das Verhältnis des ursprünglichen Nutzungsberechtigten gegenüber dem Wegebaulastträger bzw. des neu hinzukommenden Nutzungsberechtigten gegenüber dem Wegebaulastträger auswirken.
180
Zunächst ist festzustellen, dass sich bei diesen Geschäften nicht um eine Neuverlegung von Telekommunikationslinien handelt und auch nicht um eine Änderung vorhandener Telekommunikationslinien im Sinne von § 68 Abs. 3 TKG. Wie bereits festgestellt (Rz. 93), knüpft die Zustimmungsregelung an die Raumnutzung des Wegekörpers an. Diese Raumnutzung verbleibt aber auch bei neu hinzukommenden Nutzungsberechtigten unverändert. Sofern es sich bei den neu hinzukommenden Unternehmen auch um Nutzungsberechtigte nach § 69 TKG handelt, denen diese von der BNetzA erteilt worden ist, besitzen auch diese das öffentliche Wegerecht gemäß §§ 68 Abs. 1, 69 TKG. Dementsprechend müssen keine weiteren Zustimmungen des Wegebaulastträgers für diese Geschäfte eingeholt werden.
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Es bleibt aber die Frage, ob rechtlich gesehen die ursprüngliche Telekommunikationslinie nunmehr zwei oder mehrere Nutzungsberechtigte im Sinne von § 69 TKG hat oder ob durch die Übertragung bzw. Vermietung/ Verpachtung rechtlich eine neue (Teil-)Telekommunikationslinie unter gleichzeitiger Verkleinerung der ursprünglichen Linie entsteht. Praktisch relevant kann diese Frage dann werden, wenn beispielsweise bei zwei ne-
182
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F Rz. 183
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
beneinander liegenden Leerrohren nur eines aufgrund einer Folgepflicht verlegt werden müsste. Einmal abgesehen davon, dass die Beteiligten eines solchen Geschäfts diese Frage vertraglich in ihrem Innenverhältnis regeln sollten, geht es im Außenverhältnis darum, wer Adressat und damit Verpflichteter der Folgepflicht ist. In den §§ 68, 71 und 72 TKG lassen sich keine Anhaltspunkte finden, wie hiermit umzugehen ist. Lediglich § 75 Abs. 4 TKG enthält eine Regelung darüber, dass eine bevorrechtigte besondere Anlage ihren bevorrechtigten Status verliert, wenn der Wegebaulastträger seinen Anteil hieran an einen Dritten überträgt1. Das TKG sieht an dieser Stelle vor, dass sich rechtlich der Status der besonderen Anlage mit der Übertragung verändert. Es sind keine Gründe ersichtlich, diese Folge nicht auch für den vorliegenden Fall anzunehmen. Demnach kann angenommen werden, dass mit der Übertragung oder Vermietung/Verpachtung von Teilen einer mit Zustimmung verlegten Telekommunikationslinie rechtlich zwei oder mehrere eigenständige (Teil-)Telekommunikationslinien mit jeweils unterschiedlichen Nutzungsberechtigten entstehen und nicht etwa eine Telekommunikationslinie mit mehreren Nutzungsberechtigten. Dies setzt freilich voraus, dass die übertragenen bzw. vermieteten/verpachteten Teile in sich selbständig genug sind, um der Definition der Telekommunikationslinie zu unterfallen. Dies wird regelmäßig bei Leerrohren der Fall sein, nicht aber bei Glasfasern. Folge- und Folgekostenpflichten treffen dann nur den betroffenen Nutzungsberechtigten der (Teil-)Telekommunikationslinie. 183
Auch wenn nicht ausdrücklich im TKG geregelt, so bietet es sich ferner hier an, den Wegebaulastträger über die neu hinzukommenden Nutzungsberechtigten unverzüglich zu unterrichten. Eine derartige Verpflichtung ist hin und wieder auch in den Zustimmungsverträgen selbst enthalten und erscheint nicht unangemessen. Die Mitteilungsverpflichtung kann sich auch implizit aus den Dokumentationspflichten ergeben, die den Nutzungsberechtigten zumeist aufgrund eines Zustimmungsvertrags treffen. Eine derartige Mitteilung liegt im Übrigen im Hinblick auf die Folge- und Folgekostenpflichten gegenüber dem Wegebaulastträger sowie hinsichtlich der Kollision mit besonderen Anlagen auch im Interesse des ursprünglichen Nutzungsberechtigten. Auch wenn keine Zustimmung des Wegebaulastträgers für die genannten Geschäfte erforderlich ist und auch wenn die Folge- und Folgekostenpflichten nur den im Einzelfall tatsächlich betroffenen Nutzungsberechtigten treffen, so würde diesbezüglich mangels Kenntnis seitens der Anspruchsgegner vom neu hinzugekommenen Nutzungsberechtigten zunächst weiterhin nur der ursprüngliche Nutzungsberechtigte in Anspruch genommen werden.
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1 Dies soll zwar bei einer Verpachtung nicht gelten, vgl. Beck TKG-Komm/Schütz, § 75 TKG Rz. 29. Das aber ist für die hier interessierende Frage irrelevant, weil die Nutzungsberechtigung nach § 68 Abs. 1 und 2 TKG ohnehin nicht das Eigentum an der Telekommunikationslinie voraussetzt (siehe Rz. 50).
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Rz. 186 F
Mitbenutzung bestehender Einrichtungen (§ 70 TKG)
5.10.12 Regelungen für Vertragsbeendigung bzw. Beendigung des Nutzungsrechts Zustimmungsverträge und (seltener) Zustimmungsbescheide enthalten die Verpflichtung des Nutzungsberechtigten, seine Telekommunikationslinien nach Wegfall des Nutzungsrechts zu beseitigen und den Verkehrsweg nach den Weisungen des Wegebaulastträgers ordnungsgemäß wiederherzustellen. Solche Regelungen sind selbstverständlich gestattet, weil keine Nutzungsberechtigung mehr besteht. Denkbar ist aber auch eine Regelung, die den Verbleib der Telekommunikationslinien so lange gestattet, wie sie den Interessen des Wegebaulastträgers nicht entgegenstehen. Eine solche Regelung vermeidet unnötige Aufgrabungen und erhält die Linie für mögliche andere Nutzungen.
184
Mögliche andere Nutzungen liefern wiederum das Stichwort für eine Regelung darüber, was wirtschaftlich mit einer Telekommunikationslinie geschehen soll, die nicht mehr vom Nutzungsberechtigten genutzt werden soll oder kann. So könnte es im Interesse des Wegebaulastträgers liegen, die Linie zu übernehmen und dem Interesse des Nutzungsberechtigten entsprechen, die Anlage an den Wegebaulastträger oder Dritte zu verkaufen. In diesem Fall sind ggf. detaillierte Regelungen zu treffen, wie die Anlage nach Vertragsbeendigung bewertet werden soll. Jedenfalls ist seitens des Nutzungsberechtigten darauf zu achten, dass die vertraglichen Regelungen ihm genügend Zeit lassen, einen Käufer zu finden bevor die Telekommunikationslinie entfernt werden muss.
185
6. Mitbenutzung bestehender Einrichtungen (§ 70 TKG) Hinsichtlich bereits vorhandener Infrastruktureinrichtungen ist in § 70 TKG (§ 51 TKG 1996) eine früher im TWG nicht vorhandene Regelung über die Mitbenutzung enthalten. Soweit danach „die Ausübung des Rechtes nach § 68 TKG nicht oder nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand möglich ist, besteht ein Anspruch auf Duldung der Mitbenutzung anderer für die Aufnahme von Telekommunikationskabeln vorgesehener Einrichtungen, wenn die Mitbenutzung wirtschaftlich zumutbar ist und keine zusätzlichen größeren Baumaßnahmen erforderlich werden“. Der Mitbenutzer hat einen angemessenen geldwerten Ausgleich zu gewähren. Diese Bestimmung setzt durch die mit ihr unveränderte Fortgeltung der Inhalte des § 51 TKG 1996 die Regelung in Art. 12 Abs. 1 Rahmenrichtlinie um (Rz. 16), indem sie die Nutzung bestehender Einrichtungen mit einem Mitbenutzungsanspruch fördert. Zu einer hoheitlichen Regelung für die Durchsetzung des Mitbenutzungsanspruchs, wie es nach Art. 12 Abs. 2 Rahmenrichtlinie möglich wäre, hat sich der Gesetzgeber zwar nicht durchringen können. Der Mitbenutzungsanspruch kommt dem aber sehr nahe.
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186
F Rz. 187
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
6.1 Persönlicher Anwendungsbereich des Mitbenutzungsrechts 6.1.1 Person des Nutzungsberechtigten 187
Begünstigter des Mitbenutzungsrechts ist durch den Verweis in § 70 auf § 68 TKG lediglich ein nach § 69 TKG Nutzungsberechtigter. Der Mitbenutzungsanspruch soll nur insoweit bestehen, als die Ausübung der Rechte nach § 68 TKG nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist. Die Ausübung der Rechte aus § 68 TKG setzt daher voraus, dass der Anspruchsteller als Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes vom Bund das Nutzungsrecht für die öffentlichen Verkehrswege gemäß § 69 TKG erhalten hat. 6.1.2 Person des Mitbenutzungsverpflichteten
188
Bei der Bestimmung der Person des aus § 70 TKG Verpflichteten sind im Wesentlichen zwei Fragestellungen relevant: –
Trifft die Verpflichtung nur Nutzungsberechtigte nach § 69 TKG bzw. Lizenznehmer nach dem TKG 1996?
–
Trifft die Verpflichtung nur Eigentümer der Einrichtungen oder auch sonstige Nutzungsberechtigte?
Beiden Fragen soll im Folgenden nachgegangen werden. 6.1.2.1 Keine Begrenzung auf Nutzungsberechtigte nach § 69 TKG 189
Die Antwort auf die erste Frage erschließt sich aus der Entstehungsgeschichte des TKG 1996. Der Bundesrat schlug in seiner Stellungnahme zum Entwurf des TKG 1996 folgende Fassung des § 51 (diese Vorschrift entspricht dem heutigen § 70 TKG) vor1: „Die Mitbenutzung vorhandener Telekommunikationslinien hat Vorrang vor einer Neuverlegung. Lizenznehmer nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 haben gegeneinander einen Anspruch auf Mitbenutzung vorhandener Telekommunikationslinien, wenn die Mitbenutzung wirtschaftlich und technisch zumutbar ist. In diesem Fall hat der Nutzer an den Mitbenutzungsverpflichteten einen angemessenen geldwerten Ausgleich zu leisten.“
190
Der Anspruch sollte sich also damals nur gegen Lizenznehmer nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 TKG 1996 richten. Dagegen sei, wie der Bundesrat in seiner Begründung ausführt, Betreibern von Übertragungswegen außerhalb des damaligen lizenzpflichtigen Bereichs, deren Telekommunikationsnetz zu nichtgewerblichen Telekommunikationszwecken dient, die auf Gewinnerzielung ausgerichtete Mitbenutzung von Lizenznehmern nicht zumutbar2. _______________
1 BR-Drucks. 80/96, Anlage mit Stellungnahme, S. 32. 2 BR-Drucks. 80/96, Anlage mit Stellungnahme, S. 33.
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Mitbenutzung bestehender Einrichtungen (§ 70 TKG)
Rz. 194 F
Danach hätte sich der Anspruch auf Mitbenutzung z. B. nicht gegen städtische Leerrohrnetze gerichtet, die bislang der Eigenversorgung gedient haben. Dieser Änderungsvorschlag des Bundesrates ist nicht in § 51 TKG 1996 eingeflossen. Dort war generell von einem Anspruch auf Duldung der Mitbenutzung die Rede, ebenso wie nunmehr in dem unveränderten § 70 TKG. Eine Einschränkung auf Nutzungsberechtigte nach § 69 TKG enthält die Vorschrift nicht. Daraus folgt, dass sich der Anspruch aus § 70 TKG auch gegen Personen richtet, die keine Nutzungsberechtigte nach § 69 TKG oder Alt-Lizenznehmer nach dem TKG 1996 sind1.
191
6.1.2.2 Keine Begrenzung auf Eigentümer Weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzesbegründung lässt sich eindeutig entnehmen, ob nur der Eigentümer2 einer Einrichtung oder auch ein sonst Nutzungsberechtigter (Mieter, Pächter, Nießbraucher etc.) Adressat der Duldungspflicht ist. Auch aus Art. 12 Rahmenrichtlinie lassen sich hier keine eindeutigen Anhaltspunkte entnehmen. Diese Frage ist deswegen praktisch relevant, weil sich in den letzten Jahren immer mehr unterschiedliche rechtliche Gestaltungen bei der Nutzung von Einrichtungen für Telekommunikationsinfrastruktur herausgebildet haben.
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Zwar spricht der erste Anschein dafür, dass in § 70 TKG lediglich der Eigentümer gemeint ist, der Wortlaut lässt aber auch einen Mitbenutzungsverpflichteten zu, der selbst Nutzungsberechtigter der betreffenden Einrichtungen ist. Der Begriff „Eigentümer“ wird jedenfalls nicht benutzt, sondern es wird lediglich vom „Mitbenutzungsverpflichteten“ gesprochen.
193
Gegen die Einordnung des bloß anderweitig Nutzungsberechtigten als Adressaten des § 70 TKG könnte aber sprechen, dass nach üblichem Verständnis Nutzungsrechte an Sachen regelmäßig im Verhältnis Eigentümer und „Nutzer“ begründet werden. Andererseits ist bei vertraglichen Schuldverhältnissen über die Begründung von Nutzungsrechten der Nutzungsverpflichtete schon terminologisch nicht notwendigerweise der Eigentümer. Zwar ist auch bei den vertraglichen Nutzungsverhältnissen sachenrechtlicher Natur (Grunddienstbarkeiten nach § 1018 BGB, Nießbrauch nach § 1030 BGB und beschränkte persönliche Dienstbarkeiten nach § 1090 BGB) grundsätzlich der Eigentümer Anspruchsgegner. Dies liegt aber in der Natur der Sache, da es sich eben um Belastungen des Eigentums handelt. Dagegen ist Anspruchsgegner bei den sonst typischen Nutzungsverhältnissen nicht ausdrücklich nur der Eigentümer, sondern der „Vermieter“ (§ 535 BGB) oder der „Verpächter“ (§ 581 BGB). Dabei zeigt insbesondere die Vorschrift des § 540 BGB über die Untermiete, dass Vermieter auch der obligatorisch Berechtigte, also auch ein Mieter selbst sein kann. Das herkömmliche Ver-
194
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1 Anders Beck TKG-Komm/Schütz, § 70 TKG Rz. 12. 2 So offenbar Schütz, Kommunikationsrecht, Rz. 137.
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F Rz. 195
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
ständnis vertraglicher Nutzungsverhältnisse zwischen dem Nutzer auf der einen und nur dem Eigentümer auf der anderen Seite kann daher nicht durch zwingende rechtliche Argumente gestützt werden. Darüber hinaus ist in § 70 TKG ausdrücklich von „Mitbenutzung“ und nicht lediglich von Nutzung die Rede, d. h. also begrifflich von einer gleichgeordneten Nutzung der betroffenen Einrichtung. Es geht demnach um die Nutzung als solche, die „geteilt“ werden soll. Diese Nutzung wiederum kann aber sowohl auf dem Eigentum an der Einrichtung als auch auf anderweitigen Nutzungsrechten beruhen. 195
Gegen den anderweitig Nutzungsberechtigten als Adressaten von § 70 TKG könnte ferner angeführt werden, dass vertragliche Schuldverhältnisse grundsätzlich Rechte und Pflichten nur zwischen den Parteien begründen. Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass Nutzungsrechte an zur Aufnahme von Telekommunikationskabeln vorgesehenen Einrichtungen regelmäßig in Form von Miet- bzw. Pachtverträgen eingeräumt werden. Die Gewährung von Nutzungsrechten beispielsweise an Leerrohren ist zumeist eine mietvertragstypische Leistung, was sich auch in der Praxis in bereits bestehenden diesbezüglichen Nutzungsverträgen widerspiegelt. Dem Mieter einer Telekommunikationslinie steht ein Nutzungsrecht nur gegenüber seinem Vertragspartner zu. In dieses Schuldverhältnis greift § 70 TKG ein, wenn er dem Mieter oder Pächter die Pflicht auferlegt, die Mitbenutzung der Telekommunikationslinie durch einen Dritten zu dulden. Es handelt sich hierbei im Ergebnis um den Zwang zum Abschluss eines Untermietverhältnisses ohne Zustimmung des Eigentümers. Bei Mietern und/oder Pächtern als Adressaten des § 70 TKG stellt sich die Duldungsverpflichtung damit in einen Gegensatz zu der Regelung in § 540 Abs. 1 BGB, wonach der Mieter (Pächter) ohne die Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt ist, den Gebrauch der gemieteten Sache einem Dritten zu überlassen. Für die Auslegung einfachen Rechts, wozu auch die Vorschriften des TKG gehören, ist aber auch die Einheit der Rechtsordnung zu beachten, zu der sich § 70 TKG bei einer Anwendung auf Mieter (Pächter) in Widerspruch stellt. Die Mitbenutzungsverpflichtung greift damit nicht nur in das Verfügungsrecht des Mitbenutzungsverpflichteten über die Sache selbst ein, sondern auch in das dem Verfügungsrecht zugrunde liegende Schuldverhältnis1.
196
Andererseits ist der Verweis auf § 540 BGB für den Mieter dann nicht mehr rechtlich sinnvoll anzuführen, wenn § 70 TKG zugleich auch den Vermieter (Eigentümer) als Mitbenutzungsverpflichteten trifft. Der Eigentümer ist aber in jedem Fall als Adressat von § 70 TKG anzusehen, ohne dass es einer weiteren Auslegung bedürfte. Der vorbeschriebene Widerspruch wird damit durch eine – aufgrund der auch den Eigentümer treffenden Mitbenutzungsverpflichtung – anzunehmende Zustimmungspflicht aufgehoben. _______________
1 Dies wirft die Frage auf, wie im Vertrag zwischen Eigentümer und Nutzungsberechtigten mit dieser Frage hinsichtlich der Pflichten und Gewährleistungen des Eigentümers und des Entgelts umzugehen ist.
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Mitbenutzung bestehender Einrichtungen (§ 70 TKG)
Rz. 199 F
Für die Einordnung des anderweitig Nutzungsberechtigten als Adressaten des § 70 TKG spricht der Wortlaut als zuerst maßgebliches Auslegungskriterium, also dass in § 70 TKG lediglich von „Nutzern“ und „Mitbenutzungsverpflichteten“ an den Einrichtungen die Rede ist. Im Gegensatz dazu unterscheidet die ebenfalls eine Duldungsverpflichtung in Bezug auf ein Nutzungsrecht beinhaltende Vorschrift des § 76 TKG ausdrücklich zwischen dem „Eigentümer eines Grundstücks“ und dem „Betreiber der Telekommunikationslinie“. Aus dieser begrifflichen Gegenüberstellung kann im Hinblick auf eine systematische Auslegung von § 70 TKG, also aus ihrem Zusammenhang mit anderen Vorschriften zweierlei gefolgert werden:
197
Zum einen deutet die Wortwahl in den beiden Vorschriften darauf hin, dass in § 70 TKG der Begriff Eigentümer hätte gewählt werden können, wenn nur der Eigentümer als Adressat gemeint sein sollte. Eben dies ist nämlich in § 76 TKG geschehen. Zum anderen ermöglicht der gewählte Begriff des Betreibers einer Telekommunikationslinie Rückschlüsse auf die Frage, wen der Gesetzgeber als Adressat von § 70 TKG konkret im Auge gehabt hat. Die in der Definition von Telekommunikationslinien in § 3 Nr. 26 TKG aufgeführten Kabelkanalrohre (Leerrohre) sind gleichzeitig als für die Aufnahme von Telekommunikationskabeln vorgesehene Einrichtungen i. S. v. § 70 TKG anzusehen. Demgemäß kommt auch der Betreiber einer Telekommunikationslinie grundsätzlich als Mitbenutzungsverpflichteter nach § 70 TKG in Betracht. Der Begriff des Betreibens setzt allerdings das Eigentum an den betroffenen Einrichtungen nicht voraus (Rz. 48 ff.)1 Daraus ist zu folgern, dass mit Betreiber der Telekommunikationslinie und damit zugleich mit dem „Betreiber“ eines Leerohrs bzw. dem Mitbenutzungsverpflichteten aus § 70 TKG sowohl der Eigentümer als auch ein anderweitig Nutzungsberechtigter gemeint ist. Auch systematisch passt diese Sichtweise, weil im Rahmen von § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG verbreitet angenommen wird, dass die dortige Formulierung „durch ein Recht gesicherte Leitung oder Anlage“ auch schuldrechtliche und nicht nur dingliche Berechtigungen umfasst (siehe unten Rz. 269 ff.).
198
Zu berücksichtigen ist schließlich auch der Sinn und Zweck der Regelung in § 70 TKG. Die Mitbenutzungsregelung des § 70 TKG soll es Anbietern ermöglichen, ihre Telekommunikationskabel auch dann noch zu verlegen, wenn Raum für zusätzliche Kabeltrassen nicht mehr vorhanden ist. In der Gesetzesbegründung zum TKG 1996 heißt es in Bezug auf § 51 TKG 1996 (heute § 70 TKG), dass für den Fall der besonderen Knappheit der Ressource Wegerecht Vorsorge getroffen werden soll2. Auch Art. 12 Rahmenrichtlinie liegen derartige Erwägungen zugrunde3. Es geht dem Gesetzgeber also darum, durch die Mitbenutzungsverpflichtung einen vorhandenen Kapazi-
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1 Siehe auch grundlegend: Bothe/Heun/Lohmann, Archiv PT 1995, 5 (19 f.). 2 BR-Drucks. 80/96, S. 50. 3 Siehe Erwägungsgrund (23) der Rahmenrichtlinie.
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F Rz. 200
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
tätsengpass bei den Wegerechten dadurch auszugleichen, dass in der nächsten Ressourcenebene (z. B. Leerrohre) eine Nutzungsberechtigung besteht. Dieser Gesetzeszweck lässt sich nicht grundsätzlich nur auf die Inanspruchnahme der Eigentümer jener Ressourcen beschränken, da die rechtliche Ausgestaltung der Verfügungsgewalt über diese Ressourcen vielerlei Gestalt annehmen kann. Ferner würde bei einer Beschränkung des § 70 TKG auf Eigentümer als Adressaten der Gesetzeszweck beispielsweise auf einfachste Weise vereitelt, wenn der Eigentümer einer Kabeltrasse deren Mitbenutzung durch Dritte dadurch verhindern könnte, dass er sämtliche Kapazitäten einem ihm verbundenen Mieter überlässt und so die gesamten Ressourcen blockiert. Hiergegen lässt sich zwar einwenden, dass der Mieter dann eben auch nur in diesen Fällen der „Umgehung“ des Gesetzeszwecks in Anspruch genommen werden sollte. Diese Frage hat aber weniger mit dem grundsätzlichen Problem des Adressaten von § 70 TKG zu tun als vielmehr mit der Frage, wann eine Mitbenutzung zumutbar ist. Dies wäre in jenen Fällen weitaus eher zu bejahen als dann, wenn Eigentümer und Mieter völlig unabhängige juristische Personen sind. 200
Nach alledem ist festzuhalten, dass überwiegende Gründe dafür sprechen, neben dem Eigentümer der Einrichtungen auch anderweitig Nutzungsberechtigte als Adressaten des § 70 TKG anzusehen. 6.2 Sachlicher Anwendungsbereich des Mitbenutzungsrechts 6.2.1 Für die Aufnahme von Telekommunikationskabeln vorgesehene Einrichtungen
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Die Vorschrift des § 70 TKG gewährt ausdrücklich nur einen Anspruch auf Mitbenutzung „… für die Aufnahme von Telekommunikationskabeln vorgesehener Einrichtungen …“. Dies schließt beispielsweise die Mitbenutzung eines Kabels selbst eindeutig aus. Konkret erfasst sind Kabelleer- bzw. kanalrohre, Kabelkanäle und -gräben sowie Kabelaufhängungen und alle weiteren Einrichtungen, die für die Verlegung von Kabeln nicht nur geeignet sondern vorgesehen sind. Dabei wird es nicht auf den subjektiven Willen des Verpflichteten ankommen, sondern auf die technische, nach DIN-Vorschriften anzunehmende Bestimmung der Einrichtung. Schaltkästen und Kabelverzweigerschränke, die zur Aufnahme von Schalt- und Verzweigungseinrichtungen vorgesehen sind, sind dagegen nicht als Einrichtungen im Sinne des § 70 TKG anzusehen. Dies zeigt der systematische Zusammenhang mit der Legaldefinition von Telekommunikationslinien in § 3 Nr. 26 TKG (siehe oben Rz. 19 ff.), die ausdrücklich Telekommunikationskabelanlagen einerseits sowie zugehörige Schalt- und Verzweigungseinrichtungen andererseits umfasst, und damit einen Oberbegriff darstellt. Demgegenüber ist die Begriffswahl in § 70 TKG in Bezug auf Einrichtungen, die für die Aufnahme von Telekommunikationskabeln vorgesehen sind, deutlich enger, und es wird sogar nur von Kabeln und nicht einmal von Kabelan480 | Heun
Mitbenutzung bestehender Einrichtungen (§ 70 TKG)
Rz. 203 F
lagen gesprochen. Auch eine Heranziehung der europarechtlichen Vorgaben aus Art. 12 Abs. 2 Rahmenrichtlinie (siehe oben Rz. 16) hilft hier nicht weiter, weil diese Regelung eine vorherige Anhörung erfordert und damit der Auferlegung von Zugangsverpflichtungen gleichgesetzt wird (siehe G. Rz. 27). Sofern daher Zugang zu derartigen Schränken und Einrichtungen begehrt wird, wird sich dies lediglich über die Auferlegung einer Zugangsverpflichtung aus § 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG erreichen lassen, weil dort neben Kollokation auch die Mitbenutzung anderer Einrichtungen angesprochen ist (dazu H. Rz. 385) sowie ggf. über § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG. Aufgrund dieser Vorschriften ist auch die Auferlegung von Mitbenutzungsverpflichtungen im Anwendungsbereich des § 70 TKG (parallel) möglich. Auf die bisherige Art der Nutzung der Einrichtungen kommt es nicht an, so dass auch bestehende Telekommunikationslinien vom Anwendungsbereich erfasst sind (die Frage, ob etwa nur Telekommunikationslinien und keine anderen Einrichtungen erfasst sind, wurde unter Rz. 188 ff. erörtert.). Die Regelung des § 70 TKG differenziert gerade nicht zwischen der Art der Nutzung der für die Aufnahme von Telekommunikationskabeln geeigneten Einrichtungen, sondern stellt lediglich auf deren grundsätzliche Bestimmung ab.
202
Nicht so eindeutig wie die Person des Nutzungsberechtigten klärt der in § 70 TKG enthaltene Verweis auf § 68 TKG die Frage, ob sich die Einrichtungen in öffentlichen Verkehrswegen im Sinne des § 68 Abs. 1 TKG befinden müssen. Hierzu wird die Ansicht vertreten, dass die systematische Stellung des § 70 TKG zwischen Bestimmungen, die das öffentliche Wegerecht zum Gegenstand haben, dafür spreche, nur Einrichtungen in den Anwendungsbereich einzubeziehen, die im öffentlichen Verkehrsraum liegen1. Zwar spricht durch den Verweis auf § 68 TKG und die systematische Stellung des § 70 TKG in der Tat viel für die Sichtweise, dass es sich um Einrichtungen in Verkehrswegen handeln müsse. Andererseits besteht der Zweck der Bestimmung gerade darin, die nicht mögliche Inanspruchnahme des öffentlichen Wegerechts zu substituieren. Es muss daher ausreichen, wenn ein angemessener wirtschaftlicher und räumlicher Zusammenhang zwischen der geplanten (aber nicht realisierbaren) Linie im Verkehrsweg und dem Ausweichen auf vorhandene Einrichtungen besteht. So etwa, wenn eine Flussüberquerung an einer Brücke unmöglich ist, aber durch Ausweichen auf eine auf einem Privatgrundstück gelegene und unter dem Fluss geführte Leerrohrtrasse im Umweg erreicht werden kann. Auch Art. 12 Rahmenrichtlinie spricht für diese Sichtweise, wenn dort von der gemeinsamen Nutzung sowohl von Einrichtungen gesprochen wird, die sich in öffentlichem Grund als auch solchen, die sich in privatem Grund befinden.
203
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1 So Beck TKG-Komm/Schütz, § 70 TKG Rz. 11; ebenso Schütz, Kommunikationsrecht, Rz. 138.
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F Rz. 204 204
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
Die Bestimmung des § 76 TKG steht diesem Ergebnis nicht entgegen1. Da es sich bei § 70 TKG um einen Mitbenutzungsanspruch handelt, ändert sich am räumlichen Umfang der Nutzung des Grundstücks durch die vorhandene Telekommunikationslinie nichts. Es kommt lediglich ein Nutzungsberechtigter hinzu. Wenn aber schon die Nutzung des Grundstücks zu der mit Eingriffen in die Grundstückssubstanz verbundenen Verlegung nach § 76 TKG zulässig ist, muss dies erst Recht für den Fall gelten, dass ohne weitere Eingriffe dieselbe Trasse auch von weiteren Nutzungsberechtigten genutzt wird. Schon diese Erwägungen zeigen, dass es sich bei der Frage des Anwendungsbereichs von § 70 TKG hinsichtlich der örtlichen Lage der Einrichtungen weniger um die Frage dreht, wie weit das Mitbenutzungsrecht geht, sondern vielmehr um die Frage des Umfangs der Duldungspflicht des Eigentümers in § 76 TKG, die auch im Rahmen des Anwendungsbereichs jener Bestimmung zu beantworten ist (dazu näher Rz. 258 ff.). Im Übrigen ist den telekommunikationsrechtlichen Vorschriften eine Überlappung zwischen Mitbenutzungsrechten an Einrichtungen und Wegerechten nicht fremd. Dies zeigt die, wenn auch durchaus nicht unproblematische Bestimmung des § 45a Abs. 3 TKG (früher: § 10 Abs. 3 TKV 1997), nach der ein Mitbenutzungsanspruch für Zugangsleitungen an vorhandenen Einrichtungen auf einem Grundstück ungeachtet der Rechtsposition des Grundstückseigentümers besteht, gerade wenn dieser die Einräumung eines eigenen Wegerechts für die geplante Leitung verweigert (dazu näher Rz. 332 ff.). 6.2.2 Nutzung der Verkehrswege ist unmöglich oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich
205
Nach der Gesetzesbegründung zum TKG 1996 soll eine Duldung der Mitbenutzung auf den Extremfall beschränkt sein, in denen die Alternative, „wenn deine Mitbenutzung so teuer ist, baue ich eben selbst“, aus wirtschaftlichen Gründen bzw. Gründen der Kapazität nicht gegeben ist2.
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In jedem Fall geht der Gesetzgeber davon aus, dass von entscheidender Bedeutung zunächst die Frage der Kapazität der (primär) zu nutzenden Verkehrswege ist. Zunächst geht es also darum, dass der Mitbenutzungsberechtigte aufgrund von Kapazitätsproblemen überhaupt nicht selbst verlegen kann. Damit beschränkt sich der Anwendungsbereich von § 70 TKG vor allem auf das kommunale Gebiet, da bei Fernverkehrslinien in der Regel (zur Ausnahme bei Flüssen sogleich) ein Ressourcenengpass deswegen zu verneinen sein dürfte, weil genügend alternative Routenführungen möglich sind.
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Für die Frage, ob ein unverhältnismäßig hoher Aufwand vorliegt, reicht die Tatsache allein, dass bauen teurer als mieten ist, für den in § 70 TKG vor_______________
1 Anders ausdrücklich Beck TKG-Komm/Schütz, § 70 TKG Rz. 11. 2 BR-Drucks. 80/96, S. 50.
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Mitbenutzung bestehender Einrichtungen (§ 70 TKG)
Rz. 210 F
ausgesetzten Extremfall nicht aus. Vielmehr muss objektiv die Wirtschaftlichkeit der Baumaßnahme in Frage stehen1. Ein solcher Extremfall dürfte bei Querungen von Flüssen oder vergleichbaren natürlichen Hindernissen bestehen, wenn z. B. vorhandene Straßenbrücken mangels Kapazitäten nicht zur Querung genutzt werden können. Der Neubau von Flussquerungen gegenüber möglicherweise anderweitig bereits vorhandenen Querungen ist in der Regel mit so erheblichen Kosten verbunden, dass diese geeignet sein werden, den Mitbenutzungsanspruch zu begründen. Auf Nutzungsmöglichkeiten bei anderen möglichen Mitbenutzungsverpflichteten braucht sich der Mitbenutzungsberechtigte nicht verweisen zu lassen. Ausweislich der Gesetzesbegründung zum TKG 1996 soll § 70 TKG für den Fall Vorsorge treffen, dass in öffentlichen Verkehrswegen kein Raum für weitere Kabeltrassen mehr vorhanden ist2. Keine Voraussetzung ist dagegen, dass andere Nutzungsmöglichkeiten ebenfalls fehlen müssen.
208
6.2.3 Wirtschaftliche Zumutbarkeit Die wirtschaftliche Zumutbarkeit ist ein unbestimmter Begriff, der noch einer Konkretisierung durch die Rechtsprechung bedarf. Dabei ist davon auszugehen, dass die Rechtsprechung u. a. die zu zivilrechtlichen Duldungsverpflichtungen wie etwa des § 906 BGB im Einzelfall angewandten Kriterien bei der Frage einer wesentlichen Beeinträchtigung einerseits und der wirtschaftlichen Zumutbarkeit von Gegenmaßnahmen andererseits heranziehen wird.
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Der Mitbenutzungsverpflichtete kann daher nicht verpflichtet sein, besondere technische oder betriebliche Schwierigkeiten hinzunehmen. So wird man sagen können, dass die Mitbenutzung eines Leerohrs dann nicht zumutbar ist, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass die bereits verlegten Kabel beim Einziehen neuer Leitungen beschädigt werden. Diese Gefahr könnte etwa bei nicht unterteilten Leerrohren angenommen werden, die bereits zu 50 % oder mehr belegt sind. Gleiches gilt für Abschaltungen im Zusammenhang mit dem Einziehen der neuen Kabel. Sollten Abschaltungen notwendig sein, sieht der Mitbenutzungsverpflichtete sich nämlich unter Umständen Minderungs- oder Schadensersatzansprüchen seiner Nutzer ausgesetzt. Weiterhin wird man dem Mitbenutzungsverpflichteten gestatten müssen, die betroffenen freien Kapazitäten für eigene, geplante Projekte freizuhalten. So dürfte die Mitbenutzung unzumutbar sein, wenn bei zwei vorhanden Leerrohren eines bereits voll genutzt wird und die volle Nutzung des zweiten Leerrohrs kurz- oder mittelfristig geplant ist. Nicht ausreichen dürfte dagegen die bloß abstrakte Möglichkeit oder lediglich langfristige Planung, dass die freien Kapazitäten später einmal von dem
210
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1 Beck TKG-Komm/Schütz, § 70 TKG Rz. 6. 2 BR-Drucks. 80/96, S. 50.
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F Rz. 211
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
Mitbenutzungsverpflichteten für die Verlegung eigener Kabel benutzt werden. Ansonsten liefe der in § 70 TKG normierte Anspruch weitgehend leer. 211
Festzuhalten bleibt, dass der Mitbenutzungsverpflichtete eine mehr als nur geringfügige Beeinträchtigung durch die Verlegung weiterer Kabel nicht zu dulden braucht. Wegen der Vielfalt möglicher Beeinträchtigungen lässt sich der Begriff „wirtschaftliche Zumutbarkeit“ nicht abstrakt definieren; es kommt vielmehr auf den konkreten Einzelfall an. Dabei dürfte eine Abwägung der gegenseitigen Interessen wie auch die gegenseitige Wettbewerbsposition sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitbenutzungsverpflichteten gegenüber dem Mitbenutzungsberechtigten eine wesentliche Rolle spielen1. 6.2.4 Keine zusätzlichen größeren Baumaßnahmen
212
Der Anspruch des Mitbenutzungsberechtigten nach § 70 TKG besteht nur, soweit keine zusätzlichen größeren Baumaßnahmen erforderlich sind. Eindeutig überschritten ist diese Schwelle, wenn die für die Mitbenutzung erforderlichen Bauarbeiten den Umfang einer Neuverlegung einer Telekommunikationslinie erreichen2.
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Durch die gewählte Formulierung dürfte die Schwelle hierfür aber schon niedriger anzusetzen sein. Eine Antwort auf diese Frage könnte sich in Anlehnung an § 1020 BGB ergeben. Nach dieser Vorschrift hat der Berechtigte bei der Ausübung einer Grunddienstbarkeit das Interesse des Eigentümers des belasteten Grundstücks tunlichst zu schonen. Der Dienstbarkeitsberechtigte muss insbesondere auf die Bewirtschaftung des dienenden Grundstückes Rücksicht nehmen3. Er muss sein Recht so wahrnehmen, dass die Interessen des Eigentümers am wenigsten beeinträchtigt werden. Bei Übertragung dieser Erwägungen auf den in § 70 TKG geregelten Sachverhalt wird man sagen können, dass der Mitbenutzungsverpflichtete nicht verpflichtet sein kann, seine bereits im Leerrohr befindlichen Kabel zu entfernen, damit der Nutzungsberechtigte seinen eigenen gemeinsam mit den bisherigen neu einziehen kann. Auch wird der Mitbenutzungsverpflichtete sich dann gegen die Verpflichtung wehren können, wenn der Berechtigte die Errichtung neuer Kabelschächte fordert, da dies nicht nur größere Baumaßnahmen im eigentlichen Sinne bedeutet, sondern auch Maßnahmen an den Leerrohren und den Kabeln zur Herstellung der erforderlichen Verzweigungen. Da allerdings lediglich größere Baumaßnahmen die Mitbenutzungsverpflichtung hindern, wird der Verpflichtete vermutlich keine Einwände gegen das Einziehen von Unterleerrohren in ein vorhandenes, nicht belegtes Leerrohr erheben können, sofern dies über die vorhandenen Kabelschächte geschehen kann und der Berechtigte die Kosten (wirtschaftliche Zumutbarkeit!) trägt. _______________
1 Siehe Palandt/Bassenge, § 906 BGB Rz. 16. 2 Vgl. Beck TKG-Komm/Schütz, § 70 TKG Rz. 15. 3 Staudinger/Rink, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 1020 BGB Rz. 1.
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Mitbenutzung bestehender Einrichtungen (§ 70 TKG)
Rz. 220 F
6.3 Angemessener geldwerter Ausgleich Der Mitbenutzungsverpflichtete hat gegen den Mitbenutzungsberechtigten einen Anspruch auf angemessenen geldwerten Ausgleich für die Mitbenutzung. Die Frage nach der Angemessenheit wird sich im Zweifel nach dem am Markt für die Nutzung vergleichbarer Einrichtungen erzielbaren Entgelt richten. Telekommunikationsrechtliche Vorschriften liefern hier mangels Anwendbarkeit keine Anhaltspunkte, weil es sich bei der Mitbenutzung nicht um einen Telekommunikationsdienst handelt.
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Problematisch an den fehlenden Maßstäben ist, dass der angemessene Ausgleich zugleich eine Variable dafür ist, die anspruchsbegründende Voraussetzung des unverhältnismäßig hohen Aufwands für den Bau einer eigenen Telekommunikationslinie zu bestimmen. In Knappheitssituationen – und nur für diese ist die Bestimmung des § 70 TKG konzipiert – kann es daher zu fragwürdigen Preisverschiebungen kommen, die aber ggf. durch den Rückgriff auf das allgemeine Kartellrecht (Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung) gemildert werden können.
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6.4 Durchsetzung des Mitbenutzungsanspruchs Die Regelung des § 70 TKG räumt einem nach § 69 TKG nutzungsberechtigten Betreiber von öffentlichen Telekommunikationsnetzen unter den dort genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf Duldung der Mitbenutzung von für die Aufnahme von Telekommunikationskabeln vorgesehenen Einrichtungen gegen Entschädigung ein.
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Der Anspruch wäre vor den Zivilgerichten zu verfolgen. Zwar handelt es um eine Verpflichtung aus dem TKG, der Duldungsanspruch ist aber zivilrechtlicher Natur, so dass gemäß § 13 GVG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist. Parallel dazu kommt allerdings auch ein Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG vor der BNetzA in Betracht.
217
Eine Klage wäre ähnlich wie bei dem Notwegerecht nach § 917 BGB auf Duldung der Benutzung zu erheben1.
218
Da der Duldungsanspruch wegen der damit verbundenen Einzelfragen (Baumaßnahmen, Ausgleich, evtl. Schutzpflichten) aber eigentlich den Abschluss eines entsprechenden Miet- oder Pachtvertrags, in dem die Einzelheiten der Benutzung geregelt werden, als Rechtsgrundlage für die Mitbenutzung impliziert, könnte auch an eine Klage auf Abschluss eines derartigen Vertrags gedacht werden.
219
Der Anspruch richtet sich dann auf die Abgabe einer Willenserklärung und ist im Wege der Leistungsklage durchzusetzen2.
220
_______________
1 Siehe Palandt/Bassenge, § 917 BGB Rz. 13. 2 Immenga/Mestmäcker, § 26 Rz. 304.
Heun | 485
F Rz. 221
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
6.5 Mitbenutzungsverträge, Leerrohrmiete und -nutzung 221
Trotz des Anspruchs bzw. wegen der umfangreichen Anspruchsvoraussetzungen des § 70 TKG werden Nutzungsverträge über Einrichtungen, die zur Aufnahme von Telekommunikationskabeln geeignet sind, in der Praxis meist frei vereinbart und geschlossen. Wie bereits erwähnt (siehe oben Rz. 156), hat sich hier bereits ein eigener Markt über die Vermietung von Leerohren herausgebildet1. 6.5.1 Rechtsnatur der Nutzungsverträge
222
Nutzungsrechte können im Wege privatrechtlicher Verträge eingeräumt werden. Da die Verträge private Nutzungsrechte an beweglichen Sachen2 zum Gegenstand haben, dürften sie in aller Regel als Miet- oder Pachtverträge aufzufassen sein.
223
Es sind aber auch häufiger Verträge anzutreffen, bei denen das Nutzungsrecht im Wege des (sachenrechtlichen) Nießbrauchs gemäß § 1030 ff. BGB eingeräumt wird. Dies liegt zum einen daran, dass die Nutzungsverträge zumeist langfristig vereinbart werden und sich damit auch die Frage der langfristigen Sicherung und Insolvenzfestigkeit des Nutzungsrechts stellt. Zum anderen liegt der Nießbrauch näher an dem im angloamerikanischen Rechtsraum entwickelten „Indefeasible Right of Use (IRU)“ für langfristige Nutzungsrechte an Infrastruktureinrichtungen3.
224
Die Kundenschutzregelungen in §§ 43a ff. TKG (früher: der TKV 1997) spielen bei derartigen Verträgen keine Rolle, da es sich bei der Einräumung von Nutzungsrechten an Leerrohren, sonstigen Infrastruktureinrichtungen oder Glasfasern nicht um einen Telekommunikationsdienst handelt. Der Anwendungsbereich jener Regelungen ist/war aber auf Telekommunikationsdienste beschränkt. 6.5.2 Einrichtungen in öffentlicher Hand
225
Häufig werden Nutzungsverträge über Einrichtungen geschlossen, die sich in öffentlicher Hand befinden, d. h. Einrichtungen des Bundes, eines Landes, _______________
1 Gleiches gilt für die Vermietung von Glasfasern (Dark Fiber Miete), die hier allerdings nicht näher betrachtet wird. Die Vertragsgestaltung bei diesen Verträgen ist ähnlich wie bei Leerrohrnutzungsverträgen. 2 Zumeist Scheinbestandteile gemäß § 95 BGB. Siehe oben Rz. 38. 3 Dieses Rechtsinstitut wird insbesondere bei angloamerikanischen „Dark Fiber“ Nutzungsverträgen genutzt. In Deutschland wirft dies für Glasfaser-Nutzungsverträge allerdings die Frage auf, ob an einzelnen Glasfasern ebenfalls Nießbrauch eingeräumt werden kann. Da einzelne Glasfasern im Zweifel nicht sonderrechtsfähige wesentliche Bestandteile eines Glasfaserkabels nach § 93 BGB darstellen, wird dies regelmäßig problematisch. Denkbar wären aber Quotennießbrauch (dazu Palandt/Bassenge, § 1030 BGB Rz. 5) oder Bruchteilsnießbrauch (dazu Palandt/ Bassenge, § 1066 BGB Rz. 4).
486 | Heun
Mitbenutzung bestehender Einrichtungen (§ 70 TKG)
Rz. 229 F
einer Kommune oder der nicht privatrechtlich ausgegliederten kommunalen Versorgungsbetriebe. Die Nutzung dieser Einrichtungen richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen für die Nutzung öffentlicher Sachen in Verwaltungs- bzw. Anstaltsgebrauch. Diesbezügliche Nutzungsverträge sind ebenfalls regelmäßig privatrechtlicher Natur. Bei Einrichtungen in Verwaltungsgebrauch handelt es sich um öffentliche Sachen, die von der Verwaltung selbst genutzt werden, z. B. verwaltungseigene Gebäude, technischen Einrichtungen etc1. Diese Einrichtungen gehören zum „Verwaltungsvermögen“ und dienen der öffentlichen Verwaltung unmittelbar zur Erfüllung ihrer Aufgaben2. Im Gegensatz zu öffentlichen Sachen in Gemeingebrauch wie eben beispielsweise öffentlichen Verkehrswegen, existiert für öffentliche Sachen in Verwaltungsgebrauch keine spezielle gesetzliche Regelung.
226
Öffentliche Sachen in Anstaltsgebrauch sind Einrichtungen, die den Kommunen unmittelbar oder mittelbar für Zwecke der Daseinsvorsorge gegenüber den Bürgern dienen, z. B. Personentransport, Entwässerung, Müllabfuhr etc3. Diesbezügliche rechtliche Regelungen ergeben sich vor allem aus kommunalrechtlichen Vorschriften.
227
Im Hinblick auf die Verlegung von Telekommunikationslinien wären beispielsweise folgende Gegenstände als öffentliche Sachen in Verwaltungsoder Anstaltsgebrauch anzusehen:
228
–
städtische Leerrohre für Telekommunikationsleitungen des Kommunikationsnetzes der städtischen Verwaltung4;
–
Leerrohre, Versorgungsrohre oder Versorgungstunnel (z. B. Entwässerungskanäle und U-Bahn-Tunnel) der städtischen Versorgungs- oder Verkehrsbetriebe, soweit es sich bei diesen nicht um ausgegliederte juristische Personen des Privatrechts handelt (z. B. Stadtwerke AG).
Wenn und soweit es sich bei einer Nutzung öffentlicher Sachen in Verwaltungsgebrauch durch einen Dritten nicht um eine Wahrnehmung verwaltungsrechtlicher Angelegenheiten handelt (z. B. das Betreten eines Gebäudes zwecks Antragstellung), richtet sich deren Nutzung nach Privatrecht5. Letzteres ist bei der Verlegung von Telekommunikationslinien unter Benutzung städtischer Leerrohre der Fall. Hier geht es nicht um eine verwaltungsrechtliche, sondern um eine privatwirtschaftliche Tätigkeit. Zwar erfolgen Er_______________
1 Salzwedel, Anstaltsnutzung und Nutzung öffentlicher Sachen, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 46 Rz. 2. 2 Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 31. 3 Salzwedel, Anstaltsnutzung und Nutzung öffentlicher Sachen, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 45 Rz. 1. 4 Solche Netze werden häufig von den städtischen Hochbau- oder Hauptämtern betrieben. Vgl. Deutscher Städtetag (Hrsg.), Kommunale Kommunikationsnetze (1995), S. 15 f. 5 Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 32.
Heun | 487
229
F Rz. 230
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
richtung und Betrieb der Infrastruktur im Rahmen der verfassungsrechtlichen Gewährleistung einer angemessenen und ausreichenden Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen durch den Bund nach Art. 87f Abs. 1 GG. Jedoch wird das Unternehmen damit nicht zu einem Nutzer, der verwaltungsrechtliche Angelegenheiten im Verhältnis zur Stadt wahrnimmt. 230
Die privatrechtliche Rechtsform ist auch bei der Nutzung von Leerrohren oder Versorgungsanlagen der städtischen Versorgungs- und Verkehrsbetriebe zur Verlegung von Telekommunikationslinien durch Telekommunikationsunternehmen gegeben. Zwar wird bei öffentlichen Sachen in Anstaltsgebrauch regelmäßig unterschieden, ob die übliche Benutzungsform privatrechtlich (z. B. öffentlicher Personennahverkehr) oder öffentlich-rechtlich (z. B. Müllabfuhr, Entwässerung) ausgestaltet ist1. Daraus wird von manchen gefolgert, dass für besondere Nutzungen – darum handelt es sich bei der Verlegung von Telekommunikationslinien in diesen Einrichtungen – seitens des Trägers ein Wahlrecht für die Rechtsform besteht2. Andere folgern, dass sich besondere Nutzungen nach der rechtlichen Ausgestaltungsform der üblichen Nutzung richten3. Indessen steht aber die Verlegung von Telekommunikationslinien unter Benutzung der öffentlichen Sachen in Anstaltsgebrauch wie bei der Benutzung von öffentlichen Sachen in Verwaltungsgebrauch in keinem Zusammenhang mit der üblichen Benutzung, wie eben beispielsweise Personentransport oder Entwässerung4. Auf die rechtliche Ausgestaltung der üblichen Benutzungsform kann und braucht es daher nicht anzukommen.
231
Aus den vorgenannten Gründen ist höchstrichterlich beispielsweise auch die vertragliche Nutzung zum Zwecke des Aufstellens und Betreibens öffentlicher Telefonstellen von Flächen im Bereich einer U-Bahn (z. B. Zugangswege und -flächen, Bahnsteige, kommerzielle Flächen an Großstationen), die von einem privatrechtlich organisierten städtischen Vorsorgungsbetrieb verwaltet werden, als privatrechtliche Nutzung angesehen worden5. Diese privatrechtliche Einordnung gilt auch dann, wenn der betreffende
_______________
1 Vgl. Salzwedel, Anstaltsnutzung und Nutzung öffentlicher Sachen, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 41 Rz. 11 ff. 2 Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 30. 3 Vgl. Salzwedel, Anstaltsnutzung und Nutzung öffentlicher Sachen, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 41 Rz. 11 ff. 4 Die als Beispiele aufgeführten besonderen Benutzungsformen gehen vielmehr von einer über den Rahmen hinausgehenden Beanspruchung aus, wie die Privatfahrt mit einer U-Bahn oder die Ableitung von besonders viel Wasser. Vgl. Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 30 und Salzwedel, Anstaltsnutzung und Nutzung öffentlicher Sachen, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 41 Rz. 11 ff. 5 BGH, KZB 8/03 v. 4.11.2003; vorgehend OLG Frankfurt, 11 W 19/02 v. 25.2.2003 und LG Frankfurt, 3/12 O 186/01 v. 12.4.2002.
488 | Heun
Mitbenutzung bestehender Einrichtungen (§ 70 TKG)
Rz. 237 F
Nutzungsvertrag aus einer Zeit stammt, in der beide Vertragsparteien noch juristische Personen des öffentlichen Rechts1 waren2. Die Nutzung städtischer Leerrohre oder der sonstigen genannten Einrichtungen kann demnach in Form von Miet- oder Pachtverträgen geregelt werden, wie etwa im Falle eines Pächters der Kantinenräume in einem Verwaltungsgebäude. Auch die Vereinbarung von Nießbrauch ist denkbar, kommt aber bei Einrichtungen der öffentlichen Hand in der Praxis kaum vor.
232
6.5.3 Vertragsgestaltung Ausgehend vom Beispiel eines Mietvertrags über die Nutzung von bestehenden Leerrohren einer Gemeinde sind für die Vertragsgestaltung insbesondere die nachfolgend dargestellten Punkte zu beachten:
233
6.5.3.1 Nutzungsgegenstand Die Anzahl der Leerrohre und der Trassenverlauf sind genau zu bezeichnen. Insbesondere bei Vereinbarung des Nießbrauchs ist darauf zu achten, dass die zu nutzenden Leerrohre keine wesentlichen Bestandteile eines anderen Gegenstands wie z. B. eines Mantelrohrs oder anderer Leerrohre sind. Ohne genaue Bezeichnung bestehen Probleme mit dem sachrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz, die der Entstehung des Nießbrauchs entgegenstehen könnten. Ferner ist das Verfahren der Besitzübertragung genauestens zu regeln, da für die Bestellung des Nießbrauchs gemäß § 1032 BGB Einigkeit über das Entstehen des Nießbrauchs und die Übergabe der Leerrohre erforderlich ist3.
234
Bei Leerrohren, die sich schon länger in z. B. städtischem Eigentum oder Besitz befinden, muss Klarheit darüber bestehen, welche Leerrohre tatsächlich vorhanden und aus technischer Sicht für die geplante Nutzung geeignet sind. Liegen ausreichende Informationen nicht vor, ist ein Verfahren für die Sichtung und Inbesitznahme der Leerrohre vorzusehen. Für einen möglicherweise geplanten weiteren Ausbau sollte an Erweiterungsoptionen gedacht werden.
235
Die technischen Spezifikationen des Leerrohrs werden üblicherweise in einem technischen Anhang beschrieben.
236
6.5.3.2 Nutzungsumfang Neben der Festlegung der technischen Einzelheiten bezüglich der einzubringenden Telekommunikationsleitungen muss der Zugang zu den Leer_______________
1 So etwa vor der Ausgliederung und Privatisierung des städtischen Versorgungsbetriebs und der Privatisierung der Deutschen Bundespost TELEKOM. 2 BGH, KZB 8/03 v. 4.11.2003, S. 4 f. des amtlichen Umdrucks. 3 Dazu Palandt/Bassenge, § 1032 BGB Rz. 2.
Heun | 489
237
F Rz. 238
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
rohren jederzeit gewährleistet sein. Dies gilt auch für die Nutzung der vorhandenen Kabelschächte. Regelungen und Verfahren im Hinblick auf die gemeinsame Benutzung sind notwendig (z. B. Aufbewahrung der Schlüssel für die Kabelschächte, gegenseitige Unterrichtungspflichten bezüglich Installations- und Wartungsarbeiten etc.). 238
Entbehrlich sind derartige Zugangs- und Benutzungsregelungen nur dann, wenn der Vermieter des Leerrohrs zugleich die Wartung und Instandhaltung des vermieteten Leerrohrs übernimmt.
239
Schließlich ist bei der Nutzung von Einrichtungen der öffentlichen Hand daran zu denken, dass der Vermieter möglicherweise beabsichtigt, dem Mieter zugleich die Instandhaltung der vermieteten Leerrohre zu übertragen. Instandhaltungsmaßnahmen werden im gewerblichen Mietrecht regelmäßig auf den Mieter abgewälzt. Zwar würde sich beispielsweise eine Stadt damit eines Großteils der Kontrolle über die Leerrohre begeben, was nicht unbedingt in ihrem Interesse sein dürfte. Gleichwohl ist eine solche Vertragsklausel in der Praxis anzutreffen. Je nach Zustand des städtischen Leerrohrsystems kann dies zu erheblichen Mehraufwendungen für den Mieter führen. Andererseits kann hiermit aber auch ein Anreiz für die Stadt geschaffen werden, mehr Leerrohrkapazitäten zu vermieten. 6.5.3.3 Entgelt
240
Ausgangspunkt für die Entgeltregelung ist in der Regel der laufende Meter gemietetes Leerrohr, welcher pro Zeiteinheit (Monat, Jahr) oder als Pauschale vergütet wird. Die Preisbildung kann sich dabei zusätzlich auch an der Lage der Leerrohre orientieren. So kommt es beispielsweise vor, dass die Leerrohre im Innenstadtbereich oder in Bürozentren höher bemessen werden als in anderen Stadtgebieten. Mittlerweile hat sich hier am Markt eine zumeist funktionierende Preisbildung entwickelt. Zugleich ist der Regelung von Preisanpassungsklauseln besondere Beachtung zu schenken. Da es sich zumeist um langfristige Verträge handelt, gleichzeitig aber die Preise in den nachgelagerten Telekommunikationsmärkten eher fallen als steigen, sind hier regelmäßig Streitigkeiten vorprogrammiert. Solche Streitigkeiten haben insbesondere in den letzten zwei Jahren zugenommen und entzünden sich an weich formulierten Vertragsklauseln oder § 313 BGB. 6.5.3.4 Folgepflichten und Folgekosten
241
Auch bei der Miete von Leerrohren stellt sich die Frage nach Folgepflichten und Folgekosten. Die gemieteten Leerrohre können genau wie alle anderen in den Straßen befindlichen Leitungen von Straßenbaumaßnahmen betroffen werden, die eine Umlegung oder Umbettung erforderlich machen. Ist der Vermieter zugleich Wegebaulastträger (was bei der Anmietung städtischer Leerrohre regelmäßig der Fall ist), wäre es interessengerecht, neben 490 | Heun
Mitbenutzung bestehender Einrichtungen (§ 70 TKG)
Rz. 244 F
Informationspflichten für die Stadt zu vereinbaren, dass jener die Folgekosten trägt. Ist der Vermieter selbst ein Telekommunikationsunternehmen wird zumeist vereinbart, dass den Mieter die etwaigen Folgepflichten ebenso treffen und er einen seinem Mietanteil entsprechenden Teil der Folgekosten trägt. 6.5.3.5 Haftung Gerade wegen der möglichen gemeinsamen Benutzung der Kabelschächte stellt die haftungsrechtliche Ausgestaltung bei der Miete von Leerrohren ein delikates Problem dar. Zumeist werden hier Regelungen aufgenommen, die vorsehen, dass weder Mieter noch Vermieter die Einrichtungen und den Betrieb der Einrichtungen des anderen stören darf. Ist die öffentliche Hand Vermieter, besteht diese häufig auf umfangreiche Haftungsfreistellungen für sich und ihre Bediensteten im Verhältnis zum Mieter selbst wie auch im Verhältnis zu Dritten (insbesondere der an das Netz angeschlossenen Kunden des Mieters).
242
6.5.3.6 Vertragsdauer und Vertragsbeendigung Wegen der Investitionskosten bei der Verlegung von Telekommunikationsleitungen sind im Mietvertrag Regelungen zu treffen, die für den Mieter eine ausreichende Investitionssicherheit bieten. Problematisch ist wie bei der Nutzung öffentlicher Wege ferner die Frage, was mit den vom Mieter eingebrachten Telekommunikationskabel und Einrichtungen nach Ablauf der Vertragsdauer oder im Fall der sonstigen Beendigung des Vertragsverhältnisses geschehen soll. Im Mietrecht gilt grundsätzlich, dass der Mieter mit Beendigung des Mietverhältnisses die von ihm eingebrachten Gegenstände zu entfernen hat1. Bei einem Leitungsnetz, welches zum Teil aus selbst in öffentlichen Wegen verlegten Leerrohren und zum Teil aus angemieteten Leerrohren besteht, kann dies zu einer Unterbrechung des Netzbetriebs führen. Die vertraglichen Regelungen über die Vertragsdauer wie auch die Beendigung des Vertrags (insbesondere die Kündigungsfristen) müssen diese Interessen angemessen berücksichtigen.
243
Bei Altverträgen ist zu beachten, dass diese Verträge Regelungen über die Vertragsbeendigung enthalten können, die eine Kündigung durch den (öffentlichen) Vermieter bzw. Verpächter nur im Falle eines besonderen (dringenden) öffentlichen Interesses gestatten. Derartige Regelungen sind früher insbesondere in Nutzungsverträge mit der Fernmeldeverwaltung aufgenommen worden und gelten heute zugunsten der Deutschen Telekom AG fort. Dies wirft zum einen die Frage auf, wie Verträge mit derartigen Klauseln von den heutigen Vertragsparteien überhaupt gekündigt werden können.
244
_______________
1 Vgl. Palandt/Putzo, § 546 BGB Rz. 6.
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F Rz. 245
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
Zum anderen können derartige Klauseln den heutigen Nutzungsinteressen von Wettbewerbern ebenso entgegen stehen wie den Interessen des (öffentlichen) Vermieters bzw. Verpächters an einer effizienteren Ressourcenbewirtschaftung. Abhängig vom jeweiligen Einzelfall sind derartige Klauseln nach heutigem Recht anders zu beurteilen, wenn sich der Zweck, das Kündigungsrecht durch das Vorliegen eines öffentlichen Interesses zu beschränken, etwa dadurch geändert hat, dass die frühere Aufgabenwahrnehmung seitens der Fernmeldeverwaltung heute gemäß Art. 87f Abs. 2 GG durch private Anbieter wahrgenommen wird1. Daraus folgt zweierlei: Einerseits sind Einschränkungen des Kündigungsrechts mit dem Erfordernis eines öffentlichen Interesses zu Lasten des (öffentlichen) Vermieters bzw. Verpächters grundsätzlich mit Vorsicht zu betrachten, weil sich dieser damit der (späteren) Nutzungsvergabe an etwaige wirtschaftlichere Dritte begibt. Andererseits müssen bestehende Regelungen dieser Art einer Kündigung und Neuvergabe von Nutzungsrechten nicht zwangsläufig entgegen stehen. 6.5.3.7 Übertragung der Nutzungsrechte 245
Häufig liegt es im Interesse des Mieters, die eingeräumten Nutzungsrechte auch an Dritte übertragen zu können. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn der Mieter Nutzungsrechte an mehr als einem Leerrohr erwirbt.
246
Zu berücksichtigen ist dabei, dass der Mieter gemäß § 540 Abs. 1 BGB nicht berechtigt ist, ohne Erlaubnis des Vermieters den Gebrauch der Mietsache einem Dritten zu überlassen. Der Nießbrauch ist zwar gemäß § 1059 Satz 1 BGB unübertragbar, kann aber ohne das Erfordernis einer Gestattung gemäß § 1059 Satz 2 BGB einem Dritten im Ganzen oder hinsichtlich einzelner Nutzungen2 zur Ausübung überlassen werden. Allerdings ist die Überlassung nur schuldrechtlicher3 Natur und gewährt demgemäß nicht den gleichen Schutz wie der Nießbrauch selbst.
247
Bei Mietverträgen ist es daher für den Mieter im Zweifel wichtig, die Möglichkeit der Übertragung von Nutzungsrechten bzw. die Untervermietung vorab vertraglich durch eine Zustimmung des Vermieters zu regeln. Trotz der Möglichkeit, auch nur einzelne Nutzungen zur Ausübung an Dritte zu überlassen, bietet es sich beim Nießbrauch an, klarzustellen, dass sich dieses Recht auch auf einzelne Teile des Nießbrauchsgegenstands bezieht.
248
Andererseits sind die Vermieter bzw. Eigentümer aber in der Regel sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, der Einräumung von Nutzungs- bzw. Un_______________
1 Siehe LG Frankfurt, 3/12 O 186/01 v. 9.7.2004 (rkr.) für den Fall eines Altvertrags über die Nutzung städtischer U-Bahn-Flächen zum Aufstellen und Betreiben öffentlicher Telefonstellen. 2 Palandt/Bassenge, § 1059 BGB Rz. 2. 3 Palandt/Bassenge, § 1059 BGB Rz. 3.
492 | Heun
Rz. 252 F
Mitbenutzung bestehender Einrichtungen (§ 70 TKG)
termietrechten an Dritte vorab vertraglich zuzustimmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Eigentümer bzw. Vermieter die öffentliche Hand ist. 6.6 Exkurs: Mitverlegungsverträge und Leerrohrverkäufe Neben herkömmlichen Mietverträgen über Leerrohre oder Verträgen über die Miete von Glasfasern haben sich in der Praxis auch so genannte Mitverlegungsverträge („Shared Trenching“) herausgebildet. Diese Verträge regeln die Kooperation zwischen zwei oder mehreren Betreibern von Telekommunikationsnetzen, die sich aus ökonomischen Gründen bei der Verlegung von Telekommunikationslinien zusammentun. In solchen Verträgen erwerben zumeist alle Beteiligten das Eigentum an den für sie vorgesehenen Leerrohren und sonstigen Einrichtungen. Gleiches geschieht bei mittlerweile ebenfalls häufig anzutreffenden Verkäufen von Leerrohren und Infrastruktureinrichtungen.
249
6.6.1 Vertragsarten Zwei Arten von Mitverlegungsverträgen lassen sich unterscheiden:
250
1
–
Verträge, in denen sich ein Telekommunikationsunternehmen verpflichtet, für ein anderes oder mehrere andere Telekommunikationsunternehmen Leerrohre oder sonstige Infrastruktureinrichtungen anlässlich der Verlegung von eigenen Telekommunikationslinien im Einzelfall mitzuverlegen.
–
Ein Rahmenvertrag über die Mitverlegung zwischen zwei oder mehreren Telekommunikationsunternehmen, der ein Verfahren der Mitverlegung für anstehende wie auch zukünftige Verlegeprojekte der Beteiligten vorsieht.
In beiden Verträgen geht es im Wesentlichen darum, dass das verlegende Unternehmen für die anderen Unternehmen ein Werk herstellt, nämlich die mitzuverlegenden Telekommunikationslinien der anderen Unternehmen. Bei dieser Art von Verträgen handelt es sich also normalerweise um Werkverträge. Zwar kommen in der Praxis auch Vertragsgestaltungen vor, in denen mehrere Unternehmen ein Joint Venture für die gemeinsame Verlegung gründen. Auch hier spielen aber werkvertragliche Regelungen eine maßgebende Rolle, weil Kern der Zusammenarbeit die Herstellung eines Werkes, d. h. die Verlegung der Telekommunikationslinien ist.
251
Ein zusätzlicher Geschäftstypus, der mit den Mitverlegungsverträgen in engem Zusammenhang steht, ist ferner der Verkauf von Leerrohren und Infrastruktureinrichtungen zwischen Telekommunikationsunternehmen.
252
_______________
1 Nicht selten ist an solchen Verträgen auch ein sonstiges Infrastrukturunternehmen und/oder ein Systemhersteller beteiligt, das/der dann für die anderen Vertragsparteien die Verlegung vornimmt.
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F Rz. 253
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
Hier wird zumeist ein Teil der bereits verlegten Telekommunikationslinie, d. h. beispielsweise eines von mehreren Leerrohren im Wege eines Kaufvertrags veräußert. Seltener wird die gesamte Infrastruktur verkauft, dies kommt aber durchaus im Zusammenhang mit Insolvenzen oder Umstrukturierungen vor. 6.6.2 Vertragsinhalte und Problembereiche 253
Mitverlegungsverträge enthalten relativ komplexe Regelungen über die Kooperation und/oder Bauausführung, über Fragen der (Alt-)Lizenz und/oder des öffentlichen Wegerechts der Vertragspartner, über die aus dem TKG folgenden Folge- und Folgekostenpflichten im Verhältnis der Beteiligten zueinander, sowie über die Entgeltberechnung und Abrechnung. Zumeist haben derartige Verträge Projektcharakter und werden dementsprechend ausführlich verhandelt.
254
In der Praxis haben sich die Inhalte der von den verschiedenen am Markt tätigen Telekommunikationsunternehmen verwendeten Mitverlegungsverträge weitgehend angenähert. Viele der anhand der Mitverlegungsverträge entwickelten Regelungen sind auch in die Leerrohr- und Glasfasernutzungsverträge sowie in die Leerrohrkaufverträge eingeflossen.
255
Hauptprobleme im Mitverlegungsprojekt selbst sind regelmäßig die Ausführungsfristen und die mit Einhaltung oder Nichteinhaltung verbundenen Konsequenzen. Denn die Verlegung von Telekommunikationslinien ist in zeitlicher Hinsicht sowohl mit rechtlichen (z. B. zeitgerechte Erlangung der öffentlichen und privaten Wegerechte) als auch mit tatsächlichen Unwägbarkeiten (z. B. Wetter, Bodenbeschaffenheit etc.) belastet.
256
Wegen des mit der Mitverlegung oder dem Kauf verbundenen Eigentumserwerbs an den Leerrohren und Einrichtungen, stellen sich Fragen der Einräumung von Nutzungsrechten an Dritte bzw. der Untervermietung in diesen Verträgen hinsichtlich der vertragsgegenständlichen Leerrohre und Einrichtungen nicht. Allerdings bleiben diese Fragen gleichwohl relevant, nämlich hinsichtlich der Wegerechte an den Verkehrswegen oder privaten Grundstücken, aufgrund derer die Leerrohre und Einrichtungen verlegt worden sind (dazu oben Rz. 179 ff. und unten Rz. 315 ff.).
257
Gerade bei den Wegerechten für die zu übertragenden bzw. erworbenen Leerrohre und Einrichtungen liegen große Probleme in der Durchführung von Mitverlegungs- und Leerrohrkaufverträgen (gleiches gilt übrigens auch für Nutzungsverträge der oben Rz. 221 ff. erörterten Art). Verständlicherweise will der Erwerber für seine Leerrohre und Einrichtungen bzw. seine Telekommunikationslinien eigene und nicht nur vom Vertragspartner abgeleitete Wegerechte besitzen. Hinsichtlich des öffentlichen Wegerechts bestehen hier wegen des gemäß § 69 TKG übertragenen Nutzungsrechts regelmäßig keine Probleme (siehe oben Rz. 179 ff.). Ganz anders sieht die Situa-
494 | Heun
Nutzung privater Grundstücke (§ 76 TKG)
Rz. 260 F
tion aber wegen der vielfältigen Vertragsgestaltungen bei privaten Wegerechten aus (dazu auch unten Rz. 317 ff.). Hier bereiten sowohl die Natur der eingeräumten Rechte, also auch das mögliche Erfordernis einer Erlaubnis seitens des Grundstückseigentümers für die Einräumung von Nutzungsrechten an Dritte oder gar der explizite Ausschluss der Einräumung von Nutzungsrechten an Dritte im Vertrag ganz erhebliche Probleme. Wenn nicht schon der ursprünglich Berechtigte aus den privaten Wegerechten in den entsprechenden Verträgen ausreichende Vorkehrungen für die Übertragung von späteren Nutzungsrechten an Dritte getroffen hat1, bleibt entweder nur die zumeist zeit- und kostenintensive Neuverhandlung der Verträge mit den Grundstückseigentümern oder der Erwerber gibt sich mit abgeleiteten Nutzungsrechten zufrieden. Letzteres ist insbesondere deswegen unbefriedigend, weil die abgeleiteten Nutzungsrechte immer vom Hauptrecht abhängig und häufig auch schwächer als dieses sind. Oftmals ist aber auch schon die Einräumung abgeleiteter Nutzungsrechte wie die Untermiete aufgrund der vertraglichen Situation problematisch. Die hieraus erwachsenden Fragen müssen zwischen den beteiligten Telekommunikationsunternehmen genau untersucht und geregelt werden.
7. Nutzung privater Grundstücke (§ 76 TKG) Anders als der frühere § 10 TWG enthält die Bestimmung des § 76 TKG eine Regelung, die sich mit der oberirdischen und unterirdischen Verlegung von Telekommunikationslinien auf Privatgrundstücken befasst (privates Wegerecht). Gegenüber der Regelung in § 57 TKG 1996 ist in § 76 TKG lediglich eine Ergänzung in Absatz 2 hinsichtlich des Ausgleichsanspruchs erfolgt.
258
Die Regelung sieht eine Duldungspflicht des Eigentümers für den Betrieb, die Errichtung und Erneuerung von Telekommunikationslinien vor, sofern
259
–
eine bereits vorhandene, durch ein Recht gesicherte Leitung oder Anlage auch für Telekommunikationslinien genutzt werden kann und keine zusätzliche Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung entsteht (§ 76 Abs. 1 Nr. 1) oder
–
diese die Benutzung des Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen (§ 76 Abs. 1 Nr. 2).
Der erste Fall hat insbesondere die bestehenden Leitungssysteme der Energieversorger im Auge, die unter den genannten Voraussetzungen auch für öffentliche Telekommunikationsnetze genutzt, erweitert und erneuert wer_______________
1 Dies ist bei größeren Projekten ohne die anfängliche Beteiligung mehrerer aus Zeitmangel oft nicht möglich (gewesen). Bei Mitverlegungsprojekten kann das Problem zumeist von Anfang an unter Einbeziehung aller Beteiligten besser angegangen werden.
Heun | 495
260
F Rz. 261
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
den dürfen (Nutzungserweiterung)1. Der zweite Fall ist allgemeinerer Natur und enthält unter den genannten Voraussetzungen ein dem Nutzungsrecht an öffentlichen Wegen vergleichbares privates Wegerecht. 261
Infolge der regen Bauaktivitäten für Telekommunikationsinfrastrukturen in Deutschland nach Inkrafttreten des TKG 1996 ist es zu einer umfangreichen Auseinandersetzung mit dem privaten Wegerecht des § 57 TKG 1996 bzw. nunmehr § 76 TKG in Rechtsprechung2 und Literatur3 gekommen, die durch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts4 und des Bundesgerichtshofs5 weitgehend geklärt scheint. 7.1 Rechtsnatur, Regelungsgegenstand und Durchsetzung des privaten Wegerechts
262
Die Regelung in § 76 TKG begründet ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Nutzungsberechtigten6. Aus diesem Schuldverhältnis folgt ein unmittelbarer Anspruch des Nutzungsberechtigten, das Grundstück betreten und nutzen zu dürfen sowie eine korrespondierende Duldungspflicht des Grundstückseigentümers7.
263
Dies bedeutet, dass der Nutzungsberechtigte bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 TKG weder eine vorherige Erlaubnis des Grundstückseigentümers vor Beginn der Inanspruchnahme des Grundstücks einzuholen braucht, noch die Duldungspflicht des Grundstückseigentümers erst einklagen müsste, falls sich dieser der Nutzung verweigert. Dies wird von der Rechtsprechung zutreffend aus der Formulierung in § 76 Abs. 1 Satz 1 TKG gefolgert, wonach der Grundstückseigentümer die Nutzung des Grundstücks „nicht verbieten darf“. Hiermit, wie auch mit dem Gesetzeszweck, den Aufbau von Netzen durch Wettbewerber zu fördern8, wäre es nicht vereinbar, wenn der Nutzungsberechtigte den Duldungsanspruch erst in ggf. langwierigen gerichtlichen Verfahren durchsetzen müsste9.
264
Aus den gleichen Gründen hat der Grundstückseigentümer mit Blick auf den nach § 76 Abs. 2 TKG zu seinen Gunsten möglichen Ausgleichs_______________
1 Vgl. die Gesetzesbegründung zu § 57 TKG 1996: BR-Drucks. 80/96, S. 50. 2 OLG München, MMR 2000, 91; OLG Frankfurt, CR 1998, 301; OLG Düsseldorf, NJW 1999, 956; OLG Oldenburg, NJW 1999, 957; OLG Frankfurt, CR 1998, 222; LG Hanau, CR 1998, 149; LG Magdeburg, Archiv PT, 335. 3 Siehe z. B. Haidinger/Rädler, MMR 1999, 330; Schuster, MMR 1999, 337; Hoeren, MMR 1998, 1; Schäfer/Just, Archiv PT 1997, 200. 4 BVerfG, MMR 2000, 87; BVerfG, MMR 2001, 521; BVerfG, NJW 2003, 196. 5 BGH, CR 2000, 823. 6 Vgl. Haidinger/Rädler, MMR 1999, 330 (331). 7 BGH, CR 2000, 823 (824). 8 BR-Drucks. 80/96, S. 50 sowie die Zielbestimmung in § 1 TKG. 9 BGH, CR 2000, 823 (824) unter Bezugnahme auf Schuster, MMR 1999, 137 (141) und OLG Düsseldorf, NJW 1999, 956 (957).
496 | Heun
Nutzung privater Grundstücke (§ 76 TKG)
Rz. 267 F
anspruch kein Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB) an seinem Grundstück bzw. seiner Duldungspflicht1. Trotz dieser weitreichenden Verpflichtungen, welche die Rechtsprechung aus § 76 Abs. 1 TKG folgert, wird die Bestimmung als verfassungskonforme Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG angesehen. Begründet wird dies zutreffend damit, dass der Gesetzgeber aufgrund des in Art. 87f GG ebenfalls mit verfassungsrechtlichem Rang ausgestatteten Infrastrukturauftrags berechtigt sei, private Grundstücke in dem in § 76 TKG vorgesehenen Ausmaß für Telekommunikationsinfrastrukturen in Anspruch zu nehmen2. Der Eingriff beschränkt sich nämlich zum einen auf Fälle, in denen das Grundstück bereits belastet ist (§ 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG) oder die Beeinträchtigung nur unwesentlich ist (§ 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG).
265
Obwohl damit bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 TKG dem Nutzungsberechtigten die erlaubnisfreie Nutzung privater Grundstücke gestattet ist, verfährt die Praxis überwiegend in der Weise, dass mit den betroffenen Grundstückseigentümern vertragliche Vereinbarungen über die Grundstücksnutzung getroffen werden3. Weil allerdings nicht immer Vereinbarungen getroffen werden, stellen Fragen der Trassendokumentation, der Wegerechte und der Ausgleichspflicht nach § 76 Abs. 2 TKG oft Probleme bei Unternehmens- oder Leitungsnetzverkäufen dar.
266
Ebenso wie die Telekommunikationslinien in öffentlichen Wegen sind die aufgrund von § 76 Abs. 1 TKG auf oder in privaten Grundstücken verlegten Telekommunikationslinien Scheinbestandteile des Grundstücks gemäß § 95 Abs. 1 BGB und damit sonderrechtsfähig. Auch im Rahmen von § 76 Abs. 1 TKG erfolgt die Verlegung in Ausübung eines Rechts an dem Grundstück. Selbst bei der Verlegung von Telekommunikationslinien aufgrund eigenständiger vertraglicher Regelung (Gestattungsvertrag, Dienstbarkeit etc.) unabhängig von § 76 Abs. 1 TKG, erfolgt diese wegen der vertraglich geregelten zeitlichen Begrenzung der Nutzung wie auch wegen der zumeist geregelten Folgepflichten für Umverlegung oder Beseitigung der Linien nur zu einem vorübergehenden Zweck4 im Sinne von § 95 Abs. 1 BGB. Selbst wenn man den vorübergehenden Zweck angesichts der langfristig gewollten
267
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1 BGH, CR 2000, 823 (826 f.). 2 BVerfG, MMR 2000, 87 (88 f.) zu § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG 1996; BGH, CR 2000, 823 (826); BVerfG, MMR 2001, 521 zu § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG 1996; BVerfG, NJW 2003, 196. 3 Siehe auch die diesbezüglichen Musterverträge der kommunalen Spitzenverbände für die Nutzung kommunaler Grundstücke, in: Deutscher Städte und Gemeindebund, Auslegungshilfe zu den wegerechtlichen Bestimmungen im neuen Telekommunikationsgesetz, Stand: Oktober 2004 (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 555 ff.). 4 Vgl. Palandt/Putzo, § 95 BGB Rz. 3.
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F Rz. 268
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
Verlegung in Frage stellt, ist schon fraglich, ob die Telekommunikationslinien überhaupt mit dem Grundstück im Sinne von § 94 Abs. 1 BGB fest verbunden sind. Unabhängig von der Art der Verlegung können sowohl Leerrohre als auch Kabelschächte wieder vom Grundstück entfernt und anderweitig verwendet werden. Dies gilt erst recht für die darin verlegten Kabel. 7.2 Nutzungsrecht nach § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG 7.2.1 Persönlicher Anwendungsbereich – Person des Nutzungsberechtigten 268
Wer Nutzungsberechtigter des Anspruchs aus § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG sein soll, ist im Gesetz nicht eindeutig beschrieben, weil der Wortlaut an die passive Duldungspflicht des Eigentümers anknüpft. § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG spricht einerseits von der Errichtung, dem Betrieb und der Erneuerung von Telekommunikationslinien und andererseits von einer bereits bestehenden Leitung oder Anlage, die durch ein Recht gesichert ist und auch für eine Telekommunikationslinie genutzt wird. Durch die Voraussetzung einer bereits vorhandenen, durch ein Recht gesicherten Leitung geht es daher in erster Linie um denjenigen, der bereits aus dem gesicherten Recht berechtigt (und verpflichtet) ist. In zweiter Linie geht es um denjenigen, der die Telekommunikationslinie nutzt, wenn er nicht personenidentisch mit dem Inhaber des gesicherten Rechts ist. In der Rechtsprechung ist aber mittlerweile anerkannt, dass beide nutzungsberechtigt sind1. 7.2.1.1 Inhaber eines gesicherten Rechts
269
Voraussetzung für die beiden genannten personalen Fallkonstellationen des § 76 Abs. 1 Satz 1 TKG ist zunächst, dass ein Inhaber eines gesicherten Rechts für eine Leitung oder Anlage auf dem Grundstück existiert. Verbreitet wird vertreten, dass es sich dabei nicht notwendigerweise um den Inhaber eines dinglichen Sicherungsrechts (z. B. einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit) handeln müsse, sondern auch schuldrechtlich berechtigte Rechtsinhaber hierunter fallen2. Auch wenn der Gesetzgeber ursprünglich offenbar von dinglichen Rechten ausgegangen ist3, lässt der Wortlaut der Bestimmung auch sämtliche schuldrechtlichen Nutzungsverhältnisse (z. B. Miete, Pacht) zu. Andererseits sind rechtlich bei der Wahl des Begriffs „Sicherungsrechte“ in der Regel dingliche Rechte gemeint, was auch vom
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1 BGH, CR 2000, 823 (826); BVerfGE, MMR 2001, 521; BGH, V ZR 202/04 v. 17.6.2005. 2 Beck TKG-Komm/Schütz, § 76 TKG Rz. 25; Hoeren, MMR 1998, 1 (3). 3 So zum TKG 1996 der Ausschuss für Post und Telekommunikation in seiner Beschlussempfehlung BT-Drucks. 13/4864 (neu), S. 81.
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Nutzung privater Grundstücke (§ 76 TKG)
Rz. 272 F
Gesetzgeber offenbar hier in der Wahl des Begriffs „gesichert“ so gesehen wird1. Gleichwohl kommt eine zweckentsprechende Auslegung von § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG zu dem Ergebnis, dass auch schuldrechtlich berechtigte Rechtsinhaber erfasst sind. So kann der mit der Regelung verfolgte Zweck, die existierenden Energieversorgungsnetze für Telekommunikationsnetze nutzbar zu machen2, nur dann erfolgreich erreicht werden, wenn keine Unterschiede bei der Frage gemacht werden, ob die Energieversorgungsnetze aufgrund dinglicher oder schuldrechtlicher Rechte errichtet worden sind3. Ferner wird der Grundstückseigentümer nicht zusätzlich allein dadurch beschwert, wenn auch die Nutzung schuldrechtlich „gesicherter“ Anlagen und Leitungen erweitert werden darf.
270
Ungeschriebene Voraussetzung des § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG ist, dass nicht bereits ein Recht besteht, das Grundstück für die Errichtung, den Betrieb und die Erneuerung von (öffentlichen) Telekommunikationslinien nutzen zu können. Dafür würde das gesetzliche Nutzungsrecht auch nicht benötigt. Die Interpretationsspielräume bezüglich existierender Rechte (insbesondere von Grunddienstbarkeiten) zugunsten von Versorgungsunternehmen sind dabei meistens begrenzt, zumal die Rechtsprechung hier zu einer engen Auslegung neigt4.
271
Ferner ist fraglich, ob die Duldungspflicht des § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG nur an solche Nutzungsrechte anknüpft, die vor Inkrafttreten des TKG 1996 bzw. des TKG 2004 vereinbart bzw. bestellt worden sind. Dem Wortlaut ist eine derartige Schlussfolgerung nicht zu entnehmen. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen Energieversorgungsnetze, die bereits verlegt worden sind, auch für Telekommunikation genutzt werden können5. Dies spricht zwar gegen die Zulassung der Duldungspflicht des Eigentümers auch in den Fällen, in denen das betreffende Nutzungsrecht nach Inkrafttreten des TKG vereinbart bzw. bestellt worden ist. Andererseits ist mit Blick auf den Zweck der Regelung, Telekommunikationsinfrastrukturen zu fördern, nicht ersichtlich, warum nur solche Nutzungsrechte für Leitungen oder Anlagen erfasst sein sollten, die vor Inkrafttreten des TKG vereinbart wurden. Daher ist eine solche restriktive Auslegung von § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG abzulehnen.
272
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1 Siehe zum TKG 1996 Ausschuss für Post und Telekommunikation in seiner Beschlussempfehlung BT-Drucks. 13/4864 (neu), S. 81, wenn es dort ausdrücklich heißt „… vertraglich geregelt (und dinglich gesichert) …“. 2 Zum TKG 1996: BR-Drucks. 80/96, S. 50. Laut Gesetzesbegründung zum TKG 2004 ist dies weiterhin erforderlich, BT-Drucks. 15/2316, S. 84. 3 Ebenso Beck TKG-Komm/Schütz, § 76 TKG Rz. 25. 4 BGH, CR 2000, 823 (824 f.); OLG Oldenburg, NJW 1999, 957. 5 Zum TKG 1996: BR-Drucks. 80/96, S. 50; BT-Drucks. 13/4864 (neu), S. 81.
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F Rz. 273
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
7.2.1.2 Rechtsposition des Inhabers des gesicherten Rechts 273
Mit Blick auf die tatsächliche Ausgestaltung von Trassennutzungen, bei denen der Inhaber des gesicherten Rechts und Betreiber der Telekommunikationslinie auseinander fallen, hat die Regelung in § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG vor allem Anlass zu der Frage gegeben, ob die Person des Inhabers des gesicherten Rechts identisch mit der Person des Betreibers der Telekommunikationslinie (richtiger: desjenigen, der mittels der Telekommunikationslinie ein Telekommunikationsnetz betreibt) bzw. ob diese Person selbst Inhaber einer (Alt-)Lizenz nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 TKG bzw. eines Wegerechts nach § 69 TKG sein muss. Dies ist in mehreren obergerichtlichen Entscheidungen1 verneint und vom BGH2 sowie vom Bundesverfassungsgericht3 bestätigt worden. Schon der Wortlaut der Bestimmung knüpft anders als § 68 Abs. 1 und 2 TKG nicht an Nutzungsberechtigte an, sondern spricht lediglich von der Duldungspflicht gegenüber Telekommunikationslinien. Diese Sichtweise wird auch dem Zweck der Vorschrift, vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Infrastrukturauftrags in Art. 87f GG und dem Gesetzeszweck des TKG, den Wettbewerb zu fördern und flächendeckend Telekommunikationsdienstleistungen zu gewährleisten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG) eine erweiterte Anlagennutzung zu ermöglichen, gerecht4. Anderenfalls wäre die erweiterte Anlagennutzung nur dann möglich, wenn das betreffende Unternehmen zugleich Versorgungs- und Telekommunikationsunternehmen wäre. Dies ist aber aus Gründen der Regelung des Marktzutritts im TKG vom Gesetzgeber gerade nicht gewollt, wie die Bestimmung in § 14 TKG über die strukturelle Separierung der Telekommunikationsaktivitäten von Versorgungsunternehmen in Form rechtlich selbständiger Unternehmen zeigt5. Die Nutzungsrechtsregelung in § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG wäre dementsprechend bei einer erforderlichen Identität des Berechtigten und Betreibers in weiten Teilen wertlos.
274
Weniger eindeutig fällt die Antwort auf die Frage aus, ob „hinter“ dem Inhaber des gesicherten Rechts ein Lizenznehmer gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 TKG 1996 bzw. ein Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, dem das öffentliche Wegerecht gemäß § 69 TKG übertragen wurde, stehen muss oder nicht, ob also der (eigentliche) Betreiber und Nutzer der Telekommunikationslinie nach § 69 TKG berechtigt ist. Diese Frage ist auch im Rahmen der Bestimmung des Nutzungsberechtigten nach § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG relevant.
275
Schon die soeben betrachtete Fragestellung nach der Personenidentität zwischen dem Inhaber des gesicherten Rechts einerseits und dem Betreiber _______________
1 2 3 4 5
OLG Frankfurt, NJW 1997, 3030 (3031); OLG Düsseldorf, NJW 1999, 956 (957). BGH, CR 2000, 823 (825 f.); BGH, V ZR 202/04 v. 17.6.2005. BVerfG, MMR 2001, 521, 522. Ausführlich BGH, CR 2000, 823 (825 f.). Ebenso BGH, CR 2000, 823 (826); BVerfG, MMR 2001, 521, 522; Schuster, MMR 1999, 137 (139).
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Nutzung privater Grundstücke (§ 76 TKG)
Rz. 277 F
bzw. Lizenzinhaber andererseits zeigt, dass es sich hier eigentlich um zwei Fragen handelt. Die zitierten Urteile mussten sich nämlich inhaltlich aufgrund der gegebenen Fallkonstellation nur mit der Frage der Personenidentität auseinandersetzen, wobei der Betreiber immer selbst Lizenznehmer nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 TKG 1996 war. Die Konstellation mit einem Betreiber, der selbst nicht lizenzpflichtig war bzw. ein nicht öffentlicher Netzbetreiber1, und damit die Frage, ob die Nutzungsberechtigung an privaten Grundstücken auch diese Fälle erfasst, musste dagegen nicht entschieden werden. Die zweite Frage ist dahingehend zu beantworten, dass die Duldungspflicht des Grundstückseigentümers nur dann besteht, wenn es sich um Telekommunikationslinien handelt, die von nach § 69 TKG berechtigten Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze genutzt werden2. Zwar spricht § 76 Abs. 1 TKG nicht von „öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationslinien“ wie § 68 Abs. 1 TKG. Allerdings existierte dieser begriffliche Unterschied schon im Verhältnis zwischen den jeweiligen Vorgängerbestimmungen in den §§ 1 und 10 Abs. 1 TWG, ohne dass ein qualitativer Unterschied zwischen der Art der Fernmeldelinien gemacht worden wäre. Es ist aus verfassungsrechtlichen Gründen des Eigentumsschutzes nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG zu weitgehend, wenn die durch § 76 Abs. 1 TKG vorgenommene Inhalts- bzw. Schrankenbestimmung des Eigentums die Errichtung beliebiger Telekommunikationslinien gestatten würde, ohne dass diese einem öffentlichen Zweck dienen, wie er im Betrieb eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes liegt. Ansonsten hätte der Eigentümer auch die Verlegung einer Telekommunikationslinie durch einen privaten Grundstücksnachbarn zu dulden. Hierin kann aber keine zulässig Inhaltsbzw. Schrankenbestimmung des Eigentums mehr gesehen werden. Diese Sichtweise mag dann fragwürdig erscheinen, wenn die Telekommunikationslinien genutzt werden, um Telekommunikationsdienstleistungen nur für Kommunikation innerhalb geschlossener Benutzergruppen anzubieten. In diesen Fällen besteht einerseits kein öffentliches Telekommunikationsnetz während andererseits gleichwohl dem Zweck des TKG entsprechend Telekommunikationsdienstleistungen angeboten werden. Gleichwohl erscheint es richtiger, den Eingriff in das Grundstückseigentum nur dann zu gestatten, wenn das öffentliche Interesse an dem Eingriff durch eine Nutzungsberechtigung (§ 69 TKG) oder eine Bescheinigung nach § 6 Abs. 3 TKG des Betreibers bzw. Nutzers der Telekommunikationslinie dokumentiert ist.
276
Die Entscheidung des OLG Frankfurt3 ist an dieser Stelle mehrdeutig. Zum einen wird lediglich auf den unpersönlich gefassten Wortlaut der Bestimmung hingewiesen. Zum anderen ging das Gericht selbstverständlich davon
277
_______________
1 So etwa weil seine Dienste nur innerhalb geschlossener Benutzergruppen und nicht der Öffentlichkeit angeboten werden oder nur dem Eigenbedarf dienen. 2 Anders Hoeren, MMR 1998, 1 (3 f.). 3 OLG Frankfurt, NJW 1997, 3030 (3031).
Heun | 501
F Rz. 278
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
aus, dass es sich bei dem „Betreiber“ der Telekommunikationslinie um einen Lizenznehmer nach dem TKG 1996 handelt. Die Entscheidung des BGH scheint zwar das Gegenteil festzustellen, wenn dort ausdrücklich abgelehnt wird, das private Wegerecht nur einem lizenzierten Anspruchsinhaber zukommen zu lassen1. Ferner führt der BGH ausdrücklich aus, dass die unterbliebene Begrenzung des Kreises der von der Duldungspflicht Begünstigten auf diejenigen Leitungsrechtsinhaber, die auch über eine Lizenz nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 TKG 1996 verfügten, die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht berühre, weil die Lizenzpflicht keinen Einfluss auf Umfang oder Qualität des Eigentumseingriffs habe2. Aber auch dort musste die hier interessierende Frage nicht ausdrücklich entschieden werden, sondern es ging lediglich um die Frage der Identität zwischen Rechtsinhaber und Lizenznehmer. Vielmehr geht auch der BGH in seiner Begründung gegen die Notwendigkeit einer Personenidentität von den mit dem TKG auf Basis des Infrastrukturauftrags in Art. 87f GG verfolgten Zwecken aus, den Aufbau von Telekommunikationsnetzen und den Wettbewerb zu fördern3. Dabei ist in der Entscheidungsbegründung ausdrücklich von „öffentlichen Telekommunikationsnetzen“ die Rede ebenso wie davon, dass die §§ 50 Abs. 1, Abs. 2 TKG 1996 in ihrer Kernaussage mit § 57 Abs. 1 TKG 1996 übereinstimmten: „In beiden Fällen wird die Nutzungsberechtigung originär einer Rechtspersönlichkeit zugewiesen (Bund, Leitungsrechtsinhaber), die dieses Recht auf einen Lizenznehmer überträgt, der die Erfüllung des grundgesetzlichen Infrastrukturauftrags sicherstellen soll.“
Auch die diesbezügliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bringt hier keine weitere Klarheit. Denn auch hier wird insbesondere auf den Infrastrukturauftrag in Art. 87f GG Bezug genommen4. 278
Hieraus folgt zum einen, dass die zitierten Entscheidungen der dargelegten Sichtweise nicht entgegenstehen, dass jedenfalls der Nutzer der Telekommunikationslinie ein nach § 69 TKG bzw. § 6 Abs. 3 TKG berechtigter Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes ist. Zum anderen wird deutlich, dass die Argumentation der Rechtsprechung zur Frage der Personenidentität überwiegend darauf beruht, dass diese deswegen nicht erforderlich sei, weil die im TKG umgesetzten und verfolgten öffentlichen Zwecke dem entgegenstehen. Dies kann umgekehrt aber nichts anderes bedeuten, als dass in Ermangelung dieser öffentlichen Zwecke – also wenn ein Betreiber, der den grundgesetzlichen Infrastrukturauftrag erfüllen soll, nicht vorhanden ist – die Duldungspflicht des Grundstückseigentümers nicht besteht. _______________
1 2 3 4
BGH, CR 2000, 823 (825). BGH, CR 2000, 823 (826). BGH, CR 2000, 823 (826). BVerfG, MMR 2001, 521 (522).
502 | Heun
Nutzung privater Grundstücke (§ 76 TKG)
Rz. 280 F
In der Praxis ist dieses Ergebnis im Zweifel nicht allein dann relevant, wenn feststeht, dass der Nutzer der Telekommunikationslinien kein Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes sein wird. Problemfall könnte schon sein, wenn der Rechtsinhaber selbst Maßnahmen zur erweiterten Nutzung nach § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG vornimmt, ohne dass bereits ein Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes für die Nutzung vorhandenen ist. So etwa bei der Erweiterung der existierenden Einrichtungen und Anlagen „auf Vorrat“, um sie dann nach Fertigstellung einem oder mehreren berechtigen Nutzern anzubieten. Hier wird man allerdings wie schon im Rahmen des öffentlichen Wegerechts (siehe oben Rz. 86 ff. und Rz. 152 ff.) keinen zu strengen Maßstab anlegen können, solange sichergestellt ist, dass der Zeitraum zwischen Inanspruchnahme des Grundstücks und Nutzung der Telekommunikationslinien durch einen berechtigten Betreiber nicht unangemessen lange ist.
279
7.2.1.3 Rechtsposition des Betreibers der Telekommunikationslinie Aus den vorstehenden Ausführungen zum Inhaber des gesicherten Rechts folgt zugleich, dass auch der (eigentliche) Betreiber der Telekommunikationslinie aus § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG berechtigt ist1. Der unpersönliche Wortlaut des § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG ist der Bestimmung in § 906 BGB nachempfunden. Dort kommt es im Ergebnis nicht auf einen bestimmten Berechtigten an, sondern lediglich darauf, ob die betreffende Einwirkung auf das Grundstück zu dulden ist oder nicht. Einwirkungsberechtigt ist damit jede Person, von der eine berechtigte Einwirkung ausgeht. Im Fall des § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG kann dies neben dem Inhaber des gesicherten Rechts auch der (eigentliche) Betreiber der Telekommunikationslinie sein. Vorausgesetzt freilich, der Betreiber hat vom Inhaber des gesicherten Rechts die Befugnis erhalten, die erweiterte Einrichtung oder Anlage zu nutzen. Ein Anspruch des Betreibers gegen den Inhaber des gesicherten Rechts besteht insoweit – mit Ausnahme der Regelung in § 70 TKG (siehe oben Rz. 188 ff.) – nicht2. Die in der jüngsten Rechtsprechung des BGH entwickelte Auffassung, auch das Energieversorgungsunternehmen sei Betreiber der Telekommunikationslinie3, ist wohl eher dem Wunsch zu verdanken, auch das Energieversorgungsunternehmen und nicht nur den (eigentlichen) Betreiber der Telekommunikationslinie dem Ausgleichsanspruch des § 57 Abs. 2 S. 1 TKG 1996 auszusetzen. Nach der in § 76 Abs. 1 S. 1 TKG erfolgten Klarstellung (siehe unten Rz. 306) ist diese Auslegung aber obsolet geworden.
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1 BVerfG, MMR 2001, 521 (522); ausdrücklich BGH, V ZR 202/04 v. 17.6.2005. 2 Generell gegen einen Anspruch Beck TKG-Komm/Schütz, § 76 TKG Rz. 29. 3 BGH, V ZR 202/04 v. 17.6.2005.
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280
F Rz. 281
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
7.2.2 Sachlicher Anwendungsbereich und Nutzungsumfang 281
Die Duldungspflicht des Grundstückseigentümers für die Nutzungserweiterung knüpft in sachlicher Hinsicht zunächst an ein Grundstück an, das kein Verkehrsweg im Sinne von § 68 Abs. 1 TKG ist. Damit sind sämtliche denkbaren Grundstücke einschließlich in fiskalischem Eigentum stehende Grundstücke (z. B. Forstgrundstücke) sowie Bahngrundstücke1 erfasst. Auf diesem Grundstück muss sich bereits eine Leitung oder Anlage befinden, deren zulässige Nutzungserweiterung in der Errichtung, dem Betrieb und der Erneuerung einer Telekommunikationslinie besteht. Die Nutzungserweiterung wiederum darf die Nutzbarkeit des Grundstücks nicht dauerhaft zusätzlich einschränken. 7.2.2.1 Leitung oder Anlage
282
Die zulässige Nutzungserweiterung nach § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG bezieht sich auf eine bestehende Leitung oder Anlage. Der Begriff der „Leitung“ erfasst zunächst selbsterklärend nur das physische Transportmedium für die zu transportierenden Stoffe (z. B. Gasrohr, Wasserrohr, Elektrizitätskabel, Telekommunikationskabel) und ist demgemäß auch enger als der Begriff der Telekommunikationslinie (siehe oben Rz. 19 ff.).
283
Unter Anlage im Sinne von § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG sind sämtliche Einrichtungen zu verstehen, die der bisherigen Nutzung (zumeist Energieversorgung) dienen. Der Begriff der Anlage in § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG ist weit aufzufassen und umfasst auch den bei Versorgungsleitungen üblicherweise bestehenden, durch das gesicherte Recht begründeten Schutzstreifen2. Die zulässige Nutzungserweiterung knüpft nämlich nicht allein an die physische Leitung oder Anlage an, sondern auch an das Recht, welches Leitung oder Anlage sichert. Rechtlich betrachtet geht es bei der Nutzung des betroffenen Grundstücks schließlich zunächst um das Nutzungsrecht selbst3, welches dem Umfang nach durch einen bestimmten Zweck bestimmt wird. Im Rahmen dieser Zweckbestimmung gewinnt dann erst die betreffende Leitung oder Anlage Bedeutung. Das Recht, welches die Nutzung des Grundstücks für eine Leitung oder Anlage gestattet, umfasst aber regelmäßig auch den Schutzstreifen bzw. einen definierten dreidimensionalen Raum innerhalb des Grundstücks. Richtig verstanden besteht die Nutzungserweiterung nach § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG daher nicht in der erweiterten Nutzung einer Leitung oder Anlage sondern in der Erweiterung des vorhandenen Nutzungsrechts. Das Nutzungsrecht gestattet die Nutzung eines bestimmten Teils des Grundstücks für einen durch Leitung oder Anlage bestimmten Zweck, der nunmehr zugunsten einer erweiterten Nutzung ebenfalls genutzt werden kann. _______________
1 BGH, MMR 2004, 608; Hoeren, MMR 1998, 1 (2). 2 BGH, CR 2002, 733; BVerfG, NJW 2003, 196. 3 Siehe auch Hoeren, MMR 1998, 1 (3).
504 | Heun
Nutzung privater Grundstücke (§ 76 TKG)
Rz. 287 F
Dies zeigt auch eine Betrachtung der zulässigen Nutzungserweiterungen. So ist auch die Errichtung einer Telekommunikationslinie durch § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG gestattet, also einer kompletten Anlage wie in § 3 Nr. 26 TKG definiert. Dies ist nur möglich, wenn auch der Schutzstreifen genutzt werden kann, und zwar unabhängig davon, ob ein vorhandenes Leerrohr genutzt oder ein zusätzliches Leerrohr benötigt wird. Ist ein Schutzstreifen vorhanden, so sind auch Maßnahmen und Nutzungserweiterungen innerhalb des Schutzstreifens zulässig, solange diese Maßnahmen oder Nutzungen nicht zu einer Erweiterung des Schutzstreifens führen.
284
Die Regelung in § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG setzt durch die Verwendung des Wortes „auch“ implizit voraus, dass es sich bei der Leitung oder Anlage um solche handelt, die noch nicht zum Betrieb von (öffentlichen) Telekommunikationslinien genutzt werden. Allerdings bezieht die Rechtsprechung auch jene Fälle ein, in denen eine Nutzung bereits für innerbetriebliche Telekommunikationszwecke vorgelegen hat1. Daher ist im Rahmen von § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG nicht lediglich die Nutzungserweiterung einer Energieversorgungsanlage für Telekommunikationszwecke gestattet, sondern auch die Nutzungserweiterung einer bestehenden, der internen Kommunikation dienenden Telekommunikationslinie auf öffentliche Telekommunikationszwecke, d. h. zum Betreib öffentlicher Telekommunikationsnetze.
285
7.2.2.2 Errichtung, Betrieb und Erneuerung einer Telekommunikationslinie Die Nutzungserweiterung besteht in der Errichtung, dem Betrieb oder der Erneuerung einer Telekommunikationslinie. Die Errichtung der Telekommunikationslinie bedeutet die Verlegung und Installation aller Komponenten, die bautechnisch zweckmäßig und informationstechnisch notwendig sind, um mittels der Telekommunikationslinie das Betreiben eines Telekommunikationsnetzes aufnehmen zu können2. Zur Errichtung gehört damit neben dem Verlegen von Leerrohren auch das Einziehen von Kabeln. Allerdings ist es nicht erforderlich, dass jedes Leerrohr zugleich auch in vollem Umfang mit Kabeln belegt wird (siehe oben Rz. 88)3.
286
Unter Betrieb der Telekommunikationslinie ist in Anlehnung an die früheren Begriffsdefinitionen in § 3 Nr. 1 und 2 TKG 1996 sowie die fortgesetzte Praxis der BNetzA (siehe Rz. 48 ff.) die Ausübung der rechtlichen und tatsächlichen Kontrolle (Funktionsherrschaft) über die Gesamtheit der Funktionen zu sehen, die für eine Nutzung der Telekommunikationslinie zum Zwecke des Betreibens eines Telekommunikationsnetzes erforderlich ist. Zwar ist der Betrieb von Telekommunikationslinien selbst im TKG nicht
287
_______________
1 BGH, CR 2000, 823 (828); BVerfG, MMR 2001, 521 (522). 2 Ausführlich zur Frage des früher genehmigungspflichtigen „Errichtens“: Bothe/ Heun/Lohmann, Archiv PT 1995, 10 ff. 3 Siehe auch Schuster, MMR 1999, 137 (140) m. w. N.
Heun | 505
F Rz. 288
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
definiert und wird begrifflich allein in § 76 TKG verwendet. Gleichwohl erfordert der Betrieb einer Telekommunikationslinie mit Blick auf die hierfür relevanten Funktionen mehr Tätigkeiten als beispielsweise der Betrieb eines Telekommunikationsnetzes. Dies liegt daran, dass die Telekommunikationslinie physisch aus mehr Komponenten (z. B. Leerrohr, Kabel, Kabelschacht) besteht als ein Telekommunikationsnetz, das erst an der im Kabel befindlichen Leitung (z. B. Kupferdraht, Glasfaser) anknüpft. Allerdings wird man den Betrieb der Telekommunikationslinie nicht isoliert vom Betrieb des Telekommunikationsnetzes betrachten können. Dies zeigt zum einen generell die Übertragung des öffentlichen Wegerechts gemäß § 69 TKG auf einen Nutzungsberechtigten, den Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes. Zum anderen geht offenbar auch die Regelung in § 73 Abs. 1 TKG durch Benutzung des Begriffs „Betriebsstörungen“ davon aus, dass der Nutzungsberechtigte – und nur von diesem ist in den §§ 68–75 TKG die Rede – zugleich Betreiber der Telekommunikationslinie ist. 288
Unter Erneuerung schließlich ist der Austausch einzelner oder aller Komponenten der vorhandenen Telekommunikationslinie zu verstehen. Im Rahmen dieses Begriffs ist zunächst die Ersetzung eines vorhandenen Kabels innerhalb eines Leerrohrs mit einem leistungsfähigeren Kabel zulässig. Da es bei Grundstücken wie bei Verkehrswegen (siehe oben Rz. 93) bei der Nutzung in erster Linie um die räumliche Inanspruchnahme geht, kann die Erneuerung daher auch solche (erweiternden) Maßnahmen erfassen, die sich innerhalb der bereits vorhandenen räumlichen Inanspruchnahme bewegen. Allerdings kann der Begriff der Erneuerung einer (vorhandenen) Telekommunikationslinie allein keine zusätzlichen Leerrohre erfassen. 7.2.2.3 Keine dauerhafte zusätzliche Einschränkung der Nutzbarkeit des Grundstücks
289
Durch die Errichtung, den Betrieb und die Erneuerung der Telekommunikationslinie darf die Nutzbarkeit des Grundstücks nicht dauerhaft zusätzlich eingeschränkt werden. Entscheidend sind demnach zwei Aspekte, zum einen die Zusätzlichkeit und zum anderen die Dauerhaftigkeit der durch die Telekommunikationslinie verursachten Nutzungseinschränkung des Grundstücks.
290
Zunächst ist festzustellen, dass Verlegemaßnahmen einschließlich der Aufgrabung des Grundstücks ebenso wenig eine dauerhafte Einschränkung der Nutzbarkeit darstellen wie das hierfür erforderlich Betreten oder Befahren des Grundstücks1. Diese Maßnahmen sind regelmäßig nur vorübergehender Natur. Was für die Frage der dauerhaften Beeinträchtigung des Widmungszwecks von Verkehrswegen gilt (dazu oben Rz. 81 f.), kann bei gleicher Begriffswahl nicht anders für private Grundstücke betrachtet werden. _______________
1 Siehe BGH, CR 2002, 733 (734).
506 | Heun
Rz. 293 F
Nutzung privater Grundstücke (§ 76 TKG)
Bei der Frage, ob eine zusätzliche Einschränkung der Nutzbarkeit des Grundstücks vorliegt, kommt es darauf an, wie sich die Nutzung für die (neue) Telekommunikationslinie zur bisherigen Nutzung für die Leitung oder Anlage verhält1. Anders als in § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG wird nicht an das Grundstück selbst angeknüpft, sondern auf dessen Nutzbarkeit abgestellt. § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG setzt ohne weiteres voraus, dass diese Nutzbarkeit bereits durch die Leitung oder Anlage eingeschränkt ist2. Diese Einschränkung bezieht sich begriffsnotwendig auf den Grundstücksteil, in dem sich räumlich die Leitung oder Anlage befindet. Dementsprechend kommt eine zusätzliche Einschränkung ebenso wie die Änderung einer Telekommunikationslinie in Verkehrswegen (siehe oben Rz. 93) nur dann in Betracht, wenn die räumliche Inanspruchnahme des Grundstücks durch die Telekommunikationslinie vergrößert wird3 und/oder die Telekommunikationslinie den Schutzstreifen faktisch vergrößert4. Dies ist bei einem landwirtschaftlichen Grundstück nicht der Fall, wenn die Telekommunikationslinie innerhalb des Schutzstreifens und im Rahmen der betreffenden Dienstbarkeit verlegt worden ist, auch wenn zuvor eine Nutzung („Tiefpflügen“) innerhalb des Schutzstreifens tatsächlich ohne Risiko möglich war5.
291
Ein möglicherweise durch das Vorhandensein der (neuen) Telekommunikationslinie höheres abstraktes Haftungsrisiko des Grundstückseigentümers bei von diesem verursachten Schäden an der Linie stellt keine zusätzliche Einschränkung der Nutzbarkeit des Grundstücks dar. Wollte man dieses Argument gelten lassen, so wäre einer Anwendung des § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG von vorneherein die Grundlage entzogen, weil im Zweifel jede Nutzungserweiterung auch zu höheren Haftungsrisiken führt6. Es erscheint außerdem sinnwidrig, dem Grundstückseigentümer auf diesem Wege ein Abwehrrecht zuzugestehen, welches bei Realisierung des Haftungsrisikos im Zweifel eine Vertragsverletzung oder unerlaubte Handlung, jedenfalls aber ein schuldhaftes Verhalten seinerseits voraussetzt.
292
7.2.2.4 Ergebnis: Zulässige Nutzungserweiterung und Maßnahmen Als Ergebnis der vorstehenden Ausführungen lässt sich folgendes zusammenfassend feststellen: Zulässige Nutzungserweiterungen bzw. Maßnah_______________
1 Siehe auch Beck TKG-Komm/Schütz, § 67 TKG Rz. 30, der von einem „qualitativem Plus“ spricht. 2 Daher kommt es hier anders als in § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG auch nicht auf die Art des mit der Verlegung verbundenen Eingriffs in die Grundstücksoberfläche bzw. die hierfür verwendeten Verlegetechniken an. Anders offenbar Schuster, MMR 1999, 137 (139). 3 Ebenso Schuster, MMR 1999, 137 (140), wenn dort von dem bereits rechtlich geschützten Bereich für Leitung oder Anlage gesprochen wird. 4 Siehe BGH, CR 2002, 733 (735). 5 Siehe BGH, CR 2002, 733 (735). 6 BGH, CR 2000, 823 (825).
Heun | 507
293
F Rz. 294
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
men sind sowohl die Hinzufügung eines neuen Telekommunikationskabels in einem Leerrohr, welches bereits ein Telekommunikationskabel zur betrieblichen Steuerung der Versorgungsleitung bzw. -anlage enthält als auch die Ersetzung eines solchen Kabels durch ein neues, leistungsfähigeres Kabel1. Ebenso zulässig ist die Verlegung von zusätzlichen Leerrohren innerhalb des Schutzstreifens2. Zu den zulässigen Maßnahmen gehört das Betreten und Befahren3 des Grundstücks für Zwecke der Errichtung, Erneuerung, Wartung, Reparatur oder zur Durchführung von Maßnahmen, die mit dem Betrieb der Telekommunikationslinie unmittelbar zusammenhängen4 ebenso wie die zeitlich begrenzte Aufgrabung des Grundstücks zu diesen Zwecken. 294
Umfasst sind damit auch beispielsweise die Aufhängung von (erneuernden oder neuen) Telekommunikationsleitungen an Strommasten, der Einbau von Telekommunikationslinien in Abwasserrohre usw. 7.3 Nutzungsrecht nach § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG
295
Grundstücke können auch dann für Errichtung, Betrieb und Erneuerung von Telekommunikationslinien in Anspruch genommen werden, wenn das Grundstück durch die Benutzung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt wird. 7.3.1 Persönlicher Anwendungsbereich – Person des Nutzungsberechtigten
296
Nutzungsberechtigter des Nutzungsanspruchs aus § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG ist der Betreiber der Telekommunikationslinie, also in Anlehnung an die obigen Ausführungen (Rz. 280, 287) der nach dem TKG 1996 lizenzierte Betreiber der mittels der Telekommunikationslinie zu betreibenden Übertragungswege bzw. der nach § 69 TKG nutzungsberechtigte Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze. 7.3.2 Sachlicher Anwendungsbereich
297
Durch die Errichtung, den Betrieb und die Erneuerung der Telekommunikationslinie darf das Grundstück nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden. Die Formulierung in § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG ist der Regelung in § 906 Abs. 1 BGB nachempfunden. Demnach ist bei der Frage, ob eine unwesentliche oder wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsbenutzers des betroffenen Grundstücks in _______________
1 2 3 4
BGH, CR 2000, 823 (825). BGH, CR 2002, 733; BVerfG, NJW 2003, 196. Vgl. BT-Drucks. 13/4864 (neu), S. 81 zu § 57 TKG 1996. Nur dann macht die Regelung in § 76 Abs. 2 Satz 1 TKG, in der diese Maßnahmen ausdrücklich angesprochen werden, Sinn.
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Rz. 301 F
Nutzung privater Grundstücke (§ 76 TKG)
seiner durch Natur, Gestaltung und Zweckbestimmung geprägten konkreten Beschaffenheit abzustellen und nicht auf das subjektive Empfinden des Gestörten1. Als wesentliche Beeinträchtigungen werden regelmäßig Sachbeschädigungen angesehen sowie Wertminderungen bei Wohngrundstücken2. Zur konkreten Bestimmung der Beeinträchtigung gemäß § 76 Abs. 1 TKG werden in der Regel zwei Themenkreise unterschieden3: zum einen der mit der Verlegung einer Telekommunikationslinie verbundene Eingriff in die Grundstücksoberfläche; zum anderen der in dem (einfachen) Vorhandensein der Telekommunikationslinie auf oder in dem Grundstück liegende Eingriff.
298
Danach werden zutreffend reine Luftraumkreuzungen ebenso regelmäßig als unwesentliche Beeinträchtigungen angesehen wie die aufgrabungsfreie Errichtung (Verlegung) einer Telekommunikationslinie beispielsweise mittels „Durchschießen“ eines Kabels4. Beiden genannten Fallgruppen ist gemeinsam, dass hier in Ermangelung einer offenen Baugrube kein Eingriff in die Grundstücksoberfläche erfolgt. Im Falle der unterirdischen Verlegung kommt es aber auch auf Lage und Tiefe des Kabels im Grundstück an. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt jedenfalls bei einem landwirtschaftlich genutzten Grundstück mangels Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen Nutzung dann vor, wenn das Kabel bzw. die Telekommunikationslinie 90 cm tief eingegraben ist und im Grenzstreifen des Grundstücks verlegt wird5. Denn wenn schon die Nutzbarkeit des Grundstücks i. S. v. § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG hierdurch nicht zusätzlich eingeschränkt wird6, kann nichts anderes für die Frage der Beeinträchtigung des Grundstücks selbst gelten.
299
Hieraus folgt, dass das Vorhandensein einer Telekommunikationslinie das Grundstück dann nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt, wenn das Grundstück weiterhin bestimmungsgemäß durch den Eigentümer genutzt werden kann. Auch im Rahmen von § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG bedeutet ein möglicherweise durch das Vorhandensein der Telekommunikationslinie höheres abstraktes Haftungsrisiko des Grundstückseigentümers keine wesentliche Beeinträchtigung des Grundstücks7.
300
Mit Blick auf den mit der Verlegung möglicherweise auch verbundenen Eingriff in die Grundstücksoberfläche (z. B. durch Eingraben oder Einpflügen des Kabels) ist zu differenzieren. Keinesfalls ist bei derartigen Verlegetechniken von vorneherein eine wesentliche Beeinträchtigung zu erblicken,
301
_______________
1 2 3 4 5 6 7
BGH, MMR 2004, 608 (609); Palandt/Bassenge, § 906 BGB Rz. 16. Palandt/Bassenge, § 906 BGB Rz. 16. Hierzu Schuster, MMR 1999, 137 (139). BGH, MMR 2004, 608 (609); Beck TKG-Komm/Schütz, § 76 TKG Rz. 11. LG Magdeburg, Archiv PT 1997, 335 (336). BGH, CR 2002, 733 (735). BGH, MMR 2004, 608 (609).
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F Rz. 302
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
etwa weil die Grundstücksoberfläche beschädigt wird1. Dies ergibt sich aus dem Zusammenspiel zwischen der Duldungspflicht des Grundstückseigentümers in § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG einerseits und seinem Ausgleichsanspruch gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 TKG andererseits. Der Ausgleichsanspruch setzt die Duldungspflicht voraus und benennt gleichzeitig einzelne ausgleichspflichtige Maßnahmen, nämlich „Errichtung, Erneuerung, Wartung, Reparatur oder vergleichbare, mit dem Betrieb der Telekommunikationslinie zusammenhängende Maßnahmen“. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber diese einzelnen, u. a. mit der erstmaligen Verlegung in Zusammenhang stehenden Maßnahmen („Errichtung“) nicht per se als wesentliche Beeinträchtigung des Grundstücks ansieht2. Im Umkehrschluss müssen derartige Maßnahmen einschließlich beispielsweise der Verlegung in offener Baugrube auch unterhalb der Wesentlichkeitsschwelle für die Beeinträchtigung des Grundstücks liegen können. Würde die Ausgleichspflicht zugleich schon die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung begründen, wäre nämlich die Duldungspflicht in § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG überflüssig. 302
Eine genauere Betrachtung des Wortlauts von § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG verdeutlicht, dass hier keine überflüssige Regelung vorliegt. Konkret wird nämlich lediglich von einer Beeinträchtigung des Grundstücks „durch die Benutzung“ gesprochen. Diese Wortwahl deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber von vornherein nur die Inanspruchnahme des Grundstücks durch das Vorhandensein der Telekommunikationslinie im Auge gehabt hat. Sonst hätte er unter Bezugnahme auf Errichtung, Betrieb und Erneuerung lediglich den Begriff „hierdurch“ verwenden können. So verstanden kommt es für die Duldungspflicht allein auf Beeinträchtigungen durch das Vorhandensein der Telekommunikationslinie an, während die mit Errichtung, Betrieb und Erneuerung in Zusammenhang stehenden Maßnahmen nach der Ausgleichsregelung in § 76 Abs. 2 TKG zu beurteilen sind.
303
Dabei sind seitens des Grundstückseigentümers im Rahmen der für Errichtung, Betrieb und Erneuerung durchgeführten Maßnahmen auch Sachbeschädigungen hinzunehmen. Nur dann macht nämlich wiederum der ausdrücklich in § 76 Abs. 2 Satz 3 aufgeführte Schadensbeseitigungsanspruch Sinn. Wäre auch insoweit bereits eine wesentliche Beeinträchtigung gegeben, bestünde ein Beseitigungsanspruch bereits unmittelbar aus § 1004 Abs. 1 BGB3. Gerade die Wortwahl, die von einem Beseitigungsanspruch statt etwa von einem Schadensersatzanspruch spricht, und damit an die sachenrechtlichen Regelungen begrifflich anknüpft, lässt aber den Schluss zu, dass die Wesentlichkeitsschwelle in § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG nicht zu niedrig anzusetzen ist. Dieses Ergebnis ist auch systemgerecht, weil das Nutzungsrecht aus dieser Bestimmung dem grundgesetzlichen Infrastrukturauf_______________
1 In diesem Sinne auch BGH, CR 2002, 733 (734) wenn es dort heißt, dass „vorübergehende Überschreitungen“ selbst der Dienstbarkeit zulässig sein sollen. 2 In diesem Sinne auch BGH, MMR 2004, 608 (610). 3 Siehe Palandt/Bassenge, § 1004 BGB Rz. 27.
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Nutzung privater Grundstücke (§ 76 TKG)
Rz. 306 F
trag und dem Gesetzeszweck des TKG, Telekommunikationsnetze zu fördern (dazu schon Rz. 277), ebenfalls dient. Hieraus folgt, dass auch der Eingriff in die Grundstücksoberfläche nur dann die Wesentlichkeitsschwelle überschreitet, wenn durch den Eingriff selbst die bestimmungsgemäße Nutzung des Grundstücks beeinträchtigt ist1. Dies ist nur dann denkbar, wenn der Eingriff bei einem land- oder forstwirtschaftlichen Grundstück die gepflanzten und zu pflanzenden Kulturpflanzen dauerhaft zerstört oder verhindert.
304
7.4 Ausgleichspflicht In § 76 Abs. 2 TKG sind zwei Ausgleichstatbestände zugunsten des Grundstückseigentümers vorgesehen, die nebeneinander bestehen2. Während es in Satz 1 um mit der Nutzung in Zusammenhang stehende Maßnahmen geht, betrifft Satz 2 die erweiterte Nutzung zu Zwecken der Telekommunikation. Die jüngste höchstrichterliche Rechtsprechung hat die beiden Tatbestände durch Auslegung allerdings in mehrfacher Hinsicht erweitert. Zum einen steht der Ausgleichsanspruch des § 76 Abs. 2 TKG im ersten Tatbestand nicht nur dem Grundstückseigentümer sondern auch dem Besitzer (z. B. Pächter) zu3. Dies wird damit begründet, dass es bei dem in § 76 Abs. 2 S. 1 TKG geschützten Ertrag keinen Unterschied mache, ob es dabei um denjenigen des Eigentümers oder des Besitzers gehe. Das Auseinanderfallen von Eigentum und Besitz dürfe den nach § 76 Abs. 1 TKG Nutzungsberechtigten nicht entlasten. Zum anderen wurde der Anwendungsbereich des zweiten Ausgleichstatbestands in § 76 Abs. 2 S. 2 TKG auch auf die Fälle des § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG erweitert4 (dazu sogleich Rz. 310 ff.).
305
7.4.1 Ausgleich für beeinträchtigende Maßnahmen Für den nach § 76 Abs. 1 TKG zur Duldung verpflichteten Eigentümer ist wie für den Besitzer (Rz. 305) ein angemessener Ausgleich in Geld vorgesehen, wenn durch Errichtung, Erneuerung, oder durch Wartung-, Reparaturoder vergleichbare mit dem Betrieb der Telekommunikationslinie unmittelbar zusammenhängende Maßnahmen eine Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt wird. Der Anspruch gilt für beide Fälle der Nutzungsberechtigung nach § 76 Abs. 1 _______________
1 Im Ergebnis ähnlich Schuster, MMR 1999, 137 (141). Anders Beck TKG-Komm/ Schütz, § 76 TKG Rz. 45 f., der wegen des Wortlauts in § 76 Abs. 2 Satz 1 TKG umgekehrt den Schluss zieht, dass damit der Anwendungsbereich der Duldungspflicht in § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG weitgehend beschränkt ist. 2 BGH, MMR 2004, 608 (610). 3 BGH, MMR 2003, 103. 4 BGH, MMR 2004, 608 (609).
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F Rz. 307
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
TKG1 und richtet sich gegen den Betreiber der Telekommunikationslinie oder gegen den Eigentümer des Leitungsnetzes, sofern es um die Nutzungsberechtigung des § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG geht. In der Vorfassung des § 57 Abs. 2 S. 1 TKG 1996 war noch lediglich vom Betreiber der Telekommunikationslinie die Rede. Allerdings hat die Rechtsprechung zuletzt den Anwendungsbereich schon dieser Regelung auf das betreffenden Energieversorgungsunternehmen ausgeweitet2. 307
Nach der hier vertretenen Auffassung kommt es für die Frage des Ausgleichsanspruchs darauf an, ob die einzelnen Maßnahmen die Zumutbarkeitsschwelle für den Eigentümer überschreiten. Auch hier ist auf die Grundsätze der Rechtsprechung zu § 906 Abs. 2 S. 2 BGB zurückzugreifen3. Danach ist das zumutbare Maß der Beeinträchtigung im Einzelfall zu bestimmen und dann überschritten, wenn sie einen Umfang erreicht, dass der Betreiber der Telekommunikationslinie nach den marktüblichen Bedingungen nicht mehr damit rechnen kann, der Grundstückseigentümer (als durchschnittlicher verständiger Benutzer des Grundstücks in seiner örtlichen Beschaffenheit, Ausgestaltung und Zweckbestimmung) werde sie ersatzlos hinnehmen4. Die Verlegung mittels schonender Verlegetechniken (d. h. ohne Aufgrabung) liegt regelmäßig unterhalb dieser Schwelle5. Allerdings zählen Kosten des Grundstückseigentümers unabhängig von der Verlegetechnik als unzumutbare, also ausgleichspflichtige Aufwendungen, die dieser zum Schutze eigener Anlagen (z. B. Bahnanlagen) im Zusammenhang mit der Grundstücksnutzung durch Telekommunikationslinien aufwendet6. Denn hierdurch wird der Grundstücksertrag geschmälert. Verhindern Verlege- oder Reparaturmaßnahmen beispielsweise längerfristig die Benutzung des Grundstücks (so dass etwa ein Golfplatz nicht bespielt oder ein Acker nicht zeitgerecht bewirtschaftet werden kann) so ist anzunehmen, dass dann die Zumutbarkeitsschwelle überschritten ist. Gleiches gilt, wenn bei einem Forstgrundstück die Verlegung das Schlagen von Bäumen erfordert, die wieder aufgeforstet werden müssen. Zwar kann hierin auch eine Beschädigung im Sinne von § 76 Abs. 2 Satz 3 liegen, allerdings gehört das Schlagen von Bäumen auch zur normalen Nutzung eines solchen Grundstücks.
308
Für den Betrieb der Telekommunikationslinie selbst besteht nach § 76 Abs. 2 S. 1 TKG ebenso wenig ein Ausgleichsanspruch wie für das bloße Vorhandensein der Telekommunikationslinie auf dem Grundstück. _______________
1 2 3 4 5
BGH, MMR 2004, 608 (609). BGH, V ZR 202/04 v. 17.6.2005. BGH, MMR 2004, 608 (609). BGH, MMR 2004, 608 (609). BGH, CR 2000, 823 (827), hier zwar nicht ausgeführt, aber im amtlichen Umdruck, S. 17. 6 BGH, MMR 2004, 608 (609).
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Nutzung privater Grundstücke (§ 76 TKG)
Rz. 311 F
Die Höhe des Ausgleichsanspruchs bestimmt sich nach dem Ausmaß der Beeinträchtigung bzw. der Ertragsminderung, wobei allerdings nur der überschießende unzumutbare Anteil ausgleichspflichtig ist1.
309
7.4.2 Ausgleich für erweiterte Nutzung Die Regelung in § 76 Abs. 2 Satz 2 TKG ist im Gesetzgebungsverfahren zum TKG 1996 erst ganz zuletzt in das Gesetz aufgenommen worden2. Danach kann der Eigentümer über die Ausgleichsregelung in Satz 1 hinaus einen einmaligen Ausgleich in Geld verlangen, sofern bei einer erweiterten Nutzung zu Zwecken der Telekommunikation bisher keine Leitungswege vorhanden waren, die zu Zwecken der Telekommunikation genutzt werden konnten. Der Anwendungsbereich dieser Ausgleichsregelung ist damit dem Wortlaut nach auf den in § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG vorgesehenen Fall beschränkt. Allerdings hat die jüngere Rechtsprechung des BGH den Anwendungsbereich dieser Ausgleichsregelung auch auf Fälle der Nutzungsberechtigung nach § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG erweitert3. Dies wird damit begründet, dass es keinen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung beider Fälle des § 76 TKG gebe, und § 76 Abs. 2 S. 2 TKG verfassungskonform dahingehend auszulegen sei, dass auch bei der erstmaligen Benutzung eines Grundstücks ein finanzieller Ausgleich für die rechtliche Nutzungseinschränkung des Grundstücks aufgrund des privaten Wegerechts verlangt werden könne. Diese Rechtsprechung hebt im Ergebnis ein unentgeltliches privates Wegerecht auf, auch wenn damit im Wesentlichen die bisherige Praxis der Deutschen Bahn bei Bahnkreuzungen bzw. der deutschen Bauernverbände (nur) bestätigt wird.
310
Hieraus folgt, dass für jede Neuerrichtung von Telekommunikationslinien, egal ob sie neben vorhandenen Leitungen oder Anlagen oder erstmalig erfolgt, durch den Grundstückseigentümer ein einmaliger Ausgleich verlangt werden kann. Ging die Literatur zunächst davon aus, dass im Fall der Erweiterung von Telekommunikationslinien von betriebsinternen auf öffentliche Zwecke im Rahmen von § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG kein Ausgleichsanspruch besteht4, hat der BGH den Ausgleichsanspruch auch für diesen Fall bejaht5. Begründet wird dieses Ergebnis überzeugend damit, dass alle Fälle, in denen das vorhandene Recht zur Sicherung der Leitung oder Anlage nicht die Nutzung des Grundstücks für Zwecke der öffentlichen Telekommunikation erfasse, mit Blick auf die Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und den Gleichheitssatz auch im Rahmen der Ausgleichspflicht
311
_______________
1 2 3 4
BGH, MMR 2004, 608 (609). Siehe BT-Drucks. 13/4864 (neu), S. 37 (81). BGH, MMR 2004, 608 (609). Beck TKG-Komm/Schütz, 2. Auflage, § 57 TKG 1996 Rz. 45 sowie § 77 TKG Rz. 51; Schuster, MMR 1999, 137 (142). 5 BGH, CR 2000, 823 (827 f.).
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F Rz. 312
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
gleichbehandelt werden müssten1. Diese Sichtweise wurde auch vom Bundesverfassungsgericht bestätigt2. 312
Bemessungsgrundlage für den einmaligen Ausgleichsanspruch ist in erster Linie die Höhe des Entgelts, das nach den jeweiligen Marktverhältnissen für die Einräumung eines Nutzungsrechts zu Telekommunikationszwecken gezahlt wird3. Bei landwirtschaftlich genutzten Grundstücken war hierfür unter dem TKG 1996 bislang Richtwert ein einmaliger Ausgleichsbetrag in Höhe von DM 3,00 je laufenden Meter Grundstücksnutzung. Im Einzelfall dürften aber auch höhere Beträge zulässig sein4, zumal sich die Marktverhältnisse auch in Richtung höherer Entgelte verändert haben. Auf die üblichen Entgelte für (sonstige) Versorgungsleitungen kann erst dann zurückgegriffen werden, wenn die betreffenden Marktverhältnisse nicht einmal eine Schätzung erlauben5. Die kommunalen Spitzenverbände sehen dagegen auch heute in ihren Musterverträgen einen Betrag von EURO 1,00 je laufenden Meter Grundstücksnutzung bei schuldrechtlichen Verträgen und von EURO 1,55 je laufenden Meter Grundstücksnutzung bei Verträgen mit dinglicher Sicherung vor, womit die Ansprüche nach § 76 Abs. 2 S. 1 und 2 TKG abgegolten sind6.
313
Anspruchsgegner des Ausgleichsanspruchs ist wie bei § 76 Abs. 2 S. 1 TKG der Betreiber der Telekommunikationslinie oder der Eigentümer des Leitungsnetzes. 7.4.3 Schadensbeseitigung
314
Schließlich besteht nach § 76 Abs. 2 S. 3 TKG auch ein Schadensbeseitigungsanspruch, wenn durch die Ausübung der Nutzungsrechte nach § 76 Abs. 1 TKG das Grundstück oder sein Zubehör beschädigt werden. Mit der jüngsten Rechtsprechung des BGH (siehe Rz. 305) wird man annehmen müssen, dass hier sowohl der Grundstückseigentümer als auch der Besitzer anspruchsberechtigt sind. Denn etwaige Schäden können auch unmittelbar zu Lasten des Besitzers wirken. Anspruchsverpflichtete sind wie bei § 76 Abs. 2 S. 1 TKG der Betreiber der Telekommunikationslinie oder der Eigentümer des Leitungsnetzes, die beide gesamtschuldnerisch nach § 840 Abs. 1 BGB haften. _______________
1 BGH, CR 2000, 823 (828). 2 BVerfG, MMR 2001, 521 (522). 3 BGH, MMR 2004, 608 (610); BGH, CR 2000, 823 (828) unter Verweis auf Beck TKG-Komm/Schütz, 2. Auflage, § 57 TKG 1996 Rz. 48. 4 Dies zeigt der Fall BGH, MMR 2004, 608 (610). 5 BGH, CR 2006, 111 Ls. 6 Vgl. Deutscher Städte und Gemeindebund, Auslegungshilfe zu den wegerechtlichen Bestimmungen im neuen Telekommunikationsgesetz, Stand: Oktober 2004, § 5 Abs. (1) Mustervertrag dingliche Sicherung und ohne dingliche Sicherung (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 555 ff.).
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Nutzung privater Grundstücke (§ 76 TKG)
Rz. 318 F
7.5 Einräumung und Übertragung/Überlassung von privaten Nutzungsrechten Wie bereits erwähnt, werden ungeachtet der einzelnen Voraussetzungen des § 76 Abs. 1 TKG häufig vertragliche Regelungen über die Nutzung von Grundstücken für Telekommunikationslinien geschlossen. Dies geschieht zumeist auch dann, wenn die Voraussetzungen der Duldungspflicht nach § 76 Abs. 1 TKG vorliegen und somit eine Verlegung erlaubnisfrei erfolgen kann.
315
Zumindest im Rahmen der Duldungspflicht nach § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG ist die vertragliche Regelung auch durchaus empfehlenswert. Denn es ist im Zweifel sinnvoll, Lage und Tiefe der Telekommunikationslinie auf oder in dem Grundstück gemeinsam festzulegen bzw. zu bezeichnen, um den betreffenden Grundstücksteil von der sonstigen Nutzung des Grundstücks abzugrenzen. Ferner bietet es sich an, die Zugangsrechte des Nutzungsberechtigten und die ggf. vorhandenen Ausgleichsansprüche des Grundstückseigentümers zu konkretisieren, da die gesetzliche Regelung zumindest bezüglich der Höhe ausfüllungsbedürftig ist und auf diese Weise spätere Streitigkeiten vermieden werden können. Schließlich kann eine dingliche Sicherung des Nutzungsrechts auch nur über die Bestellung eines entsprechenden dinglichen Rechts (beschränkte persönliche Dienstbarkeit, Nießbrauch) erreicht werden. Dies ist bei späteren Unternehmens- oder Leitungsnetzverkäufen vorteilhaft.
316
7.5.1 Vertragliches Nutzungsrecht Liegen die Voraussetzungen von § 76 Abs. 1 TKG nicht vor, so ist die Vereinbarung eines vertraglichen Nutzungsrechts unabdingbar, um die Nutzung des Grundstücks für Telekommunikationslinien zu erreichen. Zumeist wird zu diesem Zweck ein so genannter Gestattungs- bzw. Nutzungsvertrag zwischen dem Netzbetreiber und dem Grundstückseigentümer geschlossen. Zuweilen wird dieser Vertrag auch dinglich durch eine im Grundbuch einzutragende beschränkte persönliche Dienstbarkeit gesichert1. Letzteres ist unbedingt zu empfehlen, aber nicht immer für den Netzbetreiber erreichbar2.
317
Bei der Vertragsgestaltung sind auch bei bestehender Duldungspflicht des Grundstückseigentümers nach § 76 Abs. 1 TKG wie bei den bereits dargestellten Nutzungsverträgen die Bestimmung von Nutzungsgegenstand und Nutzungsumfang, Ausgleichsansprüche, die Regelung von Schutzpflichten,
318
_______________
1 Vgl. Deutscher Städte und Gemeindebund, Auslegungshilfe zu den wegerechtlichen Bestimmungen im neuen Telekommunikationsgesetz, Stand: Oktober 2004, Mustervertrag dingliche Sicherung und Mustervertrag ohne dingliche Sicherung (siehe Anhang zu diesem Teil nach Rz. 362, S. 555 ff.). 2 Insbesondere nicht im Fall der Kreuzung von Bahngrundstücken.
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F Rz. 319
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
möglichen Folgepflichten und Folgekosten, die Haftung und Regelungen über Vertragsdauer und Vertragsbeendigung besonders sorgfältig vorzunehmen. 319
Insbesondere ist darauf zu achten, dass das eingeräumte Nutzungsrecht ganz oder teilweise an Dritte übertragen oder überlassen werden kann, wenn der Nutzungsberechtigte plant, die verlegten Linien auch gegenüber anderen Betreibern zu vermarkten. Dieses Interesse ist fast ausnahmslos gegeben.
320
Werden die Gestattungs- bzw. Nutzungsverträge für Telekommunikationslinien als miet- oder pachtähnliche Verträge angesehen1 (dazu im einzelnen sogleich Rz. 321 ff.), hat dies zur Folge, dass die Gebrauchsüberlassung der Telekommunikationslinie bzw. Teilen hiervon und die Untervermietung gemäß § 540 Abs. 1 BGB der Erlaubnis des Grundstückseigentümers bedarf. Gleiches gilt für eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit, die nach § 1092 Abs. 3 BGB zwar dann übertragbar ist, wenn sie einer juristischen Person oder rechtsfähigen Personengesellschaft u. a. für Telekommunikationsanlagen zusteht. Die Dienstbarkeit ist aber nicht nach ihren Befugnissen teilbar, so dass die insoweit praktisch bedeutsamere Übertragung von Nutzungsrechten an Teilen der Telekommunikationslinie ausscheidet. Ebenso kann zwar nach der gleichen Bestimmung die Ausübung der Dienstbarkeit einem anderen überlassen werden, aber nur wenn dies gestattet ist, d. h. also der zugrunde liegende Vertrag die ganze oder teilweise Überlassung durch den Nutzungsberechtigten vorsieht. 7.5.2 Teilweise Übertragung/Überlassung des Nutzungsrechts
321
Wenn der Nutzungsberechtigte nach Verlegung der Telekommunikationslinien Teile derselben (z. B. einzelne Leerrohre) an andere Betreiber von Telekommunikationsnetzen verkaufen oder vermieten bzw. sonstige Nutzungsrechte hieran vergeben will, entsteht in Praxis häufig die Frage, ob er hierzu ohne besondere Erlaubnis des Grundstückseigentümers berechtigt ist. Folgende tatsächliche Fallkonstellationen treten häufig auf: (A) Der dritte Betreiber soll ein Nutzungsrecht an in der Telekommunikationslinie bereits befindlichen Glasfasern oder Kupferadern erhalten. (B) Der dritte Betreiber soll ein Nutzungsrecht an einem eigenständigen Leerrohr aus der Telekommunikationslinie erhalten.
322
Bevor die rechtlichen Unterfälle diesbezüglich untersucht werden, ist zunächst der unter Buchstabe (A) genannte Fall gesondert zu betrachten. Hier_______________
1 So Aubert/Klingler, Fernmelderecht/Telekommunikationsrecht, S. 115, Rz. 321 m. w. N. Anders LG Frankfurt, NJW 1985, 1228 (1229), wo allerdings das Vorliegen eines Mietvertrags im Falle der so genannten Grundstückseigentümererklärung nur deswegen abgelehnt wird, weil es an der Vereinbarung eines Mietzinses fehle. Hieran fehlt es heute in aller Regel nicht.
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Nutzung privater Grundstücke (§ 76 TKG)
Rz. 323 F
bei entsteht nämlich ein Nutzungsrecht des Dritten nicht an der Telekommunikationslinie bzw. an einem selbständigen Teil derselben, sondern lediglich an einem unselbständigen wesentlichen Bestandteil im Sinne von § 93 BGB. Die Glasfaser oder Kupferader kann nämlich nicht vom restlichen Kabel getrennt werden, ohne dass damit zugleich die Faser für ihre Funktion unbrauchbar bzw. zerstört wird. Ferner befindet sich die Glasfaser innerhalb der Einrichtung, welche den Nutzungsgegenstand, d. h. den betreffenden Grundstücksteil nutzt, ohne dass sich das Nutzungsrecht des Dritten hieran auf diesen Grundstücksteil erstreckt. Insoweit liegt keine Gebrauchsüberlassung im mietrechtlichen Sinne vor, sondern dies lässt sich als Nutzung der Telekommunikationslinie innerhalb ihres Bestimmungszwecks verstehen. Denn es macht keinen Unterschied ob der Nutzungsberechtigte selbst mittels dieser Glasfaser ein Telekommunikationsnetz betreibt oder ein Dritter. Der Dritte erwirbt keine selbständigen Rechte in Bezug auf die Grundstücksnutzung, sondern nur in Bezug auf das Kabel, in welchem sich die Glasfaser befindet. Denkbar ist auch, dies als unselbständigen Mitgebrauch der Mietsache anzusehen, der keine Erlaubnis des Grundstückseigentümers erfordert1. Nichts anderes kann im Rahmen von § 1092 Abs. 1 BGB für eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit gelten. Auch dort sind Mitbenutzungen zulässig2, zumal sich der Umfang der Dienstbarkeit nach § 1091 BGB nach den persönlichen Bedürfnissen des Berechtigten richtet, die weit zu fassen sind und auch seinen Geschäftsbetrieb umfassen3. In Fall (A) wird hinsichtlich beider genannter rechtlichen Nutzungsgestaltungen (Miete und Dienstbarkeit) nicht der Nutzungsgegenstand bzw. die Ausübung des Rechts überlassen, sondern es geht vielmehr um eine Mitnutzung innerhalb der unveränderten Rechtsausübung durch den Nutzungsberechtigten. Dementsprechend ist eine weitere, wie Fall (A) zu beurteilende tatsächliche Konstellation auch die Einräumung eines Nutzungsrechts an einem ganzen Kabel innerhalb eines vom Nutzungsberechtigten weiterhin auch selbst genutzten Leerrohrs. Eine besondere Ausprägung dieser Mitnutzung sind die rechtlichen Fälle, in denen der Nutzungsberechtigte außerhalb der vertraglichen oder den Vertragstypus bestimmenden gesetzlichen Regelung verpflichtet ist, einem Dritten Betreiber aufgrund gesetzlicher Mitbenutzungsrechte (§ 70 TKG oder § 45a Abs. 3 TKG) die Mitbenutzung seiner Einrichtungen zu dulden bzw. zu gestatten. In diesen Fällen ist davon auszugehen, dass die Mitbenutzung ebenfalls eine bestimmungsgemäße Nutzung bzw. einen unselbständigen Mitgebrauch darstellt, dem die dem Nutzungsberechtigten eingeräumten Nutzungsrechte am Grundstück nicht entgegenstehen. Schon die Wahl des Begriffs „Mitbenutzung“ durch den Gesetzgeber zeigt, dass dieser von einem gegenüber dem Mitbenutzungsverpflichteten unselbständigen _______________
1 Siehe Palandt/Putzo, § 540 Rz. 5. 2 Palandt/Bassenge, § 1090 Rz. 4 i. V. m. § 1018 Rz. 13, 14. 3 Palandt/Bassenge, § 1091 Rz. 1.
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323
F Rz. 324
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
Recht ausgeht. Darüber hinaus lässt sich argumentieren, dass die Mitbenutzungsrechte der hieraus berechtigten Dritten eine gesetzliche Konkretisierung des Inhalts des zugunsten des Nutzungsberechtigten bestehenden Nutzungsrechts an dem Grundstück darstellen. 324
Auf die vorstehende Art und Weise wird der unter Buchstabe (B) genannte Fall allerdings kaum betrachtet werden können. Die Einräumung eines Nutzungsrechts an einem ganzen Leerrohr geht eindeutig weiter, indem ein selbständiger Gegenstand zur Nutzung überlassen wird. Überdies nimmt dieses Leerrohr gegenüber den anderen Leerrohren einen bestimmten Grundstücksteil eigenständig in Anspruch. Dies ist nur dann anders zu beurteilen, wenn es sich bei dem Leerrohr um ein Unterleerrohr handelt, das sich in einem weiterhin vom Nutzungsberechtigten genutzten Mantelleerrohr befindet. Dann ist aus den bereits zu Fall (A) genannten Gründen noch bestimmungsgemäße Nutzung bzw. unselbständiger Mitgebrauch, nicht aber Überlassung oder Untermiete anzunehmen. Von diesen Konstellationen unterscheidet sich Fall (B) dadurch, dass das Leerrohr durch den Dritten unabhängig vom Nutzungsberechtigen, also selbständig genutzt werden kann und das Leerrohr auch einen eigenen Teil des Grundstücks beansprucht.
325
Im Folgenden werden daher die typischen rechtlichen Konstellationen dargestellt, die in der Praxis im Zusammenhang mit vertraglichen Nutzungsrechten anzutreffen sind: 1. Der Vertrag zwischen Nutzungsberechtigtem und Grundstückseigentümer (egal ob schuldrechtliche oder dingliche Nutzungsberechtigung vorliegt) schließt die Untervermietung oder Gebrauchsüberlassung an Dritte ausdrücklich aus. 2. Der Vertrag zwischen Nutzungsberechtigtem und Grundstückseigentümer schweigt zur Frage der Untervermietung oder Gebrauchsüberlassung an Dritte, und a) das Nutzungsrecht ist schuldrechtlicher Natur auf der Grundlage, dass die Voraussetzungen von § 76 Abs. 1 TKG erfüllt sind oder b) das Nutzungsrecht ist schuldrechtlicher Natur auf der Grundlage, dass die Voraussetzungen von § 76 Abs. 1 TKG nicht erfüllt sind oder c) das Nutzungsrecht ist dinglicher Natur. 3. Der Vertrag zwischen Nutzungsberechtigtem und Grundstückseigentümer (egal ob schuldrechtliche oder dingliche Nutzungsberechtigung vorliegt) gestattet die Untervermietung oder Gebrauchsüberlassung an Dritte (ganz oder teilweise) ausdrücklich.
326
Die Fälle 1 und 3 sind eindeutig zu Lasten oder zu Gunsten des Nutzungsberechtigten geregelt. Im Fall 1 kommt daher die Einräumung von Nutzungsrechten ohne Erlaubnis des Grundstückseigentümers nicht in Betracht. Ebenso scheidet daher hier ein Rückgriff auf andere Nutzungsrechte einschließlich etwaiger gesetzlicher Nutzungsrechte gemäß § 76 Abs. 1 518 | Heun
Nutzung privater Grundstücke (§ 76 TKG)
Rz. 327 F
TKG aus1. Dagegen bedürfen die unter Nr. 2 genannten Fälle der genaueren Betrachtung. Der unter Nr. 2 (a) aufgeführte Fall betrifft die Situation, dass der Nutzungsberechtigte eigentlich ein Nutzungsrecht aus § 76 Abs. 1 TKG besitzt, dieses aber z. B. aus Gründen der Klarstellung einzelner Punkte oder zur Beseitigung letzter Unsicherheiten hinsichtlich des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen vertraglich konkretisiert worden ist. Ebenso kommt es vor, dass der Grundstückseigentümer trotz Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs. 1 TKG auf einer vertraglichen Vereinbarung beharrt. In dieser Konstellation unterscheidet sich Verkauf oder Vermietung eines bereits verlegten Leerrohrs an einen Dritten nicht grundsätzlich von der Situation des ursprünglichen Nutzungsberechtigten. Zwar ist § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG in solchen Fällen nicht unmittelbar anwendbar, weil dort eine Leitung oder Anlage vorausgesetzt wird, die gerade nicht den Zwecken öffentlicher Telekommunikation dient (siehe Rz. 282 ff.). Dies muss aber nicht die Anwendung von § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG ausschließen2. Wenn das vertragliche Nutzungsrecht schon auf der Basis dieses Nutzungsrechts geschlossen worden ist, so ändert das Hinzukommen eines weiteren Nutzungsberechtigten hinsichtlich der in ihrer räumlichen Inanspruchnahme des Grundstücks unverändert gebliebenen Telekommunikationslinie nichts an der rechtlichen Ausgangssituation, nämlich dass der Grundstückseigentümer zur Duldung verpflichtet ist. Da sich § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG nach der hier vertretenen Auffassung auch vornehmlich auf die Inanspruchnahme des Grundstücks durch das Vorhandensein der Telekommunikationslinie bezieht und sich hieran durch die Einräumung des Nutzungsrechts an den dritten Betreiber nichts ändert, besteht kein Grund, diese Konstellation nicht zuzulassen. Verkauf, Vermietung oder die Einräumung sonstiger Nutzungsrechte an einem bereits durch den Nutzungsberechtigten verlegten Leerrohr für einen dritten Betreiber ist daher insoweit als zulässig anzusehen. Der dritte Betreiber wird ebenfalls aus § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG berechtigt, allerdings infolge seiner vom Nutzungsberechtigten abgeleiteten Nutzung nur nach Maßgabe des Vertrags zwischen Nutzungsberechtigtem und Grundstückseigentümer. Unberührt bleiben die Ausgleichsansprüche nach § 76 Abs. 2 TKG, die bei infolge des Hinzukommens des Dritten zusätzlichen Maßnahmen sowie angesichts des zusätzlichen Nutzungsberechtigten auch zu einem zusätzlichen Ausgleich führen.
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1 Zwar wird immer wieder überlegt, ob hier nicht § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG nutzbar gemacht werden kann, weil eine durch ein Recht gesicherte Anlage vorliegt. Allerdings handelt es sich eben schon um eine Telekommunikationsanlage (siehe oben Rz. 285). Würde man die Erweiterung des Nutzungsrechts hierauf zulassen, wäre trotz eindeutiger vertraglicher Regelung ein beliebiger Multiplikator für private Wegerechte geschaffen. 2 So aber wohl Beck TKG-Komm/Schütz, § 76 TKG Rz. 17.
Heun | 519
327
F Rz. 328
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
328
In der durch Fall 2 (b) beschriebenen Konstellation besteht keine Duldungspflicht seitens des Grundstückseigentümers, so dass hier das Nutzungsrecht des Nutzungsberechtigten originär auf der vertraglichen Vereinbarung beruht. In dieser Konstellation kann daher für Zwecke der Gewährung von Nutzungsrechten an dritte Betreiber nicht auf die Duldungspflichten in § 76 Abs. 1 TKG zurückgegriffen werden. Zwar ist die Interessenkonstellation durchaus mit derjenigen in § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG zugunsten vorhandener Leitungen oder Anlagen vergleichbar. Allerdings hat der Gesetzgeber dort die Situation im Auge gehabt, dass das Nutzungsrecht für die Leitung oder Anlage die Nutzung für Zwecke der öffentlichen Telekommunikation nicht vorsieht und diese Einrichtungen bzw. das Nutzungsrecht auch für Zwecke der Telekommunikation zur Verfügung stehen sollen. Das ist in der hier untersuchten Konstellation aber der Fall, weil bei Vertragsschluss die Nutzung für Telekommunikationszwecke sowohl bekannt als auch vereinbart ist.
329
Gleichwohl stellt sich für Fall 2 (b) die Frage, ob nicht die vom Gesetzgeber mit Einführung der Regelung des § 76 TKG gewollte Förderung von Telekommunikationsinfrastruktur dafür spricht, das Duldungsrecht hier entsprechend anzuwenden oder zu einer Anwendung von § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG zu kommen. Wie bereits erwähnt, ist die hier gegebene Interessenkonstellation mit derjenigen in § 76 Abs. 1 Nr. 1 TKG vergleichbar. Der Grundstückseigentümer hat einer Beeinträchtigung seines Grundstücks bereits zugestimmt. Daher ist nicht einzusehen, warum einerseits Nutzungsrechte für Leitungen oder Anlagen, welche die Nutzung für Zwecke öffentlicher Telekommunikation überhaupt nicht vorsehen, für diese Zwecke erweitert werden dürfen, andererseits aber Nutzungsrechte, die für Zwecke öffentlicher Telekommunikation bereits vorgesehen sind, nicht teilweise überlassen werden können sollen, obwohl sich nicht einmal an dem Umfang der Inanspruchnahme des betroffenen Grundstücks etwas ändert. Dieses Ergebnis erscheint systemwidrig.
330
In Fall 2 (c) besteht das Problem, dass gemäß § 1092 Abs. 1 Satz 2 BGB die Überlassung der Ausübung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit nur möglich ist, wenn diese Überlassung gestattet ist. Im Zweifel wird man die Einräumung von Nutzungsrechten an einem selbständigen Leerrohr aber als eine solche zumindest teilweise Überlassung verstehen müssen. Ob die Einräumung der Dienstbarkeit ursprünglich auf einem nach § 76 Abs. 1 TKG bestehenden Nutzungsrecht beruht oder nicht ist unerheblich. Die beschränkte persönliche Dienstbarkeit verleiht als dingliches Recht dem Nutzungsberechtigten ein eigenständiges Nutzungsrecht, welches sich nach Art, Inhalt und gesetzlicher Regelung von der Duldungspflicht nach § 76 Abs. 1 TKG unterscheidet. Allerdings stellt sich auch hier die wie in Fall 2 (b) zu bejahende Frage der entsprechenden Anwendung von § 76 Abs. 1 TKG für die Einräumung eines Nutzungsrechts zugunsten eines dritten Betreibers durch den Nutzungsberechtigten.
520 | Heun
Verjährung von wegerechtlichen Ansprüchen
Rz. 331c F
Besteht dagegen das dingliche Nutzungsrecht in Form des Nießbrauchs gemäß § 1030 BGB, können Nutzungsrechte an einzelnen Leerrohren eingeräumt werden. Dies folgt daraus, dass dem Nießbraucher einerseits die Vermietung oder Verpachtung des Nießbrauchsgegenstands gestattet ist1 und andererseits die Ausübung des Nießbrauchs (auch hinsichtlich einzelner Nutzungen2) überlassen werden darf (§ 1059 Satz 2 BGB).
331
8. Verjährung von wegerechtlichen Ansprüchen Nach § 77 TKG (§ 58 TKG 1996) gilt eine eigenständige Verjährungsregel für die Ansprüche aus §§ 70 bis 76 TKG (§§ 50 bis 57 TKG 1996). Damit sind sämtliche Ansprüche aus den wegerechtlichen Regelungen des TKG erfasst. Nach der Bestimmung in § 58 TKG 1996 galt hier eine Verjährungsfrist von zwei Jahren (Beginn mit Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist) während § 77 TKG nunmehr auf die allgemeinen Verjährungsregeln verweist. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt daher gemäß § 195 BGB nunmehr drei Jahre ab dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste.
331a
Zu beachten ist bei der Berechnung der Verjährungsfristen ferner, dass aufgrund der Änderung des Verjährungsrechts zum 1.1.2002 bei vor diesem Zeitpunkt eingetretenen Sachverhalten die Verjährungsfristen des neuen Rechts nur dann Anwendung finden, wenn nicht ausnahmsweise nach altem Recht begonnene Fristen früher ablaufen. Daher ist es angesichts der kürzeren Frist in der älteren Regelung des § 58 TKG 1996 sowie wie mit Blick auf die vom BGH vorgenommene Erweiterung der Ausgleichsansprüche (siehe oben Rz. 310 f.) wichtig, ob die (Ausgleichs-)Ansprüche des § 57 TKG 1996 hiervon erfasst sind, obwohl § 58 TKG 1996 von „Ersatzansprüchen“ spricht und nicht wie § 77 TKG nur noch von „Ansprüchen“. Für § 58 TKG 1996 hatte die obergerichtliche Rechtsprechung allerdings anhand gleichlautender Bestimmungen im TWG bereits festgestellt, dass die Verjährungsregelung für sämtliche Ansprüche aus den wegerechtlichen Bestimmungen und mithin auch für die Ausgleichsansprüche des § 58 TKG 1996 gilt3. Dies ist zwischenzeitlich höchstrichterlich für den Ausgleichsanspruch nach § 57 Abs. 2 S. 2 TKG 1996 (§ 76 Abs. 2 Satz 2 TKG) durch den BGH bestätigt worden4.
331b
Dies bedeutet verjährungsrechtlich für sämtliche Ansprüche aus den §§ 70 bis 76 TKG (§§ 50 bis 57 TKG 1996) folgendes:
331c
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1 2 3 4
Palandt/Bassenge, § 1030 BGB Rz. 6. Palandt/Bassenge, § 1059 BGB, Rz. 2. OVG Münster Archiv PT 1998, 406 (408). BGH, Urt. v. 17.6.2005 – V ZR 202/04.
Heun | 521
F Rz. 331d
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
–
Für Maßnahmen bzw. anspruchsverursachende Ereignisse vor dem 1.1.2002 gilt zunächst die kurze zweijährige Verjährungsfrist des § 58 TKG 1996 ab dem Zeitpunkt des Endes des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Nach der bereits zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung kommt es dabei für den Beginn der Verjährungsfrist nicht darauf an, ob der Berechtigte Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen hatte1. Folglich könnten die betroffenen Gläubiger nach dieser Rechtsprechung keine Ansprüche mehr geltend machen, selbst wenn sie vom anspruchsbegründenden Ereignis (z. B. Verlegung) keine Kenntnis hatten. Indes hat der BGH im Wege der verfassungskonformen Auslegung den Verjährungsbeginn der kurzen Verjährungsfristen auf den Zeitpunkt der Kenntnis bzw. grobfahrlässigen Unkenntnis verlegt2. Daraus folgt, dass bei fehlender oder nicht nachzuweisender grob fahrlässiger Unkenntnis des Gläubigers auch die neue 10-jährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4 BGB ab 1.1.2002 gilt, die mit Ablauf des 31.12.2011 endet.
–
Für Maßnahmen bzw. anspruchsverursachende Ereignisse nach dem 1.1.2002 und vor Inkrafttreten des TKG 2004 gilt ebenfalls die kurze zweijährige Verjährungsfrist des § 58 TKG 1996, ab dem Endes des Jahres der Kenntnis oder grobfahrlässiger Unkenntnis des Gläubigers. Im Einklang mit dem Rechtsgedanken des Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB müsste dies auch dann gelten, wenn die Entstehung des Anspruchs in das Jahr 2003 oder die Zeit in 2004 vor Inkrafttreten des TKG 2004 fällt, Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis des Gläubigers aber erst nach Inkrafttreten des TKG 2004 entstanden ist. Darüber hinaus wird auch die 10-jährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4 BGB ab dem Endes des Jahres der Entstehung des Anspruchs in Lauf gesetzt.
–
Für Maßnahmen bzw. anspruchsverursachende Ereignisse nach dem Inkrafttreten des TKG 2004 gilt gemäß § 77 TKG dagegen die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB von drei Jahren ab dem Endes des Jahres der Kenntnis oder grobfahrlässiger Unkenntnis des Gläubigers. Im übrigen wird die 10-jährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4 BGB ab dem Endes des Jahres der Entstehung des Anspruchs in Lauf gesetzt.
Daraus folgt, dass ein Großteil etwaiger ursprünglicher Ansprüche aus den Boomzeiten der Verlegung von Telekommunikationslinien von 1997 bis 2001 sowie der Ansprüche vor Inkrafttreten des TKG 2004 bereits verjährt sein dürften. 331d
Da § 202 Abs. 2 BGB die Erschwerung der Verjährung unterhalb von 30 Jahren erlaubt, ist bei wegerechtlichen Verträgen immer darauf zu achten, ob dort Regelungen zur Verlängerung der Verjährungsfristen enthalten sind. _______________
1 OVG Münster Archiv PT 1998, 406 (408 f.). 2 BGH, Urt. v. 17.6.2005 – V ZR 202/04.
522 | Heun
Kunden- bzw. Teilnehmeranschluss
Rz. 333 F
Dies ist typischerweise bei den von Städten und Gemeinden verwendeten Musterverträgen der Fall (siehe oben Rz. 173 ff.).
9. Kunden- bzw. Teilnehmeranschluss Die Frage der Benutzung von Grundstücken für die Herstellung von Kunden- bzw. Teilnehmeranschlüssen ist im TKG 2004 zunächst wie zuvor auch schon im TKG 1996, im Fernmeldeanlagengesetz oder dem TWG nicht ausdrücklich geregelt, sondern in der TKV 1997. Dies hat sich durch das TKG-Änderungsgesetz vom 18.2.2007 durch die Aufnahme von § 45a TKG zwischenzeitlich geändert. Auch nach früherem Recht1 war eine Regelung in den Vorgängerverordnungen der TKV 1997, der Fernmeldeordnung (FO), der Telekommunikationsordnung (TKO) sowie der TKV aus dem Jahre 1995, enthalten, welche eine Einwilligung des Grundstückseigentümers für die Errichtung und den Betrieb von Kundenanschlüssen auf dem betroffenen Grundstück durch eine so genannte Grundstückseigentümererklärung (GEE) und Gegenerklärung (zuletzt) durch die Deutsche Bundespost Telekom vorsah. Zweck dieser hergebrachten Regelung war es, eine Ausnahme von dem zu Lasten des damaligen Monopolunternehmens bestehenden Kontrahierungszwangs nach § 8 FAG für den Fall vorzusehen, dass das Monopolunternehmen wegen fehlender Berechtigung zur Grundstücksnutzung nicht in der Lage ist, einen Kundenanschluss herzustellen. Dies war wiederum deswegen notwendig, weil das TWG keine Regelung enthielt, welche das damalige Monopolunternehmen berechtigte, Kabelleitungen auf einem Privatgrundstück zu verlegen. Lediglich die Luftraumkreuzung war zu dulden, die für die Herstellung von Kundenanschlüssen ungeeignet ist.
332
In der Begründung zur TKV 1997 stellte der Verordnungsgeber fest, dass sich mit Blick auf die im TKG vorgesehenen Universaldienstleistungspflichten, für die in § 9 Abs. 1 TKV ebenfalls einen Kontrahierungszwang vorgesehen sei, an der Ausgangssituation und damit an der Notwendigkeit einer gleichartigen Regelung in der TKV 1997 nichts geändert habe2. Dies gilt nunmehr auch für § 45a TKG3, der die GEE und Gegenerklärung nunmehr in einen Nutzungsvertrag in einem einzigen Dokument umgewandelt hat.
333
_______________
1 Dazu Aubert/Klingler, Fernmelderecht/Telekommunikationsrecht, S. 99 ff. Rz. 283 ff. 2 Begründung der Bundesregierung zur TKV, BR-Drucks. 551/97, S. 30. 3 In der Gesetzesbegründung wird dazu festgestellt, dass § 45a TKG an § 10 TKV 1997 anknüpfe und der Netzbetreiber den Vertragsschluss mit dem Teilnehmer wie bisher ohne Nutzungsvertrag mit dem Grundstückseigentümer verweigern könne: BT-Drucks. 16/2581, S. 24 f.
Heun | 523
F Rz. 334
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
9.1 Der Nutzungsvertrag nach § 45a TKG (Grundstückseigentümererklärung der TKV) 334
Der in § 45a TKG vorgesehene Nutzungsvertrag (früher: GEE nach TKV 1997) ist die vom Gesetzgeber vorgesehene Regelung für die Nutzung von Grundstücken durch Telekommunikationsunternehmen zur Errichtung und zum Betrieb von Zugängen zu einem öffentlichen Telekommunikationsnetz, d. h. im Ergebnis: Teilnehmeranschlüssen. Ungeachtet der Frage, ob das Telekommunikationsunternehmen, welches die Herstellung von Teilnehmeranschlüssen beabsichtigt, einen Anspruch auf Grundstücksnutzung nach § 76 Abs. 1 TKG hat, soll daher zunächst die Regelung des Nutzungsvertrags bzw. der GEE untersucht werden. Dies gilt um so mehr, als die GEE in der in der TKV 1997 vorgesehenen wie auch in anderen Formen weit verbreitet ist. Der Inhalt von GEE und Gegenerklärung des Telekommunikationsunternehmens ergeben sich aus Anlagen 1 und 2 zu § 10 Abs. 1 TKV 1997, der Inhalt des Nutzungsvertrags aus der Anlage zu § 45a TKG. 9.1.1 Rechtsnatur des Nutzungsvertrags bzw. der Grundstückseigentümererklärung
335
Der Nutzungsvertrag allein sowie die GEE gemeinsam mit der Gegenerklärung stellen einen privatrechtlichen Vertrag über die Nutzung eines Grundstücks dar, um dort Zugänge zu einem öffentlichen Telekommunikationsnetz einzurichten, zu prüfen und instand zu halten. Es wird demnach hier zwischen dem Eigentümer („dinglich Berechtigter“ im Sinne von § 45a Abs. 1 TKG bzw. § 10 Abs. 1 TKV 1997)1 und dem Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit („Netzbetreiber“ im Sinne der Begrifflichkeit in Nutzungsvertrag und GEE)2 ein privatrechtlicher Gestattungsvertrag geschlossen3. Auch diese Art von Gestattungsvertrag wird verbreitet entsprechend der alten Rechtslage wie die sonstigen Gestattungsverträge zur Nutzung privater Grundstücke (siehe oben
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1 Dinglich berechtigt kann freilich auch ein anderer als der Eigentümer sein (z. B. ein Nießbrauchsberechtigter). 2 Die Begrifflichkeit in TKG und TKV 1997 ist gegenüber der in der jeweiligen Anlage verwendeten Terminologie etwas unterschiedlich: Während der Vertrag mit dem Teilnehmer von einem Anbieter geschlossen wird, gestatten Nutzungsvertrag bzw. GEE die Nutzung durch einen Netzbetreiber. Dies liegt daran, dass der Anbieter des Zugangs bzw. der Telekommunikationsdienstleistung nicht zwangsläufig identisch mit dem Netzbetreiber sein muss, dessen Einrichtungen im Grundstück verlegt und für den Zugang verwendet werden. 3 Die frühere Rechtsauffassung, wonach es sich bei der GEE in Anlehnung an das öffentlich-rechtlich ausgestaltete Teilnehmerverhältnis um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handele, ist durch die Tatsache, dass sämtliche telekommunikationsrechtliche Rechtsbeziehungen zwischen Kunden und Anbietern heute privatrechtlichere Natur sind, mittlerweile obsolet.
524 | Heun
Kunden- bzw. Teilnehmeranschluss
Rz. 337 F
Rz. 317 ff.) als mietvertragsähnlicher Vertrag gesehen1. Dem lässt sich allerdings entgegenhalten, dass Nutzungsvertrag/GEE die unentgeltliche Nutzung vorsehen, so dass es an einem wesentlichen Merkmal des Mietvertrags, nämlich dem Mietzins für die Nutzung fehlt. Dementsprechend sind Nutzungsvertrag/GEE auch nicht als Mietvertrag oder mietvertragsähnlich zu qualifizieren2. Durch die standardisierte Fassung von Nutzungsvertrag/GEE sowie infolge deren standardisierter Verwendung ist ferner festzustellen, dass es sich hierbei um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, die dem AGB-Gesetz unterliegen. Hieran ändert sich nichts dadurch, dass der Wortlaut als Anlage zu § 45a TKG bzw. § 10 Abs. 1 TKV 1997 vorgegeben ist. Keiner der Anbieter wäre nach § 45a TKG oder war nach der TKV verpflichtet, ausschließlich diesen Wortlaut zu verwenden. Nach § 45a Abs. 1 TKG ist lediglich vorgesehen, dass der Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit den Vertrag mit dem Teilnehmer fristlos kündigen darf, wenn dieser auf Verlangen des Anbieters nicht binnen eines Monats den Nutzungsvertrag vorlegt oder der dinglich Berechtigte diesen kündigt. In § 10 Abs. 1 TKV 1997 war noch vorgesehen, dass der Anbieter den Abschluss von Verträgen über den Zugang zu seinem Netz von der Vorlage einer GEE abhängig machen konnte, aber eben nicht musste. In der Praxis werden dementsprechend häufig von den Netzbetreibern auch andere, wenngleich ebenfalls standardisierte Gestattungsverträge verwendet. Diese Verträge sehen im Gegensatz zu Nutzungsvertrag oder GEE hin und wieder auch die Zahlung von Nutzungsentgelten vor. In jenen Fällen sind die Verträge dann als Mietverträge, zumindest aber als mietvertragsähnlich zu qualifizieren. Was die Änderung in § 45a Abs. 1 TKG von Vertragsablehnung auf Vertragskündigung durch den Anbieter gegenüber dem Teilnehmer betrifft, so ist diese Änderung begrüßenswert, weil die Verträge mit Teilnehmern in der Praxis zumeist bereits geschlossen sind, bevor diese dann mittels Herstellung des Zugangs auch umgesetzt werden. Erst dann stellt sich aber ggf. die Frage der Grundstücksnutzung.
336
9.1.2 Inhalt von Nutzungsvertrag bzw. Grundstückseigentümererklärung Der Nutzungsvertrag bzw. die GEE – der Wortlaut ist weitgehend identisch geblieben – berechtigen Netzbetreiber, Zugänge zu ihrem öffentlichen Telekommunikationsnetz auf dem Grundstück und den darauf befindlichen Gebäuden einzurichten, zu prüfen und instand zu halten. Angesichts der Wortwahl in § 45a TKG sowie des früheren Anwendungsbereichs der TKV _______________
1 Beck TKG-Komm/Piepenbrock, 2. Auflage, Anh. § 41 TKG 1996, § 10 TKV, Rz. 6 unter Verweis auf Aubert/Klingler, Fernmelderecht/Telekommunikationsrecht, S. 106 Rz. 298. Anders nunmehr Beck TKG-Komm/Schütz, TKG-E 2005, § 45a Rz. 16 f. 2 BGH, NJW 2002, 3322 (3323), BGH, BGH Report 2004, 79 mit Anmerkung Heun sowie ausdrücklich für die GEE: LG Frankfurt, NJW 1985, 1228 (1229).
Heun | 525
337
F Rz. 338
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
1997 und des Bezugs zu „öffentlichen Telekommunikationsnetzen“ sind nur Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit berechtigt. Da auch der Betrieb von physischen Anschlussleitungen das Betreiben von Telekommunikationsnetzen bedeutet, kommen daher im Ergebnis nur nach § 69 TKG bzw. § 6 Abs. 3 TKG berechtigte Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze in Betracht. 338
Das Recht des Netzbetreibers erstreckt sich auf die Anbringung aller Vorrichtungen, die erforderlich sind, um die Zugänge herzustellen, zu prüfen und instand zu halten. Damit ist das Recht aber nicht auf solche anschlussbezogenen Vorrichtungen begrenzt, die ausschließlich der Versorgung des Grundstücks dienen. Nach der Formulierung von Nutzungsvertrag bzw. GEE sind auch Vorrichtungen erfasst, die der Versorgung eines benachbarten Grundstücks dienen. Die weiteren Formulierungen zu den Folgepflichten des Netzbetreibers unterscheiden dann zwischen solchen Vorrichtungen, die das Grundstück selbst versorgen und solchen, die dies nicht tun. Letztere sind weniger stark gegen die Verlegung (Umlegung) oder Entfernung bei veränderter Nutzung des Grundstücks geschützt. Der Begriff „Vorrichtungen“ selbst bedarf keiner inhaltlichen Einschränkung, da sich die Begrenzung der Berechtigung ohnehin daraus ergibt, das nur die für die Zugänge erforderlichen Vorrichtungen angebracht werden dürfen.
339
Interessanterweise gewähren Nutzungsvertrag bzw. GEE dem Netzbetreiber auch das Recht und die Pflicht, vorinstallierte Hausverkabelungen zu nutzen. Hiermit soll offenbar sichergestellt werden, dass das Grundstück nur in dem Umfang in Anspruch genommen wird, wie es unbedingt erforderlich ist. Dies wird in Nutzungsvertrag bzw. GEE auch selbst ausdrücklich festgestellt, indem die Inanspruchnahme des Grundstück nur zu einer notwendigen und zumutbaren Belastung des Grundstücks führen darf.
340
Nutzungsvertrag und GEE mit Gegenerklärung stellen klar, dass der Netzbetreiber das Grundstück ordnungsgemäß instand zu setzen hat und dass ihn Folgepflichten (Verlegung oder Beseitigung) und die daraus entstehenden Kosten (Folgekostenpflicht) treffen, wenn die Vorrichtungen einer veränderten Grundstücksnutzung entgegenstehen. Lediglich bei Vorrichtungen, die ausschließlich das Grundstück versorgen, trifft die Kostenpflicht den Netzbetreiber nur dann, wenn gleichzeitig Änderungen am öffentlichen Telekommunikationsnetz erforderlich sind.
341
Während in früheren Fassungen der GEE vor der TKV 1997 das Kündigungsrecht des Grundstückseigentümers ruhte, solange Vorrichtungen vorhanden waren, die der Grundstücksversorgung dienten, besteht heute im Nutzungsvertrag wie auch nach der GEE unter der TKV 1997 lediglich ein Kündigungsrecht mit sechswöchiger Kündigungsfrist1. Durch diese Änderung _______________
1 Die frühere Regelung war und ist schwerlich mit § 11 Nr. 12 AGB-Gesetz in Einklang zu bringen.
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Kunden- bzw. Teilnehmeranschluss
Rz. 345 F
spielt im Übrigen die Diskussion um die Frage, ob es sich bei Nutzungsvertrag bzw. GEE um einen mietvertragsähnlichen Vertrag handelt, eine wesentlich geringere Rolle, da diese vor allem durch die von den Vertretern dieser Auffassung erwünschte Anwendbarkeit des § 566 BGB („Kauf bricht nicht Miete“) motiviert ist. Bei der generellen Kündigungsmöglichkeit für die GEE, ist die Bedeutung von § 566 BGB aber nicht mehr besonders groß. Hinzu kommt, dass § 45a Abs. 4 TKG nunmehr ausdrücklich die entsprechende Geltung von § 566 BGB bei Eigentumsübergang am Grundstück festlegt. Der Netzbetreiber kann und muss bei Vertragsbeendigung im Rahmen der Zumutbarkeit die Vorrichtungen auf eigene Kosten binnen Jahresfrist entfernen, auf Verlangen sogar unverzüglich, wenn dem nicht schutzwürdige Interessen Dritter entgegenstehen. Unter den schutzwürdigen Interessen Dritter sind im Zweifel die Interessen der Anschlussnehmer (Teilnehmer) zu sehen, für die im Rahmen der Vertragsbeziehung mit dem Anbieter eine Kündigungsfrist seitens des Anbieters einzuhalten ist.
342
9.1.3 Eigentum an den Vorrichtungen Wie bei den anderen aufgrund von öffentlichen oder privaten Wegerechten sowie aufgrund vertraglicher Nutzungsregelungen verlegten Telekommunikationslinien bzw. -leitungen ist auch im Rahmen von Nutzungsvertrag/ GEE davon auszugehen, dass es sich bei den Vorrichtungen lediglich um Scheinbestandteile gemäß § 95 BGB handelt. Dies wird durch die infolge der Laufzeitregelung gegebene Beendigungsmöglichkeit ebenso nahe gelegt wie durch die Tatsache, dass Nutungsvertrag/GEE ausdrücklich die Umverlegung oder Beseitigung der Vorrichtungen vorsehen. Dabei werden zumindest Vorrichtungen wie Leerrohre, Kabelschächte und Kabel nicht notwendigerweise beschädigt, so dass es auch hier bereits an der für wesentliche Bestandteile erforderlichen festen Verbindung mit dem Grundstück gemäß § 94 Abs. 1 BGB fehlen dürfte1.
343
Die Mitbenutzung vorinstallierter Hausverkabelungen steht dem nicht entgegen. Diese Gegenstände stehen im Zweifel im Eigentum des Grundstückseigentümers und daran ändert sich auch nichts durch die Benutzung seitens des Netzbetreibers. Andererseits besteht kein Bedürfnis, bei den vom Netzbetreiber angebrachten Vorrichtungen eine einheitliche Eigentumsregelung für erforderlich zu halten.
344
Typischerweise geht es um Konstellationen, bei denen vom öffentlichen Weg ein Leerrohr mit einem oder mehreren Kabeln abzweigt, welches dann entweder gemeinsam mit einem Leerrohr in dem betroffenen Grundstück
345
_______________
1 Anders Beck TKG-Komm/Piepenbrock, 2. Auflage, Anh. § 41 TKG 1996, § 10 TKV, Rz. 17, nunmehr aber wie hier Beck TKG-Komm/Schütz, TKG-E 2005, § 45a Rz. 18 ff.
Heun | 527
F Rz. 346
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
bis zum Gebäude verlegt wird oder es wird ein bereits vorhandenes Erschließungsleerrohr des Hauseigentümers für das Einziehen der Kabel genutzt. Der „Durchbruch“ in das Gebäude erfolgt zumeist mittels hierfür bereits vorgesehener Rohranlagen in den Fundamenten, die in einem Keller enden. In diesem Keller wiederum installiert der Netzbetreiber am Ende des durchgezogenen Kabels einen Übergabeverteiler bzw. eine Netzabschlusseinrichtung. Von dort erfolgt die Verbindung zur Inhouse-Verkabelung des Gebäudes. Diese besteht entweder bereits (dann Mitbenutzung durch den Netzbetreiber gemäß Nutzungsvertrag/GEE oder infolge von Netzzugangsregelungen) oder sie wird vom Netzbetreiber durch Steigleitungen selbst verlegt. In allen Fällen wird man ohne weiteres davon ausgehen können, dass das Kabel des Netzbetreibers bis zur Abschlusseinrichtung kein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wird. Gleiches dürfte auch für das Leerrohr des Netzbetreibers auf dem Grundstück bis zum Durchbruch gelten. Danach wird auch für die Kabel der Inhouse-Verkabelung das gleiche angenommen werden können, wenn sie vom Netzbetreiber installiert werden und so angebracht ist, dass sie wieder entfernt werden können.
9.2 Anspruch auf Grundstücksnutzung 346
Auf den Abschluss des Nutzungsvertrags besteht ebenso wie früher hinsichtlich der Erteilung einer GEE kein Anspruch. Der Gesetzgeber hat auch im Anschluss an den früheren Verordnungsgeber auf eine gesetzliche Duldungspflicht des Grundstückseigentümers gegenüber Anschlussleitungen verzichtet, wie es bei Energieversorgungsunternehmen für den Hausanschluss besteht. Dies komme angesichts der Vielzahl möglicher Netzbetreiber sowie angesichts der bereits bestehenden GEE-Praxis nicht in Betracht1.
9.2.1 Kein Anspruch des Netzbetreibers aus § 76 TKG 347
Obwohl schon der Verordnungsgeber davon ausging, dass § 76 TKG nicht auf Anschlussleitungen Anwendung findet2, heißt dies nicht, dass die Anwendung von § 76 TKG ausgeschlossen wäre. Es ist allerdings bereits festgestellt worden (Rz. 30 ff.), dass entgegen der hier vertretenen Auffassung der Begriff Telekommunikationslinie nach der Rechtsprechung des BGH die Teilnehmeranschlüsse auf Grundstücken nicht erfasst. Dementsprechend muss seitens des Netzbetreibers in der Praxis davon ausgegangen werden, dass nach § 76 Abs. 1 TKG kein Anspruch auf Nutzung des Grundstücks für Teilnehmeranschlussleitungen besteht.
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1 Begründung der Bundesregierung zur TKV, BR-Drucks. 551/97, S. 30 f. 2 Begründung der Bundesregierung zur TKV, BR-Drucks. 551/97, S. 30.
528 | Heun
Kunden- bzw. Teilnehmeranschluss
Rz. 350 F
9.2.2 Mittelbarer Anspruch durch Rechte des Mieters Unter der früheren Rechtslage vor der TKV 1997 ist zugunsten des Netzbetreibers ein mittelbarer Anspruch auf Zugang zum Grundstück für die Herstellung von Teilnehmeranschlüssen angenommen worden. Der (potenzielle) Teilnehmer (= z. B. Mieter des Grundstücks) besitzt nach der bisherigen Literatur und Rechtsprechung auf Basis des Mietvertrags im Zusammenhang mit dem Grundrecht der Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) einen Anspruch gegen den Eigentümer auf Abgabe der GEE1 bzw. nunmehr auf Abschluss des Nutzungsvertrags.
348
Die Frage, wie weit dabei bei mehreren Anbietern, die einen oder mehrere Mieter eines Grundstücks anschließen wollen, die Pflicht des Eigentümers zur Abgabe der Grundstückseigentümererklärung geht, ist nach wie vor ungeklärt, sofern die Versorgung durch einen Anbieter (z. B. die DTAG) bereits sichergestellt ist. Die gleiche Frage hätte sich auch im Rahmen der für „Wireless Local Loop“ ggf. anzubringenden Haus- oder Wohnungsantennen stellen können bzw. kann angesichts WLAN und WiMAX wieder relevant werden, und ist aus der bisherigen Rechtsprechung zu Fernseh-Satellitenantennen bei bestehendem Breitbandanschluss nicht unbekannt. Dort wird ein Recht des Mieters nur in besonderen Ausnahmefällen zugestanden2. Es ist daher mehr als fraglich, ob zugunsten weiterer Wettbewerber der Mieter einen Anspruch gegen den Eigentümer auf Abschluss eines Nutzungsvertrags haben wird.
349
9.3 Mitbenutzungsanspruch nach § 45a Abs. 3 TKG Schon unter dem TKG 1996 hatte die Bundesregierung das Problem des fehlenden Anspruchs auf Erteilung von GEE an mehrere Wettbewerber gesehen. Die dafür in § 10 Abs. 3 TKV 1997 vorgesehene und nunmehr in § 45a Abs. 3 TKG enthaltene Lösung ähnelt einerseits dem Mitbenutzungsrecht nach § 70 TKG und anderseits der Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auferlegbaren Verpflichtung, entbündelten Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung zu gewähren (§ 21 Abs. 3 Nr. 1 TKG). Nach § 45a Abs. 3 TKG soll jeder aus dem Nutzungsvertrag berechtigte Anbieter anderen Anbietern die Mitbenutzung der auf dem Grundstück und in den darauf befindlichen Gebäuden verlegten Leitungen und angebrachten Vorrichtungen gegen Entgelt (orientiert an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung) ermöglichen, wenn der Grundstückseigentümer keinen weiteren Nutzungsvertrag abgeschlossen hat und die Mitbenutzung nicht die vertragsgemäße Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen des Anbieters gefährdet oder beeinträchtigt. _______________
1 Hierzu ausführlich Aubert/Klingler, Fernmelderecht/Telekommunikationsrecht, S. 110 ff. Rz. 309 ff. m. w. N. 2 Vgl. Palandt/Weidenkaff, § 535 BGB, Rz. 23.
Heun | 529
350
F Rz. 351
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
9.3.1 Eingriffswirkung des Mitbenutzungsrechts 351
Zwar soll durch die Mitbenutzungsregelung ein weiterer Eingriff in das Eigentumsrecht vermieden werden1, gleichwohl kommt es aber zu einer eigentumsrechtlich relevanten Nutzungsänderung. Qualifiziert man den Nutzungsvertrag entgegen der hier vertretenen Auffassung als Mietvertrag oder mietvertragsähnlich, so ist die Mitbenutzung möglicherweise eine zustimmungspflichtige Untervermietung (§ 540 Abs. 1 BGB). Dies ist weder im Nutzungsvertrag noch war in der GEE vorgesehen, so dass gleichwohl ein Eingriff in das Eigentumsrecht vorliegen kann. Andererseits kann § 45a Abs. 3 TKG aber auch als Konkretisierung des Inhalts der im Nutzungsvertrag gewährten Nutzungsberechtigung betrachtet werden (siehe oben Rz. 323).
352
Ein weiteres Problem in diesem Zusammenhang ergibt sich aus der Frage, worauf sich das Mitbenutzungsrecht im einzelnen bezieht. Die Regelung in § 45a Abs. 3 TKG spricht von „Leitungen und Vorrichtungen“. Beide Begriffe werden im TKG nicht definiert. In der Begründung zur TKV 1997 sprach die Bundesregierung vornehmlich von Leitungen und stellt eine Parallele zum Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung her, wonach die Regelung der TKV 1997 das Mitbenutzungsrecht an den auf dem Grundstück befindlichen Teil des Netzes betreffe2. Dies spricht dafür, dass die Regelung nach Ansicht der Bundesregierung vor allem die Mitbenutzung von Leitungen bzw. Kabeln nebst den zugehörigen Vorrichtungen (Netzabschlusspunkt, Kabelaufhängungen) umfasst. Erfasste das Mitbenutzungsrecht aber nur die einzelne Leitung bzw. das einzelne Kabel, würde es sich bei Inanspruchnahme des Rechts durch den Mitbenutzungsberechtigten nicht mehr um eine Mitbenutzung sondern um einen Benutzerwechsel handeln. Der Wortlaut des Nutzungsvertrags wie der GEE selbst steht einem solchen Benutzerwechsel aber eigentlich entgegen, da sich die dort vorgesehene Berechtigung des Netzbetreibers auf Vorrichtungen bezieht, „die erforderlich sind, um Zugänge zu seinem Telekommunikationsnetz“ einzurichten. Zugänge zu anderen Netzen sind daher vom Wortlaut gegenständlich nicht erfasst.
353
Folgende Lösungsansätze sind hier denkbar, welche die unterschiedlichen Mitbenutzungsszenarien erfassen können:
354
Soweit man Nutzungsvertrag/GEE als mietvertragsähnlich ansieht, lässt sich die Mitbenutzung zum einen nach § 45a Abs. 3 TKG als von dem Nutzungsrecht des Mieters umfassten unselbständigen Mitgebrauch ansehen (dazu schon oben Rz. 322 f.). Hierfür spricht schon der Begriff „Mitbenutzung“.
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1 So ausdrücklich die Begründung der Bundesregierung zur TKV, BR-Drucks. 551/97, S. 31. 2 Begründung der Bundesregierung zur TKV, BR-Drucks. 551/97, S. 31.
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Kunden- bzw. Teilnehmeranschluss
Rz. 359 F
Ferner könnte § 45a Abs. 3 TKG auch dahingehend auszulegen sein, dass eine Duldungspflicht des Grundstückseigentümers gegenüber der Mitbenutzung in der Regelung mit enthalten ist, d. h. eine inhaltliche Bestimmung des Umfangs des ursprünglichen Nutzungsrechts bedeutet (siehe oben Rz. 323). Dies widerspricht zwar der Absicht der Bundesregierung zur TKV 1997, keine weiteren Eingriffe in das Mietrecht und das Eigentum vorzunehmen1, ist aber unvermeidliche Folge des gerade deswegen eingeführten Mitbenutzungsrechts.
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Schließlich kann eine zweckentsprechende Auslegung des in Nutzungsvertrag/GEE verwendeten Zugangsbegriffs im telekommunikationsrechtlichen Sinne Abhilfe schaffen. Dies kann in der Weise geschehen, dass zusätzlich zum gestatteten Teilnehmeranschluss selbst die Mitbenutzung als solche ebenfalls als Zugang zum Netz des berechtigten Netzbetreibers angesehen wird, und zwar in gleicher Weise wie der Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung. Der Zugang erfolgte dann zwar sozusagen „von der anderen Seite“, aber es würde sich im telekommunikationsrechtlichen Sinne gleichwohl um einen Zugang handeln.
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9.3.2 Umfang des Mitbenutzungsrechts Nutzungsberechtigter des Mitbenutzungsrechts in § 45a Abs. 3 TKG ist jeder Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit, der Zugänge zu öffentlichen Telekommunikationsnetzen anbietet. Dies kann ein anderer Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes aber auch ein Anbieter ohne Netz sein (Wiederverkäufer), der wiederum das Netz eines Dritten für das Angebot von Zugängen in Anspruch nimmt. Zwar besteht das Recht nur dann, wenn der Grundstückseigentümer keinen weiteren Nutzungsvertrag abschließt und als Vertragspartner des Nutzungsvertrags kommt gemäß dem Wortlaut des Nutzungsvertrags nur ein Netzbetreiber in Betracht. Allerdings zeigt gerade dieser Unterschied, dass Anbieter und Netzbetreiber nicht identisch sein müssen.
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Nutzungsverpflichteter des Mitbenutzungsrechts ist jeder berechtigte Anbieter aus einem Nutzungsvertrag bzw. einer GEE, also nicht nur ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht2. Eine solche Verpflichtung ist wegen § 18 TKG (Art. 5 Abs. 1 Zugangsrichtlinie) zulässig, weil auch Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht Verpflichtungen unterworfen sein können, wenn sie Zugänge zu Endkunden kontrollieren. Das wäre hier der Fall. Außerdem lässt sich die Regelung auch auf Art. 12 Abs. 1 Rahmenrichtlinie stützen.
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Das Mitbenutzungsrecht erstreckt sich auf die „auf dem Grundstück und in den darauf befindlichen Gebäuden verlegten Leitungen und angebrachten
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1 Begründung der Bundesregierung zur TKV, BR-Drucks. 551/97, S. 31. 2 Begründung der Bundesregierung zur TKV, BR-Drucks. 551/97, S. 31.
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F Rz. 360
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Vorrichtungen“. Wie bereits erwähnt, spricht die Bundesregierung in der Begründung zur TKV 1997 vor allem von Leitungen, aber begrenzt ist das Mitbenutzungsrecht hierauf nicht. Vorrichtungen sind auch das im Zusammenhang mit der Leitung verlegte Zubehör1. Dazu gehören auch Leerrohre und Kabelschächte, die im Sinne von Nutzungsvertrag/GEE erforderlich waren, um die Teilnehmeranschlüsse auf dem Grundstück herzustellen. Die Berechtigung erfasst daher neben der Mitbenutzung des Kabels bzw. der Leitung auch das Einziehen eines weiteren Kabels in ein vom Inhaber des Nutzungsvertrags bzw. der GEE bereits verlegtes Leerrohr. 360
Begrenzt wird das Mitbenutzungsrecht dadurch, dass die vertragsgemäße Erfüllung der Verpflichtungen des nutzungsverpflichteten Anbieters nicht gefährdet oder beeinträchtigt werden dürfen. Hier ist ein objektivierter Maßstab anzuwenden, der regelmäßig auf die Vertragsbeziehung des nutzungsverpflichteten Anbieters zu Teilnehmern zu beziehen ist, die ebenfalls über die betreffende Infrastruktur versorgt werden. Insbesondere bei der Mitbenutzung einer Leitung wird es darauf ankommen, ob die eigene Nutzung wegen des Mitbenutzungsrechts verhindert werden wird. Hat der Mitbenutzungsberechtigte zugleich entbündelten Zugang zu dieser Teilnehmeranschlussleitung, so wird zwar die eigene Nutzung des Berechtigten verhindert. Dies ist aber nicht bedingt durch das Mitbenutzungsrecht, sondern durch den entbündelten Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung. Daher ist insoweit keine Begrenzung des Mitbenutzungsrechts anzunehmen. Im Übrigen folgte hinsichtlich der so genannten Inhouse-Infrastruktur unabhängig von dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 TKV 1997 bereits aus § 33 Abs. 1 TKG 1996 ein Anspruch auf Zugang hierzu gegenüber einem marktbeherrschenden Unternehmen, der im Ergebnis aus einer Mitbenutzung besteht, da es sich hierbei um eine wesentliche Leistung handelte2. Diese Sichtweise wird von der BNetzA unter dem TKG 2004 fortgesetzt, indem sie die Inhouse-Verkabelung unter dem Begriff der „Endleitung“ als Bestandteil der Verpflichtung des Zugangs zum Teilnehmeranschluss betrachtet3. Sofern man die Inhouse-Verkabelung nicht der Teilnehmeranschlussleitung bzw. dem Zugang hierzu zuschlägt, ist eine eigenständige Regulierungsverfügung etwa auf Basis des § 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG (Zugang u. a. zu Einrichtungen wie Gebäuden und zu Leitungen) erforderlich (siehe G. Rz. 224 ff., H. Rz. 358 ff., 378 ff.).
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1 Aubert/Klingler, Fernmelderecht/Telekommunikationsrecht, S. 103 ff. Rz. 290. 2 RegTP MMR 1998, 494 ff. 3 So wohl die Sichtweise der BNetzA in der Regulierungsverfügung, wenn dort bei den Ausführungen zum Standardangebot auch die „Endleitung“ erwähnt wird: BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4-04-075/R (TAL), S. 20, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005, S. 578 (598). Ebenso die diesbezügliche Entgeltgenehmigung: BNetzA, Beschl. v. 31.1.2007 – BK 4a-06-066, S. 4 des amtlichen Umdrucks.
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Ausblick
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Schließlich hat der Mitbenutzungsverpflichtete Anspruch auf ein Mitbenutzungsentgelt, das sich an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung orientiert. Anhaltspunkte hierfür können die Entgeltregulierungsentscheidungen der RegTP zur Nutzung der Inhouse-Infrastruktur liefern1.
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10. Ausblick Die größten Aktivitäten zur Verlegung von Telekommunikationslinien haben nach Inkrafttreten des TKG 1996 stattgefunden. Vertragliche Regelungen und die Rechtsprechung haben die meisten der aufgetretenen Fragen interessengerecht gelöst. Die im TKG 2004 weitgehend unverändert gebelieben Regelungen zum Wegerecht werden daher künftig weniger Bedeutung bei weiteren Verlegemaßnahmen erlangen. Angesichts der umfangreichen verlegten Infrastrukturen wird es vielmehr künftig um Fragen der Folgeund Folgekostenpflichten gehen. Diese Tendenz hat sich bereits abgezeichnet. Ebenso werden Verkäufe und Überlassungen von Infrastrukturen ebenso wie Aufgabe und Beseitigung eine Rolle spielen.
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1 Zuletzt BNetzA, Beschl. v. 31.1.2007 – BK 4a-06-066.
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11. Anhang* Auslegungshilfe zu den wegerechtlichen Bestimmungen im neuen Telekommunikationsgesetz Einvernehmlich erarbeitet, vorgelegt und zur Anwendung empfohlen Deutscher Städtetag, Köln/Berlin Deutscher Landkreistag, Berlin Deutscher Städte- und Gemeindebund, Berlin und Deutsche Telekom AG, Bonn Stand: Oktober 2004
Auslegungshilfe zu den wegerechtlichen Bestimmungen im neuen Telekommunikationsgesetz Am 26.6.2004 ist das neue Telekommunikationsgesetz (TKG) in Kraft getreten. Im Rahmen dieses neuen Gesetzes wurden u. a. die die Kommunen in besonderer Weise tangierenden wegerechtlichen Bestimmungen im Abschnitt 3, „Wegerechte“, §§ 68 ff. TKG, neu geregelt. Unter Berücksichtigung der in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen mit dem alten TKG konnten die von den Kommunalen Spitzenverbänden (Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund) angestrebten Verbesserungen weitestgehend in dem neuen TKG berücksichtigt werden. Allerdings lassen insbesondere die in § 68 Abs. 3 TKG getroffenen Formulierungen eine Reihe von Interpretationsmöglichkeiten offen und machen nach Ansicht der Verfasser bezüglich der Thematik „Leitungsdokumentation“ eine gesonderte Verwaltungsvereinbarung erforderlich. Um bei der Umsetzung des neuen Gesetzes in die Praxis bundesweit möglichst zu einer einheitlichen Anwendung zu kommen, unterschiedliche Auslegungen des Gesetzes so weit wie möglich einzugrenzen und für alle Beteiligten zu einer Arbeitserleichterung beizutragen, haben die Kommunalen Spitzenverbände zusammen mit der Deutschen Telekom AG (DT AG) als dem größten und dem zur Universaldienstleistung verpflichteten Telekommunikationsunternehmen in Deutschland die nachfolgende Auslegungshilfe sowie, als deren Bestandteil, das Muster für eine Verwaltungsvereinbarung erarbeitet, die hiermit sowohl den Kommunen als auch den Niederlassungen der DT AG zur Verfügung gestellt und zur Anwendung empfohlen wird. Synopse TKG – neu/TKG – alt (Die gesetzlichen Änderungen im neuen TK sind durch Fettschrift hervorgehoben; Textstellen/Begriffe, auf die die Auslegungshilfe Bezug nimmt, zusätzlich in Kursivschrift)
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* Abdruck erfolgt mit Genehmigung der o. g. Verfasser.
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Anhang TKG – neu i. d. F. vom 26.6.2004
TKG – alt i. d. F. vom 1.8.1996
§ 68
§ 50
Grundsatz der Benutzung öffentlicher Wege (1) Der Bund ist befugt, Verkehrswege für die öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationslinien unentgeltlich zu benutzen, soweit dadurch nicht der Widmungszweck der Verkehrswege dauernd beschränkt wird (Nutzungsberechtigung). Als Verkehrswege gelten öffentliche Wege, Plätze und Brücken sowie die öffentlichen Gewässer. --- (Übertragungsrechte jetzt § 69) (2) Telekommunikationslinien sind so zu errichten und zu unterhalten, dass sie den Anforderungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie den anerkannten Regeln der Technik genügen.
Grundsatz der Benutzung öffentlicher Wege (1) Der Bund ist befugt, Verkehrswege für die öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationslinien unentgeltlich zu benutzen, soweit nicht dadurch die Widmungszweck der Verkehrswege dauernd beschränkt wird (Nutzungsberechtigung). Als Verkehrswege gelten die öffentlichen Wege, Plätze und Brücken sowie die öffentlichen Gewässer.
(3) Die Verlegung neuer Telekommunikationslinien und die Änderung vorhandener Telekommunikationslinien bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Träger der Wegebaulast. Bei der Verlegung oberirdischer Leitungen sind die Interessen der Wegebaulastträger, der Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze und die städtebaulichen Belange abzuwägen. Soweit die Verlegung im Rahmen einer Gesamtbaumaßnahme koordiniert werden kann, die in engem zeitlichen Zusammenhang nach der Antragstellung auf Zustimmung durchgeführt wird, soll die Verlegung in der Regel unterirdisch erfolgen. Die Zustimmung kann mit – Nebenbestimmungen – versehen werden, die diskriminierungsfrei zu gestalten sind; die Zustimmung kann außerdem von der Leistung einer angemessenen Sicherheit abhängig gemacht werden. Die Nebenbestimmungen dürfen nur die Art und Weise der Errichtung der Telekommunikationslinie sowie die dabei zu beachtenden Regeln der Technik, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, die im Bereich des jeweiligen Wegebaulastträgers übliche Dokumentation der Lage
(2) Der Bund überträgt das Recht nach Absatz 1 auf Lizenznehmer nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 im Rahmen der Lizenzerteilung nach § 8. Telekommunikationslinien sind so zu errichten und zu unterhalten, dass sie den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung sowie den anerkannten Regeln der Technik genügen. (3) Die Verlegung neuer Telekommunikationslinien und die Änderung vorhandener Telekommunikationslinien bedürfen der Zustimmung der Träger der Wegebaulast. Bei der Verlegung oberirdischer Leitungen sind die Interessen der Wegebaulastträger, der Lizenznehmer und die städtebaulichen Belange abzuwägen. Die Zustimmung kann mit technischen Bedingungen und Auflagen versehen werden, die diskriminierungsfrei zu gestalten sind.
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der Telekommunikationslinie nach geographischen Koordinaten und die Verkehrssicherungspflichten regeln. (4) Ist der Wegebaulastträger selbst Betreiber einer Telekommunikationslinie oder mit einem Betreiber im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zusammengeschlossen, so ist die Zustimmung nach Absatz 3 von einer Verwaltungseinheit zu erteilen, die unabhängig von der für den Betrieb der Telekommunikationslinie bzw. der für die Wahrnehmung der Gesellschaftsrechte zuständigen Verwaltungseinheit ist. § 69 Übertragung des Wegerechts (1) Der Bund überträgt die Nutzungsberechtigung nach § 68 Abs. 1 durch die Regulierungsbehörde auf schriftlichen Antrag an die Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze. (2) In dem Antrag nach Absatz 1 ist das Gebiet zu bezeichnen, für das die Nutzungsberechtigung übertragen werden soll. Die Regulierungsbehörde erteilt die Nutzungsberechtigung, wenn der Antragsteller nachweislich fachkundig, zuverlässig und leistungsfähig ist, Telekommunikationslinien zu errichten und die Nutzungsberechtigung mit den Regulierungszielen nach § 2 Abs. 2 vereinbar ist. Die Regulierungsbehörde erteilt die Nutzungsberechtigung für die Dauer der öffentlichen Tätigkeit. Die Regulierungsbehörde entscheidet über vollständige Anträge innerhalb von sechs Wochen. (3) Beginn und Beendigung der Nutzung sowie Namensänderungen, Anschriftenänderungen und identitätswahrende Umwandlungen des Unternehmens sind der Regulierungsbehörde unverzüglich mitzuteilen. Die Regulierungsbehörde stellt diese Informationen den Wegebaulastträgern zur Verfügung. Für Schäden, die daraus entstehen, dass Änderungen nicht rechtzeitig mitgeteilt wurden, haftet der Nutzungsberechtigte.
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(4) Ist der Wegebaulastträger selbst Lizenznehmer oder mit einem Lizenznehmer im Sinne des § 23 Abs. 2 oder 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zusammengeschlossen, so ist die Regulierungsbehörde für die Zustimmungserteilung nach Absatz 3 zuständig, wenn ein anderer Lizenznehmer die Verkehrswege des Wegebaulastträgers nutzen will.
§ 50 Abs. 2 Satz 1 Der Bund überträgt das Recht nach Absatz 1 auf Lizenznehmer nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 im Rahmen der Lizenzerteilung nach § 8. § 8 Abs. 1–5
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Anhang § 70 § 51 Mitbenutzung Mitbenutzung Soweit die Ausübung des Rechts nach § 68 Unverändert für die Verlegung weiterer Telekommunikationslinien nicht oder nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand möglich ist, besteht ein Anspruch auf Duldung der Mitbenutzung anderer für die Aufnahme von Telekommunikationskabeln vorgesehenen Einrichtungen, wenn die Mitbenutzung wirtschaftlich zumutbar ist und keine zusätzlichen größeren Baumaßnahmen erforderlich werden. In diesem Fall hat der Mitbenutzungsberechtigte an den Mitbenutzungsverpflichteten einen angemessenen geldwerten Ausgleich zu leisten. § 71 Rücksichtnahme auf Wegeunterhaltung und Widmungszweck (1) Bei der Benutzung der Verkehrswege ist eine Erschwerung ihrer Unterhaltung und eine vorübergehende Beschränkung ihres Widmungszwecks nach Möglichkeit zu vermeiden. (2) Wird die Unterhaltung erschwert, so hat der Nutzungsberechtigte dem Unterhaltungspflichtigen die aus der Erschwerung erwachsenden Kosten zu ersetzen. (3) Nach Beendigung der Arbeiten an den Telekommunikationslinien hat der Nutzungsberechtigte den Verkehrsweg unverzüglich wieder instand zu setzen, sofern nicht der Unterhaltungspflichtige erklärt hat, die Instandsetzung selbst vornehmen zu wollen. Der Nutzungsberechtigte hat dem Unterhaltungspflichtigen die Auslagen für die von ihm vorgenommene Instandsetzung zu vergüten und den durch die Arbeiten an den Telekommunikationslinien entstandenen Schaden zu ersetzen.
§ 52 Rücksichtnahme auf Wegeunterhaltung und Widmungszweck Unverändert
§ 72 § 53 Gebotene Änderung Gebotene Änderung (1) Ergibt sich nach Errichtung einer Te- Unverändert lekommunikationslinie, dass sie den Widmungszweck eines Verkehrsweges nicht nur vorübergehend beschränkt oder die Vornahme der zu seiner Unterhaltung er-
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forderlichen Arbeiten verhindert oder die Ausführung einer von dem Unterhaltungspflichtigen beabsichtigten Änderung des Verkehrsweges entgegensteht, so ist die Telekommunikationslinie, soweit erforderlich, abzuändern oder zu beseitigen. (2) Soweit ein Verkehrsweg eingezogen wird, erlischt die Befugnis des Nutzungsberechtigten zu seiner Benutzung. (3) In allen diesen Fällen hat der Nutzungsberechtigte die gebotenen Maßnahmen an der Telekommunikationslinie auf seine Kosten zu bewirken. § 73 § 54 Schonung der Baumpflanzungen Schonung der Baumpflanzungen (1) Die Baumpflanzungen auf und an den Unverändert Verkehrswegen sind nach Möglichkeit zu schonen, auf das Wachstum der Bäume ist Rücksicht zu nehmen. Ausästungen können nur insoweit verlangt werden, als sie zur Herstellung der Telekommunikationslinie oder zur Verhütung von Betriebsstörungen erforderlich sind; sie sind auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken. (2) Der Nutzungsberechtigte hat dem Besitzer der Baumpflanzungen eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb welcher er die Ausästungen selbst vornehmen kann. Sind die Ausästungen innerhalb der Frist nicht oder nicht genügend vorgenommen, so bewirkt der Nutzungsberechtigte die Ausästungen. Dazu ist er auch berechtigt, wenn es sich um die dringliche Verhütung oder Beseitigung einer Störung handelt. (3) Der Nutzungsberechtigte ersetzt den an den Baumpflanzungen verursachten Schaden und die Kosten der auf sein Verlangen vorgenommenen Ausästungen. § 74 § 55 Besondere Anlagen Besondere Anlagen (1) Die Telekommunikationslinien sind so Unverändert auszuführen, dass sie vorhandene besondere Anlagen (der Wegeunterhaltung dienende Einrichtungen, Kanalisations-, Wasser-, Gasleitungen, Schienenbahnen, elektrische Anlagen und dergleichen) nicht
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störend beeinflussen. Die aus der Herstellung erforderlicher Schutzvorkehrungen erwachsenden Kosten hat der Nutzungsberechtigte zu tragen. (2) Die Verlegung oder Veränderung vorhandener besonderer Anlagen kann nur gegen Entschädigung und nur dann verlangt werden, wenn die Benutzung des Verkehrsweges für die Telekommunikationslinie sonst unterbleiben müsste und die besondere Anlage anderweitig ihrem Zweck entsprechend untergebracht werden kann. (3) Auch beim Vorliegen dieser Voraussetzungen hat die Benutzung des Verkehrsweges für die Telekommunikationslinie zu unterbleiben, wenn der aus der Verlegung oder Veränderung der besonderen Anlage entstehende Schaden gegenüber den Kosten, welche dem Nutzungsberechtigten aus der Benutzung eines anderen ihm zur Verfügung stehenden Verkehrsweges erwachsen, unverhältnismäßig groß ist. (4) Die Absätze 1 bis 3 finden auf solche in der Vorbereitung befindliche besondere Anlagen, deren Herstellung im öffentlichen Interesse liegt, entsprechende Anwendung. Eine Entschädigung auf Grund des Absatzes 2 wird nur bis zu dem Betrag der Aufwendungen gewährt, die durch die Vorbereitung entstanden sind. Als in der Vorbereitung begriffen gelten Anlagen, sobald sie auf Grund eines im Einzelnen ausgearbeiteten Planes die Genehmigung des Auftraggebers und, soweit erforderlich, die Genehmigung der zuständigen Behörden und des Eigentümers oder des sonstigen zur Nutzung Berechtigten des in Anspruch genommenen Weges erhalten haben. § 75 § 56 Spätere besondere Anlagen Spätere besondere Anlagen (1) Spätere besondere Anlagen sind nach Unverändert Möglichkeit so auszuführen, dass sie die vorhandenen Telekommunikationslinien nicht störend beeinflussen. (2) Dem Verlangen auf Verlegung oder Veränderung einer Telekommunikationslinie
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muss auf Kosten des Nutzungsberechtigten stattgegeben werden, wenn sonst die Herstellung einer späteren besonderen Anlage unterbleiben müsste oder wesentlich erschwert werden würde, welche aus Gründen des öffentlichen Interesses, insbesondere aus volkswirtschaftlichen oder Verkehrsrücksichten, von den Wegeunterhaltspflichtigen oder unter ihrer überwiegenden Beteiligung ausgeführt werden soll. Dient eine kabelgebundene Telekommunikationslinie nicht lediglich dem Orts-, Vororts- oder Nachbarortsverkehr, kann ihre Verlegung nur dann verlangt werden, wenn die kabelgebundene Telekommunikationslinie ohne Aufwendung unverhältnismäßig hoher Kosten anderweitig ihrem Zweck entsprechend untergebracht werden kann. (3) Muss wegen einer solchen späteren besonderen Anlage die schon vorhandene Telekommunikationslinie mit Schutzvorkehrungen versehen werden, so sind die dadurch entstehenden Kosten von dem Nutzungsberechtigten zu tragen. (4) Überlässt ein Wegeunterhaltspflichtiger seinen Anteil einem nicht unterhaltspflichtigen Dritten, so sind dem Nutzungsberechtigten die durch die Verlegung oder Veränderung oder durch die Herstellung der Schutzvorkehrungen erwachsenden Kosten, soweit sie auf dessen Anteil fallen, zu erstatten. (5) Die Unternehmer anderer als der in Absatz 2 bezeichneten besonderen Anlagen haben die aus der Verlegung oder Veränderung der vorhandenen Telekommunikationslinien oder aus der Herstellung der erforderlichen Schutzvorkehrungen erwachsenden Kosten zu tragen. (6) Auf spätere Änderungen vorhandener besonderer Anlagen finden die Absätze 1 bis 5 entsprechende Anwendung. § 76 § 57 Beeinträchtigung von Grundstücken Beeinträchtigung von Grundstücken (1) Der Eigentümer eines Grundstücks, das Unverändert kein Verkehrsweg im Sinne des § 68 Abs. 1 Satz 2 ist, kann die Errichtung, den Betrieb und die Erneuerung von Telekom-
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munikationslinien auf seinem Grundstück insoweit nicht verbieten, als 1. auf dem Grundstück eine durch ein Recht gesicherte Leitung oder Anlage auch für die Errichtung, den Betrieb und die Erneuerung einer Telekommunikationslinie genutzt und hierdurch die Nutzbarkeit des Grundstücks nicht dauerhaft zusätzlich eingeschränkt wird oder 2. das Grundstück durch die Benutzung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt wird. (2) Hat der Grundstückseigentümer eine Einwirkung nach Absatz 1 zu dulden, so kann er von dem Betreiber der Telekommunikationslinie oder dem Eigentümer des Leitungsnetzes einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn durch die Errichtung, die Erneuerung oder durch Wartungs-, Reparatur- oder vergleichbare, mit dem Betrieb der Telekommunikationslinie unmittelbar zusammenhängende Maßnahmen eine Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt wird. Für eine erweiterte Nutzung zu Zwecken der Telekommunikation kann darüber hinaus ein einmaliger Ausgleich in Geld verlangt werden, sofern bisher keine Leitungswege vorhanden waren, die zu Zwecken der Telekommunikation genutzt werden konnten. Wird das Grundstück oder sein Zubehör durch die Ausübung der aus dieser Vorschrift folgenden Rechte beschädigt, hat der Betreiber oder der Eigentümer des Leitungsnetzes auf seine Kosten den Schaden zu beseitigen. § 840 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs findet Anwendung. § 77 Ersatzansprüche Die Verjährung der auf den §§ 70 bis 76 beruhenden Ansprüche richtet sich nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch.
§ 58 Ersatzansprüche Die auf den §§ 50 bis 57 beruhenden Ersatzansprüche verjähren in zwei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden ist.
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––– § 142 Gebühren und Auslagen ––– (6) Die Wegebaulastträger können in ihrem Zuständigkeitsbereich Regelungen erlassen, nach denen lediglich die Verwaltungskosten abdeckende Gebühren und Auslagen für die Erteilung von Zustimmungsbescheiden nach § 68 Abs. 3 zur Nutzung öffentlicher Wege erhoben werden können. Eine Pauschalierung ist zulässig.
Zu einzelnen Bestimmungen/Begriffen: Übertragungsrechte des Bundes Die nach bisherigem Recht vorgenommen Übertragung der Wegenbenutzungsrechte im Rahmen der Lizenzerteilung (§ 50 Abs. 2 Satz 1 TKG-alt) erfolgt wegen des Wegfalls der Lizenzpflicht nunmehr durch gesonderten Akt der Regulierungsbehörde nach § 69 Abs. 1 TKG neu. Gegenstand und Umfang der Nutzungsberechtigung des Bundes, die auf Antrag übertragen wird, ist unverändert geblieben. Die nach bisherigem Recht durch Lizenzen übertragenen Wegerechte bleiben bestehen (§ 150 TKGneu). Schriftliche Zustimmung der Trägerder Wegebaulast Die neu aufgenommene Schriftform der Zustimmungserklärung (§ 68 Abs. 3 Satz 1 TKG-neu) unterstreicht den Charakter des Verwaltungsaktes. Durch diese Neuregelung wird der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen der Kommune und dem TK-Unternehmen, der generell die Voraussetzungen regelt, unter denen der tatsächlichen Inanspruchnahme der öffentlichen Wege zugestimmt wird, nicht ausgeschlossen. Auch können nach wie vor zur Verwaltungsvereinfachung für bestimmte (kleine) Baumaßnahmen pauschale vertragliche Regelungen getroffen werden. Oberirdische/unterirdische Verlegungvon TK-Linien Der bereits im TKG-alt bestehende Grundsatz der Gleichwertigkeit von oberirdischer und unterirdischer Verlegung von TK-Linien ist im Grundsatz im TKG-neu beibehalten worden. Nach wie vor kann daher die oberirdische Leitungsverlegung abgelehnt werden, wenn nach Abwägung den städtebaulichen Belangen der Vorzug vor den Interessen des Betreiber zu geben ist. Darüber hinaus soll die Verlegung in der Regel unterirdisch erfolgen, soweit die Verlegung im Rahmen einer Gesamtbaumaßnahme koordiniert werden kann, die in engem zeitlichen Zusammenhang nach der Antragstellung auf Zustimmung durchgeführt wird. Danach soll die unterirdische Verlegung zur Regel werden, soweit diese keine isolierten und somit kostenintensiven Maßnahmen für die TK-Unternehmen bedeuten. Dies dürfte in erster Linie bei der Erschließung von Neubaugebieten der Fall sein, schließt aber auch Baumaßnahmen im Bestand nicht aus.
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Eine Koordinierungsmöglichkeit im Sinne von § 68 Abs. 3 TKG setzt voraus, dass – die leitungsverlegenden Beteiligten und der Wegebaulastträger jeweils Kenntnis vom Vorhaben des/der anderen Beteiligten erlangen und – die unterschiedlichen Baumaßnahmen der Beteiligten einer sinnvollen und zumutbaren Abstimmung zugänglich sind. Der Gesetzgeber hat keine ausdrücklichen Ausführungen dazu gemacht, wem die Koordinierungspflicht obliegt. In der Vergangenheit hat sich allerdings die Anwendung der „Kommunalen Koordinierungsrichtlinien“ (herausgegeben von der Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände, Köln, Juni 1967, die nach wie vor Bestand hat) bewährt, die die Kommunen nutzen, um Aufgrabungen zeitlich möglichst zusammenzufassen und abzukürzen sowie die auszuführenden Arbeiten reibungslos ineinander greifen zu lassen. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Gesamtbaumaßnahme in einem „engen zeitlichen Zusammenhang nach der Antragstellung auf Zustimmung durchgeführt wird“. Ein „enger zeitlicher Zusammenhang“ ist dann anzunehmen, wenn die beantragte Leitungsverlegung für einen Zeitraum geplant ist, der zeitnah zu der ohnehin beabsichtigten Baumaßnahme liegt. Da die Regelung darauf abzielt, durch ein koordiniertes Vorgehen Kosten zu minimieren, ist darüber hinaus davon auszugehen, dass es nach Art und Umfang der geplanten Baumaßnahmen möglich und allen Beteiligten zumutbar sein muss, die Baumaßnahmen tatsächlich auf einander abzustimmen. Um das mit der Koordinierung angestrebte Ziel einer Kosteneinsparung zu erreichen, sollte von dieser Möglichkeit auch dann Gebrauch gemacht werden, wenn ein förmlicher Antrag noch nicht vorliegt, die Absicht zur Verlegung von TK-Linien aber bereits in anderer Weise bekundet worden ist. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn auf Grund von Absprachen oder Vereinbarungen mit einem Erschließungsträger die Verlegung in noch nicht als „öffentliche Wegefläche“ gewidmeten Straßen erfolgen soll, was in der Regel bei der Erschließung von Neubaugebieten der Fall ist. Wenn die vorgenannten Voraussetzungen vorliegen, ist das TK- Unternehmen „in der Regel“ zur Verlegung in unterirdischer Bauweise verpflichtet. Das schließt bei Vorliegen besonderer Gründe im Einzelfall die oberirdische Verlegung nicht aus. Inwieweit eine Ausnahme von der gesetzlichen Soll-Bestimmung gerechtfertigt ist, ist jeweils unter Würdigung der gegenseitigen Interessen (wirtschaftliche Aspekte, organisatorische Gesichtspunkte o. ä) und der städtebaulichen Belange abzuwägen. Sicherheitsleistung Um die Wegebaulastträger gegen Risiken mangelnder Bonität der TK-Leitungen verlegenden Unternehmen abzusichern, wird den Wegebaulastträgern die Möglichkeit eingeräumt, die Zustimmung zur TK-Linienverlegung von der Leistung einer angemessenen Sicherheit abhängig zu machen. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass die Wegebaulastträger im Falle der Insolvenz eines Unternehmens die ordnungsgemäße Wiederherstellung der öffentlichen Wege nicht auf eigene Kosten durchführen müssen. Soweit die Gefahr, dass beim Wegebaulastträger finanzielle Risiken verbleiben, gering ist (wie etwa bei Baumaßnahmen der DT AG oder der TK-Unternehmen in (überwiegend) kommunaler Trägerschaft) sollte auch mit Blick auf vermeidbaren Verwaltungsaufwand bei der Vielzahl der Baumaßnahmen, auf eine Sicherheitsleistung verzichtet werden.
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Nebenbestimmungen Die Nebenbestimmungen dürfen u. a. nur Regelungen beinhalten, die die „zu beachtenden Regeln der Technik“ festlegen. Diese Formulierung entspricht in ihrem inhaltlichen Gehalt der in § 68 Abs. 2 TKG normierten Regelung, wonach die Verlegung der TK-Linie den „anerkannten Regeln der Technik“ genügen muss. Zudem ist nun ausdrücklich festgehalten, dass die Zustimmung auch Nebenbestimmungen enthalten darf, die die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gewährleisten. Dokumentation Ferner stellt das TKG nun klar, dass in den Nebenbestimmungen zur Zustimmung eine Regelung über „die im Bereich des Wegebaulastträgers übliche Dokumentation der Lage der TK- Linien nach geographischen Koordinaten“ getroffen werden kann. Soweit die Kommunen für ihre Belange eine Dokumentation in bestimmter Form (digital/herkömmlich) benötigen, bedarf es einer präzisen Vorgabe, damit die Angaben der TK-Unternehmen für den Wegebaulastträger verwertbar werden. Aufgrund der zahlreichen im Einsatz befindlichen unterschiedlichen Dokumentationssysteme und kartographischen Voraussetzungen sind besondere Festlegungen erforderlich, die von Fachleuten aus den Bereichen Geodäsie/Kataster- und Liegenschaftswesen/Tiefbau als „Muster für eine Verwaltungsvereinbarung“ erarbeitet wurden und als Bestandteil dieser Auslegungshilfe als Anlage beigefügt sind. Die Verpflichtung der Betreiber zur Dokumentation (neuer oder geänderter) TKLinien besteht auch dann, wenn die TK-Linien auf Grund anderer Vereinbarungen mit dem Wegebaulastträger, nach denen von einer Zustimmung nach § 68 Abs. 3 TKG im Einzelfall abgesehen wird, verlegt oder geändert werden. Wegebaulastträger als Betreibereiner TK- Linie Die frühere Zuständigkeit der Regulierungsbehörde zur Erteilung der Zustimmung zur Verlegung der TK- Linie in den besonderen Fällen nach § 50 Abs. 4 TKG-alt ist entfallen. Die Zustimmung erfolgt nunmehr auch in diesen Fällen durch den Wegebaulastträger selbst, wobei die Zustimmung von einer Verwaltungseinheit zu erteilen ist, zu deren Aufgabenbereich nicht der Betrieb der TK-Linie gehört, was in der Praxis der Regelfall sein dürfte. Sollte sich im Einzelfall der Verdacht der Benachteiligung eines TK-Unternehmens ergeben, kann die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation angerufen werden. Verwaltungsgebühr Die von den Kommunalen Spitzenverbänden eingeforderte und bereits im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens einvernehmlich mit der DT AG getroffene Regelung zur Erhebung einer die Verwaltungskosten abdeckenden Gebühr wurde nunmehr allgemeinverbindlich im § 142 Abs. 6 TKG-neu ausdrücklich normiert. Andere Kriterien zur Gebührenermittlung als die des Verwaltungskosten-Deckungsprinzips sind damit ausgeschlossen. Eine Pauschalierung ist zulässig. Der in dem zwischen Kommunalen Spitzenverbänden und DT AG vereinbarten Mustervertrag zur Verlegung von TKLinien in öffentlichen Wegen („3. Weg“) angegebene Orientierungsrahmen zu den Gebühren ist – wie der Mustervertrag in seinem grundsätzlichen Regelungsgehalt generell – nach wie vor gültig. Es wurde lediglich eine redaktionelle Anpassung des Mustervertrages vorgenommen, der zur Verfügung steht.
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Anhang Anlage zur Auslegungshilfe
Muster einer Verwaltungsvereinbarung zur Regelung der „Dokumentation“ gemäß § 68 Abs. 3 Satz 5 TKG Die Deutsche Telekom AG, T-Com, Technische Infrastruktur Niederlassung Region Adresse nachfolgend „T-Com“ genannt bzw. Name eines anderen Telekommunikations-Unternehmens und die Stadtverwaltung/Kommunalverwaltung Name vertreten durch Name des Amtes Adresse nachfolgend Kommune genannt schließen folgende Verwaltungsvereinbarung 1. Vorbemerkung Entsprechend § 68 Abs. 3 Satz 5 TKG kann in den Nebenbestimmungen zur Zustimmung eine Regelung über „die im Bereich des Wegebaulastträgers übliche Dokumentation der Lage der TK-Linien nach geographischen Koordinaten“ getroffen werden. Da der Wegebaulastträger für seine Belange eine Dokumentation in bestimmter Form (digital/herkömmlich) benötigt, bedarf es einer präzisen Vorgabe, damit die Angaben der T-Com für den Wegebaulastträger verwertbar werden. Aufgrund der zahlreichen im Einsatz befindlichen unterschiedlichen Dokumentationssysteme und Voraussetzungen sind in dieser Vereinbarung besondere Festlegungen bezüglich der Dokumentation und deren Übergabe für beide Seiten verbindlich definiert. Die T-Com und die Kommune erklären übereinstimmend, dass sie die wirtschaftlichen Möglichkeiten des jeweils anderen, welche sich möglicherweise einschränkend auf den Datenaustausch auswirken könnten, wohlwollend berücksichtigen werden (gegenseitige Rücksichtnahme). Insbesondere bei Wechsel von Softwareversionen ist es möglich, dass Probleme beim Datentransfer auftreten. Sie sollen möglichst in beiderseitigem Benehmen und unter Berücksichtigung der betriebswirtschaftlichen Folgen für die Beteiligten gelöst werden. 2. Regelungen 2.1. Rahmenbedingungen: a) Für kleinere Maßnahmen im öffentlichen Raum kann einvernehmlich von einer Einmessung auf der Basis des Landesfestpunktnetzes abgesehen werden. Sofern nicht besondere Absprachen getroffen werden, ist bei einer Trassenlänge bis zu xx m (in der Praxis werden 30 m als angemessen betrachtet) im öffentlichen Raum eine herkömmliche Dokumentation ausreichend. Innerhalb von 8 Wochen nach Abschluss der Maßnahme ist der Kommune ein Ausdruck aus dem geografischen
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Informationssystem der T-Com (MEGAPLAN) mit Bemaßung und Angabe des Aktenzeichens zu übergeben. b) Für alle anderen Maßnahmen ist eine Einmessung nach Lage und Höhe auf der Basis des Landesfestpunktnetzes vorzunehmen (Ausnahme siehe 2.2e). Die Datenlieferung erfolgt innerhalb von 8 Wochen nach Abschluss der jeweiligen Baumaßnahme an die Kommune in digitaler Form. In den Fällen, in denen die T-Com aus technischen Gründen nicht per satellitengestützten Verfahren einmessen kann, stellt die Kommune bzw. die jeweils zuständige Stelle der T-Com, entsprechend der örtlichen Kostenordnung die erforderliche Passpunktinformation zur Verfügung. c) Die Daten sind an folgende Anschrift zu liefern: ____________________________________________ 2.2. Technische Bedingungen a) Als Mindestanforderung für die Datenlieferung werden georeferenzierte Vektordaten vereinbart. Die T-Com übergibt Daten im definierten Schnittstellenformat an die Kommune (z. B. „dxf“-Format). b) Die Leitungstrasse wird als Volllinie (0,5 mm, magenta) ohne weitere Information (z. B. Ausprägung) übergeben, wenn deren räumliche Ausdehnung 30 cm nicht überschreitet. Ist die räumliche Ausdehnung der TK-Linie breiter oder höher als 30 cm, wird der Querschnitt ergänzt durch die Angabe von Breite und Tiefe des Kabel- bzw. Rohrverbandes. c) Exponierte Punkte, i. d. R. Kabelschächte, werden als unmaßstäbliches Symbol (Rechteck) mit den Maßen für Länge, Breite und Höhe dargestellt. d) Die Position der Knoten (Anfang, Ende und Knickpunkte) wird auf Basis der Koordinaten des Landesfestpunktnetzes mit einer Genauigkeit von mindestens 15 cm beschrieben. e) Die T-Com liefert standardmäßig die N.N.-Höhe der Knoten an die Wegebaulastträger, soweit eine satellitengestützte Messung möglich ist. Ist eine satellitengestützte Messung nicht möglich und kann der Wegebaulastträger in unmittelbarer Nähe der Baustelle keine Festpunkte des Landesfestpunktnetzes bereitstellen, kann auf die Angabe der N.N.-Höhe verzichtet werden. In diesen Fällen wird ersatzweise die Angabe der Überdeckung zur Verfügung gestellt. 2.3 Auskunftserteilung Zwar wird seit dem 26.6.2004 die Dokumentation neuer bzw. geänderter TK-Linien auch den Wegebaulastträgern, falls von diesen gefordert, zur Verfügung gestellt. Doch der Altbestand der TK-Linien (ca. 98 Prozent) liegt dem Wegebaulastträger i. d. R. nicht vor. Der Wegebaulastträger kann also bei Auskünften über die Lage von TKLinien nur insoweit Angaben machen, als sie ihm von der T-Com geliefert wurden. Sofern die Kommune als Planungsträger Dritten gegenüber Auskunft über die Lage von TK-Linien erteilt, ist sie verpflichtet darauf hinzuweisen, dass diese Auskunft ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit erfolgt und daher unbedingt auch die T-Com befragt werden sollte. 3. Schlussbestimmungen Die Vereinbarung tritt zum Datum in Kraft. Sie kann mit einer Frist von 3 (drei) Kalendermonaten schriftlich, frühestens zum Datum gekündigt werden. Andernfalls verlängert sich die Vereinbarung automatisch jeweils um ein weiteres Jahr und kann dann mit einer Frist von 3 (drei) Kalendermonaten gekündigt werden.
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Änderungen oder Ergänzungen der Vereinbarung bedürfen der Schriftform. Sollten Bestimmungen dieser Vereinbarung ganz oder teilweise nicht rechtswirksam oder nicht durchführbar sein oder ihre Rechtswirksamkeit oder Durchführbarkeit später verlieren, so soll hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen der Vereinbarung nicht berührt werden. Anstelle der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmungen soll eine anderweitige angemessene Regelung gelten, die dem am nächsten kommt, was die Vertragspartner gewollt haben. Unterzeichnungen der jeweiligen Vertragsparteien mit Datum und Ort
Muster für einen Vertrag über die Benutzung öffentlicher Wege für Telekommunikationslinien bei Zustimmungen nach § 68 Abs. 3 TKG (Stand: Oktober 2004) zwischen der Stadt/Gemeinde/dem Kreis ___________________________________ ________________________________________________________________ ________________________________________________________________ vertreten durch _________________________________ nachstehend als „Gemeinde“(1) genannt und der Deutschen Telekom AG, T-Com, Technische Infrastruktur Niederlassung Region ________________________________________________________________ nachstehend als „T-Com“ genannt bzw. Name eines anderen Telekommunikationsunternehmens wird folgender Vertrag über die Benutzung öffentlicher Wege für Telekommunikationslinien bei Zustimmungen nach § 68 Abs. 3 TKG geschlossen: Inhaltsübersicht Präambel § 1 Vertragsinhalt § 2 Kleine Baumaßnahmen § 3 Vorbereitung und Durchführung von Baumaßnahmen (Technische Bedingungen) _______________
(1) „Gemeinde“ wird im folgenden synonym für Stadt/Gemeinde/Kreis verwendet; der Vertragstext ist entsprechend anzupassen.
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F §4 §5 §6 §7 §8 §9 § 10
Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge Anzuwendende Vorschriften Dokumentation Folgepflichten Kostentragung Abnahme und Gewährleistung Dauer des Vertrages Schlussbestimmungen
Präambel Die T-Com hat mit Datum vom 16.9.96 durch den Bundesminister für Post und Telekommunikation eine Lizenz zum Betreiben von Übertragungswegen für Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit (Lizenzklasse 3 nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe c) Telekommunikationsgesetz – TKG) erhalten (Anlage 1). Mit der Lizenz wurde der T-Com das Recht des Bundes, Verkehrswege für die öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationslinien (TK-Linien) unentgeltlich zu benutzen (§ 50 Abs. 1 TKG 1996), übertragen. Gem. § 150 TKG 2004 bleiben die per Lizenz übertragenen Wegerechte auch weiterhin wirksam. Die Ausübung der mit der Übertragung des Wegerechtes erteilten Befugnis durch die T-Com erfordert die Verlegung von Telekommunikationslinien i. S. d. § 3 TKG im Gebiet der Gemeinde. Auch nach dem novellierten Telekommunikationsgesetz i. d. F. vom 26.6.2004 regelt dieser Vertrag Einzelheiten des Zustimmungsverfahrens nach § 68 Abs. 3 TKG, Grundsätze der Verlegung und Änderung von TK-Linien sowie den Rahmen der technischen Abwicklung. Er ist gerichtet auf eine zügige, abgestimmte und geordnete Abwicklung der erforderlichen (Bau-) Maßnahmen und des Verwaltungsverfahrens. Die Benutzung öffentlicher Gewässer sowie die Verlegung oberirdischer Leitungen bedürfen der Einzelzustimmung außerhalb der Regelungen dieses Vertrages. § 1 Vertragsinhalt (1) Die Vertragsparteien stellen unter Berücksichtigung der erforderlichen Vorlaufzeiten einen Zeitplan für ein Jahr auf, in dem die Vorhaben beider Parteien aufgeführt werden, insbesondere für folgende Vorhaben: – Verlegung und Änderung von TK-Linien – Aufstellung und Umsetzungsschritte von Bauleitplänen – Straßenbaumaßnahmen der Gemeinde Ausgenommen hiervon sind Maßnahmen nach § 2 dieser Vereinbarung. (2) Die Gemeinde erteilt ihre Zustimmungserklärung für konkrete Einzelmaßnahmen jeweils durch einen gesonderten Verwaltungsakt (§ 68 Abs. 3 TKG) rechtzeitig nach Antragstellung unter Berücksichtigung einer Vorlaufzeit von i. d. R. ____ Wochen. Die T-Com holt rechtzeitig alle erforderlichen weiteren Genehmigungen bzw. Erlaubnisse ein. Soweit deren Erteilung im Zuständigkeitsbereich der Gemeinde liegt, verpflichtet sich diese zur zügigen Durchführung des Genehmigungs- bzw. Erlaubnisverfahrens. (3) Die T-Com nimmt die Trassenabstimmung mit den möglicherweise durch das Bauvorhaben Betroffenen und der Gemeinde vor und übernimmt Koordinationsaufgaben nur in Abstimmung mit der Gemeinde. (4) Nach endgültiger Trassenabstimmung erstellt die T-Com einen Wegeplan der betroffenen Wegeflächen im Maßstab von 1:500 oder 1:1000 mit genauen Angaben
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zu Art, Lage und Abmessungen der geplanten Trasse, Schächte, sonstige Betriebseinrichtungen, Standorte von Bäumen mit einem Stammumfang von 120 cm in 1 m über Erdgleiche mit Abständen bis zu 2 m, und fügt ihn dem Antrag auf Zustimmung bei. (5) Die T-Com beginnt zum abgestimmten Zeitpunkt mit den Bauarbeiten. § 2 Kleine Baumaßnahmen (1) Anstelle der Einzelzustimmung stimmt die Gemeinde als Trägerin der Wegebaulast den kleinen Baumaßnahmen im Sinne des Abs. 2 dieser Bestimmung pauschal zu. (2) Kleine Baumaßnahmen sind: Gräben zur Herstellung von Hauszuführungen o. ä. mit den dazugehörigen Baugruben zur Montage von Lötstellen im Bereich des öffentlichen Verkehrsweges. Pro Maßnahme sind höchstens ____ Meter Kabelgraben mit ____ Baugruben erfasst(Anm. 1). (3) Die T-Com verpflichtet sich, ihre Maßnahmen in Form einer Aufgrabungsmitteilung mit Angabe der Ausführungszeit (einschl. Wegeplan im Maßstab von 1:500 oder 1:1000) der Gemeinde rechtzeitig vor Baubeginn (möglichst zwei Wochen), anzuzeigen (u. a. per Telefax). Widerspricht die Gemeinde, ist das Verfahren zur Erteilung einer Einzelzustimmung (§ 1 Abs. 2) einzuleiten. § 3 Vorbereitung und Durchführung von Baumaßnahmen (Technische Bedingungen) (1) Ist eine statische Berechnung für die TK-Linien, ihre Befestigungen an Ingenieurbauwerken selbst, für Bauhilfsmaßnahmen sowie Bauverfahren erforderlich, legt die T-Com diese in geprüfter Form auf Verlangen der Gemeinde vor. (2) TK-Linien sind grundsätzlich platzsparend zu verlegen. Sofern örtlich möglich sind die Erdkabel und Leerrohre in vertretbarem Maße übereinander anzuordnen. Die zu verwendenden Leerrohre haben grundsätzlich einen Durchmesser von ≤ DN 110. Die T-Com wird die Anzahl der Rohre und die Abmessungen der Schächte in den öffentlichen Wegen der Gemeinde auf das für den bestimmungsgemäßen Betrieb erforderliche Maß beschränken. Bei optisch besonders gestalteten Wegeoberflächen sind Schachtabdeckungen zu verwenden, deren Oberfläche der umgebenden öffentlichen Wegefläche entspricht. Dies gilt nicht, wenn die Gemeinde reine Verschönerungsmaßnahmen an der Straße vornimmt. In diesem Fall trägt die Gemeinde die dadurch entstehenden Mehrkosten für den Unterbau einschließlich der Rahmen und Auspflasterung der Schachtdeckel. (3) Durch die Bauarbeiten dürfen die Zugänge zu den angrenzenden Grundstücken sowie der Anliegerverkehr nicht mehr als unvermeidbar beschränkt werden. Die Anlieger der betroffenen Grundstücke sind von der T-Com rechtzeitig vor Baubeginn in angemessener Form zu unterrichten. Die Bauarbeiten sind so durchzuführen, dass die Sicherheit und die Leichtigkeit des Verkehrs in möglichst geringem Umfang beeinträchtigt werden. Die T-Com trifft alle zum Schutz der Straße und des Straßenverkehrs erforderlichen Vorkehrungen, insbesondere sperrt sie die Baustellen gemäß den Auflagen der Straßenverkehrsbehörde ab und kennzeichnet sie.
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(Anm. 1): In der Praxis wurden neben den im Muster 3 („Vertrag über kleine Baumaßnahmen“) genannten kleinen Baumaßnahmen mit Kabelgraben bis 10 Meter Länge auch Kabelgräben bis zu 100 Meter Länge als kleine Baumaßnahmen im Hinblick auf das in § 2 Abs. 3 Satz 2 festgelegte „Rückholrecht“ vereinbart.
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(4) Nach Verlegung von TK-Linien sind die aufgegrabenen Wegeflächen durch die T-Com oder von ihr beauftragte Dritte unverzüglich wiederherzustellen. Die Nebenflächen/Fahrbahnflächen werden durch die T-Com wiederhergestellt, sofern nicht die Gemeinde erklärt, die Instandsetzung gem. § 71 Abs. 3 TKG selbst vornehmen zu wollen. Die T-Com darf die Bauarbeiten nur von einer zuverlässigen Fachfirma ausführen lassen. (5) Die Gemeinde hat in Wahrnehmung der öffentlichen Interessen das Recht, von der T-Com auf deren Kosten bei begründetem Anlass den Nachweis über die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik bei Bau und Betrieb ihrer Anlagen zu verlangen. § 4 Anzuwendende Vorschriften (1) Telekommunikationsgesetz (TKG) Weiterhin gelten folgende Vorschriften und Gesetze in der jeweils geltenden Fassung, soweit das TKG nichts abweichend oder abschließend regelt: ____________ (2) Straßen- und Wegegesetz des Landes (3) Evtl. Kommunale Koordinierungsrichtlinie (4) Anerkannte Regeln der Technik wie insbesondere: a) DIN 1998 Unterbringung von Leitungen und Anlagen in öffentlichen Flächen (Richtlinien für die Planung). b) DIN 1076 Ingenieurbauwerke im Zuge von Straßen und Brücken (Überwachung und Prüfung). c) DIN 18920 Aufgrabungsarbeiten im Bereich von Bäumen. d) Richtlinie für das Verlegen und Anbringen von Leitungen an Brücken (Ri-LeiBrü). e) Richtlinien für die Anlage von Straßen Teil: Landschaftspflege Abschnitt 4: Schutz von Bäumen, Vegetati- onsbeständen und Tieren bei Baumaßnahmen (RSA-LP4 Ausgabe 1999) f) Merkblatt über Baumstandorte und unterirdische Ver- und Entsorgungsanlagen der Forschungsgesell- schaft für Straßen- und Verkehrswesen (Ausgabe 1989). g) Richtlinien für Sicherheit von Arbeitsstellen an Straßen (RSA). h) Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien – für Aufgrabungen in Verkehrsflächen (ZTV A-StB97) – für Erdarbeiten im Straßenbau (ZTVE-StB94) – für Tragschichten im Straßenbau (ZTVT-StB95) – für den Bau von Fahrbahndecken aus Asphalt (ZTV Asphalt94) (5) Kommunales Ortsrecht § 5 Dokumentation Jede Neuverlegung und Änderung von TK-Linien ist durch die T-Com vollständig zu dokumentieren. Die Gemeinde benötigt für ihre Belange eine Dokumentation in bestimmter Form (digital/herkömmlich). Nein Ja Die hierzu erforderlichen Vorgaben sind in der als Anlage beigefügten Verwaltungsvereinbarung geregelt.
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§ 6 Folgepflichten In Fällen, in denen die Gemeinde ein besonderes Interesse an der Beseitigung oder Umlegung von TK-Linien oder Teilen davon hat, die nicht von § 75 TKG erfasst werden, erklärt sich die T-Com bereit, mit der Gemeinde ein Abstimmungsgespräch mit dem Ziel einer gütlichen Einigung herbeizuführen. § 7 Kostentragung (1) Die Gebühren werden nach Maßgabe des für die Gemeinde geltenden Gebührenrechts (Landes- und/oder Ortsrecht) erhoben. (2) Die T-Com hat die Aufwendungen und Kosten zu tragen, die im Zusammenhang mit der Ausübung oder Beendigung des Benutzungsrechts verursacht werden. Hierzu gehören insbesondere Kosten für Maßnahmen: 1. an Straßen und Ingenieurbauwerken 2. zur Aufrechterhaltung des Straßenverkehrs während der Bauarbeiten 3. zum Schutze der Straße, des Verkehrs und des Baumbestandes. Die Kostentragungspflicht gilt nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen, ein darüber hinausgehender schuldrechtlicher Anspruch besteht nicht. (3) Für eine vorübergehende Nutzung öffentlicher Wege während der Bauzeit ist eine Sondernutzungserlaubnis nur dann zu beantragen, wenn die Lagerung von Baustoffen, Baugeräten usw. im öffentlichen Verkehrsweg keinen unmittelbaren Bezug zu einer Baumaßnahme gem. § 68 TKG hat. (4) Für den Verwaltungsaufwand bei kleinen Baumaßnahmen nach § 2 wird gem. § 142 Abs. 6 TKG eine Verwaltungsgebühr von _______ Euro (10–30 Euro) pro Aufgrabungsmitteilung (§ 2 Abs. 3) erhoben, die einmal jährlich als „Sammelgebühr“ von der Telekom an die Gemeinde gezahlt wird. (5) Für die der Einzelzustimmung unterliegenden Zustimmungsverfahren wird gem. § 142 Abs. 6 TKG eine Verwaltungsgebühr von _______ Euro (75–130 Euro) erhoben. Davon unberührt kann in besonders gelagerten Einzelfällen für einen nachgewiesenen außergewöhnlich hohen Verwaltungsaufwand eine höhere Gebühr erhoben werden. (6) Die Gemeinde hat das Recht, frühestens nach Ablauf von zwei Jahren ab Unterzeichnung des Vertrages auf Grundlage des nachgewiesenen notwendigen Verwaltungsaufwandes gegebenenfalls eine Anpassung der unter Abs. 4 und 5 vereinbarten Verwaltungsgebühr zu verlangen. § 8 Abnahme und Gewährleistung (1) Nach Beendigung der von der T-Com in öffentlichen Wegen ausgeführten Bauarbeiten findet im Rahmen der Abnahme eine gemeinsame Besichtigung auf Wunsch einer Vertragspartei statt. Über die Besichtigung wird eine von beiden Parteien zu unterzeichnende Niederschrift angefertigt, in die festgestellte Mängel aufgenommen sowie Meinungsunterschiede über das Vorliegen von Mängeln dokumentiert werden sollen. Festgestellte Mängel sind von der T-Com unverzüglich auf ihre Kosten zu beseitigen. Im Falle des Verzuges ist die Gemeinde berechtigt, die Mängel auf Kosten der T-Com beseitigen zu lassen. Bei wesentlichen Mängeln findet nach deren Beseitigung eine nochmalige Besichtigung statt. (2) Für die auf § 71 Abs. 3 TKG beruhenden Ersatzansprüche beträgt die Gewährleistung fünf Jahre und endet am 30.6. des fünften auf die Fertigstellung der Baumaßnahme folgenden Kalenderjahres. Im übrigen regeln sich die Gewährleistungsansprüche nach den Bestimmungen der VOB.
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(3) Kommt die T-Com einer Verpflichtung, die sich aus diesem Vertrag oder den gesetzlichen Regelungen ergibt, trotz vorheriger Aufforderung innerhalb einer angemessenen Frist nicht nach, so ist die Gemeinde berechtigt, das nach ihrem Ermessen Erforderliche auf Kosten der T-Com zu veranlassen. Die Gemeinde kündigt der T-Com die beabsichtigten Maßnahmen an. Wird die Sicherheit des Verkehrs gefährdet, können Aufforderung, Fristsetzung und Ankündigung der Ersatzmaßnahmen unterbleiben. In diesen Fällen setzt die Gemeinde die T-Com von den Maßnahmen unverzüglich in Kenntnis. § 9 Dauer des Vertrages (1) Dieser Vertrag wird auf die Dauer von _____ Jahren (5–10) abgeschlossen. Er verlängert sich jeweils um _____ Jahr(e), wenn er nicht _____ Jahr(e) vor Ablauf der Dauer gekündigt wird. Unabhängig davon endet der Vertrag bei Wegfall der Nutzungsberechtigung. (2) Die Gemeinde ist berechtigt, diesen Vertrag jederzeit außerordentlich fristlos zu kündigen, wenn dies zur Verhütung oder Beseitigung schwerer Nachteile für das Gemeinwohl geboten ist. (3) Verhält sich eine der Vertragsparteien grob vertragswidrig, kann die andere Partei den Vertrag nach erfolgter Abmahnung, die eine Kündigungsandrohung enthält, mit einer Fristsetzung von ______________ zum ______________ kündigen. § 10 Schlussbestimmungen (1) Die T-Com stellt die Gemeinde von allen Ansprüchen Dritter frei, die infolge der Herstellung, des Bestehens, des Betriebs, der Instandsetzung oder der Beseitigung der TK-Linien gegen die Gemeinde geltend gemacht werden, sofern nicht die Gemeinde selbst oder ein von ihr beauftragter Dritter tätig wurde. (2) Dieser Vertrag ersetzt nicht die aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen erforderlichen Genehmigungen oder Erlaubnisse. (3) Sollte ein Teil dieses Vertrages ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden, so wird die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen davon nicht berührt. Die Parteien dieses Vertrages verpflichten sich, an die Stelle von unwirksamen Teilen dieses Vertrages eine Bestimmung zu vereinbaren, die dem Sinn dieses Vertrages am nächsten kommt. (4) Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Dasselbe gilt für die Schriftformklausel. (5) Jede Partei erhält eine Ausfertigung dieses Vertrages. ______________________________ Ort, Datum
______________________________ Ort, Datum
Stadt/Gemeinde/Kreis
Deutsche Telekom AG, T-Com Technische Infrastruktur Niederlassung
______________________________ Unterschrift:
______________________________ Unterschrift:
______________________________ Unterschrift: Anlage: Verwaltungsvereinbarung „Dokumentation“
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Anhang Anlage zum Muster für einen Vertrag über die Benutzung öffentlicher Wege für Telekommunikationslinien bei Zustimmungen nach § 68 Abs. 3 TKG
Muster einer Verwaltungsvereinbarung zur Regelung der „Dokumentation“ gemäß § 68 Abs. 3 Satz 5 TKG Die Deutsche Telekom AG, T-Com Technische Infrastruktur Niederlassung Region Adresse nachfolgend „T-Com“ genannt und die Stadtverwaltung/Kommunalverwaltung Name vertreten durch Name des Amtes Adresse nachfolgend Kommune genannt schließen folgende Verwaltungsvereinbarung 1. Vorbemerkung Entsprechend § 68 Abs. 3 Satz 5 TKG kann in den Nebenbestimmungen zur Zustimmung eine Regelung über „die im Bereich des Wegebaulastträgers übliche Dokumentation der Lage der TK-Linien nach geographischen Koordinaten“ getroffen werden. Da der Wegebaulastträger für seine Belange eine Dokumentation in bestimmter Form (digital/herkömmlich) benötigt, bedarf es einer präzisen Vorgabe, damit die Angaben der T-Com für den Wegebaulastträger verwertbar werden. Aufgrund der zahlreichen im Einsatz befindlichen unterschiedlichen Dokumentationssysteme und Voraussetzungen sind in dieser Vereinbarung besondere Festlegungen bezüglich der Dokumentation und deren Übergabe für beide Seiten verbindlich definiert. Die T-Com und die Kommune erklären übereinstimmend, dass sie die wirtschaftlichen Möglichkeiten des jeweils anderen, welche sich möglicherweise einschränkend auf den Datenaustausch auswirken könnten, wohlwollend berücksichtigen werden (gegenseitige Rücksichtnahme). Insbesondere bei Wechsel von Softwareversionen ist es möglich, dass Probleme beim Datentransfer auftreten. Sie sollen möglichst in beiderseitigem Benehmen und unter Berücksichtigung der betriebswirtschaftlichen Folgen für die Beteiligten gelöst werden. 2. Regelungen 2.1. Rahmenbedingungen: a) Für kleinere Maßnahmen im öffentlichen Raum kann einvernehmlich von einer Einmessung auf der Basis des Landesfestpunktnetzes abgesehen werden. Sofern nicht besondere Absprachen getroffen werden, ist bei einer Trassenlänge bis zu xx m (in der Praxis werden 30 m als angemessen betrachtet) im öffentlichen Raum eine herkömmliche Dokumentation ausreichend. Innerhalb von 8 Wochen nach Abschluss der Maßnahme ist der Kommune ein Ausdruck aus dem geografischen
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Informationssystem der T-Com (MEGAPLAN) mit Bemaßung und Angabe des Aktenzeichens zu übergeben. b) Für alle anderen Maßnahmen ist eine Einmessung nach Lage und Höhe auf der Basis des Landesfestpunktnetzes vorzunehmen (Ausnahme siehe 2.2e). Die Datenlieferung erfolgt innerhalb von 8 Wochen nach Abschluss der jeweiligen Baumaßnahme an die Kommune in digitaler Form. In den Fällen, in denen die T-Com aus technischen Gründen nicht per satellitengestützten Verfahren einmessen kann, stellt die Kommune bzw. die jeweils zuständige Stelle der T-Com, entsprechend der örtlichen Kostenordnung die erforderliche Passpunktinformation zur Verfügung. c) Die Daten sind an folgende Anschrift zu liefern: ______________________ 2.2. Technische Bedingungen a) Als Mindestanforderung für die Datenlieferung werden georeferenzierte Vektordaten vereinbart. Die T-Com übergibt Daten im definierten Schnittstellenformat an die Kommune (z. B. „dxf“-Format). b) Die Leitungstrasse wird als Volllinie (0,5 mm, magenta) ohne weitere Information (z. B. Ausprägung) übergeben, wenn deren räumliche Ausdehnung 30 cm nicht überschreitet. Ist die räumliche Ausdehnung der TK-Linie breiter oder höher als 30 cm, wird der Querschnitt ergänzt durch die Angabe von Breite und Tiefe des Kabel- bzw. Rohrverbandes. c) xponierte Punkte, i. d. R. Kabelschächte, werden als unmaßstäbliches Symbol (Rechteck) mit den Maßen für Länge, Breite und Höhe dargestellt. d) Die Position der Knoten (Anfang, Ende und Knickpunkte) wird auf Basis der Koordinaten des Landesfestpunktnetzes mit einer Genauigkeit von mindestens 15 cm beschrieben. e) Die T-Com liefert standardmäßig die N.N.-Höhe der Knoten an die Wegebaulastträger, soweit eine satellitengestützte Messung möglich ist. Ist eine satellitengestützte Messung nicht möglich und kann der Wegebaulastträger in unmittelbarer Nähe der Baustelle keine Festpunkte des Landesfestpunktnetzes bereitstellen, kann auf die Angabe der N.N.-Höhe verzichtet werden. In diesen Fällen wird ersatzweise die Angabe der Überdeckung zur Verfügung gestellt. 2.3 Auskunftserteilung Zwar wird seit dem 26.6.2004 die Dokumentation neuer bzw. geänderter TK-Linien auch den Wegebaulastträgern, falls von diesen gefordert, zur Verfügung gestellt. Doch der Altbestand der TK-Linien (ca. 98 Prozent) liegt dem Wegebaulastträger i. d. R. nicht vor. Der Wegebaulastträger kann also bei Auskünften über die Lage von TKLinien nur insoweit Angaben machen, als sie ihm von der T-Com geliefert wurden. Sofern die Kommune als Planungsträger Dritten gegenüber Auskunft über die Lage von TK-Linien erteilt, ist sie verpflichtet darauf hinzuweisen, dass diese Auskunft ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit erfolgt und daher unbedingt auch die T-Com befragt werden sollte. 3. Schlussbestimmungen Die Vereinbarung tritt zum Datum in Kraft. Sie kann mit einer Frist von 3 (drei) Kalendermonaten schriftlich, frühestens zum Datum gekündigt werden. Andernfalls verlängert sich die Vereinbarung automatisch jeweils um ein weiteres Jahr und kann dann mit einer Frist von 3 (drei) Kalendermonaten gekündigt werden.
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Änderungen oder Ergänzungen der Vereinbarung bedürfen der Schriftform. Sollten Bestimmungen dieser Vereinbarung ganz oder teilweise nicht rechtswirksam oder nicht durchführbar sein oder ihre Rechtswirksamkeit oder Durchführbarkeit später verlieren, so soll hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen der Vereinbarung nicht berührt werden. Anstelle der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmungen soll eine anderweitige angemessene Regelung gelten, die dem am nächsten kommt, was die Vertragspartner gewollt haben. Unterzeichnungen der jeweiligen Vertragsparteien mit Datum und Ort
(Stand: Oktober 2004)
Muster für einen Mitbenutzungsvertrag mit dinglicher Sicherung über die Benutzung von Grundstücken im kommunalen Eigentum, die nicht öffentliche Verkehrswege sind, für Telekommunikationslinien zwischen der Stadt/Gemeinde/dem Kreis ___________________________________ ________________________________________________________________ ________________________________________________________________ (Anschrift) nachfolgend als „Grundstückseigentümer“ bezeichnet und der Deutschen Telekom AG, T-Com, Technische Infrastruktur Niederlassung Region ________________________________________________________________ nachstehend als „T-Com“ genannt wird folgender Vertrag geschlossen: Präambel Die T-Com ist gem. § 76 Abs. 1 Nr. 2 Telekommunikationsgesetz vom 22. Juni 2004 (TKG) berechtigt, Grundstücke, die nicht öffentliche Verkehrswege sind, zwecks Errichtung und Erneuerung von unterirdischen und oberirdischen Telekommunikationslinien (TK-Linien) unentgeltlich zu nutzen, sofern das Grundstück durch die Benutzung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt wird. Um Baumaßnahmen ohne Verzögerung durchzuführen und den Verwaltungsaufwand für die Nutzung zu minimieren wird unabhängig von der Frage, ob im konkreten Einzelfall eine gesetzliche Duldungsverpflichtung nach § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG besteht, zwischen den Parteien ein Mitbenutzungsvertrag mit dinglicher Sicherung geschlossen.
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge §1 Vertragsgegenstände
(1) Der Grundstückseigentümer gestattet der T-Com die Mitbenutzung des in seinem Eigentum befindlichen Grundstückes zum Zweck der Errichtung, des Betriebes sowie der Unterhaltung von TK-Linien, die sowohl betriebsinternen Zwecken als auch der Durchführung von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit dienen. Die Gestattung deckt auch Nutzungserweiterungen in Form von neuen, sich im Zuge der technischen Entwicklungen ergebenden Anwendungen ab. (2) Die Gestattung umfasst auch das Einziehen von weiteren TK-Kabeln in Kabelrohranlagen bzw. Kabelschutzrohre sowie die Auswechslung und/oder Erneuerung der TK-Linie(n) insgesamt und/oder von Teilen derselben. Ein zusätzliches Nutzungsentgelt ist in diesen Fällen nicht zu zahlen. Soweit für Maßnahmen einer baulichen Erweiterung zusätzliche Grundstücksflächen in Anspruch genommen werden, ist hierfür eine gesonderte Zustimmung des Grundstückseigentümers erforderlich. (3) Die T-Com darf die TK-Linie(n) oder Teile derselben nur mit ihr verbundener Unternehmen i. S. d. § 15 Aktiengesetz zur Nutzung überlassen, ohne das hierfür ein gesondertes Entgelt zu zahlen ist. (4) Bei der (den) TK-Linie(n) handelt es sich um: a) _____ m unterirdische TK-Linie(n) in einer Breite von _____ m (inkl. Schutzstreifen) b) _____ m oberirdische TK-Linie(n) c) _____ Stück Schalt- und Verzweigungsschrank d) _____ Stück Abzweigkasten e) _____ Stück Kabelschacht Die obige(n) TK-Linie(n) besteht (bestehen) aus: _____ Erdkabel (-n) _____ Kabelkanalrohre/Kabelschutzrohre _____ Maste(n) (5) Der Vertrag bezieht sich auf folgendes(e) Grundstück(e): Grundbuch von
Blatt
Gemarkung
Flur
Flurstück
§2 Grundsätze der Verlegung (1) Die unterirdische(n) TK-Linie(n) wird (werden) etwa 90 cm tief in die Erde gebettet. (2) Die ober- und/oder unterirdische(n) TK-Linie(n) verbleibt(en) im Eigentum der T-Com. §3 Linienverlauf und Vorbereitung der Baumaßnahme (1) Die geplante Lage der unterirdischen und/oder oberirdischen TK-Linie(n) ergibt sich aus dem vorläufigen Lageplan, der dem Vertrag als Anlage _______ beigefügt ist.
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(2) Die T-Com zeigt dem Grundstückseigentümer den beabsichtigten Termin der Verlegung der TK-Linie(n) vorher an und teilt den Namen der beauftragten Baufirma sowie die voraussichtliche Dauer der Bauarbeiten mit. (3) Vor dem Ausführungsbeginn ist auf Verlangen eines der Vertragspartner eine gemeinsame Besichtigung der beanspruchten Flächen durchzuführen und deren Zustand zu protokollieren. (4) Nach Beendigung der Arbeiten wird der vorläufige Lageplan durch einen endgültigen Lageplan für diese(s) Grundstück(e) ersetzt. §4 Durchführung der Baumaßnahme (1) Die T-Com verpflichtet sich, die anerkannten Regeln der Technik zu beachten. (2) Ist eine statische Berechnung für die TK-Linie(n), ihre Befestigung an Ingenieurbauwerken, für Bauhilfemaßnahmen sowie Bauverfahren erforderlich, legt die T-Com diese in geprüfter Form auf Verlangen des Grundstückseigentümers vor. (3) Die TK-Linie(n) ist (sind) grundsätzlich platzsparend zu verlegen. Sofern örtlich möglich, sind die Erdkabel und Kabelrohre in vertretbarem Maße übereinander anzuordnen. Sofern die T-Com Kabelrohre verwendet, haben diese grundsätzlich einen Durchmesser von ≤ DN 110. §5 Entgelt (1) Die T-Com zahlt dem Grundstückseigentümer für das in Form einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit grundbuchlich gesicherte Nutzungsrecht, dessen Inhalt und Umfang sich aus der Eintragungsbewilligung und den vorliegenden Vertragsbestimmungen ergibt, ein einmaliges Entgelt in Höhe von _______ Euro einschließlich der ggf. anfallenden Umsatzsteuer (derzeit 1,55 Euro pro lfdm, mindestens jedoch 50 Euro). Dieses Entgelt umfasst sowohl die Abgeltung der Nutzung als auch den Ausgleich für die dingliche Belastung des Grundstückes. Mit dieser Zahlung sind eventuell bestehende Ansprüche aus § 76 Abs. 2 Satz 1 und 2 TKG abgegolten. (2) Die Zahlung wird bei Abgabe der Eintragungsbewilligung an das Grundbuchamt fällig. (3) Der Grundstückseigentümer stellt die T-Com hinsichtlich des in diesem Vertrag vereinbarten Nutzungsrechts von jedweden Ansprüchen weiterer nutzungsberechtigter Dritter, insbesondere Pächter und Mieter, frei. §6 Zutritt zum Grundstück Die T-Com ist berechtigt, das(die) Grundstück(e) zur Beseitigung von Störungen, zur Vornahme aller Maßnahmen, die mit den in § 1 festgelegten Nutzungsrechten im Zusammenhang stehen, nach vorheriger Terminabsprache zu betreten und alle dafür erforderlichen Arbeiten – auch Aufgrabungen – vorzunehmen. Diese Berechtigung bezieht sich auch auf Maßnahmen zur Vornahme von baulichen Erweiterungen an den bestehenden Anlagen soweit eine Zustimmung des Grundstückseigentümers nach § 1 Abs. 1 dieser Vereinbarung vorliegt. Ein Betretungsrecht an Sonn- und Feiertagen sowie zur Nachtzeit besteht ausnahmsweise dann, wenn es zur Störungsbeseitigung unvermeidbar ist und diese keinen Aufschub duldet.
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge §7 Schutz der TK-Linien
(1) Über und im Abstand von 50 cm beiderseits der TK-Linie(n) dürfen ohne Zustimmung der T-Com auf Grund und Boden keine Einwirkungen vorgenommen werden (z. B. Baumpflanzungen, Weidezäune, Auslegen von Drainagerohren, Herstellen von Entwässerungsgräben), durch die die TK-Linie(n) gefährdet oder beschädigt werden könnte(n). (2) Bei oberirdischer Führung der TK-Linie(n) ist die T-Com berechtigt, nach vorheriger Absprache mit dem Grundstückseigentümer, Gehölze oder Bäume zu beschneiden bzw. auszuästen, wenn ansonsten der Betrieb der TK-Linie(n) beeinträchtigt würde bzw. ist. §8 Haftung der T-Com (1) Die T-Com verpflichtet sich, bei Arbeiten an der(den)TK-Linie(n) auf die Interessen des Grundstückseigentümers und nutzungsberechtigter Dritter Rücksicht zu nehmen, insbesondere nach Beendigung der Arbeiten an der(den) TK-Linie(n) für eine ordnungsgemäße, dem ursprünglichen Zustand möglichst entsprechende Wiederherstellung der(s) Grundstücke(s) zu sorgen. (2) Die T-Com haftet für die durch die Errichtung, den Betrieb, die Änderung und die Unterhaltung ihrer TK-Linie(n) verursachten Schäden an dem(n) Grundstück(en) oder seinem (ihrem) Zubehör. Der Schadensersatz ist in erster Linie darauf gerichtet, den Zustand des(der) Grundstücks(e) wieder herzustellen, wie er vor Aufnahme der Arbeiten angetroffen wurde. Sollte die T-Com hierzu nicht in der Lage sein, kann der Grundstückseigentümer Schadensersatz in Geld verlangen. In Konfliktfällen wird die Schadenshöhe von einem unabhängigen, gerichtlich vereidigten Schadenssachverständigen nach den Grundsätzen der §§ 317 ff. BGB festgelegt. (3) Soweit die Nutzung der(des) Grundstücke(s) oder deren (dessen) Ertrag durch die Arbeiten an der(den) TK-Linie(n) über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt wird, etwa bei Fruchtausfall und Erntebehinderungen, können der Grundstückseigentümer oder nutzungsberechtigte Dritte bei entsprechendem Nachweis einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen. Ein derartiger Anspruch ist unverzüglich geltend zu machen. §9 Haftung des Grundstückseigentümers Für Schäden an der(den) TK-Linie(n) haftet der Grundstückseigentümer nur dann, wenn er diese vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. § 10 Nutzungsänderung/Veräußerung Der Grundstückseigentümer verpflichtet sich, die T-Com schriftlich zu benachrichtigen, wenn das(die) Grundstück(e) veräußert, geteilt oder einem Dritten zur Nutzung überlassen werden soll. § 11 Laufzeit des Vertrages (1) Das Vertragsverhältnis beginnt mit der Unterzeichnung dieses Vertrages und läuft zunächst 20 Jahre. Das Vertragsverhältnis verlängert sich automatisch auf unbe-
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stimmte Zeit, wenn der Grundstückseigentümer nicht sechs Monate vor Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit den Vertrag schriftlich kündigt. (2) Verlängert sich die Vertragslaufzeit auf unbestimmte Zeit, wird ein neues Entgelt nach § 5 dieser Vereinbarung für das in Form einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit grundbuchlich gesicherte Nutzungsrecht fällig. (3) Auf ausdrückliches Verlangen des Grundstückseigentümers ist die T-Com im Falle der Beendigung des Vertragsverhältnisses verpflichtet, in einem angemessenen Zeitraum die TK-Linie(n) zu beseitigen. § 12 Dingliche Sicherung (1) Das Benutzungsrecht wird als Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen. Der Grundstückseigentümer verpflichtet sich, die hierzu erforderliche Eintragungsbewilligung in der gesetzlich vorgeschriebenen Form abzugeben. Im Falle der Beendigung des Vertragsverhältnisses gem. § 11 Abs. 1 dieser Vereinbarung verpflichtet sich die T-Com, die Löschungsbewilligung in der gesetzlich vorgeschrieben Form zu erteilen. (2) Alle für die Beurkundung dieses Vertrages und der Eintragung der Dienstbarkeit sowie ggf. der Löschung der Dienstbarkeit entstehenden Kosten und Gebühren trägt die T-Com. § 13 Sonstige Bestimmungen (1) Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden, so bleibt die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen hiervon unberührt. Die Vertragsparteien verpflichten sich, die unwirksame Bestimmung unverzüglich durch eine wirksame Bestimmung zu ersetzen, die dem angestrebten Zweck der unwirksamen Bestimmung am nächsten kommt. (2) Änderungen und/oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Dasselbe gilt für die Aufhebung der Schriftformklausel. (3) Zur Erfüllung dieses Vertrages ist die T-Com berechtigt, die erhobenen personenbezogenen Daten innerhalb von Datenverarbeitungsanlagen zu speichern und zu verarbeiten. Die Verarbeitung erfolgt ausschließlich im Rahmen der Zweckbestimmung dieses Vertrages auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen. (4) Als Gerichtsstand wird das Gericht bestimmt, in dessen Bezirk die oben bezeichnete Niederlassung der T-Com ihren Sitz hat. (5) Der Vertrag wird in dreifacher Ausfertigung ausgefertigt. Jede Partei erhält eine Ausfertigung, die Dritte Ausfertigung dient der Vorlage beim Grundbuchamt. Grundstückseigentümer
Deutsche Telekom AG, T-Com, Technische Infrastruktur Niederlassung
______________________________ (Ort, Datum, Unterschrift)
______________________________ (Ort, Datum, Unterschrift)
______________________________ (Ort, Datum, Unterschrift)
______________________________ (Ort, Datum, Unterschrift)
Anlagen:
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge (Stand: Oktober 2004)
Muster für einen Mitbenutzungsvertrag ohne dingliche Sicherung über die Benutzung von Grundstücken im kommunalen Eigentum, die nicht öffentliche Verkehrswege sind, für Telekommunikationslinien zwischen der Stadt/Gemeinde/dem Kreis _________________________________________________ ______________________________________________________________________________ ______________________________________________________________________________ (Anschrift) nachfolgend als „Grundstückseigentümer“ bezeichnet und der Deutschen Telekom AG, T-Com, Technische Infrastruktur Niederlassung _____________________________________ nachfolgend als „T-Com“ bezeichnet wird folgender Vertrag geschlossen: Präambel Die T-Com ist gem. § 76 Abs. 1 Nr. 2 Telekommunikationsgesetz vom 22. Juni 2004 (TKG) berechtigt, Grundstücke, die nicht öffentliche Verkehrswege sind, zwecks Errichtung und Erneuerung von unterirdischen und oberirdischen Telekommunikationslinien (TK-Linien) unentgeltlich zu nutzen, sofern das Grundstück durch die Benutzung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt wird. Um Baumaßnahmen ohne Verzögerung durchzuführen und den Verwaltungsaufwand für die Nutzung zu minimieren wird unabhängig von der Frage, ob im konkreten Einzelfall eine gesetzliche Duldungsverpflichtung nach § 76 Abs. 1 Nr. 2 TKG besteht, zwischen den Parteien ein Mitbenutzungsvertrag mit dinglicher Sicherung geschlossen. §1 Vertragsgegenstände (1) Der Grundstückseigentümer gestattet der T-Com die Mitbenutzung des in seinem Eigentum befindlichen Grundstückes zum Zweck der Errichtung, des Betriebes sowie der Unterhaltung von TK-Linien, die sowohl betriebsinternen Zwecken als auch der Durchführung von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit dienen. Die Gestattung deckt auch Nutzungserweiterungen in Form von neuen, sich im Zuge der technischen Entwicklungen ergebenden Anwendungen ab. (2) Die Gestattung umfasst auch das Einziehen von weiteren TK-Kabeln in Kabelrohranlagen bzw. Kabelschutzrohre sowie die Auswechslung und/oder Erneuerung der TK-Linie(n) insgesamt und/oder von Teilen derselben. Ein zusätzliches Nutzungsentgelt ist in diesen Fällen nicht zu zahlen. Soweit für Maßnahmen einer baulichen Erweiterung zusätzliche Grundstücksflächen in Anspruch genommen
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werden, ist hierfür eine gesonderte Zustimmung des Grundstückseigentümers erforderlich. (3) Die T-Com darf die TK-Linie(n) oder Teile derselben nur mit ihr verbundener Unternehmen i. S. d. § 15 Aktiengesetz zur Nutzung überlassen, ohne das hierfür ein gesondertes Entgelt zu zahlen ist. (4) Bei der (den) TK-Linie(n) handelt es sich um: a) _____ m unterirdische TK-Linie(n) in einer Breite von _____ m (inkl. Schutzstreifen) b) _____ m oberirdische TK-Linie(n) mit _____ Masten c) _____ Stück Schalt- und Verzweigungsschrank/ten d) _____ Stück Abzweigkasten e) _____ Stück Kabelschacht Die obige(n) TK-Linie(n) besteht (bestehen) aus: _____ Erdkabel (-n) _____ Kabelkanal/Kabelschutzrohre mit Zügen _____ Maste(n) (5) Der Vertrag bezieht sich auf folgendes(e) Grundstück(e): Grundbuch von
Blatt
Gemarkung
Flur
Flurstück
§2 Grundsätze der Verlegung (1) Die unterirdische(n) TK-Linie(n) wird (werden) etwa 90 cm tief in die Erde gebettet. (2) Die ober- und/oder unterirdische(n) TK-Linie(n) verbleibt(en) im Eigentum der T-Com. §3 Linienverlauf und Vorbereitung der Baumaßnahme (1) Die geplante Lage der unterirdischen und/oder oberirdischen TK-Linie(n) ergibt sich aus dem vorläufigen Lageplan, der dem Vertrag als Anlage _______ beigefügt ist. (2) Die T-Com zeigt dem Grundstückseigentümer den beabsichtigten Termin der Verlegung der TK-Linie(n) vorher an und teilt den Namen der beauftragten Baufirma sowie die voraussichtliche Dauer der Bauarbeiten mit. (3) Vor dem Ausführungsbeginn ist auf Verlangen eines der Vertragspartner eine gemeinsame Besichtigung der beanspruchten Flächen durchzuführen und deren Zustand zu protokollieren. (4) Nach Beendigung der Arbeiten wird der vorläufige Lageplan durch einen endgültigen Lageplan für diese(s) Grundstück(e) ersetzt. §4 Durchführung der Baumaßnahme (1) Die T-Com verpflichtet sich, die anerkannten Regeln der Technik zu beachten.
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge
(2) Ist eine statische Berechnung für die TK-Linie(n), ihre Befestigung an Ingenieurbauwerken, für Bauhilfemaßnahmen sowie Bauverfahren erforderlich, legt die T-Com diese in geprüfter Form auf Verlangen des Grundstückseigentümers vor. (3) Die TK-Linie(n) ist (sind) grundsätzlich platzsparend zu verlegen. Sofern örtlich möglich, sind die Erdkabel und Kabelrohre in vertretbarem Maße übereinander anzuordnen. Sofern die T-Com Kabelrohre verwendet, haben diese grundsätzlich einen Durchmesser von ≤ DN 110. §5 Entgelt (1) Die T-Com zahlt dem Grundstückseigentümer für die Nutzung des(r) Grundstücks(e) anstatt laufender Zahlungen aus Vereinfachungsgründen für die Laufzeit des Vertrages im voraus ein einmaliges Entgelt in Höhe von _______ Euro einschließlich der ggf. anfallenden Umsatzsteuer (derzeit 1 Euro pro lfdm, mindestens jedoch 50 Euro). Mit dieser Zahlung sind eventuell bestehende Ansprüche aus § 76 Abs. 2 Satz 1 und 2 TKG abgegolten. (2) Die Zahlung wird fällig nach endgültiger Beendigung der Arbeiten auf dem(n) Grundstück(en). (3) Der Grundstückseigentümer stellt die T-Com hinsichtlich des in diesem Vertrag vereinbarten Nutzungsrechts von jedweden Ansprüchen weiterer nutzungsberechtigter Dritter, insbesondere Pächter und Mieter, frei. §6 Zutritt zum Grundstück Die T-Com ist berechtigt, das(die) Grundstück(e) zur Beseitigung von Störungen, zur Vornahme aller Maßnahmen, die mit den in § 1 festgelegten Nutzungsrechten im Zusammenhang stehen, nach vorheriger Terminabsprache zu betreten und alle dafür erforderlichen Arbeiten – auch Aufgrabungen – vorzunehmen. Diese Berechtigung bezieht sich auch auf Maßnahmen zur Vornahme von baulichen Erweiterungen an den bestehenden Anlagen soweit eine Zustimmung des Grundstückseigentümers nach § 1 Abs. 1 dieser Vereinbarung vorliegt. Ein Betretungsrecht an Sonn- und Feiertagen sowie zur Nachtzeit besteht ausnahmsweise dann, wenn es zur Störungsbeseitigung unvermeidbar ist und diese keinen Aufschub duldet. §7 Schutz der TK-Linien (1) Über und im Abstand von 50 cm beiderseits der TK-Linie(n) dürfen ohne Zustimmung der T-Com auf Grund und Boden keine Einwirkungen vorgenommen werden (z. B. Baumpflanzungen, Weidezäune, Auslegen von Drainagerohren, Herstellen von Entwässerungsgräben), durch die die TK-Linie(n) gefährdet oder beschädigt werden könnte(n). (2) Bei oberirdischer Führung der TK-Linie(n) ist die T-Com berechtigt, nach vorheriger Absprache mit dem Grundstückseigentümer, Gehölze oder Bäume zu beschneiden bzw. auszuästen, wenn ansonsten der Betrieb der TK-Linie(n) beeinträchtigt würde bzw. ist.
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Anhang §8 Haftung der T-Com
(1) Die T-Com verpflichtet sich, bei Arbeiten an der(den)TK-Linie(n) auf die Interessen des Grundstückseigentümers und nutzungsberechtigter Dritter Rücksicht zu nehmen, insbesondere nach Beendigung der Arbeiten an der(den) TK-Linie(n) für eine ordnungsgemäße, dem ursprünglichen Zustand möglichst entsprechende Wiederherstellung der(s) Grundstücke(s) zu sorgen. (2) Die T-Com haftet für die durch die Errichtung, den Betrieb, die Änderung und die Unterhaltung ihrer TK-Linie(n) verursachten Schäden an dem(n) Grundstück(en) oder seinem (ihrem) Zubehör. Der Schadensersatz ist in erster Linie darauf gerichtet, den Zustand des(der) Grundstücks(e) wieder herzustellen, wie er vor Aufnahme der Arbeiten angetroffen wurde. Sollte die T-Com hierzu nicht in der Lage sein, kann der Grundstückseigentümer Schadensersatz in Geld verlangen. In Konfliktfällen wird die Schadenshöhe von einem unabhängigen, gerichtlich vereidigten Schadenssachverständigen nach den Grundsätzen der §§ 317 ff. BGB festgelegt. (3) Soweit die Nutzung der(des) Grundstücke(s) oder deren (dessen) Ertrag durch die Arbeiten an der(den) TK-Linie(n) über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt wird, etwa bei Fruchtausfall und Erntebehinderungen, können der Grundstückseigentümer oder nutzungsberechtigte Dritte bei entsprechendem Nachweis einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen. Ein derartiger Anspruch ist unverzüglich geltend zu machen. §9 Haftung des Grundstückseigentümers Für Schäden an der(den) TK-Linie(n) haftet der Grundstückseigentümer nur dann, wenn er diese vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. § 10 Nutzungsänderung/Veräußerung (1) Verhindern die in Umsetzung des Vertrages errichtete(n) TK-Linie(n) der T-Com den Vollzug einer verbindlichen Bauleitplanung oder wirtschaftlich angebrachte Nutzung der(des) Grundstücke(s) (z. B. Bebauung, Ausbeutung von Bodenschätzen, Herstellung von Be- und Entwässerungsgraben), so wird (werden) die TK-Linie(n) auf Kosten der T-Com innerhalb der Grundstücksgrenzen oder auf ein anderes Grundstück des Grundstückseigentümers oder eines Dritten verlegt, wenn die geänderte Nutzung nicht ohne Verlegung erfolgversprechend durchgeführt werden kann und Schutzvorkehrungen für die TK-Linie(n) nicht ausreichen. Der Grundstückseigentümer verpflichtet sich, die Verlegung zu gestatten und einen entsprechenden Nutzungsvertrag abzuschließen, auf den das nach § 5 Abs. 1 pauschal gezahlte Entgelt anzurechnen ist. (2) Der Grundstückseigentümer verpflichtet sich, die eingangs genannte Niederlassung der T-Com schriftlich zu benachrichtigen, wenn er das(die) Grundstück(e) oder Grundstückteile, auf denen sich TK-Linien der T-Com befinden, veräußert oder einem Dritten ein Nutzungsrecht (z. B. Pacht) einräumt, auf Grund dessen der Dritte Arbeiten auf dem Grundstück durchführen kann. Bei einer Veräußerung weist er den Erwerber auf das Vorhandensein von TK-Linien und das Bestehen dieses Mitbenutzungsvertrages hin. Unabhängig von dieser Hinweispflicht tritt der Erwerber des Grundstücks an die Stelle des bisherigen Grundstückseigen-
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Wegerechte, Nutzungsrechte und Infrastrukturverträge tümers in die sich aus diesem Mitbenutzungsvertrag ergebenen Rechte und Verpflichtungen ein (§ 566 Abs. 1 BGB). § 11 Kündigung
(1) Solange sich die TK-Linie(n) in oder auf dem(den) Grundstück(en) befindet(n), ist der Grundstückseigentümer nur aus wichtigem Grund zur Kündigung berechtigt (§ 314 BGB). Ein solcher wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn der Verbleib der TK-Linie auf dem Grundstück für den Grundstückseigentümer deshalb unzumutbar ist, weil sie eine konkrete Nutzung verhindert und eine Verlegung der TK-Linie auf dem betreffenden oder ein anderes Grundstück des Grundstückseigentümers nicht möglich und zumutbar ist. (siehe § 10 Abs. 1). Der Grundstückseigentümer räumt der T-Com im Falle der Kündigung einen angemessenen Zeitraum für die Beseitigung der TK-Linie(n) und die Erstellung provisorischer Ersatzmaßnahmen ein. (2) Nach Ablauf von 30 Jahren kann der Grundstückseigentümer den Vertrag ohne wichtigen Grund kündigen (§ 544 BGB). Auf ausdrückliches Verlangen des Grundstückseigentümers ist die T-Com verpflichtet, in einem angemessenen Zeitraum die TK-Linie(n) zu beseitigen. § 12 Sonstige Bestimmungen (1) Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden, so bleibt die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen hiervon unberührt. Die Vertragsparteien verpflichten sich, die unwirksame Bestimmung unverzüglich durch eine wirksame Bestimmung zu ersetzen, die dem angestrebten Zweck der unwirksamen Bestimmung am nächsten kommt. (2) Änderungen und/oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Dasselbe gilt für die Aufhebung der Schriftformklausel. (3) Zur Erfüllung dieses Vertrages ist die T-Com berechtigt, die erhobenen personenbezogenen Daten innerhalb von Datenverarbeitungsanlagen zu speichern und zu verarbeiten. Die Verarbeitung erfolgt ausschließlich im Rahmen der Zweckbestimmung dieses Vertrages auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen. (4) Als Gerichtsstand wird das Gericht bestimmt, in dessen Bezirk die oben bezeichnete Niederlassung der T-Com ihren Sitz hat. (5) Der Vertrag wird in dreifacher Ausfertigung ausgefertigt. Jede Partei erhält eine Ausfertigung, die Dritte Ausfertigung dient der Vorlage beim Grundbuchamt. Grundstückseigentümer
Deutsche Telekom AG, T-Com, Technische Infrastruktur Niederlassung
______________________________ (Ort, Datum, Unterschrift)
______________________________ (Ort, Datum, Unterschrift)
______________________________ (Ort, Datum, Unterschrift)
______________________________ (Ort, Datum, Unterschrift)
Anlagen:
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Teil 3 Regulierung der Wettbewerber G. Verfahren der Marktregulierung 1. Einführung In Teil 2 des TKG („Marktregulierung“) befinden sich die Regelungen zum Verhältnis der Wettbewerber zueinander und damit der Kern der sektorspezifischen Regulierung des TKG. Hier entscheidet sich, ob und wie die Rechtsverhältnisse der Wettbewerber zueinander reguliert werden. Er untergliedert sich wiederum in verschiedene Abschnitte, die das Verfahren der Marktregulierung (Abschnitt 1), die Zugangsregulierung (Abschnitt 2, dazu näher H.), die Entgeltregulierung (Abschnitt 3, dazu näher I.), sonstige Verpflichtungen (Abschnitt 4, dazu näher K.) und die besondere Missbrauchsaufsicht (Abschnitt 5, dazu näher H.) beinhalten. Die im Abschnitt 4 enthaltenen „sonstigen Verpflichtungen“ sind bei genauer Betrachtung eigentlich Regelungen zum Kundenschutz auf Grundlage der Universaldienstrichtlinie1 (siehe daher K.). Daneben enthalten aber auch andere Teile des TKG Bestimmungen, die sich auf die Rechtsverhältnisse der Wettbewerber zueinander beziehen, wie etwa Teil 5 (Rundfunkübertragung, dazu näher J.) und Teil 3 (Kundenschutz, dazu näher K. und H.).
1
Die Regelungen der §§ 9–15 TKG über das Verfahren der Markregulierung stellen die Eintrittsschwelle für die sektorspezifische Regulierung des TKG dar. Diese sektorspezifische Regulierung besteht aus Zugangspflichten, der Entgeltregulierung sowie einer besonderen, sektorspezifischen Missbrauchsaufsicht. Während nach dem TKG 1996 diese Regulierung sowie die diesbezüglichen Pflichten der regulierten Unternehmen unmittelbar im Gesetz geregelt waren, ist nunmehr durch das Verfahren der Marktregulierung ein Prozess vorgeschaltet, in dem erst über das „Ob“ der Regulierung durch die BNetzA entschieden wird. In diesem Prozess bestehen neben Anhörungsrechten für interessierte Teilnehmer umfassende Informations- und Kontrollrechte der EU-Kommission. Zwar wird damit einerseits eine weitgehende Harmonisierung der sektorspezifischen Marktregulierung in Europa gefördert. Andererseits führt dies aber auch zu erheblichen Verzögerungen bei der Schaffung von Klarheit und Investitionssicherheit für die betroffenen Marktteilnehmer. Daher schlägt die EU-Kommission zwischenzeitlich in
2
_______________
1 Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie), Amtsblatt EU Nr. L 108 v. 24.4.2002, S. 51–77.
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G Rz. 3
Verfahren der Marktregulierung
ihrer gemäß Art. 25 der Rahmenrichtlinie1 in dreijährigem Turnus (erstmals für Mitte 2006) vorgesehenen Überprüfung des EU-Rechtsrahmens eine Vereinfachung des Verfahrens vor2. 3
Ziel des Verfahrens der Marktregulierung ist es, diejenigen Telekommunikationsmärkte zu bestimmen, die (weiterhin) einer sektorspezifischen Regulierung unterliegen sollen. Dazu sind drei Schritte vorgesehen: Marktdefinition, Marktanalyse und Regulierungsverfügung. Im Rahmen der Marktdefinition wird sozusagen eine Vorauswahl der für die Regulierung in Frage kommenden Märkte vorgenommen. Dabei wird deutlicher als zuvor zwischen Vorleistungs- und Endnutzermärkten unterschieden und eine Verlagerung auf die Vorleistungsmärkte vorgenommen. In der Marktanalyse wird festgestellt, ob auf den betroffenen Märkten wirksamer Wettbewerb besteht. Die Regulierungsverfügung führt schließlich zur Auferlegung von Verpflichtungen gegenüber denjenigen Unternehmen, deren beträchtliche Marktmacht in den betroffenen Märkten wirksamen Wettbewerb behindert.
2. Europarechtliche Grundlagen und Vorgaben 4
Das Verfahren der Markregulierung findet seine europarechtliche Grundlage in Art. 6 und 7 sowie Art. 14 bis 16 der Rahmenrichtlinie. In Art. 14 bis 16 der Rahmenrichtlinie ist beschrieben, wie Marktdefinition und Marktanalyse zu erfolgen haben. Art. 6 und 7 der Rahmenrichtlinie beinhalten die Anhörungsrechte der interessierten Parteien sowie die Informations- und Kontrollrechte der EU-Kommission. Diese Bestimmungen sind vom deutschen Gesetzgeber weitgehend wörtlich in die §§ 10 bis 12 TKG übernommen worden, nicht zuletzt aufgrund des für Richtlinien eher unüblichen Detailreichtums im Richtlinienpaket 2002. Damit stellt sich das Verfahren der Marktregulierung vornehmlich als gemeinschaftsrechtliches und weniger als nationales Verfahren dar. Daher werden die europarechtlichen Grundlagen im Folgenden vertiefter betrachtet, zumal insbesondere anhand dieser Bestimmungen der durch das Richtlinienpaket 2002 vollzogene regulatorische Paradigmenwechsel deutlich wird.
5
Aus Sicht der EU ist eine sektorspezifische Regulierung nur noch dort angezeigt, wo in einzelnen Märkten (noch bzw. nach wie vor) kein wirksamer Wettbewerb aufgrund beträchtlicher Marktmacht besteht3. Denn die Tele_______________
1 Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie), Amtsblatt EU Nr. L 108 v. 24.4.2002, S. 33–50. 2 Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen v. 29.6.2006 über die Überprüfung des EU-Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste; KOM (2006) 334. 3 Siehe Erwägungsgrund (27) der Rahmenrichtlinie.
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Europarechtliche Grundlagen und Vorgaben
Rz. 6 G
kommunikationsmärkte gelten nunmehr als geöffnet, d. h. der frühere europäische Rechtsrahmen hat den Übergang von staatlichen Monopolbetrieben zum vollständigen Wettbewerb erreicht1. Dort wo beträchtliche Marktmacht besteht, wird dies allerdings mit dem Fehlen wirksamen Wettbewerbs unmittelbar gleichgesetzt und hat zur Folge, dass sektorspezifische Regulierung erforderlich ist. Der EU-Richtliniengeber versteht dabei unter der sektorspezifischen Regulierung die Auferlegung von Vorabverpflichtungen bzw. von so genannten ex ante-Verpflichtungen (Vorabregulierung). Nur dort, wo aufgrund beträchtlicher Marktmacht eines oder mehrerer Unternehmen kein wirksamer Wettbewerb besteht und die Instrumente des nationalen und gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts (gemeint ist: Kartellrechts) nicht ausreichen, um das Problem zu lösen, kommen derartige Verpflichtungen in Betracht2. Aus dieser Gegenüberstellung folgt dreierlei: Der EU-Richtliniengeber –
lässt die sektorspezifische Regulierung nur noch in (vor-)ausgewählten und auf beträchtliche Marktmacht geprüften Märkten zu;
–
will dabei für die sektorspezifische Regulierung in der Telekommunikation nunmehr einheitlich die gleichen Grundsätze wie im europäischen Kartellrecht anwenden;
–
ihm schwebt aber dennoch eine klare Trennung zwischen den Aufgaben der nationalen sektorspezifischen Regulierungsbehörden einerseits und den nationalen sowie gemeinschaftlichen Kartellbehörden andererseits vor.
Danach sind die nationalen Regulierungsbehörden für die Auferlegung und Überwachung von Vorabverpflichtungen, die Kartellbehörden für die sonstige, regelmäßig nachträglich eingreifende Missbrauchsaufsicht zuständig. Beide haben aber die gleichen Grundsätze anzuwenden3. Das TKG hält die Trennung zugunsten der BNetzA und zu Lasten des Bundeskartellamts (BKartA) allerdings nicht durch, indem es der BNetzA auch umfängliche Aufgaben der (nachträglichen) Missbrauchsaufsicht zuweist (dazu näher unten Rz. 60, 249 ff. sowie H., Rz. 633 ff.). Die inhaltliche Harmonisierung zwischen Vorabregulierung und (nachträglicher) kartellrechtlicher Missbrauchsaufsicht wird auf europäischer Ebene durch zwei weitere „Rechtsakte“ sichergestellt. Auf Basis von Art. 15 Rahmenrichtlinie hat die EU-Kommission anhand der Marktliste in Anhang I der Rahmenrichtlinie eine Empfehlung zu erlassen, welche diejenigen Märkte benennt, die für eine Vorabregulierung in Frage kommen (Art. 15 Abs. 1 Rahmenrichtlinie). Dabei hat die Kommission die Marktdefinition im Einklang mit den Grundsätzen des Kartellrechts vorzunehmen. Dies ist _______________
1 Siehe Erwägungsgrund (1) der Rahmenrichtlinie. 2 Siehe Erwägungsgrund (27) der Rahmenrichtlinie. 3 Instruktiv sowie zu den letztlich doch bestehenden Unterschieden siehe Topel, ZWeR 2006, 27.
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6
G Rz. 6
Verfahren der Marktregulierung
in Form der Empfehlung der Kommission vom 11. Februar 2003 über relevante Produkt- und Dienstmärkte, die für eine Vorabregulierung in Betracht kommen (Märkteempfehlung)1 geschehen. Diese Empfehlung wiederum hat die EU-Kommission nach Art. 15 Abs. 1 2. Unterabsatz regelmäßig zu überprüfen (siehe dazu näher unten Rz. 57 ff.). Ferner hat die Kommission Leitlinien zur Marktanalyse und zur Bewertung beträchtlicher Marktmacht zu veröffentlichen (Art. 15 Abs. 2. Rahmenrichtlinie). Die Leitlinien der EUKommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht (Kommissionsleitlinien)2 sind bereits im Juli 2002 veröffentlicht worden. Die Kommissionsleitlinien stellen eine Zusammenfassung der bisherigen kartellrechtlichen Praxis des EuGH und der EU-Kommission zur Bestimmung des sachlich und räumlich relevanten Marktes sowie der etwaigen beträchtlichen Marktmacht eines Unternehmens dar3. Sie sollen sicherstellen, dass die nationalen Regulierungsbehörden bei Marktdefinition und Marktanalyse die aus dem Kartellrecht stammenden Kriterien einheitlich auch für den Bereich der sektorspezifischen Regulierung, also der Vorabregulierung der Telekommunikationsmärkte verwenden. Beide Rechtsakte haben die nationalen Regulierungsbehörden weitestgehend bei der Festlegung von (nationalen) Märkten für die Vorabregulierung zu berücksichtigen (Art. 15 Abs. 3 Rahmenrichtlinie). Dies bedeutet, dass die als Empfehlungen bzw. Leitlinien ausgestalteten (Rechts-)Akte zwar angesichts Art. 249 Abs. 5 EGVertrag zunächst rechtlich nicht bindend sind4. Allerdings verleiht die in Art. 15 Abs. 3 Rahmenrichtlinie ausdrücklich normierte „Berücksichtigungspflicht“ in Verbindung mit den Kontrollrechten der EU-Kommission5 der Märkteempfehlung und den Kommissionsleitlinien einen quasi-verbindlichen Charakter (siehe unten Rz. 46 sowie Rz. 96). Der Transparenz und Harmonisierung dient auch, dass nach Art. 24 Rahmenrichtlinie und Art. 15 Zugangsrichtlinie die nationalen Regulierungsbehörden verpflichtet sind, ihre Regulierungsmaßnahmen, freilich unter Wahrung von Betriebs- und _______________
1 Empfehlung der Kommission v. 11.2.2003 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen (2003/311/EG), Amtsblatt EU Nr. L 114, S. 45– 49 v. 8.5.2003 (Märkteempfehlung). 2 Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (2002/C 165/03), Amtsblatt EU Nr. C 165, S. 6–31 v. 11.7.2002 (Kommissionsleitlinien). 3 Siehe Absatz Nr. 25 der Kommissionsleitlinien. 4 Es besteht allerdings nach der Rechtsprechung des EuGH eine Pflicht zur Berücksichtigung von Empfehlungen, wenn diese Aufschluss über die Auslegung von innerstaatlichen Umsetzungsregelungen geben oder verbindliche gemeinschaftliche Vorschriften ergänzen, EuGH, Rs. 322/88, Slg. 1989, 4407 (4421) – Grimaldi; vgl. auch Doll/Nigge, MMR 2004, 520 sowie Elkettani, MMR Beilage 1/2004, 14. 5 Klotz, K&R Beilage 1/2003, S. 7.
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Europarechtliche Grundlagen und Vorgaben
Rz. 7 G
Geschäftsgeheimnissen, zu veröffentlichen (jeweils Abs. 1) und der EUKommission mitzuteilen (jeweils Abs. 2). Dies betrifft die Verfahren der Marktregulierung ebenso wie Einzelmaßnahmen, die auf Basis der Ergebnisse dieser Verfahren getroffen werden. Die europarechtlichen Vorgaben haben insbesondere zweierlei bewirkt: –
der Umsetzungsspielraum des nationalen Gesetzgebers ist erheblich verkleinert worden, weil das Richtlinienpaket 2002 zum einen sehr detaillierte Regelungen trifft und zum anderen Flexibilität in Form von Ermessenspielräumen lediglich für die nationalen Regulierungsbehörden vorsieht und einfordert (siehe dazu Rz. 179 ff. in Bezug auf die strittige Europarechtswidrigkeit von § 9a TKG);
–
eine enge Verschränkung zwischen den Verfahren und Maßnahmen der nationalen Regulierungsbehörden und ihrer Kontrolle durch die EUKommission hat stattgefunden.
Nach mittlerweile nahezu vier Jahren europäischer Implementierungserfahrung kann festgestellt werden, dass beide Aspekte in Deutschland zu nicht unerheblichen Verzögerungen und Friktionen geführt haben (näher dazu Rz. 51 ff.). Soweit das auf europarechtlicher Ebene adressierbar und behebbar ist, stellt dies eine Frage der nach Art. 25 Rahmenrichtlinie vorgesehenen regelmäßigen Überprüfung des europäischen Rechtsrahmens durch die EU-Kommission dar, die erstmals drei Jahre nach Umsetzungsbeginn im Juli 2003 (Art. 28 Abs. 1 Rahmenrichtlinie) vorzunehmen war. Das Überprüfungsverfahren (sog. TK-Review) hat die EU-Kommission dementsprechend im Jahre 2006 begonnen und im Juni 2006 ihre Vorschläge vorgelegt1. Auf dem Prüfstand2 stehen dabei u. a. verfahrensseitige Fragen (keine EU-Regulierungsbehörde, Verkürzung Verfahrensdauer, Vetorecht der EU-Kommission auch für Regulierungsmaßnahmen) ebenso wie die Regulierung neuer Märkte, die weitere Harmonisierung im Bereich der Frequenzvergabe (Allgemeinvergaben, Wegfall von individuellen Widmungszwecken durch Marktabgrenzungen und Frequenzhandel)3 sowie die Änderung der Märkteempfehlung (weitgehende Aufhebung der Regulierungsbedürftigkeit von
_______________
1 Siehe Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen v. 29.6.2006 über die Überprüfung des EU-Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste; KOM (2006) 334. 2 Siehe den Überblick von Eneaux/Worok, CR 2006, 736. 3 Zu diesen und weiteren Aspekten siehe COMMISSION STAFF WORKING DOCUMENT: COMMUNICATION FROM THE COMMISSION TO THE COUNCIL, THE EUROPEAN ECONOMIC AND SOCIAL COMMITTEE AND THE COMMITTEE OF THE REGIONS ON THE Review of the EU Regulatory Framework for electronic communications networks and services, 28.6.2006 SEC (2006) 816, COM (2006) 334 final, Proposed Changes sowie das zugehörige Impact Assessment 28.6.2006 SEC (2006) 817, COM (2006) 334 final.
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7
G Rz. 8
Verfahren der Marktregulierung
Endnutzermärkten)1. Die Anpassung der europarechtlichen Vorgaben ist für Ende 2007 bzw. Anfang 2008 zu erwarten. 2.1 Marktdefinition 8
Das Marktdefinitionsverfahren ist Art. 15 Rahmenrichtlinie geregelt. Die europarechtlichen Vorgaben für die Marktdefinition sind mehrstufig: Zunächst bestehen Vorgaben hinsichtlich der Marktdefinition als solcher, also für die Abgrenzung des sachlich und räumlich relevanten Marktes. Zum zweiten bestehen Vorgaben für die Vorauswahl derjenigen Märkte, die für eine Marktanalyse und damit eine Vorabregulierung in Frage kommen. Zum dritten beinhaltet die Märkteempfehlung bereits eine Liste solcher Märkte, die von den nationalen Regulierungsbehörden zu berücksichtigen sind. Dies bedeutet zugleich, dass die Durchführung der Marktdefinition auf zwei staatlichen Ebenen erfolgt: Zunächst europaweit durch die EU-Kommission im Wege der Identifizierung der Märkte, die für eine Regulierung in Betracht kommen, mittels der Märkteempfehlung. Danach durch die darauf basierende nationale Marktdefinition seitens der nationalen Regulierungsbehörden. 2.1.1 Kriterien für die Marktabgrenzung
9
Die gemäß Art. 15 Abs. 3 Rahmenrichtlinie zu berücksichtigenden Kommissionsleitlinien erläutern für die Marktdefinition die zwei Hauptkriterien zur Bestimmung des sachlich relevanten Marktes2: 1. Die Austauschbarkeit der betreffenden Produkte auf der Nachfragerseite (also das Bedarfsmarktkonzept) und 2. Die Angebotsumstellungsflexibilität auf Seiten der (potenziellen) Wettbewerber. Mit dem ersten Kriterium werden die Produkte ermittelt, auf die der Nachfrager ausweichen würde, um das Ausgangsprodukt zu ersetzen. Das zweite, ergänzend heranzuziehende3 Kriterium ermittelt, ob andere Anbieter als die des Ausgangsprodukts bereit wären, relevante (also mit dem Ausgangsprodukt austauschbare) Produkte anzubieten, ohne dass erhebliche Zusatzkosten für sie entstehen. _______________
1 Siehe dazu COMMISSION STAFF WORKING DOCUMENT: PUBLIC CONSULTATION ON A DRAFT COMMISSION RECOMMENDATION On Relevant Product and Service Markets within the electronic communications sector susceptible to ex ante regulation in accordance with Directive 2002/21/EC of the European Parliament and of the Council on a common regulatory framework for electronic communication networks and services (Second edition), SEC (2006) 837. 2 Siehe Absatz Nr. 38 ff. der Kommissionsleitlinien. 3 Topel, ZWeR 2006, 43.
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Europarechtliche Grundlagen und Vorgaben
Rz. 11 G
Typischerweise wird für die Prüfung anhand der vorgenannten Kriterien der sog. „hypothetische Monopolistentest“ verwendet1. Bei diesem Test wird die Frage gestellt, wie Nachfrager und Wettbewerber reagieren würden, wenn eine kleine, aber signifikante (d. h. 5–10-prozentige) Preissteigerung bei dem Ausgangsprodukt erfolgte2. Daher wird der Test in der Praxis auch SSNIP-Test bezeichnet (engl. small but significant non-transitory increase in price). Vorhandene Ausweichprodukte und erstellbare Ausweichproduktion werden dann dem selben sachlichen Markt zugeordnet. Allerdings stößt der Test dort an seine Grenzen, wo die Kaufentscheidung der Nachfrager auf anderen Wettbewerbsparametern als dem Preis beruht3 oder wo die Preise bereits das Ergebnis der Ausnutzung von beträchtlicher Marktmacht sind4. Insbesondere im letztgenannten Fall kann ein bestehendes hohes Preisniveau zu Ausweichverhalten seitens der Nachfrager führen, obwohl diese die Ausweichprodukte unter normalen Wettbewerbsbedingungen nicht als vernünftige Substitute ansehen würden. Die Folge wäre ein „unnatürlich“ vergrößerter Markt. Daher empfiehlt die EU-Kommission den Einstieg in die Marktabgrenzung anhand einer Zusammenfassung aller Produkte, die von den Nachfragern für denselben Endzweck verwendet werden, um dieses Ergebnis anhand des hypothetischen Monopolistentests unter Berücksichtigung der damit ggf. verbundenen Probleme abzurunden5. Zusätzlich sind im Rahmen der Prüfung der Angebotsumstellungsflexibilität nicht nur die reinen Produktionsumstellungskosten zu berücksichtigen, sondern auch die regulatorischen Marktzutrittsbedingungen und -kosten (Zusammenschaltung, Kollokation, Wegerechte, Frequenzzuteilungen etc.)6.
10
Für die räumliche Marktabgrenzung stellt die EU-Kommission unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des EuGH fest, dass es sich hierbei um ein Gebiet handelt, „in dem die Unternehmen bei den relevanten Produkten an Angebot und Nachfrage beteiligt sind und die Wettbewerbsbedingungen einander gleichen oder hinreichend homogen sind und von Nachbargebieten unterschieden werden können, in denen erheblich andere Wettbewerbsbedingungen bestehen“7. Für den Bereich der Telekommunikation sieht die EU-Kommission dabei zwei wesentliche Kriterien8, nämlich
11
–
das von einem Netz erfasste Gebiet sowie
–
die bestehenden Rechts- und Verwaltungsinstrumente (etwa das Lizenzoder Frequenzzuteilungsgebiet)
_______________
1 2 3 4 5 6 7 8
Siehe Absatz Nr. 40 der Kommissionsleitlinien. Vgl. Krüger, K&R Beilage 1/2003, S. 12 Fn. 19. Siehe Krüger, K&R Beilage 1/2003, S. 12. Siehe Absatz Nr. 42 der Kommissionsleitlinien, dieses Phänomen wird als „cellophane fallacy“ bezeichnet. Siehe Absatz Nr. 43, 44, 48 der Kommissionsleitlinien. Siehe Absatz Nr. 53 der Kommissionsleitlinien. Siehe Absatz Nr. 56 der Kommissionsleitlinien. Siehe Absatz Nr. 59 der Kommissionsleitlinien.
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G Rz. 12
Verfahren der Marktregulierung
Dies kann je nach Ausdehnung zu lokalen, regionalen, nationalen oder länderübergreifenden Märkten führen. Die EU-Kommission ist in diesem Zusammenhang gemäß Art. 15 Abs. 4 Rahmenrichtlinie berechtigt, länderübergreifende Märkte festzulegen. 2.1.2 Kriterien für die (Vor-)Auswahl von Märkten und die Märkteempfehlung der EU-Kommission 12
Zusätzlich zu den Kriterien für die sachliche und räumliche Marktabgrenzung sind von der EU-Kommission für die Zwecke der Marktdefinition Kriterien zu beachten, die sich nur indirekt aus der Rahmenrichtlinie ergeben1 und die die EU-Kommission als Voraussetzung für die Vorauswahl regulierungsbedürftiger Märkte wie folgt zu dem so genannten Drei-Kriterien-Test zusammengefasst hat2: 1. Es bestehen beträchtliche, anhaltende strukturell oder rechtlich bedingte Zugangshindernisse bzw. Marktzutrittsschranken für den betreffenden Markt. 2. Der betreffende Markt zeigt innerhalb des betreffenden Zeitraums – aus Sicht der EU-Kommission ist dieser Zeitraum derjenige zwischen den Überprüfungen von Marktdefinition und Marktanalyse durch die nationalen Regulierungsbehörden3 – keine Tendenz zu wirksamem Wettbewerb. 3. Dem betreffenden Marktversagen kann mit Hilfe des allgemeinen Wettbewerbsrechts allein nicht entgegengewirkt werden. Mit diesen drei Auswahlkriterien, die kumulativ vorliegen müssen, wird zwar im Ergebnis ein Vorrang des Kartellrechts vor der sektorspezifischen Regulierung statuiert4. Zugleich besteht aber auch ein flexibles Instrumentarium, dass bei Vorliegen der drei Auswahlkriterien die (sektorspezifische) Vorabregulierung grundsätzlich und flexibel ermöglicht (dazu näher unten Rz. 126 ff.). Darin enthalten sind zukunftsgerichtete Aspekte, die es erfordern, bei der Marktabgrenzung ggf. auch erst angekündigte Produkte einzubeziehen5. _______________
1 Erwägungsgrund (27) der Rahmenrichtlinie. 2 Siehe Erwägungsgrund (9) der Märkteempfehlung sowie Begründung zur Märkteempfehlung (Explanatory Memorandum), S. 9 ff., Dokument über http://ec.europa. eu/information_society/policy/ecomm/index_en.htm. 3 Siehe Begründung zur Märkteempfehlung (Explanatory Memorandum), S. 7, 11, Dokument über http://ec.europa.eu/information_society/policy/ecomm/index_en. htm. 4 Klotz, K&R Beilage 1/2003, S. 6. 5 Vgl. Stellungnahme der EU-Kommission im Rahmen der Notifizierung der BNetzA zu Markt Nr. 12 der Märkteempfehlung (Breitbandzugang für Großkunden) v. 11.11.2005, SG-Greffe (2005) D/206128 (Az. DE 2005 262), S. 4.
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Europarechtliche Grundlagen und Vorgaben
Rz. 13 G
In der Märkteempfehlung sind insgesamt 18 Märkte aufgeführt, sieben Endkundenmärkte (bzw. Endnutzermärkte) und elf Vorleistungsmärkte1. Diese Märkte erfüllen aus Sicht der EU-Kommission die drei Auswahlkriterien. Die Märkte sowie die diesbezüglichen Erläuterungen der Kommission2 lauten wie folgt: „Endkundenmärkte 1. Zugang von Privatkunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten. 2. Zugang anderer Kunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten. 3. Öffentliche Orts- und/oder Inlandstelefonverbindungen für Privatkunden an festen Standorten. 4. Öffentliche Auslandstelefonverbindungen für Privatkunden an festen Standorten. 5. Öffentliche Orts- und/oder Inlandstelefonverbindungen für andere Kunden an festen Standorten. 6. Öffentliche Auslandstelefonverbindungen für andere Kunden an festen Standorten. Die Märkte 1 bis 6 werden im Hinblick auf eine Analyse im Sinne des Artikels 17 der Universaldienstrichtlinie aufgeführt. Die Märkte 1 bis 6 zusammen entsprechen dem „Anschluss an das öffentliche Telefonnetz und dessen Nutzung an bestimmten festen Standorten“ gemäß Anhang I der Rahmenrichtlinie. Auf diesen Marktverbund wird auch in Artikel 19 der Universaldienstrichtlinie eingegangen (mögliche Verpflichtung zur Betreiberauswahl bzw. -vorauswahl). 7. Mindestangebot an Mietleitungen (mit bestimmten Mietleitungstypen bis einschließlich 2 Mbit/s gemäß Artikel 18 und Anhang VII der Universaldienstrichtlinie). Dieser Markt entspricht Anhang I Punkt 1 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit Artikel 16 der Universaldienstrichtlinie (Bereitstellung von Mietleitungen für Endnutzer). Es ist eine Marktanalyse nach Artikel 18 der Universaldienstrichtlinie durchzuführen, die Regulierungsmaßnahmen für die Bereitstellung des Mindestangebots an Mietleitungen umfasst. Großkundenmärkte (gemeint ist: Vorleistungsmärkte) 8. Verbindungsaufbau im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten. Im Sinne dieser Empfehlung umfasst der Verbindungsaufbau die Weiterleitung auf lokaler Ebene und ist so abzugrenzen, dass er der Abgrenzung der Märkte für Transitverbindungen und Anrufzustellung im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten entspricht. Dieser Markt entspricht Anhang I Punkt 2 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit der Richtlinie 97/33/EG (Verbindungsaufbau im öffentlichen Festtelefonnetz). _______________
1 Die deutsche Fassung der europäischen Dokumente spricht hier begrifflich unscharf von „Endkundenmärkten“ und „Großkundenmärkten“. Die Terminologie in der Universaldienstrichtlinie spricht dagegen von Endnutzern. Im Folgenden wird zumeist von „Entnutzermärkten“ gesprochen, auch wenn der Begriff „Endkundenmärkte“ eigentlich zutreffender ist. 2 Die Kommission hat an einigen Stellen die Vorgaben aus Anhang I der Rahmenrichtlinie nicht 1:1 umgesetzt. Daher die Erläuterungen.
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13
G Rz. 13
Verfahren der Marktregulierung
9. Anrufzustellung in einzelnen öffentlichen Telefonnetzen an festen Standorten Im Sinne dieser Empfehlung umfasst die Anrufzustellung die lokale Anrufweiterleitung und ist so abzugrenzen, dass sie der Abgrenzung der Märkte für Verbindungsaufbau und Transitverbindungen im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten entspricht. Dieser Markt entspricht Anhang I Punkt 2 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit der Richtlinie 97/33/EG (Verbindungsaufbau im öffentlichen Festtelefonnetz). 10. Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz Im Sinne dieser Empfehlung sind Transitdienste so abzugrenzen, dass sie der Abgrenzung der Märkte für Verbindungsaufbau und Anrufzustellung im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten entsprechen. Dieser Markt entspricht Anhang I Punkt 2 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit der Richtlinie 97/33/EG (Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz). 11. Entbündelter Großkunden-Zugang (einschließlich des gemeinsamen Zugangs) zu Drahtleitungen und Teilleitungen für die Erbringung von Breitband- und Sprachdiensten Dieser Markt entspricht Anhang I Punkt 2 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit den Richtlinien 97/33/EG und 98/10/EG (Zugang zum öffentlichen Festtelefonnetz einschließlich des entbündelten Zugangs zum Teilnehmeranschluss) sowie Anhang I Punkt 3 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 2887/ 2000. 12. Breitbandzugang für Großkunden Dieser Markt umfasst „Bitstrom“-Zugang, der die Breitband-Datenübertragung in beiden Richtungen gestattet und sonstigen Großkundenzugang, der über andere Infrastrukturen erbracht wird, wenn sie dem „Bitstrom“-Zugang gleichwertige Einrichtungen bereitstellen. Er beinhaltet Netzzugang und Sondernetzzugang gemäß Anhang I Punkt 2 der Rahmenrichtlinie, nicht aber die unter Punkt 11 und 18 erwähnten Märkte. 13. Abschluss-Segmente von Mietleitungen für Großkunden 14. Fernübertragungs-Segmente von Mietleitungen für Großkunden Die Großkundenmärkte 13 und 14 zusammen entsprechen Anhang I Punkt 2 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit den Richtlinien 97/33/EG und 98/10/EG (Zusammenschaltung von Mietleitungen) sowie Anhang I Punkt 2 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit der Richtlinie 92/44/EWG (Bereitstellung von Großkunden-Mietleitungskapazität für andere Anbieter elektronischer Kommunikationsnetze oder -dienste). 15. Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobiltelefonnetzen, (gesondert) aufgeführt in Anhang I Punkt 2 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit den Richtlinien 97/33/EG und 98/10/EG 16. Anrufzustellung in einzelnen Mobiltelefonnetzen Dieser Markt entspricht Anhang I Punkt 2 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit der Richtlinie 97/33/EG (Anrufzustellung in öffentlichen Mobiltelefonnetzen). 17. Nationaler Großkundenmarkt für Auslands-Roaming in öffentlichen Mobiltelefonnetzen Dieser Markt entspricht Anhang I Punkt 4 der Rahmenrichtlinie.
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Europarechtliche Grundlagen und Vorgaben
Rz. 14 G
18. Rundfunk-Übertragungsdienste zur Bereitstellung von Sendeinhalten für Endnutzer Anmerkung Die nationalen Regulierungsbehörden haben bei der Analyse des Marktes für Zugangsberechtigungssysteme für digitale Fernseh- und Rundfunkdienste gemäß Artikel 6 Absatz 3 der Zugangsrichtlinie Ermessensfreiheit. Nach Artikel 6 Absatz 3 der Zugangsrichtlinie können die Mitgliedstaaten ihren nationalen Regulierungsbehörden gestatten, den Markt für Zugangsberechtigungssysteme für digitale Fernsehund Rundfunkdienste unabhängig von der Art der Übertragung zu überprüfen.“
An der Aufteilung von Endnutzer- und Vorleistungsmärkten zeigt sich die Wirkung des Richtlinienpakets 2002 in besonderem Maße, weil eine Konzentration auf den Vorleistungsbereich erfolgt, und damit der Umfang der Vorabregulierung des Marktverhaltens in den Endnutzermärkten schon durch die Verkleinerung der (Zahl) der Märkte geringer wird. Die vorstehende Aufzählung zeigt neben der Konzentration auf Vorleistungsmärkte auch, dass sich die Kommission zwar nach wie vor an den früheren ONPRichtlinien orientiert1, die ihrerseits früher bestimmte Märkte herausgegriffen haben (etwa Sprachtelefondienst, Zusammenschaltung, Mietleitungen). Allerdings wird nunmehr die Trennung zwischen Vorleistungs- und Endnutzerbereich deutlich herausgearbeitet und die Granularität bei den einzelnen Märkten ist erhöht (schmalbandiges Festnetz, Teilnehmeranschlussleitung, breitbandiges Festnetz, Mietleitungen, Mobilfunk, Rundfunkübertragung). Man kann dies als Zeichen der Reife der Telekommunikationsmärkte sehen. Andererseits verdeutlicht aber auch insbesondere der Bereich des Mobilfunks, in dem in den meisten Ländern der EU typischerweise kein überragender Monopolist bestand, dass Telekommunikationsmärkte Besonderheiten aufweisen, die eine Vorabregulierung womöglich auch langfristig erfordern. Denn Eigentum bzw. Besitz an Infrastruktur, die Zugänge zu Endnutzern kontrolliert und/oder die aufgrund regulatorischer (z. B. Frequenzen) oder ökonomischer (z. B. Teilnehmeranschlussleitung, Frequenzen) Marktzutrittsschranken schwer bis gar nicht duplizierbar ist, birgt immer das Potenzial, die Infrastruktur und die Marktzutrittsschranken für wettbewerbsverzerrendes Verhalten zu nutzen. 2.1.3 Nationale Umsetzung Die nationalen Regulierungsbehörden sind nach Art. 15 Abs. 3 Rahmenrichtlinie gehalten, die relevanten Märkte entsprechend den nationalen Gegebenheiten auf Basis der Märkteempfehlung sowie anhand der Kommissionsleitlinien im Einklang mit kartellrechtlichen Grundsätzen festzulegen. Dies wird von der EU-Kommission dahingehend gedeutet, dass die nationalen Regulierungsbehörden vornehmlich die „geografische Tragweite“ der _______________
1 Siehe Fischer/Heun/Sörup in: Heun, Telekommunikationsrecht, 1. Auflage, Teil 4 Rz. 13.
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G Rz. 15
Verfahren der Marktregulierung
relevanten Märkte zu bestimmen hätten1, also die Festlegung des räumlich relevanten Marktes. Zwar ist unter Beachtung der Konsultations- und Konsolidierungsverfahren der Art. 6 und 7 Rahmenrichtlinie (dazu näher unten Rz. 30 ff., 65 ff.) auch die Festlegung von Märkten möglich, die von der Märkteempfehlung abweichen (Art. 15 Abs. 3 S. 2 Rahmenrichtlinie2). Es ist allerdings umstritten, inwieweit die nationalen Regulierungsbehörden bei Festlegung der nationalen Märkte anhand der Märkteempfehlung die drei oben (Rz. 12) genannten Auswahlkriterien selbständig anwenden dürfen, um etwa die Märkteempfehlung in Bezug auf die Regulierungsbedürftigkeit von Märkten anhand nationaler Gegebenheiten zu hinterfragen (dazu näher unten Rz. 125, 130 ff.). 15
Eine Besonderheit gilt für länderübergreifende Märkte, die nach Art. 15 Abs. 4 Rahmenrichtlinie durch Entscheidung der EU-Kommission nach Anhörung der nationalen Regulierungsbehörden festgelegt werden. Die Entscheidung trifft die EU-Kommission gemäß Art. 22 Abs. 3 Rahmenrichtlinie unter Beteiligung des nach Art. 22 Abs. 1 Rahmenrichtlinie vorgesehenen Kommunikationsausschusses3. Die Beteiligung des Kommunikationsausschusses erfolgt unter Beachtung des so genannten Komitologie-Beschlusses 1999/468/EG4. 2.2 Marktanalyse und Bestimmung beträchtlicher Marktmacht
16
Nach Art. 16 Abs. 1 Rahmenrichtlinie haben die nationalen Regulierungsbehörden unter weitestgehender Berücksichtung der Kommissionsleitlinien die Märkte aus der Märkteempfehlung zu analysieren. Anders als im Falle der Marktdefinition, bei der bereits eine europaweite Maßnahme im Wege der Märkteempfehlung der EU-Kommission vorausgeht (siehe oben Rz. 8), erfolgt die Marktanalyse unmittelbar durch die nationalen Regulierungsbehörden. Die Marktanalyse dient dem Zweck festzustellen, ob auf den Märkten der Märkteempfehlung wirksamer Wettbewerb besteht. Denn wie sich aus Art. 16 Abs. 2 bis 4 Rahmenrichtlinie ergibt, ist das Vorliegen bzw. die Abwesenheit von wirksamem Wettbewerb Voraussetzung dafür, dass Maßnahmen der Vorabregulierung wie sie in der Universaldienst- und der Zugangsrichtlinie vorgesehen sind, auferlegt, aufgehoben, beibehalten oder geändert werden (dürfen). Ganz allgemein wird daher das Bestehen beträcht_______________
1 Siehe Absatz Nr. 36 der Kommissionsleitlinien; ebenso u. a. VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 22 über www.justiz.nrw.de. 2 Siehe auch Begründung zur Märkteempfehlung (Explanatory Memorandum), S. 12 f., Dokument über http://ec.europa.eu/information_society/policy/ecomm/ index_en.htm. 3 Dieser setzt sich zusammen aus Vertretern der Mitgliedstaaten, unter Vorsitz eines Vertreters der EU-Kommission. 4 Beschluss des Rates zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse, ABl. EG v. 17.7.1999 Nr. L 184, S. 23.
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Europarechtliche Grundlagen und Vorgaben
Rz. 18 G
licher Marktmacht mit dem Fehlen wirksamen Wettbewerbs gleichgesetzt1, obwohl dies in Art. 14 bis 16 Rahmenrichtlinie so nicht ausgeführt ist. Dies ergibt sich lediglich mittelbar aus den Erwägungsgründen der Rahmenrichtlinie, wo allerdings zugleich auch darauf verwiesen wird, dass zusätzlich die Instrumente des nationalen und gemeinschaftlichen Kartellrechts nicht ausreichend sein dürfen, um das Problem zu lösen2. Mit Blick auf die durch den europarechtlichen Rahmen intendierte Rückführung der sektorspezifischen Regulierung zugunsten des (allgemeinen) Kartellrechts (siehe oben Rz. 5) wäre es eigentlich auf den ersten Blick richtiger, diese zweite Voraussetzung zusätzlich zu prüfen. Indes ist die Frage, ob die Instrumente des nationalen und gemeinschaftlichen Kartellrechts ausreichen, bereits Prüfungsvoraussetzung für die Vorauswahl derjenigen relevanten Märkte, die für eine sektorspezifische Regulierung in Fragen kommen (siehe oben Rz. 12). Es ist daher folgerichtig, diese Frage bei der Prüfung, ob wirksamer Wettbewerb vorliegt, nicht mehr zu berücksichtigen. Eine Besonderheit gilt hier wiederum für die Marktanalyse von länderübergreifenden Märkten. Diese werden nach Art. 16 Abs. 5 Rahmenrichtlinie von den betreffenden nationalen Regulierungsbehörden gemeinsam analysiert.
17
2.2.1 Kriterien für das Bestehen beträchtlicher Marktmacht Im Rahmen der Bestimmung der beträchtlichen Marktmacht legen die Kommissionsleitlinien im Zusammenspiel mit Art. 14 Rahmenrichtlinie Kriterien fest, die von der früheren sektorspezifischen Praxis in den Telekommunikationsmärkten abweichen, indem eine höhere und flexiblere Interventionsschwelle anhand des Begriffsverständnisses für beträchtliche Marktmacht festgelegt wird. Vor Inkrafttreten des Richtlinienpakets 2002 war beträchtliche Marktmacht allein mit dem Überschreiten eines Marktanteils von 25 % auf Märkten gegeben, die durch die geltenden Richtlinien direkt bestimmt waren3. Dies hat im Rahmen des TKG 1996 zu Divergenzen und einem Vertragsverletzungsverfahren in Bezug auf die 33 %-Vermutungsschwelle für Marktbeherrschung im GWB geführt, welche erst durch eine mittels Verwaltungsvorschrift der RegTP veröffentliche Auslegungsregel zugunsten des europäischen Schwellenwerts gelöst wurde4. Nunmehr gelten für die Bestimmung beträchtlicher Marktmacht gemäß Art. 14 Abs. 2 Rahmenrichtlinie die allgemeinen, vom EuGH zu Art. 82 EG_______________
1 So die wohl ganz herrschende Meinung: siehe Berl.KommTKG/Heinen, § 11 Rz. 7 m. w. N. in Fn. 8; siehe auch Absatz Nr. 19 der Kommissionsleitlinien. 2 Erwägungsgrund (27) der Rahmenrichtlinie. 3 Klotz, K&R Beilage 1/2003, S. 5 sowie Klotz, MMR 2003, 496. 4 Klotz, K&R Beilage 1/2003, S. 5 f. unter Verweis auf RegTP Mitteilung Nr. 574/ 2001, Verwaltungsvorschrift zur Auslegung von § 19 GWB im Sinne der RL 97/ 33/EG, ABl. 2001, S. 3086; siehe auch 1. Auflage, Teil 4 Rz. 75.
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G Rz. 19
Verfahren der Marktregulierung
Vertrag entwickelten (kartellrechtlichen) Kriterien1: Das betreffende Unternehmen nimmt entweder allein oder gemeinsam mit anderen eine der Beherrschung gleichkommende Stellung ein. Dies ist eine wirtschaftlich starke Stellung, die es dem Unternehmen gestattet, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von Wettbewerbern und Abnehmern zu verhalten. Mit Blick auf die Marktanteile ergibt sich dabei aus der Praxis der EU-Kommission und des EuGH ein Schwellenwert von über 40 %2, also wiederum einen vom GWB abweichenden Wert (dazu näher unten Rz. 98). Begrifflich steht damit die beträchtliche Marktmacht mit einer marktbeherrschenden Stellung i. S. d. (europäischen) Kartellrechts gleich. 19
Neben der Betrachtung der Marktanteile erfordern die Kommissionsleitlinien die Berücksichtigung folgender Faktoren3 (zur näheren Erläuterung siehe unten Rz. 102 ff.): – – – – – – – – – – – –
Gesamtgröße des Unternehmens, Kontrolle über nicht leicht zu duplizierende Infrastruktur, technologische Vorteile oder Überlegenheit, fehlende oder geringe ausgleichende Nachfragemacht, leichter oder privilegierter Zugang zu Kapitalmärkten/finanziellen Ressourcen, Diversifizierung von Produkten/Dienstleistungen (z. B. Bündelung von Produkten und Dienstleistungen), Größenvorteile, Verbundvorteile, vertikale Integration, hochentwickeltes Vertriebs- und Verkaufsnetz, Fehlen von potenziellem Wettbewerb, Expansionshemmnisse.
Beträchtliche Marktmacht bzw. die marktbeherrschende Stellung kann sich aus Sicht der EU-Kommission aus einer Kombination der genannten Kriterien ergeben4. Im Ergebnis hat die nationale Regulierungsbehörde daher neben den Marktanteilen der Unternehmen auf dem betreffenden Markt auch den vorstehenden Kriterienkatalog in einer Gesamtschau (nicht schematisch) zu prüfen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass Marktdefinition und Marktanalyse für Zwecke der Vorabregulierung nicht 1:1 vergleichbar sind mit der kartellrechtlichen Marktabgrenzung im Rahmen der nachträglichen Missbrauchsaufsicht. Denn während sich die Ermittlung einer marktbeherrschenden Stellung etwa anhand des Art. 82 EG-Vertrags auf konkret beob_______________
1 Siehe Erwägungsgrund (25) der Rahmenrichtlinie sowie Absatz Nr. 70 der Kommissionsleitlinien unter Verweis auf EuGH, Rs. 27/76, Slg. 1978, 207 – United Brands. 2 Siehe Absatz Nr. 75 der Kommissionsleitlinien; Klotz, K&R Beilage 1/2003, S. 6. 3 Siehe Absatz Nr. 78 ff. der Kommissionsleitlinien. 4 Siehe Absatz Nr. 79 ff. der Kommissionsleitlinien.
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Europarechtliche Grundlagen und Vorgaben
Rz. 21 G
achtbares und beanstandetes Marktverhalten stützen kann, erfordert die Marktanalyse der anhand der drei Kriterien (siehe oben Rz. 12) bestimmten Märkte mehr wertende Elemente. Daher ist die Marktanalyse nach Art. 16, 14 Rahmenrichtlinie eher mit der Ermittlung einer marktbeherrschenden Stellung im Fusionskontrollverfahren vergleichbar1. Zudem hat die nationale Regulierungsbehörde die nationale Kartellbehörde ggf. an der Marktanalyse zu beteiligen (Art. 16 Abs. 1 S. 2 Rahmenrichtlinie), um die einheitliche Anwendung des Kartellrechts zu gewährleisten2. 2.2.2 Kriterien für gemeinsame Marktbeherrschung und Marktmachtübertragung auf benachbarte Märkte Besonderes Augenmerk richtet Art. 14 Rahmenrichtlinie für die Bestimmung beträchtlicher Marktmacht zusätzlich auf die Frage gemeinsamer Marktbeherrschung (Art. 14 Abs. 2 Unterabsatz 2 Rahmenrichtlinie) sowie auf die Übertragung von (beträchtlicher) Marktmacht von einem Markt auf einen benachbarten Markt (Art. 14 Abs. 3 Rahmenrichtlinie).
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2.2.2.1 Gemeinsame Marktbeherrschung In Bezug auf die gemeinsame Marktbeherrschung verweist Art. 14 Abs. 2, 2. Unterabsatz Rahmenrichtlinie auf die Kommissionsleitlinien sowie auf spezielle in Anhang II der Rahmenrichtlinie aufgeführte Kriterien, die von der EU-Kommission bereits im Rahmen der Fusionskontrolle verwendet wurden3. Diese Kriterien beziehen sich auf die eine gemeinsame Marktbeherrschung begünstigende Marktstruktur und lauten wie folgt: – – – – – – – – – – – –
Gesättigter Markt Stagnierendes oder begrenztes Wachstum auf der Nachfrageseite Geringe Nachfrageelastizität Gleichartiges Erzeugnis ähnliche Kostenstrukturen ähnliche Marktanteile Fehlen technischer Innovation, ausgereifte Technologie Keine Überkapazität Hohe Marktzutritthemmnisse Fehlen eines Gegengewichts auf der Nachfrageseite Fehlen eines potenziellen Wettbewerbs Verschiedene Arten informeller oder sonstiger Verbindungen zwischen den betreffenden Unternehmen
_______________
1 Krüger, K&R Beilage 1/2003, S. 14. 2 Siehe Absatz Nr. 135 ff. der Kommissionsleitlinien. 3 Siehe Absatz Nr. 97 der Kommissionsleitlinien.
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G Rz. 22 – –
Verfahren der Marktregulierung
Mechanismen für Gegenmaßnahmen Fehlender Preiswettbewerb oder begrenzter Spielraum für Preiswettbewerb.
Nach der Rechtsprechung des EuG1 und EuGH2, kann gemeinsame Marktbeherrschung nicht nur durch das Vorhandensein wirtschaftlicher Verbindungen zwischen den betreffenden Unternehmen bestehen. Vielmehr kann sich diese auch aus einem Markt ergeben, dessen Struktur den betreffenden Unternehmen Anreize zur Koordinierung ihres Verhaltens gibt. Gemeint ist damit die „stillschweigende Koordinierung“ („tacit collusion“) zwischen den gemeinsam marktbeherrschenden Unternehmen, d. h. die gegenseitige Verhaltensanpassung zum wechselseitigen Vorteil3. 22
Die vorstehend genannten Kriterien dienen (weder erschöpfend noch kumulativ4) der Identifikation von derartigen Marktstrukturen und koordinierten Verhaltensweisen. Dabei sind im Ergebnis drei Elemente von wesentlicher Bedeutung5: –
Der relevante Markt ist hinreichend transparent, damit ein Abweichen vom koordinierten Verhalten erkennbar ist;
–
Die betreffenden Unternehmen verfügen im Falle des Abweichens über geeignete Bestrafungsmöglichkeiten für den „Abweichler“; und
–
Marktzutrittsmöglichkeiten für Dritte bzw. ausgleichende Nachfragemacht sind nur unzureichend vorhanden (als Teil der Prüfung der Marktstruktur).
Die Anwendung der genannten Kriterien und Elemente hat im Telekommunikationsbereich bei der Fusionskontrolle durch die EU-Kommission dort zur Bejahung einer gemeinsamen marktbeherrschenden Stellung geführt, wo die Marktzutrittsschranken durch Lizenzerfordernisse (besonders) hoch waren6. 2.2.2.2 Marktmachtübertragung auf einen Nachbarmarkt 23
In Bezug auf die Übertragung von (beträchtlicher) Marktmacht von einem Markt auf einen benachbarten Markt stellt Art. 14 Abs. 3 Rahmenrichtlinie fest, dass ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auf einem bestimmten Markt auch auf einem benachbarten Markt als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht angesehen werden kann, wenn die Verbindun_______________
1 Rechtssache T-102/96, Slg. 1999, II-753 – Gencor. 2 Verbundene Rechtssachen C-395/96 P und C-396 P, Slg. 2000, I-1365 – Compagnie Maritime Belge u. a. 3 Krüger, K&R Beilage 1/2003, S. 16. 4 Siehe Absatz Nr. 98 der Kommissionsleitlinien. 5 EuG Rechtssache T-342/99, Slg. 2002, II-0000 – Airtours. 6 Sache Nr. IV/M.1430 – Vodafone/Airtouch.
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Europarechtliche Grundlagen und Vorgaben
Rz. 25 G
gen zwischen beiden Märkten es gestatten, die beträchtliche Marktmacht vom einen auf den anderen Markt zu übertragen und damit die gesamte Marktstellung des Unternehmens zu verstärken. Unter benachbarten Märkten versteht die EU-Kommission zwar vornehmlich vor- und nachgelagerte Märkte1, d. h. es geht um vertikal integrierte Märkte bzw. Unternehmen. Mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH2 ist aber auch die benachbarte Stellung in horizontalen Märkten denkbar, sofern enge Verbindungen zwischen den beiden Märkten bestehen. Die Möglichkeit, beträchtliche Marktmacht auch im Wege der Marktmachtübertragung festzustellen, führt allerdings aus Sicht der EU-Kommission für sich genommen nicht zu einer Erweiterung der Märkte, die für eine Vorabregulierung in Frage kommen, d. h. die etwaige Marktmachtübertragung berechtigt die nationale Regulierungsbehörde nicht ohne Weiteres, auch für den benachbarten Markt Vorabverpflichtungen aufzuerlegen. Denn die EU-Kommission führt dazu in den Kommissionsleitlinien aus, dass es sich bei den in Frage stehenden Märkten jeweils um elektronische Kommunikationsmärkte handeln müsse und beide Märkte müssten die Merkmale (siehe oben Rz. 12) aufweisen, die eine Auferlegung von Vorabverpflichtungen rechtfertigen3. Daraus folgt zugleich, dass die Möglichkeit der Marktmachtübertragung nicht dazu dienen soll, neue und/oder bislang unregulierte Märkte in die Marktregulierung einzubeziehen, ohne dass zuvor eine Vorauswahl anhand des Drei-Kriterien-Tests stattgefunden hat. Aus diesem Grunde dürfte der Anwendungsbereich der Marktmachtübertragung für den Bereich der Vorabregulierung eher beschränkt bleiben. Dies ist allerdings zu kritisieren. Denn gerade die Interdependenz von Telekommunikationsmärkten, die sowohl vertikal als auch horizontal wirkt, führt dazu, dass bei Produktbündelungen4 wie auch mit Blick auf neue oder sich entwickelnde Märkte Marktmachtübertragungen stattfinden können, die zu einer Monopolisierung jener Nachbarmärkte führen, gerade weil bereits in den Ursprungsmärkten Regulierungsbedürftigkeit besteht (siehe dazu auch unten Rz. 129, 165 f., 179 ff.).
24
2.3 Auferlegung von Vorabverpflichtungen Sinn und Zweck von Marktdefinition und Marktanalyse ist es, dass die nationalen Regulierungsbehörden das Bestehen oder Fehlen von wirksamem Wettbewerb auf den in der Märkteempfehlung vorausgewählten Märkten
_______________
1 Siehe Absatz Nr. 84 der Kommissionsleitlinien. 2 Rechtssache C-333/94 P, Slg. 1996, I-5951 – Tetra Pak. 3 Siehe Absatz Nr. 85 der Kommissionsleitlinien; a. A. Berl.KommTKG/Heinen, § 11 Rz. 55. 4 Siehe König/Neumann, K&R Beilage 3/2004, 19 f.
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G Rz. 26
Verfahren der Marktregulierung
feststellen und darauf basierend Maßnahmen (engl. „Remedies“1) ergreifen. Zwar enthält die Rahmenrichtlinie keine Vorgabe über einzelne auferlegbare Vorabverpflichtungen, diese ergeben sich aus Zugangs- und Universaldienstrichtlinie. Die Regelungen in Art. 16 Abs. 2–4 Rahmenrichtlinie definieren aber den Zweck des Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens, damit verbunden die Verpflichtung, das Verfahren auch durchzuführen und bestimmen über das „Ob“ von Regulierungsmaßnahmen in Form von Vorabverpflichtungen. 26
Die Zweckbestimmung ergibt sich aus Art. 16 Abs. 2 Rahmenrichtlinie. Dort wird Bezug genommen auf diejenigen Bestimmungen in Zugangs- und Universaldienstrichtlinie, welche inhaltlich die Auferlegung von Vorabverpflichtungen regeln. Sofern nach jenen Bestimmungen von der nationalen Regulierungsbehörde festzustellen ist, ob derartige Verpflichtungen aufzuerlegen, beizubehalten, zu ändern oder aufzuheben sind, hat sie anhand der Marktanalyse nach Art. 16 Abs. 1 Rahmenrichtlinie zu ermitteln, ob auf einem hierfür relevanten (also vorausgewählten) Markt wirksamer Wettbewerb herrscht. Marktdefinition und Marktanalyse sind daher zielund zweckorientiert auf die Entscheidung gerichtet, ob Vorabverpflichtungen bestehen sollen oder nicht. Bei diesen Vorabverpflichtungen handelt es sich um –
–
– – –
–
Aufhebung, Änderung oder Beibehaltung von (vorläufig) fortbestehenden Verpflichtungen in Bezug auf Endnutzermärkte (Entgeltregulierung, Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl sowie Mietleitungen), Art. 16 Universaldienstrichtlinie; Regulierungsmaßnahmen in Bezug auf Endnutzermärkte (was insbesondere die Entgeltregulierung von Endnutzertarifen betrifft), Art. 17 Universaldienstrichtlinie; Regulierungsmaßnahmen in Bezug auf das Mindestangebot von Mietleitungen, Art. 18 Universaldienstrichtlinie; Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl, Art. 19 Universaldienstrichtlinie; Aufhebung, Änderung oder Beibehaltung von (vorläufig) fortbestehenden Verpflichtungen in Bezug auf Vorleistungsmärkte, Art. 7 Zugangsrichtlinie; sowie Regulierungsmaßnahmen in Bezug auf Vorleistungsmärkte (aus dem Maßnahmenkatalog der Art. 9–13 Zugangsrichtlinie), Art. 8 Zugangsrichtlinie.
_______________
1 Siehe dazu das sog. „Remedies Papier“ der European Regulators Group (ERG), die durch Entscheidungen der EU-Kommission 2002/627/EG, ABl. EU Nr. L 200 v. 30.7.2002, S. 38 und 2004/641/EG, ABl. EU Nr. L 293, S. 30 ein Gremium aus den nationalen Regulierungsbehörden darstellt, um die EU-Kommission zu unterstützen und die Harmonisierung zu fördern: ERG (06) 33, Revised Common Position on the Approach to Appropriate Remedies in the ECNS Regulatory Framework, final version May 2006.
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Europarechtliche Grundlagen und Vorgaben
Rz. 28 G
Daneben enthält Art. 6 Abs. 3 Zugangsrichtlinie für den Bereich der Zugangsberechtigungssysteme für digitale Fernseh- und Radiodienste und die dort ggf. beizubehaltenden, zu ändernden oder aufzuhebenden Vorabverpflichtungen ein direkten Hinweis auf das Marktanalyseverfahren in Art. 16 Abs. 1 Rahmenrichtlinie. Mit der Zweckbestimmung ist allerdings noch nichts darüber gesagt, wann die nationalen Regulierungsbehörden das Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren zur Zweckerreichung in Gang zu setzen haben. Zeitliche Vorgaben hierfür bestehen nur mittelbar. Antriebsfeder hierfür sind einerseits die Regelungen in Art. 7 Abs. 3 Zugangsrichtlinie und Art. 16 Abs. 3 Universaldienstrichtlinie. Diese Regelungen erfordern nämlich, dass die nationalen Regulierungsbehörden die nach dem jeweiligen Absatz 1 dieser Regelungen aufrecht zu erhaltenden Vorabverpflichtungen des dem Richtlinienpaket 2002 vorausgehenden Regimes möglichst bald nach Inkrafttreten des Richtlinienpakets 2002 überprüfen. Diese Überprüfung hat anhand des Marktanalyseverfahrens zu geschehen. Andererseits sieht Art. 16 Abs. 1 Rahmenrichtlinie selbst vor, dass eine Marktanalyse sobald wie möglich nach der Verabschiedung oder Aktualisierung der Märkteempfehlung von den nationalen Regulierungsbehörden durchzuführen ist. Notwendigkeit und Tempo für Marktdefinition und Marktanalyse werden daher zu Anfang sowohl von den Übergangsregelungen des Richtlinienpakets 2002 wie auch der EU-Kommission bestimmt, später werden diese lediglich von der EUKommission über Aktualisierungen der Märkteempfehlung getrieben, sofern nicht die nationalen Regulierungsbehörden eigenen Antrieb entwickeln (zu dem damit verbundenen Problem der Dauer der Verfahren siehe unten Rz. 51).
27
Aus der dargestellten Zweckbestimmung von Marktdefinition und Marktanalyse ergibt sich mittelbar auch, dass in bestimmten Fällen der Auferlegung von Vorabverpflichtungen keine vorherige Marktdefinition und Marktanalyse erforderlich ist. Dies betrifft Verpflichtungen, deren Auferlegung nach Art. 8 Abs. 3 Zugangsrichtlinie von der Einstufung als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht unberührt bleibt. Denn Art. 16 Abs. 2 Rahmenrichtlinie verweist für die Marktanalyse wie soeben dargestellt lediglich auf die Bestimmungen in Art. 16,17, 18, und 19 Universaldienstrichtlinie und Art. 7 und 8 Zugangsrichtlinie. Da daneben nur Art. 6 Abs. 3 Zugangsrichtlinie bei Zugangsberechtigungssystemen für digitale Fernseh- und Radiodienste direkt auf eine (nachträgliche) Marktanalyse verweist, aber in Art. 8 Abs. 3 1. Spiegelstrich Zugangsrichtlinie erwähnt ist, folgt daraus im Umkehrschluss, dass dort, wo sonstige Verpflichtungen außerhalb der von Art. 16 Abs. 2 Rahmenrichtlinie in Bezug genommenen Bestimmungen auferlegt werden dürfen, ein Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren nur dann durchzuführen ist, wenn es in jenen Bestimmungen ausdrücklich vorgesehen ist. Dies ist bei folgenden Bestimmungen nicht der Fall:
28
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G Rz. 29
Verfahren der Marktregulierung
–
Auferlegung von Verpflichtungen gegenüber Unternehmen, die den Zugang zu Endnutzern kontrollieren, in dem zur Gewährleistung des Endzu-End-Verbunds von Diensten erforderlichen Umfang, Art. 8 Abs. 3, 1. Spiegelstrich i. V. m. Art. 5 Abs. 1 lit. a) Zugangsrichtlinie;
–
Auferlegung von Verpflichtungen gegenüber Betreibern von Anwendungsprogramm-Schnittstellen (API) und elektronischen Programmführern (EPG) in dem zur Gewährleistung des Zugangs der Endnutzer zu vom Mitgliedstaat festgelegten digitalen Radio- und Fernsehdiensten, Art. 8 Abs. 3, 1. Spiegelstrich i. V. m. Art. 5 Abs. 1 lit. b) Zugangsrichtlinie;
–
Auferlegung von Verpflichtungen zur Mitbenutzung von Einrichtungen und Grundstücken, die aufgrund gesetzlicher Wegerechte genutzt werden, Art. 8 Abs. 3, 2. Spiegelstrich Zugangsrichtlinie i. V. m. Art. 12 Rahmenrichtlinie;
–
Strukturelle Separierung von Aktivitäten der Telekommunikation und der Daseinsvorsorge, Art. 8 Abs. 3, 2. Spiegelstrich Zugangsrichtlinie i. V. m. Art. 13 Rahmenrichtlinie;
–
Auferlegung von Verpflichtungen in Frequenzvergabeverfahren, d. h. Ausschreibung oder Versteigerung, Art. 8 Abs. 3, 2. Spiegelstrich Zugangsrichtlinie i. V. m. Art. 6 Abs. 1 i. V. m. Bedingung 7 in Teil B des Anhangs zur Genehmigungsrichtlinie;
–
Auferlegung von Verpflichtungen in Bezug auf Nummerierung und Rufnummernportabilität, Art. 8 Abs. 3, 2. Spiegelstrich Zugangsrichtlinie i. V. m. Art. 27, 28 und 30 Universaldienstrichtlinie;
–
Gewisse datenschutzrechtliche Verpflichtungen, die unabhängig von beträchtlicher Marktmacht aufgrund der Richtlinie 97/66/EG auferlegbar sind, Art. 8 Abs. 3, 2. Spiegelstrich Zugangsrichtlinie;
–
Verpflichtungen, die sich aus der Notwendigkeit der Einhaltung internationaler Bestimmungen ergeben, Art. 8 Abs. 3, 3. Spiegelstrich Zugangsrichtlinie.
Die aufgrund der vorgenannten Bestimmungen auferlegbaren Verpflichtungen können daher auch ohne vorherige Marktdefinition und Marktanalyse auferlegt werden. 29
Vorgaben für das „Ob“ von Vorabverpflichtungen ergeben sich unmittelbar aus den zwei Alternativen, die in Art. 16 Abs. 3 und Abs. 4 Rahmenrichtlinie geregelt sind: Ergibt die Marktanalyse das Bestehen wirksamen Wettbewerbs, so erlegt die nationale Regulierungsbehörde weder Vorabverpflichtungen auf, noch behält sie diese bei (Abs. 3); herrscht kein wirksamer Wettbewerb, so ermittelt die nationale Regulierungsbehörde die Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht und erlegt diesen geeignete Vorabverpflichtungen auf, behält bestehende bei oder ändert bestehende Vorabverpflichtungen (Abs. 4). Daraus ergibt sich eine binäre Entscheidungsstruktur. Herrscht wirksamer Wettbewerb führt dies zwangsläufig zur Aufhebung 584 | Heun
Europarechtliche Grundlagen und Vorgaben
Rz. 31 G
oder Nichtauferlegung von Vorabverpflichtungen. Besteht dagegen kein wirksamer Wettbewerb, erfordert dies zwangsläufig Vorabverpflichtungen, sei es, indem bestehende Vorabverpflichtungen beibehalten oder geändert, sei es indem Vorabverpflichtungen erstmals auferlegt werden. Daraus folgt, dass die nationalen Regulierungsbehörden aus Sicht der europarechtlichen Vorgaben kein Entschließungsermessen bei der Frage besitzen, ob Vorabverpflichtungen bestehen sollen oder nicht1. Die Frage nach dem „Wie“ von Vorabverpflichtungen ist dagegen vornehmlich in der Zugangsrichtlinie und der Universaldienstrichtlinie geregelt (dazu später H. und K.). Allerdings sind die in Art. 8 Rahmenrichtlinie formulierten Regulierungsziele und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Ferner haben die nationalen Regulierungsbehörden nach Art. 7 Abs. 3 Zugangsrichtlinie und Art. 16 Abs. 3 Universaldienstrichtlinie regelmäßig zu überprüfen, ob Verpflichtungen beibehalten, geändert oder aufgehoben werden sollen. 2.4 Konsultations- und Konsolidierungsverfahren Das Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren ist eingebettet in Regelungen, welche die nationalen Regulierungsbehörden verpflichten, Ihre Ergebnisse im Entwurf der interessierten Öffentlichkeit zur Kommentierung vorzulegen (Art. 6 Rahmenrichtlinie: Konsultation und Transparenz) und auf europäischer Ebene unter Kontrolle der EU-Kommission zu konsolidieren (Art. 7 Rahmenrichtlinie: Konsolidierung des Binnenmarktes für elektronische Kommunikation).
30
2.4.1 Konsultation bzw. Anhörungspflicht Nach Art. 6 Abs. 1 Rahmenrichtlinie haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass interessierte Parteien die Gelegenheit erhalten, innerhalb einer angemessenen Frist zum Entwurf von Maßnahmen nach der Rahmenrichtlinie oder den Einzelrichtlinien Stellung zu nehmen, sofern die Maßnahmen beträchtliche Auswirkungen auf den betreffenden Markt haben. Von Bedeutung ist hierbei, dass sich die hier festgelegte Anhörungspflicht lediglich auf die geplanten Maßnahmen, d. h. Aufhebung, Auferlegung, Beibehaltung oder Änderung von Vorabverpflichtungen bezieht. Auf Marktdefinition und Marktanalyse wird nicht Bezug genommen. Allerdings ist wiederum in Art. 15 Abs. 3 Rahmenrichtlinie geregelt, dass die nationalen Regulierungsbehörden die in den Art. 6 und 7 genannten Verfahren anwenden, bevor sie Märkte definieren, die von denen in der Märkteempfehlung abweichen. Damit bestünde eine europarechtliche Anhörungspflicht im Bereich der Marktdefinition (allerdings nur bei Abweichungen von der Märkteempfeh_______________
1 Ebenso Elkettani, MMR Beilage 1/2004, 15 f.; Jochum, MMR 2005, 161 f.; Scherer, K&R 2002, 286.
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31
G Rz. 32
Verfahren der Marktregulierung
lung) sowie für die Regulierungsmaßnahmen, nicht aber für die Marktanalyse. 32
Eine Lücke ergibt sich aus den vorstehenden Erwägungen aber nur scheinbar. Dies liegt daran, dass die Rahmenrichtlinie in ihrem Art. 16 Marktanalyse und Regulierungsmaßnahmen in einem untrennbaren zweckorientierten Zusammenhang betrachtet (siehe oben Rz. 25 ff.). Da die Auferlegung oder Aufhebung von Vorabverpflichtungen zwangsläufig voraussetzen, dass das Fehlen oder Bestehen wirksamen Wettbewerbs in Form der Marktanalyse geprüft worden ist, ist eine Anhörung über die Folge (Maßnahme) nicht ohne die Voraussetzung (Marktanalyse) denkbar. Daher empfehlen die Kommissionsleitlinien für die öffentliche Anhörung durch die nationalen Regulierungsbehörden die Benennung und Begründung der Marktdefinition, der Marktanalyse (d. h. Bestehen beträchtlicher Marktmacht) und Benennung der Unternehmen sowie der erwogenen Maßnahmen1. Dies leuchtet ein, ist aber angesichts des zitierten Wortlauts von Art. 6 Abs. 1 und 15 Abs. 3 Rahmenrichtlinie nicht zwingend2. Allerdings ist diese Frage nur dann von praktischer Bedeutung, wenn alle drei genannten Verfahrensabschnitte einzeln und getrennt voneinander durchgeführt werden (dazu näher unter Rz. 53).
33
Im Ergebnis besteht daher eine umfassende Verpflichtung für die nationalen Regulierungsbehörden, öffentliche Anhörungen über die geplanten Maßnahmen im Zusammenhang mit jeglichen Vorabverpflichtungen durchzuführen, die sich auf Marktdefinition und Marktanalyse erstrecken, wo diese im Zusammenhang mit den Maßnahmen vorgenommen werden.
34
In zeitlicher Hinsicht hält die EU-Kommission einen Anhörungszeitraum von zwei Monaten für angemessen3. Die BNetzA gewährt dagegen zumeist nur eine Anhörungsfrist von einem Monat (siehe Rz. 71). Dies ist allerdings angesichts der gleich langen verwaltungsrechtlichen Rechtsmittelfristen europarechtlich nicht zu beanstanden. 2.4.2 Konsolidierungsverfahren
35
Das in Art. 7 Rahmenrichtlinie geregelte Konsolidierungsverfahren dient vor allem dem in Art. 1 Abs. 1 Rahmenrichtlinie formulierten Ziel, die gemeinschaftsweit harmonisierte Anwendung des Rechtsrahmens zu gewährleisten. Zu diesem Zweck ist das Konsolidierungsverfahren in allgemeine Kooperationspflichten der nationalen Regulierungsbehörden untereinander eingebettet (Art. 7 Abs. 2 Rahmenrichtlinie) und mehrgliedrig ausgestaltet: Es erstreckt sich auf Vorlagepflichten gegenüber der EU-Kommission und _______________
1 Siehe Absatz Nr. 144 der Kommissionsleitlinien. 2 So auch Berl.KommTKG/Gurlitt, § 12 Rz. 32, die allerdings die ausdrückliche Regelung in Art. 15 Abs. 3 Rahmenrichtlinie übersieht. 3 Siehe Absatz Nr. 145 der Kommissionsleitlinien.
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Europarechtliche Grundlagen und Vorgaben
Rz. 37 G
anderen nationalen Regulierungsbehörden sowie Vetorechte zugunsten der EU-Kommission. Die EU-Kommission hat für diese Zwecke, d. h. ihre Aufgabenwahrnehmung im Bereich des Konsolidierungsverfahrens die so genannte Article 7 Task Force eingerichtet. 2.4.2.1 Anwendungsbereich des Konsolidierungsverfahrens Nach Art. 7 Abs. 3 Rahmenrichtlinie ist der Anwendungsbereich des Konsolidierungsverfahrens eröffnet, wenn die nationale Regulierungsbehörde beabsichtigt, Maßnahmen zu ergreifen, die –
in den Anwendungsbereich der Art. 15 und 16 Rahmenrichtlinie oder der Art. 5 oder 8 Zugangsrichtlinie oder aber des Art. 16 Universaldienstrichtlinie fallen, und
–
Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten haben.
36
Zugleich ist direkt in Art. 15 Abs. 3 Rahmenrichtlinie festgelegt, dass die Verfahren nach Art. 6 und 7 Rahmenrichtlinie anzuwenden sind, bevor ein von der Märkteempfehlung abweichender Markt definiert wird. Daraus folgt zunächst, dass das Konsolidierungsverfahren in Frage kommt bei –
jeglicher Marktdefinition in Abweichung von der Märkteempfehlung (Art. 15 Abs. 3 Rahmenrichtlinie),
–
sämtlichen Fällen der Auferlegung, Aufhebung, Beibehaltung oder Änderung von Vorabverpflichtungen aufgrund beträchtlicher Marktmacht im Vorleistungsbereich (Art. 16 Abs. 2 Rahmenrichtlinie, Art. 7 oder 8 Zugangsrichtlinie) und im Endnutzerbereich (Art. 16 Abs. 2 Rahmenrichtlinie, Art. 16–19 Universaldienstrichtlinie) (siehe oben Rz. 26) sowie
–
den besonders geregelten Fällen der Auferlegung von Vorabverpflichtungen ohne Notwendigkeit beträchtlicher Marktmacht (Art. 5 Zugangsrichtlinie).
Hinzu kommt wiederum die Regelung in Art. 6 Abs. 3 Zugangsrichtlinie, die für den Bereich der Zugangsberechtigungssysteme für digitale Fernsehund Radiodienste und die dort ggf. beizubehaltenden, zu ändernden oder aufzuhebenden Vorabverpflichtungen eine Marktanalyse vorsieht und einen Verweis auf die Verfahren nach Art. 6 und 7 Rahmenrichtlinie beinhaltet. Gleiches gilt nach Art. 5 Abs. 3 Zugangsrichtlinie für die dort in Bezug genommenen Verpflichtungsermächtigungen. Ausgenommen vom Anwendungsbereich des Konsolidierungsverfahrens sind damit Verpflichtungen, die gemäß Art. 8 Abs. 3, 2. Spiegelstrich Zugangsrichtlinie Betreibern ohne beträchtliche Marktmacht aufgrund anderer Bestimmungen auferlegt werden dürfen als den bereits zitierten. Dies betrifft Art. 12 Rahmenrichtlinie (Mitbenutzung von Einrichtungen und Grundstücken, die aufgrund gesetzlicher Wegerechte genutzt werden), Art. 13 Rahmenrichtlinie (Strukturelle Separierung von Aktivitäten der Heun | 587
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G Rz. 38
Verfahren der Marktregulierung
Telekommunikation und der Daseinsvorsorge), Art. 6 Abs. 1 i. V. m. Bedingung 7 in Teil B des Anhangs zur Genehmigungsrichtlinie (Auferlegung von Verpflichtungen in Frequenzvergabeverfahren, d. h. Ausschreibung oder Versteigerung), Art. 27, 28 und 30 Universaldienstrichtlinie (Verpflichtungen in Bezug auf Nummerierung und Rufnummernportabilität) sowie gewisse datenschutzrechtliche Verpflichtungen. Daraus folgt, dass die Auferlegung von Vorabverpflichtungen gegenüber Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht aufgrund von Art. 5 Zugangsrichtlinie zwar keine Marktanalyse erfordert (siehe oben Rz. 28), aber dennoch in den Anwendungsbereich des Konsolidierungsverfahren fällt. Erwähnenswert ist hier schließlich der Verweis in Art. 8 Abs. 5 Zugangsrichtlinie darauf, dass in Fällen der Auferlegung von Verpflichtungen aufgrund internationaler Verpflichtungen (Art. 8 Abs. 3, 3. Spiegelstrich Zugangsrichtlinie) die EU-Kommission gemäß dem Verfahren des Art. 7 Rahmenrichtlinie zu unterrichten ist. Damit ist zwar entsprechend dem Wortlaut eine Unterrichtung (Vorlagepflicht) erforderlich, die weiteren Folgen des Konsolidierungsverfahrens (Vetorecht) greifen hier aber nicht. 38
Ferner ist erforderlich, dass in den Fällen, bei denen es um Maßnahmen (also Vorabverpflichtungen) geht, diese Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten haben müssen. Diese Voraussetzung wird von der EU-Kommission weit ausgelegt, d. h. es soll reichen, wenn die Maßnahmen „unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell einen derartigen Einfluss auf das Handelsmuster zwischen Mitgliedstaaten haben können, dass ein Hemmnis für den Binnenmarkt geschaffen wird“1. Beispiele hierfür sind „Maßnahmen, die erhebliche Auswirkungen auf Betreiber oder Nutzer in anderen Mitgliedstaaten haben, wozu unter anderem gehören: Maßnahmen, die die Preise für die Nutzer in anderen Mitgliedstaaten beeinflussen, Maßnahmen, die die Möglichkeiten eines in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmens beeinträchtigen, einen elektronischen Kommunikationsdienst anzubieten, insbesondere Maßnahmen, die die Möglichkeit beeinträchtigen, Dienste auf länderübergreifender Basis anzubieten, sowie Maßnahmen, die die Marktstruktur oder den Marktzugang berühren und für Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten zu nachteiligen Auswirkungen führen“2.
Daraus folgt, dass praktisch jede Maßnahme, die in der Auferlegung, Änderung oder Beibehaltung einer Vorabverpflichtung (dagegen nicht unbedingt bei der Aufhebung) liegt, Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten hat. Zusammengenommen mit der Verpflichtung, von der Märkteempfehlung nicht ohne Konsolidierungsverfahren abzuweichen (Art. 15 Abs. 3 Rahmenrichtlinie) besteht daher für die nationalen Regulierungsbe_______________
1 Siehe Absatz Nr. 147 der Kommissionsleitlinien unter Verweis auf Erwägungsgrund (38) der Rahmenrichtlinie. 2 Siehe Erwägungsgrund (38) der Rahmenrichtlinie.
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Europarechtliche Grundlagen und Vorgaben
Rz. 41 G
hörden praktisch kein Spielraum, dem Konsolidierungsverfahren zu entgehen. 2.4.2.2 Vorlagepflicht Erster Teil des Konsolidierungsverfahrens ist die in Art. 7 Abs. 3 Rahmenrichtlinie geregelte Vorlagepflicht. Danach hat die nationale Regulierungsbehörde der EU-Kommission und den anderen nationalen Regulierungsbehörden den Entwurf der unter den Anwendungsbereich des Konsolidierungsverfahrens fallenden Maßnahmen zusammen mit einer Begründung zur Verfügung zu stellen und jene hiervon zu unterrichten. Das in Art. 7 Abs. 3 Rahmenrichtlinie verwendete Wort „gleichzeitig“ wird dabei von der EU-Kommission nicht lediglich so verstanden, dass diese gleichzeitig mit den anderen nationalen Regulierungsbehörden zu informieren ist, sondern dass die Vorlage zeitgleich mit der öffentlichen Anhörung nach Art. 6 Rahmenrichtlinie erfolgen soll1. Wie bereits erwähnt (Rz. 32), erstreckt sich die Vorlagepflicht auch auf Marktdefinition und Marktanalyse. Dies folgt für die Marktdefinition zum einen unmittelbar aus Art. 15 Abs. 3 Rahmenrichtlinie sowie für Marktdefinition und Marktanalyse auch aus den Rechten den EU-Kommission im weiteren Verfahren (dazu sogleich unter Rz. 42), die sich auf die Marktdefinition (in Abweichung von Märkteempfehlung) und die Festlegung beträchtlicher Marktmacht beziehen (Art. 7 Abs. 4 Rahmenrichtlinie). Diese Befugnisse wären sinnlos, wenn sich die Vorlagepflicht nicht auf die (Entwürfe für die) Ergebnisse von Marktdefinition und Marktanalyse erstrecken würde.
39
Nach Vorlage haben die EU-Kommission sowie die nationalen Regulierungsbehörden binnen einer Ausschlussfrist von einem Monat Zeit, die Vorlage zu kommentieren. Etwaigen Stellungnahmen hat die vorlegende Regulierungsbehörde gemäß Art. 7 Abs. 5 Rahmenrichtlinie weitestgehend Rechnung zu tragen. Sofern kein Veto erfolgt (siehe unten Rz. 42), kann die Regulierungsbehörde dann den Maßnahmeentwurf annehmen und hat diesen der EU-Kommission zu übermitteln.
40
Die Einzelheiten der Vorlagepflicht, ihr Umfang sowie die zeitliche Abfolge und Fristen sind in einer Empfehlung der EU-Kommission (Notifizierungsempfehlung) geregelt2. Dort ist entgegen den soeben zitierten Vorstellungen der EU-Kommission zur Gleichzeitigkeit von öffentlicher Anhörung/Konsultation und Vorlage (Rz. 39) auch die Möglichkeit vorgesehen, dass die Er-
41
_______________
1 Siehe Absatz Nr. 146 der Kommissionsleitlinien. 2 Empfehlung der Kommission v. 23.7.2003 zu den Notifizierungen, Fristen und Anhörungen gemäß Artikel 7 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (2003/561/EG), Amtsblatt EU Nr. L 190 v. 30.7.2003, S. 13–18 (Notifizierungsempfehlung).
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G Rz. 42
Verfahren der Marktregulierung
gebnisse einer vorab durchgeführten Anhörung mit vorgelegt werden1. Die Empfehlung basiert auf Art. 19 Abs. 1 Rahmenrichtlinie und die nationalen Regulierungsbehörden haben ihr weitestgehend Rechnung zu tragen. 2.4.2.3 Vetorecht 42
Der zweite Teil des Konsolidierungsverfahrens besteht aus dem in Art. 7 Abs. 4 Rahmenrichtlinie geregelten Vetorecht der EU-Kommission. Inhaltlich ist das Vetorecht dann gegeben, wenn die nationale Regulierungsbehörde im Rahmen der geplanten Maßnahme (also in Bezug auf Vorabverpflichtungen) –
eine Marktdefinition vornimmt, die sich von derjenigen in der Märkteempfehlung unterscheidet, oder
–
Festlegungen trifft, inwieweit ein Unternehmen allein oder gemeinsam mit einem anderen Unternehmen beträchtliche Marktmacht besitzt.
Dies bedeutet, dass die EU-Kommission das Vetorecht besitzt für Abweichungen von der Märkteempfehlung und hinsichtlich der Marktanalyse. Da sich das Vetorecht im letztgenannten Fall darauf bezieht, inwieweit beträchtliche Marktmacht besteht, erschöpft sich das Vetorecht hier nicht in der Frage, ob wirksamer Wettbewerb besteht, also ob auf dem Markt ein oder mehrere Unternehmen beträchtliche Marktmacht besitzen. Vielmehr geht es auch um den Umfang der Feststellung beträchtlicher Marktmacht und das oder die betroffenen Unternehmen selbst. Folglich kann die Kommission die gesamt Marktanalyse aufgreifen, d. h. die Feststellung, dass wirksamer Wettbewerb besteht ebenso wie sämtliche Feststellungen, ob und inwieweit beträchtliche Marktmacht von Unternehmen besteht. 43
Ausgenommen vom Vetorecht sind damit allerdings Art und Umfang der Maßnahmen selbst, d. h. ob und welche Vorabverpflichtungen von der nationalen Regulierungsbehörde auferlegt, aufgehoben, geändert oder beibehalten werden. In Deutschland geschieht dies mittels Regulierungsverfügung nach § 13 TKG. Allerdings existiert von dieser Ausnahme wiederum eine Rückausnahme. Wenn nämlich die nationalen Regulierungsbehörden Betreibern mit beträchtlicher Marktmacht andere Vorabverpflichtungen auferlegen wollen als diejenigen des Maßnahmenkatalogs der Art. 9–13 Zugangsrichtlinie, so muss dies gemäß Art. 8 Abs. 3, 2. Unterabsatz Zugangsrichtlinie bei der EU-Kommission beantragt werden. Zwar führt dies nicht direkt in das Vetoverfahren, wird aber von der Kommission in diesem Gesamtzusammenhang betrachtet2.
44
Auch sonst gilt das Vetorecht zwar nicht uneingeschränkt. Die beiden soeben dargestellten Eingriffsfälle erfordern nämlich, dass diese Auswirkun_______________
1 Siehe Nr. 6. lit. f) der Notifizierungsempfehlung. 2 Siehe Nr. 15 der Notifizierungsempfehlung.
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Europarechtliche Grundlagen und Vorgaben
Rz. 46 G
gen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten hätten. Allerdings ist diese Voraussetzung wie bereits erwähnt weit zu verstehen (siehe oben Rz. 38) und als Eingangsvoraussetzung für das Konsolidierungsverfahren im Zweifel ohnehin schon vorgegeben. Daher besteht hierin keine zusätzliche Hürde für die Auslösung des Vetorechts. Verfahrensseitig besteht das Vetorecht der EU-Kommission wiederum aus zwei Phasen, die an eigene inhaltliche Voraussetzungen anknüpfen: In der ersten Phase (Phase I) hat die EU-Kommission gegenüber der nationalen Regulierungsbehörde zu erklären, dass sie entweder der Auffassung ist, der Maßnahmeentwurf schaffe ein Hindernis für den Binnenmarkt oder dass sie ernsthafte Zweifel an der Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht, insbesondere den in Art. 8 Rahmenrichtlinie genannten Zielen habe. Mit dieser Erklärung wird das Vetoverfahren (und damit Phase II) eingeleitet. Inhaltlich bedeuten die genannten Voraussetzungen einen umfassenden Prüfungsvorbehalt zugunsten der EU-Kommission für den Binnenmarkt, das gesamte bestehende Gemeinschaftsrecht sowie insbesondere das Richtlinienpaket 2002. Hierfür reicht es, wenn die EU-Kommission das Hemmnis oder die Zweifel benennt; besondere Begründungsanforderungen bestehen nicht1. In der Praxis erläutert die Kommission allerdings ihre Bedenken, um der nationalen Regulierungsbehörde noch im ersten Schritt die Gelegenheit zu geben, den Maßnahmeentwurf anzupassen. Denn nach Bekanntmachung der Bedenken der EU-Kommission läuft nach Art. 7 Abs. 4 S. 1 Rahmenrichtlinie eine zweimonatige Frist, während der der Maßnahmeentwurf aufgeschoben ist. Die Frist ist nach Art. 7 Abs. 4 S. 2 Rahmenrichtlinie nicht verlängerbar. Innerhalb dieser Frist können mehrere Dinge geschehen: –
Die nationale Regulierungsbehörde passt ihren Maßnahmeentwurf den Bedenken der Kommission an, d. h. es erfolgt eine geänderte Marktdefinition und/oder Marktanalyse mit erneuter Notifizierung oder die EUKommission zieht ihre Bedenken wieder zurück oder
–
die nationale Regulierungsbehörde zieht ihren Maßnahmeentwurf zurück oder
–
die EU-Kommission geht den zweiten Schritt des Vetoverfahrens mit der Folge, dass die nationale Regulierungsbehörde ihren Entwurf entsprechend anpassen muss.
45
In der Praxis wird diese Phase durch Abstimmungen und Eingaben seitens der nationalen Regulierungsbehörde, der EU-Kommission, aber auch interessierter Marktteilnehmer begleitet. In der zweiten Phase des Vetoverfahrens kann die EU-Kommission innerhalb der zweimonatigen Frist die nationale Regulierungsbehörde auffordern, den Maßnahmeentwurf zurückzuziehen (Veto). Nach Art. 7 Abs. 4 S. 4 Rahmenrichtlinie ist dieser Beschluss der EU-Kommission detailliert zu _______________
1 Siehe Nr. 14 der Notifizierungsempfehlung.
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46
G Rz. 47
Verfahren der Marktregulierung
begründen und es sind zugleich spezifische Vorschläge zur Änderung des Maßnahmeentwurfs zu unterbreiten. Wird das Veto ausgeübt, ist die nationale Regulierungsbehörde nach Art. 7 Abs. 5 Rahmenrichtlinie gehindert, den streitigen Maßnahmeentwurf anzunehmen. Auf diese Weise kann die EU-Kommission letztlich die Märkteempfehlung, d. h. die vorgenommene Marktabgrenzung sowie die Kommissionsleitlinien zur Marktdefinition und Marktanalyse durchsetzen. Die EU-Kommission kann allerdings keine den Maßnahmeentwurf ersetzende Entscheidung treffen. Folge des Vetos ist, dass die nationale Regulierungsbehörde den Maßnahmeentwurf entsprechend den Ausführungen der EU-Kommission in der Veto-Entscheidung überarbeiten und erneut notifizieren muss. Denn dann bleibt es bei der Verpflichtung der nationalen Regulierungsbehörden, Marktdefinition und Marktanalyse möglichst bald nach Inkrafttreten oder Änderungen der Märkteempfehlung durchzuführen (siehe oben Rz. 27). 47
Die Entscheidung über das Veto (Art. 7 Abs. 4 i. V. m. Art. 22 Abs. 2 Rahmenrichtlinie) wie auch die Entscheidung, ob einer nationalen Regulierungsbehörde von der Zugangsrichtlinie abweichende Maßnahmen gestattet werden (siehe oben Rz. 43, Art. 8 Abs. 3, 2. Unterabsatz i. V. m. Art. 14 Abs. Zugangsrichtlinie), trifft die EU-Kommission unter Beteiligung des bereits erwähnten (siehe oben Rz. 15) Kommunikationsausschusses.
48
Gegenüber Deutschland hat die EU-Kommission von dem Vetoverfahren bislang in drei Fällen Gebrauch gemacht: –
Markt Nr. 9 der Märkteempfehlung (Anrufzustellung in einzelnen öffentlichen Telefonnetzen an festen Standorten) bei der Frage ob alternative Teilnehmernetzbetreiber wegen vermeintlich ausgleichender Nachfragemacht der DTAG keine beträchtliche Marktmacht haben (siehe unten Rz. 194 ff.);
–
Markt Nr. 12 (Breitbandzugang für Großkunden – Bitstrom) bei der Frage, ob VDSL-Produkte der DTAG in die Marktdefinition einzubeziehen sind (siehe unten Rz. 161 f.);
–
Märkte Nr. 13 und 14 (Abschluss- und Fernübertragungs-Segmente von Mietleitungen für Großkunden) bei der Frage hinreichender Marktdaten für die Marktdefinition und Marktanalyse (siehe unten Rz. 192 f.).
In allen Fällen hatte die EU-Kommission ernsthafte Zweifel an der Vereinbarkeit der Entwürfe der BNetzA mit Gemeinschaftsrecht. Im Fall Bitstrom hat die EU-Kommission ihre ernsthaften Zweifel infolge einer Nachbesserung durch die BNetzA zurückgenommen. Im Fall Anrufzustellung kam es zu einer Veto-Entscheidung. Daraufhin hat die BNetzA ihren Entwurf entsprechend der Stellungnahme der EU-Kommmission geändert. Im Fall Mietleitungen hat die BNetzA ihren Entwurf zunächst zurückgezogen; ein neuer Entwurf wurde etwa vier Monate später vorgelegt.
592 | Heun
Europarechtliche Grundlagen und Vorgaben
Rz. 51 G
2.4.3 Ausnahmen vom Konsultations- und Konsolidierungsverfahren bei vorläufigen Maßnahmen Wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die es nach Ansicht der nationalen Regulierungsbehörde rechtfertigen, das Konsolidierungsverfahren auszulassen, um den Wettbewerb zu gewährleisten und Nutzerinteressen zu schützen, darf die nationale Regulierungsbehörde nach Art. 7 Abs. 6 Rahmenrichtlinie angemessene einstweilige Maßnahmen ergreifen. Diese sind dann lediglich der EU-Kommission nebst Begründung zu notifizieren (siehe oben Rz. 41). Erst wenn derartige vorläufige Maßnahmen dauerhaft oder verlängert werden sollen, greift das Konsolidierungsverfahren wieder ein. Gleiches gilt nach Art. 6 Abs. 1 Rahmenrichtlinie durch den dortigen Verweis auf Art. 7 Abs. 6 Rahmenrichtlinie auch für das Konsultationsverfahren.
49
Die vorstehende Befugnis betrifft dringend erforderliche Maßnahmen, die ein Abwarten auf den Ausgang der Konsultations- und Konsolidierungsverfahren nicht erlauben. Die Maßnahmen stehen im Ermessen der nationalen Regulierungsbehörde und müssen verhältnismäßig sein. Inhaltlich können sich die Maßnahmen auf sämtliche Vorabverpflichtungen beziehen, die im Anschluss an Konsultations- und Konsolidierungsverfahren zulässig wären. Dies bedeutet, dass die dortigen Voraussetzungen, also insbesondere das Bestehen beträchtlicher Marktmacht auf dem relevanten Markt, vorliegen müssen.
50
2.5 Ausgewählte Probleme und Ausblick 2.5.1 Zeitliche Vorgaben für Beginn und Abschluss von Marktdefinition und Marktanalyse und Straffung von Konsultations- und Konsolidierungsverfahren Wie bereits erwähnt (oben Rz. 27) bestehen keine harten zeitlichen Vorgaben gegenüber den nationalen Regulierungsbehörden für Beginn und Durchführung von Marktdefinition und Marktanalyse sowie den damit in Zusammenhang stehenden Konsultations- und Konsolidierungsverfahren. Dies hat dazu beigetragen, dass auch vier Jahre nach Inkrafttreten der Märkteempfehlung noch nicht alle nationalen Regulierungsbehörden die empfohlenen 18 Märkte abschließend definiert und analysiert haben1; dies gilt auch für Deutschland. Die EU-Kommission hat dieses Problem anlässlich der ersten Überprüfung des EU-Rechtsrahmens Mitte 2006 (siehe oben Rz. 7) aufgegriffen. Sie schlägt vor, dass Marktanalysen künftig innerhalb von 12 Monaten ab Veröffentlichung einer geänderten Märkteempfehlung begonnen und _______________
1 Ein Überblick mit aktuellem Stand findet sich unter http://europa.eu.int/informa tion_society/policy/ecomm/article_7/index_en.htm.
Heun | 593
51
G Rz. 52
Verfahren der Marktregulierung
innerhalb weiterer 12 Monate abgeschlossen sein müssen1. Diese Überlegungen sind unbedingt begrüßenswert, indes sieht die EU-Kommission dies bedauerlicherweise nicht als kurzfristig umsetzbar an, sondern nur im Zusammenhang mit einer Anpassung der Rahmenrichtlinie. 52
Allerdings ist für die Dauer der Marktdefinition und Marktanalyse durch die nationalen Regulierungsbehörden auch der Umfang der Konsultationsund Konsolidierungsverfahren selbst mit verantwortlich. Daher ist es ebenso begrüßenswert, dass die EU-Kommission vorschlägt, die Verfahren zu straffen. So sollen für Notifizierungen in Bezug auf Märkte, die in der vorangegangenen Marktanalyse als solche mit wirksamem Wettbewerb angesehen wurden sowie bei geringen Änderungen an den Maßnahmen (Vorabverpflichtungen) künftig vereinfachte Anforderungen gelten2. 2.5.2 Gemeinsame oder getrennte Notifizierung von Marktanalyse und Regulierungsmaßnahmen?
53
Ein durch die deutsche Regulierungsbehörde (BNetzA) verursachtes zeitliches Problem bei der Durchführung von Marktdefinition und Marktanalyse sowie den diesbezüglichen Konsultations- und Konsolidierungsverfahren liegt in der Trennung von Marktanalyse und Marktdefinition einerseits sowie der Maßnahmen andererseits. So führt die BNetzA zum Verdruss der Marktteilnehmer wie auch der EU-Kommission3 als eine von nur drei nationalen Regulierungsbehörden4 die Konsultation und Konsolidierung für das Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren regelmäßig getrennt von Konsultation und Konsolidierung für die Maßnahmeentscheidung in Bezug auf Vorabverpflichtungen durch.
54
Aus der oben (Rz. 26) festgestellten Ziel- und Zweckrichtung des Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens lässt sich indes ableiten, dass dieses nicht ohne Entscheidung über Regulierungsmaßnahmen durchzuführen _______________
1 COMMISSION STAFF WORKING DOCUMENT: COMMUNICATION FROM THE COMMISSION TO THE COUNCIL, THE EUROPEAN ECONOMIC AND SOCIAL COMMITTEE AND THE COMMITTEE OF THE REGIONS ON THE Review of the EU Regulatory Framework for electronic communications networks and services; 28.6.2006 SEC (2006) 816, COM (2006) 334, Proposed Changes S. 16 f. 2 COMMISSION STAFF WORKING DOCUMENT: COMMUNICATION FROM THE COMMISSION TO THE COUNCIL, THE EUROPEAN ECONOMIC AND SOCIAL COMMITTEE AND THE COMMITTEE OF THE REGIONS ON THE Review of the EU Regulatory Framework for electronic communications networks and services; 28.6.2006 SEC (2006) 816, COM (2006) 334, Proposed Changes, S. 16. 3 Siehe etwa Stellungnahme der EU-Kommission zum Notifizierung von Marktdefinition und Marktanalyse für Markt Nr. 11 (TAL) mit Schreiben v. 22.12.2004, Az. SG-Greffe (2004) D/206323, abrufbar unter http://forum.europa.eu.int/Public/irc/ infso/ecctf/library sowie über den Link „Einheitliche Informationsstelle“ auf www.bundesnetzagentur.de. 4 Die anderen beiden sind die niederländische und polnische Regulierungsbehörde.
594 | Heun
Europarechtliche Grundlagen und Vorgaben
Rz. 56 G
ist. Zwar ist zuzugestehen, dass der Wortlaut von Art. 16 Rahmenrichtlinie ebenso keine ausdrückliche Aussage darüber trifft, dass Marktdefinition und Marktanalyse gemeinsam mit den beschlossenen Regulierungsmaßnahmen zu notifizieren sind, wie Art. 6 und 7 Rahmenrichtlinie. Allerdings führt die Zweckrichtung des Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens auch dazu, dass schon mit Blick auf noch nicht vorgeschlagene oder feststehende, aber befürchtete Verpflichtungen argumentiert und damit die Marktanalyse missverständlich, wenn nicht sogar fehlerhaft begründet wird. Gerade im Konsultationsverfahren besteht daher die Gefahr, etwaige Regulierungsmaßnahmen bereits über Marktdefinition und/oder Marktanalyse verhindern zu wollen. Dies beinhaltet das Risiko zusätzlicher zeitlicher Verzögerungen. Es erscheint daher bei teleologischer Interpretation der Regelungen in Art. 6 und 7 i. V. m. Art. 16 Abs. 2–4 Rahmenrichtlinie angezeigt, keine Trennung bei der Notifizierung vorzunehmen. Immerhin hat die BNetzA anlässlich der ersten Überprüfung von Marktdefinition und Marktanalyse gemäß § 14 Abs. 2 TKG (dazu unten Rz. 201 ff.) zu Markt Nr. 11 der Märkteempfehlung (TAL) diese gemeinsam mit dem Entwurf der diesbezüglichen Regulierungsverfügung vorgelegt1. 2.5.3 Kein Vetorecht der EU-Kommission für Maßnahmen (Vorabverpflichtungen) Im Rahmen der bisherigen Konsultations- und Konsolidierungsverfahren ist immer wieder bemängelt worden, dass die EU-Kommission kein Vetorecht in Bezug auf die Regulierungsmaßnahmen selbst besitzt (siehe oben Rz. 43). Denn für den Markt entscheidend sind letztlich die Auferlegung oder Aufhebung von Vorabverpflichtungen. Zugleich ist aus der Perspektive des Binnenmarktes nicht nachvollziehbar, warum in einem Mitgliedstaat für den gleichen Markt und bei gleichem Ergebnis der Marktanalyse gänzlich andere Vorabverpflichtungen auferlegt werden als in einem anderen Mitgliedstaat.
55
Dieses Manko hat die Kommission aufgegriffen und schlägt im Rahmen der Überprüfung des EU-Rechtsrahmens vor, dass das Vetorecht auf die Maßnahmen ausgedehnt wird2. Dies ist nicht nur begrüßenswert, weil damit auch eine gemeinschaftsweite Harmonisierung der Regulierungsmaßnah-
56
_______________
1 Siehe BNetzA, Konsultationsentwurf Marktdefinition und Marktanalyse Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung v. 4.4.2007, BK1-06/003, BNetzA Mitteilung. Nr. 214/2007, ABl. Nr. 7/2007 sowie Konsultationsentwurf Regulierungsverfügung zum Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung v. 4.4.2007, BK4-07/002/R, BNetzA Mitteilung. Nr. 223/2007, ABl. Nr. 7/2007. 2 COMMISSION STAFF WORKING DOCUMENT: COMMUNICATION FROM THE COMMISSION TO THE COUNCIL, THE EUROPEAN ECONOMIC AND SOCIAL COMMITTEE AND THE COMMITTEE OF THE REGIONS ON THE Review of the EU Regulatory Framework for electronic communications networks and services; 28.6.2006 SEC (2006) 816, COM (2006) 334, Proposed Changes, S. 17 f.
Heun | 595
G Rz. 57
Verfahren der Marktregulierung
men selbst erreicht werden kann. Zudem könnte dies das bereits aufgezeigte Problem der getrennten Notifizierung von Marktdefinition und Marktanalyse sowie von Regulierungsmaßnahmen (siehe oben Rz. 53 f.) erledigen. Zugleich schlägt die EU-Kommission vor1, dass die ausnahmsweise nach Art. 5 Zugangsrichtlinie zulässige Auferlegung von Vorabverpflichtungen gegenüber Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht künftig genauso bei der EU-Kommission beantragt werden soll wie Maßnahmen, die vom Maßnahmenkatalog der Zugangsrichtlinie abweichen (siehe oben Rz. 43). 2.5.4 Überarbeitung der Märkteempfehlung 57
Hinzuweisen ist schließlich darauf, dass die EU-Kommission entsprechend Art. 15 Abs. 1, 2. Unterabsatz Rahmenrichtlinie die Märkteempfehlung regelmäßig zu überprüfen hat. Dies tut die EU-Kommission in einem ein- bis zweijährigen Turnus und hat daher im Zusammenhang mit der Überprüfung des EU-Rechtsrahmens Mitte 2006 auch einen Vorschlag für eine überarbeitete Märkteempfehlung vorgelegt2. Dort werden die bisherigen Endnutzermärkte Nr. 1 und 2 (Anschlusszugang) zusammengefasst und die bisherigen Endnutzermärkte Nr. 3 bis 7 (Telefonverbindungen und Mietleitungen) aus der Vorauswahl für regulierungsbedürftige Märkte gestrichen. Gleichzeitig werden aber die diesbezüglich relevanten Vorleistungsmärkte beibehalten. Dies erklärt sich daraus, dass die EU-Kommission gerade die Vorleistungsseite als Garant für Wettbewerb auf der Endnutzerseite betrachtet3.
58
Damit geht die EU-Kommission einen weiteren Schritt weg von der Regulierung von Endnutzermärkten, der allerdings von den Wettbewerbern der nationalen Ex-Monopolisten nur mäßig kritisiert wird4. Angesichts der _______________
1 COMMISSION STAFF WORKING DOCUMENT: COMMUNICATION FROM THE COMMISSION TO THE COUNCIL, THE EUROPEAN ECONOMIC AND SOCIAL COMMITTEE AND THE COMMITTEE OF THE REGIONS ON THE Review of the EU Regulatory Framework for electronic communications networks and services; 28.6.2006 SEC (2006) 816, COM (2006) 334, Proposed Changes, S. 20 f. 2 COMMISSION STAFF WORKING DOCUMENT: PUBLIC CONSULTATION ON A DRAFT COMMISSION RECOMMENDATION On Relevant Product and Service Markets within the electronic communications sector susceptible to ex ante regulation in accordance with Directive 2002/21/EC of the European Parliament and of the Council on a common regulatory framework for electronic communication networks and services (Second edition), SEC (2006) 837. 3 COMMISSION STAFF WORKING DOCUMENT: PUBLIC CONSULTATION ON A DRAFT COMMISSION RECOMMENDATION On Relevant Product and Service Markets within the electronic communications sector susceptible to ex ante regulation in accordance with Directive 2002/21/EC of the European Parliament and of the Council on a common regulatory framework for electronic communication networks and services (Second edition), SEC (2006) 837, S. 25 f. 4 Siehe die veröffentlichten Stellungnahmen unter folgendem Weblink: ec.europa. eu/information_society/policy/ecomm/info_centre/documentation/public_consult/ index_en.htm.
596 | Heun
Systematik der Marktregulierung nach dem TKG
Rz. 60 G
Marktentwicklungen bei Bündelprodukten (schmalbandig, breitbandig, nomadisch, mobil) ist es hier aber möglicherweise nicht damit getan, die Überwachung den Kartellbehörden zu überlassen. Denn diese werden im Zweifel nicht schnell genug auf Missbräuche reagieren können. Zwar lässt die EU-Kommission die Vorleistungsmärkte zunächst unberührt. Zugleich stellt sie aber die heutigen Märkte Nr. 15 (Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobilfunknetzen) und Nr. 18 (Rundfunk-Übertragungsdienste zur Bereitstellung von Sendeinhalten für Endnutzer) in gewisser Weise zur Disposition, indem sie im Rahmen der Anhörung zur Empfehlung explizit nachfragt, ob diese Märkte beibehalten werden sollen1.
59
3. Systematik der Marktregulierung nach dem TKG Nach dem Grundsatz in § 9 Abs. 1 TKG unterliegen nur noch bestimmte Telekommunikationsmärkte der Regulierung durch die Instrumentarien des TKG. Regulierungsmaßnahmen auf Grund des TKG stehen daher nunmehr grundsätzlich in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis, bei dem die Abwesenheit von Regulierungsmaßnahmen die Regel darstellt. Gemeint ist dabei, dass jegliche Maßnahmen aufgrund des zweiten Teils des TKG, egal ob sie Vorabverpflichtungen (wie etwa Zugangsverpflichtungen) enthalten oder lediglich eine nachträgliche Missbrauchsaufsicht beinhalten, grundsätzlich nur dann zulässig sind, wenn – vorbehaltlich der Anwendbarkeit der Übergangsregelung des § 150 Abs. 1 TKG – die vorherige Prüfung eines Marktes ergeben hat, dass auf diesem Markt kein wirksamer Wettbewerb besteht (§ 9 Abs. 1 TKG). Damit ist zugleich bereits eine Besonderheit des TKG im Verhältnis zu den europarechtlichen Vorgaben angesprochen. Während Letztere unter der sektorspezifischen Regulierung lediglich Vorabverpflichtungen verstehen (siehe oben Rz. 5), beinhaltet das TKG insbesondere in Form der besonderen Missbrauchaufsicht der §§ 42 und 43 TKG auch sektorspezifische Eingriffsbefugnisse, die nachträglich wirken wie die sonstige kartellrechtliche Marktaufsicht2. Ähnlich verhält sich dies bei der nachträglichen Entgeltregulierung nach §§ 38, 28 TKG. Allerdings bestehen auch diese (nachträglich wirkenden) sektorspezifischen Eingriffsbefugnisse grundsätzlich nur dort, wo eine Marktdefinition und Marktanalyse ergeben hat, dass auf dem relevanten Markt kein wirksamer Wettbewerb gegeben ist3 _______________
1 COMMISSION STAFF WORKING DOCUMENT: PUBLIC CONSULTATION ON A DRAFT COMMISSION RECOMMENDATION On Relevant Product and Service Markets within the electronic communications sector susceptible to ex ante regulation in accordance with Directive 2002/21/EC of the European Parliament and of the Council on a common regulatory framework for electronic communication networks and services (Second edition), SEC (2006) 837, S. 54. 2 Siehe auch Topel, ZWeR 2006, 31 (36). 3 So nunmehr auch ausdrücklich VG Köln, Urt. v. 21.12.2005 – 21 K 1200/05, CR 2006, 239.
Heun | 597
60
G Rz. 61
Verfahren der Marktregulierung
(zu etwaigen Ausnahmen siehe H. Rz. 466 ff.). Eine weitere Besonderheit ist die Bestimmung des § 9a TKG, die explizit neue Märkte adressiert (dazu Rz. 179 ff.) 61
Adressaten der Maßnahmen sind die Unternehmen, die auf diesen Märkten über beträchtliche Marktmacht verfügen (§ 9 Abs. 2 TKG). Nur ausnahmsweise können auch unabhängig vom Bestehen beträchtlicher Marktmacht jene Unternehmen Adressaten solcher Maßnahmen sein, die den Zugang zu Endnutzern kontrollieren (§ 9 Abs. 3 i. V. m. § 18 TKG).
62
Gegenüber der Regulierung wie sie aus dem TKG 1996 bekannt ist, wird daher nunmehr das Verfahren der Marktregulierung vorgeschaltet. So waren nach dem TKG 1996 die Vorabverpflichtungen bereits im Gesetz auferlegt (etwa die Zugangsgewährungspflicht in § 35 TKG 1996 sowie die Zusammenschaltungspflicht in §§ 36 und 37 TKG 1996) und war beispielsweise die marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens als Tatbestandsvoraussetzung unmittelbar von der RegTP im Verfahren zur Durchsetzung solcher Vorabverpflichtungen zu prüfen (etwa die Zugangsgewährungspflicht in §§ 33 und 35 TKG 1996). Demgegenüber ist die Durchsetzung von Vorabverpflichtungen durch die BNetzA heute erst dann möglich, wenn Marktdefinition, Marktanalyse und Regulierungsverfügung zur Auferlegung solcher Verpflichtungen in einem selbständigen Verwaltungsverfahren geführt haben. An die Stelle eines einstufigen Verpflichtungsverfahrens, das der Prüfung bzw. Durchsetzung gesetzlicher Pflichten diente, ist damit ein mehrstufiger Prozess mit unterschiedlichen Verfahren getreten: Stufe 1: Mit der Marktdefinition und Marktanalyse (§§ 10, 11 TKG) werden zunächst von der BNetzA diejenigen Märkte bestimmt, die der Regulierung unterliegen und das oder die Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht werden benannt. Stufe 2: Auf Grundlage des Ergebnisses der Marktanalyse legt die BNetzA mittels Regulierungsverfügung gemäß § 13 Abs. 1 TKG diejenigen Verpflichtungen fest, die nach den Bestimmungen des TKG den Adressaten der Regulierung auferlegt werden können (z. B. Zugangspflichten gemäß § 21 TKG). Stufe 3: Erst anhand der Verpflichtungen aus der Regulierungsverfügung kann es dann konkret zu Regulierungsentscheidungen wie etwa Zusammenschaltungsanordnungen (nach § 25 TKG) und Entgeltregulierung (auf Basis von §§ 35 oder 38 TKG) kommen. Führen allerdings Marktdefinition und Marktanalyse bereits in der ersten Stufe zu dem Ergebnis, dass auf dem relevanten Markt wirksamer Wettbewerb besteht, so kommt es in der zweiten Stufe schon nicht mehr zur Auferlegung von Vorabverpflichtungen (oder der Anwendbarkeit der nachträglichen besonderen Missbrauchsaufsicht bzw. nachträglichen Entgeltregulierung) bzw. etwa bestehende Vorabverpflichtungen werden aufgehoben. 598 | Heun
Systematik der Marktregulierung nach dem TKG
Rz. 63 G
Systematik und Einzelschritte für das Verfahren der Marktregulierung einschließlich der zugehörigen Konsultations- und Konsolidierungsverfahren – diese werden von der BNetzA getrennt für Marktdefinition/Marktanalyse und Regulierungsverfügung durchgeführt (siehe oben Rz. 53 f.) – sind in der nachstehenden Tabelle im Überblick dargestellt:
Heun | 599
63
G Rz. 63
Verfahren der Marktregulierung
Stufe 1: Marktdefinition und Marktanalyse (§§ 9 Abs. 1 und 2, 10, 11 und 12 TKG) auf Basis der Märkteempfehlung und anhand der Kommissionsleitlinien
Ausnahme (§§ 9 Abs. 3, 18 TKG)
Informationsanfragen bzw. Auskunftsverlangen der BNetzA gegenüber Marktbeteiligten (§ 72 Abs. 1 Nr. 1 TKG 1996 bzw. § 127 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 TKG).
n/a
Veröffentlichung des Entwurfs zur Anhörung interessierter Parteien (§ 12 Abs. 1 TKG) – Konsultationsentwurf Kommentierung des Entwurfs durch interessierte Parteien binnen einer von der BNetzA festgesetzten Frist, die regelmäßig einen Monat beträgt (§ 12 Abs. 1 TKG) Notifizierung des (ggf. infolge der Kommentierung und etwaiger weiterer Informationsanfragen bzw. Auskunftsverlangen überarbeiteten) Entwurfs gegenüber der EU-Kommission (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 TKG) – Notifizierungsentwurf Möglichkeit der Stellungnahme der EU-Kommission und/oder anderer nationaler Regulierungsbehörden binnen einer Frist, die mindestens einen Monat beträgt (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 TKG) Keine Stellungnahme
Stellungnahme mit Hinweisen
Stellungnahme „ernsthafte Zweifel“ (§ 12 Abs. 2 Nr. 3 S. 1 TKG)
Den Stellungnahmen ist weitestgehend Rechnung zu tragen und daraus folgender Entwurf ist EU-Kommission zu übermitteln (§ 12 Abs. 2 Nr. 2 TKG)
Aufschub von zwei Monaten
600 | Heun
Rücknahme Stellungnahme
Rücknahme Entwurf
Veto der EUKommission (§ 12 Abs. 2 Nr. 3 S. 2 TKG)
Zurück zu Notifizierung mit geändertem Entwurf, ggf. auch erneute Anhörung (§ 12 Abs. 2 Nr. S. 2-4 TKG) – Konsolidierungsentwurf oder Beendigung des Verfahrens mittels Unterrichtung des Bundeswirtschaftsministeriums (§ 12 Abs. 2 Nr. S. 5 TKG)
Rz. 63 G
Systematik der Marktregulierung nach dem TKG
Ergebnis Marktdefinition und Marktanalyse Wirksamer Wettbewerb
Kein wirksamer Wettbewerb (§ 9 Abs. 2 TKG)
Eine gesonderte abschließende Veröffentlichung erfolgt nicht, sondern erst gemeinsam mit der Regulierungsverfügung (§ 13 Abs. 3 TKG)
Stufe 2: Regulierungsverfügung (§§ 13, 12 TKG) Wirksamer Wettbewerb
Kein wirksamer Wettbewerb
Ausnahme
Keine Auferlegung von Voraberpflichtungen bzw. Aufhebung bereits auferlegter bzw. übergangsweise fortbestehender Verpflichtungen (§§ 9 Abs. 1, 13 Abs. 1 TKG); Ausnahme: § 18 TKG (siehe letzte Spalte)
Auferlegung von Vorabverpflichtungen (§§ 9 Abs. 2, 13 Abs. 1, 3 TKG)
Auferlegung von Vorabverpflichtungen ausnahmsweise ggü. Unternehmen, die (nur) Zugang zum Endnutzer kontrollieren
Veröffentlichung des Entwurfs (§ 13 Abs. 1 S.1 und 4, § 12 Abs. 1 TKG) – Konsultationsentwurf Kommentierung des Entwurfs durch interessierte Parteien binnen einer von der BNetzA festgesetzten Frist, die regelmäßig einen Monat beträgt (§ 13 Abs. 1 S.1 und 4, § 12 Abs. 1 TKG) Notifizierung des (ggf. infolge der Kommentierung und etwaiger weiterer Informationsanfragen bzw. Auskunftsverlangen überarbeiteten) Entwurfs gegenüber der EU-Kommission (§ 13 Abs. 1 S.1 und 4, § 12 Abs. 2 Nr. 1 TKG) – Notifizierungsentwurf Möglichkeit Stellungnahme der EU-Kommission und/oder anderer nationaler Regulierungsbehörden binnen einer Frist, die mindestens einen Monat beträgt (§ 13 Abs. 1 S.1 und 4, § 12 Abs. 2 Nr. 1 TKG)
Heun | 601
G Rz. 63
Verfahren der Marktregulierung
Keine Stellungnahme
Stellungnahme mit Hinweisen Den Stellungnahmen ist weitestgehend Rechnung zu tragen und daraus folgender Entwurf ist EU-Kommission zu übermitteln (§ 13 Abs. 1 S.1 und 4, § 12 Abs. 2 Nr. 2 TKG).
Veröffentlichung und Inkraftsetzung der Regulierungsverfügung als einheitlicher Verwaltungsakt mit den Ergebnissen der Marktdefinition und Marktanalyse (§ 13 Abs. 3 TKG) Stufe 3: Weitere Rechtsfolgen aus dem TKG Wirksamer Wettbewerb
Kein wirksamer Wettbewerb
Ausnahme
Keine Vorabverpflichtungen, keine weiteren Rechtsfolgen aus dem TKG; Ausnahme: § 18 TKG (siehe letzte Spalte)
Auferlegte Vorabverpflichtungen sind durchsetzbar durch Zugangsanordnung (§ 25 TKG) oder Streitbeilegungsverfahren (§ 133 TKG)
Auferlegte Vorabverpflichtungen sind durchsetzbar durch Zugangsanordnung (§ 25 TKG) oder über § 18 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 42 Abs. 4 TKG
Keine Entgeltregulierung; Ausnahme: § 18 TKG (siehe letzte Spalte)
Entgeltregulierung findet Anwendung (§ 30 TKG); ob Entgeltgenehmigungsverfahren oder nachträgliche Entgeltregulierung erfolgt, ist abhängig von den Voraussetzungen der §§ 30 und 39 TKG.
Nur nachträgliche Entgeltregulierung (§ 30 Abs. 4 TKG)
Keine besondere Missbrauchsaufsicht
Besondere Missbrauchsaufsicht (§§ 42, 43 TKG) ist anwendbar auf die Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht in den relevanten (definierten) Märkten
Keine besondere Missbrauchsaufsicht
602 | Heun
Konsultations- und Konsolidierungsverfahren
Rz. 65 G
Außerhalb der vorstehend dargestellten Systematik steht die Befugnis der BNetzA, nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG einstweilige Maßnahmen zu erlassen, ohne Konsultations- und Konsolidierungsverfahren einhalten zu müssen (dazu näher unter Rz. 75 ff.). Sämtliche Maßnahmen, die von der BNetzA auf den drei Regulierungsstufen getroffen werden, sind nach § 26 TKG (Zugangsregulierung) und § 36 TKG (Entgeltregulierung) unter Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zu veröffentlichen. Zwar bezieht sich der Wortlaut von § 26 TKG nur auf Abschnitt 2 des TKG, also die §§ 16 bis 25 TKG, indes geht es dort sowohl um die Auferlegung von Verpflichtungen mittels Regulierungsverfügung wie auch um Zugangsanordnungen oder Verfahren nach § 23 TKG zur Überprüfung eines Standardangebots. Lediglich für Maßnahmen der besonderen Missbrauchsaufsicht fehlt eine derartige gesetzliche Verpflichtung, man wird hier indes § 26 TKG analog anzuwenden haben. In der Praxis veröffentlicht die BNetzA auch solche Maßnahmen. Aus den einzelnen dargestellten Stufen ist eine gewisse Ähnlichkeit zu gestuften Verwaltungsverfahren bei komplexen Entscheidungsprozessen wie etwa im Atom- und Immissionsschutzrecht zu erkennen1. Die einzelnen Akte bauen aufeinander auf, indem die Regulierungsverfügung auf der zweiten Stufe eine Marktdefinition und Marktanalyse auf der ersten Stufe voraussetzt, deren Ergebnis das Bestehen beträchtlicher Markmacht eines oder mehrerer Unternehmen ist (zur Qualität und rechtlichen Einordnung der Regulierungsverfügung siehe unten Rz. 204). Auf der Regulierungsverfügung wiederum bauen die Anordnungs- und Streitbeilegungsentscheidungen der BNetzA in der dritten Stufe auf. Das Verfahren der Marktregulierung ist sowohl in Bezug auf Marktdefinition und Marktanalyse wie auch in Bezug auf die Regulierungsverfügung nach § 132 Abs. 1 TKG ein Beschlusskammerverfahren. Besonderheiten ergeben sich aber einerseits aus den Verfahrensregelungen des § 12 TKG wie auch hinsichtlich Marktdefinition und Marktanalyse, da die diesbezüglichen Festlegungen gemäß § 132 Abs. 4 S. 2 TKG durch die Präsidentenkammer erfolgen.
64
4. Konsultations- und Konsolidierungsverfahren Die vorstehend dargestellte Systematik der Marktregulierung in der Praxis der BNetzA unter dem TKG verdeutlicht, dass die damit in Zusammenhang stehenden Konsultations- und Konsolidierungsverfahren in inhaltlicher wie zeitlicher Hinsicht von maßgeblicher Bedeutung für die Marktregulierung und damit für die Schaffung von Rechtssicherheit in den deutschen Telekommunikationsmärkten sind. Daher wird eine Betrachtung dieser Verfahren vorangestellt. Nach § 10 Abs. 3 und § 11 Abs. 3 TKG sind die Ergebnisse _______________
1 Siehe Stelkens/Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 35 Rz. 82a. Kopp/ Ramsauer, VwVfG, § 9 Rz. 43 spricht auf von „vorgreiflichen Verfahren“.
Heun | 603
65
G Rz. 66
Verfahren der Marktregulierung
von Marktdefinition und Marktanalyse von der BNetzA der EU-Kommission im Verfahren nach § 12 TKG vorzulegen, wenn diese Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten haben (Konsolidierungsverfahren). Zugleich ist in § 12 Abs. 1 TKG festgelegt, dass die BNetzA interessierten Parteien zu dem Entwurf der Ergebnisse nach den §§ 10 und 11 TKG Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer festgesetzten Frist geben muss (Konsultationsverfahren). Mit der ausdrücklichen Ausdehnung des Konsultationsverfahrens auch auf die Marktanalyse schließt das TKG damit zweckentsprechend die diesbezügliche europarechtliche Lücke (siehe oben Rz. 31 ff.). Schließlich ist die BNetzA nach § 13 Abs. 1 TKG verpflichtet, Konsultations- und Konsolidierungsverfahren auch durchzuführen, wenn sie infolge der Marktanalyse nach § 11 TKG (Vorab-)Verpflichtungen auferlegt, ändert, beibehält oder widerruft (Regulierungsverfügung), sofern wiederum die Maßnahme Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten hat. (Zum Umgang mit Altverpflichtungen aus dem TKG 1996 näher unten Rz. 225 ff.) Somit kommen Konsultations- und Konsolidierungsverfahren, wie in den europarechtlichen Vorgaben der Art. 6 und 7 Rahmenrichtlinie vorgesehen, zur Anwendung. 66
Nach § 13 Abs. 1 S. 3 TKG kann die Regulierungsverfügung zusammen oder im Anschluss an Marktdefinition und Marktanalyse in dem Verfahren nach § 12 TKG, also Konsultations- und Konsolidierungsverfahren, erfolgen. Obwohl damit ein Ermessen seitens der BNetzA darüber besteht, ob Marktdefinition und Marktanalyse einerseits und Regulierungsverfügung andererseits zusammen oder getrennt in Konsultations- und Konsolidierungsverfahren gehen, ist aus der bisherigen Praxis der BNetzA nicht ersichtlich, dass diese hier überhaupt ein Ermessen ausgeübt oder jedenfalls die diesbezügliche Ermessenausübung begründet hat. In der Praxis wurden schlicht Konsultations- und Konsolidierungsverfahren vollumfänglich getrennt durchgeführt (siehe oben Rz. 53 f.). Demgegenüber heißt es in der Gesetzesbegründung ausdrücklich, „zur Gewährleistung eines effizienten Verfahrens soll die erforderliche Konsultation und Konsolidierung der Regulierungsverfügung zusammen mit der in § 12 geregelten Konsultation und Konsolidierung der Ergebnisse der Marktuntersuchungen … erfolgen“1.
Zwar sah zu diesem Zeitpunkt der Gesetzentwurf noch zwingend eine Verbindung der Verfahren und kein Ermessen wie die Endfassung des Gesetzes vor. Jedoch verdeutlicht dies dennoch, dass auch der Gesetzgeber (wie die EU-Kommission) davon ausging, die Verfahren würden gemeinsam durchgeführt. Die BNetzA hat sich davon indes unbeirrt gezeigt, wobei die Trennung offenbar vornehmlich deswegen geschieht, weil die EU-Kommission hinsichtlich der Regulierungsverfügung kein Vetorecht besitzt (siehe oben Rz. 43). Allerdings haben die bisher getrennt durchgeführten Verfahren auch _______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 63.
604 | Heun
Konsultations- und Konsolidierungsverfahren
Rz. 67 G
gezeigt, dass Marktdefinition und Marktanalyse regelmäßig mit Blick auf die daran anknüpfenden Maßnahmen (Regulierungsverfügung) kommentiert werden. Es ist daher zu hoffen, dass spätestens bei den ersten Überprüfungen (dazu näher unten Rz. 201 ff.), jedenfalls aber dann, wenn das Vetorecht der EU-Kommission auf die Maßnahmen ausgedehnt werden sollte (siehe oben Rz. 55 f.), die Verfahren auch von der BNetzA gemeinsam durchgeführt werden. Dieser Forderung entsprechend hat die BNetzA anlässlich der ersten Überprüfung von Marktdefinition und Marktanalyse gemäß § 14 Abs. 2 TKG (dazu unten Rz. 201 ff.) zu Markt Nr. 11 der Märkteempfehlung (TAL) diese gemeinsam mit dem Entwurf der diesbezüglichen Regulierungsverfügung vorgelegt1. 4.1 Konsultationsverfahren Das in § 12 Abs. 1 TKG vorgesehene Konsultationsverfahren ist eine Sonderregelung sowohl zum allgemeinen, in § 28 VwVfG vorgesehenen verwaltungsrechtlichen Anhörungsrecht als auch zu der besonderen Anhörungsregelung im Beschlusskammerverfahren nach § 135 TKG. Letzteres hat nach der Rechtsprechung Auswirkungen auf die Frage der Notwendigkeit einer öffentlichen mündlichen Verhandlung im Rahmen des Konsultationsverfahrens: Während nämlich in Bezug auf den Erlass der Regulierungsverfügung nach § 132 Abs. 1 TKG die zuständige Beschlusskammer entscheide und diese somit grundsätzlich eine mündlichen Anhörung nach § 135 Abs. 3 TKG durchzuführen habe, liege hinsichtlich der Ergebnisse, die aus Marktdefinition und Marktanalyse nach §§ 10, 11 TKG folgten, keine Entscheidung im vorgenannten Sinne vor, weil es sich hier nach § 132 Abs. 4 S. 2 TKG lediglich um „Festlegungen“ handele2. Demzufolge wäre im Rahmen des Konsultationsverfahrens für Marktdefinition und Marktanalyse keine öffentliche mündliche Verhandlung erforderlich, wohl aber im Konsultationsverfahren für die Regulierungsverfügung. Dieses Ergebnis ist zunächst hinsichtlich der Marktdefinition und Marktanalyse sachgerecht, weil die anhörungsberechtigten Personen genügend Zeit im Rahmen des Konsultationsverfahrens haben, ihre Kommentare vorzubringen. Gleiches gilt aber auch für das Konsultationsverfahren für die Regulierungsverfügung. Die von der Rechtsprechung vorgenommene Abgrenzung zwischen Entscheidungen und Festlegungen taugt dagegen für die Frage der _______________
1 Siehe BNetzA, Konsultationsentwurf Marktdefinition und Marktanalyse Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung v. 4.4.2007, BK1-06/003, BNetzA Mitteilung. Nr. 214/2007, ABl. Nr. 7/2007 sowie Konsultationsentwurf Regulierungsverfügung zum Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung v. 4.4.2007, BK4-07/002/R, BNetzA Mitteilung. Nr. 223/2007, ABl. Nr. 7/2007. 2 VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de, S. 4 unter Punkt 3.2. Unentschieden, aber jedenfalls bei Unterlassung kein Argument für Nichtigkeit nach § 44 VwVfG: BVerwG, Urt. v. 14.2.2007 – 6 C 28.05, Rz. 33 f. (S. 18 f.) des amtlichen Umdrucks.
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G Rz. 68
Verfahren der Marktregulierung
Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung nicht. Denn auch wenn § 132 Abs. 4 S. 2 TKG von Festlegungen spricht, wird wegen § 11 Abs. 3 TKG im Rahmen der Marktanalyse eine Entscheidung getroffen, ob für einen relevanten Markt wirksamer Wettbewerb besteht oder nicht, und im letztgenannten Fall werden die Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht benannt (zu den sich daraus ergebenden Auswirkungen für die rechtliche Qualifikation von Marktdefinition und Marktanalyse siehe unten Rz. 214). Dies folgt auch aus § 150 Abs. 1 TKG, wenn dort einheitlich, und zwar auch im Zusammenhang mit früheren Feststellungen einer marktbeherrschenden Stellung, von Entscheidungen nach Teil 2 des Gesetzes gesprochen wird. Eine in Bezug auf die Anhörung unterschiedliche Behandlung der Regulierungsverfügung gegenüber Marktdefinition und Marktanalyse ist daher nicht gerechtfertigt. Es bleibt dann allerdings dabei, dass es wegen der Sonderregelung in § 12 Abs. 1 TKG sachgerecht ist, wenn im Rahmen des Verfahrens der Marktregulierung eine mündliche Anhörung bzw. Verhandlung unterbleibt1. 68
Anhörungsgegenstand sind nach § 12 Abs. 1 S. 1 TKG der Entwurf der Ergebnisse nach den §§ 10,11 TKG, d. h. der Marktdefinition und der Marktanalyse in dem Umfang, wie sie durch die dortigen Regelungen bestimmt sind. Gleiches gilt für den Entwurf einer Regulierungsverfügung durch den Verweis in § 13 Abs. 1 S. 1 TKG. Dies erfasst freilich nicht nur die Marktdefinition selbst sowie die Feststellung, dass wirksamer Wettbewerb besteht oder nicht sowie ggf. die Nennung der marktbeherrschenden Unternehmen. Da sich schon das allgemeine Anhörungsrecht des § 28 VwVfG auf „die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen“ erstreckt, kann nichts anderes für das hiesige Konsultationsverfahren gelten. Daher sind auch die Tatsachengrundlagen und Erwägungen der BNetzA einzubeziehen, die zu den Ergebnissen führen. Andernfalls liefe die mit Art. 6 Rahmenrichtlinie intendierte umfassende Transparenz bei Verfahren und Entscheidungen durch die nationalen Regulierungsbehörden2 leer. Demgegenüber hält es die Rechtsprechung für ausreichend, wenn lediglich der Tenor der Festlegungen nach §§ 10 und 11 TKG bzw. der Maßnahmen nach § 13 Abs. 1 S. 1 TKG im Konsultationsverfahren veröffentlicht werde3. Dies folge daraus, dass erst im Konsolidierungsverfahren nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 TKG von einer „Begründung“ die Rede sei und anderenfalls jede Änderung der Begründung nach Durchführung der Konsultation eine erneute Konsultationspflicht auslösen könnte. Dieser Sichtweise ist zuzugestehen, dass Änderungen in der _______________
1 So auch die ausdrückliche Praxis der BNetzA, vgl. etwa Regulierungsverfügung v. 23.6.2006 – BK2a-06/001-R (Endnutzermärkte Festnetztelefonie), BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006, S. 1742 (1784; entspricht S. 42 des amtlichen Umdrucks). 2 Siehe Erwägungsgrund (15) der Rahmenrichtlinie. 3 VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 37 ff. und 1 K 4148/06, Absatz Nr. 24 ff. sowie Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 4314/06, Absatz Nr. 38 ff., jeweils über www.justiz.nrw.de.
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Konsultations- und Konsolidierungsverfahren
Rz. 71 G
Begründung der Entwürfe nicht erneut eine Konsultationspflicht auslösen können, sofern dies nicht die Ergebnisse verändert. Indes ändert dies nichts daran, dass auch die Begründung im Sinne der für die Ergebnisse erheblichen Tatsachen (§ 28 VwVfG) zum Gegenstand des Konsultationsverfahrens zu machen ist. Anhörungsberechtigt sind „interessierte Parteien“, denen die BNetzA Gelegenheit zur Stellungnahme geben muss. Die Formulierung entstammt Art. 6 Rahmenrichtlinie; der Gesetzgeber versteht darunter aber den gleichen Kreis von Berechtigten wie in § 134 TKG1, d. h. jegliche Personen und Personenvereinigungen, deren Interessen berührt werden. So erklärt sich die Verwendung des Begriffs „Beteiligten“ in § 12 Abs. 1 S. 3 TKG. Da die BNetzA nach § 12 Abs. 1 S. 2 TKG zudem verpflichtet ist, Anhörungsverfahren und deren Ergebnisse zu veröffentlichen, hat allerdings praktisch jedermann Zugang zu den Entwürfen für Marktdefinition und Marktanalyse. Daher hat die Frage einer etwaigen Abgrenzung des hier berechtigten Personenkreises wenig praktische Relevanz2. Aus dem Anhörungsrecht folgt zugleich eine Pflicht der BNetzA, die Stellungnahmen zur Kenntnis zu nehmen und zu berücksichtigen.
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Die Veröffentlichung erfolgt im Amtsblatt sowie auf der Website der BNetzA (§ 5 TKG). Zusätzlich dazu ist die BNetzA in Umsetzung von Art. 6 S. 3 Rahmenrichtlinie nach § 12 Abs. 1 S. 4 TKG verpflichtet, eine einheitliche Informationsstelle zu errichten, bei der eine Liste aller laufenden Anhörungen vorgehalten wird. Dies hat die BNetzA auf ihrer Website vorgesehen3. Bei der Veröffentlichung hat die BNetzA nach § 12 Abs. 1 S. 3 TKG freilich die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beteiligten zu wahren. Wegen des Wortlauts ist hierauf § 136 TKG (siehe dazu C. Rz. 130) zwar nicht unmittelbar anwendbar, es spricht jedoch viel dafür, diese Regelung hier analog anzuwenden.
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Der Ablauf des Konsultationsverfahrens in der Praxis stellt sich wie folgt dar: Zunächst führt die BNetzA Informationsanfragen bzw. Auskunftsverlangen gegenüber den Marktbeteiligten durch, um die für Marktdefinition und Marktanalyse notwendigen Marktdaten zu erlangen. Die Rechtsgrundlage dafür lieferte vor Inkrafttreten des TKG 2004 § 72 Abs. 1 Nr. 1 TKG 1996 sowie danach § 127 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 TKG (siehe auch C. Rz. 81 ff.). Daraufhin beginnt das eigentliche Konsultationsverfahren, indem die BNetzA den betreffenden Entwurf veröffentlicht. Typischerweise setzt die BNetzA mit der Veröffentlichung eine Kommentierungsfrist von einem Monat für die Stellungnahmen der interessierten Parteien. Diese Stellungnahmen werden nach Eingang unter Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
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_______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 62. 2 Dies gilt erst recht, weil nach § 13 Abs. 3 VwVfG ein Anhörungsberechtigter nicht zugleich Beteiligter sein muss. 3 Siehe www.bundesnetzagentur.de, Link „Einheitliche Informationsstelle“.
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G Rz. 72
Verfahren der Marktregulierung
ebenfalls veröffentlicht. Danach beginnt gemäß § 12 Abs. 2 TKG das Konsolidierungsverfahren. Mit dieser zeitlichen Abfolge setzt sich das TKG in Widerspruch zum Verständnis der EU-Kommission, dass Konsultationsund Konsolidierungsverfahren eigentlich gleichzeitig erfolgen sollten1 (siehe oben Rz. 39, 41). Diese Vorgehensweise ist allerdings von der EU-Kommission, anders als die Trennung von Konsultations- und Konsolidierungsverfahren, für Marktdefinition und Marktanalyse einerseits sowie Regulierungsverfügung andererseits, nicht beanstandet worden (siehe oben Rz. 53 f., 66). 72
Abschließend ist zu bemerken, dass das in § 12 Abs. 1 TKG geregelte Konsultationsverfahren über § 15 TKG eine allgemeine Bedeutung erhält. Dort ist nämlich vorgesehen, dass das Konsultationsverfahren auch bei sämtlichen anderen Maßnahmen durchzuführen ist, die beträchtliche Auswirkungen auf den „betreffenden Markt“ haben. Mit dem Hinweis auf den betreffenden Markt dürften nur die bereits nach § 10 TKG festgelegten Märkte gemeint sein, wobei es freilich ausreicht, wenn die Maßnahme Auswirkungen auf einen solchen Markt hat. Daher kann sich die aus § 15 TKG ergebende Anhörungspflicht auch auf Maßnahmen beziehen, die nicht auf diesen Märkten erfolgen, sondern anderweitige Bereiche betreffen, die sich aber auf einen bereits definierten Markt beträchtlich auswirken. In diese Kategorie dürfte etwa die Anhörung der BNetzA zur Identifizierung neuer Märkte und deren regulatorischer Behandlung vom 22.2.2006 fallen2, aber auch etwaige Anhörungen zur Frequenzvergabe, soweit die dortigen Märkte etwa mit Blick auf den Teilnehmeranschluss und den Breitbandzugang relevant sind (z. B. BWA). 4.2 Konsolidierungsverfahren
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Abgesehen von der soeben dargestellten zeitlichen Abfolge von Konsultations- und Konsolidierungsverfahren (oben Rz. 71) wird in § 12 Abs. 2 Nr. 1–3 TKG die Regelung des Konsolidierungsverfahrens in Art. 7 Abs. 3 bis 5 Rahmenrichtlinie weitgehend wörtlich übernommen. Hinzugekommen ist lediglich in § 12 Abs. 2 Nr. 3 S. 2 TKG die klarstellende Regelung, dass die Vetoentscheidung der Kommission (siehe oben Rz. 46) für die BNetzA bindend ist sowie die weiteren Rechtsfolgen. Diese Rechtsfolgen sind entweder eine erneute Vorlage des überarbeiteten Entwurfs oder die Unterrichtung des Bundeswirtschaftsministeriums durch die BNetzA (§ 12 Abs. 2 Nr. 3 S. 5 TKG). Letzteres dient dazu, es der Bundesregierung zu ermöglichen, gegen die Entscheidung der EU-Kommission vor dem EuGH vorzugehen3. Wie in den europarechtlichen Vorgaben vorgesehen, gilt das Veto_______________
1 Interessanterweise benutzt auch § 12 Abs. 2 Nr. 1 TKG das Wort „gleichzeitig“, aber in dem Verständnis, dass im Rahmen des Konsolidierungsverfahrens die EUKommission und die anderen nationalen Regulierungsbehörden den Entwurf der Ergebnisse „gleichzeitig“ erhalten. 2 Zu finden unter www.bundesnetzagentur.de Link „Aktuelle Anhörungen“. 3 Vgl. BT-Drucks. 15/2316, S. 63.
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Einstweilige Maßnahmen
Rz. 77 G
verfahren nur für Marktanalyse und Marktdefinition, nicht aber für die Regulierungsverfügung. Zwar stellen sowohl § 10 Abs. 3 und § 11 Abs. 3 TKG wie auch § 13 Abs. 1 S. 1 TKG die Vorlagepflicht gegenüber der EU-Kommission unter den Vorbehalt, dass die Ergebnisse bzw. Maßnahmen Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten haben müssen. In der Praxis hat dieses Kriterium aber bislang nicht dazu geführt, dass die BNetzA dessen Vorliegen verneint hätte. Die BNetzA trägt daher dem diesbezüglich weiten Verständnis der EU-Kommission Rechnung (siehe oben Rz. 38). Hinsichtlich des Ablaufs und der sonstigen Rahmenbedingungen des Konsolidierungsverfahrens wird auf die obige Darstellung (Rz. 35 ff.) verwiesen.
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5. Einstweilige Maßnahmen Wie in Art. 7 Abs. 6 Rahmenrichtlinie vorgesehen (dazu oben Rz. 49 f.), kann die BNetzA nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG angemessene vorläufige Maßnahmen treffen, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die es nach Ansicht der BNetzA rechtfertigen, Konsultations- und Konsolidierungsverfahren nicht einzuhalten, um den Wettbewerb zu gewährleisten und Nutzerinteressen zu schützen. Diese Regelung ist lex specialis gegenüber § 130 TKG für den Bereich der Marktregulierung. Dies bedeutet, dass Gegenstand der vorläufigen Maßnahmen nur solche sein können, die mittels Regulierungsverfügung, d. h. entsprechend dem in § 13 Abs. 1 und 3 TKG genannten Maßnahmenkatalog auferlegt werden können1.
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Im Verwaltungsverfahrensrecht sind für vorläufige Maßnahmen keine besonderen Bestimmungen vorhanden. Indes handelt es sich um selbständige Verwaltungsverfahren, die allerdings mit dem weiteren (Hauptsache-)Verfahren eine rechtliche Einheit bilden2. Es erfolgt ein vorläufiger Verwaltungsakt, dessen möglicher Umfang aber durch die Vorläufigkeit begrenzt ist und der deswegen keine endgültige Regelung treffen kann. Folgerichtig sieht daher § 12 Abs. 2 Nr. 4 S. 3 TKG vor, dass Konsultations- und Konsolidierungsverfahren (wieder) eingehalten werden müssen, wenn die vorläufige Maßnahme dauerhaft gemacht oder verlängert werden soll. Zugleich ist damit ausgedrückt, dass derartige Maßnahmen befristet werden müssen.
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Eine vorläufige Maßnahme nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG setzt voraus, dass
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– – – –
außergewöhnliche Umstände vorliegen, die vorläufige Maßnahmen erfordern, um den Wettbewerb zu gewährleisten und Nutzerinteressen zu schützen.
_______________
1 A. A. offenbar Berl.KommTKG/Gurlitt, § 12 Rz. 45. 2 Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 9 Rz. 21.
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G Rz. 77
Verfahren der Marktregulierung
Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Außergewöhnliche Umstände können darin liegen, dass die Durchführung von Konsultationsund Marktanalyseverfahren nicht abgewartet werden kann, um Fehlentwicklungen in den Telekommunikationsmärkten entgegenzuwirken. So etwa, wenn von der Auferlegung einer Zugangsverpflichtung nach § 21 Abs. 2 oder 3 TKG abgesehen worden ist, weil das betroffene Unternehmen freiwillige Angebote dem Markt unterbreitet hat (§ 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TKG) und diese freiwilligen Angebote plötzlich zurückgezogen werden1. Solche Umstände können auch dadurch eintreten, dass die Durchführung von Konsultations- und Konsolidierungsverfahren (auch durch die von der BNetzA vorgenommene Trennung) derart viel Zeit in Anspruch nimmt, dass vorläufige Maßnahmen getroffen werden müssen. So etwa im Fall der Auferlegung der Verpflichtung zur Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl nach § 40 Abs. 1 TKG2, wo immerhin ein Jahr zwischen Inkrafttreten des TKG 2004 und der Auferlegung einer vorläufigen Verpflichtung sowie ein weiteres Jahr bis zur Auferlegung der Verpflichtung mittels Regulierungsverfügung verging. Die außergewöhnlichen Umstände können sich angesichts der offenen Formulierung auf tatsächliche oder rechtliche Umstände beziehen3. Allerdings bedürfen diese Maßnahmen der besonderen Rechtfertigung, nämlich dass sie den Wettbewerb gewährleisten und Nutzerinteressen schützen. Es muss daher eine Gefährdung dieser beiden Rechtsgüter vorliegen. Dabei kann es freilich nicht um den gesamten Wettbewerb sowie die Gesamtheit der Nutzerinteressen gehen. Vielmehr kommt es auf die im Einzelfall betroffenen Interessenlagen an. Denn angesichts der Stellung von § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG im Konsolidierungsverfahren geht es im Zweifel bei den vorläufigen Maßnahmen um einen bestimmten relevanten Markt und
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1 In diesem Sinne VG Köln, Urt. v. 26.10.2005 – 21 K 4639/05, Absatz Nr. 24 über www.justiz.nrw.de. 2 BNetzA, Beschl. v. 18.7.2005 – BK 2a 05/002. Bestätigt durch VG Köln, Urt. v. 26.10.2005 – 21 K 4639/05, dort allerdings unter Heranziehung der Übergangsregelung des § 150 Abs. 1 TKG und nicht des § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG. Zwischenzeitlich ersetzt durch die Regulierungsverfügung der BNetzA für die Märkte Nr. 1–6 der Märkteempfehlung v. 5.7.2006 – BK 2a-06-001-R (Endnutzermärkte Festnetztelefonie), BNetzA Mittelung Nr. 249/2006, ABL. Nr. 13/2006. 3 Interessanterweise hat die BNetzA neben mit der Verpflichtung in Zusammenhang stehenden Missbrauchsverfahren die restriktive Rechtsprechung des VG Köln zur Fortgeltung von Verpflichtungen nach § 150 Abs. 1 TKG (siehe A. Rz. 81 ff.) als einen Fall außergewöhnlicher rechtlicher Umstände gesehen: BNetzA, Beschl. v. 18.7.2005 – BK 2a 05/002, S. 12 f. des amtlichen Umdrucks. Hierauf geht wiederum das VG Köln in seinem bestätigenden Urteil in keinem Wort ein. Es wendet vielmehr schlicht § 150 Abs. 1 TKG in der Weise an, dass die früheren Feststellung zur marktbeherrschenden Stellung der DTAG seitens der RegTP fortbestünden und somit eine Auferlegung der Verpflichtung nach § 40 Abs. 1 TKG unter den weiteren dort aufgeführten Voraussetzungen möglich und im konkreten Fall rechtmäßig sei: VG Köln, Urt. v. 26.10.2005 – 21 K 4639/05, Absatz Nr. 14 ff. über www.justiz.nrw.de.
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Einstweilige Maßnahmen
Rz. 79 G
die dort gegenüber einem oder mehreren Unternehmen zu treffenden Maßnahmen. Zu beachten ist freilich, dass § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG lediglich von der Durchführung der Konsultations- und Konsolidierungsverfahren befreit. Die sonstigen Voraussetzungen der betreffenden Maßnahme müssen von der BNetzA dagegen geprüft werden. Daher kann eine Maßnahme nur ergehen, wenn –
die marktbeherrschende Stellung des betroffenen Unternehmens geprüft, festgestellt und begründet wird (§ 9 Abs. 1 und 2 TKG) oder sich aus fortbestehenden Verpflichtungen (§ 150 Abs. 1 TKG) ergibt1 und
–
die sonstigen Voraussetzungen für die Auferlegung der betreffenden Verpflichtung (etwa § 18 oder § 21 TKG) vorliegen, geprüft und begründet worden sind2.
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Daher sind die inhaltlichen Anforderungen auch an eine vorläufige Maßnahme die gleichen wie bei einer endgültigen Maßnahme. Dies hat dazu geführt, dass die BNetzA auch über Selbstverpflichtungen des marktbeherrschenden Unternehmens die Zeit bis zum Abschluss der Konsultations- und Konsolidierungsverfahren zu überbrücken sucht3. Eine solche Vorgehensweise ist abzulehnen. Zum einen wegen der fehlenden Transparenz der zwischen der BNetzA und dem betroffenen Unternehmen auszuhandelnden Selbstverpflichtung. Zum anderen, weil solche Notlösungen von den Aufgaben der BNetzA, Marktdefinition und Marktanalyse unverzüglich (siehe unten Rz. 119) durchzuführen, ablenken. Sofern vorläufige Maßnahmen getroffen werden, sind die EU-Kommission und die übrigen nationalen Regulierungsbehörden hiervon gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 4 S. 2 TKG unverzüglich zu unterrichten.
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1 Siehe VG Köln, Beschl. v. 2.2.2005 – 1 L 3522/04, S. 5 f. des amtlichen Umdrucks sowie VG Köln, Urt. v. 26.10.2005 – 21 K 4639/05, Absatz Nr. 14 ff. über www. justiz.nrw.de. 2 VG Köln, Beschl. v. 2.2.2005 – 1 L 3522/04, S. 6 des amtlichen Umdrucks sowie VG Köln, Urt. v. 26.10.2005 – 21 K 4639/05, Absatz Nr. 20 ff. über www.justiz. nrw.de. 3 So im Falle der Entgeltregulierung für Mietleitungen, wo das VG Köln mit Beschl. v. 2.2.2005 – 1 L 3522/04 die einstweiligen Maßnahmen der BNetzA wegen mangelnder Prüfung aller relevanter Voraussetzungen ausgesetzt hat. Daraufhin erfolgte eine Selbstverpflichtung der DTAG, auf deren Grundlage die BNetzA das erneut eingeleitete Verfahren zur Auferlegung einstweiliger Maßnahmen eingestellt hat: BNetzA, Beschl. v. 10.5.2005 – BK 3b-05/028.
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G Rz. 80
Verfahren der Marktregulierung
6. Begriffsbestimmungen 80
In den TKG-Bestimmungen zum Verfahren der Marktregulierung werden verschiedene Begriffe verwendet und legaldefiniert, die von grundlegender Bedeutung für die Anwendung und das Verständnis der dort getroffenen Regelungen sind. Insbesondere greift der Gesetzgeber dabei die europarechtlich verwendete Terminologie auf und verdeutlicht diese für Zwecke der Anwendung durch die BNetzA stärker als dies in den EU-Richtlinien der Fall ist. 6.1 „Telekommunikationsmärkte“
81
In § 10 Abs. 1 TKG wird die Pflicht der BNetzA zur Marktdefinition auf „Telekommunikationsmärkte“ bezogen. Dieser Begriff wird in den anderen Vorschriften zum Verfahren der Marktregulierung nicht benutzt und im Gesetz auch nicht legaldefiniert, begrenzt und verdeutlicht aber den Anwendungsbereich der Marktdefinition. Unter Telekommunikationsmärkten sind zunächst sämtliche Märkte zu verstehen, auf denen Telekommunikationsdienste angeboten bzw. erbracht werden. Telekommunikationsdienste sind wiederum in § 3 Nr. 24 TKG legaldefiniert als „in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen“.
Diese Definition ist umfassend zu verstehen (siehe A. Rz. 43 ff.). Allerdings erstreckt sich das hier notwendige Verständnis von Telekommunikationsmärkten über die Definition von Telekommunikationsdiensten hinaus, und zwar soweit es (auch) um die Regulierung von Vorleistungsmärkten geht. Dies wird insbesondere anhand des Marktes Nr. 11 (TAL) der Märkteempfehlung deutlich. Denn hier erbringt das zugangsverpflichtete Unternehmen typischerweise keine Signalübertragung, sondern gewährt Zugang zum physikalischen Vorprodukt (Kupferdraht). Daher muss man den in § 10 Abs. 1 TKG verwendeten Begriff der Telekommunikationsmärkte offener verstehen, als es die Begrifflichkeit nahe legt. Dementsprechend ist beispielsweise in § 9 TKG auch lediglich von „Märkten“ die Rede. 82
Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass aufgrund der europarechtlichen Vorgaben unter dem Regime des heutigen TKG gegenüber dem TKG 1996 eine deutlichere Unterscheidung und Abgrenzung vorgenommen wird (siehe oben Rz. 13) zwischen Endnutzermärkten einerseits und Vorleistungsmärkten andererseits. So ergibt sich insbesondere aus der Märkteempfehlung eine deutlich stärkere Betonung der Vorleistungsmärkte, als dies unter dem früheren Regime der Fall war. Dies liegt daran, dass mehr als früher die sektorspezifische Regulierung von Vorleistungsmärkten als Garant dafür gesehen wird, wirksamen Wettbewerb auf den Endnutzermärkten zu gewährleisten, um dort eine sektorspezifische Regulierung zu 612 | Heun
Begriffsbestimmungen
Rz. 84 G
vermeiden1. Auf europäischer Ebene wird zudem auch grundsätzlich zwischen Telekommunikationsmärkten für Privatkunden und solchen für Geschäftskunden unterschieden2. In der Praxis der BNetzA hat sich diese Unterscheidung anders als diejenige zwischen Vorleistungs- und Endnutzermärkten indes bislang nicht bestätigt3 (siehe unten Rz. 140). 6.2 „Nachhaltig wettbewerbsorientierter Markt“ An verschiedenen Stellen des TKG und in unterschiedlichen Zusammenhängen wird der Begriff des „nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes“ verwendet. So ausdrücklich in §§ 2 Abs. 2 Nr. 2, 9a Abs. 2, 18 Abs. 2, 21 Abs. 1, 29 Abs. 3, 39 Abs. 1, 60 Abs. 6, 121 Abs. 2, 144 Abs. 1 TKG, wobei § 40 Abs. 1 TKG eine ähnliche Formulierung mit eigener Definition verwendet. Es handelt sich bei diesem Begriff um eine Zielvorstellung (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG), die an den genannten Stellen im TKG der BNetzA ebenso als Prüfungsmaßstab wie als Zielvorgabe im Rahmen der Ermessensausübung für Entscheidungen bzw. Regulierungsmaßnahmen dienen soll. Dies gilt gleichermaßen für Maßnahmen, die das „Ob“ der Regulierung (§§ 9a Abs. 2, 18 Abs. 2, 21 Abs. 1, 39 Abs. 1 TKG) wie auch für Maßnahmen, die das „Wie“ der Regulierung (§§ 29 Abs. 3, 60 Abs. 6 TKG) betreffen.
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Nach § 3 Nr. 12 TKG ist ein nachhaltig wettbewerbsorientierter Markt
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„ein Markt, auf dem der Wettbewerb so abgesichert ist, dass er auch ohne sektorspezifische Regulierung besteht.“
Die Definition betrifft daher den Kern der Frage, ob eine sektorspezifische Regulierung überhaupt erfolgen soll. Sie steht damit in unmittelbarem Zusammenhang mit dem von der EU-Kommission verwendeten Drei-Kriterien-Test (siehe oben Rz. 12 ff.) zur Bestimmung regulierungsbedürftiger Märkte, der in den Wortlaut des § 10 Abs. 2 TKG Eingang gefunden hat (siehe unten Rz. 125 ff.). Zurück geht dieser Begriff auf die Formulierung in Art. 12 Abs. 1 Zugangsrichtlinie, wonach die Auferlegung von Zugangsverpflichtungen u. a. davon abhängig sein soll, dass anderenfalls die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes auf Endverbraucherseite behindert würde. Bereits vor diesem Hintergrund zeigt sich, dass der deutsche Gesetzgeber diesem Begriff angesichts seiner vielfältigen Verwen_______________
1 Dies kommt insbesondere in Art. 17 Abs. 1 Universaldienstrichtlinie zum Ausdruck, wonach die Vorabregulierung von Endnutzermärkten u. a. davon abhängig ist, dass Regulierungsmaßnahmen auf dem relevanten Vorleistungsmarkt nicht ausreichen. 2 Siehe Absatz Nr. 46 der Kommissionsleitlinien. 3 Vgl. Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 21.11.2005, Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten, öffentliche Inlandsgespräche an festen Standorten und öffentliche Auslandsgespräche an festen Standorten, Märkte Nr. 1–6 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 306-311), S. 48 ff.
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G Rz. 85
Verfahren der Marktregulierung
dung im TKG eine wesentliche höhere Bedeutung zukommen lässt, als dies in den europäischen Vorgaben vorgesehen ist. 85
Die hohe Bedeutung des Begriffs resultiert daraus, dass im ursprünglichen Gesetzentwurf des TKG eine Definition des „funktionsfähigen Wettbewerbs“ bestand, die dazu dienen sollte, im Rahmen der Prüfung für die Entscheidung über die Regulierungsbedürftigkeit von Märkten nach den §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 2 TKG der BNetzA gesetzliche Anhaltspunkte zu liefern1. Diese Begriffsdefinition sowie die Verwendung des Begriffs im Gesetz ist dann aber der weitern Diskussion um die Europarechtswidrigkeit von Kriterien zum Opfer gefallen, die im Richtlinienpaket 2002 nicht enthalten sind (siehe auch Rz. 125). Stattdessen wurde der Drei-Kriterien-Test in den Wortlaut des § 10 Abs. 2 TKG aufgenommen, da die ursprüngliche Definition von funktionsfähigem Wettbewerb nur Teile der drei Kriterien enthielt. Führt man sich nun diese Historie vor Augen, so stellt sich ernsthaft die Frage, was der Begriff des nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes überhaupt im Gesetz zu suchen hat, außer in dem Art. 12 Abs. 1 Zugangsrichtlinie nachgebildeten § 21 Abs. 1 TKG. Richtigerweise wird man dies verneinen müssen.
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Da die Legaldefinition eine ursprünglich vorgesehene Definition ersetzt, die dazu diente, regulierungsbedürftige Märkte zu identifizieren, dies aber nunmehr durch die Aufnahme des Drei-Kriterien-Test der EU-Kommission weitgehend europarechtskonform in § 10 Abs. 2 TKG erfolgt ist (siehe unten Rz. 125 ff.), bleibt für den Begriff des nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes und damit dessen Legaldefinition kein Raum mehr. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Begriff in § 9a TKG verwendet wird, um so genannte neue Märkte (dazu sogleich Rz. 88 ff. sowie Rz. 179 ff.) als nicht regulierungsbedürftig zu kennzeichnen. Damit werden nämlich durch die „Hintertür“ des TKG-Änderungsgesetzes vom 18.2.20072 die europarechtlichen Vorgaben, wie sie sich aus dem Zusammenspiel zwischen Drei-Kriterien-Test und Märkteempfehlung zur Feststellung (potenziell) regulierungsbedürftiger Märkte ergeben (dazu oben Rz. 12 f.), nachträglich ausgehebelt.
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Überdies bleibt freilich die Frage, was unter einem nachhaltig wettbewerbsorientiertem Markt anhand der Legaldefinition eigentlich verstanden werden soll. Denn soweit es heißt, dass auf diesem der Wettbewerb so abgesichert ist, dass er auch ohne sektorspezifische Regulierung, also Vorabregulierung (siehe oben Rz. 6, 60) existiert, wird in gewisser Weise eine Mischung aus dem zweiten und dritten Kriterium des Drei-Kriterien-Tests hergestellt: Das allgemeine Kartellrecht soll zur Marktregulierung ausreichen (ohne sektorspezifische Regulierung) und Tendenz zu wirksamem _______________
1 Vgl. BT-Drucks. 15/2316, S. 57. 2 BGBl. I, S. 106.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 88 G
Wettbewerb (dazu sogleich Rz. 91 ff.) ist gegeben (Wettbewerb so abgesichert). Insoweit kann auf die späteren Ausführungen verweisen werden (unten Rz. 127 f.). Indes wird man nicht umhin können, auch die Beschreibung „nachhaltigen Dienstewettbewerbs auf dem Mobilfunkendnutzermarkt“ aus § 40 Abs. 2 TKG hinzuzuziehen. Denn dort erfolgt eine zusätzliche Qualifikation dahingehend, dass für die nachhaltige Wettbewerbsorientierung chancengleicher Wettbewerb bestehen muss. Im konkreten Fall des § 40 Abs. 2 TKG setzt dies voraus, dass Mobilfunkdiensteanbieter von den Mobilfunknetzbetreibern die dafür erforderlichen Vorleistungen erhalten. Man wird nicht so weit gehen können, dass somit die Bereitstellung von Vorleistungen und damit die Gewährung von Zugang seitens der Marktteilnehmer mit Infrastrukturen immer zur Herstellung von Chancengleichheit erforderlich ist. Aber aus systematischen Erwägungen lässt sich auf die Legaldefinition jedenfalls übertragen, dass ein Wettbewerb nur dann als abgesichert gelten kann, wenn er chancengleich ist. Ob indes Chancengleichheit besteht, ist eine Frage, die durch Marktdefinition und Marktanalyse zu beantworten ist. Denn das Ergebnis von Marktdefinition und Marktanalyse ist, ob auf (potenziell) regulierungsbedürftigen Märkten wirksamer Wettbewerb besteht oder nicht. Sind die Märkte nicht (potenziell) regulierungsbedürftig oder besteht dort wirksamer Wettbewerb, dann kann davon ausgegangen werden, dass dieser chancengleich ist. Anderenfalls sind Regulierungsmaßnahmen nötig, um eben diese Chancengleichheit herzustellen. Auch vor diesem Hintergrund erweist sich freilich die Legaldefinition als überflüssig. Andererseits ermöglichen die vorstehenden Ausführungen auch eine europarechtskonforme Auslegung der Legaldefinition dahingehend, dass sie insbesondere im Rahmen von Marktdefinition und Marktanalyse lediglich eine bestätigende, nicht aber ergänzende Funktion besitzt.
6.3 „Neuer Markt“ Mit dem TKG-Änderungsgesetz ist eine höchst umstrittene Begriffsdefinition in das TKG aufgenommen worden, die ebenfalls eng mit der Frage nach der Regulierung bzw. Nichtregulierung neuer Märkte zusammen hängt. Es handelt sich um die Legaldefinition von „neuer Markt“ selbst in § 3 Nr. 12b TKG. Danach ist ein neuer Markt „ein Markt für Dienste und Produkte, die sich von den bislang vorhandenen Diensten und Produkten hinsichtlich der Leistungsfähigkeit, Reichweite, Verfügbarkeit für größere Benutzerkreise (Massenmarktfähigkeit), des Preises oder der Qualität aus Sicht eines verständigen Nachfragers nicht nur unerheblich unterscheiden und diese nicht lediglich ersetzen.“
Diese Definition, welche im Ergebnis bezweckt, im Zusammenspiel mit § 9a TKG neue Märkte von der Regulierung zunächst auszunehmen (dazu unten Rz. 179 ff.), begegnet erheblichen Bedenken. Der Gesetzgeber ist zwar offenbar der Auffassung, hier nicht anderes zu kodifizieren als das für die Heun | 615
88
G Rz. 89
Verfahren der Marktregulierung
Marktdefinition verwendete Kriterium des Bedarfsmarktkonzepts1 (siehe dazu Rz. 9 f. 123 f.). Indes liegt die Kritik gerade darin, dass hier eine Kodifizierung erfolgt, während die europarechtlichen Vorgaben in Art. 15 Abs. 3 Rahmenrichtlinie ausdrücklich davon ausgehen, dass die Marktdefinition im konkreten Einzelfall durch die nationale Regulierungsbehörde im Einklang mit den Grundsätzen des Wettbewerbsrechts festgelegt werden, und zwar insbesondere des europäischen Wettbewerbsrechts2 wie es sich anhand der wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung und Praxis entwickelt (hat)3. Dies steht grundsätzlich einer gesetzlichen Festschreibung von Marktdefinitionskriterien entgegen, welche ja beispielsweise auch nicht im GWB enthalten ist. Dementsprechend richtet sich die Kritik der EU-Kommission gegen § 9a TKG sowie das hierzu eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren4 auch und gerade gegen die Legaldefinition des neuen Markts, weil hierdurch die europarechtlich vorgesehenen Handlungs- und Entscheidungsspielräume der BNetzA gesetzlich eingeschränkt werden. Ferner ist das Bedarfsmarktkonzept lediglich eines von mehrerer Kriterien, die zur Marktabgrenzung bzw. Marktdefinition verwendet werden (siehe dazu Rz. 9 f. 123 f.). Daher greift die Legaldefinition auch aus systematischen Erwägungen zu kurz. 89
Hinzu kommt, dass der Zweck der Legaldefinition darin liegt, einen neuen Markt abzugrenzen, damit dieser dem in § 9a Abs. 1 TKG niedergelegten Grundsatz unterfallen kann, nicht regulierungsbedürftig zu sein. Damit setzt sich die Legaldefinition wie der Begriff des nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes (oben Rz. 83 ff.) in Widerspruch zu dem europarechtlich vorgegebenen und in § 10 Abs. 2 TKG enthaltenen Drei-Kriterien-Test zur Festlegung (potenziell) regulierungsbedürftiger Märkte. Nur dort soll über die auf Basis des allgemeinen Wettbewerbsrechts vorzunehmende Marktdefinition entschieden werden, ob ein Markt (potenziell) regulierungsbedürftig ist, dagegen nicht über eigenständige und gegenüber Rechtsprechung und Praxis zwangsläufig zurückbleibende gesetzliche Umschreibungen.
90
In inhaltlicher Hinsicht ist bereits darauf hingewiesen worden, dass die Legaldefinition für einen neuen Markt nicht sämtliche Kriterien für die Marktabgrenzung enthält (Rz. 88). Zudem scheint der Wortlaut von Diensten und Produkten auszugehen, was für Telekommunikationsmärkte eher seltsam erscheint. Denn bei einem typischerweise gegenständlichen Verständnis von Produkten wären somit Dienste ohne gleichzeitige Lieferung einer Ware (Produkt) ausgenommen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Begriff Produkte aber Waren und Dienstleistungen umfassen5, was wiederum die Frage aufwirft, warum dann Dienste separat benannt sind. _______________
1 2 3 4 5
Vgl. BT-Drucks. 16/3635, S. 47. Siehe Absatz Nr. 4 der Kommissionsleitlinien. Siehe Absatz Nr. 24 der Kommissionsleitlinien. Vertragsverletzung Nr. 2006/2559, K (2007). Vgl. BT-Drucks. 16/3635, S. 47.
616 | Heun
Begriffsbestimmungen
Rz. 92 G
Aber auch die genannten Abgrenzungskriterien sind fragwürdig, zumal es sich dem Wortlaut nach um einen abschließenden Katalog handelt, was wiederum eine zusätzliche Einschränkung für die BNetzA bedeutet. Die Kriterien selbst sind prinzipiell zur Marktabgrenzung nicht ungeeignet, wobei es allerdings nach Praxis und Rechtsprechung weniger auf die einzelnen Leistungsmerkmale selbst ankommt, als vielmehr auf die Sicht des Nachfragers (Bedarfsmarktkonzept) oder des (potenziellen) Wettbewerbs (Angebotsumstellungsflexibilität). Anzumerken ist im einzelnen aber, dass das Kriterium der Reichweite nicht bei der sachlichen Marktabgrenzung ein Rolle spielt, sondern bei der Frage der räumlichen Marktabgrenzung. Das Kriterium der Massenmarktfähigkeit steht hingegen quer zu der bisherigen Praxis der EU-Kommission, lediglich zwischen Märkten für Privatkunden einerseits und Geschäftskunden andererseits zu unterscheiden1, was überdies von der BNetzA bislang abgelehnt wird (siehe unten Rz. 141). 6.4 „Wirksamer Wettbewerb“ Das Fehlen von wirksamem Wettbewerb ist entscheidende Voraussetzung für die Auferlegung von Vorabverpflichtungen, also die sektorspezifische Regulierung überhaupt (siehe oben Rz. 5, 60). Nach § 3 Nr. 31 TKG ist „wirksamer Wettbewerb“ die Abwesenheit von beträchtlicher Marktmacht im Sinne des § 11 Abs. 1 bis 3 TKG. Damit stellt das TKG eindeutig und ausdrücklich fest, dass das Bestehen von beträchtlicher Marktmacht mit dem Fehlen von wirksamem Wettbewerb (und umgekehrt) gleichzusetzen ist2. Aus den europarechtlichen Vorgaben (siehe oben Rz. 16) ergibt sich dies lediglich mittelbar. Für die Anwendung des Gesetzes durch die BNetzA ist damit jedenfalls Klarheit und Rechtssicherheit geschaffen. Denn das Fehlen wirksamen Wettbewerbs ist wiederum Voraussetzung dafür, dass überhaupt sektorspezifische Vorabverpflichtungen durch die BNetzA auferlegt werden können (§ 9 Abs. 1 TKG). Allerdings muss zur Bestimmung, ob wirksamer Wettbewerb vorliegt oder nicht, gleichzeitig geklärt werden, ob beträchtliche Marktmacht gegeben ist.
91
6.5 „Beträchtliche Marktmacht“ Nach § 3 Nr. 4 TKG ist wiederum unter Verweis auf § 11 Abs. 1 S. 3–5 TKG „beträchtliche Marktmacht“ eines oder mehrerer Unternehmen gegeben, wenn das betreffende Unternehmen „entweder allein oder gemeinsam mit anderen eine der Beherrschung gleichkommende Stellung einnimmt, das heißt eine wirtschaftlich starke Stellung, die es ihm gestattet, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von Wettbewerbern und Endnutzern zu verhalten. […] Verfügt ein Unternehmen auf einem relevanten Markt über beträchtliche Marktmacht, so kann es auch auf einem benachbarten, nach _______________
1 Siehe Absatz Nr. 65 der Kommissionsleitlinien. 2 So auch die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/2316, S. 58.
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92
G Rz. 93
Verfahren der Marktregulierung
§ 10 Abs. 2 bestimmten relevanten Markt als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht angesehen werden, wenn die Verbindungen zwischen beiden Märkten es gestatten, diese von dem einen auf den anderen Markt zu übertragen und damit die gesamte Marktmacht des Unternehmens zu verstärken“. Damit setzt die Definition wortwörtlich die europarechtlichen Vorgaben für die Bestimmung beträchtlicher Marktmacht um, wie sie sich aus Art. 14 Abs. 2 und 3 Rahmenrichtlinie ergeben (siehe oben Rz. 18 ff.). Zugleich ist in § 11 Abs. 1 S. 4 TKG bestimmt, dass die BNetzA dabei die Kommissionsleitlinien weitestgehend zu berücksichtigen hat. 93
Daraus folgt, dass die BNetzA es hier im Ergebnis mit einem unbestimmten Rechtsbegriff zu tun hat. Denn ob beträchtliche Marktmacht vorliegt oder nicht, ist anhand einer wertenden Gesamtschau verschiedener Kriterien und Faktoren zu entscheiden1. Nach Auffassung der Rechtsprechung bedeutet dies, dass die BNetzA hier über einen Beurteilungsspielraum2 bei der Prüfung verfügt3. Zwar entzieht dies freilich die entsprechende Wertentscheidung der BNetzA nicht einer gerichtlichen Überprüfung (zu den Kriterien der Rechtsprechung siehe unten Rz. 138). Allerdings geht es hier (anders als bei der Bestimmung des relevanten Marktes nach § 10 Abs. 2 TKG, dazu näher unten Rz. 137 ff.) weder explizit noch implizit um vornehmlich prognostische Elemente, als vielmehr um die ordnungsgemäße Berücksichtigung, Prüfung und Bewertung der relevanten Faktoren und Kriterien. Daher ist die Annahme eines richterlich nur beschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums hier abzulehnen. Insofern hat hier das Gleiche zu gelten wie bei der von der Rechtsprechung angenommenen vollen Überprüfbarkeit (ohne zugestandenen Beurteilungsspielraum) des § 30 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TKG, ob die nachträgliche Entgeltregulierung zur Erreichung der Regulierungsziele ausreicht4, wenngleich dies gerade am Punkt der zu treffenden Prognoseentscheidung über das „Ausreichen“ der nachträglichen Entgeltregulierung fragwürdig ist5. Denn auch in der kartellrechtlichen _______________
1 Vgl. Immenga/Mestmäcker/Möschel, GWB, § 19 Rz. 54. 2 Allgemein dazu Kopp/Schenke, VwGO, § 114 Rz. 24 ff. 3 VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 35 und 1 K 4148/06, Absatz Nr. 46 sowie Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 38 und 1 K 4314/06, Absatz Nr. 35, jeweils über www.justiz.nrw.de. 4 Siehe VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 61 und 1 K 4148/06, Absatz Nr. 67 sowie Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 60 und 1 K 4314/06, Absatz Nr. 62, jeweils über www.justiz.nrw.de. 5 Hier zeigt der Vergleich mit § 10 Abs. 2 TKG, dass die BNetzA im Rahmen des dortigen „Drei-Kriterien-Tests“ (dazu unten Rz. 125 ff. bei der Frage, ob die Anwendung des allgemeinen Wettbewerbsrechts allein nicht ausreicht) einen Beurteilungsspielraum ausdrücklich besitzt (siehe unten Rz. 137 f.). Dies ist folgerichtig, weil es bei dem Drei-Kriterien-Test um prognostische Elemente (wie z.B. das Ausreichen des allgemeinen Wettbewerbsrechts) geht. Genau darum geht es aber auch in § 30 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TKG bei der Frage, ob die Maßnahme der nachträglichen Entgeltregulierung, die im Übrigen dem allgemeinen Wettbewerbsrecht entstammt, zur Erreichung der Regulierungsziele ausreicht.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 94 G
Rechtsprechung werden die Fragen der Marktbeherrschung vollumfänglich richterlich überprüft1, und zwar auch dann, wenn eine Prüfung durch das Bundeskartellamt vorausging2, ohne dass ein Grund ersichtlich wäre, dies für Zwecke des TKG anders zu sehen. Die Ablehnung eines Beurteilungsspielraums gilt hier entgegen den von der Rechtsprechung herangezogenen Erwägungen umso mehr, als diese Kriterien europarechtlich vorgegeben (siehe oben Rz. 19 ff.) sind, indem die BNetzA die Kommissionsleitlinien weitestgehend zu berücksichtigen hat. Dort ist zwar in der Tat auch von Prognosen der nationalen Regulierungsbehörden in Bezug auf die Bestimmung beträchtlicher Marktmacht bei Fehlen von Informationen über vergangenes Verhalten die Rede3. Indes zeigen die vor allem anhand der Rechtsprechung des EuG und EuGH aufgeführten Kriterien zur Ermittlung beträchtlicher Marktmacht (siehe unten Rz. 97 ff.), dass diese sowie deren Anwendung durch die BNetzA durchaus überprüfbar sind4. Dies wirft allerdings zwei weitere, für die Definition bzw. Bestimmung beträchtlicher Marktmacht relevante Fragen auf: Was bedeutet „weitestgehende Berücksichtigung“ der Kommissionsleitlinien? Und wie werden die dort enthaltenen Kriterien für die Bestimmung beträchtlicher Marktmacht mit Leben erfüllt? 6.5.1 Einordnung und Bindungswirkung des Hinweises auf die Kommissionsleitlinien Hinsichtlich des Bedeutungsgehalts der gesetzlichen (und europarechtlichen) Verpflichtung der BNetzA, die in den Kommissionsleitlinien zur Ermittlung beträchtlicher Marktmacht niedergelegten Kriterien weitestgehend zu berücksichtigen, tut sich die bisherige Literatur schwer mit einer Einordnung5, während sich die Rechtsprechung mit dieser Frage noch nicht beschäftigt hat. So leuchtet es zwar ein, die Verpflichtung als ein „Mehr“ gegenüber der reinen Wahrnehmung, aber als ein „Weniger“ als abschließende Verbindlichkeit zu betrachten6. Entscheidend könnte letztlich sein, dass die BNetzA von der europäischen Rechtsprechung und Entscheidungspraxis nicht abweichen darf, weil dort abschließend und verbindlich über die Frage des Bestehens beträchtlicher Marktmacht befunden wird (Art. 14 _______________
1 Vgl. BGH, Urt. v. 4.11.2003 – KZR 16/02, S. 11 ff. des amtlichen Umdrucks, BGHReport 2004, 464 – Strom und Telefon I. 2 Siehe umfassend BGH, Beschl. v. 17.1.2007 – KVR 12/06. 3 Siehe Absatz Nr. 70 f. der Kommissionsleitlinien. 4 Das zeigen letztlich auch die Ausführungen der Rechtsprechung hierzu: VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 35 und 1 K 4148/06, Absatz Nr. 46 sowie Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 38 und 1 K 4314/06, Absatz Nr. 35, jeweils über www.justiz.nrw.de. 5 Siehe etwa Berl.KommTKG/Heinen, § 11 Rz. 48 ff.; Beck TKG-Komm/Korehnke, § 11 Rz. 92. 6 So Berl.KommTKG/Heinen, § 11 Rz. 50.
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94
G Rz. 95
Verfahren der Marktregulierung
Rahmenrichtlinie i. V. m. Art. 82, 220 EG-Vertrag). Insoweit käme es allerdings auf das Bestehen oder Nichtbestehen der Kommissionsleitlinien nicht an und eine Verpflichtung zur weitestgehenden Berücksichtigung liefe leer. 95
Europarechtlich handelt es sich bei den Kommissionsleitlinien um einen Rechtsakt sui generis1. Derartige Rechtsakte dürften zwar zunächst grundsätzlich wie Empfehlungen oder Stellungnahmen nach Art. 249 EG-Vertrag unverbindlich sein. Indes ordnen sowohl die europarechtlich verbindliche Rahmenrichtlinie (Art. 16 Abs. 1 Rahmenrichtlinie) wie auch im hier interessierenden Zusammenhang § 11 Abs. 2 S. 5 TKG an, dass die Kommissionsleitlinien eben weitestgehend zu berücksichtigen sind. Folglich wird man nicht umhin kommen, den Kommissionsleitlinien jedenfalls in dem Umfang Verbindlichkeit zuzugestehen, wie diese nicht gegen höherrangiges Gemeinschaftsrecht verstoßen oder durch Fortschreiten der europäischen Rechtsprechung überholt sind.
96
Verwaltungsrechtlich betrachtet wird man die Kommissionsleitlinien dagegen am ehesten als normkonkretisierende bzw. norminterpretierende Verwaltungsvorschriften2 ansehen können. Denn sie dienen ja gerade dem Zweck, die Kriterien für die Ermittlung des im Gesetz verwendeten Begriffs der beträchtlichen Marktmacht zu umschreiben3. Eine Besonderheit besteht freilich darin, dass sich die Bindungswirkung für die BNetzA nicht nur über Art. 3 GG ergibt, sondern unmittelbar aus dem Gesetz (und der Rahmenrichtlinie) selbst (zu den damit verbundenen Rechtsschutzfragen siehe unten Rz. 230 ff.).
6.5.2 Kriterien für das Bestehen beträchtlicher Marktmacht in der Praxis der BNetzA 97
Hinsichtlich des Inhalts der Kriterien aus den Kommissionsleitlinien bzw. deren näherer Umschreibung (zur Liste siehe oben Rz. 19) hat sich zwischenzeitlich seitens der BNetzA eine Praxis herausgebildet, bei der diese eine nähere Erläuterung den Dokumenten zu Marktdefinition und Marktanalyse im jeweiligen Anhang auf Basis einer Auswertung der Rechtsprechung des EuGH und der Entscheidungspraxis der EU-Kommission entlang den diesbezüglichen Ausführungen in den Kommissionsleitlinien beifügt. Soweit ersichtlich orientieren sich die Erläuterungen in der Literatur an diesem Dokument4. Nachfolgend werden daher die näheren Erläuterungen
_______________
1 Calliess/Ruffert/Ruffert, EUV und EGV, Art. 249 Rz. 121, 125. 2 Dazu Kopp/Schenke, VwGO, § 114 Rz. 42 ff. 3 Dies passt zu § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 GWB, der diese Kriterien zum Teil im Gesetz selbst für die Ermittlung einer marktbeherrschenden Stellung auflistet. 4 Siehe etwa Berl.KommTKG/Heinen, § 11 Rz. 15 ff. m. w. N. aus der Rechtsprechung.
620 | Heun
Begriffsbestimmungen
Rz. 100 G
im Wesentlichen auf Basis der Dokumente und damit der Praxis der BNetzA1 zusammenfassend wiedergegeben. 6.5.2.1 Marktanteile Ausgangspunkt für die Betrachtung der BNetzA sind typischerweise die Marktanteile der auf dem untersuchten Markt tätigen Unternehmen. Allerdings wird weder ein hoher Marktanteil allein als ausreichend für beträchtliche Marktmacht angesehen, noch dass ein niedriger Anteil das Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung ausschließt. Eine wertende Gesamtschau bleibt demnach immer erforderlich, selbst wenn die Marktanteile bei über 90 % liegen. Maßgeblich sind für die Praxis der BNetzA zunächst die „Faustformeln“ für die Bewertung unterschiedlicher Höhen von Marktanteilen, die sich in der Rechtsprechung des EuGH und der Entscheidungspraxis der EU-Kommission herausgebildet haben. Die drei hiernach relevanten Schwellenwerte sind – – –
98
bis zu 25 % Marktanteil (regelmäßig keine (alleinige) Marktbeherrschung); über 40 % (typische Schwelle für die Annahme von Marktbeherrschung); über 50 % (regelmäßig Marktbeherrschung).
Da die §§ 3 Nr. 4, 11 Abs. 1 S. 3–5 TKG entsprechend den europarechtlichen Vorgaben (siehe oben Rz. 18) begrifflich und durch den Verweis auf die Kommissionsleitlinien bei der Bestimmung beträchtlicher Marktmacht den europarechtlichen Marktbeherrschungsbegriff aus Art. 82 EGV zugrundelegen, bedeutet dies zugleich, dass die Vermutungsregel für eine marktbeherrschende Stellung in § 19 Abs. 3 S. 1 GWB bei einem Marktanteil von einem Drittel in der Praxis der BNetzA nur eine untergeordnete Rolle spielen kann. Was die Kriterien zur Berechnung des Marktanteils anbetrifft, so hängen diese von den Merkmalen des relevanten Marktes ab. Dabei ist sowohl der mengen- als auch der wertmäßig berechnete Umsatz von Bedeutung. Während Ersterer bei Massenprodukten bevorzugt wird, ist Letzterer bei differenzierten Produkten (z. B. Markenprodukten) vorzugswürdig, weil dieser die relative Marktstellung und -macht der einzelnen Anbieter besser widerspiegelt.
99
Die Marktanteile sollen allerdings nicht nur in einer Momentaufnahme betrachtet werden, sondern auch mit Blick auf ihre Entwicklung im Zeitab-
100
_______________
1 Diese sind abrufbar unter www.bundesnetzagentur.de, Link „Einheitliche Informationsstelle“. Siehe etwa die Marktdefinition und Marktanalyse im Bereich des Zugangs zum Teilnehmeranschluss (Markt Nr. 11 „Entbündelter GroßkundenZugang [einschließlich des gemeinsamen Zugangs] zu Drahtleitungen und Teilleitungen für die Erbringung von Breitband- und Sprachdiensten“ der MärkteEmpfehlung), Punkt N., Anhang 2: Marktabgrenzungs- und Marktbeherrschungskriterien, S. 57 ff. m. w. N. aus Literatur und Rechtsprechung.
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G Rz. 101
Verfahren der Marktregulierung
lauf. So ist die Stabilität eines hohen Marktanteils über eine längere Zeit als ein Indikator für beträchtliche Marktmacht anzusehen. Demgegenüber sind schwankende Marktanteile über einen längeren Zeitraum ein Anzeichen für fehlende Marktbeherrschung. Allerdings schließt der graduelle Verlust von Marktanteilen seitens eines marktmächtigen Unternehmens die Feststellung von beträchtlicher Marktmacht nicht aus. 6.5.2.2 Sonstige Kriterien 101
Die sonstigen Kriterien zur Bestimmung beträchtlicher Marktmacht lassen sich im Wesentlichen in zwei Kategorien unterteilen: Zum einen in unternehmensbezogene Kriterien, die sich auf die Position des Unternehmens im Umfeld des relevanten Marktes, zum anderen in marktbezogene Kriterien, die sich auf die Rahmenbedingungen für den Marktzugang und das Nachfrageverhalten im Markt beziehen. Zwischen den Kriterien innerhalb der beiden Kategorien wie auch zwischen den beiden Kategorien selbst bestehen freilich zum Teil enge Zusammenhänge. 6.5.2.2.1 Unternehmensbezogene Kriterien
102
Die Gesamtgröße des Unternehmens gilt deswegen als Kriterium, weil etwa die mit der Unternehmensgröße verbundenen finanziellen Ressourcen oder Größen- und Verbundvorteile (siehe dazu sogleich Rz. 106 ff.) Wettbewerbsvorteile auf einem Markt bedeuten können. Typischerweise werden damit Abschreckungseffekte gegenüber anderen Unternehmen verbunden, weil jene durch die befürchtete Gegenreaktion des „großen und mächtigen“ Gegners möglicherweise von Wettbewerb abgehalten werden.
103
Abschreckungs- und damit Indizwirkung für das Vorliegen beträchtlicher Marktmacht hat auch die Kontrolle über eine nicht leicht zu duplizierende Infrastruktur. Dieses Kriterium ist insbesondere im Bereich der Telekommunikation wegen zum Teil hoher Anfangsinvestitionen in die für die Diensteerbringung erforderliche technische Infrastruktur von besonderer Bedeutung. Zugleich steht dieses Kriterium in engem Zusammenhang mit dem marktbezogenen Kriterium der Marktzutrittsschranken für Telekommunikationsmärkte (siehe unten Rz. 114) sowie den Kriterien für die (Vor-)Auswahl (potenziell) regulierungsbedürftiger Märkte (siehe z. B. unten Rz. 126). Soweit die BNetzA in diesem Zusammenhang indirekt auf die „Essential Facilities-Doktrin“ des EuGH verweist1, ist dieser Hinweis mit _______________
1 Siehe etwa die Marktdefinition und Marktanalyse im Bereich des Zugangs zum Teilnehmeranschluss (Markt Nr. 11 „Entbündelter Großkunden-Zugang [einschließlich des gemeinsamen Zugangs] zu Drahtleitungen und Teilleitungen für die Erbringung von Breitband- und Sprachdiensten“ der Märkte-Empfehlung), Punkt N., Anhang 2: Marktabgrenzungs- und Marktbeherrschungskriterien, S. 58, Fn. 208.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 105 G
Vorsicht zu betrachten1. Denn diese Doktrin ist im Zusammenhang mit der Frage nach dem Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung mit Blick auf die in einer solchen Situation auferlegbaren Verpflichtungen entwickelt worden2. Daher kann die Kontrolle über derartige „Essential Facilities“ mit der hier zu ermittelnden beträchtlichen Marktmacht zusammenfallen; umgekehrt kann sich aber die hier relevante beträchtliche Marktmacht auch aus der Kontrolle von Einrichtungen ergeben, die nach der Doktrin nicht unbedingt „Essential Facilities“ wären3. Anders als unter dem TKG 1996 und der für den Netzzugang bedeutsamen Regelung der besonderen Missbrauchsaufsicht in § 33 TKG 19964 spielt daher diese Doktrin im neuen Rechtsrahmen eine eher untergeordnete Bedeutung. Denn Zugangsrechte und Zugangspflichten werden nunmehr durch Regulierungsverfügung festgelegt, die auf Marktdefinition und Marktanalyse beruht, wobei der Maßnahmenkatalog der auferlegbaren Zugangspflichten bereits feststeht und der hierfür relevante Markt bereits ermittelt worden ist, während gleichzeitig die besondere Missbrauchsaufsicht des § 42 TKG nicht mehr allgemein, sondern grundsätzlich nur noch in Bezug auf eben solche Märkte und die dort bereits identifizierten Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht Anwendung findet (siehe oben Rz. 60). Wettbewerbsvorteile können sich auch aus technologischen Vorteilen oder technischer Überlegenheit ergeben, wenn Unternehmen wegen erheblicher Ausgaben für Forschung und Entwicklung über ein besonderes technisches Know-how verfügen.
104
In engem Zusammenhang mit der Größe des Unternehmens steht das Kriterium, dass ein Unternehmen einen im Vergleich zu anderen Wettbewerbern leichten oder privilegierten Zugang zu Kapitalmärkten hat und finanzielle Ressourcen leicht verfügbar sind. Auch überlegene Finanzkraft verleiht dem Unternehmen Verhaltensspielräume, die abschreckende Wirkung auf Wettbewerber haben können. Dies bezieht sich auf Investitionsspielräume ebenso wie auf das Marktverhalten sowie Gegenmaßnahmen gegen den Wettbewerb in Form von Preiskämpfen etc. Die Finanzkraft wird dabei als Summe der Eigenfinanzierungskraft eines Unternehmens (engl. cash flow) und seiner Möglichkeit zur Fremdfinanzierung gesehen. Die BNetzA weist in diesem Zusammenhang zwar darauf hin, dass der Bruttoumsatz mangels Information über die damit verbundenen Herstellungskosten nicht der am besten geeignete Indikator für die Messung der Finanzkraft darstelle. Indes habe die
105
_______________
1 2 3 4
Ebenso Berl.KommTKG/Heinen, § 11 Rz. 24. Vgl. Absatz Nr. 81 der Kommissionsleitlinien. Vgl. Absatz Nr. 81 der Kommissionsleitlinien. Sie dazu Fischer/Heun/Sörup in: Heun, Telekommunikationsrecht, 1. Auflage, Teil 4, Rz. 9 ff. und 106 ff.
Heun | 623
G Rz. 106
Verfahren der Marktregulierung
(deutsche) Rechtsprechung den Umsatz als Mittel zur Bemessung der Finanzkraft anerkannt1. 106
Größenvorteile (engl. Economies of Scale) beeinflussen die Stückkosten für die Herstellung von Produkten und Dienstleistungen mit zumeist kostensenkendem Effekt und können daher ein Anzeichen für beträchtliche Marktmacht sein. Die Vorteile liegen etwa in Spezialisierungsvorteilen durch Arbeitsteilung, Erfahrungsvorteilen, Losgrößenersparnissen oder Vorteilen aus zentralisierter Reservehaltung. Allerdings können Größenvorteile auch durch Größennachteile (engl. Diseconomies of Scale) aufgewogen werden. Dies sind beispielsweise Koordinationsprobleme und bürokratische Hindernisse.
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Ebenso wird ein breites Produktsortiment und die damit verbundene Möglichkeit der Bündelung von Produkten und Dienstleistungen als Kriterium angesehen, weil dies Wettbewerbsvorteile bedeuten kann. Es erlaubt dem Anbieter etwa die Einrichtung eines „One-Stop-Shops“, d. h. der Nachfrager kann seine Wünsche bei einem Anbieter umfassend befriedigen. Außerdem kann die Bündelung von Produkten die Nachfrage stimulieren. Dieses Kriterium dürfte insbesondere mit dem Aufkommen von immer mehr so genannter Konvergenzprodukte (Festnetz-Mobil, Triple Play, Quadruple Play) an Bedeutung gewinnen, weil zumindest einzelne Produkte solcher Bündel wiederum auf schwer duplizierbarer Infrastruktur beruhen oder die relevanten Märkte durch Marktzutrittsschranken gekennzeichnet sind.
108
Wiederum in engem Zusammenhang mit Größenvorteilen und einem breiten Produktsortiment stehen Verbundvorteile (engl. Economies of Scope). Hier lassen sich Kostenvorteile erzielen, die sich aus der Produktion von mehr als nur einem Produkt ergeben, indem vorhandene Produktionsmittel gemeinsam und damit mehrfach genutzt werden. Freilich können auch diese Vorteile durch Koordinationsprobleme und bürokratische Hindernisse aufgewogen werden (engl. Diseconomies of Scope).
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Ferner kann Marktmacht durch ein hoch entwickeltes Vertriebs- und Verkaufsnetz erhöht werden. Denn Zugang zu den Abnehmern insbesondere in Telekommunikationsmärkten hat maßgeblichen Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens im relevanten Markt.
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Besonders relevant für die Bestimmung beträchtlicher Marktmacht in Telekommunikationsmärkten ist schließlich das Merkmal der vertikalen Integration. Ein im Verhältnis zu den Wettbewerbern überlegener Zugang zu _______________
1 Siehe etwa die Marktdefinition und Marktanalyse im Bereich des Zugangs zum Teilnehmeranschluss (Markt Nr. 11 „Entbündelter Großkunden-Zugang [einschließlich des gemeinsamen Zugangs] zu Drahtleitungen und Teilleitungen für die Erbringung von Breitband- und Sprachdiensten“ der Märkte-Empfehlung), Punkt N., Anhang 2: Marktabgrenzungs- und Marktbeherrschungskriterien, S. 59 m. w. N.
624 | Heun
Begriffsbestimmungen
Rz. 112 G
Absatz- und Beschaffungsmärkten kann die Verhaltensspielräume eines Unternehmens erheblich erweitern. Auch hier gilt dies insbesondere für Telekommunikationsmärkte aufgrund ggf. schwer duplizierbarer Infrastruktur und etwaigen Marktzutrittsschranken. Ist ein Unternehmen gleichzeitig auf einander vor- und nachgelagerten Marktstufen tätig, eröffnen sich neben Kostenersparnissen auch Kontrollmöglichkeiten für den Marktzugang von Wettbewerbern. In diesem Zusammenhang wird verschiedentlich die verbleibende Relevanz der „Essential-Facilities-Doktrin“ hervorgehoben1. 6.5.2.2.2 Marktbezogene Kriterien Ein marktbezogenes Kriterium, das sozusagen der Gegenprobe dient, ist die Frage nach ausgleichender Nachfragemacht (engl. Counterveiling Buying Power). Liegt eine ausgleichende Nachfragemacht vor, so spricht dies gegen das Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung. Denn eine starke Verhandlungsposition auf der Nachfragerseite kann die Marktmacht eines Anbieters ausgleichen. Nachfragemacht kann sich laut BNetzA aus der Fähigkeit zu diskriminierendem Verhalten seitens der Nachfrager ergeben (z. B. Boykott), aus einer Bindung der Anbieter an die Nachfrager aufgrund spezifischer Investitionen oder auch aus der glaubhaften Drohung der Nachfrager, die nachgefragten Güter selbst herstellen bzw. durch alternative Entwicklungen überflüssig werden zu lassen2. Daneben kommt die Größe des oder der Nachfrager in Betracht. Die Anwendung dieses Merkmals durch die BNetzA hat zur bisher einzigen Veto-Entscheidung der EU-Kommission gegenüber einem Marktanalyseentwurf der BNetzA geführt (dazu näher unten Rz. 194 ff.).
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Auch die Frage, ob potenzieller Wettbewerb vorhanden ist, dient der Gegenprobe. Denn potenzieller Wettbewerb hat ggf. disziplinierende Wirkung auf das marktmächtige Unternehmen. Diese Wirkung wird insbesondere in Telekommunikationsmärkten aufgrund der Entwicklung neuer und alternativer Technologien als möglich erachtet, etwa wenn eine einfache Umstellung der Produktionsanlagen es ermöglicht, in den relevanten Markt einzutreten. Je leichter ein Unternehmen in den relevanten Markt eintreten kann und je näher der Eintritt bevorsteht, umso größer ist die mögliche disziplinierende Wirkung auf ein marktmächtiges Unternehmen. Freilich muss in diesem Zusammenhang auch beachtet werden, dass diese Frage bereits bei der Bestimmung des sachlich relevanten Marktes wichtig ist, wenn dort die Angebotsumstellungsflexibilität und damit potenzieller Wettbewerb bereits
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_______________
1 Siehe Krüger, K&R Beilage 1/2003, S. 15. 2 Siehe etwa die Marktdefinition und Marktanalyse im Bereich des Zugangs zum Teilnehmeranschluss (Markt Nr. 11 „Entbündelter Großkunden-Zugang [einschließlich des gemeinsamen Zugangs] zu Drahtleitungen und Teilleitungen für die Erbringung von Breitband- und Sprachdiensten“ der Märkte-Empfehlung), Punkt N., Anhang 2: Marktabgrenzungs- und Marktbeherrschungskriterien, S. 58.
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G Rz. 113
Verfahren der Marktregulierung
berücksichtigt wird (siehe oben Rz. 9 f.). Insofern hat der potenzielle Wettbewerb bereits Einfluss auf die Marktanteile des marktmächtigen Unternehmens und es wird darauf zu achten sein, dass eine mehrfache Berücksichtigung dieses Kriteriums nicht zur Ablehnung einer tatsächlich bestehenden marktbeherrschenden Stellung führt. 113
Auch Expansionshemmnisse stellen ein berücksichtigungsfähiges Kriterium dar. Hierbei handelt es sich um Umstände, welche ein bereits auf dem Markt tätiges Unternehmen am Wachstum hindern können, z. B. Frequenzerfordernisse. Derartige Hemmnisse können freilich gleichermaßen auf ein marktmächtiges Unternehmen wie auch auf Wettbewerber, gegenüber Letzteren insbesondere als Marktzutrittsschranken, wirken.
114
Schließlich beeinflusst die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung, wie leicht der Marktzugang, insbesondere für Wettbewerber, ist. Fehlende Marktzutrittsschranken können mit Blick auf potenziellen Wettbewerb das Verhalten eines marktmächtiges Unternehmens disziplinieren. Bestehende Marktzutrittsschranken haben allerdings zugunsten des marktmächtigen Unternehmens eine gewisse Schutzwirkung, welche die marktmächtige Stellung verstärkt bzw. bestätigt. Solche Schranken können gesetzlicher, struktureller oder strategischer Art sein. Typischerweise sind dies in Telekommunikationsmärkten zum einen hohe Marktzutrittskosten wegen erforderlicher Infrastrukturinvestitionen (siehe oben Rz. 103) oder fehlenden Kundenzugangs; zum anderen besteht zumindest im Bereich der Frequenzverwaltung noch eine staatlich kontrollierte Ressourcenverteilung (siehe D.) und damit eine staatliche Kontrolle und Beschränkung des Marktzutritts. Allerdings sollen hohe Marktzutrittsschranken bei Märkten, die sich durch fortlaufende technologische Neuerungen auszeichnen, an Bedeutung verlieren können. So kann insbesondere auf Telekommunikationsmärkten Wettbewerbsdruck durch die Innovationskraft potentieller Mitbewerber, die auf den Markt drängen, entstehen. Auch hier gilt freilich das bereits zur Berücksichtigung potenziellen Wettbewerbs Gesagte (oben Rz. 112).
6.5.3 Umsetzung durch die BNetzA 115
In der Praxis der Marktanalyse durch die BNetzA prüft diese regelmäßig im Ausgangspunkt die Marktanteile der Unternehmen im relevanten Markt. Danach erfolgt eine Gesamtschau in Bezug auf die sonstigen genannten Kriterien. Dabei werden regelmäßig die meisten dieser Kriterien einzeln für jeden Markt im Verhältnis zu dem oder den Unternehmen abgearbeitet, deren Marktanteil(e) das Bestehen beträchtlicher Marktmacht nahe legen. Soweit ersichtlich sind dabei, abgesehen von Kritik im Einzelnen hinsichtlich Gewichtung und/oder Bewertung einzelner Kriterien, grundsätzliche methodische Einwände gegen die Vorgehensweise der BNetzA nicht erfolgt.
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Marktdefinition
Rz. 118 G
6.5.4 Gemeinsame Marktbeherrschung und Marktmachtübertragung auf Nachbarmärkte Wie bereits erwähnt (oben Rz. 92) setzen § 3 Nr. 4 und § 11 Abs. 2 S. 3–5 TKG wortwörtlich die europarechtlichen Vorgaben um. Hinsichtlich der Bestimmung einer gemeinsamen Marktbeherrschung durch mehrere Unternehmen wie auch hinsichtlich der Marktmachtübertragung auf Nachbarmärkte sei daher auf die obigen Ausführungen (Rz. 20 ff.) verwiesen. In den Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren der BNetzA ist bislang soweit ersichtlich lediglich die Frage gemeinsamer Marktbeherrschung relevant geworden (siehe unten Rz. 199 f.).
116
6.6 „Unternehmen“ Von Bedeutung für die Marktanalyse ist schließlich die Legaldefinition des Begriffs „Unternehmen“, weil der Unternehmensbegriff diejenigen Rechtssubjekte abgrenzt, die auf einem relevanten Markt über beträchtliche Marktmacht verfügen und denen bejahendenfalls Vorabverpflichtungen auferlegt werden. Nach § 3 Nr. 29 TKG ist Unternehmen – weitgehend in Übereinstimmung mit § 25 Abs. 3 TKG 1996 – „das Unternehmen selbst oder mit ihm im Sinne des § 36 Abs. 2 und § 37 Abs. 1 und 2 GWB verbundene Unternehmen“. Der im GWB verwendete Unternehmensbegriff ist weiter als derjenige des Aktienrechts, weil neben dem in § 36 Abs. 2 GWB enthaltenen Verweis in das Aktienrecht über § 37 Abs. 1 und 2 GWB auch auf sämtliche kartellrechtliche Zusammenschlusstatbestände verwiesen wird. Die Verwendung des kartellrechtlichen Unternehmensbegriffs im TKG entspricht den europarechtlichen Vorgaben (siehe oben Rz. 5), die sektorspezifische Regulierung der Telekommunikationsmärkte anhand der Kriterien des Kartellrechts vorzunehmen. Insofern wäre es konsequent gewesen, die Regelungen der europäischen Fusionskontrolle zu übernehmen. Zwar hat die 6. GWB-Novelle die Anpassung des GWB an das europäische Recht auch bei der Fusionskontrolle bezweckt, aber es wird nach wie vor eingewendet, dass der deutsche Zusammenschlussbegriff „tiefer“ bzw. früher ansetzt als der europäische1. Ob diese Frage allerdings praktische Relevanz erlangen wird, bleibt abzuwarten.
117
7. Marktdefinition Die Marktdefinition ist in § 10 TKG geregelt. Strukturell beinhaltet Absatz 1 den generellen, die BNetzA verpflichtenden Marktdefinitionsauftrag; in Absatz 2 sind die inhaltlichen Rahmenbedingungen für die Marktdefinition aufgeführt, während Absatz 3 die verfahrensrechtlichen Fragen durch _______________
1 Vgl. Bechtold, GWB, § 37 Rz. 1.
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118
G Rz. 119
Verfahren der Marktregulierung
einen Verweis auf § 12 TKG anspricht. In inhaltlicher Hinsicht kann die Bedeutung der Marktdefinition in § 10 TKG nicht hoch genug eingeschätzt werden. Denn hier wird der Umfang desjenigen Marktes festgelegt, auf den sich bei gleichzeitiger Feststellung beträchtlicher Marktmacht eines Unternehmens die gesamte Regulierung in Teil 2 des TKG erstreckt (oder auch nicht). Dabei kann es auch bei der späteren Durchsetzung von dem marktbeherrschenden Unternehmen auferlegten Verpflichtungen Zweifelsfragen geben, wie weit oder eng der betreffende Markt zu verstehen ist. Damit wird letztlich auch der Umfang der auferlegten Verpflichtungen selbst bestimmt. 119
Nach § 10 Abs. 1 TKG hat die BNetzA erstmals unverzüglich nach Inkrafttreten des Gesetzes diejenigen sachlich und räumlich relevanten Telekommunikationsmärkte (zum Begriff siehe oben Rz. 81 f.) festzulegen, die für eine Regulierung in Betracht kommen. Die Formulierung „erstmals“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sich auch später das Erfordernis von Marktdefinitionen ergeben kann, so etwa aufgrund der in § 14 TKG vorgesehenen Überprüfung (siehe unten Rz. 201 ff.). „Unverzüglich“ bedeutet nach der Legaldefinition in § 121 Abs. 1 S. 1 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“. Ob die BNetzA angesichts der auch Ende 2006 und damit zu einem Zeitpunkt der ersten europäischen Überprüfung des Rechtsrahmens und Märkteempfehlung (siehe oben Rz. 7 und 51 ff.) nach wie vor ausstehender Marktdefinitionen, Marktanalysen und Regulierungsverfügungen den gesetzgeberischen Auftrag zeitgerecht erfüllt hat, darf bezweifelt werden. Allerdings dürfte dies folgenlos bleiben, da einerseits die europarechtlichen Vorgaben in zeitlicher Hinsicht wenig stringent sind (siehe oben Rz. 25, 51) und andererseits eine Verletzung subjektiver Rechte von Marktteilnehmern hierdurch nicht ohne Weiteres anzunehmen sein dürfte (siehe unten Rz. 230 ff.). Es bleibt daher zu hoffen, dass die Überprüfung des europäischen Rechtsrahmens künftig zu mehr Geschwindigkeit bei den Verfahren führt (siehe oben Rz. 51 ff.).
120
Mit dem Hinweis in § 10 Abs. 1 TKG auf die sachlich und räumlich relevanten Telekommunikationsmärkte, die für die Regulierung nach den Vorschriften des Teil 2 des Gesetzes in Betracht kommen, wird die europarechtlich vorgegebene Erforderlichkeit der Marktdefinition (Bestimmung des sachlich und räumlich relevanten Marktes) und der Vorauswahl von Märkten (siehe oben Rz. 5) verdeutlicht.
121
Der Hinweis in § 10 Abs. 3 TKG stellt dagegen verfahrensrechtlich klar, dass die Ergebnisse der Marktdefinition der EU-Kommission im Verfahren nach § 12 TKG in den Fällen vorzulegen sind, in denen die Marktdefinition Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten hat (dazu oben Rz. 65 ff.).
122
Inhaltlicher Kern der Marktdefinition ist die Regelung in § 10 Abs. 2 TKG. Dort werden drei wesentliche Aussagen für die Marktdefinition durch die
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Rz. 124 G
Marktdefinition
BNetzA getroffen und zugleich die Parameter für die Marktdefinition festgelegt: –
Zum Ersten sind ausdrücklich die Kriterien des Drei-Kriterien-Tests für die (Vor-)Auswahl derjenigen Märkte niedergelegt, die für eine Vorabregulierung in Betracht kommen sollen.
–
Zum Zweiten steht der BNetzA für die Bestimmung dieser Märkte ausdrücklich ein Beurteilungsspielraum zu.
–
Zum Dritten hat die BNetzA dabei die Märkteempfehlung weitestgehend zu berücksichtigen.
Diese Parameter werden nachfolgend näher erläutert. 7.1 Parameter für die Marktdefinition 7.1.1 Bestimmung des sachlich und räumlich relevanten Marktes Methodisch gesehen, wie auch in der Praxis der BNetzA, beginnt die Marktdefinition zunächst mit der Bestimmung des sachlich und räumlich relevanten Marktes. Dies ist zwar nicht ausdrücklich in § 10 Abs. 2 TKG beschrieben, folgt aber aus der Pflicht des § 10 Abs. 1 TKG, die Märkte festzulegen – dies erfordert eben eine sachliche und räumliche Marktabgrenzung – und die Märkteempfehlung weitestgehend zu berücksichtigen, deren Inhalt u. a. das Ergebnis einer sachlichen und räumlichen Marktabgrenzung ist1. Dieser Methodik steht auch die Märkteempfehlung sowie der in diesem Zusammenhang relevante Drei-Kriterien-Test (dazu unten Rz. 125 ff.) nicht entgegen2. Denn auch unter (weitestgehender) Berücksichtigung der in der Märkteempfehlung bereits vorausgewählten und insoweit bereits „abgegrenzten“ Märkte ist es erforderlich, dass die BNetzA Inhalt und Umfang dieser Märkte auf nationaler Ebene abgrenzt. Freilich ändert dies nichts an einer ggf. bereits regulierungs- bzw. ordnungspolitisch motivierten Vorauswahl der Märkte mittels der Märkteempfehlung (dazu näher Rz. 129).
123
Bei der Bestimmung des sachlich und räumlich relevanten Marktes richtet sich die BNetzA in der Praxis nach den sich aus den europäischen Vorgaben ergebenden Kriterien (siehe oben Rz. 9 ff.). Für die Bestimmung des sachlich relevanten Marktes prüft die BNetzA daher vornehmlich die Austauschbarkeit der betreffenden Produkte auf der Nachfragerseite (also das Bedarfsmarktkonzept3) und die Angebotsumstellungsflexibilität auf Seiten der (potenziellen) Wettbewerber. Zusätzlich weist die BNetzA in ihren Dokumenten zu Marktdefinition und Marktanalyse darauf hin, dass, falls die
124
_______________
1 Vgl. Erwägungsgrund (5) ff. der Märkteempfehlung, Begründung zur Märkteempfehlung (Explanatory Memorandum), S. 6 f. sowie Absatz Nr. 38 ff. der Kommissionsleitlinien (dazu auch oben Rz. 9 ff.). 2 A. A. wohl Topel, ZWeR 2006, 38 f. 3 Dies bestätigend u. a.: VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 25 ff. über www.justiz.nrw.de.
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G Rz. 125
Verfahren der Marktregulierung
beiden genannten Kriterien nicht zu Ergebnissen führen, auch die Homogenität der Wettbewerbsbedingungen herangezogen wird1, auch wenn dieses Kriterium vornehmlich der räumlichen Marktabgrenzung dient (siehe oben Rz. 11). 7.1.2 Drei-Kriterien-Test 125
Nach Vornahme der sachlichen und räumlichen Marktabgrenzung durch die BNetzA anhand der Märkteempfehlung geht es im zweiten Schritt der Marktdefinition um die (Bestätigung der) (Vor-)Auswahl der Märkte für die Zwecke der Marktanalyse bzw. der sektorspezifischen Regulierung. Konkret geht es dabei auch um die Frage, ob die BNetzA zusätzlich zur Märkteempfehlung prüft, ob der relevante Markt für die (sektorspezifische) Regulierung in Betracht kommt. Die Berücksichtigung von Kriterien für die (Vor-) Auswahl (potenziell) regulierungsbedürftiger Märkte durch die BNetzA waren im Gesetzentwurf zum TKG begrifflich noch dadurch vorgesehen, dass auf solchen Märkten kein „funktionsfähiger Wettbewerb“ herrscht2 (siehe auch oben Rz. 85). Dieser Begriff war allerdings im Gesetzgebungsverfahren aus zwei Gründen höchst umstritten3: –
Zum einen wurde bemängelt, dass der Begriff zu unbestimmt und im EU-Richtlinienpaket nicht vorgesehen sei;
–
Zum anderen wurde die Befürchtung geäußert, der Begriff ermögliche es der BNetzA, eine eigenständige sachliche Auswahlentscheidung über die zu definierenden Märkte zu treffen, die sich in Widerspruch zur Märkteempfehlung setzt.
Diesen Einwänden trägt die Gesetzesfassung in § 10 Abs. 2 TKG insoweit Rechnung, als der Begriff „funktionsfähiger Wettbewerb“ gestrichen wurde. Stattdessen sind diejenigen Kriterien zur Qualifikation regulierungsbedürftiger Märkte aufgenommen worden, welche in der Märkteempfehlung selbst genannt sind, also der Drei-Kriterien-Test (siehe oben Rz. 12). Danach sollen also nur solche Märkte für die Regulierung in Betracht kommen, – „die durch beträchtliche und anhaltende strukturell oder rechtlich bedingte Marktzutrittsschranken gekennzeichnet sind, – längerfristig nicht zu wirksamem Wettbewerb tendieren und – auf denen die Anwendung des allgemeinen Wettbewerbsrechts allein nicht ausreicht, um dem betreffenden Marktversagen entgegenzuwirken“. _______________
1 Siehe etwa die Marktdefinition und Marktanalyse im Bereich des Zugangs zum Teilnehmeranschluss (Markt Nr. 11 „Entbündelter Großkunden-Zugang [einschließlich des gemeinsamen Zugangs] zu Drahtleitungen und Teilleitungen für die Erbringung von Breitband- und Sprachdiensten“ der Märkte-Empfehlung), Punkt N., Anhang 2: Marktabgrenzungs- und Marktbeherrschungskriterien, S. 55 f. 2 Vgl. BT-Drucks. 15/2316, S. 8, 10, 57, 61 f. zu §§ 3 Nr. 10 und 10 Abs. 2 TKG-E. 3 Siehe hierzu Klotz, ZWeR 2003, 283 (295) sowie Klotz, MMR 2003, 495 (497).
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Marktdefinition
Rz. 126 G
Damit ist der zweite Einwand allerdings nicht entkräftet. Indes konzentriert sich das Problem eigentlich auf die Fragestellung, ob die BNetzA anhand des Drei-Kriterien-Tests von der Marktanalyse in Bezug auf Märkte absehen kann, die in der Märkteempfehlung als regulierungsbedürftig aufgeführt sind. Denn Abweichungen von den Märkten in der Märkteempfehlung in der Weise, dass diese auf nationaler Ebene enger oder weiter gefasst werden, sind schon in Art. 15 Abs. 3 S. 2 Rahmenrichtlinie angelegt1 und daher in der Begründung zur Märkteempfehlung als denkbar angesprochen2. Die Möglichkeit hierzu ist aufgrund unterschiedlicher nationaler Gegebenheiten auch erforderlich. Davon hat die BNetzA bereits mehrfach Gebrauch gemacht (siehe Rz. 139 ff.). Ebenso ist auch die Festlegung neuer Märkte denkbar, die (noch) nicht in der Märkteempfehlung aufgeführt sind3, wenn auch angesichts § 9a TKG (dazu Rz. 88 ff. und 179 ff.) nicht mehr wahrscheinlich. In beiden Fällen läge aber eine Marktdefinition durch die BNetzA vor, die auf ihre Übereinstimmung mit den europarechtlichen Vorgaben im Rahmen des Konsolidierungsverfahrens überprüft werden kann (siehe oben Rz. 31 ff. und Rz. 65 ff.). Eine Negativauswahl anhand des Drei-Kriterien-Tests durch die BNetzA, indem diese einen Markt erst gar nicht festlegt, weil er (vermeintlich) die Kriterien nicht erfüllt, gelänge dagegen nicht im Rahmen des Konsolidierungsverfahrens an die EU-Kommission, weil es nichts vorzulegen gäbe. Damit verlagert sich das Problem allerdings weg von der Anwendung der drei Kriterien durch die BNetzA selbst und hin auf die Frage der Bindungswirkung der Märkteempfehlung4, d. h. auf die Verpflichtung der BNetzA die Märkte der Märkteempfehlung festzulegen und zu analysieren (dazu näher sogleich unter Rz. 130 f.). Das erste Kriterium in Form „beträchtlicher und anhaltender strukturell oder rechtlich bedingter Marktzutrittsschranken“ bezieht sich auf die Zutrittsmöglichkeiten von Unternehmen bzw. Wettbewerbern zum relevanten Markt. Unter strukturellen Marktzutrittsschranken verstehen EU-Kommission5 und BNetzA typischerweise ein Missverhältnis zwischen den Kostenstrukturen der etablierten Betreiber und Neueinsteiger. Ein solches Missverhältnis kann sich ergeben aus Größen- und Konzentrationsvorteilen sowie hohen, aber durch die etablierten Betreiber bereits getätigten Markteintrittsinvestitionen. In den Telekommunikationsmärkten liegen derartige Missverhältnisse insbesondere in nicht leicht duplizierbaren Infrastrukturen, wie beispielsweise festen Teilnehmeranschluss- oder Mobilfunknetzen. _______________
1 Anderenfalls macht der Hinweis darauf, dass vor abweichenden Festlegungen das Konsultations- und Konsolidierungsverfahren durchzuführen ist, keinen Sinn. 2 Siehe Begründung zur Märkteempfehlung (Explanatory Memorandum), S. 11 f. 3 Siehe Begründung zur Märkteempfehlung (Explanatory Memorandum), S. 11, dortige Fn. 24. 4 Im Ergebnis wohl ebenso u. a.: VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06 Absatz Nr. 33 über www.justiz.nrw.de. 5 Siehe hierzu und zum Folgenden Begründung zur Märkteempfehlung (Explanatory Memorandum), S. 9 ff.
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126
G Rz. 127
Verfahren der Marktregulierung
Hier zeigt sich die bereits angesprochene Parallelität (siehe oben Rz. 103) zwischen den Kriterien für (Vor-)Auswahl (potenziell) regulierungsbedürftige Märkte und der Bestimmung von beträchtlicher Marktmacht. Auch bestehende Preisstrukturen sind hier relevant, d. h. es besteht beispielsweise ein Unterschied für den Marktzutritt, ob bei Telefonaten der Anrufer oder der Angerufene zahlt. Während im erstgenannten Fall der Netzbetreiber im Vorleistungsbereich eine Preisgestaltung betreiben kann, die den Netzwettbewerb um den Anrufer als Kunden behindern (durch Verteuerung von Terminierungsentgelten), würde ein solcher Anreiz nicht bestehen, wenn der Angerufene das Telefonat zu zahlen hätte. Demgegenüber sind rechtliche Marktzutrittsschranken typischerweise gesetzliche oder behördliche Begrenzungen der Marktteilnehmer. Unter dem Richtlinienpaket 2002 sowie dem TKG gilt dies im Wesentlichen nur noch für Märkte, welche die Nutzung von Frequenzen erfordern. Auch politischer Druck mit disziplinierender Wirkung wird von der EU-Kommission hier eingeordnet1, indem, wenn auch nicht explizit, auf die vormals bestehenden „Anschlusskostendefizite“ der ehemaligen Monopolisten bei den Teilnehmeranschlüssen hingewiesen wird. Wenn Schranken der vorbeschriebenen Art den Marktzutritt behindern, so müssen sie beträchtlich und anhaltend sein. Unter „anhaltend“ ist angesichts der Verwendung des Begriffs „non-transitory“ in der englischsprachigen Fassung der Märkteempfehlung eine Formulierung wie „nicht nur vorübergehend“ zu verstehen. Daher wird man hier einen Zeitraum zugrunde zu legen haben, der sich auf den zweijährigen Überprüfungsturnus von Marktdefinition und Marktanalyse nach § 14 Abs. 2 TKG bezieht. Dass schließlich nur beträchtliche und nicht lediglich unbedeutende Marktzutrittsschranken relevant sind, versteht sich von selbst. 127
Längerfristig keine Tendenz zu wirksamem Wettbewerb wird von der EUKommission2 so gesehen, dass auch bei vorhandenen Marktzutrittsschranken Märkte zu Wettbewerb tendieren können, wenn dort eine hinreichende Anzahl Wettbewerber mit abweichenden Kostenstrukturen bestehen und sich einer preiselastischen Nachfrage ausgesetzt sehen. Dies ist freilich genau zu untersuchen, weil derartige Konstellationen auch Oligopole hervorbringen können. Tendenzen zu wirksamem Wettbewerb können sich allerdings auch durch technologische Entwicklungen ergeben. Denn derartige Entwicklungen können substituierende Produkte für den relevanten Markt hervorbringen und damit potenziellen Wettbewerbern einen schnellen und effizienten Marktzutritt ermöglichen. Wiederum zeigt sich hier der enge Zusammenhang mit Kriterien, die für die Prüfung beträchtlicher Marktmacht relevant sind (siehe oben Rz. 112). Die Bestimmung der „Längerfristigkeit“ einer fehlenden Tendenz zu wirksamem Wettbewerb besteht aus zwei Komponenten. Zum einen ist, sofern es sich nicht um einen neuen _______________
1 Siehe Begründung zur Märkteempfehlung (Explanatory Memorandum), S. 10. 2 Siehe hierzu und zum Folgenden Begründung zur Märkteempfehlung (Explanatory Memorandum), S. 10.
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Marktdefinition
Rz. 128 G
Markt handelt, sinnvollerweise durch die Betrachtung der Vergangenheit zu ermitteln, wie sich der Markt unter den bisherigen Rahmenbedingungen entwickelt hat. Denn egal, ob der Markt zuvor stark, wenig oder nicht reguliert war, geben die vergangenen Entwicklungen Aufschluss darüber, wozu die Abwesenheit oder das Vorhandensein von Regulierung bzw. Wettbewerb geführt hat. Zum anderen ist eine Prognose für die Zukunft, basierend auf den bisherigen Entwicklungen, erforderlich. Der Begriff „längerfristig“ ist dabei freilich nicht auf Zeiträume von fünf Jahren oder mehr zu beziehen, sondern im Kontext der Regulierung durch das TKG und den dort vorgesehenen Überprüfungszeitraum zu betrachten1. Daher geht es auch hier um einen Zeitraum von etwa zwei Jahren. Anders als die beiden ersten Kriterien, die eng mit den Kriterien zur Bestimmung beträchtlicher Marktmacht zusammenhängen, sich aber durch die Betrachtung eines in die Zukunft gerichteten zeitlichen Rahmens (anhaltend, längerfristig) von jenen unterscheiden, erscheint das dritte Kriterium, nach dem das allgemeine Kartellrecht allein nicht ausreichend sein darf, als ein wirklich generisches Kriterium, um die (Vor-)Auswahl potenziell regulierungsbedürftiger Märkte zu treffen. An diesem Punkt wird die Abwägungsentscheidung zugunsten oder zulasten der Vorabregulierung gegenüber der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht getroffen2. Zugleich wird durch dieses Kriterium zum Ausdruck gebracht, dass die Vorabregulierung eigentlich die Ausnahme darstellen soll (siehe oben Rz. 60). Das Kartellrecht wird dort als nicht ausreichend angesehen, wo das Marktversagen in zeitlicher wie inhaltlicher Hinsicht mehrfache Maßnahmen erfordern würde, z. B. Kostenermittlung und technische Zugangsbedingungen sowie deren (laufende) Überwachung und Durchsetzung3. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass einmal abgesehen von der Essential-Facilities-Doktrin, die in § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB Eingang gefunden hat, das Kartellrecht im Wesentlichen mit den Mitteln der Missbrauchsaufsicht und der Untersagung von missbräuchlichen Handlungen operiert. Dies bedeutet, dass solche Märkte, welche die ersten beiden Hürden bei der (Vor-)Auswahl genommen haben, mit Blick auf die dort getroffenen zeitlichen Prognosen kaum noch für die nachträgliche kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht in Frage kommen können. Denn ein zuvor nicht regulierter Markt, der nicht nur vorübergehende Marktzutrittschranken besitzt und auf Sicht von zwei Jahren nicht zu wirksamem Wettbewerb, also zu Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht tendiert, hat im Prinzip bereits den Beweis angetreten, dass die Mittel des allgemeinen Kartellrechts allein nicht ausreichen, dem Marktversagen entgegenzuwirken. Dies gilt erst recht für solche Märkte, die bisher reguliert waren. Daraus folgt, dass dieses dritte Kriterium vor allem bei der Prüfung _______________
1 Vgl. Begründung zur Märkteempfehlung (Explanatory Memorandum), S. 11. 2 Interessanterweise befindet hierüber die BNetzA und nicht das Bundeskartellamt. 3 Siehe hierzu und zum Folgenden Begründung zur Märkteempfehlung (Explanatory Memorandum), S. 11.
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128
G Rz. 129
Verfahren der Marktregulierung
neuer Märkte Bedeutung erlangen muss. Das freilich wird in § 9a TKG übersehen bzw. ist dort allenfalls implizit enthalten (siehe Rz. 182 f., 83 ff.). 129
Abschließend sei in diesem Zusammenhang auf ein Dilemma hingewiesen, das auch von der EU-Kommission gesehen und angesprochen wird. Die Marktregulierung im Bereich der Telekommunikation und insbesondere die Auferlegung von Vorabverpflichtungen seit Ende der 1980er Jahre1 haben zur Marktöffnung und zu Wettbewerb geführt. Dieser Wettbewerb kann in bestimmten Fällen die Marktanteile des früher marktbeherrschenden Unternehmens erheblich, ggf. bis unter die Marktbeherrschungsgrenze abgesenkt haben. Die eigentlich zu erwartende Konsequenz, den betreffenden Markt künftig aus der Regulierung zu entlassen, beinhaltet aber das hohe Risiko, dass sich der frühere, die Regulierung ursprünglich auslösende Zustand wieder herstellt. Dies deswegen, weil der Wettbewerb nur durch die Verpflichtung entstanden ist, diese also kausal für den Wettbewerb als solchen ist. In dieser Konstellation, für welche die EU-Kommission etwa die Verpflichtung zur Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl nennt2, geht es genau genommen weniger um den Schutz eines natürlich entwickelten Marktes, sondern um die regulierungs- bzw. ordnungspolitische Grundentscheidung, den Wettbewerb mit bestimmten Mitteln (nämlich der Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl) zu ermöglichen. Daher ist es richtig, insoweit von einer „regulierungsspezifischen Marktdefinition“ zu sprechen3, die von der rein kartellrechtlichen Marktabgrenzung abweicht bzw. dieser aufgrund ihrer dargestellten prognostischen Elemente vorauseilt. Dies gilt auch für die Frage, wie neue Märkte bzw. sich entwickelnde Märkte behandelt werden sollen (dazu näher Rz. 179 ff.). Vor diesem Hintergrund ist nämlich die (Vor-)Auswahl von (potenziell) regulierungsbedürftigen Märkten auch eine Entscheidung darüber, welche Märkte ordnungspolitisch für Zwecke der sektorspezifischen Regulierung überhaupt bestehen (bleiben) bzw. entstehen sollen4. Man mag dies für gut oder schlecht halten. Zu berücksichtigen bleibt jedenfalls, dass strukturelle und rechtliche Marktzutrittsschranken in den Telekommunikationsmärkten nach wie vor bestehen und dass die Entwicklung neuer Märkte nicht selten auf Infrastrukturen, Größen- und Verbundvorteilen beruht, die sich in Zeiten vor dem Beginn der Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte in Europa und Deutschland entwickelt haben. Die Beibehaltung eines regulierungs- bzw. ordnungs_______________
1 2 3 4
Dazu Heun, CR 2005, 725. Vgl. Begründung zur Märkteempfehlung (Explanatory Memorandum), S. 11. Vgl. Topel, ZWeR 2006, 41. Als Beispiel kann der Markt für Bitstrom-Zugang (Markt Nr. 12 der Märkteempfehlung) dienen. Mangels Angebot durch die marktmächtigen Anbieter von DSL-Anschlüssen kann zunächst eigentlich nicht von einem „bestehenden Markt“ gesprochen werden. Erst wenn die Nachfrage der Wettbewerber nach einem solchen Produkt als ordnungspolitisch berechtigtes Begehren betrachtet wird, wird daraus ein in der Märkteempfehlung aufgeführter, ggf. regulierungsbedürftiger Markt.
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Marktdefinition
Rz. 133 G
politischen Ansatzes neben der kartellrechtlichen Betrachtung und Marktkontrolle im Rahmen der sektorspezifischen Regulierung ist daher durchaus angezeigt1. 7.1.3 Einordnung und Bindungswirkung des Hinweises auf die Märkteempfehlung Nach § 10 Abs. 2 S. 3 TKG hat die BNetzA die Märkteempfehlung bei der Festlegung der potenziell regulierungsbedürftigen Märkte weitestgehend zu berücksichtigten. Damit wird der Wortlaut in Art. 15 Abs. 3 Rahmenrichtlinie nur teilweise umgesetzt, weil dort auch die Kommissionsleitlinien aufgeführt sind. Allerdings hat dieses Umsetzungsdefizit in der Praxis keine Auswirkungen, weil sich die BNetzA auch im Rahmen der Marktdefinition an den Kommissionsleitlinien orientiert.
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Zwar sind wie bereits erwähnt (Rz. 95) Empfehlungen nach Art. 249 EGVertrag grundsätzlich unverbindlich. Indes ordnen auch hier sowohl die europarechtlich verbindliche Rahmenrichtlinie (Art. 15 Abs. 3 Rahmenrichtlinie) wie auch § 10 Abs. 2 S. 3 TKG ausdrücklich an, dass die Märkteempfehlung weitestgehend zu berücksichtigen ist. Wie bei den Kommissionsleitlinien (siehe oben Rz. 94 ff.) muss man daher auch der Märkteempfehlung eine gewisse Verbindlichkeit zugestehen2.
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Diese Verbindlichkeit bedeutet, dass ein Ignorieren der Märkteempfehlung durch schlichte Nichtfestlegung eines in der Märkteempfehlung aufgeführten Marktes nicht zulässig sein kann (siehe die aufgeworfene Frage oben Rz. 125). Denn § 10 Abs. 1 TKG verpflichtet ebenso wie Art. 15 Abs. 3 Rahmenrichtlinie die BNetzA grundsätzlich zur Festlegung potenziell regulierungsbedürftiger Märkte. Hinzu kommt, dass nach Art. 15 Abs. 3 S. 2 Rahmenrichtlinie keine Märkte abweichend von der Märkteempfehlung ohne vorheriges Konsultations- und Konsolidierungsverfahren festgelegt werden dürfen. Wollte die BNetzA einen Markt aus der Märkteempfehlung daher schlicht ignorieren, würde sie sich sowohl der Pflicht zur Marktfestlegung als auch der Pflicht zur Durchführung des Konsultations- und Konsolidierungsverfahrens entziehen. Denn im Ergebnis wäre die Nichtbeachtung eines Marktes aus der Märkteempfehlung damit gleichzusetzen, dass die BNetzA unter Anwendung des Drei-Kriterien-Tests zu dem Ergebnis käme, der Markt sei nicht regulierungsbedürftig.
132
Auch die in Art. 15 Abs. 3 Rahmenrichtlinie verwendete Formulierung, dass die nationalen Regulierungsbehörden „… die relevanten Märkte … im Einklang mit den Grundsätzen des Wettbewerbsrechts“ festlegen, erlaubt kei-
133
_______________
1 Wohl ebenso Topel, ZWeR 2006, 42. 2 Ebenso VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de, S. 5 unter Punkt 3.3.2.1 sowie u. a. VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 20 über www.justiz.nrw.de.
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G Rz. 134
Verfahren der Marktregulierung
ne andere Deutung. Die Grundsätze des Wettbewerbsrechts meinen in diesem Zusammenhang nicht etwa die Anwendung des Drei-Kriterien-Tests für die Identifikation der potenziell regulierungsbedürftigen Märkte, vielmehr geht es dabei um die Abgrenzung des im Einzelfall sachlich und räumlich relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbs- bzw. Kartellrechts. Eine derartige Abgrenzung ist grundsätzlich immer erforderlich, trifft aber keine Aussage darüber, ob Märkte der sektorspezifischen Regulierung unterliegen sollen. Dementsprechend trennen sowohl die EU-Kommission (siehe oben Rz. 8 ff.) wie auch die BNetzA in der Praxis die Abgrenzung des sachlich und räumlich relevanten Marktes von der Frage der Regulierungsbedürftigkeit des abgegrenzten Marktes. Die sachliche und räumliche Marktabgrenzung kann daher nicht dazu dienen, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob bestimmte Märkte der sektorspezifischen Regulierung unterliegen sollen oder nicht. Der Drei-Kriterien-Test dient vielmehr der (prognostischen) Identifikation von Märkten, die für eine sektorspezifische Regulierung in Betracht kommen. Diese Identifikation wird aber von der EU-Kommission vorgenommen und kann daher nicht von der BNetzA ignoriert werden. 134
Damit verbleibt die Frage, ob die Bindungswirkung der Märkteempfehlung es ausschließt, dass die BNetzA den Drei-Kriterien-Test selbst anwendet und dabei zu einem anderen Ergebnis gelangt als die EU-Kommission in der Märkteempfehlung. Gegen eine Ausschlusswirkung spricht, dass die Märkteempfehlung eine „europäische Durchschnittsbetrachtung“ bedeutet, während ein nationaler Markt davon abweichende Gegebenheiten aufweisen kann1. Dafür spricht die mit dem Richtlinienpaket 2002 und der Märkteempfehlung intendierte europaweite Harmonisierung der sektorspezifischen Regulierung2. Solange freilich sichergestellt ist, dass die BNetzA jegliche Märkte der Märkteempfehlung abgrenzt und die Untersuchung der abgegrenzten Märkte auf ihre Regulierungsbedürftigkeit sowie die diesbezügliche Marktanalyse zum Gegenstand von Konsultations- und Konsolidierungsverfahren macht, ist durch die Vorlagepflicht gegenüber der EU-Kommission und deren Vetorecht (siehe oben Rz. 35 ff.) eine europaweit harmonisierte Betrachtung gewährleistet.
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In der Praxis äußert sich die BNetzA3 zu diesem Thema dahingehend, dass sie die 18 Märkte der Märkteempfehlung als Märkte ansieht, für die eine Vermutung gilt, dass sie die genannten Kriterien erfüllen. Allerdings soll nach Ansicht der BNetzA diese Vermutung – wenn auch mit hohen Hürden – widerlegbar sein, weil die BNetzA einen eigenen Beurteilungsspielraum dadurch besitze, dass die Märkteempfehlung nur weitestgehend zu berück_______________
1 So Knauth/Krüger, MMR Beilage 1/2004, 3; ihnen folgend Doll/Nigge, CR 2004, 521. 2 Vgl. Elkettani, K&R Beilage 1/2004, 12; Klotz, MMR 2003, 497. 3 So ausführlich in der Marktdefinition und Marktanalyse der Märkte 8–10 auf S. 80 ff., die auf der Website der BNetzA unter www.Bundesnetzagentur.de als Anlage zur Regulierungsverfügung v. 5.10.2005 – BK 4c-05-002/R abrufbar ist.
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Marktdefinition
Rz. 136 G
sichtigen sei. Diesem Ansatz ist rechtlich und im Ergebnis zuzustimmen. Denn aufgrund der Formulierung in Art. 15 Abs. 1 Rahmenrichtlinie wird über Anhang I der Rahmenrichtlinie und die Pflicht zur weitestgehenden Berücksichtigung in § 10 Abs. 2 TKG (und Art. 15 Abs. 3 Rahmenrichtlinie) seitens der BNetzA für die Märkteempfehlung eine gesetzliche Vermutung begründet1, dass die darin aufgeführten Märkte potenziell regulierungsbedürftig sind. Nur mit diesem Verständnis wird man der gesetzlich geregelten weitestgehenden Berücksichtigungspflicht gerecht. Dies bedeutet, dass die BNetzA zwar eigenständig den Drei-Kriterien-Test durchführen darf, sie muss aber die durch die Märkteempfehlung begründete gesetzliche Vermutung im Sinne einer Beweislastumkehr in besonderem Maße begründen2. Man mag einwenden, dass die BNetzA ohnehin auch für das Vorliegen der drei Kriterien nach § 39 VwVfG i. V. m. § 13 Abs. 3 TKG begründungspflichtig ist. Indes könnte sie sich in ihrer Begründung ja auch auf die in der Märkteempfehlung getroffene (Vor-)Auswahlentscheidung der EU-Kommission berufen. Richtigerweise spricht die BNetzA deswegen auch davon, dass im Rahmen der Marktfestlegung nach § 10 Abs. 1 und 2 TKG lediglich eine typisierende Betrachtungsweise durch den Drei-Kriterien-Test erfolge und keine individuelle Prüfung wie sie sich erst aus der Marktanalyse ergebe3. Durch die Annahme einer gesetzlichen Vermutung ist zugleich sichergestellt, dass die BNetzA die Märkte aus der Märkteempfehlung auch festzulegen und zu analysieren hat, weil ansonsten eine unwiderlegte gesetzliche Vermutung bestünde, dass ein bestimmter Markt regulierungsbedürftig ist. Umgekehrt entfaltet die Märkteempfehlung allerdings keine Vermutungswirkung dahingehend, dass dort nicht aufgeführte Märkte auch von der BNetzA nicht festgelegt werden dürfen. So erkennt Art. 15 Abs. 3 Rahmenrichtlinie die Möglichkeit einer von der Märkteempfehlung abweichenden Marktdefinition an. Die Begründung der Märkteempfehlung sieht dabei sogar die Möglichkeit, neue Märkte einzubeziehen4. Indes stellt die Rechtsprechung keine besonders hohen Anforderungen an die BNetzA, wenn diese den Drei-Kriterien-Test für nicht in der Märkteempfehlung aufgeführte Märkte durchführt, und zwar auch dann nicht, wenn es um die Aufhebung _______________
1 Der eher strafrechtlich geprägte Begriff „Anfangsverdacht“ (siehe Elkettani, K&R Beilage 1/2004, 14) ist eher unglücklich, meint aber in der Sache das Gleiche. 2 Ähnlich wenn auch nicht ausdrücklich VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de, S. 5 f. unter Punkt 3.3.2.1 wenn dort mit Blick auf nicht in der Märkteempfehlung aufgeführte Märkte von einer „umgedrehten Prüfungsaufgabe“ gesprochen wird. Ebenso unter Hinweis auf ein „Regel-AusnahmeVerhältnis“: VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 10 ff., 25, 33 über www.justiz.nrw.de. 3 BNetzA, Marktdefinition und Marktanalyse der Märkte 8–10 auf S. 79 f., die auf der Website der BNetzA unter www.Bundesnetzagentur.de als Anlage zur Regulierungsverfügung v. 5.10.2005 – BK 4c-05-002/R abrufbar ist. 4 Begründung zur Märkteempfehlung (Explanatory Memorandum), S. 12 Fn. 24, Dokument über http://ec.europa.eu/information_society/policy/ecomm/index_en.htm.
Heun | 637
136
G Rz. 137
Verfahren der Marktregulierung
bzw. das Erlöschen von Verpflichtungen geht, die unter dem TKG 1996 bestanden haben1. 7.1.4 Beurteilungsspielraum der BNetzA 137
Schließlich ist zu beachten, dass der BNetzA nach § 10 Abs. 2 S. 2 TKG ausdrücklich ein Beurteilungsspielraum2 bei der Festlegung der potenziell regulierungsbedürftigen Märkte zusteht. Wie bereits aufgezeigt, beinhaltet der Drei-Kriterien-Test im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise einerseits prognostische Elemente, die sich insbesondere auf zeitliche Aspekte erstrecken (anhaltend, längerfristig). Andererseits beinhalten die drei Kriterien auch unbestimmte, d. h. interpretationsbedürftige Rechtsbegriffe (Marktzutrittsschranken, Tendenz zu wirksamem Wettbewerb), die damit in Zusammenhang stehen. Daher wird man hier zu Recht von einer eingeschränkten richterlichen Kontrollmöglichkeit hinsichtlich der Festlegung der Märkte durch die BNetzA auszugehen haben3.
138
Dies bedeutet freilich nicht, dass die diesbezügliche Entscheidung der BNetzA gänzlich der richterlichen Kontrolle entzogen ist. Allerdings sind die Gerichte lediglich befugt zu überprüfen, ob die BNetzA (1) etwaige Verfahrensbestimmungen eingehalten, (2) ihrer Entscheidung einen zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt zugrunde gelegt, (3) sich an allgemeingültige Bewertungsgrundsätze und Bewertungsmaßstäbe gehalten, (4) bei ihrer Entscheidung die konkurrierenden Belange nicht krass, d. h. in einer zur objektiven Gewichtigkeit dieser Belange außer Verhältnis stehenden Weise fehlgewichtet, (5) objektive Kriterien zugrunde gelegt und das Willkürverbot nicht verletzt, und (6) die Beurteilung so ausführlich begründet hat, dass dem Gericht die ihm obliegende beschränkte inhaltliche Kontrolle (Punkte 2 bis 5) möglich wird4. Auch ist der Beurteilungsspielraum der BNetzA durch die Märkteempfehlung begrenzt5. _______________
1 Siehe VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de, S. 5 f. unter Punkt 3.3.2.1. 2 Allgemein dazu: Kopp/Schenke, VwGO, § 114 Rz. 24 ff. 3 Ebenso Ellinghaus, MMR 2004, 296 f. 4 Siehe u. a.: VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 33 und Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 27, jeweils über www.justiz.nrw.de. 5 VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de, S. 5 unter Punkt 3.3.2.1. sowie u. a. VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 33 f. und Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 27 f., jeweils über www.justiz.nrw.de.
638 | Heun
Marktdefinition
Rz. 140 G
7.2 Ergebnis und Status der bisherigen Marktdefinitionen Die BNetzA hat seit Inkrafttreten des TKG für 17 Märkte der Märkteempfehlung Entwürfe für Marktdefinition und Marktanalyse vorgelegt. Anfang 2007 hatten die Entwürfe in zeitlicher Hinsicht teilweise noch den Status des (abgeschlossenen) Konsultationsverfahrens (§ 12 Abs. 1 TKG), teilweise befinden sie sich im Konsolidierungsverfahren (sei es für Marktdefinition und Marktanalyse selbst oder für die darauf basierende Regulierungsverfügung (siehe oben Rz. 53 f., 63 – §§ 10 Abs. 2, 11 Abs. 2, 12 Abs. 2 Nr. 1–3 TKG, § 13 Abs. 1 TKG) und teilweise im Status der (veröffentlichten) Regulierungsverfügung (§ 13 Abs. 3 TKG). Die nachstehenden Tabellen geben einen Überblick über den inhaltlichen Status der Marktdefinition durch die BNetzA1. Aus den Bemerkungen in den nachstehenden Tabellen geht hervor, dass einzelne Fragen der Marktdefinition durch die BNetzA umstritten waren. Diese Fragen werden im Anschluss an die Tabellen näher erläutert (siehe Rz. 145 ff.). Die Statusangaben beziehen sich auf Anfang März 2007.
139
In den Spalten am rechten Rand der Tabellen werden die zugehörigen Aktenzeichen der EU-Kommission sowie der BNetzA angegeben. Soweit dabei nicht auf das Amtsblatt der BNetzA verwiesen wird, sind die Dokumente auf den für Konsultations- und Konsolidierungsverfahren eingerichteten Webseiten der EU-Kommission2 und der BNetzA3 abrufbar.
140
_______________
1 Ein guter Überblick findet sich auch unter www.tkrecht.de bei „Marktregulierung“. 2 Für die EU-Kommission lautet die Website wie folgt: forum.europa.eu.int/Public/ irc/infso/ecctf/library?l=/germany&vm=detailed&sb=Title. 3 Für die BNetzA lautet die Website wie folgt: www.bundesnetzagentur.de, Link „Einheitliche Informationsstelle“, von wo auch auf die Website der EU-Kommission verwiesen wird.
Heun | 639
Sachlich: Zugang zum öffentlichen Telefondienst an festen Standorten, mit Ausnahme derjenigen Zugangsleistungen, die im Rahmen von Gesamtverträgen mit einem einzelnen Kunden und einem Jahresumsatz von mehr als einer Million Euro ohne Mehrwertsteuer (d. h. netto) erbracht werden.
Zugang von Privatkunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten
Zugang anderer Kunden zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten
Öffentliche Ortsund/oder Inlandstelefonverbindungen für Privatkunden an festen Standorten
Öffentliche Ortsund/oder Inlandstelefonverbindungen für andere Kunden an festen Standorten
1
2
3
640 | Heun
5
Räumlich: Bundesweit.
Sachlich: Öffentliche Inlandsgespräche an festen Standorten, mit Ausnahme derjenigen Verbindungsleistungen, die im Rahmen von Gesamtverträgen mit einem einzelnen Kunden und einem Jahresumsatz von mehr als einer Million Euro ohne Mehrwertsteuer (d. h. netto) erbracht werden.
Wie oben Markt Nr. 1 und 2. Einbezogen in diesen Markt sind auch Verbindungen, die über VoIP-Dienste hergestellt werden (strittig), sofern der betreffende Dienst neben den Verbindungen innerhalb von IP-Netzen auch den Zugang ins Festnetz gewährleistet, also Verbindungen in nationale und internationale Festnetze im Sinne einer Any-to-Any-Verbindung ermöglicht. Ausgenommen von diesem Markt sind Verbindungen vom Festnetz in inländische Mobilfunknetze; dieser Markt wird separat untersucht.
BNetzA sieht einheitlichen Markt für Privatund Geschäftskunden. Einbezogen sind analoge Anschlüsse, ISDN-Basis- und PMX-Anschlüsse, nicht breitbandige (DSL-)Anschlüsse und nicht öffentliche Telefonstellen. Die umstrittene Betrachtung eines separaten Marktes für Angebote gegenüber geschlossenen Benutzergruppen („sprachorientierte Systemlösungen“) wird gegenüber der früheren Rechtslage explizit aufgegeben, aber ein anderer Markt ab dem angegebenen Jahresumsatz wird gesehen, der später untersucht werden soll.
Bemerkungen
DE/ 2005/ 308309
DE/ 2005/ 306307
EU
BK2a-06-001-R, BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006.
Status: final (Regulierungsverfügung)
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 46/2005; ABl. Nr. 04/2005;
Mitteilung. Nr. 375/2004, ABl. Nr. 23/2004;
BNetzA
Fundstellen/Az./Status
141
Räumlich: Bundesweit.
Marktdefinition BNetzA
Märkteempfehlung
Nr.
Endnutzermärkte
G Rz. 141 Verfahren der Marktregulierung
Märkteempfehlung
Öffentliche Auslandstelefonverbindungen für Privatkunden an festen Standorten
Öffentliche Auslandstelefonverbindu ngen für andere Kunden an festen Standorten.
Unklar, ob außerhalb der Märkteempfehlung oder in Märkten Nr. 3 und 5 enthalten
Nr.
4
6
n/a
Räumlich: Bundesweit.
Sachlich: Markt für Verbindungen aus dem Festnetz in ausländische Mobilfunknetze, mit Ausnahme derjenigen Verbindungsleistungen, die im Rahmen von Gesamtverträgen mit einem einzelnen Kunden und einem Jahresumsatz von mehr als einer Million Euro ohne Mehrwertsteuer (d. h. netto) erbracht werden.
Räumlich: Bundesweit.
Sachlich: Markt für Verbindungen aus dem Festnetz in inländische Mobilfunknetze, mit Ausnahme derjenigen Verbindungsleistungen, die im Rahmen von Gesamtverträgen mit einem einzelnen Kunden und einem Jahresumsatz von mehr als einer Million Euro ohne Mehrwertsteuer (d. h. netto) erbracht werden.
Räumlich: Bundesweit.
Sachlich: Öffentliche Auslandsgespräche an festen Standorten, mit Ausnahme derjenigen Verbindungsleistungen, die im Rahmen von Gesamtverträgen mit einem einzelnen Kunden und einem Jahresumsatz von mehr als einer Million Euro ohne Mehrwertsteuer (d. h. netto) erbracht werden
Marktdefinition BNetzA
Wie oben Markt Nr. 1 und 2 sowie Markt Nr. 4 und 6.
Wie oben Markt Nr. 1 und 2 sowie Markt Nr. 3 und 5.
Wie oben Markt Nr. 1 und 2 sowie Markt Nr. 3 und 5. Allerdings ist die BNetzA eigentlich der Auffassung, dass bereits der Drei-KriterienTest dazu führt, diesen Markt von der Marktanalyse auszunehmen. Die Marktanalyse wird aber dennoch vorgenommen.
Bemerkungen
Offen
DE/ 2005/ 310311
Status: Abgeschlossenes Konsultationsverfahren (Marktanalyse)
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 130/2007; Abl. Nr. 5/2007.
BK1-06/002; Mitteilung Nr. 435/2006, ABl. Nr. 24/2006;
BNetzA
Fundstellen/Az./Status EU
Marktdefinition Rz. 141 G
Heun | 641
Märkteempfehlung
Mindestangebot an Mietleitungen (mit bestimmten Mietleitungstypen bis einschließlich 2 Mbit/s gemäß Artikel 18 und Anhang VII der Universaldienstricht linie)
Nr.
7
642 | Heun Nicht von Märkteempfehlung erfasst und DreiKriterien-Test führt dazu, diesen Markt von der Marktanalyse auszunehmen.
Sachlich Mietleitungen für Endkunden mit einer Übertragungsrate größer 2 Mbit/s.
Räumlich: Bundesweit.
Räumlich: Bundesweit.
Einbezogen in diesen Markt sind analoge und digitale Festverbindungen sowie Datendirektverbindungen, und zwar auch innerhalb von Systemlösungen. Ausgenommen sind DSL- und Internet-Premium-Anschlüsse, Internationale Mietleitung sowie RundfunkÜbertragungswege.
Bemerkungen
Sachlich: Mindestangebot an Mietleitungen (mit bestimmten Mietleitungstypen bis einschließlich 2 Mbit/s gemäß Artikel 18 und Anhang VII der Universaldienstrichtlinie) für Endkunden.
Marktdefinition BNetzA
DE/ 2006/ 479
Status: Abgeschlossenes Konsultationsverfahren (Regulierungsverfügung).
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 117/2006; ABl. Nr. 08/2006.
BK1-05-005; Mitteilung. Nr. 19/2006, ABl. Nr. 02/2006;
BNetzA
Fundstellen/Az./Status EU
G Rz. 141 Verfahren der Marktregulierung
Märkteempfehlung
Verbindungsaufbau im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten (einschließlich Weiterleitung auf lokaler Ebene)
Nr.
8
– Freephone-Service von ICP unter der Dienstekennzahl 0800; – Shared Cost Service 0180 von ICP; – Vote-Call von ICP unter den Zugangskennzahlen 0137 1-9 im Online- Billing-Verfahren; – Service 0700 des ICP im OnlineBilling-Verfahren; – Online-Dienst am Telefonnetz von ICP; – Service 0190 1-9 von ICP im OnlineBilling-Verfahren;
2. Nationaler Markt für Verbindungsaufbau im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten einschließlich der Weiterleitung auf lokaler Ebene über Interconnection-Anschlüsse für Verbindungen zu Diensten. Hierzu zählen derzeit Verbindungen zum:
1. Nationaler Markt für Verbindungsaufbau im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten einschließlich der Weiterleitung auf lokaler Ebene für Orts-, Fern-, NTR-, Auslands- und Mobilfunkverbindungen mit in Einzelwahl oder in festgelegter Vorauswahl vorangestellter Kennzahl für Verbindungsnetzbetreiber.
Sachlich und räumlich:
Marktdefinition BNetzA
Vorleistungsmärkte für Festnetztelefonie
Bemerkenswert ist schließlich der dynamische Verweis auf künftige Zuführungsleistungen, der verdeutlicht, dass es um den Markt für die Zuführung zu Diensten geht und nicht jeder Dienst einen eigenen Markt darstellt.
Einbezogen in die Märkte sind lediglich schmalbandige, nicht breitbandige Verbindungsleistungen.
Die Märkte für die Zuführung zu Diensten werden vom Markt für die Zuführung in Bezug auf geographische, NTR- und Mobilfunkrufnummern getrennt.
Es geht hier um die Verbindungen, die im Rahmen der Zusammenschaltung in Anspruch genommen werden. Die Märkte werden dabei eng an die Zusammenschaltungsstruktur der DTAG angelehnt. Grundsätzlich erfasst wird in diesen Märkten lediglich die niedrigste Netzebene der Zusammenschaltung (d. h. bei der DTAG der sog. lokale Einzugsbereich (LEZB)). Damit unterfällt auch die Übernahme von Verbindungen auf höheren Netzebenen der DTAG den Transitmärkten.
Bemerkungen
DE/ 2005/ 143
insbesondere: BK4c-05-002/R, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005
Status: final (Regulierungsverfügung).
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 376/2004; ABl. Nr. 23/2004
Mitteilung. Nr. 280/2004, ABl. Nr. 18/2004;
BNetzA
Fundstellen/Az./Status EU
Marktdefinition Rz. 142 G
142
Heun | 643
Nr.
Märkteempfehlung
644 | Heun
3. Nationaler Markt für Verbindungsaufbau im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten einschließlich der Weiterleitung auf lokaler Ebene über Primärmultiplex-Anschlüsse für Verbindungen zu Online-Diensten.
Zukünftig angebotene weitere Zuführungsleistungen zu Diensten sind diesem Markt ebenfalls zuzurechnen.
– Auskunftsdienst von ICP unter der Dienstekennzahl 118xy im OfflineBilling-Verfahren; – Service 0190 0 von ICP im OfflineBilling-Verfahren; – VPN-Service von ICP unter der Dienstekennzahl 0181-0189 im Offline-Billing-Verfahren; – innovativen Dienst von ICP unter der Dienstekennzahl 012 im OfflineBilling-Verfahren; – Unified Messaging Service Geo Verse von BT Ignite unter der Zugangskennzahl 0088210 – im OnlineBilling-Verfahren; – Service 0900 von ICP im OfflineBilling-Verfahren; – Anschluss für Telekommunikationsdiensteanbieter.
Marktdefinition BNetzA
Die BNetzA hat hier einen zusätzlichen (schmalbandigen) Markt außerhalb der Zusammenschaltung (Produkte AfOD, OVF) festgelegt.
Bemerkungen EU
BNetzA
Fundstellen/Az./Status
G Rz. 142 Verfahren der Marktregulierung
Märkteempfehlung
Anrufzustellung in einzelnen öffentlichen Telefonnetzen an festen Standorten
Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz
Nr.
9
10
– Auskunftsdienst von ICP unter der Dienstekennzahl 118xy im OnlineBilling-Verfahren;
Siehe Liste oben zu Markt Nr. 8 (Untermarkt 2) sowie zusätzlich
2. Nationaler Markt für Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz über Interconnection- Anschlüsse plus Zuführung von Verbindungen mit Ursprung in nationalen Netzen zu Diensten. Hierzu zählen derzeit Verbindungen zum:
1. Nationaler Markt für Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz plus Zuführung von Orts-, Fern-, NTR-, Auslands- und Mobilfunkverbindungen mit in Einzelwahl oder in festgelegter Vorauswahl vorangestellter Kennzahl für Verbindungsnetzbetreiber und mit Ursprung im eigenen nationalen Netz.
Sachlich und räumlich:
Räumlich: Die räumliche Ausdehnung des jeweiligen Netzes mit der Folge, dass hier sämtliche Teilnehmernetze benannt bzw. definiert werden.
Sachlich: Markt für Anrufzustellung in das einzelne öffentliche Telefonnetz an festen Standorten einschließlich der lokalen Anrufweiterleitung.
Marktdefinition BNetzA
Gesondert definiert wird wiederum Transit plus Zuführung zu Online-Diensten über PMXAnschlüsse außerhalb der Zusammenschaltung.
Die Märkte für Transit plus Zuführung und Transit plus Terminierung werden ebenso getrennt wie Transit plus Zuführung zu Diensten von Transit plus Zuführung in Bezug auf geographische, NTR- und Mobilfunkrufnummern. Die drei zusätzlichen Dienste ergeben sich aus der Zusammenschaltungsstruktur der DTAG.
Grundsätzlich (gemeinsam) erfasst werden in diesen Märkten die höheren Netzebenen der Zusammenschaltung (Single Transit, d. h. bei der DTAG der Grundeinzugsbereich (GEZB) sowie Double Transit für Verbindungen zwischen GEZB).
Es geht hier wiederum um die schmalbandigen Verbindungen, die im Rahmen der Zusammenschaltung anhand der Zusammenschaltungsstruktur der DTAG in Anspruch genommen werden.
Die BNetzA hat hier (erstmalig) das Konzept „Ein Netz – Ein Markt“ angewendet. Dementsprechend bildet jedes Teilnehmernetz eines Teilnehmernetzbetreibers einen eigenständigen Terminierungsmarkt. Von dem Markt erfasst ist auch die Terminierung zu Notrufabfragestellen, nicht aber die Terminierung zu NTR.
Bemerkungen
DE/ 2005/ 145
DE/ 2005/ 144
EU
BNetzA
Fundstellen/Az./Status
Marktdefinition Rz. 142 G
Heun | 645
Nr.
Märkteempfehlung
646 | Heun Bei Transit plus Terminierung wird zusätzlich unterteilt nach Ursprung und Ziel der Verbindungen, d. h. ein gesonderter Markt wird festgelegt, wenn beides in Mobilfunknetzen liegt.
– VPN-Service von ICP unter der Dienstekennzahl 0181-0189 im Online-Billing-Verfahren; – Service 0900 von ICP über die Mobilfunk-Service-Vorwahl (MSV) im Online-Billing-Verfahren.
5. Nationaler Markt für Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz plus Terminierung von Verbindungen mit Ursprung in nationalen Mobilfunknetzen in nationale Mobilfunknetze.
4. Nationaler Markt für Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz plus Terminierung von Verbindungen in nationale Netze mit Ausnahme von Verbindungen mit Ursprung und Ziel in nationalen Mobilfunknetzen.
3. Nationaler Markt für Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz über Primärmultiplex-Anschlüsse plus Zuführung von Verbindungen mit Ursprung in nationalen Netzen zu OnlineDiensten.
Zukünftig angebotene weitere entsprechende Transitleistungen plus Zuführung sind diesem Markt ebenfalls zuzurechnen.
Bemerkungen
Marktdefinition BNetzA BNetzA
Fundstellen/Az./Status EU
G Rz. 142 Verfahren der Marktregulierung
Märkteempfehlung
Entbündelter Großkunden-Zugang (einschließlich des gemeinsamen Zugangs) zu Drahtleitungen und Teilleitungen für die Erbringung von Breitband- und Sprachdiensten
Breitbandzugang für Großkunden
Nr.
11
12
Sachlich und räumlich: Nationaler Markt für IP-Bitstrom-Zugang, d. h. Bitstrom-Zugang mit Übergabe auf IPEbene (layer 3) an verschiedenen Übergabepunkten der Netzhierarchie sowie HFC-Breitbandzugang mit Übergabe auf IP-Ebene.
Sachlich und räumlich: Nationaler Markt für ATM-Bitstrom-Zugang, d. h. Bitstrom-Zugang mit Übergabe auf der ATM-Ebene (layer 2) an verschiedenen Übergabepunkten der Netzhierarchie.
Sachlich: Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL) in folgende Varianten: – Entbündelter/Gebündelter Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung in Form der Kupferdoppelader am Hauptverteiler oder einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt; – Line-Sharing; – Entbündelter/Gebündelter Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung auf Basis von OPAL/ISIS am Hauptverteiler oder einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt. Räumlich: Bundesweit
Marktdefinition BNetzA
Der Bitstrom-Zugang auf Basis von ATMund IP-Technologie führt zu zwei unterschiedlichen Märkten. Ein „Ernsthafte Zweifel“-Schreiben der EU-Kommission hat zu einer geänderten Marktdefinition geführt, die VDSL insoweit einbezieht als sie mit den Produkten der beiden definierten Märkte substituierbar sind. Ausgenommen von den Märkten sind neben den anderen definierten Märkten unterfallende Produkte (TAL, schmalbandige Leistungen, Mietleitungen) indes breitbandige Zuführung (dazu die nächste Reihe der Tabelle) und (DSL-)Resale.
Beachte: Überprüfungsverfahren nach § 14 Abs. 2 TKG kommt zu gleichen Ergebnissen: BNetzA Konsultationsentwurf v. 4.4.2007 – BK 1-06/003, Mitteilung Nr. 214/2007, ABl. Nr. 7/2007.
Ausgenommen (nicht erfasst) von diesem Markt sind drahtlose Teilnehmeranschlüsse (WLL), Kabelfernsehnetze, Powerline sowie insbesondere (strittig) der Zugang zu Teilnehmeranschlussleitungen in Form von reinen Glasfaserleitungen.
Bemerkungen
Vorleistungsmärkte für Festnetz-Übertragungsinfrastruktur und -dienste:
DE/ 2005/ 262
DE/ 2004/ 119
Mitteil. Nr. 66/2005, ABl. Nr. 6/2005; Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 147/2004; ABl. Nr. 12/2005 Status: final (Regulierungsverfügung) IP: BK4a-06-039/R; Mitteilung. Nr. 302/ 2006, ABl. Nr. 18/2006; ATM: BK4a-06-006/R, Mitteilung Nr. 131/ 2007, ABl. Nr. 5/2007.
BK4a-04-075/R, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005 ABl. Nr. 7/2005
Status: final (Regulierungsverfügung)
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 307/2004; ABl. Nr. 21/2004;
Mitteilung. Nr. 25/2004, ABl. Nr. 16/2004;
BNetzA
Fundstelle/Az./Status EU
Marktdefinition Rz. 143 G
Heun | 647
143
Märkteempfehlung
Außerhalb Märkteempfehlung: Breitband-Zuführung (für Großkunden)
Abschluss-Segmente von Mietleitungen für Großkunden
FernübertragungsSegmente von Mietleitungen für Großkunden
Nr.
n/a
648 | Heun
13
14
Sachlich: Markt für Fernübertragungssegmente von Mietleitungen auf der Vorleistungsebene. Räumlich: bundesweit
Sachlich: Markt für Abschlusssegmente von Mietleitungen auf der Vorleistungsebene. Räumlich: bundesweit
Sachlich und räumlich: Nationaler Markt für IP-Breitband-Zuführung mit Übergabe am distant PoP (überregionale Zuführung) auf der IP-Ebene (layer 3).
Sachlich und räumlich: Nationaler Markt für IP-Breitband-Zuführung mit Übergabe am parent PoP (regionale Zuführung) auf der IP-Ebene (layer 3).
Marktdefinition BNetzA
Ein „Ernsthafte Zweifel“-Schreiben der EUKommission hat dazu geführt, dass die BNetzA den ursprünglichen Notifizierungsentwurf gegenüber EU-Kommission zurückgezogen hat. Darin war vorgesehen: Analoge und digitale Mietleitungen im gleichen Markt. Jeweils Trennung nach Bandbreite mit separaten Teilmärkten für Mietleitungen bis einschließlich 2 MBit/s sowie n x 2 Mbit/s einerseits und größer 2 Mbit/s andererseits. BNetzA ist eigentlich der Auffassung, dass bereits der Drei-Kriterien-Test dazu führt, den Markt für Fernübertragungssegmente von der Marktanalyse auszunehmen. Die Marktanalyse wird aber dennoch vorgenommen. Nicht umfasst sind Bitstrom, Dark Fibre und Zusammenschaltungsanschlüsse, aber umfasst sind Mietleitungen im Rahmen von Systemlösungen sowie alternative Technologien wie Ethernet.
Die Marktdefinition beruht auf den bislang unter dem TKG 1996 regulierten Produkten ZISP und GATE, die in Ermangelung eines BitstromZugangs vom Markt in Anspruch genommen wurden. BNetzA ist eigentlich der Auffassung, dass für die Übergabe am distant PoP bereits der Drei-Kriterien-Test dazu führt, diesen Markt von der Marktanalyse auszunehmen. Die Marktanalyse wird aber dennoch vorgenommen. Ausgenommen von der Marktdefinition sind die ATM-Breitband-Zuführungsmärkte und DSL-Resale sowie schmalbandige Zuführung, TAL, Bitstrom-Zugang und Mietleitungen.
Bemerkungen
DE/ 2006/ 481
DE/ 2006/ 480
Status: Konsultationsverfahren (Marktanalyse).
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 117/2006; ABl. Nr. 08/2006;
BK1-07/004; Mitteilung Nr. 129/2007, ABl. Nr. 5/2007 ursprünglich: BK1-05-005; Mitteilung Nr. 19/2006, ABl. Nr. 02/2006;
Status: abgeschlossenes Konsultationsverfahren (Marktanalyse)
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 412/2006, ABl. Nr. 23/2006.
BNetzA BK1-05/004; Mitteilung. Nr. 301/2006, ABl. Nr. 18/2006,
Offen
Fundstelle/Az./Status EU
G Rz. 143 Verfahren der Marktregulierung
Märkteempfehlung
Rundfunk-Übertragungsdienste zur Bereitstellung von Sendeinhalten für Endnutzer
Nr.
18
Soweit nicht aufgeführte Unternehmen derzeit oder künftig ebenfalls Einspeiseleistungen in eigene Netze anbieten, begründen auch sie einen netzweiten Markt.
mitsamt der jeweils verbundenen Unternehmen (§ 3 Nr. 29 TKG) für die analoge und digitale Einspeisung von Rundfunksignalen in ihre Breitbandkabelnetze (Einspeisemärkte).
– ewt GmbH, – Kabel Baden-Württemberg GmbH & Co, – Kabel Deutschland GmbH, – Kabelfernsehen München ServiCenter GmbH & Co. KG, – NetCologne GmbH, – PrimaCom AG und – Unity Media GmbH,
1.–7. Sachlich und räumlich: Die netzweiten Märkte der Unternehmen
Marktdefinition BNetzA
Gemeinsam erfasst ist Einspeisung von Fernseh- und Hörfunksignalen sowie von analogen und digitalen Signalen.
In diesen Märkten geht es um die Nachfrage der Inhalteanbieter (z. B. Sender) nach Einspeisung ihrer Inhalte in die betreffenden Breitbandkabelnetze. Die BNetzA wendet hier erneut das Prinzip „Ein Netz - Ein Markt“ an. Nicht erfasst vom Markt sind Signalübertragung durch Satellit, DVB-T oder breitbandige TK-Netze, d. h. es liegt keine Substitution durch diese Übertragungsmöglichkeiten. Ebenso nicht erfasst sind digitale Plattformen und Zugangsberechtigungssysteme.
Bemerkungen
DE/ 2006/ 469
BK3b-06-013017/R, Mitteilung Nr. 268/2007, ABl. Nr. 8/2007.
Status: final (Regulierungsverfügung).
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 190/2006; ABl. Nr. 11/2006
Mitteilung. Nr. 73/2006, ABl. Nr. 04/2006;
BNetzA
Fundstelle/Az./Status EU
Marktdefinition Rz. 143 G
Heun | 649
Nr.
Märkteempfehlung
650 | Heun Vergleichbar mit Einspeisung aber separater Markt für analoges Fernsehen. BNetzA kommt unter Anwendung des Drei-Kriterien-Tests dazu, dass dieser Markt nicht regulierungsbedürftig ist. Vergleichbar mit Einspeisung aber separater Markt für digitales Fernsehen (DVB-T). BNetzA kommt unter Anwendung des Drei-KriterienTests dazu, dass dieser Markt nicht regulierungsbedürftig ist.
14. Sachlich und räumlich: Der nationale Markt für die Bereitstellung von terrestrischen Sendeanlagen für die Übertragung analoger Fernsehfunksignale gegenüber Inhalteanbietern.
15. Sachlich und räumlich: Der nationale Markt für die Bereitstellung von terrestrischen Sendeanlagen für die Übertragung digitaler Fernsehfunksignale gegenüber Inhalteanbietern.
– Baden-Württemberg, – Hessen und Nordrhein-Westfalen sowie – im restlichen Bundesgebiet.
11.–13. Sachlich und räumlich: Die Märkte für die Belieferung von NE 4Clustern > 500 Wohneinheiten mit Rundfunksignalen durch Kabelnetzbetreiber einer vorgelagerten Ebene (Signallieferungsmarkt) in den Gebieten
Nicht erfasst ist der Markt für Bereitstellung von Satelliten-Transponderkapazitäten, den die BNetzA als länderübergreifenden Markt außerhalb ihrer Zuständigkeit sieht.
In diesen Märkten geht es um die Belieferung von Kabelnetzbetreibern der untersten Netzebene (NE 4) durch die nächsthöhere Netzebene (NE 3) für Zwecke der Signalübertragung an die Endnutzer (d. h. Kunden der NE 4Betreiber). Diese Märkte sind infolge des Konsultationsverfahrens zusätzlich unterteilt worden nach Größe der Nachfrager/Abnehmer.
8.–10. Sachlich und räumlich: Die Märkte für die Belieferung von NE 4Clustern ≤ 500 Wohneinheiten mit Rundfunksignalen durch Kabelnetzbetreiber einer vorgelagerten Ebene (Signallieferungsmarkt) in den Gebieten
– Baden-Württemberg, – Hessen und Nordrhein-Westfalen sowie – im restlichen Bundesgebiet.
Bemerkungen
Marktdefinition BNetzA BNetzA
Fundstelle/Az./Status EU
G Rz. 143 Verfahren der Marktregulierung
Nr.
Märkteempfehlung
Vergleichbar mit Einspeisung aber separater Markt für digitalen Hörfunk (DAB).
17.–24. Sachlich und räumlich: Die Märkte für die Bereitstellung terrestrischer Sendeanlagen für die Übertragung digitaler Hörfunksignale gegenüber Inhalteanbietern in den Gebieten
– Baden-Württemberg und RheinlandPfalz, – Bayern, – Berlin, – Brandenburg, Sachsen, SachsenAnhalt und Thüringen, – Bremen, Hamburg, MecklenburgVorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, – Hessen, – Nordrhein-Westfale, sowie – Saarland.
Vergleichbar mit Einspeisung aber separater Markt für analogen Hörfunk.
16. Sachlich und räumlich: Der nationale Markt für die Bereitstellung von terrestrischen Sendeanlagen für die Übertragung analoger UKW-Hörfunksignale gegenüber Inhalteanbietern.
BNetzA kommt unter Anwendung des DreiKriterien-Tests dazu, dass diese Märkte nicht regulierungsbedürftig sind.
Bemerkungen
Marktdefinition BNetzA EU
BNetzA
Fundstelle/Az./Status
Marktdefinition Rz. 143 G
Heun | 651
Nr.
Märkteempfehlung
652 | Heun BNetzA kommt unter Anwendung des DreiKriterien-Tests dazu, dass diese Märkte nicht regulierungsbedürftig sind.
Besonderer Markt für die Nachfrage von DABGesellschaften, die auch die Übertragungstechnik als Vorleistungen in Anspruch nehmen und somit nicht lediglich als Inhalteanbieter agieren.
25.–30. Sachlich und räumlich: Die Märkte für die Bereitstellung terrestrischer Sendeanlagen für die Übertragung digitaler Hörfunksignale gegenüber Anbietern von Telekommunikationsdiensten in den Gebieten
– Baden-Württemberg und RheinlandPfalz, – Bayern, – Bremen, Hamburg, MecklenburgVorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, – Hessen, – Nordrhein-Westfale, sowie – Saarland.
Bemerkungen
Marktdefinition BNetzA EU
BNetzA
Fundstelle/Az./Status
G Rz. 143 Verfahren der Marktregulierung
Anrufzustellung in einzelnen Mobiltelefonnetzen
16
Nationaler Großkundenmarkt für Auslands-Roaming in öffentlichen Mobiltelefonnetzen
Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobiltelefonnetzen
15
17
Märkteempfehlung
Nr.
Offen
Räumlich: Bundesweit
Sachlich: Anrufzustellung im jeweiligen Netz von E-Plus, O2, T-Mobile und Vodafone.
Sachlich und räumlich: Nationaler Teilmarkt für Leistungen von Mobilfunknetzbetreibern für Nationales Roaming.
Sachlich und räumlich: Nationaler Teilmarkt für Leistungen von Mobilfunknetzbetreibern für Diensteanbieter (Service Provider).
Sachlich und räumlich: Nationaler Teilmarkt für Leistungen von Mobilfunknetzbetreibern für Mobile Virtual Network Operator (MVNO).
Marktdefinition BNetzA
Vorleistungsmärkte für Mobilfunk
In 2006 noch nicht definiert. Abhängig von geplanter Roaming-Verordnung der EU.
Die BNetzA wendet hier erneut das Prinzip „Ein Netz - Ein Markt“ an. Gemeinsam erfasst ist die Terminierung in GSM- und UMTS-Netzen. Nicht erfasst sind Datendienste (SMS, MMS etc.) sowie Bündelfunk- und Satellitennetze und MVNO. Terminierung zu Genion wird als Bestandteil der Terminierung im O2-Netz gesehen.
Getrennte Betrachtung der einzelnen Mobilfunknetze erfolgt nicht. Gemeinsam erfasst sind jeweils GSM- und UMTS-Netze sowie Sprache und SMS, weil diese gebündelt angeboten werden. Nicht erfasst sind sonstige mobile Datendienste (MMS, UMTS-Daten etc.), Bündelfunk- und Satellitennetze sowie Festnetzleistungen (auch nicht Bündelprodukte wie Genion etc.). Teilmarkt in Bezug auf Verbindungsleistungen für Auskunfts- und Mehrwertdiensteanbieter wird abgelehnt.
Bemerkungen
Offen
DE/ 2005/ 249
Offen
Offen
BK4c-06-001 (bis 004)/R, BNetzA Mitteilung Nr. 283/ 2006 ABl. Nr. 17/2006
Status: final (Regulierungsverfügung)
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 148/ 2005, ABl. Nr. 12/ 2005;
Mitteilung. Nr. 65/ 2005, ABl. Nr. 06/2005;
Status: abgeschlossenes Konsultationsverfahren (Marktanalyse)
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 356/2006, ABl. Nr. 22/2006;
Mitteilung. Nr. 282/ 2006, ABl. Nr. 17/2006;
BNetzA
Fundstelle/Az. EU
Marktdefinition Rz. 144 G
144
Heun | 653
G Rz. 145
Verfahren der Marktregulierung
7.2.1 Telefoniemärkte an festen Standorten für Endnutzer 145
Im Rahmen des Konsultationsverfahrens für die Märkte 1–6 der Märkteempfehlung (siehe oben Rz. 141) waren insbesondere die Einbeziehung von VoIP und von so genannten sprachorientierten Systemlösungen strittig1. Während die DTAG für den Ausschluss von beiden plädierte, was die BNetzA auch im ersten Konsultationsentwurf vorgesehen hatte, waren die Wettbewerber praktisch ausnahmslos dafür, beide in die Festlegung der Märkte aufzunehmen2.
146
Bemerkenswert ist auch, dass die BNetzA Verbindungen vom Festnetz in Mobilfunknetze nicht als Bestandteil der Märkte Nr. 3 und 5 gesehen hat3. Die EU-Kommission ist skeptisch gegenüber diesem Ansatz, hat ihn aber in Erwartung einer angekündigten separaten Marktdefinition und Marktanalyse letztlich akzeptiert4. Die diesbezügliche Marktdefinition und Marktanalyse ist von der BNetzA im Dezember 2006 zur Konsultation vorgelegt worden5. 7.2.1.1 Die Behandlung von VoIP
147
Was die Behandlung von VoIP anbetrifft, hat die BNetzA zwar nicht dem Drängen nachgegeben, schon bei den Märkten Nr. 1 und 2 der Märkteempfehlung, also bei den Netzzugängen für Endkunden breitbandige Anschlüsse in den Markt aufzunehmen. Dies ist angesichts der Märkteempfehlung auch folgerichtig, weil sich die Märkte Nr. 1 und 2 offensichtlich nur auf schmalbandige Anschlüsse beziehen und sich die EU-Kommission auch in der Begründung zur Märkteempfehlung auf schmalbandige Anschlüsse im Vorleistungsbereich konzentriert6. Es wäre aber zu überlegen gewesen, hier in Abweichung von der Märkteempfehlung eine eigenständige Marktdefinition und Marktanalyse vorzunehmen. Davon hat die BNetzA aber _______________
1 Ausführlich: Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 21.11.2005, Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten, öffentliche Inlandsgespräche an festen Standorten und öffentliche Auslandsgespräche an festen Standorten, Märkte Nr. 1–6 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 306-311), S. 161 ff. 2 Siehe hierzu die im Konsolidierungsverfahren seitens der BNetzA gegenüber der EU-Kommission vorgelegten Dokumente, insbesondere die englischsprachige Zusammenfassung der BNetzA v. 21.11.2005 (Az. DE 2005 306). 3 Vgl. Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 21.11.2005, Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten, öffentliche Inlandsgespräche an festen Standorten und öffentliche Auslandsgespräche an festen Standorten, Märkte Nr. 1–6 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 306-311), S. 65 ff. 4 Stellungnahme der EU-Kommission v. 21.12.2005, SG-Greffe (2005) D/207601 (Az. DE 2005 306-311), S. 4. 5 Konsultationsentwurf der BNetzA v. 20.12.2006, Verbindungen aus dem Festnetz in inländische Mobilfunknetze und Verbindungen aus dem Festnetz in ausländische Mobilfunknetze, BNetzA Mitteilung Nr. 435/2006, ABl. Nr. 24/2006, S. 3967. 6 Begründung zur Märkteempfehlung (Explanatory Memorandum), S. 21 ff., Dokument über http://ec.europa.eu/information_society/policy/ecomm/index_en.htm.
654 | Heun
Marktdefinition
Rz. 149 G
auch im Zusammenhang mit der Marktdefinition des Marktes Nr. 12 (Breitbandzugang für Großkunden – Bitstrom) abgesehen1, ebenso wie die EUKommission in ihrem Entwurf zur Überarbeitung der Märkteempfehlung2. Dies entspricht der Sichtweise des EU-Richtlinienpakets 20023 und der EUKommission, vornehmlich Vorleistungsmärkte für Zwecke der Regulierung zu betrachten4. Zu Recht hat die BNetzA allerdings VoIP-Dienste bei den Märkten Nr. 3–6 für Telefonverbindungen an festen Standorten einbezogen. Mit guten Gründen hat die BNetzA hier die Substituierbarkeit zwischen PSTN-Verbindungen einerseits und VoIP-Verbindungen andererseits angenommen5. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die VoIP-Dienste nicht lediglich IP-Netzintern angeboten werden, sondern auch die Telefonie zu herkömmlichen PSTN-Anschlüssen ermöglichen6.
148
7.2.1.2 Die Behandlung sprachorientierter Systemlösungen Wegen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung in Bezug auf Geschäftskunden war die Einordnung der so genannten sprachorientierten Systemlösungen noch umstrittener. Die DTAG hat sich in ihren Stellungnahmen hier auf die noch zum TKG 1996 ergangene Rechtsprechung gestützt, die „Angebote für geschlossene Benutzergruppen“ als nicht dem (öffentlichen) Sprachtelefondienst gemäß § 3 Nr. 15 TKG 1996 zugehörig und nicht als „Telekom_______________
1 Vgl. Marktdefinition und Marktanalyse im Anhang zu BNetzA, Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang, BNetzA Beschl. v. 13.9.2006 – BK 4a-06-039/R, S. 45 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717 (2793 ff.) = Konsolidierungsentwurf der BNetzA v. 8.12.2005, Breitbandzugang für Großkunden, Markt Nr. 12 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 262), S. 45 ff. 2 COMMISSION STAFF WORKING DOCUMENT: PUBLIC CONSULTATION ON A DRAFT COMMISSION RECOMMENDATION On Relevant Product and Service Markets within the electronic communications sector susceptible to ex ante regulation in accordance with Directive 2002/21/EC of the European Parliament and of the Council on a common regulatory framework for electronic communication networks and services (Second edition), SEC (2006) 837, S. 25 ff. (29). 3 Vgl. die Voraussetzungen für die Regulierung von Endnutzermärkten in Art. 17 Abs. 1 Universaldienstrichtlinie, die u. a. erfordern, dass eine Maßnahme auf der Ebene des Vorleistungsmarkts nicht zur Erreichung der Regulierungsziele des Art. 8 Rahmenrichtlinie ausreicht. 4 Siehe beispielsweise Absatz Nr. 84 a. E. der Kommissionsleitlinien. 5 Vgl. Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 21.11.2005, Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten, öffentliche Inlandsgespräche an festen Standorten und öffentliche Auslandsgespräche an festen Standorten, Märkte Nr. 1–6 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 306-311), S. 58 ff. 6 So die Klarstellung in der zugehörigen Regulierungsverfügung, BNetzA Beschl. v. 23.6.2006 – BK 2a 06/001-R auf S. 1, BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006 v. 5.7.2006, S. 1742 (1744), die soweit ersichtlich in der zugehörigen Marktdefinition und Marktanalyse nicht auftaucht.
Heun | 655
149
G Rz. 150
Verfahren der Marktregulierung
munikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit“ i. S. d. § 3 Nr. 19 TKG 1996 angesehen hat. Dieses Begriffsverständnis ist allerdings heute unter dem TKG 2004 nicht mehr zutreffend, weil die Definition des „öffentlich zugänglichen Telefondienstes“ in § 3 Nr. 17 TKG sowie die sonstigen Bestimmungen des TKG den Begriff Öffentlichkeit nicht mehr im Gegensatz zu „geschlossenen Benutzergruppen“ behandelt (siehe hierzu ausführlich A. Rz. 52 ff.). 150
Folgerichtig und weitgehend zutreffend setzt sich die BNetzA in der Marktdefinition auch ausführlich damit auseinander, dass der im TKG 2004 verwendete Begriff der Öffentlichkeit grundsätzlich nicht (mehr) dazu geeignet ist, sprachorientierte Systemlösungen, also Angebote für geschlossene Benutzergruppen, als einen von den zu untersuchenden öffentlichen Märkten der Festnetztelefonie unterschiedlichen Markt zu behandeln1. Indes stellt die BNetzA bei der Begriffsbestimmung von Öffentlichkeit ausschließlich darauf ab, ob die betreffenden Angebote an einen beliebigen Personenkreis erfolgen können und ignoriert dabei den möglichen Inhalt des Diensteangebots vollständig und bewusst2. Dies widerspricht nach der hier vertretenen Auffassung der dem Telekommunikationsrecht zugrunde liegenden funktionalen Betrachtungsweise (siehe insbesondere A. Rz. 33). Solange der Begriff Öffentlichkeit verwendet wird, muss es auch „private Dienste“ geben, die dem Begriff der „Öffentlichkeit“ und damit auch dem Regime des TKG sowie des Richtlinienpakets 2002 nur teilweise unterliegen. Es sei daher auch an dieser Stelle auf das Informations- und Konsultationspapier der EU-Kommission zur Behandlung von Voice over IP (VoIP)3 verwiesen, in dem es heißt: „Corporate private networks, used to provide internal communications within large companies, are within the scope of the EU regulatory framework in that they are covered by the Authorisation Directive, but there are no specific obligations addressed to private networks. There are no conditions or restrictions on the use of Voice over IP services that are used inside a corporation, for the sole use of that corporation.“ (Hervorhebungen nur hier)
Daraus lässt sich entnehmen, dass die EU-Kommission die Ansicht teilt, die rein interne bzw. private Kommunikation gehöre nicht unter den Begriff der Öffentlichkeit. Dies sieht die BNetzA in gewisser Weise auch selbst, wenn _______________
1 Vgl. Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 21.11.2005, Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten, öffentliche Inlandsgespräche an festen Standorten und öffentliche Auslandsgespräche an festen Standorten, Märkte Nr. 1–6 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 306-311), S. 76 ff. 2 Vgl. Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 21.11.2005, Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten, öffentliche Inlandsgespräche an festen Standorten und öffentliche Auslandsgespräche an festen Standorten, Märkte Nr. 1–6 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 306-311), S. 82, 87. 3 Siehe Ausführungen zu Punkt 3. in COMMISSION STAFF WORKING DOCUMENT on The treatment of Voice over Internet Protocol (VoIP) under the EU Regulatory Framework, An Information and Consultation Document, 14.6.2004.
656 | Heun
Marktdefinition
Rz. 151 G
auch in anderem Zusammenhang, indem sie VoIP nur insoweit in die Märkte einbezieht, als der „betreffende Dienst neben Verbindungen innerhalb der genutzten IP-Netze auch einen Zugang ins Festnetz gewährleistet und somit Verbindungen in nationale und internationale Festnetze im Sinne einer Any-to-Any-Verbindung ermöglicht“1.
Es liegt daher nahe, netzinterne bzw. private Verbindungen als nicht öffentlich zugänglich, jedenfalls aber bei der sachlichen Marktabgrenzung als nicht mit dem öffentlich zugänglichen Telefondienst substituierbar anzusehen. Angebote bzw. Dienste, die ausschließlich rein private Telefonnetze ohne Netzübergänge in das PSTN (öffentliches Telefonnetz) bilden, sind daher richtigerweise von der Marktdefinition auszunehmen. Sofern allerdings im Zusammenhang mit solchen privaten Netzen zugleich auch Netzübergänge in das PSTN angeboten werden, gehört das gesamte Angebot als „öffentlich zugänglich“ in die Marktdefinition. Daraus folgt insbesondere, dass das frühere Regulierungskonzept und Begriffsverständnis für geschlossene Benutzergruppen nicht mehr zur Anwendung kommen kann. Denn bei diesem Regulierungskonzept war immer der einseitige Break-in bzw. Breakout von Verbindungen in das und aus dem PSTN enthalten. Dies ist aber – nunmehr unzweifelhaft – öffentlicher Telefonverkehr. Diese Sichtweise wird bestätigt dadurch, dass wenn man Angebote für geschlossene Benutzergruppen als nicht öffentliche Dienste im Sinne des früheren Regulierungskonzepts ansehen würde, das bisherige Wegerecht für die zugrunde liegenden Telekommunikationslinien, welches die Nutzung durch einen „Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes“ i. S. v. § 69 Abs. 1 TKG für öffentliche Zwecke i. S. d. § 68 Abs. 1 TKG voraussetzt, in Frage gestellt wäre (dazu F. Rz. 45 ff.). Strittig bleibt ferner die von der BNetzA vorgenommene Abgrenzung eines oberen Marktsegments ab einem Netto-Jahresumsatz von mehr als einer Mio. Euro. Zwar ist der BNetzA zuzugestehen, dass es tatsächlich individuelle und finanziell bedeutsame Systemprojekte gibt. Es stellt sich aber andererseits die Frage, warum die BNetzA nicht die gesamte Diskussion um sprachorientierte Systemlösungen dadurch beendet hat, dass sie genauer prüft, ob nicht doch ein separater Markt für Geschäftskunden besteht, zu dem auch das Systemgeschäft zu rechnen wäre. Zudem birgt eine Umsatzschwelle immer die Gefahr von vertraglichen Gestaltungen, die eine Umgehung darstellen. Die EU-Kommission hat diese Vorgehensweise allerdings nicht beanstandet. Es bleibt daher abzuwarten, wie sich diese Frage in der Marktpraxis entwickelt.
_______________
1 So die Klarstellung in der zugehörigen Regulierungsverfügung, BNetzA Beschl. v. 23.6.2006 – BK 2a 06/001-R auf S. 1, BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006 v. 5.7.2006, S. 1742 (1744), die soweit ersichtlich in der zugehörigen Marktdefinition und Marktanalyse nicht auftaucht.
Heun | 657
151
G Rz. 152
Verfahren der Marktregulierung
7.2.2 Öffentliche Auslandsgespräche an festen Standorten für Endnutzer – Der Drei-Kriterien-Test in der Praxis der BNetzA 152
Die Besonderheit der Marktdefinition durch die BNetzA bei diesen Endnutzermärkten der Märkteempfehlung liegt darin, dass die BNetzA zum Ausdruck bringt, hier führe der Drei-Kriterien-Test dazu, diese Märkte (bzw. diesen für Privat- und Geschäftskunden zusammengefassten Markt) von der weiteren Untersuchung und damit der Marktanalyse auszunehmen1. Denn diese Märkte (bzw. dieser Markt) seien bereits wettbewerblich, so dass eine sektorspezifische Regulierung nicht mehr gerechtfertigt sei. Mit Blick auf das Konsolidierungsverfahren sowie die Meinungsunterschiede über den Spielraum der nationalen Regulierungsbehörde bei Anwendung des DreiKriterien-Tests gegenüber den in der Märkteempfehlung aufgeführten, d. h. bereits durch die EU-Kommission (vor-)ausgewählten Märkten (siehe oben Rz. 125 ff.), hat die BNetzA aber dennoch eine Marktanalyse durchgeführt (und dort dann das Bestehen wirksamen Wettbewerbs festgestellt).
153
Mit dieser, auch von der schwedischen Regulierungsbehörde2 gewählten Methodik wird die Streitfrage um die Verbindlichkeit der Märkteempfehlung pragmatisch gelöst, auch wenn es nach der zwischenzeitlich ergangenen erstinstanzlichen Rechtsprechung zu § 10 TKG eigentlich keiner Marktanalyse mehr bedürfte3. Die Praxis hat die BNetzA allerdings auch danach fortgesetzt4.
7.2.3 Vorleistungsmärkte für Festnetztelefonie 154
Strittig war im Rahmen der Marktdefinition der Märkte Nr. 8–10 der Märkteempfehlung vor allem die Abgrenzung der Transitdienste in der Weise, dass die höheren Netzebenen der DTAG (Single und Double Transit) oberhalb der lokalen Netzebene (Local) als den Transitmärkten (Markt Nr. 10) angesehen wurden. Zugleich stieß in diesem Zusammenhang die enge Orientierung an der Zusammenschaltungsstruktur der DTAG sowie die umfangrei-
_______________
1 Vgl. Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 21.11.2005, Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten, öffentliche Inlandsgespräche an festen Standorten und öffentliche Auslandsgespräche an festen Standorten Märkte Nr. 1–6 der Märkteempfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 306-311), S. 106. 2 Siehe die von der EU-Kommission notifizierten Dokumente unter dem Az. SE 2005 195-198 sowie die dazugehörige Entscheidung der EU-Kommission. 3 Siehe VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de, S. 6 unter Punkt 3.3.2.2. 4 Konsultationsentwurf der BNetzA v. 20.12.2006, Verbindungen aus dem Festnetz in inländische Mobilfunknetze und Verbindungen aus dem Festnetz in ausländische Mobilfunknetze, S. 21, BNetzA Mitteilung Nr. 435/2006, ABl. Nr. 24/2006, S. 3967 (3991).
658 | Heun
Marktdefinition
Rz. 155 G
che Aufgliederung der Märkte auf Kritik1. Die Kritik ist insoweit zutreffend, als die Marktanalyse praktisch den Status Quo der bestehenden Zusammenschaltungsstruktur zwischen der DTAG einerseits und den Wettbewerbern andererseits übernimmt. Da sich diese Struktur im Rahmen des TKG 1996 aber im Großen und Ganzen bewährt hat, spricht per se nichts dagegen, diese Struktur fortzusetzen. Dies gilt umso mehr, als die Diensteunterteilung von der BNetzA mit einem dynamischen Verweis vorgenommen wurde, der auch künftige Dienste (sei es Zuführung oder Transit plus Zuführung) erfasst. Zwar kann die auf dieser Marktdefinition beruhende Regulierungsverfügung damit nicht zugleich eine Zugangsverpflichtung für alle künftig denkbaren Zuführungswünsche aussprechen2. Andererseits würde die Zugangsverweigerung über die Missbrauchsaufsicht des § 42 TKG angreifbar sein. Daneben ist bemerkenswert, dass die BNetzA entsprechend den Vorgaben der EU-Kommission3 bei Markt Nr. 9 (Anrufzustellung in einzelnen öffentlichen Telefonnetzen an festen Standorten) erstmals in einer Marktdefinition nach dem TKG 2004 das Konzept „Ein Netz – Ein Markt“ angewendet hat. Dies bedeutet, dass für bestimmte (Vorleistungs-)Märkte der sachlich und räumlich relevante Markt durch ein Netz und damit nur einen Marktteilnehmer, nämlich den betreffenden Netzbetreiber, bestimmt wird. In Deutschland ist dieses Konzept erstmals 1996 vom BGH in der Entscheidung zur so genannten PayTV-Durchleitung angewendet worden4, und war unter dem TKG 1996 u. a. im Rahmen der Diskussion um die Terminierungsentgelte von Mobilfunknetzbetreibern im Vorleistungsbereich (d. h. im Rahmen der Zusammenschaltung) thematisiert worden5. Zu Recht wenden EU-Kommission und BNetzA dieses Konzept bei der Bestimmung des sachlich und räumlich relevanten Marktes für die Anrufzustellung in Teilnehmernetze an, weil die Terminierung von Verbindungen in diese Netze weder für den Nachfrager von Vorleistungen noch für den Endnutzer substituier-
_______________
1 Vgl. ausführlich: Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 15.2.2005, Zuführungs-, Terminierungs- und Transitleistungen im öffentlichen Festtelefonnetz, Märkte Nr. 8–10 der Empfehlung der 2003/311/EG (Az. DE 2005 143-145), S. 150 ff., sowie insbesondere die englischsprachige Zusammenfassung der BNetzA. 2 Siehe die zugehörige Regulierungsverfügung, BNetzA Beschl. v. 5.10.2005 – BK 4c05-002/R, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005, ABl. Nr. 19/2005, S. 1461. 3 Siehe Begründung zur Märkteempfehlung (Explanatory Memorandum), S. 19 f., Dokument über http://ec.europa.eu/information_society/policy/ecomm/index_en. htm sowie, wenn auch in Bezug auf Mobilfunknetze, Absatz Nr. 69 der Kommissionsleitlinien. 4 BGH, Urt. v. 19.3.1996, NJW 1996, 2656. 5 Daneben erfolgte eine Anwendung des Konzepts durch die RegTP bereits unter dem TKG 1996 bei der nachträglichen Entgeltregulierung der Einspeiseentgelte der Breitbandkabelnetzbetreiber RegTP, Beschl. v. 24.3.1999 – BK 3b-99-01, S. 21 ff. des amtlichen Umdrucks.
Heun | 659
155
G Rz. 156
Verfahren der Marktregulierung
bar ist1. Streitig war hier allerdings weniger die Marktabgrenzung als vielmehr die zunächst vertretene Ansicht der BNetzA, die alternativen Teilnehmernetzbetreiber hätten trotz 100 % Marktanteil in ihrem Netz keine marktbeherrschende Stellung2. Dies hat zu der bisher einzigen Veto-Entscheidung der EU-Kommission gegenüber der BNetzA geführt (dazu näher unten Rz. 194 ff.). 7.2.4 Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung 156
Im Rahmen der Marktdefinition für Markt Nr. 11 der Märkteempfehlung (entbündelter Großkunden-Zugang – einschließlich des gemeinsamen Zugangs – zu Drahtleitungen und Teilleitungen für die Erbringung von Breitband- und Sprachdiensten) war insbesondere strittig, dass die BNetzA den Zugang zu reinen Glasfaserleitungen nicht in die Marktdefinition einbezogen hat3. Dies lag aufgrund der Bezugnahme in der Märkteempfehlung auf Drahtleitungen auch nicht auf der Hand. Dieser Aspekt der Marktdefinition ist ferner zwischenzeitlich auch gerichtlich bestätigt worden4. Damit wurde zugleich bestätigt, dass die BNetzA den Drei-Kriterien-Test im Rahmen des ihr gesetzlich nach § 10 Abs. 2 TKG zustehenden, aber durch die Märkteempfehlung eingeschränkten Beurteilungsspielraums eigenständig durchführen darf5. Diese Vorgaben sind nach der Rechtsprechung auch nicht anders zu verstehen, wenn es sich um den durch die Marktdefinition bedingten Wegfall von früher bestehenden Verpflichtungen handelt; dabei reicht es aus, wenn ein Kriterium des Drei-Kriterien-Tests als fehlend festgestellt wird6.
_______________
1 Dies bestätigend für die Terminierung in Mobilfunknetze u. a.: VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 31 f. und Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 34 ff., 36, jeweils über www.justiz.nrw.de. 2 Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 15.2.2005, Zuführungs-, Terminierungs- und Transitleistungen im öffentlichen Festtelefonnetz, Märkte Nr. 8–10 der Empfehlung 2003/311/EG (Az. DE 2005 143-145), S. 102 ff., 150 ff. sowie insbesondere die englischsprachige Zusammenfassung der BNetzA. 3 Siehe Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 1.12.2004, Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung, Markt Nr. 11 der sog. Kommissions-Empfehlung (Az. DE 2004 119), S. 19 ff., 61 ff. sowie insbesondere die englischsprachige Zusammenfassung der BNetzA. Erneut: Konsultationsentwurf v. 4.4.2007 – BK1-06/003, S. 30 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 214/2007, ABl. Nr. 7/2007. 4 VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de. Im Ergebnis bestätigend: BVerfG, Urt. v. 14.2.2007 – 6 C 28.05, Rz. 20 ff. (S. 11 ff.) des amtlichen Umdrucks, insbesondere Rz. 34 (S. 18) zur Frage der diesbezüglichen Marktabgrenzung unter dem Aspekt der vom Gericht abgelehnten Nichtigkeit nach § 44 VwVfG. 5 VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de, S. 6 f. unter Punkt 3.3. 6 VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de, S. 6 f. unter Punkt 3.3.2.1 und 3.3.2.2.
660 | Heun
Marktdefinition
Rz. 159 G
7.2.5 Breitbandzugang für Großkunden Im Gegensatz zu den bisher erläuterten Märkten und Produkten stellt der Markt Nr. 12 der Märkteempfehlung (Breitbandzugang für Großkunden – Bitstrom) einen Markt bzw. eine Zugangsleistung dar, welche unter dem TKG 1996 noch nicht bekannt war. Daher ist zunächst zu erläutern, worum es sich bei dem Bitstrom-Zugang handelt, bevor weitere Fragen der Marktdefinition im Konsultationsverfahren angesprochen werden.
157
7.2.5.1 Definition des Bitstrom-Zugangs Bei dem Bitstrom-Zugang handelt es sich um eine Zugangsleistung, die auf der Teilnehmeranschlussleitung (TAL) aufbaut, technisch aber höherwertig ist. Im schmalbandigen Bereich vergleichbar (wenn auch nicht identisch) sind Zuführungsleistungen, die auf Betreiberauswahl bzw. Betreibervorauswahl beruhen. Im Unterschied dazu führt aber der Bitstrom-Zugang dazu, dass das zugangserhaltende Unternehmen dem Endkunden gleichzeitig den breitbandigen Anschluss und den breitbandigen Dienst, und nicht nur Letzteren, anbieten kann. Ein nur auf breitbandige Zuführung beschränktes Produkt wird von der BNetzA als das bereits am Markt erhältliche Produkt T-DSL-ZISP identifiziert, aber zu Recht nicht mit dem Bitstrom-Zugang gleichgesetzt und folglich als nicht diesem Markt zugehörig angesehen1. Der Bitstrom-Zugang liegt daher zwischen dem Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung einerseits und andererseits der reinen Zuführung von breitbandigem (Daten-)Verkehr.
158
Die BNetzA definiert Bitstrom-Zugang in Anlehnung an europäische Umschreibungen anhand von zwei wesentlichen Elementen2:
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1. „Bitstrom-Zugang muss dem Wettbewerber die direkte Kontrolle über die Endkundenbeziehung ermöglichen und erlaubt das Angebot von Anschluss und Breitbanddienst aus einer Hand. 2. Der Anbieter muss auf Basis des Bitstrom-Zugangs eigene, mit individuellen Qualitätsparametern ausgestattete Dienste anbieten können.“
_______________
1 Vgl. Marktdefinition und Marktanalyse im Anhang zu BNetzA, Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang, Beschl. v. 13.9.2006 – BK 4a-06-039/R, S. 40, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717 (2788) = Konsolidierungsentwurf der BNetzA v. 8.12.2005, Breitbandzugang für Großkunden, Markt Nr. 12 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 262), S. 40. 2 Vgl. hierzu und zum Folgenden: Marktdefinition und Marktanalyse im Anhang zu BNetzA, Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang, Beschl. v. 13.9.2006 – BK 4a-06-039/R, S. 2 ff., 40 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717 (2750 ff., 2788 ff.) = Konsolidierungsentwurf der BNetzA v. 8.12.2005, Breitbandzugang für Großkunden, Markt Nr. 12 der Märkte-Empfehlung der EUKommission (Az. DE 2005 262), S. 2 ff., 40 ff.
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G Rz. 160
Verfahren der Marktregulierung
Diesem Ansatz folgend nimmt die BNetzA daher Breitband-Zuführungsprodukte (T-DSL-ZISP, GATE)1 ebenso vom Markt für den Bitstrom-Zugang aus wie etwa reine Wiederverkaufsprodukte (Resale-DSL). Aus den vorstehenden Elementen ergibt sich für die BNetzA zwar, dass der Bitstrom-Zugang aus einem Anschluss- und einem Zuführungsteil besteht, indes lehnt die BNetzA auf der Ebene der Zuführung eine weitere Unterteilung nach einem Zugangsmarkt auf der (unteren) Ebene des Konzentratornetzes und der (höheren) Ebene des Kernnetzes jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt ab2. Vielmehr lässt die BNetzA im Rahmen der (Markt-)Definition des BitstromZugangs offen, welche Netzebene für die Übergabe in Betracht kommt, macht aber zugleich deutlich, dass der Markt von vorneherein die Übergabe auf verschiedenen Netzebenen umfasst3. Diese Festlegung ist insofern interessant, als sie Einfluss auf die hierauf basierende Regulierungsverfügung ausübt. Denn damit wird die Auferlegung von Zugangspflichten auf verschiedenen Netzebenen eigentlich vorgezeichnet4 (dazu näher unten Rz. 213). In der separaten Marktdefinition und Marktanalyse für die hier ausgegrenzte Breitband-Zuführung nimmt die BNetzA allerdings eine weitere Unterteilung in Teilmärkte nach Netzebenen vor (siehe unten Rz. 164). 160
Anhand der in Deutschland vorhandenen Infrastrukturen für breitbandige Dienste gegenüber Endnutzern unterteilt die BNetzA den Bitstrom-Zugangsmarkt in zwei separate Teilmärkte, einen Markt für ATM-Bitstrom und einen Markt für IP-Bitstrom5. Diese beiden Leistungen unterscheiden _______________
1 Hierfür hat die BNetzA allerdings eine eigene Marktdefinition vorgenommen (dazu Rz. 164). 2 Vgl. hierzu und zum Folgenden: Marktdefinition und Marktanalyse im Anhang zu BNetzA, Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang, Beschl. v. 13.9.2006 – BK 4a-06-039/R, S. 34 f., BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717 (2782 f.) = Konsolidierungsentwurf der BNetzA v. 8.12.2005, Breitbandzugang für Großkunden, Markt Nr. 12 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 262), S. 34 f. 3 Marktdefinition und Marktanalyse im Anhang zu BNetzA, Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang, Beschl. v. 13.9.2006 – BK 4a-06-039/R, S. 29 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717 (2777 ff.) = Konsolidierungsentwurf der BNetzA v. 8.12.2005, Breitbandzugang für Großkunden, Markt Nr. 12 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 262), S. 29 ff. 4 Die diesbezügliche Regulierungsverfügung des IP-Bitstrom-Zugangs scheint dies indes außer Acht zu lassen, wenn dort die PoP (Points of Presence) des IP-Kernnetzes als Übergabepunkte festgelegt werden. Siehe BNetzA, Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang, Beschl. v. 13.9.2006 – BK 4a-06-039/R, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717 = Notifizierungsentwurf der Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang v. 21.7.2006 – BK 4a-06-039/R (Az. DE 2006 457). 5 Marktdefinition und Marktanalyse im Anhang zu BNetzA, Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang, Beschl. v. 13.9.2006 – BK 4a-06-039/R, S. 27 ff., 31 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717 (2775 ff., 2779 ff.) = Konsolidierungsentwurf der BNetzA v. 8.12.2005, Breitbandzugang für Großkunden, Markt Nr. 12 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 262), S. 27 ff., 31 ff.
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Marktdefinition
Rz. 162 G
sich dadurch, dass es im letztgenannten Fall vornehmlich um eine Vorleistung für Breitband-Massenprodukte geht und im erstgenannten Fall vornehmlich um eine Vorleistung für hochwertige Dienste (Video on Demand, VPN-Dienste für Geschäftskunden). Mangels gegenseitiger Substituierbarkeit kommt die BNetzA daher zu unterschiedlichen Märkten, was allerdings in der Praxis die Frage aufwirft, welchem Vorleistungsmarkt sog. SDSL-Produkte unterfallen1. Zum Markt für IP-Bitstrom-Zugang rechnet die BNetzA allerdings auch den HFC-Breitbandzugang2, also Vorleistungen in Bezug auf den mittels Kabelmodem angebotenen Breitbandanschluss der Breitbandkabelnetzbetreiber3. 7.2.5.2 Einbeziehung von VDSL Das Konsultations- und Konsolidierungsverfahren zum Bitstrom-Zugang war insbesondere überschattet von der Diskussion um das VDSL-Infrastrukturprojekt der DTAG und die davon abgeleiteten VDSL-Produkte. Neben der durch die Einführung des § 9a TKG mittels des TKG-Änderungsgesetzes im Gesetzgebungsverfahren ausgelösten Debatte (dazu näher unten Rz. 179 ff.) über die regulatorische Behandlung neuer Märkte wurde die Frage bereits im Rahmen der Marktdefinition für den Bitstrom-Zugang praktisch relevant.
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In der ursprünglichen Notifizierung hatte die BNetzA den Bereich VDSL vollständig von der Marktdefinition mit der Begründung ausgenommen, die betreffenden Endnutzerprodukte seien absehbar nicht verfügbar4. Dies hat im Konsolidierungsverfahren zur Einleitung des Vetoverfahrens durch die EU-Kommission mittels eines Schreibens geführt, in welchem die EU-Kommission „ernsthafte Zweifel“ äußerte (siehe oben Rz. 45), ob die Nichtberücksichtigung von VDSL mit Gemeinschaftsrecht vereinbar sei5. Die EU-
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_______________
1 Während das Standardangebot der DTAG für den IP-Bitstrom-Zugang vom Dezember 2006 SDSL nicht enthält, spricht die Regulierungsverfügung in der Begründung zum Umfang des Zugangs (auf vorherige Nachfrage der EU-Kommission dazu) ausdrücklich davon, dass SDSL vom IP-Bitstrom-Zugang erfasst sei: Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang, BNetzA Beschl. v. 13.9.2006 – BK 4a06-039/R, S. 19, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717 (2736). 2 HFC steht für Hybrid Fibre Coax. 3 Marktdefinition und Marktanalyse im Anhang zu BNetzA, Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang, Beschl. v. 13.9.2006 – BK 4a-06-039/R, S. 35 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717 (2783 ff.) = Konsolidierungsentwurf der BNetzA v. 8.12.2005, Breitbandzugang für Großkunden, Markt Nr. 12 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 262), S. 35 ff. 4 Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 28./29.9.2005, Breitbandzugang für Großkunden, Markt Nr. 12 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 262), S. 39. 5 Siehe Stellungnahme der EU-Kommission v. 11.11.2005, SG-Greffe (2005) D/206128 (Az. DE 2005 262), S. 4.
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G Rz. 163
Verfahren der Marktregulierung
Kommission begründet dies im Wesentlichen damit, dass nach Ankündigungen der DTAG VDSL-Produkte in dem Betrachtungszeitraum für Marktdefinition und Marktanalyse, der sich ja auch auf einen zukünftigen Zeitraum beziehe, angeboten werden würden und ein Pilotprojekt bereits zum Zeitpunkt der Notifizierung laufe. Daraufhin hat die BNetzA den Entwurf der Marktdefinition dahingehend abgeändert, dass VDSL-Anschlüsse insoweit einzubeziehen sind, als sie mit den übrigen in der Marktdefinition betrachteten Bitstrom-Produkten austauschbar seien1. Die EU-Kommission hat danach ihre ernsthaften Zweifel zurückgezogen, zugleich aber festgestellt, dass sie die reine Bündelung von erfassten und nicht erfassten Produkten nicht ohne Weiteres als Rechtfertigung für die Annahme eines neuen Marktes für die so gebündelten Produkte gelten lassen wird2. Dieser mit Blick auf die künftige VDSL-Produktgestaltung der DTAG erfolgte Hinweis verdeutlicht zugleich, dass Fragen der Marktdefinition in der Praxis nicht nur in Konsultations- und Konsolidierungsverfahren sowie für die darauf basierende Regulierungsverfügung Bedeutung haben werden, sondern auch für die Auslegung der Regulierungsverfügung selbst und die Durchsetzung der dort auferlegten Verpflichtungen, sei es durch Zugangsanordnungen nach § 25 TKG, die besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG oder im Wege des Streitbeilegungsverfahrens nach § 133 TKG. Denn wenn gegen die Verweigerung des Zugangs für bestimmte Produkte vorgegangen werden soll, so wird zunächst zu fragen sein, ob das betreffende Produkt von der Regulierungsverfügung erfasst ist, was wiederum ggf. erfordert, die zugrunde liegende Marktdefinition auszulegen. 163
Beibehalten hat die BNetzA allerdings, dass Bitstrom-Produkte, die auf reinen Glasfaserleitungen basieren, von der Marktdefinition ausgenommen bleiben3. Anders als im Falle von VDSL, wo die Glasfaserinfrastruktur nahe an den Endnutzer herangeführt wird4, die letzten Meter aber weiterhin mit Kupferdraht überbrückt werden, geht es hier um die vollständige Anbindung des Endnutzers mit Glasfaser. Wie im Falle der Teilnehmeranschlussleitungen (siehe oben Rz. 156) bleibt dieser Bereich daher (zunächst) außen vor. Die EU-Kommission hat dies unbeanstandet gelassen. _______________
1 Marktdefinition und Marktanalyse im Anhang zu BNetzA, Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang, Beschl. v. 13.9.2006 – BK 4a-06-039/R, S. 39, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717 (2787) = Konsolidierungsentwurf der BNetzA v. 8.12.2005, Breitbandzugang für Großkunden, Markt Nr. 12 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 262), S. 39. 2 Siehe Stellungnahme der EU-Kommission v. 23.12.2005, SG-Greffe (2005) D/207790 (Az. DE 2005 262), S. 3 ff. insbesondere S. 5. 3 Marktdefinition und Marktanalyse im Anhang zu BNetzA, Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang, Beschl. v. 13.9.2006 – BK 4a-06-039/R, S. 38 f., BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717 (2786 f.) = Konsolidierungsentwurf der BNetzA v. 8.12.2005, Breitbandzugang für Großkunden, Markt Nr. 12 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 262), S. 38 f. 4 Bis zum so genannten KVz (Kabelverzweiger), der sich in Schaltkästen auf öffentlichen Wegen befindet.
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Rz. 165 G
Marktdefinition
7.2.5.3 Eigenständige Marktdefinition für IP-Breitband-Zuführung Wie bereits erwähnt hat die BNetzA zwar die durch die ZISP- und GATEProdukte der DTAG bedingten Märkte der Breitband-Zuführung vom Bitstrom-Zugang ausgenommen. Allerdings hat die BNetzA auch hierfür eine eigenständige, über die Märkteempfehlung hinausgehende Marktdefinition vorgenommen. Dies wird mit den auch hier bestehenden Anhaltspunkten für die Regulierungsbedürftigkeit begründet1, was im wesentlichen damit zu tun hat, dass diese Produkte von der DTAG anstelle des Bitstrom-Zugangs angeboten worden sind. Zugleich soll aber angesichts der früheren Regulierung von T-DSL-ZISP unter dem TKG 1996 nunmehr für die Zukunft Rechtssicherheit geschaffen werden2. Dementsprechend hat die BNetzA zwei nationale Märkte für die regionale und überregionale Zuführung von IP-Verkehr definiert, und damit anders als bei dem Bitstrom-Zugang (siehe oben Rz. 159) eine Unterteilung der Zuführungsebenen vorgenommen.
164
7.2.5.4 Bewertung Die Diskussionen um den Bitstrom-Zugang vor und während der Konsultations- und Konsolidierungsverfahren sind exemplarisch für das bereits geschilderte Problem (siehe oben Rz. 129), das mit der Marktdefinition nach dem (neuen) telekommunikationsrechtlichen Rahmen auch eine regulierungs- bzw. ordnungspolitische Grundentscheidung verbunden sein kann, Vorleistungs- und damit Zugangsmärkte erst (kausal) entstehen zu lassen. Die Frage, ob es sich bei VDSL-Produkten (egal ob im Endnutzer- oder Vorleistungsbereich) um bereits erfasste oder neue Märkte handelt, ist daher eigentlich eine Stellvertreterdiskussion für das gesamte Regulierungskonzept des Richtlinienpakets 2002 und des TKG 2004 (siehe dazu näher unten Rz. 179 ff.). Im Kern geht es nämlich um die Frage, ob überhaupt ein möglicherweise zu regulierender Markt vorliegt, mit anderen Worten besteht ein Markt für Bitstrom-Zugang so lange nicht, wie betreffende Zugangsprodukte von dem Unternehmen, das die Produkte anbieten könnte, nicht angeboten werden. Der Markt kann demnach durch freiwillige Angebote dieses Unternehmens entstehen oder er entsteht, weil das betreffende Unternehmen verpflichtet wird, dort Produkte anzubieten. Aus deutscher Sicht ist der letztgenannte Fall beim Bitstrom-Zugang dadurch eingetreten, dass die Märkteempfehlung einen Markt für den Breitband-Großkundenzugang identifiziert hat, der in Deutschland mangels entsprechender Angebote der DTAG nicht existierte. Damit entscheidet die von der EU-Kommission vorgegebene Identifikation des Marktes darüber, dass der Markt in Deutschland _______________
1 Konsultationsentwurf der BNetzA v. 30.8.2006 – BK1-05/004, S. 10 f., BNetzA Mitteilung. Nr. 301/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2619 (2633). 2 Konsultationsentwurf der BNetzA v. 30.8.2006 – BK1-05/004, S. 11, BNetzA Mitteilung. Nr. 301/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2619 (2633 f.).
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G Rz. 166
Verfahren der Marktregulierung
überhaupt entsteht, was praktisch zwangsläufig zu einer diesbezüglichen Regulierung der DTAG führt. 166
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Diskussion um neue Märkte infolge der Einführung von VDSL als ein Rückzugsgefecht dar, um innerhalb des Systems der Marktregulierung unregulierte Bereiche zu erzielen bzw. zu „retten“. Nach der hier vertretenen Auffassung sollten sich dagegen die EUKommission wie auch die nationalen Regulierungsbehörden eindeutig und ausdrücklich dazu bekennen, dass im Rahmen des Drei-Kriterien-Tests ein zusätzliches Element, nämlich dasjenige einer ordnungspolitisch gewünschten (besser: erforderlichen) Markt(er)öffnung implizit mitgeprüft wird. Dies kann nicht ohne Betrachtung der nachgelagerten Endnutzermärkte geschehen, wie dies die BNetzA auch bei der Marktdefinition des Bitstrom-Zugangs getan hat1. Die Regulierung von Vorleistungsmärkten ist kein Selbstzweck, sondern sie soll dazu dienen, wirksamen Wettbewerb vornehmlich auf der Ebene der Endnutzer sicherzustellen. Angesichts der auch auf den Endnutzermärkten vorhandenen hohen Marktanteile der DTAG2 ist daher aber die Aufnahme der beiden Bitstrommärkte in die Liste der nach dem TKG zu regulierenden Märkte, auch mit Blick auf die Einbeziehung von substituierbaren Produkten in VDSL-Technologie, gerechtfertigt. 7.2.6 Mietleitungen
167
Im Rahmen der Marktdefinition der beiden Mietleitungsmärkte (Märkte Nr. 13 und 14) der Märkteempfehlung war im ursprünglichen Konsultationsverfahren zweierlei unklar bzw. strittig. Zum einen die genaue Abgrenzung zwischen Abschluss- und (Fern-)Übertragungssegment sowie die Annahme separater Märkte oberhalb einer Übertragungsrate (Bandbreite) von 2 Mbit/s (bzw. n x 2 Mbit/s). In Bezug auf Letzteres hat die EU-Kommission im Konsolidierungsverfahren ernsthafte Zweifel daran geäußert, dass die von der BNetzA vorgenommene Segmentierung nach Übertragungsrate hinreichend belegt worden ist3. Auch die anschließende Marktanalyse hat die EU-Kommission kritisiert. Daraufhin hat die BNetzA den Entwurf für Marktdefinition und Marktanalyse am 8.11.2006 wieder zurückgezogen. _______________
1 Marktdefinition und Marktanalyse im Anhang zu BNetzA, Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang v. 13.9.2006 – BK 4a-06-039/R, S. 45 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717 (2793 ff.) = Konsolidierungsentwurf der BNetzA v. 8.12.2005, Breitbandzugang für Großkunden, Markt Nr. 12 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 262), S. 45 ff. 2 Diese liegen laut BNetzA oberhalb von 70 %; siehe die englischsprachige Zusammenfassung zum Konsolidierungsentwurf der BNetzA v. 8.12.2005, Breitbandzugang für Großkunden, Markt Nr. 12 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 262), S. 3 unter Punkt 2.4 der Tabelle. 3 Siehe Stellungnahme der EU-Kommission v. 29.9.2006, SG-Greffe (2006) D/205459 (Az. DE 2006 0480/0481), S. 4 ff.
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Marktdefinition
Rz. 168 G
Der neue Konsultationsentwurf1 trägt den aufgezeigten Bedenken Rechnung. Die Frage der Abgrenzung zwischen Abschluss- und (Fern-)Übertragungssegment ist für den Wettbewerb insbesondere deswegen relevant, weil dort nicht (nur) ein Ende-zu-Ende Produkt nachgefragt wird, sondern (auch) so genannte „Partial Private Circuits“ (PPC). Damit sind Teilleitungen gemeint. Diese ermöglichen es z. B., nur einzelne Abschlusssegmente oder (Fern-)Übertragungssegmente zu beanspruchen. Der ursprüngliche Notifizierungsentwurf der BNetzA hatte allerdings gegenüber dem Konsultationsentwurf an diesem Punkt keine Veränderung vorgenommen2. Die klare Abgrenzung ist aber insbesondere deswegen von besonderer Bedeutung, weil schon unter dem TKG 1996 Streit über Abgrenzung und Einordnung der Mietleitungsprodukte bestand. So werden die bisher angebotenen Produkte der DTAG (insbesondere Standardfestverbindungen (SFV), Carrierfestverbindungen (CFV) und Datendirektverbindungen (DDV)) sämtlich von Wettbewerbern in Anspruch genommen, die DTAG sieht aber nur CFV als Vorleistungsprodukt an. Dies liegt daran, dass aus Sicht der Wettbewerber Produkte in Form von SFV und DDV in Anspruch genommen werden müssen, weil diese so nicht durch CFV auf der Vorleistungsebene abbildbar sind. Hintergrund hierfür ist wiederum, dass in der Praxis unter dem TKG 1996 Mietleitungen nicht als Zugangsprodukt angesehen wurden3, und eine Trennung zwischen Endnutzer- und Vorleistungsmärkten nicht, sondern vielmehr eine gemeinsame Regulierung von CFV und SFV erfolgt ist4. Eine Fortsetzung dieses Streits auf der Ebene der Mietleitungsmärkte für Abschlussund Fernübertragungssegmente ist vorprogrammiert, wenn hier keine klaren Festlegungen erfolgen. Dementsprechend hat die BNetzA im erneuten Konsultationsentwurf eine konkretere Abgrenzung vorgeschlagen, die sich allerdings an der Netztopologie der DTAG orientiert5. Fernübertragungssegmente sind danach diejenigen Strecken, die zwischen zwei von 76 Städten des Backbone-Netzes der DTAG liegen, und Abschlusssegmente alle anderen Verbindungen, die innerhalb der Backbone-Ortsnetze sowie zu, zwischen und innerhalb anderer Ortsnetze.
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1 Konsultationsentwurf der BNetzA, Abschluss- und Fernübertragungssegmente von Mietleitungen, Märkte Nr. 13 und 14 der Empfehlung 2003/311/EG, BNetzA Mitteilung Nr. 129/2007, ABl. Nr. 5/2007, S. 587. 2 Siehe Notifizierungsentwurf Mietleitungen, Märkte 7, 13 und 14 der Märkteempfehlung, S. 37 (Az. DE 2006 479-481). 3 Siehe Fischer/Heun/Sörup in: Heun, Telekommunikationsrecht, 1. Auflage, Teil 4 Rz. 37 ff. 4 Siehe etwa Beschl. der RegTP v. 22.4.2003, BK 2b 03/004, S. 9 f. des amtlichen Umdrucks. 5 Konsultationsentwurf der BNetzA, Abschluss- und Fernübertragungssegmente von Mietleitungen, Märkte Nr. 13 und 14 der Empfehlung 2003/311/EG, BNetzA Mitteilung Nr. 129/2007, ABl. Nr. 5/2007, S. 587 (608 ff. = S. 21 ff. des Entwurfs).
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Verfahren der Marktregulierung
Die Unterteilung der beiden genannten Märkte nach Übertragungsrate ist deswegen umstritten, weil dies nach Ansicht der BNetzA schon im Rahmen des Drei-Kriterien-Tests, spätestens aber bei der Marktanalyse dazu führt, dass in den Märkten oberhalb einer Übertragungsrate von 2 Mbit/s (bzw. n x 2 Mbit/s) wirksamer Wettbewerb besteht und diese Teilmärkte daher nicht regulierungsbedürftig seien1. Problematisch hieran ist, dass, ungeachtet der Übertragungsrate, nach wie vor erhebliche Marktzutrittsschranken in Form der erforderlichen Infrastrukturinvestitionen bei dem physischen Zugang zu Endnutzern bestehen2. Zugleich werden schon DSL-Anschlüsse mit Übertragungsraten oberhalb von 2 Mbit/s angeboten, was die Grenzziehung fragwürdig erscheinen lässt. Überdies erfordert die nunmehr nach Anschlussund Fernübertragungsanteil segmentierte Betrachtung von am Markt bislang nur als Ende-zu-Ende Produkt erhältlichen Mietleitungen eine differenzierte Betrachtungsweise beim Vergleich mit den heutigen Marktgegebenheiten. Ihre bisherige Sichtweise hat die BNetzA im erneuten Konsultationsentwurf mit Blick auf einzubeziehende neue Technologien wie Ethernet korrigiert und die Differenzierung nach Übertragungsraten aufgegeben3. 7.2.7 Anrufzustellung in einzelnen Mobilfunknetzen
170
Die Marktdefinition für Markt Nr. 16 der Märkteempfehlung (Anrufzustellung in einzelnen Mobilfunknetzen) war geprägt durch drei Streitpunkte: Die Anwendung des Konzepts „Ein Markt – Ein Netz“, die gemeinsame Betrachtung von GSM- und UMTS-Terminierung und die Einbeziehung der Terminierung zu Konvergenzprodukten (Genion, Vodafone Zuhause) in die Marktabgrenzung.
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In Bezug auf das Konzept „Ein Markt – Ein Netz“ haben einzelne Mobilfunknetzbetreiber, abgesehen von der generellen Ablehnung des Konzepts, vorgetragen, dass ein separater Markt für die Terminierung von Verbindungen in einzelne Mobilfunknetze nicht bestehe. Vielmehr sei diese Leistung Bestandteil des Mobilfunkmarktes für Endnutzerleistungen, weil von dort die Nachfrage nach Terminierung ausgehe4. Diese Sichtweise hat sich indes nicht durchsetzen können, weil die Terminierung in ein Mobilfunknetz _______________
1 Siehe Konsultationsentwurf zur Marktdefinition und Marktanalyse für den Bereich der Mietleitungen, Märkte 7, 13 und 14 (BK1-05-005), S. 34 ff., 43 f.; Fundstelle www.bundesnetzagentur.de, Link Einheitliche Informationsstelle. 2 Siehe Stellungnahme der EU-Kommission v. 29.9.2006, SG-Greffe (2006) D/205459 (Az. DE 2006 0480/0481), S. 7 ff. 3 Konsultationsentwurf der BNetzA, Abschluss- und Fernübertragungssegmente von Mietleitungen, Märkte Nr. 13 und 14 der Empfehlung 2003/311/EG, BNetzA Mitteilung Nr. 129/2007, ABl. Nr. 5/2007, S. 587 (611 ff. = S. 24 ff. des Entwurfs). 4 Vgl. Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 30.9.2005, Anrufzustellung in einzelnen Mobiltelefonnetzen, Markt Nr. 16 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 249), S. 106 ff., 112 ff. 119 ff.
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Marktdefinition
Rz. 173 G
letztlich nicht durch andere Produkte, wie etwa die Terminierung in andere Netze, substituierbar ist1. Das betreffende Konzept der Marktabgrenzung war bereits in der Märkteempfehlung direkt angelegt und begründet2. Freilich spielt auch der nachgelagerte Endnutzermarkt eine erhebliche Rolle, indes hat die BNetzA auch auf dieser Ebene feststellen können, dass keine adäquaten Substitutionsmöglichkeiten bestehen3. Zutreffend ist auch die gemeinsame Betrachtung seitens der BNetzA von Sprachverbindungen in GSM- und UMTS-Netze. Da der hier zu untersuchende Markt die Anrufzustellung in einzelnen Mobilfunknetzen betrifft, ist nicht ersichtlich, warum GSM- anders als UMTS-Netze zu behandeln wären. Im Ergebnis hätten so auch (statt vier für die bestehenden Mobilfunknetzbetreiber) acht Märkte betrachtet werden können, freilich mit dem gleichen Ergebnis. Die mit der von der BNetzA zitierten UMTS-Entscheidung (Vfg. 13/2000) vorgenommene Marktabgrenzung zwischen GSM und UMTS4 steht diesem Ergebnis auch deswegen nicht entgegen, weil es sich dort, anders als hier, um eine aus Endnutzersicht vorgenommene Marktabgrenzung handelte, die sich vornehmlich auf den Netzzugang und Verbindungen mit Ursprung in den jeweiligen Netzen bezog, nicht um einen (Vor-)Leistungsmarkt der Terminierung, bei dem es auf die verwendete Technologie nicht ankommt.
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Was schließlich die Einbeziehung von Konvergenzprodukten (Genion, Vodafone Zuhause) anbetrifft, hätte es nahe gelegen, derartige Produkte zumindest hinsichtlich des festnetzäquivalenten Teils (Genion Homezone) dem Markt Nr. 9 (Anrufzustellung in einzelne öffentliche Telefonnetze an festen Standorten) zuzuordnen. Die BNetzA nimmt hier indessen eine entzerrte Betrachtung vor, weil im Falle des Genion-Produkts ein tatsächlich zwischen den nachfragenden Netzbetreiber und O2 zwischengeschalteter Transitnetzbetreiber letztlich wiederum die Terminierung im Mobilfunknetz
173
_______________
1 Ausführlich: Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 30.9.2005, Anrufzustellung in einzelnen Mobiltelefonnetzen, Markt Nr. 16 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 249), S. 28 ff., 39 f. sowie das von der BNetzA im Rahmen der Notifizierung bereitgestellte Gutachten von Koenig, Vogelsang und Winkler, S. 3 ff., 22. Die BNetzA bestätigend u. a.: VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 25 über www.justiz.nrw.de. 2 Begründung zur Märkteempfehlung (Explanatory Memorandum), S. 34, Dokument über http://ec.europa.eu/information_society/policy/ecomm/index_en.htm. 3 Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 30.9.2005, Anrufzustellung in einzelnen Mobiltelefonnetzen, Markt Nr. 16 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 249), S. 34 ff. 4 Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 30.9.2005, Anrufzustellung in einzelnen Mobiltelefonnetzen, Markt Nr. 16 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 249), S. 21 ff.
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G Rz. 174
Verfahren der Marktregulierung
von O2 nachfrage1. Diese Sichtweise mag in der tatsächlich zugrunde gelegten Konstellation überzeugen, nicht aber, wenn die Zwischenschaltung eines Transitnetzbetreibers unterbleibt. Zwar liegt auch dann immer noch eine Terminierung im Mobilfunknetz von O2 vor, indes liegt durch die Adressierung einer geographischen Rufnummer seitens des anrufenden Endnutzers wie auch des die Terminierung nachfragenden Netzbetreibers die Nachfrage nach einer Festnetztelefonverbindung vor, die auch als solche angeboten wird. Richtigerweise geht es bei der Marktabgrenzung eben nicht um die am Ende verwendete Technologie, sondern um das Bedarfsmarktkonzept. Angesichts der Festlegungen der BNetzA im Fall des Marktes Nr. 9 (siehe oben Rz. 155), wären die Rechtsfolgen dieser Differenzierung aber eher begrenzt. 7.2.8 Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobilfunknetzen 174
Anders als im Fall von Markt Nr. 16 (Anrufzustellung in einzelnen Mobilfunknetzen) waren die definitorischen Vorgaben der EU-Kommission für Markt Nr. 15 (Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobilfunknetzen) eher rudimentär. Dies hat offenbar dazu geführt, dass die BNetzA im Rahmen des Konsultationsentwurfs für die Marktdefinition sich nur mit bestehenden Märkten (MVNO, Diensteanbieter und national Roaming) befasst hat, nicht aber mit der Frage, ob hier mit Blick auf Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl nach § 40 TKG eine Marktöffnung erfolgen oder zumindest ein diesbezüglicher Markt definiert werden soll2. Immerhin hat die BNetzA die Frage aufgeworfen, ob ein Markt für Leistungen für Auskunfts- und Mehrwertdienste abzugrenzen sei, dies aber mit dem Argument verworfen, die Angebots- und Nachfragestruktur sei hier gegenüber dem Bereich des Festnetzes umgekehrt3. Dies ist ein verwunderliches Ergebnis, weil die umgekehrte Angebots- und Nachfragestruktur daher rührt, dass die Mobilfunknetzbetreiber die im Festnetz übliche Konstellation, in der die betreffenden Auskunfts- und Mehrwertdiensteleistungen vom betreffenden Anbieter gegenüber Endnutzern selbst angeboten und abgerechnet werden4 und der Verbindungsaufbau als Zuführungsleistung des Teilnehmernetz_______________
1 Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 30.9.2005, Anrufzustellung in einzelnen Mobiltelefonnetzen, Markt Nr. 16 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 249), S. 32; gemeint ist BT. Dies bestätigend: VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 4148/06, Absatz Nr. 40 sowie Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 35, jeweils über www.justiz.nrw.de. 2 Siehe hierzu auch Topel, ZWeR 2006, 42. 3 Dies bedeutet, dass die Mobilfunknetzbetreiber die Leistungen bei den Anbietern von Auskunfts- und Mehrwertdiensten einkaufen und diese einheitlich im Wege des „Online-Billing“ durch den Teilnehmernetzbetreiber abgerechnet werden. Siehe Konsultationsentwurf der BNetzA v. 30.8.2006, Entwurf zur Marktdefinition und Marktanalyse im Bereich Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobilfunknetzen, S. 45 sowie dortige Fn. 28. 4 So genanntes Offline-Billing.
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Marktdefinition
Rz. 176 G
betreibers eine Vorleistung darstellt, gerade verhindern. Insofern ist diese Vorgehensweise spiegelbildlich zu der bereits erörterten Frage der Marktöffnung per Marktdefinition im Rahmen des Bitstrom-Zugangs zu sehen (siehe Rz. 161 ff.). Eine andere Betrachtung wird daher nur durch entsprechende Anpassungen in der Märkteempfehlung seitens der EU-Kommission zu erreichen sein (siehe auch Rz. 57 ff.). Allerdings äußert sich die EU-Kommission gerade bei diesem Markt in ihrer Überprüfung der Märkteempfehlung Mitte 2006 eher abwartend und zurückhaltend1. Anders als im Fall von Markt Nr. 16 hat es die BNetzA auch abgelehnt, für Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobilfunknetzen jedes Mobilfunknetz als eigenen Markt zu betrachten. Diese Sichtweise ist zutreffend, weil hier in der Tat Substitutionsmöglichkeiten zwischen den einzelnen Mobilfunknetzen bestehen. Bemerkenswert ist schließlich, dass die BNetzA anders als in Markt Nr. 16 den Bereich SMS als zu den Sprachdienstleistungen gehörig angesehen hat, weil Sprache und SMS immer gebündelt angeboten würden2. Ebenso hat die BNetzA Festnetzleistungen einschließlich der aus dem Mobilfunk stammenden Bündelprodukte (z. B. Genion) ausdrücklich ausgenommen. Da diese Produkte auch bei der Marktdefinition für die Märkte Nr. 1–6 unberücksichtigt geblieben sind (siehe oben Rz. 146), wird hierüber nur eine separate Marktdefinition Aufschluss geben können. Im übrigen entspricht die Einbeziehung und Außerachtlassung von Leistungen und sonstigen Netzen derjenigen für Markt Nr. 16.
175
7.2.9 Rundfunk-Übertragungsdienste Im Rahmen der Marktanalyse für Markt Nr. 18 der Märkteempfehlung (Rundfunk-Übertragungsdienste) hat die BNetzA eine komplexe Untersuchung und Unterteilung der Märkte vorgenommen. Nach Anwendung des Drei-Kriterien-Tests sind allerdings deutlich weniger Märkte für die Marktanalyse übrig geblieben als sich ursprünglich aus der sachlichen und räumlichen Marktabgrenzung ergeben haben. Die BNetzA3 begründet dies im Wesentlichen damit, dass die betreffenden (Sub-)Märkte entweder kaum noch existieren (terrestrische Sendeanlagen für analoge Fernsehfunksignale) _______________
1 COMMISSION STAFF WORKING DOCUMENT: PUBLIC CONSULTATION ON A DRAFT COMMISSION RECOMMENDATION On Relevant Product and Service Markets within the electronic communications sector susceptible to ex ante regulation in accordance with Directive 2002/21/EC of the European Parliament and of the Council on a common regulatory framework for electronic communication networks and services (Second edition), SEC (2006) 837, S. 40 f. 2 Konsultationsentwurf der BNetzA v. 30.8.2006, Entwurf zur Marktdefinition und Marktanalyse im Bereich Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobilfunknetzen, S. 29 f. 3 Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 31.7.2006, Rundfunk-Übertragungsdienste zur Bereitstellung von Sendeinhalten für Endnutzer, Markt Nr. 18 der Empfehlung 2003/311/EG (Az. DE 2006 469), S. 79 ff., 83 f.
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176
G Rz. 177
Verfahren der Marktregulierung
oder sich bislang (auch auf der Endnutzerebene) noch nicht berücksichtigungsfähig entwickelt hätten (DVB-T, DAB). 177
Mit Blick auf die definierten Einspeisemärkte (Submärkte 1.-7.) ist zusätzlich zur erneuten Anwendung des Konzepts „Ein Netz – Ein Markt“ bemerkenswert, dass es sich hierbei um einen Markt für Inhalteanbieter zum Zwecke des reinen Transports von Rundfunksignalen handelt. Indes werden reine Inhalteanbieter, die nicht (auch) Telekommunikationsdienste anbieten weder durch das TKG noch durch das Richtlinienpaket 2002 zum Zugang berechtigt (siehe A. Rz. 7, 9 sowie H. Rz. 30). Folgerichtig sieht die BNetzA im Rahmen der einschlägigen Regulierungsverfügung diese Märkte auch als Endnutzermärkte und nicht als Vorleistungsmärkte an1.
178
Hinsichtlich der Einspeise- und Signallieferungsmärkte wurde im Konsultationsverfahren, vornehmlich seitens der Breitbandkabelnetzbetreiber bemängelt, dass die BNetzA bei der Bestimmung des sachlich und räumlich relevanten Marktes nicht hinreichend die Substitutionsmöglichkeiten durch Satellit, DVB-T, DSL und VDSL etc. berücksichtigt hätte2. Die BNetzA hat diese Argumentation für die Einspeisemärkte, im Wesentlichen gestützt auf die bisherige kartellrechtliche Praxis und Rechtsprechung3, zurückgewiesen4. Inwieweit die zwischenzeitlich erfolgten Vereinbarungen zwischen der DTAG und den Rundfunksendern über die Einspeisung ihrer Programme in das VDSL-Netz der DTAG5 zum Zwecke der Ausstrahlung mittels IPTV im Rahmen weiterer Verfahren eine Rolle spielen wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls zeigt sich hier, ähnlich wie bei der Diskussion um die Einbeziehung von VDSL in den Bitstrom-Zugang (siehe oben Rz. 162), dass sich die so genannte Triple-Play Strategie der DTAG bereits in dem für die hiesige Marktdefinition relevanten Zeitraum materialisiert. Das gleiche gilt im Zweifel auch für ähnliche Angebote anderer Teilnehmernetzbetreiber aus den herkömmlichen Telekommunikationsmärkten (etwa NetCologne und HanseNet). Bei den Signallieferungsmärkten setzt sich die BNetzA mit Fragen der Substituierbarkeit nicht weiter auseinander, trennt aber hier zwischen kleinen und großen Abnehmern auf der Netzebene 4 (NE 4). Dadurch _______________
1 Konsultationsentwurf der Regulierungsverfügungen im Bereich Rundfunk-Übertragungsdienste v. 25.10.2006 – BK3b-06-013-017/R, BNetzA Mitteilung. Nr. 341/ 2006, ABl. Nr. 21/2006, S. 3229 (z. B. S. 3234 f.). 2 Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 31.7.2006, Rundfunk-Übertragungsdienste zur Bereitstellung von Sendeinhalten für Endnutzer, Markt Nr. 18 der Empfehlung 2003/311/EG (Az. DE 2006 469), S. 133 ff. 3 Insbesondere unter Verweis auf die BGH-Entscheidung zur PayTV-Durchleitung, BGH, Urt. v. 19.3.1996, NJW 1996, 2656. 4 Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 31.7.2006, Rundfunk-Übertragungsdienste zur Bereitstellung von Sendeinhalten für Endnutzer, Markt Nr. 18 der Empfehlung 2003/311/EG (Az. DE 2006 469), S. 45 ff. 5 Siehe etwa die Meldungen der Financial Times Deutschland unter www.ftd.de v. 23.8.2006 („Telekom überträgt auch RTL-Programme per Internet“) und v. 16.8.2006 („Telekom überträgt öffentlich-rechtliche Programme im Internet“).
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Marktdefinition
Rz. 181 G
entschärft sich die Marktdefinition, weil damit die BNetzA für den Markt für große Abnehmer wirksamen Wettbewerb (siehe unten Rz. 191) feststellen konnte. 7.3 Neue Märkte Nach der mit dem TKG-Änderungsgesetz neu eingefügten, im Gesetzgebungsverfahren heiß umstrittenen und schließlich mehrfach geänderten Regelung des § 9a TKG soll die Einbeziehung so genannter neuer Märkte in die Marktregulierung nach den Vorschriften von Teil 2 des TKG besonders betrachtet werden. § 9a Abs. 1 TKG stellt zunächst als Grundsatz fest, dass neue Märkte grundsätzlich nicht der Regulierung nach Teil 2 des TKG unterliegen. Lediglich nach § 9a Abs. 2 TKG,
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„wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass anderenfalls die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes im Bereich der Telekommunikationsdienste oder -netze langfristig behindert wird, kann die Bundesnetzagentur einen neuen Markt abweichend von Absatz 1 nach den Bestimmungen der §§ 9, 10, 11 und 12 der Regulierung nach Teil 2 unterwerfen. Bei der Prüfung der Regulierungsbedürftigkeit und der Auferlegung von Maßnahmen berücksichtigt die Bundesnetzagentur insbesondere das Ziel der Förderung von effizienten Infrastrukturinvestitionen und die Unterstützung von Innovationen.“
Hintergrund dieser Regelung ist die von der DTAG ausgelöste Debatte1 um ihr VDSL-Projekt, für welches sie eine zumindest zeitweise Freistellung von der Regulierung nach dem TKG (Stichwort: „Regulierungsferien“) gefordert und dies Aufnahme in den Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD vom 11.11.2005 Eingang gefunden hat2. Bei rein systematischer Betrachtung gehört der Inhalt von § 9a TKG eigentlich zu § 10 Abs. 2 TKG. Denn es geht um die Untersuchung von Märkten, die über die nach § 10 Abs. 2 TKG zu berücksichtigende Empfehlung der Kommission hinausgehen bzw. davon abweichen. Dementsprechend ist auch der Begriff „neue Märkte“ nicht zutreffend, weil auch eine an den neuesten Stand angepasste Empfehlung der Kommission einen gegenüber dem bisherigen Empfehlungsstand „neuen Markt“ enthalten kann. Ein solcher Markt wäre freilich nach dem bisherigen Instrumentarium zu untersuchen und nicht anhand einer Bestimmung, die impliziert, dass grundsätzlich keine Regulierung erfolgt bzw. zusätzliche Voraussetzungen relevant sind. Genau darin liegt freilich das Problem von § 9a TKG, insbesondere mit Blick auf die europarechtlichen Vorgaben.
180
Mit § 9a TKG werden besondere Anforderungen an die Bestimmung der regulierungsbedürftigen Märkte durch die BNetzA gestellt, die über die-
181
_______________
1 Siehe auch Dahlke/Neumann, CR 2006, 377. 2 „Gemeinsam für Deutschland- mit Mut und Menschlichkeit“, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 11.11.2005, S. 18.
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G Rz. 181
Verfahren der Marktregulierung
jenigen in § 10 Abs. 2 TKG hinausgehen und angesichts des Grundsatzes in § 9a Abs. 1 TKG eine Sperrwirkung intendieren. Zugleich gehen die Anforderungen dabei auch über den europarechtlichen Rahmen hinaus bzw. stehen mit diesem nicht in Einklang. Zwar sind die europarechtlichen Vorgaben zur Behandlung neuer Märkte eher dürftig, dies bedeutet aber zugleich, dass diese mit dem bestehenden Instrumentarium zu betrachten sind. So findet sich in den Erwägungsgründen zur Rahmenrichtlinie lediglich der Hinweis, dass in den Kommissionsleitlinien auch die Frage neu entstehender Märkte zu behandeln sei, auf denen der Marktführer über einen beträchtlichen Marktanteil verfügen dürfte, ohne dass ihm jedoch unangemessene Verpflichtungen auferlegt werden sollten1. Die Kommissionsleitlinien wiederum stellen lediglich fest2: „Eine verfrühte Ex-ante-Regulierung könnte die Wettbewerbsbedingungen auf einem neu entstehenden Markt unverhältnismäßig stark beeinflussen. Gleichzeitig sollte jedoch auf solchen neu entstehenden Märkten ein Wettbewerbsausschluss durch das führende Unternehmen verhindert werden. Unbeschadet der Tatsache, dass eine Intervention der Wettbewerbsbehörden in Einzelfällen gerechtfertigt sein mag, sollten die NRB sicherstellen, dass sie jede Form einer frühen Ex-ante-Intervention auf einem neu entstehenden Markt begründen können, insbesondere da sie im Rahmen der regelmäßigen Neubewertung der relevanten Märkte die Möglichkeit haben, auch noch zu einem späteren Zeitpunkt zu intervenieren.“
Daraus folgt, dass aus europarechtlicher Sicht für die Behandlung neuer oder sich entwickelnder Märkte kein zusätzliches Instrumentarium vorgesehen bzw. zulässig ist, sondern die nationalen Regulierungsbehörden hierfür die bestehenden Vorgaben und Rahmenbedingungen beachten müssen. Zwar heißt es in den Erwägungsgründen zur Märkteempfehlung, dass neue und sich abzeichnende Märkte, auf denen Marktmacht aufgrund von „Vorreitervorteilen“ besteht, grundsätzlich nicht für eine Vorabregulierung in Betracht kommen3. Indes wird damit nicht die Regulierung ausgeschlossen oder werden zusätzliche Anforderungen gestellt. Vielmehr ist dies als ein Verständnis des insoweit allein maßgeblichen Drei-Kriterien-Tests mit Blick auf solche Märkte zu sehen. Dementsprechend schlägt die EU-Kommission anlässlich ihrer Überprüfung des europäischen Rechtsrahmens in der Telekommunikation Mitte 2006 auch nach näherer Untersuchung der Frage der Regulierung neuer Märkte keine Änderung an den bestehenden Regelungen vor4. _______________
1 2 3 4
Erwägungsgrund (27) der Rahmenrichtlinie. Absatz Nr. 32 der Kommissionsleitlinien. Erwägungsgrund (15) der Märkteempfehlung. COMMISSION STAFF WORKING DOCUMENT: COMMUNICATION FROM THE COMMISSION TO THE COUNCIL, THE EUROPEAN ECONOMIC AND SOCIAL COMMITTEE AND THE COMMITTEE OF THE REGIONS ON THE Review of the EU Regulatory Framework for electronic communications networks and services, Impact Assessment 28.6.2006 SEC (2006) 817, COM (2006) 334 final, S. 9 ff. (13).
674 | Heun
Marktdefinition
Rz. 182 G
Demgegenüber beinhaltet § 9a TKG durch die im Ergebnis ermessenseinschränkende Wirkung des Grundsatzes der Regulierungsfreiheit für neue Märkte in Absatz 1 und die für die Feststellung einer Ausnahme zu prüfenden zusätzlichen Anforderungen, dass –
die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes langfristig behindert sein muss, und
–
die Ziele, effiziente Infrastrukturinvestitionen zu fördern und Innovationen zu unterstützen, besonders zu berücksichtigen sind,
zusätzliche Hürden für ein Einschreiten der BNetzA in Bezug auf neue Märkte. Folglich kann die BNetzA die europarechtlichen Vorgaben für die (Vor-)Auswahl von regulierungsbedürftigen Märkten nicht mehr uneingeschränkt umsetzen bzw. anwenden. Ihre Handlungsspielräume werden in mehrfacher Hinsicht eingeschränkt: Zum Ersten durch den Grundsatz, zum Zweiten durch die Begriffe neuer Markt (siehe oben Rz. 88 ff.) und nachhaltig wettbewerbsorientierter Markt (siehe oben Rz. 83 ff.), zum Dritten dadurch, dass eine langfristige Behinderung vorliegen muss und zum Vierten durch die besondere Gewichtung zweier Regulierungsziele (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 TKG) aus einem Katalog von neun Zielen, zu denen auch die mindestens gleich bedeutsamen Ziele der Wahrung der Verbrauchinteressen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG) und der Sicherstellung chancengleichen Wettbewerbs (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG) gehören. Insoweit liegt der gleiche Sachverhalt vor, der bereits zu dem von der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen § 30 TKG eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren und nunmehr zur Einleitung eines neuen Vertragsverletzungsverfahrens gegen § 9a TKG geführt hat1. Mit Blick auf die ermessenseinschränkende Regelung in § 30 TKG für die Auferlegung von Vorabverpflichtungen im Bereich der Entgeltkontrolle ist die EU-Kommission nämlich zu Recht der Auffassung, dass derartige Ermessenseinschränkungen gegen die europarechtlichen Vorgaben verstoßen, wo derartige Einschränkungen gerade nicht vorgesehen nicht2. Eine europarechtskonforme Auslegung von § 9a TKG erfordert daher, dass die genannten Anforderungen im Lichte und nur anhand des DreiKriterien-Tests betrachtet werden. Demzufolge müssen etwa die Begriffe „nachhaltig wettbewerbsorientierter Markt“ sowie „langfristig“ mit dem gleichen Verständnis belegt werden wie das zweite Kriterium des Drei-Kriterien-Tests, dass längerfristig keine Tendenz zu wirksamem Wettbewerb, d. h. mit Blick auf einen Zeitraum von zwei Jahren (siehe oben Rz. 127), besteht. Demgegenüber ist die Berücksichtigung der besonders genannten Regulierungsziele im Rahmen der Regulierungsverfügung bei Auferlegung von Vorabverpflichtungen im Zusammenhang – und nur im Zusammenhang – mit den Kriterien in § 21 Abs. 1 TKG zu sehen. Denn der Wortlaut _______________
1 Vertragsverletzung Nr. 2006/2559, K (2007). 2 Siehe die mit Gründen versehene Stellungnahme der EU-Kommission v. 12.4.2005 C (2005) 1196.
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182
G Rz. 183
Verfahren der Marktregulierung
von § 9a TKG „der Regulierung nach Teil 2 unterwerfen“ erlaubt es, die Anforderungen nicht schon bei der Marktdefinition nach § 10 Abs. 2 TKG, sondern erst im Rahmen der Regulierungsverfügung nach § 13 TKG zu berücksichtigen1. Denn letztlich erfolgt erst durch die Auferlegung von Verpflichtungen durch die Regulierungsverfügung nach § 13 TKG die vollständige Einbeziehung der betreffenden Märkte in die Regulierung nach Teil 2 des TKG. Außerdem gestattet die Formulierung „insbesondere“ bei europarechtskonformer Auslegung auch die gleichwertige Berücksichtung anderer Regulierungsziele. Auf diese Weise ließe sich der in § 9a Abs. 1 TKG enthaltene Grundsatz von der Regulierungsfreiheit neuer Märkte europarechtskonform umschiffen. 183
Die letztlich im Kern bestehende Frage der Marktabgrenzung und Marktdefinition bei neuen Märkten im Zusammenspiel zwischen Endkundenund Vorleistungsmärkten kann die Vorschrift des § 9a TKG ohnehin nicht lösen, weil sie einen „neuen Markt“ begrifflich bereits voraussetzt2. Dieses Dilemma ist auch in der ursprünglichen Gesetzesbegründung bereits angedeutet, wenn dort über das Verhältnis von Vorleistungs- und Endkundenmärkten gesprochen wird3. Dies gilt umso mehr, als regelmäßig das ansonsten zugangsverpflichtete Unternehmen zunächst über den Umfang der angebotenen Vorleistungsprodukte entscheidet. Je nach Granularität und Beschaffenheit der angebotenen Vorleistungsprodukte, erfolgt damit die Marktdefinition durch das zugangsverpflichtete Unternehmen selbst, wie am Beispiel der bislang als Vorprodukt in Deutschland erhältlichen Mietleitungen besonders deutlich wird (siehe oben Rz. 168). Ebenso führt ein fehlendes Vorleistungsangebot dazu, dass zunächst überhaupt kein Markt entsteht (siehe oben Rz. 165 f.). Damit ist erneut die Frage nach den ordnungspolitischen Grundlagen der Marktdefinition (siehe oben Rz. 129, 165 f.) gestellt. Daher ist es nach der hier vertretenen Auffassung geboten, zunächst die Entwicklung der Endnutzermärkte zu betrachten4 und dort mit den Mitteln der Bestimmung von Marktmachtübertragung auf Nachbarmärkte (siehe oben Rz. 24) zu prüfen, welche Auswirkungen dies auf einen ggf. neu entstehenden horizontalen Nachbarmarkt hat. Wenn die Marktmachtübertragung droht, so rechtfertigt dies jedenfalls die Festlegung eines (neuen oder erweiterten) Vorleistungsmarkts, der im Rahmen des Drei-KriterienTests, nicht aber selbständig und ausschließlich anhand von § 9a TKG auf seine Regulierungsbedürftigkeit zu prüfen wäre. Dieses Verständnis lässt § 9a TKG zu, weil nämlich an keiner Stelle erläutert wird, ob es sich bei dem neuen Markt um einen Endnutzer- oder Vorleistungsmarkt handelt.
_______________
1 2 3 4
So auch die ursprüngliche Gesetzesbegründung BR-Drucks. 359/06, S. 39 oben. Siehe auch BT-Drucks. 16/3635, S. 47. BR-Drucks. 359/06, S. 39. Insoweit wohl übereinstimmend Topel, ZWeR 2006, 41 f.
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Marktanalyse
Rz. 186 G
8. Marktanalyse Im Rahmen der Festlegung regulierungsbedürftiger Märkte nach § 10 TKG hat die BNetzA nach § 11 Abs. 1 S. 1 TKG zu prüfen, ob auf dem nach § 10 TKG definierten Markt wirksamer Wettbewerb besteht (Marktanalyse). Das ist nach § 11 Abs. 1 S. 2 TKG dann nicht der Fall, wenn auf dem betreffenden Markt ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen. Beträchtliche Marktmacht wiederum ist nach § 11 Abs. 1 S. 3 dann gegeben, wenn ein Unternehmen entweder allein oder gemeinsam mit anderen eine der Beherrschung gleichkommende Stellung einnimmt, d. h. eine wirtschaftlich starke Stellung, die es ihm gestattet, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von Wettbewerbern und Endnutzern zu verhalten (ausführlich bereits Rz. 92 ff.). Bei dieser Prüfung hat die BNetzA nach § 11 Abs. 1 S. 4 TKG die Kommissionsleitlinien in ihrer jeweils geltenden Fassung weitestgehend zu berücksichtigen. Damit setzen die beschriebenen Regelungen des § 11 Abs. 1 TKG die europarechtlichen Vorgaben für die Marktanalyse nach Art. 14 und 16 Rahmenrichtlinie praktisch wortwörtlich um, und stellen den Zusammenhang zwischen wirksamem Wettbewerb und beträchtlicher Markt unmittelbar und ausdrücklich her, der sich aus den erwähnten Bestimmungen der Rahmenrichtlinie nur mittelbar ergibt (siehe oben Rz. 16, 91). Ergänzend ist in § 11 Abs. 1 S. 5 TKG ausgeführt, dass die Übertragung beträchtlicher Marktmacht von einem relevanten Markt auf einen benachbarten, nach § 10 Abs. 2 TKG bestimmten Markt angenommen werden kann. Damit wird Art. 14 Abs. 3 Rahmenrichtlinie anhand des in den Kommissionsleitlinien zum Ausdruck gebrachten Verständnisses umgesetzt (siehe oben Rz. 24), dass es sich bei beiden Märkten um solche handeln muss, bei denen eine Vorauswahl anhand des Drei-Kriterien-Tests erfolgt ist. Wie bereits erwähnt (oben Rz. 183), ist diese Vorgehensweise bei neuen Märkten zu überdenken.
184
In struktureller Hinsicht verdeutlicht damit § 11 Abs. 1 TKG, dass Marktdefinition und Marktanalyse gemeinsam zu erfolgen haben. Ferner verweist § 13 Abs. 2 TKG auf die gemeinsame Marktanalyse durch die nationalen Regulierungsbehörden im Falle länderübergreifender Märkte1 (siehe oben Rz. 17) und legt § 11 Abs. 3 TKG fest, dass (auch) die Ergebnisse der Marktanalyse der EU-Kommission im Verfahren nach § 12 TKG in den Fällen vorzulegen sind, in denen die Marktanalyse Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten hat (dazu näher oben Rz. 74).
185
8.1 Parameter für die Marktanalyse Angesichts der in § 11 Abs. 1 TKG vorgenommenen Beschreibung des Prüfungsauftrags sowie der Pflicht, die Kommissionsleitlinien weitestgehend _______________
1 Ein solcher Hinweis fehlt in § 10 TKG, weil die Festlegung länderübergreifender Märkte durch die EU-Kommission erfolgt (siehe oben Rz. 15).
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186
G Rz. 187
Verfahren der Marktregulierung
zu berücksichtigen, ergeben sich die Parameter für die Prüfung der im Rahmen der Marktdefinition festgelegten Märkte unmittelbar aus dem europäischen Kartellrecht und den Kommissionsleitlinien. Daher kann hier auf die obigen Ausführungen (Rz. 16 ff. und 92 ff.) verwiesen werden. 8.2 Ergebnis und Status der bisherigen Marktanalysen 187
Wie bereits erwähnt (oben Rz. 139) hat die BNetzA seit Inkrafttreten des TKG für 17 Märkte der Marktempfehlungen Entwürfe für Marktdefinition und Marktanalyse vorgelegt, die sich in unterschiedlichen Verfahrensstadien des Verfahrens der Marktregulierung befinden. Die Statusangaben beziehen sich auf Anfang März 2007. Die nachstehende Tabelle gibt nunmehr einen Überblick über den inhaltlichen Status der Marktanalysen durch die BNetzA1. Aus den Bemerkungen in den nachstehenden Tabellen geht wiederum hervor, dass einzelne Fragen der Marktanalyse durch die BNetzA umstritten waren. Diese Fragen werden im Anschluss an die Tabellen näher erläutert (siehe Rz. 194 ff.).
188
In den Spalten am rechten Rand der Tabellen werden wiederum die zugehörigen Aktenzeichen der EU-Kommission sowie der BNetzA angegeben. Soweit dabei nicht auf das Amtsblatt der BNetzA verwiesen wird, sind die Dokumente auf den für Konsultations- und Konsolidierungsverfahren eingerichteten Webseiten der EU-Kommission2 und der BNetzA3 abrufbar.
189
In inhaltlicher Hinsicht ist angesichts der bisherigen Entwürfe und Feststellungen zur Marktanalyse festzustellen, dass die BNetzA mit der Rückführung von Regulierung ernst macht. Zwar stellt die BNetzA nur bei wenigen Märkten der Märkteempfehlung insgesamt das Bestehen wirksamen Wettbewerbs fest, so etwa bei den Märkten Nr. 4 und 6 (Endnutzermärkte für Auslandstelefonie), bei Markt Nr. 14 (Fernübertragungssegmente für Mietleitungen) sowie bei Markt Nr. 15 (Großkundenmarkt für Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobiltelefonnetzen). Indes grenzt die BNetzA für die einzelnen Märkte der Märkteempfehlung häufig mehrere Teilmärkte ab, bei denen sie für einzelne das Bestehen wirksamen Wettbewerbs annimmt. Betrachtet man auch diese, so zeigt sich, dass solche Märkte oberhalb der (Teilnehmer-)Anschlussnetzebene bzw. der so genannten „Last Mile“ liegen (bestimmte Transit-Produkte, überregionale IP-Breitband-Zuführung) oder angesichts der Größe der Abnehmer einfache Substitutionsmöglichkeiten bestehen (Rundfunk-Signallieferungsmarkt an Abneh_______________
1 Ein guter Überblick findet sich auch insoweit unter www.tkrecht.de bei „Marktregulierung“. 2 Für die EU-Kommission lautet die Website wie folgt: forum.europa.eu.int/Public/ irc/infso/ecctf/library?l=/germany&vm=detailed&sb=Title. 3 Für die BNetzA lautet die Website wie folgt: www.bundesnetzagentur.de, Link „Einheitliche Informationsstelle“, von wo auch auf die Website der EU-Kommission verwiesen wird.
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Marktanalyse
Rz. 189 G
mer mit mehr als 500 Wohneinheiten). Demnach hat der Wettbewerb vornehmlich dort Fuß gefasst, wo eine teure Anschlussnetzinfrastruktur nicht erforderlich ist oder wo leistungsfähige und teure Produkte hinreichende, die Investitionen rechtfertigende Margen versprechen. Je nach Blickwinkel mag man dies als „Rosinenpickerei“ auffassen oder als Beweis dafür, dass der Zugang zu Anschlussnetzinfrastrukturen mangels hinreichender Duplizierbarkeit langfristig erforderlich bleiben wird.
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680 | Heun
Nationaler Markt für Zugang zum öffentlichen Telefondienst an festen Standorten, mit Ausnahme derjenigen Zugangsleistungen, die im Rahmen von Gesamtverträgen mit einem einzelnen Kunden und einem Jahresumsatz vom mehr als einer Million Euro ohne Mehrwertsteuer (d. h. netto) erbracht werden.
Nationaler Markt für Öffentliche Inlandsgespräche an festen Standorten, mit Ausnahme derjenigen Verbindungsleistungen, die im Rahmen von Gesamtverträgen mit einem einzelnen Kunden und einem Jahresumsatz vom mehr als einer Million Euro ohne Mehrwertsteuer (d. h. netto) erbracht werden.
Nationaler Markt für Öffentliche Auslandsgespräche an festen Standorten, mit Ausnahme derjenigen Verbindungsleistungen, die im Rahmen von Gesamtverträgen mit einem einzelnen Kunden und einem Jahresumsatz vom mehr als einer Million Euro ohne Mehrwertsteuer (d. h. netto) erbracht werden.
1
3
4
6
5
2
Marktdefinition BNetzA
Nr.
Endnutzermärkte
Ja
Nein
Nein
Marktanalyse, wirksamer Wettbewerb?
n/a
DTAG
DTAG
Beträchtliche Marktmacht
Marktanteil 35–45 %; Marktanteile um die 40 %-Schwelle legen laut BNetzA wirksamen Wettbewerb nahe, was sie durch die zusätzlichen Kriterien bestätigt sieht.
Marktanteil 60–70 %
Marktanteil > 90 %
Bemerkungen
DE/ 2005/ 310311
DE/ 2005/ 308309
DE/ 2005/ 306307
BK2a-06-001-R, BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006.
Status: final (Regulierungsverfügung)
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 46/2005; ABl. Nr. 04/2005;
Mitteilung. Nr. 375/2004, ABl. Nr. 23/2004;
BNetzA
Fundstellen/Az./Status EU
G Rz. 190 Verfahren der Marktregulierung
190
DTAG
Nationaler Markt für Mindestangebot an Mietleitungen (mit bestimmten Mietleitungstypen bis einschließlich 2 Mbit/s gemäß Artikel 18 und Anhang VII der Universaldienstrichtlinie) für Endkunden
Nein
7
n/a
Ja
Nationaler Markt für Verbindungen aus dem Festnetz in ausländische Mobilfunknetze, mit Ausnahme derjenigen Verbindungsleistungen, die im Rahmen von Gesamtverträgen mit einem einzelnen Kunden und einem Jahresumsatz von mehr als einer Million Euro ohne Mehrwertsteuer (d. h. netto) erbracht werden.
DTAG
Nein
Nationaler Markt für Verbindungen aus dem Festnetz in inländische Mobilfunknetze, mit Ausnahme derjenigen Verbindungsleistungen, die im Rahmen von Gesamtverträgen mit einem einzelnen Kunden und einem Jahresumsatz von mehr als einer Million Euro ohne Mehrwertsteuer (d. h. netto) erbracht werden.
Beträchtliche Marktmacht
n/a
Marktanalyse, wirksamer Wettbewerb?
Marktdefinition BNetzA
Nr.
Marktanteil > 70 %
Argumentation entspricht derjenigen zu Märkten Nr. 4 und 6.
Argumentation entspricht derjenigen zu Märkten Nr. 3 und 5.
Bemerkungen
DE/ 2006/ 479
Status: Abgeschlossenes Konsolidierungsverfahren (Marktanalyse) sowie abgeschlossenes Konsultationsverfahren (Regulierungsverfügung).
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 117/ 2006; ABl. Nr. 08/2006
BK1-05-005; Mitteilung Nr. 19/2006, ABl. Nr. 02/2006;
BK1-06/002; Mitteilung Nr. 435/2006, ABl. Nr. 24/2006. Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 130/2007, ABl. Nr. 5/2007. Status: Abgeschlossenes Konsultationsverfahren (Marktanalyse)
BNetzA
Fundstellen/Az./Status EU
Marktanalyse Rz. 190 G
Heun | 681
682 | Heun Marktanteil > 80 %
Marktanteil > 80 %
DTAG
Bemerkungen
3. Nationaler Markt für Verbindungsaufbau im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten einschließlich der Weiterleitung auf lokaler Ebene über Primärmultiplex-Anschlüsse für Verbindungen zu OnlineDiensten.
Nein
Beträchtliche Marktmacht
Marktanteil > 70 %
1. Nationaler Markt für Verbindungsaufbau im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten einschließlich der Weiterleitung auf lokaler Ebene für Orts-, Fern-, NTR-, Auslands- und Mobilfunkverbindungen mit in Einzelwahl oder in festgelegter Vorauswahl vorangestellter Kennzahl für Verbindungsnetzbetreiber.
8
Marktanalyse, wirksamer Wettbewerb
2. Nationaler Markt für Verbindungsaufbau im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten einschließlich der Weiterleitung auf lokaler Ebene über Interconnection-Anschlüsse für Verbindungen zu Diensten (siehe Liste unter 7.2). Zukünftig angebotene weitere Zuführungsleistungen zu Diensten sind diesem Markt ebenfalls zuzurechnen.
Marktdefinition BNetzA
Nr.
Vorleistungsmärkte
DE/ 2005/ 143
EU
191 insbesondere: BK4c-05002/R, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005
Status: final (Regulierungsverfügung)
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 376/2004; ABl. Nr. 23/2004;
Mitteilung. Nr. 280/2004, ABl. Nr. 18/2004;
BNetzA
Fundstellen/Az./Status
G Rz. 191 Verfahren der Marktregulierung
Jeweils netzweiter Markt für Anrufzustellung in das einzelne öffentliche Telefonnetz an festen Standorten einschließlich der lokalen Anrufweiterleitung.
1. Nationaler Markt für Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz plus Zuführung von Orts-, Fern-, NTR-, Auslands- und Mobilfunkverbindungen mit in Einzelwahl oder in festgelegter Vorauswahl vorangestellter Kennzahl für Verbindungsnetzbetreiber und mit Ursprung im eigenen nationalen Netz.
9
10
2. Nationaler Markt für Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz über Interconnection- Anschlüsse plus Zuführung von Verbindungen mit Ursprung in nationalen Netzen zu Diensten (siehe Liste unter 7.2). Zukünftig angebotene weitere entsprechende Transitleistungen plus Zuführung sind diesem Markt ebenfalls zuzurechnen.
Marktdefinition BNetzA
Nr.
Nein
Nein
Marktanalyse, wirksamer Wettbewerb
DTAG
DTAG und sämtliche sonstigen Teilnehmernet zbetreiber
Beträchtliche Marktmacht
Marktanteil > 70 %
Marktanteil > 80 %
Trotz jeweils 100 % Marktanteil hatte die BNetzA zunächst die beträchtliche Marktmacht der sonstigen Teilnehmernetzbetreiber wegen ausgleichender Nachfragemacht der DTAG abgelehnt: Dies hat zu einer Veto-Entscheidung der EU-Kommission geführt, in deren Folge die BNetzA eine entsprechend geänderte Vorlage notifizierte.
Bemerkungen
DE/ 2005/ 145
DE/ 2005/ 144, DE/ 2005/ 239
EU
insbesondere: BK4c-05002/R, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005
Status: final (Regulierungsverfügung)
Wie oben Markt Nr. 8;
insbesondere: BK4c-05002/R, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005
Status: final (Regulierungsverfügung)
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 193/2005; ABl. Nr. 15/2005;
Wie oben, zusätzlich: Mitteilungen. Nr. 118 und 138/2005, ABl. Nr. 10 und 11/2005;
BNetzA
Fundstellen/Az./Status
Marktanalyse Rz. 191 G
Heun | 683
684 | Heun
11
Nr.
Nationaler Markt für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL) in folgende Varianten: – Entbündelter/Gebündelter Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung in Form der Kupferdoppelader am Hauptverteiler oder einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt; – Line-Sharing; – Entbündelter/Gebündelter Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung auf Basis von OPAL/ISIS am Hauptverteiler oder einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt.
Nein
DTAG
Beachte: Überprüfungsverfahren nach § 14 Abs. 2 TKG kommt zum gleichen Ergebnis: BNetzA Konsultationsentwurf v. 4.4.2007 – BK1-06/003, Mitteilung Nr. 214/2007, ABl. Nr. 7/2007.
Marktanteil > 90 %
Marktanteil > 80 %, aber BNetzA nimmt hier ausgleichende Nachfragemacht durch die Mobilfunknetzbetreiber an, weil diese auch untereinander zusammengeschaltet sind.
n/a
5. Nationaler Markt für Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz plus Terminierung von Verbindungen mit Ursprung in nationalen Mobilfunknetzen in nationale Mobilfunknetze. Ja
Marktanteil > 60 %
Bemerkungen
4. Nationaler Markt für Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz plus Terminierung von Verbindungen in nationale Netze mit Ausnahme von Verbindungen mit Ursprung und Ziel in nationalen Mobilfunknetzen.
Beträchtliche Marktmacht Marktanteil > 80 %
Marktanalyse, wirksamer Wettbewerb
3. Nationaler Markt für Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz über Primärmultiplex-Anschlüsse plus Zuführung von Verbindungen mit Ursprung in nationalen Netzen zu Online-Diensten.
Marktdefinition BNetzA
DE/ 2004/ 119
BK4a-04-075/R, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005 ABl. Nr. 7/2005
Status: final (Regulierungsverfügung)
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 307/2004; ABl. Nr. 21/2004;
Mitteilung. Nr. 25/ 2004, ABl. Nr. 16/2004;
BNetzA
Fundstellen/Az./Status EU
G Rz. 191 Verfahren der Marktregulierung
n/a
Nationaler Markt für ATM-Bitstrom-Zugang, d. h. Bitstrom-Zugang mit Übergabe auf der ATM-Ebene (layer 2) an verschiedenen Übergabepunkten der Netzhierarchie.
12
Nein
Ja
Nationaler Markt für IP-Breitband-Zuführung mit Übergabe am distant PoP (überregionale Zuführung) auf der IP-Ebene (layer 3)
Nein
Marktanalyse, wirksamer Wettbewerb
Nationaler Markt für IP-Breitband-Zuführung mit Übergabe am parent PoP (regionale Zuführung) auf der IP-Ebene (layer 3).
Nationaler Markt für IP-Bitstrom-Zugang, d. h. Bitstrom-Zugang mit Übergabe auf IPEbene (layer 3) an verschiedenen Übergabepunkten der Netzhierarchie sowie HFCBreitbandzugang mit Übergabe auf IP-Ebene.
Marktdefinition BNetzA
Nr.
n/a
DTAG
DTAG
Beträchtliche Marktmacht
Konkurrierende BackboneStrukturen rechtfertigen trotz DTAG Marktanteil > 50 % Annahme wirksamen Wettbewerbs
Überragend hohe Marktanteil der DTAG > 90 %
Marktanteil > 90 % (TAL) sowie > 70 % (Breitband Zuführung); > 80 % bzw. > 70 % in den korrespondierenden Endnutzermärkten
Marktanteil > 90 % (TAL) sowie > 70 % im korrespondieren Endnutzermarkt
Bemerkungen
Offen
DE/ 2005/ 262
EU
Status: abgeschlossenes Konsultationsverfahren (Marktanalyse)
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 412/2006, ABl. Nr. 23/2006.
BK1-05/004; Mitteilung. Nr. 301/2006, ABl. Nr. 18/2006;
IP: BK4a-06-039/R; Mitteilung. Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006; ATM: BK4a06-006/R, Mitteilung Nr. 131/2007, ABl. Nr. 5/2007.
Status: final (Regulierungsverfügung
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 147/2004; ABl. Nr. 12/2005
Mitteilung. Nr. 66/2005, ABl. Nr. 6/2005;
BNetzA
Fundstellen/Az./Status
Marktanalyse Rz. 191 G
Heun | 685
Marktdefinition BNetzA
Nationaler Markt für Abschlusssegmente von Mietleitungen auf der Vorleistungsebene.
Nationaler Markt für Fernübertragungssegmente von Mietleitungen auf der Vorleistungsebene.
Nr.
13
14
686 | Heun n/a
DTAG
Nein
Ja
Beträchtliche Marktmacht
Marktanalyse, wirksamer Wettbewerb
Erheblicher Wettbewerbsdruck erlaubt es DTAG nicht, sich unabhängig von Wettbewerbern und/oder Abnehmern zu verhalten.
Neben Marktanteil ist allein DTAG in der Lage, beliebige Punkt-zu-PunktVerbindungen herzustellen.
Bemerkungen
DE/ 2006/ 481
DE/ 2006/ 480
Erneutes Konsultationsverfahren.
Status: Ein „Ernsthafte Zweifel“-Schreiben der EU-Kommission hat dazu geführt, dass BNetzA Notifizierungsentwurf (Marktanalyse) gegenüber EU-Kommission im November 2006 zurückgezogen hat.
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 117/2006; ABl. Nr. 08/2006
BK1-07/004; Mitteilung Nr. 129/2007, ABl. Nr. 5/2007; ursprünglich: BK1-05005; Mitteilung. Nr. 19/2006, ABl. Nr. 02/2006;
BNetzA
Fundstellen/Az./Status EU
G Rz. 191 Verfahren der Marktregulierung
Ja
Ja
Ja
Nationaler Teilmarkt für Leistungen von Mobilfunknetzbetreibern für Mobile Virtual Network Operator (MVNO).
Nationaler Teilmarkt für Leistungen von Mobilfunknetzbetreibern für Diensteanbieter (Service Provider).
Nationaler Teilmarkt für Leistungen von Mobilfunknetzbetreibern für Nationales Roaming.
15
Marktanalyse, wirksamer Wettbewerb
Marktdefinition BNetzA
Nr.
n/a
n/a
n/a
Beträchtliche Marktmacht
Trotz praktisch 100 % Marktanteil von T-Mobile (gegenüber O2) keine Marktbeherrschung.
Keine Einzelmarktbeherrschung trotz hoher Marktanteile von TMobile und Vodafone. Aber auch keine gemeinsame Marktbeherrschung.
Markt bislang nur hinsichtlich E-Plus existent (100 % Marktanteil). Aber potenzieller Wettbewerb (durch andere Mobilfunknetzbetreiber) hat ausreichend marktmachtbegrenzenden Einfluss.
Bemerkungen
Offen
EU
Status: abgeschlossenes Konsultationsverfahren (Marktanalyse)
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 356/2006, ABl. Nr. 22/2006
Mitteilung. Nr. 282/2006, ABl. Nr. 17/2006;
BNetzA
Fundstellen/Az./Status
Marktanalyse Rz. 191 G
Heun | 687
Marktdefinition BNetzA
Anrufzustellung im jeweiligen Netz von E-Plus, O2, T-Mobile und Vodafone.
Offen
Nr.
16
17
688 | Heun Offen
Die vier genannten GSM- bzw. UMTSNetzbetreiber
Nein
Offen
Beträchtliche Marktmacht
Marktanalyse, wirksamer Wettbewerb
In 2006 noch nicht definiert. Abhängig von geplanter RoamingVerordnung der EU.
Marktanteil jeweils 100 % pro Mobilfunknetzbetreiber. Strittig, ob Endkunden ausgleichende Nachfragemacht durch Wettbewerbsdruck erzeugen.
Bemerkungen
Offen
DE/ 2005/ 249
EU
Offen
BK4c-06-001 (bis 004)/R, BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006
Status: final (Regulierungsverfügung)
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 148/2005; ABl. Nr. 12/2005;
Mitteilung. Nr. 65/2005, ABl. Nr. 06/2005;
BNetzA
Fundstellen/Az./Status
G Rz. 191 Verfahren der Marktregulierung
Die netzweiten Märkte der Unternehmen
18
im restlichen Bundesgebiet.
– Baden-Württemberg, – Hessen und Nordrhein-Westfalen, sowie
Die Märkte für die Belieferung von NE 4Clustern ≤ 500 Wohneinheiten mit Rundfunksignalen durch Kabelnetzbetreiber einer vorgelagerten Ebene (Signallieferungsmarkt) in den Gebieten
mitsamt der jeweils verbundenen Unternehmen (§ 3 Nr. 29 TKG) für die analoge und digitale Einspeisung von Rundfunksignalen in ihre Breitbandkabelnetze (Einspeisemärkte). Soweit nicht aufgeführte Unternehmen derzeit oder künftig ebenfalls Einspeiseleistungen in eigene Netze anbieten, begründen auch sie einen netzweiten Markt.
– ewt GmbH, – Kabel Baden-Württemberg GmbH & Co (KBW), – Kabel Deutschland GmbH (KDG), – Kabelfernsehen München ServiCenter GmbH & Co. KG, – NetCologne GmbH, – PrimaCom AG und – Unity Media GmbH (UM),
Marktdefinition BNetzA
Nr.
Nein
Teilweise Nein
Marktanalyse, wirksamer Wettbewerb
KBW, KDG und UM
KBW, KDG und UM
Beträchtliche Marktmacht
Marktanteile jeweils > 90 %
Für die übrigen Netzbetreiber sieht BNetzA wettbewerbliche Einspeisemärkte.
Marktanteil jeweils 100 % pro Breitbandkabelnetzbetreiber.
Bemerkungen
DE 2006 469
EU
BK3b-06-013-017/R, Mitteilung Nr. 268/2007, ABl. Nr. 8/2007.
Status: final (Regulierungsverfügung).
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 190/2006; ABl. Nr. 11/2006
Mitteilung. Nr. 73/2006, ABl. Nr. 04/2006;
BNetzA
Fundstellen/Az./Status
Marktanalyse Rz. 191 G
Heun | 689
Nr.
690 | Heun
Der nationale Markt für die Bereitstellung von terrestrischen Sendeanlagen für die Übertragung analoger UKW-Hörfunksignale gegenüber Inhalteanbietern.
im restlichen Bundesgebiet. Nein
T-Systems
n/a
Ja
Die Märkte für die Belieferung von NE 4Clustern > 500 Wohneinheiten mit Rundfunksignalen durch Kabelnetzbetreiber einer vorgelagerten Ebene (Signallieferungsmarkt) in den Gebieten
– Baden-Württemberg, – Hessen und Nordrhein-Westfalen, sowie
Beträchtliche Marktmacht
Marktanalyse, wirksamer Wettbewerb
Marktdefinition BNetzA
Marktanteil > 90 %
Marktanteile jeweils > 90 %, indes sieht BNetzA hier keine Möglichkeit, sich vom Wettbewerb unabhängig zu verhalten, weil die Nachfrager hier auf eigene Satellitenanlagen ausweichen könnten.
Bemerkungen EU
BNetzA
Fundstellen/Az./Status
G Rz. 191 Verfahren der Marktregulierung
Marktanalyse
Rz. 193 G
8.3 Behandlung von Problemen bei der Marktdatenerhebung durch die BNetzA und EU-Kommission Die Marktdefinition und Marktanalyse für die Märkte Nr. 13 und 14 (Abschluss- und Fernübertragungssegmente von Mietleitungen) hat ein Problem aufgezeigt, dass insbesondere auf der tatsächlichen Ebene der vorhandenen Marktdaten liegen kann. Dort hatte die BNetzA ursprünglich trotz Abgrenzung der beiden Märkte sowie einer jeweils weiteren Segmentierung nach Übertragungsraten bis zu 2 Mbit/s und oberhalb von 2 Mbit/s keine separaten und differenzierten Marktdaten für die somit zu analysierenden vier Märkte zur Verfügung. Sie hat daher die gesamten Marktanteile in Bezug auf die Übertragungsratendifferenzierung sowohl auf die Abschlusswie auch auf die Fernübertragungssegmente bezogen. Hieran hat die EUKommission zu Recht ernsthafte Zweifel geäußert, u. a. weil dies entgegen den europarechtlichen Vorgaben1 dazu führe, dass nicht jeder einzelner Markt analysiert werde2.
192
Zudem hatte die BNetzA die Schwierigkeit, selbst bzw. über die Marktteilnehmer hinreichende Daten zu erheben, weil die durch die Märkteempfehlung vorgegebene Teilmarktbetrachtung nach Abschluss- und Fernübertragungssegmenten (siehe oben Rz. 167 ff.) offensichtlich für die Erhebung differenzierter Daten Schwierigkeiten bereitet. Dies wiederum liegt insbesondere an der bisherigen Angebotsstruktur für Mietleitungen, welche die Einordnung der am Markt vorhandenen Produkte anhand der Teilmärkte erschwert. Auch dies hat die EU-Kommission bemängelt3. Die damit aufgeworfene Problematik steht mit der ordnungspolitischen Frage der regulierungsspezifischen Marktdefinition (siehe oben Rz. 129, 165) in Zusammenhang. Denn dort, wo Märkte zu untersuchen sind, die in dieser Form national (noch) nicht vorhanden sind, ist es naturgemäß schwierig, entsprechend abgegrenzte Daten zu erheben. Allerdings enthebt dies die BNetzA nicht von ihrer Aufgabe, Marktdefinition und Marktanalyse durchzuführen und hierfür ggf. die Instrumente einzusetzen, die sich aus ihren Informationsrechten nach § 127 TKG ergeben. Daher ist es folgerichtig, dass die BNetzA den betroffenen Entwurf für Marktdefinition und Marktanalyse zurückgezogen und für den erneuten Entwurf weitere Ermittlungen vorgenommen4 hat.
193
_______________
1 Siehe Absatz Nr. 19 der Kommissionsleitlinien. 2 Siehe Stellungnahme der EU-Kommission v. 29.9.2006, SG-Greffe (2006) D/205459 (Az. DE 2006 0480/0481), S. 7 ff. 3 Siehe Stellungnahme der EU-Kommission v. 29.9.2006, SG-Greffe (2006) D/205459 (Az. DE 2006 0480/0481), S. 8 f. 4 Konsultationsentwurf der BNetzA, Abschluss- und Fernübertragungssegmente von Mietleitungen, Märkte Nr. 13 und 14 der Empfehlung 2003/311/EG, BNetzA Mitteilung Nr. 129/2007, ABl. Nr. 5/2007, S. 587 (594 f. = S. 7 f. des Entwurfs).
Heun | 691
G Rz. 194
Verfahren der Marktregulierung
8.4 Behandlung ausgleichender Nachfragemacht durch BNetzA und EU-Kommission 194
Wie aus den vorstehenden Tabellen ersichtlich, wendet die BNetzA den europarechtlichen Schwellenwert von 40 % Marktanteil (siehe oben Rz. 18, 98) als Ausgangspunkt für die Bestimmung beträchtlicher Marktmacht und damit das Fehlen wirksamen Wettbewerbs an. Gleichwohl hat die BNetzA in einigen Fällen trotz Überschreitung des Schwellenwerts (zunächst) angenommen, dass dennoch wirksamer Wettbewerb herrsche. Insbesondere hat sie sich dabei auf das Merkmal der ausgleichenden Nachfragemacht bezogen (siehe oben Rz. 111), die es verhindern kann, dass sich ein marktmächtiges Unternehmen unabhängig vom Wettbewerb und den Endnutzern verhält (siehe die obige Definition der beträchtlichen Marktmacht unter Rz. 92)
195
Konkret hatte die BNetzA im Konsultations- und Konsolidierungsverfahren für Markt Nr. 9 der Märkteempfehlung (Anrufzustellung in einzelnen öffentlichen Telefonnetzen an festen Standorten) trotz eines Marktanteils von 100 % bei jedem Teilnehmernetzbetreiber angenommen, dass im Falle der alternativen Netzbetreiber deren Marktmacht durch die ausgleichende Nachfragemacht der DTAG begrenzt sei. Dies sei bei einen strengen „Greenfield-Ansatz“, bei dem gar keine gegenseitige Zusammenschaltungspflicht bestehe, durch die freie Verweigerungsmöglichkeit einer Zusammenschaltung seitens der DTAG gegeben1. Bei einem modifizierten „Greenfield-Ansatz“ unter Annahme bestehender Zusammenschaltungspflichten folge die beträchtliche Marktmacht der alternativen Teilnehmernetzbetreiber aus der Zusammenschaltungspflicht selbst, so dass die Zusammenschaltungspflicht insgesamt unberücksichtigt bleiben müsse, um Zirkelschlüsse zu vermeiden2. Außerdem könne sich die DTAG auch bei Zusammenschaltungspflichten gegen überhöhte Preise zur Wehr setzen, wie die Entgeltregulierungsverfahren alternativer Netzbetreiber vor der RegTP gezeigt hätten3. Damit hat die BNetzA hier ein Problem angesprochen, dass mit dem bereits erwähnten Dilemma (oben Rz. 129) der Bewertung von Wettbewerb in Zusammenhang steht, wenn dieser Wettbewerb kausal auf Regulierungsmaßnahmen beruht. So liegt der Fall hier, weil der Wettbewerb auf den Terminierungsmärkten nicht unabhängig von den gegenseitigen Verpflichtungen zur Zusammenschaltung und damit konkret der Zusammenschaltungspflicht der DTAG betrachtet werden kann, die im Ergebnis _______________
1 Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 15.2.2005, Zuführungs-, Terminierungs- und Transitleistungen im öffentlichen Festtelefonnetz, Märkte Nr. 8–10 der Empfehlung der 2003/311/EG (Az. DE 2005 143-145), S. 103 f. 2 Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 15.2.2005, Zuführungs-, Terminierungs- und Transitleistungen im öffentlichen Festtelefonnetz, Märkte Nr. 8–10 der Empfehlung der 2003/311/EG (Az. DE 2005 143-145), S. 106 f. 3 Notifizierungsentwurf der BNetzA v. 15.2.2005, Zuführungs-, Terminierungs- und Transitleistungen im öffentlichen Festtelefonnetz, Märkte Nr. 8–10 der Empfehlung der 2003/311/EG (Az. DE 2005 143-145), S. 107 ff.
692 | Heun
Marktanalyse
Rz. 196 G
wiederum auf deren marktbeherrschender Stellung beruht1. Zwar liegt hier eigentlich eine umgekehrte Betrachtung vor, weil es nämlich um die Bewertung ausgleichender Nachfragemacht innerhalb der Prüfung beträchtlicher Marktmacht geht. Indes ist das Problem das Gleiche, wenn die etwaige ausgleichende Nachfragemacht ihrerseits auf einer marktbeherrschenden Stellung beruht und damit die Frage aufwirft, ob Beschränkungen dieser Nachfragemacht berücksichtigt werden müssen oder nicht. Aus Sicht der BNetzA ist dies nicht der Fall, weil die Zusammenschaltungspflicht der DTAG gerade die Marktmacht der alternativen Teilnehmernetzbetreiber kausal begründen würde. Die marktmachtbegründende Zusammenschaltungspflicht der DTAG zugunsten der alternativen Teilnehmernetzbetreiber hebt sozusagen (wie beim „Wegkürzen“ in einer Bruchrechnung) die Berücksichtigung eben dieser Zusammenschaltungspflicht als Begrenzung der ausgleichenden Nachfragemacht auf. Übrig bleibt dann nur die Marktmacht auf der einen Seite und die ausgleichende Nachfragemacht auf der anderen Seite. Die EU-Kommission hat sich im Konsolidierungsverfahren im Wege der Äußerung ernsthafter Zweifel an der Vereinbarkeit des betreffenden Marktanalyseentwurfs der BNetzA mit Gemeinschaftsrecht (siehe dazu oben Rz. 45) auf den Standpunkt gestellt, dass weder der strikte noch der modifizierte Greenfield-Ansatz der BNetzA ausreichend berücksichtigt, dass die Nachfragemacht der DTAG durch die ihrerseits bestehende bzw. künftig auferlegte Zusammenschaltungspflicht begrenzt und daher nicht berücksichtigungsfähig sei2. Die beträchtliche Marktmacht der alternativen Teilnehmernetzbetreiber beruhe dagegen nicht auf der Zusammenschaltungspflicht (der DTAG) sondern auf deren praktischer Monopolstellung in Bezug auf die Terminierung von Verbindungen im eigenen Netz3. Daraus folgt, dass die Zusammenschaltungspflicht der DTAG weiterhin zu berücksichtigen ist und damit die vermeintlich ausgleichende Nachfragemacht deutlich begrenzt. Da die BNetzA ihren Marktanalyseentwurf daraufhin innerhalb der zweimonatigen Frist (siehe oben Rz. 45) nicht änderte oder zurückzog, erfolgte mit gleicher Begründung seitens der EU-Kommission eine VetoEntscheidung4. Erst daraufhin hat die BNetzA ihre Marktanalyse angepasst und die marktbeherrschende Stellung jedes einzelnen Teilnehmernetzbetreibers angenommen5. _______________
1 Zwar war diese Pflicht zum Zeitpunkt von Konsultations- und Konsolidierungsverfahren noch nicht auferlegt, allerdings war dies seitens der BNetzA angekündigt (und ist auch so eingetreten). 2 Siehe Stellungnahme der EU-Kommission v. 11.3.2005, SG-Greffe (2005) D/201075 (Az. DE 2005 144), S. 4 ff. 3 Siehe Entscheidung der EU-Kommission v. 15.5.2005 – C (2005) 1442 final (zu Az. DE 2005 144), Absätze Nr. (31) und (32). 4 Siehe Entscheidung der EU-Kommission v. 15.5.2005 – C (2005) 1442 final (zu Az. DE 2005 144), Absätze Nr. (17) ff. 5 Siehe Konsolidierungsentwurf der BNetzA v. 29.8.2005, Terminierungsleistungen alternativer Teilnehmernetzbetreiber im öffentlichen Festtelefonnetz, Markt Nr. 9 der Empfehlung 2003/311/EG (Az. DE 2005 239).
Heun | 693
196
G Rz. 197
Verfahren der Marktregulierung
197
Die Sichtweise der Kommission ist zutreffend. Zwar leuchtet die Argumentation der BNetzA auf den ersten Blick durchaus ein. Allerdings werden Erwägungen auf der tatsächlichen und rechtlichen Ebene in einer Weise vermischt, die den Blick für den tatsächlichen Ausgangspunkt verstellt. Im Ausgangspunkt eines strengen Greenfield-Ansatzes besteht aufgrund der Monopolstellung im eigenen Netz für jeden Teilnehmernetzbetreiber auf der tatsächlichen Ebene beträchtliche Marktmacht. Diese Marktmacht würde wiederum auf der tatsächlichen Ebene im Verhältnis zur DTAG sowie im Verhältnis der Teilnehmernetzbetreiber untereinander durch ausgleichende Nachfragemacht beschränkt. Im Verhältnis zur DTAG dadurch, dass diese aufgrund ihrer überragenden Stellung im Bereich der Teilnehmeranschlüsse (siehe oben Rz. 190) weniger auf eine Zusammenschaltung angewiesen wäre als die anderen Teilnehmernetzbetreiber. Im Verhältnis der Teilnehmernetzbetreiber untereinander, weil diese ein gemeinsames Interesse der gegenseitigen Erreichbarkeit ihrer Teilnehmer haben. Indes endet diese tatsächliche Kontrolle bereits im Verhältnis zwischen Teilnehmerund Verbindungsnetzbetreiber, weil Letztere gerade keine mit Teilnehmernetzbetreibern gleichgerichtete Interessenlage haben. Bereits dies lässt die BNetzA außer Acht. Das ist insbesondere deswegen folgenschwer, weil damit die Verbindungsnetzbetreiber nur über den marktmachtausgleichenden Nachfrager DTAG zur Terminierung in alternative Teilnehmernetze gelangen und damit die marktbeherrschende Stellung der DTAG im Bereich des Transits (siehe oben Rz. 191) perpetuiert wird.
198
Freilich – und dies verkennt auch die BNetzA nicht – lässt der strenge Greenfield-Ansatz die auf der rechtlichen Ebene bestehenden Rahmenbedingungen außer Acht. Dies führt zur Annahme eines modifizierten Greenfield-Ansatzes, bei dem die Zusammenschaltungspflicht der DTAG berücksichtigt wird, die auf der rechtlichen Ebene die ansonsten tatsächlich bestehende ausgleichende Nachfragemacht so erheblich begrenzt, dass das aus der Nachfragemacht resultierende und das Marktverhalten der alternativen Teilnehmernetzbetreiber kontrollierende Drohpotenzial nicht mehr existiert. Die BNetzA hat nun diese rechtliche Begrenzung der Nachfragemacht aus ihren Überlegungen (quasi mathematisch) „herauskürzt“ mit den Argumenten, dass einerseits ja bereits die beträchtliche Marktmacht des alternativen Teilnehmernetzbetreibers auf eben jener Zusammenschaltungspflicht beruhe und andererseits die Zusammenschaltungspflicht auf der rechtlichen Ebene auch durch kontrollierende Eingriffe der BNetzA bei der Regulierung der Entgelte der alternativen Teilnehmernetzbetreiber begrenzt sei. Dies verkennt, dass damit die Handlungsspielräume aller Beteiligten nicht auf der tatsächlichen, sondern auf der rechtlichen Ebene durch die BNetzA eingeschränkt sind. Marktmachtbegrenzend ist damit nicht etwa eine ausgleichende Nachfragemacht, sondern die Regulierung selbst. Außerdem muss dann freilich auch die Frage gestellt werden, auf welchen Beteiligten sich diese rechtliche Kontrolle stärker machtbegrenzend auswirkt, weil auf der tatsächlichen Ebene der ursprüngliche Befund einer marktbeherrschenden 694 | Heun
Marktanalyse
Rz. 199 G
Stellung des Teilnehmernetzbetreibers für die Terminierung in seinem Netz bestehen bleibt. Dies führt zu dem Ergebnis, dass sich Zusammenschaltungspflicht und diesbezügliche Kontrolle durch die BNetzA vornehmlich begrenzend auf die ansonsten tatsächlich bestehende Nachfragemacht der DTAG auswirken, die damit einhergehende Möglichkeit der Kontrolle der Entgelte der alternativen Teilnehmernetzbetreiber indes lediglich einen rechtlichen Reflex bedeutet. Die im tatsächlichen Ausgangspunkt bestehende beträchtliche Marktmacht des Teilnehmernetzbetreibers lässt dies aber unberührt. Im Kern heißt dies, dass es nicht um das Herauskürzen der Zusammenschaltungspflicht aus der Gleichung zwischen beträchtlicher Marktmacht und ausgleichender Nachfragemacht geht, sondern um das Streichen machtbegründender Faktoren. Auf der Seite der alternativen Teilnehmernetzbetreiber stehen dabei zwei Faktoren, nämlich die Monopolstellung im eigenen Netz für die Terminierung und die Zusammenschaltungspflicht der DTAG. Auf der Seite der DTAG steht indes lediglich die wegen der Zusammenschaltungspflicht begrenzte Nachfragemacht mit gewissen kontrollierenden Effekten in alle Richtungen (zur damit verbundenen Frage, ob eine Nachfrage- bzw. Abnahmeverpflichtung seitens der DTAG für Zusammenschaltungsleistungen der alternativen Teilnehmernetzbetreiber besteht, siehe H. Rz. 90 f.). Übrig bleibt damit lediglich die im tatsächlichen Ausgangspunkt bestehende beträchtliche Marktmacht der alternativen Teilnehmernetzbetreiber für die Terminierung in ihrem jeweiligen Netz.
8.5 Behandlung gemeinsamer Marktbeherrschung durch die BNetzA Im Rahmen des Konsultationsverfahrens für Markt Nr. 15 (Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobilfunknetzen) hat sich die BNetzA erstmals mit der Frage der gemeinsamen Marktbeherrschung befasst. Dies war notwendig, weil die BNetzA in Bezug auf den Teilmarkt für Leistungen von Mobilfunknetzbetreibern für Diensteanbieter (Service Provider) trotz hoher, die Marktbeherrschung indizierender Marktanteile seitens T-Mobile und Vodafone, keine Einzelmarktbeherrschung angenommen hat1. Schon dieses Ergebnis verwundert, weil die BNetzA an anderer Stelle feststellt, dass ausgleichende Nachfragemacht seitens der Diensteanbieter mangels effektiver Auswahlmöglichkeiten zwischen den Mobilfunknetzbetreibern nicht bestehe2. Die Annahme eines wirksamen Wettbewerbs zwischen den beiden größten Mobilfunknetzbetreibern in der Weise, dass diese sich nicht vom
_______________
1 Konsultationsentwurf der Marktanalyse im Bereich funknetzen, S. 58 ff. 2 Konsultationsentwurf der Marktanalyse im Bereich funknetzen, S. 66.
BNetzA v. 30.8.2006, Entwurf zur Marktdefinition und Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen MobilBNetzA v. 30.8.2006, Entwurf zur Marktdefinition und Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobil-
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G Rz. 200
Verfahren der Marktregulierung
Wettbewerb und Nachfragern unabhängig verhalten könnten1, ist daher fragwürdig. Die Ausführungen der BNetzA hierzu erscheinen schematisch, zumal die BNetzA selbst feststellt, dass es sich bei diesem Teilmarkt wegen der nach § 150 Abs. 4 TKG fortbestehenden Diensteanbieterverpflichtungen von T-Mobile, Vodafone und E-Plus um einen regulierungsinduzierten Markt handele2, der ohne diese Verpflichtungen womöglich nicht bestünde (siehe auch oben Rz. 129). 200
Mit Blick auf die Frage gemeinsamer Marktbeherrschung prüft die BNetzA ausführlich die drei Kriterien Marktstruktur, Markttransparenz und Gegenmaßnahmen (siehe oben Rz. 22) mit Blick auf ein etwaig unabgestimmtes Parallelverhalten von T-Mobile und Vodafone („tacit collusion“, siehe oben Rz. 21). Dabei kommt die BNetzA mit ausführlicher Begründung zwar dazu, dass die Marktstruktur zwar für eine gemeinsame Marktbeherrschung geeignet sei, es aber an der für ein unabgestimmtes Parallelverhalten notwendigen Transparenz der Marktbedingungen ebenso fehle, wie an effektiven Gegenmaßnahmen3. Allerdings wirkt die Prüfung auch hier schematisch. Denn abweichende Preismodelle und deren Unübersichtlichkeit für sich allein müssen nicht bedeuten, dass damit die für unabgestimmtes Parallelverhalten erforderliche Transparenz der Marktbedingungen entfällt.
9. Überprüfung von Marktdefinition und Marktanalyse 201
Nach § 14 TKG bestehen drei Anlässe, bisherige Marktdefinitionen und Marktanalysen auf Grund der §§ 10–12 TKG zu überprüfen: –
wenn der BNetzA Tatsachen bekannt werden, dass die bisherigen Festlegungen (bzw. Ergebnisse) nicht mehr den tatsächlichen Marktgegebenheiten entsprechen, § 14 Abs. 1, 1. Alternative TKG;
–
wenn sich die Märkteempfehlung geändert hat (siehe oben Rz. 6, 57 ff.), § 14 Abs. 1, 2. Alternative TKG;
–
alle zwei Jahre, § 14 Abs. 2 TKG.
Der dritte Fall bezieht sich auf die in Art. 7 Abs. 3 Zugangsrichtlinie und Art. 16 Abs. 3 Universaldienstrichtlinie enthaltene Pflicht der nationalen Regulierungsbehörden, regelmäßig zu überprüfen, ob Verpflichtungen bei_______________
1 Konsultationsentwurf der Marktanalyse im Bereich funknetzen, S. 60 f. 2 Konsultationsentwurf der Marktanalyse im Bereich funknetzen, S. 56 ff. 3 Konsultationsentwurf der Marktanalyse im Bereich funknetzen, S. 65 ff.
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BNetzA v. 30.8.2006, Entwurf zur Marktdefinition und Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen MobilBNetzA v. 30.8.2006, Entwurf zur Marktdefinition und Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen MobilBNetzA v. 30.8.2006, Entwurf zur Marktdefinition und Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobil-
Überprüfung von Marktdefinition und Marktanalyse
Rz. 203 G
behalten, geändert oder aufgehoben werden sollen (siehe oben Rz. 29). Er ist erstmalig für die Marktdefinition und Marktanalyse zu Markt Nr. 11 der Märkteempfehlung (TAL) zur Anwendung gelangt, ohne Veränderung der bisherigen Ergebnisse1. Der zweite Fall ergibt sich aus der Verpflichtung der nationalen Regulierungsbehörden, nach Art. 16 Abs. 1 Rahmenrichtlinie eine Marktanalyse sobald wie möglich nach der Verabschiedung oder Aktualisierung der Märkteempfehlung durchzuführen (siehe oben Rz. 27). Der erste Fall entspricht im Ergebnis der verwaltungsrechtlichen Praxis, Maßnahmen bei geänderter Tatsachenlage zu überprüfen und widerrufen zu können (z. B. § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG) und ist mit Blick auf die Marktentwicklungen auch sachgerecht. Auch wenn dies in § 14 Abs. 2 TKG nicht gesondert erwähnt ist, gilt für alle Überprüfungsfälle, dass die Regelungen der §§ 10 bis 13 TKG vollumfänglich anwendbar sind. Während im zweiten und dritten Fall die Überprüfung mit Aktualisierung der Märkteempfehlung bzw. nach Ablauf von zwei Jahren bei Eintritt dieser Ereignisse zwingend erfolgen müssen, beinhaltet der erste Fall die Notwendigkeit, dass –
der BNetzA Tatsachen bekannt werden,
–
die die Annahme rechtfertigen, dass die bisherigen Ergebnisse nicht mehr den Marktgegebenheiten entsprechen.
202
Die passive Formulierung in Bezug auf die Tatsachen bedeutet, dass die BNetzA hier keine laufende Ermittlungspflicht trifft. Indes war es schon unter dem TKG 1996 üblich, dass bei einem vergleichbaren amtswegigen Verfahren (§ 22 S. 1 VwVfG), wie etwa demjenigen unter § 30 Abs. 2 TKG 1996, die relevanten Tatsachen von interessierten Parteien beigebracht werden. Hinsichtlich der zweiten Voraussetzung müssen die Tatsachen so beschaffen sein, dass sie veränderte Ergebnisse bei einer erneuten Marktdefinition und Marktanalyse nahe legen. Dies erfordert allerdings keine vollumfängliche Prüfung, weil diese erst durch die erneute Marktdefinition und Marktanalyse erfolgen kann. Vielmehr muss es ausreichen, wenn die Tatsachen einen Anfangsverdacht für die Veränderung von Marktdefinition und/oder Marktanalyse begründen. Im Gesetzgebungsverfahren war erörtert worden, ob für § 14 TKG auch ein Antragsrecht vorgesehen werden sollte2. Dies wurde aber letztlich mit der Begründung verworfen, die BNetzA solle sich nicht mit einer großen Anzahl unbegründeter Anträge befassen müssen3 (siehe zu den damit in Zusammenhang stehenden Rechtsschutzfragen unten Rz. 247). _______________
1 Siehe BNetzA, Konsultationsentwurf Marktdefinition und Marktanalyse Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung v. 4.4.2007, BK1-06/003, BNetzA Mitteilung. Nr. 214/2007, ABl. Nr. 7/2007. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 111. 3 BT-Drucks. 15/2345, S. 2.
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G Rz. 204
Verfahren der Marktregulierung
10. Regulierungsverfügung 204
Abhängig vom Ergebnis der Marktdefinition und Marktanalyse entscheidet die BNetzA mittels Regulierungsverfügung gemäß § 13 Abs. 1 TKG schließlich, ob sie die in Teil 2 des TKG vorgesehenen Verpflichtungen auferlegt, ändert, beibehält oder widerruft. Dies steht zwar nicht explizit in § 13 Abs. 1 TKG, weil dort eigentlich nur darauf verwiesen wird, dass Konsultations- und Konsolidierungsverfahren entsprechend gelten (dazu oben Rz. 65 ff.), soweit die BNetzA Verpflichtungen aus dem in § 13 Abs. 1 und 3 TKG genannten Maßnahmenkatalog auferlegt, ändert, beibehält oder widerruft. Allerdings folgt dies aus dem Zusammenhang mit § 9 TKG, der in Absatz 2 fordert, dass Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht Maßnahmen nach Teil 2 des TKG auferlegt werden und in Absatz 1 anordnet, dass die Marktregulierung auf Märkten unterbleibt, auf denen wirksamer Wettbewerb besteht. Die Regulierungsverfügung ist dabei legaldefiniert als die Maßnahme, mit der die Verpflichtungen auferlegt, geändert, beibehalten oder widerrufen werden. Adressat der Regulierungsverfügung ist das bzw. sind die Unternehmen, für das bzw. die in der Marktanalyse beträchtliche Marktmacht festgestellt worden ist. Dazu gehören wegen § 3 Nr. 29 TKG auch verbundene Unternehmen, soweit sie auf dem betreffenden Markt tätig sind (siehe oben Rz. 117).
205
Auferlegung meint die erstmalige Auferlegung von Verpflichtungen. Änderung und Beibehaltung von Verpflichtungen sind als (zeitlich nachgeordnete) Unterfälle des Auferlegens zu sehen (§ 9 Abs. 2 TKG), der Widerruf als die Maßnahme in Form der Aufhebung einer Verpflichtung für den Fall, das wirksamer Wettbewerb besteht (§ 9 Abs. 1 TKG). Dementsprechend ist die Beibehaltung auch nicht mit der Fortgeltung von Verpflichtungen nach § 150 Abs. 1 und 4 TKG zu verwechseln. Denn dort wird die Fortgeltung von Verpflichtungen gesetzlich angeordnet. Bestätigt daher die BNetzA mittels Regulierungsverfügung eine fortgeltende Verpflichtung, handelt es sich um eine (erstmalige) Auferlegung i. S. v. § 13 Abs. 1 TKG. Bestätigt die BNetzA eine solche Altverpflichtung nicht, d. h. kann eine solche Verpflichtung wegen wirksamen Wettbewerbs oder veränderter Marktdefinition (siehe oben Rz. 156) nicht auferlegt werden, dann kann (nicht muss) nach der Rechtsprechung des BVerwG die Feststellung erfolgen, dass die Altverpflichtung erloschen ist, aber kein Widerruf erfolgt1. Damit ist freilich nicht beantwortet, ob das Erlöschen fortgeltender Verpflichtungen auch explizit festgestellt werden muss (dazu näher unten Rz. 224 ff.). Der in § 13 Abs. 1 TKG verwendete Begriff „widerruft“ ist jedenfalls nicht zu verwechseln mit dem Widerruf eines Verwaltungsakts nach § 49 VwVfG. Im ersten Fall geht _______________
1 Vgl. BVerwG, Urt. v. 14.2.2007 – 6 C 28.05, Rz. 27 ff. (S. 13 ff.) des amtlichen Umdrucks. Die Vorinstanz war noch der Meinung, dass hier in analoger Anwendung von § 13 Abs. 1 TKG ein Widerruf erfolgen könne: VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de, S. 3 f. unter Punkt 3.1.
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Regulierungsverfügung
Rz. 209 G
es um den Widerruf einer materiellen Verpflichtung, die ggf. neben anderen Verpflichtungen in einem Verwaltungsakt enthalten ist (oder gesetzlich vorgesehen war), durch Verwaltungsakt, im zweiten Fall um den Widerruf eines vorher bestehenden Verwaltungsakts (näher dazu Rz. 225 f.). Inhaltlich bezieht sich die Regulierungsverfügung auf die in § 13 Abs. 1 TKG genannten Verpflichtungen sowie implizit auf die nach § 150 Abs. 1 und 4 TKG fortgeltenden Verpflichtungen1. Die genannten Verpflichtungen sind: Diskriminierungsverbot (§ 19 TKG), Transparenzverpflichtung (§ 20 TKG), Zugangsverpflichtungen (§ 21 TKG), Getrennte Rechnungsführung (§ 24 TKG), Entgeltgenehmigungspflicht oder nachträgliche Entgeltregulierung (§§ 30, 39 Abs. 1 TKG), Vorlagepflicht für Endnutzerentgelte (§ 39 Abs. 3 TKG), Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl (§ 40 TKG), Mindestangebot von Mietleitungen (§ 41 TKG), bestimmte Maßnahmen der Besonderen Missbrauchsaufsicht (§ 42 Abs. 4 S. 3 TKG)2 sowie über den Verweis in § 13 Abs. 1 S. 3 TKG Maßnahmen nach § 18 TKG gegenüber Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze ohne beträchtliche Marktmacht, die den Zugang zu Endnutzern kontrollieren. Dies entspricht dem in Zugangs- und Universaldienstrichtlinie aufgeführten Maßnahmenkatalog (siehe oben Rz. 26).
206
Ausgenommen vom Anwendungsbereich der Regulierungsverfügung sind damit sonstige, in Teil 2 des Gesetzes vorgesehene Maßnahmen wie die Anordnungsbefugnisse der BNetzA im Rahmen der Entgeltregulierung (§ 29 TKG), Maßnahmen der nachträglichen Entgeltregulierung (§ 38 TKG), sonstige Maßnahmen der besonderen Missbrauchsaufsicht (§§ 42, 43 TKG). Diese Maßnahmen unterliegen damit nicht dem Konsultations- und Konsolidierungsverfahren, sondern den sonstigen anwendbaren Bestimmungen des TKG, insbesondere den §§ 116, 132 ff. TKG (siehe dazu auch C. und H.).
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Eine Besonderheit gilt nach § 13 Abs. 2 TKG erneut für den Fall länderübergreifender Märkte. Hier entscheidet die BNetzA einvernehmlich mit den betroffenen nationalen Regulierungsbehörden über die Auferlegung von Verpflichtungen.
208
10.1 Rechtliche Einordnung der Regulierungsverfügung Die Regulierungsverfügung ist ein Verwaltungsakt. Dies folgt bereits aus § 132 Abs. 1 S. 2 TKG, wonach Entscheidungen der Beschlusskammern u. a. nach Teil 2 des TKG als Verwaltungsakt ergehen. Die Bestimmung in § 13 Abs. 3 TKG, wonach die Entscheidungen in Bezug auf den dort aufgeführten Maßnahmenkatalog an Verpflichtungen gemeinsam mit den Ergebnissen von Marktdefinition und Marktanalyse als einheitlicher Verwaltungsakt ergehen, hat daher insoweit nur klarstellenden Charakter. Mit der Regulie_______________
1 BVerwG, Urt. v. 14.2.2007 – 6 C 28.05, Rz. 33 (S. 17) des amtlichen Umdrucks. 2 Aufgenommen durch das TKG-Änderungsgesetz vom 18.2.2007, BGBl. I, S. 106.
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209
G Rz. 209
Verfahren der Marktregulierung
rungsverfügung werden gegenüber einem oder mehreren betroffenen Unternehmen Verhaltensauflagen erteilt oder aufgehoben, so dass es hierdurch grundsätzlich um individuelle Verpflichtungen geht1. Bei genauer Betrachtung scheint es sich allerdings eher um abstrakt-individuelle als um konkret-individuelle Verpflichtungen2 zu handeln3. Diese Einordnung kommt der Regulierungsverfügung deswegen näher, weil sie inhaltlich Verpflichtungen beinhaltet, aufhebt oder ersetzt4, die eigentlich typischerweise in gesetzlichen Regelungen enthalten sind und waren5 (siehe auch oben Rz. 62). Ferner bestehen die auferlegten Verpflichtungen in einem wiederkehrenden Verhalten6, nämlich z. B. den zugangsberechtigten Unternehmen in jedem Fall der Nachfrage Zugang zu gewähren. Schließlich muss die Regulierungsverfügung im Zusammenhang mit den auf ihr aufsetzenden Maßnahmebefugnissen der BNetzA gesehen werden, wie insbesondere der Zugangsanordnung nach § 25 TKG7. Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, die inhaltliche Ausgestaltung der Verpflichtungen auf Regulierungsverfügung und Zugangsanordnung aufzuteilen, weil die in Art. 12 Abs. 1, 3. Unterabsatz Zugangsrichtlinie vorgesehene Möglichkeit, die Zugangsverpflichtungen mit Bedingungen in Bezug auf Fairness, Billigkeit und Rechtzeitigkeit zu verknüpfen, für die Zugangsanordnung in § 25 Abs. 5 TKG aufgenommen wurde, nicht aber in § 13 TKG. Dies wäre trotz des Hinweises auf Art. 5 Abs. 4 Zugangsrichtlinie in der Gesetzesbegründung zu § 25 TKG8 nicht erforderlich gewesen, weil Art. 5 Abs. 4 Zugangsrichtlinie u. a. auf Art. 20 Rahmenrichtlinie verweist, der durch das Streitbeilegungsverfahren in § 133 TKG umgesetzt worden ist9. Daher kann (nicht muss) aus systematischen Erwägungen die Regulierungsverfügung grundsätzlich Spielräume für die Zugangsanordnung vorsehen und muss (nicht kann) nur die genannten Bedingungen offen lassen10. Dies macht die Regulierungsverfügung aber auch nicht zu einer Allgemeinverfügung11, weil der Adressat in Person des Unternehmens mit beträchtlicher Marktmacht individualisiert _______________
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Vgl. auch Ellinghaus, MMR 2004, 294. Dazu Stelkens/Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 35 Rz. 82a. So aber Berl.KommTKG/Gurlitt, § 13 Rz. 15. Siehe § 150 Abs. 1 TKG. Wie etwa die Zusammenschaltungspflicht in §§ 36, 37 TKG 1996 gegenüber nunmehr § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG. Vgl. Stelkens/Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 35 Rz. 82a. Daneben kommt das Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG in Betracht. BT-Drucks. 15/2316, S. 66. Folglich wäre es nicht erforderlich gewesen, auf die genannten zusätzlichen Elemente bei den Zugangsverpflichtungen zu verzichten. Die BNetzA scheint dagegen aus der Systematik eher eine generelle Anforderung zu folgern, die Regulierungsverfügung nur wenig zu detaillieren, vgl. etwa BNetzA, Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang, Beschl. v. 13.9.2006 – BK 4a-06-039/R, S. 19 f., BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717 (2736 f.). So aber Mayen, CR 2005, 22.
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Regulierungsverfügung
Rz. 212 G
ist. Wegen des dauerhaften Verpflichtungscharakters ist die Regulierungsverfügung zudem als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung1 anzusehen. 10.2 Bestimmtheit der Regulierungsverfügung Mit dem vorstehenden Ergebnis verbunden ist allerdings das in der Praxis bereits aufgekommene Problem, ob die Regulierungsverfügungen der BNetzA hinreichend detailliert sind. Damit ist zum einen die Frage angesprochen, ob die Regulierungsverfügung im Sinne von § 37 Abs. 1 VwVfG hinreichend bestimmt ist. Zum anderen die Frage, ob sich aus den (europarechtlichen) Vorgaben in den Bestimmungen des Maßnahmenkatalogs in § 13 Abs. 1 und 3 TKG eine Verpflichtung der BNetzA ergibt, die Regulierungsverfügung stärker zu detaillieren.
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Die (europarechtlichen) Vorgaben in den Bestimmungen des Maßnahmenkatalogs in § 13 Abs. 1 und 3 TKG enthalten allerdings keine Verpflichtung, die Regulierungsverfügung in besonderer Weise zu detaillieren. Auf europarechtlicher Seite kann die betreffende Zugangsverpflichtung nach Art. 12 Abs. 1, 3. Unterabsatz Zugangsrichtlinie zwar mit Bedingungen in Bezug auf Fairness, Billigkeit und Rechtzeitigkeit verknüpft werden. Dies ist aber wie bereits erwähnt (oben Rz. 209) vom Gesetzgeber nicht in § 13, sondern in § 25 TKG umgesetzt worden. Auch sind technische oder betriebsbezogene Bedingungen denkbar, aber nicht verpflichtend2.
211
Was den Bestimmtheitsgrundsatz angeht, so ist zu berücksichtigen, dass die Regulierungsverfügung keinen unmittelbar vollstreckbaren Inhalt benötigt, gerade weil derartige Inhalte z. B. durch die Zugangsanordnung nach § 25 TKG festgelegt werden können. Auch reicht es aus, wenn der Inhalt der Regulierungsverfügung bestimmbar ist3. Andererseits muss die Regulierungsverfügung in Bezug auf ihren Regelungsinhalt bzw. das durch sie auferlegte Verhalten vollständig, klar und unzweideutig sein4, zumal Verstöße gegen die Zugangspflicht z. B. durch Bußgelder (§ 149 Abs. 1 Nr. 5 TKG) auch geahndet werden. Dies bedeutet, dass die Regulierungsverfügung zwar in Bezug auf die konkrete Umsetzung ausfüllungsbedürftig sein darf, sie muss aber dennoch die Verpflichtung eindeutig bestimmen5. Dies wird inhaltlich weitgehend durch die Formulierung der auferlegbaren Verpflichtungen entsprechend dem Maßnahmenkatalog in § 13 Abs. 1 und 3 TKG vorgegeben, hat aber auch seine Tücken im Einzelfall. Dies soll an einem Beispiel verdeutlicht werden. So ist etwa im Zusammenhang mit der Regulierungsver-
212
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Dazu Stelkens/Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 35 Rz. 149 ff. Siehe Erwägungsgrund (19) a. E. der Zugangsrichtlinie. Vgl. Stelkens/Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 37 Rz. 12. Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 37 Rz. 5. Ebenso Mayen, CR 2005, 24.
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G Rz. 213
Verfahren der Marktregulierung
fügung für den IP-Bitstrom-Zugang1 die Frage aufgetaucht, ob die in Ziffer 1.1 der Verfügung enthaltene Bestimmung, wonach der Datenstrom über das Konzentratornetz zu den PoP (Points of Presence) des IP-Kernnetzes des verpflichteten Unternehmens transportiert wird2, wo er dem nachfragenden Unternehmen übergeben wird, bedeutet, dass der Zugang nur gewährt werden muss, wenn vom nachfragenden Unternehmen alle vorhandenen PoP erschlossen werden, oder ob die Erschließung einzelner PoP ausreicht3. Dies hat im Konsolidierungsverfahren zu einer Klarstellung seitens der BNetzA gegenüber der EU-Kommission geführt. Hierzu ist zu sagen, dass nur infolge der Klarstellung wirklich unzweideutig erkennbar ist, dass die Pflicht zur Zugangsgewährung auch dann besteht, wenn das nachfragende Unternehmen nicht sämtliche PoP erschließen will, also insoweit kein Recht zur Zugangsverweigerung besteht. Daher leidet nach der hier vertretenen Auffassung die diesbezügliche Regulierungsverfügung an nicht hinreichender Bestimmtheit. Freilich ist ein solcher Mangel durch Klarstellung heilbar4. 213
Ein umgekehrtes Problem der Bestimmtheit besteht in der erwähnten Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang5 darin, dass die zugrunde liegende Marktdefinition (siehe oben Rz. 159) den Markt mit der Übergabe des Datenstroms auf verschiedenen Netzebenen anspricht, die Regulierungsverfügung aber eine Netzebene, nämlich die PoP des IP-Kernnetzes festzulegen scheint. Damit verengt die BNetzA möglicherweise den definierten Markt durch die Regulierungsverfügung. Dabei geht es um die Frage, ob eine bundesweite Übergabe von IP-Verkehr nur dann geschuldet bzw. auferlegt ist, wenn alle für den Zugang vorhandenen PoP erschlossen werden oder ob auch hierfür ein einziger PoP ausreicht. Technisch gesehen geht es um die Unterscheidung der Verkehrsübergabe am parent PoP oder am distant PoP6. Unklar ist, ob unter „PoP des IP-Kernnetzes“ im Sinne von Ziffer I.1.1 der Regulierungsverfügung die an dessen Eingang stehenden parent PoP gemeint sind7 oder ob auch der Transport im IP-Kernnetz zum distant PoP _______________
1 BNetzA, Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang, Beschl. v. 13.9.2006 – BK 4a-06-039/R, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717. 2 Es geht um die derzeit 73 Breitband-PoP der DTAG. 3 Siehe Stellungnahme der EU-Kommission im Rahmen der Notifizierung der Abhilfemaßnahmen der BNetzA für IP-Bitstromzugang v. 21.8.2006, SG-Greffe (2006) D/204686 (Az. DE 2005 457), S. 3. 4 Stelkens/Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 37 Rz. 31a ff. 5 BNetzA, Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang, Beschl. v. 13.9.2006 – BK 4a-06-039/R, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717. 6 Siehe dazu die Marktdefinition im Anhang zu BNetzA, Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang, Beschl. v. 13.9.2006 – BK 4a-06-039/R, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717 (2778); anschaulicher noch: Konsultationsentwurf der BNetzA zur Marktanalyse Breitband-Zuführung v. 30.8.2006, BK1-05/004, BNetzA Mitteilung. Nr. 301/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2619 (2653). Erst daraus ergibt sich, dass die 73 Breitband-PoP der DTAG als parent PoP anzusehen sind. 7 So das Verständnis der DTAG in ihrem Standardangebot.
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Regulierungsverfügung
Rz. 214 G
umfasst wird. Da die betreffende Marktdefinition und Marktanalyse für den Bitstrom-Zugang1 im Gegensatz zu derjenigen für die Breitband-Zuführung2 die beträchtliche Marktmacht für die Übergabe auf beiden Netzebenen (also parent und distant PoP) festlegt, wird die Regulierungsverfügung daher auch so verstanden werden müssen, dass die Verkehrsübergabe auch am distant PoP auferlegt worden ist. Hier werden das Verfahren über die ebenfalls auferlegte Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Standardangebots3 sowie etwaige Anordnungsverfahren zeigen müssen, wie die BNetzA auf die Nachfragen der Wettbewerber nach Netzübergängen auf anderen Netzebenen als den bislang angebotenen reagiert. 10.3 Feststellungswirkung der Regulierungsverfügung Nach § 13 Abs. 3 TKG ergeht die Entscheidung über die Maßnahmen aus dem Maßnahmenkatalog gemeinsam mit den Ergebnissen der Marktdefinition und Marktanalyse als einheitlicher Verwaltungsakt. Damit werden zwei Akte des gestuften Verwaltungsverfahrens (siehe oben Rz. 64) der Marktregulierung zusammengefasst. Dies hat zwar zur Folge, dass Marktdefinition und Marktanalyse nicht selbständig anfechtbar sind (dazu näher unten Rz. 232 ff.), bedeutet aber nicht, dass Marktdefinition und Marktanalyse lediglich so genannte Realakte wären4. Mit der Bestimmung des relevanten Marktes (§ 10 Abs. 2 TKG) sowie der Feststellung, dass wirksamer Wettbewerb nicht besteht und welche Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen (§ 11 Abs. 3 TKG) ist eine eigenständige Regelungswirkung verbunden. Aufgrund dieser Feststellung unterliegt das betreffende Unternehmen nämlich unabhängig von etwa auferlegten Verpflichtungen durch die Regulierungsverfügung wegen § 9 Abs. 1 TKG der besonderen Missbrauchsaufsicht des § 42 TKG (siehe oben Rz. 60) sowie ggf. der nachträglichen Entgeltregulierung (§§ 30, 38, 28, insbesondere § 30 Abs. 3 TKG) für den relevanten Markt. Ebenso wirkt sich die Feststellung auch auf die zivilrechtlichen Ansprüche des § 44 TKG sowie die Fortgeltung von Verpflichtungen nach § 150 Abs. 1 TKG aus (siehe auch unten Rz. 227). Die „Festlegungen“ nach §§ 10 und 11 TKG entsprechend der Formulierung in § 132 Abs. 4 S. 2 TKG mögen daher zwar keine „Entscheidungen“ im Sinne von § 132 Abs. 1, 135 TKG sein, wie dies von der Rechtsprechung so gese_______________
1 Marktdefinition und Marktanalyse im Anhang zu BNetzA, Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang, Beschl. v. 13.9.2006 – BK 4a-06-039/R, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717 (2778, 2811, 2837, 2849 f.). 2 Konsultationsentwurf der BNetzA zur Marktanalyse Breitband-Zuführung v. 30.8. 2006, BK1-05/004, BNetzA Mitteilung. Nr. 301/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2619 (2652 f., 2663, 2673, 2694 f.). 3 Dieses hat die BNetzA unter dem Aktenzeichen BK3a-06/045 am 14.12.2006 eröffnet. 4 So aber Berl.KommTKG/Gurlitt, § 12 Rz. 50, § 13 Rz. 37 und Scherer, NJW 2004, 3004.
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G Rz. 215
Verfahren der Marktregulierung
hen wird1. Gleichwohl werden dort Feststellungen getroffen, die rechtliche Wirkungen entfalten, so dass man hier von feststellenden Verwaltungsakten sprechen muss2. Dies wird auch durch die Praxis der BNetzA verdeutlich, wenn sie dem Entscheidungstenor einer Regulierungsverfügung, mit dem Verpflichtungen auferlegt oder widerrufen werden, die Festlegungen aus Marktdefinition und Marktanalyse voranstellt und in der Begründung auf die in einer Anlage beigefügte Marktdefinition und Marktanalyse verweist3. Wegen § 13 Abs. 3 TKG ist die Regulierungsverfügung daher ein Verwaltungsakt, der aus einem feststellenden Teil und einem gestaltenden Teil besteht. Ersterer wird bestimmt und begründet durch die Marktdefinition und Marktanalyse, letzterer durch die Entscheidungen, welche die BNetzA aufgrund von § 13 Abs. 1 und 3 TKG i. V. m. dem dort genannten Maßnahmenkatalog trifft und begründet. 215
Problematisch an der Regelung in § 13 Abs. 3 ist, dass dort auch die Entscheidung nach § 18 TKG, der keine beträchtliche Marktmacht voraussetzt, einheitlich mit Marktdefinition und Marktanalyse ergehen soll. Dies kann zwar dann der Fall sein, wenn die Marktanalyse das Bestehen wirksamen Wettbewerbs ergibt, aber dennoch Verpflichtungen nach § 18 TKG auferlegt werden sollen. Würde man indes die Auferlegung einer Verpflichtung nach § 18 TKG immer auch eine vorausgehende Marktdefinition und Marktanalyse verlangen, liefe § 18 TKG sowie die in § 9 Abs. 3 TKG diesbezüglich explizit vorgesehene Ausnahme leer. Ein Blick auf die europarechtlichen Vorgaben zeigt, dass die korrespondierende Regelung aus Art. 5 Abs. 1 lit. a) Zugangrichtlinie hinsichtlich der geplanten Maßnahmen zwar dem Konsolidierungsverfahren unterliegt (siehe oben Rz. 37), nicht aber der Marktanalyse (siehe oben Rz. 28). Daher wird man in europarechtskonformer Auslegung von § 13 Abs. 3 TKG nicht fordern können, dass im Falle des § 18 TKG eine Marktdefinition und Marktanalyse vorauszugehen hat und eine entsprechende Feststellungswirkung der Regulierungsverfügung erforderlich ist. 10.4 Parameter für die Regulierungsverfügung, insbesondere für den Bereich der Entgeltregulierung
216
Die Vorgaben für die Regulierungsverfügung nach dem TKG sind wie die europarechtlichen Vorgaben (siehe oben Rz. 29) mehrgestaltig. Stellt die _______________
1 VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de, S. 4 unter Punkt 3.2.2. Offen gelassen: BVerwG, Urt. v. 14.2.2007 – 6 C 28.05, Rz. 34 (S. 18) des amtlichen Umdrucks. 2 In diesem Sinne VG Köln, Beschl. v. 5.2.2007 – 21 L 1591/06, Absatz Nr. 28 f. sowie VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 20 und Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 23, jeweils über www.justiz.nrw.de. 3 Siehe etwa die Regulierungsverfügung der BNetzA zur Teilnehmeranschlussleitung, Beschl. v. 20.4.2005 – BK 4-04-075/R, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005 v. 20.4.2005, S. 578 (579 f., 586).
704 | Heun
Regulierungsverfügung
Rz. 217 G
BNetzA im Rahmen der Marktanalyse nach § 11 TKG fest, dass kein wirksamer Wettbewerb besteht, hat sie kein Entschließungsermessen dahingehend, ob überhaupt eine Verpflichtung auferlegt wird1. Denn § 9 Abs. 2 TKG verlangt, dass Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht Maßnahmen nach Teil 2 des TKG auferlegt werden. Zwar sind ebenso Verpflichtungen aufzuheben bzw. zu widerrufen, wenn die Marktanalyse ergibt, dass wirksamer Wettbewerb auf dem relevanten Markt besteht. Denn § 9 Abs. 1 TKG bestimmt, dass die Marktregulierung nur erfolgt, wenn kein wirksamer Wettbewerb vorliegt. Hiervon besteht nach § 9 Abs. 3 TKG mit Blick auf die Regelung in § 18 TKG allerdings eine Ausnahme. Daher ist in diesem Fall das Entschließungsermessen der BNetzA nicht vollständig aufgehoben, aber eng begrenzt. Allerdings hat die BNetzA grundsätzlich ein Auswahlermessen dahingehend, welche Maßnahmen sie aus dem Maßnahmenkatalog des § 13 Abs. 1 und 3 TKG auferlegt, beibehält, ändert oder widerruft. Dies folgt aus dem Vorhandensein eines Maßnahmenkatalogs. Bei der Auswahl der Maßnahmen hat die BNetzA § 40 VwVfG und damit insbesondere das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu wahren. Allerdings reicht es aus, wenn die BNetzA sich für eine einzige Maßnahme entscheidet. Die weiteren inhaltlichen Parameter für die Maßnahmeentscheidung ergeben sich aus den Bestimmungen des Maßnahmenkatalogs selbst (siehe dazu H., Rz. 132 ff.). Neben Zugangs- und Endnutzerverpflichtungen sind dabei in § 13 Abs. 1 und 3 TKG auch die Vorschriften der Entgeltregulierung von Vorleistungen (§ 30 TKG) und von Endnutzerleistungen (§ 39 TKG) erwähnt, die keine besonderen Parameter vorzusehen scheinen. Diese Systematik entspricht zwar den europarechtlichen Vorgaben, weil nach Art. 13 Zugangsrichtlinie auch für Verpflichtungen im Bereich der Entgeltregulierung die Auferlegung durch die nationale Regulierungsbehörde vorgesehen ist. Allerdings deutet der Wortlaut von § 30 TKG in eine andere Richtung2. Die Formulierungen sind so gewählt, dass die Entgeltgenehmigungspflicht oder die nachträgliche Entgeltregulierung unmittelbar und jeweils alternativ aus dem Gesetz folgt. Lediglich die Abweichung von der gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolge bedarf einer „Auferlegungsentscheidung“ durch die BNetzA, wenn eine solche Abweichung vorgesehen ist. Dies müsste eigentlich zur Folge haben, dass die Regulierungsverfügungen der BNetzA nur dort eigenständige Regelungswirkung (d. h. Verwaltungsaktcharakter) haben3, wo nicht lediglich die unmittelbare gesetzliche Folge (deklaratorisch) festgestellt wird, so etwa wenn nach § 30 Abs. 1 S. 2 TKG nicht die gesetzliche Rechtsfolge der Ent_______________
1 Dies kann als allgemeine Auffassung bezeichnet werden, die auch von der BNetzA selbst geteilt wird. 2 Daher hat die EU-Kommission zu Recht wegen § 30 TKG ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland angestrengt: Vertragsverletzung Nr. 2004-2221, siehe die mit Gründen versehene Stellungnahme der EU-Kommission vom 12.4.2005 C(2005) 1196. 3 Dazu Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 35 Rz. 12, 51 ff.
Heun | 705
217
G Rz. 217
Verfahren der Marktregulierung
geltgenehmigungspflicht für sämtliche nach § 21 TKG auferlegte Zugangsverpflichtungen greifen, sondern ausnahmsweise die nachträgliche Entgeltregulierung „auferlegt“ werden soll. An dieser Systematik ändert auch der mit dem TKG-Änderungsgesetz neu gefasste § 30 Abs. 3 S. 2 TKG nichts, wenngleich damit die BNetzA eine zusätzliche Möglichkeit erhält, in ungebundenem Ermessen von der Regel zu § 30 Abs. 1 S. 1 TKG abzuweichen1. Selbst wenn man hierin einen feststellenden Verwaltungsakt sehen wollte2, ist zu beachten, dass der Gesetzgeber in § 30 TKG keine Lücke beabsichtigt hat. Vielmehr soll entweder unmittelbar die Entgeltgenehmigungspflicht gelten (§ 30 Abs. 1 S. 1 TKG), von der ausnahmsweise eine abweichende Entscheidung durch die BNetzA zur Auferlegung der nachträglichen Entgeltregulierung getroffen werden kann (§ 30 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 2 TKG) oder unmittelbar die nachträgliche Entgeltregulierung gelten (§ 30 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 und Abs. 4 TKG), gegenüber der ausnahmsweise die Entgeltgenehmigungspflicht auferlegt werden darf (§ 30 Abs. 3 S. 1 TKG). Die Auferlegungspraxis der BNetzA, bei der auch die automatische Folge tenoriert wird, nicht aber die Ablehnung der ggf. geprüften Ausnahme, ist insoweit nicht klar einzuordnen3. Die Rechtsprechung des VG Köln geht jedenfalls auch bei der Feststellung der unmittelbaren gesetzlichen Rechtsfolge von einer angreifbaren Auferlegung durch die BNetzA aus, indem sie die Anfechtung der Auferlegung der Entgeltgenehmigungspflicht auf Basis von § 30 Abs. 1 S. 1 TKG zulässt.4 Dies verkennt die vorstehend dargestellte Systematik und führt dazu, dass bei Aufhebung der Regulierungsverfügung in Bezug auf die unmittelbare gesetzliche Rechtsfolge eine rückwirkende Anordnung der Ausnahme, die dann ja richtigerweise aufzuerlegen gewesen wäre, nicht mehr in Betracht kommt5. Es tritt somit eine Lücke ein, die vom Gesetzgeber nicht intendiert war, weil dann die betreffende Zugangsleistung bis zu einer erneuten Entscheidung der BNetzA den Entgeltregulierungsvorschriften des TKG gar nicht unterläge. Dies hat auch Auswirkungen auf den Rechtsschutz, der in den Fällen nicht mittels Anfechtungs-, sondern mittels Verpflichtungsklage zu suchen wäre, wo die Ausnahme gegenüber der unmittelbaren gesetzlichen Rechtsfolge für den Betroffenen günstiger ist.
_______________
1 Siehe BNetzA, Beschl. v. 17.4.2007 – BK3b-06-013-015/017/R (BK-Netzbetreiber), BNetzA Mitteilung Nr. 268/2007, ABl. Nr. 8/2007. 2 In diese Richtung: Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 35 Rz. 51, Stelkens/Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 35 Rz. 26, 78. 3 Anders dagegen bei § 39 Abs. 3 S. 1 TKG: BNetzA, Beschl. v. 5.7.2006 – BK2a-06001/R (Endnutzermärkte Festnetztelefonie), BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006, S. 1742 (1783). 4 VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 53 ff. und 1 K 4148/06, Absatz Nr. 59 ff. sowie Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 51 ff. und 1 K 4314/06, Absatz Nr. 53 ff., jeweils über www.justiz.nrw.de. 5 Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 43 Rz. 172.
706 | Heun
Rz. 221 G
Regulierungsverfügung
Eine besondere Verfahrensregelung beinhaltet § 13 Abs. 1 S. 2 TKG, wonach der etwaige Widerruf von Verpflichtungen dem betroffenen Unternehmen innerhalb einer angemessen Frist vorher anzukündigen ist. Damit wird die gleichlautende ausdrückliche Regelung in Art. 16 Abs. 3 S. 3 Rahmenrichtlinie umgesetzt. Die Ankündigungspflicht bezieht sich nicht nur auf das von der Verpflichtung unmittelbar als Adressat betroffene Unternehmen, sondern auch auf die von der Aufhebung mittelbar betroffenen Dritten, die zuvor aus der Verpflichtung berechtigt waren1.
218
In zeitlicher Hinsicht ist bereits festgestellt worden, dass die BNetzA nach § 14 TKG Marktdefinition und Marktanalyse anlassbezogen und regelmäßig überprüfen muss (siehe oben Rz. 201 ff.). Wegen des weitgehend fehlenden Entschließungsermessens für den gestaltenden Teil der Regulierungsverfügung gelten diese zeitlichen Vorgaben damit auch für die Regulierungsverfügung selbst.
219
10.5 Ergebnis und Status der bisherigen Regulierungsverfügungen Ebenso wie Marktdefinition und Marktanalyse liegen für die Regulierungsverfügung verschiedene Entwürfe in unterschiedlichen Verfahrensstadien des Konsultations- und Konsolidierungsverfahrens vor. Allerdings sind auch bereits einige Regulierungsverfügungen in Kraft2. Die nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über den inhaltlichen Status der Regulierungsverfügungen durch die BNetzA3. Die Bemerkungen in den nachstehenden Tabellen beschränken sich hier auf formale Punkte. Inhaltliche Fragestellungen werden dagegen in H. betrachtet. Die Statusangaben beziehen sich wiederum auf Anfang März 2007. Zusammengehörige Regulierungsverfügungen, die sich auf mehrere Märkte erstrecken, sind in gleicher Schattierung dargestellt, wenn sich dies nicht aus der Zellenstruktur der Tabellen ergibt.
220
In den Spalten am rechten Rand der Tabellen werden wiederum die zugehörigen Aktenzeichen der EU-Kommission sowie der BNetzA angegeben. Soweit dabei nicht auf das Amtsblatt der BNetzA verwiesen wird, sind die Dokumente auf den für Konsultations- und Konsolidierungsverfahren eingerichteten Webseiten der EU-Kommission4 und der BNetzA5 abrufbar.
221
_______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 63. 2 Siehe dazu die Übersicht unter www.bundesnetzagentur.de, Link „Einheitliche Informationsstelle“, weiterer Link „Regulierungsverfügung“. 3 Ein guter Überblick findet sich auch insoweit unter www.tkrecht.de bei „Marktregulierung“. 4 Für die EU-Kommission lautet die Website wie folgt: forum.europa.eu.int/Public/ irc/infso/ecctf/library?l=/germany&vm=detailed&sb=Title. 5 Für die BNetzA lautet die Website wie folgt: www.bundesnetzagentur.de, Link „Einheitliche Informationsstelle“, von wo auch auf die Website der EU-Kommission verwiesen wird.
Heun | 707
708 | Heun
Nationaler Markt für Öffentliche Inlandsgespräche an festen Standorten, mit Ausnahme derjenigen Verbindungsleistungen, die im Rahmen von Gesamtverträgen mit einem einzelnen Kunden und einem Jahresumsatz vom mehr als einer Million Euro ohne Mehrwertsteuer (d. h. netto) erbracht werden.
Nationaler Markt für Öffentliche Auslandsgespräche an festen Standorten, mit Ausnahme derjenigen Verbindungsleistungen, die im Rahmen von Gesamtverträgen mit einem einzelnen Kunden und einem Jahresumsatz vom mehr als einer Million Euro ohne Mehrwertsteuer (d. h. netto) erbracht werden.
3
4
6
5
3. Keine Maßnahmen wegen wirksamen Wettbewerbs, keine Entgeltkontrolle und besondere Missbrauchsaufsicht
4. Pflicht zur Vorlage von Unterlagen mit Anzeige, die fundierte Offenkundigkeitsprüfung ermöglichen (§ 29 Abs. 1 TKG).
2. Anzeigepflicht für Verbindungsentgelte (§ 39 Abs. 3 S. 2 und 4 TKG).
1.b.) Anzeigepflicht für Anschlussentgelte (§ 39 Abs. 3 S. 2 und 4 TKG).
1.a.) Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl für Anschlüsse (§ 40 Abs. 1 TKG).
DTAG:
Nationaler Markt für Zugang zum öffentlichen Telefondienst an festen Standorten, mit Ausnahme derjenigen Zugangsleistungen, die im Rahmen von Gesamtverträgen mit einem einzelnen Kunden und einem Jahresumsatz vom mehr als einer Million Euro ohne Mehrwertsteuer (d. h. netto) erbracht werden.
1
Status: In Kraft.
Regulierungsverfügung vom 5.7.2006.
Status: In Kraft.
Regulierungsverfügung vom 5.7.2006.
Bemerkungen/Status
n/a
DE/ 2006/ 402
EU
n/a
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 105/2006; ABl. Nr. 07/2006.
Entwurf in Mitteilung Nr. 74/ 2006, ABl. Nr. 04/2006.
BK2a-06-001-R, BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006.
BNetzA
Fundstellen/Az.
222
2
Adressat und auferlegte Verpflichtungen
Marktdefinition BNetzA
Nr.
Endnutzermärkte
G Rz. 222 Verfahren der Marktregulierung
Marktdefinition BNetzA
Nationaler Markt für Verbindungen aus dem Festnetz in inländische Mobilfunknetze, mit Ausnahme derjenigen Verbindungsleistungen, die im Rahmen von Gesamtverträgen mit einem einzelnen Kunden und einem Jahresumsatz von mehr als einer Million Euro ohne Mehrwertsteuer (d. h. netto) erbracht werden.
Nationaler Markt für Mindestangebot an Mietleitungen (mit bestimmten Mietleitungstypen bis einschließlich 2 Mbit/s gemäß Artikel 18 und Anhang VII der Universaldienstrichtlinie) für Endkunden
Nr.
n/a
7
2. Nachträgliche Entgeltregulierung (§ 41 Abs. 3, 38 Abs. 2-4 TKG).
1. Bereitstellung von Mindestangebot an Mietleitungen entsprechend des EU-Verzeichnisses. (§ 41 Abs. 1 TKG)
DTAG:
Offen
Adressat und auferlegte Verpflichtungen
Status: Abgeschlossenes Konsultationsverfahren.
Konsultationsentwurf vom 24.1.2007
Wie bei Märkten Nr. 4 und 6 sieht BNetzA im Konsultationsentwurf der Marktanalyse wirksamen Wettbewerb bei dem anderen Teilmarkt für Verbindungen aus dem Festnetz in ausländische Mobilfunknetze.
Offen.
Bemerkungen/Status
Offen
Offen
EU
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 206/2007, ABl. Nr. 6/2007.
Entwurf in Mitteilung Nr. 60/ 2006, ABl. Nr. 2/ 2007.
BK3b-06-037 und 039/R
Offen
BNetzA
Fundstellen/Az.
Regulierungsverfügung Rz. 222 G
Heun | 709
1. Nationaler Markt für Verbindungsaufbau im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten einschließlich der Weiterleitung auf lokaler Ebene für Orts-, Fern-, NTR-, Auslands- und Mobilfunkverbindungen mit in Einzelwahl oder in festgelegter Vorauswahl vorangestellter Kennzahl für Verbindungsnetzbetreiber.
8
710 | Heun II. Pflicht zur Veröffentlichung eines Standardangebots (§ 23 Abs. 1 TKG).
I.3. Entgeltgenehmigungspflicht gesetzlich anwendbar, keine nachträgliche Entgeltregulierung (§§ 30 Abs. 1, 31 TKG)
I.2 Diskriminierungsverbot (§ 19 TKG)
I.1.4 Zulassung von Kooperation (inkl. Zusammenschaltung) zwischen bei DTAG kollokierten Unternehmen (§ 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG).
I.1.3 Kollokationspflicht (§ 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG).
I.1.2 Pflicht zur Erbringung von Verbindungsleistungen, für die marktbeherrschende Stellung festgestellt wurde (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG).
I.1.1 Zusammenschaltungspflicht (§ 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG) am Vermittlungsstandort mittels Kollokation (§ 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG) oder mittels Übertragungsweg (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG).
DTAG:
Adressat und auferlegte Verpflichtungen
Status: In Kraft.
Regulierungsverfügung vom 5.10.2005.
Bemerkungen/Status
DE/ 2005/ 233
EU
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 163/2005; ABl. Nr. 13/2005
Entwurf in Mitteilung Nr. 112/ 2005, ABl. Nr. 09/2005.
BK4c-05-002/R, BNetzA Mitteilung Nr. 244/ 2005 ABl. Nr. 19/ 2005
BNetzA
Fundstellen/Az.
223
2. Nationaler Markt für Verbindungsaufbau im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten einschließlich der Weiterleitung auf lokaler Ebene über Interconnection-Anschlüsse für Verbindungen zu Diensten (siehe Liste unter 7.2). Zukünftig angebotene weitere Zuführungsleistungen zu Diensten sind diesem Markt ebenfalls zuzurechnen.
Marktdefinition BNetzA
Nr.
Vorleistungsmärkte
G Rz. 223 Verfahren der Marktregulierung
9
Nr.
Jeweils netzweiter Markt für Anrufzustellung in das einzelne öffentliche Telefonnetz an festen Standorten einschließlich der lokalen Anrufweiterleitung.
2. Diskriminierungsverbot (§ 19 TKG).
1.3 Kollokationspflicht (§ 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG).
1.2 Pflicht zur Erbringung von Verbindungsleistungen für die Anrufzustellung inkl. lokale Anrufweiterleitung (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG).
1.1 Zusammenschaltungspflicht (§ 21 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 TKG) am Vermittlungsstandort.
Sonstige Teilnehmernetzbetreiber:
Wie oben Markt Nr. 8, Reihe 1.
DTAG:
2. Nachträgliche Entgeltregulierung gesetzlich anwendbar (§ 30 Abs. 3, 38 Abs. 2 bis 4 TKG).
1.3 Getrennte Rechnungsführung und diesbezügliche Vorlagepflicht für Unterlagen (§24 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 TKG)
1.2 Transparenzverpflichtung (§ 20 TKG).
Status: teilweise in Kraft.
Regulierungsverfügungen vom 7.6.2006.
Status: In Kraft.
Regulierungsverfügung vom 5.10.2005.
Status: In Kraft.
Regulierungsverfügung vom 16.11.2005.
Keine Zugangsgewährungsverpflichtung nach § 21 TKG auferlegt!
DTAG:
3. Nationaler Markt für Verbindungsaufbau im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten einschließlich der Weiterleitung auf lokaler Ebene über Primärmultiplex-Anschlüsse für Verbindungen zu Online-Diensten. 1.1 Diskriminierungsverbot (§ 19 TKG)
Bemerkungen/Status
Adressat und auferlegte Verpflichtungen
Marktdefinition BNetzA
DE/ 2005/ 343
DE/ 2005/ 234
DE/ 2005/ 254
EU
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 0/2006; ABl. Nr. 01/2006
Entwurf in Mitteilung Nr. 266/ 2005, ABl. Nr. 21/2005.
BK4d-05-016 (bis 067)/R, BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006
Wie oben Markt Nr. 8, Reihe 1
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 208/2005; ABl. Nr. 17/2005
Entwurf in Mitteilung Nr. 177/ 2005, ABl. Nr. 14/2005.
BK4a-05-005/R, BNetzA Mitteilung Nr. 278/ 2005 ABl. Nr. 22/ 2005
BNetzA
Fundstellen/Az.
Regulierungsverfügung Rz. 223 G
Heun | 711
712 | Heun
1. Nationaler Markt für Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz plus Zuführung von Orts-, Fern-, NTR-, Auslands- und Mobilfunkverbindungen mit in Einzelwahl oder in festgelegter Vorauswahl vorangestellter Kennzahl für Verbindungsnetzbetreiber und mit Ursprung im eigenen nationalen Netz.
10
4. Nationaler Markt für Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz plus Terminierung von Verbindungen in nationale Netze mit Ausnahme von Verbindungen mit Ursprung und Ziel in nationalen Mobilfunknetzen.
3. Nationaler Markt für Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz über Primärmultiplex-Anschlüsse plus Zuführung von Verbindungen mit Ursprung in nationalen Netzen zu Online-Diensten.
2. Nationaler Markt für Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz über Interconnection- Anschlüsse plus Zuführung von Verbindungen mit Ursprung in nationalen Netzen zu Diensten (siehe Liste unter 7.2). Zukünftig angebotene weitere entsprechende Transitleistungen plus Zuführung sind diesem Markt ebenfalls zuzurechnen.
Marktdefinition BNetzA
Nr.
Wie oben Markt Nr. 8, Reihe 1.
DTAG:
Wie oben Markt Nr. 8, Reihe 2.
DTAG:
Wie oben Markt Nr. 8, Reihe 1.
DTAG:
4. Nachträgliche Entgeltregulierung (§ 30 Abs. 1, S. 2, 38 Abs. 2 bis 4 TKG).
3. Transparenzverpflichtung (§ 20 TKG).
Adressat und auferlegte Verpflichtungen
Status: In Kraft.
Regulierungsverfügung vom 5.10.2005.
Status: In Kraft.
Regulierungsverfügung vom 16.11.2005.
Status: In Kraft.
Regulierungsverfügung vom 5.10.2005.
Bemerkungen/Status
DE 2005 235
DE 2005 255
DE 2005 235
Wie oben Markt Nr. 8, Reihe 1
Wie oben Markt Nr. 8, Reihe 2.
Wie oben Markt Nr. 8, Reihe 1
Entwurf 2. Tranche BK4d-06-045 (bis 051, 053 bis 057) in Mittelung Nr. 284/2006, ABl. Nr. 17/2006
BNetzA
Fundstellen/Az. EU
G Rz. 223 Verfahren der Marktregulierung
11
Nr.
– Entbündelter/Gebündelter Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung auf Basis von OPAL/ISIS am Hauptverteiler oder einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt.
– Line-Sharing;
– Entbündelter/Gebündelter Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung in Form der Kupferdoppelader am Hauptverteiler oder einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt;
I.2. Diskriminierungsverbot (§ 19 TKG).
I.1.4 Zulassung von Kooperation (inkl. Zusammenschaltung) zwischen bei DTAG kollokierten Unternehmen (§ 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG).
I.1.3 Kollokationspflicht (§ 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG).
I.1.2 Zugangsverpflichtung (gebündelt) zu TAL in Form der Kupferdoppelader inkl. Varianten OPAL/ISIS am Hauptverteiler (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG).
I.1.1 Zugangsverpflichtung (vollständig entbündelt) zur TAL in Form der Kupferdoppelader am Hauptverteiler oder einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt (Kabelbzw. Endverzweiger - APL) sowie gemeinsamer Zugang zu TAL mittels Aufteilung des Frequenzspektrums (§ 21 Abs. 3 Nr. 1 TKG).
DTAG:
n/a
5. Nationaler Markt für Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz plus Terminierung von Verbindungen mit Ursprung in nationalen Mobilfunknetzen in nationale Mobilfunknetze.
Nationaler Markt für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL) in folgende Varianten:
Adressat und auferlegte Verpflichtungen
Marktdefinition BNetzA
Beachte: Überprüfungsverfahren nach § 14 Abs. 2 TKG führt zum Vorschlag der BNetzA für zusätzliche Zugangsverpflichtungen für Kabelleerrohre und unbeschaltete Glasfaser zwischen Hauptverteiler und Kabelverzweiger.
Status: In Kraft.
Regulierungsverfügung vom 20.04.2005.
Marktanalyse ergab wirksamen Wettbewerb
Bemerkungen/Status
DE 2005 150
n/a
EU
Neues Konsultationsverfahren mit Entwurf v. 4.4.2007, Mitteilung Nr. 223/2007, ABl. Nr. 7/2007.
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 30/2005; ABl. Nr. 03/2005
Entwurf in Mitteilung Nr. 403/ 2004, ABl. Nr. 25/2004.
BK4a-04-075/R, BNetzA Mitteilung Nr. 83/ 2005 ABl. Nr. 7/ 2005
n/a
BNetzA
Fundstellen/Az.
Regulierungsverfügung Rz. 223 G
Heun | 713
Marktdefinition BNetzA
Nationaler Markt für ATM-Bitstrom-Zugang, d. h. Bitstrom-Zugang mit Übergabe auf der ATM-Ebene (layer 2) an verschiedenen Übergabepunkten der Netzhierarchie.
Nr.
714 | Heun
12
I.1.4 Getrennte Rechnungsführung und diesbezügliche Vorlagepflicht für Unterlagen (§24 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 TKG)
I.1.3 Diskriminierungsverbot (§ 19 TKG).
I.1.2 Kollokationspflicht (§ 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG).
I.1.1 Zugangspflicht auf Basis des breitbandigen Anschluss- und Konzentratornetzes in der Weise, dass mit einheitlichem Produkt xDSL-Anschlüsse überlassen werden und Paketstrom über Konzentratornetz zu Vermittlungsstellen des ATM-Kernnetzes transportiert und Nachfragern übergeben wird (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG).
DTAG:
II. Pflicht zur Veröffentlichung eines Standardangebots (§ 23 Abs. 1 TKG).
I.4 Widerruf der Verpflichtung bezüglich Zugang und der Entgeltgenehmigungspflicht für die reine Glasfaserleitung.
I.3. Entgeltgenehmigungspflicht gesetzlich anwendbar, keine nachträgliche Entgeltregulierung (§§ 30 Abs. 1, 31 TKG).
Adressat und auferlegte Verpflichtungen
Status: In Kraft.
BNetzA hält Entgeltgenehmigungspflicht nicht für angemessen!
Im Konsultationsverfahren war noch keine Zugangsverpflichtung vorgesehen, die auf Antrag von Wettbewerbern in den Konsolidierungsentwurf aufgenommen wurde!
Regulierungsverfügung v. 7.3.2007.
Bemerkungen/Status
DE 2007 576
EU
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 160/2006; ABl. Nr. 09/2006
Entwurf in Mitteilung Nr. 90/ 2006, ABl. Nr. 06/2006.
Mitteilung Nr. 131/2007, ABl. Nr. 5/2007.
BK4a-06-006/R
BNetzA
Fundstellen/Az.
G Rz. 223 Verfahren der Marktregulierung
Nr.
Nationaler Markt für IP-Bitstrom-Zugang, d. h. Bitstrom-Zugang mit Übergabe auf IPEbene (layer 3) an verschiedenen Übergabepunkten der Netzhierarchie sowie HFCBreitbandzugang mit Übergabe auf IP-Ebene.
Marktdefinition BNetzA
I.2. Entgeltgenehmigungspflicht, keine nachträgliche Entgeltregulierung (§§ 30 Abs. 1, 31 TKG).
I.1.4 Getrennte Rechnungsführung und diesbezügliche Vorlagepflicht für Unterlagen (§24 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 TKG)
I.1.3 Diskriminierungsverbot (§ 19 TKG).
I.1.2 Kollokationspflicht (§ 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG).
I.1.1 Zugangspflicht auf Basis des breitbandigen Anschluss- und Konzentratornetzes in der Weise, dass mit einheitlichem Produkt xDSL-Anschlüsse überlassen werden und Paketstrom über Konzentratornetz zu PoP des IP-Kernnetzes transportiert und Nachfragern übergeben wird (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG).
DTAG:
II. Pflicht zur Veröffentlichung eines Standardangebots (§ 23 Abs. 1 TKG).
I.3 Ergänzungsvorbehalt für Verpflichtungen zu I.1.
I.2. Nachträgliche Entgeltregulierung keine Entgeltgenehmigungspflicht (§§ 30 Abs. 3 S. 2, 38 TKG)
Adressat und auferlegte Verpflichtungen
Status: In Kraft
Regulierungsverfügung vom 13.9.2006
Bemerkungen/Status
DE 2006 457
EU
Ergebnis der öffentlichen Anhörung in Mitteilung Nr. 256/2006, ABl. Nr. 14/2006.
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 202/2006; ABl. Nr. 12/2006.
Entwurf in Mitteilung Nr. 118/ 2006, ABl. Nr. 08/2006.
Mitteilung. Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006.
BK4a-06-039/R
BNetzA
Fundstellen/Az.
Regulierungsverfügung Rz. 223 G
Heun | 715
Marktdefinition BNetzA
Nationaler Markt für IP-Breitband-Zuführung mit Übergabe am parent PoP (regionale Zuführung) auf der IP-Ebene (layer 3)
Nationaler Markt für Abschlusssegmente von Mietleitungen auf der Vorleistungsebene.
Nationaler Markt für Fernübertragungssegmente von Mietleitungen auf der Vorleistungsebene.
Nr.
716 | Heun
n/a
13
14
Offen, Konsultationsentwurf zur Markanalyse ergab wirksamen Wettbewerb.
Offen
Offen
II. Pflicht zur Veröffentlichung eines Standardangebots (§ 23 Abs. 1 TKG).
I.4 Widerrufsvorbehalt für I.2. (Entgeltgenehmigungspflicht), falls keine beträchtliche Marktmacht mehr auf dem Endnutzermarkt.
I.3 Ergänzungsvorbehalt für Verpflichtungen zu I.1.1 und I.1.2.
Adressat und auferlegte Verpflichtungen
Offen
Offen
BNetzA sieht im Konsultationsentwurf der Marktanalyse wirksamen Wettbewerb bei dem anderen Teilmarkt für die (überregionale) Zuführung am distant PoP.
Offen.
Bemerkungen/Status
Offen
Offen
Offen
EU
Offen
Offen
Offen
BNetzA
Fundstellen/Az.
G Rz. 223 Verfahren der Marktregulierung
16
Nationaler Teilmarkt für Leistungen von Mobilfunknetzbetreibern für Mobile Virtual Network Operator (MVNO).
15
Anrufzustellung im jeweiligen Netz von E-Plus, O2, T-Mobile und Vodafone.
Nationaler Teilmarkt für Leistungen von Mobilfunknetzbetreibern für Nationales Roaming.
Nationaler Teilmarkt für Leistungen von Mobilfunknetzbetreibern für Diensteanbieter (Service Provider).
Marktdefinition BNetzA
Nr.
II. Pflicht zur Veröffentlichung eines Standardangebots (§ 23 Abs. 1 TKG).
I.3. Entgeltgenehmigungspflicht, keine nachträgliche Entgeltregulierung (§§ 30 Abs. 1, 31 TKG).
I.2. Diskriminierungsverbot (§ 19 TKG).
I.1.3 Kollokationspflicht (§ 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG).
I.1.2 Terminierungspflicht für Verbindungen in eigenes Netz (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG).
Status: In Kraft.
I.1.1 Zusammenschaltungspflicht am Vermittlungsstellenstandort (§ 21 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 TKG).
VG Köln hat Auferlegung der Entgeltgenehmigungspflicht unter Ziff. I.3 aufgehoben (Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06 und 1 K 4148/06 sowie Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06 und 1 K 4314/06; nicht rechtskräftig)
Regulierungsverfügungen vom 30.08.2006.
Offen
Bemerkungen/Status
Jeder der vier Mobilfunknetzbetreiber:
Offen, Konsultationsentwurf zur Markanalyse ergab wirksamen Wettbewerb für alle Teilmärkte.
Adressat und auferlegte Verpflichtungen
DE 2006 421
Offen
EU
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 175/2006; ABl. Nr. 10/2006
Entwurf in Mitteilung Nr. 106/ 2006, ABl. Nr. 07/2006.
BK4c-06-001 (bis 004)/R, BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006
Offen
BNetzA
Fundstellen/Az.
Regulierungsverfügung Rz. 223 G
Heun | 717
718 | Heun
Offen
Die netzweiten Märkte der Unternehmen – Kabel Baden-Württemberg GmbH & Co (KBW, – Kabel Deutschland GmbH (KDG) und – Unity Media GmbH (UM), mitsamt der jeweils verbundenen Unternehmen (§ 3 Nr. 29 TKG) für die analoge und digitale Einspeisung von Rundfunksignalen in ihre Breitbandkabelnetze (Einspeisemärkte). Soweit nicht aufgeführte Unternehmen derzeit oder künftig ebenfalls Einspeiseleistungen in eigene Netze anbieten, begründen auch sie einen netzweiten Markt.
17
18
Die Märkte für die Belieferung von NE 4Clustern ≤ 500 Wohneinheiten mit Rundfunksignalen durch Kabelnetzbetreiber einer vorgelagerten Ebene (Signallieferungsmarkt) in den Gebieten – Baden-Württemberg, – Hessen und Nordrhein-Westfalen, sowie im restlichen Bundesgebiet.
Marktdefinition BNetzA
Nr.
Regulierungsverfügungen vom 17.4.2007 Status: In Kraft
1.1 Transparenzverpflichtung (§ 42 Abs. 4 S. 3 i.V.m. § 20 TKG) 1.2 Nachträgliche Entgeltregulierung gesetzlich anwendbar (§§ 39 Abs. 3 S. 1, 38 Abs. 2-4 TKG)
Adressaten wie oben: 2.1.1 Zugang zu BK-Netzen (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG) 2.1.2 Übergabe Rundfunksignale (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG) 2.1.3 Ermöglichung gemeinsamer Nutzung des Übergabepunkts (§ 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG) 2.1.4 Diskriminierungsverbot (§ 19 TKG) 2.1.5 Getrennte Rechnungsführung und diesbezügliche Vorlagepflicht für Unterlagen (§ 24 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 TKG) 2.2 Nachträgliche Entgeltregulierung (§§ 30 Abs. 3 S. 2, 38 TKG)
Der Signallieferungsmarkt wie auch der Markt für analoge UKW-Hörfunksignale werden als Endnutzermärkte angesehen.
Offen. Abhängig von geplanter Roaming-Verordnung der EU.
Bemerkungen/Status
ish NRW GmbH, iesy Hessen GmbH & Co. KG, Kabel BadenWürttemberg GmbH & Co. KG und Kabel Deutschland Vertrieb und Service GmbH & Co. KG:
Offen
Adressat und auferlegte Verpflichtungen
DE 2007 606
Offen
EU
Stellungnahmen in Mitteilung Nr. 436/2006; ABl. Nr. 24/2006
Mitteilung Nr. 341/2006, ABl. Nr. 21/2006;
Mitteilung Nr. 268/2007 ABl. Nr. 8/2007
BK3b-06-013017/R
Offen
BNetzA
Fundstellen/Az.
G Rz. 223 Verfahren der Marktregulierung
Nr.
Der nationale Markt für die Bereitstellung von terrestrischen Sendeanlagen für die Übertragung analoger UKW-Hörfunksignale gegenüber Inhalteanbietern.
im restlichen Bundesgebiet.
Nachträgliche Entgeltregulierung gesetzlich anwendbar (§§ 39 Abs. 3 S. 1, 38 Abs. 2-4 TKG).
T-Systems Business Services GmbH:
Offen, Notifizierungsentwurf zur Markanalyse sowie entsprechende Anlage zum Konsultationsentwurf der Regulierungsverfügung ergab wirksamen Wettbewerb.
Die Märkte für die Belieferung von NE 4Clustern > 500 Wohneinheiten mit Rundfunksignalen durch Kabelnetzbetreiber einer vorgelagerten Ebene (Signallieferungsmarkt) in den Gebieten
– Baden-Württemberg, – Hessen und Nordrhein-Westfalen, sowie
Adressat und auferlegte Verpflichtungen
Marktdefinition BNetzA
Bemerkungen/Status EU
BNetzA
Fundstellen/Az.
Regulierungsverfügung Rz. 223 G
Heun | 719
G Rz. 224
Verfahren der Marktregulierung
10.6 Schicksal von (Alt-)Verpflichtungen des TKG 1996 224
Die Praxis der BNetzA in Bezug auf den Umgang mit Verpflichtungen, die nach der Übergangsregelung des § 150 Abs. 1 TKG fortbestehenden (Alt-) Verpflichtungen) ist uneinheitlich. Lediglich in einem Fall ist mit einer Regulierungsverfügung ausdrücklich eine fortbestehende Verpflichtung widerrufen bzw. aufgehoben worden, namentlich die Verpflichtung zur Gewährung des Zugangs zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL) in Form der reinen Glasfaserleitung sowie die zugehörige Entgeltgenehmigungspflicht1. In anderen Fällen werden Altverpflichtungen lediglich im Sachverhalt oder in der Begründung der Regulierungsverfügung erwähnt. So der Zugang zur „Inhouse-Verkabelung“ (Endleitung)2 und zum „Kabelverzweiger“3 sowie das „Line-Sharing“4 im Sachverhalt der Regulierungsverfügung zu Markt Nr. 11 (TAL)5, die „Inkassoverpflichtung“6 sowie die „Resale-Verpflichtung“7 in der Begründung der Regulierungsverfügung zu den Märkten Nr. 1–6 (Zugang zu und Verbindungen in öffentlichen Telefonnetzen an festen Standorten)8. Dies wirft die Frage auf, ob ohne ausdrücklichen Widerruf einer Verpflichtung Altverpflichtungen weiterhin fortbestehen oder implizit durch Behandlung in Sachverhalt und/oder Begründung der Regulierungsverfügung bzw. diese selbst geändert, beibehalten oder aufgehoben werden können.
225
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BVerwG9 kommt der Widerruf einer Altverpflichtung weder direkt noch analog über § 13 Abs. 1 TKG in Betracht (siehe oben Rz. 205). Ein solcher „Widerruf“ durch die BNetzA sei vielmehr in die Feststellung umzudeuten, dass die Altverpflichtung kraft Gesetzes erloschen sei10. Diese Sichtweise verdient in ihrem Ergebnis Zustimmung, nicht aber in der Begründung, weil das BVerwG den _______________
1 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4-04-075/R (TAL), BNetzA Mitteilung Nr. 83/ 2005, ABl. Nr. 7/2005, S. 578; Ziffer I.4 des Beschlusstenors. 2 RegTP, Beschl. v. 30.4.1999 – BK 3-01-98; siehe Fischer/Heun/Sörup in Heun: Telekommunikationsrecht, 1. Auflage Teil 4 Rz. 439 ff. 3 RegTP, Beschl. v. 1.2.2002 – BK 3-01-017. 4 RegTP, Beschlüsse v. 30.3.2001 und 11.5.2001 – BK 3c-00-29; siehe Fischer/Heun/ Sörup in Heun: Telekommunikationsrecht, 1. Auflage Teil 4 Rz. 438 ff. 5 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4-04-075/R (TAL), BNetzA Mitteilung Nr. 83/ 2005, ABl. Nr. 7/2005, S. 578 (582, entspricht S. 4 des amtlichen Umdrucks). 6 RegTP, Beschl. v. 14.3.2000 – BK 3a-99/032; siehe Fischer/Heun/Sörup in Heun: Telekommunikationsrecht, 1. Auflage Teil 4 Rz. 455 ff. 7 RegTP, Beschl. v. 30.3.2001 – BK 3a-00/025, bestätigt durch BVerwG, NVwZ 2004, 878; siehe Fischer/Heun/Sörup in Heun: Telekommunikationsrecht, 1. Auflage Teil 4 Rz. 438c ff. 8 BNetzA, Beschl. v. 23.6.2006 – BK2a-06/001-R (Endnutzermärkte Festnetztelefonie), BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006, S. 1742; für Resale S. 1786 (entspricht S. 44 des amtlichen Umdrucks), für Inkasso S. 1787 f. (entspricht S. 45 f. des amtlichen Umdrucks). 9 BVerwG, Urt. v. 14.2.2007 – 6 C 28.05, Rz. 20 ff. (S. 11 ff.) des amtlichen Umdrucks. 10 BVerwG, Urt. v. 14.2.2007 – 6 C 28.05, Rz. 22, 27, 29 (S. 12, 13 f., 15) des amtlichen Umdrucks.
720 | Heun
Regulierungsverfügung
Rz. 225 G
Begriff des Widerrufs in § 13 Abs. 1 TKG unnötigerweise mit demjenigen in § 49 VwVfG gleichsetzt. In § 150 Abs. 1 TKG heißt es lediglich, dass Altverpflichtungen wirksam bleiben, „bis sie durch neue Entscheidungen nach Teil 2 ersetzt werden.“ Man muss daher fragen, ob mit Abschluss der Marktanalyse für einen relevanten Markt in Bezug auf diesen Markt sowie mit Abschluss der Marktanalyse für sämtliche in der Märkteempfehlung vorgesehenen 18 Märkte durch die BNetzA eine Ausschlusswirkung für die Fortgeltung jedweder früherer Verpflichtungen eintritt. Denn § 9 Abs. 1 TKG führt zu einem geschlossenen Regulierungssystem unter dem TKG 2004, wonach eben nur (noch) solche Märkte der Regulierung nach Teil 2 des Gesetzes unterliegen dürfen, für die eine Marktanalyse ergeben hat, dass kein wirksamer Wettbewerb vorliegt1. Aus der Gesetzesbegründung lässt sich hierzu entnehmen, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, Altverpflichtungen seien nach Durchführung des Marktanalyseverfahrens entweder aufzuheben oder mittels Verwaltungsakt erneut aufzuerlegen2. Daraus wurde in der Literatur gefolgert, dass Altverpflichtungen ausdrücklich in Gestalt eines Widerrufs nach § 49 VwVfG aufgehoben werden müssen3. Abgesehen davon, dass § 13 Abs. 1 TKG hier allerdings als verdrängende Spezialvorschrift anzusehen sein dürfte (sofern man die Anwendung entgegen des BVerwG für möglich hält)4, setzt dies voraus, dass es sich bei den Altverpflichtungen um einen Verwaltungsakt handelt und nicht auch um gesetzliche Gebote des TKG 1996 (siehe zu dieser Frage A. Rz. 83 ff.). Geht man mit der hier vertretenen Auffassung davon aus, dass die Übergangsbestimmung in § 150 Abs. 1 TKG nicht nur auf Verwaltungsakten beruhende Verpflichtungen, sondern auch auf dem TKG 1996 beruhende gesetzliche Gebote umfasst (siehe A. Rz. 92 ff.), kann freilich eine auf einem gesetzliche Gebot beruhende Verpflichtung nicht nach § 49 VwVfG widerrufen werden5. In Bezug auf derartige Gebote ist indes der Begriff „Widerruf“ in § 13 Abs. 1 TKG untechnisch zu sehen, und zwar ähnlich der Regelung in § 50 Abs. 5 TKG (siehe A. Rz. 97). Dort ist ja gerade gesetzlich bestimmt, dass die BNetzA bei (späterem) Fehlen beträchtlicher Marktmacht, die in § 50 Abs. 1 bis 3 TKG vorgesehenen gesetzlichen Verpflichtungen in Bezug auf Zugangsberechtigungssysteme ändern oder aufheben darf. So ist auch § 150 Abs. 1 TKG zu verstehen, wenn er ausdrücklich zulässt, dass Entscheidungen nach Teil 2 des TKG sämtliche fortgeltenden Altverpflichtungen ersetzen6 (siehe hierzu auch A. Rz. 96 f.). Damit stellt sich § 150 Abs. 1 TKG _______________
1 Vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 17.5.2006 – 6 C 14.05, S. 16 ff. (Rz. 36 ff.) des amtlichen Umdrucks. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 107. 3 So Berl.KommTKG/Gurlitt, § 13 Rz. 14. 4 So noch die Vorinstanz: VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www. justiz.nrw.de, S. 3 f. unter Punkt 3. 5 Vgl. BVerwG, Urt. v. 14.2.2007 – 6 C 28.05, Rz. 22, 29 (S. 12, 15) des amtlichen Umdrucks unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. v. 17.5.2006 – 6 C 14.05, S. 19 (Rz. 44) des amtlichen Umdrucks. 6 BVerwG, Beschl. v. 17.5.2006 – 6 C 14.05, S. 19 (Rz. 44) des amtlichen Umdrucks.
Heun | 721
G Rz. 226
Verfahren der Marktregulierung
ebenso wie § 50 Abs. 5 TKG als gesetzliche Ermächtigungsgrundlage auf der gleichen Ebene der Normhierarchie wie das betroffene gesetzliche Gebot dar, bestimmte, sozusagen vorläufig im Gesetz festgelegte (materielle) Bedingungen zu ändern. 226
Allerdings kann auch für diesen Fall eine Verpflichtung der BNetzA bestehen, Altverpflichtungen ausdrücklich aufzuheben bzw. zu „widerrufen“ oder aber mit dem BVerwG deren Erlöschen festzustellen. Denn ein Verständnis von Altverpflichtungen, das sich nicht auf Verwaltungsakte beschränkt, schließt nicht aus, die betreffenden Altverpflichtungen zu identifizieren und ausdrücklich aufzuheben bzw. zu „widerrufen“ (oder erneut aufzuerlegen) oder eben deren Erlöschen festzustellen1. Hierfür spricht neben der bereits zitierten Gesetzesbegründung, dass der Widerruf einer Verpflichtung nach § 13 Abs. 1 S. 2 TKG einer besonderen Vorankündigung bedarf (siehe oben Rz. 218). Auch die europarechtlichen Vorgaben stützen diese Sichtweise, wenn es in Art. 27, 1. Unterabsatz Rahmenrichtlinie heißt, dass vorhandene Verpflichtungen i. S. d. Art. 7 Zugangsrichtlinie und Art. 16 Universaldienstrichtlinie aufrechtzuerhalten sind, bis die nationale Regulierungsbehörde gemäß Art. 16 Rahmenrichtlinie über diese Verpflichtungen beschließt. Die europarechtlichen Vorgaben sehen daher eine Entscheidung über die einzelne fortgeltende Verpflichtung vor, die demgemäß auch in der Regulierungsverfügung ausdrücklich zu adressieren ist.
227
Diesem Ergebnis lässt sich aber auch die Systematik der Regulierung nach dem TKG 2004 entgegenhalten, die ihren Ausdruck insbesondere in § 9 Abs. 1 und 2 TKG findet. Wenn nämlich eine Regulierungsverfügung zu einem relevanten Markt ergangen ist, die beispielsweise eine Entgeltgenehmigungspflicht enthält, ohne eine aus dem TKG 1996 fortwirkende Entgeltgenehmigungspflicht zu erwähnen, läge eine die frühere Verpflichtung „ersetzende“ Entscheidung im Sinne von § 150 Abs. 1 TKG vor. Die Altverpflichtung kann wegen des Anwendungsvorrangs des TKG 2004 nicht mehr bestehen2. Dann kann aber nichts anderes gelten, wenn im Rahmen der Marktdefinition und Marktanalyse das Bestehen wirksamen Wettbewerbs für den relevanten Markt festgestellt wird, ohne dass die etwaige früher bestehende Entgeltgenehmigungspflicht ausdrücklich aufgehoben wird3, etwa weil keine Regulierungsverfügung ergeht. Für die eingangs (Rz. 224) erwähnten Fälle, dass Altverpflichtungen zwar in der Regulierungsverfügung _______________
1 Insoweit übereinstimmend: BVerwG, Urt. v. 14.2.2007 – 6 C 28.05, Rz. 29 f. (S. 15 f.) des amtlichen Umdrucks. 2 BVerwG, Beschl. v. 17.5.2006 – 6 C 14.05, S. 17 (Rz. 38 f.) des amtlichen Umdrucks. 3 Ebenso BVerwG, Beschl. v. 17.5.2006 – 6 C 14.05, S. 17 f. (Rz. 40) des amtlichen Umdrucks. Dieser Befund verdeutlicht, dass Marktdefinition und Marktanalyse als feststellender Verwaltungsakt und nicht als Realakt anzusehen sind (siehe oben Rz. 214), weil hierdurch eine die Altverpflichtung ersetzende Rechtswirkung eintreten kann.
722 | Heun
Regulierungsverfügung
Rz. 228 G
erwähnt, aber nicht ausdrücklich im Tenor der Entscheidung adressiert werden, würde sich die gleiche Konsequenz ergeben. Ihr weiteres Bestehen oder Nichtbestehen richtet sich nach dem Umfang der betreffenden Regulierungsverfügung. Während der Zugang zum Kabelverzweiger sowie das LineSharing ausdrücklich Gegenstand des Tenors der betreffenden Regulierungsverfügung zur Teilnehmeranschlussleitung sind (siehe oben Rz. 222 bei Markt Nr. 11)1, lässt sich für die Inhouse-Verkabelung (Endleitung) argumentieren, dass sie von der vollständigen Entbündelungspflicht für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung erfasst ist2. Dagegen sind Resale- und Inkasso-Verpflichtung selbst Verpflichtungen, die nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 und 7 TKG auferlegt werden können, was aber im konkreten Fall in der Regulierungsverfügung zu den Märkten Nr. 1–6 (Zugang zu und Verbindungen in öffentlichen Telefonnetzen an festen Standorten)3 unterblieben ist. Für die Fortgeltung der diesbezüglichen Verpflichtungen besteht daher kein Raum mehr. Vor diesem Hintergrund ist aus der in § 150 Abs. 1 TKG enthaltenen gesetzlichen Anordnung, dass Altverpflichtungen durch neue Entscheidungen nach Teil 2 des Gesetzes ersetzt werden, ein Verzicht auf die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Aufhebungsentscheidung bzw. eines ausdrücklichen „Widerrufs“ (oder einer ausdrücklichen Erlöschensfeststellung)4 zu folgern. Dies erscheint letztlich mit Blick auf § 9 Abs. 1 und 2 TKG sachgerecht. Danach bleibt zu fragen, was aus der in § 13 Abs. 1 S. 2 TKG enthaltenen Vorankündigungspflicht für die Aufhebung von Verpflichtungen zu folgern ist und was jedenfalls mit denjenigen Altverpflichtungen zu geschehen hat, die tatsächlich auf Verwaltungsakt beruhen. Mangels anderweitiger Regelungen zur Ankündigung ist davon auszugehen, dass diese gemäß § 5 TKG zu veröffentlichen ist5. Ob hierfür allerdings das Konsultationsverfahren für Marktdefinition und Marktanalyse bzw. die Regulierungsverfügung selbst _______________
1 Dementsprechend sind auf Basis der Regulierungsverfügung auch bereits seitens der BNetzA Entgeltgenehmigungsverfahren durchgeführt worden. Line Sharing: BNetzA, Beschl. v. 3.8.2005 – BK 4a-05-013. Kabelverzweiger: BNetzA, Beschl. v. 28.4.2005 – BK 4a/b-05-004, insbesondere S. 8 des amtlichen Umdrucks; hier erfolgte die Genehmigung gemeinsam mit den sonstigen TAL-Überlassungsentgelten. 2 So wohl die Sichtweise der BNetzA in der Regulierungsverfügung, wenn dort bei den Ausführungen zum Standardangebot auch die „Endleitung“ erwähnt wird: BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4-04-075/R (TAL), BNetzA Mitteilung Nr. 83/ 2005, ABl. Nr. 7/2005, S. 578 (598, entspricht S. 20 des amtlichen Umdrucks). Ebenso die diesbezügliche Entgeltgenehmigung: BNetzA, Beschl. v. 31.1.2007 – BK4a-06-066, S. 4 des amtlichen Umdrucks. Die bisherige, bis 31.1.2007 befristete Entgeltgenehmigung war dagegen noch auf die Übergangsbestimmung des § 150 Abs. 1 TKG gestützt: BNetzA Beschl. v. 19.1.2005 – BK 4d-04-076. 3 BNetzA, Beschl. v. 23.6.2006 – BK2a-06/001-R, BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006, S. 1742. 4 Im Ergebnis ebenso BVerwG, Urt. v. 14.2.2007 – 6 C 28.05, Rz. 30, 33 (S. 15 f., 17) des amtlichen Umdrucks. 5 Siehe auch die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/2316, S. 63.
Heun | 723
228
G Rz. 229
Verfahren der Marktregulierung
ausreicht, wenn dort die Aufhebung angesprochen ist1, erscheint fraglich. Denn dann wäre die Regelung in § 13 Abs. 1 S. 2 TKG letztlich überflüssig. Auch der Gesetzgeber geht davon aus, dass es sich bei der Ankündigungspflicht um eine das Konsultationsverfahren ergänzende Verpflichtung handelt2. Man mag dies vielleicht noch gelten lassen, wenn im Konsultationsverfahren die Aufhebung der Verpflichtung tatsächlich ausdrücklich angesprochen wird, wie etwa in der Regulierungsverfügung zur Teilnehmeranschlussleitung3. In den anderen genannten Fällen wie den Resale- und Inkasso-Verpflichtungen ist aber auch dies unterblieben. Daher ist hier von einer Verletzung der Vorankündigungspflicht auszugehen. Allerdings dürfte die Verletzung der Ankündigungspflicht in den meisten Fällen folgenlos bleiben, auch wenn eine angemessene Vorankündigungsfrist bei Versäumnis gerade nicht mehr eingehalten und damit nicht mehr nach § 45 VwVfG geheilt werden kann. Die betreffende Regulierungsverfügung wird dadurch aber nicht rechtswidrig, weil es sich bei § 13 Abs. 1 S. 2 TKG um eine Verfahrensvorschrift handelt, deren Verletzung nach § 46 VwVfG keine Auswirkung auf die Sachentscheidung hat. Denn die materielle Erledigungswirkung der Altverpflichtung (siehe oben Rz. 227) tritt unabhängig davon ein, ob die Aufhebung vorher angekündigt wurde oder nicht. Allerdings können sich ggf. Schadensersatzansprüche ergeben, wenn die Regulierungsverfügung in Bezug auf die Altverpflichtungen letztlich so unklar bleibt, dass mit ihrem Wegfall nicht gerechnet werden konnte und durch die mangelnde Vorankündigung Schäden entstanden sind. 229
Ebenso ist es zwar aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nach wie vor sinnvoll, Altverpflichtungen aus Verwaltungsakten explizit aufzuheben4. Allerdings lässt sich mit Blick auf die bereits geschilderte Systematik des TKG 2004 auch vertreten, dass durch die neuen Entscheidungen im Sinne von § 150 Abs. 1 TKG sich die früheren Verwaltungsakte gemäß § 43 Abs. 2 VwVfG in der (anderen) Weise erledigen, dass eine inhaltliche Überholung eintritt5. Etwaige verbleibende Rechtswirkungen ließen sich durch ein Verfahren nach § 51 VwVfG lösen.
_______________
1 So die BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4-04-075/R (TAL), BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005, S. 578 (598, entspricht S. 20 des amtlichen Umdrucks). 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 63. 3 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4-04-075/R (TAL), BNetzA Mitteilung Nr. 83/ 2005, ABl. Nr. 7/2005, S. 578 (598, entspricht S. 20 des amtlichen Umdrucks). 4 Ebenso Berl.KommTKG/Gurlitt, § 13 Rz. 14, auch wenn hierfür § 49 VwVfG nicht unbedingt in Betracht kommt. 5 Vgl. Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 43 Rz. 199.
724 | Heun
Rechtsschutz
Rz. 232 G
11. Rechtsschutz Die Frage des Rechtsschutzes im Verfahren der Marktregulierung wird für Marktdefinition, Marktanalyse und Regulierungsverfügung durch § 13 Abs. 3 TKG auf die Regulierungsverfügung verdichtet. Danach ergehen Entscheidungen über Verpflichtungen aus dem Maßnahmenkatalog des § 13 Abs. 1 bzw. Abs. 3 TKG gemeinsam mit den Ergebnissen der Verfahren nach den §§ 10 und 11 TKG. Dementsprechend können Marktdefinition und/oder Marktanalyse nicht isoliert angegriffen werden. Vielmehr kann die richterliche Überprüfung von Marktdefinition und/oder Marktanalyse nur erreicht werden, wenn zugleich eine mittels Regulierungsverfügung auferlegte Verpflichtung angegriffen (unten Rz. 232) oder die Auferlegung einer solcher Verpflichtung begehrt (unten Rz. 239 ff.) wird.
230
Rechtsschutzinteressen gegen Marktdefinition, Marktanalyse und Regulierungsverfügung bestehen in mehrfacher Hinsicht. Zum einen ist zu unterscheiden zwischen den Interessen des von der Regulierungsverfügung als Adressat unmittelbar betroffenen Unternehmens und den Interessen Dritter, die durch die Auferlegung oder Aufhebung einer Verpflichtung mittelbar betroffen sind, weil ihnen hierdurch Rechte erwachsen oder verloren gehen. Zum anderen ist zu unterscheiden, ob Rechtsschutz wegen eines vermeintlich fehlerhaften Konsultations- und/oder Konsolidierungsverfahrens nachgesucht wird oder ob es um materielle Fragen einer zutreffenden Marktdefinition und/oder Marktanalyse oder Auferlegung, Aufhebung, Änderung oder Beibehaltung einer Verpflichtung aus dem Maßnahmenkatalog des § 13 Abs. 1 und 3 TKG geht.
231
11.1 Rechtsschutz des betroffenen Unternehmens Das als Adressat einer Regulierungsverfügung betroffene Unternehmen ist grundsätzlich befugt, die Regulierungsverfügung anzufechten. Denn durch die Regulierungsverfügung werden diesem Unternehmen Pflichten auferlegt, die unmittelbar in die Rechte dieses Unternehmens eingreifen und sich somit für dieses Unternehmen als belastenden Verwaltungsakt darstellen. Dementsprechend kann der Adressat die Regulierungsverfügung vollumfänglich angreifen, sich dabei allerdings im Wege der Teilanfechtung1 auch auf eine oder einzelne auferlegte Verpflichtungen beschränken2. Die Bestimmung in § 13 Abs. 3 TKG besagt lediglich, dass die Festlegungen aus Marktdefinition und Marktanalyse nur einheitlich mit der Regulierungsverfügung angefochten werden können. Sie verpflichtet dagegen nicht, sämtliche Teile wie beispielsweise sämtliche auferlegte Zugangsverpflichtungen _______________
1 Zur Teilanfechtung siehe Kopp/Ramsauer, VwGO § 42, Rz. 21 ff. 2 In diesem Sinne: VG Köln, Beschl. v. 5.2.2007 – 21 L 1591/06, Absatz Nr. 27 über www.justiz.nrw.de.
Heun | 725
232
G Rz. 232
Verfahren der Marktregulierung
angreifen zu müssen1. Die Aufhebung einzeln auferlegter Verpflichtungen kommt aber nur dann in Betracht, wenn der angefochtene und aufzuhebende Teil nicht mit den übrigen Teilen des Verwaltungsakts in einem untrennbaren inneren Zusammenhang steht, so dass nach Teilaufhebung der verbleibende Teil ohne Änderung seines Inhalts rechtmäßiger- und sinnvollerweise nicht selbstständig bestehen bleiben kann oder so nicht erlassen worden wäre2. Dies hindert aber nach der Rechtsprechung nicht, eine etwa auferlegte Entgeltgenehmigungspflicht isoliert aufzuheben, die mit der betreffenden Regulierungsverfügung ansonsten auferlegten Zugangsverpflichtungen aber bestehen zu lassen3. Allerdings ist gerade bei dieser konkreten Frage aus der Systematik des § 30 TKG zu folgern, dass hier statt einer Teilanfechtung eine Teilverpflichtung in Betracht zu ziehen ist (siehe oben Rz. 217). Da die Auferlegung von Verpflichtungen mittels Regulierungsverfügung wegen § 9 Abs. 2 und § 13 Abs. 3 TKG nur aufgrund einer Marktanalyse ergehen kann, die wiederum wegen § 9 Abs. 1 und § 11 Abs. 1 TKG eine Marktdefinition voraussetzt, sind damit für den Adressaten sämtliche Teile der Regulierungsverfügung einschließlich der Frage einer richtigen Marktdefinition und Marktanalyse durch die BNetzA gerichtlich überprüfbar4. Dazu gehört auch die ordnungsgemäße Anwendungen der Kommissionsleitlinien (siehe oben Rz. 94 ff.) und der Märkteempfehlung (siehe oben Rz. 125 ff. 130 ff.), weil hierdurch der Beurteilungsspielraum der BNetzA begrenzt ist5. Für die Kommissionsleitlinien ist dabei zusätzlich von Bedeutung, dass die BNetzA angesichts deren Charakters als normkonkretisierende bzw. norminterpretierende Verwaltungsvorschriften (siehe oben Rz. 96) auch über Art. 3 GG gehalten ist, keine uneinheitliche Verwendung der Kommissionsleitlinien vorzunehmen. Die materiell fehlerhafte Marktdefinition oder Marktanalyse verletzt daher den Adressaten ebenso in seinen Rechten wie die materiell fehlerhafte Entscheidung über die Auferlegung, Änderung oder Beibehaltung einer Verpflichtung. Zu berücksichtigen bleibt dabei aber, dass die richterliche Kontrolldichte für die Marktdefinition aufgrund des nach § 10 Abs. 2 S. 2 TKG bestehenden Beurteilungsspielraums der BNetzA nach wie vor grundsätzlich beschränkt ist6. Beachten muss der Adressat freilich, dass Marktdefinition und/oder Marktanalyse wegen § 13 Abs. 3 TKG nicht isoliert angefochten werden können, sondern nur in Verbindung mit der Anfechtung mindestens einer auferlegter Verpflichtung.
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1 So aber offenbar Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 20 Rz. 29. 2 BVerwG, Beschl. v. 2.5.2005 – 6 B 6.05, Rz. 8 über www.bundesverwaltungs gericht.de. 3 VG Köln Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 69 ff. über www.justiz.nrw.de. 4 Insoweit übereinstimmend Berl.KommTKG/Gurlitt, § 13 Rz. 45. 5 VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de, S. 5 unter Punkt 3.3.2.1. 6 Siehe auch VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de, S. 5 f. unter Punkt 3.3.2.
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Rechtsschutz
Rz. 234 G
Maßgeblicher Zeitpunkt für die betreffende Anfechtungsklage ist der Zeitpunkt der Entscheidung der BNetzA1. Fraglich ist allerdings, ob der Adressat einer Regulierungsverfügung nach deren Bestandskraft gerichtlich die Aufhebung von darin enthaltenen Verpflichtungen erreichen kann. Typischerweise wird es hier um Veränderungen der Sachlage in Bezug auf Marktdefinition und/oder Marktanalyse gehen, die aufgrund veränderter Marktgegebenheiten vermeintlich dazu führen, dass keine beträchtliche Marktmacht mehr auf dem relevanten Markt besteht. Zwar bestehen hierfür zumindest grundsätzlich die verwaltungsverfahrensrechtlichen Instrumente des Widerrufs nach § 49 VwVfG oder die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 51 VwVfG2. Soweit es jedoch nicht um Altverpflichtungen (siehe oben Rz. 229) geht, sondern um eine Regulierungsverfügung nach § 13 TKG, stellt § 14 TKG (siehe oben Rz. 201 ff.) eine Spezialregelung dar, die den genannten Bestimmungen des VwVfG jedenfalls insoweit vorgehen dürfte, als es um Veränderungen in Bezug auf Marktdefinition und Marktanalyse geht. Auch wenn dort vom Gesetzgeber ausdrücklich auf ein Antragsrecht verzichtet worden ist (siehe oben Rz. 203), dürfte der Adressat jedenfalls einen Anspruch auf rechtmäßige Entscheidung über eine anlassbezogene Überprüfung von Marktdefinition und/oder Marktanalyse nach § 14 Abs. 1, 1. Alternative TKG der relevanten Regulierungsverfügung besitzen, weil er durch die andauernde Verpflichtungswirkung (siehe oben Rz. 209) der Regulierungsverfügung belastet ist.
233
Was die Geltendmachung von Verfahrensfehlern wie etwa die unterbliebene Anhörung im Konsultationsverfahren oder ein fehlerhaftes Konsultationsverfahren (siehe dazu auch oben Rz. 67 ff.) anbetrifft, so dürfte dies nach den verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelungen über die Bedeutung und Heilung von Verfahrensfehlern in §§ 44 bis 46 VwVfG zu beurteilen sein. Dies gilt auch für das Konsultationsverfahren zu Marktdefinition und Marktanalyse, weil dieses dem insoweit feststellenden Teil der Regulierungsverfügung vorausgeht3. Demnach dürfte eine unterbliebene oder fehlerhafte Konsultation jedenfalls solange nach § 45 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG heilbar sein, als noch kein Konsolidierungsverfahren durchgeführt worden ist. Es ist allerdings trotz der in § 12 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 TKG vorgesehenen sequentiellen Vorgehensweise für Konsultations- und Konsolidierungsverfahren kein Grund ersichtlich, warum die Heilung später in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach § 45 Abs. 2 VwVfG ausgeschlossen sein
234
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1 VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 18 f. und 1 K 4148/06, Absatz Nr. 22 f. sowie Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 21 f. und 1 K 4314/06, Absatz Nr. 19 f., jeweils über www.justiz.nrw.de. 2 In beiden Fällen besteht jedenfalls Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessenentscheidung über einen diesbezüglichen Antrag; vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 49 Rz. 9, § 51 Rz. 7, 10. 3 A. A. Berl.KommTKG/Gurlitt, § 13 Rz. 46, die eine analoge Anwendung deswegen annimmt, weil sie Marktdefinition und Marktanalyse für Realakte hält.
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G Rz. 235
Verfahren der Marktregulierung
sollte1. Denn wenn die EU-Kommission dies nicht im Konsolidierungsverfahren beanstandet, bleibt immer noch die Möglichkeit, die Konsultation nachzuholen. Nicht als Fehler gilt allerdings eine unterbliebene mündliche Verhandlung, weil sie im Rahmen von § 12 Abs. 1 TKG entbehrlich (siehe oben Rz. 67), jedenfalls aber für die Sachentscheidung wie die unterbliebene Vorankündigung nach § 13 Abs. 1 S. 2 TKG (siehe oben Rz. 228) im Sinne von § 46 VwVfG unerheblich ist2. Ebenso liegt kein Verfahrensfehler vor, wenn sich nach Konsultation die Begründung der Regulierungsverfügung oder das Ergebnis von Marktdefinition und Marktanalyse ändert3 (dazu auch oben Rz. 68). Ein fehlerhaftes oder unterbliebenes Konsolidierungsverfahren ist ebenfalls heilbar, und zwar nach § 45 Abs. 1 Nr. 5 VwVfG (einschließlich § 45 Abs. 2 VwVfG), weil die EU-Kommission durch § 12 Abs. 2 Nr. 2 und 3 TKG im gesetzlichen Handlungsbereich der BNetzA mitwirkt4. Sofern allerdings keine Heilung erfolgt, wird man angesichts der Bedeutung und Auswirkung von Konsultations- und insbesondere Konsolidierungsverfahren (Vetorecht!) nicht annehmen können, dass dieser Fehler für die Sachentscheidung nach § 46 VwVfG unbeachtlich ist5. 11.2 Rechtsschutz für Dritte 235
Dritte (Wettbewerber) haben in mehrfacher Hinsicht Interesse daran, gegen eine Regulierungsverfügung vorzugehen. Zum einen kann der Wunsch bestehen, dass dem marktbeherrschenden Unternehmen weitere bzw. weitergehende Verpflichtungen auferlegt werden, als dies in der Regulierungsverfügung geschehen ist. Zum anderen will sich der Dritte ggf. gegen die Änderung (z. B. Abschwächung) oder Aufhebung einer Verpflichtung wehren. Auch kann der Dritte mit den Ergebnissen von Marktdefinition und/oder Marktanalyse unzufrieden sein. Allerdings gilt für die beiden letztgenannten Fälle, dass sie regelmäßig mit einem der beiden zuerst genannten Fälle korrelieren. Denn Zweck von Marktdefinition und Marktanalyse ist es ja, der BNetzA eine Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob Verpflichtungen aufgehoben, beibehalten, geändert oder auferlegt werden (siehe oben Rz. 25 ff.), und dementsprechend setzt die Regulierungsverfügung Marktdefinition und Marktanalyse voraus (siehe oben Rz. 232). Schließlich kann der Dritte mit der Durchführung von Konsultations- und Konsolidierungsverfahren unzufrieden sein. In der Gesetzesbegründung heißt es zum Falle unterbliebener Verpflichtungen oder der Verneinung beträchtlicher Markt_______________
1 So aber Berl.KommTKG/Gurlitt, § 13 Rz. 46. 2 Vgl. VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de, S. 4 unter Punkt 3.2.3. 3 VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 37 ff. und 1 K 4148/06, Absatz Nr. 24 ff. sowie Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 4314/06, Absatz Nr. 38 ff., jeweils über www.justiz.nrw.de. 4 Ebenso mit Ausnahme von § 45 Abs. 2 VwVfG Berl.KommTKG/Gurlitt, § 13 Rz. 47. 5 Ebenso Berl.KommTKG/Gurlitt, § 13 Rz. 48.
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Rechtsschutz
Rz. 238 G
macht unter Hinweis auf § 42 VwGO, dass den Betroffenen der Verwaltungsrechtsweg offen stehe, soweit sie dadurch in eigenen Rechten verletzt sind1. Dieser Hinweis ist so wenig hilfreich wie nichts sagend. 11.2.1 Rechtsschutz gegen Aufhebung bzw. Widerruf einer bestehenden Verpflichtung Soweit es jedenfalls um die Aufhebung von vor Inkrafttreten des TKG 2004 bestehenden (und weiter geltenden) Verpflichtungen geht, besitzt jedenfalls ein drittbetroffenener Wettbewerber, der die Leistungen aus der betreffenden Verpflichtung in Anspruch genommen hat, Klagebefugnis und Rechtsschutzbedürfnis gegen die Aufhebung der Verpflichtung2, und zwar auch dann, wenn eine Altverpflichtung kraft Gesetzes nach § 150 Abs. 1 TKG durch eine die Verpflichtung ersetzende Regulierungsverfügung erlischt3. Dies folgt aus der bislang bestehenden Verpflichtung und deren Wegfall zu Lasten des betroffenen Wettbewerbers. Insoweit ist daher die Klageerhebung gegen eine Regulierungsverfügung im Sinne von § 13 TKG möglich, und zwar im Wege der Anfechtungsklage, weil es mit der Aufhebung der Verpflichtung um das Entfallen einer bisher bestehenden Begünstigung des Wettbewerbers geht.
236
Angesichts der vorstehenden Ausführungen zur Erledigung von Altverpflichtungen durch neue Regulierungsverfügungen, ohne ausdrückliche Aufhebung der Altverpflichtung (siehe oben Rz. 227), hat für diesen Fall grundsätzlich das Gleiche zu gelten. Allerdings entsteht hier das Problem, dass mangels ausdrücklicher Aufhebung der Altverpflichtung eine Anfechtungsklage nicht unmittelbar gegen einen Teil der betreffenden Regulierungsverfügung gerichtet werden kann. Es fehlt insoweit an einem objektiv abgrenzbaren und bezeichenbaren Teil4 der Regulierungsverfügung, weil die Aufhebungswirkung über die Ersetzungsregelung des § 150 Abs. 1 TKG und nicht durch ausdrücklichen Widerruf bzw. ausdrückliche Aufhebung der Verpflichtung oder die Feststellung ihres Erlöschens eintritt. Vor diesem Hintergrund kann nur entweder die gesamte Regulierungsverfügung mittels Anfechtungsklage angegriffen werden oder der Wettbewerber ist auf die Verpflichtungsklage verwiesen, um die Beibehaltung bzw. erneute Auferlegung der betreffenden Verpflichtung zu erzielen (dazu näher unten Rz. 239).
237
Materiell kann es dann in einem Anfechtungsverfahren der oben beschriebenen Art auch darum gehen, ob die BNetzA Marktdefinition und/oder Marktanalyse zutreffend durchgeführt hat. Insofern gilt das oben zum Rechtsschutz des Adressaten Gesagte (Rz. 232). Allerdings wird die entsprechende
238
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1 BT-Drucks. 15/2316, S. 63. 2 VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de, S. 3 unter Punkt 2. 3 BVerwG, Urt. v. 14.2.2007 – 6 C 28.05, Rz. 15 (S. 8) des amtlichen Umdrucks. 4 Vgl. Kopp/Ramsauer, VwGO, § 42 Rz. 21.
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G Rz. 239
Verfahren der Marktregulierung
Regulierungsverfügung und die darin enthaltene Aufhebung einer Verpflichtung nicht dadurch rechtswidrig, dass die BNetzA bereits im Rahmen der Marktdefinition anhand des Drei-Kriterien-Tests dazu kommt, den für die Verpflichtung relevanten Markt als nicht regulierungsbedürftig anzusehen und keine Marktanalyse durchführt. Denn obwohl der Wortlaut in § 13 Abs. 1 TKG sämtliche Maßnahmen einschließlich der Aufhebung von Verpflichtungen an die Durchführung einer Marktanalyse knüpft, ist die Aufhebung „erst recht“ dadurch gerechtfertigt, wenn es schon an der Regulierungsbedürftigkeit des Marktes fehlt1. Diese Sichtweise ist schon aus systematischen Erwägungen heraus zutreffend, wenn man der BNetzA bei der Festlegung der regulierungsbedürftigen Märkte einen eigenen Entscheidungs- bzw. Beurteilungsspielraum einräumt (siehe oben Rz. 125 ff.). Zudem sind die drei Kriterien eng mit den für die Marktanalyse relevanten Kriterien verwoben. Dies mag auf den ersten Blick wie eine Rechtsschutzlücke erscheinen. Andererseits bedeutet aber der der BNetzA in § 10 Abs. 2 S. 2 TKG eingeräumte Beurteilungsspielraum nicht, dass die Handlungen der BNetzA damit gänzlich der richterlichen Kontrolle entzogen wären (siehe oben Rz. 138). Hinzu kommt, dass bei Anwendung des Drei-Kriterien-Tests durch die BNetzA mit der Folge einer Marktdefinition, die einen bestimmten Markt nicht mehr zur Marktanalyse bringt, das Konsolidierungsverfahren erforderlich wird (siehe oben Rz. 125, 132). Wenn die BNetzA die Konsolidierung aber unterlässt, so führt dies ohne Heilung zur Rechtswidrigkeit der Regulierungsverfügung (Rz. 234). Für Verfahrensfehler gilt hier für Dritte das Gleiche wie für den Adressaten der Regulierungsverfügung (siehe oben Rz. 234). 11.2.2 Rechtsschutz für Auferlegung von Verpflichtungen und Durchführung von Marktdefinition und Marktanalyse 239
Damit bleibt die Frage übrig, ob Dritte einen Anspruch auf Durchführung der zur Marktregulierung erforderlichen Verfahren und auf die Auferlegung von Verpflichtungen haben. Zunächst ist dabei festzustellen, dass die Bestimmungen in §§ 10 Abs. 1, 11 Abs. 1 TKG über die Durchführung von Marktdefinition und Marktanalyse durch die BNetzA keinen drittschützenden Charakter haben. Zwar wird dort die BNetzA zur Durchführung der Verfahren verpflichtet, aus der Formulierung lässt sich aber kein drittschützender Charakter entnehmen. Genauso verhält es sich mit § 14 TKG hinsichtlich der Überprüfung von Marktdefinition und Marktanalyse. Allerdings dürfte hier ein Dritter ebenso wie der Adressat der Regulierungsverfügung (siehe oben Rz. 233) einen Anspruch auf rechtmäßige Entscheidung über eine anlassbezogene Überprüfung von Marktdefinition und/oder Markt-
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1 VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de, S. 6 unter Punkt 3.4.
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Rechtsschutz
Rz. 240 G
analyse nach § 14 Abs. 1, 1. Alternative TKG der relevanten Regulierungsverfügung besitzen, wenn und soweit dies mit einem Antrag auf Auferlegung oder Änderung einer Regulierungsverpflichtung aus dem Maßnahmenkatalog des § 13 Abs. 1 und 3 TKG verbunden ist. Zwar sehen ebenso wie die §§ 10 und 11 TKG weder § 13 Abs. 1 noch § 13 Abs. 3 TKG vor, dass die Regulierungsverfügung oder die dieser zugrunde liegenden Verfahren der Marktdefinition und Marktanalyse auf Veranlassung von interessierten Parteien im Sinne von § 12 Abs. 1 TKG vorzunehmen ist. Indes können sich Ansprüche Dritter aus den Verpflichtungsregelungen des Maßnahmenkatalogs in § 13 Abs. 1 und 3 TKG, etwa § 21 TKG, ergeben (dazu auch H. Rz. 251 ff.). Für den hier interessierenden Zusammenhang geht es dabei um die Frage, ob ein etwaiger drittschützender Charakter der z. B. nach den §§ 18 bis 21 TKG auferlegbaren Verpflichtungen, insbesondere der Zugangsverpflichtungen nach § 21 TKG, dazu führt, dass die BNetzA verpflichtet wäre, auch eine Marktdefinition und Marktanalyse durchzuführen, falls diese für den relevanten Markt noch nicht erfolgt ist. Dabei ist konkret in Bezug auf das in § 21 Abs. 1 TKG vorgesehene Antragsrecht zunächst grundsätzlich zu unterscheiden zwischen dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Antragsrecht und der Antragsbefugnis1. Hier ist zunächst zu berücksichtigen, dass die jüngste Rechtsprechung mit Blick auf etwaige Klageverfahren zur Auferlegung von Verpflichtungen nicht in jedem Einzelfall verlangt, dass vor einer Klageerhebung auch ein Antrag im Verwaltungsverfahren bei der BNetzA gestellt worden ist2. Vielmehr soll es genügen, wenn in der betreffenden Regulierungsverfügung das mit dem Klageantrag verfolgte Begehren mit hinreichender Deutlichkeit bereits adressiert und abgelehnt worden ist3. Dies betrifft im Wesentlichen die Aspekte, welche die BNetzA in der Regulierungsverfügung aus dem Konsultationsverfahren aufgreift. Daraus folgt, dass mit dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Antragsrecht keine zwangsläufige Antragspflicht als Zulässigkeitsvoraussetzung korrespondiert. Gleichwohl ist es aus Rechtsschutzerwägungen ratsam, einen derartigen Antrag zu stellen, weil die Rechtsprechung bloße Stellungnahmen im vorangegangenen Konsultationsverfahren durch das Unternehmen selbst oder durch Verbände, denen das Unternehmen angehört, nur bei ausdrücklich zum Ausdruck gebrachten Willen, die Bescheidung eines bestimmten Begehrens zu erstreben, als Antragstellung gelten lässt4.
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1 Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 22 Rz. 43 f. 2 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 88 über www.justiz. nrw.de. 3 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 69 ff. über www.justiz. nrw.de. 4 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 85 ff. über www.justiz. nrw.de.
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240
G Rz. 241
Verfahren der Marktregulierung
241
Mit dem Antragsrecht ist dagegen noch keine Aussage darüber getroffen, dass eigene Rechte des Antragstellers bestehen1. Diese sind im Rahmen der Antragsbefugnis in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO (Klagebefugnis) zu prüfen. Dies setzt voraus, dass etwa § 21 TKG drittschützenden Charakter hat, also auch dem Schutz von Interessen Dritter (Schutznormtheorie) dient und der geschützte Personenkreis hinreichend individualisierbar ist2. Nach der hier vertretenen Auffassung ist eine derartige Antragsbefugnis jedenfalls für § 21 TKG gegeben3, die dann auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestünde. Von der Rechtsprechung des VG Köln wird ein derartiger drittschützender Charakter allerdings zunächst abgelehnt. Zwar verneint das VG Köln nicht schon die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis, weil die Möglichkeit der Rechtsverletzung angesichts der Notwendigkeit, hierbei komplexe Rechtsfragen beantworten zu müssen, nicht ausgeschlossen werden könne4. Indes fehle es an einem hinreichend individualisierten Personenkreis, weil sich die Zahl der Zugangsinteressenten letztlich nicht hinreichend von der Allgemeinheit unterscheiden lasse5. Zugleich zeige etwa der Hinweis § 21 Abs. 1 S. 1 TKG auf die Regulierungsziele des § 2 Abs. 2 (Nr. 2) TKG, dass hier der Wettbewerb als Institution geschützt werde und nicht die Interessen einzelner Wettbewerber6. Schließlich fehle es auch an der Unmittelbarkeit der ggf. berührten Interessen, weil auf der Ebene der Regulierungsverfügung ein eigentlicher Zugangsanspruch erst ausgelöst werde, die Regulierungsverfügung sich aber infolge der vorausgehenden Marktdefinition und Marktanalyse an den allgemeinen Wettbewerbsverhältnisses orientiere7. Dem kann nicht gefolgt werden.
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Zwar ist zuzugestehen, dass es bei § 21 TKG anders als etwa in § 25 TKG (§ 37 TKG 1996) oder § 42 TKG (§§ 33, 35 TKG 1996) nicht um die konkrete Anrufung durch einen Wettbewerber für den konkreten Einzelfall im Verhältnis zu einem anderen betroffenen Unternehmen geht8. Dieses Verständnis ist allerdings so eng, dass damit schon der baurechtliche Nachbarschutz in Frage gestellt wäre, weil es auch bei den baurechtlichen Schutznormen _______________
1 So auch konkret VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 127 ff. über www.justiz.nrw.de unter Hinweis auf § 42 Abs. 4 S. 5 (nach TKG-Änderungsgesetz nunmehr S. 6) TKG. 2 Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rz. 83 f. 3 Ebenso Berl.KommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 12; Jochum in: Wilms/Masing/ Jochum, TKG, § 21 Rz. 13 ff., a. A. Mayen, CR 2005, 22 f. 4 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 90 f. über www.justiz. nrw.de unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 10.10.2002, CR 2003, S. 574 (575 f.). 5 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 123 f. über www.justiz. nrw.de. 6 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 124 f. über www.justiz. nrw.de in Anlehnung an BVerwG, Urt. v. 10.10.2002, CR 2003, S. 574 (577). 7 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 130 über www.justiz. nrw.de. 8 So Mayen, CR 2005, 22 f.
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Rechtsschutz
Rz. 243 G
nicht zwangsläufig nur um ein Zweiparteienverhältnis geht. Entscheidend ist vielmehr, dass der berechtigte Personenkreis dadurch feststeht, dass die Gewährung jedenfalls des in § 21 TKG vorgesehenen Zugangs nur denjenigen Unternehmen offen steht, die diesen für die Zwecke der Erbringung von Telekommunikationsdiensten nachfragen (§ 3 Nr. 32 TKG)1. Dabei handelt es sich typischerweise um Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze sowie Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit, welche der Meldepflicht gemäß § 6 TKG unterliegen und die wegen § 6 Abs. 4 TKG sogar namentlich veröffentlicht sind. Auch mag man argumentieren, dass anders als unter dem TKG 1996 es mit der Regulierungsverfügung ja erst darum geht, subjektiv-öffentliche Rechte zu begründen, die im TKG 1996 bereits gesetzlich, etwa in Form der §§ 33, 35 bis 37 TKG 1996 bestanden (siehe oben Rz. 62). Allerdings ist nicht ersichtlich, warum gerade die Normen keinen drittschützenden Charakter haben sollen, deren Zweck eben darin liegt, konkrete (drittschützende) Ansprüche Dritter zu begründen. Solche Ansprüche ergeben sich etwa aus § 22 TKG, nach dem das zugangsverpflichtete Unternehmen verpflichtet ist, auf Nachfrage ein Vertragsangebot für den Zugang abzugeben. Hier lediglich auf den Schutz des Wettbewerbs als Institution abzustellen, verkennt, dass etwa im Rahmen der Auferlegung von Verpflichtungen nach § 21 TKG nach dessen Absatz 1 zwar die Regulierungsziele des § 2 Abs. 2 TKG zu berücksichtigen sind, gleichwohl aber der berechtigte Personenkreis wie dargestellt umschrieben und individualisiert bleibt. Insofern ist die hiesige Ausgangslage mit der Frage nach dem Anspruch auf umweltrechtliche Schutzauflagen vergleichbar2. Denn hier wie dort dienen Schutznormen dem Zweck, Dritte zu schützen, während die eigentliche Verpflichtung erst durch Verwaltungsakt konkretisiert wird. Überdies ist etwa im Rahmen der Auferlegung von Verpflichtungen nach § 18 TKG gerade keine vorherige Marktdefinition oder Marktanalyse erforderlich (siehe oben Rz. 215). Hinzu kommt, dass der europäische Richtliniengeber nicht nur in Art. 4 Rahmenrichtlinie eine Regelung getroffen hat, nach der jeder von einer Regulierungsentscheidung betroffene Anbieter Rechtsschutzmöglichkeiten haben soll; die erforderliche Betroffenheit steht mit den verwaltungsrechtlichen Grundsätzen der Schutznormtheorie nicht in Widerspruch3. Vielmehr zeigt der Wortlaut in Art. 12 Abs. 1 Zugangsrichtlinie, wo von „berechtigten Anträgen auf Zugang“ gesprochen wird, dass der Richtliniengeber auch im Rahmen des diese Bestimmung umsetzenden § 21 TKG von einer Individualisierung bei der Auferlegung von Verpflichtungen ausgeht. Daran zeigt sich, dass das hier auftretende Rechtsschutzproblem insbeson_______________
1 Ebenso Berl.KommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 12; Jochum in: Wilms/Masing/ Jochum, TKG, § 21 Rz. 19. 2 Dazu Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner-Wahl/Schütz, VwGO, § 42 Abs. 2 Rz. 150 ff. 3 VG Köln, Urt. v. 7.7.2006 – 11 K 2763/04, Absatz Nr. 62 über www.justiz.nrw.de.
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243
G Rz. 244
Verfahren der Marktregulierung
dere dadurch bedingt ist, dass der deutsche Gesetzgeber eine eigentliche europarechtlich unnötige Trennung von Regulierungsverfügung und Zugangsanordnung vorgenommen hat (siehe oben Rz. 209). Die Verweigerung eines drittschützenden Charakters jedenfalls von § 21 TKG verstößt damit gegen die europarechtlichen Vorgaben. Dies gilt umso mehr, als diese Sichtweise zur Folge hat, dass die Auferlegungsentscheidungen anders als Widerrufsentscheidungen (siehe oben Rz. 236) der BNetzA in Bezug auf Vorabverpflichtungen jeglicher gerichtlicher Kontrolle durch die hiervon zu begünstigenden Unternehmen entzogen werden. Der europäische Richtliniengeber wollte aber gerade diese Entscheidungen dem deutlich geringerer gerichtlicher Kontrolle unterliegenden Gesetzgeber entziehen und den nationalen Regulierungsbehörden überlassen (siehe oben Rz. 2, 62). Damit soll aber auch eine stärkere gerichtliche Kontrolle einhergehen, wie insbesondere die Regelungen in Art. 4 und 20 Rahmenrichtlinie zeigen. 244
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass wegen § 9 Abs. 2 TKG seitens der BNetzA kein Entschließungsermessen seitens der BNetzA darüber besteht, ob eine Verpflichtung aus dem Maßnahmenkatalog in § 13 Abs. 1 und 3 TKG auferlegt wird. Zumindest eine Verpflichtung aus dem Maßnahmenkatalog ist daher zwangsläufige Folge des Bestehens beträchtlicher Marktmacht und es dürfte unstreitig sein, dass jede der auferlegten oder aus der Auferlegung folgenden Verpflichtungen aus dem Maßnahmenkatalog auf der der Entgeltregulierung notwendig vorgelagerten Zugangsseite (§§ 18–21, 40, 41, 42 TKG) subjektiv-öffentliche Ansprüche Dritter bewirkt. Daraus folgt im übrigen, dass auch ein Anspruch des Dritten auf ermessenfehlerfreie Entscheidung über einstweilige Maßnahmen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG (dazu oben Rz. 75 ff.) besteht, sofern es um die genannten drittschützenden Verpflichtungsnormen des Maßnahmenkatalogs geht. Man mag allenfalls noch darüber streiten, ob sämtliche auferlegbaren Zugangsverpflichtungen den betroffenen Personenkreis für die Annahme des Drittschutzes hinreichend umschreiben (dazu im Einzelnen H. Rz. 297 ff.); für die §§ 21 und 18 TKG ist dies aber jedenfalls zu bejahen.
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Ob mit dem drittschützenden Charakter von beispielsweise § 21 TKG aber auch die Verpflichtung verbunden wäre, ein ggf. noch nicht erfolgtes Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren durchzuführen1, bedarf der näheren Untersuchung. Nach § 9 Abs. 2 TKG setzt die Auferlegung von Verpflichtungen etwa gemäß § 21 Abs. 2 oder 3 TKG das Bestehen beträchtlicher Marktmacht voraus. Die Voraussetzung des Bestehens beträchtlicher Marktmacht ist auch in § 21 Abs. 2 und Abs. 3 TKG selbst angesprochen. Dies bedeutet, dass die Auferlegung von Verpflichtungen nicht ohne die wie auch immer geartete Prüfung beträchtlicher Marktmacht erfolgen kann. Das hierfür vorgesehene Verfahren ist wegen § 9 Abs. 1 und 2 sowie wegen § 13 Abs. 1 und 3 TKG die Marktdefinition und Marktanalyse nach den §§ 10 _______________
1 Bejahend ohne nähere Begründung Neitzel/Müller, CR 2004, 662.
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Rechtsschutz
Rz. 246 G
und 11 TKG. Wenn und soweit etwa die Regelungen in § 21 Abs. 2 und 3 TKG drittschützenden Charakter haben, sind demnach zwei Folgerungen denkbar: 1. Weil die Auferlegung von Verpflichtungen beträchtliche Marktmacht voraussetzt, kommt diese solange nicht in Betracht, wie eine Marktdefinition und Marktanalyse nicht durchgeführt worden ist; oder 2. Weil die Auferlegung von Verpflichtungen beträchtliche Marktmacht voraussetzt, ist die BNetzA verpflichtet, eine Marktdefinition und Marktanalyse durchzuführen, um das Vorliegen der grundlegenden Voraussetzung für die Auferlegung von Verpflichtungen zu ermitteln. Mit anderen Worten geht es um die Frage, ob sich die BNetzA darauf zurückziehen kann, dass die Auferlegung einer beantragten Verpflichtung mittels Regulierungsverfügung nicht möglich ist, weil eine Marktdefinition und Marktanalyse für den relevanten Markt (auf den sich die Verpflichtung bezieht) noch nicht durchgeführt wurde. Nach der hier vertretenen Auffassung ist dies danach differenziert zu betrachten, ob es sich bei dem für die beantragte Verpflichtung relevanten Markt um einen Markt der Märkteempfehlung handelt oder nicht. Würde man die Beantragung von Verpflichtungen bei gleichzeitiger Pflicht der BNetzA zur Durchführung von Marktdefinition und Marktanalyse für beliebige Märkte annehmen, die im Ergebnis außerhalb des in § 10 Abs. 1 und 2 TKG vorgesehenen Rahmenprogramms liegen, könnte dies zu einer ausufernden Aktivität führen, die dem selektiven, d. h. auf bestimmte Märkte konzentrierten Regulierungskonzept (siehe oben Rz. 4 f. 60 ff.) grundsätzlich zuwiderläuft. Insofern muss es zunächst bei der kartellrechtlichen Wettbewerbsaufsicht bleiben (dazu näher sogleich Rz. 249 ff.). Geht es aber andererseits um Märkte der Märkteempfehlung, so steht hierdurch wegen der Bindungswirkung bzw. Berücksichtigungspflicht seitens der BNetzA (siehe oben Rz. 131 ff.) das Verfahrensprogramm grundsätzlich fest, zumal insoweit die gesetzliche Vermutung besteht, dass diese Märkte regulierungsbedürftig sind (siehe oben Rz. 135). Diese Vermutung wirkt zugunsten des betreffenden Antragstellers. Dies gilt auch bei Änderungen der Märkteempfehlung, wie § 14 TKG zeigt. In diesen Fällen ist daher weiter zu fragen, oder der etwa in § 21 TKG enthaltene Hinweis auf die beträchtliche Marktmacht ein bereits durchgeführtes Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren voraussetzt oder nicht. Dies ist zu verneinen. Wenn nämlich § 13 Abs. 3 TKG vorschreibt, dass die Festlegungen aus Marktdefinition und Marktanalyse gemeinsam mit der Auferlegung von Verpflichtungen erfolgen, so bliebe für das in § 21 TKG vorgesehene Antragsrecht nur dann Raum, wenn zusätzlich zu der von Amts wegen ergangenen Regulierungsverfügung1 die Auferlegung weiterer Verpflichtungen gewünscht würde. Das _______________
1 Der grundsätzlichen Verpflichtung aus § 9 Abs. 2 TKG i. V. m. der Verpflichtung aus § 10 Abs. 1 TKG folgend (siehe oben Rz. 118 f., 216).
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246
G Rz. 247
Verfahren der Marktregulierung
Antragsrecht wäre damit nur auf die zweite Stufe des gestuften Marktregulierungsverfahrens (siehe oben Rz. 64) beschränkt, obwohl § 13 Abs. 3 TKG die erste Stufe der Marktdefinition und Marktanalyse mit der zweiten Stufe gerade zusammenfasst. Man mag dies für richtig halten, aber wenn der Rechtsschutz für die Ergebnisse von Marktdefinition und Marktanalyse nur gemeinsam mit der Auferlegung von Verpflichtungen mittels Regulierungsverfügung möglich ist, dann liegt es näher, sozusagen spiegelbildlich zu verlangen, dass die BNetzA im Rahmen eines zulässigen Antrags auf Erlass einer Regulierungsverfügung nach § 13 Abs. 1 und 3 i. V. m. § 21 TKG auch verpflichtet ist, das der Regulierungsverfügung notwendig vorausgehende (vorgreifliche) Verfahren für Marktdefinition und Marktanalyse durchzuführen. Dass es sich nach dem TKG dennoch um zwei Verfahren handelt1, ist dabei unerheblich. Dies gilt freilich nur, wenn diesbezügliche Festlegungen noch nicht existieren. 247
Diesem Ergebnis kann nicht entgegengehalten werden, dass damit letztlich ein Antragsrecht für die Durchführung von Marktdefinition und Marktanalyse durch die Hintertür eingeführt wird, das vom Gesetzgeber in § 14 TKG bewusst nicht aufgenommen worden ist (siehe oben Rz. 203, 233). Denn es geht im Rahmen der obigen Ausführungen nicht um ein beliebiges Beantragen von Verpflichtungen und damit verbundene beliebige Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren, sondern vielmehr um die Auferlegung von Verpflichtungen innerhalb des der BNetzA durch die Märkteempfehlung vorgegebenen Verfahrens- und Entscheidungsprogramms. Auch kann nicht eingewendet werden, dass hierdurch umfangreiche Verfahrensschritte im Rahmen des Verfahrens der Marktregulierung ausgelöst werden. Denn wegen § 13 Abs. 1 S. 1 TKG muss die BNetzA auch bei auf Antrag aufzuerlegenden Verpflichtungen Konsultations- und Konsolidierungsverfahren nach § 12 TKG durchführen (siehe auch Art. 8 Abs. 4 S. 2 Rahmenrichtlinie). Vor diesem Hintergrund ist die Frage, ob die BNetzA verpflichtet ist, ein noch nicht erfolgtes Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren durchzuführen ohnehin als eine Besonderheit des deutschen TKG anzusehen, weil es die diesbezüglichen Konsultations- und Konsolidierungsverfahren von denjenigen Verfahren für die aufzuerlegenden Maßnahmen (engl. Remedies) mittel Regulierungsverfügung trennt (siehe oben Rz. 66). Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die aus dem Maßnahmenkatalog des § 13 Abs. 1 und 3 TKG möglichen Verpflichtungen dem Fehlen wirksamen Wettbewerbs entgegenwirken sollen und somit eine Schutz- und Ausgleichsfunktion für Wettbewerber gegenüber dem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht besitzen. Könnte sich die BNetzA diesem Auftrag unter Hinweis auf eine noch nicht durchgeführte Marktdefinition und Marktanalyse entziehen, wären die Wettbewerber letztlich recht- und schutzlos gestellt, wenn die BNetzA ihren gesetzlichen Auftrag zur Durchführung von Marktdefinition und Marktanalyse gemäß § 10 Abs. 1 und § 14 TKG nicht oder _______________
1 Berl.KommTKG/Gurlitt, § 13 Rz. 28.
736 | Heun
Verhältnis Marktregulierung nach dem TKG zu Vorschriften des Kartellrechts Rz. 249 G
nicht zeitgerecht ausführt. Wie oben (Rz. 139 ff., 187 ff., 220 ff.) aufgezeigt, hat die BNetzA die Konsultations- und Konsolidierungsverfahren für die Märkte der Märkteempfehlung auch weit über zwei Jahre nach Inkrafttreten des TKG nicht abgeschlossen. Egal, welche Gründe hierfür ausschlaggebend sind, bedeutet dies, dass die BNetzA den von der EU-Kommission selbst vorgesehenen Überprüfungszeitpunkt für die Märkteempfehlung im Jahr 2006 (siehe oben Rz. 57) überschritten hat, also mit dem ersten Durchgang zu einem Zeitpunkt noch nicht fertig ist, an dem die EU-Kommission bereits die Vorgaben für den zweiten Durchgang plant. In einer solchen Situation erfordert es das Gebot des effektiven Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG, die BNetzA als verpflichtet anzusehen, sämtliche verfahrensseitigen Voraussetzungen zu schaffen, wenn ein zulässiger Antrag nach § 21 TKG gestellt wurde. Dementsprechend ist die BNetzA in solchen Fällen auch verpflichtet, das erforderliche Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren einzuleiten. Konsequenterweise gilt dies wegen § 9 Abs. 2 TKG auch für die Fälle der besonderen Missbrauchsaufsicht (siehe oben Rz. 60), die gemäß § 42 Abs. 4 TKG auf Antrag eingeleitet werden. Dem steht nicht die kürzlich ergangene Entscheidung des VG Köln entgegen, wo das Gericht die Anwendbarkeit von § 42 TKG mangels Marktdefinition und Marktanalyse für den relevanten Markt verneint hat1. Zum einen hatte sich das Gericht soweit ersichtlich nicht mit der Frage zu befassen, ob die BNetzA verpflichtet gewesen wäre, das Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren durchzuführen. Zum anderen war ein Markt streitgegenständlich, der außerhalb der Märkteempfehlung lag.
248
12. Verhältnis der Marktregulierung nach dem TKG zu den Vorschriften des Kartellrechts Verhältnis Marktregulierung nach dem TKG zu Vorschriften des Kartellrechts
Wie bereits erwähnt (Rz. 246), kommt der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht nach dem GWB trotz der vielfältigen Regulierungsmöglichkeiten der BNetzA weiterhin Bedeutung zu2. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass das TKG durch die besondere Missbrauchsaufsicht in § 42 TKG sowie die nachträgliche Entgeltregulierung in §§ 38, 28 TKG Instrumentarien beinhaltet, die eigentlich der nachträglichen kartellrechtlichen Wettbewerbsaufsicht entstammen (siehe auch oben Rz. 5, 60). Nach § 2 Abs. 3 TKG bleiben die Vorschriften des GWB, soweit nicht durch das TKG ausdrücklich abschließende Regelungen getroffen werden, anwendbar. Ebenso bleiben die Aufgaben und Zuständigkeiten der Kartellbehörden, also insbesondere des BKartA (wie auch der EU-Kommission, Art. 82 EGV), unberührt. _______________
1 VG Köln, Urt. v. 21.12.2005 – 21 K 1200/05, CR 2006, 239 mit Anm. Dahlke. 2 Instruktiv zum Verhältnis zwischen TKG und dem Kartellrecht: Topel, ZWeR 2006, 27.
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249
G Rz. 250
Verfahren der Marktregulierung
250
Aus der Abgrenzungsregelung in § 2 Abs. 3 TKG ergibt sich zunächst, dass die Kartellbehörden jedenfalls für solche Märkte zuständig sind, die von der BNetzA (noch) nicht analysiert wurden oder auf denen die BNetzA im Rahmen der Prüfung des Drei-Kriterien-Tests eine Regulierungsbedürftigkeit nicht festgestellt hat. Im ersten Fall ergibt sich dies schon daraus, dass mangels Marktanalyse das TKG so oder so (noch) keine abschließende Regelung beanspruchen könnte. Im zweiten Fall liegt dies daran, dass eines der drei in § 10 Abs. 2 TKG aufgeführten Kriterien ja gerade darin besteht, dass auf dem relevanten Markt die Anwendung des allgemeinen Wettbewerbsrechts allein nicht ausreicht, um dem betreffenden Marktversagen entgegenzuwirken (siehe oben Rz. 125 ff.). Jedenfalls vor diesem Hintergrund ist die Regelung des § 123 Abs. 1 TKG zu sehen, die offensichtlich davon ausgeht, dass das BKartA auch Verfahren nach den §§ 19 und 20 GWB im Bereich der Telekommunikation führen kann.
251
Damit bleiben die Konstellationen übrig, in denen die BNetzA eine Marktdefinition und Marktanalyse durchgeführt hat und entweder zum Ergebnis gekommen ist, dass wirksamer Wettbewerb besteht oder infolge des Fehlens von wirksamem Wettbewerb eine Regulierungsverfügung erlassen hat, die den Anwendungsbereich der weiteren Marktregulierung durch das TKG, einschließlich der besonderen Missbrauchsaufsicht und der nachträglichen Entgeltregulierung eröffnet. Für beide Fälle ist eine Verdrängung der kartellrechtlichen Marktaufsicht durch das TKG aber nicht gegeben. Dies folgt schon daraus, das entsprechend dem Wortlaut in § 2 Abs. 3 TKG keine Regelung im TKG zu finden ist, die ausdrücklich eine abschließende Regelung gegenüber dem GWB vorsieht. Im Gegenteil besteht lediglich die bereits zitierte Bestimmung des § 123 Abs. 1 TKG, die Verfahren nach den §§ 19 und 20 GWB im Bereich der Telekommunikation durch das BKartA gerade voraussetzt.
252
Ebenso wenig lässt sich argumentieren, dass die Formulierung in § 2 Abs. 3 TKG dahingehend zu interpretieren ist, dass sie die Grundsätze der (materiellen) Subsidiarität bzw. Spezialität unberührt lasse mit der Folge, dass das TKG je nach Anwendungsbereich für den konkreten Sachverhalt Vorrang (Subsidiarität) oder Ausschlusswirkung (Spezialität) beanspruche1. Dies wird im weiteren damit begründet, mit den §§ 28, 30 ff., 38 Abs. 2, 39 Abs. 2, 42 TKG habe der Gesetzgeber „beredt“ zum Ausdruck gebracht, dass hierdurch die Vorschriften des GWB verdrängt werden sollten2. Diese, vornehmlich auf die Gesetzesbegründung zum ähnlich lautenden § 2 Abs. 3 TKG 19963 gestützte Begründung, übersieht zunächst die grundsätzliche Systematik der Regulierung nach dem TKG 2004 anhand der europarechtlichen Vorgaben. War das TKG 1996 noch vornehmlich ein Marktöffnungsgesetz, soll durch _______________
1 So Berl.KommTKG/Säcker, Einl. Rz. 39 ff., § 2 Rz. 21. 2 Berl.KommTKG/Säcker, § 2 Rz. 21. 3 Die Regelung enthielt freilich nicht den Zusatz der „ausdrücklich abschließenden Regelungen“.
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Verhältnis Marktregulierung nach dem TKG zu Vorschriften des Kartellrechts Rz. 254 G
das Richtlinienpaket 2002 gerade nur sektorspezifisch in bestimmten Märkten mittels Vorabverpflichtungen reguliert werden (siehe oben Rz. 5). Die Struktur des TKG 2004 wie auch des Richtlinienpakets 2002 gehen damit grundsätzlich davon aus, dass die kartellrechtliche Marktaufsicht immer vorhanden ist, und nur bestimmte Märkte zusätzlicher Maßnahmen bedürfen. Die hierfür vorgesehenen Vorabverpflichtungen, auch wenn sie wie die kartellrechtliche Marktaufsicht der §§ 19, 20 GWB formuliert sind (wie etwa §§ 19, 28, 42 TKG) haben eine andere Zweckrichtung als die einzelfallbezogene Verhaltenskontrolle des GWB. Sie haben grundsätzlich den Charakter präventiver Gebote und nicht lediglich repressiver Verbote1. Auch wenn dies nicht auf alle Verpflichtungen im TKG zutreffen mag2, gehen jedenfalls die Durchsetzungsmechanismen in §§ 25, 42 und 133 TKG über diejenigen des GWB hinaus. Gerade deswegen ist die Anwendung der Grundsätze von Spezialität und Subsidiarität problematisch, weil sich die Rechtsfolgen unterscheiden (können). Zugleich wird aber durch den für die Vorabregulierung erforderlichen DreiKriterien-Test sichergestellt, dass es sich bei der Marktregulierung nach dem TKG um ein Instrumentarium handelt, dass ergänzend (nicht verdrängend) zur kartellrechtlichen Marktaufsicht hinzutritt. Warum sonst sollte das bereits erwähnte, in § 10 Abs. 2 TKG ausdrücklich enthaltene Kriterium, dass auf dem relevanten Markt die Anwendung des allgemeinen Wettbewerbsrechts allein nicht ausreicht, um dem betreffenden Marktversagen entgegenzuwirken, gerade so formuliert sein, dass hier die Marktregulierung dem Kartellrecht nicht allein überlassen bleiben soll3. Dem lässt sich auch nicht die Besonderheit des deutschen TKG entgegenhalten, dass mit §§ 42, 38 und 28 TKG Aufsichtsregelungen aufgenommen wurden, die der europäische Rahmen in dieser Form nicht vorsieht (weil er sie nicht für Vorabverpflichtungen hält). Denn insbesondere das Diskriminierungsverbot in § 19 TKG, welches seine Entsprechung in Art. 10 Zugangsrichtlinie (Gleichbehandlungsverpflichtung) findet, hat kaum zu leugnende Ähnlichkeit mit Art. 82 S. 2 lit. c) EGV. Damit geht auch das Richtlinienpaket von einem Nebeneinander der kartellrechtlichen und der regulierungsrechtlichen Marktaufsicht aus.
253
Für die besondere Missbrauchsaufsicht des § 42 TKG ist jedenfalls die Parallelität von Regulierungsverfahren und zivilgerichtlichen Verfahren bereits durch die Rechtsprechung bestätigt worden4, wenngleich es hier nicht um die Frage der parallelen Anwendbarkeit der §§ 19, 20 GWB, sondern um das UWG und die parallele Vorgehensweise vor der BNetzA und den Zivil-
254
_______________
1 2 3 4
A. A. Topel, ZWeR 2006, 31. So nicht zu Unrecht Topel, ZWeR 2006, 31 f. Ebenso Topel, ZWeR 2006, 47. LG Frankfurt, Urt. v. 22.4.2005 – 3/11 O 133/04 MMR 2005, 551 mit Anm. Müller/ Berger und unter Verweis auf die zum TKG 1996 ergangene Entscheidung des OLG Düsseldorf, MMR 2004, 247.
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G Rz. 255
Verfahren der Marktregulierung
gerichten ging. Damit war ein Verstoß gegen § 42 TKG zugleich Mittel zum Zwecke der Feststellung von Verstößen gegen das UWG. Indes besteht auch Rechtsprechung zur ähnlich gelagerten Frage der parallelen Anwendbarkeit der §§ 19, 20 GWB vor dem Hintergrund des Postrechts, das in § 32 PostG eine sektorspezifische Missbrauchsaufsicht enthält wie früher § 33 TKG 1996 (und heute § 42 TKG). Hier wurde unter Verweis auf die insoweit gleichlautende Vorgängerregelung des § 123 Abs. 1 TKG (siehe oben Rz. 250 f.), auf die das PostG verweist, festgestellt, dass eine parallele Zuständigkeit des BKartA jedenfalls so lange bestehe, wie die Regulierungsbehörde noch keine abschließende Entscheidung getroffen habe1. Dies ist in ähnlicher Weise von der Rechtsprechung zwischenzeitlich auch für das TKG argumentiert worden2. Freilich würde dies bedeuten, dass nach erfolgter Entscheidung der BNetzA das BKartA nicht über den gleichen Sachverhalt entscheiden könnte. Diese Einschränkung ist abzulehnen, weil eine solche Bindungswirkung vom BGH nicht einmal einer Entgeltgenehmigung nach dem TKG gegenüber einem etwaigen Verstoß des Entgelts gegen Art. 82 EGV zugebilligt wird3.
13. Fazit und Ausblick 255
In der Regulierungspraxis hat sich über die Jahre eine Tendenz gezeigt, in der sich der Schwerpunkt vom Marktzutritt zur Marktordnung und innerhalb der Marktordnung von der Zugangs- zur Entgeltregulierung verlagert hat. Dementsprechend ist das Ziel des TKG 2004, die sektorspezifische Regulierung zurückzunehmen, auch durchaus sinnvoll. Deutlich geworden ist aber auch, dass Gesetzgebung und Regulierungspraxis in Deutschland häufig des Drucks seitens der europäischen Institutionen bedurften. Beide Tendenzen scheinen sich unter dem TKG 2004 fortzusetzen, ergänzt um Unsicherheiten, die sich aus der zu lange andauernden Umsetzung des neuen rechtlichen Regimes ergeben.
256
In seinem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu Fragen des Umfangs von fortgeltenden Verpflichtungen aus dem TKG 1996 hat das BVerwG festgestellt4 (Hervorhebungen nur hier), dass das Konzept des TKG 2004 auf der Durchführung von Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren beruhe, anhand derer die BNetzA die Notwendigkeit der Regulierung festzustellen habe. Dabei könne sich die Behörde nicht beliebig Zeit lassen; vielmehr müsse sie das Verfahren mit der gebotenen Beschleunigung durchführen, um der vom Gesetzgeber beschlossenen neuen Regulierungskonzeption so _______________
1 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.4.2005 – VI-Kart 3/05 (V), MMR 2005, 542 mit Anm. Attendorn. 2 LG Köln, Urt. v. 20.4.2006 – 84 O 16/06, Absatz Nr. 23 über www.justiz.nrw.de. 3 BGH, NVwZ-RR 2005, 815 (816 f.). 4 BVerwG, Beschl. v. 17.5.2006 – 6 C 14.05, S. 25 des amtlichen Umdrucks.
740 | Heun
Fazit und Ausblick
Rz. 257 G
bald wie möglich Geltung zu verschaffen. Es entspreche daher der Konzeption des neuen Rechts, wenn die BNetzA durch zügigen Abschluss des Verfahrens die Voraussetzung dafür schaffe, dass das TKG 2004 angewendet werden könne. Diesen Auftrag hat die BNetzA in großen Teilen verfehlt. Über zwei Jahre nach Inkrafttreten des TKG sind die Konsultations- und Konsolidierungsverfahren zu der Märkteempfehlung noch nicht beendet. Die in Kraft befindlichen Regulierungsverfügungen datieren mit einer Ausnahme erst ab Ende 2005. Dies wird auch von der Monopolkommission bemängelt1. Sollte sich zudem die vom BVerwG im Vorabentscheidungsersuchen geäußerte Auffassung durchsetzen, die Übergangsregelung des § 150 Abs. 1 TKG führe dazu, dass auch gesetzliche Gebote des TKG 1996 bei entsprechender Anwendung des TKG 1996 (!) fortgelten (siehe dazu A, Rz. 92 ff.), ergäbe sich die peinliche Erkenntnis, dass weit über zwei Jahre nach Außerkrafttreten des TKG 1996 (§ 152 TKG) noch immer das alte Recht anzuwenden wäre; und zwar deswegen, weil Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren noch nicht abgeschlossen waren. Aber auch ohne diese Peinlichkeit hat die BNetzA dem Markt eine unerträgliche Verfahrensdauer zugemutet. Dabei kann zugleich festgestellt werden, dass die EU-Kommission im Rahmen der Konsolidierungsverfahren die ihr zustehenden Reaktionszeiträume in der Regel nicht ausgeschöpft hat, obwohl sie es mit sämtlichen nationalen Regulierungsbehörden zu tun hat. Die Gründe für die lange Verfahrensdauer sind sicher nicht nur, aber auch bei der BNetzA zu suchen und müssen hier wie dort abgestellt werden2. Vor diesem Hintergrund ist es zu wünschen, dass sich die EU-Kommission mit ihrem Vorhaben durchsetzt, das Konsolidierungsverfahren zu straffen und zeitliche Vorgaben für die Durchführung der Verfahren vorzusehen (siehe oben Rz. 51 f.). Mit Blick aus das Vorgehen der BNetzA ist zu hoffen, aber auch zu fordern, dass jedenfalls mit Abschluss des ersten Durchgangs der Marktregulierungsverfahren für die Märkte der Märkteempfehlung die Praxis der Trennung von Marktdefinition und Marktanalyse von den Maßnahmen der Regulierungsverfügung bei den Konsultations- und Konsolidierungsverfahren aufgegeben wird.
_______________
1 Monopolkommission, Wettbewerbsentwicklung bei der Telekommunikation 2005: Dynamik unter neuen Rahmenbedingungen, Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 121 Abs. 5 TKG v. 15.12.2005, S. 4 f. 2 So auch die Monopolkommission, Wettbewerbsentwicklung bei der Telekommunikation 2005: Dynamik unter neuen Rahmenbedingungen, Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 121 Abs. 5 TKG v. 15.12.2005, S. 4 f.
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257
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H. Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht 1. Einführung Die deutschen Telekommunikationsmärkte sind aufgrund des TKG 1996 seit dem 1.1.1998 vollständig liberalisiert und für den Wettbewerb geöffnet worden. Gleichwohl sind die Marktteilnehmer auf den Zugang zu Einrichtungen und Diensten der etablierten Unternehmen sowie auf die Zusammenschaltung von Netzen angewiesen. Denn speziell zu Anfang der Geschäftsaufnahme, aber auch im späteren Geschäftsbetrieb, sind Zugänge und Zusammenschaltungen wirtschaftlich notwendig und sinnvoll. Zum einen, weil die Aufbaukosten eigener Netzinfrastrukturen in den ersten Jahren etwaige Zugangs- und Zusammenschaltungskosten mit einem etablierten Unternehmen wesentlich übersteigen. Zum anderen, weil eigene Netze nicht sofort verfügbar sind, da ihr Ausbau eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt und nicht jede Region einen derartigen finanziellen Aufwand für eigene Infrastrukturen wirtschaftlich rechtfertigt. Ein effektiver Wettbewerb ist daher insbesondere zu Beginn auf den Zugang zu bestehenden Kapazitäten angewiesen. Daneben hängen neue Markteilnehmer auch längerfristig in hohem Maße von Vorleistungsprodukten marktbeherrschender Unternehmen ab, die als einzige über eine flächendeckende Infrastruktur und vollständige Anbindung der Endkunden verfügen. Diese Abhängigkeit ist darauf zurückzuführen, dass unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit neue Marktteilnehmer nur selten Vorleistungsprodukte selbst erbringen können. Sie müssen diese daher von marktbeherrschenden Unternehmen im Wege des Zugangs oder von Zusammenschaltungen als Grundlage eigener Diensteangebote beziehen.
1
Zudem gewährleisten Zugang und Zusammenschaltungen die Kommunikation von Nutzern verschiedener Netze und dienen damit dazu, neben den Vorschriften zum Universaldienst einer „indirekten“ Sicherstellung der in Art. 87 f. GG normierten Verpflichtung des Staates, eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Telekommunikationsdienstleistungen zu gewährleisten.
2
Vor der vollständigen Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte gewährleistete eine flächendeckende Versorgung allein die Deutsche Bundespost als Teil des damaligen Bundesministeriums für Post und Fernmeldewesen aufgrund ihres national bestehenden Telekommunikationsmonopols, später dann die Deutsche Bundespost Telekom und schließlich die DTAG auf Basis der vorbestehenden Monopolstrukturen. Ein Bedarf an Zugang zu Einrichtungen und Diensten und Zusammenschaltung von Netzen auf nationaler Ebene bestand daher bis dahin kaum. Erst durch die Liberalisierung und Öffnung der Telekommunikationsmärkte für den Wettbewerb
3
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H Rz. 4
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
ergab sich die Notwendigkeit, Wettbewerbern den Zugang zur ehemaligen Monopolinfrastruktur und eine netzübergreifende Kommunikation zwischen den Kunden verschiedener Netze zu gewährleisten. Dies ist die notwendige ordnungspolitische Konsequenz aus der Entscheidung zugunsten einer Marktöffnung der Telekommunikationsmärkte in einem zuvor monopolistisch geprägten Umfeld. 4
Im Gegensatz hierzu haben ehemalige Staatsunternehmen und nunmehr noch marktbeherrschende Anbieter meist kein Interesse, neuen Marktteilnehmern, d. h. potenziellen Wettbewerbern, den Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten zu gestatten, weil dies mit dem Verlust von Marktanteilen, Umsätzen und Kunden verbunden ist. Eine freiwillige Zugangsgewährung seitens marktbeherrschender Unternehmen zu betriebswirtschaftlich und wettbewerblich verträglichen Konditionen ist daher kaum zu erwarten und auch, wie die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt haben, nicht eingetreten. Ein Konflikt zwischen marktbeherrschenden Unternehmen und neuen Marktteilnehmern war und ist unausweichlich.
5
In dieser Konfliktsituation haben die Vorschriften des TKG 1996 zur Gewährleistung von Zugang und Zusammenschaltungen zwischen den Interessen der Wettbewerber auf der einen Seite sowie der marktbeherrschenden Unternehmen auf der anderen Seite einen Ausgleich geschaffen. Das TKG 1996 griff dabei auf das Modell einer asymmetrischen Regulierung zurück: Danach wurden die staatlichen Rahmenbedingungen in der Telekommunikation nicht lediglich dereguliert, sondern in der Weise „re-reguliert“, dass chancengleicher Wettbewerb durch die neu hinzutretenden Anbieter ermöglicht und ein funktionsfähiger Wettbewerb durch regulierende Eingriffe in das Marktverhalten beherrschender Unternehmen gefördert wurde1. Als „asymmetrisch“ ist die Regulierung deshalb zu bezeichnen, weil sie marktbeherrschende Unternehmen weiterreichenderen gesetzlichen Restriktionen und Verpflichtungen unterwirft als andere Unternehmen, so beispielsweise einer besonderen Regulierung der Entgelte, der sektorspezifischen Missbrauchsaufsicht und des Zugangs. Dem lag die Erwägung zugrunde, dass der Markt für Telekommunikationsdienstleistungen auch nach Wegfall der früheren Monopole noch für einen längeren Zeitraum von der Deutschen Telekom AG (DT AG) beherrscht sein wird.
6
Zwar hat das TKG 2004 diesen asymmetrischen Regulierungsansatz des TKG 1996 und das zentrale Anliegen beibehalten, funktionsfähigen Wettbewerb zu gewährleisten2. Allerdings wird mit dem TKG 2004 zugleich weitgehend der unmittelbar gesetzlich geprägte Regulierungsansatz des TKG 1996 wieder aufgehoben. Nur noch wenige Verpflichtungen der Marktteilnehmer bestehen unmittelbar als gesetzliche Verpflichtungen, wie etwa die Ange_______________
1 Vgl. Gesetzesbegründung zum TKG 1996, BT-Drucks. 13/3609, S. 34. 2 Siehe Gesetzesbegründung zum TKG 2004, BT-Drucks. 15/2316, S. 55.
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Einführung
Rz. 8 H
bots- bzw. Verhandlungspflicht für Zusammenschaltungen in § 16 TKG gegenüber § 36 TKG 1996. Der Großteil der Zugangsverpflichtungen erfordert vielmehr ein vorgeschaltetes Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren (dazu G.), in dessen Folge Art und Umfang der Verpflichtungen im Ermessen der BNetzA stehen. Dabei soll die Auferlegung von Regulierungsverpflichtungen grundsätzlich auf Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht (bzw. einer marktbeherrschenden Stellung1) in ausgewählten Märkten beschränkt bleiben. Dies folgt aus den europarechtlichen Vorgaben, welche die Regulierung der Telekommunikationsmärkte grundsätzlich zugunsten einer technologieneutralen Betrachtung sämtlicher elektronischer Kommunikationsdienste und des allgemeinen Wettbewerbs- bzw. Kartellrechts reduzieren sowie den Spielraum für Regulierungsmaßnahmen zugunsten der nationalen Regulierungsbehörden erweitern und zulasten der nationalen Gesetzgeber verringern. Das TKG dient damit im Rahmen der Zugangsregulierung vornehmlich dem Zweck, die europarechtlich vorgesehenen Spielräume der BNetzA darzustellen und zu präzisieren2. Historisch betrachtet werden damit der BNetzA Handlungsvollmachten zurückgegeben, die bereits im Fernmeldeanlagengesetz 1989 vorhanden und mittels des TKG 1996 ordnungspolitisch auf die Ebene des Gesetzes verlagert worden waren3. In den Abschnitten 2 und 5 von Teil 2 des TKG sind dementsprechend die früher im dritten und vierten Teil des TKG 1996 vorgesehenen Regelungen enthalten, welche die Rechte und Pflichten im Verhältnis der Marktteilnehmer zueinander zum Gegenstand haben. Die in Abschnitt 2 zusammengefasste „Zugangsregulierung“ ist dabei der zentrale Bereich für Zugangsverpflichtungen, die insbesondere durch Regulierungsverfügung der BNetzA (dazu G. Rz. 204 ff.) auferlegbar sind. Dieser Regelungsbereich hängt daher eng mit dem Verfahren der Marktregulierung in Abschnitt 1 (dazu G.) zusammen, weil Abschnitt 2 die materiellen Rahmenbedingungen für den Inhalt etwaiger Regulierungsverfügungen festlegt. Abschnitt 5 regelt demgegenüber die besondere Missbrauchsaufsicht nach dem TKG. Abschnitt 3 enthält die Entgeltregulierung (dazu I.), während Abschnitt 4 zusätzlich auferlegbare Verpflichtungen beinhaltet, die dem Bereich des Kundenschutzes angehören (dazu K.).
7
Bei genauer Betrachtung sind allerdings die Rechte und Pflichten im Verhältnis der Marktteilnehmer zueinander nicht abschließend in Teil 2 des Gesetzes geregelt (zu diesem Komplex siehe unten Rz. 510 ff.). Derartige Regelungen finden sich auch über das gesamte TKG verstreut, wie etwa die Bereitstellung von Teilnehmerdaten in § 47 TKG und die Mitbenutzung von Telekommunikationslinien in § 70 TKG. Außerdem ergeben sich aus
8
_______________
1 Die Begriffe „beträchtliche Marktmacht“ und „marktbeherrschende Stellung“ sind als Synonyme zu verstehen; siehe G. Rz. 18. 2 Gesetzesbegründung zum TKG 2004, BT-Drucks. 15/2316, S. 55. 3 Dazu Heun, CR 2005, 725 (730).
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H Rz. 9
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
den GSM- und UMTS-Lizenzen weitere derartige Verpflichtungen (vgl. § 150 Abs. 4 TKG), die ggf. auch im Rahmen von Vergabeverfahren für Frequenzzuteilungen künftig denkbar sind (siehe § 61 Abs. 7 TKG). Dieser systematische Bruch erklärt sich freilich daraus, dass es sich bei den genannten Verpflichtungen nicht um solche Verpflichtungen handelt, die (nur) mittels Regulierungsverfügung nach § 13 TKG, ggf. im Anschluss an ein Marktdefinitions- und Marktregulierungsverfahren auferlegt werden (siehe G. Rz. 28, 37).
2. Rechtliche Grundlagen und Vorgaben 9
Anders als noch unter dem Regime des TKG 1996 findet sich im TKG 2004 keine nach Rechtsakten gestufte Regelung der rechtlichen Grundlagen. Die unter dem TKG 1996 ergangene Netzzugangsverordnung (NZV) ist gemäß § 152 Abs. 2 TKG ebenso außer Kraft getreten wie die Telekommunikations-Entgeltregulierungsverordnung (TEntgV) und § 4 TelekommunikationsKundenschutzverordnung (TKV)1. Sämtliche gesetzlichen Regelungen zum Zugang sind nunmehr im TKG grundsätzlich selbst geregelt. Verordnungsermächtigungen in Bezug auf die Zugangsregulierung bestehen nicht (siehe auch A. Rz. 12).
10
Durch die vorläufige Fortgeltung der TKV mit Ausnahme des § 4 TKV stellte sich allerdings die Frage, inwieweit dort enthaltene Bestimmungen, die heute der Zugangsregulierung des TKG unterliegen, weiterhin Geltung beanspruchen. So insbesondere mit Blick auf § 15 TKV, der die Verpflichtung sämtlicher Anbieter eines (Endnutzer-)Zugangs enthielt, auch die Entgelte Dritter für über diesen Zugang in Anspruch genommenen Netzdienstleistungen in der Rechnung auszuweisen. Nach § 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG handelt es sich hierbei nämlich nunmehr um einen Verpflichtung, die lediglich gegenüber Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auferlegbar ist. Bei dieser Frage durfte man freilich die Bestimmungen des TKG aufgrund der Normhierarchie gegenüber der TKV sowie angesichts der lex posterior-Auslegungsregel2 als die gegenüber der TKV vorrangigen Regelungen ansehen. Soweit ersichtlich, ist diese Frage auch nicht praxisrelevant geworden und hat sich mit dem Außerkrafttreten der TKV zum 24.2.2007 infolge des TKGÄnderungsgesetzes vom 18.2.20073 erledigt. Mit dem TKG-Änderungsgesetz sind abgesehen von der Umsetzung der Kunden- und Verbraucherschutzregelungen auch Änderungen in Bezug auf die Zugangsregulierung verbunden.
_______________
1 Die Regelung in § 4 TKV enthielt u. a. ein Diskriminierungsverbot für Netzbetreiber gegenüber Diensteanbietern. 2 Das spätere Gesetz (lex posterior) verdrängt das frühere (lex prior). 3 BGBl. I, S. 106.
746 | Heun
Rz. 13 H
Rechtliche Grundlagen und Vorgaben
2.1 Europarechtliche Grundlagen: „Essential Facilities Doktrin“ Bevor auf europarechtliche Vorgaben, insbesondere das Richtlinienpaket 2002 eingegangen wird, gilt es zunächst, die Bedeutung der „Essential Facilities Doktrin“ für den Telekommunikationssektor herauszustellen, auf welche die gesamte europäische Regulierung im Telekommunikationsbereich bisher zurückgegriffen hat. Zwar vertritt die EU-Kommission die Auffassung, dass diese Doktrin für die Marktregulierung nach dem Richtlinienpaket 2002 eine eher untergeordnete Bedeutung hat1 (siehe auch G. Rz. 103). Gleichwohl basieren zum einen die Zugangsregulierung ebenso wie der frühere § 33 TKG 1996 und § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB2 auf dieser Doktrin. Zum anderen ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Vorsehung von Zugangsverpflichtungen gegenüber Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht im Richtlinienpaket 2002 letztlich auf den gleichen Überlegungen beruht wie die Essential Facilities Doktrin, nämlich der Kontrolle eines (marktbeherrschenden) Unternehmens über wesentliche Einrichtungen, die andere Unternehmen (tatsächliche oder potenzielle Wettbewerber) für eigene Angebote in nachgelagerten Märkten benötigen.
11
Die Essential Facilities Doktrin gebietet, ganz allgemein formuliert, allen marktbeherrschenden Unternehmen, die auf einem nachgelagerten Markt über wesentliche Einrichtungen für eine Marktbetätigung verfügen, Konkurrenten diskriminierungsfreien Zugang zu diesen Einrichtung zu gewähren. Für die Telekommunikation ist dieser Grundsatz unter Berücksichtigung der Mitteilung der Europäischen Kommission über die Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Zugangsvereinbarungen im Telekommunikationsbereich“3 dahingehend weiter präzisiert worden, dass eine Verpflichtung marktbeherrschender Unternehmen, Zugang zu wesentlichen Einrichtungen zu gewähren, unter bestimmten, einzeln dargelegten Umständen besteht.
12
Ob diese Umstände vorliegen, ist anhand folgender fünf Kriterien zu entscheiden:
13
–
Der Zugang zu der fraglichen Einrichtung muss im allgemeinen eine wesentliche Voraussetzung dafür sein, dass sich Unternehmen am Wettbewerb in dem betreffenden Markt beteiligen können.
–
Es muss eine ausreichende Kapazität zur Bereitstellung des Zugangs verfügbar sein.
–
Der Eigentümer der Einrichtung befriedigt die Nachfrage auf einem bestehenden Dienste- oder Produktmarkt nicht, verhindert die Entstehung eines potenziellen neuen Dienstes oder Produktes oder beeinträchtigt
_______________
1 Vgl. Absatz Nr. 81 f. der Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (2002/C 165/03), Amtsblatt EU Nr. C 165 v. 11.7.2002, S. 6–31 (Kommissionsleitlinien). 2 Siehe Topel, ZWeR 2006, 33 f. 3 Mitteilung der Kommission 98/C 265/2, Amtsblatt der EG 1998 Nr. C 265/2.
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H Rz. 14
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
den Wettbewerb in einem bestehenden oder potenziellen Dienste- oder Produktmarkt. –
Das Unternehmen, das den Zugang beantragt, ist zur Zahlung eines angemessenen und nicht diskriminierenden Entgelts bereit und akzeptiert ansonsten alle nicht diskriminierenden Zugangsbedingungen.
–
Die Zugangsverweigerung ist nicht sachlich gerechtfertigt.
14
Hinsichtlich der Bedeutung des oben angeführten Kriteriums der „Wesentlichkeit“ kann auf das Bronner-Urteil des EuGH1 zurückgegriffen werden. Hiernach ist eine Einrichtung nicht schon dann als wesentlich anzusehen, wenn die Zugangsverweigerung entweder dazu führt, dass die beabsichtigten Aktivitäten gar nicht durchgeführt werden können oder auf unvermeidbare Weise in hohem Maße unwirtschaftlich werden. Vielmehr verknüpft der EuGH die wettbewerbsverhindernde Auswirkung der Zugangsverweigerung auf dem nachgelagerten Markt mit der Unentbehrlichkeit der Zugangsgewährung auf dem vorgelagerten Markt und präzisiert die Voraussetzung einer wesentlichen Einrichtung dahingehend, dass sie nur vorliegt, wenn weder ein tatsächlicher noch ein potenzieller Ersatz für die von dem marktbeherrschenden Unternehmen bereitzustellenden Einrichtungen oder Dienstleistungen besteht. Ein potenzieller Ersatz ist dabei nur dann nicht vorhanden, wenn technische, rechtliche oder wirtschaftliche Hindernisse vorliegen, die geeignet sind, jedem Unternehmen die Schaffung einer alternativen Einrichtung auf dem vorgelagerten Markt unmöglich zu machen oder zumindest unzumutbar zu erschweren.
15
Würde trotz Vorliegens der oben angeführten Kriterien ein Zugang verweigert werden, hätte dies erhebliche Konsequenzen zur Folge. Zum einen könnte die den Zugang begehrende Partei auf dem entsprechenden Dienstleistungsmarkt nicht tätig werden, soweit keine anderen wirtschaftlich tragbaren Alternativen zum begehrten Zugang existieren. Zum anderen würde die Entwicklung neuer Märkte oder neuer Produkte unter Verstoß gegen Art. 82 S. 2 lit. b) EG-Vertrag behindert sowie die Entfaltung des Wettbewerbs auf bestehenden Märkten beeinträchtigt. Problematisch ist freilich, die Abwägung zwischen Zugang und Zumutbarkeit der Schaffung alternativer Einrichtungen im Einzelfall durchzuführen, wie unten (Rz. 278 ff.) noch näher dargestellt werden wird. Mit dem Richtlinienpaket 2002 wird den Kriterien des EuGH an vielen Stellen Rechnung getragen.
2.2 Europarechtliche Vorgaben aus dem Richtlinienpaket 2002 16
Die europarechtlichen Vorgaben für die Zugangsregulierung im Verhältnis der Marktteilnehmer zueinander befinden sich vornehmlich in der Zugangs_______________
1 Vgl. Bronner-Urt. des EuGH, MMR 1999, 348.
748 | Heun
Rechtliche Grundlagen und Vorgaben
Rz. 17 H
richtlinie1, daneben aber auch z. B. in Art. 25 Abs. 2 Universaldienstrichtlinie2, in Art. 12 und 13 Rahmenrichtlinie3 sowie in der Verordnung (EG) Nr. 2887/2000 des Europäischen Rates und des Rates vom 18.12.2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss4 (sog. TAL-Verordnung). Die zuletzt genannte TAL-Verordnung soll allerdings nach den Vorstellungen der EU-Kommission entsprechend dem in der Rahmenrichtlinie indirekt enthaltenen Überprüfungsauftrag5 nach Abschluss sämtlicher Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren über den Zugang zum Teilnehmeranschluss (Markt Nr. 11 der Märkteempfehlung6) in allen Mitgliedstaaten aufgehoben werden7. Die unter der Geltung des TKG 1996 besonders bedeutsamen sog. ONPRechtsakte (Open-Network-Provision) sind dagegen sämtlich durch Art. 26 Rahmenrichtlinie aufgehoben worden. Hierbei handelt es sich insbesondere um folgende Rechtsakte: –
Richtlinie 90/387/EWG des Rates vom 28.6.1990 zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs (Open Network Provision- ONP) – ONP-Rahmenrichtlinie.
–
Richtlinie 92/44/EWG des Rates vom 5.6.1992 zur Einführung des offenen Netzzuganges bei Mietleitungen – ONP-Mietleitungsrichtlinie.
_______________
1 Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie), Amtsblatt EU Nr. L 108 v. 24.4.2002, S. 7–20. 2 Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie), Amtsblatt EU Nr. L 108 v. 24.4. 2002, S. 51–77. 3 Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie), Amtsblatt EU Nr. L 108 v. 24.4.2002, S. 33–50. 4 Verordnung (EG) Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 18.12.2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss, Amtsblatt EU Nr. L 336 v. 30.12.2000, S. 4. 5 Siehe Erwägungsgrund (43) der Rahmenrichtlinie. 6 Empfehlung der Kommission v. 11.2.2003 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen (2003/311/EG), Amtsblatt EU Nr. L 114, S. 45– 49 v. 8.5.2003 (Märkteempfehlung). 7 Siehe COMMISSION STAFF WORKING DOCUMENT: COMMUNICATION FROM THE COMMISSION TO THE COUNCIL, THE EUROPEAN ECONOMIC AND SOCIAL COMMITTEE AND THE COMMITTEE OF THE REGIONS ON THE Review of the EU Regulatory Framework for electronic communications networks and services; COM (2006) 334 final, S. 31.
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17
H Rz. 18
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
–
Richtlinie 97/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.6.1997 über die Zusammenschaltung in der Telekommunikation im Hinblick auf die Sicherstellung eines Universaldienstes und der Interoperabilität durch Anwendung der Grundsätze für einen offenen Netzzugang (ONP) – Zusammenschaltungsrichtlinie.
–
Richtlinie 98/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.2.1998 über die Anwendung des offenen Netzzugangs (ONP) beim Sprachtelefondienst und den Universaldienst im Telekommunikationsbereich in einem wettbewerbsorientierten Umfeld – ONP-Sprachtelefondienstrichtlinie.
Trotz der Aufhebung dieser Richtlinien spielen allerdings einzelne sog. ONP-Kriterien nach wie vor eine Rolle, weil diese in § 21 Abs. 4 TKG als Abwehrrechte gegen die Auferlegung von Zugangsverpflichtungen aufgenommen worden sind. 18
Die Zugangsrichtlinie besteht für den hier relevanten Teil der Zugangsregulierung des TKG vornehmlich aus dem Maßnahmenkatalog der einem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auferlegbaren Vorabverpflichtungen1 der Art. 9 bis 13, wobei sich Art. 13 Zugangsrichtlinie auf die Entgeltregulierung bezieht (dazu I.). Zentrale Bestimmung ist freilich Art. 8 Zugangsrichtlinie, der einerseits in den genannten Maßnahmenkatalog verweist, indem er klarstellt, dass die dort enthaltenen Vorabverpflichtungen lediglich Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auferlegt werden dürfen, andererseits aber diejenigen Ausnahmen bestimmt (insbesondere Art. 5 und 6 Zugangsrichtlinie), nach denen die Auferlegung von Vorabverpflichtungen auch ohne beträchtliche Marktmacht erfolgen darf (Art. 8 Abs. 3 Zugangsrichtlinie). Besonders zu erwähnen ist, dass nach Art. 24 Abs. 1 Rahmenrichtlinie und Art. 15 Abs. 1 Zugangsrichtlinie die nationalen Regulierungsbehörden verpflichtet sind, ihre Regulierungsmaßnahmen, freilich unter Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zu veröffentlichen (jeweils Abs. 1) und der EU-Kommission mitzuteilen haben (jeweils Abs. 2). Dies betrifft die Verfahren der Markregulierung ebenso wie Einzelmaßnahmen, die auf Basis der Ergebnisse dieser Verfahren getroffen werden.
19
Der Gesetzgeber hat die betreffenden Regelungen der Zugangsrichtlinie wie auch der anderen genannten Richtlinien weitgehend wortgetreu im TKG umgesetzt, so dass die detaillierte Betrachtung der europarechtlichen Vorgaben im Rahmen der Darstellung der betreffenden Bestimmungen des TKG erfolgen wird. Ein Umsetzung der TAL-Verordnung war für den Gesetzgeber dagegen nicht erforderlich, weil diese als Verordnung unmittelbar in den Mitgliedstaaten gilt (Art. 249 Abs. 2 EG-Vertrag). Bemerkenswert ist schließlich, dass die besondere Missbrauchsaufsicht des § 42 TKG keine europarechtliche Entsprechung in der Zugangsrichtlinie besitzt. Denn als Instru_______________
1 Zu diesem Begriff siehe G. Rz. 5.
750 | Heun
Die Systematik der Zugangsregulierung
Rz. 21 H
ment der kartellrechtlichen Wettbewerbsaufsicht würde das Richtlinienpaket 2002 diese Regelung nicht dem Bereich der sektorspezifischen Regulierung mittels (ex ante) Vorabverpflichtungen zuordnen (siehe auch G. Rz. 5), sondern dem allgemeinen Wettbewerbs- bzw. Kartellrecht.
3. Die Systematik der Zugangsregulierung In systematischer Hinsicht lassen sich für die Zugangsregulierung in den Abschnitten 2 und 5 von Teil 2 des TKG fünf Regelungsbereiche unterscheiden: –
Allgemeine Pflichten in Bezug auf Zugang und Zusammenschaltung, die für sämtliche Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze gelten (§§ 16, 17 TKG, dazu unten Rz. 92 ff.).
–
Vorabverpflichtungen, die Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auferlegt werden können (§§ 19–24 TKG, dazu unten Rz. 132 ff.).
–
Vorabverpflichtungen, die Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht auferlegt werden können (§ 18 TKG, dazu unten Rz. 464 ff.).
–
Durchsetzung von auferlegten Zugangsverpflichtungen mittels Anordnung der BNetzA § 25 TKG, dazu unten Rz. 578 ff.).
–
Besondere Missbrauchsaufsicht und Vorteilsabschöpfung (§§ 42, 43 TKG, dazu unten Rz. 633 ff.).
20
Daraus ergibt sich ein abgestuftes System von Rechten und Pflichten, dass zunächst ähnlich wie die Regelungen im TKG 1996 die allgemeinen Pflichten in Bezug auf die Zusammenschaltung von Netzen zentral und gesetzlich unabhängig vom Bestehen einer marktbeherrschenden Stellung regelt. Hinzu kommen dabei aber heute wie früher auch weitere auferlegbare Verpflichtungen aus Frequenzzuteilungen gemäß § 61 Abs. 7 TKG und (Alt-) Funklizenzen im Sinne von § 150 Abs. 4 und 4a TKG (dazu unten Rz. 489 ff.) sowie gesetzliche Verpflichtungen, die im Ergebnis als Zugangsverpflichtungen oder zugangsähnliche Vorabverpflichtungen anzusehen, aber nicht in Teil 2 des TKG verortet sind (dazu unten Rz. 509 ff.). Dies betrifft etwa die Bereitstellung von Teilnehmerdaten (§ 47 TKG), sowie wegerechtliche Mitbenutzungsverpflichtungen (§ 70 TKG). 3.1 Wesentliche Änderungen zum TKG 1996 Während sich im TKG 1996 die weiteren Pflichten dann aber unmittelbar aus dem Zusammenspiel zwischen der in § 35 TKG 1996 enthaltenen Verpflichtung zur Gewährung eines besonderen Netzzugangs und der besonderen Missbrauchsaufsicht des § 33 TKG 1996 bzw. aus der Anordnungsbefugnis der Regulierungsbehörde für Zusammenschaltungen aus § 37 TKG 1996 ergaben, ist nunmehr erst erforderlich, dass derartige Verpflichtungen Heun | 751
21
H Rz. 22
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
explizit durch die BNetzA mittels Regulierungsverfügung nach § 13 TKG auferlegt werden, bevor die Umsetzung bzw. Durchsetzung der Verpflichtungen erfolgen kann. Die in den §§ 18 bis 24 TKG auferlegbaren Verpflichtungen gehören daher zwar materiell in die Zugangsregulierung. Verfahrensseitig sind sie indes Bestandteil des vorgeschalteten Verfahrens der Marktregulierung (dazu G., insbesondere Rz. 204 ff.), bei dem infolge von Marktdefinition und Marktanalyse die Verpflichtungen mittels Regulierungsverfügung gemäß § 13 TKG auferlegt werden (oder nicht). Dabei ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen dem Regelfall (§ 9 Abs. 1 und 2 TKG) der Auferlegung von Zugangsverpflichtungen gegenüber Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht und dem Ausnahmefall (§ 9 Abs. 3 TKG) der Auferlegung von Zugangsverpflichtungen gegenüber Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht. 22
Sofern Verhandlungen über Zugangsvereinbarungen auf Basis auferlegter Zugangsverpflichtungen scheitern, besteht nach § 25 TKG für jeden der Verhandlungspartner die Möglichkeit, den begehrten Zugang durch die BNetzA anordnen zu lassen. Dies bedeutet zugleich eine Verengung wie auch eine Erweiterung gegenüber den Regelungen in den §§ 36, 37 TKG 1996. Eine Verengung liegt dahingehend vor, dass nicht mehr jede begehrte Netzzusammenschaltung zwischen Netzbetreibern anordnungsfähig ist, sondern nur noch gegenüber Netzbetreibern, denen eine entsprechende Zugangsverpflichtung nach § 18 oder 21 TKG auferlegt worden ist. Eine Erweiterung ergibt sich daraus, dass die Zugangsanordnung nach § 25 TKG sämtliche auferlegte Zugangspflichten erfasst und nicht lediglich die Zusammenschaltung. Die Anordnung ist wie im Rahmen des § 37 TKG 1996 zulässig, soweit und solange die Beteiligten keine Zugangsvereinbarung treffen.
23
Im Zusammenhang mit Zugangsanordnungen ergeben sich gegenüber dem TKG 1996 auch Änderungen hinsichtlich der Entgeltregulierung. Während unter dem Regime des TKG 1996 die Zusammenschaltungsanordnung und das diesbezügliche Entgeltregulierungsverfahren nach der Rechtsprechung in getrennten Verfahren durchgeführt werden mussten1, sieht § 25 Abs. 6 TKG nunmehr ausdrücklich vor, dass die Entgeltregulierung innerhalb des Anordnungsverfahrens durchgeführt werden kann. Ob darin allerdings eine Verbesserung liegt, darf angesichts der neuen Rechtsprechung zu § 25 Abs. 6 TKG bezweifelt werden2 (dazu näher unten Rz. 622 ff.).
24
Durch die Möglichkeit der Auferlegung von Zugangsverpflichtungen aus dem Maßnahmenkatalog der §§ 19–24 TKG und deren Durchsetzung mittels Zugangsanordnung nach § 25 TKG hat die besondere Missbrauchsauf_______________
1 Siehe OVG NRW, Beschl. v. 3.5.2001 – 13 B 69/01, MMR 2001, 548; ausführlich dazu Fischer/Heun/Sörup in: Heun (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Auflage 2002, Teil 4 Rz. 374 ff. 2 Siehe VG Köln, Beschl. v. 8.12.2004 – 1 L 2921/04.
752 | Heun
Die Systematik der Zugangsregulierung
Rz. 26 H
sicht des § 42 TKG die noch in § 33 TKG 1996 vorhandene zentrale Marktöffnungsfunktion verloren. Denn die früher (auch) auf § 33 TKG 1996 gestützten Entscheidungen etwa zum Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung1 sowie zu Fakturierung und Inkasso2 und zum Resale3 unterliegen heute als Zugangsverpflichtungen aus dem Maßnahmenkatalog des § 21 TKG4 der Zugangsanordnung nach § 25 TKG und bedürfen daher zunächst keiner Verpflichtung und Durchsetzung mittels der besonderen Missbrauchsaufsicht des § 42 TKG. Anders als § 33 TKG 1996 stellt der Tatbestand der besonderen Missbrauchsaufsicht in § 42 TKG daher nur noch eine spezialgesetzliche Ergänzung des allgemeinen Missbrauchs- und Diskriminierungsverbots der §§ 19 und 20 GWB und der Zugangsregulierung dar, gegenüber Letzterer im Sinne einer Auffangnorm. Insbesondere normiert er den Grundsatz der internextern-Gleichbehandlung, der allerdings auch in § 19 Abs. 2 TKG (auferlegbares Diskriminierungsverbot) aufgeführt ist. Im Gegensatz zu § 33 TKG 1996 ist die Regelung als allgemeiner Missbrauchstatbestand formuliert (§ 42 Abs. 1 TKG), der in den Absätzen 2 und 3 Vermutungsregelungen für den Missbrauch vorsieht, nunmehr aber auch wie § 20 Abs. 1 GWB die unbillige Behinderung enthält5. Sein Absatz 4 eröffnet der BNetzA die Möglichkeit, im Rahmen eines Missbrauchsverfahrens Verhaltens- und/oder Untersagungsverfügungen gegen marktbeherrschende Unternehmen zu erlassen, um Verstöße gegen Absatz 1, soweit diese den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung erkennen lassen, zu beseitigen bzw. zu verhindern. Die Zweistufigkeit der in § 33 Abs. 2 TKG 1996 vorgesehenen Maßnahmen (erst Aufforderung zur Abstellung des Missbrauch und dann ggf. Maßnahmenanordnung) ist entfallen. Ergänzt worden ist die Missbrauchsaufsicht um die Möglichkeit der Vorteilsabschöpfung in § 43 TKG.
25
Aus der Systematik folgt schließlich, dass die besondere Missbrauchsaufsicht in § 42 TKG anders als § 33 TKG 1996 (jedenfalls grundsätzlich, siehe
26
_______________
1 Siehe etwa RegTP, Beschl. v. 7.6.2000 – BK 3-2-99/033, MMR 2000, 500 und insbesondere BVerwG, Urt. v. 15.4.2001 – 6 C 7.00, CR 2001, 752 zur TAL sowie zum Kabelverzweiger: RegTP, Beschl. v. 1.2.2002 – BK 3-01-017 und zum Line-Sharing: RegTP, Beschl. v. 30.3.2001 und 11.5.2001 – BK 3c-00-29; siehe Fischer/Heun/Sörup in: Heun (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Auflage 2002, Teil 4 Rz. 438 ff. 2 RegTP, Beschl. v. 14.3.2000 – BK 3a-99/032; siehe Fischer/Heun/Sörup in: Heun (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Auflage 2002, Teil 4 Rz. 455 ff. 3 RegTP, Beschl. v. 30.3.2001 – BK 3a-00/025, bestätigt durch BVerwG, NVwZ 2004, 878; siehe Fischer/Heun/Sörup in: Heun (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Auflage 2002, Teil 4 Rz. 438c ff. 4 Siehe § 21 Abs. 3 Nr. 1 TKG für die TAL einschließlich Line Sharing („gemeinsamer Zugang“), § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG für Resale und § 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG für Inkasso. 5 Zwar hat die RegTP unter dem TKG 1996 die unbillige Behinderung auch von § 33 TKG als erfasst angesehen (RegTP Beschl. v. 9.10.2001 – BK 3c-00/040 [„Riodata“], S. 27 des amtlichen Umdrucks), die Rechtsprechung hat diese Praxis aber als unzulässig beendet: OVG NRW, Beschl. v. 3.2.2003 – 13 B 2130/02, CR 2003, 428.
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H Rz. 27
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
unten Rz. 639 ff.) keine Eingriffsbefugnisse enthält, die außerhalb des vorgeschalteten Verfahrens der Marktregulierung liegen. Denn die Anwendbarkeit der besonderen Missbrauchsaufsicht setzt wegen § 9 Abs. 1 TKG voraus, dass eine Marktdefinition und Marktanalyse zur Feststellung beträchtlicher Marktmacht bei einem betroffenen Unternehmen auf einem relevanten Markt geführt hat1. Dies hat im Gesetzgebungsverfahren für das TKGÄnderungsgesetz zu der vom Bundesrat übernommenen Forderung geführt, die Anwendung der (nachträglichen) Missbrauchsaufsicht in § 42 und § 38 TKG von der vorherigen Durchführung eines Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens zu befreien2. Diese Forderung hat sich aber nicht durchgesetzt (im Einzelnen unten Rz. 639 ff.). 3.2 Übergreifende Verfahrens- und Rechtsschutzfragen 27
Die Entscheidungen und Maßnahmen, die von der BNetzA im Rahmen der Zugangsregulierung nach Teil 2 des TKG getroffen werden, erfolgen (wie sämtliche Entscheidungen und Maßnahmen in Teil 2) gemäß § 132 Abs. 1 TKG durch Beschlusskammern und ergehen als Verwaltungsakt (siehe im einzelnen C. Rz. 120 ff.). Soweit in den einzelnen Bestimmungen des Teils 2 des TKG keine Sonderregelungen getroffen sind, gelten daher die Bestimmungen der §§ 132–136 TKG für das Beschlusskammerverfahren, sowie die übrigen Bestimmungen in §§ 126–131 und 137–139 TKG. Ein Vorverfahren findet gegen die Entscheidungen und Maßnahmen der Zugangsregulierung demgemäß nach § 132 Abs. 2 TKG nicht statt. Klagen haben keine aufschiebende Wirkung (§ 137 Abs. 1 TKG).
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Sämtliche Maßnahmen, die von der BNetzA im Rahmen der Zugangsregulierung getroffen werden, sind nach § 26 TKG unter Wahrung von Betriebsund Geschäftsgeheinmissen zu veröffentlichen. Zwar bezieht sich der Wortlaut von § 26 TKG nur auf Abschnitt 2 des Teils 2 des TKG, also die §§ 16 bis 25 TKG, indes geht es dort sowohl um die Auferlegung von Verpflichtungen mittels Regulierungsverfügung wie auch um Zugangsanordnungen oder Verfahren nach § 23 TKG zur Überprüfung eines Standardangebots. Lediglich für Maßnahmen der besonderen Missbrauchsaufsicht fehlt eine derartige gesetzliche Verpflichtung, man wird hier aber § 26 TKG analog anzuwenden haben. Denn das Richtlinienpaket 2002 ist ebenso wie das dieses umsetzende TKG der Transparenz in besonderem Masse verpflichtet. In der Praxis veröffentlicht die BNetzA auch solche Maßnahmen. _______________
1 Siehe auch VG Köln, Urt. v. 21.12.2005 – 21 K 1200/05, CR 2006, 239 (240); die Befassung des BVerwG mit der Frage des Anwendungsbereichs von § 42 TKG (vgl. BVerwG Beschl. v. 8.6.2006 – 6 B 22.06, S. 3 des amtlichen Umdrucks) hat zur Bestätigung des Urt. des VG Köln geführt: BVerwG, Urt. v. 18.4.2007 – 6 C 21.06. 2 BT-Drucks. 16/2581, S. 35 (41). Die Formulierung zielte dabei allerdings lediglich darauf, den Anwendungsbereich zu eröffnen, wenn noch kein Verfahren durchgeführt worden ist, was sich auch auf die Märkteempfehlung beziehen kann.
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Übersicht auferlegter Zugangsverpflichtungen
Rz. 29 H
4. Übersicht auferlegter Zugangsverpflichtungen Mit Blick auf die auferlegbaren Zugangsverpflichtungen liegen für die betreffenden Regulierungsverfügungen verschiedene Entwürfe in unterschiedlichen Verfahrensstadien des Konsultations- und Konsolidierungsverfahrens vor (siehe G. Rz. 220 ff.). Ebenso sind auch bereits einige Regulierungsverfügungen in Kraft1. So sind die Marktregulierungsverfahren für die Märkte der Märkteempfehlung –
Nr. 8–10 (Zuführung, Transit und Anrufzustellung im Vorleistungsbereich der Festnetztelefonie)2,
–
Nr. 11 (Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung)3
–
Nr. 12 (Bitstrom-Zugang) – hier liegt eine in Kraft befindliche Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang seit Herbst 2006 vor4 während diejenige für den ATM-Bitstrom-Zugang Ende 2006 in das Konsolidierungsverfahren5 ging und im März 2007 veröffentlicht wurde6 – und
–
Nr. 16 (Anrufzustellung in einzelne Mobilfunknetze)7
mit in Kraft befindlichen Regulierungsverfügungen abgeschlossen. Lediglich in Bezug auf Markt Nr. 9 (Anrufzustellung im Vorleistungsbereich der Festnetztelefonie)8 steht noch die Inkraftsetzung weiterer Regulierungsverfügungen für zusätzliche alternative Teilnehmernetzbetreiber noch aus.
_______________
1 Siehe dazu die Übersicht unter www.bundesnetzagentur.de, Link „Einheitliche Informationsstelle“, weiterer Link „Regulierungsverfügung“. 2 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005; BNetzA, Beschl. v. 16.11.2005 – BK4a-05-05/R (Zuführung Online-Dienste), BNetzA Mitteilung Nr. 278/2005 ABl. Nr. 22/2005 und BNetzA Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016 (-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006. 3 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), BNetzA Mitteilung Nr. 83/ 2005, ABl. Nr. 7/2005. 4 BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006. 5 BNetzA Konsultationsentwurf Regulierungsverfügung: BK4a-06-006/R, BNetzA Mitteilung Nr. 90/2006, ABl. Nr. 6/2006; veränderter Konsolidierungsentwurf unter dem Az. DE 2007 576 auf der Website der EU-Kommission für das Konsolidierungsverfahren: forum.europa.eu.int/Public/irc/infso/ecctf/library?l=/germany& vm=detailed&sb=Title. 6 BNetzA, Beschl. v. 7.3.2007 – BK4a-06/006/R (ATM-Bitstrom-Zugang), BNetzA Mitteilung Nr. 131/2007, ABl. Nr. 5/2007. 7 BNetzA Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001 (-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006. 8 BNetzA Konsultationsentwurf Regulierungsverfügung 2. Tranche: BK4d-06-045 (bis 051, 053 bis 057), BNetzA Mittelung Nr. 284/2006, ABl. Nr. 17/2006.
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H Rz. 30 30
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Teilweise abgeschlossen sind die Marktregulierungsverfahren für die Märkte der Märkteempfehlung –
Nr. 1–6 (Zugang für Endnutzer zum öffentlichen Telefondienst sowie Inund Auslandsverbindungen an festen Standorten)1 – hier fehlen noch Abschluss der Marktdefinition und Marktanalyse für Gespräche aus dem Festnetz in Mobilfunknetze2 sowie die anschließende Regulierungsverfügung.
Dagegen sind noch nicht abgeschlossen die Marktregulierungsverfahren für die Märkte der Märkteempfehlung –
Nr. 7 (Mindestangebot an Mietleitungen für Endnutzer) – hier liegt die Regulierungsverfügung im Konsolidierungsverfahren3,
–
Nr. 13 und 14 (Abschluss- und Fernübertragungssegmente von Mietleitungen im Vorleistungsbereich) – hier hat die BNetzA den Entwurf für Marktdefinition und Marktanalyse auf ein „ernsthafte Zweifel“-Schreiben der EU-Kommission im November 2006 zurückgezogen und im März 2007 einen erneuten Konsultationsentwurf vorgelegt4,
–
Nr. 15 (Zugang und Verbindungsaufbau in öffentlichen Mobilfunknetzen) – hier hat das abgeschlossene Konsultationsverfahren wirksamen Wettbewerb ergeben5, das Konsolidierungsverfahren steht aber noch aus,
–
Nr. 17 (Vorleistungsmarkt für Auslands-Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen) – hier haben noch gar keine Aktivitäten der BNetzA stattgefunden, weil hier eine Verordnung seitens der EU erwartet wird,
–
Nr. 18 (Rundfunk-Übertragungsdienste) – hier liegt für die Entwürfe der Regulierungsverfügung ein abgeschlossenes Konsolidierungsverfahren vor6, und
–
die Märkte für Breitband-Zuführung im Vorleistungsbereich, die außerhalb der Märkteempfehlung liegen – hier besteht ein Entwurf für Markt-
_______________
1 BNetzA, Beschl. v. 5.7.2006 – BK2a-06-001-R (Endnutzermärkte Festnetztelefonie), BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006. 2 BNetzA Konsultationsentwurf Marktdefinition und Marktanalyse: BK1-06/002, BNetzA Mitteilung Nr. 435/2006, ABl. Nr. 24/2006. 3 BNetzA Konsultationsentwurf Regulierungsverfügung: BK3b-06-037 und 039/R, BNetzA Mitteilung Nr. 60/2006, ABl. Nr. 2/2007 sowie EU Az. DE 2007 619. 4 BNetzA Konsultationsentwurf Marktdefinition und Marktanalyse: BK1-05-005, BNetzA Mitteilung Nr. 129/2007, ABl. Nr. 5/2007; zuvor BNetzA Mitteilung Nr. 19/2006, ABl. Nr. 02/2006. Siehe die Mitteilung unter den Az. DE 2006 480 und 481 auf der Website der EU-Kommission für das Konsolidierungsverfahren: forum.europa.eu.int/Public/irc/infso/ecctf/library?l=/germany&vm=detailed&sb= Title. 5 BNetzA Konsultationsentwurf Marktdefinition und Marktanalyse: BK1-06/002, BNetzA Mitteilung Nr. 282/2006, ABl. Nr. 17/2006. 6 BNetzA Konsultationsentwurf Regulierungsverfügung: BK3b-06-013-017/R, BNetzA Mitteilung Nr. 341/2006, ABl. Nr. 21/2006 sowie Az. EU DE 2007 606.
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Übersicht auferlegter Zugangsverpflichtungen
Rz. 31 H
definition und Marktanalyse – für den das Konsultationsverfahren1 abgeschlossen ist. Daraus wird ersichtlich, dass die BNetzA noch bis Ende 2007 benötigen wird, um überhaupt den ersten Durchlauf für alle Märkte der Märkteempfehlung zu beenden. Bis dahin dürfte auch die Überarbeitung der Märkteempfehlung durch die EU-Kommission bereits erfolgt sein oder unmittelbar vor dem Abschluss stehen (siehe G. Rz. 7, 57). Die nachstehenden Tabellen geben nunmehr einen Überblick über den inhaltlichen Status der auferlegten Zugangsverpflichtungen in den bisherigen in Kraft befindlichen und geplanten Regulierungsverfügungen der BNetzA im Vorleistungsbereich. Der Vollständigkeit halber sei hinsichtlich der Regulierung von Endnutzermärkten vorab darauf hingewiesen, dass die BNetzA mittels –
der Regulierungsverfügung für Endnutzermärkte Festnetztelefonie2 der DTAG folgende Verpflichtungen auferlegt hat: – Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl für Anschlüsse (§ 40 Abs. 1 TKG), – Anzeigepflicht für Anschlussentgelte (§ 39 Abs. 3 S. 2 und 4 TKG), – Anzeigepflicht für Verbindungsentgelte (§ 39 Abs. 3 S. 2 und 4 TKG), – Pflicht zur Vorlage von Unterlagen mit Anzeige, die eine fundierte Offenkundigkeitsprüfung ermöglichen (§ 29 Abs. 1 TKG); und
–
der geplanten Regulierungsverfügung für ein Mindestangebot an Mietleitungen für Endnutzer3 der DTAG folgende Verpflichtungen aufzuerlegen beabsichtigt: – Mindestangebot an Mietleitungen entsprechend des EU-Verzeichnisses (§ 41 Abs. 1 TKG), – Nachträgliche Entgeltregulierung (§ 41 Abs. 3, 38 Abs. 2–4 TKG) sowie
–
der geplanten Regulierungsverfügung für Rundfunk-Übertragungsleistungen4 den Unternehmen iesy, ish, KBW, KDG und T-Systems für die als Endnutzermärkte erkannten Märkte der Signaleinspeisung in Breitbandkabelnetze bzw. über terrestrische Sendeanlagen für analoge UKW-Hörfunksignale folgende Verpflichtung „aufzuerlegen“ beabsichtigt: – Nachträgliche Entgeltregulierung (§ 39 Abs. 3, 38 Abs. 2–4 TKG).
_______________
1 BNetzA Konsultationsentwurf Marktdefinition und Marktanalyse: BK1-05/004, BNetzA Mitteilung Nr. 301/2006, ABl. Nr. 18/2006. 2 BNetzA, Beschl. v. 5.7.2006 – BK2a-06-001-R, BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006. 3 BNetzA Konsultationsentwurf Regulierungsverfügung: BK3b-06-037 und 039/R, BNetzA Mitteilung Nr. 60/2006, ABl. Nr. 2/2007. 4 BNetzA Konsultationsentwurf Regulierungsverfügung: BK3b-06-013-017/R, BNetzA Mitteilung Nr. 341/2006, ABl. Nr. 21/2006.
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31
H Rz. 32 32
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Die vorstehenden Angaben sowie diejenigen in den nachfolgenden Tabellen beziehen sich auf Anfang März 2007. Auffällig ist, dass die BNetzA in Bezug auf die Auferlegung von Verpflichtungen aus dem Kann-Katalog des § 21 Abs. 2 TKG eher zurückhaltend ist. So stützen sich zwar die Verpflichtung der DTAG zum Bitstrom-Zugang, die Verpflichtung der DTAG zur Gewährung von gebündeltem Zugang zur TAL und der gebündelten Netzzusammenschaltung (mittels Übertragungswegen; Interconnection Anschluss (ICA) Variante Customer Sited) sowie die Erbringung von Verbindungsleistungen im Rahmen der Netzzusammenschaltung auf den Zugang zu Netzeinrichtungen und -komponenten nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG. Daneben erfolgte die Zulassung von Kooperationsmöglichkeiten zugangsberechtigter Unternehmen im Rahmen der Kollokation bei TAL und Netzzusammenschaltung auf Basis von § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG. Die übrigen in § 21 Abs. 2 TKG enthaltenen Maßnahmen sind von der BNetzA dagegen unbeachtet geblieben. Ebenso zeigt sich, dass die BNetzA regelmäßig das Diskriminierungsverbot (§ 19 TKG) auferlegt und die Transparenzverpflichtung (§ 20 TKG) im Wechsel und damit alternativ zu der Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Standardangebots (§ 23 TKG) betrachtet. Die Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung (§ 24 TKG) hat die BNetzA neben der schmalbandigen Zuführung zu Online-Diensten lediglich im Bereich Bitstrom-Zugang auferlegt, was beim Bitstrom-Zugang im Zweifel vor allem der Tatsache geschuldet ist, dass es sich hier um Produkte handelt, die am deutschen Markt von der DTAG bislang nicht angeboten worden waren. Daher wird sich diese Verpflichtung auf bei den noch zu regulierenden Vorleistungsmärkten für Abschluss- und Fernübertragungssegmente für Mietleitungen ebenfalls anbieten, weil die derzeitigen Mietleitungsprodukte der DTAG diese Segmentierung nicht hinreichend abbilden. Schließlich fällt auf, dass die Entgeltgenehmigungspflicht für die Netzzusammenschaltung (einschließlich Terminierung in Mobilfunknetze1) mit Ausnahme der Terminierung in alternative Teilnehmernetze sowie für die TAL gegenüber dem TKG 1996 erhalten geblieben ist, neu hinzugekommen ist diese Pflicht lediglich beim IP-Bitstrom-Zugang.
_______________
1 Im TKG 1996 ergab sich Entgeltgenehmigungspflichtigkeit hier über den Rechtsfolgenverweise in § 39 Alternative 2 TKG 1996; siehe Fischer/Heun/Sörup in: Heun (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Auflage 2002, Teil 4 Rz. 364 ff.
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Zusammenschaltung am Vermittlungsstandort (auch) mittels Übertragungsweg sowie Pflicht zur Herstellung von Verbindungsleistungen Zuführung, Terminierung und Transit (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG).
Zusammenschaltung (§ 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG) am Vermittlungsstandort mittels Kollokation (§ 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG).
Nein
Zusammenschaltung (§ 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG) sowie Kollokation (§ 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG) und
Regulierungsverfügung ggü. DTAG zu Festnetztelefonie (Märkte Nr. 8– 10) v. 5.10.2005 – BK4c05-005/R, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005, ABl. Nr. 19/2005
Regulierungsverfügung ggü. DTAG zu OnlineDiensten (Märkte Nr. 8 und 10) v. 16.11.2005 – BK4a-05-005/R, BNetzA Mitteilung Nr. 278/2005, ABl. Nr. 22/2005
Regulierungsverfügung ggü. alternativen TNB zu Festnetzterminierung (Markt Nr. 9) v. 7.6.2006 – BK4d-05-016(-067)/R, BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006, ABl. Nr. 11/2006
Ja
Ja
Diskriminierungsverbot (§ 19 TKG)
Pflicht zur Herstellung von Ja Verbindungsleistungen Terminierung (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG).
Nein
Zulassung von Kooperationsmöglichkeiten kollokierter zugangsberechtigter Unternehmen (§ 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG).
Kann-Verpflichtungen (§ 21 Abs. 2 TKG)
In Kraft befindliche Regu- Soll-Verpflichtungen lierungsverfügungen (§ 21 Abs. 3 TKG) (außer Endnutzermärkte)
Ja
Ja
Nein
Transparenzverpflichtung (§ 20 TKG)
Nein
Nein
Ja
Standardangebot (§ 23 TKG)
Nein
Ja mit diesbezüglicher Vorlagepflicht für Unterlagen
Nein
Getrennte Rechnungsführung (§ 24 TKG)
Nachträgliche Entgeltregulierung (§§ 30 Abs. 1 S. 2, 38 TKG)
Nachträgliche Entgeltregulierung (§§ 30 Abs. 3, 38 TKG)
Entgeltgenehmigungspflicht (§ 30 Abs. 1, 31 TKG)
Entgeltregulierungsvorgaben (§ 30 TKG)
Übersicht auferlegter Zugangsverpflichtungen Rz. 33 H
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33
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Regulierungsverfügung ggü. DTAG zu IP-Bitstrom-Zugang (Markt Nr. 12) v. 13.9.2006 – BK4a-06-039/R, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006
Kollokation (§ 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG)
Kollokation (§ 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG).
Widerruf der Zugangsverpflichtung in Bezug auf reine Glasfaserleitung.
Überlassung xDSL-Anschlüsse und Übergabe Paketstrom an PoP des IPKernnetzes als einheitliches Produkt (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG).
Zulassung von Kooperationsmöglichkeiten kollokierter zugangsberechtigter Unternehmen (§ 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG).
Regulierungsverfügung ggü. DTAG zur TAL (Markt Nr. 11) v. 20.4. 2005 - BK4a-04-075/R, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005
Vollständig entbündelter Zugang (§ 21 Abs. 3 Nr. 1 TKG) bezüglich Kupfer-Doppelader am Hauptverteiler oder näher am Teilnehmeranschluss (KVZ, APL) sowie gemeinsamer Zugang (Line Sharing) und gebündelt (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG) bezüglich Kupfer-Doppelader inkl. OPAL/ISIS.
Kann-Verpflichtungen (§ 21 Abs. 2 TKG)
In Kraft befindliche Regu- Soll-Verpflichtungen lierungsverfügungen (§ 21 Abs. 3 TKG) (außer Endnutzermärkte)
Ja
Ja
Diskriminierungsverbot (§ 19 TKG)
Nein
Nein
Transparenzverpflichtung (§ 20 TKG)
Ja
Ja
Standardangebot (§ 23 TKG)
Ja mit diesbezüglicher Vorlagepflicht für Unterlagen
Nein
Getrennte Rechnungsführung (§ 24 TKG)
Entgeltgenehmigungspflicht (§ 30 Abs. 1, 31 TKG)
Entgeltgenehmigungspflicht (§ 30 Abs. 1, 31 TKG)
Entgeltregulierungsvorgaben (§ 30 TKG)
H Rz. 33 Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Überlassung xDSL-Anschlüsse und Übergabe Paketstrom an Vermittlungsstellen des ATMKernnetzes als einheitliches Produkt (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG)
Kollokationspflicht (§ 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG)
Zusammenschaltungspflicht (§ 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG) einschließlich Kollokation (§ 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG).
Regulierungsverfügung ggü. DTAG zu ATM-Bitstrom-Zugang (Markt Nr. 12) v. 7.3.2007 – BK4a-06-006/R, BNetzA Mitteilung Nr. 131/2007, ABl. Nr. 5/2007
Regulierungsverfügung ggü. den Mobilfunknetzbetreibern zu Mobilfunkterminierung (Markt Nr. 16) v. 30.8.2006 – BK4c-06-001(-004)/R, BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006, ABl. Nr. 17/2006
Pflicht zur Herstellung von Verbindungsleistungen Terminierung (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG).
Kann-Verpflichtungen (§ 21 Abs. 2 TKG)
In Kraft befindliche Regu- Soll-Verpflichtungen lierungsverfügungen (§ 21 Abs. 3 TKG) (außer Endnutzermärkte) Nein
Nein
Ja
Transparenzverpflichtung (§ 20 TKG)
Ja
Diskriminierungsverbot (§ 19 TKG)
Ja
Ja
Standardangebot (§ 23 TKG)
Nein
Ja mit diesbezüglicher Vorlagepflicht für Unterlagen
Getrennte Rechnungsführung (§ 24 TKG)
Entgeltgenehmigungspflicht (§ 30 Abs. 1, 31 TKG); Aufhebung durch VG Köln (n. rkr.)
Nachträgliche Entgeltregulierung (§§ 30 Abs. 3, 38 TKG)
Entgeltregulierungsvorgaben (§ 30 TKG)
Übersicht auferlegter Zugangsverpflichtungen Rz. 33 H
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762 | Heun
Etwaige Regulierungsverfügung für Breitband-Zuführung am parent PoP (regionale Zuführung)
Etwaige Regulierungsverfügung zu Abschlusssegmenten für Mietleitungen (Märkte Nr. 13, 14)
Noch offen:
Ermöglichung gemeinsamer Nutzung von Übergabepunkten (§ 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG)
Regulierungsverfügung ggü. iesy, ish KBW und KDG zu Signallieferung an Netzebene 4 ≤ 500 Wohneinheiten (Markt Nr. 18); v. 17.4.2007 – BK3b06-013-017/R, BNetzA Mitteilung Nr. 268/2007, ABl. Nr. 8/2007.
Diskriminierungsverbot (§ 19 TKG)
Zugang zu Ja BK-Netzen und Übergabe Rundfunksignale (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG)
Soll-Verpflich- Kann-Vertungen (§ 21 pflichtungen Abs. 3 TKG) (§ 21 Abs. 2 TKG)
Geplante Regulierungsverfügungen
Nein
Transparenzverpflichtung (§ 20 TKG) Nein
Standardangebot (§ 23 TKG)
Entgeltregulierungsvorgaben (§ 30 TKG)
Ja mit diesNachträgliche bezüglicher EntgeltregulieVorlagepflicht rung (§§ 30 Abs. 3 S. 2, 38 TKG)
Getrennte Rechnungsführung (§ 24 TKG)
H Rz. 33 Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Nein (abgelehnt bei Endnutzermärkte Festnetztelefonie) Nein (abgelehnt bei Festnetztelefonie) Nein TAL, Zusammenschaltung DTAG Nein (abgelehnt bei Endnutzermärkte Festnetztelefonie) TAL Zusammenschaltung DTAG, alternative TNB und Mobilfunknetze, abgelehnt bei Zuführung Online-Dienste Nein TAL, Zusammenschaltung DTAG, alternative TNB und Mobilfunknetze, IP-Bitstrom, ATM-Bitstrom, Rundfunk-Signallieferung
Resale (§ 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG)
Interoperabilität, inkl. intelligente Netzdienste und Roaming (§ 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG)
Systeme zur Betriebsunterstützung (§ 21 Abs. 2 Nr. 5 TKG)
Zulassung von Kooperationsmöglichkeiten zugangsberechtigter Unternehmen (§ 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG)
Einheitliche Rechnungsstellung, Inkasso (§ 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG)
Entbündelter Zugang zur TAL (§ 21 Abs. 3 Nr. 1 TKG)
Zusammenschaltung (§ 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG)
Offener Zugang zu Schnittstellen (§ 21 Abs. 3 Nr. 3 TKG)
Kollokation (§ 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG)
TAL, Zusammenschaltung DTAG und Mobilfunknetze, IP-Bitstrom
Nein
Keine Verweigerung bereits gewährten Zugangs (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG)
Entgeltgenehmigungspflicht (§§ 30 Abs. 1, 39 Abs. 1 TKG)
TAL, Zusammenschaltung DTAG, alternative TNB und Mobilfunknetze, IP-Bitstrom, ATM-Bitstrom, Rundfunk-Signallieferung
Netzkomponenten und -einrichtungen (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG)
Zuführung Online Dienste, IP- und ATM-Bitstrom, Rundfunk-Signallieferung
Zuführung Online-Dienste, Zusammenschaltung alternative TNB
Transparenzverpflichtung (§ 20 TKG)
TAL, Zusammenschaltung DTAG und Mobilfunknetze, IP-Bitstrom, ATM-Bitstrom
Bislang in jeder Regulierungsverfügung zu Vorleistungen auferlegt
Diskriminierungsverbot (§ 19 TKG)
Getrennte Rechnungsführung (§ 24 TKG)
Nein
Verpflichtungen gegenüber Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht (§ 18 TKG)
Standardangebot (§ 23 TKG)
Auferlegt? [geplant]
Maßnahmen aus Katalog des § 13 Abs. 1 und 3 TKG
Übersicht auferlegter Zugangsverpflichtungen Rz. 34 H
34
Heun | 763
Auferlegt? [geplant] Zuführung Online Dienste, Zusammenschaltung alternative TNB, ATM-Bitstrom, Rundfunk-Signallieferung Endnutzermärkte Festnetztelefonie Nein Endnutzermärkte Festnetztelefonie [Geplant] Rundfunk-Signaleinspeisung (Transparenzverpflichtung [§ 20 TKG])
Maßnahmen aus Katalog des § 13 Abs. 1 und 3 TKG
Nachträgliche Entgeltregulierung (§ 30 Abs. 1 S. 2, Abs. 2-4, §§ 38, 39 TKG)
Anzeigepflicht für Endnutzentgelte (§ 39 Abs. 3 S. 2 TKG)
Gleichzeitiges Vorleistungsangebot bei Einführung von Endnutzerentgelten (§ 39 Abs. 4 TKG)
Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl (§ 40 TKG)
Mindestangebot von Mietleitungen (§ 41 TKG)
„Vorsorgliche“ Missbrauchsaufsicht (§ 42 Abs. 4 S. 3 TKG)
H Rz. 34 Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
764 | Heun
Begriffsbestimmungen
Rz. 36 H
5. Begriffsbestimmungen Der Systematik des TKG folgend, welches selbst in erheblichen Umfang Begriffsbestimmungen im Wege der Legaldefinition in einer eigenständigen Regelung vornimmt (§ 3 TKG), sollen hier vorab einige für das Verständnis der nachfolgenden Ausführungen wichtige Begriffe erläutert werden.
35
5.1 „Zugang“ Im Zentrum der Zugangsregulierung steht die in § 3 Nr. 32 TKG aufgeführte Definition des „Zugangs“. Danach ist „‚Zugang‘ die Bereitstellung von Einrichtungen oder Diensten für ein anderes Unternehmen unter bestimmten Bedingungen zum Zwecke der Erbringung von Telekommunikationsdiensten.“
Diese Definition basiert auf Art. 2 S. 2 lit. a) Zugangsrichtlinie und ist weitgehend mit dessen Satz 1 identisch. Auf die weiter in Art. 2 S. 2 lit. a) Zugangsrichtlinie aufgeführten Beispiele für den Zugang hat der Gesetzgeber in § 3 Nr. 32 TKG verzichtet1, diese aber in der Gesetzesbegründung erläuternd aufgeführt2. Die Beispiele sind daher bei der Auslegung des Zugangsbegriffs zu berücksichtigen. Die Legaldefinition des Zugangs ist gegenüber der Definition von „Netzzugang“ in § 3 Nr. 9 TKG 1996 sowohl weiter als auch enger: –
Weiter ist die Definition dahingehend, dass der Zugang nun ausdrücklich jegliche Bereitstellung von Einrichtungen oder Diensten erfasst und nicht nur die physische und logische Verbindung von Einrichtungen. Dies wird auch durch die Verwendung des allgemeineren Begriffs Zugang gegenüber dem engeren Begriff Netzzugang deutlich.
–
Enger ist die Definition durch Einführung einer Zweckbestimmung, die in der Erbringung von Telekommunikationsdiensten (zum diesem Begriff siehe A. Rz. 43 ff.) durch das den Zugang nachfragende Unternehmen liegt und nicht lediglich darin, auf Funktionen eines Telekommunikationsnetzes oder darüber erbrachte (Telekommunikations-)Dienstleis-
_______________
1 Es handelt sich um folgende Beispiele: „Zugang zu Netzkomponenten und zugehörigen Einrichtungen, wozu auch der feste oder nicht feste Anschluss von Einrichtungen gehören kann (dies beinhaltet insbesondere den Zugang zum Teilnehmeranschluss sowie zu Einrichtungen und Diensten, die erforderlich sind, um Dienste über den Teilnehmeranschluss zu erbringen); Zugang zu physischen Infrastrukturen wie Gebäuden, Leitungen und Masten; Zugang zu einschlägigen Softwaresystemen, einschließlich Systemen für die Betriebsunterstützung; Zugang zur Nummernumsetzung oder zu Systemen, die eine gleichwertige Funktion bieten; Zugang zu Fest- und Mobilfunknetzen, insbesondere um Roaming zu ermöglichen; Zugang zu Zugangsberechtigungssystemen für Digitalfernsehdienste und Zugang zu Diensten für virtuelle Netze.“ 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 58.
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36
H Rz. 37
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
tungen zuzugreifen. Der Zugang ist daher kein Selbstzweck, sondern immer im Zusammenhang damit zu betrachten, welchem Zweck der begehrte Zugang dienen soll. Indirekt liegt freilich in der Zweckbestimmung auch eine zusätzliche Erweiterung bzw. Präzisierung gegenüber dem Netzzugangsbegriff in § 3 Nr. 9 TKG 1996. Denn hiermit erhält der Zugangsbegriff eine neue finale Komponente, die nicht lediglich im Zugriff auf Funktionen oder Dienste liegt1, sondern darin besteht, dass der Nachfrager auch in die Lage versetzt wird, Telekommunikationsdienste mittels des Zugangs anzubieten (dazu näher sogleich unter Rz. 49 ff.). 37
Mit der Erweiterung ist klargestellt, dass der Begriff Zugang umfassend zu verstehen ist2. Zusätzlich konkretisiert wird der Begriff des Zugangs dabei neben den Beispielen aus Art. 2 S. 2 lit. a) Zugangsrichtlinie durch den Maßnahmenkatalog des § 21 Abs. 2 und 3 TKG. Denn durch die dort aufgeführten, ausdrücklich als Zugangsverpflichtungen bezeichneten Leistungen wird verdeutlicht, dass diese sämtlich unter den Begriff des Zugangs fallen. Über den Begriff der Bereitstellung von Einrichtungen sowie § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG (Zugang zu Netzkomponenten oder -einrichtungen) und § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG (Zusammenschaltung) wird folglich nunmehr auch die Überlassung von Mietleitungen erfasst. Unter dem TKG 1996 hatte die RegTP dagegen die Überlassung von Mietleitungen nicht als Netzzugang angesehen3. Ebenso ist die Bereitstellung von Diensten zum Zwecke des Wiederverkaufs (Resale) nunmehr als Zugang bzw. Zugangsleistung anzusehen, da der Zugang eben auch die Bereitstellung von Diensten umfasst und der Wiederverkauf in § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG explizit aufgeführt ist. Gleiches gilt etwa für Fakturierung und Inkasso (§ 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG).
38
Die Zweckbestimmung dagegen nimmt den Zugang für reine Anbieter von Inhalten aus dem Anwendungsbereich des Zugangs aus. Solche Anbieter erbringen keine Telekommunikationsdienste und sind deswegen sowohl nach dem Willen des Richtliniengebers (Art. 2 lit. c) Rahmenrichtlinie)4 wie auch des Gesetzgebers5 nicht zugangsberechtigt. Daher ist auch Markt Nr. 18 der Märkteempfehlung im Ergebnis inkonsequent6. Denn hier geht es u. a. um Leistungen derjenigen, die Rundfunksignale ausschließlich für Inhalteanbieter, d. h. die Rundfunkanstalten, übertragen (sog. Signaleinspeisung, siehe G., Rz. 177). Bei der Signaleinspeisung kann es sich aber begrifflich nicht um Zugang im Sinne des deutschen oder europäischen Telekommu_______________
1 Siehe dazu BVerwG, CR 2003, 738 (739). 2 Siehe auch Erwägungsgrund (3) der Zugangsrichtlinie. 3 Dazu schon anderer Ansicht Fischer/Heun/Sörup in: Heun (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Auflage 2002, Teil 4 Rz. 34 ff. 4 Erwägungsgründe (5) und (10) der Rahmenrichtlinie. 5 BT-Drucks. 15/2316, S. 64 zu § 19 des Gesetzentwurfs (entspricht dem heutigen § 21 TKG). 6 Ebenso Schütz, Kommunikationsrecht, Rz. 463.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 40 H
nikationsrechts aufgrund der anwendbaren Legaldefinitionen handeln. Die Einspeisung und Übertragung der Rundfunksignale stellen für sich genommen zwar einen Telekommunikationsdienst dar. Die Leistung ist entgeltlich und besteht aus der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen (§ 3 Nr. 24 TKG, dazu A. Rz. 43 ff.). Der Zweck dieser Leistung für den Inhalteanbieter besteht indessen gerade nicht darin, dem Endnutzer einen Telekommunikationsdienst zu erbringen, sondern diesem die Rundfunkinhalte bereitzustellen. Insofern sieht die BNetzA die Signaleinspeisungsmärkte auch zutreffend als Endnutzermärkte an1 (siehe auch G. Rz. 177). Allerdings wird die Zweckbestimmung mit Blick auf Telekommunikationsdienste bei einzelnen Zugangsverpflichtungen auch explizit erweitert, etwa wenn in §§ 18 Abs. 2 und 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG Anbieter von telekommunikationsgestützten Diensten (§ 3 Nr. 25 TKG; siehe A. Rz. 47) und Anbieter von Leistungen nach § 78 Abs. 2 Nr. 3 TKG ausdrücklich einbezogen werden. Grundsätzlich zugangsberechtigt und zugangsverpflichtet sind Unternehmen i. S. v. § 3 Nr. 29 TKG (siehe dazu G. Rz. 117). Der weite Unternehmensbegriff hat zur Folge, dass sich Zugangsverpflichtungen auch auf sämtliche, im kartellrechtlichen Sinne mit einem zugangsverpflichteten Unternehmen verbundene Unternehmen erstrecken können.
39
5.1.1 Abgrenzung des Zugangsbegriffs in § 3 Nr. 32 TKG Der Begriff Zugang wird im TKG nicht einheitlich im Sinne der Legaldefinition des § 3 Nr. 32 TKG benutzt. Er findet sich auch in §§ 18 und 30 Abs. 4 TKG, wenn dort von Unternehmen gesprochen wird, die „den Zugang zu Endnutzern kontrollieren“. Demgegenüber spricht etwa § 50 TKG mit Blick auf den in Teil 4 des Gesetzes geregelten Bereich der Rundfunkübertragung von „Zugangsberechtigungssystemen“ (dazu J.). Schließlich enthielt die aufgrund von § 41 TKG 1996 erlassene und bis Ende Februar 2007 noch parallel zum TKG 2004 geltende TKV 1997 in ihrem § 13 noch den Begriff des „allgemeinen Netzzugangs“ in Abgrenzung zum „besonderen Netzzugang“ des § 35 TKG 1996. Diese Regelung ist infolge des TKG-Änderungsgesetzes in § 45d TKG aufgegangen, der mit „Netzzugang“ überschrieben ist und vom „Zugang zu öffentlichen Telekommunikationsnetzen an festen Standorten“ für Endnutzer spricht. Die gleiche Begrifflichkeit wird auch im § 78 Abs. 2 Nr. 1 TKG verwendet. Mit Blick auf Endnutzer bzw. Teilnehmer wird der Begriff des Zugangs auch in §§ 40 Abs. 1 und 95 Abs. 5 TKG verwendet. Daneben verstehen etwa die §§ 110 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, 149 Abs. 1 Nr. 26 und 127 Abs. 1 S. 3 TKG den Begriff des Zugangs eher umgangssprachlich im Sinne der dort getroffenen Regelung. _______________
1 Konsultationsentwurf der Regulierungsverfügungen im Bereich Rundfunk-Übertragungsdienste v. 25.10.2006 – BK3b-06-013-017/R, BNetzA Mitteilung. Nr. 341/ 2006, ABl. Nr. 21/2006, S. 3229 (z. B. S. 3234 f.).
Heun | 767
40
H Rz. 41
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
5.1.1.1 Abgrenzung zum Bereich der Rundfunkübertragung 41
Hinsichtlich der Zugangsregulierung in Teil 4 des Gesetzes zur Rundfunkübertragung wollte der Gesetzgeber eine eigenständige Regelung treffen und hat deswegen in der Gesetzesbegründung klargestellt, dass die in § 3 Nr. 32 TKG vorgenommene Legaldefinition des Zugangs sich lediglich auf Teil 2 Abschnitt 2 des Gesetzes beziehe1. Die eigenständige Legaldefinition für Zugangsberechtigungssysteme in § 3 Nr. 33 TKG sowie die in sich abgeschlossene Regelung der Rundfunkübertragung in Teil 4 des TKG bedeuten daher, dass die dort verwendete Begrifflichkeit für den Zugang von der in § 32 Nr. 2 TKG zu unterscheiden und unabhängig ist. Zwar widerspricht dies dem Beispielskatalog in Art. 2 S. 2 lit. a) Zugangsrichtlinie, der ausdrücklich auch den Zugang zu Zugangsberechtigungssystemen für Digitalfernsehdienste nennt. Allerdings erscheint diese Abweichung im TKG insofern geboten, als Art. 6 Zugangsrichtlinie und der diesen umsetzende § 50 TKG inhaltlich die auf Telekommunikationsdienste bezogene Zweckbestimmung des (ursprünglichen) Zugangsbegriffs ausdrücklich durchbrechen. Denn dort geht es u. a. gerade um den Zugang der Inhalteanbieter (Rundfunkveranstalter) zu den Zugangsberechtigungssystemen. 5.1.1.2 Abgrenzung zum Zugang von Endnutzern bzw. Teilnehmern
42
Hinsichtlich der Verwendung des Zugangsbegriffs im Zusammenhang mit Endnutzern und Teilnehmern stellt sich dagegen die Frage, ob die unter dem TKG 1996 bestehende Abgrenzung zwischen allgemeinem und besonderen Netzzugang weiterhin verwendet werden kann2, indem der in § 3 Nr. 32 TKG legaldefinierte Begriff des Zugangs mit dem früheren Begriff des besonderen Netzzugangs gleichgesetzt wird. Dies ist zu verneinen. Denn die Erweiterung des Begriffs auf die Bereitstellung von Diensten (siehe oben Rz. 37) ebenso wie die Zweckbestimmung (oben Rz. 38) unterscheiden den heutigen Zugangsbegriff deutlich von der früheren Legaldefinition des Netzzugangs in § 3 Nr. 9 TKG 1996.
43
Zunächst ist dazu festzustellen, dass schon in der alten Begriffswelt die in der Praxis der RegTP und der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vorgenommene Abgrenzung des besonderen Netzzugangs anhand besonderer technischer Merkmale3 nicht haltbar war. Denn entscheidend für die Abgrenzung war schon damals die Zweckbestimmung des Netzzugangs anzusehen, d. h. ob der Netzzugang für Zwecke der Erbringung von Telekommunikationsdiensten nachgefragt wurde (dann besonderer Netzzugang) oder zur Nutzung als Endnutzer bzw. Teilnehmer (dann allgemeiner Netzzu_______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 59. 2 Siehe dazu Fischer/Heun/Sörup in: Heun (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Auflage 2002, Teil 4 Rz. 29 ff. 3 So VG Köln, Beschl. v. 27.10.1999 – 1 L 1917/99, MMR 2000, 227 (230) und diesem folgend OVG NRW, Beschl. v. 5.7.2000 – 13 B 2018/99, MMR 2000, 779 (781).
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Begriffsbestimmungen
Rz. 45 H
gang)1. Diese Sichtweise ist noch für das alte Recht durch den BGH bestätigt worden2. Da nunmehr § 3 Nr. 32 TKG zudem ausdrücklich die Zweckbestimmung für den Zugang in Form der Erbringung von Telekommunikationsdiensten beinhaltet, hat sich die frühere Praxis der RegTP und der Verwaltungsgerichte, den besonderen Netzzugang und ggf. auch den Zugang im Sinne des heutigen TKG anhand technischer Merkmale zu bestimmen, erledigt. Ferner bedeutet die Erweiterung des Zugangsbegriffs auf Dienste, dass besondere (technische) Merkmale für den Zugang nach heutigem Verständnis nicht mehr erforderlich sein können. Daraus folgt, dass sich die Abgrenzung des Zugangsbegriffs in § 3 Nr. 32 TKG mit Blick auf Teilnehmer und Endnutzer allein aus der Zweckbestimmung des Zugangs für die Erbringung von Telekommunikationsdiensten ergibt. Dies ist auch folgerichtig.
44
5.1.1.3 Abgrenzung mit Blick auf nicht öffentliche Telekommunikationsdienste Allerdings stößt man bei der Betrachtung des Zugangs von Endnutzern und Teilnehmern auf eine nach wie vor bestehende begriffliche Unschärfe des TKG3. Denn die Legaldefinitionen von Endnutzer und Teilnehmer in § 3 Nr. 8 und § 3 Nr. 20 TKG erlauben auch, dass diese Personen selbst Telekommunikationsdienste erbringen. Die Definition des Endnutzers schließt lediglich aus, dass dieser Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringt (siehe dazu A. Rz. 52 ff.). Die Erbringung von nicht öffentlichen Telekommunikationsdiensten (etwa für die interne Kommunikation in privaten Netzen, siehe A. Rz. 55) ist daher auch Endnutzern möglich. Dies verdeutlichen Art. 3 und 4 Genehmigungsrichtlinie4, die auch die Berechtigung vorsehen, „elektronische Kommunikationsdienste“ zu erbringen, ohne dass diese der Allgemeinheit (Öffentlichkeit) zur Verfügung stehen5. Ebenso kann zumindest nach dem Wortlaut der Definition in § 3 Nr. 20 Teilnehmer auch eine Person sein, die selbst Telekommunikationsdienste erbringt, wenngleich das TKG den Begriff Teilnehmer ausschließlich im Sinne eines „Endkunden“ verwendet, der die Leistung in Anspruch nimmt, selbst aber _______________
1 So schon Fischer/Heun/Sörup in: Heun (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Auflage 2002, Teil 4 Rz. 29, wenn dort von einer funktionalen Betrachtungsweise gesprochen wird sowie Rz. 39. 2 BGH, Urt. v. 10.2.2004 – KZR 7/02, CR 2004, 666 (668). 3 Dazu bereits Heun, CR 2003, 487 f. 4 Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie), Amtsblatt EU Nr. L 108 v. 24.4.2002, S. 21–32. 5 Siehe auch Erwägungsgrund (4) der Genehmigungsrichtlinie sowie Erwägungsgrund (1) der Zugangsrichtlinie, wobei dort entgegen der in der Zugangsrichtlinie verwendeten Terminologie eine Begrenzung auf Anbieter von Telekommunikationsdiensten für Öffentlichkeit intendiert zu sein scheint.
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45
H Rz. 46
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
keine Telekommunikationsdienste erbringt. Andererseits setzte das TKG 2004 in der bis 23.2.2007 geltenden Fassung des § 45 Abs. 1 S. 1 den Begriff des Endnutzers gesetzlich mit dem Begriff des Kunden gleich, was darauf schließen lässt, dass das Gesetz Endnutzer grundsätzlich als Personen ansieht, die Telekommunikationsdienste nur für den Eigengebrauch in Anspruch nehmen1. Dies gilt nunmehr erst Recht mit Blick auf § 43a TKG. Diese Regelung im Bereich des Kundenschutzes (Teil 5 des Gesetzes) liegt außerhalb der Zugangsregulierung und spricht von Verträgen mit Teilnehmern (in der Entwurfsfassung sogar von Endnutzern2), bei denen es sich zwangsläufig nicht auch um Zugangsvereinbarungen etwa nach § 22 TKG handeln kann. Diese begriffliche Unschärfe ist im Übrigen auch in den europarechtlichen Vorgaben angelegt (Art. 2 lit. h), i) k) und n) Rahmenrichtlinie sowie Art. 2 Abs. 2 lit. a) Datenschutzrichtlinie3). 46
Die begriffliche Unschärfe lässt sich zwar dahingehend auflösen, dass die weitere Verwendung der Begriffe Endnutzer und Teilnehmer im Gesetz wie auch in den genannten Richtlinien verdeutlichen, dass es sich bei diesen Personen um Eigenverbraucher von Telekommunikationsdiensten handelt und nicht um Personen, die selbst (nicht öffentliche) Telekommunikationsdienste anbieten. Dann stellt sich aber die Frage, wie Anbieter von nicht öffentlichen Telekommunikationsdiensten zu behandeln sind: als Endnutzer bzw. Teilnehmer oder (zumindest auch) als Unternehmen, die Nachfrager eines Zugangs für die Zwecke (nicht öffentlicher) Telekommunikationsdienste sein können? Dies ist deswegen von Bedeutung, weil sich die Rechte solcher Unternehmen dann entweder nach dem fünften Teil des Gesetzes (Kundenschutz) oder dem hier relevanten zweiten Teil des Gesetzes richten. Eine andere Auflösung könnte darin bestehen, den Begriff des öffentlichen Telekommunikationsnetzes bzw. der Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit (siehe § 6 TKG) so weit zu fassen, dass nicht öffentliche Netze oder Dienste praktisch nicht mehr existieren4. Allerdings negiert eine solche Sichtweise, dass die Verwendung des Begriffs „öffentlich“ bei Netzen und Diensten zwangsläufig voraussetzt, dass es auch private Netze und Dienste geben muss (siehe auch A. Rz. 55).
47
Indes braucht sich das Begriffsverständnis für den Zugang nicht daran zu orientieren, wer (ggf. zugleich) Endnutzer oder Teilnehmer ist. Denn der Zugang bezieht sich lediglich auf ein gegenüber dem Zugang gewährenden Unternehmen „anderes Unternehmen“, qualifiziert dieses aber abgesehen von der Zweckbestimmung des Zugangs nicht näher (zum Unternehmensbegriff _______________
1 So BerlKommTKG/Säcker, § 3 Rz. 12. 2 Was zu Recht vom Bundesrat moniert worden war, BT-Drucks. 16/2581, S. 35. 3 Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlamants und des Rates v. 12.7.2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie [für elektronische Kommunikation]), Amtsblatt EU Nr. L 201 v. 31.7.2002, S. 37–47. 4 So offenbar BerlKommTKG/Säcker, § 3 Rz. 51 ff.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 49 H
siehe G. Rz. 117). Zwar scheint Art. 4 Abs. 2 Genehmigungsrichtlinie nahe zu legen, dass nur Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit zugangsberechtigt sind bzw. sein sollen. Auch die Definition des „Betreibers“ in Art. 2 S. 2 lit. c) Zugangsrichtlinie spricht von einem öffentlichen Kommunikationsnetz. Andererseits enthalten weder die Definition des Zugangs in Art. 2 S. 2 lit. a) Zugangsrichtlinie noch die Regelungen über Zugangspflichten (Art. 12 Zugangsrichtlinie) mit Ausnahme des Sonderfalls der Zusammenschaltung (Art. 2 S. 2 lit. b) Zugangsrichtlinie) eine Beschränkung auf öffentliche Telekommunikationsnetze oder -dienste seitens des nachfragenden Unternehmens bzw. Dritten. Gleiches gilt für § 3 Nr. 32 und § 21 TKG. Demzufolge umfasst der Begriff des Zugangs in § 3 Nr. 32 TKG auch den Zugang durch Unternehmen, die keine Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit, sondern sonstige Telekommunikationsdienste anbieten. 5.1.1.4 Abgrenzung gegenüber der Kontrolle des Zugangs zu Endnutzern Die in §§ 18, 30 Abs. 4 TKG verwendete Begrifflichkeit der Kontrolle des „Zugangs zu Endnutzern“ liegt allerdings quer zum Zugang nach § 3 Nr. 32 oder dem Netzzugang nach § 45d TKG. Denn hier geht es beim Zugang eher umgangssprachlich um das Erreichen des Endnutzers, dessen Netzzugang (§ 45d TKG) von einem Unternehmen durch Bereitstellung des physikalischen Netzanschlusses und/oder durch Zuteilung von Rufnummern1 kontrolliert wird, was seinerseits wiederum Zugangsansprüche eines nachfragenden Unternehmens i. S. d. § 3 Nr. 32 TKG auslösen kann. Der Begriff Zugang zu Endnutzern i. S. d. §§ 18, 30 Abs. 4 TKG ist daher losgelöst von § 3 Nr. 32 TKG zu betrachten.
48
5.1.2 Leistungsumfang des Zugangsbegriffs in § 3 Nr. 32 TKG In erster Linie wird der Zugangsbegriff und damit der Umfang des Zugangs durch die einschlägige Art des Zugangs bestimmt. Zugang im Sinne des § 3 Nr. 32 TKG ist insoweit lediglich ein Oberbegriff, der weitere Konkretisierung benötigt. Dies bedeutet, dass sich der Leistungsumfang des Zugangsbegriffs grundsätzlich danach richtet, ob es etwa um den Zugang zum Teilnehmeranschluss (§ 21 Abs. 3 Nr. 1 TKG), um die Zusammenschaltung (§ 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG), den Bitstrom-Zugang (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG) oder sonstige in § 21 TKG genannte bzw. danach auferlegbare Zugangsformen geht. Der erste Schritt zur näheren Konkretisierung des Leistungsumfangs beim Zugang liegt daher in der aufgrund von § 13 TKG mittels Regulierungsverfügung nach Maßgabe von § 21 TKG auferlegten Zugangsverpflichtung. Gleichwohl bestehen Wechselwirkungen mit dem generellen Ver_______________
1 Vgl. Erwägungsgrund (8) der Zugangsrichtlinie.
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49
H Rz. 50
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
ständnis dessen, was vom (allgemeinen) Zugangsbegriff des § 3 Nr. 32 TKG erfasst ist. 50
Der Zugangsbegriff ist in dreierlei Hinsicht bereits durch die Praxis und Rechtsprechung zum Netzzugang unter dem TKG 1996 präzisiert worden: –
Er umfasst grundsätzlich sämtliche, auch zusätzliche Leistungen, welche die Nutzung des betreffenden Zugangs erst ermöglichen bzw. hierfür erforderlich sind1 (dazu auch näher bei den einzelnen Zugangsarten unten Rz. 297 ff.).
–
Die betreffenden Leistungen sind nicht auf (fertige) Telekommunikationsdienste i. S. d. § 3 Nr. 24 TKG beschränkt2.
–
Er erfasst nicht Leistungen, die noch nicht vorhanden sind, sondern erst erstellt werden müssen3.
Diese Präzisierungen sind auch für den Zugangsbegriff in § 3 Nr. 32 TKG weiterhin verwendbar, zumal die Legaldefinition in § 3 Nr. 32 TKG die genannte Rechtsprechung im Ergebnis durch ihren Wortlaut übernimmt. 5.1.2.1 Zusätzliche Leistungen bzw. Nebenleistungen 51
Das Bundesverwaltungsgericht hat zum Begriff des Netzzugangs nach § 3 Nr. 9 TKG 1996 und der Netzzugangsgewährungspflicht des § 35 TKG 1996 festgestellt4: „Der Anspruch umfasst jedenfalls im Grundsatz alle in dem zugänglich gemachten Netz vorhandenen Leistungsmerkmale. Im Interesse der Sicherung und Förderung chancengleichen Wettbewerbs ist er auch darauf gerichtet, dass die neuen Wettbewerber auf dem Telekommunikationsmarkt ihren Kunden die gleichen Leistungen anbieten können wie das zur Gewährung des Netzzugangs verpflichtete Unternehmen. Durch den umfassenden Anspruch soll jedes Risiko ausgeschlossen werden, dass durch eine Beschränkung des Anspruchs auf Zugang zu den Leistungsmerkmalen des verbundenen fremden Netzes eine Beeinträchtigung chancengleichen Wettbewerbs zu Lasten der Wettbewerber des marktbeherrschenden Unternehmens eintritt. Eine Beschränkung des umfassenden Zugangsanspruchs könnte allenfalls insoweit in Betracht kommen, als es um Leistungsmerkmale geht, die für den Marktzutritt und/oder die Marktbehauptung des neuen Wettbewerbers unter keinem denkbaren Gesichtspunkt von Bedeutung sind.“
Diese, auf den Zweck des begehrten Zugangs, nämlich den Kunden auf dem Telekommunikationsmarkt gleiche Leistungen anbieten zu können, gerichteten Erwägungen haben unmittelbar in die Legaldefinition des § 3 Nr. 32 _______________
1 Siehe zur Zusammenschaltung nach dem TKG 1996 VG Köln, Beschl. v. 24.1.2002 – 1 L 2574/01, MMR 2002, 266 sowie BVerwG, Urt. v. 25.6.2003 – 6 C 17.02, CR 2003, 738. 2 BverwG, Urt. v. 15.4.2001 – 6 C 7.00, CR 2001, 752 (756). 3 OVG NRW, Beschl. v. 3.2.2002 – 13 B 2130/02, CR 2003, 428 (429). 4 BVerwG, Urt. v. 25.6.2003 – 6 C 17.02, CR 2003, 738 (740).
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Begriffsbestimmungen
Rz. 53 H
TKG Eingang gefunden. Denn die dort enthaltene Zweckbestimmung bezieht sich ja gerade auf die Erbringung von Telekommunikationsdiensten. Dementsprechend sind sämtliche Leistungen vom Zugangsbegriff des § 3 Nr. 32 TKG erfasst, die für den mit betreffendem Zugang verfolgten Zweck des betreffenden Telekommunikationsdienstes von Bedeutung sind. Dies bedeutet beispielsweise, dass neben dem reinen technischen Zugang zu einem Netz (Schnittstelle) der Zugang auch Nebenleistungen wie die (Carrier-Express-)Entstörung, die Schaltung des Zugangs außerhalb der üblichen Geschäftszeiten sowie eine Netzverträglichkeitsprüfung beinhaltet1. Die Zweckbestimmung bedeutet allerdings nicht, dass das zugangsberechtigte Unternehmen anhand seiner subjektiven Interessenlage anhand der beabsichtigten Telekommunikationsdienste darüber entscheidet, welche Leistungen Bestandteil des Zugangs sind. Vielmehr zeigt der Rückgriff der soeben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf die Regulierungsziele, dass hier ein objektivierter Maßstab anzuwenden ist, bei dem es darauf ankommt, ob die betreffenden Leistungen für den Marktzutritt oder die Marktbehauptung des zugangsberechtigten Unternehmens bedeutend sind2.
52
5.1.2.2 Keine Beschränkung auf Telekommunikationsdienste Wie die schon unterschiedliche Wortwahl in § 3 Nr. 32 TKG selbst zeigt, nämlich die Erbringung bzw. Inanspruchnahme von Diensten für Zwecke der Erbringung von Telekommunikationsdiensten, umfassen die Dienste bei Zugangsleistungen mehr als nur Telekommunikationsdienste. Nach richtiger, wenn auch nicht unumstrittener Sichtweise war ebenso schon der Zugang zu Leistungen im Rahmen eines besonderen Netzzugangs gemäß § 35 Abs. 1 TKG 1996 unter Rückgriff auf § 33 TKG 1996 nicht nur auf Telekommunikationsdienstleistungen i. S. d. § 3 Nr. 18 TKG 1996 beschränkt – so die Auffassung der DTAG3 –, sondern er umfasste auch intern genutzte Bestandteile der Infrastruktur des marktbeherrschenden Anbieters, die eine Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen im Sinne von § 3 Nr. 18 TKG 1996 erst ermöglichten (sog. Vorprodukte)4. Auch zu diesen Leistungen hatte der marktbeherrschende Anbieter deshalb den Wettbewerbern diskriminierungsfrei Zugang zu gewähren, allerdings nur insoweit, als die Leistungen im Wege allgemeiner oder besonderer Netzzugänge bereitgestellt werden können. Wiederum angesichts der heute in § 3 Nr. 32 TKG _______________
1 Vgl. BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005 ABl. Nr. 7/2005, S. 579 (591). 2 So auch Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 59. 3 Dies kommt zum Ausdruck in VG Köln, Urt. v. 5.11.1998 – 1 K 5929/97, CR 1999, 79 (80); OVG NRW, Beschl. v. 7.2.2000 – 13 A 180/99, NVwZ, 697 (699). 4 Vgl. OVG NRW, Beschl. v. 29.9.1997, MMR 1998, 98; VG Köln, Urt. v. 5.11.1998 – 1 K 5929/97, CR 1999, 79; BVerwG, Urt. v. 15.4.2001 – 6 C 7.00, CR 2001, 752 (756).
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H Rz. 54
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
vorgesehen Zweckbestimmung, dass der Zugang der Erbringung von Telekommunikationsdiensten (nunmehr i. S. d. § 3 Nr. 24 TKG) dienen soll, ist die früher über § 33 TKG 1996 erfolgte Herleitung nicht mehr erforderlich. Sie ergibt sich nunmehr unmittelbar aus der Definition des Zugangs. Zudem verdeutlich der Maßnahmenkatalog in § 21 Abs. 2 und 3 TKG, dass schon die betreffende Zugangsleistung selbst nicht aus einem Telekommunikationsdienst bestehen muss1. 54
Der Zugang nach § 3 Nr. 32 TKG besteht vielmehr aus dem Bereitstellen von Einrichtungen oder Diensten. Die Verwendung von „und/oder“ in Art. 2 S. 2 lit. a) Zugangsrichtlinie gegenüber dem Wort „oder“ in § 3 Nr. 32 TKG ist dabei ohne Bedeutung. Unter Bereitstellen ist die Möglichkeit zu verstehen, die betreffenden Einrichtungen oder Dienste bestimmungsgemäß zu nutzen. Je nachdem, um welche Einrichtung oder welchen Dienst es sich dabei handelt, hat das zugangsverpflichtete Unternehmen mehr oder weniger Leistungen zu erbringen. Das bedeutet vereinfacht, dass es beim Zugang zum Teilnehmeranschluss ausreicht, wenn der Zugangsberechtigte Zugriff auf die physikalischen Elemente der Teilnehmeranschlussleitung erhält, während etwa bei der Zusammenschaltung auch (höherwertige) Transportleistungen (Verbindungsleistungen in Form von Zuführung und Terminierung von Anrufen) zu erbringen sind. Die höchste Stufe der Wertschöpfungskette stellt dabei der Zugang zu Diensten für den Wiederverkauf (Resale) nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG dar.
55
Die Abgrenzung vom Zugang zu Einrichtungen gegenüber dem Zugang zu Diensten ist dabei im Einzelfall kaum zu ziehen. Die Verwendung von „und/oder“ in Art. 2 S. 2 lit. a) Zugangsrichtlinie verdeutlicht vielmehr, dass die Übergänge hier fließend sind. Insbesondere wird man den Begriff Einrichtungen nicht ausschließlich dinglich im Sinne des zivilrechtlichen Sachbegriffs in § 90 BGB verstehen können, um alle sonstigen Leistungen dem Begriff des Dienstes zuzuordnen2. Denn wie die Verwendung des Begriffs „Einrichtungen“ in § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG in Bezug auf intelligente Netzdienste sowie die indirekte Gleichsetzung von Einrichtungen mit Systemen in § 21 Abs. 2 Nr. 5 TKG zeigt, ist dieser Begriff in § 3 Nr. 32 TKG weiter zu verstehen. Auch der in der englischen Fassung der Zugangsrichtlinie verwendete Begriff „facilities“ deutet auf ein umfassenderes Begriffsverständnis, das beispielsweise auch (Software-)Systeme erfasst. Eine Grenzziehung bietet sich daher eher dort an, wo es um den aus Sicht des zugangsverpflichteten Unternehmen eher passiven Zugriff auf Komponenten, Systeme und Funktionen (dann: Zugang zu Einrichtungen) gegenüber dem eher aktiven Erbringen von Leistungen durch dieses Unternehmen geht (dann: Zugang zu Diensten). Andererseits ist letztlich eine genaue Abgrenzung _______________
1 So etwa in § 21 Abs. 2 Nr. 5 (Zugang zu Systemen der Betriebsunterstützung), Abs. 2 Nr. 6 (Zulassung von Kooperationsmöglichkeiten) und Abs. 2 Nr. 7 (Abrechnung und Inkasso). 2 So aber Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 49, 51.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 59 H
beider Begriffe nicht erforderlich, weil dem Zugangsbegriff ein umfassendes Verständnis (siehe oben Rz. 37) zugrunde liegt. Auch beinhalten bestimmte Zugangsformen eine Mischung aus beiden Tätigkeiten. So etwa wenn im Rahmen der Zusammenschaltung einerseits eine Netzkopplung und damit Zugang zum Netz erfolgt und anderseits auch Transportdienste (Verbindungsleistungen in Form von Zuführung und Terminierung von Anrufen) erbracht werden. Jedenfalls wird man vor diesem Hintergrund den Zugang zu Einrichtungen im Rahmen des Zugangsbegriffs als Auffangtatbestand ansehen können, unter den die Leistungen fallen, die man nicht als Dienste im eigentlichen Sinne qualifizieren kann. Auch bei einem umfassenderen Verständnis von Einrichtungen bleiben physikalische Komponenten der Ausgangspunkt hierfür. So etwa Netzkomponenten und zugehörige Gerätschaften wie Leitungen und Anschlüsse, Gebäude und Masten. Daneben sind hier der Zugang zu Systemen und Systemkomponenten, einschließlich Schnittstellen und Protokollen einzuordnen, soweit es um den Zugriff hierauf geht.
56
Auch der Zugang zu Diensten ist freilich umfassend zu sehen und insbesondere nicht darauf beschränkt, dass hierunter lediglich Zugang zu Telekommunikationsdiensten i. S. v. § 3 Nr. 24 TKG (zum Begriff siehe A. Rz. 43 ff.) zu verstehen wäre (siehe oben Rz. 53). Dienste sind daher auch etwa Fakturierung und Inkasso sowie beispielsweise die Rufnummernumsetzung.
57
5.1.2.3 Kein Zugang zu nicht vorhandenen Leistungen, keine generelle Verpflichtung zum Kapazitätsausbau Allerdings erfasst der Zugang nicht die Bereitstellung von Leistungen, die (noch) nicht vorhanden sind1. Ein zugangsberechtigtes Unternehmen kann daher nicht über den Zugang Leistungen nachsuchen, die das beim zugangsverpflichteten Unternahmen vorhandene Leistungsspektrum erweitern. Die Leistungen bzw. die Einrichtungen oder Dienste, zu denen Zugang begehrt wird, beinhalten somit keinen Anspruch auf die erstmalige Erstellung von Leistungen. Zu dieser Ausnahme gehören aber wiederum nicht die technischen Vorkehrungen, die (ggf. auch erstmalig) geschaffen werden müssen, damit auf vorhandene Infrastruktur auch zugegriffen werden kann2.
58
Diese Abgrenzung ist freilich im Einzelfall deswegen schwierig, weil in bestimmten Fällen des Zugangs die für den Zugang notwendigen Schnittstellen gegenüber dem Nachfrager noch nicht bestehen bzw. der Zugang die Bereitstellung von Leistungen erfordert, die ohne Zugang nicht existieren. Entscheidend muss daher sein, welche Leistungen für den Zugang zu den bestehenden Einrichtungen und Diensten erforderlich sind, um den Zugang zu ermöglichen. Diese sind als vom Zugang erfasst anzusehen. Lediglich
59
_______________
1 OVG NRW, Beschl. v. 3.2.2002 – 13 B 2130/02, CR 2003, 428 (429 f.). 2 OVG NRW, Beschl. v. 3.2.2002 – 13 B 2130/02, CR 2003, 428 (429).
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H Rz. 60
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
solche (noch) nicht vorhandene Leistungen, deren Inanspruchnahme den begehrten Zugang ergänzen, aber für dessen Inanspruchnahme unbedeutend sind1, wären daher auszunehmen. 60
Für die Regelungen unter dem TKG 2004 wird in diesem Zusammenhang von der Rechtsprechung unter Bezugnahme auf § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 TKG, wonach die verfügbare Kapazität bei der Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung nach § 21 TKG zu berücksichtigen ist, Folgendes festgestellt: Es bestehe keine Rechtsgrundlage dafür, ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht mittels Regulierungsverfügung zu verpflichten auch dann den (vollständig entbündelten TAL-)Zugang anzubieten, wenn hierfür ein Kapazitätsausbau erforderlich sein sollte und der Wettbewerber sich zur Übernahme der Kosten verpflichtet2. Dies knüpft an die höchstrichterliche Rechtsprechung zum TKG 1996 an, nach der Kapazitätsengpässe als sachlicher Grund für die Zugangsverweigerung in Einzelfällen angesehen worden sind3. Umgekehrt schließt dies aber nicht aus, dass die BNetzA eine Verpflichtung zum Kapazitätsausbau im Rahmen ihrer Ermessenserwägungen anlässlich einer Regulierungsverfügung mit ausspricht oder dies in der Begründung anspricht4, so dass im Einzelfall mit einer Zugangsanordnung nach § 25 TKG entschieden werden kann, ob die Verpflichtung zum Kapazitätsausbau oder dessen Verweigerung gerechtfertigt ist5. 5.2 „Zusammenschaltung“
61
Die Zusammenschaltung ist in § 3 Nr. 34 TKG als derjenige Sonderfall des Zugangs zwischen Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze definiert, „der die physische und logische Verbindung öffentlicher Telekommunikationsnetze herstellt, um Nutzern eines Unternehmens die Kommunikation mit Nutzern desselben oder eines anderen Unternehmens oder die Inanspruchnahme von Diensten eines anderen Unternehmens zu ermöglichen; Dienste können von den beteiligten Parteien erbracht werden oder von anderen Parteien, die Zugang zum Netz haben.“
Diese Legaldefinition folgt nahezu wortwörtlich der in Art. 2 S. 2 lit. b) Zugangsrichtlinie enthaltenen Definition. Mit ihr wird nunmehr ausdrücklich klargestellt, dass die Zusammenschaltung ein Sonderfall des Zugangs ist, was sich nach dem alten Recht nur mittelbar ergab. Angesichts der Auflistung der Zusammenschaltung in § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG als mögliche Zu_______________
1 Siehe auch BVerwG, Urt. v. 25.6.2003 – 6 C 17.02, CR 2003, 738 (740). 2 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 104 ff. über www.justiz. nrw.de. 3 BVerwG, Urt. v. 25.4.2001, CR 2001, 752 (758). 4 BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK 4a-06-039/R (IP-Bitstrom-Zugang), BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717 (2733). 5 In diesem Sinne dennoch VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 119 über www.justiz.nrw.de.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 63 H
gangsverpflichtung hätte es dieser Klarstellung freilich nicht bedurft. Die eigenständige Erwähnung dient daher im Zweifel dazu, die besondere Bedeutung der Zusammenschaltung im Rahmen des Zugangsregimes hervorzuheben. Denn wie die Regelungen in §§ 16 und 18 TKG zeigen, ist die Zusammenschaltung von so zentraler Bedeutung, dass diesbezügliche Verpflichtungen auch seitens Unternehmen bestehen (können), die nicht über beträchtliche Marktmacht verfügen. Die Abgrenzung zum (allgemeinen) Zugangsbegriff ergibt sich dabei aus dem grundsätzlichen Umfang der Legaldefinitionen. Zugang liegt bereits vor, wenn nur auf Einrichtungen des fremden Netzes zugegriffen wird oder gar netzunabhängig Dienste in Anspruch genommen werden (siehe oben Rz. 54 ff.). Eine Zusammenschaltung liegt hingegen vor, wenn eine „vollständige Verschaltung“ zweier Netze beabsichtigt ist, mit dem Ziel, Telekommunikationsverkehr zwischen den Netzen abzuwickeln. Anders ausgedrückt: Während die Zusammenschaltung netzübergreifenden Verkehr bezweckt und zwei Netze voraussetzt, reicht für den Zugang der Zugriff auf ein Netz oder Einrichtungen sowie die Inanspruchnahme von Diensten, ohne dass überhaupt ein zweites Netz vorhanden sein müsste.
62
Die Zusammenschaltung gemäß § 3 Nr. 34 TKG ist durch zwei Komponenten gekennzeichnet, eine technische und eine finale Komponente, wobei die finale Komponente zwei Varianten enthält:
63
–
Technische Komponente: … physische und logische Verbindung öffentlicher Telekommunikationsnetze …
–
Finale Komponente: … um Nutzern 1) die Kommunikation mit anderen Nutzern oder 2) die Inanspruchnahme von Diensten zu ermöglichen.
In Bezug auf die technische Komponente liegt keine Veränderung der Begriffsdefinition gegenüber derjenigen in § 3 Nr. 24 TKG 1996 vor. Allerdings erfolgt eine Begrenzung auf öffentliche Telekommunikationsnetze, die früher nicht vorhanden war. In Bezug auf die finale Komponente liegt eine erweiternde Veränderung vor. Zum einen verdeutlicht die heutige Legaldefinition eindeutiger als zuvor § 3 Nr. 24 TKG 1996 auch die Zusammenschaltung eines Teilnehmernetzes mit einem Verbindungsnetz, weil auch die Kommunikation von Nutzern desselben Unternehmens (d. h. beispielsweise, dass Anrufer und Angerufener Teilnehmer eines Teilnehmernetzes sein können, aber der Anrufer etwa einen Verbindungsnetzbetreiber auswählt) explizit erfasst wird (dazu näher unten Rz. 69 ff.). Zum anderen geht es nicht nur um die Kommunikation verschiedener Nutzer untereinander, sondern auch um die Inanspruchnahme von Diensten. Verbunden mit diesen Veränderungen ist die Verwendung weiterer Begriffe, die der Erläuterung bedürfen.
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H Rz. 64
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
5.2.1 „Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes“ 64
Nach § 3 Nr. 34 TKG wird die „Zusammenschaltung“ zwischen Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze hergestellt. Richtigerweise ist diese Formulierung auf die Netze der Betreiber und nicht auf die Betreiber selbst zu beziehen. Damit ist die Zusammenschaltung im Sinne des heutigen TKG abgegrenzt durch die Notwendigkeit eines Telekommunikationsnetzes, das zudem ein öffentliches Telekommunikationsnetz sein muss und einem Betreiber zugeordnet werden kann. 5.2.1.1 Telekommunikationsnetz
65
Ein Telekommunikationsnetz ist nach § 3 Nr. 27 TKG in Anlehnung an die Definition in Art. 2 lit. a) Rahmenrichtlinie „die Gesamtheit von Übertragungssystemen und gegebenenfalls Vermittlungs- und Leitwegeinrichtungen sowie anderweitigen Ressourcen, die die Übertragung von Signalen über Kabel, Funk, optische und andere elektromagnetische Einrichtungen ermöglichen, einschließlich Satellitennetzen, festen und mobilen terrestrischen Netzen, Stromleitungssystemen, soweit sie zur Signalübertragung genutzt werden, Netzen für Hör- und Fernsehfunk sowie Kabelfernsehnetzen, unabhängig von der Art der übertragenen Information“.
Diese Definition ist umfassend, technologieneutral (§ 1 TKG) und bezieht funktional jegliche Übertragungssysteme ein, die der Signalübertragung dienen (näher zur Legaldefinition A. Rz. 33 ff.). Die in der Definition verwendeten Beispiele haben daher nur klarstellenden Charakter. Es macht für die Signalübertragung keinen Unterschied ob es sich um ein Breitbandkabelnetz oder ein drahtgebundenes bzw. aus Glasfasern bestehendes Telefonnetz („Kabel“) handelt oder um ein Mobilfunk-, Satellitenfunk- oder terrestrisches Richtfunknetz („Funk“). Ebenso wenig ist die verwendete Übertragungstechnologie („optisch“ oder „elektromagnetisch“) von Bedeutung. 5.2.1.1.1 Fortgeltung der Mindestanforderungen an ein Telefonnetz 66
Die funktionale Bestimmung eines Telekommunikationsnetzes (nur noch) zur Signalübertragung (und nicht mehr u. a. zur Erbringung von Telekommunikationsdiensten wie in § 3 Nr. 21 TKG 1996) wirft angesichts der früheren Praxis der RegTP die Frage auf, ob ein Telekommunikationsnetz mit Blick auf die Zusammenschaltung weiterhin näher konkretisiert werden muss. Wann überhaupt ein Telekommunikationsnetz vorliegt, war nämlich in der Praxis unter dem TKG 1996 am Beispiel der Zusammenschaltung von so genannten Sprachtelefondienstnetzen umstritten, weil verschiedene Zusammenschaltungspartner der DTAG nach deren Auffassung gar kein Netz betrieben. Dies veranlasste die RegTP im Jahre 1999, eine Anhörung zu der Auslegung des Begriffs des Betreibers eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes durchzuführen. Als Ergebnis dieser Anhörung wurden folgende
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Begriffsbestimmungen
Rz. 67 H
Mindestanforderungen für den Bereich des Sprachtelefondienstes festgelegt, bei deren Vorhandensein das Betreiben eines Telekommunikationsnetz anzunehmen war1: – – –
mindestens eine Vermittlungseinrichtung, Vorhandensein von mehr als zwei Übertragungswegen, Funktionsherrschaft.
Durch diese Kriterien wurde eine funktionale Bestimmung für das Betreiben eines Sprachtelefondienstnetzes vorgenommen, die im Kern darin bestand, dass die Vermittlungsfunktion im Sprachtelefondienst es erforderte, zwischen mehr als einem Endpunkt der ankommenden Verbindung auswählen zu können und die Übertragungsfunktion im (Sprachtelefondienst-)Netz es erforderte, dass hierfür eine entsprechende Anzahl von Übertragungswegen zur Verfügung stand. Dies war bei einer Vermittlungseinrichtung und drei Übertragungswegen (einer für die ankommende Verbindung und zwei weitere, um die Auswahl (Vermittlung) durchführen zu können, als Minimalvoraussetzung gegeben. Allerdings hat die RegTP im Hinblick auf Verbindungsnetze einschränkend klargestellt, dass bei diesen die Übertragungswege in verschiedenen Ortsnetzen bzw. verschiedenen Ortsnetzkennzahlbereichen enden müssten, da es sonst an dem definitorischen Merkmal (§ 3 Nr. 23 TKG 1996) der Verbindung verschiedener Teilnehmernetze fehlte2. Darüber hinaus galt für internationale Verbindungsnetze, dass eine Vermittlung in Deutschland stattfinden musste3, die Übertragungswege also an eine Vermittlungseinrichtung in Deutschland angeschaltet sein mussten. Bei einer unvermittelten Übergabe würden lediglich Verbindungslinien nicht aber ein Netz im obigen Sinne vorliegen. An der beschrieben Praxis, aus dem Zweck der zusammenzuschaltenden Telekommunikationsnetze Mindestanforderungen an den Begriff des betreffenden Telekommunikationsnetzes zu knüpfen, ist grundsätzlich auch unter dem TKG 2004 festzuhalten4. Zwar liegt sowohl dem Richtlinienpaket 2002 (Art. 8 Abs. 1 Unterabsatz 2 Rahmenrichtlinie) als auch dem TKG 2004 (§ 1 TKG) das Prinzip der Technologieneutralität zugrunde. Ebenso führt die Konvergenz von Märkten und Technologien dazu, dass Telekommunikationsnetze gleichzeitig unterschiedlichen Kommunikationszwecken dienen können, indem beispielsweise ein Breitbandkabelnetz gleichzeitig die Übertragung von Rundfunk-, Telefon- und (Internet-)Datensignalen vornimmt (so genanntes „Triple Play“). Und schließlich bezieht sich die Definition des Telekommunikationsnetzes in § 3 Nr. 27 TKG funktional lediglich _______________
1 Vgl. Öffentliche Anhörung über die regulatorische Behandlung von Verbindungsnetzen und öffentlichen Telekommunikationsnetzen im Hinblick auf die Zusammenschaltungsvorschriften des TKG, ABl. RegTP 1999, S. 739. 2 Beschl. v. 4.5.1999, MMR 1999, 429. 3 Beschl. der RegTP v. 21.8.1998 – BK 4-98-011/Z 02.07.98, ABl. RegTP 19/1998, S. 2308. 4 Anders Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 16 Rz. 17 ff.
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H Rz. 68
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
noch auf die Signalübertragung und nicht mehr wie § 3 Nr. 21 TKG 1996 u. a. auf die Erbringung von Telekommunikationsdiensten. Allerdings zeigt schon das genannte Beispiel, dass der Betreiber eines (öffentlichen) Telefonnetzes kaum sinnvoll die Zusammenschaltung mit einem Breitbandkabelnetz hinsichtlich der Übertragung von Rundfunksignalen verlangen kann. Ungeachtet der verwendeten Technologie dienen Telekommunikationsnetze tatsächlich unterschiedlichen Zwecken bzw. unterschiedlichen Diensteangeboten. Dementsprechend beziehen sich Marktdefinition und Marktanalyse sowie die darauf beruhende Regulierungsverfügung, mit der Zugangsverpflichtungen, einschließlich einer Zusammenschaltungspflicht auferlegt werden können, auf bestimmte Telekommunikationsmärkte, die wiederum durch das auf dem Nachfrageverhalten beruhende Diensteangebot bestimmt werden (dazu G. Rz. 81 f.). Ferner zeigt die der Regelung in Art. 2 S. 2 lit. b) Universaldienstrichtlinie nachgebildete Definition des „öffentlichen Telefonnetzes“ in § 3 Nr. 16 TKG, dass auch unter dem neuen rechtlichen Regime das Telefonnetz als Spezialfall eines Telekommunikationsnetzes funktional über den damit erbrachten Dienst, d. h. den „öffentlich zugänglichen Telefondienst“ (§ 3 Nr. 17 TKG, Art. 2 S. 2 lit. c) Universaldienstrichtlinie) definiert wird. Schließlich beinhaltet die Definition der Zusammenschaltung nach wie vor eine finale Komponente, die sich auf die Kommunikation der Nutzer bzw. die Inanspruchnahme von Diensten bezieht, beides ist aber der Art nach von der Ausprägung der jeweiligen im betreffenden Netz vorhandenen Funktionen und Anwendungen (Diensten) abhängig. Daher ist es folgerichtig, wenn an das Telekommunikationsnetz im Rahmen der Zusammenschaltung nach wie vor Anforderungen gestellt werden, die dem betreffenden Diensteangebot entsprechen. 68
Damit kommt es konkret für die Fortgeltung der genannten Mindestanforderungen aus dem Bereich des früheren Sprachtelefondienstes darauf an, ob der heutige Begriff des (öffentlichen) Telefonnetzes nach § 3 Nr. 16 TKG im Zusammenspiel mit der Definition des (öffentlich zugänglichen) Telefondienstes gemäß § 3 Nr. 17 TKG so zu verstehen ist, dass ein solches Netz mindestens eine Vermittlungseinrichtung sowie drei Übertragungswege benötigt. Dies dürfte hinsichtlich der Vermittlungseinrichtung schon deswegen zu bejahen sein, weil bereits die Möglichkeit für das Führen von begrifflich in § 3 Nr. 17 TKG im Plural verwendeten Inlands- und Auslandsgesprächen sowie von Notrufen die Vermittlungsfunktion voraussetzt. Die Vermittlungsfunktion gepaart mit der Anforderung, dass es sich um ein Netz handeln muss, bedeutet wiederum, dass auch die drei Übertragungswege weiterhin erforderlich sind. Nicht aufrecht erhalten werden kann dagegen die Anforderung, dass die Übertragungswege bei Verbindungsnetzen in unterschiedlichen Ortsnetzen bzw. unterschiedlichen Ortsnetzkennzahlbereichen enden müssten. Diese Anforderung hat sich bereits durch die Einführung der Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl im Ortsnetz in § 43 Abs. 6 TKG 1996 Ende 2002 („kleine TKG-Novelle“) erledigt.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 71 H
5.2.1.1.2 Differenzierung zwischen funktional unterschiedlichen Netzen Ferner ist bei Zusammenschaltungen aufgrund der funktionalen Betrachtungsweise für Telekommunikationsnetze nach wie vor nicht auf das Gesamtnetz des jeweiligen Zusammenschaltungspartners abzustellen, sondern auf das jeweilige Einzel- oder Teilnetz, mit welchem die Zusammenschaltung realisiert werden soll. Dies ergibt sich aus der bereits dargestellten finalen Komponente der Definition von Zusammenschaltung sowie aus tatsächlichen Unterschieden einzelner Netze.
69
Daher kann zunächst differenziert werden nach Art und Funktion des jeweiligen Netzes, z. B. festes Telefonnetz, Breitbandkabelnetz, Mobilfunknetz, Satellitennetz, aber auch einzelne Datenübertragungsnetze (IP/DSL, ATM etc.) sowie Mietleitungsnetze. Die Zusammenschaltung bezieht sich grundsätzlich nur auf das Netz in seiner betroffenen Art und Funktion. Lediglich dort, wo Netze art- oder funktionsübergreifend genutzt werden, ist auch eine übergreifende Zusammenschaltung denkbar wie etwa im Falle von IP-Netzen, die mehrere Anwendungen und Funktionen abbilden (z. B. Daten, Voice over IP, IPTV). Klarstellungshalber sei daher erwähnt, dass auch das Peering von IP-Netzen eine Zusammenschaltung im Sinne des TKG ist. Auch ein Telefonnetz beinhaltet ausweislich der Legaldefinition in § 3 Nr. 16 TKG nicht nur die Sprachübertragung, sondern auch die Datenübertragung (Telefax, Datenfernübertragung und funktionaler Internetzugang). Freilich hängt insoweit eine etwaige Zusammenschaltungsverpflichtung davon ab, ob und inwieweit diese von der BNetzA1 übergreifend auferlegt wird oder nicht.
70
Differenziert werden kann ferner nach wie vor zwischen Teilnehmer- und Verbindungsnetzen. Zwar enthält das TKG 2004 anders als das TKG 1996 bis zur kleinen TKG-Novelle (§ 3 Nr. 23 TKG 1996) keine Definition des Verbindungsnetzes mehr. Gleichwohl bestehen derartige Netze heute tatsächlich ebenso wie Teilnehmernetze, d. h. es existieren Netze, an die Teilnehmer (physisch) angeschlossen sind2 und Netze, die keine derartigen Teilnehmer haben, gleichwohl aber Teilnehmern Dienste erbringen. Dieser Un-
71
_______________
1 Siehe beispielsweise BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005, S. 1461 (1473), wenn dort die Zusammenschaltung auf diejenige zwischen öffentlichen Telefonnetzen begrenzt wird. 2 So die Definition des „Teilnehmeranschlusses“ in § 3 Nr. 21 TKG in Bezug auf feste öffentliche Telefonnetze. Der Begriff „Teilnehmernetz“ ist ebenso wie schon zuvor im Gesetz nicht definiert. Verstanden wurde hierunter im Festnetzbereich bislang eine geographische Einheit, die über eine spezielle Ortskennzahl oder individuelle Netzkennzahl verfügt und Teilnehmeranschlüsse aufweist. Auch das Telekommunikationsnetz eines Mobilfunknetzbetreibers war danach jeweils ein einheitliches bundesweites Teilnehmernetz. Vgl. Öffentliche Anhörung über die regulatorische Behandlung von Verbindungsnetzen und öffentlichen Telekommunikationsnetzen im Hinblick auf die Zusammenschaltungsvorschriften des TKG, ABl. RegTP 1999, S. 739 (759).
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H Rz. 72
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
terschied kommt außerdem weiterhin in der Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl gemäß § 40 TKG zum Ausdruck. Indes kommt diesem Unterschied für die Frage, ob ein Telekommunikationsnetz vorliegt, anders als für die Frage nach dem Umfang der Zusammenschaltung nur tatsächliche und keine rechtliche Bedeutung (mehr) zu. 72
In Bezug auf Teilnehmer- und Verbindungsnetze beinhaltet die Legaldefinition der Zusammenschaltung in § 3 Nr. 34 TKG gegenüber derjenigen in § 3 Nr. 24 TKG 1996 nämlich eine zusätzliche Klarstellung. Danach dient die Zusammenschaltung der Kommunikation eines Nutzers mit Nutzern desselben Unternehmens oder eines anderen Unternehmens. In der Praxis unter dem TKG 1996 hatte sich ein Streit an der Frage entzündet, wie die Tatsache, dass Verbindungsnetze keine Teilnehmeranschlüsse aufweisen, anhand der Definition des „öffentlichen Telekommunikationsnetzes“ in § 3 Nr. 12 TKG 1996 vor dem Hintergrund zu beurteilen ist, dass der marktbeherrschende Betreiber nach § 35 TKG 1996 nur zur Zusammenschaltung gegenüber Betreibern anderer öffentlicher Telekommunikationsnetze verpflichtet war. Da nach § 3 Nr. 34, 2. Halbsatz TKG die Zusammenschaltung zwischen (den Netzen von) Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze hergestellt wird (siehe oben Rz. 64), ist der rechtliche Ausgangspunkt für diesen Streit unverändert geblieben. Gelöst wurde die Streitfrage durch die RegTP in der bereits erwähnten Anhörung aus dem Jahre 1999 (siehe oben Rz. 66), in dem sie festhielt, dass es für den Anschluss von Endeinrichtungen an Abschlusseinrichtungen des Netzes ausreiche, wenn dieser Anschluss nicht unmittelbar sondern nur mittelbar erfolgt1. Da nunmehr aber auch die Zusammenschaltung ausdrücklich der Kommunikation von Nutzern desselben Unternehmens dienen kann, bedeutet dies bereits nach der Wortlaut der Definition, dass ein Verbindungsnetz die Definition erfüllt, wenn die kommunizierenden Nutzer Teilnehmeranschlüsse im Netz bzw. den Netzen desselben Unternehmens haben und die Verbindung durch das zusammengeschaltete Verbindungsnetz erfolgt (zum Nutzerbegriff näher unten Rz. 81).
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Daraus folgt, dass die Zusammenschaltung eine beliebige Vielzahl von Konstellationen erfasst. Da zwei Netze erforderlich sind, müssen diese zwar voneinander abgegrenzt werden können. Hierfür können aber über den einschlägigen Netzbegriff keine zusätzlichen qualitativen Anforderungen gestellt werden. So ist im Fall einer Zusammenschaltung zweier Teilnehmernetze innerhalb eines Ortsnetzbereichs, z. B. City-Carrier mit der DTAG, trotz der für beide Netze einheitlichen Ortsnetzkennziffer (ONKZ) nicht von einem einheitlichen, und damit nicht zusammenschaltungsfähigen Teilnehmernetz auszugehen. Ebenso bedeutet die Zusammenschaltung zwischen Teilnehmer- und Verbindungsnetz zur Verwirklichung der Betreiber_______________
1 Vgl. Öffentliche Anhörung über die regulatorische Behandlung von Verbindungsnetzen und öffentlichen Telekommunikationsnetzen im Hinblick auf die Zusammenschaltungsvorschriften des TKG, ABl. RegTP 1999, S. 739.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 74 H
auswahl für Ortsverbindungen (§ 40 Abs. 1 TKG), dass nicht (mehr) verlangt werden kann, ein Verbindungsnetz müsse unterschiedliche Ortsnetze verbinden. Vielmehr reicht auch die Verbindung mittels Zusammenschaltung innerhalb desselben Ortsnetzes aus. Solange daher überhaupt ein Netz vorliegt (siehe oben Rz. 65), das die einschlägigen funktionalen and anwendungsbezogenen Anforderungen erfüllt, erfolgt die Abgrenzung zwischen den zusammenzuschaltenden Netzen aus dem Vorhandensein unterschiedlicher Betreiber. 5.2.1.2 Betreiber Die Zuordnung eines Telekommunikationsnetzes zu einem Betreiber kann mangels einer im TKG vorhandenen Legaldefinition über den im TKG 1996 verwendeten Begriff der „Funktionsherrschaft“ erfolgen (näher dazu A. Rz. 36 ff.). Betreiber ist danach derjenige, der die rechtliche und tatsächliche Kontrolle über die Funktionen des betreffenden Netzes ausübt. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass nach Art. 2 S. 2 lit. c) Zugangsrichtlinie der „Betreiber“ als ein Unternehmen definiert ist, das ein öffentliches Kommunikationsnetz oder eine zugehörige Einrichtung bereitstellt, oder zur Bereitstellung hiervon befugt ist.
Danach kommt es also für die Betreiberstellung weder darauf an, ob der Betreiber ein Telekommunikationsnetz betreibt, weil alternativ auch zugehörige Einrichtungen ausreichen, noch ob das Netz oder die Einrichtung bereits in Betrieb befindlich ist, weil die Befugnis hierzu ausreicht. Gleichwohl ist damit im Ergebnis keine Abkehr vom bisherigen Begriff der Funktionsherrschaft geboten (siehe A. Rz. 37 f.). Der erstgenannte Aspekt der zugehörigen Einrichtungen ist freilich im Rahmen der Zusammenschaltung irrelevant1, weil es hier nach § 3 Nr. 34 TKG ebenso wie nach Art. 2 S. 2 lit. b) Zugangsrichtlinie um Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes geht, also nicht lediglich um den Betreiber von (zugehörigen) Einrichtungen (siehe ausführlich A. Rz. 36 sowie unten Rz. 366 f.). Hinsichtlich des zweitgenannten Aspekts ist zu bemerken, dass hierin eine Klarstellung für die unter dem TKG 1996 etablierte Praxis liegt, einen erst angehenden Netzbetreiber auch als solchen zu behandeln (siehe A. Rz. 37). Denn auch solche Unternehmen müssen als Betreiber (öffentlicher) Telekommunikationsnetze zur Zusammenschaltung berechtigt sein, wenn deren Netz im Aufbau befindlich ist und sozusagen parallel zur Zusammenschaltung in Betrieb genommen wird2. _______________
1 Dies übersehen Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 27, wenn dort nicht nach der Art des Zugangs (konkret [Netz-]Zusammenschaltung) differenziert wird. 2 Siehe in der neuen Praxis BNetzA, Beschl. v. 10.2.2006 – BK4c-05-099 (DIALMEX), S. 4 des amtlichen Umdrucks unter Verweis auf die ständige Beschlusspraxis, u. a. RegTP, Beschl. v. 12.8.1998 – BK4-98-004 S. 10 des amtlichen Umdrucks.
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74
H Rz. 75 75
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Durch die Bezugnahme auf Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze in § 3 Nr. 34 S. 2 TKG wird gegenüber der Formulierung in § 3 Nr. 24 TKG 1996 ferner klargestellt, dass eine Zusammenschaltung nur zwischen Netzbetreibern und nicht etwa zwischen einem Netzbetreiber und einem Diensteanbieter in Betracht kommt, selbst wenn Letzterer Einrichtungen (sog. Switch Based Reseller) betreiben sollte (dazu auch unten Rz. 87). Diensteanbieter sind daher auf anderweitige Zugangsverpflichtungen angewiesen.
5.2.1.3 Öffentlich 76
„Öffentlich“ ist ein Telekommunikationsnetz dann, wenn hierüber Dienste erbracht werden, die nicht ausschließlich der internen (privaten) Kommunikation zwischen Teilnehmern geschlossener Benutzergruppen dienen, d. h. zwischen Personen, die durch gesellschafts- oder schuldrechtliche Dauerbeziehungen oder dauerhafte Verbindungen zur Verfolgung gemeinsamer beruflicher, wirtschaftlicher oder hoheitlicher Ziele und nicht lediglich durch den Zweck der gemeinsam Kommunikation verbunden sind (näher dazu A. Rz. 52 ff.).
77
Das Merkmal der „Öffentlichkeit“ war in der Legaldefinition der Zusammenschaltung in § 3 Nr. 24 TKG 1996 noch nicht vorhanden. Unter dem TKG 2004 erfolgt daher eine Begrenzung der (Regulierung der) Zusammenschaltung, bei der private Netze ausgenommen sind. Technisch gesehen ist freilich auch die Zusammenschaltung eines privaten mit einem öffentlichen Telekommunikationsnetz möglich. Diese unterfällt allerdings nicht (mehr) dem Zusammenschaltungsbegriff i. S. d. des TKG. Daher sind auch Betreiber privater Netze wie Diensteanbieter auf anderweitige Zugangsverpflichtungen angewiesen.
5.2.2 „Physische und logische Verbindung“ 78
Die Zusammenschaltung bedeutet, dass die betreffenden Netze sowohl physisch als auch logisch miteinander verbunden werden. Auf der physischen Ebene geht es darum, dass die physikalischen Übertragungsmedien (zumeist Kabel) miteinander tatsächlich über physikalische (zumeist Steck-)Verbindungen gekoppelt werden. Die logische Verbindung bedeutet, dass die Signalübertragung zwischen den gekoppelten Netzen möglich ist. Dementsprechend erschöpft sich die Zusammenschaltung nicht lediglich darin, eine Verbindung der Netze herzustellen. Sie umfasst vielmehr auch die gegenseitige Bereitstellung und Unterstützung der für die Signalübertragung im betreffenden Netz verwendeten bzw. erforderlichen Schnittstellen und Protokolle. Diese richten sich nach der Funktionalität (siehe oben Rz. 70) der zusammenzuschaltenden Netze.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 80 H
Daraus folgt, dass unterschiedliche Netze auch unterschiedlichen Anforderungen an die Zusammenschaltung stellen. So ist zwar die Zusammenschaltung im Bereich der schmalbandigen leitungsvermittelten Kommunikation (PSTN, ISDN) für Telefonnetze technisch durch die Entwicklung seit Anfang 1998 weitgehend etabliert. Indes stellen sich mit Blick auf die Zusammenschaltung zwischen so genannten IP-Netzen, insbesondere wenn sie neben Daten auch Sprache übertragen, eine Vielzahl zusätzlicher Fragen. Dies hat die BNetzA veranlasst, hierfür ein Expertengremium einzusetzen, dessen Abschlussbericht im Dezember 2006 veröffentlicht worden ist1. Der Bericht spricht sich u. a. aus2 –
für die Reduzierung der Anzahl der bestehenden (ISDN/PSTN) Orte der Zusammenschaltung;
–
für die Einführung von (Quality of) Service Klassen für IP-basierte Netze;
–
für einen Gleitpfad zur Anpassung und Vereinheitlichung der Preise für herkömmliche und IP-basierte Netze;
–
für weitere Untersuchungen bei der Frage des anzuwendenden Abrechnungssystems: soll das Zielnetz einer Verbindung Terminierungsentgelte erhalten (CPNP: Calling Party Network Pays Prinzip) oder soll unter Verzicht auf Zahlungen zwischen den Netzen das Quellnetz sich aus Teilnehmerentgelten finanzieren (Bill & Keep Prinzip)?
79
Zugleich hat der Bericht viele Fragen noch offen gelassen, die der weiteren Untersuchung und Bewertung bedürfen. So etwa der Realisierungszeitrahmen für den Übergang bzw. Migration auf IP-basierte Netze, Fragen der Rufnummernportierung und der technischen Netzkopplung. 5.2.3 Finale Komponente der Zusammenschaltung Die Zusammenschaltung bezieht sich laut der Legaldefinition in § 3 Nr. 34 TKG darauf, dass Nutzern eines Unternehmens entweder –
die Kommunikation mit Nutzern desselben oder eines anderen Unternehmens zu ermöglichen oder
–
die Inanspruchnahme von Diensten der beteiligten Parteien oder anderer Parteien, die Zugang zum Netz haben, zu ermöglichen.
Auch der Zusammenschaltungsbegriff besitzt damit wie der Zugangsbegriff (oben Rz. 36) eine Zweckbestimmung, deren Ausgangspunkt zunächst der Nutzer eines Unternehmens darstellt, welcher richtigerweise als Nutzer der Diensteangebote bzw. des Netzes eines Unternehmens anzusehen ist. _______________
1 Abschlussbericht der Projektgruppe „Rahmenbedingungen für die Zusammenschaltung IP-basierter Netze“ v. 15.12.2006, über www.bundesnetzagentur.de. 2 Hierzu und zum Folgenden: Abschlussbericht der Projektgruppe „Rahmenbedingungen für die Zusammenschaltung IP-basierter Netze“ v. 15.12.2006, S. 49 ff., über www.bundesnetzagentur.de.
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80
H Rz. 81
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Danach geht es schrittweise um zwei alternative Ziele, die für den Ausgangsnutzer zu ermöglichen sind. 81
Problematisch an dieser Terminologie ist zunächst die Verwendung des Begriffs „Nutzer“, weil das TKG in § 3 Nr. 14 TKG den Nutzerbegriff aus Art. 2 S. 2 lit. a) der Datenschutzrichtlinie benutzt. Dieser Nutzerbegriff stellt nur auf natürliche Personen ab, während der in Art. 2 lit. h) Rahmenrichtlinie verwendete und definierte Nutzerbegriff auch juristische Personen umfasst. Hier ist es im Wege einer europarechtskonformen Auslegung von § 3 Nr. 34 TKG erforderlich, den Nutzerbegriff aus Art. 2 lit. h) Rahmenrichtlinie zu verwenden. Zum einen ist die Datenschutzrichtlinie erst später veröffentlicht worden als Rahmen- und Zugangsrichtlinie1, so dass es nahe liegt, für die der Zugangsrichtlinie entnommenen Legaldefinition von Zusammenschaltung (siehe oben Rz. 61) den zeitlich früheren Nutzerbegriff zugrunde zu legen. Zum anderen ist kein Grund ersichtlich, warum die Zusammenschaltung lediglich Nutzern in Form natürlicher Personen und nicht auch in Form juristischer Personen dienen soll2. Daher ist unter Nutzer i. S. v. § 3 Nr. 34 TKG in Anlehnung an Art. 2 lit. h) Rahmenrichtlinie zu verstehen „eine natürliche oder juristische Person, die einen öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdienst in Anspruch nimmt oder beantragt.“
Daraus folgt, dass der Ausgangsnutzer für die Zwecke der Zusammenschaltung eine Person ist, die einen Telekommunikationsdienst für die Öffentlichkeit (zum Begriff siehe A. Rz. 43 ff.) nutzt bzw. nutzen will. Dies kann neben jeder natürlichen Person auch eine juristische Person sein, selbst wenn beide zugleich Teilnehmer i. S. d. § 3 Nr. 20 TKG sind, also auch in vertraglicher Beziehung zu dem Anbieter des Telekommunikationsdienstes für die Öffentlichkeit stehen. Auch ein Diensteanbieter kann danach Nutzer sein3. Für den in § 3 Nr. 34 TKG verwendeten Nutzerbegriff kommt es auch nicht darauf an, dass der Ausgangsnutzer zwangsläufig nur Nutzer desjenigen Unternehmensnetzes ist, dessen Betreiber Partei der Zusammenschaltung ist. Allerdings wird dies regelmäßig der Fall sein. Durch die Anknüpfung des Nutzerbegriffs an einen (beliebigen) Telekommunikationsdienst für die Öffentlichkeit ist auch nicht ausgeschlossen, dass der Ausgangsnutzer zugleich Nutzer in Bezug auf beide (oder mehrere) an der Zusammenschaltung beteiligten Netzbetreiber ist. So etwa wird mit Blick auf die Betreiberauswahl der auswählende Nutzer zugleich Nutzer des Teilnehmernetzes (wegen seines Anschlusses) wie auch des Verbindungsnetzes (wegen der Betreiberauswahl) sein (zu den Folgen vor dem Hintergrund der früheren Rechtslage siehe oben Rz. 72). _______________
1 Datenschutzrichtlinie: 12.7.2002, Rahmen- und Zugangsrichtlinie: 7.3.2002. 2 Ebenso Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 16 Rz. 40. 3 Ebenso Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 16 Rz. 40.
786 | Heun
Rz. 82 H
Begriffsbestimmungen
5.2.3.1 Kommunikation zwischen Nutzern Das erste, dem Ausgangsnutzer zu ermöglichende Ziel liegt in der Kommunikation mit Nutzern desselben oder eines anderen Unternehmens. Hier geht es um die Gewährleistung des „any-to-any Prinzips“, wonach sichergestellt sein muss, dass die Nutzer netzübergreifend untereinander kommunizieren können. Der Begriff Kommunikation ist im TKG nicht definiert, kann aber nicht anders verstanden werden als Telekommunikation wie in § 3 Nr. 22 TKG legaldefiniert (dazu A. Rz. 33 ff.). Was sonst außer Telekommunikation sollte an Kommunikation zwischen öffentlichen Telekommunikationsnetzen ermöglicht werden können? Die Telekommunikationspartner des Ausgangsnutzers sind wiederum Nutzer im oben genannten Sinne. Dabei kann es sich um Nutzer von Diensten oder des Netzes desjenigen Unternehmens handeln, bei dem auch der Ausgangsnutzer Nutzer ist, oder um Nutzer eines anderen Unternehmens. Dieses andere Unternehmen kann wiederum der unmittelbare Zusammenschaltungspartner sein, aber auch ein Drittunternehmen, das nur mit einem der beiden (oder mehreren) Zusammenschaltungspartner zusammenschaltet ist. Zur Veranschaulichung dient das nachfolgende Schaubild:
Nutzer 5
Nutzer 1
Nutzer 3
Nutzer 4
Unternehmen D
Unternehmen A
Unternehmen B
Unternehmen C
Nutzer 2
Bei dieser Betrachtung geht es im Zentrum um die Zusammenschaltung zwischen den Unternehmen A und B, wobei Nutzer 1 der Ausgangsnutzer ist. Der gerade Pfeil bedeutet das Vorhandensein eines Teilnehmeranschlusses (§ 3 Nr. 21 TKG) zwischen dem jeweiligen Nutzer und dem Unternehmen, der gestrichelte Pfeil bezieht sich auf eine Betreiberauswahl (§ 40 TKG). Die finale Komponente der Zusammenschaltung in Bezug auf die Kommunikation von Nutzern untereinander bezieht sich auf jede Kommunikation des Ausgangsnutzers (Nutzer 1) mit einem der anderen Nutzer. Dabei ist die Kommunikation des Ausgangsnutzers mit Nutzer 3 oder Nutzer 5 der Grundfall der Zusammenschaltung, wie zwei Nutzer unterschiedlicher Netze miteinander kommunizieren, nämlich über eine unmittelbare Zusammenschaltung. Heun | 787
82
H Rz. 83
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
5.2.3.2 Inanspruchnahme von Diensten 83
Das zweite dem Ausgangsnutzer zu ermöglichende Ziel besteht darin, dass dieser die Dienste von den an der Zusammenschaltung beteiligten Parteien oder von anderen Parteien in Anspruch nehmen kann, die Zugang zum Netz haben. Erneut stellt sich anhand der im Gesetz verwendeten Begrifflichkeit die Frage, was unter dem Begriff Dienste zu verstehen ist. Gemeint sein könnten in einem engeren Sinne lediglich Telekommunikationsdienste i. S. v. § 3 Nr. 24 TKG oder aber in einem weiteren Sinne sämtliche Dienste, die mittels einer Zusammenschaltung in Anspruch genommen werden können, also auch telekommunikationsgestützte Dienste i. S. v. § 3 Nr. 25 TKG sowie Inhaltsdienste (zur Abgrenzung siehe A. Rz. 46 ff.). Für ein weites Verständnis spricht der Wortlaut, der lediglich Dienste erwähnt, und damit den Eindruck erweckt, dass hier bewusst ein Oberbegriff verwendet worden ist1. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Zusammenschaltung ausdrücklich in § 3 Nr. 34 S. 2 TKG als „Sonderfall des Zugangs“ bezeichnet wird. Wie bereits erwähnt (oben Rz. 38) beinhaltet aber der Zugang eine Zweckbestimmung, die in der Erbringung von Telekommunikationsdiensten liegt. Diese Zweckbestimmung ist daher auch im Rahmen der Zusammenschaltung zu beachten. Allerdings ist bei genauer Betrachtung diese Zweckbestimmung auf den Dienst zu beziehen, den eine der an der Zusammenschaltung beteiligten Parteien gegenüber dem Nutzer erbringt. Dies bedeutet, dass es nicht darauf ankommt, ob der vom Nutzer in Anspruch zu nehmende, am Ende stehende Dienst unbedingt ein Telekommunikationsdienst ist, wenn mittels der Zusammenschaltung dem Nutzer ein Telekommunikationsdienst erbracht wird, der die Inanspruchnahme eines NichtTelekommunikationsdienstes ermöglicht. Ein typischer Beispielsfall ist der Zugang zum Internet. Während die im Internet einem Nutzer bereitgestellten Inhalte nicht als Telekommunikationsdienst anzusehen sind, stellt der Zugang zum Internet selbst einen Telekommunikationsdienst dar (siehe A. Rz. 46 f.). Daraus folgt, dass der in § 3 Nr. 34 TKG verwendete Dienstebegriff in einem weiten Sinne verstanden werden kann2, eine Einschränkung aber darin besteht, dass es sich bei der die Inanspruchnahme ermöglichenden Leistung um einen Telekommunikationsdienst handeln muss. Dies ist beim Zugang zum Internet sowie typischerweise bei der Inanspruchnahme von telekommunikationsgestützten Diensten der Fall, bei Letzteren gerade weil sie telekommunikationsgestützt sind.
84
Wer den mittels einer Telekommunikationsdienstleistung vom Ausgangsnutzer in Anspruch nehmenden Dienst erbringt ist irrelevant, solange der Dienst von einer der an der Zusammenschaltung beteiligten Parteien erbracht wird oder infolge eines Zugangs seitens eines Drittunternehmens _______________
1 So Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 16 Rz. 42. 2 Im Ergebnis ebenso Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 16 Rz. 42 ff.
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Rz. 85 H
Begriffsbestimmungen
zum Netz einer der beteiligten Parteien grundsätzlich erreichbar ist. Daher lässt sich das obige Schaubild (Rz. 82) wie folgt erweitern:
Nutzer 5
Nutzer 1
Nutzer 3
Nutzer 4
Unternehmen D
Unternehmen A
Unternehmen B
Unternehmen C
Dienst D
Dienst E Unternehmen E
Dienst A
Nutzer 2
Dienst B
Dienst C
Dienst F Unternehmen F
Neben den Diensten, die von den zusammengeschalteten Unternehmen A und B selbst erbracht werden, kommen Dienste der jeweiligen Zusammenschaltungspartner von A und B, also die Unternehmen C und D sowie die Dienste Dritter in Betracht, die Zugang zu den beteiligten Netzen haben, d. h. die Dienste E und F. Auch hier ist der Grundfall der Zusammenschaltung derjenige, dass die Dienste B oder D vom Ausgangsnutzer (Nutzer 1) in Anspruch genommen werden können, indem die Dienste seitens der unmittelbar zusammengeschalteten Netze erbracht werden. 5.2.3.3 Folgerungen Die finale Komponente der Zusammenschaltung beinhaltet durch die soeben dargestellten Alternativen eine Vielzahl von Varianten der Zusammenschaltung, bei denen es nicht darauf ankommt, dass der Verkehr tatsächlich die Netze der beiden an der Zusammenschaltung beteiligten Parteien vollständig durchläuft. So etwa, wenn im obigen Schaubild (Rz. 84) Nutzer 1 über eine Zusammenschaltung zwischen Unternehmen A und Unternehmen B den Dienst E in Anspruch nimmt. Daraus ergibt sich zwangsläufig eine Antwort auf die unter dem TKG 1996 anfänglich umstrittene Frage, ob der sog. „Rein-Raus-Verkehr“ vom Zusammenschaltungsbegriff erfasst ist. Ob eine Zusammenschaltung nach dem TKG auch vorliegt, wenn sämtliche Übertragungsleistungen (Zuführung und Terminierung eine (Tele-) Kommunikationsverbindung) durch ein und denselben Netzbetreiber am selben Ort der Zusammenschaltung erbracht werden (von der DTAG als sog. switched-based-resale bezeichnet), wurde von der RegTP zunächst verHeun | 789
85
H Rz. 86
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
neint1. Mit der Econophone-Entscheidung2 änderte die RegTP diese Entscheidungspraxis jedoch zu Recht dahingehend, dass eine Zuführungs- und Terminierungsleistung am selben Ort der Zusammenschaltung als eine Zusammenschaltungsleistung angesehen werden müsse, sofern dieser Ort der Zusammenschaltung innerhalb eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes des Zusammenschaltungspartners liegt. Anderenfalls käme es in Fällen dieser Art dazu, dass eine Zusammenschaltung von der jeweiligen konkreten Verkehrsführung abhinge. Ein solcher verkehrsabhängiger Begriff der Zusammenschaltung finde in der Definition des Zusammenschaltungsbegriffs in § 3 Nr. 24 TKG 1996 jedoch keine hinreichende Stütze. Dies gilt nunmehr unter der Zusammenschaltungsdefinition des § 3 Nr. 34 TKG erst Recht, weil die (Tele-)Kommunikation des Nutzers wie auch dessen Inanspruchnahme von Diensten nicht auf die wechselseitige Verkehrsbeziehung der an der Zusammenschaltung (unmittelbar) beteiligten Parteien beschränkt ist. Es kommt insoweit lediglich darauf an, dass eine Zusammenschaltung zwischen zwei öffentlichen Telekommunikationsnetzen vorliegt. 86
Mit Blick darauf, dass die Zusammenschaltung der Ermöglichung der (Tele-) Kommunikation zwischen Nutzern und deren Inanspruchnahme von Diensten dient, stellt sich die Frage, ob die Zusammenschaltung zwischen zwei Unternehmen dort ihre Grenze findet, wo die (Tele-)Kommunikation der Nutzer bzw. deren Inanspruchnahme von Diensten bereits ermöglicht ist. Eine solche Frage könnte sich anhand des obigen Schaubilds (Rz. 84) daraus ergeben, dass Unternehmen D mit Blick auf den Zweck der Zusammenschaltung die Auffassung vertritt, eine Zusammenschaltung zwischen ihm und dem Unternehmen B komme nicht (mehr) in Betracht, weil Nutzer 1 mit Nutzer 5 bereits infolge der Zusammenschaltung mit Unternehmen A kommunizieren könne. Dies würde allerdings bedeuten, der finalen Komponente der Zusammenschaltung, d. h. der Ermöglichung der (Tele-)Kommunikation zwischen Nutzern und deren Inanspruchnahme von Diensten, zugleich eine Ausschlussfunktion beizumessen. Die Frage war auch unter dem TKG 1996 umstritten3. Zwar ist diese Frage letztlich eine des materiellen Umfangs einer Zusammenschaltungsverpflichtung (aus §§ 16, 18 Abs. 1 und 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG)4. Indes zeigen bereits die im Rahmen der finalen Komponente der Legaldefinition von Zusammenschaltung angelegten Alternativen und Varianten, dass dem Begriff der Ermöglichung kein Verständnis entnommen werden kann, dass das Fehlen jeglicher Alternativen voraussetzt. Vielmehr deutet dies gerade darauf hin, dass jede Zusammenschal_______________
1 Siehe etwa RegTP Beschl. v. 10.9.1998 – BK 4-98-011/Z 2.7.98. Vgl. auch Öffentliche Anhörung über die regulatorische Behandlung von Verbindungsnetzen und öffentlichen Telekommunikationsnetzen im Hinblick auf die Zusammenschaltungsvorschriften des TKG, ABl. RegTP 1999, S. 739 (759). 2 RegTP Beschl. v. 6.5.1999 – BK 4c-99-008/Z 25.2.1999. 3 Fischer/Heun/Sörup in: Heun (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Auflage 2002, Teil 4 Rz. 269 f. 4 So zu Recht Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 16 Rz. 47.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 88 H
tung, welche die (Tele-)Kommunikation der Nutzer untereinander oder deren Inanspruchnahme von Diensten ermöglicht, als Zusammenschaltung im Sinne des Gesetzes zu gelten hat. 5.2.4 Leistungsumfang des Zusammenschaltungsbegriffs Wie bereits im Rahmen des Zugangsbegriffs erörtert (oben Rz. 49 ff.) erfasst die Zusammenschaltung mit Ausnahme von nicht vorhandenen Leistungen sowohl die Verbindung der Netze selbst, als auch weitere Leistungen. Für den Bereich der Zusammenschaltung betrifft dies insbesondere die Verbindungsleistungen, die netzübergreifend erbracht werden. Diese sind in Anlehnung an die Regulierungsverfügung der BNetzA zu den Märkten Nr. 8– 10 der Märkteempfehlung1 Zuführungs- und Terminierungsleistungen sowie Transitleistungen. Mit Zuführung ist in der Grundform die Herstellung der Verbindung durch den Teilnehmernetzbetreiber ausgehend von seinem anrufenden Anschlusskunden zum Netzübergabepunkt mit dem Verbindungsnetzbetreiber gemeint. Die Terminierung bedeutet dagegen die Herstellung der vom Teilnehmer eines (anderen) Betreibers initiierten Verbindung durch den Teilnehmernetzbetreiber ausgehend vom Netzübergabepunkt zum angerufenen Anschlusskunden bzw. Teilnehmer. Ein Ferngespräch unter Nutzung eines Verbindungsnetzbetreibers, welches aus der Sicht beider Anschlusskunden einen einheitlichen Leistungsvorgang darstellt, besteht daher im internen Verhältnis zwischen den beiden beteiligten und zusammengeschalteten Netzbetreibern aus zwei Leistungen, nämlich Zuführung und Terminierung. Idealerweise kommt noch ein dritter Leistungsbestandteil hinzu, nämlich der Transport der Verbindung durch den Verbindungsnetzbetreiber in seinem eigenen Netz von dem einen Netzübergabepunkt zum anderen. Erforderlich ist dies jedoch nicht (siehe oben Rz. 85). Zuführungs- und Terminierungsleistungen beziehen sich nicht lediglich auf Verbindungen zu anderen Anschlüssen, seien sie lokal, national, international oder mobil, sondern auch auf Dienste wie etwa Geteilte-Kosten-Dienste (0180) oder Premium-Dienste (0900) usw.2 (zu der damit in Zusammenhang stehenden Frage des Online- und Offline-Billings siehe unten Rz. 345 ff.). Transitleistungen meinen jene Verbindungsleistungen, die über die jeweilige lokale, d. h. auf der niedrigsten Netzebene gelegene Zuführung oder Terminierung (sei es im gleichen oder einem fremden Netz) hinausgehen (siehe G. Rz. 142, Märkte Nr. 8–10 der Märkteempfehlung).
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Diese Leistungen sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum TKG 1996 Bestandteil der Zusammenschaltung bzw. des diesbezüglichen
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1 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005, S. 1461. 2 Zu den Einzelheiten siehe Ziffer 2. und 5. des Tenors von BNetzA, Beschl. v. 5.10. 2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), BNetzA Mitteilung Nr. 244/ 2005 ABl. Nr. 19/2005, S. 1461.
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H Rz. 88
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
besonderen Netzzugangs nach § 35 TKG 1996 selbst, so dass sich der betreffende Zugangs- bzw. Zusammenschaltungsanspruch nicht in der reinen physischen und logischen Verbindung der Netze erschöpft, sondern auf die Verbindungsleistungen erstreckt1. Die diesbezügliche Praxis der BNetzA unter dem TKG 2004 scheint allerdings von diesem Begriffsverständnis abzukehren. Denn zwar räumt die BNetzA in der Regulierungsverfügung zu den Märkten Nr. 8–10 der Märkteempfehlung ein, dass die Zusammenschaltung ihren Sinn durch die darüber abgewickelten Verbindungsleistungen erhalte, folgert daraus aber, dass somit die Auferlegung einer Zusammenschaltungspflicht nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG immer dann – und nur dann – aufzuerlegen sei, wenn damit auch die Pflicht zur Gewährung des Zugangs durch Verbindungsleistungen verbunden werde2. Konsequent werden dann die Verpflichtungen zur Erbringung von Verbindungsleistungen auch nicht auf § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG (Zusammenschaltung), sondern § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG gestützt. Diese Sichtweise verkehrt die bisherige Rechtsprechung zum TKG 1996 in ihr Gegenteil, weil damit die Verpflichtung zur Zusammenschaltung selbst auf die reine tatsächliche Ebene der physischen und logischen Verbindung der Netze reduziert wird. Der BNetzA ist zuzugestehen, dass der frühere Schluss von der Zusammenschaltung und ihrer Zweckbestimmung auf (sämtliche) Verbindungsleistungen deswegen nicht ohne weiteres getroffen werden kann, weil eine allgemeine Zusammenschaltungspflicht wie in §§ 36, 37 TKG 1996 nicht mehr besteht. Stattdessen sind hier vielmehr die Vorgaben aus der Märkteempfehlung, d. h. die (vorläufige) Marktabgrenzung bei den Märkten Nr. 8–10, 15 und 16 sowie die Ergebnisse von Marktdefinition und Marktanalyse durch die BNetzA zu berücksichtigen. Dort werden Märkte für Zuführung (Märkte Nr. 8 und 15), Terminierung (Märkte Nr. 9 und 16) und Transit (Markt Nr. 10) unterschieden. Indes bedeutet dies nicht, dass damit der begriffliche Umfang der Zusammenschaltung grundsätzlich verändert und auf die reine physische und logische Verbindung der Netze reduziert wird. Denn die auch für die frühere Rechtsprechung entscheidende finale Komponente von Zugang und Zusammenschaltung besteht noch heute. Ferner zeigt Anhang I Nr. 2 der Rahmenrichtlinie, dass auch das Richtlinienpaket 2002 davon ausgeht, Verbindungsleistungen sind Bestandteil der Zusammenschaltung. Verbindungsleistungen haben daher auch unter dem TKG 2004 als vom Begriff der Zusammenschaltung erfasst zu gelten3. Vielmehr folgt daraus, dass ggf. der Leistungsumfang der Zusammenschaltung im Rahmen der Auferlegung der
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1 BVerwG, CR 2003, 738 (740). 2 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005, S. 1461 (1473). 3 Ausdrücklich für Terminierungsleistungen: VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 41 ff. und 1 K 4148/06, Absatz Nr. 48 ff. sowie Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 40 ff. und 1 K 4314/06, Absatz Nr. 42 ff., jeweils über www.justiz.nrw.de.
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Begriffsbestimmungen
Rz. 90 H
Zusammenschaltungsverpflichtung nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG in der Regulierungsverfügung auf die Märkte für Verbindungsleistungen zu begrenzen ist, für die beträchtliche Marktmacht festgestellt worden ist. Die Festlegungen in Marktdefinition und Marktanalyse bestimmen daher auch den Leistungsumfang der Zusammenschaltung1. Einer gesonderten Auferlegung der Verpflichtung zur Erbringung von Verbindungsleistungen auf Basis einer anderen Bestimmung, nämlich des § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG, bedarf es danach nicht nur nicht, sondern dies steht in Verkennung des Umfangs der Zusammenschaltungsverpflichtung im Widerspruch zum Zusammenschaltungsbegriff. Mit Blick auf die dargestellte finale Komponente der Zusammenschaltung (oben Rz. 80 ff.) wie auch des Zugangs (oben Rz. 36) sind darüber hinaus aber auch sämtliche sonstigen Leistungen erfasst, die diesen Zweckbestimmungen dienen. Ausgeschlossen bleiben nur solche Leistungen, die nicht existieren bzw. eine generelle Kapazitätsausbauverpflichtung (siehe oben Rz. 58 ff.) beinhalten oder die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt für die Zweckbestimmung von Bedeutung sind (siehe oben Rz. 51)2. Nicht unter Zugang bzw. Zusammenschaltung fallen indes solche (Zugangs-)Leistungen, die im Maßnahmenkatalog des § 21 Abs. 2 und 3 TKG als demgegenüber eigenständige Leistungen aufgeführt sind, wie etwa die Kollokation in § 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG.
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Eine zusätzliche Frage für den Leistungsumfang der Zusammenschaltung ist, ob diese bereits begrifflich eine Nachfrage- bzw. Abnahmeverpflichtung für die Leistungen des Zusammenschaltungspartners beinhaltet. Diese Frage kann unter dem heutigen TKG-Regime nicht ohne Weiteres allein aus dem Zusammenschaltungsbegriff heraus beantwortet werden, zumal eine allgemeine und umfassende Zusammenschaltungspflicht wie unter den §§ 36, 37 TKG 1996 heute nicht mehr besteht (siehe sogleich unten Rz. 93), sondern eine Zusammenschaltungsverpflichtung erst auf Basis einer Marktdefinition und Marktanalyse nur für die Märkte ohne wirksamen Wettbewerb auferlegt wird3. Ein Markt etwa für die Abnahme von Terminierungsleistungen des Zusammenschaltungspartners ist indes weder von der EUKommission (siehe G. Rz. 13) noch von der BNetzA (siehe G. Rz. 140 ff.) festgelegt worden. Dementsprechend geht die BNetzA offenbar davon aus, dass eine entsprechende Nachfrage- bzw. Abnahmeverpflichtung nicht Bestandteil der bislang auferlegten Zusammenschaltungsverpflichtungen ist,
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1 So ausdrücklich VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 46 ff. über www.justiz.nrw.de. 2 Teilweise weitergehend Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 16 Rz. 50 f. 3 Vgl. BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005, S. 1461 (1473, 1494).
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H Rz. 91
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
sondern gesondert auferlegt werden müsste1, etwa nach § 18 Abs. 1 S. 2 (dazu näher unten Rz. 481) oder § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG (dazu näher unten Rz. 332). 91
Die Sichtweise der BNetzA verkürzt allerdings auch hier die bestehenden Zusammenschaltungspflichten. So bleibt unberücksichtigt, dass nach § 16 TKG jeder Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes verpflichtet ist, ein Angebot auf Abschluss eines Vertrags über die Zusammenschaltung der Telekommunikationsnetze abzugeben, um die Kommunikation der Nutzer, die Bereitstellung von Telekommunikationsdiensten sowie die Interoperabilität gemeinschaftsweit zu gewährleisten. Betrachtet man diese Verpflichtung (näher dazu unten Rz. 104 ff.) im Zusammenspiel mit der Legaldefinition von Zusammenschaltung wird deutlich, dass es sowohl bei der Zusammenschaltung selbst wie auch bei der Angebotspflicht nach § 16 TKG um die Kommunikation der Nutzer untereinander und die Gewährleistung der Interoperabilität von Diensten geht. Dazu gehört nicht lediglich die separiert betrachtete Verkehrsrichtung einzelner Terminierungsleistungen wie sie sich aus Marktdefinition und Marktanalyse ergibt. Vielmehr geht es dabei um die wechselseitige Kommunikation der Nutzer, die unterbrochen wäre, wenn ein Zusammenschaltungspartner die Inanspruchnahme von Terminierungsleistungen des anderen Zusammenschaltungspartners verweigern würde. Dementsprechend wäre ein Zusammenschaltungsangebot unvollständig und enthielte nicht die erforderlichen (siehe unten Rz. 105) vertragswesentlichen Punkte (essentialia negotii), würde es nicht zugleich auch die wechselseitige Inanspruchnahme von Terminierungsleistungen beinhalten. Demzufolge ist ungeachtet der Möglichkeit, eine Abnahme- bzw. Nachfrageverpflichtung aufzuerlegen sowie ungeachtet der Frage, ob die Verweigerung der Inanspruchnahme von Terminierungsleistungen als unbillige Behinderung über die besondere Missbrauchsaufsicht des § 42 TKG (oder § 20 GWB) geahndet werden kann (dazu unten Rz. 633 ff.), festzustellen, dass eine derartige Verpflichtung auch im heutigen TKG über § 16 iVm § 3 Nr. 34 TKG verankert ist2. Hinzu kommt, dass im Rahmen von Zugangsanordnungen nach § 25 TKG die BNetzA auch Bedingungen in Bezug auf Chancengleichheit und Billigkeit anordnen kann (dazu unten Rz. 592 ff.). Es widerspräche aber einem chancengleichen Wettbewerb bzw. es wäre unbillig, wenn ein Beteiligter mit erheblicher Nachfragemacht (regelmäßig die DTAG) die Abnahme von Leistungen des anderen (die Zusammenschaltung nachfragenden) Beteiligten im Rahmen einer Zusammenschaltungsanordnung verweigern dürfte. _______________
1 Festlegungen zu Terminierungsleistungen alternativer Teilnehmernetzbetreiber im öffentlichen Festtelefonnetz v. 12.10.2005 – BK1-04/002a, S. 19 ff. des amtlichen Umdrucks (über www.bundesnetzagentur.de) sowie BNetzA, Beschl. v. 5.10. 2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), BNetzA Mitteilung Nr. 244/ 2005 ABl. Nr. 19/2005, S. 1461 (1494). 2 In diesem Sinne: Entscheidung der EU-Kommission v. 15.5.2005 – C (2005) 1442 final (zu Az. DE 2005 144), Absatz Nr. (24) i. V. m. Fn. 13 und Absatz Nr. (26).
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Rz. 94 H
Allgemeine Pflichten in Bezug auf Zugänge und Zusammenschaltung
6. Allgemeine Pflichten in Bezug auf Zugänge und Zusammenschaltung Obwohl es in § 9 Abs. 1 TKG heißt, dass den Vorschriften des Teils 2 des TKG lediglich solche Märkte unterliegen, auf denen kein wirksamer Wettbewerb herrscht, beinhaltet dieser Teil neben dem in § 9 Abs. 3 TKG explizit erwähnten § 18 TKG Regelungen, die unabhängig davon gelten, ob eine Marktanalyse das Fehlen wirksamen Wettbewerbs festgestellt hat. Dies betrifft die Bestimmungen in den §§ 16 und 17 TKG, deren persönlicher Anwendungsbereich somit unabhängig davon eröffnet ist, ob einer der Normadressaten über beträchtliche Marktmacht verfügt.
92
Mit § 16 TKG wird die früher gemäß §§ 36, 37 TKG 1996 für alle Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze bestehende Zusammenschaltungspflicht in eine Pflicht umgewandelt, auf Nachfrage ein Angebot zu unterbreiten. Ebenso gilt für alle Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze nach § 17 TKG eine Vertraulichkeitsverpflichtung für Informationen, die im Rahmen von Verhandlungen über Zugänge und Zusammenschaltungen gewonnen werden.
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6.1 Angebotspflicht für die Zusammenschaltung nach § 16 TKG Jeder, der auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein öffentliches Telekommunikationsnetz betreibt, muss nach § 16 TKG auf Verlangen eines anderen Betreibers eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes ein Angebot auf Abschluss eines Vertrags über die Zusammenschaltung der Telekommunikationsnetze abgeben, um die Kommunikation der Nutzer, die Bereitstellung von Telekommunikationsdiensten sowie die Interoperabilität gemeinschaftsweit zu gewährleisten1. Dies geht über den ursprünglichen Gesetzentwurf hinaus, in dem lediglich eine Verhandlungspflicht vorgesehen war2. Die Änderung in Richtung der Verpflichtung, ein Angebot anzugeben, ist im Vermittlungsausschuss zustande gekommen. Der Bundesrat sah die Gefahr, dass die Formulierung „verhandeln“ dazu einlade, nur zum Schein zu verhandeln, ohne dass dabei überhaupt ein Zusammenschaltungsvertrag zustande kommen könne. Besser sei es, eine Pflicht zur Vorlage eines konkreten Angebots auf Abschluss eines Zusammenschaltungsvertrags im Gesetz festzuschreiben3. Die Bundesregierung hat dem Vorschlag zugestimmt und den § 16 TKG in seine nun geltende Fassung umformuliert, wonach die Abgabe eines Angebots auf Zusammenschaltung erforderlich ist. _______________
1 Zur Rechtslage nach § 36 TKG 1996: Fischer/Heun/Sörup in: Heun (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Auflage 2002, Teil 4, Rz. 266 f. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 12 (64). 3 Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 15/2316, S. 111.
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H Rz. 95
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
6.1.1 Europarechtliche Grundlagen 95
Die Vorschrift des § 16 TKG basiert auf Art. 4 Abs. 1 S. 1 Zugangsrichtlinie. Dort ist bestimmt, dass Betreiber1 öffentlicher Kommunikationsnetze2 berechtigt bzw. verpflichtet sind, über die Zusammenschaltung3 zwecks Erbringung der öffentlich zugänglichen Kommunikationsdienste4 zu verhandeln, um die gemeinschaftsweite Bereitstellung von Diensten sowie deren Interoperabilität zu gewährleisten. Laut Erwägungsgrund (5) der Zugangsrichtlinie, auf dem Art. 4 Abs. 1 S. 1 Zugangsrichtlinie aufsetzt, sollen Zugangs- und Zusammenschaltungsvereinbarungen unter Einhaltung der Wettbewerbsregelungen des EG-Vertrags auf gewerblicher Grundlage und nach Treu und Glauben ausgehandelt werden. Aus europarechtlicher Sicht besteht daher eine generelle Verpflichtung lediglich in Form einer Verhandlungspflicht5.
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Gemäß Erwägungsgrund (6) der Zugangsrichtlinie sollen die nationalen Regulierungsbehörden zur Anordnung von Zugang oder Zusammenschaltung aber nur dann befugt sein, wenn keine Verhandlungsparität zwischen den verhandelnden Unternehmen gegeben ist. Dies ist bei einem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht i. S. v. Art. 14 Abs. 2 Rahmenrichtlinie oder einem Unternehmen der Fall, dass den Zugang zum Endnutzer im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. a) Zugangsrichtlinie i. V. m Art. 2 lit. n) Rahmenrichtlinie kontrolliert. In diesem Zusammenhang ist die Regelung in Art. 4 Abs. 1 S. 2 Zugangsrichtlinie zu sehen, wonach die Betreiber den Zugang und die Zusammenschaltung zu Bedingungen anbieten müssen, die mit den nach Art. 5–8 Zugangsrichtlinie auferlegten Verpflichtungen in Einklang stehen.
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Insofern scheint die in § 16 TKG normierte Pflicht zur Abgabe eines Angebots über die europarechtlichen Vorgaben hinauszugehen, weil sie dem Wortlaut nach für sämtliche Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze gilt. Indes lässt sich mit gutem Grund vertreten, dass eine Verhandlungspflicht letztlich nur dann ernsthaft umgesetzt werden kann, wenn die notwendige Grundlage hierfür vorliegt. Dies ist aus zivilrechtlicher Sicht ein Vertragsangebot, d. h. konkret ein Angebot auf Abschluss eines Zusammenschaltungsvertrags. Mit der Angebotspflicht als solcher werden in § 16 TKG auch keine Vorgaben dahingehend getroffen, welchen Bedingungen dieses Angebot entsprechen muss. Es geht somit in § 16 TKG lediglich um das „Ob“ _______________
1 Nach Art. 2 S. 2 lit. c) der Zugangsrichtlinie ist „Betreiber“ ein Unternehmen, dass ein öffentliches Kommunikationsnetz bereitstellt, oder zur Bereitstellung hierzu befugt ist; dazu oben Rz. 64 ff. sowie A. Rz. 36–39. 2 Definition gemäß Art. 2 S. 2 lit. b) Zugangsrichtlinie i. V. m. Art. 2 lit. a) Rahmenrichtlinie; dazu oben Rz. 64 ff. sowie A. Rz. 33–35. 3 Definition gemäß Art. 2 S. 2 lit. b) Zugangsrichtlinie; dazu oben Rz. 61 ff. 4 Zum Begriff der „elektronischen Kommunikationsdienste“: Art. 2 S. 1 Zugangsrichtlinie i. V. m. Art. 2 lit. c Rahmenrichtlinie und A. Rz. 40 ff. 5 Insoweit übereinstimmend Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 16 Rz. 9 f.
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Rz. 99 H
Allgemeine Pflichten in Bezug auf Zugänge und Zusammenschaltung
eines Angebots als Grundlage für Verhandlungen. Das „Wie“ des Angebots mit Blick auf etwaige, über die zivilrechtlichen Anforderungen an ein Vertragsangebot hinausgehende Vorabverpflichtungen bleibt demgegenüber entsprechend der Regelung in Art. 4 Abs. 1 S. 2 Zugangsrichtlinie einer Regulierungsverfügung (dazu G. Rz. 25 ff. 204 ff.) vorbehalten. Eine Überschreitung der europarechtlichen Vorgaben des Art. 4 Abs. 1 Zugangsrichtlinie ist daher bei § 16 TKG im Ergebnis nicht festzustellen1. 6.1.2 Adressaten von § 16 TKG Gleichermaßen aktiv- und passivlegitimierte Adressaten des § 16 TKG sind Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze. Es handelt sich dabei definitorisch um die gleichen Personen wie bei der Legaldefinition der Zusammenschaltung (siehe oben Rz. 64 ff.) sowie bei der Meldepflicht nach § 6 Abs. 1 TKG (dazu A. Rz. 30 f.). Eine erneute Darstellung ist daher an dieser Stelle entbehrlich.
98
6.1.3 Zweckbestimmung von § 16 TKG Wie schon die Legaldefinition der Zusammenschaltung selbst (siehe oben Rz. 80 ff.) beinhaltet auch die in § 16 TKG normierte Angebotspflicht eine finale Komponente bzw. Zweckbestimmung, die zugleich auch den Umfang der Angebotspflicht beschreibt. Danach dient die Angebotspflicht dem Zweck, – – –
die Kommunikation der Nutzer, die Bereitstellung von Telekommunikationsdiensten sowie deren Interoperabilität gemeinschaftsweit
zu gewährleisten. Die beiden erstgenannten Komponenten sind auch in der Legaldefinition der Zusammenschaltung enthalten und dort näher spezifiziert (siehe oben Rz. 80 ff.). Angesichts der nahezu identischen Wortwahl kann nicht davon ausgegangen werden, dass diesen Begriffen in § 16 TKG eine andere Bedeutung zukommt. Dies bedeutet zugleich, dass die Zweckbestimmung angesichts der bereits dargestellten Vielfalt der erfassten Konstellationen (siehe oben Rz. 82 und 84) keine relevante immanente Beschränkung der Angebotspflicht beinhaltet2. Zwar folgt aus der Bezugnahme auf die Kommunikation der Nutzer sowie auf Telekommunikationsdienste eine Drittbezogenheit der Zusammenschaltung und damit auch der Angebotspflicht, d. h. es geht um die Kommunikation Dritter (Nutzer) bzw. um Dienste, die mittels der Zusammenschaltung erbracht und angeboten werden. Indes kann hieraus keine zusätzliche Qualifikation dahingehend gefordert werden, dass etwa eine bereits bestehende Kommunikationsmöglich_______________
1 Anders offenbar Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 16 Rz. 9 f. 2 Anders Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 16 Rz. 67.
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H Rz. 100
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
keit zwischen Nutzern die Zusammenschaltung mit dem Argument der bereits erfolgten Zweckerreichung ausschließt, wenn sie sich nur auf diese bestehende Kommunikation bezieht. Denn dies ist genau genommen eine Frage des Universaldienstes, nicht aber im Rahmen der Zusammenschaltung zu berücksichtigen, weil diese ja gerade im Interesse der Wettbewerbsförderung (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG) ist und damit auch den Nutzerinteressen dient1. 100
Die gemeinschaftsweite Interoperabilität von Telekommunikationsdiensten stellt vor diesem Hintergrund lediglich einen zusätzlichen Aspekt dar, auch einen europaweiten Markt für Telekommunikationsdienste zu gewährleisten2. Damit ist keine Beschränkung der Angebots- bzw. Verhandlungspflicht verbunden, sondern vielmehr ausgedrückt, welchen programmatischen Zwecken die Zusammenschaltung dienen kann. Dementsprechend sind die drei in § 16 TKG genannten Zwecke auch nicht kumulativ, sondern alternativ zu sehen. 6.1.4 Rechte und Pflichten der Adressaten
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Nach § 16 TKG ist ein Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes berechtigt, von einem anderen solchen Netzbetreiber zu verlangen, ein Angebot auf Zusammenschaltung abzugeben. Der Netzbetreiber, bei dem ein solches Angebot nachgefragt wird, ist verpflichtet, ein Angebot abzugeben. 6.1.4.1 Zusammenschaltungsverlangen
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Zunächst ist auf Seiten des anspruchsberechtigten Betreibers bzw. aktivlegitimierten Unternehmens zu Fragen, welchen Anforderungen das Zusammenschaltungsverlangen genügen muss. Nach ständiger Beschlusspraxis der RegTP, welche teilweise in § 25 Abs. 3 TKG Eingang gefunden hat (dazu unten Rz. 602 ff.), ist dafür erforderlich, dass der Nachfragende eindeutig und unmissverständlich um die Abgabe eines Zusammenschaltungsangebots nachgesucht hat. Die Nachfrage muss dabei so konkret sein, dass sie die gewünschten Orte der Zusammenschaltung, die geplanten Verkehrsmengen sowie das gewünschte Diensteportfolio enthält3. Dementsprechend muss das Zusammenschaltungsverlangen diejenigen Details enthalten, welche es dem anspruchsverpflichteten Betreiber bzw. passivlegitimierten Unternehmen ermöglichen, ein annahmefähiges Angebot abzugeben.
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Formale Anforderungen bestehen für das Zusammenschaltungsverlangen nicht. Indes erfordert die dargestellte Konkretisierung der Nachfrage sowie _______________
1 Vgl. Erwägungsgrund (7) der Zugangsrichtlinie. 2 Vgl. Erwägungsgrund (7) der Zugangsrichtlinie. 3 So etwa RegTP, Beschl. v. 12.10.1998 – BK4-98-010, S. 5 des amtlichen Umdrucks.
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Allgemeine Pflichten in Bezug auf Zugänge und Zusammenschaltung
Rz. 105 H
der ggf. erforderliche Nachweis eines hinreichend konkreten Verlangens sinnvollerweise, dass das Zusammenschaltungsverlangen in Schrift- oder Textform ergeht. Der Begriff „Verlangen“ ist dabei allerdings nicht in dem Sinne zu verstehen, dass hiermit eine besonders nachdrückliche Nachfrage erfolgen müsste. 6.1.4.2 Angebotsabgabe und Verhandlungen Auf das Zusammenschaltungsverlangen folgt die Pflicht der Gegenseite, ein Angebot abzugeben. Damit wird die negative Abschlussfreiheit (das Recht, keinen Vertrag abzuschließen) des betroffenen Betreibers eingeschränkt. Die Angebotsabgabepflicht des § 16 TKG ist allerdings inhaltlich nicht weiter konkretisiert. Zwar bestimmt die zugrunde liegende Regelung in Art. 4 Abs. 1 S. 2 Zugangsrichtlinie, dass das Angebot Bedingungen zu beinhalten hat, die mit den seitens der nationalen Regulierungsbehörde nach den Art. 5 bis 8 Zugangsrichtlinie auferlegten Verpflichtungen in Einklang stehen. Indes setzt die Auferlegung derartiger Verpflichtungen eine Regulierungsverfügung der BNetzA voraus, die wiederum das Bestehen beträchtlicher Marktmacht (§§ 9 Abs. 2, 13 Abs. 1, 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG) oder die Kontrolle über den Zugang zu Endnutzern (§§ 9 Abs. 3, 13 Abs. 1, 18 Abs. 1 TKG) erfordert. Soweit es sich also konkret um die Zusammenschaltung zwischen Unternehmen handelt, denen keine Verpflichtungen auferlegt worden sind, wird der Inhalt des Angebots durch die Nachfrage und das allgemeine zivilrechtliche Begriffsverständnis für ein Angebot konkretisiert.
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Das abzugebende Angebot muss demnach mit Rechtsbindungswillen abgegeben werden und inhaltlich hinreichend bestimmt sein, so dass zumindest unter Zuhilfenahme der Auslegungsregeln die vertragswesentlichen Punkte (essentialia negotii) ermittelbar sind und die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien deutlich werden. Das Angebot ist also derart konkret abzugeben, dass es durch ein einfaches „Ja“ angenommen werden kann1. In Bezug auf die Zusammenschaltung bedeutet dies, dass Leistung und Gegenleistung so hinreichend konkretisiert sein müssen, dass die Art der Zusammenschaltung, der oder die Orte der Zusammenschaltung, die Anzahl der Zusammenschaltungsanschlüsse, die Zusammenschaltungsdienste, die diesbezüglichen technischen und betrieblichen Bedingungen sowie die Entgelte in vertragsfähiger Form ersichtlich sind2. Dazu gehört angesichts der Legaldefinition von Zusammenschaltung in § 3 Nr. 34 TKG (oben Rz. 80 ff.) sowie angesichts der Zweckbestimmung von § 16 TKG (oben Rz. 99 f.) auch die wechselseitige Inanspruchnahme von Zusammenschaltungsleistungen (siehe oben Rz. 91). Auch die bisherige Beschlusspraxis der RegTP konkretisiert den Angebotsumfang dahingehend, dass die wesentlichen technischen
105
_______________
1 Vgl. etwa Palandt/Heinrichs, BGB, § 145 Rz. 1. 2 Zu den Inhalten der Zusammenschaltungsvereinbarung der DTAG siehe unten Rz. 541 ff.
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H Rz. 106
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
und betrieblichen Bedingungen enthalten sein müssen. Weitere inhaltliche Vorgaben sind für das Angebot nicht zu beachten. 106
Die Bestimmung in § 16 TKG enthält auch keine Vorgaben hinsichtlich der Form des Angebots sowie innerhalb welcher Frist ein solches Angebot nach Erhalt des Zusammenschaltungsverlangens zu unterbreiten ist. Ein Schriftformerfordernis ist lediglich in § 22 Abs. 2 TKG für eine Zusammenschaltungsvereinbarung mit einem Betreiber vorgesehen, der über beträchtliche Marktmacht verfügt. Angesichts der dargestellten vertragswesentlichen Punkte wird man freilich nicht umhin können, auch im Rahmen des § 16 TKG ein schriftliches oder in Textform ausgefertigtes Angebot für erforderlich zu halten1. Hinsichtlich der Frist ist wiederum lediglich in § 22 Abs. 1 TKG für Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht vorgesehen, dass jene ein solches Angebot unverzüglich, spätestens aber drei Monate nach Auferlegung der zugrunde liegenden Zugangsverpflichtung abgeben müssen. Allerdings lässt sich daraus aus systematischen Gründen folgern, dass drei Monate als Höchstfrist anzusehen sind. Denn wenn ein zugangsverpflichteter Betreiber maximal drei Monate ab Auferlegung der Zugangspflicht für die Abgabe eines Angebots hat, kann auch für ein lediglich angebotsverpflichtetes Unternehmen nichts Anderes gelten. In beiden Fällen geht es um die Abgabe eines Angebots, wobei es keinen Unterschied machen kann, ob die Angebotspflicht durch die Auferlegung einer Zugangsverpflichtung (§ 22 Abs. 1 TKG) oder die Nachfrage eines anderen Betreibers (§ 16 TKG) ausgelöst wird. Für eine solche Fristbetrachtung spricht auch, dass sonstige Streitigkeiten zwischen Unternehmen nach § 133 TKG von der BNetzA innerhalb von höchstens vier Monaten entschieden werden müssen. Es wäre widersinnig, dem nach § 16 TKG angebotsverpflichteten Betreiber ein ähnlich lange oder gar längere Frist für die Abgabe des Angebots einzuräumen.
107
Dem Wortlaut von § 16 TKG nach besteht neben der Pflicht zur Abgabe eines Angebots keine Verhandlungspflicht, im Rahmen derer etwa wechselseitig Vertragsentwürfe gemacht, beraten und besprochen werden müssten. Der Netzbetreiber, der zur Abgabe eines Angebots aufgefordert worden ist, erfüllt seine gesetzliche Pflicht aus § 16 TKG in erster Linie dadurch, ein konkretes Angebot auf Zusammenschaltung abzugeben. Zu einem hierüber hinausgehenden Verhandeln ist der Antragsempfänger gesetzlich eigentlich nicht verpflichtet. Der Vertrag über die Zusammenschaltung kommt (nur) zustande, wenn der Netzbetreiber, der das Angebot verlangt hat, das ihm vom anderen Netzbetreiber unterbreitete Angebot vorbehaltlos annimmt. Andererseits verdeutlicht die in der zugrunde liegenden Bestimmung des Art. 4 Abs. 1 S. 1 Zugangsrichtlinie vorgesehene Verhandlungspflicht ebenso wie die Gesetzgebungshistorie, die mittels der Angebotspflicht eine Verdeutlichung der Verhandlungspflicht intendierte (siehe oben Rz. 94), dass die Verhandlung des Vertragsangebots seitens des verpflichteten Betreibers _______________
1 Anders Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 16 Rz. 60.
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Rz. 109 H
ebenfalls geschuldet ist. Daraus folgt, dass der verpflichtete Betreiber jedenfalls einen Termin oder eine Gelegenheit schuldet, wo unterschiedliche Positionen der Parteien besprochen werden und dazu gegenseitig Stellung genommen wird. Erst dann kann von Verhandlungen gesprochen werden. 6.1.5 Durchsetzung und Rechtsfolgen bei unterbliebener Abgabe eines Angebots oder der Verweigerung von Verhandlungen Zwar ist eine Zusammenschaltungsanordnung, anders als im Falle der §§ 36, 37 TKG 1996, nach § 25 TKG nur bei gescheiterten Verhandlungen mit einem Betreiber möglich, dem eine Zusammenschaltungsverpflichtung nach §§ 21 Abs. 3 Nr. 2, 18 Abs. 1 TKG auferlegt worden ist. Dennoch hat die Neuregelung der (reinen) Angebotspflicht in § 16 TKG im Vergleich zu § 36 TKG 1996 ihren rein appellativen Charakter verloren1. Denn mit § 133 TKG besteht mittlerweile eine früher nicht existierende Regelung zur Streitbeilegung, nach der die BNetzA auf Antrag einer Partei eine verbindliche Entscheidung über Streitigkeiten im Zusammenhang mit Verpflichtungen aus dem oder aufgrund des TKG trifft. Sofern auf eine Nachfrage hin kein Angebot auf Zusammenschaltung abgegeben wird oder Verhandlungen gänzlich verweigert werden, kann daher der berechtigte Betreiber die BNetzA nach § 133 TKG anrufen, um zu erreichen, dass Angebots- und/ oder Verhandlungspflicht behördlich angeordnet werden2.
108
Im Unterschied zur früheren Rechtslage nach § 36 TKG 1996 bleibt es nun nicht mehr völlig folgenlos, wenn sich ein Netzbetreiber (nur) weigert, ein Angebot auf Abschluss einer Zusammenschaltungsvereinbarung abzugeben. Weigert sich ein Netzbetreiber, überhaupt ein Angebot auf Zusammenschaltung abzugeben, so verstößt er gegen die in § 16 TKG normierte Pflicht zur Angebotsabgabe auf Nachfrage des berechtigten Betreibers. Damit besteht zwischen den Betreibern eine Streitigkeit über eine Verpflichtung aus dem TKG. Folglich kann der aus § 16 TKG berechtigte Betreiber die Einleitung eines Streitbeilegungsverfahrens nach § 133 TKG bei der BNetzA beantragen. Das gleiche gilt, wenn der verpflichtete Betreiber sich weigert, wenigstens einen Verhandlungstermin mit dem berechtigten Betreiber durchzuführen. In beiden Fällen wäre der Antrag des berechtigten Unternehmens darauf gerichtet, dass nach § 16 TKG verpflichtete Unternehmen zu verpflichten, ein den Anforderungen entsprechendes Angebot gegenüber dem berechtigten Unternehmen abzugeben und/oder einen Termin für die Verhandlung des Angebots anzuberaumen.
109
_______________
1 So noch Fischer/Heun/Sörup in: Heun (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Auflage 2002, Teil 4, Rz. 268. 2 Anders offenbar Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 16 Rz. 70, die feststellen, dass „kein telekommunikationsrechtlicher Rechtsbehelf“ zur Verfügung stünde; ebenso im Ergebnis BerlKommTKG/Nolte, § 16 Rz. 47 ff.
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Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
110
Das Streitbeilegungsverfahren wird vor einer Beschlusskammer geführt, die den Streit nach Anhörung der Beteiligten verbindlich durch Verwaltungsakt binnen einer Höchstfrist von vier Monaten ab Anrufung entscheidet, §§ 133 Abs. 3 i. V. m. 132 Abs. 1 TKG (zum Verfahren vor der BNetzA siehe auch C. Rz. 118 ff.). In § 133 Abs. 3 TKG wird auch auf die entsprechende Anwendbarkeit von § 130 TKG verwiesen, der vorsieht, dass die Beschlusskammer bis zur endgültigen Entscheidung über eine Streitfrage eine vorläufige Anordnung treffen kann. Im Hinblick auf die Entscheidung, ob die Pflicht zur Abgabe eines Angebots auf Netzzusammenschaltung durchgesetzt wird oder nicht, ergibt die Verweisung jedoch keinen Sinn. Dass die Pflicht zur Abgabe eines Angebots besteht, kann nicht vorläufig angeordnet werden, ohne die endgültige Entscheidung in der Sache bereits faktisch vorwegzunehmen. Angesichts der Eindeutigkeit der Verpflichtung in § 16 TKG ist allerdings auch fraglich, ob es ein verpflichteter Betreiber überhaupt auf ein Streitbeilegungsverfahren ankommen lassen würde.
111
Neben dem Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG kommt auch der Zivilrechtsweg in Frage, um die Abgabe eines Angebots und/oder die Anberaumung eines Verhandlungstermins zu erreichen. Darüber hinaus sieht § 44 TKG Schadenersatzansprüche vor, wenn ein Unternehmen gegen das TKG oder eine aufgrund des TKG bestehende Verpflichtung verstößt. Das wäre bei der Verweigerung eines Angebots bzw. Verhandlungstermins der Fall. In der Praxis wird es allerdings oftmals schwierig sein, den konkret erlittenen Schaden zu substantiieren. Denkbar ist hier jedenfalls der Ersatz der Rechtsberatungskosten, sofern diese aufgrund der Interessenwahrnehmung wegen der Nichtabgabe des Angebots und zur Einleitung der weiteren Schritte entstanden sind, um den verpflichteten Betreiber zur Abgabe eines Angebots zu zwingen. In diesem Zusammenhang ist auch an die Möglichkeit der Vorteilsabschöpfung durch die BNetzA nach § 43 TKG (dazu unten Rz. 698 ff.) zu denken. Da der Verstoß gegen die Pflicht zur Angebotsabgabe ein Verstoß gegen eine Vorschrift des Gesetzes i. S. v. § 43 Abs. 1 TKG bedeutet, soll daher die BNetzA den ggf. erlangten (wirtschaftlichen) Vorteil abschöpfen, wenn er nicht bereits durch eine verhängte Geldbuße oder etwaige Schadenersatzleistungen abgegolten ist. 6.1.6 Rechtsfolgen bei endgültigem Scheitern der Verhandlungen
112
Beanstandet der berechtigte Betreiber ein abgegebenes und den Anforderungen entsprechendes Angebot, und hat eine Verhandlung stattgefunden, erschöpfen sich die Rechtsmittel des berechtigten Betreibers darin, die Angebotsabgabe oder Verhandlung zu erreichen. Eine darüber hinausgehende inhaltliche Kontrolle des Angebots oder gar die Anordnung der Zusammenschaltung durch die BNetzA findet im Rahmen der Verpflichtung aus § 16 TKG nicht statt. Dazu ist es erforderlich, dass dem verpflichteten Betreiber eine Zusammenschaltungsverpflichtung nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 oder § 18 Abs. 1 i. V. m. § 13 TKG auferlegt worden ist. Nur dann kann die BNetzA 802 | Heun
Allgemeine Pflichten in Bezug auf Zugänge und Zusammenschaltung
Rz. 115 H
nach § 25 TKG die Zusammenschaltung anordnen und eine inhaltliche Überprüfung des Angebots vornehmen (§ 25 Abs. 5 TKG). 6.2 Vertraulichkeitspflichten nach § 17 TKG Nach § 17 TKG dürfen Informationen, von denen die Betreiber öffentlicher Netze im Rahmen von Verhandlungen über Zugänge oder Zusammenschaltungen Kenntnis erlangen, ausschließlich für die Zwecke verwendet werden, für die sie bereitgestellt worden sind. Die Informationen dürfen ferner nicht an Dritte, die hieraus Wettbewerbsvorteile ziehen könnten, weitergegeben werden; dieses Verbot erstreckt sich ausdrücklich auch auf andere Abteilungen eines Unternehmens, dessen Tochtergesellschaften oder Partnerunternehmen. Keinesfalls jedoch gelten die Vertraulichkeitspflichten gegenüber der BNetzA1.
113
6.2.1 Europarechtliche Grundlagen Die Vorschrift des § 17 TKG dient der Umsetzung von Art. 4 Abs. 3 Zugangsrichtlinie und entspricht im Wesentlichen der früheren Regelung in § 7 NZV. Ein bedeutsamer Unterschied zur Regelung in Art. 4 Abs. 3 Zugangsrichtlinie liegt allerdings darin, dass dort lediglich von „Unternehmen“ gesprochen wird, während § 17 TKG von „Betreibern öffentlicher Netze“ spricht. Dies wirft die Frage auf, welche Adressaten von § 17 TKG eigentlich erfasst sind.
114
6.2.2 Adressaten von § 17 TKG Klärungsbedürftig in Bezug auf die Normadressaten ist zunächst, ob die Formulierung „von Betreibern … gewonnen werden“ bedeutet, dass solche Informationen der Vertraulichkeit unterliegen, – –
die von Netzbetreibern stammen oder die Netzbetreiber erhalten.
Auf den ersten Blick könnte der erstgenannten Alternative der Vorzug zu geben sein, weil etwa nach § 21 TKG nur Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze Zugangsverpflichtungen unterliegen. Dies würde freilich bedeuten, dass § 17 TKG vornehmlich den Schutz des zugangsverpflichteten Unternehmens im Auge hätte. Dies ist weder mit Blick auf die Vorgängerregelung des § 7 NZV noch mit Blick auf Art. 4 Abs. 3 Zugangsrichtlinie zu rechtfertigen. Denn beide Regelungen sprechen davon, dass es um die Informationen geht, welche die Normadressaten wechselseitig erlangen. Dabei diente die Vorgängerregelung in § 7 NZV vornehmlich dem Schutz der Interessen der Wettbewerber von Unternehmen mit beträchtlicher _______________
1 So klarstellend die Gesetzesbegründung zu § 17 TKG in: BT-Drucks. 15/2316, S. 64.
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Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Marktmacht1. Dementsprechend ist mit der Formulierung nicht die Quelle der Informationen gemeint, sondern der Empfänger. 116
Zur Vertraulichkeit berechtigt und verpflichtet sind nach § 17 TKG „Betreiber öffentlicher Netze“. Diese Begrifflichkeit wird lediglich in § 17 TKG verwendet und es dürfte sich dabei um ein Redaktionsversehen handeln. Gemeint scheinen vielmehr Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze zu sein. Zwar ist auch dieser Begriff im TKG nicht definiert, aber bestimmbar (siehe A. Rz. 30 ff.).
117
Allerdings führt die Bezeichnung der Adressaten des § 17 TKG mit Betreibern öffentlicher (Telekommunikations-)Netze zu einer Verengung gegenüber Art. 4 Abs. 3 Zugangsrichtlinie. Denn der dort verwendete Begriff der „Unternehmen“ erfasst auch solche Personen, die kein Netz betreiben. Dies ist auch folgerichtig, weil Art. 12 Zugangsrichtlinie ebenso wie § 21 TKG Zugangsverpflichtungen enthält, die auch gegenüber Personen bestehen, die kein öffentliches Telekommunikationsnetz betreiben. Dies folgt aus dem gegenüber dem TKG 1996 nunmehr erweiterten Zugangsbegriff (siehe oben Rz. 37), der etwa auch die Bereitstellung von Diensten an Diensteanbieter zum Zwecke des Wiederverkaufs (siehe § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG) erfasst, was auf Seiten des Diensteanbieters gerade nicht den Betrieb eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes erfordert.
118
Eine richtlinienkonforme Auslegung von § 17 TKG würde es daher erfordern, sämtliche Unternehmen als Normadressaten aufzufassen, die an den Verhandlungen über Zugänge oder Zusammenschaltungen als Zugangsberechtigte oder -verpflichtete teilnehmen2. Zwar geht eine solche Auslegung über den ausdrücklichen Wortlaut von § 17 TKG hinaus. Indes bezieht sich § 17 TKG auch ausdrücklich auf Verhandlungen über Zugänge oder Zusammenschaltungen, und es wurde bereits darauf hingewiesen (Rz. 117), dass an Verhandlungen über Zugänge zwangsläufig auch Unternehmen beteiligt sein können, die keine Netzbetreiber sind. Es wäre vor diesem Hintergrund zweckwidrig, solche Unternehmen von den Rechten und Pflichten des § 17 TKG auszunehmen.
119
Sonstige Dritte, die an den Verhandlungen über ein zugangsberechtigtes oder zugangsverpflichtetes Unternehmen teilnehmen, sind indes nicht unmittelbar als Adressaten des § 17 TKG anzusehen. Verletzen solche Dritte die Vertraulichkeitspflichten, ist dies im Rahmen von § 17 TKG derjenigen Partei zuzurechnen, welche die Informationen an diese Dritten weitergegeben hat.
_______________
1 Fischer/Heun/Sörup in: Heun (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Auflage 2002, Teil 4 Rz. 251. 2 So Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 17 Rz. 9.
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Allgemeine Pflichten in Bezug auf Zugänge und Zusammenschaltung
Rz. 122 H
6.2.3 Sachlicher Anwendungsbereich In sachlicher Hinsicht bezieht sich die Vertraulichkeitspflicht des § 17 TKG zunächst auf „Informationen“. Durch diese allgemeine Formulierung wird der sachliche Anwendungsbereich des § 17 TKG gegenüber der Vorgängerregelung in § 7 NZV erweitert. Denn dort war lediglich von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen die Rede. Der Begriff „Informationen“ geht darüber hinaus, weil damit sämtliche Daten erfasst sind, die das Wissen erweitern1. Dazu gehören sämtliche Daten der Adressaten von § 17 TKG, die sich auf deren persönliche, rechtliche bzw. tatsächliche, wirtschaftliche, betriebliche, technische etc. Verhältnisse beziehen. Das definitorische Element der Wissenserweiterung bedeutet allerdings nicht, dass solche Informationen vom Anwendungsbereich des § 17 TKG ausscheiden, die bereits bekannt oder Allgemeingut sind2. Abgesehen davon, dass eine diesbezügliche Abgrenzung in der Praxis immer Probleme bereitet, ist es nicht erforderlich, bestimmte Informationen entgegen dem Wortlaut von § 17 TKG aus dessen Anwendungsbereich auszunehmen. Denn die Behandlung bereits bekannter oder im Allgemeingut befindlicher Informationen lässt sich anhand des Umfangs der Vertraulichkeitspflichten nach § 17 TKG (dazu sogleich unter Rz. 124 ff.) angemessen gewährleisten.
120
Die geschützten Informationen müssen dabei „gewonnen“ worden sein. Durch die in § 17 TKG gewählte Passivformulierung ist hierunter jegliches aktive Beschaffen oder passive Erlangen der Informationen zu verstehen. Auch die in Art. 3 Abs. 4 Zugangsrichtlinie verwendete Formulierung „erhalten“ lässt diese Interpretation zu. Zwar wird es sich regelmäßig um Informationen handeln, die ein Unternehmen einem anderen Unternehmen aktiv bereitstellt. Indes sind insbesondere technische Daten wie Verkehrsdaten im Rahmen der Durchführung von Zugängen und Zusammenschaltungen, die von einem Vertragspartner verursacht und beispielsweise im Rahmen der Signalisierung auch übermittelt werden, oftmals mit eigenständigen Vorgängen der Erhebung, Speicherung, Verarbeitung und Auswertung solcher Daten beim Empfänger verbunden. Auch hier handelt es sich nach wie vor um Informationen, die seitens des Empfängers gewonnen worden sind und mit dem anderen Unternehmen in Zusammenhang stehen.
121
Allerdings erfasst § 17 TKG lediglich solche Informationen, die der Informationsempfänger im Rahmen von „Verhandlungen über Zugänge und Zusammenschaltungen“ gewinnt. Damit ist dem Wortlaut nach zunächst lediglich die Informationsgewinnung im Rahmen der Vertragsanbahnung bis zum Vertragsschluss oder dem Scheitern der Vertragsverhandlungen gemeint. Dies wirft die Frage auf, ob damit solche Informationen ausgeschlossen sind, die nach Abschluss der Verhandlungen und Vertragsschluss im Rahmen der Vertragsdurchführung gewonnen werden. Auch hier zeigt ein Blick
122
_______________
1 Vgl. die semiotische Begriffsdefinition von „Information“ in de.wikipedia.org. 2 So aber Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 17 Rz. 14.
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H Rz. 123
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
auf die europarechtliche Vorgabe in Art. 3 Abs. 4 Zugangsrichtlinie, dass § 17 TKG diese nicht vollständig umsetzt. Denn in Art. 3 Abs. 4 Zugangsrichtlinie ist die Informationsgewinnung „vor, bei oder nach den Verhandlungen“ erfasst. Dementsprechend muss auch hier eine europarechtskonforme Auslegung zu dem Ergebnis führen, dass sämtliche Informationsgewinnung im Rahmen der Vertragsanbahnung, d. h. vor und während der Vertragsverhandlungen wie auch der Vertragsdurchführung dem sachlichen Anwendungsbereich bzw. Schutzbereich des § 17 TKG unterfällt1. Anderenfalls wären die mindestens ebenso sensiblen und zumeist wettbewerblich besonders relevanten Daten der Vertragsdurchführung, wie beispielsweise teilnehmerbezogene Verkehrs- und Abrechnungsdaten, weniger geschützt als jene, die im Vorfeld des Vertragsschlusses gewonnen werden. Geschützt sind freilich auch Informationen, die bei Nachverhandlungen sowie bei Verhandlungen und Abwicklungsvereinbarungen in Bezug auf etwaige Leistungsstörungen gewonnen werden. 123
Eine sachliche Einschränkung besteht aber dahingehend, dass Informationsgewinnung sich nicht auf jeden beliebigen Geschäftskontakt der Adressaten von § 17 TKG erstreckt. Es muss sich vielmehr um Verhandlungen (bzw. die Vertragsdurchführung) in Bezug auf Zugänge und Zusammenschaltungen handeln. Basierend auf den Legaldefinitionen für Zugang (siehe oben Rz. 36 ff.) und Zusammenschaltung (siehe oben Rz. 61 ff.) geht es daher bei Zugängen um die nach § 3 Nr. 32 TKG denkbaren Zugangsleistungen oder nach § 21 Abs. 2 und 3 TKG sowie § 18 TKG auferlegbaren Zugangsverpflichtungen und bei Zusammenschaltungen um die §§ 16, 18 und 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG. 6.2.4 Inhalt und Umfang der Vertraulichkeitspflichten
124
Hinsichtlich der Vertraulichkeitspflichten selbst enthält § 17 TKG zwei Gebote: –
die gewonnenen Information dürfen nur für die Zwecke verwendet, für die sie bereitgestellt werden (Zweckbindung);
–
die Informationen dürfen nicht an Dritte weitergegeben werden, die daraus Wettbewerbsvorteile ziehen könnten, insbesondere nicht an andere Abteilungen, Tochtergesellschaften oder Geschäftspartner der an den Verhandlungen Beteiligten (Weitergabeverbot).
Beide Regelungen sind typisch und finden sich auch in den üblichen Vertraulichkeitsvereinbarungen des kaufmännischen Geschäftsverkehrs. Es _______________
1 Ebenso in Bezug auf die Nutzung von Preselection-Auftragsdaten zur Kundenrückgewinnung (dazu näher unten Rz. 671): VG Köln, Urt. v. 26.10.2005 – 21 K 4418/05. S. 16 f. des amtlichen Umdrucks, sowie bereits für § 7 NZV mit Blick auf Art. 4 Abs. 3 Zugangsrichtlinie: LG Kiel, 14 O 79/04 v. 1.9.2004, S. 6 des amtlichen Umdrucks.
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Allgemeine Pflichten in Bezug auf Zugänge und Zusammenschaltung
Rz. 127 H
fehlen jedoch eine dort ebenfalls regelmäßig vorhandene allgemeine Geheimhaltungs- und Schutzpflicht sowie die typischen Ausnahmen für bereits bekannte oder anderweitig rechtmäßig erlangte Informationen sowie hinsichtlich der Vorlagepflichten gegenüber Behörde und Gerichten. Während Letzteres aufgrund der Regelungen in § 127 TKG entbehrlich erscheint (siehe auch oben Rz. 113), ist es mit Blick auf die kaufmännische Praxis dennoch empfehlenswert, die zu verhandelnden Verträge um die sonst üblichen Bestimmungen zu ergänzen und sich nicht vollständig auf § 17 TKG zu verlassen. Die Zweckbindung für die Nutzung der Informationen bedeutet, dass derjenige Normadressat von § 17 TKG, welcher Quelle der Informationen ist, durch ausdrückliches oder konkludentes Verhalten darüber bestimmt, wie der Empfänger der Informationen damit umgehen darf. Da die Gewinnung bzw. Bereitstellung der Informationen im Zusammenhang mit Verhandlungen über Zugänge und Zusammenschaltungen erfolgt, bedeutet dies, dass der Empfänger die Informationen typischerweise auch nur für den diesbezüglichen Vertragsschluss und die anschließende Vertragsdurchführung nutzen darf. Besondere Hinweise oder Anweisungen seitens des Informationsgebers1 sind daher insoweit entbehrlich, weil sich der Zweck bereits aus den Umständen ergibt. Hinzu kommen freilich etwaige zusätzliche Einschränkungen, die sich aus dem Verhalten des Informationsgebers selbst ergeben. Solche zusätzliche Einschränkungen dürfen allerdings die für Vertragsschluss oder Vertragsdurchführung erforderliche Informationsnutzung nicht ausschließen oder unnötig erschweren.
125
Die Nutzung für sämtliche sonstigen Zwecke ist ausgeschlossen („nur“). Dementsprechend dürfen die Informationen nicht genutzt werden, um beispielsweise die Teilnehmer des Informationsempfängers über Konkurrenzangebote zu informieren2. Ebenso ausgeschlossen wären etwa die sonst in § 95 Abs. 2 und § 96 Abs. 3 TKG genannten Zwecke. Mit Blick auf § 95 Abs. 2 S. 2 TKG mag zwar die Kenntniserlangung der dort angeführten Daten in Form von Informationen i. S. d. § 17 TKG rechtmäßig (gewesen) sein. Indes schließt die in § 17 TKG enthaltene Zweckbindung eine solche Nutzung dennoch aus.
126
Das Weitergabeverbot in Bezug auf Dritte ist zunächst dahingehend zu erläutern, dass der Begriff „Dritte“ hier untechnisch zu verstehen ist. Denn der Wortlaut zeigt, dass § 17 TKG unter Dritten auch andere Abteilungen des Informationsempfängers versteht; diese wären normalerweise nicht als Dritte zu betrachten. Überdies zeigt die Wortwahl „insbesondere“, dass das Begriffsverständnis von Dritten i. S. v. § 17 TKG nicht abschließend durch
127
_______________
1 Etwa Vertraulichkeitsvermerke oder Hinweise auf die Zweckbindung in den Dokumenten, die bereitgestellt werden oder mündliche Hinweise dieser Art bei mündlich mitgeteilten Informationen. 2 Siehe BNetzA, Beschl. v. 18.7.2005 – BK2a-04/029 (arcor Preselection).
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H Rz. 128
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
die genannten Beispiele definiert ist. Vielmehr ist danach jede Person bzw. Einheit oder Gruppe als Dritter anzusehen, die nicht unmittelbar auf Empfängerseite die Vertragsverhandlungen führt bzw. für die Vertragsdurchführung verantwortlich ist. Ob es sich daher hierbei um rechtlich selbständige Personen handelt oder nicht, ist irrelevant. 128
Entscheidend ist vielmehr die zweite Qualifikation hinsichtlich des Weitgabeverbots, nämlich dass die Informationen nicht an solche Dritte weitergeben dürfen, die aus diesen Wettbewerbsvorteile ziehen könnten. Hiermit wird der unzulässige Personenkreis eigentlich umschrieben, weil schon die Möglichkeit eines Wettbewerbsvorteils auf Seiten der betreffenden Person ausreicht. Das Weitergabeverbot ist daher im Ergebnis umfassend, weil der Kreis Dritter im obige Sinne dadurch sehr weit wird. Allerdings wird man im Wege der teleologischen Reduktion wiederum solche Dritte vom unzulässigen Personenkreis ausnehmen müssen, die seitens des Informationsempfängers in die Vertragsverhandlungen oder die Vertragsdurchführung einbezogen sind. Dies betrifft etwa rechtliche Berater mit Blick auf die Vertragsverhandlungen sowie (Outsourcing-)Dienstleister hinsichtlich der Vertragsdurchführung. Indes gilt für diese Personen auch die Zweckbindung, d. h. etwaige Verletzungen dieser Zweckbindung sind dem Informationsempfänger zuzurechnen. Eine Abstufung des Verpflichtungsumfangs danach, ob der Informationsempfänger ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht ist oder nicht, kann § 17 TKG dagegen nicht entnommen werden1. Zwar kann die Aufgabenwahrnehmung für verschiedene Aufgabenbereiche in Personalunion2 nicht dazu führen, die betreffenden Personen als Dritte anzusehen. Aber auch hier bleibt es bei der Zweckbindung. 6.2.5 Durchsetzung der Vertraulichkeitspflichten und Sanktionen
129
Der Verstoß gegen das Weitergabeverbot (§ 17 S. 2 TKG) ist gemäß § 149 Abs. 1 Nr. 3 TKG eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis zu 10.000,00 Euro geahndet werden kann. Nach § 149 Abs. 2 S. 2, 3 TKG soll die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil, der durch die begangene Ordnungswidrigkeit erzielt worden ist, übersteigen; wird dieses Ziel nicht mit den vorgesehenen 10.000,00 Euro erreicht, kann die Summe überschritten werden. In diesem Zusammenhang ist auch hier und gerade hier die Möglichkeit der Vorteilsabschöpfung durch die BNetzA nach § 43 TKG (dazu unten Rz. 698 ff.) zu sehen. Da der Verstoß gegen das Weitergabeverbot nach § 17 S. 2 TKG ein Verstoß gegen eine Vorschrift des Gesetzes i. S. v. § 43 Abs. 1 TKG bedeutet, soll daher die BNetzA den ggf. erlangten (wirtschaftlichen) Wettbewerbsvorteil abschöpfen, wenn er nicht bereits durch die verhängte Geldbuße oder etwaige Schadenersatzleistungen abgegolten ist. _______________
1 So aber offenbar Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 17 Rz. 34. 2 Etwa weil ein kleineres Unternehmen nicht über ausgeprägte Strukturen verfügt.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 132 H
Daneben können die Vertraulichkeitspflichten auch über ein Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG durchgesetzt bzw. geahndet werden. Denn sofern Streit über die Verletzung der in § 17 TKG normierten Verpflichtungen zwischen den Normadressaten besteht, handelt es sich um eine Streitigkeit im Zusammenhang mit Verpflichtungen aus dem TKG.
130
Schließlich ermöglichen Verstöße gegen § 17 TKG auch ein zivilrechtliches Vorgehen aufgrund der in § 44 Abs. 1 TKG vorgesehenen Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadenersatzansprüche bei Verstößen gegen das TKG. Zur Vorgängerbestimmung des § 7 NZV hat es im Jahre 2004 mehrere, auf Unterlassung gerichtete einstweilige Verfügungsverfahren gegeben. Das Ziel der Verfahren bestand darin, es der DTAG zu untersagen, die im Rahmen der Zusammenschaltung gewonnenen Daten über Preselection-Aufträge dazu zu nutzen, die betreffenden Teilnehmer zurück zu gewinnen. In einem Fall wurde die zuvor erlassene, auf dem UWG basierende einstweilige Verfügung mangels Dringlichkeit aufgrund längerer Kenntnis der Klägerin von der wettbewerbswidrigen Praxis wieder aufgehoben1. Im anderen Fall wurde die einstweilige Verfügung bestätigt und auf einen Verstoß gegen § 3 UWG i. V. m. § 7 NZV gestützt2. Hieran zeigt sich, dass die vorhandenen zivilrechtlichen Mechanismen durchaus geeignet sind, den Verpflichtungen aus dem TKG zur Durchsetzung zu verhelfen.
131
7. Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht Das Herzstück der Zugangsregulierung liegt in den Bestimmungen der §§ 19–21, 23 und 24 TKG, die einen Katalog von Verpflichtungen enthalten, welche Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auferlegt werden können. Die einzelnen Verpflichtungen besitzen dabei hinsichtlich ihrer belastenden Wirkung für das betroffene Unternehmen bzw. ihrer Eingriffsintensität eine unterschiedlich Qualität. Zwar besteht nach § 9 Abs. 2 TKG für die BNetzA in dieser Hinsicht kein Entschließungsermessen (siehe G. Rz. 29, 216), d. h. es muss eine Verpflichtung auferlegt werden, sofern ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht festgestellt worden ist. Allerdings besitzt die BNetzA ein Auswahlermessen hinsichtlich der einzelnen Verpflichtungen und kann so die Eingriffsintensität der auferlegten Verpflichtungen den Umständen des Einzelfalls anpassen. Hinzu kommt, dass das Auswahlermessen durch die Voraussetzungen bei den einzelnen Verpflichtungsmöglichkeiten selbst beschränkt ist, insbesondere durch die Regelungen in § 21 Abs. 1 TKG3 (dazu näher Rz. 255 ff.). _______________
1 LG München I, 4 HK O 3554/04 v. 13.5.2004. 2 LG Kiel, 14 O 79/04 v. 1.9.2004. 3 Siehe Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 67 mit ausführlicher Herleitung.
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H Rz. 133
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
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Aus dieser Struktur ergibt sich, dass das Diskriminierungsverbot (§ 19 TKG) sowie die Transparenzverpflichtung (§ 20 TKG) die mildesten auferlegbaren Verpflichtungen darstellen. Genau genommen sind diese Verpflichtungen auch keine eigentlichen Zugangsverpflichtungen, sondern sind entweder vorgelagerte Voraussetzung für Zugänge (Transparenzverpflichtung) oder Folgeverpflichtung in Bezug auf bereits (anderen) gewährte Zugänge (Diskriminierungsverbot). Die nach § 21 Abs. 2 und 3 TKG auferlegbaren Verpflichtungen – es handelt sich um die eigentlichen Zugangsverpflichtungen (besser: Zugangsgewährungsverpflichtungen)1 – sowie die damit in Zusammenhang stehende Auferlegungsmöglichkeit für die Vorlage eines Standardangebots sind dagegen deutlich stärker belastend, weil hier in die bestehenden Netz- und Leistungsstrukturen konkret und originär eingegriffen wird. Etwas daneben, aber ohne weniger eingriffsintensiv zu sein, steht die auferlegbare Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung (§ 24 TKG), die in das Rechnungswesen des betroffenen Unternehmens eingreift, aber ebenfalls keine eigentliche Zugangsverpflichtung beinhaltet. Vielmehr dient diese Verpflichtung der Ergänzung von Diskriminierungsverbot und Transparenzverpflichtung, um deren Einhaltung besser kontrollieren und gewährleisten zu können (Art. 11 Abs. 2 Zugangsrichtlinie, § 24 Abs. 1 S. 3 TKG).
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Die Zugangsverpflichtungen können von der BNetzA mittels Regulierungsverfügung nach § 13 Abs. 1 TKG im Anschluss an ein Marktdefinitionsund Marktanalyseverfahren auferlegt oder widerrufen werden (dazu G. Rz. 204 ff.). Das bestehende Auswahlermessen der BNetzA sowie der von der BNetzA immer zu berücksichtigende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ermöglichen es dieser, Zugangsverpflichtungen stärker oder schwächer auszugestalten sowie Zugangsverpflichtungen einzeln oder kumulativ aufzuerlegen. Typischerweise erlegt die BNetzA in der Praxis mehr als eine Zugangsverpflichtung auf. 7.1 Diskriminierungsverbot bzw. Gleichbehandlungsverpflichtung nach § 19 TKG
135
Ebenso wie die Transparenzverpflichtung des § 20 TKG ist das Diskriminierungsverbot des § 19 TKG keine eigentliche Zugangs(gewährungs)verpflichtung, sondern eine Verpflichtung in Bezug auf bestehende und/oder angebotene Zugänge. Nach § 19 Abs. 1 TKG kann die BNetzA den Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes mit beträchtlicher Marktmacht dazu verpflichten, dass (dessen) Vereinbarungen über Zugänge – – – –
auf objektiven Maßstäben beruhen, nachvollziehbar sein, einen gleichwertigen Zugang gewähren und den Geboten der Chancengleichheit und Billigkeit genügen
_______________
1 Zutreffend die Begriffsverwendung bei Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 42.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 137 H
müssen. Die Regelung entspricht damit weitgehend derjenigen in § 35 Abs. 2 S. 1 TKG 1996 (zu der damit in Zusammenhang stehenden Frage nach dem Verhältnis zur besonderen Missbrauchsaufsicht in § 42 TKG siehe unten Rz. 140). In § 19 Abs. 2 TKG werden die Zwecke der vorgenannten Verpflichtungen beispielhaft näher konkretisiert und als Gleichbehandlungspflichten bezeichnet: Diese sollen sicherstellen, dass der betreffende Betreiber –
anderen Unternehmen, die gleichartige Dienste erbringen, unter den gleichen Umständen gleichwertige Bedingungen anbietet und
–
Dienste und Informationen für Dritte zu den gleichen Bedingungen und mit der gleichen Qualität bereitstellt wie für seine eigenen Produkte oder die seiner Tochter- oder Partnerunternehmen.
136
Die vorstehenden Konkretisierungen verdeutlichen dabei nicht nur den Umfang der Regelung in § 19 Abs. 1 TKG. Zugleich wird durch die Bezeichnung der Verpflichtungen in § 19 Abs. 1 TKG als Gleichbehandlungspflichten auch klargestellt, dass es sich hier entgegen der Gesetzesüberschrift nicht um ein (reines) Diskriminierungsverbot handelt, sondern um ein Gleichbehandlungsgebot1. Zwar spricht nur die deutsche Fassung der § 19 TKG zugrunde liegenden europarechtliche Bestimmung des Art. 10 Zugangsrichtlinie ausdrücklich von „Gleichbehandlungsverpflichtung“ währen die englische Fassung von „obligation of non-discrimination“ spricht. Allerdings verdeutlicht die Systematik von vorab (ex ante) auferlegbaren Gleichbehandlungsverpflichtungen gegenüber der allgemeinen kartellrechtlichen Missbrauchaufsicht sowie die damit in Zusammenhang stehende notwendige Abgrenzung von § 19 TKG zur besonderen Missbrauchsaufsicht des § 42 TKG, dass es sich hier qualitativ um unterschiedliche Verpflichtungen handeln muss (näher unten Rz. 140). 7.1.1 Europarechtliche Grundlagen Wie bereits erwähnt, sieht Art. 10 Zugangsrichtlinie vor, dass die nationale Regulierungsbehörde Gleichbehandlungsverpflichtungen in Bezug auf Zugang und/oder Zusammenschaltung auferlegen darf. Die nähere Konkretisierung (der Zwecke) erfolgt dabei in Art. 10 Abs. 2 Zugangsrichtlinie, der wortwörtlich in § 19 Abs. 2 TKG umgesetzt worden ist. Die in § 10 Abs. 1 TKG verwendete Formulierung erschließt sich dagegen auf europarechtlicher Ebene nur mittelbar, weil dort lediglich davon die Rede ist, dass Gleichbehandlungsverpflichtungen (engl. obligations of non-discrimination) auferlegt werden dürfen. Hier führt der Weg anhand der Erwägungsgründe der Zugangsrichtlinie2, die auf die Gleichbehandlungspflichten der früheren _______________
1 Ebenso Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 19 Rz. 4. 2 Erwägungsgrund (14) der Zugangsrichtlinie.
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137
H Rz. 138
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Zusammenschaltungsrichtlinie (Art. 6 lit. a) der Richtlinie 97/33/EG) verweisen, zur früheren ONP-Rahmenrichtlinie (Richtlinie 90/387/EWG), auf der die frühere Zusammenschaltungsrichtlinie beruhte. Dort sind in Art. 3 Abs. 1 teilweise (objektive Maßstäbe, Nachvollziehbarkeit, gleicher und diskriminierungsfreier Zugang) die Formulierungen zu finden, die über § 35 Abs. 2 S. 1 TKG 1996 wieder in § 19 Abs. 1 TKG Eingang gefunden haben. Die Hinweise auf Chancengleichheit und Billigkeit scheinen dagegen Art. 12 Abs. 1 Unterabsatz 3 Zugangsrichtlinie zu entstammen. 138
Damit ist § 19 Abs. 1 TKG eine der wenigen Bestimmungen der Zugangsregulierung, wo der deutsche Gesetzgeber einen Umsetzungsspielraum dergestalt genutzt hat, dass er die nach den europarechtlichen Vorgaben von der nationalen Regulierungsbehörde aufzuerlegenden Gleichbehandlungsverpflichtungen bereits vorformuliert. Da sich der Gesetzgeber hierbei allerdings eng an die früher und heute bestehenden Formulierungen aus den einschlägigen Richtlinien hält, wird man hierin keinen Verstoß gegen die europarechtlichen Vorgaben erblicken können. 7.1.2 Verhältnis zur besonderen Missbrauchsaufsicht in § 42 TKG und im GWB
139
Trotz der Ähnlichkeiten in den Formulierungen in § 19 Abs. 2 TKG und § 42 Abs. 2 TKG sowie § 19 Abs. 4 Nr. 3 und § 20 Abs. 1 GWB bestehen doch Unterschiede, die sich insbesondere in der Wortwahl des § 19 Abs. 1 TKG zeigen. Dort werden qualitative Anforderungen an Vereinbarungen über Zugänge aufgestellt, die a priori ein marktkonformes Verhalten des verpflichteten Unternehmens sicherstellen sollen. Hierin liegt bereits ein Unterschied zur besonderen Missbrauchsaufsicht des § 42 TKG, weil sich Missbräuche nicht zwangsläufig nur auf ein Zugangsverhältnis beziehen, sondern auch oder allein auf Endnutzermärkten auftreten können. Ein wesentlicher Unterschied zum kartellrechtlichen Diskriminierungsverbot des § 20 GWB besteht sowohl bei § 19 TKG wie auch bei § 42 TKG darin, dass die telekommunikationsrechtlichen Vorschriften anders als § 20 GWB1 auch fordern, dass aus Sicht des verpflichteten Unternehmens dessen Tochterunternehmen und eigene Abteilungen bei vertikaler Integration nicht bevorzugt werden dürfen (intern – extern – Gleichbehandlung). Gerade dieser Unterschied ist der besonderen Funktion von Vorabverpflichtungen und den Besonderheiten der Telekommunikationsmärkte geschuldet.
140
Bei § 19 TKG handelt es sich ausweislich Art. 10 Zugangsrichtlinie um eine ex ante auferlegbare Verpflichtung, nach den Vorstellungen des europäischen Richtliniengebers also um eine Bestimmung, die als Vorabverpflichtung gedacht ist, wenn unter anderem die Instrumente des nationalen und europäischen Wettbewerbsrechts (sprich: Kartellrechts) nicht ausreichen, _______________
1 Siehe Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20 GWB Rz. 126.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 141 H
um das Problem zu lösen1. Mit anderen Worten: Verpflichtungen wie in § 19 TKG bzw. Art. 10 Zugangsrichtlinie, die als Vorabverpflichtung der Marktöffnung dienen2, haben eine Funktion, die über die (kartellrechtliche) Missbrauchsaufsicht hinausgehen. Sie sind nämlich den Besonderheiten der Telekommunikationsmärkte geschuldet. Es mag zutreffen, dass das Missbrauchsverbot in §§ 19, 20 GWB auch eine abstrakt formulierte Vorabverpflichtung zulasten marktbeherrschender Unternehmen darstellt, welche dann durch kartellbehördliche Praxis und die Rechtsprechung konkretisiert wird3. Indes kann sich die Beantwortung dieser Frage nicht in Wortlautähnlichkeiten erschöpfen. Vielmehr ist der Kontext zu berücksichtigen, der, kurz gesagt, bei der telekommunikationsrechtlichen Vorabregulierung eben in der Marktöffnung besteht4, bei der (kartellrechtlichen) Missbrauchsaufsicht aber der Verhinderung von Marktschließungen dient. Diese unterschiedliche Funktion muss bei Interpretation und Durchsetzung der betreffenden Verpflichtungen berücksichtigt werden. Denn Ausgangspunkt der telekommunikationsrechtlichen Vorabverpflichtung ist ja gerade des Fehlen wirksamen Wettbewerbs im relevanten Markt bzw. das dortige Bestehen beträchtlicher Marktmacht per se, während die (kartellrechtliche) Missbrauchsaufsicht die beträchtliche Marktmacht nur dann sanktioniert, wenn sie missbraucht wird. Wenn also schon das Bestehen beträchtlicher Marktmacht zur Auferlegung von Vorabverpflichtungen zwingt – die BNetzA hat ja insoweit kein Entschließungsermessen (siehe oben Rz. 132) –, dann müssen die Vorabverpflichtungen und damit auch das Diskriminierungsverbot bzw. Gleichbehandlungsgebot des § 19 TKG in ihrer Funktion als Mittel zur Beseitigung beträchtlicher Marktmacht gesehen werden und nicht lediglich als Mittel, bestimmte Verhaltensweisen zu verhindern. Auswirkungen muss dies etwa bei der Frage der etwaigen sachlichen Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung haben5, jedenfalls sofern man diese auch im Rahmen von § 19 TKG zulässt (dazu unten Rz. 168). In der kartellrechtlichen Rechtsprechung wird die Frage der sachlichen Rechtfertigung anhand einer Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB beantwortet6. Im Rahmen der Interessenabwägung ist folglich der jeweilige Zweck der angewandten Rechtsnorm die zentrale Rechtsanwendungsmaxime. Im Verhältnis hierzu haben die Individualinteressen der Betroffenen zurückzu_______________
1 Vgl. Erwägungsgrund (27) der Rahmenrichtlinie. 2 Dies wird besonders daran deutlich, dass man den Wortlaut von § 19 Abs. 1 TKG auf § 35 Abs. 2 S. 1 TKG 1996 und diesen wiederum auf die ONP-Richtlinien zurückführen kann, wo es maßgeblich um die Öffnung der Märkte ging. 3 So Topel, ZWeR 2006, 31 f., die keinen relevanten Unterschied erkennen mag. 4 So schon zu § 35 TKG 1996: BVerwG, CR 2001, 752 (755 f.) sowie BVerwG, CR 2003, 738 (740). 5 In diese Richtung VG Köln, Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 49 über www.justiz.nrw.de. 6 Vgl. Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20 GWB Rz. 129 m. w. N.
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H Rz. 142
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
treten. Dem Normadressaten wird dadurch ein größeres Maß an Rücksichtnahme auf die wettbewerblichen Betätigungsinteressen unterschiedlich behandelter Dritter auferlegt, als sich dies aus einer isolierten Abwägung der widerstreitenden Individualinteressen ohne Berücksichtigung des Normzwecks ergeben würde. Ausgangspunkt der Interessenabwägung ist damit der jeweilige (Schutz-)Zweck der angewandten Rechtsnorm1. Daraus folgt, dass bei einer Regelung wie hier, die eine Markt- bzw. Wettbewerbsöffnung überhaupt erst bezweckt, die Verpflichtungen des betroffenen Unternehmens strenger verstanden werden müssen. Sie müssen vornehmlich vor dem Hintergrund des bezweckten Marktzutritts betrachtet werden mit der Folge, dass an etwaige Rechtfertigungsgründe besonders strikte Maßstäbe anzulegen sind. Dies wird dadurch bestätigt, dass beide (§ 19 und § 42 TKG) Verpflichtungen (jedenfalls grundsätzlich, siehe unten Rz. 637 ff.) nur in Bezug auf Märkte greifen (dazu oben Rz. 132 und unten Rz. 637 ff.), für die beträchtliche Marktmacht eines Unternehmens mittels (förmlichen) Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens festgestellt worden ist. Um somit dem Zweck der Gleichbehandlungsverpflichtung gerecht zu werden, müssen auch die Maßstäbe hier entsprechend streng betrachtet werden. 142
Die vorstehend dargestellten Unterschiede bedeuten freilich nicht, dass die besondere Missbrauchsaufsicht des § 42 TKG von § 19 verdrängt werden würde. Beide Regelungen bestehen grundsätzlich parallel nebeneinander, zumal die sonstigen sachlichen und persönlichen Eingriffsvoraussetzungen teilweise unterschiedlich sind. 7.1.3 Adressaten von § 19 TKG
143
Das nach § 19 TKG verpflichtete Unternehmen ist der Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes (zum Begriff siehe A. Rz. 33 ff.), für den seitens der BNetzA aufgrund einer Marktdefinition und Marktanalyse in einem relevanten Markt das Bestehen beträchtlicher Marktmacht festgestellt worden ist. Dann kann das Diskriminierungsverbot im Wege einer Regulierungsverfügung gemäß § 13 Abs. 1 TKG auferlegt werden (siehe dazu auch G. Rz. 204). Allerdings ist die Beschränkung auf Netzbetreiber in § 19 TKG enger als in der Vorlage des Art. 10 Zugangsrichtlinie, wo in Abs. 2 lediglich von „Betreibern“ die Rede ist. Dies umfasst nach Art. 2 S. 2 lit. c) Zugangsrichtlinie nicht nur Netzbetreiber, sondern auch Betreiber zugehöriger Einrichtungen. In richtlinienkonformer Auslegung des § 19 TKG sind daher auch solche Betreiber in den Anwendungsbereich der Transparenzverpflichtung einzubeziehen (siehe A. Rz. 36). Dies hat die BNetzA bei der Auferlegung des Diskriminierungsverbots zu beachten, erschließt sich aber schon vorher anhand der Marktanalyse (siehe G. Rz. 204). _______________
1 Vgl. Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20 GWB Rz. 136; Langen/Bunte/Schultz, KartR, § 20 GWB Rz. 135.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 145 H
In Bezug auf die aus § 19 TKG berechtigten Unternehmen enthält § 19 Abs. 1 TKG keine Angaben. Lediglich in der Zweckbestimmung des § 19 Abs. 2 TKG ist die Rede von „anderen Unternehmen, die gleichartige Dienste erbringen“ sowie von „Dritten“. Damit kommt dem Wortlaut nach eine Vielzahl von Berechtigten in Betracht. Dies lässt sich allerdings weiter eingrenzen. Sofern das Diskriminierungsverbot im Zusammenhang mit (bestehenden oder auferlegten) Zugangsgewährungsverpflichtungen, etwa nach den §§ 16, 18 und 21 TKG auferlegt wird, so ergibt sich aus jenen Bestimmungen bzw. der entsprechenden Formulierung in der Regulierungsverfügung auch der Kreis der Berechtigten, wie beispielsweise andere Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze. Da allerdings die BNetzA hinsichtlich der Frage, welche Vorabverpflichtungen auferlegt werden, ein Auswahlermessen besitzt (siehe oben Rz. 132 f.), kann das Diskriminierungsverbot gegenüber einem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auf einem bestimmten Markt auch ohne gleichzeitiges Bestehen oder die gleichzeitige Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung erfolgen1. Dann fehlt es an unmittelbaren Anhaltspunkten dafür, wer die aus § 19 TKG berechtigten Unternehmen sind. Hier ist ein Rückgriff auf die Definition des Zugangs in § 3 Nr. 32 TKG (dazu oben Rz. 36 ff.) und des Unternehmens in § 3 Nr. 29 TKG (dazu G. Rz. 117) erforderlich und möglich, was in der Praxis der BNetzA auch geschieht2. Daraus folgt, dass sich der Kreis der aus § 19 TKG berechtigten Unternehmen darüber erschließt, ob sie einen Zugang i. S. v. § 3 Nr. 32 TKG in Bezug auf den betreffenden Markt nachfragen. Dies wiederum ergibt sich über die Marktdefinition des betreffenden Marktes und die Angebote des verpflichteten Unternehmens mit beträchtlicher Marktmacht (dazu näher sogleich unter Rz. 146). Im Ergebnis ist daher der Kreis der nach § 19 TKG berechtigten Unternehmen ggf. sehr weit zu ziehen; er beschränkt sich weder auf Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze noch auf Betreiber zugehöriger Einrichtungen (siehe oben Rz. 143).
144
7.1.4 Sachlicher Anwendungsbereich In sachlicher Hinsicht spricht § 19 Abs. 1 TKG von „Vereinbarungen über Zugänge“, d. h. es geht um Verträge über Zugangsleistungen. Dementsprechend erstreckt sich der sachliche Anwendungsbereich des Diskriminierungsverbots auf sämtliche Verträge über Leistungen, die als Zugang im Sinne der Legaldefinition in § 3 Nr. 32 TKG anzusehen sind (dazu oben Rz. 36 ff.). Allerdings ist das Diskriminierungsverbot nicht auf die Vertrags_______________
1 So etwa für die Transparenzverpflichtung des § 20 TKG in BNetzA, Beschl. v. 16.11.2005, BK 4a-05-005/R (Zuführung Online-Dienste), Mitteilung Nr. 278/ 2005, ABl. Nr. 22/2005, S. 1781 (1790). 2 So für die Transparenzverpflichtung des § 20 TKG: BNetzA, Beschl. v. 16.11.2005, BK 4a-05-005/R (Zuführung Online-Dienste), S. 9, Mitteilung Nr. 278/2005, ABl. Nr. 22/2005, S. 1781 (1790).
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H Rz. 146
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
gestaltung beschränkt1. Nach § 19 Abs. 2 TKG sollen die Gleichbehandlungsverpflichtungen das Verhalten des verpflichteten Unternehmens umfassender regeln. Dort wird nicht nur vom Anbieten gleichwertiger Bedingungen gesprochen, sondern auch vom Bereitstellen von Diensten und Informationen zu gleichen Bedingungen und mit gleicher Qualität. Dementsprechend bezieht sich das Diskriminierungsverbot auf die Vertragsgestaltung ebenso wie auf die Vertragsdurchführung und damit auf die gesamte Leistungsbeziehung. Allerdings wird in Bezug auf die Diskriminierung bei der oder im Zusammenhang mit der Vertragsdurchführung zugleich eine Vertragsverletzung und/oder ein nach § 42 TKG im Wege der besonderen Missbrauchsaufsicht sanktionierbares Verhalten vorliegen. 7.1.5 Inhalt und Umfang des Diskriminierungsverbots 146
Das Diskriminierungsverbot ist keine Zugangsgewährungsverpflichtung im eigentlichen Sinne, weil es das verpflichtete Unternehmen nicht dazu verpflichtet, eine bestimmte Art des Zugangs zu gewähren. Nach § 19 Abs. 1 TKG ist lediglich bestimmt, dass Vereinbarungen über Zugänge dem Diskriminierungsverbot entsprechen müssen. Dies setzt entweder das Bestehen einer anderweitigen Zugangsgewährungsverpflichtung voraus oder, dass vom verpflichteten Unternehmen tatsächlich Zugänge angeboten werden. Allerdings kann sich eine Zugangsgewährungspflicht mittelbar ergeben, wenn das verpflichtete Unternehmen anderen Unternehmen Zugang anbietet bzw. gewährt, der auch vom berechtigten Unternehmen nachgefragt, diesem aber verweigert wird. Denn nach § 19 Abs. 2 TKG müssen u. a. bei gleichen Umständen gleichwertige Dienste angeboten werden. Folglich kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 TKG ein Anspruch des berechtigten Unternehmens auf Zugangsgewährung gegeben sein. Durch den Hinweis auf Tochter- oder Partnerunternehmen kann sich das Diskriminierungsverbot auch bei internen Leistungen zu einem Zugangsgewährungsanspruch verdichten2. Ohne entsprechende Referenzangebote des verpflichteten Unternehmens bzw. ohne Auferlegung einer sonstigen Zugangsgewährungsverpflichtung für den relevanten Markt kann dagegen die Auferlegung des Diskriminierungsverbots ins Leere laufen.
147
Strukturell ist § 19 TKG recht unübersichtlich geraten und mit mehreren unbestimmten Rechtsbegriffen beladen, was die Bestimmung von Inhalt und Umfang der Verpflichtungen im einzelnen erschwert. So enthält § 19 Abs. 1 TKG die eigentlich auferlegbare Verpflichtung, die von der BNetzA
_______________
1 Anders Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 19 Rz. 14. 2 Siehe die in diese Richtung zu verstehenden Ausführungen der BNetzA: Beschl. v. 16.11.2005 – BK4a-05-05/R (Zuführung Online-Dienste), S. 7, BNetzA Mitteilung Nr. 278/2005 ABl. Nr. 22/2005.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 149 H
in der Praxis auch wortgleich so auferlegt wird1 und fünf Einzelpflichten (objektive Maßstäbe, nachvollziehbar, gleichwertiger Zugang, Chancengleichheit und Billigkeit; siehe oben Rz. 135). § 19 Abs. 2 TKG umschreibt durch seine Zweckbestimmung dann aber den näheren Inhalt der auferlegten Verpflichtung durch zwei beispielhafte Verhaltenssituationen (Unternehmen, die gleichartige Dienste unter gleichen Umständen mit gleichwertigen Bedingungen anbieten sowie Dienste und Informationen für Dritte zu gleichen Bedingungen und gleicher Qualität wie für sich selbst, Tochteroder Partnerunternehmen; siehe oben Rz. 136). Daraus folgt ein abgestuftes System von Verpflichtungen und Konkretisierungen, welches sich freilich besser über § 19 Abs. 2 als über § 19 Abs. 1 TKG erschließt. 7.1.5.1 Gleichbehandlungsgebote des § 19 Abs. 1 TKG Die Anforderung, dass eine Zugangsvereinbarung auf objektiven Maßstäben beruhen muss, bedeutet eine Verpflichtung zur Verwendung sachlicher Kriterien, die auf rechtlichen, betrieblichen oder technischen Umständen beruhen können. Genau genommen handelt es sich um ein Willkürverbot für das verpflichtete Unternehmen. Die Bedingungen dürfen nicht auf sachfremden oder rein subjektiven Erwägungen beruhen, gerade weil hier die Gefahr einer willkürlichen Diskriminierung besteht. Nur auf Basis objektiver/sachlicher Kriterien lässt sich kontrollieren, ob unter gleichen Umständen auch gleiche Bedingungen (§ 19 Abs. 2 Alternative 2 TKG) gewährt werden. Da es bei den objektiven Maßstäben um eine Anforderung geht, die selbst als Maßstab für die Gleichbehandlung dient, ist eine Abweichung hiervon einer sachlichen Rechtfertigung nicht zugänglich. Denn diese wäre von vorneherein unsachlich2.
148
Nachvollziehbarkeit erfordert eigentlich in erster Linie Transparenz im Sinne der Transparenzverpflichtung3. Denn die aus Art. 3 Abs. 1 der früheren ONP-Rahmenrichtlinie (Richtlinie 90/387/EWG) stammende und in § 35 Abs. 2 S. 2 TKG 1996 aufgenommene Formulierung lautet in englischer Sprache „they must be transparent and published in an appropriate manner“. Daher dürfte dieses Kriterium neben einer auferlegten Transparenzverpflichtung nach § 20 TKG eigentlich keine eigenständige Bedeutung haben. Ohne Transparenzverpflichtung geht es freilich darum, dass die vom verpflichteten Unternehmen angebotenen bzw. angewendeten Vertragsbedingungen für die berechtigten Unternehmen wie auch die BNetzA sichtbar
149
_______________
1 Etwa: BNetzA, Beschl. v. 16.11.2005 – BK4a-05-05/R (Zuführung Online-Dienste), BNetzA Mitteilung Nr. 278/2005 ABl. Nr. 22/2005; BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006. 2 Ebenso Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 19 Rz. 29. 3 Anders noch Fischer/Heun/Sörup in: Heun (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Auflage, Teil 4 Rz. 162 sowie Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 19 Rz. 30.
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H Rz. 150
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
sind, um diese auf Einhaltung der anderen Kriterien überprüfen zu können. Die Vertragsbedingungen und deren Anwendung gegenüber anderen Unternehmen wie auch die Bedingungen, die das verpflichtete Unternehmen sich selbst gegenüber anwendet, müssen daher dokumentiert und jedenfalls in anonymisierter Form auch wahrnehmbar sowie überprüfbar sein. Die Überprüfung selbst erfolgt dann anhand der sonstigen Kriterien in § 19 TKG. Daraus folgt zugleich, dass es auch in Bezug auf die Nachvollziehbarkeit keine sachliche Rechtfertigung für Abweichungen geben kann, außer freilich die in § 20 TKG bestehenden Einschränkungen (siehe unten Rz. 207) 150
Die wichtigste Anforderung in § 19 Abs. 1 TKG ist, dass die Bedingungen des verpflichteten Unternehmens einen gleichwertigen Zugang gewähren müssen. Hierin liegt die eigentliche Gleichbehandlungsverpflichtung des § 19 TKG. Aus der Formulierung „gleichwertig“ folgert der Gesetzgeber, dass hier nicht lediglich der im Kartellrecht übliche formale Gleichheitsmaßstab1 gemeint ist, sondern vielmehr ein materieller Maßstab im Sinne von „gleich wertvoll, und nicht lediglich diskriminierungsfrei“2. Zumindest aus Sicht des Gesetzgebers wäre damit die frühere Rechtsprechung des VG Köln zu §§ 33, 35 TKG 1996, die im dortigen Gebot der Gleichwertigkeit lediglich eine Ausprägung des (formalen) Grundsatzes der Nichtdiskriminierung sah3, nicht mehr zu halten4. Das ist zutreffend. Hierfür spricht auch, dass der Gesetzgeber insofern bewusst von Art. 3 Abs. 1 der früheren ONP-Rahmenrichtlinie (Richtlinie 90/387/EWG) abweicht, wo es lediglich heißt, dass die ONP-Bedingungen „gleichen Zugang gewährleisten und […] Diskriminierung ausschließen“ müssen. Der Begriff „gleichwertig“ geht über die Einzelbestandteile „gleicher Zugang“ und „diskriminierungsfrei“ hinaus, zumal der Begriff diskriminierungsfrei anders als in § 33 Abs. 1 TKG 1996 gerade nicht (mehr) im TKG verwendet wird. Andererseits kann der Anwendung des materiellen Maßstabs auch nicht die englische Fassung der Zugangsrichtlinie entgegengehalten werden, die in Art. 10 Abs. 1 lediglich von „obligations of non-discrimination“ spricht. Denn die Wortwahl im konkretisierenden Art. 10 Abs. 2 Zugangsrichtlinie (die im Übrigen Art. 6 lit. a) der früheren Zusammenschaltungsrichtlinie, Richtlinie 97/33/EG, entstammt) spricht auch von „equivalent“ (gleichwertig) und nicht nur von „same“ (gleich).
151
Der materielle Gleichbehandlungsmaßstab hat insbesondere dort Bedeutung, wo das verpflichtete Unternehmen technische und/oder tarifliche Bedingungen zugrunde legt, die zwar auf alle Nachfrager gleich angewendet werden, aber so zugeschnitten sind, dass sie sinnvoll und/oder kosteneffi_______________
1 Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20 GWB Rz. 123. 2 So eindeutig die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/2316, S. 66 zu § 20 Abs. 3 des Gesetzentwurfs. 3 Siehe etwa VG Köln, CR 2003, 34 (35) m. Anm. Ellinghaus; dagegen schon OVG NRW, Beschl. v. 18.2.2003 – 13 B 2175/02, Absatz Nr. 10 über www.justiz.nrw.de. 4 So auch Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 19 Rz. 32.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 153 H
zient nur vom verpflichteten oder von mit diesem verbundenen Unternehmen genutzt werden können. Typische Anwendungsfälle sind Preis- und Rabattstrukturen, die bei Leistungsmengen ansetzen, welche lediglich das verpflichtete Unternehmen selbst oder mit diesem verbundene Unternehmen erreichen können1. In technischer Hinsicht wäre ein Beispielsfall, dass das verpflichtete Unternehmen den Zugang lediglich auf den niedrigst denkbaren Netzebenen in der Fläche anbietet, weil es dort ohnehin schon mit Infrastruktur vertreten ist. Der Wettbewerber wäre formal nicht ungleich behandelt, aber gezwungen umfangreiche Infrastrukturinvestitionen zu tätigen, obwohl ein Zugang auf höherer Netzebene, wenn auch zu höheren Entgelten (gleichwertig, freilich auch im Sinne der zu bezahlenden Zugangsleistung) möglich ist2. Auch für Bereitstellungsfristen ist die Gleichwertigkeit ein relevantes Thema. Denn internen Bereitstellungen mögen zwar keine Fristenregelungen zugrunde liegen. Dennoch kann sich aus den internen Prozessen eine Verlässlichkeit bei der Bereitstellung von Leistungen für den eigenen Vertrieb ergeben, die gleichwertig für die berechtigten Unternehmen nur zu erreichen ist, wenn mit diesen Bereitstellungsfristen vereinbart werden. Zugleich ist aber zu beachten, dass der materielle Gleichheitsmaßstab nicht dazu führt, dass das verpflichtete Unternehmen Zugangsleistungen erbringen müsste, die tatsächlich nicht vorhanden3, also erst zu schaffen sind (siehe oben Rz. 58 ff.). Dies wirkt begrenzend auf den materiellen Gleichheitsmaßstab, zumal § 19 TKG anders als § 33 TKG 1996 gerade keine Zugangsgewährungsverpflichtung beinhaltet. Von der Frage des formellen oder materiellen Gleichheitsmaßstabs zu unterscheiden ist die Frage, ob das Gebot der Gleichwertigkeit des Zugangs auch das Verbot einer unbilligen Behinderung im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB sowie nunmehr auch des § 42 Abs. 1 TKG umfasst. Auch dies sieht der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung so4. Von der Rechtsprechung zum Diskriminierungsverbot des § 33 TKG 1996 wurde dies dagegen ausdrücklich verneint5. Diese Frage stellt sich mit Blick auf die ebenfalls in § 19 Abs. 1 TKG enthaltene Anforderung der „Billigkeit“.
152
Vereinbarungen über Zugänge müssen auch dem Gebot der Billigkeit genügen. Zunächst einmal handelt es sich hier entsprechend der englischen Formulierung in Art. 12 Abs. 1 Unterabsatz 3 („reasonableness“) dem Wortlaut nach um ein Kriterium, dass die Angemessenheit der vom verpflichteten Unternehmen angebotenen Bedingungen fordert. Gestützt auf die Gesetzesbegründung wird in der Literatur darüber hinaus gefolgert, dass hiermit zu-
153
_______________
1 Siehe RegTP Beschl. v. 16.6.1999 – BK 3a-99/014, S. 33 ff. des amtlichen Umdrucks. 2 Ebenso Ellinghaus, CR 2002, 35 (37). 3 OVG NRW, CR 2003, 428 (429 f.). 4 BT-Drucks. 15/2316, S. 66 zu § 20 des Gesetzentwurfs. 5 OVG NRW, CR 2003, 428 (430).
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H Rz. 154
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
gleich das Verbot einer unbilligen Behinderung umfasst sei1. Wenngleich damit sicherlich viele Probleme in der früheren Rechtsanwendung unter § 33 TKG 1996 gelöst werden könnten, bestehen dennoch Bedenken gegen einen solchen Ansatz. Zunächst ist festzustellen, dass die Elemente Billigkeit und Chancengleichheit in der europarechtlichen Vorgabe des Art. 10 Zugangsrichtlinie überhaupt nicht vorkommen, sondern lediglich in Art. 12 Zugangsrichtlinie, wo es ausdrücklich und anders als in Art. 10 Zugangsrichtlinie um die Auferlegung von Zugangsgewährungsverpflichtungen geht. Aus Art. 8 Abs. 3 Zugangsrichtlinie folgt indes, dass die in den Art. 9–13 Zugangsrichtlinie aufgeführten Verpflichtungen die „Obergrenze“ der auferlegbaren Verpflichtungen darstellen2. Daher muss man im Zweifel zugestehen, dass auch jede einzelne auferlegbare Verpflichtung eigene Obergrenzen hat, die eine Vermischung der Verpflichtungen eigentlich nicht gestattet. Ferner enthält § 20 GWB trotz der im Einzelfall sicher schwierigen Abgrenzung3 ausdrücklich einen Diskriminierungstatbestand und einen Behinderungstatbestand, wobei Letzterer gerade unter dem Eindruck der genannten restriktiven Rechtsprechung zu § 33 TKG 1996 auch ausdrücklich in § 42 Abs. 1 TKG aufgenommen worden ist. Schließlich bestehen zwar mit Blick auf die englische Fassung der Zugangsrichtlinie keine Bedenken, in „obligations of non-discrimination“ einen materiellen Gleichheitsmaßstab zu sehen (siehe oben Rz. 150). Darüber hinaus aber auch das Verbot der unbilligen Behinderung hineinzulesen, erscheint zu weitgehend. Daher wird es insoweit nach der hier vertretenen Auffassung bei unbilligen Behinderungen um einen Anwendungsfall der besonderen Missbrauchsaufsicht des § 42 TKG gehen und nicht um § 19 TKG. 154
Der danach zulässige Anwendungsrest für die Billigkeitsanforderung des § 19 Abs. 1 TKG dürfte in der weiteren Konkretisierung der Anforderungen der objektiven Maßstäbe und des gleichwertigen Zugangs zu sehen sein. Denn ob objektive Maßstäbe verwendet werden bzw. ob ein gleichwertiger Zugang angeboten bzw. bereitgestellt wird, kann auch anhand von Billigkeits- bzw. Angemessenheitserwägungen festgestellt werden.
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Für die Anforderung der Chancengleichheit (engl. „fairness“) gilt hinsichtlich der Frage, ob diese eigenständige und zusätzliche Kriterien beinhaltet, das Gleiche wie das zur Billigkeit Gesagte (Rz. 153). Auch hier geht es daher vornehmlich um die Konkretisierung der Anforderungen der objektiven Maßstäbe und des gleichwertigen Zugangs. Diese Sichtweise deckt sich durchaus mit der früheren Rechtsprechung zu §§ 33, 35 TKG 1996, die in § 33 TKG 1996 eine Regelung zur Herstellung „chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs“ gesehen hat4. Daher wird man das Gebot der Chancengleichheit insbesondere dort heranziehen (können) wo es um die _______________
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So Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 19 Rz. 40 ff. Vgl. Erwägungsgrund (14) der Zugangsrichtlinie. Siehe Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20 GWB Rz. 115. BVerwG, CR 2001, 752 (755).
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 158 H
Bewertung geht, ob der angebotene Zugang wirklich gleichwertig ist, also das berechtigte Unternehmen in die Lage versetzt, mit gleichen Chancen am Wettbewerb im nachgelagerten Markt teilzunehmen. 7.1.5.2 Gleichbehandlungsgebote des § 19 Abs. 2 TKG Die beiden in § 19 Abs. 2 TKG enthaltenen Gebote, die das Diskriminierungsverbot des § 19 Abs. 1 TKG konkretisieren, bestehen aus einem Gleichwertigkeitsgebot im Sinne einer extern-extern-Gleichbehandlung (erste Alternative) und dem Gebot der intern-extern-Gleichbehandlung (zweite Alternative). Sie ermöglichen damit dem berechtigten Unternehmen Zugriff auf sämtliche beim verpflichteten Unternehmen vorhandene Wertschöpfungsebenen.
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7.1.5.2.1 Gleichwertigkeitsgebot im Sinne der extern-externGleichbehandlung In der ersten Alternative von § 19 Abs. 2 TKG geht es darum, dass das verpflichtete Unternehmen – – –
157
anderen Unternehmen, die gleichartige Dienste erbringen, unter den gleichen Umständen, gleichwertige Bedingungen anbietet.
Wie die Formulierung zeigt, geht es hier unmittelbar um die Sicherstellung gleichwertigen Zugangs. Ausgangspunkt für die Pflicht, gleichwertige Bedingungen anzubieten, ist dabei, dass das berechtigte Unternehmen gleichartige Dienste wie andere Unternehmen erbringt, mit denen es gleich zu behandeln wäre. Es handelt sich also zunächst um einen Fall der externextern-Gleichbehandlung, d. h. die anderen Unternehmen sind vom verpflichteten Unternehmen untereinander gleich zu behandeln bzw. die durch gleichartige Dienste qualifizierten anderen Unternehmen sind der persönliche Vergleichsmaßstab für das berechtigte Unternehmen. Was die Dienste anbetrifft, so geht es dabei typischerweise um Dienste, die von den jeweiligen (anderen) Unternehmen auf (dem betreffenden Zugangsmarkt) nachgelagerten Märkten erbracht werden, für die der Zugang zu Leistungen des bzw. die Zugangsvereinbarung mit dem verpflichteten Unternehmen begehrt werden. Unklar ist dabei allerdings, ob es sich bei den Diensten um Telekommunikationsdienste (dazu A. Rz. 43 ff.) handeln muss. Das ist zu bejahen. Da es in § 19 TKG um Zugang geht, der wiederum in § 3 Nr. 32 TKG auf den Zweck der Erbringung von Telekommunikationsdiensten bezogen legaldefiniert ist, kann Zugang und damit auch die Gleichbehandlung bei Zugängen nur für die Zwecke der Erbringung von Telekommunikationsdiensten (aber auch als Grundlage von Inhaltsdiensten oder telekommunikationsgestützten Diensten, siehe Rz. 38, 83) begehrt werden. Heun | 821
158
H Rz. 159 159
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Anders als in § 20 Abs. 1 GWB müssen nicht die Unternehmen selbst gleichartig sein, sondern die Dienste, die von diesen Unternehmen erbracht werden. Unter dem GWB wird die Gleichartigkeit der Unternehmen dann angenommen, wenn aus Sicht der betreffenden Marktgegenseite die Unternehmen eine im wesentlichen gleiche unternehmerische Tätigkeit und wirtschaftliche Funktion ausüben1. Bezogen auf Dienste wird man zunächst sagen können, dass sich diese auf der gleichen Wertschöpfungsebene befinden müssen. Vorleistungen gegenüber Leistungen für Endkunden sind danach nicht gleichartig. Ebenso wird es nicht ausreichen, dass die Dienste einander nur ähnlich sind. Denn dieser Begriff wurde gleichartig früher in § 24 Abs. 2 Nr. 3 TKG 1996 verwendet, taucht aber in § 19 Abs. 2 TKG nicht (mehr) auf. Andererseits scheint eine Bestimmung anhand einer klassischen Marktabgrenzung mittels des Bedarfsmarktkonzepts2 (dazu A. Rz. 9 ff.) möglicherweise zu eng, zumal der Gesetzgeber bzw. der Richtliniengeber dann auch hierauf hätte Bezug nehmen können. So kann etwa ein Unternehmen seine Produkte auf dem Massenmarkt anbieten, während sich ein anderes Unternehmen auf das Geschäftskundensegment konzentriert, die Produkte bzw. Dienste können aber dennoch gleichartig sein, etwa weil der Leistungsinhalt gleichartig ist (z. B. Zugang zum Internet) und/oder die technischen Bedingungen gleichartig sind (DSL-Anschlüsse). So unterscheidet die BNetzA in ihrer Marktanalyse zum Markt für den Bitstrom-Zugang auf Seiten der Endnutzer Breitband-Massenprodukte von hochwertigen Breitband-Diensten (Video on Demand, VPN-Dienste für Geschäftskunden)3 und deutet damit unterschiedliche Märkte an. Indes können Produkte für diese Endnutzer dennoch gleichartig sein, weil sie eigentlich gleichartige Leistungsinhalte besitzen (IP-Verkehr, Internet-Zugang) zumal sie hinsichtlich der Unterteilung eines ATM- und eines IP-Bitstrom-Zugangsmarkts auf der Vorleistungsebene auf der gleichen technischen Infrastruktur beruhen (können)4. Noch deutlicher wird dies im Bereich der Marktanalyse für die Breitband-Zuführung5. Ein vom Bedarfsmarktkonzept abgeleitetes Erfordernis der Substituierbarkeit der Dienste aus Endnutzersicht wäre daher zu weitgehend. Vielmehr muss es ausreichen, dass es sich bei den Diensten gleicher Wertschöpfungsebene um solche handelt, die einem gemeinsamen Gattungsbegriff zugeordnet werden können. Anhaltspunkt hierfür ist sicher das Bedarfsmarktkonzept, aber nur als Orientierungshilfe und nicht als allein maßgeblicher Faktor. Schließlich ist festzustellen, dass die Gleichartigkeit _______________
1 Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20 GWB Rz. 99. 2 So offenbar Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 19 Rz. 52 ff. 3 Marktdefinition und Marktanalyse im Anhang zu BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK 4a-06-039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 27 ff., 31 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 302/ 2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717 (2775 ff., 2779 ff.) = Konsolidierungsentwurf der BNetzA v. 8.12.2005, Breitbandzugang für Großkunden, Markt Nr. 12 der MärkteEmpfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 262), S. 27 ff., 31 ff. 4 So etwa im Fall von SDSL. 5 Siehe Konsultationsentwurf der BNetzA v. 30.8.2006 – BK1-05/004, S. 39 f., BNetzA Mitteilung. Nr. 301/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2619 (2662 f.).
822 | Heun
Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 161 H
der Dienste nicht erfordern kann, dass das berechtigte Unternehmen die Dienste bereits erbringt. Da es um die Gleichbehandlung im Rahmen von Zugangsvereinbarungen geht, deren Zweck ja in der Erbringung von Telekommunikationsdiensten auf den nachgelagerten Märkten dient, reicht es aus, wenn die vom berechtigten Unternehmen zu erbringenden gleichartigen Dienste erst geplant sind (siehe auch oben Rz. 74). Eingangs ist festgestellt worden, dass es sich bei dem Gleichwertigkeitsgebot angesichts der Formulierung zunächst um einen Fall der extern-externGleichbehandlung handelt. Mit Blick auf die Formulierung der zweiten Alternative und weil sich beide Alternativen in einem Satz befinden, stellt sich allerdings die Frage, ob zu den Unternehmen mit gleichartigen Diensten auch das verpflichtete Unternehmen selbst sowie seine Partner- und Tochterunternehmen gehören, mithin auch hier die intern-extern-Gleichbehandlung als erfasst gelten kann1. Dies ist innerhalb der Systematik des § 19 Abs. 2 TKG zu verneinen, weil beide Alternativen in sich abgeschlossen formuliert sind. Allerdings kann der Unterschied in den Formulierungen richtigerweise im Ergebnis kein unterschiedliches Verständnis der Gleichbehandlungsverpflichtungen des verpflichteten Unternehmens gegenüber dem berechtigten Unternehmen im Verhältnis zu anderen externen Unternehmen einerseits und „internen“ Unternehmen andererseits herbeiführen. Denn beide Alternativen dienen der Konkretisierung der in § 19 Abs. 1 TKG enthaltenen Gebote, insbesondere der Verpflichtung, gleichwertigen Zugang zu gewähren. Sie werden daher durch § 19 Abs. 1 TKG gemeinsam verklammert.
160
Die Verpflichtung, gleichwertige Bedingungen anzubieten setzt ferner voraus, dass es sich um gleiche Umstände handelt. Hiermit ist vor allem der Grundsatz erfasst, dass gleiche Sachverhalte gleich behandelt werden müssen, ungleiche Sachverhalte aber auch ungleich behandelt werden können (wenn auch nicht müssen2). Dementsprechend wird hiermit lediglich der anzuwendende Vergleichsmaßstab in sachlicher Hinsicht verdeutlicht. Die hier gemeinten Umstände liegen vornehmlich auf der tatsächlichen Ebene und beziehen sich wiederum vornehmlich auf die Nachfragesituation des berechtigten Unternehmens im Verhältnis zu den anderen Unternehmen in Bezug auf den nachgefragten Zugang. Wird von diesem für gleiche Zwecke bzw. gleichartige Dienste die gleiche Art von Zugang nachgefragt, der anderen Unternehmen bereits gewährt ist, wird es sich regelmäßig um gleiche Umstände halten. Die weitere Konkretisierung ist dann weniger eine Frage der Voraussetzung der Gleichbehandlungspflicht als vielmehr eine Frage der Bestimmung des Gleichbehandlungsumfangs im einzelnen. Dabei zeigen die Formulierungen in § 19 Abs. 2 TKG (gleichwertig und gleich, im Engli-
161
_______________
1 So Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 19 Rz. 53, allerdings weil dort der Faktor der Gleichbehandlung anderer Unternehmen untereinander durch das verpflichtete Unternehmen nicht gesehen wird. 2 Siehe Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20 GWB Rz. 122.
Heun | 823
H Rz. 162
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
schen wird nur „equivalent“ verwendet), dass keine identischen Umstände für die Gleichbehandlung erforderlich sind, der Maßstab selbst also nicht zu streng aufzufassen ist. 162
Schließlich sind bei Vorliegen gleichartiger Dienste und gleicher Umstände vom verpflichteten Unternehmen gleichwertige Bedingungen anzubieten. In den Bedingungen liegt der eigentliche Gegenstand der Gleichbehandlungspflicht und in der Gleichwertigkeit der Maßstab für das regelungskonforme Verhalten. Unter Bedingungen sind sämtliche Regelungen der Zugangsvereinbarung zu verstehen, egal ob rechtlicher, technischer, betrieblicher oder preislicher Natur. Zwar könnte die begriffliche Trennung zwischen Bedingungen und Entgelten in § 25 Abs. 5 TKG nahe legen, preisliche Bedingungen vom Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgebots auszunehmen. Allerdings ist die besondere Erwähnung der Entgelte in § 25 Abs. 5 TKG der Tatsache geschuldet, dass die Rechtsprechung zum TKG 1996 das Zusammenschaltungsanordnungsverfahren und das Entgeltregulierungsverfahren getrennt betrachtet hat1. Es handelt sich daher hier um eine Klarstellung und keinen Hinweis darauf, dass Entgelte keine (preislichen) Bedingungen sind. Auch im Kartellrecht wird die Frage der Gleichbehandlung umfassend verstanden bezogen auf alle Einzelaspekte der Leistungsbeziehung, wie z. B. Preise, Rabatte, Konditionen, Qualität, Menge, Produktinformationen und Lieferzeit2. Ausgangspunkt ist dabei freilich zunächst, ob eine formale Gleichbehandlung vorliegt, d. h. beispielsweise ob gleiche Preise und Rabattstrukturen sowie gleiche technische Bedingungen angeboten werden. Liegt schon hier eine formale Ungleichbehandlung vor, wird es sich regelmäßig um einen Verstoß gegen die Gleichbehandlungsverpflichtungen des § 19 TKG handeln. In Bezug auf Entgelte und Entgeltstrukturen kommt es dabei freilich zu einer Konkurrenz mit den Regelungen in § 28 TKG (zur Abgrenzung näher bei den Rechtsschutzfragen unten Rz. 194).
163
In zweiter Linie ist zu fragen, ob die angebotenen Bedingungen auch gleichwertig sind. Wie bereits erwähnt (Rz. 150), bedeutet die Formulierung „gleichwertig“, dass ein materieller und nicht lediglich formaler Gleichbehandlungsmaßstab anzulegen ist. Zwar liegen nach der Rechtsprechung des VG Köln dort keine gleichen Umstände mehr vor, wo zwar ein gleichartiger Dienst angeboten werden soll, der nachgefragte Zugang aber auf einer anderen technischen Zugangsart beruht als dies anderen Unternehmen angeboten wird3. Allerdings wird hier ein formaler Gleichheitsmaßstab angewendet, der verlangt, dass die Nachfrage nur vollständig identisch mit dem Zugangsprodukt befriedigt werden muss, das den anderen Unternehmen _______________
1 OVG NRW, CR 2001, 447. 2 Vgl. Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20 GWB Rz. 120. 3 So wenn das Gericht es ablehnt, die über Primärmultiplexanschlüsse (PMX) gewährte Zuführung schmalbandigen Internet-Verkehrs mit pauschaler Abrechnung (Flatrate) auch über Interconnection-Anschlüsse (ICAs) als vom Anspruch aus § 33 TKG 1996 gedeckt anzusehen: VG Köln, CR 2003, 34 (35).
824 | Heun
Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 165 H
angeboten wird1. Unter Zugrundelegung eines materiellen Gleichbehandlungsmaßstabs muss es dagegen auf zwei weitere Gesichtspunkte ankommen: –
Zum einen erstreckt sich der Gleichbehandlungsmaßstab auf sämtliche Zugangsprodukte, die unter dem Aspekt des Bedarfsmarktkonzepts mit dem den anderen Unternehmen tatsächlich angebotenen Zugangsprodukt substituierbar sind.
–
Zum anderen müssen die so gewonnenen Produkte gleich wertvoll (gleichwertig) wie das tatsächlich angebotene Zugangsprodukt, und zwar unter Berücksichtigung der Nachfragesituation des berechtigten Unternehmens sein.
Das verpflichtete Unternehmen kann sich daher nicht auf den Standpunkt stellen, das fragliche Zugangsprodukt werde nur so und nicht anders angeboten, wenn diese Produktkonfiguration einen Zuschnitt besitzt (d. h. Bedingungen beinhaltet), der bestimmte (andere) Nachfrager strukturell (materiell) bevorzugt. 7.1.5.2.2 Gebot der intern-extern-Gleichbehandlung In der zweiten Alternative von § 19 Abs. 2 TKG geht es darum, dass das verpflichtete Unternehmen –
Informationen und Dienste für Dritte,
–
zu den gleichen Bedingungen und mit der gleichen Qualität bereitstellt,
–
wie für seine eigenen Produkte oder die seiner Tochter- oder Partnerunternehmen.
164
Anders als in der ersten Alternative sind die Vergleichsunternehmen hier explizit das verpflichtete Unternehmen selbst sowie seine Tochter- oder Partnerunternehmen, so dass es hier konkret um die intern-extern-Gleichbehandlung geht. Sachlicher Gegenstand dieser Gleichbehandlungspflicht sind im Gegensatz zu den „Bedingungen“ in der ersten Alternative Informationen und Dienste. Unter Informationen wird man diejenigen Daten zu verstehen haben, die auch in §§ 17 und 20 TKG gemeint sind (siehe dort Rz. 120 und 206). Die explizite Erwähnung von Informationen hier verdeutlicht die mit dem in § 19 Abs. 1 TKG verwendeten Begriff der Nachvollziehbarkeit eigentlich _______________
1 Siehe Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20 GWB Rz. 124, der aus dem formalen Gleichheitsmaßstab des Kartellrechts folgert, dass es hinsichtlich der normgegenständlichen Produkte des aus § 20 GWB verpflichteten Unternehmens nicht auf die funktionelle Austauschbarkeit aus Sicht der Bedarfsbefriedigung des berechtigten Unternehmens ankomme, sondern lediglich auf den formalen Gesichtspunkt der technisch-physikalischen Identität.
Heun | 825
165
H Rz. 166
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
intendierte Transparenz (siehe oben Rz. 149) im Sinne der und in den Grenzen der Transparenzverpflichtung des § 20 TKG (dazu unten Rz. 197 ff.). Mit Diensten sind hier allerdings anders als in der ersten Alternative nicht lediglich Telekommunikationsdienste gemeint. Das liegt daran, dass es hier um die Dienste geht, die vom verpflichteten Unternehmen als Zugangsdienste bereitgestellt werden1, und zwar mit der Verpflichtung auf gleiche Bedingungen und Qualität. Dies folgt einerseits aus der Wortwahl, andererseits aus der Vorgängerbestimmung in Art. 6 lit. 4) der früheren Zusammenschaltungsrichtlinie (Richtlinie 97/33/EG), die an dieser Stelle von „Zusammenschaltungsdiensten“ sprach; damit wird der gesamte Bereich der betreffenden Zugangsleistungen erfasst. Die Dienste der zweiten Alternative sind also nicht ein aliud zum Zugangsbegriff der ersten Alternative oder wie in der ersten Alternative Maßstab für die Vergleichbarkeit (der Umstände), welche die Gleichbehandlungspflicht auslöst. Vielmehr sind sie das Objekt der Gleichbehandlung selbst. Daher unterliegen sie dem gleichen weiten Begriffsverständnis wie in der Definition des Zugangs in § 3 Nr. 32 TKG selbst (siehe oben Rz. 53 ff.). Es sind daher auch Leistungen erfasst, die unterhalb der Schwelle des Telekommunikationsdienstes (z. B. Zugang zum Teilnehmeranschluss) liegen oder Nebenleistungen dazu (z. B. Fakturierung und Inkasso) bedeuten. Dass von der Bereitstellung für Dritte die Rede ist, bedeutet lediglich eine Umschreibung für die aus § 19 TKG berechtigten Unternehmen, und zwar in Abgrenzung zum persönlichen Vergleichsmaßstab in Form der in der zweiten Alternative genannten Unternehmen. 166
Was die Bereitstellung zu gleichen Bedingungen und mit gleicher Qualität anbetrifft, so sind mit Bedingungen die gleichen Elemente gemeint wie in der ersten Alternative (Rz. 162), also sämtliche Einzelaspekte der Leistungsbeziehung, wie z. B. Preise, Rabatte, Konditionen, Qualität, Menge, Produktinformationen und Lieferzeit. Der Hinweis auf die Qualität ist daher lediglich klarstellend zu verstehen, da zu den Bedingungen auch die Qualität selbst gehört. Allerdings wird hierdurch verdeutlicht, dass das Gleichbehandlungsgebot gerade nicht nur die Vertragsbedingungen selbst erfasst, sondern auch die Vertragsdurchführung, weil der Qualitätsmaßstab an die Leistungserbringung selbst anknüpft. Auch wenn die Wortwahl hier von gleichen Bedingungen bzw. gleicher Qualität spricht und nicht von gleichwertig, ist hiermit keine Beschränkung auf den formalen Gleichbehandlungsmaßstab gemeint. Denn die in § 19 Abs. 1 TKG enthaltene eigentliche Verpflichtung ist so formuliert, dass es um gleichwertigen Zugang geht, so dass die Anwendung des materiellen Gleichbehandlungsmaßstab bereits hier festgelegt ist (siehe oben Rz. 150). Die sich daraus ergebenden Konsequenzen sind die gleichen wie bei der ersten Alternative (dazu oben Rz. 163). _______________
1 Anders BerlKommTKG/Nolte, § 19 Rz. 12, der hierunter nur über den eigentlichen Zugang hinausgehende Leistungen versteht, weil er den Zugang selbst (nur) unter die erste Alternative einordnet.
826 | Heun
Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 168 H
Der persönliche Vergleichsmaßstab der zweiten Alternative ist anders als in der ersten Alternative das verpflichtete Unternehmen selbst, seine Tochterund Partnerunternehmen. Hinsichtlich der Tochterunternehmen bedeutet dies angesichts der Legaldefinition für Unternehmen in § 3 Nr. 29 TKG, die auch verbundene Unternehmen umfasst (dazu G. Rz. 117), eine gewisse Redundanz, dient aber gleichwohl der Klarstellung. Der Begriff Partnerunternehmen ist eher ungewöhnlich, drückt aber aus, dass der Vergleichsmaßstab der „internen“ Unternehmen umfassend zu verstehen ist. Weitere Bezugsgröße für die Bestimmung der Gleichbehandlung sind die Produkte der Vergleichsunternehmen. Hier handelt es sich ähnlich wie bei den (gleichartigen) Diensten der ersten Alternative (siehe oben Rz. 158), um Telekommunikationsdienste auf der nachgelagerten Ebene.
167
7.1.6 Sachliche Rechtfertigung für Ungleichbehandlungen Obwohl in § 19 TKG anders als in der besonderen Missbrauchsaufsicht des § 42 TKG die Möglichkeit einer sachlichen Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung (ansonsten gleicher Sachverhalte) nicht ausdrücklich enthalten ist, ist eine solche sachliche Rechtfertigungsmöglichkeit in § 19 TKG hineinzulesen. Eine Diskriminierung, auch im Sinne einer Gleichbehandlungsverpflichtung beinhaltet immanent im Wortsinn, dass eine missbilligenswerte, willkürliche Ungleichbehandlung nur bei Fehlen eines sachlichen Grundes vorliegt1. Ob daher eine tatsächliche Ungleichbehandlung dennoch sachlich gerechtfertigt sein kann, ist anhand einer Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Gesetzes2, d. h. im vorliegenden Fall des TKG3 und hier insbesondere von § 19 TKG und den Regulierungszielen des § 2 Abs. 2 TKG zu beurteilen. Bei der Interessenabwägung ist allerdings im Gegensatz zum kartellrechtlichen Diskriminierungsverbot maßgeblich zu berücksichtigen, dass die Zielsetzung von § 19 TKG als auferlegbare Vorabverpflichtung gerade darin besteht, gleichwertigen Zugang und damit Wettbewerb auf der nachgelagerten Marktebene erst herzustellen (siehe oben Rz. 141). Daher muss hier ein besonders strenger Maßstab an die Berücksichtigung der Interessen des verpflichteten Unternehmens angelegt werden.
_______________
1 So für das in den GSM-Lizenzen enthaltene Diskriminierungsverbot gegenüber Diensteanbietern, unter Verweis auf Art. 3 GG, für den auch ohne ausdrückliche Erwähnung die Möglichkeit einer sachlichen Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung anerkannt ist: VG Köln, Urt. v. 2.11.2006 – 1 K 4871/05, CR 2007, 162 (164). Anders aber womöglich VG Köln, Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 49 über www.justiz.nrw.de. 2 Vgl. Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20 GWB Rz. 129. 3 Für die gleiche Frage bei § 42 TKG: VG Köln, Urt. v. 26.10.2005 – 21 K 4418/05, S. 15 des amtlichen Umdrucks; VG Köln, Urt. v. 26.10.2005 – 21 K 3468/05, Absatz Nr. 29 über www.justiz.nrw.de.
Heun | 827
168
H Rz. 169
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
169
Die auf Seiten des berechtigten Unternehmens berücksichtungsfähigen Interessen liegen dabei neben dem durch Zugang zu ermöglichenden Marktzutritt darin, das eigene Geschäftsmodell mittels des begehrten bzw. erhaltenen Zugangs am Markt zu etablieren und dabei gleichwertig behandelt zu werden. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob dieses Geschäftsmodell auf eigener Infrastruktur beruht oder (lediglich) aus dem Wiederverkauf (Resale) von Telekommunikationsdiensten des verpflichteten Unternehmens besteht. Dies war bereits für § 33 TKG 1996 durch das BVerwG anerkannt1, und folgt heute unmittelbar aus dem weiten Umfang des Zugangsbegriffs in der Legaldefinition des § 3 Nr. 32 TKG (siehe oben Rz. 36 ff.) im Zusammenspiel mit der Liste der auferlegbaren Zugangsgewährungsverpflichtungen des § 21 Abs. 2 und 3 TKG, aus der auch die verschiedenen Geschäftsmodelle von viel bis keiner Infrastruktur ablesbar sind.
170
Auf Seiten des verpflichteten Unternehmens geht es demgegenüber insbesondere um jene Interessen, die Eingang in § 21 Abs. 1 TKG gefunden haben (dazu im einzelnen unten Rz. 277 ff.) und dem Schutz der eigenen Innovationskraft sowie vor unnützen Aufwendungen dienen (§ 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TKG), dem Schutz der eigenen Kapazitäten (§ 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 TKG), dem Schutz der eigenen Investitionen (§ 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TKG), dem Schutz schutzwürdiger proprietärer Rechte (§ 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 TKG) sowie dem Schutz der eigenen Handlungsfreiheit bei wettbewerbskonformem Verhalten (§ 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TKG). 7.1.7 Einzelfälle
171
Angesichts der Tatsache, dass es sich bei den Zugangsleistungen regelmäßig um technische oder techniklastige Leistungen handelt, bestehen vielfältige Diskriminierungsmöglichkeiten, die häufig nur schwer erkennbar sind. So beispielhaft die folgenden Sachverhalte, die als relevant für das Gleichbehandlungsgebot angesehen werden2 –
die Verweigerung des Zugangs gegenüber Nachfragern, die Wettbewerber sind, was einen Marktausschluss bedeutet;
–
die Verweigerung von Informationen und/oder die unvollständige oder verspätete Bereitstellung von Informationen, was den Markteintritt des Wettbewerbers verzögern und/oder verteuern kann;
_______________
1 BVerwG, CR 2004, 189 (193). 2 Hierzu und zum Folgenden das sog. „Remedies Papier“ der European Regulators Group (ERG), die durch Entscheidungen der EU-Kommission 2002/627/EG, ABl. EU Nr. L 200 v. 30.7.2002, S. 38 und 2004/641/EG, ABl. EU Nr. L 293, S. 30 ein Gremium aus den nationalen Regulierungsbehörden darstellt, um die EU-Kommission zu unterstützen und die Harmonisierung zu fördern: ERG (06) 33, Revised Common Position on the Approach to Appropriate Remedies in the ECNS Regulatory Framework, final version May 2006, S. 72 ff.
828 | Heun
Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 172 H
–
Verzögerungen bei Vertragsangeboten und Leistungen, was wiederum den Markteintritt und den Marktauftritt des Wettbewerbers beeinträchtigen kann;
–
die Bündelung von nachgefragten Zugangsprodukten mit anderen, nicht nachgefragten Leistungen, was den Zugang verteuert;
–
die Art und Qualität der Leistungen sowie Bereitstellungszeiten, wo es häufig an den für den Vergleich notwendigen Informationen fehlen kann;
–
die „strategische“ Gestaltung des Zugangs als (technisch) besonders komplex oder restriktiv, was regelmäßig zu vermeidbaren Investitionsrisiken und damit hohen Zugangshürden führen kann, wobei folgende Unterfälle denkbar sind: – die Art oder Ebene der Netzhierarchie für die Zugangsgewährung, womit wiederum große und finanzkräftige Unternehmen ggf. bevorzugt werden, wenn keine gleichwertige Alternative angeboten wird, – die Art der Schnittstellen, das Signalisierungssystem und sonstige für den Informationsaustausch erforderliche Verfahren und Protokolle, wo proprietäre Systeme die Nachfrager in unlösbare Probleme oder die Abnahme überteuerter Produkte zwingen können, – die Anzahl und Lage der Orte, wo der Zugang gewährt wird, womit wiederum Anbieter mit unterschiedlich ausgebauten Netzen bevorzugt oder benachteiligt werden können.
Freilich ist dabei immer auch zu berücksichtigen, in welchem Markt bzw. Teilmarkt für das verpflichtete Unternehmen die beträchtliche Marktmacht festgestellt worden ist. Denn die bisherigen Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren der BNetzA zeigen auf (siehe G. Rz. 189 ff.), dass (Teil-) Marktabgrenzungen auch anhand von Kriterien vorgenommen werden, die sich auf Netzhierarchieebenen bzw. Lage der Zugangspunkte1 sowie auf Leistungs- bzw. Qualitätskriterien2 beziehen. Der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgebots ist aber wegen § 9 Abs. 1 TKG auf den Markt begrenzt, für den die beträchtliche Marktmacht festgestellt worden ist. Im Bereich des kartellrechtlichen Diskriminierungsverbots werden typische Fallgruppen unterschieden, die auch auf die Telekommunikationsmärkte zutreffen und dort zum Teil bereits relevant geworden sind. Zu diesen Fallgruppen gehört insbesondere die Liefersperre bzw. Zugangsverweigerung sowie die Konditionendifferenzierung. In den meisten Fällen sind auch Fragen der sachlichen Rechtfertigung problematisch. Manche der früher zumeist _______________
1 So etwa die Transitmärkte bei schmalbandigen Verbindungen, regionale und überregionale Zuführung beim Bitstrom-Zugang und der Breitband-Zuführung sowie die Unterscheidung zwischen Abschluss- und Fernübertragungssegmenten bei Mietleitungen. 2 So etwa die Unterscheidung zwischen ATM- und IP-Bitstrom beim Bitstrom-Zugang.
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172
H Rz. 173
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
anhand von § 33 TKG 1996 entschiedenen Fälle, können heute allerdings mit Blick auf die Anordnungsmöglichkeiten der BNetzA für eine ggf. auferlegte Verpflichtung zum Standardangebot nach § 23 TKG (siehe unten Rz. 430) sowie im Rahmen der Zugangsanordnung nach § 25 TKG (siehe unten Rz. 592 ff.) für Bedingungen in Bezug auf Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit einfacher zugunsten des Wettbewerbs entschieden werden. Dies gilt im Besonderen für die regelmäßig umstrittenen Bereitstellungsfristen für Zugangsleistungen und deren Absicherung durch Vertragsstrafen. 7.1.7.1 Liefersperre bzw. Zugangsverweigerung oder -beschränkung 173
Im Rahmen von § 19 TKG wird die Zugangsverweigerung nur dort relevant, wo vom verpflichteten Unternehmen den Vergleichsunternehmen Zugang gewährt wird, ohne dass zugleich eine Zugangsgewährungsverpflichtung auferlegt worden ist. Besteht nämlich eine Zugangsgewährungsverpflichtung etwa nach § 21 TKG, so spielt das Gleichbehandlungsgebot des § 19 TKG für die Erlangung des Zugangs selbst keine Rolle. Hat das verpflichtete Unternehmen dagegen freiwillig anderen Unternehmen den Zugang gewährt, verweigert dann aber den Zugang gegenüber einem neuen Nachfrager, führt das Gleichbehandlungsgebot dazu, dass Zugang gewährt werden muss1 (weitere Fälle siehe unten Rz. 672 ff.). Dies gilt freilich nur, wenn kein sachlicher Rechtfertigungsgrund für die Zugangsverweigerung vorliegt. Die gleichen Fragen stellen sich auch bei Zugangsbeschränkungen, etwa wenn der Zugang mit geringeren Kapazitäten oder nur an bestimmten Zugangspunkten in geographischer und oder technischer Hinsicht gewährt wird. 7.1.7.1.1 Kapazitätsengpässe
174
Als sachlicher Rechtfertigungsgrund für die Zugangsverweigerung und -beschränkung kommen in erster Linie Kapazitätsengpässe beim verpflichteten Unternehmen in Betracht2. Dies folgt auch aus § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 TKG, wo bereits die Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung von der vorhandenen Kapazität abhängig gemachten werden kann (dazu unten Rz. 280 ff.). Dann gilt dies erst Recht, wenn die sachliche Rechtfertigung einer Zugangsverweigerung oder Zugangsbeschränkung in Rede steht. Dabei ist wie bereits erwähnt (siehe oben Rz. 58 ff.) zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung seitens des verpflichteten Unternehmens keine Verpflichtung zum Kapazitätsausbau besteht3. Wenn dies schon für Zugangs_______________
1 Ebenso Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 19 Rz. 88. 2 Siehe BVerwG, CR 2001, 752 (758), OVG NRW, CR 2002, 502 (503). 3 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 104 ff. über www.justiz. nrw.de.
830 | Heun
Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 175 H
gewährungsverpflichtungen gilt, dann erst Recht im Bereich des Gleichbehandlungsgebots, es sei denn freilich, das verpflichtete Unternehmen hätte bereits für Vergleichsunternehmen Kapazitätsausbau vorgenommen1. Ebenso darf das verpflichtete Unternehmen bei Kapazitätsengpässen nicht einzelne Nachfrager bevorzugen und andere leer ausgehen lassen. Vielmehr ist eine gleichmäßige Verteilung der knappen Kapazitäten erforderlich2. Dies setzt aber voraus, dass noch verteilbare Kapazitäten vorhanden sind oder die bislang vorhandenen Kapazitäten wiederum in einer Struktur verteilt worden sind, die später hinzukommende Abnehmer per se ausschließt, weil diese Strukturierung im Zweifel selbst missbräuchlich ist. 7.1.7.1.2 Grundlegende Anforderungen wie Netzintegrität, Sicherheit des Netzbetriebs und Interoperabilität von Diensten Auch technische Gegebenheiten können zu einer Zugangsverweigerung berechtigen3, nach der Zugangsrichtlinie insbesondere die technische Machbarkeit und die Aufrechterhaltung der Netzintegrität4. Diese Wortwahl legt es nahe, die so genannten grundlegenden Anforderungen (weiter) anzuwenden, die unter dem früheren Regime der ONP-Richtlinien ausdrücklich die Zugangsgewährung beschränken durften und teilweise in § 21 Abs. 4 TKG Aufnahme gefunden haben. Dies betrifft zunächst die Integrität des Netzes des verpflichteten Unternehmens sowie die Sicherheit des Netzbetriebs. Wenn diese Kriterien die Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung ganz oder teilweise ausschließen können (dazu näher Rz. 388), dann gilt dies auch im Rahmen des Gleichbehandlungsgebots. Es handelt sich hierbei um Bedingungen, die auch Anforderungen an die Leistungsfähigkeit, Qualität und die technische Konfiguration der Netze und Leistungen der berechtigten Unternehmen stellen. Nicht darunter fallen allerdings quantitative Anforderungen wie etwa Mindestabnahmemengen. Weitere grundlegende Anforderungen sind nach Art. 2 Nr. 6 der früheren ONP-Richtlinie (Richtlinie 90/387/EWG in der Fassung der Richtlinie 97/51/EG) die Interoperabilität der Dienste, der Datenschutz, der Umweltschutz und Bauplanungs- und Raumordnungsziele sowie eine effiziente Nutzung des Frequenzspektrums und die Verhinderung von Störungen zwischen funkgestützten Telekommunikationssystemen und anderen raumgestützten oder terrestrischen, technischen Systemen. _______________
1 Die Erwägungen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 15/2316, S. 64 f.) zu § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 TKG spielen dagegen hier keine Rolle, weil es dort gerade um die Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung und nicht um das Gleichbehandlungsgebot geht, das eine solche abstrakte Verpflichtung gerade nicht enthält; anders aber Beck TKGKomm/Piepenbrock/Attendorn, § 19 Rz. 91. 2 Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20 GWB Rz. 168. 3 BVerwG, CR 2001, 752 (758). 4 Erwägungsgrund (19) der Zugangsrichtlinie.
Heun | 831
175
H Rz. 176
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
176
Allgemein galt für die grundlegenden Anforderungen sowie sonstige technischen Gegebenheiten schon unter dem TKG 1996, dass die im Rahmen der sachlichen Rechtfertigung gebotene Interessenabwägung lediglich das mildeste Beschränkungsmittel zulässt1. Dies ist auch für das Gleichbehandlungsgebot des § 19 TKG zu beachten, zumal die Interessenabwägung gerade im Lichte der Marktöffnungsfunktion des § 19 TKG gesehen werden muss (siehe oben Rz. 168).
177
In der deutschen Regulierungspraxis sind bislang die Beschränkungskriterien der Netzintegrität sowie der Interoperabilität der Dienste besonders in Erscheinung getreten, und zwar im Zusammenhang mit dem Netzkonzept der DTAG bei der Netzzusammenschaltung sowie der daraus folgenden Migrationspflicht der Wettbewerber auf weitere Orte der Zusammenschaltung (OdZ). Grund für die Migrationspflicht ist die von der DTAG erstrebte Vermeidung so genannter atypischer Verkehrsströme im Grundeinzugsbereich einer Netzzusammenschaltung2. Atypisch bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Verkehrsstrom der über einen OdZ des betreffenden Grundeinzugsbereichs dem Wettbewerber zugeführt oder für diesen terminiert wird, eigentlich zu einem anderen Grundeinzugsbereich gehört. Dies kann nach Angaben der DTAG zu einer Überlastung der Netzkapazitäten im Grundeinzugsbereich führen und daher die Funktionsweise des Netzes beeinträchtigen. Um eine Überlastung ihrer Netze zu vermeiden, implementierte die DTAG in ihren Zusammenschaltungsvereinbarungen deshalb die Möglichkeit, im Fall des Erreichens eines Schwellenwerts für Telekommunikationsverkehr von 48,8 Erlang aus einem oder in einen Grundeinzugsbereich, in dem noch kein OdZ besteht3, die Anbindung an einen OdZ auch in diesem Grundeinzugsbereich zu verlangen (sog. Migration). Die DTAG behält sich darüber hinaus vor, Wettbewerbern, die eine weitere Zusammenschaltung ablehnen, den Verkehr in und aus dem Grundeinzugsbereich auf 48,8 Erlang in der Standardzeit zu begrenzen. Die Zugangsbeschränkung liegt dabei darin, dass bei Überschreitung des Schwellenwerts der betroffene Verkehr nicht mehr über die bestehende Zusammenschaltung (also an dem oder den vorhandenen OdZ) abgewickelt wird. Die Rechtsprechung hat die aus der Migrationspflicht folgende Zugangsbeschränkung ursprünglich aus dem von der DTAG angeführten Aspekt der Netzintegrität abgelehnt4, später aber aus der Erwägung der Interoperabilität der Dienste zugelassen, weil Letztere (wie die Netzintegrität) auch der Aufrechterhal_______________
1 Vgl. OVG NRW, MMR 2002, 332 (333 f.). 2 Die auch von der BNetzA akzeptierte (und teilweise von der BNetzA vorgegebene) Zusammenschaltungsstruktur der DTAG basiert auf 23 Grundeinzugsbereichen, die für ein geographisches Gebiet und den von dort zuzuführenden bzw. dorthin zu terminierenden Verkehr stehen. 3 Der diesbezügliche Verkehr bisher also über einen OdZ in einem anderen Grundeinzugbereich abgewickelt wurde. 4 VG Köln, Beschl. v. 20.10.1999 – 1 L 1371/99, S. 4 des amtlichen Umdrucks.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 180 H
tung der Funktionsfähigkeit der Netze diene1. Zum Begriff der Netzintegrität führte die RegTP in den vorausgegangenen Verwaltungsverfahren aus, dieser meine die Unversehrtheit des Netzes in dem Sinn, dass eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Netzbetriebes sowie eine Beeinträchtigung der Qualität der über das Netz abgewickelten Telekommunikationsverbindungen vermieden werden solle2. Wenngleich an die diesbezügliche objektive Feststellung strenge Anforderungen zu stellen wären, hat die Rechtsprechung dabei bisher die Grenzen zugunsten des verpflichteten Unternehmens weit gezogen. 7.1.7.1.3 Schutz von proprietären Rechten Mit Blick auf technische Produktgestaltungen hat es in der bisherigen Praxis die Rechtsprechung als sachlich gerechtfertigt angesehen, dass sich bei Nutzung einer bestimmten proprietären Schnittstelle eines Dritten durch das verpflichtete Unternehmen, jenes die Nachfrager an den Dritten verweisen darf, um sich dort ggf. entgeltlich die für den Zugang notwendigen technischen Spezifikationen und Rechte zu verschaffen3. Mit Blick auf § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 TKG dürfte diese Sichtweise nicht von vorneherein zu beanstanden sein. Anders wäre dies lediglich dann, wenn das verpflichtete Unternehmen die Schnittstelle nicht wie hier „geerbt“, sondern bewusst auch und gerade für eigene Zwecke eine proprietäre Schnittstellen geschaffen hätte.
178
Zugleich hat die Rechtsprechung in vorgenannten Fall festgestellt, dass eine Netzveränderungspflicht auf Seiten des verpflichteten Unternehmens allenfalls dann in Betracht kommen kann, wenn anderenfalls der Zugang völlig unmöglich wäre4. Dies bedeutet, dass problematische Produktgestaltungen in technischer Hinsicht nicht zwangsläufig dazu führen, dass das verpflichtete Unternehmen das Produkt umgestalten muss, solange der Zugang möglich ist, wenn auch ggf. unter erschwerten Bedingungen für das berechtigte Unternehmen. Hier hilft die Gleichbehandlungsverpflichtung nur dann weiter, wenn die Erschwernisse für das berechtigte Unternehmen im Rahmen der Interessenabwägung unzumutbar werden.
179
7.1.7.1.4 Gründe in der Person des Nachfragers Auch in der Person des Nachfragers können Zugangsverweigerungs- und/ oder Zugangsbeschränkungsgründe liegen. Dies betrifft namentlich die _______________
1 VG Köln, Urt. v. 5.6.2003 – 1 K 817/00, Absatz Nr. 63 ff. über www.justiz.nrw.de, beruhend auf OVG NRW, NVwZ 2000, 707 (im vorausgegangenen Eilverfahren). 2 RegTP Beschl. v. 11.5.1999 – BK 4d-99-009, S. 16/17 des amtlichen Umdrucks. 3 OVG NRW, CR 2003, 584 (586). 4 OVG NRW, CR 2003, 584 (586 f.); in diesem Sinne auch OVG NRW, CR 2002, 32 (33 f.).
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180
H Rz. 181
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Bonität bzw. Kreditwürdigkeit des Nachfragers1, aber auch vertragswidriges Verhalten, das unter zivilrechtlicher Betrachtungsweise zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigten würde. 7.1.7.2 Konditionendifferenzierung 181
In Telekommunikationsmärkten können vielfältige Formen der Konditionendifferenzierung vorkommen, die eingangs (oben Rz. 171) bereits beschrieben worden sind. Auch hier ist freilich immer zu berücksichtigen, dass ein Vergleichsmaßstab anhand von Vergleichsunternehmen erforderlich ist und dass es immer, und ganz besonders hier, auf den relevanten Markt ankommt. Die Grenze zwischen Liefersperren bzw. Zugangsverweigerung und Zugangsbeschränkung ist dabei fließend. 7.1.7.2.1 Interessabwägung bei Bereitstellungsfristen
182
Bereitstellungs- bzw. Lieferfristen haben in der Praxis unter dem TKG 1996 die RegTP und die Gerichte beschäftigt. Soweit es um vertragliche Bereitstellungsfristen geht, verlangt die Rechtsprechung eine umfassende Interessenabwägung, die zwar aus Gleichbehandlungserwägungen zu beiderseits zumutbaren Fristenregelungen kommen kann, nicht aber zu Vertragsstrafen für deren Absicherung2. Dies bedeutet, dass über das Gleichbehandlungsgebot durchaus auch Fristenregelungen für die Bereitstellung in der betreffenden Zugangsvereinbarung angezeigt sein können. Die typische vertragliche Absicherung wäre dagegen nur über eine nach § 21 TKG auferlegte Zugangsgewährungsverpflichtung und deren Durchsetzung nach § 25 TKG erreichbar. Hinsichtlich tatsächlich diskriminierender Leistungsbereitstellungen hat es ebenfalls gerichtliche Auseinandersetzungen gegeben. Dort wurde zwar die Ungleichbehandlung für den Zeitraum festgestellt, der die Verfahren ausgelöst hat, die seitens der RegTP vorgesehenen vertraglichen Anpassungen in Bezug auf Bereitstellungsfristen und Vertragsstrafen aber abgelehnt, weil diese Ungleichbehandlung zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgestellt war3. Dieses Problem stellt sich regelmäßig bei der Verfolgung von Verletzungen gegen das Gleichbehandlungsgebot. 7.1.7.2.2 Produktinnovation
183
Ein Fallbeispiel aus jüngerer Zeit betrifft die zeitliche Ungleichbehandlung von Diensteanbietern durch einen Mobilfunknetzbetreiber bei der Bereitstellung von Vorprodukten für Zwecke des Wiederverkaufs, und zwar in der Weise, dass der Netzbetreiber seinem eigenen (mit ihm verbundenen) Ver_______________
1 BVerwG, CR 2001, 752 (758). 2 OVG NRW, CR 2003, 584 (585). 3 OVG NRW, CR 2003, 428 (430 f.).
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 184 H
trieb die betreffenden Vorprodukte zeitlich früher bereitstellte, als den mit diesem Vertrieb in Wettbewerb stehenden Diensteanbietern. In der GSMLizenz des Mobilfunknetzbetreibers ist eine Verpflichtung zur Nichtdiskriminierung ähnlich der Gleichbehandlungsverpflichtung des § 19 TKG enthalten, die später Vorbild für den zwischenzeitlich außer Kraft getretenen § 4 TKV war (zu den so genannten Diensteanbieterverpflichtungen siehe unten Rz. 500 ff.). Hier haben BNetzA und das VG Köln eine sachliche Rechtfertigung für die zeitliche Ungleichbehandlung unter dem Aspekt angenommen, dass das verpflichtete Unternehmen sich selbst bzw. seinem eigenen Vertrieb eine zeitliche Bevorzugung gewähren darf, wenn es sich bei dem fraglichen Produkt um eine Innovation handelt1. Dies wird gerechtfertigt mit dem Hinweis auf § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TKG, wonach bei der Auferlegung von Zugangsgewährungsverpflichtungen selbst gegenüber marktmächtigen Unternehmen die Anfangsinvestitionen in Produktinnovationen zu berücksichtigen seien2. Bemerkenswert ist an dem Fall ferner, dass die Rechtsprechung zur Bestimmung der Innovation nicht auf den nachgelagerten Endnutzermarkt, sondern auf den betreffenden Zugangsmarkt für die Vorleistungen abgestellt hat3. Mit Blick auf § 19 TKG, der Zugänge betrifft, ist diese Sichtweise nachvollziehbar, die Rechtsprechung verkennt hier allerdings einen wesentlichen Umstand. Betrachtet man nämlich die Frage der Interessenabwägung und sachlichen Rechtfertigung vor dem Hintergrund des Gleichwertigkeitsgebots des § 19 TKG, so fällt zweierlei auf: –
zum einen bedeutet eine Produktinnovation in Vorleistungsbereich regelmäßig auch eine Produktinnovation im nachgelagerten Endnutzermarkt, denn mit Blick auf jenen Markt wird sie ja vom verpflichteten Unternehmen durchgeführt;
–
zum anderen ist die Produktgestaltung der Mobilfunknetzbetreiber gegenüber Diensteanbietern so, dass sie jenen praktisch keinen oder kaum Freiraum lässt, selbst Innovationen zu entwickeln, die am nachgelagerten Endnutzermarkt angeboten werden können.
Daraus folgt, dass die Produktgestaltung im Vorleistungsbereich zwangsläufig immer diskriminierend wirkt, weil sich jede Veränderung zunächst nur zugunsten des verpflichteten Unternehmens auswirkt. Damit ist aber der gewährte Zugang nicht gleichwertig, weil er den berechtigten Unternehmen per se keine Chance lässt, in effektiven Wettbewerb zum verpflichteten Unternehmen zu treten. Es geht daher nicht notwendigerweise darum, ob die Ungleichbehandlung in der zeitlich verzögerten Bereitstellung der konkreten innovativen Vorleistung besteht (und sachlich gerechtfertigt ist). Vielmehr ist entscheidend, ob der Zugang selbst so ausgestaltet ist, dass die _______________
1 VG Köln, Urt. v. 2.11.2006 – 1 K 4871/05, CR 2007, 162 (164). 2 VG Köln, Urt. v. 2.11.2006 – 1 K 4871/05, CR 2007, 162 (164). 3 VG Köln, Urt. v. 2.11.2006 – 1 K 4871/05, CR 2007, 162 (164).
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184
H Rz. 185
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Diensteanbieter befähigt werden, chancengleich am Markt zu agieren. Lässt die Produktgestaltung des verpflichteten Unternehmens dies grundsätzlich nicht zu, dann besteht auch keine sachliche Rechtfertigung, dieses von der Innovation profitieren zu lassen. Dies ist Folge des im Rahmen von § 19 TKG anzuwendenden materiellen Gleichheitsmaßstabs (siehe oben Rz. 150). Da das Diskriminierungsverbot in den GSM-Lizenzen gemeinsam mit der dortigen Verpflichtung, Diensteanbieter zuzulassen die gleiche marktöffnende Funktion hat wie § 19 TKG, gilt dieser Maßstab aber auch hier. Damit wird dem verpflichteten Unternehmen auch nicht unzumutbar der Anreiz für Produktinnovationen genommen. Im Gegenteil, die Chancengleichheit mittels eines Zugangs auf einer der derzeitigen Gestaltung des Vorleistungsprodukts vorgelagerten Ebene erhöht vielmehr Innovationsanreize für alle Wettbewerber. 7.1.8 Auferlegungspraxis der BNetzA 185
Bislang hat die BNetzA die Gleichbehandlungsverpflichtung in jeder Regulierungsverfügung zu den Vorleistungsmärkten auferlegt. Daher wird man diese Verpflichtung als eine „Basisverpflichtung“ in der Praxis der BNetzA bezeichnen können. Dies entspricht auch den Vorstellungen auf europäischer Ebene1. Gegenüber der DTAG beruht die Argumentation der BNetzA dabei typischerweise auf dem mit der bestehenden vertikalen Integration verbundenen hohen Diskriminierungspotenzial, das sich durch Verfahren unter dem TKG 1996 auch gezeigt habe2. Bei den alternativen Teilnehmernetzbetreibern und den Mobilfunknetzbetreibern für deren Terminierungsleistungen war vor allem die faktische Monopolstellung in den Terminierungsmärkten ausschlaggebend3. Auch die Rechtsprechung sieht die Auferlegung der Gleichbehandlungsverpflichtung insbesondere bei vertikaler Integration als geboten an4.
186
Eine nähere Spezifizierung der Gleichbehandlungsverpflichtungen über den Gesetzeswortlaut in § 19 Abs. 1 TKG hinaus nimmt die BNetzA bedauerlicherweise nicht vor. Dabei wäre es unter den jeweiligen Umständen und bezogen auf den jeweiligen Markt durchaus angezeigt, hier genauere Vorgaben zu treffen. Dies lässt der Wortlaut in Art. 10 Abs. 1 Zugangsrichtlinie _______________
1 Die ERG nennt die Gleichbehandlungsverpflichtung als eine der häufigsten sog. Remedies: ERG (06) 33, Revised Common Position on the approach to Appropriate remedies in the ECNS regulatory framework, final version May 2006, S. 70 ff. 2 Siehe etwa BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 21, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717 (2738). 3 BNetzA Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001 (-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006, S. 2271 (z. B. S. 2308 f.). 4 VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 50 und 1 K 4148/06, Absatz Nr. 56 sowie Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 47 und 1 K 4314/06, Absatz Nr. 49, jeweils über www.justiz.nrw.de.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 188 H
zu, weil er gerade davon spricht, dass Gleichbehandlungsverpflichtungen auferlegt werden dürfen, die demgemäß erst noch zu formulieren wären. Genau genommen ist dies sogar die Erwartung des Art. 10 Abs. 1 Zugangsrichtlinie1, die allerdings vom deutschen Gesetzgeber in § 19 Abs. 1 TKG bereits vorformuliert worden ist (siehe oben Rz. 138). Allerdings hat die BNetzA auch keine Einengung der Gleichbehandlungspflichten vorgenommen2. 7.1.9 Rechtsschutz, Durchsetzung des Diskriminierungsverbots und Sanktionen Rechtsschutzfragen stellen sich im Bezug auf die Gleichbehandlungsverpflichtung auf mehren Ebenen. Zunächst geht es um die Frage, wie potenziell berechtigte Unternehmen die Auferlegung der Gleichbehandlungsverpflichtung erreichen können. Auf der gleichen Ebene geht es um den Rechtsschutz des von der Auferlegung der Gleichbehandlungsverpflichtung betroffenen und hierdurch verpflichteten Unternehmens gegen die Auferlegung. Auf der diesen Fragen nachgelagerten Ebene geht es um die Durchsetzung einer auferlegten Gleichbehandlungsverpflichtung sowie um Sanktionen bei etwaigen Verstößen hiergegen.
187
7.1.9.1 Rechtsschutz zur Erlangung oder gegen den Widerruf der Gleichbehandlungsverpflichtung Sofern infolge eines Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens gegenüber einem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht keine Gleichbehandlungsverpflichtung auferlegt worden ist, können Wettbewerber versuchen, die Auferlegung im Wege einer Verpflichtungsklage vor dem Verwaltungsgericht Köln durchzusetzen. Die Verpflichtungsklage ist erforderlich, weil von der BNetzA der Erlass eines Verwaltungsakts in Form der Regulierungsverfügung nach § 13 Abs. 1 TKG begehrt wird (§ 42 Abs. 1 2. Alternative VwGO). Dies setzt freilich zunächst voraus, dass der Wettbewerber die hierfür nötige Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO besitzt. Nach der geltenden „Möglichkeitstheorie“ muss die Verletzung von Rechten des Klägers durch die Unterlassung der betreffenden Regulierungsverfügung zumindest möglich sein, was wiederum erfordert, dass die Regelung in § 20 TKG eine „Schutznorm“ darstellt, die auch subjektive Rechte bzw. Interessen des Klägers schützt und der geschützte Personenkreis hinreichend individuali_______________
1 So auch die ERG, ERG (06) 33, Revised Common Position on the approach to Appropriate remedies in the ECNS regulatory framework, final version May 2006, S 88 f. 2 BNetzA Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001 (-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006, S. 2271 (z. B. S. 2308 f.).
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H Rz. 189
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
sierbar ist1. Dies ist entgegen der Rechtsprechung des VG Köln2 zu bejahen, weil es bei der Gleichbehandlungsverpflichtung um konkrete Handlungsbzw. Unterlassungspflichten des zu verpflichtenden Unternehmens (subjektive Rechte) gegenüber den zugangsberechtigten Unternehmen geht (siehe oben Rz. 144). Dieser Kreis mag weit sein, er ist aber dennoch ein hinreichend individualisierter Personenkreis, weil es sich im Wesentlichen um nach § 6 TKG meldepflichtige Unternehmen handelt (dazu A. Rz. 29 ff. und auch G. Rz. 241 ff.). Gehört der Wettbewerber bzw. Kläger zu diesem Personenkreis, ist er als klagebefugt anzusehen. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die eigentlichen Rechte der Wettbewerber erst durch die Regulierungsverfügung selbst und nicht bereits durch § 19 TKG begründet werden (ausführlich dazu G. Rz. 239 ff.). Dies gilt auch und gerade mit Blick auf den für den drittschützenden Charakter erforderlichen bestimmbaren Personenkreis vor dem Hintergrund, dass die auferlegte Gleichbehandlungsverpflichtung selbst den Personenkreis auch nicht näher bestimmt, als dies bereits im Gesetz umschrieben ist. Anderenfalls wäre auch der drittschützende Charakter der auferlegten Gleichbehandlungsverpflichtung zu verneinen, was aber der Intention dieser Verpflichtung wie auch der mit § 133 TKG eingeführten Rechtsschutzmöglichkeit widerspräche. 189
Da allerdings § 19 TKG eine Ermessensregelung ist, richtet sich der Anspruch des Klägers auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der BNetzA. Daher wird in der Praxis bei Fragen des Umfangs der Gleichbehandlungsverpflichtung bestenfalls ein Bescheidungsurteil zu erreichen sein, anhand dessen die BNetzA unter Berücksichtigung der Erwägungen des Gerichts erneut zu entscheiden hat. Lediglich bei der Unterlassung oder Ablehnung der Auferlegung einer Gleichbehandlungsverpflichtung könnte ggf. eine Ermessenreduzierung auf Null vorliegen, die zu einer Verpflichtung der BNetzA seitens des Gerichts führt, diese in einer erneuten Entscheidung aufzuerlegen. Das liegt daran, dass die Gleichbehandlungsverpflichtung als schwächere Zugangsverpflichtung anzusehen ist und in der Beschlusspraxis der BNetzA regelmäßig gemeinsam mit anderen Zugangsverpflichtungen auferlegt wird.
190
Rechtsschutz gegen den Widerruf einer zuvor auferlegten Gleichbehandlungsverpflichtung wäre hingegen im Wege der Anfechtungsklage zu suchen, weil hier der aufhebende Verwaltungsakt aufgehoben werden soll (§ 42 Abs. 1, 1. Alternative VwGO). Die Klagebefugnis ergäbe sich hier ebenso aus § 19 TKG, aber in Verbindung mit der aufgehobenen Regulierungsverfügung, sofern der Kläger die Leistungen aus der betreffenden Verpflichtung in Anspruch genommen hat3 oder zum berechtigten Personenkreis gehört (dazu näher sogleich Rz. 195). Dies folgt aus der bislang bestehenden Ver_______________
1 Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rz. 66, 70, 78, 83 f. 2 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05. 3 VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de, S. 3 unter Punkt 2.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
pflichtung und deren Wegfall zu Lasten des betroffenen Wettbewerbers (siehe bereits G. Rz. 236). Für den Erfolg einer solchen Klage geht es wiederum um die Frage des Ermessens der BNetzA. 7.1.9.2 Rechtsschutz gegen die Auferlegung der Gleichbehandlungsverpflichtung Das als Adressat einer Regulierungsverfügung betroffene Unternehmen ist grundsätzlich befugt, die mittels der Regulierungsverfügung auferlegte Gleichbehandlungsverpflichtung anzufechten. Hierbei kann es sich bei einer Regulierungsverfügung, die mehrere Verpflichtungen auferlegt, auch lediglich auf ein Vorgehen gegen die Gleichbehandlungsverpflichtung im Wege einer Teilanfechtung (siehe auch G. Rz. 232) beschränken1.
191
7.1.9.3 Durchsetzung der Gleichbehandlungsverpflichtung und Sanktionen Der Verstoß gegen die auferlegte Gleichbehandlungsverpflichtung ist keine Ordnungswidrigkeit nach § 149 TKG. Dies verwundert angesichts der Vielfältigkeit von Verstoßmöglichkeiten nicht. Allerdings kann zugleich ein Verstoß gegen das Missbrauchsverbot des § 42 TKG vorliegen. Die Vorteilsabschöpfung durch die BNetzA nach § 43 TKG (dazu unten Rz. 698 ff.) kommt für einen Verstoß gegen die nach § 19 TKG auferlegte Gleichbehandlungsverpflichtung allein allerdings nicht in Betracht. Denn diese ist hinsichtlich Verfügungen der BNetzA auf solche der besonderen Missbrauchsaufsicht nach § 42 Abs. 4 TKG beschränkt.
192
Sofern die die Gleichbehandlungsverpflichtung gemeinsam mit einer Zugangsgewährungsverpflichtung aus § 21 TKG auferlegt worden ist, kann sie im Rahmen einer Zugangsanordnung nach § 25 TKG durchgesetzt werden, wenn es um bestimmte Bedingungen geht, die das berechtigte Unternehmen einfordert. Denn nach § 25 Abs. 5 TKG kann die Zugangsanordnung alle Bedingungen einer Zugangsvereinbarung beinhalten sowie mit Bedingungen hinsichtlich Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit verknüpft werden. Dies beinhaltet auch die Gebote der Gleichbehandlungsverpflichtung2. Geht es dagegen um ein Unterlassen oder ein Verhalten, das nicht durch Zugangsbedingungen bestimmt werden kann, wäre die Zugangsanordnung ungeeignet.
193
Fehlt eine Zugangsgewährungsverpflichtung oder ist die Zugangsanordnung ungeeignet, kann die Gleichbehandlungsverpflichtung auch über Verwaltungszwang sowie ein Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG durchgesetzt bzw. geahndet werden. Denn sofern Streit über die Verletzung der in § 19 TKG bzw. in der Regulierungsverfügung normierten Verpflichtungen
194
_______________
1 Anders offenbar Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 20 Rz. 29. 2 Ebenso Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 19 Rz. 106.
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H Rz. 195
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
zwischen den Normadressaten besteht, handelt es sich um eine Streitigkeit im Zusammenhang mit Verpflichtungen aus dem bzw. aufgrund des TKG. Allerdings ist mit Blick auf Ungleichbehandlungen in preislicher Hinsicht zu beachten, dass hierfür die Entgeltregulierungsverfahren nach § 31 TKG (Entgeltgenehmigung) oder nach § 38 TKG (nachträgliche Entgeltregulierung) die spezielleren Verfahren sind, sofern die Entgeltregulierung gemäß § 30 TKG in Betracht kommt. Wegen der in § 133 Abs. 1 TKG enthaltenen Subsidiarität gegenüber anderweitigen gesetzlichen Regelungen, tritt daher in diesen Fällen das Streitbeilegungsverfahren zurück. 195
Sofern eine zulässige Streitigkeit nicht im Streitbeilegungsverfahren endet, kann diese vor den Verwaltungsgerichten fortgeführt werden, sei es durch die mittels einer Streitbeilegungsverfügung („verbindliche Entscheidung“ i. S. v. § 133 Abs. 1 TKG) verpflichtete Partei im Wege der Anfechtungsklage, oder sei es durch die wegen einer Ablehnung eines Durchsetzungsantrags unterlegene Partei im Wege der Verpflichtungsklage. Für Erstere ergibt sich die Klagebefugnis aus der belastenden Streitbeilegungsverfügung, für Letztere aus der drittschützenden Wirkung der durch Regulierungsverfügung auferlegten Gleichbehandlungsverpflichtung bzw. aus § 133 TKG direkt. Denn subjektiv-öffentliche Rechte im Sinne der Schutznormtheorie (siehe oben Rz. 188) können auch durch Verwaltungsakt begründet werden1. Dies gilt im besonderen Maße für die Auferlegung von Zugangsverpflichtungen mittels Regulierungsverfügung, die ja gerade dem Zweck dienen, durch die auferlegten Verpflichtungen Rechte und Durchsetzungsrechte Dritter (z. B. §§ 22, 25, 42, 44 und 133 TKG)2 zu begründen3. Damit kann und muss aber zwangsläufig auch der in § 19 TKG vorgesehene Individualisierungsgrad des geschützten Personenkreises (siehe oben Rz. 144) für die drittschützende Wirkung ausreichen. Notfalls ergibt sich der Drittschutz auch über die telekommunikationsrechtlichen Durchsetzungsbestimmung des § 133 TKG (wie auch des § 25 TKG) und die dortigen Antragsrechte direkt. Denn diese Bestimmung beinhaltet ein subjektiv-öffentliches Recht auf verbindliche Entscheidung über eine Streitigkeit, die sich u. a. gerade auf (auferlegte) Verpflichtungen eines Unternehmens gegenüber einem anderen Unternehmen bezieht und durch die dortigen Antragsberechtigten individualisiert ist.
196
Schließlich ermöglichen Verstöße gegen die die Gleichbehandlungsverpflichtung auferlegende Regulierungsverfügung auch ein zivilrechtliches Vorge_______________
1 Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rz. 163. 2 In diesem Sinne ist wohl der diesbezügliche Hinweis des VG Köln auf den Unterschied zu bestehenden Rechtspositionen in dem Urteil zu verstehen, dass die drittschützende Wirkung der gesetzlichen Vorschriften zu Vorabverpflichtungen bei der Frage verneint, ob auch die Auferlegung selbst erreicht werden kann: VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, CR 2007, 162. 3 Ohne nähere Begründung hat das VG Köln dies auch für die sog. Diensteanbieterverpflichtungen in den als Verwaltungsakt ergangenen Mobilfunklizenzen angenommen: VG Köln, Urt. v. 2.11.2006 – 1 K 4871/05.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 199 H
hen aufgrund der in § 44 Abs. 1 TKG vorgesehenen Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadenersatzansprüche bei Verstößen gegen Verfügungen der BNetzA. 7.2 Transparenzverpflichtung nach § 20 TKG Wie bereits erwähnt (Rz. 133) ist die Transparenzverpflichtung des § 20 TKG eine den eigentlichen Zugangs(gewährungs)verpflichtungen vorgelagerte Verpflichtung. Nach § 20 Abs. 1 TKG kann die BNetzA einen Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze mit beträchtlicher Marktmacht verpflichten, die Informationen für die zugangsberechtigten Unternehmen zu veröffentlichen, welche für die Inanspruchnahme der entsprechenden Zugangsleistungen benötigt werden. Dies betrifft insbesondere Informationen zur Buchführung, zu technischen Spezifikationen, Netzmerkmalen, Bereitstellungs- und Nutzungsbedingungen sowie die zu zahlenden Entgelte. Dabei ist die BNetzA zusätzlich befugt vorzuschreiben, welche Informationen in welcher Form zur Verfügung zu stellen sind (§ 20 Abs. 2 TKG). Im Gesetzgebungsverfahren wurde die Transparenzverpflichtung zunächst im Rahmen der Regelungen über Zugangsvereinbarungen umgesetzt1 und erst später eigenständig.
197
7.2.1 Europarechtliche Grundlagen Vorlage für § 20 TKG sind die Regelungen in Art. 9 Abs. 1 und 3 Zugangsrichtlinie, die der Gesetzgeber nahezu wörtlich übernommen hat. Demgegenüber befasst sich Art. 9 Abs. 2 Zugangsrichtlinie mit der Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Standardangebots, die in § 23 TKG umgesetzt wurde. Hieran wird deutlich, dass die europarechtliche Vorgabe mit der Transparenzverpflichtung sowohl Informationspflichten als auch Vertragsinhalte im Auge hat. Hieraus erklärt sich auch die im Gesetzentwurf zunächst vorgenommene Verortung der Transparenzverpflichtung bei der Regelung über Zugangsvereinbarungen.
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Nach den Vorstellungen des Richtliniengebers dient die Transparenzverpflichtung insbesondere der Beschleunigung des Verhandlungsprozesses sowie der Interoperabilität, verhindert Streitigkeiten und gewährleistet die diskriminierungsfreie Leistungsbereitstellung. Es handelt sich daher bei der Transparenzverpflichtung wie bei der Vorgängerbestimmung des § 4 NZV um eine Verpflichtung, die sicherstellt, dass die Berechtigten die im Hinblick auf die Inanspruchnahme einer Zugangsleistung erforderlichen Informationen auch erhalten. Sinn und Zweck der Transparenzverpflichtung besteht ebenso wie bei § 4 NZV darin, Netzbetreibern mit beträchtlicher Marktmacht eine umfassende Informationspflicht aufzuerlegen, die insbe-
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_______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 13 f. (§ 20 des Gesetzentwurfs).
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H Rz. 200
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
sondere für neue Marktteilnehmer von erheblicher Bedeutung ist. Denn gerade diese sind es, die bei einer Realisierung von Zugängen im Vorfeld auf technische Informationen durch den Netzbetreiber mit beträchtlicher Marktmacht angewiesen sind, um funktionale und effiziente Zugänge zu dessen Netz nachzufragen. Darüber hinaus stellen Informationen über das Netz des Netzbetreibers mit beträchtlicher Marktmacht einschließlich der darüber erbrachten Leistungen einen nicht zu unterschätzenden Faktor der Produktund Investitionsplanung neuer Marktteilnehmer dar. Das Wissen um die Möglichkeiten und Spezifikationen des fremden Netzes ermöglicht eine sachgerechte Nachfrage von Leistungen. 7.2.2 Adressaten von § 20 TKG 200
Das nach § 20 TKG verpflichtete Unternehmen ist wie bei der Gleichbehandlungsverpflichtung des § 19 TKG ein Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes (zum Begriff siehe A. Rz. 33 ff.) mit beträchtlicher Marktmacht in einem relevanten Markt. Dann kann die Transparenzverpflichtung im Wege einer Regulierungsverfügung gemäß § 13 Abs. 1 TKG von der BNetzA auferlegt werden (siehe dazu auch G. Rz. 204). Allerdings ist auch hier die Beschränkung auf Netzbetreiber in § 20 TKG enger als in der Vorlage des Art. 9 Abs. 1 Zugangsrichtlinie, wo lediglich von „Betreibern“ die Rede ist. Dies umfasst nach Art. 2 lit. c) Zugangsrichtlinie nicht nur Netzbetreiber, sondern auch Betreiber zugehöriger Einrichtungen. In richtlinienkonformer Auslegung des § 20 TKG sind daher auch solche Betreiber in den Anwendungsbereich der Transparenzverpflichtung einzubeziehen (siehe A. Rz. 36).
201
Die nach § 20 TKG berechtigten Unternehmen werden dort als die „zum Zugang berechtigten Unternehmen“ bezeichnet. Diese Umschreibung ist offener als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Sofern die Transparenzverpflichtung im Zusammenhang mit (bestehenden oder auferlegten) Zugangsgewährungsverpflichtungen, etwa nach den §§ 16, 18 und 21 TKG auferlegt wird, so ergibt sich auch hier aus jenen Bestimmungen bzw. der entsprechenden Regulierungsverfügung der Kreis der Berechtigten wie beispielsweise andere Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze. Da allerdings die BNetzA hinsichtlich der Frage, welche Vorabverpflichtungen auferlegt werden, ein Auswahlermessen besitzt (siehe oben Rz. 132 f.), kann die Transparenzverpflichtung gegenüber einem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auf einem bestimmten Markt auch ohne gleichzeitiges Bestehen oder die gleichzeitige Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung erfolgen1. Dann fehlt es an unmittelbaren Anhaltspunkten dafür, wer die zugangsberechtigten Unternehmen sind. Hier ist wiederum ein Rückgriff auf die Definition des Zugangs in § 3 Nr. 32 TKG (dazu oben _______________
1 So etwa in BNetzA, Beschl. v. 16.11.2005, BK 4a-05-005/R (Zuführung OnlineDienste), Mitteilung Nr. 278/2005, ABl. Nr. 22/2005, S. 1781 (1790).
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 204 H
Rz. 36 ff.) und des Unternehmens in § 3 Nr. 29 TKG (dazu G. Rz. 117) erforderlich und möglich, was in der Praxis der BNetzA auch geschieht1. Daraus folgt, dass sich auch der Kreis der aus § 20 TKG berechtigten Unternehmen darüber erschließt, ob sie einen Zugang i. S. v. § 3 Nr. 32 TKG in Bezug auf den betreffenden Markt nachfragen. Dies wiederum ergibt sich über die Marktdefinition des betreffenden Marktes und die Angebote des verpflichteten Unternehmens mit beträchtlicher Marktmacht (dazu näher sogleich unter Rz. 203 ff.). Im Ergebnis ist daher auch der Kreis der nach § 20 TKG berechtigten Unternehmen ggf. sehr weit zu ziehen; er beschränkt sich weder auf Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze noch auf Betreiber zugehöriger Einrichtungen (siehe oben Rz. 200). 7.2.3 Sachlicher Anwendungsbereich In sachlicher Hinsicht bezieht sich die Transparenzverpflichtung auf Zugangsleistungen. Dementsprechend ist auch insoweit die Definition des Zugangs in § 3 Nr. 32 TKG (dazu oben Rz. 36 ff.) heranzuziehen.
202
Allerdings muss bereits an dieser Stelle festgestellt werden, dass die Transparenzverpflichtung keine Zugangsgewährungsverpflichtung ist und damit auch nicht zur Zugangsgewährung verpflichtet. Das verpflichtete Unternehmen wird gerade nicht über die Transparenzverpflichtung implizit verpflichtet, auch tatsächlich Zugang zu gewähren. Die Transparenzverpflichtung setzt vielmehr voraus, dass eine Zugangsgewährungsverpflichtung besteht oder dass vom verpflichteten Unternehmen tatsächlich Zugänge angeboten werden2. Nur in diesen Fällen greift die Transparenzverpflichtung. Dies kann dazu führen, dass die Auferlegung einer Transparenzverpflichtung ohne gleichzeitige Zugangsgewährungsverpflichtung etwa nach § 21 Abs. 2 oder 3 TKG ins Leere läuft, wenn das verpflichtete Unternehmen auf dem betreffenden Markt gar keine Zugänge anbietet.
203
Man mag diese Konsequenz für unglücklich halten3, sie folgt aber zwangsläufig aus dem seitens der BNetzA bestehenden Auswahlermessen. Gleichwohl ist die Transparenzverpflichtung jedenfalls in engem Zusammenhang mit dem Diskriminierungsverbot (siehe oben Rz. 199) zu sehen, weil Trans-
204
_______________
1 BNetzA, Beschl. v. 16.11.2005, BK 4a-05-005/R (Zuführung Online-Dienste), Mitteilung Nr. 278/2005, ABl. Nr. 22/2005, S. 1781 (1790). 2 Die Transparenzverpflichtung des § 20 TKG ähnelt daher insoweit der Regelung in § 43a TKG zu den Informationspflichten gegenüber Teilnehmern. Diese führen nicht zu einer Angebotspflicht, welche sich allenfalls aus den Regelungen zum Universaldienst ergäbe. Vielmehr normiert § 43a TKG lediglich, was an Informationen zur Verfügung zu stellen ist, wenn Telekommunikationsdienste angeboten werden. 3 In diesem Sinne Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 20 Rz. 11.
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H Rz. 205
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
parenz bei den Bedingungen eines Zugangs die Diskriminierung erschwert. Dies wird in der Praxis auch von der BNetzA so gesehen1. 205
Typischerweise ergibt sich daher der sachliche Anwendungsbereich der Transparenzverpflichtung entweder aus einer gleichzeitig auferlegten Zugangsgewährungsverpflichtung oder den freiwilligen Angeboten des verpflichteten Unternehmens auf dem betreffenden Markt. In Bezug auf Letzteres ist freilich zu berücksichtigen, dass gerade solche Angebote die BNetzA bewogen haben können, wegen § 21 Abs. 1 Nr. 7 TKG von der Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung abzusehen2. Daher ist der Handlungs- und Angebotsspielraum des verpflichteten Unternehmens nicht beliebig. Dies gilt umso mehr für den Fall, wo die Transparenzverpflichtung mit einem Diskriminierungsverbot gemeinsam auferlegt wird, weil der Umfang des Diskriminierungsverbots den Handlungsspielraum des verpflichteten Unternehmens erheblich verengen kann (dazu näher oben Rz. 135 ff.) 7.2.4 Inhalt und Umfang der Transparenzverpflichtung
206
Die Transparenzverpflichtungen bezieht sich auf alle Informationen (zum Begriff der Informationen siehe oben Rz. 120), die für die Inanspruchnahme der entsprechenden Zugangsleistungen benötigt werden. Ihrem Inhalt nach ist die Transparenzverpflichtung eine Informations- bzw. Informierungspflicht seitens des verpflichteten Unternehmens gegenüber denjenigen Unternehmen, welche die betreffende Zugangsleistung nachfragen. Die Erstreckung der Informationspflicht auf sämtliche Informationen, die für die entsprechende Zugangsleistung benötigt werden, ist gleichzeitig umfassend wie begrenzend zu verstehen. Dabei wird der Begriff „benötigen“ nicht mit dem Begriff „erforderlich“ gleichzusetzen sein. Während Ersterer eine subjektive Komponente beinhaltet, ist Letzterer in stärkerem Masse objektiv zu sehen. Maßstab für die Bestimmung des Umfangs der Informationspflicht muss daher an erster Stelle die Sicht des Nachfragers sein, die erst an zweiter Stelle durch einen objektivierten Maßstab, etwa denjenigen des „verständigen Telekommunikationsunternehmens“ zu ergänzen ist. Dabei kann von vorneherein nicht vom gleichen oder vergleichbaren technischen und betrieblichen Informationsstand ausgegangen werden, wie ihn das verpflichtete Unternehmen besitzt. Denn es gehört auch zu den Merkmalen der beträchtlichen Marktmacht, die Voraussetzung für die Auferlegung der Transparenzverpflichtung ist, dass seitens des betroffenen Unternehmens technologische Vorteile bzw. technische Überlegenheit (siehe G. Rz. 104), _______________
1 BNetzA, Beschl. v. 16.11.2005, BK 4a-05-005/R (Zuführung Online-Dienste), Mitteilung Nr. 278/2005, ABl. Nr. 22/2005, S. 1781 (1789). 2 So noch im Konsultationsentwurf der BNetzA zur Regulierungsverfügung für den ATM Bitstrom-Zugang BK4a-06-006/R, in Mitteilung Nr. 90/2006, ABl. Nr. 6/2006 sowie in BNetzA, Beschl. v. 16.11.2005, BK 4a-05-005/R (Zuführung Online-Dienste), Mitteilung Nr. 278/2005, ABl. Nr. 22/2005, S. 1781 (1793 f.).
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Rz. 208 H
Größen- und Verbundvorteile (siehe G. Rz. 106, 108) sowie ein hoher Grad an vertikaler Integration (siehe G. Rz. 110) bestehen. Die bereitzustellenden Informationen betreffen das Vorfeld der eigentlichen Inanspruchnahme der Zugangsleistung, d. h. Informationen über deren Rahmenbedingungen. Nicht erfasst sind Informationen, die sich erst aus der individuellen Vertragsdurchführung ergeben. Denn die Verpflichtung, die Informationen zu veröffentlichen (dazu sogleich Rz. 209 f.), verdeutlicht, dass es sich um Informationen allgemeinerer Natur handeln muss. Ob allerdings Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie solche Informatio- 207 nen, deren Offenlegung die Sicherheit von Telekommunikationsnetzen gefährden könnten, wie in der Vorgängerregelung des § 4 NZV pauschal auszunehmen sind1, darf bezweifelt werden. Denn gegenüber beliebigen Dritten können Informationen i. S. v. § 20 Abs. 1 TKG durchaus Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellen. Dies verdeutlicht insbesondere die Regelung in § 17 TKG (dazu oben Rz. 113 ff.), die als Vertraulichkeitspflicht überflüssig wäre, würden nicht im Rahmen von Verhandlungen über Zugänge, also auch auf Basis der gemäß der Transparenzverpflichtung mitzuteilenden Informationen, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vorliegen. Eine Begrenzung erfolgt hier allerdings insbesondere dadurch, dass das verpflichtete Unternehmen nur die Informationen bereitstellen muss, die vom berechtigten Unternehmen für den entsprechenden Zugang auch benötigt werden. Dazu gehören keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des verpflichteten Unternehmens, die sich etwa auf dessen wettbewerbliche Strategie im nachgelagerten Endnutzermarkt beziehen. Ebenso wie der Umfang der Transparenzverpflichtung selbst ist daher auch der etwaige Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen des verpflichteten Unternehmens kontextbezogen zu betrachten. Bestimmt wird der Umfang der Transparenzverpflichtung im konkreten Fall durch die Regulierungsverfügung der BNetzA, die sich hierbei neben den bereits genannten Kriterien selbstverständlich am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu orientieren hat. Orientierungshilfe für den konkreten Umfang der Informationspflicht sind dabei die in § 20 Abs. 1 TKG aufgeführten Regelbeispiele. Unter „technischen Spezifikationen“ sind etwa Schnittstellenbeschreibungen sowie technische Parameter der Zugangsleistungen zu verstehen, die sich typischerweise in einer Leistungsbeschreibung finden; dazu gehören auch die technische und räumliche Situation in etwaigen Kollokationsflächen, z. B. Stromversorgung, Platz für die Technik des Zugangsberechtigten, Sicherheitsstandards oder Zutrittsmöglichkeiten. „Netzmerkmale“ können die Lage von Zugangsorten und -punkten beinhalten wie auch an die Netzstruktur anknüpfende Tarif- und Leistungsstrukturen. „Bereitstellungs- und Nutzungsbedingungen“ umfassen typischerweise den Bestell- und Bereitstellungsprozess, Lieferfristen, Qualitätsparameter für die _______________
1 So die Entwurfbegründung zur NZV, BR-Drucks. 655/96, S. 10.
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208
H Rz. 209
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Leistungserbringung (z. B. Verfügbarkeit, Entstörung) sowie die weiteren rechtlichen Rahmenbedingungen einschließlich Entschädigungs- und Erstattungsregelungen sowie die Vertragslaufzeit. Die „Entgelte“ betreffen die Vergütung, während „Informationen zur Buchführung“1 im Zweifel Vergütungsstrukturen und deren Trennung etwa nach volumen- und/oder zeitabhängigen Entgelten einerseits und davon unabhängigen Entgelten andererseits ebenso beinhaltet wie die Abrechnungsmodalitäten selbst. Die Offenlegung der Rechnungskreise und Kostenstellen und damit der internen Buchführung selbst kann dagegen nicht gemeint sein, weil dies vom berechtigten Unternehmen für die Inanspruchnahme der Zugangsleistungen nicht benötigt wird. Dies gilt auch für die etwaigen internen Verrechnungspreise bei vertikal integrierten Unternehmen2. Diese Informationen mögen aus wettbewerblicher Sicht interessant sein, dürften aber entweder Betriebsund Geschäftsgeheimnis bedeuten (oben Rz. 207) oder sie unterfallen in Abgrenzung zu § 20 TKG der Regelung des § 24 TKG (unten Rz. 222 ff.). In der Praxis hat sich die BNetzA bei der Auferlegung bislang lediglich an den Regelbeispielen orientiert und diese im Tenor der Regulierungsverfügung benannt, ohne diese näher zu konkretisieren oder gar zu erweitern3. 7.2.4.1 Pflicht zur Veröffentlichung 209
Die Transparenzverpflichtung ist im Wege der Veröffentlichung zu erfüllen. Anders als Art. 9 Abs. 1 Zugangsrichtlinie nimmt § 20 Abs. 1 TKG allerdings dahingehend eine Einschränkung vor, dass die Veröffentlichung „für die zum Zugang berechtigten Unternehmen“ zu erfolgen hat. Daraus ließe sich folgern, dass entgegen dem Wortlaut keine echte Veröffentlichung der Informationen erfolgen braucht, sondern lediglich eine Bereitstellung gegenüber den berechtigten Unternehmen, etwa auf Nachfrage oder in einem nur mit Passwort zugänglichen Extranet. Von dieser Interpretation hat die BNetzA in ihrer Beschlusspraxis etwa bei den Regulierungsverfügungen für Markt Nr. 9 für die Anrufzustellung in das öffentliche Telefonnetz der alternativen Teilnehmernetzbetreiber im Festnetz auch Gebrauch gemacht4.
210
Eine solche Verkürzung des Wortlauts von § 20 TKG mag aus Verhältnismäßigkeitserwägungen noch gegenüber solchen verpflichteten Unterneh_______________
1 In der englischen Fassung der Zugangsrichtlinie wird der Begriff „accounting“ gleichermaßen bei der Transparenzverpflichtung des Art. 9 Abs. 1 wie auch der getrennten Rechnungsführung in Art. 11 verwendet. 2 Siehe auch BNetzA, Beschl. v. 16.11.2005 – BK4a-05-05/R (Zuführung OnlineDienste), S. 10, BNetzA Mitteilung Nr. 278/2005 ABl. Nr. 22/2005, S. 1781 (1791). 3 BNetzA, Beschl. v. 16.11.2005, BK 4a-05-005/R (Zuführung Online-Dienste), Mitteilung Nr. 278/2005, ABl. Nr. 22/2005, S. 1781 (1783, 1789 f.) sowie BNetzA, Beschl. v. 29.5.2006, BK4d-05-016 (bis 067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006, S. 1649 (1652, 1664 f.). 4 BNetzA, Beschl. v. 29.5.2006, BK4d-05-016 (bis 067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006, S. 1649 (1665).
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Rz. 212 H
men angehen, bei denen nicht mit einer umfassenden Nachfrage nach den betreffenden Zugangsleistungen vieler Marktteilnehmer zu rechnen ist. Sie ist indes bei zu erwartender großer Nachfrage nicht gerechtfertigt1. Denn trotz der Beschränkung des Kreis der aus § 20 TKG Berechtigten auf die „zum Zugang berechtigten Unternehmen“, ist dieser Personenkreis weit gefasst (siehe oben Rz. 201). Die Informationen müssen daher für diesen Kreis wegen der Veröffentlichungspflicht auch unmittelbar und direkt zugänglich sein, und nicht erst auf Nachfrage und/oder nach Erhalt eines Passworts für das Extranet des verpflichteten Unternehmens. Eine Ausnahme kann lediglich für diejenigen Informationen gelten, die gegenüber der sonstigen Öffentlichkeit als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (siehe oben Rz. 207) anzusehen wären. Angesichts des Ermessenspielraums der BNetzA ist freilich gegen ein Weniger an Verpflichtung bei § 20 TKG nur schwer anzukommen. Anders läge dies aber bei einer Behinderung der berechtigten Unternehmen. 7.2.4.2 Nähere Konkretisierung von Inhalt und Form durch die BNetzA Nach § 20 Abs. 2 TKG kann die BNetzA über die Auferlegung der (allgemeinen) Transparenzverpflichtung des § 20 Abs. 1 TKG hinaus dem verpflichteten Unternehmen konkret vorschreiben, welche Informationen inhaltlich in welcher Form zur Verfügung zu stellen sind. Hiervon hat die BNetzA bislang keinen Gebrauch gemacht. Vielmehr hat sie gegenüber alternativen Teilnehmernetzbetreibern im Festnetz umgekehrt den Umfang der Informationen auf diejenigen Zugangsleistungen beschränkt, für die eine Nachfrage besteht, sowie bestimmte Angaben (Standortinformationen) von der Veröffentlichungspflicht ausgenommen und lediglich einer Zugänglichmachung unterworfen. Auch hier gilt, dass aufgrund des Ermessenspielraums der BNetzA gegen ein Weniger an Verpflichtung kaum vorgegangen werden kann.
211
7.2.5 Auferlegungspraxis der BNetzA Die BNetzA erlegt die Transparenzverpflichtung typischerweise dort auf (siehe die tabellarischen Darstellungen oben Rz. 29 ff.), wo sie offenbar die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Standardangebots nach § 23 TKG für zu weitgehend hält2 oder wo keine Zugangsgewährungsverpflichtung nach § 21 TKG, an die § 23 TKG anknüpfen könnte, auferlegt worden ist3. Zugleich sieht die BNetzA von der Auferlegung der Transparenzverpflichtung immer dann ab, wenn sie die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines _______________
1 Anders BNetzA, Beschl. v. 16.11.2005, BK 4a-05-005/R (Zuführung Online-Dienste), Mitteilung Nr. 278/2005, ABl. Nr. 22/2005, S. 1781 (1789). 2 BNetzA Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016 (-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006. 3 BNetzA, Beschl. v. 16.11.2005 – BK4a-05-05/R (Zuführung Online-Dienste), BNetzA Mitteilung Nr. 278/2005 ABl. Nr. 22/2005.
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212
H Rz. 213
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Standardangebots nach § 23 TKG auferlegt1. Dieser Sichtweise ist zuzustimmen, sofern und soweit die Verpflichtung nach § 23 TKG bzw. ein etwaiges Überprüfungsverfahren der BNetzA dazu führt, dass im Standardangebot auch tatsächlich die Informationen veröffentlicht werden, die unter der Transparenzverpflichtung des § 20 TKG zu veröffentlichen wären. Hierauf wird die BNetzA im Einzelfall zu achten haben, so lange sie die Transparenzverpflichtung als ein „Minus“ gegenüber dem Standardangebot ansieht. So betrachtet findet diese Sichtweise auch ihre Stütze in den europarechtlichen Vorgaben. Denn Transparenzverpflichtung und Standardangebotspflicht sind beide in dem mit „Transparenzverpflichtung“ überschriebenen Art. 9 Zugangsrichtlinie enthalten, wobei die Abfolge in dessen Abs. 1 und Abs. 2 und das Wort „insbesondere“ in Abs. 2 zeigen, dass die Inhalte des Standardangebots auch an der Transparenzverpflichtung selbst zu messen sind bzw. von dieser bestimmt werden. 213
Die BNetzA betrachtet die Transparenzverpflichtung dabei insbesondere als notwendige Komplementärverpflichtung (siehe oben Rz. 204) zum Diskriminierungsverbot2. Dies steht im Einklang mit dem Zweck der Transparenzverpflichtung, die Diskriminierung zu erschweren (siehe oben Rz. 199). Bedauerlicherweise neigt die BNetzA aber dazu, die Transparenzverpflichtung nicht näher, d. h. über den Gesetzeswortlaut zu spezifizieren, sondern nimmt allenfalls Beschränkungen vor (siehe oben Rz. 211). 7.2.6 Rechtsschutz, Durchsetzung der Transparenzverpflichtung und Sanktionen
214
Rechtsschutzfragen stellen sich im Bezug auf die Transparenzverpflichtung auf den gleichen Ebenen wie bei der Gleichbehandlungsverpflichtung: Wie können potenziell berechtigte Unternehmen die Auferlegung der Transparenzverpflichtung erreichen und wie kann sich das verpflichtete Unternehmen gegen die Auferlegung der Transparenzverpflichtung wehren? Auf der nachgelagerten Ebene geht es um die Durchsetzung einer auferlegten Transparenzverpflichtung sowie um Sanktionen bei etwaigen Verstößen hiergegen. 7.2.6.1 Rechtsschutz zur Erlangung oder gegen den Widerruf der Transparenzverpflichtung
215
Ist einem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht keine Transparenzverpflichtung auferlegt worden, können Wettbewerber versuchen, die Auferlegung im Wege einer Verpflichtungsklage vor dem Verwaltungsgericht _______________
1 Siehe etwa BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 36; BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005. 2 BNetzA, Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016 (-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), S. 14; BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 219 H
Köln durchzusetzen (siehe oben Rz. 188). Auch hier ist die nötige Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO entgegen der Rechtsprechung des VG Köln1 zu bejahen, weil es bei der Transparenzverpflichtung um konkrete Informationspflichten des zu verpflichtenden Unternehmens geht (subjektive Rechte) gegenüber dem als „zum Zugang berechtigten Unternehmen“ beschriebenen und damit hinreichend individualisierten Personenkreis. Gehört der Wettbewerber bzw. Kläger zu diesem Personenkreis, ist er aus den bereits genannten Gründen klagebefugt (siehe oben Rz. 188). Da allerdings auch § 20 TKG eine Ermessensregelung ist, richtet sich der Anspruch des Klägers auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der BNetzA. Daher wird in der Praxis auch bei Fragen des Umfangs der Transparenzverpflichtung bestenfalls ein Bescheidungsurteil zu erreichen sein (siehe oben Rz. 189). Eine Ermessenreduzierung auf Null ist allenfalls denkbar, weil die Transparenzverpflichtung ebenso wie die Gleichbehandlungsverpflichtung als schwächere Zugangsverpflichtung anzusehen ist und in der Beschlusspraxis der BNetzA regelmäßig gemeinsam mit anderen Zugangsverpflichtungen auferlegt wird2 (siehe oben Rz. 189).
216
Rechtsschutz gegen den Widerruf einer zuvor auferlegten Transparenzverpflichtung ist hingegen im Wege der Anfechtungsklage zu suchen für die auch nach der Rechtsprechung die Klagebefugnis besteht (siehe oben Rz. 190).
217
7.2.6.2 Rechtsschutz gegen die Auferlegung der Transparenzverpflichtung Das als Adressat einer Regulierungsverfügung betroffene Unternehmen ist grundsätzlich befugt, die mittels der Regulierungsverfügung auferlegte Transparenzverpflichtung anzufechten. Hierbei kann es sich bei einer Regulierungsverfügung, die mehrere Verpflichtungen auferlegt, auch lediglich auf ein Vorgehen gegen die Transparenzverpflichtung im Wege einer Teilanfechtung (siehe auch G. Rz. 232) beschränken3.
218
7.2.6.3 Durchsetzung der Transparenzverpflichtung und Sanktionen Der Verstoß gegen die auferlegte Transparenzverpflichtung ist gemäß § 149 Abs. 1 Nr. 4 lit. a) TKG eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis zu 500.000,00 Euro geahndet werden kann. Nach § 149 Abs. 2 S. 2, 3 TKG soll die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil, der durch die begangene Ordnungswidrigkeit erzielt worden ist, übersteigen; wird dieses Ziel nicht mit den vorgesehenen 500.000,00 Euro erreicht, kann die Summe überschritten werden. Die Vorteilsabschöpfung durch die BNetzA nach § 43 _______________
1 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05. 2 Zum Verhältnis der Transparenzverpflichtung zu § 22 Abs. 3 TKG siehe VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 144 ff. über www.justiz.nrw.de. 3 Anders Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 20 Rz. 29.
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H Rz. 220
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
TKG (dazu unten Rz. 698 ff.) kommt wiederum nicht in Frage. Denn diese ist bei Verfügungen der BNetzA auf solche der besonderen Missbrauchsaufsicht nach § 42 Abs. 4 TKG beschränkt. Daneben kann ein Verstoß gegen die Transparenzverpflichtung aber zugleich auch ein Verstoß gegen das Missbrauchsverbot des § 42 TKG bedeuten. 220
Anders als die Gleichbehandlungsverpflichtung dürfte die Transparenzverpflichtung mittels einer Zugangsanordnung nach § 25 TKG schwierig durchzusetzen sein, auch wenn sie gemeinsam mit einer Zugangsgewährungsverpflichtung auferlegt worden ist. Denn hier geht es um dem Zugang eigentlich vorgelagerte Pflichten, während es dort um den Zugang und dessen Bedingungen selbst geht. Überschneidungen sind allerdings grundsätzlich denkbar, und es ist nicht einzusehen, warum das berechtigte Unternehmen, dem Zugang und Informationen verweigert werden, das Verfahren nach § 25 TKG verwehrt bleiben sollte. Stattdessen kann die Transparenzverpflichtung aber auch über Verwaltungszwang sowie ein Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG durchgesetzt bzw. geahndet werden. Auch hier handelt es sich um eine Streitigkeit im Zusammenhang mit Verpflichtungen aus dem bzw. aufgrund des TKG. Das Streitbeilegungsverfahren kann insbesondere dann relevant werden, wenn der Streit den Umfang der Transparenzverpflichtung betrifft, weil ein unterschiedliches Verständnis darüber besteht, ob und wie bestimmte konkrete Daten zu veröffentlichen sind. Sofern die Streitigkeit hier nicht endet, kann diese wiederum vor den Verwaltungsgerichten fortgeführt werden (siehe oben Rz. 195). Und auch hier kann und muss der in § 20 TKG vorgesehene Individualisierungsgrad des geschützten Personenkreises („zum Zugang berechtigte Unternehmen“, siehe oben Rz. 201) für die drittschützende Wirkung bzw. § 133 TKG selbst ausreichen (siehe oben Rz. 195).
221
Schließlich ermöglichen auch Verstöße gegen die die Transparenzverpflichtung auferlegende Regulierungsverfügung ebenso ein zivilrechtliches Vorgehen aufgrund der in § 44 Abs. 1 TKG vorgesehenen Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadenersatzansprüche bei Verstößen gegen Verfügungen der BNetzA. 7.3 Getrennte Rechnungsführung nach § 24 TKG
222
Wie bereits erwähnt (oben Rz. 133) steht die nach § 24 TKG auferlegbare Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung etwas neben den sonstigen Zugangsverpflichtungen. Die Verpflichtung unterteilt sich grundsätzlich in vier mögliche Einzelverpflichtungen: –
Gemäß § 24 Abs. 1 TKG kann die BNetzA für bestimmte Tätigkeiten im Zusammenhang mit Zugangsleistungen eine getrennte Rechnungsführung vorschreiben; insbesondere von vertikal integrierten Unternehmen verlangt die BNetzA dabei in der Regel, dass Vorleistungs- und interne Verrechnungspreise transparent gestaltet werden.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 224 H
–
Außerdem kann die BNetzA konkrete Vorgaben machen zu dem zu verwendenden Format und der zu verwendenden Rechnungsmethode.
–
Nach § 24 Abs. 2 TKG kann die BNetzA ferner verlangen, dass ihr die Kostenrechnungs- und Buchungsunterlagen nach Abs. 1 einschließlich sämtlicher damit zusammenhängender Informationen und Dokumente auf Anforderung in vorgeschriebener Form vorgelegt werden.
–
Schließlich kann die BNetzA diese Informationen in geeigneter Form unter Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen veröffentlichen, soweit dies zur Erreichung der Regulierungsziele in § 2 Abs. 2 TKG beiträgt.
Die ersten beiden Verpflichtungen betreffen inhaltliche Vorgaben für Rechnungsführung und Rechnungsmethode. Die letzten beiden Verpflichtungen beziehen sich auf die Kontrolle der inhaltlichen Vorgaben. Der Zweck der getrennten Rechnungsführung ist in § 24 Abs. 1 S. 3 TKG unmittelbar gesetzlich damit umschrieben, Verstöße gegen das Diskriminierungsverbot (§ 19 TKG, siehe oben Rz. 135 ff.) und unzulässige Quersubventionen zu verhindern. Zugleich dient die Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung auch der Einhaltung der Transparenzverpflichtung (§ 20 TKG, siehe oben Rz. 197 ff.) und flankiert die Entgeltregulierung1. Diese Zwecke leuchten sämtlich ein, und verdeutlichen zugleich, dass die Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung keinem Selbstzweck folgt. Gerade was das Diskriminierungsverbot des § 19 TKG anbetrifft und die dort gebotene intern-extern-Gleichbehandlung (oben Rz. 164 ff.) ist es erforderlich, dass die Abrechnungs- und Verrechnungsmodalitäten transparent sind. Anderenfalls wären Diskriminierungen überhaupt nicht erkennbar. Weil aber andererseits die interne Buchführung und Abrechnung nicht der Transparenzverpflichtung des § 20 TKG unterfällt (siehe oben Rz. 208), ist die hier in § 24 TKG vorgenommene Ergänzung erforderlich. Die Wortwahl „unzulässige Quersubventionen“ verdeutlicht, dass § 24 TKG nicht per se Quersubventionen verhindern soll, sondern lediglich solche, die unzulässig sind. Diese Frage ist anhand der Maßstäbe für die Entgeltregulierung nach § 27 ff. TKG vorzunehmen, also nach §§ 28, 31 und 35 TKG (dazu I.).
223
7.3.1 Europarechtliche Grundlagen Die europarechtliche Vorlage für § 24 TKG ist Art. 11 Zugangsrichtlinie. Diese Regelung ist vom deutschen Gesetzgeber weitgehend wortwörtlich umgesetzt worden, wobei allerdings der Begriff „Rechnungsführung“ anstatt „Buchführung“ verwendet wurde. Damit ist aber kein Unterschied verbunden. Auffällig ist allerdings, dass die in § 24 TKG wie eine „Muss“Bestimmung formulierte Regel gegenüber vertikal integrierten Unterneh_______________
1 ERG (06) 33, Revised Common Position on the approach to Appropriate remedies in the ECNS regulatory framework, final version May 2006, S. 44.
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H Rz. 225
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
men in Art. 11 Abs. 1 Zugangsrichtlinie auch als „Kann“-Bestimmung ausgestaltet ist. Dies macht aber erst dann einen Unterschied, wenn sich die BNetzA im Rahmen ihres Auswahlermessens entschieden hat, die Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung überhaupt aufzuerlegen. Dann ist ihr Ermessen gegenüber vertikal integrierten Unternehmen im Verhältnis zur europarechtlichen Vorlage durch die vorgesehene Regelverpflichtung eingeschränkt. Erweitert hat der deutsche Gesetzgeber auch die Vorlagepflicht von Buchungsunterlagen und Daten über die von Dritten erhaltenen Beträge des Art. 11 Abs. 2 S. 1 Zugangsrichtlinie um sämtliche damit in Zusammenhang stehenden Informationen und Dokumente. Hierbei handelt es sich allerdings lediglich um eine Klarstellung dessen, was unter den Begriff Buchungsunterlagen zu fassen ist. 225
Als Zweck von Art. 11 Zugangsrichtlinie nennt der europäische Richtliniengeber vornehmlich die Einhaltung der Gleichbehandlungsverpflichtung und verweist dabei auf die Kommissionsempfehlung 98/322/EG vom 8.4.1998 zur Zusammenschaltung in einem liberalisierten Zusammenschaltungsmarkt (Teil 2 – Getrennte Rechnungsführung und Kostenrechnung)1. Diese Empfehlung ist allerdings zwischenzeitlich durch die Empfehlung der Kommission 2005/698/EG vom 19.9.2005 über die getrennte Buchführung und Kostenrechnungssysteme entsprechend dem Rechtsrahmen für die elektronische Kommunikation2 abgelöst worden, welche sowohl die Verpflichtung zur getrennten Rechungsführung („Buchführung“ in der europarechtlichen Terminologie) als auch die Transparenzverpflichtung (Art. 9 Zugangsrichtlinie) sowie insbesondere die Verpflichtung zu Preiskontrolle und Kostenrechnung (Art. 13 Zugangsrichtlinie) betrifft. Dieser nach Art. 249 EG-Vertrag grundsätzlich unverbindliche Rechtsakt empfiehlt, die Verpflichtung zur getrennten Buchführung aufzuerlegen, „um ausführlichere Informationen, als sich aus den gesetzlich vorgeschriebenen Jahresabschlüssen der gemeldeten Betreiber ableiten lassen, zu erhalten, die das Ergebnis der Geschäftsbereiche des gemeldeten Betreibers möglichst genau so beschreiben, als handele es sich um getrennt geführte Betriebe, und um bei vertikal integrierten Unternehmen eine unzulässige Begünstigung eigener Aktivitäten sowie eine unangemessene Quersubventionierung zu verhindern.“
Unter gemeldete Betreiber sind dabei diejenigen Unternehmen zu verstehen, für die mittels Marktdefinition und Marktanalyse beträchtliche Marktmacht festgestellt worden ist. Konkret mit Blick auf die getrennte Rechnungsführung werden folgende Empfehlungen ausgesprochen: –
Aufschlüsselung der Betriebskosten, des eingesetzten Kapitals und der Erträge in dem Maße, wie dies mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Transparenz sowie den Regulierungszielen vereinbar ist.
_______________
1 ABl. EG Nr. L 141 v. 13.5.1998, S. 6. 2 ABl. EG Nr. L 2996 v. 11.10.2005, S. 64.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 225 H
–
Zurechnung der Kosten, des eingesetzten Kapitals und der Erträge nach dem Grundsatz der Kostenverursachung (z. B. Prozesskostenrechnung) erfolgt.
–
Kostenrechnungssysteme und getrennte Buchführung müssen so beschaffen sein, dass aus den zu Regulierungszwecken vorgeschriebenen Finanzberichten die vollständige Einhaltung der Regulierungsverpflichtungen hervorgeht, und zwar anhand der qualitativen Kriterien Relevanz, Zuverlässigkeit, Vergleichbarkeit und Wesentlichkeit.
–
Die nationalen Regulierungsbehörden sollen sich selbst von der Eignung und Wirksamkeit der Systeme für die Kostenrechnung und die getrennte Buchführung überzeugen und diese ggf. einer öffentlichen Konsultation unterziehen.
–
Gewinn- und Verlustrechnung sowie eine Aufstellung des eingesetzten Kapitals für jeden regulierten Geschäftsbereich (nach Maßgabe der relevanten Märkte und Dienste). Transferentgelte bzw. Käufe zwischen den einzelnen Märkten und Diensten sind dabei eindeutig und hinreichend detailliert auszuweisen, um die Einhaltung der Nichtdiskriminierungsverpflichtungen nachzuweisen.
–
Berichterstattungspflicht im Rahmen der getrennten Buchführung kann auch die Erarbeitung und Offenlegung von Informationen über Märkte umfassen, auf denen der Betreiber nicht über beträchtliche Marktmacht verfügt.
–
Im Interesse der Einheitlichkeit und Integrität der Daten sollen diese Finanzberichte zu Regulierungszwecken in eine Gewinn- und Verlustrechnung sowie eine Aufstellung des eingesetzten Kapitals für das Unternehmen als Ganzes konsolidiert werden. Darüber hinaus ist die Abstimmung der zu Regulierungszwecken getrennten Kostenrechnungen mit den gesetzlich vorgeschriebenen Jahresabschlüssen des Betreibers erforderlich.
–
Abschlüsse/Aufstellungen müssen einer unabhängigen Rechnungsprüfung unterzogen oder von der nationalen Regulierungsbehörde auf die Einhaltung der Vorschriften geprüft werden (sofern entsprechend qualifiziertes Personal vorhanden ist).
–
Die nationalen Regulierungsbehörden sollen den Interessenten die relevanten Rechnungslegungsinformationen der gemeldeten Betreiber unter sorgfältiger Beachtung seiner Geschäftsgeheimnisse so detailliert wie erforderlich zugänglich machen. Die offen gelegten Informationen müssen so ausführlich sein, dass eine unzulässige Diskriminierung zwischen der Erbringung interner und externer Dienste ausgeschlossen ist, die Durchschnittskosten der Dienste festgestellt werden können und die Berechnungsmethode für diese Kosten erkennbar ist. In diesem Zusammenhang erhöht die Veröffentlichung ausreichend detaillierter Kostenangaben seitens gemeldeter Betreiber, aus denen beispielsweise die durchHeun | 853
H Rz. 226
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
schnittlichen Kosten der Netzkomponenten entnommen werden können, die Transparenz und das Vertrauen auf Seiten der Wettbewerber, dass keine wettbewerbsverzerrenden Quersubventionen vorliegen. Dies ist insbesondere bei Großkundendiensten (Vorleistungen) von Bedeutung. Der Anhang der Empfehlung enthält darüber hinaus Leitlinien für Offenlegungspflichten und die Veröffentlichung. Die vorstehenden Empfehlungen sind freilich sehr umfassend und betreffen sämtliche auferlegbaren Teilverpflichtungen. Eine Verpflichtung der nationalen Regulierungsbehörden, die Verpflichtungen einzeln oder insgesamt aufzuerlegen erwächst dadurch nicht. Gleichwohl zeigt die Empfehlung, welchen Umfang an Maßnahmen sich die EU-Kommission im Rahmen der Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung, allerdings auch der Entgeltregulierung selbst, vorstellt.
7.3.2 Adressaten von § 24 TKG 226
Wie bei allen auferlegbaren Zugangsverpflichtungen ist auch im Rahmen von § 24 TKG das verpflichtete Unternehmen ein Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes (zum Begriff siehe A. Rz. 33 ff.), für den mittels Marktdefinition und Marktanalyse das Bestehen beträchtlicher Marktmacht in einem relevanten Markt festgestellt worden ist. Dann kann auch die getrennte Rechnungsführung im Wege einer Regulierungsverfügung gemäß § 13 Abs. 1 TKG auferlegt werden (siehe dazu auch G. Rz. 204). Und auch hier ist die Beschränkung auf Netzbetreiber in § 24 TKG enger als in der Vorlage des Art. 11 Zugangsrichtlinie. Dort ist nicht einmal von Betreibern die Rede, sondern lediglich von Unternehmen. Je nach Marktdefinition sowie mit Blick auf die Zwecke der getrennten Rechnungsführung, welche über den einzelnen Markt hinausreichen können (siehe oben Rz. 225), hat die BNetzA diese offenere Betrachtung bei der Auferlegung der getrennten Rechnungsführung zu beachten.
227
Anders als bei den §§ 19, 20 und 21 TKG gibt es bei § 24 TKG keine unmittelbar für den Einzelfall berechtigten Unternehmen. Unmittelbar „berechtigt“ ist zunächst die BNetzA, weil es darum geht, dass das verpflichtete Unternehmen die auferlegten inhaltlichen Vorgaben einhält und diese auf Einhaltung von der BNetzA überprüft werden können. Für die den Zugang nachfragenden Unternehmen ergibt sich lediglich mittelbar eine gewisse Berechtigung, wenn es zu Veröffentlichungen durch die BNetzA kommt. Es zeigt sich aber, dass bei der Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung immer die BNetzA sozusagen als „Verpflichtungsmittler“ zwischen dem verpflichteten Unternehmen und den „berechtigten“ Unternehmen steht. Das ist bei den sonstigen Zugangspflichten anders, weil dort der hier erforderliche zusätzliche Zwischenschritt in Form der Veröffentlichung durch die BNetzA selbst nicht vorgesehen ist.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 231 H
7.3.3 Sachlicher Anwendungsbereich In sachlicher Hinsicht bezieht sich die Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung auf Zugangsleistungen. Dementsprechend ist auch hier die Definition des Zugangs in § 3 Nr. 32 TKG (dazu oben Rz. 36 ff.) heranzuziehen. Allerdings bezieht sich die Verpflichtung auf „bestimmte Tätigkeiten“ im Zusammenhang mit Zugangsleistungen. Dies ist aber nicht als Einengung sondern als Klarstellung zu verstehen. Denn der Zeck der getrennten Rechnungsführung bezieht sich ja gerade darauf, dass die Aktivitäten des verpflichteten Unternehmens bei Zugangsleistungen bzw. deren Einzelkomponenten getrennt werden (können).
228
Es handelt sich wie bei der Transparenzverpflichtung um keine Zugangsgewährungsverpflichtung. Der konkrete Anwendungsbereich der Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung ergibt sich daher entweder aus einer gleichzeitig auferlegten Zugangsgewährungsverpflichtung oder den freiwilligen Angeboten des verpflichteten Unternehmens auf dem betreffenden Markt. Dies kann auch hier dazu führen, dass die Verpflichtung zur getrennten Rechungsführung ohne gleichzeitige Zugangsgewährungsverpflichtung etwa nach § 21 Abs. 2 oder 3 TKG ins Leere läuft, wenn das verpflichtete Unternehmen auf dem betreffenden Markt gar keine Zugänge anbietet.
229
7.3.4 Inhalt und Umfang der getrennten Rechnungsführung Die nach § 24 TKG vier grundsätzlichen Verpflichtungen unterteilen sich in zwei Pflichten die inhaltliche Vorgaben für Rechnungsführung und Rechnungsmethode betreffen und in zwei „Pflichten“, die sich auf die Kontrolle der inhaltlichen Vorgaben durch Vorlage- und Veröffentlichungsrechte der BNetzA beziehen.
230
7.3.4.1 Inhaltliche Verpflichtungen und Vorgaben Wie bereits erwähnt bezieht sich die Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung auf bestimmte Tätigkeiten im Zusammenhang mit Zugangsleistungen. Näher beschrieben oder erläutert werden die Tätigkeiten allerdings nicht. Dies erschließt sich aber über den Zweck der getrennten Rechnungsführung, Diskriminierungen und unzulässige Quersubventionen zu verhindern. Mit Blick auf die hier relevanten buchhalterischen Fragen geht es daher um die Abgrenzung von Kostenpositionen und Rechnungskreisen für die einzeln abzugrenzenden Geschäftsbereiche des verpflichteten Unternehmens, und zwar angesichts der Zwecksetzung gerade in Bezug auf die interne Rechnungslegung1. Man wird daher die Tätigkeiten dahingehend zu _______________
1 BerlKommTKG/Busse von Colbe, § 24 Rz. 20 ff., der allerdings die externe Rechnungslegung ausnimmt.
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H Rz. 232
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
verstehen haben, dass es darum geht, die Geschäftstätigkeit des verpflichteten Unternehmens in einzelne Bereiche aufzuspalten, für die dann jeweils getrennt die Rechnungsführung zu erfolgen hat. Das hierfür in Frage kommende Abgrenzungsraster kann mit niedriger Granularität beginnen, wie etwa die Abgrenzung der Geschäftsbereiche für Vorleistungen einerseits und Endnutzerleistungen andererseits1 und sich dann z. B. wie folgt fortsetzen: –
Vorleistungen und Endnutzerleistungen getrennt für einzelne Märkte (Anschlüsse, Telefonverbindungen im Festnetz und/oder Mobilfunknetz, Internet-Zugang, Daten etc.);
–
zusätzlich getrennt nach regionalen bzw. überregionalen Aktivitäten und/oder
–
zusätzlich getrennt nach Anschlussnetz und Fernübertragungsnetz und/ oder
–
zusätzlich getrennt nach Hauptleistungen und Nebenleistungen bzw. nach Waren- und Dienstleistungsanteilen.
Hierbei kommt es dann auf die getrennte und verursachungsgerechte Allokation der Einzel- und Gemeinkosten sowie der Kapitalkosten an, nebst der Angaben darüber, nach welcher Methodik diese ermittelt wurden sowie darauf basierend insbesondere auf die intern zugrunde gelegten Verrechnungspreise einerseits und die extern verwendeten Vorleistungspreise andererseits2 (insoweit ausdrücklich § 24 Abs. 1 S. 2 TKG). Verrechnungs- und Vorleistungspreise sollten freilich identisch sein, ohne dass methodische Unterschiede bei der Kostenallokation bestehen. Wegen der Verwendung des Begriffs „bestimmte Tätigkeiten“ kann allerdings die Auferlegung der getrennten Rechnungsführung nicht für alle denkbaren Zugangsleistungen in Betracht kommen, sondern die betreffenden Leistungen müssen spezifiziert werden3. 232
Bei der in § 24 Abs. 1 S. 4 TKG enthaltenen Regelung geht es zusätzlich darum, dass die BNetzA konkrete Vorgaben zu Format und Rechnungsführungsmethode machen, dem verpflichteten Unternehmen also vorschreiben kann, wie die getrennte Rechnungsführung zu erfolgen und auszusehen hat. Bei Formatvorgaben geht es um die Gliederungsstruktur der Rechnungsfüh_______________
1 Vgl. ERG (05) 29, ERG Common Position: Guidelines for implementing the Commission recommendation C (2005) 3480 on Accounting Separation & Cost Accounting Systems under the regulatory framework for electronic communications, S. 4. 2 Vgl. ERG (05) 29, ERG Common Position: Guidelines for implementing the Commission recommendation C (2005) 3480 on Accounting Separation & Cost Accounting Systems under the regulatory framework for electronic communications, S. 4 f. 3 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 155 ff. über www.justiz. nrw.de.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 234 H
rung1. Was die Rechnungsführungsmethode anbetrifft, geht es im wesentlichen um Kalkulations- und Allokationsmethoden für Kosten, Umsätze, Vermögenswerte und Verbindlichkeiten2. 7.3.4.2 Vorlagepflichten und Veröffentlichung Nach § 24 Abs. 2 S. 1 TKG kann die BNetzA verlangen, dass ihr die Kostenrechnungs- und Buchungsunterlagen nach § 24 Abs. 1 TKG einschließlich sämtlicher damit zusammenhängender Informationen und Dokumente auf Anforderung in vorgeschriebener Form (§ 24 Abs. 1 S. 4 TKG) vorgelegt werden. Ausweislich der Zweckbestimmung in Art. 11 Abs. 2 S. 2 Zugangsrichtlinie dient die Vorlagepflicht der Überprüfung, ob Transparenz- und Gleichbehandlungsverpflichtung vom verpflichteten Unternehmen eingehalten worden sind. Auch hieran wird deutlich, dass die Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung keinem Selbstzweck folgt, sondern andere auferlegte Vorabverpflichtungen unterstützt, indem sie der Kontrolle der Einhaltung dieser Verpflichtungen dient. Die Vorlagepflicht als solche auf Verlangen der BNetzA ist angesichts der Formulierung eine unmittelbar aus dem Gesetz folgende Annexverpflichtung, sofern und soweit Verpflichtungen nach § 24 Abs. 1 TKG auferlegt worden sind. Allerdings scheint zur Rechtssicherheit geboten, die Vorlageverpflichtung in den Tenor der die Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung aussprechenden Regulierungsverfügung (feststellend) mit aufzunehmen.
233
Zusätzlich zur Vorlagepflicht seitens des verpflichteten Unternehmens hat die BNetzA nach § 24 Abs. 2 S. 2 TKG auch das Recht, die vorgelegten Informationen unter Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen in geeigneter Form zu veröffentlichen, soweit dies zur Erreichung der in § 2 Abs. 2 genannten Regulierungsziele beiträgt. Hierzu enthält die bereits erwähnte Empfehlung der Kommission 2005/698/EG (Rz. 225) in ihrem Anhang detaillierte Vorschläge bezogen auf einen jährlichen Berichtszeitraum mit baldmöglichster Veröffentlichung nach Ende des betreffenden Geschäftsjahrs:
234
– „Gewinn- und Verlustrechnung; – Aufstellung des eingesetzten Kapitals (mit detaillierter Berechnungsweise und den Werten der verwendeten Parameter); – Konsolidierung und Abstimmung mit den gesetzlich vorgeschriebenen Jahresabschlüssen und anderen Kostenrechnungsquellen;
_______________
1 BerlKommTKG/Busse von Colbe, § 24 Rz. 25. 2 Vgl. ERG (05) 29, ERG Common Position: Guidelines for implementing the Commission recommendation C(2005) 3480 on Accounting Separation & Cost Accounting Systems under the regulatory framework for electronic communications, S. 29 f.
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H Rz. 234
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
– Beschreibung der Kostenrechnungsmethoden mit Angabe der Berechnungsgrundlage und -normen, Zuordnungs- und Bewertungsmethoden, Ermittlung und Behandlung indirekter Kosten; – Angaben zur Nichtdiskriminierung (detaillierte Aufstellung der Transferentgelte); – Ergebnis der Rechnungsprüfung (falls von der nationalen Regulierungsbehörde verlangt); – Beschreibung der Grundsätze für die allgemeine Buchführung und für die Rechnungslegung zu Regulierungszwecken; – Erklärung der Übereinstimmung mit den einzelstaatlichen und gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften; – sonstige zusätzliche Aufstellungen, soweit erforderlich.“
Aus Sicht der EU-Kommission kann der Aufbau demjenigen normaler Jahresabschlüsse folgen, wobei die in der Liste erwähnte Übereinstimmungserklärung als nicht vertraulich angesehen wird. Darin sollen mindestens die folgenden Angaben enthalten sein: – „die Schlussfolgerungen des Rechnungsprüfers; – alle festgestellten Unregelmäßigkeiten; – Empfehlungen des Rechnungsprüfers (mit Darlegung der jeweiligen Auswirkungen); – die vollständige Beschreibung der verwendeten Prüfmethoden; – einige zusammengefasste Finanz- und Rechnungslegungsdaten (z. B. Kostenanpassungen nach Wiederbeschaffungswerten, die den Zuordnungsmethoden zugrunde liegenden Hauptannahmen, Höhe der zugeordneten Kosten und Detailtiefe des Modells).“
Wenngleich die Empfehlung auch aufgrund und in Zusammenhang mit der Entgeltregulierung zu sehen ist, macht die EU-Kommission dennoch deutlich, dass „die Kostenrechnungssysteme und die getrennte Buchführung hinreichend detaillierte finanzielle Informationen liefern, um die Einhaltung der Grundsätze der Nichtdiskriminierung und Transparenz nachzuweisen und eine sachgerechte Feststellung und Zuordnung der Erträge, der Kosten, des eingesetzten Kapitals und des Umfangs der verschiedenen Tätigkeiten des Betreibers zu ermöglichen. […] Die zu Regulierungszwecken verlangten Finanzinformationen sind für die nationalen Regulierungsbehörden und für die Parteien bestimmt, die von den auf ihrer Grundlage gefassten Regulierungsentscheidungen betroffen sind, also etwa Wettbewerber, Investoren und Verbraucher. In dieser Hinsicht kann die Veröffentlichung solcher Informationen zu einem offenen und wettbewerbsorientierten Markt beitragen und die Glaubwürdigkeit des zu Regulierungszwecken vorgeschriebenen Rechnungslegungssystems stärken.“
Dementsprechend kann die Auferlegung der Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung erheblich erweiternde Auswirkungen auf die (sonstigen gesetzlichen) finanziellen Berichts- und Offenlegungspflichten des verpflichteten Unternehmens haben sowie auf dessen interne Prozesse und Strukturen. Genau das freilich ist hiermit intendiert.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 237 H
Die BNetzA besitzt hinsichtlich der Veröffentlichung ein nur durch die Pflicht zur Wahrung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen eingeschränktes Ermessen. Das Ermessen wird auch nicht durch den Hinweis auf die Regulierungsziele des § 2 Abs. 2 TKG eingeschränkt. Denn die Veröffentlichung muss nicht diesen Zielen dienen, es reicht vielmehr, wenn die Veröffentlichung zur Erreichung der Regulierungsziele beiträgt. Damit ist die Verknüpfung zu den Regulierungszielen deutlich abgeschwächt.
235
7.3.5 Auferlegungspraxis der BNetzA Die BNetzA hat die getrennte Rechnungsführung bisher in drei Fällen auferlegt: –
Schmalbandige Zuführung von Verbindungen für Online-Dienste, wo gleichzeitig weder eine Zugangsgewährungsverpflichtung noch die Entgeltgenehmigungspflicht auferlegt wurde1;
–
IP-Bitstrom-Zugang, wo Zugangsgewährungsverpflichtung, Entgeltgenehmigungspflicht und getrennte Rechnungsführung kumulativ auferlegt wurden2;
–
ATM-Bitstrom-Zugang, wo keine gleichzeitige Entgeltgenehmigungspflicht auferlegt wurde3.
236
Die Auferlegungsentscheidung begründet die BNetzA typischerweise mit dem Bestehen vertikaler Integration beim verpflichteten Unternehmen und der damit verbundenen Notwendigkeit, die Einhaltung des gleichzeitig auferlegten Gleichbehandlungsgebots sicherzustellen und unzulässige Quersubventionen zu verhindern. Gerade zur Herstellung von Transparenz bei den internen Verrechnungspreisen reiche die Transparenzverpflichtung selbst nicht aus4. In den konkreten Fällen der Auferlegung trifft die BNetzA auch konkrete Vorgaben darüber, wie sie die Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung auferlegt und verbindet dies mit der Vorlagepflicht für Unterlagen. Die nachstehende Tabelle fasst dies kurz zusammen:
_______________
1 BNetzA, Beschl. v. 16.11.2005 – BK4a-05-05/R (Zuführung Online-Dienste), BNetzA Mitteilung Nr. 278/2005 ABl. Nr. 22/2005. 2 BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006. 3 BNetzA, Beschl. v. 7.3.2007 – BK4a-06/006/R (ATM-Bitstrom-Zugang), BNetzA Mitteilung Nr. 131/2007, ABl. Nr. 5/2007. 4 Siehe BNetzA, Beschl. v. 16.11.2005 – BK4a-05-05/R (Zuführung Online-Dienste), S. 10, BNetzA Mitteilung Nr. 278/2005 ABl. Nr. 22/2005, S. 1781 (1791).
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237
H Rz. 238
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
§ 24 Abs. 1 TKG
§ 24 Abs. 2 TKG
Regulierungsverfügung ggü. DTAG zu Online-Diensten (Märkte Nr. 8 und 10)
Transparente Gestaltung der Vorleistungspreise in den relevanten Märkten, insbes. für die Produkte AfOD und OVF, und der internen Verrechnungspreise.
Vorlage von Informationen an BNetzA auf Anforderung über Absatzmengen und Umsätze der extern angebotenen und intern genutzten Vorleistungsprodukte.
Regulierungsverfügungen ggü. DTAG zu IP- und ATM-Bitstrom-Zugang (Markt Nr. 12)
Transparente Gestaltung der Vorleistungspreise in dem relevanten Markt für externe Zugangsleistungen, und der internen Verrechnungspreise für die entsprechenden intern genutzten Vorleistungen.
Vorlage von Informationen an BNetzA auf Anforderung über Absatzmengen und Umsätze der extern angebotenen und intern genutzten Vorleistungsprodukte.
Daraus wird ersichtlich, dass die BNetzA bislang über die freilich wichtigste Funktion der getrennten Rechnungsführung, nämlich Herstellung von Transparenz zwischen internen und externen Vorleistungspreise, nicht hinausgegangen ist. 238
Die Ablehnungsentscheidung begründet die BNetzA mehrfach damit, dass bei gleichzeitigem Bestehen bzw. Auferlegung der Entgeltgenehmigungspflicht für ebenfalls gleichzeitig auferlegte Zugangsgewährungsverpflichtungen bereits hinreichende Eingriffsmöglichkeiten (§§ 29, 33 und 35 TKG) bestünden, um den Zielen der getrennten Rechnungsführung Rechnung zu tragen1. Im Bereich der Terminierung in Netze alternativer Teilnehmernetzbetreiber ist dagegen sowohl auf die Entgeltgenehmigungspflicht wie auch auf die getrennte Rechnungsführung verzichtet worden; letzteres allerdings trotz Auferlegung von Gleichbehandlungs- und Transparenzverpflichtung ohne nähere Begründung2. Dies dürfte an der bei den dortigen verpflichteten Unternehmen derzeit kaum bestehenden vertikalen Integration liegen.
_______________
1 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 19, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005, S. 578 (597); BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 36 f., BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005, S. 1461 (1497 f.); BNetzA Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001 (-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), S. 20 f., BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006, S. 2271 (z. B. 2291 f.). 2 BNetzA Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016 (-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 241 H
Soweit ersichtlich hat die BNetzA bislang keine Maßnahmen in Richtung auf die Veröffentlichung der vorzulegenden Informationen getroffen1. Dies liegt freilich daran, dass die Auferlegung der Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung lediglich in einem der beiden Fälle mehr als ein Jahr zurück liegt. Allerdings betreffen die relevanten Märkte in den bisherigen Fällen sowohl schmal- als auch breitbandige Internet- bzw. Datennutzungen, so dass es sich mit Blick auf diese Märkte und die weiteren Entwicklung im Breitbandbereich geradezu aufdrängt, hier auch Veröffentlichungen vorzunehmen. Dies gilt umso mehr, als es sich bei dem Bitstrom-Zugang um einen in Deutschland bislang noch nicht vorhandenen Markt handelt, so dass gerade hier die Chance besteht, das Marktvertrauen in die Regulierung von Anfang an herzustellen.
239
7.3.6 Rechtsschutz, Durchsetzung der getrennten Rechnungsführung und Sanktionen Auch im Rahmen der Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung stellen sich die gleichen Rechtsschutzfragen wie bei den anderen untersuchten Vorabverpflichtungen für und gegen deren Auferlegung sowie hinsichtlich ihrer Durchsetzung.
240
7.3.6.1 Rechtsschutz zur Erlangung oder gegen den Widerruf der Transparenzverpflichtung Wettbewerber könnten versucht sein, die Auferlegung der Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung im Wege einer Verpflichtungsklage vor dem Verwaltungsgericht Köln durchzusetzen. Allerdings wird es hier an der nötigen Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO fehlen. Denn hier wird man unabhängig von der ohnehin dem Drittschutz negativ gegenüber stehenden Rechtsprechung des VG Köln2 annehmen müssen, dass § 24 TKG keine subjektiv-öffentlichen Rechte und damit kein Drittschutz für Wettbewerbsunternehmen beinhaltet. Zwar dient § 24 TKG ausdrücklich (§ 24 Abs. 1 S. 3 TKG) auch der Einhaltung der Gleichbehandlungsverpflichtung des § 19 TKG, für den nach der hier vertretenen Auffassung die drittschützende Wirkung zu bejahen ist (siehe oben Rz. 188). Indes geht es hier um seitens der BNetzA auszuübende Kontrollrechte, bei denen die BNetzA als unmittelbar Berechtigte aus § 24 TKG die bereits erwähnte Funktion eines „Verpflichtungsmittlers“ ausübt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der in § 24 Abs. 2 S. 2 TKG vorgesehenen Veröffentlichungsmöglichkeiten. Denn wie der Hinweis auf die Regulierungsziele in § 2 Abs. 2 TKG zeigt, geht es dabei um _______________
1 Es liegen allerdings Veröffentlichungen in Form von Kostenmodellen vor (Anschlussnetz, nationales Verbindungsnetz und Breitbandnetz sowie Branchenprozessmodell Telekommunikation, das sich mit der Allokation von Gemeinkosten befasst), die sich allerdings vornehmlich auf die Entgeltregulierung beziehen. 2 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05.
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241
H Rz. 242
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
allgemeine Ziele und den Wettbewerb an sich, nicht aber um konkrete Rechte einzelner Unternehmen. Damit entfällt auch der Rechtsschutz gegen den Widerruf einer zuvor auferlegten Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung.
7.3.6.2 Rechtsschutz gegen die Auferlegung der Transparenzverpflichtung 242
Das als Adressat einer Regulierungsverfügung betroffene Unternehmen ist dagegen grundsätzlich befugt, die mittels der Regulierungsverfügung auferlegte Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung anzufechten. Hierbei kann es sich bei einer Regulierungsverfügung, die mehrere Verpflichtungen auferlegt, auch lediglich auf ein Vorgehen gegen diese Verpflichtung im Wege einer Teilanfechtung (siehe auch G. Rz. 232) beschränken.
7.3.6.3 Durchsetzung der Transparenzverpflichtung und Sanktionen 243
Der Verstoß gegen die auferlegte Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung ist keine Ordnungswidrigkeit nach § 149 TKG. Dies ist verwunderlich, weil Verstöße gegen die ähnlich gelagerten Regelungen des § 29 Abs. 2 S. 1 und 2 TKG nach § 149 Abs. 1 Nr. 4 lit. a) TKG bußgeldbewehrt sind.
244
Ebenso wie die Transparenzverpflichtung ist die Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung auch nicht mittels einer Zugangsanordnung nach § 25 TKG durchzusetzen, selbst wenn sie gemeinsam mit einer Zugangsgewährungsverpflichtung auferlegt worden ist. Denn hier geht es um Kontrollrechte der BNetzA und etwaige Veröffentlichungen durch die BNetzA, die nicht als auferlegbare Zugangsbedingungen im Verhältnis zwischen dem zugangsverpflichteten und dem zugangsbegehrenden Unternehmen auferlegbar angesehen werden können; sie stehen zwar mittelbar mit der Zugangsbeziehung in Zusammenhang, aber dennoch außerhalb der eigentlichen Zugangsbeziehung selbst. Auch ein Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG dürfte unstatthaft sein. Denn genauso wie bei der Frage der Auferlegung der Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung (siehe oben Rz. 241) fehlt es an der Unmittelbarkeit der Verpflichtung im Verhältnis zwischen verpflichtetem Unternehmen und dem Wettbewerber. Allerdings wird es vor dem Hintergrund, dass die derzeitige Auferlegungspraxis auf die Transparenz zwischen internen und externen Vorleistungspreisen konzentriert ist, bei Fragen der Durchsetzung regelmäßig auch um eine Verletzung der Gleichbehandlungsverpflichtung gehen. Dabei wird die BNetzA die Einhaltung der Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung zwangsläufig inzident mitprüfen. Diesbezügliche Verstöße dürften dabei eine Vermutung dafür begründen, dass das Gleichbehandlungsgebot tatsächlich verletzt worden ist. Damit verbleiben für die isolierte Durchsetzung der Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung lediglich der Verwaltungszwang sowie die Befugnisse der BNetzA aus § 126 TKG. 862 | Heun
Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 246 H
Schließlich ermöglichen aber Verstöße gegen die die Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung auferlegende Regulierungsverfügung auch ein zivilrechtliches Vorgehen aufgrund der in § 44 Abs. 1 TKG vorgesehenen Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadenersatzansprüche bei Verstößen gegen Verfügungen der BNetzA. Anders als das besprochene Drittschutzerfordernis im öffentlichen Recht ist nämlich im Rahmen von § 44 Abs. 1 TKG das ähnlich wirkende so genannte Schutznormerfordernis für die dortigen zivilrechtlichen Ansprüche gegenüber der früheren Regelung des § 40 TKG 1996 zugunsten des weitaus geringeren Erfordernisses der Beeinträchtigung1 entfallen. Dies steht im Zusammenhang mit der 7. GWBNovelle2, mit der die Parallelvorschrift des § 33 GWB entsprechend angepasst worden ist, um der Rechtsprechung des EuGH Rechnung zu tragen3. Danach soll nämlich jedermann, der durch einen Verstoß (gegen wettbewerbs- bzw. kartellrechtliche Bestimmungen) geschädigt ist, auch Schadenersatz nach den Bestimmungen des nationalen Rechts verlangen können4. Indes werden Verstöße gegen die auferlegte Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung regelmäßig auch Verstöße gegen die bislang immer auferlegte Gleichbehandlungsverpflichtung bedeuten, so dass ein isolierter Schaden wenig wahrscheinlich sein dürfte.
245
7.4 Zugangsverpflichtungen nach § 21 TKG Die nach § 21 TKG auferlegbaren Zugangsverpflichtungen sind die besonders bedeutsamen eigentlichen Zugangsverpflichtungen bzw. Zugangsgewährungsverpflichtungen (siehe oben Rz. 133). Der in § 21 TKG vorgesehene Katalog an Verpflichtungen fasst einerseits die früher im TKG 1996 und in den dazu ergangenen Verordnungen verstreuten Verpflichtungen zusammen, ist aber andererseits wesentlich differenzierter ausgestaltet. Die Regelung besteht aus vier Komponenten: –
ein Prognose-, Abwägungs- und Ermessensprogramm mit einem Katalog von Abwägungskriterien für die Auferlegung der Zugangsgewährungsverpflichtungen (§ 21 Abs. 1 TKG), die das Auswahlermessen der BNetzA steuern;
–
einem Soll-Katalog in Gestalt von abschließend aufgezählten Verpflichtungen, welche die BNetzA auferlegen „soll“ (§ 21 Abs. 3 TKG);
–
einem Kann-Katalog in Gestalt von nicht abschließend aufgezählten Verpflichtungen, welche die BNetzA auferlegen „kann“ (§ 21 Abs. 3 TKG); und
_______________
1 2 3 4
Siehe BT-Drucks. 15/2316, S. 72 (zu § 42 TKG-E). GWB i. d. F. v. 15.7.2005, BGBl. I, S. 2114. Siehe BT-Drucks. 15/5049, S. 49. EuGH, Urt. v. 20.9.2001, Rs. C-453/999 (Courage vs. Crehan), Rz. 23 und 26 des amtlichen Umdrucks.
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246
H Rz. 247 –
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
einer Ausnahmeregelung für bestimmte Zumutbarkeitstatbestände, bei deren nachweislichem Bestehen trotz Vorliegen der sonstigen Auferlegungsvoraussetzungen die Auferlegung von Verpflichtungen im Einzelfall unterbleibt oder in anderer Form erfolgt (§ 21 Abs. 4 TKG).
Die im Referentenentwurf für den Soll-Katalog noch enthaltene Vermutungsregel, dass für diese Verpflichtungen die Abwägungskriterien des § 21 Abs. 1 TKG als eingehalten gelten, ist zugunsten einer lediglich ermessensreduzierenden1 Formulierung entfallen. Im Soll-Katalog finden sich der entbündelte Zugang zum Teilnehmeranschluss (§ 21 Abs. 3 Nr. 1 TKG), die Zusammenschaltung von Telekommunikationsnetzen (§ 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG), der offene Zugang zu technischen Schnittstellen, Protokollen oder anderen Schlüsseltechnologien (§ 21 Abs. 3 Nr. 3 TKG) sowie die Kollokation und andere Formen der gemeinsamen Nutzung von Einrichtungen (§ 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG). Andere im Referentenentwurf noch unter der Vermutungsregel aufgeführte Verpflichtungen sind in den Kann-Katalog des § 21 Abs. 2 TKG eingeflossen. 247
Die Bestimmungen in § 21 TKG stehen im Zentrum der Zugangsregulierung des TKG. Die hiernach auferlegbaren Verpflichtungen beinhalten die höchste Eingriffsintensität und sind deswegen durch die in § 21 Abs. 1 TKG enthaltenen Abwägungskriterien gleichermaßen begrenzt wie abgesichert. Die wettbewerbssichernden2 wie wettbewerbsbelebenden3 Zwecke der Zugangsregulierung werden hier besonders deutlich, weil die (Mit-)Benutzung von (Infrastruktur-)Einrichtungen und Diensten (siehe oben die Legaldefinition des Zugangs Rz. 36 ff.) eines anderen Unternehmens ermöglicht wird. 7.4.1 Europarechtliche Grundlagen
248
Mit § 21 TKG wird Art. 12 Zugangsrichtlinie umgesetzt. Wenngleich die Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber auch hier an vielen Stellen nahezu wortgleich erfolgte, gibt es dennoch Unterschiede im Einzelfall, die später anhand der konkreten Verpflichtungen erläutert werden. In struktureller Hinsicht unterscheidet Art. 12 Zugangsrichtlinie nicht zwischen einem Soll- und Kann-Katalog von Verpflichtungen, so dass die ermessenseinschränkende Wirkung der Regelung in § 21 Abs. 3 TKG kein europarechtliches Vorbild besitzt. Auch hat der deutsche Gesetzgeber den in Art. 12 Abs. 1 Zugangsrichtlinie enthaltenen Katalog an einigen Stellen klargestellt (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4, § 21 Abs. 3 Nr. 1 TKG), explizit erweitert (§ 21 Abs. 2 Nr. 6 und Nr. 7 TKG), aber auch verkürzt (§ 21 Abs. 3 Nr. 2) oder eingeschränkt (§ 21 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 5 TKG) sowie in einer anderen Be_______________
1 Der Gesetzentwurf spricht von einer „deutlichen“ Ermessensreduzierung, BTDrucks. 15/2316, S. 65. 2 Siehe § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG. 3 Siehe § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG und Erwägungsgrund (19) der Zugangsrichtlinie.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 250 H
stimmung umgesetzt (§§ 22 und 25 TKG). Ferner wurden die Abwägungskriterien des Art. 12 Abs. 2 Zugangsrichtlinie ergänzt (§ 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 und Nr. 7 TKG)
7.4.2 Adressaten von § 21 TKG Verpflichtetes Unternehmen nach § 21 TKG ist der Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes (zum Begriff siehe A. Rz. 33 ff.), sofern dieser infolge eines Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens seitens der BNetzA auf einem relevanten Markt über beträchtliche Marktmacht verfügt. Dann kann bzw. soll ihm mittels Regulierungsverfügung gemäß § 13 Abs. 1 TKG (siehe dazu auch G. Rz. 204) eine Zugangsgewährungsverpflichtung auferlegt werden. Wie schon bei Transparenz- und Gleichbehandlungsverpflichtung ist die Beschränkung auf Netzbetreiber in § 21 TKG enger als in der Vorlage des Art. 12 Abs. 1 Zugangsrichtlinie, wo lediglich von „Betreibern“ die Rede ist. Dies umfasst nach Art. 2 lit. c) Zugangsrichtlinie nicht nur Netzbetreiber, sondern auch Betreiber zugehöriger Einrichtungen. In richtlinienkonformer Auslegung des § 21 TKG sind daher auch hier solche Betreiber in den Anwendungsbereich der Regelung einzubeziehen (siehe A. Rz. 36).
249
Berechtigte Unternehmen sind in § 21 TKG nicht näher umschrieben, d. h. es wird ähnlich wie bei der Gleichbehandlungsverpflichtung lediglich von „anderen Unternehmen“ gesprochen. Daher erschließt sich der Kreis der berechtigten Unternehmen erneut grundsätzlich über den Rückgriff auf die Definition des Zugangs in § 3 Nr. 32 TKG (dazu oben Rz. 36 ff.) und des Unternehmens in § 3 Nr. 29 TKG (dazu G. Rz. 117). Dementsprechend geht es auch hier bei den berechtigten Unternehmen um solche, die einen Zugang i. S. v. § 3 Nr. 32 TKG in Bezug auf den betreffenden Markt nachfragen. Dies wiederum ergibt sich über die Marktdefinition des betreffenden Marktes. Im Ausgangspunkt ist daher der Kreis der nach § 21 TKG berechtigten Unternehmen weit zu ziehen, d. h. er beschränkt sich zunächst weder auf Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze noch auf Betreiber zugehöriger Einrichtungen. Allerdings erfolgt eine weitere Einschränkung des berechtigten Personenkreises durch die jeweiligen Zugangsgewährungsverpflichtungen des § 21 Abs. 2 und 3 TKG selbst, im Zusammenspiel mit der erwähnten Marktdefinition. Denn die dort genannten Verpflichtungen können naturgemäß nur jene Unternehmen berechtigten, welche selbst die Voraussetzungen für die mit der Zugangsgewährungsverpflichtung bezweckte Art des Zugangs im relevanten Markt erfüllen. So kommt etwa
250
–
für die Zusammenschaltung von Telekommunikationsnetzen nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG nur der Betreiber eines Telekommunikationsnetzes,
–
für die Verpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG nur Unternehmen mit bestehendem Zugang,
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H Rz. 251
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
–
für die Verpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG nur ein Wiederverkäufer (Reseller) von Telekommunikationsdiensten, und
–
für die Verpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG nur ein Unternehmen, dessen Endnutzer seine Leistungen über den Netzzugang des verpflichteten Unternehmens in Anspruch nehmen
als berechtigtes Unternehmen in Betracht. Am Beispiel der Vorleistungsmärkte Nr. 8–10 der Märkteempfehlung (Verbindungsaufbau, Transit und Anrufzustellung in festen öffentlichen Telefonnetzen) verdichtet sich daher der berechtigte Personenkreis für die Auferlegung einer Zusammenschaltungsverpflichtung nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG auf Betreiber von öffentliche Telefonnetzen1. 7.4.3 Verfahrenseinleitung und Antragstellung 251
Anders als die sonstigen auferlegbaren Zugangsverpflichtungen sieht § 21 Abs. 1 S. 1 TKG vor, dass das Verfahren zur Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung vom Amts wegen oder auf Antrag eröffnet wird. Sachlich geht es dabei um das Verfahren, welches als Ergebnis die Regulierungsverfügung nach § 13 TKG zum Gegenstand hat (siehe dazu auch G. Rz. 240 ff.). Das Antragsrecht war im ursprünglichen Referentenentwurf noch nicht vorgesehen2, findet sich aber angesprochen in Art. 12 Abs. 1 Zugangsrichtlinie. Dort wird keine klare Trennung vorgenommen zwischen der Auferlegung der Verpflichtung als solcher und ihrer Anordnung zwischen zwei Parteien, es sei denn man versteht Art. 12 Zugangsrichtlinie als abstrakte Verpflichtungsregelung. Hiergegen spricht freilich die nach Art. 12 Abs. 1, 3. Unterabsatz Zugangsrichtlinie vorgesehene Möglichkeit, die Zugangsgewährungsverpflichtungen mit Bedingungen in Bezug auf Fairness, Billigkeit und Rechtzeitigkeit verknüpfen zu können. Der deutsche Gesetzgeber hat sich indes dafür entschieden, die inhaltliche Ausgestaltung der Verpflichtungen auf Regulierungsverfügung (§ 13 i. V. m. den Regelungen über Zugangsverpflichtungen) und Zugangsanordnung (§ 25 TKG) aufzuteilen, indem die Bedingungen in Bezug auf Fairness, Billigkeit und Rechtzeitigkeit in § 25 Abs. 5 TKG aufgenommen wurde (siehe auch G. Rz. 209, 243). Mit Blick auf die in Art. 5 Abs. 4 Zugangsrichtlinie enthaltenen Rechte zugangsnachfragender Unternehmen3, hätte allerdings ein gleichzeitiger Verzicht auf das Antragsrecht in § 21 TKG eine Lücke bedeutet. _______________
1 Siehe Ziffer I.1 des Tenors der Regulierungsverfügung: BNetzA, Beschl. v. 5.10. 2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), BNetzA Mitteilung Nr. 244/ 2005 ABl. Nr. 19/2005. 2 Kritisch zum fehlenden Antragsrecht im Referentenentwurf Heun, CR 2003, 489. 3 Dort geht es um die Rechtsschutzmöglichkeiten von Nachfragern, den Zugang zu erzwingen, die vom deutschen Gesetzgeber vornehmlich bei der Anordnungsbefugnis des § 25 TKG gesehen werden: BT-Drucks. 15/2316, S. 66 (zu § 23 des Regierungsentwurfs).
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 254 H
Mit dem Antragsrecht ist dagegen noch keine Aussage darüber getroffen, ob seitens des Antragstellers auch die nötige Antragsbefugnis besteht1. Damit ist die Frage nach dem drittschützenden Charakter von § 21 TKG gestellt, die sowohl im behördlichen wie auch in einem etwaigen sich anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren relevant ist. Diese ist entgegen der Rechtsprechung des VG Köln2 zu bejahen (siehe oben Rz. 188, unten Rz. 390 ff. sowie ausführlich G. Rz. 239 ff.). Die Zugangsgewährungsverpflichtungen des § 21 Abs. 2 und 3 TKG sehen konkrete Handlungspflichten des zu verpflichtenden Unternehmens gegenüber den zugangsberechtigten Unternehmen (siehe oben Rz. 250) vor. Der Kreis dieser Unternehmen mag im Ausgangspunkt weit gezogen sein, er ist aber dennoch ein für den Drittschutz hinreichend individualisierter Personenkreis, weil es sich im Wesentlichen um nach § 6 TKG meldepflichtige Unternehmen handelt (dazu A. Rz. 29 ff. und auch G. Rz. 241 ff.) und er noch dazu durch die Art der einzelnen Verpflichtung und den relevanten Markt deutlich weiter eingegrenzt wird.
252
Mit Blick auf späteren Rechtsschutz ist ferner zu beachten, dass die jüngste Rechtsprechung nicht in jedem Einzelfall verlangt, dass vor einer Klageerhebung auch ein Antrag im Verwaltungsverfahren bei der BNetzA gestellt worden ist3. Vielmehr soll es genügen, wenn in der betreffenden Regulierungsverfügung das mit dem Klageantrag verfolgte Begehren mit hinreichender Deutlichkeit bereits adressiert und abgelehnt worden ist4. Dies betrifft im Wesentlichen die Aspekte, welche die BNetzA in der Regulierungsverfügung aus dem Konsultationsverfahren aufgreift. Gleichwohl ist es ratsam, aus Rechtsschutzerwägungen einen derartigen Antrag zu stellen, weil die Rechtsprechung bloße Stellungnahmen im vorangegangenen Konsultationsverfahren durch das Unternehmen selbst oder durch Verbände, denen das Unternehmen angehört, nur bei ausdrücklich zum Ausdruck gebrachten Willen, die Bescheidung eines bestimmten Begehrens zu erstreben, als Antragstellung gelten lässt5.
253
Die Antragsberechtigung des § 21 Abs. 1 TKG führt auch zu einer Verpflichtung der BNetzA, ein ggf. noch erforderliches Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren nach den §§ 10–12 TKG durchzuführen, sofern es sich dabei um einen Markt der Märkteempfehlung handelt (ausführlich G. Rz. 245 ff.). Denn hier steht das Verfahrensprogramm wegen der Bindungs-
254
_______________
1 So auch konkret VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 127 ff. über www.justiz.nrw.de unter Hinweis auf § 42 Abs. 4 S. 5 (nach TKG-Änderungsgesetz nunmehr S. 6) TKG. 2 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05. 3 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 88 über www.justiz.nrw.de. 4 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 69 ff. über www.justiz. nrw.de. 5 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 85 ff. über www.justiz. nrw.de.
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H Rz. 255
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
wirkung bzw. Berücksichtigungspflicht der Märkteempfehlung seitens der BNetzA (siehe G. Rz. 130 ff.) grundsätzlich fest und es besteht die gesetzliche Vermutung, dass diese Märkte regulierungsbedürftig sind (siehe G. Rz. 134). Diese Vermutung wirkt zugunsten des betreffenden Antragstellers. 7.4.4 Entscheidungsprogramm und Abwägungskatalog des § 21 Abs. 1 TKG 255
Die Bestimmung des § 21 Abs. 1 TKG enthält in seinem ersten Satz die Generalklausel für die Auferlegung von Zugangsgewährungsverpflichtungen, sowie die Voraussetzungen für solche Maßnahmen. Dies bedeutet zunächst, dass die BNetzA ungeachtet der Regelungen in § 21 Abs. 2 und 3 TKG bereits nach § 21 Abs. 1 S. 1 TKG Zugangsgewährungsverpflichtungen auferlegen kann (näher dazu unten Rz. 297). Satz 2 von § 21 Abs. 1 TKG ergänzt diese Ermächtigung um eine Vielzahl von Gesichtspunkten, welche die BNetzA in ihrem Entscheidungsprogramm „insbesondere“ zu berücksichtigen hat. Die Normstruktur ist komplex, orientiert sich dabei aber an Art. 12 Abs. 1 und Abs. 2 Zugangsrichtlinie. Aufgrund der Komplexität erscheint es als hilfreich, das Normprogramm in seine Einzelelemente herunter zu brechen. –
Tatbestandsvoraussetzung ist zunächst die im Marktanalyseverfahren festgestellte beträchtliche Marktmacht des potenziellen Adressaten („Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze, die über beträchtliche Marktmacht verfügen“). Weitere Voraussetzung für die Auferlegung von Zugangsgewährungsverpflichtungen ist „insbesondere, wenn anderenfalls die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten nachgelagerten Endnutzermarktes behindert oder diese Entwicklung den Interessen der Endnutzer zuwiderlaufen würde“.
–
Rechtsfolge nach Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen ist eine Ermessensentscheidung über die Anordnung von Zugangsgewährungsverpflichtungen und deren Reichweite, und zwar einschließlich der in § 21 Abs. 1 S. 1 TKG vorgesehenen „nachfragegerechten Entbündelung“.
–
zusätzliche Ermessensgesichtspunkte, die bei dieser Entscheidung berücksichtigt werden müssen, liefert sodann der nicht abschließende Katalog des § 21 Abs. 1 S. 2 TKG.
Diese Struktur wird allerdings im Schrifttum nicht überall geteilt. Einige sehen in den hier den Tatbestandvoraussetzungen zugeordneten Marktentwicklungen bzw. Nutzerinteressen lediglich weitere Abwägungsfaktoren, die den Kriterien in § 21 Abs. 1 S. 2 zugeordnet werden sollen1. Gegen diese Sicht sprechen zunächst Normstruktur und Wortlaut. Der Halbsatz zu Marktentwicklung und Nutzerinteressen ist deutlich als Voraussetzung eines Tätigwerdens der Behörde formuliert; dasselbe trifft übrigens auch auf Art. 12 Abs. 1 S. 2 Zugangsrichtlinie zu. Weiter enthält § 21 Abs. 1 S. 2 ge_______________
1 Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 33.
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Rz. 258 H
bündelt Abwägungsfaktoren getrennt von Satz 1. Ferner sind die meisten wenn nicht alle der in Satz 2 der Vorschrift aufgelisteten Gesichtspunkte und Kriterien solche, die tendenziell eher gegen die Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung ins Feld geführt werden können. Schließlich knüpft Satz 2 Nr. 4 der Vorschrift ebenfalls an die Marktentwicklung an, was nach der genannten Sicht zu einer Doppelung von Prüfungspunkten führen würde. Einige andere Stellungnahmen betrachten § 21 TKG nach Maßstäben des Planungsrechts1. Dem wird hier ebenfalls nicht gefolgt. Die Zugangsregulierung nach dem TKG unterscheidet sich deutlich von der Erstellung administrativer Pläne wie zum Beispiel Bebauungsplänen. Der Unterschied liegt im Arbeitsergebnis, das am Ende des administrativen Entscheidungsvorgangs steht. Bei der Zugangsregulierung geht es darum, ob marktmächtigen Unternehmen bestimmte Formen des Zugangs auferlegt werden oder nicht. Administrative Planung ist in ihren Regelfällen demgegenüber deutlich ergebnisoffener in dem Sinne, dass der Verwaltung mehr Handlungsoptionen verbleiben. Mit anderen Worten: Die Zugangsregulierung nach § 21 TKG ist nach unserem Verständnis konditional geprägt, die administrative Planung demgegenüber final2.
256
Die hiesige Kommentierung von § 21 TKG orientiert sich deshalb an „klassischen“ Kategorien der Auslegung verwaltungsrechtlicher Ermessenstatbestände, nicht hingegen an Kategorien des Planungsrechts. Dies reflektiert die Sichtweise des regulierten Unternehmens, das sich gegebenenfalls mit einer konkreten, per Verwaltungsakt (Regulierungsverfügung) auferlegten Zugangsgewährungsverpflichtung konfrontiert sieht. Für diese Herangehensweise spricht auch, dass der Unterschied in der gerichtlichen Kontrolle von Plänen gegenüber „normalen“ Ermessensentscheidungen vor allem terminologischer Art ist. Namentlich orientiert sich die gerichtliche Kontrolle von Plänen wie die von sonstigen Ermessensentscheidungen an § 114 VwGO3. Weiter verführt eine am Planungsrecht orientierte Betrachtungsweise zur Heranziehung von Argumentationstopoi wie etwa „Planungsleitlinien“, „Planungszielen“, „Planungsleitsätzen“ oder dem „Optimierungsgebot“. Der nach der hiesigen Ansicht verfehlte (dazu unten Rz. 271) gedankliche Schritt zur These, einzelne der in § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 7 genannten Faktoren seien anderen Faktoren übergeordnet4, ist dann nicht mehr weit.
257
Vor diesem Hintergrund bedeuten die genannten, in § 21 Abs. 1 S. 1 TKG enthaltenen Tatbestandsmerkmale Ausgangspunkt der seitens der BNetzA
258
_______________
1 Siehe als Beispiele BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 23 sowie Mayen, CR 2005, 21 (23). 2 Siehe zur Abgrenzung über das Begriffspaar konditional/final Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 40 Rz. 102. 3 Siehe Kopp/Schenke, VwGO, § 114 Rz. 34. 4 So Mayen, CR 2005, 21 (23) für die Netzkapazität aus § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 2.
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H Rz. 259
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
später durchzuführenden Ermessensausübung. In der Praxis verfährt die BNetzA dementsprechend anhand des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes so, dass sie für die betreffende Zugangsgewährungsverpflichtung prüft, ob diese ein geeignetes, und erforderliches (also mildest mögliches) Mittel ist, die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten nachgelagerten Endnutzermarktes zu fördern sowie die Interessen der Endnutzer zu wahren und in einem angemessenen Verhältnis zu diesen und den sonstigen Regulierungszielen des § 2 Nr. 2 TKG steht1. 7.4.4.1 Marktentwicklung und Endnutzerinteressen 259
Der oben (Rz. 255) wiedergegebene Wortlaut zur Entwicklung von Endnutzermarkt und Nutzerinteressen ist unschwer als prognostisch zu erkennen. Die BNetzA hat im Rahmen der Feststellung, ob die Voraussetzungen für eine Regulierungsverfügung vorliegen, Prognosen darüber anzustellen, wie der fragliche Endnutzermarkt sich ohne die Verfügung entwickeln würde bzw. ob die Interessen der Nutzer anderenfalls beeinträchtigt würden. Die Norm ist dabei sprachlich missglückt. Die im Zusammenhang mit den Nutzerinteressen angesprochene Entwicklung wäre bei streng wörtlichem Verständnis gerade die Entwicklung des vorigen Nebensatzes, also die „Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten nachgelagerten Endnutzermarktes“2. Das kann nicht gemeint sein. Vielmehr muss es darum gehen, ob die Nutzerinteressen voraussichtlich beeinträchtigt würden, wenn die Regulierungsverfügung unterbliebe3. Die Gesetzesfassung geht auf die Ergänzung des Regierungsentwurfs durch den Bundesrat zurück.
260
Die im letzten Satzteil von § 21 Abs. 1 S. 1 TKG angesprochene Marktentwicklung bzw. Nutzerinteressen sind eng mit dem Gesetzeszweck des TKG in dessen § 1 und einzelnen Regulierungszielen in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 verknüpft, welche ihrerseits an den grundgesetzlichen Gewährleistungsauftrag in Art. 87f Abs. 1 GG anknüpfen. (Auch) im Interesse der Endnutzer soll der Bund für flächendeckende, angemessene Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen sorgen. Nachhaltiger Wettbewerb ist ein Mittel zur Erreichung dieses Ziels.
_______________
1 Siehe etwa BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 13 f., BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006. 2 Siehe BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 33 sowie Beck TKGKomm/ Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 39. 3 So die Begründung der Regulierungsverfügung: BNetzA, Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001(-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), S. 9; BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 33, enger Beck TKG-Komm/Piepenbrock/ Attendorn, § 21 Rz. 39, die insoweit auf die Marktentwicklung abstellen. Auch Art. 12 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie, woran die gesetzliche Formulierung anknüpft, spricht aber für die hier vertretene Sicht.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 263 H
7.4.4.1.1 Entwicklung nachgelagerter Märkte In der ersten Variante zielt der Normwortlaut darauf ab, ob ohne die Auferlegung von Zugangsgewährungsverpflichtungen die Entwicklung nachhaltig wettbewerbsorientierter nachgelagerter Endnutzermärkte behindert wird. Die anzuordnenden Zugangspflichten sollen also auf Vorleistungsebene den Wettbewerb auf den an die Vorleistungen anknüpfenden Endnutzermärkten fördern und damit der Entwicklung nachhaltig wettbewerbsorientierter Endnutzermärkte dienen. Nachhaltig wettbewerbsorientiert ist ein Markt nach der ansonsten weitgehend überflüssigen (siehe G. Rz. 83 ff.) Legaldefinition in § 3 Nr. 12 TKG erst dann, wenn der Wettbewerb so abgesichert ist, dass er auch ohne sektorspezifische Regulierung bestehen bleibt. Das ist der Fall, wenn die Regulierungsbedürftigkeit des betreffenden Marktes anhand der Kriterien des § 10 Abs. 2 TKG nicht gegeben ist und dort Chancengleichheit herrscht (siehe G. Rz. 87).
261
Bei der Prüfung dieses Tatbestandsmerkmals sollten die Maßstäbe nicht überspannt werden. Zum einen verlangt das Gesetz lediglich, dass die Wettbewerbsentwicklung auf den nachgelagerten Märkten ohne Zugangsgewährungsverpflichtung behindert wird, ohne das Ausmaß der Beeinträchtigung zu qualifizieren. Ferner setzen Maßnahmen nach § 21 TKG beträchtliche Marktmacht des Adressaten voraus. Zu den Merkmalen solcher Marktmacht gehören ihrerseits das Bestehen von Marktzutrittschranken bzw. das Fehlen potenziellen Wettbewerbs (siehe G. Rz. 112 ff.)1. Mit anderen Worten: Wenn ein Unternehmen beträchtliche Marktmacht besitzt ist im Regelfall nicht zu erwarten, dass sich daran kurzfristig etwas ändert. Bestehende Marktmacht ist zumindest ein starkes Indiz gegen das Entstehen eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Markts.
262
In der Entscheidungspraxis stellt die BNetzA im Rahmen der Prüfung dieses Merkmals daher auch häufig auf bestehende Marktzutrittsschranken und deren Beseitigung durch angeordnete Zugangsmaßnahmen ab. Beispiele hierfür sind die Begründungen für die Anordnung der einzelnen Verbindungsleistungen Zuführung für die Betreiberauswahl, Zuführung zu Diensten, Terminierung, Transit plus Zuführung für die Betreiberauswahl sowie Transit plus Zuführung zu Diensten und Transit plus Terminierung im Rahmen der Regulierungsverfügung zu den Märkten Nr. 8 bis 10 der Märkteempfehlung2 sowie die Regulierungsverfügung zum vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss3, jeweils ergangen gegenüber der DTAG.
263
_______________
1 Dementsprechend setzen viele der in § 21 Abs. 2 und 3 genannten Zugangsmaßnahmen auch an typischen Marktzutrittsschranken an, etwa der Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung. 2 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 13, 17, 19, 22, 24 und 26, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005. 3 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 9, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005.
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H Rz. 264
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
7.4.4.1.2 Endnutzerinteressen 264
Die schon in Art. 12 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie vorgesehene Bezugnahme auf Interessen der Endnutzer als Anlass für Regulierungsmaßnahmen wurde im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens auf Anregung des Bundesrats1 in § 21 Abs. 1 TKG aufgenommen, der so einen Akzent im Sinne der Verbraucher setzen wollte. Endnutzer sind dabei gemäß § 3 Nr. 8 TKG nur solche Nachfrager nach Telekommunikationsdienstleistungen, die selbst weder Netze betreiben noch Dienste erbringen.
265
In der Literatur wird allerdings teils angezweifelt, ob dieses Tatbestandsmerkmal neben dem der Marktentwicklung einen eigenständigen Anwendungsbereich habe. Namentlich sei ein einheitliches Verbraucherinteresse kaum auszumachen2. Indessen haben manche der in § 21 Abs. 2 und 3 TKG vorgesehenen Varianten des Netzzugangs einen deutlichen Bezug zu den Interessen der Endnutzer3. Das gilt namentlich für § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG: Netzübergreifende Erreichbarkeit (Ende-zu-Ende-Kommunikation) ist ein wesentliches Interesse der Endnutzer, auf das auch die BNetzA in ihrer Entscheidungspraxis abstellt4. Hier wie womöglich auch in anderen Fällen ist ein Endnutzerinteresse an Regulierungsmaßnahmen möglicherweise einfacher zu begründen als ihr positiver Effekt auf den Wettbewerb. So gesehen ist die Aufnahme dieser Alternative als Rechtfertigung von Zugangsverpflichtungen ins Gesetz eine Arbeitserleichterung für die BNetzA. 7.4.4.1.3 Sonstige Fälle
266
§ 21 Abs. 1 S. 1 TKG leitet den Teilsatz zu Marktentwicklung und Nutzerinteressen mit dem Wort „insbesondere“ ein, woraus nach gängiger juristischer Auslegungspraxis folgt, dass diese zwei Merkmale nicht abschließend sind. Mit leicht abweichendem Wortlaut („unter anderem“ statt „insbesondere“) deckt sich dies mit Art. 12 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie. Demnach wären also andere Gesichtspunkte als die Marktentwicklung und/oder Nutzerinteressen prinzipiell ebenfalls zur Rechtfertigung von Regulierungsverfügungen tauglich. Als solche Gesichtspunkte in Frage kommen dabei alle Regulierungsziele des § 2 Abs. 2 TKG, wobei allerdings die Ziele in Nr. 1 (Nutzerinteressen) und Nr. 2 (Wettbewerbsförderung) in § 21 Abs. 1 S. 1 TKG bereits ausdrücklich erwähnt sind und bei den Zielen Nr. 4 (Förderung _______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 111, BT-Drucks. 15/2345, S. 2. 2 Siehe BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 34 unter Bezugnahme auf Monopolkommission, Sondergutachten 40, Rz. 53. 3 Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 40. 4 Siehe die Regulierungsverfügungen: BNetzA, Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016 (-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), S. 7, BNetzA Mitteilung Nr. 191/ 2006 ABl. Nr. 11/2006; BNetzA, Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001(-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), S. 9, BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 269 H
des europäischen Binnenmarkts), Nr. 5 (Versorgung mit Universaldiensten), Nr. 6 (Förderung von Telekommunikationsdiensten bei öffentlichen Einrichtungen), Nr. 7 (effiziente und störungsfreie Frequenznutzung), Nr. 8 (effiziente Nutzung von Nummern) und Nr. 9 (öffentliche Sicherheit) schwer erkennbar ist, wie sie durch Regulierungsverfügungen gefördert werden könnten, die nicht zugleich auch dem Wettbewerb oder Nutzerinteressen dienlich sind. Bleibt das Regulierungsziel der Förderung effizienter Infrastrukturinvestitionen und von Innovationen aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 TKG. Es erscheint jedenfalls als vorstellbar, dass bestimmte Formen des Zugangs Innovationen und/oder effiziente Infrastrukturinvestitionen auf Seiten der Nachfrager fördern, ohne sich deshalb unmittelbar positiv auf den Wettbewerb auf Endnutzermärkten oder Nutzerinteressen auszuwirken. Dass diese Gesichtspunkte als Rechtfertigung für Regulierungsmaßnahmen in Frage kommen, wird daneben durch Art. 5 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie gestützt, der neben einer allgemeinen Bezugnahme auf die Regulierungsziele die Effizienz neben Wettbewerb und Endnutzerinteressen als ein Ziel hervorhebt, das die nationalen Regulierungsbehörden im Regulierungsfeld Zugang und Zusammenschaltung verfolgen sollen1. In der Praxis der BNetzA sind Effizienzgesichtspunkte auch schon zur Begründung von Regulierungsverfügungen herangezogen worden. In der Regulierungsverfügung zu den Märkten Nr. 8 bis 10 der Märkteempfehlung wird sowohl hinsichtlich der Zuführung zu Diensten also auch bei der Zulassung von Kooperationsmöglichkeiten von Kollokationskunden auf Effizienzerwägungen abgestellt2.
267
7.4.4.1.4 Beurteilungsspielraum Fraglich ist, ob der Bundesnetzagentur bei der Bewertung von Marktentwicklung, Nutzerinteressen oder sonstigen Gesichtspunkten als Voraussetzungen für die Anordnung von Zugangspflichten per Regulierungsverfügung ein so genannter Beurteilungsspielraum zusteht. Dies würde bedeuten, dass das Vorliegen dieser Merkmale im Rahmen gerichtlicher Auseinandersetzungen durch die Verwaltungsgerichte nicht selbstständig überprüft wird. Die gerichtliche Kontrolle würde sich vielmehr darauf beschränken, ob die behördlichen Feststellungen zu diesen Punkten fehlerfrei zustande gekommen sind3.
268
Ansatzpunkte, die für einen Beurteilungsspielraum der Behörde sprechen könnten, sind zum einen der Wortlaut von Art. 12 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie, zum zweiten das prognostische Element der Bewertung von Markt-
269
_______________
1 So auch Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 41. 2 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 17 und 33, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005. 3 Siehe näher Kopp/Schenke, VwGO, § 114 Rz. 23 ff., 30 ff. sowie Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 40 Rz. 71 ff. und 86 ff., jeweils m. w. N.
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H Rz. 270
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
entwicklung sowie Nutzerinteressen. Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie stellt auf die „Auffassung“ der nationalen Regulierungsbehörden ab. Daneben werden Feststellungen prognostischer Art teils als Fälle eines gerichtlich nur eingeschränkten Beurteilungsspielraums gesehen1. 270
Gegen einen solchen Beurteilungsspielraum spricht allerdings der Wortlaut von § 21 Abs. 1 TKG, der anders als Art. 12 Zugangsrichtlinie nicht auf die Einschätzung der BNetzA abstellt, sondern objektiv formuliert ist. Ob hier bewusst von der Richtlinie abgewichen wurde, ist nach den Gesetzesmaterialien, die diesen Punkt nicht erwähnen, offen2. Auffallend ist in diesem Zusammenhang auch, dass das Gesetz an anderer Stelle in § 10 Abs. 2 TKG ausdrücklich von Beurteilungsspielräumen spricht. Daher sprechen sowohl Wortlaut (anders als bei § 30 Abs. 1 S. 2 TKG, siehe G. Rz. 217) als auch systematische Auslegung eher gegen das Bestehen eines Beurteilungsspielraums. 7.4.4.2 Grundlagen zum Ermessens- und Abwägungsprogramm
271
Über die klassischen Elemente des bei Ermessensausübung zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (geeignetes, erforderliches bzw. mildestes und angemessenes Mittel zur Zweckerreichung) hinaus (siehe oben Rz. 258) enthält § 21 Abs. 1 S. 2 TKG ein umfassendes Programm an Gesichtspunkten, welche die BNetzA im Rahmen der Auferlegung von Zugangsgewährungsverpflichtungen zu prüfen hat. Nr. 1 bis 7 der Norm enthalten dabei die nicht abschließende Aufzählung von Aspekten, die zur Beantwortung der Frage heranzuziehen sind, ob anzuordnende Zugangspflichten „in einem angemessenen Verhältnis zu den Regulierungszielen“ stehen. Der Kriterienkatalog in Nr. 1 bis 7 geht wie auch die Prüfung der Angemessenheit im Verhältnis zu den Regulierungszielen weitgehend auf Art. 12 Abs. 2 Zugangsrichtlinie zurück. Die Kriterien des § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 7 TKG sind grundsätzlich gleichrangig3. Weder der Normwortlaut, die Gesetzesmaterialien, noch die zugrunde liegenden europarechtlichen Vorgaben geben irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass einzelne der Kriterien stärkeres Gewicht oder einen höheren Grad an Verbindlichkeit haben oder gar als so genannte „Planungsleitsätze“ eine absolute Grenze bei der Ermessensausübung darstellen sollen. Dies gilt insbesondere auch für den Gesichtspunkt der Netzkapazität des verpflichteten Unternehmens aus Nr. 2. Die Gesetzesmaterialien sind gerade in diesem Punkt eindeutig4. Die im Schrifttum teils vertretene gegenteilige Ansicht5 ist deshalb abzulehnen. _______________
1 2 3 4
Siehe Kopp/Schenke, VwGO, § 114 Rz. 37 f. Siehe BT-Drucks. 15/2316, S. 64. So auch Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 75. Siehe BT-Drucks. 15/2316, S. 64 f., wo es heißt: „Das Kriterium […] ist nicht in dem Sinne zu verstehen, dass der Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht unter keinen Umständen zum Kapazitätsaufbau verpflichtet werden kann.“ 5 Vertreten wird dies von Mayen, CR 2005, 21 (23).
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 273 H
Nach dem Normtext („ob eine Zugangsverpflichtung gerechtfertigt ist“) ist die Prüfung des Katalogs und die Abwägung dabei für jede anzuordnende Zugangspflicht separat durchzuführen1. Auch wenn die Norm in Anlehnung an Art. 12 Abs. 2 Zugangsrichtlinie dies so formuliert, kann es dabei nicht um die Abwägung mit allen Regulierungszielen des § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 TKG gehen2. Es wäre unsinnig, bei der Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung, die zur Förderung des Wettbewerbs ergeht, etwa eine Abwägung der in § 21 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 TKG genannten Kriterien gegen das Regulierungsziel der öffentlichen Sicherheit (§ 2 Abs. 2 Nr. 9 TKG) vorzunehmen. Die Abwägung kann vielmehr sinnvollerweise nur mit den Regulierungszielen erfolgen, welche die Behörde mit der Auferlegung der konkreten Zugangsgewährungsverpflichtung verfolgt (siehe auch oben Rz. 258). Dies sind typischerweise die nach § 21 Abs. 1 S. 1 TKG zu prüfenden Gesichtspunkte, welche die Auferlegung veranlassen, also Wettbewerbsentwicklung, Nutzerinteressen (oben Rz. 261 ff.) und/oder die Förderung effizienter Infrastrukturen und Innovationen (siehe oben Rz. 267).
272
Die gerichtliche Überprüfung der Ermessensentscheidung hat sich nach der hier vertretenen Ansicht an den „klassischen“ Kriterien der Ermessensfehlerlehre zu orientieren. Man unterscheidet folgende Fälle3:
273
–
Ermessensnichtgebrauch: Die Behörde trifft keine Ermessensentscheidung, etwa weil sie irrig die Voraussetzungen der Ermessensentscheidung nicht für gegeben ansieht. Beispiel: Die BNetzA ignoriert nicht in § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 7 TKG genannte Gesichtspunkte, weil sie die Liste zu unrecht für abschließend hält.
–
Ermessensfehlgebrauch: Die Behörde übt ihr Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes und der gesetzlichen Zwecksetzungen aus. Unterfälle sind das so genannte Ermessensdefizit bei unzureichender Ermittlung der maßgeblichen Tatsachen oder das Anstellen sachfremder Erwägungen. Beispiel hierfür wäre, dass die BNetzA im Rahmen der Anwendung des § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TKG freiwillige Zugangsangebote ignoriert.
–
Ermessensüberschreitung: Liegt vor, wenn die Behörde den Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung für ihre Entscheidung überschreitet. Typische Fälle wären eine unverhältnismäßige oder gleichheitswidrige Entscheidung. Die Kriterien des § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TKG werden typischerweise hier zu prüfen sein, denn sie beziehen sich auf die Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) der Auferlegung. § 21 Abs. 1 S. 2 TKG bzw. Art. 12 Abs. 2 Zugangsrichtlinie sprechen in diesem Zusammenhang von der Prüfung, ob Zugangsmaßnahmen in angemessenem Verhältnis zu den Regulierungszielen stehen.
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1 So auch BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 27. 2 So aber anscheinend BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 36. 3 Die Darstellung orientiert sich an der Struktur und Terminologie von Kopp/ Ramsauer, VwVfG, § 40 Rz. 58 ff.
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H Rz. 274
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Soweit ein Unternehmen von der mittels einer Regulierungsverfügung auferlegten oder abgelehnten Zugangsgewährungsverpflichtung in eigenen Rechten verletzt sein kann (Antragsbefugnis nach § 42 VwGO), sind die vorgenannten Ermessenskriterien vom Gericht zu prüfen (siehe oben Rz. 252 und unten Rz. 389 ff.). 7.4.4.3 Gebundenes und offenes Ermessen bei Zugangsverpflichtungen 274
Die Absätze 2 und 3 von § 21 TKG unterscheiden sich darin, dass im Falle von Abs. 2 die Ermessensentscheidung nicht gesetzlich vordeterminiert ist, während Abs. 3 vorgibt, dass die BNetzA bei Vorliegen beträchtlicher Marktmacht die dort genannten Arten des Zugangs anordnen soll. SollRegelungen wie die in Abs. 3 sind dahingehend zu verstehen, dass die Behörden nur in besonderen, atypischen Fällen von der gesetzlich vorgesehenen Entscheidung absehen dürfen1. Darin liegt, wie auch die Gesetzesmaterialien hervorheben2, eine deutliche Reduzierung des behördlichen Entscheidungsspielraums. Anlass für diese Bindung des behördlichen Ermessens war, dass die in Abs. 3 vorgesehenen Formen des Zugangs in der Regel nach altem Recht bereits von Gesetzes wegen vorgesehen waren und nicht im Ermessen der Behörde standen3. Die Marktteilnehmer sollten zugleich Planungs- und Rechtssicherheit erhalten, dass diese Zugangspflichten einstweilen fortgelten4. Mit diesem Argument lässt sich auch gegenüber Art. 12 Zugangsrichtlinie vertreten, dass in § 21 Abs. 3 TKG anders als dort vorgesehen eine Ermessensreduzierung vorgenommen worden ist.
275
Für die praktische Anwendung von § 21 Abs. 3 TKG bedeutet dies: Die BNetzA prüft, ob hinsichtlich der fraglichen Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung ein besonderer, atypischer Fall vorliegt. Bejahendenfalls ist die Ermessensentscheidung der BNetzA offen. Sie hat dann Ihr Ermessen anhand der Kriterien des § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 7 TKG auszuüben5. Liegt solch ein atypischer Fall hingegen nicht vor, so bedarf es nach mancher Ansicht keiner weiteren Prüfung der Kriterien von § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 7 TKG6. Für diese Sicht spricht der Wortlaut von § 21 Abs. 2 TKG einerseits („unter Beachtung von Abs. 1“) und Abs. 3 andererseits („Ver_______________
1 Siehe allgemein zu Soll-Vorschriften Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 40 Rz. 44 sowie zu § 21 Abs. 3 Rz. 78. Konkret: VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 44 ff. und 1 K 4148/06, Absatz Nr. 51 ff. sowie Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 43 ff. und 1 K 4314/06, Absatz Nr. 45 ff., jeweils über www.justiz. nrw.de. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 65. 3 BT-Drucks. 15/2316, S. 65. 4 Siehe BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 142; Beck TKGKomm/Piepenbrock/ Attendorn, § 21 Rz. 254. 5 BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 143; Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 261. 6 BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 142; Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 258.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 276 H
pflichtungen nach Abs. 1“). Abs. 2 knüpft an das gesamte Normprogramm des Abs. 1 an, Abs. 3 lediglich an die Verpflichtungen1. Hinsichtlich der Prüfung von § 21 Abs. 1 S. 2 TKG ist die Regulierungspraxis allerdings vorsichtiger. In der Regel setzt sich die BNetzA auch dann, wenn kein atypischer Fall vorliegt, trotzdem mit den Ermessenskriterien auseinander2. Dies leiten die Beschlusskammern daraus ab, dass Art. 12 Abs. 2 Zugangsrichtlinie die Berücksichtigung der Faktoren für jede Auferlegungsentscheidung verlangt. Im Sinne einer europarechtskonformen Auslegung ist diesem Ansatz zuzustimmen. Um einerseits den Anforderungen der Richtlinie und andererseits den Intentionen des TKG zu genügen, wird man demnach die Ermessenskriterien des § 21 Abs. 1 S. 2 TKG auch in den Regelfällen zu prüfen haben, wobei aber die Gewichtung von vornherein in Richtung Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung tendiert. Bleibt die Frage, wann ein atypischer Fall vorliegt, bei dem das Ermessen nicht im genannten Sinne gesetzlich vorgeprägt ist. Hierzu wird die Ansicht vertreten, solch ein Fall läge vor, wenn die Marktanalyse zu vom früheren Zustand abweichenden Ergebnissen führe3. Das ist nicht recht verständlich. Nur wenn auf dem relevanten Markt beträchtliche Marktmacht besteht, kommt überhaupt die Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung nach § 21 Abs. 3 TKG in Betracht. Eine Marktanalyse, die zum gegenteiligen Ergebnis käme, würde deshalb zur Aufhebung etwa bestehender Zugangsgewährungsverpflichtungen führen müssen. Eine andere Ansicht sieht atypische Fälle zum einen, wenn die fragliche Zugangsvariante keine wettbewerbliche Bedeutung mehr habe, zum anderen, wenn die Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung zu einer unvertretbaren Härte für das verpflichtete Unternehmen führen würde4. Zuzugeben ist, dass in solchen Fällen gute Gründe gegen die fragliche Auferlegung sprechen würden. Allerdings dürften die meisten Härtefälle bereits durch den separat zu prüfenden § 21 Abs. 4 TKG erfasst sein. Der Fall der entfallenen wettbewerblichen Bedeutung einer Zugangsvariante wirkt dagegen eher theoretisch. Diese Sicht erscheint als zu eng. In der Regulierungsverfügung zur Zuführung von Verbindungen für Online-Dienste hat die BNetzA es abgelehnt, eine Zugangsgewährungsverpflichtung nach § 21 Abs. 3 TKG aufzuerlegen. _______________
1 Ebenso: VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 44 und 1 K 4148/06, Absatz Nr. 51 sowie Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 43 und 1 K 4314/06, Absatz Nr. 45, jeweils über www.justiz.nrw.de. 2 Siehe etwa die Regulierungsverfügungen: BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 12 ff. BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005; BNetzA, Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016(-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), S. 7 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/ 2006; BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 8 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005; BNetzA, Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06001(-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), S. 8 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006. 3 BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 145. 4 Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 259 f.
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H Rz. 277
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Mit Blick auf die Bindung des Ermessens führt die Behörde unter Verweis auf die Gesetzesbegründung unter anderem aus, die Ermessensbindung beziehe sich auf solche Verpflichtungen, die bereits nach dem TKG 1996 bestanden1. Die „Soll“-Vorgabe bezwecke in erster Linie, den Status quo ante des TKG 1996 zu erhalten. In der Tat weisen die Gesetzesmaterialien (siehe oben Rz. 274) deutlich in diese Richtung. Der Ansatz entspricht zugleich dem Anliegen, im Bereich bestehender Zugangspflichten für Rechtssicherheit zu sorgen. Auf dieser Grundlage liegt der Regelfall des nach § 21 Abs. 3 TKG vordeterminierten Ermessens bei nach altem Recht bestehenden Zugangspflichten vor. 7.4.4.4 Einzelkriterien des § 21 Abs. 1 S. 2 TKG 277
Im Folgenden werden die einzelnen Abwägungskriterien des § 21 Abs. 1 S. 2 TKG näher dargestellt. Für diese Kriterien sind die bereits dargestellten Rahmenbedingungen für die Ermessenausübung durch die BNetzA immer zu berücksichtigen. Ferner ist nochmals hervorzuheben, dass die Verwendung des Wortes „insbesondere“ sowohl in § 21 Abs. 2 S. 2 TKG wie auch in Art. 12 Abs. 2 Zugangsrichtlinie verdeutlicht, dass auch der Kriterienkatalog als nicht abschließend anzusehen ist. 7.4.4.4.1 Technische und wirtschaftliche Tragfähigkeit konkurrierender Einrichtungen
278
Nach § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TKG berücksichtigt die BNetzA bei der Ermessensausübung „die technische und wirtschaftliche Tragfähigkeit der Nutzung oder Installation konkurrierender Einrichtungen angesichts des Tempos der Marktentwicklung, wobei die Art und der Typ der Zusammenschaltung und des Zugangs berücksichtigt werden“.
Dieses Kriterium findet sich wörtlich auch in Art. 12 Abs. 2 lit. a) Zugangsrichtlinie. Hier geht es um die Frage, ob der Markt, auf dem eine beträchtliche Marktmacht festgestellt wurde, für potenzielle Konkurrenten auf anderem Wege als durch die konkret zu prüfende Art und Weise des Zugangs zugänglich ist. Als Alternative kommt namentlich in Betracht, dass Konkurrenten eine eigene konkurrierende Infrastruktur errichten. In vielen Fällen wird die Frage nach Alternativen zum Zugang indessen einfach zu verneinen sein. Marktmacht basiert in zahlreichen Telekommunikationsmärkten darauf, dass die ehemaligen Monopolisten flächendeckende Infrastrukturen errichtet haben und potenzielle Wettbewerber nicht zu vertretbaren Kosten Alternativen aufbauen können. Solche Marktzugangsschranken sind häufig gerade ein wesentlicher Grund für das Bestehen beträchtlicher _______________
1 BNetzA, Beschl. v. 16.11.2005 – BK4a-05-005/R (Zuführung Online-Dienste), S. 12, BNetzA Mitteilung Nr. 278/2005 ABl. Nr. 22/2005.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 280 H
Marktmacht. In derartigen Fällen beschränkt sich auch die Regulierungspraxis auf die Feststellung, dass keine Alternativen zum Zugang bestehen1. Die Begründung des Gesetzesentwurfs2 enthält eine Auflistung von Punkten, welche die Prüfung auffüllen sollen. Die Liste ist offenbar nicht als abschließend zu verstehen, dafür spricht das Wort „etwa“, und umfasst folgende Punkte: –
ob die Kosten der Nutzung alternativer Angebote im Vergleich zum nachgefragten Angebot oder eine Eigenfertigung das beabsichtigte Diensteangebot unwirtschaftlich machen würden,
–
ob unzumutbare zeitliche Verzögerungen durch die Nutzung alternativer Zugangsmöglichkeiten entstehen würden,
–
ob mit der Nutzung alternativer Zugangsmöglichkeiten eine wesentliche Verminderung der Qualität des beabsichtigten Diensteangebots einherginge und
–
die Auswirkungen, welche die Inanspruchnahme einer alternativen Zugangsmöglichkeit auf den Netzbetrieb haben könnte.
279
Diese Punkte sind aus einem Dokument der FCC übernommen, was sich aus der Begründung des unveröffentlichten Referentenentwurfs ergibt. Man wird allerdings aus ihnen nicht ableiten können, dass mit ihnen die Praxis der FCC in das Deutsche Recht importiert wird3. Eher wird man in der Liste einen Vorschlag des Gesetzgebers zur Strukturierung der Prüfung von § 21 Abs. 1 Nr. 1 TKG zu sehen haben. Unter anderem in der Regulierungsverfügung zum IP-Bitstrom-Zugang greift die BNetzA auf die oben genannten Prüfpunkte zurück4. 7.4.4.4.2 Möglichkeit der Zugangsgewährung/Kapazität Gemäß § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 TKG hat die BNetzA bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen, ob dem zu regulierenden Unternehmen die Einräumung des anzuordnenden Zugangs angesichts der verfügbaren Kapazität möglich ist. Das Gesetz orientiert sich wörtlich an der Formulierung des _______________
1 Siehe die Begründungen der Regulierungsverfügungen: BNetzA, Beschl. v. 5.10. 2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 13, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005; BNetzA, Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016(-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), S. 8, BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006; BNetzA, Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001(-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), S. 10, BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006; etwas ausführlicher: BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04075/R (TAL), S. 10 f., BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 64. 3 So auch Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 81 sowie BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 39. 4 BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 15, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006.
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H Rz. 281
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Art. 12 Abs. 2 lit. b) Zugangsrichtlinie. Mit der Formulierung vom „vorgeschlagenen“ Zugang meinen Gesetz und Richtlinie die jeweils zur Prüfung anstehende Zugangsgewährungsverpflichtung, unabhängig davon, ob die Prüfung von Amts wegen oder auf Antrag eines Wettbewerbers stattfindet1. Die Frage, ob regulierte Unternehmen im Rahmen der ihnen aufzuerlegenden Zugangspflichten auch zur Schaffung von Kapazität bzw. zum Kapazitätsausbau zur Ermöglichung des Netzzugangs verpflichtet werden können, war schon unter dem TKG 1996 umstritten. Die Rechtsprechung nahm und nimmt hierzu eine restriktive Haltung ein2 (siehe oben ausführlich Rz. 58 ff. und 174). 281
Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, soll die Kapazität des regulierten Unternehmens keine absolute Grenze für die Auferlegung von Zugangspflichten sein. Unter bestimmten, engen Voraussetzungen soll es möglich sein, dem Adressaten einer Regulierungsverfügung einen Kapazitätsaufbau aufzuerlegen, wobei ihm aber keine wirtschaftlichen Nachteile entstehen dürfen. Die Investitionsrisiken sollen vielmehr durch die den Zugang begehrenden Wettbewerber getragen werden. Als Beispiel für einen Fall, wo die Voraussetzungen für eine Pflicht zum Kapazitätsaufbau vorliegen sollen, nennt die Gesetzesbegründung dabei den Fall, wenn Zugangsgewährungsverpflichtungen ansonsten leer liefen3. Dies wird allerdings bei Bestehen von Kapazitätsproblemen regelmäßig der Fall sein, so dass diese dann nie Grund gegen die Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung sein könnten4. Bei pointierter Betrachtung würde dies für die Ermessensausübung bedeuten: Soweit gegen eine Zugangsgewährungsverpflichtung Kapazitätsgesichtspunkte sprechen, ist zu fragen, ob diesen zu voraussichtlich für die Nachfrager vertretbaren Kosten abgeholfen werden kann. Ist dies nicht der Fall, so wäre die Auferlegung einer entsprechenden Zugangsgewährungsverpflichtung voraussichtlich ungeeignet, den Zielen von § 21 Abs. 1 TKG zu dienen, weil nicht erwartet werden kann, dass die fragliche Form des Zugangs nachgefragt werden würde.
282
In der Entscheidungspraxis der BNetzA taucht dieser Gedanke allerdings noch nicht auf. In der Entscheidungs- bzw. Begründungspraxis lassen sich unterschiedliche Linien ausmachen: –
Kapazitätsprobleme, die nicht primär auf der Zugangspflicht beruhen, sondern auch auf das allgemeine Marktwachstum zurückgeführt werden können, werden nicht zu Gunsten des regulierten Unternehmens be-
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1 BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 49. 2 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 104 ff. über www.justiz. nrw.de; siehe zum alten Recht OVG NRW, MMR 2003, 355, OVG NRW, CR 2003, 32 sowie Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 89 und BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 50, 52. 3 Siehe zum Ganzen BT-Drucks. 13/2316, S. 65. 4 Ähnlich BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 50.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 282 H
rücksichtigt. Die Behörde argumentiert insoweit, dass die dynamisch wachsenden Netze nachfrageorientiert auszubauen sein. Ein nicht die grundlegende Netzstruktur betreffender Ausbau sei keine starke Belastung1. Bei neuen Zugangspflichten im Bereich der Mobilfunkterminierung sowie bei alternativen Teilnehmernetzbetreibern hat die Behörde zusätzlich darauf abgestellt, dass das etwa entstehende Verkehrswachstum wettbewerbsimmanent und der Nachfragezuwachs auch Ergebnis der unternehmerischen Strategie der Verpflichteten sei2. –
Bei der Auferlegung von Pflichten zur Einräumung von Kollokation werden Kapazitätsfragen in ständiger Praxis nicht als Gegenargument berücksichtigt. Die Behörde verweist darauf, dass es sich um eine schon nach dem TKG 1996 bestehende Pflicht handele, etwaige Kapazitätsprobleme vor Ort durch Lösungen wie Outdoorboxen oder so genannte „virtuelle“ Kollokation zu lösen, weil ansonsten die Pflicht leer liefe und die Investitionsrisiken von den Nachfragern zu tragen seien3.
–
Bei konkreten, netz- bzw. angebotsbezogenen Kapazitätsrestriktionen schränkt die Spruchpraxis allerdings die Zugangspflichten ein. So besteht keine Pflicht zur Überlassung der TAL, wenn vor Ort keine freie TAL verfügbar ist, allerdings wird im Gegenzug in diesen Fällen eine Pflicht zur Einräumung gebündelten Zugangs auferlegt4. Weiter soll beim IP-Bitstrom-Zugang keine Pflicht zur Einräumung von BitstromZugang bestehen, wenn im fraglichen Gebiet keine DSL-Anschlüsse angeboten werden5. Schließlich wurden Ortsnetzverbindungen von der Pflicht zur Gewährung von Transit plus Zuführung für die Betreiberauswahl ausgenommen, weil die BNetzA die Gefahr von erheblichen
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1 So BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 14 f. BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005; BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 10 f., BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005. 2 Siehe BNetzA, Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001(-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), S. 10, BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006; BNetzA, Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016(-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), S. 9, BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006. 3 Etwa BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 14, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005; BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 30, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/ 2005; BNetzA, Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016 (-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), S. 12, BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006; BNetzA, Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001 (-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), S. 13, BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006; BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 20, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006. 4 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 11, 14, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005. 5 BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 16, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006.
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H Rz. 283
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
sog. atypischen Verkehren sah, welche die DTAG zu erheblichen, ineffizienten Netzausbaumaßnahmen zwingen würde1. Es ist anzunehmen, dass die Frage etwaiger Kapazitätsbeschränkungen die BNetzA auch im Rahmen etwaiger Zugangsanordnungsverfahren nach § 25 TKG weiter beschäftigen werden. Nach der Rechtsprechung2 besteht jedenfalls wegen § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 TKG sowie mit Blick auf die zum TKG 1996 ergangene Rechtsprechung (siehe oben Rz. 58 ff. und 174) keine Rechtsgrundlage dafür, ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht oberhalb einer Geringfügigkeitsgrenze mittels Regulierungsverfügung zu verpflichten, auch dann den (vollständig entbündelten TAL-)Zugang anzubieten, wenn hierfür ein Kapazitätsausbau erforderlich sein sollte und der Wettbewerber sich zur Übernahme der Kosten verpflichtet. Allerdings soll die Verpflichtung zum Kapazitätsausbau im Einzelfall mittels Zugangsanordnung nach § 25 TKG im Wege der Feinabstimmung angeordnet werden können3. 7.4.4.4.3 Anfangsinvestitionen und Investitionsrisiken 283
Bei der Berücksichtigung von Anfangsinvestitionen und den mit ihnen zusammenhängenden Investitionsrisiken geht es im Rahmen der Ermessensausübung darum, etwaige unternehmerische Risiken des verpflichteten Unternehmens, die dieses etwa zur Erschließung neuer Märkte auf sich genommen hat, zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Abhängig davon, wie die Anwendung von § 9a TKG (dazu G. Rz. 179 ff.) in der künftigen Praxis erfolgen wird, kann die Bedeutung dieses Kriteriums zurückgehen, weil es schon nicht mehr zur Frage der Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung kommen könnte. Einigkeit besteht allerdings darin, dass solche Investitionen nur dann Berücksichtigung finden können, wenn mit ihnen ein unternehmerisches Risiko verbunden war. Infrastrukturinvestitionen aus Monopolzeiten zählen dazu regelmäßig nicht4.
284
Auch sonst hat die bisherige Regulierungspraxis dieses Kriterium bisher nicht als Hindernis für Zugangspflichten gesehen. So habe bei DSL kein besonders schützenswertes Investitionsrisiko bestanden, da dieses Produkt auf der zu Monopolzeiten gebauten Teilnehmeranschlussleitung und dem
_______________
1 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 23, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005. 2 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 104 ff. über www.justiz. nrw.de. 3 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 119 über www.justiz.nrw.de. 4 Siehe aus der Entscheidungspraxis BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 11, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005; BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 15, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005; sowie aus der Literatur Beck TKGKomm/ Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 90 und BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 57.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 285 H
seinerzeit geschaffenen Kundenstamm aufsetze1. Weiter seien die Investitionsrisiken alternativer Teilnehmernetzbetreiber kein Grund, von Zugangspflichten abzusehen. Die Pflichten beträfen Vorleistungen für Telefondienste, also Leistungen, die keine besondere Innovation darstellten und zum Leistungsgegenstand „Anschluss“ der Verpflichteten gehörten2. Ferner liegt selbst im Ausbau der UMTS-Netze kein Investitionsrisiko, das gegen Zugangspflichten (hier: Zusammenschaltung und Terminierung) spreche. Zwar komme hierfür grundsätzlich ein Schutz der Anfangsinvestitionen in Betracht. Für die Anrufer sei aber nicht ersichtlich, ob ein Anruf über GSM oder UMTS terminiert werde3. Zudem könne die Terminierung auch über GSM erfolgen4. Schließlich verweist die BNetzA auch immer wieder darauf, dass der Zugang nicht unentgeltlich einzuräumen ist. 7.4.4.4.4 Langfristige Sicherung des Wettbewerbs, insbesondere durch Anreize zu Infrastrukturinvestitionen Der Normtext von § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TKG wurde im Gesetzgebungsverfahren gegenüber Art. 12 Abs. 2 lit. d) Zugangsrichtlinie ergänzt. Hinzugekommen ist dabei der Gesichtspunkt, Anreize für Infrastrukturinvestitionen zu schaffen. Dieser Punkt geht auf Erwägungsgrund (19) der Zugangsrichtlinie zurück und soll die Bedeutung von infrastrukturbasiertem Wettbewerb akzentuieren5. Dies beruht letztlich auf der Erkenntnis, dass ein Wettbewerb auf Basis alternativer Infrastrukturen nachhaltiger ist als ein reiner Dienstewettbewerb6. Eine grundlegende Absage an den Dienstewettbewerb ist in der Ergänzung von § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TKG indessen nicht zu sehen. Dergleichen wäre auch mit den europäischen Vorgaben nicht zu vereinen, die etwa in Art. 8 Rahmenrichtlinie Dienste- und Infrastrukturwettbewerb nebeneinander stellen oder in Art. 12 Abs. 1 lit. d) Zugangsrichtlinie Zugang zu Diensten zu Resale-Konditionen vorsehen. Vielmehr ist die BNetzA aufgefordert, in ihrer Regulierungspraxis eine „angemessene Balance“ zwischen Dienste- und Infrastrukturwettbewerb zu finden7. Ihr _______________
1 BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 16 f., BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006. 2 BNetzA, Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016 (-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), S. 9, BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006. 3 UMTS- und GSM-Anschlüsse sind nach ihren Rufnummern nicht unterscheidbar, die Rufnummern werden aus demselben Nummernbereich einheitlich zugeteilt, siehe die einschlägigen Regeln für die Zuteilung von Rufnummern für öffentliche zellulare Mobilfunkdienste, ABl. RegTP Nr. 23/2000 v. 6.12.2000, geändert mit Vfg. 10/2002 ABl. RegTP Nr. 7/2002 und mit Vfg. 31/2003 ABl. RegTP Nr. 14/2003. 4 BNetzA, Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001 (-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), S. 11, BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006. 5 Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 98 und BerlKommTKG/ Thomaschki, § 21 Rz. 59. 6 So auch BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 59 m. w. N. 7 So die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/2316, S. 65.
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H Rz. 286
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Hauptgewicht wird die Ergänzung zu Infrastrukturinvestitionen voraussichtlich bei der Anordnung von Resale-Verpflichtungen nach § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG haben1. 286
In der Entscheidungspraxis hat das Gegenüber von Dienste- und Infrastrukturwettbewerb bisher in den Regulierungsverfügungen zum Bitstrom-Zugang Niederschlag gefunden. Dabei betont die Beschlusskammer, dass ein Marktzutritt auf Dienstebasis ein Mittel sein kann, den Markt zunächst für Wettbewerb zu öffnen, um auf längere Sicht die Wettbewerber zum Aufbau eigener Infrastrukturen zu motivieren2. Im Übrigen wird der Gesichtspunkt der Wettbewerbssicherung regelmäßig zur Unterstützung beabsichtigter Regulierungsverfügungen herangezogen3. 7.4.4.4.5 Gewerbliche Schutzrechte
287
§ 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 TKG setzt unter Verzicht auf das Wort „gegebenenfalls“ Art. 12 Abs. 2 lit. e) Zugangsrichtlinie um. Die BNetzA hat hiernach bei der Ermessensentscheidung gewerbliche Schutzrechte oder (sonstige) Rechte an geistigem Eigentum zu berücksichtigen. In der bisherigen Beschlusspraxis unter dem TKG 2004 hat dieses Kriterium noch keine Rolle gespielt4.
288
Gleichwohl ist zu sehen, dass bei manchen der nach § 21 Abs. 2 und 3 TKG möglichen Zugangsgewährungsverpflichtungen solche Rechte relevant wer_______________
1 Das erwartet auch die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/2316, S. 65. 2 BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 17, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006; BNetzA, Beschl. v. 7.3.2007 – BK4a06/006/R (ATM-Bitstrom-Zugang), S. 15, BNetzA Mitteilung Nr. 131/2007, ABl. Nr. 5/2007. 3 TAL-Zugang als langfristige Wettbewerbsförderung und Investitionsanreiz: BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 11 f. BNetzA Mitteilung Nr. 83/ 2005, ABl. Nr. 7/2005; schneller Marktzutritt durch Zusammenschaltung: BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 15, 18 f., BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005; Terminierung bei alternativen TNB und Mobilfunk essentiell für Wettbewerb: BNetzA, Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016(-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), S. 9, BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006; BNetzA, Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001(-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), S. 11, BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006. 4 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 12, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005; BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 15, 19, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005; BNetzA, Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016 (-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), S. 9, BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/ 2006; BNetzA, Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001 (-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), S. 11, BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006; BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 17, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006; dort heißt es jeweils, solche Rechte würden durch den angeordneten Zugang nicht berührt.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 289 H
den können. Dies kommt etwa in Betracht beim Zugang zu Softwaresystemen (§ 21 Abs. 2 Nr. 5 TKG) oder zu technischen Schnittstellen, Protokollen oder anderen Schlüsseltechnologien (§ 21 Abs. 3 Nr. 3 TKG). In der praktischen Handhabung wird man danach zu differenzieren haben, ob es um Schutzrechte des zugangsverpflichteten Unternehmens oder um Rechte Dritter geht. In ersterem Fall sollte kein Hindernis für eine Auferlegung bestehen, da jegliche Zugangsgewährungsverpflichtung eine Einwirkung in Eigentumspositionen des Verpflichteten darstellt und geistiges Eigentum insoweit keinen hervorgehobenen Schutz genießen kann. Ob und inwieweit die Entwicklung und Lizenzierung der fraglichen Schutzrechte im Rahmen der (ggf.) regulierten Entgelte berücksichtigt werden soll, ist dagegen eine nachgelagerte Frage. Handelt es sich um Schutzrechte Dritter, etwa Hersteller von Netzausrüstung, so kommt eine Zugangspflicht gegenüber dem regulierten Unternehmen, die darauf hinausliefe, solche Rechte zu verletzen, nicht in Frage. Vielmehr wird man die den Zugang begehrenden Wettbewerber darauf zu verweisen haben, die erforderlichen Lizenzen vom Berechtigten zu erwerben (siehe oben Rz. 178 f.). In der Praxis sollte dies aber regelmäßig möglich sein, zumal auch die Hersteller von Netzausrüstung keinen Grund haben sollten, solche Lizenzen zu verweigern1. 7.4.4.4.6 Europaweite Dienste Gemäß § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TKG gehört auch die „Bereitstellung europaweiter Dienste“ zum Ermessensprogramm. Dies setzt Art. 12 Abs. 2 lit. f) Zugangsrichtlinie um. In der bisherigen Entscheidungspraxis beschränkt sich die BNetzA regelmäßig auf die Feststellung, dass durch die angeordnete Form des Zugangs auch europaweite Dienste ermöglicht werden2. Das Gegenteil wäre allerdings auch schwerlich vorstellbar. In den Regulierungsverfügungen zum Bitstrom-Zugang heißt es ergänzend, europaweite Dienste würden durch die Zugangspflicht insoweit gefördert, als ausländische Anbieter, die in heimischen Märkten auf diesen Zugang zurückgreifen, damit auch in Deutschland ein Vorprodukt erhalten, auf dessen Grundlage sie Kunden mit europaweiter Präsenz bedienen könnten3. _______________
1 Auf gleicher Linie Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 102 ff. und BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 63 ff. 2 Siehe BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 15, 19, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005; BNetzA, Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016 (-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), S. 9, BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006; BNetzA, Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001 (-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), S. 11, BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006. 3 BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 16, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006; BNetzA, Beschl. v. 7.3.2007 – BK4a06/006/R (ATM-Bitstrom-Zugang), S. 16, BNetzA Mitteilung Nr. 131/2007, ABl. Nr. 5/2007.
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H Rz. 290 290
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Auch wenn hier das Regulierungsziel der Förderung des europäischen Binnenmarkts aus § 3 Abs. 1 Nr. 4 TKG aufgegriffen wird, erscheint es als unwahrscheinlich, dass dieses Kriterium in der Entscheidungspraxis zu § 21 TKG größeres Gewicht erlangen wird. Zugangsgewährungsverpflichtungen sind gegenüber dem europäischen Binnenmarkt weitgehend neutral. Wenn sich bei Außerachtlassung dieses Kriteriums eine Zugangspflicht im Einzelfall nicht rechtfertigen lässt, dann erscheint es schwerlich vorstellbar, dass der Gesichtspunkt der europaweiten Dienste dazu führen könnte, solch eine Pflicht dennoch anzuordnen. 7.4.4.4.7 Bereits bestehende Zugangsverpflichtungen oder freiwillige Angebote
291
In § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TKG ergänzt das TKG den Kriterienkatalog des Art. 12 Abs. 2 Zugangsrichtlinie um einen weiteren Prüfungspunkt. Hiernach hat die BNetzA zu prüfen, „ob bereits auferlegte Verpflichtungen nach diesem Teil oder freiwillige Angebote am Markt, die von einem großen Teil des Marktes angenommen werden, zur Sicherstellung der in § 2 Abs. 2 TKG genannten Regulierungsziele ausreichen“. Mit „Verpflichtungen nach diesem Teil“ sind solche nach Teil 2 des TKG gemeint, also neben der Zugangsregulierung (§§ 16 bis 26 TKG) die Entgeltregulierung (§§ 27 bis 39 TKG), sonstige Verpflichtungen (d. h. Betreiberauswahl und -vorauswahl, Mietleitungen, §§ 40, 41 TKG) und die besondere Missbrauchsaufsicht (§§ 42, 43 TKG). Die Gesetzesbegründung verweist in diesem Zusammenhang vor allem auf § 18 TKG (Kontrolle über Zugang zu Endnutzern)1, was insoweit unglücklich ist, als jene Bestimmung keine beträchtliche Marktmacht voraussetzt2. Zwar lässt sich argumentieren, dass die Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung nach § 21 TKG unnötig ist, wenn eben diese Verpflichtung bereits nach § 18 TKG auferlegt worden ist. Indes hat § 18 TKG entsprechend seinem Wortlaut vor allem die Zielrichtung, die netzübergreifenden Kommunikation der Nutzer sicherzustellen. Dagegen dient § 21 TKG der Sicherstellung chancengleichen Wettbewerbs mit Blick auf ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht. Diese Zielsetzungen sind nicht ohne Weiteres austauschbar oder komplementär, so dass dies auch nicht für die Beurteilung der Rechtsfolgen unter § 21 TKG gelten kann.
292
Die Berücksichtigung freiwilliger Angebote ist auf Initiative der DTAG ins Gesetz aufgenommen worden3. Der Zusatz, dass solche Angebote von einem großen Teil des Markts angenommen werden müssen, erfolgte auf Vorschlag des Wirtschaftsausschuss des Bundestags4. Die Ergänzung des _______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 65. 2 Kritisch dazu deshalb Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 107 und BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 70. 3 BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 71. 4 Siehe BT-Drucks. 15/2679, S. 13.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 293 H
Ermessensprogramms der Zugangsrichtlinie durch § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TKG ist nicht unproblematisch. Zum einen stellt sich die Frage der Vereinbarkeit mit der Zugangsrichtlinie. Die Begründung des Regierungsentwurfs verweist dazu auf Art. 8 Zugangsrichtlinie, wonach aufzuerlegende Zugangsverpflichtungen problemadäquat und mit Blick auf die Regulierungsziele nach Art. 8 Rahmenrichtlinie angemessen und gerechtfertigt sein müssen1. Letztlich reflektieren die in der Bestimmung angeführten Gesichtspunkte Aspekte der Verhältnismäßigkeit, die Maßstab jeder Ermessensausübung sind. Deshalb wird man die Vorschrift als richtlinienkonform anzusehen haben. Ein weiteres Problem der Bestimmung lag indessen darin, dass bestimmte regulatorische Maßnahmen an die Auferlegung von Zugangsgewährungsverpflichtungen anknüpften. Das betraf die ex-ante Entgeltregulierung sowie die Pflicht zur Vorlage eines Standardangebots2. Für die Ermessensausübung sollte das bedeuten: Wenn für eine Vorleistung die Anordnung von solchen Maßnahmen als geboten erscheint, dann sind freiwillige Angebote nicht geeignet, die Anordnung der entsprechenden Zugangsgewährungsverpflichtung abzuwenden. Dieses Argument hat allerdings durch die mit dem TKG-Änderungsgesetz vorgenommenen Änderungen in §§ 23 und 30 TKG seine Bedeutung verloren. In der behördlichen Praxis sind zwei Verfahren hervorzuheben:
293
–
Für die Märkte „Verbindungsaufbau im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten einschließlich der Weiterleitung auf lokaler Ebene über Primärmultiplex-Anschlüsse für Verbindungen zu Online-Diensten“ und „Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz über Primärmultiplex-Anschlüsse plus Zuführung von Verbindungen mit Ursprung in nationalen Netzen zu Online-Diensten“ hat die BNetzA von der Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung abgesehen. Maßgeblich war dabei offensichtlich neben dem Umstand, dass damit der vorige Regulierungszustand fortgeschrieben wurde (vgl. oben Rz. 276), laut der Begründung auch, dass bestehende Angebote dieser Leistungen der DTAG im Markt umfangreich genutzt werden3.
–
Beim ATM-Bitstrom-Zugang hatte die Behörde im Konsultationsentwurf wegen eines freiwilligen Angebots der DTAG (Produkt „Premium Bitstream Access“) zunächst von der Anordnung von Zugangsgewährungsverpflichtungen absehen wollen. Im Konsolidierungsentwurf und der Endfassung der Regulierungsverfügung ist die Behörde allerdings davon
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1 BT-Drucks. 15/2316, S. 65. 2 Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 110 und BerlKommTKG/ Thomaschki, § 21 Rz. 72. 3 BNetzA, Beschl. v. 16.11.2005 – BK4a-05-05/R (Zuführung Online-Dienste), S. 12, BNetzA Mitteilung Nr. 278/2005 ABl. Nr. 22/2005.
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H Rz. 294
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
abgerückt. Grund dafür waren qualitative Unzulänglichkeiten des freiwilligen Angebots1. Da bislang noch keine Auferlegung von Verpflichtungen nach § 18 TKG erfolgt ist, spielte diese Frage daher auch im Rahmen von § 21 TKG noch keine Rolle.
7.4.4.5 Nachfragegerechte Entbündelung 294
Abgesehen von den grundlegenden Tatbestandsvoraussetzungen und Ermessenskriterien enthält § 21 Abs. 1 TKG aber auch strukturell (siehe oben Rz. 255) bereits einen Aspekt, der sich unmittelbar auf die Rechtsfolgenseite, d. h. die Auferlegung der einzelnen Verpflichtungen bezieht, egal ob die Auferlegungsentscheidung allein auf § 21 Abs. 1 TKG beruht oder auf den Katalogen von § 21 Abs. 2 und 3 TKG. Die aufzuerlegende Zugangsgewährungsverpflichtung ist nach § 21 Abs. 1 S. 1 TKG „einschließlich einer nachfragegerechten Entbündelung“ zu sehen. Mit Entbündelung ist die getrennte Betrachtung von tatsächlich trennbaren Einzelleistungen gemeint und zugleich die Frage angesprochen, auf welcher Ebene der Wertschöpfungskette einer Dienstleistung der Zugang zu gewähren ist. Typischerweise hat das zugangsverpflichtete Unternehmen ein Interesse daran, möglichst viele Wertschöpfungselemente bei der eigenen Leistungserbringung zu vereinen (bündeln), um einen höheren Preis für die Leistung erzielen zu können. Demgegenüber variiert das Nachfragerinteresse je nach Geschäftsmodell zwischen niedriger Wertschöpfungsstufe mit hohem eigenen Leistungsanteil (wie etwa beim Zugang zum Teilnehmeranschluss gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 1 TKG) und hoher Wertschöpfungsstufe mit geringem eigenen Leistungsanteil (wie etwa beim Wiederverkauf von Endnutzern bereits angebotenen Produkten gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG). Allerdings ist die Frage der Entbündelung nicht bereits erschöpfend durch die in § 21 Abs. 2 und 3 TKG bereits vorhandenen Zugangsgewährungsverpflichtungen beantwortet. Dies ist vielmehr lediglich ein grobes Raster.
295
Auch innerhalb einzelner durch die Zugangsgewährungsverpflichtungen in § 21 Abs. 2 und 3 TKG umschriebener Zugangsarten und damit korrespondierender Leistungen stellt sich die Frage der Entbündelung. So etwa im Rahmen des (entbündelten) Zugangs zum Teilnehmeranschluss schon unter dem TKG 1996, ob diese Leistung mit vorgeschalteter Übertragungstechnik
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1 BNetzA, Beschl. v. 7.3.2007 – BK4a-06/006/R (ATM-Bitstrom-Zugang), S. 16 f., BNetzA Mitteilung Nr. 131/2007, ABl. Nr. 5/2007, wonach das freiwillige Angebot unter anderem keine garantierten Mindestbandbreite hatte.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 297 H
(„gebündelt“) oder ohne diese Zusatzelemente bereitzustellen war, was das BVerwG im letztgenannten Sinne beantwortet hat1. Maßstab für der Grad der Entbündelung ist nach dem Wortlaut die Nachfrage des/der zugangsberechtigten Unternehmen(s) („nachfragegerecht“). Freilich wird man hier keinen rein subjektiven Maßstab annehmen können. Denn einerseits bedeutet nachfragegerecht den Bezug zu einer allgemeinen Nachfrage am Markt, so dass hierüber nicht ein einzelnes zugangsberechtigtes Unternehmen entscheidet. Andererseits ist schon deswegen eine Objektivierung des Maßstabs erforderlich, weil es in § 21 TKG um die Auferlegung von Verpflichtungen gegenüber einem Unternehmen geht, die wiederum gegenüber einer Vielzahl von zugangsberechtigten Unternehmen bestehen sollen (siehe G. Rz. 209). Daher spricht die Gesetzesbegründung zwar davon, dass keine Leistungen abgenommen werden müssten, die nicht nachgefragt würden, stellt aber auch fest, hinsichtlich des Grades der Entbündelung seien die Kriterien des § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 1–7 TKG ebenfalls zu berücksichtigen2. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob die Auferlegung der Zugangsgewährungsverpflichtung auf Antrag oder von Amts wegen erfolgt3. Denn die Nachfrage wird im Rahmen der Konsultation für die betreffende Regulierungsverfügung nach § 13 Abs. 1 S. 1 TKG abzufragen bzw. zur Kenntnis zu nehmen und zu berücksichtigen sein. Weitere Einzelheiten können überdies konkret in den Verfahren nach § 23 TKG (Standardangebot) und § 25 TKG (Zugangsanordnung) festgelegt werden4.
296
7.4.5 Zugangsgewährungsverpflichtungen des Kann-Katalogs in § 21 Abs. 2 TKG In § 21 Abs. 2 TKG sind Zugangsgewährungsverpflichtungen aufgeführt, bei denen keine besondere Bindung des Ermessens der BNetzA besteht (siehe oben Rz. 274 ff.). Der Kann-Katalog ist durch die Art. 12 Abs. 1 Unterabsatz 2 Zugangsrichtlinie entstammende Formulierung „unter anderem“ auch als nicht abschließend ausgestaltet. Dementsprechend könnte die BNetzA auch andere als die dort aufgeführten Zugangsgewährungsverpflichtungen auferlegen, was dann allein nach § 21 Abs. 1 S. 1 TKG geschähe. Allerdings ist zu berücksichtigten, dass der Richtliniengeber die in Art. 12 Zugangsrichtlinie aufgeführten Zugangsverpflichtungen in Fortführung der früheren Zusammenschaltungsrichtlinie (Richtlinie 97/33/EG) als „Obergrenze“ an Verpflichtungen versteht. Daher wird sich die BNetzA in sol_______________
1 Siehe BVerwG, CR 2001, 752 (757); freilich mit Blick auf § 33 TKG 1996 weniger mit dem Argument der Entbündelung als vielmehr mit der diskriminierungsfreien Leistungsbereitstellung wesentlicher Leistungen durch das verpflichtete Unternehmen. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 64. 3 So BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 79 f. 4 Siehe VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 104 ff. über www. justiz.nrw.de zur Frage einer Kapazitätsausbauverpflichtung im Einzelfall.
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H Rz. 298
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
chen Fällen an der vorhandenen Eingriffsintensität der im Kann-Katalog des § 21 Abs. 2 TKG aufgeführten Verpflichtungen orientieren müssen1. Nicht zuletzt deswegen ist der Wortlaut dieser Verpflichtungen auch sehr breit formuliert. 7.4.5.1 Zugang zu bestimmten Netzeinrichtungen und -komponenten einschließlich des entbündelten Breitbandzugangs (Nr. 1) 298
Mit Zugang zu bestimmten Netzeinrichtungen und Netzkomponenten einschließlich des entbündelten Breitbandzugangs ist in § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG eine breite Palette möglicher Zugangsgewährungsverpflichtungen angesprochen, die in Art. 12 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. a) Zugangsrichtlinie im Zusammenhang mit dem entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss genannt werden. Der deutsche Gesetzgeber hat dagegen den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss hiervon separiert und in den Soll-Katalog des § 21 Abs. 3 TKG aufgenommen sowie stattdessen die begriffliche Ergänzung um den „entbündelten Breitbandzugang“ (gemeint ist: Bitstrom-Zugang2) vorgenommen. Mit der Art des Zugangs ist zwar keine Einschränkung des Kreises der berechtigten Unternehmen aus § 21 Abs. 1 TKG (siehe oben Rz. 250) verbunden. Indes können freilich nur solche Unternehmen diesen Zugang in Anspruch nehmen, die selbst über Einrichtungen verfügen, um den Zugang auch tatsächlich realisieren zu können. 7.4.5.1.1 Inhalt und Umfang
299
Weder das TKG noch die Zugangsrichtlinie definieren die Begriffe Netzeinrichtungen und Netzkomponenten. Allerdings lässt sich der Legaldefinition von Telekommunikationsnetz in § 3 Nr. 27 TKG entnehmen, was hierunter zu verstehen ist, weil die Einrichtungen und Komponenten solche eines Netzes sein sollen: Übertragungssysteme, Vermittlungs- und Leitwegeinrichtungen, anderweitige Ressourcen, die der Signalübertragung dienen (siehe auch A. Rz. 33 ff.). Zu den Übertragungssystemen gehören wiederum die Einrichtungen, mit denen ein in § 3 Nr. 28 TKG legaldefinierter Übertragungsweg hergestellt wird, also die „Telekommunikationsanlagen in Form von Kabel- oder Funkverbindungen mit ihren übertragungstechnischen Einrichtungen […] mit einem bestimmten Informationsdurchsatzvermögen (Bandbreite oder Bitrate) einschließlich ihrer Abschlusseinrichtungen“. Soweit von der bisherigen Umschreibung noch nicht erfasst, kommen unter Berücksichtung von Art. 2 lit d) Rahmenrichtlinie diejenigen Einrichtungen hinzu, die mit einem Netz verbunden sind und die Bereitstellung von Diensten über das Netz ermöglichen und/oder unterstützen („zugehörige _______________
1 Anders Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 113. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 111 i. V. m. dem Ergebnisprotokoll des Vermittlungsausschusses v. 3.5.2004.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 301 H
Einrichtungen“). Diese Ergänzung dürfte vor allem Einrichtungen betreffen, die über die reine Übertragungsfunktion hinausgehende Aufgaben verrichten und beispielsweise intelligenten Netzdiensten dienen (IN-Plattformen). Beiden erwähnten Bestimmungen ist immanent, dass sie funktional in Bezug auf die Signalübertragung oder die Dienstebereitstellung mittels eines Netzes zu betrachten sind. Daraus ergibt sich ein weiter Anwendungsbereich für die Zugangsgewährungsverpflichtung. Die früher in § 3 Nr. 3 TKG 1996 legaldefinierten Endeinrichtungen, also die an ein Netz über einen Abschlusspunkt (Anschluss) angeschlossenen (Kunden-)Einrichtungen dürften dagegen nicht hierunter fallen, es sei denn es handelte sich wiederum um zugehörige Einrichtungen im obigen Sinne. Die heutige Definition für Endeinrichtungen in § 2 Nr. 2 FTEG legt dies allerdings nicht nahe, weil es auch dort um den Anschluss an ein Telekommunikationsnetz geht. Trotz der europarechtlichen Nennung dieser Zugangsgewährungsverpflichtung gemeinsam mit dem entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss sind Inhalt und Umfang der Verpflichtung nicht auf physikalische Zugangsarten bzw. die physikalische Wertschöpfungsebene begrenzt. Dies folgt aus dem Zugangsbegriff, der die Bereitstellung von Einrichtungen und Diensten umfasst (siehe oben Rz. 36, 49 ff.). Daraus folgt im Ergebnis, dass diese Zugangsgewährungsverpflichtung gleichermaßen Grund- wie Auffangtatbestand für den Zugang darstellt1.
300
7.4.5.1.1.1 Einzelfälle Aus den vorstehenden Erwägungen lassen sich eine Vielzahl von Anwendungsfällen für die Zugangsgewährungsverpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG ableiten. Hierunter fallen beispielsweise –
die unter dem TKG 1996 nicht einmal als Fall des besonderen Netzzugangs anerkannte Bereitstellung von Mietleitungen jeglicher Art einschließlich Interconnection Anschlüsse (ICAs) Customer Sited, Seekabellandeköpfe bzw. International Carrier Connect (ICC) etc., weil es sich dabei um Übertragungswege handelt (siehe oben Rz. 37),
–
die Erbringung von Übertragungsdiensten mittels der Netzeinrichtungen oder Netzkomponenten (gebündelter Zugang zur TAL, Bitstrom, Zuführung von Verbindungen, Terminierung von Verbindungen) weil es sich insoweit um Zugangsdienste handelt,
–
Netznutzung durch virtuelle Netzbetreiber wie etwa MVNO (Mobile Virtual Network Operators, dazu A. Rz. 59 ff.), weil hier Übertragungswege und Netzeinrichtungen genutzt werden (und die Regelung in § 21 Abs. 3 Nr. 3 TKG besondere Elemente im Auge hat, nicht aber die Übertragung von Telekommunikationsverkehr selbst),
_______________
1 Ebenso Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 118; BerlKommTKG/ Thomaschki, § 21 Rz. 86.
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301
H Rz. 302 –
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
aber auch Nutzung von physikalischer Infrastruktur wie Antennen, Kabel, Glasfasern, Schalt- und Verzweigungseinrichtungen, weil auch diese Einrichtungen der Signalübertragung dienen, nicht aber z. B. Kabelleerrohre oder Kabelschächte, weil diese Einrichtungen § 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG unterfallen dürften.
Die sogleich noch darzustellende Auferlegungspraxis der BNetzA hat bereits in manchen der vorgenannten (potenziellen) Anwendungsfälle von § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG Gebrauch gemacht. 302
Nach den bisherigen Ausführungen der BNetzA sind Mietleitungen permanent festgeschaltete – leitungsgebundene und/oder funkgestützte – Übertragungswege mit unterschiedlichen Übertragungsraten bzw. Bandbreiten, die an Nachfrager vermietet werden und dazu dienen, mehrere Standorte des (gleichen) Nachfragers oder einen bzw. mehrere Standorte eines Nachfragers mit dem oder den Standorten eines anderen Nachfragers zu verbinden1. Bei den für den Zugang relevanten Vorleistungen werden von der DTAG an Mietleitungen so genannte Carrier-Festverbindungen (CFV) ausschließlich Netzbetreibern bereit gestellt. Diese Übertragungswege stellen insbesondere für Netzbetreiber, die ihr Netz nicht ausschließlich bzw. vollständig unter Verwendung eigener Infrastrukturen aufgebaut haben, wichtige Elemente des Netzausbaus dar, mit denen in der Praxis Kunden an das eigene Netz angeschlossen sowie die eigenen Netzinfrastrukturen ergänzt werden. Auf CFV basieren auch die ICAs Customer Sited. Neben den CFV bietet die DTAG aber auch ein technisch ähnliches Produkt an, die Standard-Festverbindung (SFV). Diese ist im Gegensatz zu den CFV als Endkundenprodukt konzipiert und kann von „Jedermann“ in Anspruch genommen werden. Als Seekabellandeköpfe oder Seekabelendköpfe bezeichnet man Schnittstellen bzw. landseitige Endpunkte von und zu Unterseekabeln, über die der internationale wie z. B. der transatlantische Telekommunikationsverkehr zwischen Europa und den USA abgewickelt wird. Die „Zusammenschaltungen“ der Seekabel mit dem nationalen Festnetz werden dabei vornehmlich von der DTAG kontrolliert und betrieben. Diese übergibt und übernimmt internationalen Telekommunikationsverkehr Dritter Netzbetreiber allerdings nicht direkt am Ort der Zusammenschaltung mit den Unterseekabeln, sondern nur an Gateways im Hinterland, so in Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart und München über das so genannte ICCProdukt.
303
Die Erbringung von Übertragungsdiensten ebenso wie die Netznutzung durch MVNO erfolgt bereits auf einer höheren Dienstebene während die Nutzung physikalischer Infrastruktur eher mit dem in Art. 12 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. a) Zugangsrichtlinie genannten entbündelten Teilnehmeranschluss vergleichbar ist. Dabei ist freilich immer zu beachten, ob der_______________
1 Siehe den erneuten Konsultationsentwurf zu Mietleitungen, Märkte 13 und 14 der Märkteempfehlung, S. 13, BNetzA Mitteilung Nr. 129/2007, ABl. Nr. 5/2007.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 305 H
artige Nutzungen und Dienste über einen von der BNetzA definierten und analysierten Markt erfasst sein können. 7.4.5.1.1.2 Bitstrom Zugang Besonders erwähnt wird in § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG der „entbündelte Breitbandzugang“. In Anlehnung an die Umschreibung von Markt Nr. 12 der Märkteempfehlung ist hierunter vornehmlich der so genannte Bitstrom-Zugang zu verstehen. Bei dem Bitstrom-Zugang handelt es sich um einen Zugangsdienst in Form einer Übertragungsleistung (Bitstrom), die auf der Teilnehmeranschlussleitung (TAL) basiert, technisch aber höherwertig ist. Der Bitstrom-Zugang liegt zwischen dem Zugang zum Teilnehmeranschluss einerseits und andererseits der reinen Zuführung von breitbandigem (Daten-)Verkehr. Weil der Bitstrom-Zugang entgegen der Auffassung der DTAG nach dem Verständnis der meisten Marktteilnehmer in Deutschland lange Zeit nicht angeboten worden war, sondern lediglich BreitbandZuführungsprodukte (T-DSL-ZISP, GATE) oder reine Wiederverkaufsprodukte (Resale-DSL, Wholesale-DSL), war und ist diese Zugangsvariante höchst umstritten (siehe ausführlich G. Rz. 157 ff.). Dieser Streit setzt(e) sich im Rahmen der Regulierungsverfügungen zum IP-Bitstrom- und zum ATM-Bitstrom-Zugang sowie im Überprüfungsverfahren (dazu unten Rz. 398 ff.) zum Standardangebot der DTAG für den IP-Bitstrom-Zugang fort (siehe auch Rz. 577).
304
Die BNetzA definiert Bitstrom-Zugang auf Basis der einschlägigen Marktdefinition anhand von zwei wesentlichen Elementen1:
305
1. „Bitstrom-Zugang muss dem Wettbewerber die direkte Kontrolle über die Endkundenbeziehung ermöglichen und erlaubt das Angebot von Anschluss und Breitbanddienst aus einer Hand. 2. Der Anbieter muss auf Basis des Bitstrom-Zugangs eigene, mit individuellen Qualitätsparametern ausgestattete Dienste anbieten können.“
Diesem Ansatz folgend nimmt die BNetzA daher Breitband-Zuführungsprodukte (T-DSL-ZISP, GATE)2 ebenso begrifflich vom Bitstrom-Zugang aus wie etwa reine Wiederverkaufsprodukte (Resale-DSL, Wholesale-DSL). Außerdem unterteilt die BNetzA den Bitstrom-Zugang abhängig von der verwendeten Übertragungstechnik in zwei Märkte, nämlich den ATM-Bit_______________
1 Vgl. hierzu und zum Folgenden: Marktdefinition und Marktanalyse im Anhang zu BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06-039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 2 ff., 40 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2717 (2750 ff., 2788 ff.) = Konsolidierungsentwurf der BNetzA v. 8.12.2005, Breitbandzugang für Großkunden, Markt Nr. 12 der Märkte-Empfehlung der EU-Kommission (Az. DE 2005 262), S. 2 ff., 40 ff. 2 Hierfür hat die BNetzA allerdings eine eigene Marktdefinition vorgenommen: Konsultationsentwurf der BNetzA v. 30.8.2006 – BK1-05/004, BNetzA Mitteilung. Nr. 301/2006, ABl. Nr. 18/2006, S. 2619.
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H Rz. 306
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
strom-Zugang und den IP-Bitstrom-Zugang. Beide Märkte enthalten nach den Feststellungen der BNetzA sämtliche xDSL-Varianten, die am Markt eingesetzt werden, also neben unterschiedlichen ADSL-Produkten auch SDSL und VDSL (siehe G. Rz. 160 ff.). 306
Mit Blick auf die aus § 21 Abs. 1 S. 1 TKG folgende Pflicht zur nachfragegerechten Entbündelung ist im Rahmen des Bitstrom-Zugangs insbesondere umstritten, ob eine Verpflichtung zur Bereitstellung des so genannten Standalone Bitstrom-Zugangs besteht. Hintergrund der Debatte ist die bisherige Geschäftspolitik der DTAG, ihre eigenen Teilnehmerprodukte auf dem Endnutzermarkt lediglich gebündelt anzubieten, d. h. ein DSL-Anschluss wird lediglich gemeinsam mit einem schmalbandigen Telefon- bzw. ISDNAnschluss angeboten. Hieran anknüpfend wird somit auch der Bitstrom-Zugang nur unter der Voraussetzung angeboten, dass beim fraglichen Teilnehmer auch ein solcher schmalbandiger Anschluss vorhanden ist (oder im Rahmen des Bitstrom-Zugangs mitbestellt wird). Diese Bündelung auch auf der Vorleistungsseite bedeutet, dass mit dem schmalbandigen Anschluss eine Leistung abgenommen und (vom Teilnehmer oder dem Wettbewerber) bezahlt werden muss, die nicht nachgefragt wird, weil die mit dem schmalbandigen Anschluss angebotene Telefonie auch über den DSL-Anschluss mittels IP-Telefonie realisiert werden kann1.
307
Rechtlich gesehen sind hier die relevanten Endnutzermärkte zunächst von den Vorleistungsmärkten zu trennen. Mit Blick auf die Endnutzermärkte hat die BNetzA die beträchtliche Marktmacht der DTAG für die (zusammengefassten) Märkte Nr. 1 und 2 der Märkteempfehlung festgestellt, d. h. die Bereitstellung schmalbandiger Anschlüsse an Privat- und Geschäftskunden (G. Rz. 141). Davon ausgenommen ist der Markt für breitbandige Anschlüsse, für den auch keine Marktdefinition und Marktanalyse vorgesehen ist, auch nicht seitens der EU-Kommission im Entwurf der überarbeiteten Märkteempfehlung (siehe G. Rz. 57 ff.). Daher hat die BNetzA hier lediglich beschränkte Eingriffsmöglichkeiten. Die nach § 28 Abs. 2 Nr. 3 TKG grundsätzlich mögliche Untersagung von sachlich ungerechtfertigten Bündelungen, für die der schmalbandige Anschlussmarkt auf Grund der dortigen Marktmacht der DTAG zum Ausgangspunkt genommen werden könnte, passt nicht richtig. Denn die Wettbewerber wollen ja nicht die Bündelung selbst abbilden, sondern Angebote machen können, die eine Entbündelung jedenfalls auf dem Vorleistungsmarkt erfordert. Insofern handelt es sich um ein Thema der Marktmachtübertragung und/oder der Auswirkungen beträchtlicher Marktmacht auf Drittmärkte (siehe dazu unten Rz. 644 und 646), allerdings auch um ein Thema der Regelung in § 28 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TKG, weil durch die Bündelung Entgelte gefordert werden, welche _______________
1 Siehe zu dieser Thematik BNetzA, Eckpunkte der regulatorischen Behandlung von Voice over IP (VoIP) v. 9.9.2005, BNetzA Mitteilung Nr. 229/2005, ABl. Nr. 18/ 2005, S. 1340 (1343, entspricht S. 6 f. der auf der Website abrufbaren Version).
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 308 H
die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen (der Wettbewerber) auf einem Telekommunikationsmarkt (nämlich dem für breitbandige Anschlüsse) auf erhebliche Weise beeinträchtigen1. Denn solange der Teilnehmer auch die Entgelte für den schmalbandigen Anschluss bezahlen muss, sind breitbandige Angebote, die auch Voice over IP (VoIP) beinhalten, am Markt kaum durchsetzbar. Die preisliche und angebotsseitige Bündelung von schmal- und breitbandigen Anschlüssen erhält daher nutzerseitig eine technische Trennung von leitungs- und paketvermittelter Telefonie aufrecht, die Wettbewerber mit integrierten Sprach- und Datenangeboten behindert. Im Ergebnis widerspricht dies auch einer Wettbewerbsförderung durch technologieneutrale Regulierung wie sie in § 1 TKG als Zweck des TKG festgelegt ist. Soweit ersichtlich ziehen aber sowohl die BNetzA2 als auch die EU-Kommission3 hier die Betrachtung der Vorleistungsmärkte vor. Damit verlagert sich das Problem auf die Vorleistungsebene, für welche die BNetzA allerdings lediglich angekündigt hat, den Standalone Bitstrom-Zugang „im Gleichschritt mit der europäisch harmonisierten Entwicklung“ einzuführen4. Dies ist bedauerlich, weil die wettbewerbsbehindernde Wirkung der dargestellten Bündelung auf der Hand liegt und bekannt ist. Zugleich ist insoweit auch das Erfordernis für die nachfragegerechte Entbündelung erfüllt (siehe oben Rz. 296), als Konsultations- wie auch Konsolidierungsverfahren zur Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang eine entsprechende Nachfrage aufgezeigt haben5. Mit Blick auf die bereits erwähnten und auch teilweise von der BNetzA so gesehenen Aspekte der Marktmachtübertragung, Wettbewerbsbehinderung und Technologieneutralität wäre die Auferlegung der Verpflichtung zur Bereitstellung eines Standalone Bitstrom-Zugangs daher geboten und angesichts der auch bei der DTAG vorhandenen technischen Möglichkeiten nicht unangemessen (gewesen). Es ist daher zu hoffen, dass die BNetzA diese Frage kurzfristig wieder aufgreift, wozu sie beispielsweise im Rahmen des Überprüfungsverfahrens (siehe dazu Rz. 418 ff.) zum Standardangebot der DTAG für den IPBitstrom-Zugang auch Gelegenheit hat (siehe unten Rz. 577).
_______________
1 Die BNetzA sieht die erste Frage, setzt sich aber mit der zweiten nicht auseinander: BNetzA, Hinweise zu sachlich ungerechtfertigter Bündelung i. S. d. § 28 Abs. 2 Nr. 3 TKG, BNetzA Mitteilung Nr. 198/2005, ABl. Nr. 15/2005, S. 1188 (21, 23 f.). 2 Siehe BNetzA, Hinweise zu sachlich ungerechtfertigter Bündelung i. S. d. § 28 Abs. 2 Nr. 3 TKG, BNetzA Mitteilung Nr. 198/2005, ABl. Nr. 15/2005, S. 1188 (23 f.). 3 Siehe das im Sachverhalt der Regulierungsverfügung zum IP-Bitstrom-Zugang zitierte Schreiben der EU-Kommission v. 21.8.2006: BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 9, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006. 4 Vgl. BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 19, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006. 5 Vgl. BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 7 und 9, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006.
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H Rz. 309
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
7.4.5.1.2 Auferlegungspraxis der BNetzA 309
Die Auferlegungspraxis der BNetzA in Bezug auf § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG ist vielfältig. Die Regelung hat daher in der Praxis einen Auffangcharakter erhalten, was nicht immer nötig gewesen wäre. Bisher hat die BNetzA Zugangsleistungen auf § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG in den nachfolgend dargestellten Fällen gestützt:
310
Gebündelter Zugang zur TAL in Form der Kupferdoppelader einschließlich der Varianten OPAL/ISIS am Hauptverteiler1, bei dem aufgrund der Mischung von Glasfaser- und Kupferleitung für den Anschluss (zusätzlich zum Zugriff auf die reinen physikalischen Leitungen) eine übertragungstechnische Beischaltung und damit Bündelung von Leistungen erforderlich ist2; es handele sich dabei um Teile des öffentlichen Telefonnetzes und des DSLAnschlussnetzes des verpflichteten Unternehmens und damit um Netzkomponenten, bei denen der Zugang mangels technischer Entbündelungsmöglichkeit aus den gleichen Gründen wie der Zugang zur entbündelten TAL gewährt werden müsse, zumal in einigen Regionen dies die einzige Möglichkeit der Anbindung von Teilnehmern darstelle3.
311
Zusammenschaltung mittels Übertragungsweg (gebündelte Zusammenschaltung), bei der die physische Verbindung außerhalb des Vermittlungsstellenstandorts (Ort der Zusammenschaltung) durch das verpflichtete Unternehmen bereitgestellt (ICAs Customer Sited) und nicht vom zugangsberechtigten Unternehmen selbst erstellt wird; die gebündelte Zusammenschaltung ermögliche den schnellen Markteintritt und sukzessiven Netzaufbau durch das berechtigte Unternehmen, während insbesondere bei kleineren Verkehrsmengen die entbündelte Zusammenschaltung eine hohe Markteintrittsbarriere bedeuten würde4.
312
Verbindungsleistungen im Rahmen der Zusammenschaltung –
in Form der (lokalen) Terminierung von Verbindungen (des berechtigten Unternehmens) im Netz des verpflichteten Unternehmens5;
_______________
1 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 13 f., BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005. 2 Marktdefinition und Marktanalyse, S. 10 im Anhang zu BNetzA, Beschl. v. 20.4. 2005 – BK4a-04-075/R (TAL), BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005, S. 578 (610). 3 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 13 f., BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005. 4 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 28 f., BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005. 5 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 19 f., BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005; BNetzA, Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016 (-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), S. 7 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006; BNetzA, Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001 (-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), S. 17 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 312 H
–
in Form der (lokalen) Zuführung von Verbindungen aus dem Netz des verpflichteten Unternehmens für die Betreiberauswahl und zu Diensten (des berechtigten Unternehmens)1;
–
in Form des Transits plus Terminierung von Verbindungen (des berechtigten Unternehmens) im Netz des verpflichteten Unternehmens sowie des Transits plus Zuführung von Verbindungen aus dem Netz des verpflichteten Unternehmens für die Betreiberauswahl und zu Diensten (des berechtigten Unternehmens)2.
Bei den zuletzt aufgeführten Verbindungsleistungen im Rahmen der Zusammenschaltung zeigt sich die Wechselwirkung zwischen den Ergebnissen der Marktdefinition und Marktanalyse einerseits und der sich daraus ergebenden Zugangsgewährungsverpflichtungen andererseits besonders deutlich. Dies hat die BNetzA unrichtigerweise dazu veranlasst, die Verbindungsleistungen aus dem Umfang der Zusammenschaltungsverpflichtung nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG herauszunehmen (siehe oben Rz. 87 f.). Stattdessen wäre es angezeigt gewesen, die Verbindungsleistungen als Bestandteil der gleichzeitig auferlegten Zusammenschaltungsverpflichtung3 nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG auf jene zu begrenzen, für die nach der betreffenden Marktdefinition und Marktanalyse seitens des verpflichteten Unternehmens beträchtliche Marktmacht festgestellt worden ist. Bemerkenswert ist ferner, dass die BNetzA im Falle des Transits plus Zuführung zur Betreiberauswahl die Verpflichtung (wie zuvor unter dem TKG 1996) dahingehend begrenzt hat, dass bei Ortsnetzverbindungen4 Transit lediglich in Form des Ausfall- und Überlaufroutings erbracht werden muss5. Dies wird mit Erwägrungen in Bezug auf die vorhandene Netzkapazität (§ 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 TKG, siehe oben Rz. 282) im Zusammenspiel mit der Netzintegrität (siehe oben Rz. 175 ff.) begründet und beruht auf der in § 40 Abs. 1 S. 4 TKG enthaltenen Pflicht der BNetzA, im Rahmen der Ausgestaltung der Zusammenschaltung zu gewährleisten, dass Anreize zu effizienten Investitionen in Infrastrukturen, die langfristig einen stärkeren Wettbewerb sichern, nicht entfallen und eine _______________
1 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 12 ff., 16 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005. 2 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 21 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005. 3 So auch ausdrücklich für Terminierungsleistungen: VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 41 ff. und 1 K 4148/06, Absatz Nr. 48 ff. sowie Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 40 ff. und 1 K 4314/06, Absatz Nr. 42 ff., jeweils über www.justiz.nrw.de. 4 Hier geht es um Verbindungen die im gleichen Ortsnetz beginnen und enden. Transit bedeutet in diesem Fall, dass die Verbindung von der lokalen Netzebene auf eine höhere Netzebene gebracht und dort dem ausgewählten Betreiber übergeben wird, der die Verbindung dann über den gleichen Übergabepunkt wieder zurück gibt, damit sie im (gleichen) Ortsnetz terminiert wird. 5 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 22 f., BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005.
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H Rz. 313
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
effiziente Nutzung des vorhandenen Netzes durch ortsnahe Zuführung erfolgt (dazu K. Rz. 223 ff.). 313
Was schließlich den Bitstrom-Zugang anbetrifft, so hat die BNetzA – hier gestützt auf § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG – die Verpflichtung auferlegt1, „auf dem Markt für IP-Bitstrom-Zugang mit Übergabe auf IP-Ebene (layer 3) an verschiedenen Übergabepunkten der Netzhierarchie einschließlich HFC Breitbandzugang mit Übergabe auf IP-Ebene auf der Basis des von ihr betriebenen breitbandigen Anschluss- und Konzentratornetzes anderen Unternehmen auf Nachfrage IP-BitstromZugang dadurch zu gewähren, dass sie im Rahmen eines einheitlichen Produktes dem nachfragenden Unternehmen xDSL-Anschlüsse überlässt und den darüber geführten Paketstrom über ihr Konzentratornetz zu den PoP ihres IP-Kernnetzes transportiert, wo sie ihn dem nachfragenden Unternehmen übergibt.“
Diese recht komplex formulierte Verpflichtung beinhaltet mehrere interessante und auch streitige Komponenten. Zunächst ist festzustellen, dass der Kreis der berechtigten Unternehmen durch die Art des Zugangs eine Beschränkung auf solche nachfragenden Unternehmen erfährt, die überhaupt in der Lage sind, den (IP-)Verkehrsstrom aufzunehmen. Dabei muss es sich freilich nicht zwangsläufig auch um Netzbetreiber (eines IP-Netzes) handeln. Vielmehr reicht es aus, wenn das Unternehmen Einrichtungen betreibt, die dazu in der Lage sind (siehe oben Rz. 74). Ferner bezieht sich das Ergebnis der Marktdefinition und Marktanalyse zwar auf verschiedene „Übergabepunkte der Netzhierarchie“, indes spricht die Verpflichtung lediglich von den PoP ihres IP-Kernnetzes (dazu auch G. Rz. 212 f.). Außerdem ist die Verpflichtung zwar auf IP-Bitstrom-Zugang entsprechend der Ergebnisse der Marktdefinition und Marktanalyse beschränkt, die Verpflichtung umfasst aber xDSL-Anschlüsse und nimmt damit keine Beschränkung bei den Anschlussvarianten (ADSL, SDSL VDSL etc.) vor (dazu G. Rz. 157 ff.). Daneben erwähnt der Tenor der Regulierungsverfügung die höchst umstrittene Frage des „Standalone-Bitstrom-Zugangs“ (siehe dazu bereits oben Rz. 306 ff.) mit keinem Wort2. Diese und weitere Fragen werden die BNetzA im Rahmen des im Dezember 2006 eingeleiteten Verfahrens zur Überprüfung des diesbezüglichen Standardangebots der DTAG (§ 23 TKG) sowie voraussichtlich in Zugangsanordnungsverfahren (§ 25 TKG) beschäftigen.
_______________
1 BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006. Vorläufig im Wege der Interessenabwägung bestätigt durch VG Köln, Beschl. v. 5.2.2007 – 21 L 1591/06. 2 Hier geht es um den Punkt, dass der Bitstrom-Zugang auch ohne gleichzeitige Bestellung eines schmalbandigen Telefonanschlusses möglich sein soll, was heute weder im Vorleistungs- noch im Endnutzerbereich seitens der DTAG angeboten wird.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 315 H
In Bezug auf den Übergabepunkt spricht die zugehörige Marktdefinition und Marktanalyse im Wesentlichen von drei möglichen Schnittstellen1: –
Übergabe am DSLAM mit Konzentrationsleistung aber ohne weiteren Transport, d. h. am Hauptverteiler und damit der (vermeintlich) untersten Netzebene an der auch typischerweise der Zugang zur TAL realisiert wird;
–
Übergabe am (regionalen) parent switch bzw. parent PoP, d. h. hier erfolgt zusätzlich eine Konzentrator- und Transportleistung zum Gateway des Kernnetzes;
–
Übergabe am (überregionalen) distant switch bzw. distant PoP, d. h. hier erfolgt zusätzlich eine Transportleistung im Kernnetz selbst.
314
Anhand der Formulierung in der Regulierungsverfügung ist zwar zu erkennen, dass eine Übergabe des Verkehrs am DSLAM nicht auferlegt worden ist. Ob allerdings die PoP des Kernnetzes lediglich Gateway im Sinne des parent PoP zu sein brauchen oder auch distant PoP sein müssen, kann der Formulierung nicht eindeutig entnommen werden. Die Frage ist deswegen von Bedeutung, weil die DTAG 73 so genannte Breitband PoP betreibt und es für den Nachfrager einen erheblichen Unterschied macht, ob er für den bundesweiten Zugang alle 73 Breitband PoP (Variante parent PoP) oder lediglich einen einzigen PoP (Variante distant PoP) erschließen muss. Zwar bezieht sich die Regulierungsverfügung ausweislich des Sachverhalts auf die 73 Breitband PoP der DTAG. Indes heißt dies nicht, dass der Nachfrager auch alle PoP erschließen müsste. Vor dem Hintergrund der Marktdefinition wird man die Formulierung vielmehr so zu verstehen haben, dass ein einziger PoP zur bundesweiten Erschließung ausreicht (siehe G. Rz. 213). Denn die Formulierung „PoP des IP-Kernnetzes“ beinhaltet keine Beschränkung auf den parent PoP und einen dort ggf. bestehenden beschränkten regionalen Einzugsbereich. Allenfalls ließe sich argumentieren, dass die Transportleistung aufgrund der Formulierung im Tenor der Regulierungsverfügung womöglich dahingehend beschränkt ist, dass sie nicht über das Konzentratornetz hinausgeht und damit keinen Transport im Kernnetz selbst beinhaltet. Indes hätte die BNetzA dann die Formulierung aus der Marktdefinition (Gateway) verwenden können, was nicht geschehen ist. Hinsichtlich der Anschlussvarianten stellt die Begründung der Regulierungsverfügung für den IP-Bitstrom-Zugang klar, dass sämtliche gängigen xDSL-Varianten von der Verpflichtung erfasst sind2. Dies steht nur scheinbar im Widerspruch mit der Marktdefinition. Dort heißt es zwar mit Blick auf die Trennung der Märkte für ATM-Bitstrom und IP-Bitstrom anhand der _______________
1 Marktdefinition und Marktanalyse im Anhang zu BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 30, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006. 2 BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 19, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006.
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H Rz. 316
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
ebenfalls vorgenommenen Untersuchung der korrespondierenden Endnutzermärkte1, dass es bei IP-Bitstrom um eine Vorleistung für BreitbandMassenprodukte gehe und bei ATM-Bitstrom um eine Vorleistung für hochwertige Dienste (Video on Demand, VPN-Dienste für Geschäftskunden), wobei dann den „entsprechenden“ Endnutzermärkten bestimmte Anschlussvarianten zugeordnet werden. Indes kommt es letztlich darauf an, mit welcher den Vorleistungsmarkt bestimmenden Technologie (ATM oder IP) die betreffenden Leistungen angeboten werden. Ist es ungeachtet der Zuordnung der Anschlussvarianten durch die BNetzA bei den Endnutzermärkten tatsächlich so, dass die betreffenden Anschlussvarianten mit beiden Technologien realisiert werden, werden die Varianten auch entsprechend erfasst. 7.4.5.2 Keine nachträgliche Verweigerung bereits gewährten Zugangs (Nr. 2) 316
Nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG kann die BNetzA die Verpflichtung auferlegen, bereits gewährten Zugang nicht nachträglich zu verweigern. Dies entspricht fast wortwörtlich Art. 12 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. b) Zugangsrichtlinie, ist aber anhand des englischen Richtlinientexts2 dahingehend zu verstehen, dass ein bereits bestehender Zugang nicht (z. B. durch Kündigung des entsprechenden Vertrags) einseitig beendbar sein soll. Nach der Gesetzesbegründung geht es dementsprechend hierbei um die Fälle, wo der Zugang auf einer freiwilligen Gewährung beruht und nicht als Verpflichtung auferlegt wurde3. Damit ist gegenüber § 21 Abs. 1 TKG eine Einschränkung des Kreises der berechtigten Unternehmen (siehe oben Rz. 250) auf jene Unternehmen verbunden, welche bereits auf vertraglicher Grundlage den betreffenden Zugang vom verpflichteten Unternehmen besitzen. 7.4.5.2.1 Inhalt und Umfang
317
Wenngleich somit diese Verpflichtung nicht wirklich die Auferlegung einer Zugangsverpflichtung bedeutet, hat die Auferlegung dieser Verpflichtung die gleiche Wirkung, da sie die bestehenden Angebote des verpflichteten Unternehmens aufgreift und sozusagen verpflichtend „einfriert“. Dies muss allerdings nicht bedeuten, dass die Regelung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit einschränkend dahingehend zu verstehen ist, sie könne nur als „Sunset-Regelung“ mit einer Befristung versehen ergehen4. Ginge es nur um die Verhinderung der sofortigen Aussetzung eines Zugangs, wäre eine besondere Verpflichtung nicht erforderlich, weil typischerweise auch zivil_______________
1 Marktdefinition und Marktanalyse im Anhang zu BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 31 ff., 45 ff. und insbesondere S. 63, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006. 2 Dieser lautet: „not to withdraw access to facilities already granted“. 3 BT-Drucks. 15/2316, S. 65. 4 So BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 92 f.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 319 H
rechtliche Kündigungsfristen bestehen, während wichtige Gründe, die eine sofortige Kündigung ermöglichen, nicht durch die Verpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG ausgehebelt werden können. Insoweit wäre die Anwendung der Verpflichtung auf die Fälle beschränkt, wo ein vertraglich vereinbarter wichtiger Kündigungsgrund darin bestünde, dass der betroffene Zugang keiner regulierungsrechtlichen Verpflichtung mehr unterliegt. Dies erscheint zu eng. Hinzu kommt, dass § 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG lediglich den betreffenden Zugang verpflichtend fortschreibt, nicht aber zugleich sämtliche Aspekte der diesbezüglichen Vertragsgestaltung. Daher muss auch diese Verpflichtung im Zusammenhang mit dem in § 14 TKG vorgesehenen zweijährigen Überprüfungsturnus und den sonstigen dortigen Überprüfungsgründen gesehen werden (siehe G. Rz. 201 ff.). So hat der Gesetzgeber für die Entbündelung von Anschluss und Verbindungsleistungen im Rahmen der auferlegbaren Resale-Verpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG in § 150 Abs. 5 TKG sogar einen vierjährigen Übergangszeitraum vorgesehen. Daher ist ein besonderes Befristungserfordernis entbehrlich. Besondere Bedeutung erlangt die Verpflichtung des § 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG zudem im Zusammenspiel mit dem Abwägungskriterium des § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TKG, wonach bei der Auferlegung von Zugangsgewährungsverpflichtungen bereits vorhandene freiwillige Angebote am Markt zu berücksichtigen sind. Denn wenn dieser Aspekt dazu dienen kann, von der Auferlegung einer sonstigen Zugangsgewährungsverpflichtung abzusehen, so liegt es auf der Hand, diesen Aspekt durch die Auferlegung der Verpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG abzusichern. In diesem Zusammenhang wäre dann auch die Auferlegung einer Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Standardangebots (§ 23 TKG) wie auch die Entgeltgenehmigungspflicht nach § 30 Abs. 1 TKG denkbar1, wenn auch nicht wahrscheinlich. Denn auch wenn hier keine eigentliche Zugangsgewährungsverpflichtung vorliegt, so bleibt es dennoch bei einer Zugangspflicht gegenüber den bereits vorhandenen Vertragspartnern des verpflichteten Unternehmens. Problematisch wird diese Sichtweise möglicherweise dann, wenn das verpflichtete Unternehmen etwaigen neuen Vertragspartnern unterschiedliche Bedingungen anbieten will, zugleich aber einer Gleichbehandlungspflicht nach § 19 TKG oder dem kartellrechtlichen Diskriminierungsverbot unterliegt. Allerdings ist dies keine Frage des § 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG, sondern jener Bestimmungen.
318
7.4.5.2.2 Auferlegungspraxis der BNetzA Die Verpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG ist seitens der BNetzA trotz Gelegenheit hierzu bislang nicht auferlegt worden. Zwar hatte die BNetzA im ursprünglichen Konsultationsentwurf für die Regulierungsverfügung zum ATM-Bitstrom-Zugang die Auferlegung einer Zugangsgewährungsver_______________
1 Anders BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 95.
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H Rz. 320
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
pflichtung nach § 21 TKG unter Hinweis auf das freiwillige Angebot des verpflichteten Unternehmens nach § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TKG abgelehnt1. Eine Auseinandersetzung mit § 21 Abs. 2 Nr. 2 erfolgte allerdings nicht. Im Bereich der schmalbandigen Zuführung von Verbindungen zu OnlineDiensten über PMX-Anschlüsse hat sich die BNetzA dagegen auch mit Blick auf § 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG auf den Standpunkt gestellt, dass der betreffende Zugang bereits seit Jahren angeboten werde, ohne dass es zu Missbrauchsverfahren oder Verfahren über die Ausgestaltung der Zugangsbedingungen gekommen sei2. Die BNetzA scheint daher für die Auferlegung der Verpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG zu verlangen, dass gewisse tatsächliche Anhaltspunkte für die Gefahr der (künftigen) Verweigerung des konkreten Zugangs bestehen. Dieser Ansatz ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zwar grundsätzlich nachvollziehbar, erscheint aber allenfalls dann angebracht, wenn sich das verpflichtete Unternehmen im diesbezüglichen Konsultationsverfahren auch entsprechend äußert. Dies lässt sich für die konkrete Regulierungsverfügung nicht eindeutig sagen, weil das verpflichtete Unternehmen u. a. darauf hingewiesen hat, an dem Zugang bestehe im Markt kaum noch Interesse3. Vor diesem Hintergrund ist die Gefahr der Einstellung bzw. Verweigerung des Zugangs gegenüber den noch vorhandenen Vertragspartnern nicht von der Hand zu weisen. 7.4.5.3 Zugang zu Endnutzerdiensten zu Großhandelbedingungen für den Weitervertrieb in eigenem Namen – Wiederverkauf, Resale (Nr. 3) 320
Die Bestimmung in § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG ermöglicht die Auferlegung einer Resale-Verpflichtung, die in anderer Form in § 4 TKV 1997 enthalten war sowie in GSM- und UMTS-Lizenzen enthalten ist. Diese Verpflichtung war bereits unter dem TKG 1996 sowie im Gesetzgebungsverfahren für das TKG 2004 höchst umstritten. Für § 4 TKV lehnte die obergerichtliche Rechtsprechung einen Kontrahierungszwang ab4, letztlich wurde die Resale-Verpflichtung aber höchstrichterlich aus § 33 TKG 1996 hergeleitet5. Im Gesetzgebungsverfahren führten die Diskussionen um die Resale-Verpflichtung schließlich dazu, dass der in Art. 12 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit d) Zugangsrichtlinie enthaltenen Wortlaut deutlich wie folgt abgeändert und ergänzt worden ist:
_______________
1 Konsultationsentwurf der Regulierungsverfügung im Bereich ATM-BitstromZugang v. 22.3.2006 – BK4a-06-006/R, S. 11 ff., BNetzA Mitteilung. Nr. 90/2006, ABl. Nr. 6/2006, S. 757 (768 ff.). 2 BNetzA, Beschl. v. 16.11.2005 – BK4a-05-05/R (Zuführung Online-Dienste), S. 12, BNetzA Mitteilung Nr. 278/2005 ABl. Nr. 22/2005. 3 Siehe Stellungnahme der DTAG in BNetzA Mitteilung Nr. 208/2005; ABl. Nr. 17/2005. 4 OVG NRW, CR 2002, 29 (31). 5 BVerwG, CR 2004, 189.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 321 H
„bestimmten vom Betreiber angebotenen Diensten, wie sie Endnutzern angeboten werden, zu Großhandelsbedingungen zu gewähren, um Dritten zwecks den Weitervertrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durch Dritte anzubieten zu ermöglichen. Hierbei sind die getätigten und zukünftigen Investitionen für innovative Dienste zu berücksichtigten.“
Hinzu kam die bereits erwähnte „Sunset-Regelung“ des § 150 Abs. 5 TKG, wonach bis 30.6.2008 Anschlüsse lediglich in Verbindung mit Verbindungsleistungen zur Verfügung (also gebündelt) gestellt werden müssen sowie eine Sonderregelung für die Entgeltregulierung in § 30 Abs. 5 TKG; danach gilt für die betroffenen Vorleistungsentgelte nicht der Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung aus § 31 Abs. 1 TKG, sondern ein Maßstab, der einen Abschlag gegenüber dem Endnutzerpreis zum Ausgangspunkt nimmt (Retail Minus). Diese Maßnahmen können kaum anders als ein versuchtes „Verhinderungspaket“ bezeichnet werden, das die europarechtliche Vorgabe stark einzäunt, allerdings weniger als im Gesetzgebungsverfahren seitens des Bundesrats gefordert worden war1. Hintergrund ist dabei das ordnungspolitische Spannungsverhältnis zwischen Infrastrukturund Dienstewettbewerb. Mit den Formulierungsänderungen und der Art des Zugangs ist jedenfalls keine Einschränkung des Kreises der berechtigten Unternehmen aus § 21 Abs. 1 TKG (siehe oben Rz. 250) verbunden. Mit Blick auf die europarechtliche Vorgabe wird man feststellen können, dass die Änderungen im ersten Satz von § 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG eher klarstellender Natur sind bzw. so verstanden werden müssen. Inhalt, Sinn und Zweck bleibt die Bereitstellung von Diensten zum Weiterverkauf. Dass es sich dabei um Dienste handelt, die vom Betreiber gegenüber Endnutzern bereits angeboten werden, ist dem Begriff des Weitervertriebs ebenso immanent, wie dass der Weitervertrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erfolgt. Europarechtlich problematisch ist freilich auf den ersten Blick die Ergänzung im zweiten Satz, die offensichtlich zusätzlich zu den Abwägungskriterien des § 21 Abs. 1 S. 2 TKG ermessenssteuernde Wirkung haben sollen. Allerdings ist einerseits bereits festgestellt worden, dass weder dieser Kriterienkatalog noch derjenige in Art. 12 Abs. 2 Zugangsrichtlinie abschließend formuliert ist (siehe oben Rz. 271, 277). Andererseits sind Investitionen auch in § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TKG sowie Innovationen in § 2 Abs. 2 Nr. 3 TKG angesprochen, wobei das letztgenannte Regulierungsziel auch über § 21 Abs. 1 S. 2 TKG allgemein zu berücksichtigen ist (siehe oben Rz. 267). Vor diesem Hintergrund hätte man sich die Ergänzung zwar auch sparen können, aber sie verdeutlicht das Interesse des Gesetzgebers, dass bei der Auferlegung einer Resale-Verpflichtung „besonders genau hingeschaut“ wird. Solange dies nicht zu Ermessenfehlern (siehe oben Rz. 273) oder einer Priorisierung der Abwägungskriterien (siehe oben Rz. 271) bei der BNetzA führt, ist dies nicht zu beanstanden. _______________
1 Vgl. BT-Drucks. 15/2316, S. 111 f.
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H Rz. 322
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
7.4.5.3.1 Inhalt und Umfang 322
Die Resale-Verpflichtung bezieht sich auf bestimmte Diensteangebote des verpflichteten Unternehmens, so wie sie Endnutzern angeboten werden. Dies bedeutet zunächst nicht, dass es überhaupt erst Vorleistungsangebote für Resale seitens des verpflichteten Unternehmens geben muss, damit diese einer Verpflichtung unterliegen können. Entscheidend ist vielmehr, dass das verpflichtete Unternehmen Angebote gegenüber Endnutzern auf dem (nachgelagerten) Markt macht. Folglich ist die Resale-Verpflichtung auch grundsätzlich darauf beschränkt, was vom verpflichteten Unternehmen bereits auf diesem Markt angeboten wird. Darin liegt eine Abweichung gegenüber der früheren Regelung des § 4 Abs. 1 TKV 1997, wonach von vorneherein die verpflichteten Unternehmen ihr Leistungsangebot so zu gestalten hatten, dass ein Resale möglich ist. Der Anknüpfungspunkt war dort also bereits die Angebotsgestaltung im Vorfeld, während es nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG lediglich um solche Leistungen geht, die bereits am Endnutzermarkt angeboten werden. Welche Dienste dies sind, ist allerdings unerheblich, d. h. es kann sich um Festnetz- ebenso wie um Mobilfunkdienste handeln. Es müssen aber Telekommunikationsdienste sein, weil sich der Zugangsbegriff in seiner Zweckbestimmung für die nachgelagerten Märkte lediglich auf die Erbringung von Telekommunikationsdiensten bezieht (siehe oben Rz. 36 ff.). Auch ist irrelevant, ob es sich um standardisierte AGB-Produkte handelt oder um Produkte, die individualisiert sind. Denn diese Einschränkung aus dem ursprünglichen Gesetzentwurf ist nicht in die Endfassung des Gesetzes übernommen worden1.
323
Das Resale-Angebot des verpflichteten Unternehmens muss zu Großhandelsbedingungen erfolgen. Da die leistungsbezogenen Bedingungen des Angebots durch die Angebote am Endnutzermarkt bereits bestimmt sind, geht es hier lediglich um zwei Aspekte. Zum einen muss das Resale-Angebot es ermöglichen, dass der Nachfrager die betreffenden Dienste im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vertreiben kann, wie dies im Wortlaut von § 21 Abs. 2 Nr. 3 S. 1 TKG selbst zum Ausdruck gebracht wird. Dies bedeutet, dass das Angebot so ausgestaltet sein muss, dass die Vertragsbeziehung zum Endnutzer (richtig: Teilnehmer) mit dem berechtigten und nicht dem verpflichteten Unternehmen zustande kommt. Darin enthalten ist notwendigerweise auch die Gestaltung von Prozessen sowie der Datenaustausch zwischen verpflichtetem und berechtigtem Unternehmen, damit das berechtigte Unternehmen gegenüber dem Endnutzer auch eine vertragliche Regelung sowie die Abrechnung der Dienste vornehmen kann. Eine „Veredelung“ des Dienstes im Sinne der Schaffung eines Mehrwerts durch das berechtigte Unternehmen ist dabei nicht erforderlich, da auch dieser Aspekt trotz entsprechender Forderung durch den Bundesrat nicht in das Gesetz _______________
1 Siehe BT-Drucks. 15/2316, S. 13.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 325 H
aufgenommen worden ist1. Einer besonderen Wertschöpfung durch das berechtigte Unternehmen über das bereits bestimmte und „fertige“ Endnutzerprodukt des verpflichteten Unternehmens hinaus ist daher nicht für den Resale-Anspruch nötig. Zum anderen ist mit Großhandelsbedingungen die Frage des Entgelts gemeint. Hier gilt die bereits erwähnte Spezialregelung des § 30 Abs. 5 TKG. Danach gilt für die Regulierung der Resale-Entgelte nicht der Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung. Vielmehr sollen sich die Entgelte aus einem Abschlag auf den Endnutzerpreis ergeben, der einem effizienten Anbieter von Telekommunikationsdiensten, die Erzielung einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals auf dem Endnutzermarkt ermöglicht, wobei das Entgelt dabei mindestens den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung entsprechen muss. Dieser im Ausgangspunkt als „Retail Minus“ bezeichnete Entgeltmaßstab ist damit nach oben durch den Endnutzerpreis abzüglich einer objektiv zu bestimmenden angemessenen „Rohmarge“ (Abschlag) begrenzt, und nach unten durch die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung. Die Untergrenze verhindert Dumping zugunsten von Resale-Geschäftsmodellen gegenüber Zugangsleistungen mit Infrastrukturanteil seitens des berechtigten Unternehmens. Die Obergrenze ist dagegen im Rahmen eines Entgeltgenehmigungsverfahrens zu ermitteln – wenn denn die Entgeltgenehmigungspflichtigkeit angeordnet wird und nicht nur die nachträgliche Entgeltregulierung in Betracht kommt – und dürfte durch die verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe (effizienter Anbieter, angemessene Verzinsung) Anlass zu Streitigkeiten geben. 7.4.5.3.2 Auferlegungspraxis der BNetzA Mit der Frage der Auferlegung der Resale-Verpflichtung hat sich die BNetzA im Rahmen der Regulierungsverfügung für die Märkte Nr. 1–2, 3 und 5 der Märkteempfehlung (Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten, öffentliche Inlandsgespräche an festen Standorten) auseinander gesetzt2. Dort hat sie die Auferlegung der Resale-Verpflichtung vorläufig abgelehnt, weil eine entbündelte Resale-Verpflichtung angesichts der Übergangsregelung in § 150 Abs. 5 TKG vor dem 30.6.2008 nicht in Betracht komme und eine Nachfrage nach einem gebündelten Resale-Angebot im Konsultationsverfahren (noch) nicht hinreichend konkret zum Ausdruck gebracht worden sei3.
324
Allerdings hat die BNetzA auch darauf hingewiesen, dass das im Rahmen der Regulierungsverfügung betrachtete verpflichtete Unternehmen (DTAG)
325
_______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 111, BT-Drucks. 15/2345, S. 3. 2 BNetzA, Beschl. v. 5.7.2006 – BK2a-06-001-R (Endnutzermärkte Festnetztelefonie), BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006. 3 BNetzA, Beschl. v. 5.7.2006 – BK2a-06-001-R (Endnutzermärkte Festnetztelefonie), S. 44, BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006.
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H Rz. 326
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
aufgrund eines nach § 42 TKG durchgeführten Missbrauchsverfahrens verpflichtet ist, Wettbewerbern weiterhin analoge und ISDN-Telefonanschlüsse zu den geltenden Endkunden-AGB zu überlassen1 (dazu näher unten Rz. 672 ff.). Diese im Wege einer Missbrauchsverfügung durch die BNetzA ausgesprochene Verpflichtung hat auch der gerichtlichen Überprüfung stand gehalten2 und ermöglicht es den Wettbewerbern, auch dort Telefondienste anzubieten, wo eigene Anschlussleitungen bzw. die Inanspruchnahme des TAL-Zugangs unwirtschaftlich sind. Auf diese Weise lassen sich Telefonanschlüsse zu einem Endnutzer (bzw. Teilnehmer) bringen, dessen Telefonverbindungen dann mittels Betreiber(vor)auswahl in das Netz des Wettbewerbers über eine Zusammenschaltung von jenem erbracht werden können. 7.4.5.4 Voraussetzungen für die Interoperabilität (Nr. 4) 326
Nach § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG kann die BNetzA die Verpflichtung auferlegen, „bestimmte für die Interoperabilität der Ende-zu-Ende-Kommunikation notwendige Voraussetzungen, einschließlich der Bereitstellung von Einrichtungen für intelligente Netzdienste oder Roaming (die Ermöglichung der Nutzung von Mobilfunknetzen anderer Betreiber auch außerhalb des Versorgungsbereichs des nachfragenden Mobilfunknetzbetreibers für dessen Endnutzer) zu schaffen“. Anders als die anderen Zugangsgewährungsverpflichtungen ist diese, auf Art. 12 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. g) Zugangsrichtlinie beruhende Regelung auf den ersten Blick nicht so formuliert, dass hier Verpflichtungen auferlegt werden, die zugleich ein anderes Unternehmen berechtigen. Die Formulierung „Voraussetzungen zu schaffen“ deutet vielmehr darauf hin, dass es sich hier um eine Verpflichtung handelt, welche die Auferlegung von Zugangsgewährungsverpflichtungen etwa nach § 21 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 5 oder § 21 Abs. 3 Nr. 3 TKG erst ermöglicht. Insoweit ähnelt diese Verpflichtung den Regelungen zu technischen Mindestanforderungen an UMTS-Netze, wo u. a. die „Diensteportabilität“ und die Roaming-Fähigkeit mit GSM und anderen UMTS-Netzen Bedingung für die Lizenz- bzw. Frequenzerteilung war3. Besondere Rechte anderer Netzbetreiber waren (und sind) damit allerdings nicht verbunden. Andererseits nennt § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG zwei Regelbeispiele, die in der Bereitstellung von Einrichtungen bestehen. Diese Formulierung deutet wiederum in Anlehnung an die Legaldefinition von Zugang („Bereitstellung von Einrichtungen _______________
1 BNetzA, Beschl. v. 5.7.2006 – BK2a-06-001-R (Endnutzermärkte Festnetztelefonie), S. 45, BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006. 2 VG Köln, Urt. v. 17.5.2006 – 21 K 7045/05. 3 Vgl. Ziffer 3.2 der Entscheidung der Präsidentenkammer v. 18.2.2000 über die Festlegungen und Regeln im Einzelnen zur Vergabe von Lizenzen für Universal Mobile Telecommunications System (UMTS)/International Mobile Telecommunications 2000 (IMT-2000) Mobilkommunikation der dritten Generation – BK-1b-98/005 -1, RegTP Vfg. 13/2000, ABl. RegTP 4/2000, S. 516.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 328 H
oder Diensten“) in Richtung einer Zugangsgewährungsverpflichtung zugunsten Dritter. Insoweit liest sich auch der deutsche Gesetzestext etwas anders als derjenige in Art. 12 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. g) Zugangsrichtlinie, weil die deutsche Fassung die Formulierung „zu schaffen“ hinter die Beispiele und damit unter den Oberbegriff „Voraussetzungen schaffen“ stellt, die europarechtliche Vorlage allerdings nicht. Die Unklarheit in der Formulierung erfordert eine systematische Auslegung. Zwar scheint Schutzgut der Regelung vornehmlich die „Interoperabilität der Ende-zu-Ende-Kommunikation“ zu sein. Bedeutung erlangt die Regelung aber vor dem Hintergrund, dass die technischen Entwicklungen in der Telekommunikation auch eine Implementierung durch die am Markt tätigen Unternehmen erfordern, damit sich darauf beruhende Dienste auch durchsetzen können. Ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht hätte es in der Hand, solche von Dritten entwickelte Dienste zu verhindern, wenn es sich der Schaffung der dafür notwendigen Voraussetzungen verweigert, etwa um bestehende eigene Diensteangebote zu schützen. So beispielsweise, wenn die technischen Implementierungsmaßnahmen für die netzübergreifende Erreichbarkeit und Abrechnung von Diensten über neue Rufnummerngassen nicht ergriffen werden. Hinzu kommt, dass sich § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG sowohl in der deutschen Fassung wie auch in der europarechtlichen Vorlage in Gesellschaft von Zugangs(gewährungs)verpflichtungen befindet, die sämtlich die Gewährung von Zugang an andere Unternehmen (§ 21 Abs. 1 S. 1 TKG) zum Gegenstand haben und der Begriff Zugang selbst gerade aus der Bereitstellung von Einrichtungen oder Diensten gegenüber anderen Unternehmen besteht. Folglich wird man auch diese Regelung als Zugangsgewährungsverpflichtung zu verstehen haben, die andere Unternehmen berechtigt. Mit der Art des Zugangs ist dabei auch keine Einschränkung des Kreises der berechtigten Unternehmen aus § 21 Abs. 1 TKG (siehe oben Rz. 250) verbunden.
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Selbst wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung in § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG angesichts seines Wortlauts nur die Auferlegungsmöglichkeit für „abstrakte“ Verpflichtungen ohne korrespondierende Zugangsrechte Dritter sehen wollte, so wäre die Regelung in unmittelbarem Zusammenhang mit anderen Zugangsgewährungsverpflichtungen, insbesondere aus § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG zu sehen. Denn die Interoperabilität setzt begrifflich notwendig voraus, dass es sich um unterschiedliche Systeme, Einrichtungen und/oder Netze von mindestens zwei Marktteilnehmern handelt. Dementsprechend kann ein aus § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG berechtigtes Unternehmen Zugangsnachfrager in Bezug auf Netzkomponenten oder -einrichtungen sein, für die auf Seiten des verpflichteten Unternehmens die für den nachgefragten Zugang notwendigen Voraussetzungen zur Interoperabilität (gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG) zu schaffen wären. Anderenfalls liefe die Verpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG ins Leere.
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Heun | 907
H Rz. 329
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
7.4.5.4.1 Inhalt und Umfang 329
Bei dem oben dargelegten Verständnis liegt die Besonderheit von § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG gegenüber den sonstigen Zugangsgewährungsverpflichtungen darin, dass hiermit über den Zugang das verpflichtete Unternehmen zur Vornahme von Maßnahmen verpflichtet wird, die es anderenfalls womöglich nicht ergriffen hätte. Es handelt sich also um eine Art Ausbauverpflichtung, die ansonsten im Rahmen des Zugangs eigentlich nicht geschuldet ist (siehe oben Rz. 58 ff., 280 ff.). Diese Ausbauverpflichtung bezieht sich darauf, dass zur Inanspruchnahme der betreffenden Zugangsleistung vom verpflichteten Unternehmen zugleich auch bei sich die Voraussetzungen hierfür geschaffen werden müssen. Dabei wird es sich typischerweise um technische oder betriebliche Voraussetzungen handeln.
330
Die zu schaffenden Voraussetzungen müssen notwendig sein für die „Interoperabilität der Ende-zu-Ende-Kommunikation“. Diese etwas sperrige Formulierung bezieht sich auf die Kommunikation der Nutzer untereinander, wie ein Blick auf die Legaldefinition der Zusammenschaltung in § 3 Nr. 34 TKG (siehe oben Rz. 80 ff.) zeigt. Es geht also darum, sicherzustellen, dass diese Kommunikation netzübergreifend vom Anfangspunkt bis zum gewünschten Endpunkt funktioniert. Interoperabilität meint dabei das Zusammenwirken der (verschiedenen) Kommunikationssysteme, wozu nach der bisherigen Rechtsprechung zum TKG 1996 auch eine durchgehende Verbindung mit zufrieden stellender Qualität gehört1. Dieses Verständnis entspricht wiederum der Formulierung in Art. 12 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. g) Zugangsrichtlinie, wo von „Interoperabilität durchgehender Nutzerdienste“ gesprochen wird. Entscheidend ist damit, dass jene Voraussetzungen zu schaffen und solche Einrichtungen oder Dienste bereitzustellen sind, die ein netz- bzw. systemübergreifendes Zusammenwirken für eine durchgehende Kommunikation von Nutzer zu Nutzer ermöglichen. Mit Blick auf die in der Regelung als erstes Beispiel genannten intelligenten Netzdienste kann sich dies auf den Zugang zu Datenbanken (z. B. Portierungsdatenbank) ebenso beziehen wie auf die Übermittlung von Codes und Signalen (z. B. Zeittakt)2. Besondere Anforderungen können sich hier auch aus der technischen Entwicklung zu ausschließlich IP-basierten Netzen ergeben sowie mit Blick auf die Konvergenz in den Bereichen drahtgebundenes Festnetz (DSL), funkgestütztes Festnetz (WLAN, WiMAX), Mobilfunk und Rundfunk.
331
Als zweites Beispiel nennt § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG die Bereitstellung von Einrichtungen für Roaming. Zugleich wird Roaming dort legaldefiniert als „die Ermöglichung der Nutzung von Mobilfunknetzen anderer Betreiber auch außerhalb des Versorgungsbereichs des nachfragenden Mobilfunknetzbetreibers für dessen Endnutzer“. Dies entspricht dem bisherigen Verständnis der BNetzA/RegTP von Roaming, wie es der Entscheidung über die _______________
1 VG Köln, Urt. v. 5.6.2003 – 1 K 817/00, Absatz Nr. 63 über www.justiz.nrw.de. 2 Siehe BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 106.
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Rz. 333 H
Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
UMTS-Lizenz- und Frequenzzuteilungsbedingungen zum Ausdruck gekommen ist1. Erfasst ist dabei sowohl nationales wie internationales Roaming, wobei aufgrund der Formulierung als berechtigtes Unternehmen nur ein anderer Mobilfunknetzbetreiber in Betracht kommen kann2. Freilich sind bei Roaming immer auch die einschlägigen Lizenz- und Frequenzzuteilungsbedingungen zu beachten (dazu D. Rz. 365 ff.), die eine Auferlegung einer Roaming-Verpflichtung – einmal abgesehen von den Ergebnissen der Marktdefinition und Marktanalyse der BNetzA zu Markt Nr. 15 der Märkteempfehlung (siehe G. Rz. 174 f. 199 f.) – nicht sehr wahrscheinlich erscheinen lassen. 7.4.5.4.2 Auferlegungspraxis der BNetzA Eine Verpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG hat die BNetzA bislang nicht auferlegt. Allerdings hat sie sich mit der Frage auseinander gesetzt, ob über § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG gegenüber einem verpflichteten Unternehmen anlässlich einer Zusammenschaltungsverpflichtung auch eine Nachfrageverpflichtung für Leistungen des berechtigten Unternehmens (dazu oben Rz. 90 f.) auferlegt werden kann3. Im Ergebnis hat die BNetzA dies aus Gründen der Marktdefinition abgelehnt, sich aber zugleich skeptisch geäußert, ob eine derartige Verpflichtung auf § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG fußen könnte. Diese Skepsis ist nicht unberechtigt. Zum einen weil eine rechtliche Abnahmeverpflichtung schwerlich in die eher techniklastige bzw. dienstebezogene Formulierung der Regelung passt4. Zum anderen, weil eine Nachfrage- bzw. Abnahmeverpflichtung unmittelbar unter dem Aspekt der Zusammenschaltung zu betrachten ist (siehe oben Rz. 91 und unten Rz. 481).
332
7.4.5.5 Zugang zu Systemen für die Betriebsunterstützung (Nr. 5) Mit § 21 Abs. 2 Nr. 5 TKG kann eine Verpflichtung auferlegt werden, welche die Gewährung des Zugang zu Systemen für die Betriebsunterstützung oder ähnlichen Softwaresystemen unter zwei Voraussetzungen beinhaltet: –
die Systeme müssen zur Gewährleistung eines chancengleichen Wettbewerbs bei der Bereitstellung von Diensten notwendig sein, und
–
die Effizienz bestehender Einrichtungen muss sichergestellt sein.
_______________
1 Vgl. Entscheidung der Präsidentenkammer v. 18.2.2000 über die Festlegungen und Regeln im Einzelnen zur Vergabe von Lizenzen für Universal Mobile Telecommunications System (UMTS)/International Mobile Telecommunications 2000 (IMT2000) Mobilkommunikation der dritten Generation – BK-1b-98/005 -1, RegTP Vfg. 13/2000, ABl. RegTP 4/2000, S. 516 (531). 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 65. 3 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 33, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005. 4 Das schließt allerdings nicht aus, die Bestimmung dennoch für eine Abnahmebzw. Nachfrageverpflichtung heranzuziehen, wenn sich eine Regelungslücke ergeben sollte.
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333
H Rz. 334
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Bis auf die Ergänzung, dass die Effizienz bestehender Einrichtungen sichergestellt sein muss, entspricht die Bestimmung wortwörtlich der Vorlage in Art. 12 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit h) Zugangsrichtlinie. Ähnlich wie bei der Resale-Verpflichtung hat der deutsche Gesetzgeber damit eine ermessenssteuerende Ergänzung aufgenommen, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entstammt. Eine echte Verengung oder Beschränkung des Anwendungsumfangs der Bestimmung bedeutet dies nicht. Ebenso ist mit der Art des Zugangs auch keine Einschränkung des Kreises der berechtigten Unternehmen aus § 21 Abs. 1 TKG (siehe oben Rz. 250) verbunden. 7.4.5.5.1 Inhalt und Umfang 334
In inhaltlicher Hinsicht bezieht sich der Zugang auf Systeme zur Betriebsunterstützung und ähnliche Softwaresysteme. Dabei bildet der Begriff Softwaresysteme durch die Formulierung „und ähnliche“ offenbar den Oberbegriff. Da es um Systeme geht, die den Betrieb unterstützen, sind hierunter vor allem Systeme zu verstehen, die der Auftragsbearbeitung und -abwicklung dienen sowie unterstützende Datenbanken beinhalten1, aber auch Systeme für Fakturierung und Inkasso (dazu unten Rz. 343 ff.), die zur Erkennung, Meldung und Störungsbearbeitung eingesetzt werden (z. B. so genannte Trouble Ticket Systeme). Systeme, die unmittelbar dem Netzbetrieb oder der Diensteerbringung dienen, gehören nicht dazu. Diese sind entweder über § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG erfasst (Einrichtungen für die Interoperabilität der Ende-zu-Ende-Kommunikation, intelligente Netzdienste) oder über § 21 Abs. 3 Nr. 3 TKG (Schnittstellen, Protokolle oder andere Schlüsseltechnologien).
335
Diese Systeme müssen zur Gewährleistung eines chancengleichen Wettbewerbs bei der Bereitstellung von Diensten notwendig sein. Richtigerweise ist dies so zu lesen, dass nicht die Systeme selbst, sondern der Zugang zu ihnen notwendig sein muss2. Ob Systeme selbst hierfür erforderlich sind, ist eine Frage des § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG, der allerdings die hier gemeinten Systeme nicht erfasst. Damit wird das Kriterium des chancengleichen Wettbewerbs ein Maßstab dafür, wie der Nachfrager mit und ohne Zugang zu den Systemen steht. Ist er ohne Zugang benachteiligt, so wirkt sich dies dann auf seine Wettbewerbschancen aus, wenn er den Zugang zu den betreffenden Systeme nur mit erheblichem Aufwand oder gar nicht kompensieren kann. Diese Frage ist ähnlich zu sehen wie bei der Gleichbehandlungsverpflichtung nach § 19 TKG (dazu oben Rz. 135 ff.), wobei freilich nicht jede Ungleichbehandlung auch bedeutet, dass damit die Gewährleistung eines chancengleichen Wettbewerbs in Frage steht. Typischerweise geht es allerdings etwa bei elektronischen Auftragsbearbeitungs- und -abwicklungssystemen darum, dass wenn der Nachfrager hierzu keine Schnittstellen für _______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 65. 2 Ebenso Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 185.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 337 H
deren Nutzung erhält, er also seine Bestellungen mittels händischer Beauftragung aufgeben muss und diese beim verpflichteten Unternehmen händisch bearbeitet werden, ihn dies gegenüber dem Vertrieb des verpflichteten Unternehmens benachteiligt, der elektronisch eine schnellere Abwicklung erreichen kann. Eine schnellere Abwicklung bedeutet wiederum einen Wettbewerbsvorteil bei potenziellen Auftragsmengen sowie bei Bereitstellungszeiten von Produkten an Endnutzer (Teilnehmer). Solche Nachteile gefährden einen chancengleichen Wettbewerb. Ähnlich verhält es sich mit Störungsbearbeitungssystemen, wenn der fehlende Zugang dazu führt, dass Störungen beim Nachfrager langsamer bearbeitet werden. Schließlich muss aber die Effizienz der bestehenden Einrichtungen sichergestellt sein. Bei genauer Betrachtung ist dieses Kriterium mit Blick auf die Ausgestaltung und Dimensionierung der betreffenden Systeme nicht unproblematisch. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass das verpflichtete Unternehmen die Systeme zunächst nur für den eigenen Gebrauch dimensioniert mit der Folge, dass die Herstellung von Schnittstellen bzw. Nutzungsmöglichkeiten der Systeme zugunsten verschiedener Nachfrager die Leistungsfähigkeit des Systems beeinträchtigen kann. Damit ist einerseits erneut die Frage der Verpflichtung zum Kapazitätsausbau gestellt (siehe oben Rz. 58 ff., 174, 280 ff.), andererseits aber die nach einer strukturellen Benachteiligung von Wettbewerbern durch verlangsamte oder erschwerte Prozesse, in die jene durch Systemdimensionierungen ggf. gezwungen werden. Ausschlaggebend dürfte dabei sein, dass eine ggf. zur Sicherstellung der Effizienz erforderliche Drosselung der Systemlasten gleichmäßig auf alle Nutzer des Systems verteilt wird (siehe oben Rz. 174), etwa durch für alle geltenden Obergrenzen. Dies wird bei einer Auferlegungsentscheidung durch die BNetzA zu berücksichtigen sein.
336
7.4.5.5.2 Auferlegungspraxis der BNetzA Bislang hat sich die BNetzA noch nicht ernsthaft mit der Auferlegung einer Verpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 5 TKG beschäftigt. Sie hat allerdings im Rahmen der Regulierungsverfügung für die Märkte Nr. 1–2, 3 und 5 der Märkteempfehlung (Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten, öffentliche Inlandsgespräche an festen Standorten) die Frage untersucht, ob das betroffene Unternehmen (DTAG) verpflichtet werden soll, elektronische Schnittstellen für die Übermittlung von Aufträgen für Preselection (Betreibervorauswahl) bereitzustellen1. Zwar wurde dabei nicht eindeutig auf § 21 Abs. 2 Nr. 5 TKG Bezug genommen, allerdings spricht angesichts des Sachverhalts der Regulierungsverfügung viel dafür, dass die
_______________
1 BNetzA, Beschl. v. 5.7.2006 – BK2a-06-001-R (Endnutzermärkte Festnetztelefonie), S. 46, BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006.
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337
H Rz. 338
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
BNetzA die Frage vor diesem Hintergrund untersucht hat1. Abgelehnt hat die BNetzA die Auferlegung der Verpflichtung wie auch schon im Falle der Zuführung von Verbindungen zu Online-Diensten über PMX-Anschlüsse (oben Rz. 319) unter Hinweis darauf, dass das betroffene Unternehmen die Schnittstelle bereits freiwillig (§ 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TKG!) und im Wesentlichen beanstandungsfrei über längere Zeit anbiete und die besondere Missbrauchsaufsicht hier ausreiche. 7.4.5.6 Nutzungsmöglichkeiten von Zugangsleistungen und Kooperationsmöglichkeiten zwischen zugangsberechtigten Unternehmen (Nr. 6) 338
Nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG kann die BNetzA im Rahmen der Erfüllung von Zugangsgewährungsverpflichtungen nach Absatz 2 oder Absatz 3 – –
Nutzungsmöglichkeiten von Zugangsleistungen sowie Kooperationsmöglichkeiten
zwischen den zum Zugang berechtigten Unternehmen zulassen. Diese Verpflichtung unterbleibt ganz oder teilweise, wenn das verpflichtete Unternehmen im Einzelfall nachweist, dass Nutzungsmöglichkeit oder Kooperation aus technischen Gründen nicht oder nur eingeschränkt möglich ist. Die Regelung ist in Art. 12 Zugangsrichtlinie nicht enthalten und stellt somit eine Erweiterung gegenüber den europarechtlichen Vorgaben dar. Dies ist zulässig, weil Art. 12 Abs. 1 Zugangsrichtlinie durch die Formulierung „unter anderem“ auch weitere Verpflichtungen zulässt und die Regelung in § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG keine weitere Eingriffsintensität vorsieht (siehe oben Rz. 297) als in den sonst in Art. 12 Abs. 1 Zugangsrichtlinie enthaltenen Verpflichtungen. Vielmehr setzt die Regelung auf bereits bestehenden bzw. auferlegten Zugangsgewährungsverpflichtungen im Sinne einer akzessorischen2 Verpflichtung auf. Dadurch bezieht sich der Kreis der berechtigten Unternehmen aus § 21 Abs. 1 TKG (siehe oben Rz. 250) auch nur auf die nach jenen Verpflichtungen bereits berechtigten Unternehmen. 7.4.5.6.1 Inhalt und Umfang 339
Die zwei Tatbestände Nutzungs- und Kooperationsmöglichkeiten beziehen sich einerseits auf die Nutzungsmöglichkeiten eines berechtigten Unternehmens hinsichtlich der (mehreren) Zugangsleistungen, die vom verpflichteten Unternehmen in Anspruch genommen werden3. Andererseits geht es um die Kooperation zwischen zugangsberechtigten Unternehmen im Zusammenhang mit den von diesen in Anspruch genommenen Zugangsleis_______________
1 BNetzA, Beschl. v. 5.7.2006 – BK2a-06-001-R (Endnutzermärkte Festnetztelefonie), S. 9 und 46, BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006. 2 Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 189. 3 So ist wohl auch die Gesetzesbegründung zu verstehen: BT-Drucks. 15/2316, S. 65.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 340 H
tungen. Typischer Fall zur Unterscheidung ist, dass ein berechtigtes Unternehmen, welches sowohl den Zugang zur TAL als auch eine Zusammenschaltung in Anspruch nimmt, eine Kollokationsfläche für beide Zugangsleistungen gleichermaßen nutzen kann, also nur eine Fläche in Anspruch zu nehmen braucht (Nutzungsmöglichkeit). Die Rechtsprechung scheint hier allerdings die Kollokation nicht als „Zugangsleistung“ anzusehen1 (dazu näher Rz. 378 ff.). Daneben kann auch die Verpflichtung auferlegt werden, dass mehrere zugangsberechtigte Unternehmen ihre kollokierten Einrichtungen untereinander verbinden und/oder sich vor Ort zusammenschalten sowie dass ein zugangsberechtigtes Unternehmen angemietete Kollokationsflächen an ein anderes zugangsberechtigtes Unternehmen untervermietet (Kooperationsmöglichkeiten). In diese Kategorie könnte grundsätzlich auch die Nutzung der Verbindungsnetzbetreiberkennziffern von mehreren zugangsberechtigten Unternehmen über die Zusammenschaltung nur eines zugangsberechtigten Unternehmens gehören. Während man den genannten Fall der Nutzungsmöglichkeit womöglich auch direkt aus der Kollokationsverpflichtung des § 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG herleiten könnte, gilt dies für die Kooperationsmöglichkeiten nicht, weil diese sozusagen „hinter“ der Kollokation liegen. Begrenzt wird die Auferlegungsmöglichkeit der Verpflichtungen aus § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG abgesehen von den Abwägungskriterien des § 21 Abs. 1 S. 2 TKG durch den im Einzelfall vom verpflichteten Unternehmen zu erbringenden Nachweis, dass Nutzungsmöglichkeit oder Kooperation aus technischen Gründen nicht oder nur eingeschränkt möglich sind. Als zusätzliche, neben § 21 Abs. 4 TKG bestehende Ausnahmeregelung von der Auferlegung von Zugangsverpflichtungen ist diese Regelung eng auszulegen. Es sind daher auch nur tatsächliche technische Gründe zu berücksichtigen, und nicht etwa sonstige betriebliche Gründe oder Gründe, die mit den Regulierungszielen zu tun haben2. Zudem muss der Nachweis für den konkreten Einzelfall der aufzuerlegenden Verpflichtung erbracht werden und darf sich daher nicht in generellen Erwägungen erschöpfen. Für das genannte Beispiel der mehrfachen Verbindungsnetzbetreiberkennziffern und der diesbezüglichen Verbindungen könnte ein technischer Verhinderungsgrund darin liegen, dass eine Unterscheidbarkeit für weitere Verbindungsoder Abrechnungszwecke unmöglich ist. Ist dies der Fall, wäre eine parallele Auferlegung der notwendigen Maßnahmen nach § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG denkbar.
_______________
1 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 136 über www.justiz. nrw.de. 2 Diese sind freilich über § 21 Abs. 1 TKG zu berücksichtigen: VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 140 über www.justiz.nrw.de.
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340
H Rz. 341
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
7.4.5.6.2 Auferlegungspraxis der BNetzA 341
In der Auferlegungspraxis der BNetzA haben bislang nur die Kooperationsmöglichkeiten zwischen zugangsberechtigten Unternehmen eine Rolle gespielt und dies auch nur im Zusammenhang mit einer gleichzeitig auferlegten Kollokationsverpflichtung nach § 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG. So sieht die Regulierungsverfügung über den Zugang zur TAL vor, dass die berechtigten Unternehmen ihre Kollokationsflächen an einem HVT-Standort untereinander verbinden dürfen, um die Zu- und Abführung des Verkehrs vom Standort über einen (gemeinsam genutzten) Übertragungsweg vornehmen zu können1. Grund dafür ist, es den Wettbewerbern zu ermöglichen, die den HVTStandort erschließenden Übertragungswege effizienter zu nutzen. Die Ermöglichung der Untervermietung hat die BNetzA dagegen mit dem Argument abgelehnt, dass dann die Gefahr von Kapazitätsengpässen durch Anmietungen mit dem Zweck der Untervermietung entstünde2. Mit befürchteten Kapazitätsengpässen sowie der Notwendigkeit zusätzlicher Maßnahmen für die Klimatisierung wurde auch die Möglichkeit der Aufstellung von Vermittlungstechnik abgelehnt. Die oben angesprochene Nutzungsmöglichkeit für mehrere Zugangsleistungen hat sich offenbar nicht gestellt, weil das verpflichtete Unternehmen (DTAG) dies seit geraumer Zeit bereits vertraglich anbietet.
342
In ähnlicher Weise hat die BNetzA auch Kooperationsmöglichkeiten im Rahmen der Zusammenschaltung zugelassen3. Hier wurde zusätzlich zur Verbindung für Zwecke der gemeinsamen Nutzung von Übertragungswegen die Zusammenschaltung zwischen den Wettbewerbern gestattet, u. a. mit der Begründung, dass dies den Wettbewerb auf der Transitebene fördere. 7.4.5.7 Zugang zu Dienstleistungen für Fakturierung und Inkasso (Nr. 7)
343
Hinsichtlich des Zugangs zu Dienstleistungen im Bereich der einheitlichen Rechnungsstellung sowie zur Entgegennahme oder dem ersten Einzug von Zahlungen (Fakturierung und Inkasso) ist in § 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG eine während des Gesetzgebungsverfahrens von den Marktteilnehmern verhandelte und dementsprechend komplexe „Branchenlösung“ aufgenommen worden. Auch diese Regelung ist in Art. 12 Zugangsrichtlinie nicht enthalten und stellt somit eine Erweiterung gegenüber den europarechtlichen Vorgaben dar. Dies ist auch hier zulässig, weil Art. 12 Abs. 1 Zugangsrichtlinie durch die Formulierung „unter anderem“ auch weitere Verpflichtungen zu_______________
1 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 15 f., BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005. 2 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 16, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005; bestätigt durch VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 140 ff. des amtlichen Umdrucks. 3 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 31 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 345 H
lässt und die Regelung in § 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG keine weitere Eingriffsintensität vorsieht (siehe oben Rz. 297) als in den sonst in Art. 12 Abs. 1 Zugangsrichtlinie vorgesehenen Verpflichtungen. Denn der Zugang zu Fakturierungs- und Inkassodienstleistungen ließe sich auch auf § 21 Abs. 2 Nr. 5 TKG (Art. 12 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit h) Zugangsrichtlinie) stützen, weil es sich hier um betriebsunterstützende Systeme handelt (dazu oben Rz. 334). Historisch gesehen basiert die Regelung zu Fakturierung und Inkasso auf § 15 TKV 19971, wonach der Kunde eines (jeden und nicht nur marktbeherrschenden!) Teilnehmernetzbetreibers das Recht hatte, von jenem eine einheitliche Rechnung zu erhalten, die auch Entgelte für Verbindungen ausweist, welche durch Auswahl anderer Anbieter von Netzdienstleistungen über den Netzzugang des Kunden entstanden. Dies hatte vor allem die Entgelte von Verbindungsnetzbetreibern im Auge, deren Leistungen mittels Betreiber(vor)auswahl über den Anschluss eines Teilnehmernetzbetreibers gegenüber dem Kunden erbracht werden. In der Praxis wurde die Verpflichtung durch die RegTP und die Gerichte auf der Basis von § 33 TKG 1996 dahingehend konkretisiert und eingeschränkt, dass Fakturierung von und Inkasso für Mehrwertdienste und Internet by Call (dazu A. Rz. 47) – egal ob zeitakt- oder zeittaktunabhängig (sog. Blocktarife) – ebenso nicht geschuldet waren wie die Durchführung des Mahnwesens und die Bearbeitung von Beschwerden2. Dies hat zu einer Beschränkung auf Sprachdienste von Verbindungsnetzbetreibern und Auskunftsdienste geführt. Daraufhin hat sich am Markt eine Praxis zwischen der DTAG und den Wettbewerbern etabliert, die diesen Konkretisierungen und Einschränkungen gefolgt ist. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens erfolgte dann eine Einigung zwischen den Marktteilnehmern, die gewisse Einschränkungen zurückgenommen hat (z. B. Mehrwertdienste und Internet by Call) und das Regime für Fakturierung und Inkasso auf ein neues Fundament stellt. Dieses besteht darin, dass die Einigung inhaltlich Aufnahme in § 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG gefunden hat und von der BNetzA in dieser Form auferlegt werden kann, wenn die DTAG die Leistungen in dieser Form nicht mehr erbringen sollte. Komplettiert wird das neue Regime durch § 45h TKG, der die Regelung in § 15 TKV abgelöst hat und nicht mehr eine Verpflichtung für sämtliche Teilnehmernetzbetreiber enthält, sondern eine Verpflichtung bzw. das tatsächliche Fakturieren und Inkassieren für Drittanbieter voraussetzt (dazu K. Rz. 102 ff.).
344
7.4.5.7.1 Exkurs: Online- und Offline Billing Mit Fakturierung und Inkasso stand und steht in Zusammenhang die Unterscheidung zwischen so genanntem Online-Billing und Offline-Billing. Beim _______________
1 Zur Historie siehe die Fischer/Heun/Sörup in: Heun (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Auflage 2002, Teil 4 Rz. 455 ff. 2 VG Köln, CR 2003, 109; RegTP, Beschl. v. 14.3.2000 – BK3a-99/032 (InkassoBeschluss), CR 2000, 225; VG Köln, CR 2003, 680.
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345
H Rz. 346
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Online-Billing sind bei dem fakturierenden Teilnehmernetzbetreiber sämtliche Daten, die zur Abrechnung einer von einem seiner Teilnehmeranschlüsse abgehenden Verbindung (online) vorhanden, weil der Teilnehmernetzbetreiber die komplette Leistung gegenüber dem Teilnehmer erbringt und abrechnet; der Teilnehmernetzbetreiber kennt die Bestands- und Verkehrsdaten des (seines) Teilnehmers (§§ 95, 96 TKG) und den für die Abrechung (§ 97 TKG) erforderlichen Preis, weil es sich um eine Leistung des Teilnehmernetzbetreibers selbst handelt. Diese Daten fallen (online) in den Systemen des Teilnehmernetzbetreibers während der Verbindung an und können unmittelbar für die Abrechnung verwendet werden. Dies ist der klassische Fall einer einfachen Telefonverbindung zwischen geographischen Rufnummern ohne Nutzung der Betreiber(vor)auswahl durch den Anrufer. Nutzt dagegen der Anrufer die Betreiber(vor)auswahl, so hat der fakturierende Teilnehmernetzbetreiber zwar nach wie vor die Bestandsdaten und auch gewisse Verkehrsdaten, ihm fehlen aber jene für die Preisbildung, insbesondere zur Preishöhe, Verzonung etc. Diese Daten hat nur der Verbindungsnetzbetreiber, weil es sich bei der Verbindung über sein (vor)ausgewähltes Verbindungsnetz um seine Leistung1 zu seinen Preisen handelt. Damit der Teilnehmernetzbetreiber die Abrechnung vornehmen kann, benötigt er also zusätzlich zu seinen Bestandsdaten die Verkehrs- und Abrechnungsdaten des Verbindungsnetzbetreibers, die jener separat (also offline) zur Verfügung stellt, damit sie in der Rechnung ausgewiesen werden können. Zugang zu Fakturierungsleistungen des Teilnehmernetzbetreibers bedeutet daher die Anwendung des Offline-Billing-Verfahrens. Daneben steht die nach § 45h TKG ebenfalls mögliche Variante, dass der Teilnehmer sowohl von seinem Teilnehmernetzbetreiber für dessen Leistungen als auch vom Verbindungsnetzbetreiber für dessen Leistungen separate Rechnungen erhält, das Offline-Billing und damit die Fakturierung durch den Teilnehmernetzbetreiber für die Leistungen des Verbindungsnetzbetreibers also gar nicht erfolgt. Diese Variante wird häufig bei der Betreibervorauswahl (Preselection) und bei dem so genannten registrierten (vs. offenen) Call-byCall angewendet. 346
Von der technischen Unterscheidung des Online- und-Offline Billing zu trennen sind rechtsgeschäftliche Fragen zum Verhältnis zwischen Anbieter und Teilnehmer (Kunde), die wiederum Auswirkungen auf die Ausgestaltung der Vorleistungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Netzzusammenschaltung haben (können), freilich auch umgekehrt. Hier wird Offline-Billing regelmäßig damit gleichgesetzt, dass der Zusammenschaltungspartner des Teilnehmernetzbetreibers Leistungserbringer gegenüber dem Teilnehmer ist (sein will) und die diesbezügliche Tarifhoheit besitzt (be-
_______________
1 Siehe etwa die Formulierung in § 40 Abs. 1 S. 1 TKG: „… Zugang zu den Diensten aller unmittelbar zusammengeschalteter Anbieter …“ (Hervorhebung nur hier).
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 347 H
sitzen will). Für die Verbindungen, die vom Teilnehmernetzbetreiber über die Zusammenschaltung netzübergreifend zu den Diensten des Zusammenschaltungspartners erbracht werden (Zuführung), bedeutet dies zunächst Folgendes: Werden die Verbindungen vom Teilnehmernetzbetreiber (nur) im Online-Billing-Verfahren zugeführt, heißt dies, dass die Leistungserbringung und Abrechnung gegenüber dem Teilnehmer durch diesen durchgeführt wird und der Zusammenschaltungspartner vom Teilnehmernetzbetreiber ein Terminierungsentgelt erhält. Der Zusammenschaltungspartner ist damit lediglich Vorlieferant für den Teilnehmernetzbetreiber, der den betreffenden Dienst als Vorleistung einkauft und seinem Teilnehmer weiterverkauft. Lediglich bei der Zuführung im Offline-Billing-Verfahren besitzt der Zusammenschaltungspartner Leistungsbeziehung und Tarifhoheit gegenüber dem Teilnehmer. Dann ist der Teilnehmernetzbetreiber Vorlieferant, erhält vom Zusammenschaltungspartner ein Zuführungsentgelt und rechnet ggf. über Fakturierungs- und Inkassoleistungen für den Zusammenschaltungspartner ab1. Freilich ist das jeweilige Verfahren hier nur die Bezeichnung für die Konfiguration der Leistungsbeziehungen im Vorleistungsbereich, d. h. typischerweise hat der Zusammenschaltungspartner Interesse daran, dass er Leistungs- und Tarifhoheit für seine Dienste gegenüber dem Teilnehmer hat und daher die Zuführung der Verbindungen im Offline-Billing-Verfahren erhält. Der Teilnehmernetzbetreiber hat dagegen in der Regel (aber nicht immer) das umgekehrte Interesse, was regelmäßig zu Streitigkeiten führt2. Denn was nach der obigen Darstellung für den Bereich der Betreiber(vor)auswahl noch einfach zu beurteilen ist, wird bei der netzübergreifenden Bereitstellung von Diensten sehr komplex. Nach der Rechtsprechung des VG Köln ist allerdings unter der Begrifflichkeit Online- und Offline-Billing vornehmlich eine Abrechnungsmodalität zu sehen, die nicht darüber entscheidet, ob es sich bei der fraglichen Zusammenschaltungsleistung im Kern um eine Zuführungs- oder Terminierungsleistung handelt; dies sei vielmehr nach der Leistungszielrichtung des betreffenden Dienstes zu beurteilen3. Dies hat zur Folge, dass im Zentrum der Betrachtung der (netzübergreifend) angebotene Dienst steht. Aus diesem Blickwinkel stellen netzübergreifende Leistungen anderer Teilnehmernetzbetreiber, die der Erreichbarkeit des Dienstes dienen, grundsätzlich Zufüh-
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1 Und um die Komplexität zu vervollständigen wird der Teilnehmernetzbetreiber nach § 45h Abs. 4 TKG für Zwecke der Umsatzsteuer als Erbringer der Leistung in eigenem Namen mit Abrechnung für Rechnung des Zusammenschaltungspartners behandelt. 2 Siehe etwa die Konstellation in VG Köln, Urt. v. 10.8.2005 – 21 K 1019/04; im Anschluss daran BNetzA, Beschl. v. 24.4.2006 – BK4c-06-007 (arcor-Z.18). 3 VG Köln, Urt. v. 10.8.2005 – 21 K 1019/04, S. 14 f. des amtlichen Umdrucks, mit einer etwas verwirrenden Begründung, bei der nicht klar wird, ob der Begriff „Zielnetzbetreiber“ einheitlich und zutreffend verwendet wird.
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H Rz. 348
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
rungsleistungen dar1. Diese Sichtweise entspricht der Entgeltgenehmigungspraxis der BNetzA, den Transportanteil der DTAG bei Verbindungsleistungen zu Diensten der Zusammenschaltungspartner auch im Falle des Online-Billing-Verfahrens der Entgeltgenehmigung zu unterwerfen2 sowie der in der Regulierungsverfügung zu den Märkten Nr. 8–10 der Märkteempfehlung zum Ausdruck kommenden Verpflichtungen der DTAG für Zuführungen zu Diensten (der Zusammenschaltungspartner)3. Ungeachtet dieser grundsätzlichen Einordnung habe aber der Netzbetreiber, in dessen Netz der Dienst angeboten wird, ein Wahlrecht, ob die Abrechnung für diese Zuführung im Online- oder Offline-Billing erfolgt, während er nicht gezwungen werden könne, eine Zuführung im Online-Billing-Verfahren zu akzeptieren, wenn er selbst im Offline-Billing-Verfahren anbietet4. Ob und wie dieses Wahlrecht durchgesetzt werden kann, bleibt allerdings offen. Die BNetzA hat diese Frage bislang unter dem TKG 2004 nicht im Rahmen der in Kraft befindlichen Regulierungsverfügungen entschieden, sondern sieht dies als Gegenstand einer etwaigen selbständigen Regulierungsverfügung an5, und damit offenbar nicht als Gegenstand einer Zugangsanordnung nach § 25 TKG. 348
Betrachtet man schließlich die Frage, wie sich dies rechtsgeschäftlich für den anrufenden Teilnehmer auswirkt, so führt jedenfalls grundsätzlich das Offline-Billing dazu, dass sich die Leistung für den Anrufenden als eine des fremden Netzbetreibers darstellt, bei Online-Billing als eine des eigenen Teilnehmernetzbetreibers. Hinzu kommt freilich nach der Rechtsprechung des BGH6, dass im Falle von Mehrwertdiensten, der Anrufer einen Vertrag mit dem Diensteanbieter schließt, für den die von den beteiligten Netzbetreibern (Teilnehmernetzbetreiber und ggf. Verbindungs- bzw. Zielnetz_______________
1 Mit Blick etwa auf die Entgeltregulierung ist es daher egal, ob das Online-Billing dazu führt, dass der Teilnehmernetzbetreiber aus Sicht seiner (anrufenden) Teilnehmer eine Vorleistung bei dem (Dienst-)Netzbetreiber einkauft und die Verbindung vollumfänglich beim Teilnehmer als eigene Leistung abrechnet oder ob im Wege des Offline-Billing die Tariffierung durch den (Dienst-)Netzbetreiber erfolgt und die Abrechnung im Wege der Fakturierung durch den Teilnehmernetzbetreiber für den (Dienst-)Netzbetreiber vorgenommen wird (wobei dann nach § 45h TKG für Zwecke der Umsatzsteuer der Teilnehmernetzbetreiber als Erbringer der Leistung in eigenem Namen mit Abrechnung für Rechnung des (Dienst-)Netzbetreibers behandelt wird). 2 Dazu VG Köln, Urt. v. 12.6.2003 – 1 10466/99. 3 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), u. a. S. 13, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005. 4 VG Köln, Urt. v. 10.8.2005 – 21 K 1019/04, S. 14 des amtlichen Umdrucks. 5 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 16, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005. Dort bleibt allerdings offen, ob dies eine denkbare Verpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG wäre, oder ob hier daran zu denken ist, dass die Zuführungsleistungen (etwa nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG, siehe oben Rz. 312) „entbündelt“ anzubieten wären bzw. die Verpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 4 oder 5 TKG auferlegt werden könnte. 6 BGH, CR 2002, 107; BGH, CR 2005, 864. Dazu Schuster, CR 2005, 734.
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Rz. 349 H
betreiber, in dessen Netz der Mehrwertdienst geschaltet ist) erbrachte Transportleistung von nur untergeordneter Bedeutung ist. Das führt ggf. zu erheblichen Problemen bei Fakturierung und Inkasso, allerdings gestattet der BGH auch, dass der Netzbetreiber in seinen AGB die Vergütung für die genutzten Mehrwertdienste einzieht1. 7.4.5.7.2 Besondere Voraussetzungen für die Auferlegung Nach § 21 Abs. 2 Nr. 7 S. 1 TKG ist die Auferlegung der Verpflichtung von zwei dort enthaltenen besonderen Voraussetzungen abhängig. Die Auferlegung unterbleibt, soweit das verpflichtete Unternehmen –
eine Vereinbarung mit dem überwiegenden Teil des insoweit relevanten Marktes der von seinen Anschlusskunden auswählbaren Anbietern von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit abgeschlossen hat und
–
auch anderen Anbieter, die nicht an einer solchen Vereinbarung beteiligt sind, diskriminierungsfreien Zugang nach den in der Vereinbarung niedergelegten Bedingungen gewährt.
Dies ist eine besondere Ausprägung des Abwägungskriteriums in § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TKG, wonach freiwillige Angebote bei der Auferlegung von Zugangsgewährungsverpflichtungen zu berücksichtigen sind. Es erfolgt dabei eine mehrfache Qualifizierung. So müssen Vereinbarungen geschlossen sein, d. h. das verpflichtete Unternehmen muss Verträge abgeschlossen haben und zwar über Dienstleistungen im Bereich der einheitlichen Rechnungsstellung und der Entgegennahme oder dem ersten Einzug von Zahlungen. Ferner müssen die Verträge mit den Anbietern geschlossen sein, die von den Anschlusskunden des verpflichteten Unternehmens auswählbar sind. Richtigerweise wird man dies allerdings auf die Auswählbarkeit der Leistungen dieser Anbieter beziehen müssen. Damit sind in erster Linie die Verbindungsnetzbetreiber gemeint, weil nur diese mittels Betreiber(vor)auswahl auch für die Anschlusskunden begrifflich auswählbar sind. Allerdings gehören Anbieter von Auskunftsdiensten, von Internet by Call und von Mehrwertdiensten (also telekommunikationsgestützten Diensten), die im Offline-Billing-Verfahren abgerechnet werden, prinzipiell dazu, wie sich aus § 21 Abs. 2 Nr. 7 lit. a) TKG ergibt. Ob auch weitere Unternehmen in diesem Sinne auswählbar sind, hängt letztlich von der Vertragsgestaltung zwischen den Netzbetreibern im Rahmen der Zusammenschaltung ab. Zwar ist die Formulierung mit „Anbietern von Telekommunikationsdienst(leistung2)en für die Öffentlichkeit“ weit gefasst. Mit Blick auf Regu_______________
1 BGH, Urt. v. 16.11.2006 – III ZR 58/06. 2 Gemeint sind offensichtlich Telekommunikationsdienste i. S. v. § 3 Nr. 24 TKG (dazu A. Rz. 43 ff.), wenngleich hier noch die Terminologie des TKG 1996 verwendet wurde.
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349
H Rz. 350
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
lierungsverpflichtungen wird man jedoch über die genannten Anbieter kaum hinauskommen1, es sei denn, derartige Verpflichtungen würden zugunsten weiterer Unternehmen nach § 21 Abs. 2 oder 3 TKG auferlegt. Reine Inhalteanbieter entfallen dabei schon deswegen, weil diese mangels Erbringung eines Telekommunikationsdienstes nicht zugangsberechtigt sind (siehe oben Rz. 38). Ferner müssen die Verträge mit diesen Anbietern den überwiegenden Teil dieses Marktes (also der auswählbaren Anbieter) repräsentieren. Während die Bestimmung von überwiegend mit größer als die Hälfte noch leicht fällt, lässt sich unter Markt die Anzahl der Anbieter2 ebenso verstehen wie die von diesen repräsentierten Marktanteile3. Für die letztgenannte Sichtweise spricht, dass ansonsten die Formulierung „des insoweit relevanten Marktes“ völlig überflüssig wäre4. Schließlich muss das verpflichtete Unternehmen auch anderen Anbietern die Vereinbarung diskriminierungsfrei anbieten, wenn sie noch nicht Vertragspartner sind, also mit ihnen den bestehenden Vertrag oder inhaltlich gleiche Vereinbarungen abschließen. Bei solchen Anbietern muss es sich freilich um die gleiche Art von Anbietern handeln wie diejenigen, mit denen bereits ein Vertrag besteht. Anderenfalls würde der Rahmen des § 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG gesprengt. Ansprüche resultieren aus diesen Voraussetzungen für die betreffenden Anbieter nicht. Vielmehr steht bei Nichteinhaltung der Voraussetzungen durch das verpflichtete Unternehmen dann die Auferlegung der Zugangsgewährungsverpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG in Rede (sowie ggf. § 19 TKG). Diese kann allerdings etwa bei Verweigerung des Zugangs lediglich gegenüber solchen Unternehmen, die noch keinen Vertrag geschlossen haben, auch auf Nicht-Vertragspartner beschränkt werden („soweit“)5. Dann wäre aber wohl zugleich die Auferlegung einer Verpflichtung nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 TKG angezeigt. 7.4.5.7.3 Verpflichtete und berechtigte Unternehmen 350
Der Kreis der verpflichteten und berechtigten Unternehmen aus § 21 Abs. 1 TKG (siehe oben Rz. 250) wird durch die Formulierungen in § 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG eingeschränkt. Verpflichtetes Unternehmen kann nur ein Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes sein, der Teilnehmeranschlüsse bereit stellt, seinen Teilnehmern Rechnungen stellt („Rechnungsersteller“) und für dessen Teilnehmer Leistungen anderer Anbieter _______________
1 Siehe insoweit den Kanon der Zuführungsleistungen (mit Offline-Billing-Verfahren) in BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005. 2 So offenbar BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 124. 3 So dagegen Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 223. 4 Anders aber BNetzA, Beschl. v. 5.7.2006 – BK2a-06-001-R (Endnutzermärkte Festnetztelefonie), S. 45, BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006. 5 Ähnlich BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 128, die dann aber die Regulierungsverfügung auf die Anordnung eines Kontrahierungszwangs begrenzen will.
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auch auswählbar sind, etwa aufgrund anderweitig auferlegter Zugangsgewährungsverpflichtungen anlässlich oder im Rahmen einer Zusammenschaltung (§ 21 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 TKG)1 bzw. der Betreiber(vor)auswahl (§ 40 TKG)2. Dieser Kreis ist grundsätzlich nicht auf Betreiber von festen Telefonnetzen beschränkt, sondern bezieht sich auf alle Netzbetreiber ungeachtet der Art des Netzes. Allerdings sind derartige Verpflichtungen bislang lediglich für die Märkte der Festnetztelefonie auferlegt worden. Die berechtigten Unternehmen sind dagegen in § 21 Abs. 2 Nr. 7 lit. a) S. 1 TKG als jene Unternehmen beschrieben3, die Telekommunikationsdienst(leistung)e(n) (siehe dazu A. Rz. 43 ff.), Leistungen nach § 78 Abs. 2 Nr. 3 TKG (Auskunftsdienste) und telekommunikationsgestützte Dienste (§ 3 Nr. 25 TKG, z. B. Mehrwertdienste, dazu A. Rz. 47) über den Netzzugang des Endnutzers (gemeint ist der Anschluss des Teilnehmers) erbringen. Auch hier zeigt sich der Zusammenhang mit anderweitig auferlegten Zugangsgewährungsverpflichtungen, die typischerweise Voraussetzung dafür sind, dass derartige Leistungen überhaupt über den Anschluss des Teilnehmers erbracht werden. Bemerkenswert ist, dass sich hier der Kreis der berechtigten Unternehmen auch ausdrücklich auf solche Unternehmen erstreckt, die keine Telekommunikationsdienste im eigentlichen Sinne des § 3 Nr. 24 TKG erbringen (siehe A. Rz. 47). Dies bedeutet eine Erweiterung des Zugangsbegriffs, der sich (insoweit nur) auf den Zweck der Erbringung von Telekommunikationsdiensten bezieht (siehe oben Rz. 36 ff.).
351
7.4.5.7.4 Inhalt und Umfang Mit der vorstehenden Beschreibung des Kreises der Berechtigten ist zugleich auch eine Umschreibung der von der potenziellen Fakturierungs- und Inkassoverpflichtung erfassten Leistungen verbunden. Unter Telekommunikationsdienste fallen jedenfalls die Fälle der Betreibervorauswahl, richtigerweise aber auch das von der Rechtsprechung zum TKG 1996 ausgeschiedene Internet by Call (siehe A. Rz. 47). Mit telekommunikationsgestützten Diensten sind darüber hinaus nunmehr auch die Mehrwertdienste (wieder) erfasst sowie Auskunftsdienste durch den Verweis auf § 78 Abs. 2 Nr. 3 TKG. Diese Leistungen sind unabhängig von der Tarifgestaltung, also wieder einschließlich zeittaktunabhängiger (Block-)Tarife, vom verpflichteten Unternehmen in einer Rechnung auszuweisen (einheitliche Rechnungsstellung, Fakturierung). Ausgenommen von dieser Pflicht sind freilich die Fälle, wo der Teilnehmer mit dem Anbieter eine abweichende Vereinbarung ge_______________
1 Siehe wiederum den Kanon der Zuführungsleistungen (mit Offline-Billing-Verfahren) in BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005. 2 Siehe BNetzA, Beschl. v. 5.7.2006 – BK2a-06-001-R (Endnutzermärkte Festnetztelefonie), BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006. 3 Hier sind die Berechtigten für die Auferlegung der Verpflichtung umschrieben und nicht in Satz 1, anders: BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 117 ff.
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Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
troffen hat, etwa dass er vom Anbieter eine eigene Rechnung erhält. Zusätzlich erfasst sind nach § 21 Abs. 2 Nr. 7 lit. a) S. 2 TKG Entgelte für während der Verbindung übertragene Berechtigungscodes, wenn diese ausschließlich Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Damit ist ein erster Schritt in Richtung E-Commerce getan, weil es hier um übermittelte entgeltliche Codes geht, mit denen der Empfänger Dienstleistungen in Anspruch nehmen kann, wie etwa Veranstaltungen (Konzerte, Aufführungen, Kino), Bahnund Busfahrten, Aufladen von Guthaben zur Inanspruchnahme von Telekommunikationsdiensten etc.1 Codes für Warenbestellungen sind dagegen ausgeschlossen. Schließlich bestimmt § 21 Abs. 2 Nr. 7 lit. a) S. 3 TKG, dass die Zahlung für die Entgelte für die vorgenannten Leistungen an das verpflichtete Unternehmen einheitlich erfolgt, und zwar für die gesamte (vom Teilnehmer von dem Anbieter) in Anspruch genommene Leistung wie für die Forderungen des verpflichteten Unternehmens. Damit ist der Aspekt der Entgegennahme oder des ersten Einzugs von Zahlungen durch das verpflichtete Unternehmen (Inkasso) gemeint. Dies rundet innerhalb dieser Regelung die Grundverpflichtung für Fakturierung und Inkasso ab. 353
In § 21 Abs. 2 Nr. 7 lit. b) S. 1 TKG sind gegenüber der Grundverpflichtung Fälle aufgeführt, für die keine Verpflichtung auferlegt werden kann, d. h. die von der potenziellen Verpflichtung ausgenommen sind. Dies sind –
zeitunabhängig tarifierte Leistungen mit Entgelten über 30 Euro (bzw. über 10 Euro ab dem 1.1.2008),
–
zeitabhängig tarifierte Leistungen mit Entgelten über 2 Euro pro Minute sowie
–
alle Dienste, für die ein Legitimationsverfahren erforderlich ist.
Diese Ausnahmen basieren auf den Obergrenzen und Regelungen des § 43b Abs. 3 und 4 TKG 1996 i. V. m. § 152 Abs. 1 TKG. Allerdings sind diese Werte angesichts der Regelung in § 66d TKG nicht mehr aktuell und bedürfen ggf. der Anpassung. Schließlich stellt § 21 Abs. 2 Nr. 7 lit. b) S. 2 TKG klar, dass eine Verpflichtung zur Reklamationsbearbeitung (Beschwerdewesen) sowie zur Mahnung und Durchsetzung der Forderungen Dritter (also der berechtigten Anbieter) ebenfalls nicht auferlegt werden kann. 354
Die Bestimmungen in § 21 Abs. 2 Nr. 7 lit c) bis e) TKG beinhalten dann noch zusätzliche Regelungen zu den gegenseitigen Pflichten zwischen verpflichtetem und berechtigten Unternehmen: Die Verpflichtung zur Übermittlung von Bestandsdaten der Teilnehmer durch das verpflichtete Unternehmen an die berechtigten Unternehmen für Reklamationsbearbeitung, Mahnwesen bzw. eigene Rechnungsstellung (lit c). Die Verpflichtung der berechtigten Unternehmen, dass dem verpflichteten Unternehmen für die Rechnungsstellung keine Datensätze für Leistungen übermittelt werden, _______________
1 Siehe auch BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 131; Beck TKGKomm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 237.
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Rz. 355 H
die ungesetzlich erbracht wurden, verbunden mit der Klarstellung, dass das verpflichtete Unternehmen für die Leistungen Dritter (der Anbieter) weder (inhaltliche) Verantwortung trägt noch haftet. Schließlich die Verpflichtung für das verpflichtete Unternehmen in der eigenen Mahnung (die auch nur die eigenen Entgelte enthält) einen drucktechnisch deutlich hervorgehobenen Hinweis aufzunehmen, dass der Teilnehmer (nach wie vor) nicht nur den Mahnbetrag, sondern auch den ggf. höheren ursprünglichen Rechnungsbetrag (der die Entgelte der/des anderen Anbieter/s enthielt, die aber nicht gemahnt werden) mit befreiender Wirkung an das verpflichtete Unternehmen zahlen kann. 7.4.5.7.5 Auferlegungspraxis der BNetzA Bislang hat sich die BNetzA in zwei Regulierungsverfügungen mit Fakturierung und Inkasso beschäftigt. In der Regulierungsverfügung zu den Märkten Nr. 8–10 der Märkteempfehlung1 hat die BNetzA die Auferlegung der betreffenden Verpflichtung bereits mit dem Argument abgelehnt, dass sich die Pflicht gegen den Rechnungssteller gegenüber den Endkunden (Teilnehmern) richte, während die hier zugrunde liegende Marktdefinition und Marktanalyse Vorleistungen zum Gegenstand habe. Es müsse vielmehr die Regulierungsverfügung zu den Märkten Nr. 1–6 der Märkteempfehlung abgewartet werden. Das ist inkonsequent, weil die BNetzA an anderer Stelle derselben Regulierungsverfügung die Zuführung von Verbindungen für die Betreiberauswahl (wie auch die Zuführung zu Diensten) ausdrücklich in Ergänzung zur Verpflichtung nach § 40 Abs. 1 TKG als notwendig erachtet hat, u. a. weil jene Verpflichtung die Zusammenschaltung voraussetze, aber nicht hinreichend sei2. Nicht anders verhält es sich mit der Zusammenschaltung und Zuführung von Verbindungen für die Betreiberauswahl (wie auch die Zuführung zu Diensten) gegenüber Fakturierung und Inkasso. Wenn die zugeführten Verbindungen nicht abgerechnet werden können, nützt auch die Zusammenschaltung nicht. In der späteren Regulierungsverfügung für die Märkte Nr. 1–2, 3 und 5 (Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten, öffentliche Inlandsgespräche an festen Standorten für Endnutzer)3 hat die BNetzA dann allerdings die Auferlegung der Verpflichtung unter Hinweis auf die bestehende Erfüllung der Voraussetzung in § 21 Abs. 2 Nr. 7 S. 1 TKG abgelehnt.
_______________
1 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 33, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005. 2 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 12 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005. 3 Siehe BNetzA, Beschl. v. 5.7.2006 – BK2a-06-001-R (Endnutzermärkte Festnetztelefonie), S. 45, BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006.
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H Rz. 356
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
7.4.6 Zugangsgewährungsverpflichtungen des Soll-Katalogs in § 21 Abs. 3 TKG 356
In § 21 Abs. 3 TKG sind vier Zugangsgewährungsverpflichtungen aufgeführt, bei denen das Ermessen der BNetzA gebunden ist (siehe oben Rz. 274 ff.). Die Auferlegung der betreffenden Verpflichtung gegenüber dem (verpflichteten) Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auf einem relevanten Markt unterbleibt daher nur dann, wenn ein atypischer Fall vorliegt, der ausnahmsweise das Absehen von einer Verpflichtung rechtfertigt. Dies ist nach der Praxis der BNetzA dann gegeben, wenn es sich um eine Verpflichtung handelt, die unter dem TKG 1996 noch nicht bestand (siehe oben Rz. 276). Anders als der Kann-Katalog des § 21 Abs. 2 TKG ist der Soll-Katalog daher konsequent als abschließender Verpflichtungskatalog ausgestaltet. Die Überprüfung der Abwägungskriterien des § 21 Abs. 1 S. 2 TKG ist dabei entbehrlich1, erfolgt aber in der Praxis der BNetzA dennoch (siehe oben Rz. 275). 7.4.6.1 Entbündelter Zugang zum Teilnehmeranschluss (Nr. 1)
357
Nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 TKG soll die BNetzA die Verpflichtung auferlegen, vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss sowie gemeinsamen Zugang zum Teilnehmeranschluss zu gewähren. Der Oberbegriff für diese beiden Zugangsvarianten ist der in Art. 12 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. a) Zugangsrichtlinie verwendete Begriff des entbündelten Zugangs zum Teilnehmeranschluss. Der Gesetzgeber hat hier nämlich die Terminologie der TAL-Verordnung2 zugrunde gelegt (siehe oben Rz. 16). Der TAL-Verordnung entstammt auch der Klammerzusatz in § 21 Abs. 3 Nr. 1 TKG, der nur die erste Zugangsvariante legaldefiniert als „Bereitstellung des Zugangs zum Teilnehmeranschluss oder zum Teilnetz in der Weise, dass die Nutzung des gesamten Frequenzspektrums der Doppelader-Metallleitung ermöglicht wird“. Da die TAL-Verordnung gemäß Art. 249 Abs. 2 EG-Vertrag in den EU-Mitgliedstaaten unmittelbar gilt, ist diese begriffliche Verzahnung folgerichtig. Allerdings enthält Art. 27 Unterabsatz 2 Rahmenrichtlinie eine Regelung, wonach mit Abschluss des diesbezüglichen Marktanalyseverfahrens (Markt Nr. 11 der Märkteempfehlung) das betroffene Unternehmen nicht mehr als „gemeldeter Betreiber“ im Sinne der TAL-Verordnung betrachtet wird. Mit diesem Kunstgriff3 führt das Ergebnis des Marktanalyseverfahrens _______________
1 VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 44 und 1 K 4148/06, Absatz Nr. 51 sowie Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 43 und 1 K 4314/06, Absatz Nr. 45, jeweils über www.justiz.nrw.de. 2 Verordnung (EG) Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 18.12.2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss, Amtsblatt EU Nr. L 336 v. 30.12.2000, S. 4. 3 Dies ist möglich, weil die Verpflichtung zur Bereitstellung des entbündelten Zugangs zum Teilnehmeranschluss unmittelbar mit einem Markt der Märkteempfehlung korrespondiert.
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Rz. 358 H
– das Ergebnis ist die Regulierungsverfügung nach § 13 TKG wie der Blick auf Art. 16 Abs. 4 Rahmenrichtlinie zeigt – dazu, dass die TAL-Verordnung ihre Regulierungsadressaten verliert, ohne außer Kraft zu treten1. Sie verliert damit aber dennoch nicht ihre inhaltliche Bedeutung, weil die im TKG verwendete Begrifflichkeit ihr entstammt. Allerdings ist damit keine Einschränkung des Kreises der berechtigten Unternehmen aus § 21 Abs. 1 TKG (siehe oben Rz. 250) verbunden, weil der in Art. 2 lit. b) TAL-Verordnung benutzte Begriff des Begünstigten durch das Regime des Richtlinienpakets 2002 obsolet geworden ist. Einschränkungen ergeben sich allerdings aus Inhalt und Umfang der Zugangsgewährungsverpflichtung selbst.
7.4.6.1.1 Inhalt und Umfang Die Zugangsgewährungsverpflichtung des § 21 Abs. 3 Nr. 1 TKG bezieht sich auf den Teilnehmeranschluss, der in § 3 Nr. 21 TKG legaldefiniert ist als „die physische Verbindung, mit welcher der Netzabschlusspunkt in den Räumlichkeiten des Teilnehmers mit dem Hauptverteilerknoten oder mit einer gleichwertigen Einrichtung in festen öffentlichen Telefonnetzen verbunden wird“. Diese Definition basiert gleichermaßen auf Art. 2 S. 2 lit. e) Zugangsrichtlinie wie auf Art. 2 lit. c) TAL-Verordnung und enthält drei wesentliche Elemente: Erstens: Ausgangspunkt ist der Teilnehmer, also nach § 3 Nr. 20 TKG die „natürliche oder juristische Person, die mit einem Anbieter von Telekommunikationsdiensten einen Vertrag über die Erbringung derartiger Dienste geschlossen hat“. Der Zugang bezieht sich daher nicht rein physikalisch auf einen Endnutzer im Sinne von § 3 Nr. 8 TKG, sondern auf den Vertragspartner des verpflichteten Unternehmens. Zweitens: Der in der Definition des Teilnehmers angesprochene Anbieter muss Betreiber eines festen öffentlichen Telefonnetzes sein, d. h. eines Telekommunikationsnetzes, „das zur Bereitstellung des öffentlich zugänglichen Telefondienstes genutzt wird und darüber hinaus weitere Dienste wie Telefax- und Datenfernübertragung und einen funktionalen Internetzugang ermöglicht“. Der öffentlich zugängliche Telefondienst wiederum ist in § 3 Nr. 17 TKG legaldefiniert als „ein der Öffentlichkeit zur Verfügung stehender Dienst für das Führen von Inlands- und Auslandsgesprächen einschließlich der Möglichkeit, Notrufe abzusetzen“. Dazu gehören nicht lediglich die herkömmliche PSTN- bzw. ISDN-Telefondienste, sondern auch VoIP-Dienste, sofern diese neben den Verbindungen innerhalb der genutzten IP-Netze auch den Zugang ins Festnetz im Sinne einer Any-to-Any-Ver-
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1 Siehe auch BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 13, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005, S. 578 (591).
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Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
bindung ermöglichen1. Gemeint ist damit der Übergang in das PSTN bzw. ISDN. Dies bedeutet, dass jedes feste öffentliche Telefonnetz ungeachtet der für den Telefondienst verwendeten Technologie für die Zwecke des Zugangs zur TAL relevant ist. An dieser Stelle erfolgt noch keine Qualifikation danach, ob der Zugang des Teilnehmers zum festen öffentlichen Telefonnetz mittels Drahtleitung (Kupper-Doppelader, Koaxial, Powerline-Stromkabel), Glasfaser oder hybriden Mischformen (HYTAS: OPAL, ISIS) daraus oder Funk (z. B. Wireless Local Loop – WLL, WLAN, WiMAX) erfolgt2. Allerdings fallen Mobilfunknetze hier heraus, weil es sich dabei zwar um öffentliche Telefonnetze handelt, mit denen auch öffentlich zugänglicher Telefondienst erbracht wird (siehe A. Rz. 54), die aber gerade nicht Festnetze sind. Drittens: Der Anschluss des Teilnehmers befindet sich in seinen Räumlichkeiten und ist die physikalische Verbindung zwischen dem dortigen Netzabschlusspunkt des Telefonnetzes einerseits und dem Hauptverteilerknoten (HVt) oder einer gleichwertigen Einrichtung dieses Netzes andererseits. Damit wird (indirekt) die (maximale) physikalische Strecke bzw. Ausdehnung des TAL-Zugangs zwischen zwei relevanten physikalischen Punkten festgelegt. Der Netzabschlusspunkt wird herkömmlich als Teilnehmeranschlusseinheit (TAE) bezeichnet und besteht aus einer Anschlussdose beim Teilnehmer. Von dort werden die Verbindungen zum Hauptverteiler (HVt) geführt, wo die Übertragungs- und Vermittlungstechnik des Netzbetreibers sitzt. Beim herkömmlichen kabelgebundenen Teilnehmeranschluss erfolgt die Leitungsführung über Endverzweiger (EVz) und Kabelverzweiger (KVz; dies sind grauen Schaltkästen auf öffentlichen Wegen)3. Unbeachtlich ist, ob die über die Verbindung transportierten Signale mittels analoger Technik, ISDN, DSL oder anderer Protokolle erzeugt werden. Durch diese Elemente beschränkt sich der Kreis der potenziell verpflichteten Unternehmen auf Betreiber von festen Telefonnetzen, die Teilnehmeranschlüsse der vorbeschriebenen Art bereit stellen. 359
Weitere Konkretisierungen erfolgen dann anhand der Begrifflichkeit in § 21 Abs. 3 Nr. 1 TKG. Die beiden dort angesprochenen Zugangsvarianten des entbündelten Zugangs zum Teilnehmeranschluss beziehen sich nämlich auf die Teilnehmeranschlussleitung in Form der Doppelader-Metallleitung, d. h. der Kupfer-Doppelader. Dies folgt aus mehreren Erwägungen. Zum ersten enthält der Klammerzusatz in § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG diesen Begriff. Zum _______________
1 Siehe die Festlegungen zu den relevanten Märkten in BNetzA, Beschl. v. 5.7.2006 – BK2a-06-001-R (Endnutzermärkte Festnetztelefonie), S. 1 f., BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006. 2 Zu den einzelnen Techniken siehe Marktdefinition und Marktanalyse im Anhang zu BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 3 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005, S. 578 (605 ff.). 3 Zu den Einzelheiten siehe Marktdefinition und Marktanalyse im Anhang zu BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 3 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005, S. 578 (605 ff.).
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
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zweiten ergibt sich diese begriffliche Einschränkungen aus den Definitionen in Art. 2 TAL-Verordnung. Zum dritten bezieht sich auch die Beschreibung des Marktes Nr. 11 der Märkteempfehlung auf „Drahtleitungen“. Damit beschränkt sich der Zugang selbst wie auch der Kreis der verpflichteten Unternehmen auf solche Netzbetreiber, die den Teilnehmeranschluss mittels der Kupfer-Doppelader (ausschließlich oder in hybrider Mischform) bereitstellen. Teilnehmeranschlüsse, die ausschließlich mittels Glasfaser-, Koax- oder Stromkabeln sowie über Funk bereitgestellt werden, sind nicht erfasst1. Die erste Zugangsvariante betrifft den vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss, der in § 21 Abs. 3 Nr. 1 TKG legaldefiniert ist als „Bereitstellung des Zugangs zum Teilnehmeranschluss oder zum Teilnetz in der Weise, dass die Nutzung des gesamten Frequenzspektrums der Doppelader-Metallleitung ermöglicht wird“. Gemeint ist damit der so genannte Zugriff auf den „blanken Draht“ ohne vorgeschaltete Übertragungsoder Vermittlungstechnik2. Da hiervon auch der Zugang zum Teilnetz erfasst ist, bezieht sich der Zugangsanspruch neben dem Zugang am HVt auch auf einen näher am eigentlichen Netzabschlusspunkt (TAE) gelegenen Ort, nämlich den Kabelverzweiger (KVz)3. Ebenso erfasst ist die so genannte Endleitung (Inhouse-Verkabelung)4.
360
Die zweite Zugangsvariante betrifft den gemeinsamen Zugang zum Teilnehmeranschluss („Line Sharing“). Hierunter ist in Anlehnung an Art. 2 lit. g) TAL-Verordnung zu verstehen „die Bereitstellung des Zugangs zum Teilnehmeranschluss oder zum Teilnetz in der Weise, dass die Nutzung des nicht für sprachgebundene Dienste genutzten Frequenzspektrums der Doppelader-Metallleitung ermöglicht wird“; der Teilnehmeranschluss wird vom verpflichteten Unternehmen weiterhin für die Bereitstellung des öffentlich zugänglichen Telefondienstes genutzt. Auch handelt es sich (noch) um einen entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss. Dagegen ist der gebündelte Zugang zum Teilnehmeranschluss nicht von § 21 Abs. 3 Nr. 1 TKG erfasst.
361
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1 Zu Glasfaser siehe VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz. nrw.de, S. 5 unter Punkt 3.3. Bestätigend: BVerwG, Urt. v. 14.2.2007 – 6 C 28.05, Rz. 34 (S. 18) des amtlichen Umdrucks. 2 Siehe Marktdefinition und Marktanalyse im Anhang zu BNetzA, Beschl. v. 20.4. 2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 7, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/ 2005, S. 578 (607). 3 Siehe BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 1 f., BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005, S. 578 (580) sowie Marktdefinition und Marktanalyse in deren Anhang, S. 4, BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 15 f., BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005, S. 578 (604). 4 So wohl die Sichtweise der BNetzA in der Regulierungsverfügung, wenn dort bei den Ausführungen zum Standardangebot auch die „Endleitung“ erwähnt wird: BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4-04-075/R (TAL), S. 20, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005, S. 578 (598). Ebenso die diesbezügliche Entgeltgenehmigung: BNetzA, Beschl. v. 31.1.2007 – BK 4a-06-066, S. 4 des amtlichen Umdrucks.
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H Rz. 362 362
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Beide Zugangsvarianten erschöpfen sich ihrem Inhalt und Umfang nach nicht allein in der physischen und logischen Netzverbindung, sondern erstrecken sich auf die Leistungen, welche die Nutzung ermöglichen und hierfür erforderlich sind (siehe oben Rz. 49 ff.). Daher erfasst die Zugangsgewährungsverpflichtung auch die „Carrier-Express-Entstörung“, das Schalten der Teilnehmeranschlüsse zu besonderen Zeiten außerhalb der üblichen Geschäftszeiten sowie die Netzverträglichkeitsprüfung1. 7.4.6.1.2 Auferlegungspraxis der BNetzA
363
Mit der Regulierungsverfügung zum Teilnehmeranschluss – es handelt sich um die erste erlassene Regulierungsverfügung – hat die BNetzA der DTAG die Verpflichtung zum vollständig entbündelten und gemeinsamen Zugang zum Teilnehmeranschluss im vorstehend dargelegten Umfang für den korrespondierenden Markt Nr. 11 der Märkteempfehlung auferlegt2. Die DTAG ist damit einerseits verpflichtet, den Zugriff auf den blanken Draht am HVt oder an einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt (KVz, EVz) zu ermöglichen und andererseits Line Sharing durch Aufteilung des nutzbaren Frequenzspektrums anzubieten. Die Verpflichtung wird von der BNetzA als essentiell zur Förderung des Wettbewerbs angesehen, die allerdings nur die vorhandenen Teilnehmeranschlüsse und weder eine Kapazitätsausbauverpflichtung erfasse noch dazu verpflichte, entbündelte Leistungen bereitzustellen, wo keine freien Leitungen vorhanden seien3.
364
Zudem hat die BNetzA daneben auch die Verpflichtung auferlegt, gebündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss in Form der Kupfer-Doppelader einschließlich der hybriden Varianten OPAL und ISIS am HVt zu gewähren. Diese auf § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG und nicht auf § 21 Abs. 3 Nr. 1 TKG gestützte Verpflichtung sei erforderlich, weil eine Alternative dann benötigt werde, wenn der entbündelte Zugang zum Teilnehmeranschluss nicht zur Verfügung stehe4 (siehe auch oben Rz. 310).
365
Schließlich hat die BNetzA ausdrücklich die zuvor bestehende und nach § 150 Abs. 1 TKG fortgeltende Verpflichtung zur Bereitstellung des entbündelten Zugangs zum Teilnehmeranschluss in Form der reinen Glasfaserleitung sowie die diesbezügliche Entgeltgenehmigungspflicht ausdrücklich widerrufen5. Dies ist auch von der Rechtsprechung im Ergebnis bestätigt _______________
1 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 13, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005, S. 578 (591). 2 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), BNetzA Mitteilung Nr. 83/ 2005, ABl. Nr. 7/2005, S. 578. 3 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 10 f. BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005, S. 578 (588 f.). 4 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 13 f. BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005, S. 578 (591 f.). 5 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 20, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005, S. 578 (598).
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 366 H
worden1 (näher dazu G. Rz. 225 ff.). In diesem Zusammenhang ist allerdings zu erwähnen, dass die BNetzA anlässlich der ersten Überprüfung von Marktdefinition und Marktanalyse gemäß § 14 Abs. 2 TKG (dazu G. Rz. 201 ff.) zu Markt Nr. 11 der Märkteempfehlung (TAL) diese gemeinsam mit dem Entwurf einer diesbezüglichen Regulierungsverfügung vorgelegt hat2, der auch Verpflichtungen in Bezug auf den Zugang zu Kabelleerrohren und ggf. der unbeschalteten Glasfaser jeweils zwischen dem HVt und dem KVz vorsieht. 7.4.6.2 Zusammenschaltung von Telekommunikationsnetzen (Nr. 2) Die Verpflichtung, die Zusammenschaltung von Telekommunikationsnetzen zu ermöglichen, soll nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG auferlegt werden. Durch die Beschränkung der Zusammenschaltung auf Telekommunikationsnetze ist allerdings eine begriffliche Verkürzung gegenüber der zugrunde liegenden Regelung in Art. 12 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. i) Zugangsrichtlinie erfolgt. Dort ist nämlich auch von der Zusammenschaltung von Netzeinrichtungen die Rede. Dies scheint darin begründet zu sein, dass im SollKatalog des § 21 Abs. 3 TKG nur jene Verpflichtungen aufgenommen werden sollten, die schon unter dem TKG 1996 bestanden (siehe oben Rz. 274 ff.). Weil Art. 12 Zugangsrichtlinie keine Ermessensbindungen enthält, aber auch die Zusammenschaltung von Netzeinrichtungen beinhaltet, kann dieser Widerspruch auf zweierlei Wegen aufgelöst werden. Entweder führt eine europarechtskonforme Auslegung von § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG dazu, hier auch entgegen dem Wortlaut die Zusammenschaltung von Netzeinrichtungen als umfasst anzusehen3. Oder die Zusammenschaltung von Netzeinrichtungen wird über die Auffangverpflichtung des § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG erfasst (siehe oben Rz. 309 ff.). Für die letztgenannte Sicht spricht die Definition der Zusammenschaltung in § 3 Nr. 34 TKG im Zusammenspiel mit Art. 2 S. 2 lit. b) Zugangsrichtlinie, wo ausdrücklich von Telekommunikationsnetzen die Rede ist (siehe oben Rz. 64 ff.). Dem steht auch nicht die in Art. 2 S. 2 lit. c) Zugangsrichtlinie enthaltene Erweiterung des Betreiberbegriffs auf Betreiber zugehöriger Einrichtungen entgegen (siehe oben Rz. 74). Andererseits kann der Begriff Netzeinrichtungen auch so verstanden werden, dass es sich um Einrichtungen handelt, die Bestandteil der zusammenzuschaltenden Netze sind. Damit wäre dieser Fall letztlich ein Unterfall der Netzzusammenschaltung, der nach wie vor das Bestehen eines _______________
1 VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de, S. 5 unter Punkt 3.3. Im Ergebnis bestätigend: BVerwG, Urt. v. 14.2.2007 – 6 C 28.05, Rz. 20 (S. 11) des amtlichen Umdrucks, wobei das Gericht den Widerruf in die Feststellung des Erloschenseins der fortgeltenden Verpflichtung umgedeutet hat. 2 Siehe BNetzA, Konsultationsentwurf Marktdefinition und Marktanalyse Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung v. 4.4.2007, BK1-06/003, BNetzA Mitteilung Nr. 214/2007, ABl. Nr. 7/2007 sowie Konsulationsentwurf Regulierungsverfügung zum Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung v. 4.4.2007, BK4-07/002/R, BNetzA Mitteilung Nr. 223/2007, ABl. Nr. 7/2007. 3 So noch Heun, CR 2004, 904.
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H Rz. 367
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Telekommunikationsnetzes erforderlich macht, aber verdeutlicht, dass es nicht lediglich um die physische und logische Verbindung der Netze (an ihren Enden geht), sondern auch um die (logische) Verbindung der Einrichtungen dieses Netzes, mittels derer die (Zusammenschaltungs-)Dienste erbracht werden. Diese Sichtweise ist angesichts des Leistungsumfangs der Zusammenschaltung, die sich gerade nicht lediglich in der physischen und logischen Verbindung der Netze erschöpft (siehe oben Rz. 87 ff.), vorzuziehen. 367
Unabhängig von der vorstehenden Frage der Netzeinrichtungen ergibt sich allerdings aus der Art des durch die Zusammenschaltung gemeinten Zugangs eine Einschränkung des Kreises der berechtigten Unternehmen aus § 21 Abs. 1 TKG (siehe oben Rz. 250) auf Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze (siehe auch oben Rz. 64 ff.). Betreiber von lediglich „zugehörigen Einrichtungen“, z. B. ein so genannter Switch Based Reseller, der eine Vermittlungseinrichtung aber kein Netz betreibt, sind dagegen ausgenommen (siehe oben Rz. 74). 7.4.6.2.1 Inhalt und Umfang
368
Inhalt und Umfang der Zusammenschaltungsverpflichtung ergeben sich aus dem Begriff der Zusammenschaltung und dessen Leistungsumfang (dazu ausführlich oben Rz. 61 ff.). Dies bedeutet auch, dass entgegen der Praxis der BNetzA auch die Zuführungs-, Terminierungs- und Transitleistungen als Teil der Zusammenschaltung anzusehen sind1, und nicht als Leistungen im Sinne von § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG (siehe oben Rz. 87 ff. und 312). 7.4.6.2.2 Auferlegungspraxis der BNetzA
369
Die Zusammenschaltungsverpflichtung des § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG hat die BNetzA in Bezug auf die Märkte Nr. 8–10 und 16 der Märkteempfehlung auferlegt2. In allen diesen Märkten ging es um die Verbindung öffentlich zugänglicher Telefonnetze. Zwar bezieht sich dies gleichermaßen auf leitungsvermittelte (PSTN, ISDN) wie auf paketvermittelte (VoIP) Telefonie, eine darüber hinausgehende Zusammenschaltung, etwa mit Blick auf _______________
1 So auch ausdrücklich für Terminierungsleistungen in Mobilfunknetze: VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 41 ff. und 1 K 4148/06, Absatz Nr. 48 ff. sowie Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 40 ff. und 1 K 4314/06, Absatz Nr. 42 ff., jeweils über www.justiz.nrw.de. 2 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005; BNetzA, Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016 (-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006; BNetzA, Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001 (-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 371 H
(reinen) Datenverkehr, hat die BNetzA aber abgelehnt1, was sich aus den jeweils zugrunde liegenden Marktdefinitionen und Marktanalysen ergab (dazu G. Rz. 139 ff., 187 ff.). Die netzübergreifenden Verbindungsleistungen in Form von Zuführungs-, Terminierungs- und Transitleistungen hat die BNetzA nicht aufgrund von § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG auferlegt, etwa indem die Zusammenschaltungspflicht lediglich auf diese Leistungen begrenzt wird. Vielmehr hat sie dafür die Zugangsgewährungsverpflichtung des § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG zugrunde gelegt2. Dies verkürzt den Leistungsumfang der Zusammenschaltung unrichtigerweise im Widerspruch zu dem hierfür anzuwendenden Begriffsverständnis (siehe oben Rz. 87 ff. und 312). Die Zusammenschaltungspflicht bezieht sich auf den Vermittlungsstellenstandort des jeweils verpflichteten Unternehmens. Im Zusammenspiel mit der in allen Fällen zugleich auferlegten Verpflichtung zur Gewährung von Kollokation nach § 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG ergibt dies eine entbündelte Zusammenschaltung. Lediglich in Bezug auf die Märkte Nr. 8–10 der Märkteempfehlung hat die BNetzA gestützt auf § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG (siehe oben Rz. 311) gegenüber der DTAG auch die Verpflichtung zur gebündelten Zusammenschaltung mittels Übertragungsweg (ICAs Customer Sited) auferlegt3.
370
7.4.6.2.3 Exkurs: Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl (§ 40 TKG) Die Zusammenschaltungspflicht steht in engem Zusammenhang mit der nach § 40 Abs. 1 TKG auferlegbaren Verpflichtung zu Betreiberauswahl gegenüber Unternehmen, die bei der Bereitstellung des Anschlusses an das öffentliche Telefonnetz und dessen Nutzung an festen Standorten (Märkte Nr. 1 u 2 der Märkteempfehlung) über beträchtliche Marktmacht verfügen. Denn nach § 40 Abs. 1 S. 4 TKG ist die Zusammenschaltung zur Erfüllung dieser Verpflichtung erforderlich bzw. ist Voraussetzung für die Betreiber(vor)auswahl4. _______________
1 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 12, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005; BNetzA, Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016 (-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), S. 7, BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006; BNetzA, Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001 (-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), S. 9, BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006. 2 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 12 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005; BNetzA, Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016 (-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), S. 7 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006; BNetzA, Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001 (-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), S. 9 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006. 3 Siehe BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 28 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005. 4 Siehe BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 16, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005.
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H Rz. 372 372
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Die nach § 40 TKG auferlegbaren Verpflichtungen sind allerdings keine Zugangsverpflichtungen des 2. Teils des TKG, sondern Verpflichtungen, die basierend auf Art. 19 Universaldienstrichtlinie mit Blick auf Endnutzermärkte auferlegt werden können (daher ausführlich zu § 40 TKG unter K. Rz. 201 ff.). Die Verpflichtung zur Betreiber(vor)auswahl ist dementsprechend infolge der Marktdefinition und Marktanalyse zu den (Endnutzer-) Märkten Nr. 1–6 der Märkteempfehlung auferlegt worden1. Gleichwohl ist die BNetzA der Auffassung, dass § 40 TKG auch drittschützende Wirkung zugunsten der (begünstigten) Verbindungsnetzbetreiber zukomme2. Diese Sichtweise ist zu begrüßen, wird aber vermutlich von der Rechtsprechung nicht geteilt, da diese bereits die drittschützende Wirkung von (eigentlichen) Zugangsverpflichtungen ablehnt3. Ungeachtet dessen ergibt sich das Zusammenspiel zwischen der Verpflichtung zur Betreiber(vor)auswahl aus § 40 Abs. 1 TKG und der Zusammenschaltung aus § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG jedenfalls über die seitens der BNetzA im Rahmen der Zusammenschaltungsverpflichtung auferlegten Verpflichtung zur Zuführung von Verbindungen zur Betreiber(vor)auswahl4. 7.4.6.3 Offener Zugang zu technischen Schnittstellen, Protokollen oder anderen Schlüsseltechnologien (Nr. 3)
373
Aufgrund von § 21 Abs. 3 Nr. 3 TKG soll die BNetzA die Verpflichtung auferlegen, offenen Zugang zu technischen Schnittstellen, Protokollen oder anderen Schlüsseltechnologien, die für die Interoperabilität von Diensten oder Dienste für virtuelle Netze unentbehrlich sind, zu gewähren. Die Regelung basiert nahezu wortwörtlich auf Art. 12 Unterabsatz 2 lit. e) Zugangsrichtlinie. Der Umsetzungsunterschied liegt lediglich darin, dass „Dienste für virtuelle Netze“ im Substantiv statt im Akkusativ formuliert sind. Angesichts der europarechtlichen Vorlage wird man allerdings die dortige Formulierung zugrundezulegen haben mit der Folge, dass sich das Interoperabilitätserfordernis auch auf diese Dienste bezieht5.
374
Obwohl es auf den ersten Blick den Anschein hat, dass es sich hier um eine Annexverpflichtung gegenüber anderen Zugangsgewährungsverpflichtungen des § 21 TKG handelt, ist die Verpflichtung als selbständige Zugangsgewährungsverpflichtung zu sehen. Dies liegt insbesondere daran, dass Dienste (in physischen Netzen) wie auch Dienste in virtuellen Netzen unabhängig davon erbracht werden können, ob der betreffende Anbieter ein Telekom_______________
1 BNetzA, Beschl. v. 5.7.2006 – BK2a-06-001-R (Endnutzermärkte Festnetztelefonie), BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006. 2 BNetzA, Beschl. v. 5.7.2006 – BK2a-06-001-R (Endnutzermärkte Festnetztelefonie), S. 51, BNetzA Mitteilung Nr. 249/2006, ABl. Nr. 13/2006. 3 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05. 4 Siehe BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 12 ff., 21 ff., BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005. 5 Ebenso BerlKommTKG/Thomaschki, § 21 Rz. 148, Fn. 115.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 376 H
munikationsnetz betreibt oder unmittelbaren Netzzugang gegenüber einem zugangsverpflichteten Netzbetreiber besitzt. Hierfür reicht auch das Betreiben von Einrichtungen, die diese Dienste auf Basis fremder Netze und einem Netzzugang erstellen, der nicht von einem zugangsverpflichteten Unternehmen bereitgestellt wird. So kann etwa ein Internet Service Provider einen Dienst wie internetgestütze IP-Telefonie gänzlich ohne eigenen Netzbetrieb erstellen und anbieten. Gleichwohl kann es aber erforderlich sein, dass er für diese Zwecke Zugang zu Schnittstellen und Protokollen eines Netzbetreibers erhält. Ähnlich verhält es sich bei so genannten Virtual Private Networks (VPN) die z. B. mittels vorhandenen und von Dritten angebotenen Internet-Zugängen logische und von sonstigem Verkehr und Zugriff durch Verwendung bestimmter Protokolle bzw. Verschlüsselung getrennte und geschützte Verbindungen herstellen. Etwas anders sieht es freilich in Bezug auf so genannte Mobile Virtual Private Networks (MVNO) aus. Denn dort ist der Zugriff auf die Übertragungsfunktionen des Mobilfunknetzes nicht ohne unmittelbare Netznutzungsvereinbarung mit einem physischen Mobilfunknetzbetreiber möglich (ausführlich zu MVNO siehe A. Rz. 59 ff.). Jedenfalls ist aber mit der Art des Zugangs keine Einschränkung des Kreises der berechtigten Unternehmen aus § 21 Abs. 1 TKG (siehe oben Rz. 250) verbunden. 7.4.6.3.1 Inhalt und Umfang Die Verpflichtung bezieht sich darauf, dass offener Zugang zu gewähren ist. Diese Begrifflichkeit entstammt offenbar der früheren ONP-Rahmenrichtlinie, die in Art. 2 Nr. 10 unter „offenem Netzzugang“ und den ONP-Bedingungen auch technische Schnittstellen ansprach. „Offen“ meint dabei einen Zugang, der nur in sachlich gerechtfertigtem Ausmaß beschränkt werden darf. Der offene Zugang gilt für Schlüsseltechnologien, von denen technische Schnittstellen und Protokolle besonders genannt werden. Da die Telekommunikation ohne den Einsatz von Technologien nicht denkbar ist, ist der Anwendungsbereich dieser Zugangsgewährungsverpflichtung sehr weit, aber nicht grenzenlos (siehe oben Rz. 178 f. sowie 287 f.).
375
Die Zugangsgewährungsverpflichtung besteht überdies nur insoweit, als diese für die Interoperabilität, also das Zusammenwirken von Diensten in physischen und virtuellen Netzen unentbehrlich ist. Insofern ähnelt die Verpflichtung derjenigen in § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG, so dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann (siehe oben Rz. 330). Allerdings bedeutet „unentbehrlich“ eine höhere Schwelle für die Verpflichtung als die dort vorausgesetzte „Notwendigkeit“. Ob damit der Zugang unbeschränkt, aber nur für alle unentbehrlichen Schlüsseltechnologien aufzuerlegen ist oder für alle Schlüsseltechnologien nur insoweit, als er für die Interoperabilität unentbehrlich ist1, dürfte angesichts des von der BNetzA immer zu
376
_______________
1 So Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 21 Rz. 290.
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H Rz. 377
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in der Praxis keine Rolle spielen. 7.4.6.3.2 Auferlegungspraxis der BNetzA 377
Bislang hat die BNetzA die Verpflichtung nach § 21 Abs. 3 Nr. 3 TKG nicht auferlegt. Soweit ersichtlich hat sich die BNetzA mit der Verpflichtung auch nicht prüfend oder ablehnend auseinander gesetzt. 7.4.6.4 Kollokation oder andere Formen der gemeinsamen Nutzung von Einrichtungen (Nr. 4)
378
Nach § 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG schließlich soll die BNetzA die Verpflichtung auferlegen, Kollokation oder andere Formen der gemeinsamen Nutzung von Einrichtungen wie Gebäuden, Leitungen und Masten zu ermöglichen sowie den Nachfragern und deren Beauftragten jederzeit Zutritt zu diesen Einrichtungen zu gewähren. Diese auf Art. 12 Unterabsatz 2 lit. f) Zugangsrichtlinie (wie auch auf Art. 12 Rahmenrichtlinie) beruhende Verpflichtung gehört wie der Zugang zum Teilnehmeranschluss und die Zusammenschaltung zu den klassischen Zugangsgewährungsverpflichtungen. Die Gesetzesfassung hat die europarechtliche Vorlage um den Passus der Zutrittsgewährung ergänzt. Dies ist auch hier zulässig, weil Art. 12 Abs. 1 Zugangsrichtlinie durch die Formulierung „unter anderem“ weitere Verpflichtungen zulässt und der Passus keine weitere Eingriffsintensität vorsieht (siehe oben Rz. 297) als in den sonst in Art. 12 Abs. 1 Zugangsrichtlinie vorgesehenen Verpflichtungen. Vielmehr wird man sagen können, dass es sich hier lediglich um eine Klarstellung handelt, weil die Kollokation natürlich nutzlos ist, wenn die betreffenden Flächen nicht betreten werden können.
379
Die Kollokation ist typischerweise eine Verpflichtung, die gemeinsam mit anderen Zugangsgewährungsverpflichtungen auferlegt wird. Gleichwohl handelt es sich entgegen der Auffassung des VG Köln1 um eine Zugangs(gewährungs)verpflichtung. Die dort vorgenommene Unterscheidung, eine Zugangsverpflichtung sei etwas anderes als das hier erfolgende „Zugänglichmachen von Einrichtungen“, widerspricht der Definition des Zugangs in § 3 Nr. 32 TKG („Bereitstellung von Einrichtungen“) ebenso wie dem Wortlaut der Überschrift von § 21 TKG, die sämtliche dortigen Verpflichtungen als „Zugangspflichten“ bezeichnet. Anders als die Kollokation wird man die Verpflichtung zur gemeinsamen Nutzung von Gebäuden, Leitungen und Masten dagegen auch unabhängig von sonstigen Zugangsgewährungsverpflichtungen betrachten können. Denn anders als bei der Kollokation, die begrifflich („Ko“) auch die Verbindung kollokierter Einrichtungen mit Einrichtungen des zugangsverpflichten Unternehmens im Auge hat, ist eine _______________
1 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 136 über www.justiz. nrw.de.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 381 H
solche Verbindung bei der gemeinsamen Nutzung von Gebäuden oder Masten nicht erforderlich. Soweit es sich nicht um Kollokation handelt, welche die Verpflichtung in Zusammenhang mit anderen Zugangsgewährungsverpflichtungen und die dortigen Berechtigten stellt, ist mit der Art des Zugangs keine Einschränkung des Kreises der berechtigten Unternehmen aus § 21 Abs. 1 TKG (siehe oben Rz. 250) verbunden. 7.4.6.4.1 Inhalt und Umfang 7.4.6.4.1.1 Kollokation Die früheren Regelungen der Netzzugangsverordnung (NZV) haben unterschieden zwischen der physischen Kollokation und der virtuellen Kollokation. Beide Formen sollen nach der Gesetzesbegründung nach wie vor erfasst sein1. Physische Kollokation beinhaltet demnach die Verpflichtung des verpflichteten Unternehmens, die für die Nutzung einer Zugangsleistung durch das berechtigte Unternehmen erforderlichen technischen Einrichtungen in seinen Räumen unterzubringen. Dies kann durch abgetrennte Kollokationsräume oder separate Kollokationsflächen in einem gemeinsamen Kollokationsraum geschehen. Mit Blick auf den Leistungsumfang des Zugangsbegriffs (siehe oben Rz. 49 ff.) umfasst die Kollokation dabei auch Nebenleistungen wie Raumlufttechnik und Energieversorgung2 sowie die Leitungen, welche für die Zuführung des aufgrund der daneben bestehenden Zugangsgewährungsverpflichtung entstehenden Verkehrs erforderlich sind. Ebenso muss das berechtigte Unternehmen Leitungen an die genutzten Kollokationsflächen zur Abführung dieses Verkehrs heranführen können.
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Demgegenüber bestand nach früherem Recht eine Verpflichtung zur physischen Kollokation dann nicht, sofern das verpflichtete Unternehmen Tatsachen darlegt, auf Grund derer eine physische Kollokation sachlich nicht oder nicht mehr gerechtfertigt erschien. In diesem Fall war die Nutzung der Zugangsleistung zumindest unter gleichwertigen wirtschaftlichen, technischen und betrieblichen Bedingungen zu ermöglichen (virtuelle Kollokation), d. h. unter Bedingungen, wie sie für eine physische Kollokation gelten würden. Dies galt insbesondere hinsichtlich der Kosten, welche die einer physischen Kollokation nicht überschreiten durften3. Wie allerdings eine virtuelle Kollokation in technischer und betrieblicher Hinsicht zu realisieren war, blieb mangels entsprechender Regelungen in der NZV undeutlich, da die virtuelle Kollokation nur negativ (keine Unterbringung in bzw. kein Zugang zu den Räumen des Verpflichteten) abgegrenzt war. Da die virtuelle Kollokation aber nur unter der Voraussetzung einer Gleichwertigkeit zur
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1 BT-Drucks. 15/2316, S. 66. 2 Siehe etwa BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 15, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005. 3 Vgl. Entwurfsbegründung zur NZV, BR-Drucks. 655/96, S. 9.
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Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
physischen Kollokation zulässig war, ist das Angebot der virtuellen Kollokation daher entsprechend des Leistungsumfangs einer physischen Kollokation zu gestalten. Stehen Räume zur Unterbringung der Einrichtungen der berechtigten Unternehmen nicht zur Verfügung, so muss demnach der Zugang an der nächstgelegenen Schnittstelle, etwa dem letzten Kabelschacht im öffentlichen Bereich vor dem Grundstück gewährt werden. In der Praxis hat die virtuelle Kollokation bislang kaum eine Rolle gespielt. 382
Durch die Alternative der virtuellen Kollokation sind die Gründe für die Ablehnung einer Kollokationsverpflichtung stark eingeschränkt. Zwar kommt Platzmangel am ehesten als rechtfertigender Grund für Ablehnung der Auferlegung einer Kollokationsverpflichtung in Betracht. Die BNetzA lehnt dieses Argument unter Hinweis auf Lösungen wie Outdoorboxen oder die virtuelle Kollokation aber ab, weil ansonsten die Verpflichtung leer liefe und die Investitionsrisiken (ohnehin) von den Nachfragern zu tragen seien1. Auch kann der Umfang der zu gewährenden Zutrittsmöglichkeit im Einzelfall problematisch und umstritten sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn Sicherheitsinteressen mit Zutrittsinteressen von berechtigten Unternehmen untereinander oder dem verpflichteten Unternehmen kollidieren. Aber auch dies rechtfertigt es nicht, von der Auferlegung der Kollokationsverpflichtung abzusehen oder auf virtuelle Kollokation auszuweichen. Vielmehr ist es möglich, innerhalb der Kollokationsräumlichkeiten abgetrennte und separat (z. B. durch Gitter, Käfige) zugängliche Flächen für die Einrichtungen der berechtigten Unternehmen vorzuhalten, um so beiden Interessenlagen gerecht zu werden. Steht nur ein begrenztes Raumangebot als Kollokationsfläche zur Verfügung, und mehrere berechtigte Unternehmen wünschen an diesem Ort aber eine Kollokation, sind sämtliche Nachfrager hinsichtlich einer räumlichen Zugangsgewährung gleich zu behandeln. Die physische Kollokation kann unter dem Hinweis fehlender Stellfläche für alle Einrichtungen aber grundsätzlich nicht abgelehnt werden, wenn Möglichkeiten bestehen, dass die Räumlichkeiten von den berechtigten Unternehmen gemeinsam genutzt werden oder kleinere Flächeneinheiten ebenso geeignet sind, die Kollokationsansprüche zu erfüllen2. Hier kann es nicht auf die Vorstellungen des verpflichteten Unternehmens über die Mindestausstattung der Kollokationsflächen ankommen, sondern nur darauf, wie _______________
1 Etwa BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 14, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005; BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 30, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/ 2005; BNetzA, Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016 (-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), S. 12, BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006; BNetzA, Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001 (-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), S. 13, BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006; BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 20, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006. 2 Ebenso BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 31, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 386 H
der Anspruch der berechtigten Unternehmen objektiv noch erfüllt werden kann. Schließlich kann im Einzelfall eine Verpflichtung des verpflichteten Unternehmens erwachsen, auf eigene Kosten zusätzliche Kollokationsflächen einzurichten. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die berechtigten Unternehmen aufgrund vertraglicher Regelungen in den Zugangsvereinbarungen und/oder aufgrund (zulässiger) Beschränkungen des Zugangs (siehe oben Rz. 175 ff.) verpflichtet werden, mehr Zugänge (z. B. Orte der Zusammenschaltung) in Anspruch zu nehmen als nachgefragt worden sind.
383
Ein entscheidendes Manko der physischen Kollokation unter altem Recht war, dass es die Kollokationsbedingungen nicht gestatteten, die Zusammenschaltung und/oder Verbindung der Einrichtungen der berechtigten Unternehmen untereinander durchzuführen. Dies hat die BNetzA zwischenzeitlich auf Basis von § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG geändert (siehe oben Rz. 341 ff.).
384
7.4.6.4.1.2 Gemeinsame Nutzung anderer Einrichtungen Bislang nicht im TKG 1996 enthalten ist die Möglichkeit der BNetzA, auch zu anderen Formen der gemeinsamen Nutzung von Einrichtungen wie Gebäuden, Leitungen und Masten zu verpflichten. Die Einrichtungen sind dabei nicht auf die genannten Beispiele beschränkt. Hier eröffnen sich über die wegerechtlichen Mitbenutzungsansprüche der §§ 45a Abs. 3, 70 TKG hinaus Möglichkeiten, Wettbewerbern den Marktzutritt zu erleichtern; freilich begrenzt durch die betreffende Marktdefinition und Marktanalyse. So kann es sich etwa anbieten, im Zusammenhang mit dem Zugang zum Teilnehmeranschluss oder dem Bitstrom-Zugang über die gemeinsame Nutzung von Kabelkanalrohren oder Schaltkästen nachzudenken, wenn der betreffende Zugang oder die betreffende Zugangsart anderweitig nicht nachfragegerecht (entbündelt) bereitgestellt werden kann. Nicht eindeutig ist dabei, was unter dem Begriff der Leitungen zu verstehen ist. Da es sich allerdings um eine andere Form des Zugangs als den Zugang zum Teilnehmeranschluss handelt, dürften hier eher Telekommunikationslinien im Sinne von § 3 Nr. 26 TKG gemeint sein (dazu F. Rz. 19 ff. sowie 201). Dies wird durch die weite Formulierung in Art. 12 Rahmenrichtlinie bestätigt.
385
7.4.6.4.1.3 Zutrittsgewährung Die Verpflichtung aus § 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG wird schließlich ergänzt und abgerundet durch die nunmehr ausdrücklich aufgeführt Verpflichtung, dem berechtigten Unternehmen oder seinen Beauftragten jederzeit Zutritt zu seinen Einrichtungen zu gewähren. Eine Beschränkung etwa auf übliche Geschäftszeiten ist danach unzulässig. Etwaigen Sicherheitsbedenken kann durch einzuhaltende Zutrittsverfahren wie auch durch die bereits erwähnte
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386
H Rz. 387
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Separierung von Kollokationsflächen durch Abtrennung wie Gitter oder Käfige Rechnung getragen werden.
7.4.6.4.2 Auferlegungspraxis der BNetzA 387
Die BNetzA hat bislang mehrfach von der Auferlegung der Kollokationsverpflichtung Gebrauch gemacht1, d. h. immer dann, wenn eine andere Zugangsgewährungsverpflichtung auferlegt worden ist. Hierauf ist dann auch die Kollokationsverpflichtung bezogen. Gegenüber der DTAG (nicht in anderen Fällen) sind zugleich Kooperationsmöglichkeiten nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG auferlegt worden (siehe oben Rz. 341 f.). Auch die BNetzA folgt ausdrücklich dem Gedanken des Gesetzgebers, dass die Kollokationsverpflichtung sowohl die physische wie die virtuelle Kollokation umfasst2. Mit Blick auf die Nebenleistungen wie Raumlufttechnik und Energieversorgung betont die BNetzA, dass auch eine Eigenrealisierung durch das berechtigte Unternehmen in Betracht kommen kann, wenn es dies bevorzugt3. Andere Formen der gemeinsamen Nutzung von Einrichtungen hat die BNetzA allerdings bislang nicht auferlegt. Seltsamerweise stützt die BNetzA den anlässlich der ersten Überprüfung von Marktdefinition und Marktanalyse gemäß § 14 Abs. 2 TKG (dazu G. Rz. 201 ff.) zu Markt Nr. 11 der Märkteempfehlung (TAL) vorgelegten ergänzenden Entwurf einer diesbezüglichen Regulierungsverfügung4 bei der geplanten Auferlegung des Zugangs zu Kabelleerrohren zwischen dem HVt und dem KVz auf § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG. Dies erscheint mit Blick auf den dargestellten Regelungsgegenstand von § 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG verfehlt.
_______________
1 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), BNetzA Mitteilung Nr. 83/ 2005, ABl. Nr. 7/2005; BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005; BNetzA, Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016 (-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006; BNetzA, Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001 (-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006; BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 17, BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006; BNetzA, Beschl. v. 7.3.2007 – BK4a-06/006/R (ATM-Bitstrom-Zugang), S. 18 f., BNetzA Mitteilung Nr. 131/2007, ABl. Nr. 5/2007. 2 BNetzA, Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001 (-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), S. 13, BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006. 3 Siehe etwa BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 15, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005. 4 Siehe BNetzA, Konsultationsentwurf Regulierungsverfügung zum Zugang zur Teilnehmerabschlussleitung v. 4.4.2007, BK4-07/002/R, BNetzA Mitteilung Nr. 223/ 2007, ABl. Nr. 7/2007, S. 1139 (1145, 1153 ff.).
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Rz. 390 H
Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
7.4.7 Beschränkungen der Auferlegung von Zugangsgewährungsverpflichtungen nach § 21 Abs. 4 TKG Nach § 21 Abs. 4 TKG wird eine Zugangsverpflichtung nicht oder in anderer Form auferlegt, wenn das betroffene Unternehmen nachweist, dass die Inanspruchnahme der Leistung die Aufrechterhaltung der Netzintegrität oder die Sicherheit des Netzbetriebs gefährdet. Dies ist nach objektiven Maßstäben zu beurteilen. Beide Kriterien sind bekannt als frühere „grundlegende Anforderungen“ des ONP-Regimes, welche die Beschränkung des offenen Netzzugangs rechtfertigten. Sie sind im Zusammenhang mit den auferlegbaren Zugangsgewährungsverpflichtungen inhaltlich nicht anders zu beurteilen als bei der sachlichen Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung im Rahmen des Gleichbehandlungsgebots nach § 19 TKG. Auf die dortigen Ausführungen kann daher verwiesen werden (siehe oben Rz. 175 ff.). Anders als dort, erlaubt § 21 Abs. 4 TKG allerdings nicht die Berücksichtigung sämtlicher früherer grundlegender Anforderungen. Allerdings dürften diese1 im Rahmen der Abwägungskriterien des § 21 Abs. 1 TKG durchaus eine Rolle spielen können.
388
7.4.8 Rechtsschutz, Durchsetzung der Zugangsgewährungsverpflichtungen und Sanktionen Die Rechtsschutzfragen hinsichtlich der Zugangsgewährungsverpflichtungen des § 21 TKG sind die gleichen wie etwa bei der Gleichbehandlungsverpflichtung des § 19 TKG (siehe ausführlich oben Rz. 187 ff.) in Bezug auf Rechtsschutz für und gegen die Auferlegung der Zugangsgewährungsverpflichtungen sowie hinsichtlich deren Durchsetzung und Sanktionen bei etwaigen Verstößen.
389
7.4.8.1 Rechtsschutz zur Erlangung oder gegen den Widerruf einer Zugangsgewährungsverpflichtung Sofern infolge eines Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens gegenüber einem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht keine Zugangsgewährungsverpflichtung auferlegt worden ist, kommt dementsprechend für ein berechtigtes Unternehmen die Verpflichtungsklage in Betracht. Besonders hier ist die drittschützende Wirkung der auferlegbaren Zugangsgewährungsverpflichtungen des § 21 Abs. 2 und 3 TKG entgegen der Rechtsprechung des VG Köln2 zu § 21 TKG zu bejahen (siehe oben Rz. 188). Denn es _______________
1 Es handelt sich um Interoperabilität der Dienste, Datenschutz, Umweltschutz und Bauplanungs- und Raumordnungsziele sowie eine effiziente Nutzung des Frequenzspektrums und die Verhinderung von Störungen zwischen funkgestützten Telekommunikationssystemen und anderen raumgestützten oder terrestrischen, technischen Systemen. 2 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05.
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390
H Rz. 391
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
geht gerade hier um konkrete Handlungs- bzw. Unterlassungspflichten des zu verpflichtenden Unternehmens für die Zugangsgewährung (subjektive Rechte) gegenüber den zugangsberechtigten Unternehmen (siehe oben Rz. 250). Dieser Kreis mag auch hier weit sein, er ist aber dennoch hinreichend individualisiert, weil es sich im Wesentlichen um nach § 6 TKG meldepflichtige Unternehmen handelt (dazu A. Rz. 29 ff. und auch G. Rz. 241 ff.). 391
Ebenso richtet sich auch hier der Anspruch des Klägers auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der BNetzA. Hier sind insbesondere die von der BNetzA im Rahmen des Abwägungsprogramms des § 21 Abs. 1 TKG zu berücksichtigenden Kriterien von Bedeutung (siehe oben Rz. 255 ff. 277 ff.) sowie die grundsätzlichen Rahmenbedingungen für Ermessensentscheidungen (siehe oben Rz. 271 ff.). Daher wird in der Praxis bei Fragen des Umfangs der Zugangsgewährungsverpflichtung zumeist nur ein Bescheidungsurteil zu erreichen sein, anhand dessen die BNetzA unter Berücksichtigung der Erwägungen des Gerichts erneut zu entscheiden hat. Lediglich bei der Unterlassung oder Ablehnung der Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung aus dem Soll-Katalog des § 21 Abs. 3 TKG könnte ggf. eine Ermessenreduzierung auf Null vorliegen, die zu einer Verpflichtung der BNetzA seitens des Gerichts führt, diese in einer erneuten Entscheidung aufzuerlegen. Dies ergibt sich aus der durch die Soll-Regelungen bestehenden Beschränkung des behördlichen Ermessens.
392
Rechtsschutz gegen den Widerruf einer zuvor auferlegten Zugangsgewährungsverpflichtung ist hingegen im Wege der Anfechtungsklage gegeben (siehe oben Rz. 190). Die Klagebefugnis ergibt sich hier ebenso aus § 21 TKG, aber in Verbindung mit der aufgehobenen Regulierungsverfügung, sofern der Kläger die Leistungen aus der betreffenden Verpflichtung in Anspruch genommen hat1 oder zum berechtigten Personenkreis gehört (dazu näher sogleich Rz. 396). Dies folgt aus der bislang bestehenden Verpflichtung und deren Wegfall zu Lasten des betroffenen Wettbewerbers (siehe bereits G. Rz. 236). 7.4.8.2 Rechtsschutz gegen die Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung
393
Das als Adressat einer Regulierungsverfügung betroffene Unternehmen ist dagegen befugt, die mittels der Regulierungsverfügung auferlegte Zugangsgewährungsverpflichtung anzufechten. Hierbei kann es sich bei einer Regulierungsverfügung, die mehrere Verpflichtungen auferlegt, auch lediglich auf ein Vorgehen gegen eine Zugangsgewährungsverpflichtung im Wege einer Teilanfechtung (siehe auch G. Rz. 232) beschränken2. _______________
1 VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de, S. 3 unter Punkt 2. 2 Anders offenbar Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 20 Rz. 29.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 397 H
7.4.8.3 Durchsetzung einer Zugangsgewährungsverpflichtung und Sanktionen Der Verstoß gegen die auferlegte Zugangsgewährungsverpflichtung ist keine Ordnungswidrigkeit nach § 149 TKG. Die Vorteilsabschöpfung durch die BNetzA nach § 43 TKG (dazu unten Rz. 698 ff.) kommt nicht in Betracht. Denn diese ist mit Blick auf Verfügungen der BNetzA auf solche der besonderen Missbrauchsaufsicht nach § 42 Abs. 4 TKG beschränkt. Allerdings kann ein Verstoß gegen die auferlegte Zugangsgewährungsverpflichtung zugleich ein Verstoß gegen das Missbrauchsverbot des § 42 TKG darstellen.
394
Die zentral für die Durchsetzung von Zugangsgewährungsverpflichtungen vorgesehene Regelung ist die Zugangsanordnung nach § 25 TKG. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers (siehe oben Rz. 251) und der BNetzA fällt dabei der Zugangsanordnung auch die weitere Detaillierung der mit der Regulierungsverfügung nach § 13 TKG auferlegten Zugangsgewährungsverpflichtung des § 21 TKG zu1. Während die Auferlegung einer Verpflichtung mittels Regulierungsverfügung einzelfallübergreifenden Charakter habe, könne die Zugangsanordnung gemäß § 25 Abs. 5 TKG alle Bedingungen einer Zugangsvereinbarung beinhalten sowie mit Bedingungen hinsichtlich Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit verknüpft werden. Dies ist freilich nur in der Systematik des TKG so angelegt, nicht aber in den europarechtlichen Vorgaben (siehe oben Rz. 251). Gegenüber dem Verfahren nach § 25 TKG ist das Streitbeilegungsverfahren des § 133 TKG subsidiär („soweit dies nicht anders geregelt ist“).
395
Sofern die Durchsetzungsstreitigkeit nicht im Zugangsanordnungsverfahren des § 25 TKG endet, kann diese vor den Verwaltungsgerichten fortgeführt werden; sei es durch die mittels einer Zugangsanordnung verpflichtete Partei im Wege der Anfechtungsklage, oder sei es durch die wegen einer Ablehnung eines Anordnungsantrags unterlegenen Partei im Wege der Verpflichtungsklage. Für Erstere ergibt sich die Klagebefugnis aus der belastenden Zugangsanordnung, für Letztere aus der drittschützenden Wirkung der durch Regulierungsverfügung auferlegten Zugangsgewährungsverpflichtung (dazu näher unten Rz. 615 ff.).
396
Schließlich ermöglichen Verstöße gegen die die Zugangsgewährungsverpflichtung auferlegende Regulierungsverfügung wiederum ein zivilrechtliches Vorgehen aufgrund der in § 44 Abs. 1 TKG vorgesehenen Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadenersatzansprüche bei Verstößen gegen Verfügungen der BNetzA.
397
_______________
1 Siehe etwa BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 13, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005.
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H Rz. 398
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
7.5 Standardangebot (§ 23 TKG) 398
Der Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, kann von der BNetzA gemäß § 23 TKG schließlich verpflichtet werden, ein Standardangebot für die Zugangsleistungen zu veröffentlichen, für die eine allgemeine Nachfrage besteht1. Mit dieser Regelung wird Art. 9 Abs. 2 Zugangsrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Danach können die nationalen Regulierungsbehörden insbesondere von Betreibern mit Gleichbehandlungspflichten die Veröffentlichung eines Standardangebots verlangen. Um dabei sicherzustellen, dass Unternehmen nicht für Leistungen zahlen müssen, die für den gewünschten Dienst nicht erforderlich sind, muss das Standardangebot hinreichend entbündelt sein. Dies erfordert, dass die betreffenden Dienstangebote dem Marktbedarf entsprechend in einzelne Komponenten aufgeschlüsselt und die entsprechenden Bedingungen einschließlich der Tarife angegeben werden. Die nationalen Regulierungsbehörden sind zudem befugt, Änderungen des Standardangebots vorzuschreiben, um den nach dieser Richtlinie auferlegten Verpflichtungen zur Geltung zu verhelfen. Für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss enthält Art. 9 Abs. 4 Zugangsrichtlinie eine zusätzliche Sonderregelung. Gegenüber einem Betreiber, der den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss gewähren muss, haben die nationalen Regulierungsbehörden sicherzustellen, dass ein Standardangebot veröffentlicht wird, das mindestens die in Anhang II der Zugangsrichtlinie genannten Bestandteile aufweist. 7.5.1 Regelungssystematik des § 23 TKG
399
Die Bestimmung des § 23 TKG sieht ein eigenständiges Verfahren für die Erstellung und Kontrolle von Standardverträgen im Bereich der Zugangsleistungen vor. Anders als die anderen Zugangsverpflichtungen der §§ 18–21 und 24 TKG erfordert die Auferlegung der Verpflichtung keine Regulierungsverfügung nach § 13 TKG und steht somit lediglich in mittelbarem Zusammenhang mit der der Regulierungsverfügung vorausgehenden Marktdefinition und Marktanalyse. Wie § 23 Abs. 1 S. 2 TKG zeigt, kann die Auferlegung allerdings gemeinsam mit der Regulierungsverfügung erfolgen. Dies führt zu einem komplexen und mehrstufig ausgestalteten Verfahren, bei dem sich zunächst zwei Auferlegungsvarianten unterscheiden lassen: –
Die Auferlegung der Verpflichtung erfolgt nach § 23 Abs. 1 TKG sozusagen abstrakt innerhalb oder außerhalb einer Regulierungsverfügung (Variante 1: Grundvariante); in der Grundvariante kann der Inhalt des
_______________
1 Mit dem TKG-Änderungsgesetz ist § 23 TKG an verschiedenen Stellen geändert worden, was die Anwendung der Regelung erleichtert und europarechtskonform macht. Insbesondere ist die Auferlegung nunmehr keine „Soll-Regelung“ mehr, sondern eine „Kann-Regelung“, setzt dafür aber nicht mehr voraus, dass eine Zugangsgewährungsverpflichtung nach § 21 TKG auferlegt worden ist.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 399 H
Standardangebots von der BNetzA im weiteren geprüft und geändert werden (§ 23 Abs. 2–4 TKG). –
Die Auferlegung der Verpflichtung erfolgt nach § 23 Abs. 5 TKG auf der Grundlage einer bereits vorhandenen Zugangsvereinbarung (§ 22 TKG) oder Zugangsanordnung (§ 25 TKG) in der Weise, dass die betreffende Vorlage künftig als Standardangebot anzubieten ist (Variante 2: Verallgemeinerungsvariante); in der Verallgemeinerungsvariante ist die inhaltliche Prüfung und Änderung nicht ausdrücklich vorgesehen.
Steht die Verpflichtung fest, schließen sich zwei hauptsächliche Verfahrenswege zur Überprüfung und Festlegung des Standardangebots an. Diese unterscheiden im Wesentlichen danach, –
ob es sich um die erstmalige Ausgestaltung des Standardangebots handelt (§ 23 Abs. 2–4 TKG) oder
–
ob es um Änderungen an einem bestehenden Standardangebot geht (§ 23 Abs. 6 i. V. m. Abs. 2–5 TKG).
Das Überprüfungsverfahren selbst schließlich ist wiederum mehrstufig ausgestaltet und findet entweder ohne bereits vorgelegtes Standardangebot oder auf der Basis eines bereits vorgelegten beabsichtigten (aber unzureichenden) Standardangebots statt (§ 23 Abs. 2 S. 1 TKG): –
Zunächst erfolgt die Ermittlung der allgemeinen Nachfrage von Zugangsleistungen durch die BNetzA unter Beteiligung der relevanten Marktteilnehmer (§ 23 Abs. 2 TKG): Ermittlung der Zugangsleistungen.
–
Nach der Feststellung der allgemeinen Nachfrage legt die Behörde die Zugangsleistungen fest, für die ein Standardangebot zu erstellen ist, und fordert den Betreiber gleichzeitig zur Abgabe eines entsprechenden Angebots auf, wobei inhaltliche Vorgaben gemacht werden können (§ 23 Abs. 3 TKG): Festlegung der Zugangsleistungen und Bedingungen bzw. Vorgaben.
–
Die vorgelegten Standardangebote werden sodann von der BNetzA überprüft und gegebenenfalls abgeändert und mit einer Mindestlaufzeit versehen (§ 23 Abs. 4 TKG): Inhaltliche Festlegung („Anordnung“) des Standardangebots.
Am Anfang und Ende der Verfahren steht die Pflicht des durch die Auferlegung verpflichteten Unternehmens, das Standardangebot zu veröffentlichen (§ 23 Abs. 1 TKG) und in seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzunehmen (§ 23 Abs. 7 TKG). Da es sich bei den im Rahmen der dargestellten Verfahren von der BNetzA zu treffenden Entscheidungen um solche des Teils 2 des TKG handelt, werden diese nach § 132 Abs. 1 TKG durch die zuständige Beschlusskammer der BNetzA im Beschlusskammerverfahren getroffen.
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H Rz. 400 400
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Nach Entscheidung über die vorstehend dargestellten Auferlegungsvarianten und innerhalb der Verfahrensschritte für die Überprüfung und Festlegung des Standardangebots besitzt die BNetzA mehrere „Stellschrauben“ um die Inhalte des Standardangebots zu beeinflussen und festzulegen. Dies betrifft zum ersten die Bestimmung des Leistungsumfangs, d. h. die Festlegung der Zugangsleistungen, die vertraglich angeboten werden müssen (§ 23 Abs. 2 und 3). Zum zweiten kann die BNetzA inhaltliche Vorgaben zur Ausgestaltung machen, insbesondere hinsichtlich Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit (§ 23 Abs. 3 TKG). Zum dritten kann die BNetzA das Standardangebot selbst, also das Ergebnis inhaltlich anhand der getroffenen Vorgaben gestalten sowie weitere Vorgaben über den Gültigkeitszeitraum des Standardangebots und künftige Vorlagepflichten des verpflichteten Unternehmens treffen (§ 23 Abs. 4 TKG). 7.5.2 Adressaten von § 23 TKG
401
Potenziell verpflichtete Unternehmen der Bestimmung des § 23 TKG sind Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze, die über beträchtliche Marktmacht verfügen. Insofern ist der Adressatenkreis der gleiche wie bei den anderen Zugangsverpflichtungen, so dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann (insbesondere oben Rz. 143 und 249). Die ursprünglich vorgesehene, weitere Voraussetzung, dass das marktmächtige Unternehmen gleichzeitig einer Zugangsverpflichtung nach § 21 TKG unterliegen muss, ist im Zuge des TKG-Änderungsgesetzes aufgegeben worden. Nach der Gesetzesbegründung soll mit dieser Änderung klargestellt werden, „dass ein Standardangebot auch dann verlangt werden kann, wenn marktmächtigen Unternehmen keine Zugangsverpflichtungen auferlegt wurden“1. Dies entspricht nunmehr der Vorgabe des Art. 9 Abs. 2 Zugangsrichtlinie.
402
Was die berechtigten Unternehmen anbetrifft, so ist zunächst festzustellen, dass § 23 TKG das Standardangebot in Bezug auf die allgemeine Nachfrage nach Zugangsleistungen im Sinn der Zugangsregulierung des zweiten Abschnitts des TKG regelt. Daher erschließt sich auch hier der Kreis der berechtigten Unternehmen grundsätzlich über den Rückgriff auf die Definition des Zugangs in § 3 Nr. 32 TKG (dazu oben Rz. 36 ff.). Nur Unternehmen können daher das Standardangebot nachfragen, welche die Leistungen zum Zwecke der Erbringung von Telekommunikationsdiensten in Anspruch nehmen wollen2. Private oder gewerbliche Endnutzer (§ 3 Nr. 8 TKG) werden von § 23 TKG ebenso nicht begünstigt wie Anbieter von Inhalten. Geht es allerdings bereits um die Frage der Auferlegung der Verpflichtung zum Standardangebot, ist zwar der Kreis der potenziell berechtigten Unternehmen der gleiche. Allerdings ist bereits an dieser Stelle fraglich, ob § 23 _______________
1 BT-Drucks. 16/2581, S. 23. 2 Ebenso Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 23 TKG Rz. 15; BerlKommTKG/Thomaschki, § 23 TKG Rz. 33.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 404 H
TKG insoweit einen Kreis berechtigter Unternehmen überhaupt vorsieht. Denn die Verpflichtung zu Veröffentlichung eines Standardangebots hat insoweit eine andere Qualität als die sonstigen Zugangsverpflichtungen, die sich auf konkrete Verpflichtungen gegenüber Nachfragern beziehen und in vertraglicher Hinsicht auf dieser Ebene durch § 22 TKG adressiert sind. 7.5.3 Erstmalige Auferlegung der Verpflichtung zum Standardangebot (§ 23 Abs. 1 TKG) Die Entscheidungsbefugnis der BNetzA über die Auferlegung einer Pflicht zur Veröffentlichung eines Standardangebots ist als Kann-Vorschrift ausgestaltet. Die Auferlegung eines Standardangebots liegt nach dem Wortlaut der Vorschrift demnach im pflichtgemäßen Ermessen der BNetzA. Ursprünglich war § 23 Abs. 1 TKG noch als Soll-Vorschrift ausgestaltet1. Dies wurde durch das TKG-Änderungsgesetzes zu Gunsten einer Kann-Vorschrift geändert2. Begründet hat der Gesetzgeber diese Änderung nicht3, ungebundenes Ermessen der BNetzA entspricht allerdings der europarechtlichen Vorgabe in Art. 9 Abs. 2 Zugangsrichtlinie. Zugleich ist die früher notwendige Voraussetzung entfallen, dass das potenziell verpflichtete Unternehmen einer Zugangsgewährungsverpflichtung des § 21 TKG unterliegt. Auch dies entspricht der europarechtlichen Vorgabe des Art. 9 Abs. 2 Zugangsrichtlinie, weil diese Regelung insbesondere auf Gleichbehandlungsverpflichtungen Bezug nimmt (Art. 10 Zugangsrichtlinie, §§ 18, 19 TKG). Die Gesetzesänderung eröffnet der BNetzA somit einen flexibleren Entscheidungsrahmen, was aus Verhältnismäßigkeitsgründen grundsätzlich zu befürworten ist. Es bleibt allerdings dabei, dass die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Standardangebots mit der Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung nach § 21 TKG gemeinsam ergehen kann. Hierbei wird es sich auch weiterhin um den typischen Anwendungsfall von § 23 Abs. 1 TKG handeln.
403
Kein Ermessen steht der BNetzA indes in Bezug auf das Standardangebot für den Zugang zum Teilnehmeranschluss zu. Hier besteht aufgrund des Art. 9 Abs. 4 Zugangsrichtlinie die ausdrückliche Verpflichtung im Sine einer gebundenen Entscheidung, die Veröffentlichung eines Standardangebots sicherzustellen. Dies ist zwar so im Gesetz nicht umgesetzt, aber dennoch von der BNetzA zu beachten.
404
_______________
1 Auf dieser Grundlage die Auferlegung durch die BNetzA gegenüber Mobilfunknetzbetreibern bestätigend: VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 52 und 1 K 4148/06, Absatz Nr. 56 sowie Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 50 und 1 K 4314/06, Absatz Nr. 52, jeweils über www.justiz.nrw.de. 2 BT-Drucks. 16/3635, S. 9. 3 Weder in BT-Drucks. 16/3635 (S. 48) noch in BT-Drucks. 16/2581 (S. 23) findet sich eine Begründung für diese Änderung.
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H Rz. 405 405
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Sofern die Auferlegung nicht im Rahmen einer Regulierungsverfügung nach § 13 TKG (gemeinsam oder ohne Zugangsgewährungsverpflichtung nach § 21 TKG) erfolgt, ergeht diese als eigenständiger Verwaltungsakt auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 TKG. 7.5.3.1 Allgemeine Nachfrage nach Zugangsleistungen?
406
Die Bestimmung in § 23 Abs. 1 S. 1 TKG kann auf zweierlei Art und Weise gelesen werden. Zum einen, dass die BNetzA die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Standardangebots für Zugangsleistungen nur auferlegen darf, wenn hierfür eine allgemeine Nachfrage besteht1. Zum anderen, dass die BNetzA die Verpflichtung auferlegen darf, diese sich aber inhaltlich mit Blick auf die Verpflichtungswirkung gegenüber dem verpflichteten Unternehmen nur auf solche Zugangsleistungen bezieht, für die allgemeine Nachfrage besteht. In der zweiten Lesart ist es also dem verpflichteten Unternehmen überlassen, die allgemeine Nachfrage zu bestimmen und das Standardangebot danach auszurichten. Demgegenüber erfordert die erste Lesart eine eigenständige Prüfung der allgemeinen Nachfrage durch die BNetzA bereits bei der Auferlegung der Verpflichtung. Die Systematik des § 23 TKG zeigt allerdings, dass die zweite Lesart zutreffend ist. Denn die Ermittlung der allgemeinen Nachfrage durch die BNetzA erfolgt gemäß § 23 Abs. 2 TKG erst, wenn das verpflichtete Unternehmen kein oder ein unzureichendes Angebot vorlegt. Dies setzt aber das Bestehen der Verpflichtung, ein solches zu veröffentlichen, bereits voraus. Es reicht daher tatbestandlich für die Auferlegung der Verpflichtung aus, dass eine Zugangsgewährungsverpflichtung nach § 21 TKG auferlegt worden ist und/oder aus anderen Umständen die Auferlegung der Verpflichtung angezeigt ist. Lediglich erforderlich ist, dass es sich um Zugangsleistungen handelt. Dafür ist die Definition des Zugangs in § 3 Nr. 32 TKG heranzuziehen (siehe oben Rz. 36 ff.). Um eine nähere Bestimmung dessen, wofür das Standardangebot zu veröffentlichen ist, wird die BNetzA bei der Auferlegung allerdings nicht umhin kommen. Daher ist kaum zu erwarten, dass die BNetzA die Verpflichtung ohne zuvor oder gleichzeitig nach § 21 TKG auferlegte Zugangsgewährungsverpflichtung auferlegt, weil hierüber die Zugangsleistungen näher bestimmt werden können. Soweit freilich eine (für § 23 TKG nicht erforderliche) Marktdefinition und Marktanalyse stattgefunden hat, kann sich die Bestimmung auch daraus ergeben. Zu beachten ist, dass sich die Verpflichtung durch den Bezug zu den Zugangsleistungen vornehmlich auf diese und damit die vertraglichen Hauptleistungen bezieht. Nebenleistungen und/oder Nebenverpflichtungen sind daher nur insoweit umfasst, als sie von der Zweckbestimmung des Zugangs erfasst werden (siehe oben Rz. 51 ff.) oder über die Gebote der Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit im _______________
1 So offenbar Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 23 Rz. 18.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rahmen des Überprüfungsverfahrens nach § 23 Abs. 3 TKG Berücksichtigung (siehe unten Rz. 430) finden können. 7.5.3.2 Rechtsfolgen, Umsetzung und Umfang der Verpflichtung Die gesamten Regelungen des § 23 TKG enthalten keine originäre Ermächtigungsgrundlage zur Anordnung und Veröffentlichung eines konkreten Standardangebots durch die BNetzA selbst. Der § 23 Abs. 1 S. 1 TKG ermächtigt die BNetzA nach dem Wortlaut lediglich, den Betreiber zur Veröffentlichung eines Standardangebots zu verpflichten. Gegenüber dem verpflichteten Unternehmen ist dies ein belastender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit den nachstehend dargestellten Folgen. Hieraus lässt sich (noch) nicht die Befugnis zur inhaltlichen Festlegung eines Standardangebots ableiten. Dies ist dem Überprüfungsverfahren der Absätze 2–4 vorbehalten. Aus dieser Systematik folgt, dass das verpflichtete Unternehmen ein inhaltliches Initiativrecht für die Vorlage des Standardangebots besitzt. Dies ist auch folgerichtig, weil das verpflichtete Unternehmen durch den Kontakt mit den Marktteilnehmern und deren Nachfragen die inhaltlichen Anforderungen an die Vertragsgestaltung kennt und zudem diejenigen Zugangsleistungen, für die eine allgemeine Nachfrage besteht, aufgrund größerer Sachnähe besser bestimmen kann. Lediglich dann, wenn sich diese Einschätzung des verpflichteten Unternehmens als fehlerhaft erweist oder fehlerhaft umgesetzt wird, setzt die Überprüfungsbefugnis der BNetzA unter Beteiligung der Nachfrager ein.
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7.5.3.2.1 Formale Anforderungen Die Vorlage des Standardangebots hat dabei in formaler Hinsicht durch zweierlei Maßnahmen seitens des verpflichteten Unternehmens zu erfolgen: Es muss das Standardangebot veröffentlichen (§ 23 Abs. 1 S. 1 TKG) und in seine allgemeinen Geschäftsbedingungen aufnehmen (§ 23 Abs. 7 TKG). Wie die Veröffentlichung im Einzelnen erfolgen muss, ist nicht geregelt. Diesbezüglich kann auf die in § 20 TKG (Transparenzverpflichtung) enthaltenen Kriterien zurückgegriffen werden (siehe hierzu oben Rz. 209 f.). Durch die Verpflichtung zur Aufnahme in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird der Standardcharakter des Standardangebots zusätzlich betont und die Veröffentlichungspflicht verdeutlicht. Dabei sind dann auch die Regelungen der §§ 305 bis 310 BGB zu berücksichtigen1. Das Standardangebot selbst stellt allerdings bereits Allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. d. § 305 Abs. 2 S. 1 BGB dar, da es sich um ein für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliertes Angebot handelt. Die Pflicht aus § 23 Abs. 7 TKG bezieht sich daher nicht auf die Aufnahme in, sondern auf die Veröffentlichung des _______________
1 Steinwärder, MMR 2005, 84 (87).
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Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Standardangebots als Allgemeine Geschäftsbedingungen des Betreibers1. Hinzu kommt eine nicht explizit genannte Verpflichtung, nämlich die Vorlage des Standardangebots gegenüber der BNetzA. Dies folgt aus § 23 Abs. 2 S. 1 TKG, weil die BNetzA auf dieser Basis darüber entscheidet, ob das Überprüfungsverfahren nach § 23 Abs. 2–4 TKG eingeleitet wird oder nicht. 409
In zeitlicher Hinsicht ist das Initiativrecht des verpflichteten Unternehmens ebenfalls begrenzt, weil der BNetzA durch § 23 Abs. 1 S. 1 TKG vorgegeben ist, dass die Veröffentlichung in der Regel innerhalb von drei Monaten zu erfolgen hat. Hier ist das Ermessen der BNetzA dementsprechend beschränkt und das verpflichtete Unternehmen hat dem Folge zu leisten. 7.5.3.2.2 Zivilrechtliche Konsequenzen
410
Das veröffentlichte Standardangebot ist im zivilrechtlichen Sinn bindend und begründet, sofern es von Nachfragern in Anspruch genommen wird, eine zivilrechtliche Zugangsvereinbarung. Dies liegt daran, dass es ungeachtet eines etwaigen Überprüfungsverfahrens nach § 23 Abs. 2–4 TKG so umfassend sein muss, dass es ohne weitere Verhandlungen angenommen werden kann (§ 23 Abs. 3 S. 4 TKG). Zu Abweichungen zum Nachteil einzelner Nachfrager ist das verpflichtete Unternehmen nicht berechtigt, es sei denn der betreffende Nachfrager würde diese akzeptieren. Das Abweichungsverbot steht zwar nicht in § 23 TKG, es ergibt sich aber einerseits begrifflich aus dem Wesen eines Standardangebots, andererseits aus einer etwaig auferlegten Gleichbehandlungsverpflichtung nach § 19 TKG sowie aus § 42 TKG unmittelbar. Dies bedeutet freilich nicht, dass das verpflichtete Unternehmen die vom Standardangebot erfassten Zugangsleistungen nicht auch unter anderen Vertragsbedingungen anbieten dürfte (freilich unter Einhaltung bestehender Gleichbehandlungsverpflichtungen). Die betreffende Zugangsleistungen müssen aber in jedem Fall über das Standardangebot verfügbar sein. Trotz der Bezeichnung „Angebot“ wird man das Standardangebot zivilrechtlich als „invitatio ad offerendum“ anzusehen haben2. Ein bindendes Angebot im Sinne von § 145 BGB kann hiermit noch nicht verbunden sein, weil erst die konkrete Nachfrage seitens des berechtigten Unternehmens den Vertragsgegenstand hinreichend spezifiziert. Die eigentliche Pflicht zum Abschluss einer Zugangsvereinbarung auf Basis des nach § 23 TKG veröffentlichten Standardangebots ergibt sich aus § 22 TKG. Erst hiernach besteht ein Kontrahierungszwang für das verpflichtete Unternehmen (siehe unten Rz. 524 ff.). Die Entgeltregulierung in Bezug auf die Zugangsleistungen, die Gegenstand des Standardangebots sind, richtet sich nach den §§ 28 bis 38 TKG (zum Verweis im Überprüfungsverfahren siehe unten Rz. 440 ff.). _______________
1 Ebenso BerlKommTKG/Thomaschki, § 23 Rz. 95. 2 Ebenso Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 23 Rz. 8.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
7.5.3.3 Rechtsschutz und Durchsetzung der Auferlegung Rechtsschutzfragen stellen sich in Bezug auf das Standardangebot ebenso wie bei den sonstigen Zugangsverpflichtungen bereits auf der Ebene der Auferlegung, d. h. Rechtsschutz zur Erlangung oder gegen die Auferlegung. Auf der nachgelagerten Ebene geht es um die Durchsetzung der Verpflichtung sowie um Sanktionen bei etwaigen Verstößen hiergegen.
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7.5.3.3.1 Rechtsschutz zur Erlangung oder gegen den Widerruf der Verpflichtung zum Standardangebot Wie bereits angedeutet (siehe oben Rz. 402), dürften Nachfrager keinen Anspruch auf die Auferlegung der Verpflichtung zum Standardangebot haben Hier wird es bereits an der nötigen Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO fehlen. Dazu müsste § 23 TKG eine „Schutznorm“ darstellen, die auch subjektive Rechte bzw. Interessen des Klägers schützt und der geschützte Personenkreis hinreichend individualisierbar sein1. Einmal abgesehen davon, dass die Rechtsprechung des VG Köln2 dies bereits für § 21 TKG – wenn auch zu unrecht – verneint, ist hier zusätzlich zu berücksichtigen, dass nur schwer erkennbar ist, wie ein Nachfrager durch die Verpflichtung zum Standardangebot über die Zugangspflichten etwa der §§ 19, 21 und 22 TKG hinaus besonders berechtigt sein soll. Mit § 23 TKG wird nicht das Interesse Einzelner geschützt, als vielmehr das Gesamtinteresse an Markttransparenz („allgemeine Nachfrage“). Insofern ist diese Verpflichtung auch abstrakter (formuliert) als die Transparenzverpflichtung des § 20 TKG (dazu oben Rz. 215 ff.). Daher findet sich auch hinsichtlich des weitere Verfahrens der Überprüfung des (vorgelegten) Standardangebots in § 23 Abs. 2–4 TKG auch nicht die Andeutung eines Antragsrechts seitens einzelner Nachfrager.
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Gleiches dürfte auch für etwaigen Rechtsschutz gegen den Widerruf einer zuvor auferlegten Verpflichtung zum Standardangebot gelten. Denn auch die auferlegte Verpflichtung selbst vermag keinen über die bereits genannten Regelungen der §§ 19–22 TKG hinausgehenden individuellen Schutz zu gewähren.
413
7.5.3.3.2 Rechtsschutz gegen die Auferlegung der Verpflichtung zum Standardangebot Das als Adressat einer Auferlegung betroffene Unternehmen ist allerdings grundsätzlich befugt, die auferlegte Verpflichtung zum Standardangebot anzufechten. Dem steht nicht die Sonderregelung des § 23 Abs. 4 S. 4 TKG entgegen. Denn diese bezieht sich lediglich auf die Maßnahmen der BNetzA _______________
1 Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rz. 66, 70, 78, 83 f. 2 VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05.
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H Rz. 415
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
im Überprüfungsverfahren, nicht aber auf die Auferlegung selbst. Wenn es sich zudem um eine Regulierungsverfügung handelt, die mehrere Verpflichtungen auferlegt, kann der Adressat sich auch lediglich auf ein Vorgehen gegen die Verpflichtung zum Standardangebot im Wege einer Teilanfechtung (siehe auch G. Rz. 232) beschränken. 7.5.3.3.3 Durchsetzung der Verpflichtung zum Standardangebot und Sanktionen 415
Der Verstoß gegen die nach § 23 Abs. 1 TKG auferlegte Verpflichtung zum Standardangebot ist keine Ordnungswidrigkeit nach § 149 TKG. Erst im späteren Überprüfungsverfahren ist ein Verstoß gegen eine Anordnung nach § 23 Abs. 3 S. 2 TKG bußgeldbewehrt. Die Vorteilsabschöpfung durch die BNetzA nach § 43 TKG (dazu unten Rz. 698 ff.) kommt wiederum nicht in Betracht, weil dies eine Missbrauchsverfügung nach § 42 Abs. 4 TKG voraussetzt. Allerdings kann auch hier zugleich ein Verstoß gegen das Missbrauchsverbot des § 42 TKG vorliegen.
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Ein Verfahren für eine Zugangsanordnung nach § 25 TKG scheidet ebenso aus wie ein Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG. Bei der Zugangsanordnung würde es um die Bedingungen des Zugangs selbst gehen, so dass die Verpflichtung zum Standardangebot hiermit durchgesetzt werden kann. Das Streitbeilegungsverfahren des § 133 TKG ist dagegen subsidiär („soweit dies nicht anders geregelt ist“). Denn in § 23 Abs. 2–4 TKG ist ein eigenständiges Verfahren zur Erlangung, Überprüfung und Festlegung des Standardangebots vorgesehen. Lediglich an dessen Ende, wenn es um die Durchsetzung der getroffenen Festlegungen geht, kann das Streitbeilegungsverfahren oder ein Zugangsanordnungsverfahren wieder relevant werden (siehe unten Rz. 450). Diese Subsidiarität gilt auch für die der BNetzA zur Verfügung stehenden Mittel des Verwaltungszwangs sowie bei den Maßnahmen nach § 126 TKG.
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Schließlich ermöglichen Verstöße gegen die die Verpflichtung zum Standardangebot auferlegende Verfügung aber ein zivilrechtliches Vorgehen aufgrund der in § 44 Abs. 1 TKG vorgesehenen Unterlassungs-, Beseitigungsund Schadenersatzansprüche bei Verstößen gegen Verfügungen der BNetzA, und zwar ungeachtet der Frage, ob § 23 TKG drittschützenden Charakter hat (siehe oben Rz. 245). 7.5.4 Überprüfungsverfahren zum Standardangebot (§ 23 Abs. 2–4 TKG)
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Legt das verpflichtete Unternehmen infolge der Auferlegung der Verpflichtung zum Standardangebot kein oder ein nach Abs. 1 unzureichendes Standardangebot vor, wird die BNetzA selbst tätig, um zu einem Standardangebot zu kommen. Dazu muss sie in mehreren Schritten innerhalb eines als Überprüfungsverfahren zu bezeichnenden Verfahrens erst die allgemeine 950 | Heun
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Nachfrage nach den einschlägigen Zugangsleistungen ermitteln, dann die Zugangsleistungen festlegen, verbunden mit der Aufforderung an das verpflichtete Unternehmen (nunmehr) ein Angebot vorzulegen sowie verbunden mit der Möglichkeit, inhaltlich Vorgaben zu machen, um dann das vorgelegte Angebot abschließend zu prüfen und ggf. zu ändern. Die Verfahrensschritte sind dabei im Gesetz so formuliert, dass seitens der BNetzA lediglich bei den inhaltlichen Vorgaben für einzelne Vertragsbedingungen ein Ermessenspielraum besteht. Im Übrigen hat die BNetzA die vorgesehenen Schritte durchzuführen und ist damit in ihrer Handlungsweise weitgehend gebunden. Das Überprüfungsverfahren ist in seiner Systematik gestuft, d. h. sämtliche Entscheidungsvorgänge bauen aufeinander auf. Für das Verhältnis zwischen Absatz 2 und 3 ergibt sich dies unmittelbar aus dem Wortlaut, weil Absatz 2 auf Absatz 3 Bezug nimmt. Für Absatz 4 folgt dies daraus, dass dort die Einhaltung von Vorgaben in der Umsetzung (wohl seitens des verpflichtete Unternehmen) durch die BNetzA geprüft wird. Diese Vorgaben können aber wiederum nur Absatz 3 entstammen. Durch die Ergänzung in § 23 Abs. 2 TKG mittels des TKG-Änderungsgesetzes, dass für den Verfahrenseinstieg über § 23 Abs. 2 TKG auch die Vorlage eines unzureichenden Angebots ausreicht, ist die mehrstufige Systematik zusätzlich verdeutlicht worden. Nach der Gesetzesbegründung wird hierdurch klargestellt, „dass auch in Fällen der Vorlage unzureichender Standardangebote (Abs. 1), die in Abs. 2 und den folgenden Absätzen vorgesehenen Verfahrensregelungen (Verfahren von Amts wegen) Anwendung finden.“1 Auch im Rahmen dieses Verfahrens ist zu beachten, dass die BNetzA nicht das Standardangebot im eigentlichen Sinne anordnet, sondern dessen Inhalt bestimmt und festlegt. Der letzte Schritt der Veröffentlichung und der Aufnahme des Standardangebots in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen folgt vielmehr nach wie vor aus der Auferlegung der Verpflichtung zum Standardangebot (siehe oben Rz. 407 ff.) sowie aus § 23 Abs. 7 TKG und ist vom verpflichteten Unternehmen vorzunehmen.
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7.5.4.1 Ermittlung der allgemeinen Nachfrage (§ 23 Abs. 2 TKG) Im Verfahren nach § 23 Abs. 2 TKG ermittelt die BNetzA, für welche Zugangsleistungen eine allgemeine Nachfrage besteht. Zu diesem Zweck gibt sie tatsächlichen oder potenziellen Nachfragern nach solchen Leistungen Gelegenheit zur Stellungnahme. Im Anschluss daran gibt sie dem Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht Gelegenheit zur Stellungnahme dazu, welche der ermittelten Leistungen nach seiner Ansicht Bestandteil eines Standardangebots werden sollen. Hierbei handelt es sich um eine gegenüber § 135 TKG vorrangige Sonderregelung zur Anhörung von Beteiligten. Ob _______________
1 BT-Drucks. 16/3635, S. 48.
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H Rz. 421
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
dies die BNetzA ähnlich wie bei § 12 Abs. 1 TKG nach der Rechtsprechung1 davon entbindet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen (siehe G. Rz. 67), ist allerdings fraglich. Denn so speziell ist die Regelung in § 23 Abs. 2 TKG dann auch wieder nicht, zumal für die nachfolgenden Entscheidungen nach § 23 Abs. 3 und 4 TKG die Erfordernisse des § 135 TKG wieder direkt gelten. 421
Der Begriff der allgemeinen Nachfrage wird im Gesetz nicht weiter definiert. Eine allgemeine Nachfrage wird in der Regel gegeben sein, wenn eine Mehrzahl der Zugangsberechtigten die Zugangsleistung begehrt. Das Vorliegen einer entsprechenden Zugangsgewährungsverpflichtung nach § 21 TKG kann dabei zwar grundsätzlich als Indiz für das Bestehen einer allgemeinen Nachfrage am Markt herangezogen werden, denn anderenfalls hätte die BNetzA eine entsprechende Verpflichtung nach § 21 TKG nicht auferlegt. Gleiches gilt für manche Marktdefinitionen, die sich aus der Märkteempfehlung ergeben, weil diese zum Teil sehr eng gefasst sind. Andererseits zeigt die Regelung in § 23 Abs. 5 TKG, dass der Gesetzgeber nicht davon ausgeht, allgemeine Nachfrage und Zugangsgewährungsverpflichtung nach § 21 TKG – eine solche ist Voraussetzung für § 22 und § 25 TKG – müssten zwangsläufig zusammen gehen. Entscheidend ist daher, ob es sich um eine Zugangsleistung handelt, die von einer signifikanten Anzahl an Unternehmen nachgefragt wird, welche eine Standardisierung des Angebots angezeigt erscheinen lassen. Maßstab hierfür ist der jeweils relevante Markt für die Zugangsleistung, so dass eine allgemeine Nachfrage auch bei vergleichsweise wenig Interessenten gegeben sein kann. An einer allgemeinen Nachfrage dürfte es nur dann fehlen, wenn die entsprechende Leistung nur von Einzelnen oder einer unerheblichen Minderheit nachgefragt wird2. 7.5.4.1.1 Voraussetzung für die Durchführung des Anhörungsverfahrens
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Voraussetzung für die Ermittlung einer allgemeinen Nachfrage durch die BNetzA ist nach dem Wortlaut zunächst die Nichtvorlage eines oder die Vorlage eines unzureichenden Standardangebots durch das mittels der Auferlegung verpflichtete Unternehmen. Nur wenn ein (zureichendes) Standardangebot nicht vorgelegt wird, hat die BNetzA das Überprüfungsverfahren nach § 23 Abs. 2–4 TKG durch Anhörung der Beteiligten zum Bestehen einer allgemeinen Nachfrage einzuleiten. Im Fall der Vorlage eines zureichenden Standardangebots ist das Überprüfungsverfahren daher eigentlich weder notwendig noch angezeigt. Dann würde freilich die BNetzA am ge-
_______________
1 VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05, S. 4 unter Punkt 3.2 über www.justiz. nrw.de. Offen gelassen: BVerwG, Urt. v. 14.2.2007 – 6 C 28.05, Rz. 34 (S. 18) des amtlichen Umdrucks. 2 Vgl. Steinwärder, MMR 2005, 84 (85).
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Rz. 423 H
samten Markt vorbei entscheiden. Ob ihr insoweit Ermessen bezüglich der Verfahrenseinleitung zusteht, ist fraglich. Nach seinem Wortlaut ist § 23 Abs. 2 S. 1 als gebundene Entscheidung formuliert. Dies wird zwar durch die Formulierung des unzureichenden Standardangebots relativiert. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Der BNetzA wird somit ein gewisser Beurteilungsspielraum zuerkannt werden müssen, wann ein Standardangebot unzureichend ist. Von einem unzureichenden Standardangebot wird aber regelmäßig dann auszugehen sein, wenn eine Vielzahl von Nachfragern bei der BNetzA Beschwerden darüber einreichen, dass das Angebot nicht den erforderlichen Leistungsumfang an Zugangsleistungen besitzt. Denn bei einer Vielzahl von Beschwerden spricht der erste Anschein dafür, dass das Angebot der allgemeinen Nachfrage nicht entspricht. Damit dürfte die Einleitung des Überprüfungsverfahrens die Regel bleiben, wie es auch jetzt schon der Fall für die aufgrund der früheren Fassung des § 23 TKG eingeleiteten Verfahren ist. Denn nur anhand der von der BNetzA festgestellten allgemeinen Nachfrage kann überprüft werden, ob das Standardangebot dieser Nachfrage auch gerecht wird. Ergeben sich Anhaltspunkte für ein unzureichendes Standardangebot (z. B. aufgrund belastbarer Beschwerden von Nachfragern), muss die BNetzA daher das Überprüfungsverfahren einleiten, d. h. die allgemeine Nachfrage ermitteln und dann das Standardangebot überprüfen. Eine weitere Frage in diesem Zusammenhang ist, ob der Begriff unzureichend hier das gleiche meint wie in § 23 Abs. 3 S. 5 TKG, wo es auch um die Bedingungen des Standardangebots geht. Denn in § 23 Abs. 2 TKG steht die allgemeine Nachfrage nach den Zugangsleistungen in Rede, d. h. zunächst der Leistungsumfang nicht auch die weiteren (Vertrags-)Bedingungen. Mit Blick auf die Verfahrensökonomie (siehe unten Rz. 425) sowie angesichts der zitierten Gesetzesbegründung, welche die Änderung in § 23 Abs. 2 TKG auch auf die nachfolgenden Absätze bezieht (siehe oben Rz. 418), wird man aber davon auszugehen haben, dass sich „unzureichend“ in beiden Bestimmungen sowohl auf den Leistungsumfang (allgemeine Nachfrage) wie auch auf die Bedingungen bezieht. Wann ein Standardangebot inhaltlich unzureichend ist, muss aber dennoch näher bestimmt werden. Ausgangspunkt ist dabei wie soeben dargestellt, ob das Standardangebot Zugangsleistungen auslässt, die aber bereits auferlegt und/oder von der betreffenden Regulierungsverfügung umfasst sind und/oder von den Nachfragern gewünscht werden. Dann ist das Angebot unvollständig und damit unzureichend. Aber auch andere inhaltliche Auslassungen können das Angebot inhaltlich unvollständig machen. Hier hilft im Zweifel ein Blick auf § 23 Abs. 3 S. 4 TKG, wonach das Standardangebot so umfassend sein muss, dass es von den Nachfragern ohne weitere Verhandlungen angenommen werden kann (siehe unten Rz. 431). Anderenfalls ist es unvollständig und damit wiederum unzureichend. Zur Vollständigkeit gehören auch die Entgelte, wie § 23 Abs. 3 S. 2 TKG zeigt, wonach die BNetzA zur Vorlage des Ange-
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Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
bots einschließlich der Entgelte auffordert1. Allerdings können die Regelungen des Standardangebots auch vollständig, aber materiell-rechtlich unzureichend sein2. Dies betrifft insbesondere die möglichen Vorgaben nach § 23 Abs. 3 S. 3 TKG zur Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit, die Vorgaben für den Zugang zum Teilnehmeranschluss aus dem Anhang II zu Art. 9 Abs. 4 Zugangsrichtlinie sowie sonstige gesetzliche Vorgaben, mit denen das Angebot nicht in Einklang steht. 7.5.4.1.2 Anhörungsverfahren und Anhörungsgegenstand 424
Das Anhörungsverfahren nach § 23 Abs. 2 S. 2 und 3 TKG stellt eine Besonderheit gegenüber dem üblichen Amtsermittlungsgrundsatz der BNetzA dar. Es erfolgt in zwei Schritten. Zunächst muss die BNetzA eine Anhörung der tatsächlichen oder potenziellen Nachfrager durchführen, um festzustellen, ob tatsächlich eine allgemeine Nachfrage im Sinne des § 23 Abs. 1 TKG besteht. Bei dem zu beteiligenden Personenkreis dürfte es sich in der Regel um die aus einer Regulierungsverfügung berechtigten Unternehmen handeln. Tatsächliche Nachfrager sind solche, die eine Nachfrage bereits konkret geäußert haben, potenzielle Nachfrager solche, die möglicherweise in Zukunft derartige Zugangsleistungen nachfragen werden. Nach Anhörung der Nachfrager ist dem Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht Gelegenheit zur Stellungnahme zu gewähren. Er ist dazu zu hören, welche der ermittelten Leistungen nach seiner Ansicht Bestandteil eines Standardangebots werden sollen. Dies dient der Sicherstellung seiner verfahrensrechtlichen Rechte auf rechtliches Gehör.
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Aufgabe und Gegenstand des Anhörungsverfahrens ist die Ermittlung einer allgemeinen Nachfrage nach bestimmten Zugangsleistungen, die Bestandteil des Standardangebots werden sollen. Die konkreten Bedingungen des Standardangebots sind dem Wortlaut nach nicht Gegenstand der Anhörung nach § 23 Abs. 2 TKG, sondern werden erst im Rahmen von § 23 Abs. 3 S. 3 und Abs. 4 TKG von der BNetzA festgelegt. Das ist aber ein zu enges Verständnis von § 23 Abs. 2 und Abs. 3 S. 1 TKG. Denn der Blick auf § 23 Abs. 6 S. 2 TKG zeigt, dass Änderungen der allgemeinen Nachfrage sowohl die Zugangsleistungen selbst, als auch (wesentliche) Bedingungen für deren Erbringung umfasst. Was für Änderungen gilt, muss erst recht für die erstmalige Festlegung des Standardangebots gelten. Daher besteht auch der Anhörungsgegenstand in § 23 Abs. 2 TKG aus den Zugangsleistungen und den Bedingungen für deren Erbringung; die Frage der wesentlichen Bedingungen _______________
1 Der Verweis im Standardangebot auf noch durchzuführende Entgeltgenehmigungsverfahren oder (dann) genehmigte Entgelte ist damit unzulässig; ebenso BNetzA, Beschl. v. 4.4.2007 – BK4c-05-102/S, S. 9 des amtlichen Umdrucks. 2 Im Gesetzgebungsverfahren wird von einer „inhaltlichen Kontrollmöglichkeit“ gesprochen und auf die Markterfordernisse abgestellt, vgl. BR-Drucks. 755/2/03, S. 11.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
des § 23 Abs. 6 S. 2 TKG spielt dagegen naturgemäß nur bei Fragen der Änderung eine Rolle. Hinzu kommt, dass aus Gründen der Verfahrensökonomie den Nachfragern bereits im Rahmen des Anhörungsverfahrens die Möglichkeit gegeben werden muss, auch zu den Bedingungen des Standardangebots Stellung zu nehmen. Dies wird von der BNetzA in der Praxis auch so gehandhabt. Nur so wird die BNetzA in die Lage versetzt, ein nachfragegerechtes Standardangebot zu erarbeiten und etwaige Anordnungsverfahren nach § 25 TKG zu vermeiden. Eine Anhörung zu den Bedingungen kann freilich auch noch in einem späteren Verfahrensstadium durchgeführt werden. Jedenfalls bleibt es den Nachfragern unbenommen, im Verfahren nach § 23 Abs. 2 TKG auch zu den von ihnen gewünschten Bedingungen Stellung zu nehmen. Die entsprechenden Stellungnahmen muss die BNetzA im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes berücksichtigen. Hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Anforderungen kann auf das in § 12 Abs. 1 TKG geregelte Konsultationsverfahren zurückgegriffen werden. Auch im Rahmen des § 23 Abs. 2 TKG empfiehlt es sich, den Parteien eine Frist zur Stellungnahme zu setzen, um das Überprüfungsverfahren nicht unnötig zu verzögern. Die Fristbemessung muss einerseits eine qualifizierte Stellungnahme zu der jeweiligen Zugangsleistung und den begehrten Bedingungen zulassen, sollte aber andererseits eine unnötige Verzögerung bei der Erstellung des Standardangebots vermeiden1 und die in § 23 Abs. 3 S. 1 TKG vorgesehene Entscheidungsfrist der BNetzA von vier Monaten berücksichtigen. Das Ergebnis der Anhörung mündet dann in Entscheidungen und Maßnahmen der BNetzA, die nach § 23 Abs. 3 TKG zu treffen sind.
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7.5.4.2 Festlegung von Zugangsleistungen und Vorlagepflicht für Standardangebot (§ 23 Abs. 3 TKG) Die Bestimmungen des § 23 Abs. 3 TKG regeln im Einzelnen die Festlegung der Zugangsleistungen durch die BNetzA, für die eine allgemeine Nachfrage nach § 23 Abs. 2 TKG festgestellt wurde, und enthält Vorschriften bezüglich der Aufforderung zur Vorlage eines entsprechenden Standardangebots an das verpflichtete Unternehmen. In Übereinstimmung mit der neuen Fassung des § 23 Abs. 2 TKG gelten diese Vorschriften sowohl für den Fall, dass trotz Auferlegung der Verpflichtung zum Standardangebot kein Standardangebot vorgelegt worden ist, als auch für den Fall, dass der Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht (das verpflichtete Unternehmen) ein nur unzureichendes (siehe oben Rz. 423) Standardangebot vorgelegt hat.
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7.5.4.2.1 Zugangsleistungen für die eine allgemeine Nachfrage besteht Nach Abschluss des Anhörungsverfahrens legt die BNetzA gemäß § 23 Abs. 3 TKG unter Berücksichtigung der eingegangenen Stellungnahmen die _______________
1 Ebenso: Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 23 Rz. 24 f.
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Zugangsleistungen fest, die der Betreiber als Standardangebot anbieten muss. Nicht erforderlich ist dabei, dass die im Rahmen von § 23 Abs. 2 TKG ermittelten Zugangsleistungen, für die eine allgemeine Nachfrage besteht, bereits mittels einer Zugangsgewährungsverpflichtung nach § 21 TKG auferlegt wurden. Durch die aufgrund des TKG-Änderungsgesetzes erfolgten Anpassung des § 23 Abs. 1 TKG wird unmissverständlich klargestellt, dass ein Standardangebot auch dann verlangt und auferlegt werden kann, wenn zuvor keine entsprechende Zugangsgewährungsverpflichtung auferlegt wurde1. Zudem sieht § 23 Abs. 1 S. 1 TKG nunmehr vor, dass die BNetzA innerhalb einer Regelfrist von vier Monaten die mittels Standardangebot anzubietenden Zugangsleistungen festlegen soll. Hierdurch soll das Verfahren zur Festlegung von Standardangeboten beschleunigt werden2. Nicht ganz eindeutig ist, ab wann diese Frist zu laufen beginnt. Sinn und Zweck der Beschleunigung legen es jedoch nahe, den Fristbeginn ab Einleitung des Überprüfungsverfahrens in Form der Ermittlung der allgemeinen Nachfrage nach § 23 Abs. 2 TKG zu sehen. Die Festlegung der Zugangsleistungen erfolgt für sich genommen als feststellender Verwaltungsakt. Dabei ist es freilich denkbar, dass diese Festlegung auch immanent in der nach § 23 Abs. 3 S. 2 TKG vorgesehenen Aufforderung zur Vorlage eines entsprechenden Standardangebots enthalten ist3. 7.5.4.2.2 Aufforderung zur Vorlage eines Standardangebots 429
Mit Festlegung der als Standardangebot anzubietenden Zugangsleistungen, fordert die BNetzA den Betreiber gemäß § 23 Abs. 3 S. 2 TKG auf, innerhalb einer bestimmten Frist ein entsprechendes Standardangebot mit Bereitstellungs- und Nutzungsbedingungen einschließlich der Entgelte vorzulegen. Die Aufforderung erfolgt als Verwaltungsakt und wird mit dem Verwaltungsakt zur Feststellung einer allgemeinen Nachfrage zu verbinden sein4. Es handelt sich um eine gebundene Entscheidung, für die nicht ersichtlich ist, warum zwischen der Festlegung der Zugangsleistungen und der Aufforderung zur Vorlage des Standardangebots ein zusätzlicher Zeitraum liegen sollte. Hinsichtlich der zu setzenden Frist für die Vorlage besitzt die BNetzA Ermessen. Sie muss bei der Fristsetzung einerseits berücksichtigen, dass die Erarbeitung eines Standardangebots zeitlichen und organisatorischen Aufwand bedeutet, andererseits, dass das Standardangebot dem Markt möglichst kurzfristig zur Verfügung steht. Ob in diesem Zusammenhang _______________
1 BT-Drucks. 16/2581, S. 23. 2 BT-Drucks. 16/3635, S. 48. 3 So ist wohl BNetzA, Beschl. v. 4.4.2007 – BK4c-05-102/S, S. 9 f. des amtlichen Umdrucks zu verstehen. 4 In der Regulierungsverfügung nach § 13 TKG werden die Festlegungen aus Marktdefinition und Marktanalyse sowie die Auferlegung von Verpflichtungen auch in einem Verwaltungsakt vorgenommen (siehe dazu G. Rz. 214). In der Praxis geschieht dies offenbar auch so: BNetzA, Beschl. v. 4.4.2007 – BK4c-05-102/S.
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die Regelveröffentlichungsfrist von drei Monaten gemäß § 23 Abs. 1 TKG als Anhaltspunkt herangezogen werden kann, bleibt fraglich, wird aber in der Literatur vertreten1. Dies mag im Sinne einer Maximalfrist möglich sein. Da das verpflichtete Unternehmen aber bereits nach § 23 Abs. 1 TKG verpflichtet war und ist, ein zureichendes Angebot vorzulegen, kommt eher eine kürzere Frist in Betracht, etwa von einem Monat2. Denn diese Frist wendet die BNetzA auch bei der Auferlegung an, wenn Verträge bzw. diesbezügliche Pflichten schon vorher bestanden3. In Abhängigkeit davon, ob und in welchem Umfang die BNetzA bestimmte Bedingungen vorgibt oder aber die Bereitstellung des Standardangebots am Markt kurzfristig notwendig ist, um die Regulierungsziele des § 2 Abs. 2 TKG effektiv umzusetzen, dürfte ohnehin auch eine kürzere Fristsetzung als drei Monate möglich sein4. 7.5.4.2.3 Vorgaben zu einzelnen Bedingungen des Standardangebots Gemäß § 23 Abs. 3 S. 3 TKG kann die BNetzA die Aufforderung zudem mit bestimmten Vorgaben für einzelne Bedingungen verbinden, insbesondere in Bezug auf Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit. In rechtlicher Hinsicht handelt es sich hierbei um Inhaltsbestimmungen, die als Nebenbestimmungen im Sinne des § 36 VwVfG zu der Aufforderung zur Vorlage des Standardangebots ergehen können. Dies soll nach dem Willen des Gesetzgebers der BNetzA die Möglichkeit eröffnen, umfassende Vorgaben für Standardangebote zu machen, etwa auch hinsichtlich der Aufnahme von Vertragsstrafen5. Ob und welche Vorgaben die BNetzA macht, steht in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Hinsichtlich der Begriffe Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit kann für die beiden Erstgenannten zunächst auf die Ausführungen zu § 19 TKG verwiesen werden (siehe oben Rz. 153 ff.). Auch die BNetzA6 sieht im Gebot der Billigkeit einen Maßstab, der angemessene Bedingungen mit Blick auf die Interessen der Wettbewerber an funktionsfähigem Wettbewerb im Ausgleich mit schützenswerten Interessen des verpflichteten Unternehmens fordert, und im Gebot der Chancengleichheit ein Maßstab zur Erlangung gleicher Ausgangsbedingungen für die Wettbewerber. Allerdings gehen die Möglichkeiten der BNetzA hier über den Verbotsmaßstab des § 19 TKG hinaus. Denn es geht hier nicht nur darum, etwaige Bedingungen zu streichen oder zu ändern, die diesen _______________
1 BerlKommTKG/Thomaschki, § 23 Rz. 42; Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 23 Rz. 29. 2 Im Ergebnis ebenso: BNetzA, Beschl. v. 4.4.2007 – BK4c-05-102/S. 3 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), BNetzA Mitteilung Nr. 83/ 2005, ABl. Nr. 7/2005; BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005. 4 Vgl. Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 23 Rz. 29. 5 BT-Drucks. 15/2316, S. 66. 6 BNetzA, Beschl. v. 4.4.2007 – BK4c-05-102/S, S. 9 des amtlichen Umdrucks.
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H Rz. 431
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Geboten nicht entsprechen. Vielmehr können auch Regelungen vorgegeben werden, um diesen Geboten mit Blick auf die in Anspruch zu nehmenden Zugangsleistungen Ausdruck zu verleihen. Hinzu kommt, dass sich die Vorgabemöglichkeiten auch nicht in den genannten Geboten erschöpfen. Vielmehr kann die BNetzA die vom Gesetzgeber intendierte umfassende Prüfung vornehmen und dabei etwa zusätzlich der Kriterien der besonderen Missbrauchsaufsicht des § 42 TKG oder sonstige gesetzliche Regelungen heranziehen1. Denn wenn schon Vorgaben hinsichtlich Chancengleichheit und Billigkeit getroffen werden dürfen, dann erst recht mit Blick auf gesetzliche Verbote. Ob die BNetzA dabei allerdings auch eine AGB-rechtliche Kontrolle anhand der §§ 305–310 BGB vornimmt, bleibt ihrem Ermessen überlassen. Der Begriff Rechtzeitigkeit betrifft dagegen insbesondere die rechtzeitige Bereitstellung der Leistungen, um den Vertagspartnern eine effektive Tätigkeit am Markt zu ermöglichen2. Im Rahmen des Standardangebots kann die BNetzA daher auch Vorgaben zu Bereitstellungsfristen, Planungsabsprachen und Vertragsstrafen treffen3. 7.5.4.2.4 Inhaltliche Anforderungen an das Standardangebot 431
Das vom verpflichteten Unternehmen danach vorzulegende Standardangebot muss nach § 23 Abs. 3 S. 4 TKG so umfassend sein, dass es von einzelnen Nachfragern ohne weitere Verhandlungen angenommen werden kann. Mit dieser Formulierung wird ersichtlich nicht auf den Rechtsbindungscharakter des Standardangebots abgestellt, sondern sie bezieht sich allein auf die inhaltliche Vollständigkeit des Standardangebots4. Erforderlich ist, dass alle für die Inanspruchnahme der Zugangsleistung wesentlichen Vertragbestandteile im Sinne von „essentialia negotii“ (siehe oben Rz. 105) enthalten sind, so dass die nachfragende Partei das Standardangebot ohne weitere Verhandlungen nur noch anzunehmen braucht. Regelungsbedürftig sind demnach Bestandteile, die üblicherweise in eine Zugangsvereinbarung aufgenommen werden. Dies umfasst typischerweise die allgemeinen und besonderen Vertragsbedingungen, die Leistungsbeschreibung, Verfahrensregelungen und auch die Entgelte5. Im Einzelnen zählen hierzu Regelungen über Kündigungsfristen, Sicherheitsleistungen, Bereitstellungsfristen, Bestellverfahren, Entstörung etc.6 (näher zu den typischen Inhalten unten Rz. 537 ff.). Das Standardangebot muss so umfassend sein, dass ein Einigungsmangel i. S. d. §§ 154, 155 BGB von vorneherein ausscheidet.
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1 2 3 4 5 6
Ebenso: BNetzA, Beschl. v. 4.4.2007 – BK4c-05-102/S, S. 9 des amtlichen Umdrucks. Ebenso: BNetzA, Beschl. v. 4.4.2007 – BK4c-05-102/S, S. 9 des amtlichen Umdrucks. Ebenso: Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 23 Rz. 32 i. V. m. § 19 Rz. 100. So auch Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 23 Rz. 34. Ebenso: BNetzA, Beschl. v. 4.4.2007 – BK4c-05-102/S, S. 9 des amtlichen Umdrucks. BerlKommTKG/Thomaschki, § 23 Rz. 43.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 434 H
7.5.4.2.5 Rechtsfolgen Die Rechtsfolge aus dem Vorgehen der BNetzA nach § 23 Abs. 3 TKG ist, dass das verpflichtete Unternehmen nunmehr ein Standardangebot vorlegen muss, das den anhand der Maßnahmen aus § 23 Abs. 3 TKG (Festlegung der Zugangsleistungen, ggf. inhaltliche Vorgaben und Aufforderung zur Vorlage innerhalb der gesetzten Frist) getroffenen Vorgaben entspricht. Das verpflichtete Unternehmen hat damit erneut eine eigene Abhilfemöglichkeit, indem nunmehr die Mängel, die zu einem fehlenden oder unzureichenden Angebot geführt haben, abzustellen sind.
432
7.5.4.3 Überprüfung und Festlegung des Standardangebots (§ 23 Abs. 4 TKG) Die BNetzA prüft schließlich nach § 23 Abs. 4 S. 1 TKG die (infolge der Maßnahmen nach § 23 Abs. 3 TKG) vorgelegten Standardangebote und nimmt Veränderungen vor, soweit Vorgaben (aus § 23 Abs. 3 TKG) für einzelne Bedingungen, insbesondere in Bezug auf Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit nicht umgesetzt wurden. In diesem Zusammenhang wird vertreten, dass die Prüfungspflicht auch Anwendung findet, wenn der Betreiber ein Standardangebot veröffentlicht, ohne dies zuvor der BNetzA vorgelegt zu haben1. Diese Sichtweise verkennt allerdings die Systematik des § 23 TKG (siehe oben Rz. 399 f.). Die Prüfung nach § 23 Abs. 4 TKG ist kein von den Regelungen in den Absätzen 2 und 3 losgelöstes Verfahren, sondern deren Folge2. Dies bedeutet, dass die BNetzA nach § 23 Abs. 1 TKG die Verpflichtung zum Standardangebot auferlegen kann, eine Überprüfung eines solchen Angebots aber nur unter den Voraussetzungen der Absätze 2–4 erfolgt, d. h. wenn ein Angebot gar nicht vorgelegt wird oder unzureichend ist. Im letztgenannten Fall hat die BNetzA einen wenn auch eingeschränkten Beurteilungsspielraum (siehe oben Rz. 422 f.).
433
Stellt die BNetzA aufgrund ihrer Prüfung fest, dass Vorgaben für einzelne Bedingungen nicht umgesetzt wurden, ist sie im Sinne einer gebundenen Entscheidung verpflichtet, Veränderungen vorzunehmen. Hinsichtlich des Wortlauts „soweit Vorgaben für einzelne Bedingungen (…) nicht umgesetzt wurden“ wird dabei vertreten, dass daraus nicht geschlossen werden könne, der Überprüfungsmaßstab beziehe sich nur auf Bedingungen, welche die BNetzA im Rahmen der Maßnahmen nach § 23 Abs. 3 TKG vorgegeben habe3. Zwar erscheint es misslich, dass sich der Wortlaut der Prüfungskompetenz darauf beschränkt, was zuvor vorgegeben worden ist. Andererseits hat die BNetzA nach § 23 Abs. 3 TKG (auch bei unzureichenden) Angeboten eine umfassende Kontroll- und Vorgabemöglichkeit, die sich schon dort
434
_______________
1 Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 23 Rz. 37 f. 2 Wie hier auch die Praxis der BNetzA, Beschl. v. 4.4.2007 – BK4c-05-102/S, S. 8 f. des amtlichen Umdrucks. 3 BerlKommTKG/Thomaschki, § 23 Rz. 55.
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Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
auch auf andere gesetzliche Gebote bezieht (siehe oben Rz. 430). Es ist daher kein Grund ersichtlich, den Prüfungsauftrag in § 23 Abs. 4 TKG zu erweitern1. Dies gilt umso mehr, als mittels dieser Regelung das Angebot finalisiert werden soll. Denn die Vorgaben der BNetzA nach § 23 Abs. 3 S. 3 TKG dienen dem Zweck, das Standardangebot so umfassend zu gestalten bzw. vorzugeben, dass es von den einzelnen Nachfragern ohne weitere Verhandlungen angenommen werden kann. Die unterschiedlichen Auffassungen zu § 23 Abs. 4 TKG sind möglicherweise auch darin begründet, dass vor den Änderungen durch das TKG-Änderungsgesetz nicht klar war, an welcher Stelle des Verfahrens der Einstieg in die Überprüfung nach § 23 Abs. 4 TKG erfolgt, d. h. ob eine Überprüfung auch selbständig auf Basis dieser Regelung erfolgen kann und soll. Da nunmehr aber § 23 Abs. 2 TKG das nicht vorgelegte wie auch das unzureichende Standardangebot gleichermaßen erfasst, dürfte klargestellt sein, dass der Weg immer über § 23 Abs. 2 TKG erfolgt. 435
Die Abfolge der inhaltlichen Gestaltung bzw. der inhaltlichen Vorgaben für und die Prüfung des im Überprüfungsverfahren vorgelegten Standardangebots nach § 23 Abs. 3 und 4 TKG muss allerdings nicht bedeuten, dass die BNetzA beide Einzelschritte verfahrensseitig strikt voneinander trennen müsste. Denn sofern bereits bei Einleitung des Überprüfungsverfahrens nach § 23 Abs. 2 TKG ein unzureichendes Angebot vorgelegt worden ist, findet praktisch die Überprüfung dieses Angebots bereits im Rahmen des Verfahrensschritts nach § 23 Abs. 3 TKG statt. Ohne auch dort erfolgende Prüfung lassen sich letztlich keine Vorgaben machen, die dann vom verpflichteten Unternehmen umzusetzen wären und deren Umsetzung dann anhand von § 23 Abs. 4 TKG geprüft wird. 7.5.4.3.1 Vornahme von Veränderungen
436
Die Regelung in § 23 Abs. 4 S. 1 TKG ermächtigt die BNetzA, Veränderungen am Standardangebot vorzunehmen, soweit Vorgaben für einzelne Bedingungen, insbesondere in Bezug auf Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit nicht umgesetzt wurden. Das Gesetz geht hier davon aus, dass infolge der Aufforderung nach § 23 Abs. 3 S. 2 TKG ein den dortigen Vorgaben entsprechendes Standardangebot (nunmehr) vorgelegt worden ist. Daher ist es folgerichtig, dass die BNetzA nunmehr den Vertragstext prüft und ledig_______________
1 Anders BerlKommTKG/Thomaschki, § 23 TKG, Rz. 58 ff.; hilfsweise schlägt Thomaschki einen Umweg über § 23 Abs. 3 S. 5 vor: Die BNetzA müsste danach zunächst feststellen, dass das Standardangebot unzureichend ist. Sodann kann sie sich das Angebot vom Betreiber nach Abs. 3 S. 2 vorlegen lassen, um anschließend gemäß Abs. 3 S. 3 entsprechende Anpassungen vornehmen zu können. Ob dies aus verfahrensökonomischen Gründen vom Gesetzgeber gewollt war, mag dahinstehen. Jedenfalls handelt es sich um einen gangbaren Weg, der allerdings infolge der Änderung des § 23 Abs. 3 TKG überflüssig erscheint, weil er nunmehr im Gesetz selbst vorgesehen ist.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 438 H
lich dort Veränderungen, d. h. Streichungen, Änderungen oder Ergänzungen, vornimmt, wo die Vorgaben nicht umgesetzt worden sind. Hier soll also die BNetzA ggf. vertragsgestalterisch tätig sein und das „Produkt“ Standardangebot finalisieren. Etwaige Veränderungen wird die BNetzA dabei wie zuvor die Maßnahmen nach § 23 Abs. 3 TKG in Form eines Verwaltungsakts vornehmen. Dies folgt aus der Regelung in § 23 Abs. 4 S. 4 TKG, welche das gesamte Vorgehen der BNetzA nach § 23 Abs. 3 und 4 TKG als angreifbare „Entscheidungen“ bezeichnet. 7.5.4.3.2 Mindestlaufzeit Unabhängig von etwaigen Veränderungen versieht die BNetzA gemäß § 23 Abs. 4 S. 2 TKG das Standardangebot in der Regel mit einer Mindestlaufzeit. Der Begriff der Mindestlaufzeit bezieht sich auf die Zeit, die ein Standardangebot mindestens für die Nachfrager erhalten bleiben muss1. Weitere Angaben über die Länge der Laufzeit enthält die Vorschrift nicht. Als Umkehrschluss aus dem Wortlaut ergibt sich lediglich, dass das Angebot auch über den festgelegten Mindestzeitraum hinaus aufrechterhalten werden kann. Bei der Festlegung der Mindestlaufzeit ist einerseits die Regelung des § 23 Abs. 6 TKG zu berücksichtigten, die Vorschriften zur Änderung des Standardangebots während der Mindestlaufzeit enthält, andererseits der Gesichtspunkt der Rechts- und Planungssicherheit für die nachfragenden Unternehmen. Da Änderungen demnach auch später noch vorgenommen werden können, sollte die Mindestlaufzeit nicht zu kurz bemessen sein. In Anlehnung an § 14 Abs. 2 TKG wird vorgeschlagen, die regelmäßige Mindestlaufzeit mit zwei Jahren anzusetzen2. Dies erscheint interessengerecht.
437
Ob die Behörde eine Mindestvertragslaufzeit direkt anordnen oder aber den Betreiber nur verpflichten kann, sein Standardangebot mit einer Mindestvertragslaufzeit zu versehen, ist umstritten3. Für eine direkte Anordnung einer Mindestlaufzeit durch die BNetzA spricht zunächst der Wortlaut, wonach die BNetzA das Standardangebot in der Regel mit einer Mindestlaufzeit versieht. Diese Regelung macht allerdings dann keinen Sinn, wenn der Betreiber freiwillig eine Mindestlaufzeit vorsieht und die BNetzA diese für angemessen hält. In dieser Situation wäre die erneute oder wiederholende Anordnung einer identischen Mindestlaufzeit durch die BNetzA womöglich eine überflüssige Förmelei. Andererseits soll durch die Mindestlaufzeit für alle Marktteilnehmer Transparenz geschaffen und zugleich das verpflichtete Unternehmen auf einen Zeitraum festgelegt werden. Dies ist auch deswegen notwendig, weil weitere Rechtsfolge der Mindestlaufzeit ist, dass das verpflichtete Unternehmen drei Monate vor deren Ablauf beab-
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1 BT-Drucks. 15/2316, S. 66. 2 Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 23 Rz. 43. 3 Für die Anordnung BerlKommTKG/Thomaschki, § 23 Rz. 65 ff.; für die Verpflichtung Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 23 Rz. 43.
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Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
sichtigte Änderungen oder dessen Einstellung anzeigen muss (§ 23 Abs. 4 S. 3 TKG). Daher bleibt es notwendig, dass die BNetzA über die Mindestlaufzeit entscheidet und diese damit mittels Verwaltungsakt „anordnet“. Allerdings muss die BNetzA nicht immer eine Mindestlaufzeit anordnen („in der Regel“), ihr Ermessen ist aber beschränkt. 439
Schließlich führt dies aber nicht dazu, dass damit einschließlich etwaiger Veränderungen am Standardangebot die BNetzA selbst ein gegenüber allen Marktteilnehmern geltendes Standardangebot einschließlich dessen Mindestlaufzeit anordnet. Vielmehr ordnet die BNetzA diese Inhalte gegenüber dem verpflichteten Unternehmen an, das wiederum aufgrund der Auferlegung nach § 23 Abs. 1 TKG sowie nach § 23 Abs. 7 TKG zur Umsetzung verpflichtet ist. Die Verpflichtungswirkung der Entscheidungen bzw. Anordnungen nach § 23 Abs. 4 TKG entsteht daher nur im Zusammenspiel mit diesen Regelungen. 7.5.4.4 Rechtsfolgen und Entgeltregulierung
440
Mit den Entscheidungen der BNetzA nach § 23 Abs. 4 TKG wird das Überprüfungsverfahren zum Standardangebot beendet. Die BNetzA hat dem verpflichteten Unternehmen per Verwaltungsakt etwaige Änderungen zum Standardangebot sowie dessen Mindestlaufzeit mitgeteilt. Dieses ist nunmehr, wie bereits ausgeführt, aufgrund der Auferlegung nach § 23 Abs. 1 TKG sowie nach § 23 Abs. 7 TKG zur Umsetzung verpflichtet, d. h. das Standardangebot (erneut) zu veröffentlichen und dieses in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzunehmen (siehe oben Rz. 407 ff.). Allerdings stellt sich die Frage, ob das verpflichtete Unternehmen hierfür erneut einen Umsetzungszeitraum in Anspruch nehmen kann. Dies ist abzulehnen, weil sämtliche Umsetzungszeiträume, die in § 23 Abs. 1 und § 23 Abs. 3 S. 2 TKG vorgesehen waren, abgelaufen sind. Daraus folgt, dass seitens des verpflichteten Unternehmens nunmehr eine unverzügliche Umsetzung zu erfolgen hat. 7.5.4.4.1 Änderung/Einstellung des Standardangebots
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Besondere Folge der etwaigen Anordnung der Mindestlaufzeit nach § 23 Abs. 4 S. 2 TKG ist, dass das verpflichtete Unternehmen gemäß § 23 Abs. 4 S. 3 TKG beabsichtigte Änderungen oder eine Einstellung des Standardangebots drei Monate vor Ablauf der Mindestlaufzeit gegenüber der BNetzA anzeigen muss. Hieraus ergibt sich zunächst, dass das verpflichtete Unternehmen zwar grundsätzlich zu einer Änderung und/oder Einstellung des Standardangebots berechtigt ist. Dies ist allerdings nur unter den folgenden zwei Voraussetzungen zulässig: erstens muss die Mindestlaufzeit abgelaufen und zweitens muss die geplante Änderung bzw. Einstellung der BNetzA rechtzeitig angezeigt worden sein. Eine Änderung oder Einstellung des Standardangebots während der Mindestvertraglaufzeit ist wegen deren 962 | Heun
Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 443 H
Anordnung durch die BNetzA demgegenüber ausgeschlossen. Dennoch erfolgende einseitige Änderungen durch das verpflichtete Unternehmen sind zivilrechtlich unwirksam1. Eine Änderung während der Mindestlaufzeit kann nur durch die BNetzA bei einer wesentlichen Änderung der allgemeinen Nachfrage nach § 23 Abs. 6 TKG (hierzu nachfolgend Rz. 458 ff.) oder aufgrund der §§ 48, 49 VwVfG, die subsidiär anwendbar sind, vorgenommen werden. Nicht ausgeschlossen ist dabei, dass die BNetzA auf Anregung des verpflichteten Unternehmens oder der Nachfrager tätig wird. Dem Wortlaut von § 23 Abs. 4 S. 3 TKG lässt sich nur entnehmen, dass die Anzeige drei Monate vor Ablauf der Mindestvertraglaufzeit erfolgen muss. Dies greift zu kurz. Denn das Standardangebot kann vom verpflichteten Unternehmen auch über diese Mindestlaufzeit hinaus aufrecht erhalten werden. Dieser Umstand hat im Gesetz keine hinreichende Berücksichtigung gefunden. Denn nach Ablauf der Mindestlaufzeit wäre das verpflichtete Unternehmen ohne weitere Anzeigepflicht gegenüber der BNetzA sofort berechtigt, das Standardangebot zu ändern. Die Einstellung käme dagegen wegen der nach § 23 Abs. 1 TKG auferlegten und nach wie vor geltenden Verpflichtung nicht in Betracht. Die BNetzA hingegen müsste daher jedenfalls bei Änderungen das Überprüfungsverfahren nach § 23 Abs. 2 bis 4 TKG nachträglich durchführen, falls sie das Standardangebot nicht rechtzeitig verlängert hätte. Vor diesem Hintergrund spricht einiges dafür, dass Änderungen nicht nur mit einer Frist von drei Monaten zum Ende der Mindestlaufzeit anzuzeigen sind, sondern auch nach Verstreichen der Mindestlaufzeit eine Anzeigefrist von drei Monaten für Änderungen einzuhalten ist. Gleiches wäre auch für geplante Einstellungen sinnvoll, damit Gelegenheit besteht, die Auferlegung nach § 23 Abs. 1 TKG zu überprüfen. Hierdurch erhielte die BNetzA auch ausreichend Zeit für eine Überprüfung der beabsichtigten Änderung bzw. Einstellung des Standardangebots. Diese Frist korrespondiert zudem mit der Regelfrist von drei Monaten für die Veröffentlichung nach § 23 Abs. 1 TKG. Die Bestimmung in § 23 Abs. 4 S. 3 TKG ist somit dahingehend auszulegen, dass eine Änderung oder Einstellung bei angeordneten Standardangeboten grundsätzlich drei Monate im Voraus anzuzeigen ist. Zudem kann die Änderung oder Einstellung nicht vor Ablauf der Mindestlaufzeit und – soweit die Mindestlaufzeit bereits abgelaufen ist – nicht vor Ablauf der Anzeigefrist vorgenommen, d. h. wirksam werden2. Die BNetzA erhält hierdurch ausreichend Zeit, um auf eine geplante Änderung bzw. Einstellung reagieren zu können.
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Im Fall einer entsprechenden Anzeige durch das verpflichtete Unternehmen hat die BNetzA zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Festlegung eines Standardangebots noch vorliegen. Ist dies der Fall und liegen die Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 TKG vor, beginnt das Überprüfungsverfahren erneut,
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1 Siehe Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 23 Rz. 54. 2 BerlKommTKG/Thomaschki, § 23 Rz. 71.
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Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
bevor die Änderungen wirksam werden können. Anderenfalls findet entweder kein Überprüfungsverfahren nach § 23 Abs. 2–4 TKG statt oder die Verpflichtung nach § 23 Abs. 1 TKG wird aufgehoben bzw. widerrufen. Mangels Spezialregelung in § 13 TKG würde dieser Widerruf nach § 49 VwVfG erfolgen. Dies gilt auch dann, wenn die Verpflichtung zum Standardangebot in einer Regulierungsverfügung nach § 13 TKG auferlegt worden ist. 7.5.4.4.2 Entgeltregulierung 444
Da das Standardangebot gemäß § 23 Abs. 3 S. 2 TKG auch die Entgelte zu enthalten hat, trifft § 23 Abs. 4 S. 5 TKG eine Regelung hinsichtlich der Regulierung dieser Entgelte. Dort ist bestimmt, dass für die Regulierung der Entgelte die §§ 27 bis 37 TKG gelten. Auffallend ist dabei, dass § 38 TKG nicht von dem Verweis erfasst wird. Hieraus kann allerdings nicht geschlossen werden, dass eine nachträgliche Entgeltregulierung für die Entgelte des Standardangebots ausscheidet. Denn anderenfalls würden die Ausnahmen des § 30 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 TKG, wonach gemäß § 21 TKG auferlegte und nicht auferlegte Zugangsleistungen einer nachträglichen Entgeltregulierung unterliegen können, leer laufen. Bei der fehlenden Verweisung auf § 38 TKG kann es sich daher nur um ein Versehen des Gesetzgebers handeln. Es ist folglich davon auszugehen, dass der Verweis die Entgeltregulierungsvorschriften der §§ 27 bis 38 TKG insgesamt umfasst1. Bei dem Verweis handelt es sich um eine Rechtsgrundverweisung. Demnach ist anhand der Vorschriften zur Entgeltregulierung und deren Tatbestandsvoraussetzungen zu ermitteln, welches Verfahren der Entgeltregulierung bei der Überprüfung der Entgelte des Standardangebots anzuwenden ist2. Im Fall einer nachträglichen Entgeltregulierung ist im Regelfall keine gesonderte Überprüfung der Entgelte in Standardangeboten erforderlich. Dies ist lediglich dann notwendig, wenn Anhaltspunkte für eine solche Überprüfung vorliegen3. Sind die Entgelte gemäß § 30 Abs. 1 TKG genehmigungspflichtig, richtet sich das Verfahren der Entgeltgenehmigung insbesondere nach § 31 TKG. Entgeltmaßstab sind dann die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung. Nicht erforderlich ist, dass das Entgeltverfahren vor Veröffentlichung des Standardangebots abgeschlossen wird. Die Entgeltgenehmigung wirkt gemäß § 35 Abs. 5 TKG in der Regel auf den Zeitpunkt der erstmaligen Leistungsbereitstellung zurück. Ein Abschluss des Standardvertrages ist daher auch schon vor Erteilung der Entgeltgenehmigung möglich.
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1 Ebenso BerlKommTKG/Thomaschki, § 23 Rz. 75; Beck TKGKomm/Piepenbrock/ Attendorn, § 23 Rz. 60. 2 Im Ergebnis wohl ebenso: VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 71 ff. über www justiz.nrw.de. 3 BerlKommTKG/Thomaschki, § 23 Rz. 75.
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Rz. 447 H
7.5.4.5 Rechtsschutz und Durchsetzung der Anordnung Da das Überprüfungsverfahren des § 23 Abs. 2–4 TKG ein der Auferlegung nach § 23 Abs. 1 TKG nachgelagertes Verfahren ist, stellt sich auch hier die Frage nach Durchsetzung und Rechtsschutz. In Bezug auf die Durchsetzung ist zunächst festzustellen, dass ein Verstoß gegen die Aufforderung zur Vorlage eines zureichenden und umfassenden Standardangebots nach § 23 Abs. 3 S. 2 TKG gemäß § 149 Abs. 1 Nr. 4 lit. a) TKG bußgeldbewehrt ist. Dies ist auch folgerichtig, weil aufgrund der Aufforderung mit den dort getroffenen Vorgaben die BNetzA dem verpflichteten Unternehmen genau mitgeteilt hat, was vorzulegen ist. Diese Situation ist vergleichbar mit derjenigen nach § 20 TKG (siehe oben Rz. 219 ff.). Der Verstoß kann mit einer Geldbuße bis zu 500.000,00 Euro geahndet werden. Nach § 149 Abs. 2 S. 2, 3 TKG soll die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil, der durch die begangene Ordnungswidrigkeit erzielt worden ist, übersteigen; wird dieses Ziel nicht mit den vorgesehenen 500.000,00 Euro erreicht, kann die Summe überschritten werden. Wie bei Verstößen gegen die auferlegte Verpflichtung zum Standardangebot (siehe oben Rz. 415), ist die Vorteilsabschöpfung durch die BNetzA nach § 43 TKG (dazu unten Rz. 698 ff.) hier nicht möglich. Ein Verstoß gegen die Vorlageverpflichtung kann aber bei konkreter Nachfrage und Abrechnung zugleich auch ein Verstoß gegen das Missbrauchsverbot des § 42 TKG bedeuten.
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Was den Rechtsschutz der Nachfrager bzw. der aus § 23 TKG „berechtigten Unternehmen“ zur Einleitung und Durchführung eines Überprüfungsverfahrens, einschließlich Vorgaben, Überprüfung und „Anordnung“ des Standardangebots anbetrifft, ist kein Unterscheid zur Auferlegungssituation zu sehen (siehe oben Rz. 412 f.). Daher kommt hier mangels drittschützender Wirkung kein Rechtsschutz in Betracht.
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In Bezug auf den Adressaten der Entscheidungen nach § 23 Abs. 3 und 4 TKG ist eine Besonderheit zu beachten, die sich auch an anderen Stellen des TKG findet (§§ 13 Abs. 3, 25 Abs. 6 S. 3 TKG). Gemäß § 23 Abs. 4 S. 4 TKG können die Entscheidungen nach Absatz 3 und Absatz 4 S. 1 und 2 nur insgesamt angegriffen werden. Dies bedeutet, dass die Festlegung der Zugangsleistungen nach Absatz 3 S. 1, die Aufforderung zur Vorlage eines entsprechenden Angebots nach Absatz 3 S. 2 sowie die Anordnung von bestimmten Vorgaben durch die BNetzA nach Absatz 3 S. 3 nicht unabhängig bzw. isoliert von den in Absatz 4 vorgesehenen Entscheidungen angefochten werden können, nämlich etwaige Änderungen nach Absatz 4 S. 1 sowie Festlegung der Mindestlaufzeit nach Absatz 4 S. 2. Problematisch daran ist, dass jedenfalls die Anordnung von Veränderungen nach Absatz 4 S. 1 nicht zwingend erforderlich ist, wenn nämlich das vorgelegte Angebot den zuvor getroffenen Vorgaben entspricht. Allerdings bleibt es grundsätzlich bei der Anordnung der Mindestlaufzeit nach Absatz 4 S. 2 (siehe oben Rz. 438). Sollte auch diese ausnahmsweise unterbleiben, wird vorgeschlagen, dass die BNetzA im Rahmen des Absatz 4 eine feststellende Entscheidung des In-
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halts trifft, eine Veränderung des Standardangebots sowie eine Mindestlaufzeit sei nicht notwendig; formal wären dann die Voraussetzungen für eine Anfechtung der Entscheidungen insgesamt gegeben1. Dieser Sichtweise ist zuzustimmen, zumal das Verfahren nach den § 23 Abs. 2–4 TKG auch einen förmlichen Abschluss durch Verwaltungsakt erfordert. 448
Mit Blick auf die Gewährung effektiven Rechtschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) unterliegt die Regelung dennoch erheblichen rechtlichen Bedenken. Denn die eigentlichen inhaltlichen Vorgaben für das Standardangebot werden nach § 23 Abs. 3 TKG getroffen, ebenso wie die bußgeldbewehrte Aufforderung zur Vorlage des Standardangebots entsprechend dieser Vorgaben. Das VG Köln hat den vergleichbaren Konflikt in § 25 Abs. 6 S. 3 TKG dahingehend gelöst, dass bei verfassungskonformer Auslegung der dortigen Bestimmung der erste Teilakt solange in der Vollziehung gehemmt sei, bis der zweite Teilakt ergangen ist2. Dies kommt hier allerdings nicht in Frage, weil der zweite Teilakt in Form der Prüfung des vorgelegten Standardangebots und der Anordnung einer Mindestlaufzeit überhaupt erst dann erfolgen kann, wenn der erste Teilakt, nämlich Vorlage des verlangten Standardangebots, auch tatsächlich vollzogen ist. Es sprechen daher einige Gründe dafür, zumindest eine isolierte Anfechtung der Maßnahmen nach § 23 Abs. 3 S. 2 TKG (Aufforderung zur Vorlage eines Standardangebots) entgegen dem Wortlaut der Regelung des § 23 Abs. 4 S. 4 TKG als zulässig zu erachten3. Allerdings begegnet auch dies Bedenken. Denn jedenfalls bei gänzlicher Nichtvorlage eines Standardangebots oder bei offensichtlich unzureichenden, sozusagen pro forma vorgelegten Standardangeboten aufgrund der Auferlegung nach § 23 Abs. 1 TKG kann es dem verpflichteten Unternehmen nicht gestattet werden, die Vorlage und damit die infolge der Maßnahmen nach § 23 Abs. 4 TKG vorzunehmende Veröffentlichung des Standardangebots noch weiter zu verzögern. Nur so kann das Ziel, dem Markt möglichst schnell ein Standardangebot zur Verfügung zu stellen, erreicht werden. Dies wird gerade dadurch verdeutlich, dass der Verstoß gegen die Aufforderung nach § 23 Abs. 3 S. 2 TKG eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Die widerstreitenden Interessen sind daher so zu bewerten, dass keine gegen den Wortlaut gerichtete Auslegung von § 23 Abs. 4 S. 4 TKG angezeigt ist, sondern das Interesse an einem veröffentlichten Standardangebot Vorrang vor den Rechtsschutzinteressen des verpflichteten Unternehmens besitzt.
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Dementsprechend ist das verpflichtete Unternehmen darauf verwiesen, erst die Maßnahmen auch § 23 Abs. 4 TKG abzuwarten, bevor eine Anfechtung erfolgt. Die Anfechtung kann dann freilich im Wege der Teilanfechtung erfolgen und sich etwa auch auf einzelne, nach § 23 Abs. 3 S. 3 TKG getroffene Vorgaben beschränken. _______________
1 Siehe BerlKommTKG/Thomaschki, § 23 Rz. 73. 2 VG Köln, Beschl. v. 8.12.2004 – 1 L 2921/04, S. 5 f. des amtlichen Umdrucks. 3 Zur Argumentation siehe bei BerlKommTKG/Thomaschki, § 23 Rz. 74.
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Rz. 452 H
Bleibt schließlich die Frage, wie die Umsetzung des „angeordneten“ Standardangebots durch das verpflichtete Unternehmen erfolgt und ggf. durchzusetzen ist. Dies betrifft vier Aspekte bzw. (weitere) Verpflichtungen: –
Veröffentlichung des Standardangebots wie bereits in § 23 Abs. 1 S. 1 TKG vorgesehen.
–
Aufnahme des Standardangebots in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 23 Abs. 7 TKG.
–
Zugangsangebote nach § 22 TKG mit den Inhalten des angeordneten Standardangebots.
–
Anpassung bestehender Zugangsvereinbarungen an die Inhalte des angeordneten Standardangebots.
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In Bezug auf die beiden erstgenannten Aspekte stehen der BNetzA hierfür die Mittel des Verwaltungszwangs sowie die Maßnahmen nach § 126 TKG zur Durchsetzung zur Verfügung. Die Durchsetzung des Standardangebots in der Weise, dass es nach § 22 TKG auch angeboten wird (siehe auch Rz. 528), ist eine Frage der Durchsetzung von § 22 TKG (siehe unten Rz. 536), die sich über die Zugangsanordnung nach § 25 TKG ergibt (siehe unten Rz. 588 ff.). Für die Frage der Anpassung bestehender Zugangsvereinbarungen kommen das Zugangsanordnungsverfahren nach § 25 TKG oder subsidiär das Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG in Frage (zu dieser Abgrenzungsfrage unten Rz. 585). Daneben sind wiederum das Missbrauchsverfahren nach § 42 TKG denkbar, sowie zivilrechtliche Ansprüche aus § 44 TKG. 7.5.5 Auferlegung der Verpflichtung zum Standardangebot nach Zugangsvereinbarung oder Zugangsanordnung (§ 23 Abs. 5 TKG) Neben der (erstmaligen) Auferlegung der Verpflichtung zum Standardangebot kann die BNetzA nach § 23 Abs. 5 TKG auch auf bestehenden vertraglichen oder angeordneten Zugangsbedingungen aufsetzen. Sofern eine Zugangsleistung bereits Gegenstand einer Zugangsvereinbarung nach § 22 TKG ist, kann die BNetzA den Betreiber eines öffentlichen Telefonnetzes, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, verpflichten, diese Zugangsleistung als Standardangebot auch anderen Nachfragern diskriminierungsfrei anzubieten. Voraussetzung hierfür ist die Erwartung, dass für diese Zugangsleistung eine allgemeine Nachfrage entstehen wird. Dies gilt gemäß § 23 Abs. 5 S. 2 TKG auch für Zugangsleistungen, zu deren Erbringung der Betreiber im Rahmen einer Zugangsanordnung nach § 25 TKG verpflichtet worden ist.
451
Die Bestimmung in § 23 Abs. 5 TKG entspricht im Kern dem früheren § 6 Abs. 5 Netzzugangsverordnung (NZV), nach dem die Behörde Vereinbarungen, von denen zu erwarten ist, dass sie Bestandteil einer Vielzahl von Vereinbarungen sein werden, in ihrem Amtsblatt als so genanntes Grund-
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H Rz. 453
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
angebot veröffentlichen konnte. Durch § 23 Abs. 5 TKG wird der Auferlegungsspielraum der BNetzA in Bezug auf die Veröffentlichung eines Standardangebots erweitert. Die BNetzA wird in die Lage versetzt, dass verpflichtete Unternehmen nicht nur über § 19 TKG zum Angebot von diskriminierungsfreien Zugangsleistungen zu verpflichten, sondern kann dies auch über § 23 Abs. 5 TKG erreichen1. Hinsichtlich der Entscheidung, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, steht der BNetzA nach dem Wortlaut der Norm („kann“) ein Entschließungsermessen zu. Zentrale Voraussetzung ist, dass die betreffende Zugangsleistung bereits Gegenstand einer Zugangsvereinbarung nach § 22 TKG ist und dass für diese Zugangsleistung eine allgemeine Nachfrage zu erwarten ist. Das gleiche gilt gemäß Satz 2 für Zugangsleistungen, die gegenüber dem verpflichteten Unternehmen aufgrund des § 25 TKG von der BNetzA angeordnet wurden. 7.5.5.1 Zugangsvereinbarung nach § 22 TKG/Zugangsanordnung nach § 25 TKG 453
Nach § 23 Abs. 5 TKG ist ausreichend, dass eine Zugangsleistung bereits Gegenstand einer Zugangsvereinbarung nach § 22 TKG ist. Hieraus geht hervor, dass eine entsprechende Zugangsvereinbarung bereits wirksam abgeschlossen sein muss. Über die Existenz einer solchen Vereinbarung ist die BNetzA aufgrund der Meldepflicht nach § 22 Abs. 3 TKG hinreichend informiert. Nach seinem Wortlaut stellt § 23 Abs. 5 TKG allein auf Zugangsvereinbarungen nach § 22 TKG ab. Dies bedeutet, dass der jeweiligen Zugangsvereinbarung eine Zugangsgewährungsverpflichtung nach § 21 TKG zu Grunde liegen muss. Denn § 22 TKG setzt die Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung nach § 21 TKG voraus. Dies ist freilich nicht schädlich, weil § 23 Abs. 1 TKG auch die Auferlegung der Verpflichtung zum Standardangebot gestattet, ohne dass es sich dabei um nach § 21 TKG auferlegte Zugangsgewährungsverpflichtungen handelt.
454
Mit § 23 Abs. 5 S. 2 TKG wird zudem klargestellt, dass nicht nur freiwillige Zugangsvereinbarungen nach § 22 TKG Gegenstand des Standardangebots sein können, sondern auch Zugangsleistungen, zu denen die BNetzA den Betreiber im Rahmen eines Verfahrens nach § 25 TKG verpflichtet hat. Hierdurch wird das Verfahren zur Auferlegung eines Standardangebots erheblich vereinfacht. Denn die BNetzA kann auf die gemäß § 25 TKG erfolgte Zugangsanordnung einschließlich der dort getroffenen Vorgaben bei der Verpflichtung zum Standardangebot unmittelbar zurückgreifen. 7.5.5.2 Ermittlung der allgemeinen Nachfrage
455
Weitere Voraussetzung für die Verpflichtung zu einem Standardangebots gemäß § 23 Abs. 5 TKG ist die Erwartung, dass für eine bestimmte Zugangs_______________
1 Ähnlich Steinwärder, MMR 2005, 84 (86).
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 457 H
leistung eine allgemeine Nachfrage entstehen wird. Demgegenüber erfordert die Festlegung einer Zugangsleistung nach § 23 Abs. 3 TKG, dass eine allgemeine Nachfrage nach der Zugangsleistung besteht, die nach § 23 Abs. 2 TKG ermittelt worden ist (siehe oben Rz. 421). Für die Auferlegung nach § 23 Abs. 5 TKG reicht mithin bereits die Prognose einer zukünftig zu erwartenden allgemeinen Nachfrage aus. Diese Prognoseentscheidung obliegt hier der BNetzA und dürfte einen entsprechenden Beurteilungsspielraum beinhalten. Da es sich auch bei dem Auferlegungsverfahren nach § 23 Abs. 5 TKG um ein Beschlusskammerverfahren handelt (siehe oben Rz. 399), gilt die Anhörungsregelung des § 135 TKG1. 7.5.5.3 Verhältnis von § 23 Abs. 5 zum Verfahren gemäß § 23 Abs. 2–4 TKG Der Wortlaut des § 23 Abs. 5 TKG enthält keine Aussage darüber, in welchem Verhältnis die Auferlegung hiernach zum Verfahren nach § 23 Abs. 2–4 TKG steht. Dazu wird vertreten, dass das Verfahren nach § 23 Abs. 2–4 TKG vorrangig ist2. Nach der hier vertretenen Auffassung kommt es auf diese Frage allerdings nicht an, weil § 23 Abs. 5 TKG auf derselben Entscheidungsebene zu sehen ist, wie die erstmalige Auferlegung der Verpflichtung zum Standardangebot nach § 23 Abs. 1 TKG (siehe oben Rz. 399). Dies führt dazu, dass dort wie hier die grundsätzliche Verpflichtung zur Veröffentlichung bzw. Aufnahme in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgesprochen wird. Ob sich dann das Verfahren nach § 23 Abs. 2–4 TKG anschließt, ist davon abhängig, ob das verpflichtete Unternehmen ein (zureichendes) Standardangebot veröffentlicht und vorlegt oder nicht3. Maßstab für die Entscheidung der BNetzA ist demnach § 23 Abs. 1 TKG, soweit dieser nicht durch § 23 Abs. 5 TKG abgeändert wird. Zwar ist überlegenswert, es der BNetzA zu gestatten, für Zwecke der Standardisierung der Zugangsvereinbarung bzw. der Zugangsanordnung das Überprüfungsverfahren unmittelbar mit der Auferlegung nach § 23 Abs. 5 TKG zu verknüpfen. Indes besteht hierfür kein Bedürfnis. Die BNetzA kann derartige Änderungen gemeinsam mit der Auferlegungsentscheidung nach § 23 Abs. 5 TKG anregen und damit zugleich einen Maßstab dafür setzen, was als zureichendes Standardangebot angesehen wird. Leistet das verpflichtete Unternehmen dem nicht Folge, kann das Überprüfungsverfahren nach § 23 Abs. 2–4 TKG eingeleitet werden.
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Das Verfahren nach § 23 Abs. 5 TKG bedeutet allerdings gleichwohl eine verfahrensseitige Erleichterung für die BNetzA, da diese hier auf bereits ver-
457
_______________
1 Ebenso BerlKommTKG/Thomaschki, § 23 Rz. 84; a. A. womöglich Beck TKGKomm/Piepenbrock/Attendorn, § 23 Rz. 50, die eine Anhörung für nicht zwingend erforderlich halten, allerdings mit Blick auf § 23 Abs. 2 TKG. 2 So BerlKommTKG/Thomaschki, § 23 Rz. 88. 3 Anders Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 23 Rz. 52.
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H Rz. 458
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
einbarte oder angeordnete Zugangsleistungen zurückgreifen kann. Es ist daher weniger wahrscheinlich, dass infolge der Auferlegung der Verpflichtung zum Standardangebot nach § 23 Abs. 5 TKG ein Überprüfungsverfahren nach § 23 Abs. 2–4 TKG durchgeführt werden muss. Denn auf eine Zugangsvereinbarung nach § 22 TKG hat sich das verpflichtete Unternehmen bereits selbst inhaltlich festgelegt, während sich die BNetzA bei einer Zugangsanordnung nach § 25 TKG inhaltlich festgelegt hat. Die Rechtsfolgen der Auferlegung richten sich danach, ob ein Überprüfungsverfahren durchgeführt wird (dazu Rz. 440 ff.) oder nicht (dazu Rz. 407 ff.). 7.5.6 Verpflichtung zur Änderung des Standardangebots (§ 23 Abs. 6 TKG) 458
Die BNetzA kann den Betreiber gemäß § 23 Abs. 6 TKG schließlich auch verpflichten, eine Änderung des Standardangebots vorzunehmen, wenn sich die allgemeine Nachfrage wesentlich geändert hat. Dies kann sich sowohl auf die Zugangsleistungen selbst als auch auf wesentliche Bedingungen für deren Erbringung beziehen. Für die Änderung des Standardangebots gelten die Regelungen in § 23 Abs. 2–5 TKG entsprechend. Dies verdeutlicht, dass auch die Entscheidung nach § 23 Abs. 6 TKG auf derselben Entscheidungsebene wie § 23 Abs. 1 TKG zu sehen ist. Wie sich aus dem Wortlaut („kann“) ergibt, liegt die Entscheidung über die Verpflichtung zur Änderung des Standardangebots im pflichtgemäßen Ermessen der BNetzA. Die Änderungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 6 TKG ist allerdings nicht erst dann gegeben, wenn eine Mindestlaufzeit nach § 23 Abs. 4 TKG abgelaufen ist1. Nach dem Wortlaut ist die BNetzA nicht gehindert, auch vor deren Ablauf Änderungen aufzuerlegen.
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Voraussetzung ist eine wesentliche Änderung der allgemeinen Nachfrage bezogen auf die jeweilige Zugangsleistung. Welche Änderungen wesentlich sind, lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen. Die Änderung muss, um wesentlich zu sein, jedoch eine gewisse Schwere und Nachhaltigkeit aufweisen. Sie kann sich entweder auf die (Zugangs-)Leistung selbst oder auf die wesentlichen Bedingungen für deren Erbringung beziehen. Von einer wesentlichen Änderung ist insbesondere auszugehen, wenn die veränderte Nachfrage zu einer Änderung einer einschlägigen Regulierungsverfügung nach § 21 TKG führt oder sich die allgemeinen Marktverhältnisse z. B. wegen technischer Neuerungen derart verändern, dass eine allgemeine Nachfrage nach der Zugangsleistung in der bisherigen Form nicht mehr festgestellt werden kann. Gleiches gilt, wenn Zugangsanordnungen nach § 25 TKG zu Veränderungen gegenüber dem Standardangebot führen, wie der Verweis in § 23 Abs. 6 S. 3 TKG auch auf § 23 Abs. 5 TKG zeigt.
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Für die Änderung des Standardangebots verweist § 23 Abs. 6 S. 3 TKG auf die Regelungen in § 23 Abs. 2–5 TKG. Dies ist nach der hier vertretenen _______________
1 So aber BerlKommTKG/Thomaschki, § 23 Rz. 90.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
Rz. 462 H
Auffassung als Rechtsgrundverweis zu sehen mit der Folge, dass die BNetzA den Änderungsbedarf nicht anhand von § 23 Abs. 2 TKG ermittelt. Vielmehr ist dieser bereits im Rahmen der Verpflichtung nach § 23 Abs. 6 TKG selbständig von der BNetzA festzustellen, etwa aufgrund von Eingaben seitens der Marktteilnehmer. Erst wenn darauf hin kein (zureichendes) geändertes Standardangebot veröffentlicht und vorgelegt wird, kommt es zum Verfahren nach § 23 Abs. 2–4 TKG (dazu oben Rz. 418 ff.). Die Rechtsfolgen für die Änderungsverpflichtung richten sich wiederum danach, ob ein Überprüfungsverfahren durchgeführt wird (dazu Rz. 440 ff.) oder nicht (dazu Rz. 407 ff.). Dies führt zur Notwendigkeit für das verpflichtete Unternehmen, sowohl in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen als auch in die auf Basis des Standardangebots getroffenen Individualvereinbarungen Anpassungsklauseln aufzunehmen1. Anderenfalls müsste die Änderung ggf. durch Kündigung und Neuabschluss der entsprechenden (dann geänderten) Vereinbarung umgesetzt werden.
461
7.5.7 Auferlegungs- und Überprüfungspraxis der BNetzA Die BNetzA hat auf der Grundlage der bis zum TKG-Änderungsgesetz geltenden Fassung des § 23 TKG die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Standardangebots immer nur innerhalb einer Regulierungsverfügung und gemeinsam mit der Auferlegung einer Zugangsgewährungsverpflichtung auferlegt2. Dies betrifft die DTAG in Bezug auf den Zugang zum Teilnehmeranschluss, die Zusammenschaltung im Bereich der Festnetztelefonie und den Bitstrom-Zugang sowie die Mobilfunknetzbetreiber in Bezug auf die Zusammenschaltung hinsichtlich der Terminierung von Verbindungen in ihren Netzen3. Angesichts der bereits bestehenden Vertrags- und Anordnungspraxis in den beiden erstgenannten Fällen hat die BNetzA dabei die Regelfrist von drei Monaten auf einen Monat verkürzt. Eine Auferlegung der Verpflichtung zum Standardangebot nach § 23 Abs. 5 TKG auf Basis einer individuellen Zugangsvereinbarung nach § 22 TKG oder einer Zu_______________
1 Ähnlich Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 23 Rz. 58; BerlKommTKG/ Thomaschki, § 23 Rz. 92. 2 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), BNetzA Mitteilung Nr. 83/ 2005, ABl. Nr. 7/2005; BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005; BNetzA Beschl. v. 30.8.2006 – BK4c-06-001 (-004)/R (Zusammenschaltung Mobilfunknetzbetreiber), BNetzA Mitteilung Nr. 283/2006 ABl. Nr. 17/2006; BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), BNetzA Mitteilung Nr. 302/ 2006, ABl. Nr. 18/2006; BNetzA, Beschl. v. 7.3.2007 – BK4a-06/006/R (ATMBitstrom-Zugang), BNetzA Mitteilung Nr. 131/2007, ABl. Nr. 5/2007. 3 Gegenüber den Mobilfunknetzbetreibern bestätigt durch: VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06, Absatz Nr. 52 und 1 K 4148/06, Absatz Nr. 56 sowie Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Absatz Nr. 50 und 1 K 4314/06, Absatz Nr. 52, jeweils über www.justiz.nrw.de.
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H Rz. 463
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
gangsanordnung nach § 25 TKG sowie eine Änderungsverpflichtung für ein Standardangebot nach § 23 Abs. 6 TKG ist bislang nicht erfolgt. 463
In sämtlichen Fällen der Auferlegung der Verpflichtung zum Standardangebot hat die BNetzA auch ein Überprüfungsverfahren eingeleitet1. Keines dieser Verfahren war allerdings bis Ende März 2007 abgeschlossen. Für das Standardangebot der DTAG zur Zusammenschaltung ist ein Beschluss nach § 23 Abs. 2 und 3 TKG im April 2007 ergangen2. Das bedeutet eine Verfahrensdauer für einzelne Verfahren von über einem Jahr. Dies ist nicht hinnehmbar und erklärt die Änderung in § 23 Abs. 3 S. 1 TKG durch das TKGÄnderungsgesetz. Danach hat die Festlegung der relevanten Zugangsleistungen innerhalb von vier Monaten nach Durchführung der Anhörung nach § 23 Abs. 2 TKG und damit auch die Aufforderung zur Vorlage des zureichenden Standardangebots (siehe oben Rz. 428 f.) zu erfolgen. Die Gesetzesänderung führt auch dazu, dass die Maßnahmen des § 23 Abs. 3 TKG nunmehr für alle Verfahren innerhalb von vier Monaten nach Inkrafttreten des TKG-Änderungsgesetzes von der BNetzA durchgeführt werden müssen.
8. Besondere Verpflichtungen für Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht 464
Obwohl nach dem Richtlinienpaket 2002 sowie dem TKG die Marktregulierung und damit auch die Zugangsregulierung grundsätzlich nur noch auf Märkten ohne wirksamen Wettbewerb gegenüber Unternehmen erfolgen soll, die dort über beträchtliche Marktmacht verfügen, gibt es von diesem Grundsatz auch mehrere Ausnahmen. Diese Ausnahmen ergeben sich teilweise aus dem neuen Regime selbst (z. B. § 18 TKG), haben in Deutschland aber auch historische Gründe (GSM- und UMTS-Lizenzen). Gemeinsam ist den Ausnahmen jedoch, dass sie an besondere Eigenschaften der betroffenen Unternehmen anknüpfen, d. h. diese kontrollieren Zugänge zu Endnutzern und/oder (zugleich) Ressourcen, die nach wie vor von der BNetzA vergeben werden. 8.1 Verpflichtungen nach § 18 gegenüber Unternehmen, die den Zugang zu Endnutzern kontrollieren
465
Die prominenteste Abweichung von der Regel, dass Zugangsverpflichtungen eigentlich nur Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auferlegt werden können, ist in § 18 TKG vorgesehen, mit dem Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. a) Zugangsrichtlinie umgesetzt wird. Danach kann die BNetzA _______________
1 Stellungnahmen der Wettbewerberseite zu einzelnen Standardangeboten sind beispielsweise zu finden auf der Website des VATM unter www.vatm.de – Publikationen – Stellungnahmen. 2 BNetzA, Beschl. v. 4.4.2007 – BK4c-05-102/S.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht
Rz. 467 H
mittels Regulierungsverfügung nach § 13 Abs. 1 S. 4 TKG (siehe G. Rz. 204 ff.) Zugangsverpflichtungen, insbesondere Zusammenschaltungspflichten, auch Unternehmen auferlegen, die nicht über beträchtliche Marktmacht verfügen, aber den Zugang zu Endnutzern kontrollieren1. Europarechtlich vorgesehen ist diese Abweichung in Art. 8 Abs. 3 Unterabsatz 1, 1. Spiegelstrich Zugangsrichtlinie, wo die Auferlegung von Verpflichtungen u. a. nach Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. a) Zugangsrichtlinie vom Erfordernis beträchtlicher Marktmacht unberührt bleibt. In Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. a) Zugangsrichtlinie heißt es, dass unbeschadet der Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auferlegbaren Verpflichtungen auch (anderen) Unternehmen, die den Zugang zu Endnutzern kontrollieren, Verpflichtungen in dem Umfang auferlegt werden können, wie dies zur Gewährleistung des End-zu-End-Verbunds von Diensten erforderlich ist. Die Gewährleistung des End-zu-End-Verbunds ist demnach ein so wichtiges Ziel, dass es Maßnahmen der Vorabregulierung auch ohne das Bestehen beträchtlicher Marktmacht rechtfertigt. Die Regelung in § 18 TKG ersetzt damit in gewisser Weise die früher nach § 36 TKG 1996 bestehende allgemeine Zusammenschaltungspflicht, erfordert allerdings zunächst die Auferlegung dieser Verpflichtung durch Regulierungsverfügung (§ 13 Abs. 1 S. 4, Abs. 3 TKG), und schafft die Möglichkeit der Auferlegung von Verpflichtungen, die über die Zusammenschaltung hinausgehen. Nicht erforderlich ist dagegen, dass zuvor ein Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren durchgeführt sein muss, bevor eine Verpflichtung nach § 18 TKG auferlegt werden kann2 (siehe auch G. Rz. 215). Trotz der in diese Richtung deutenden Bestimmung in § 13 Abs. 3 TKG ergibt sich aus den europarechtlichen Vorgaben, dass für die Vorlage in Art. 5 Abs. 1 lit. a) Zugangrichtlinie die geplanten Maßnahmen (Verpflichtungen) zwar dem Konsolidierungsverfahren unterliegen (siehe G. Rz. 36 f.), nicht aber der Marktanalyse (siehe G. Rz. 28). Anderenfalls liefe auch die explizite Ausnahmeregelung in § 9 Abs. 3 TKG leer.
466
8.1.1 Struktur, Programm und Zweckbestimmung von § 18 TKG In struktureller Hinsicht beinhaltet § 18 TKG drei Auferlegungstatbestände, die sämtlich das gleiche verpflichtete Unternehmen betreffen, aber zum Teil unterschiedliche berechtigte Unternehmen aufweisen: – – –
Zusammenschaltungsverpflichtung (§ 18 Abs. 1 S. 1 TKG); weitere Zugangsverpflichtungen (§ 18 Abs. 1 S. 2 TKG); Diskriminierungsverbot hinsichtlich Erreichbarkeit und Abrechnung von Leistungen (§ 18 Abs. 2 TKG).
_______________
1 Sie hierzu auch Neitzel/Müller, CR 2004, 736. 2 Ebenso Neitzel/Müller, CR 2004, 739; Beck TKG-Komm/Schütz, § 18 Rz. 58 ff.
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H Rz. 468
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Alle drei Verpflichtungen knüpfen ähnlich wie § 21 Abs. 1 S. 1 TKG (siehe oben Rz. 255 ff.) zunächst an bestimmte Tatbestandsvoraussetzungen an, bevor die Rechtsfolge in Form der Auferlegung der betreffenden Verpflichtung in Betracht kommt, und dabei sind die gleichen zusätzlichen Ermessensgesichtspunkte wie in dem nicht abschließenden Katalog von Abwägungskriterien des § 21 Abs. 1 S. 2 TKG zu berücksichtigen sowie etwaige vom verpflichteten Unternehmen nachgewiesene Beschränkungen nach § 21 Abs. 4 TKG zu beachten (§ 18 Abs. 3 TKG). Als „Kann-Vorschrift“ liegt die Auferlegung der Verpflichtungen im pflichtgemäßen Ermessen der BNetzA, für dessen Ausübung die gleichen Erwägungen gelten wie bei § 21 TKG (siehe dort Rz. 271 ff.). Alle drei Verpflichtungen kann die BNetzA unabhängig voneinander auferlegen. Dies wird vom Gesetzgeber ausdrücklich so für das Verhältnis der Verpflichtungen aus Absatz 1 und Absatz 2 so gesehen1. Das gilt aber auch für die beiden Verpflichtungen in Absatz 1, weil auch § 21 TKG es erlaubt, die dortigen Zugangsgewährungsverpflichtungen unabhängig voneinander aufzuerlegen. Dem steht nicht der Wortlaut in § 18 Abs. 1 S. 2 TKG („Darüber hinaus … weitere …“) entgegen. Zwar besteht hier ein Sinnzusammenhang zwischen Satz 1 und Satz 2. Einmal abgesehen davon, dass der Wortlaut auch die hier vertretene Lesart stützt, ist es denkbar, dass ein verpflichtetes Unternehmen zwar einer Zusammenschaltungspflicht nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG unterliegt, nicht aber einer weiteren Zugangsgewährungsverpflichtung des § 21 TKG, weil es für den insoweit ggf. relevanten Markt an der beträchtlichen Marktmacht fehlt. Dann liefen die in § 18 Abs. 1 S. 2 TKG genannten Zwecke leer, wenn die Bestimmung nicht unabhängig von Satz 1 herangezogen werden könnte. So etwa, weil nach der hier nicht geteilten Ansicht der BNetzA Verbindungsleistungen im Rahmen der Zusammenschaltung nicht auf § 21 Abs. 3 Nr. 2, sondern auf § 21 Abs. 2 Nr. 1 TKG gestützt werden (siehe oben Rz. 88). Bei dieser Sichtweise kann es um Verbindungsleistungen gehen, die für die Ende-zu-Ende-Kommunikation von Nutzern oder den End-zu-End-Verbund von Diensten notwendig sind, für die aber gerade keine beträchtliche Marktmacht festgestellt worden ist. 468
Ferner sind bei der Entscheidung über die Auferlegung von Verpflichtungen nach § 18 Abs. 1 oder 2 TKG gemäß § 18 Abs. 3 S. 1 TKG ausdrücklich die Kriterien Objektivität, Transparenz und Nichtdiskriminierung einzuhalten. Diese Regelung basiert auf Art. 5 Abs. 3 Zugangsrichtlinie2. Die einzelnen Kriterien stellen zusätzlich klar, welche Ermessenskriterien für die BNetzA bestehen. Sie weisen jedoch keine Besonderheiten gegenüber den ohnehin geltenden allgemeinen verwaltungs(verfahrens)rechtlichen Grundsätzen auf3. Danach dürfen Entscheidungen der Verwaltung nie auf sachfremden Erwägungen beruhen und müssen demnach objektiv sein, müssen _______________
1 So ausdrücklich die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 15/2316, S. 64. 2 Siehe die Gesetzesbegründung in BT-Drucks. 15/2316, S. 64. 3 Hierzu Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rz. 23.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht
Rz. 471 H
ferner stets nachvollziehbar, also transparent, und dürfen niemals willkürlich bzw. diskriminierend sein. Insofern kommt der Vorschrift eine lediglich klarstellende Funktion zu. Würde § 18 Abs. 3 TKG nicht lediglich allgemeine Verwaltungsgrundsätze wiedergeben, die von der BNetzA ohnehin zu beachten sind, wären ihre Entscheidungen auf der Grundlage von § 18 Abs. 2 TKG, für den § 18 Abs. 3 TKG dem Wortlaut nach nicht gilt, nicht an die Kriterien der Objektivität, Transparenz und Nichtdiskriminierung gebunden. Das wäre ein seltsames Ergebnis. Der Zweck einer Regulierung von Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht ergibt sich aus dem Erfordernis, dass die Kommunikation von Nutzern von Telekommunikationsdiensten auch dann funktionieren muss, wenn dabei unterschiedliche Diensteanbieter oder Netzbetreiber beteiligt sind1. Die Gewährleistung der (anbieterunabhängigen) Kommunikation der Nutzer untereinander ist gleichzeitig Voraussetzung für den Wettbewerb bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste sowie zugehöriger Einrichtungen und Dienste, deren Förderung im Interesse der Nutzer (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG) liegt, zumal auch Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht unter bestimmten Voraussetzungen stärkere Verhandlungspositionen gegenüber Wettbewerbern haben2.
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Obwohl für § 18 TKG keine der Bestimmung in § 22 TKG (dazu unten Rz. 524 ff.) vergleichbare Regelung besteht, folgt aus der Auferlegung einer Verpflichtung nach § 18 TKG zu Lasten des verpflichteten Unternehmens ein Kontrahierungszwang für die betreffenden Zugangsleistung. Dies ergibt sich daraus, dass die Anordnungsbefugnis des § 25 TKG neben § 22 TKG auch die Fälle einer nicht zustande gekommenen Zugangsvereinbarung nach § 18 TKG erfasst.
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8.1.2 Adressaten von § 18 TKG Das nach § 18 TKG verpflichtete Unternehmen ist wie etwa bei § 21 TKG der Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes (zum Begriff siehe A. Rz. 33 ff.). Wie auch bei § 21 TKG ist die Beschränkung auf Netzbetreiber gegenüber der Vorlage des Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. a) Zugangsrichtlinie, wo sogar lediglich von „Unternehmen“ die Rede ist, zu eng. Es kommt danach nicht auf die Netzbetreibereigenschaft und nicht einmal auf irgendeine Betreibereigenschaft an, sondern lediglich darauf, ob das betreffende Unternehmen den Zugang zu Endnutzern kontrolliert. Dies ist auch folgerichtig, weil etwa in offenen IP-Netzen wie dem Internet es nicht erforderlich ist, dass zur Kontrolle des Zugangs zu Endnutzern auch ein Netz betrieben wird. Insoweit liegt auch tatsächlich ein Umsetzungsdefizit vor, _______________
1 In der Gesetzesbegründung heißt es: „Gewährleistung des End-zu-End-Verbund“; BT-Drucks. 15/2316, S. 64. 2 Siehe Erwägungsgrund (6) der Zugangsrichtlinie.
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Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
weil sich nicht nur aus Art. 8 Abs. 1 Zugangsrichtlinie die Verpflichtung der Mitgliedstaaten ergibt, sicherzustellen, dass die nationalen Regulierungsbehörden die in Art. 9–12 Zugangsrichtlinie vorgesehenen Verpflichtungen auferlegen können. Dies folgt für die in Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit a) Zugangsrichtlinie genannten Unternehmen auch nach Art. 5 Abs. 4 Zugangsrichtlinie. 472
Wie bereits erwähnt braucht das verpflichtete Unternehmen nicht über beträchtliche Marktmacht zu verfügen. Zwar legt die Formulierung nahe, dass das Fehlen beträchtlicher Marktmacht ausdrücklich festgestellt werden müsste, wozu eine vorausgehende Marktdefinition und Marktanalyse erforderlich wäre. Diese ist aber aus den bereits genannten Gründen entbehrlich (oben Rz. 466). Auch die Formulierung in Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit a) Zugangsrichtlinie („unbeschadet“) verdeutlicht, dass nicht die positive Feststellung des Fehlens beträchtlicher Marktmacht erforderlich ist, sondern es auf diese schlicht nicht ankommt1. Allerdings richtet sich § 18 TKG damit ausdrücklich nicht an solche Unternehmen, für die beträchtliche Marktmacht auf einem relevanten Markt festgestellt worden ist. Insofern ist der Anwendungsbereich der Bestimmung für Verpflichtungen in Bezug auf einen bestimmten Markt (aber nur dort) nicht eröffnet, wenn hier beträchtliche Marktmacht festgestellt worden ist. Dann richtet sich die Auferlegung von Verpflichtungen nach den für diesen Fall einschlägigen Regelungen der §§ 19–24 TKG.
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Entscheidend ist daher für die Bestimmung des verpflichteten Unternehmens, ob dieses den Zugang zu Endnutzern kontrolliert. „Endnutzer“ sind gemäß § 3 Nr. 8 TKG natürliche und juristische Personen sowie (rechtsfähige) Personengesellschaften, die Telekommunikationsdienste ausschließlich im Eigengebrauch in Anspruch nehmen, somit also weder ein öffentliches Telekommunikationsnetz betreiben, noch Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit anbieten. Der deutsche Gesetzgeber wie der europäische Richtliniengeber haben nicht den Begriff „Teilnehmer“ (§ 3 Nr. 20 TKG) gewählt; daher kann angenommen werden, dass es nicht darauf ankommt, ob das verpflichtete Unternehmen mit „Endnutzern“ einen Vertrag über die Erbringung von Telekommunikationsdiensten geschlossen hat, auch wenn dies typischerweise der Fall sein dürfte. Nach dem Willen und der zutreffenden Sicht des Gesetzgebers2 ist mit dem in § 18 TKG verwendeten Begriff des „Zugangs“ nicht der Zugang in der Definition des § 3 Nr. 32 TKG gemeint; diese Definition passt nicht, weil sie die Definition der Vorleistung Zugang meint, während sich § 18 TKG auf den Zugang eines Endnutzers bezieht. Ebenso wenig passt die Begrifflichkeit des Netzzugangs nach § 45d TKG, die sich zwar auf einen Teilnehmer bezieht und ebenfalls den Begriff des „Zugangs“ verwendet. Allerdings ist für § 18 TKG _______________
1 Anders BerlKommTKG/Nolte, § 18 Rz. 17 ff. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 64.
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der Zugang zu den Endnutzern aus Sicht eines berechtigten Unternehmens entscheidend; unter anderem, weil es bei dieser Bestimmung um die Herstellung des End-zu-End-Verbunds von Diensten geht, was eine funktionale Betrachtungsweise des hier verwendeten Zugangsbegriffs erforderlich macht1. Der Zugangsbegriff des § 18 TKG erschließt sich daher nur, wenn er zugleich mit dem Element der Kontrolle und der Funktion der auferlegbaren Verpflichtungen verknüpft wird. Deswegen passt auch eine begriffliche Anlehnung an die Definition des Teilnehmeranschlusses in § 3 Nr. 21 TKG allein nicht. Indes ist die Bereitstellung des Zugangs bzw. Anschlusses durch ein Unternehmen an einen Teilnehmer/Endnutzer ein wesentliches Indiz dafür, dass dieses den Zugang zu diesem aus Sicht des berechtigten Unternehmens kontrolliert2. Denn die Kontrolle der Zugangswege impliziert die Kontrolle über die Erreichbarkeit des Teilnehmers/Endnutzers mit Blick auf die zu diesem herzustellenden Verbindungen bzw. über dessen Rufnummern oder Kennungen, unter denen er erreichbar ist3. Dies betrifft sämtliche Unternehmen, die mittels Kabel oder Funk Teilnehmer/Endnutzer an ihre Netze unmittelbar anschließen (z. B. Teilnehmernetzbetreiber im schmal- und breitbandigen Festnetz, Breitbandkabelnetzbetreiber, Mobilfunknetzbetreiber, Betreiber von WLL-, WLAN und WiMAX-Netzen). Ebenso kann sich die derartige Kontrolle aber auch daraus ergeben, dass das verpflichtete Unternehmen die Erreichbarkeit des Teilnehmers/Endnutzers über Rufnummern oder Kennungen kontrolliert, ohne zugleich auch den physischen Zugangsweg bzw. Anschluss zu besitzen. So dürfen Ortsnetzrufnummern auch von Diensteanbietern abgeleitet zugeteilt werden, ohne dass diese notwendigerweise auch das Anschlussnetz betreiben (siehe E. Rz. 87a ff.). Derartige Konstellationen können sich auch in virtuellen Netzen und insbesondere IP-Netzen ergeben (zu virtuellen Netzen siehe oben Rz. 374), wo das Unternehmen ggf. nur den logischen, aber für die Kommunikation entscheidenden Zugang kontrolliert. Ein Anwendungsfall hierfür wäre der Zugang eines Unternehmens zum Teilnehmer/Endnutzer über den Bitstrom-Zugang desjenigen Unternehmens, welches den Teilnehmeranschluss bereitstellt; das erstgenannte Unternehmen wäre potenziell nach § 18 TKG verpflichtet4. Was den Kreis der aus § 18 TKG berechtigten Unternehmen anbetrifft, scheint auch dieser auf Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze begrenzt zu sein. Zwar wird diese Bezeichnung nicht in § 18 Abs. 1 S. 2 TKG benutzt, aber in den beiden anderen Verpflichtungsmöglichkeiten. Wegen des Sinnzusammenhangs zwischen § 18 Abs. 1 S. 1 und S. 2 TKG („Darüber hinaus … weitere …“) spricht daher manches dafür, insgesamt nur solche Betreiber als berechtigt anzusehen. Das ist für die Zusammen_______________
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Beck TKG-Komm/Schütz, § 18 Rz. 17. Heun, CR 2004, 901. Siehe Erwägungsgrund (6) der Zugangsrichtlinie. Ebenso: Beck TKG-Komm/Schütz, § 18 Rz. 19.
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schaltung auch der richtige Ansatzpunkt bei beiden beteiligten Parteien (siehe oben Rz. 74 f., 366 f.). Bei den weiteren Zugangsverpflichtungen ist dies allerdings bereits fraglich, wie der Blick auf § 21 TKG zeigt. Ferner sollte man annehmen, dass mit der Aufzählung der Dienste und Leistungen in § 18 Abs. 2 TKG wie in § 21 Abs. 2 Nr. 7 lit. a) TKG zugleich der Kreis der hiernach berechtigten Unternehmen umschrieben wird, nämlich als sämtliche Anbieter von Telekommunikationsdiensten, Auskunftsdiensten und öffentlichen Telefonstellen sowie von telekommunikationsgestützten Diensten (Premium-Dienste, Geteilte-Kosten-Dienste etc.). Das hat der Gesetzgeber aber nicht getan, sondern stattdessen wie in § 18 Abs. 1 S. 1 TKG lediglich andere Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze als berechtigt aufgenommen. Diese Begrenzung widerspricht sowohl der Systematik des § 21 TKG als auch der insoweit offenen Formulierung des Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. a) Zugangsrichtlinie. Dementsprechend ist beim Kreis der berechtigten Unternehmen ein Umsetzungsdefizit in § 18 TKG zu sehen, das angesichts des Wortlauts nicht mit einer europarechtkonformen Auslegung behebbar ist. 8.1.3 Zusammenschaltungsverpflichtung nach § 18 Abs. 1 S. 1 TKG 475
Nach § 18 Abs. 1 S. 1 TKG kann die BNetzA dem verpflichten Unternehmen eine Zusammenschaltungsverpflichtung auferlegen. Die Tatbestandsvoraussetzungen für diese Verpflichtung sind neben der Abwesenheit bzw. Irrelevanz von beträchtlicher Marktmacht seitens des verpflichteten Unternehmens, dass –
es sich um einen begründeten Fall handelt und
–
die Verpflichtung erforderlich sein muss, um die Kommunikation der Nutzer und die Bereitstellung von Diensten sowie deren Interoperabilität zu gewährleisten.
Wie bei § 21 Abs. 1 S. 1 TKG handelt es sich nicht um zusätzliche Abwägungskriterien zu denjenigen aus § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 1–7 TKG (dazu im einzelnen oben Rz. 277 ff.), die nach § 18 Abs. 3 TKG auch hier zu berücksichtigen sind, sondern um zunächst von der BNetzA zu prüfende Voraussetzungen (siehe oben Rz. 255 ff.). Würde demgegenüber die Verpflichtung so auferlegt, dass das verpflichtete Unternehmen nur in begründeten Fällen zur Zusammenschaltung verpflichtet wäre, dann wären Zweifel an der Bestimmtheit der betreffenden Regulierungsverfügung angebracht (dazu G. Rz. 210 ff.) und die Lösung dieser Frage ausschließlich über Zugangsanordnungen nach § 25 TKG vorprogrammiert. Liegen diese Voraussetzungen vor und stehen die zu berücksichtigenden Abwägungskriterien und Beschränkungen (oben Rz. 467) nicht entgegen, kann die Zusammenschaltungspflicht dergestalt auferlegt werden, dass die Zusammenschaltung auf Nachfrage von Betreibern anderer öffentlicher Telekommunikationsnetze vom verpflichteten Unternehmen zu gewähren ist. 978 | Heun
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8.1.3.1 „In begründeten Fällen“ Das Merkmal „in begründeten Fällen“ hebt den Ausnahmecharakter der Auferlegung von Verpflichtungen gegenüber Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht hervor. In Bezug auf seinen Bedeutungsgehalt ist es allerdings im Zusammenhang mit der ebenfalls zu prüfenden Erforderlichkeit zu sehen1. Daher reicht es nicht, einen begründeten Fall schon dann anzunehmen, wenn beispielsweise bislang entweder gar keine Zusammenschaltungsvereinbarung besteht bzw. wenn zwar eine Zusammenschaltung besteht, diese jedoch einen bestimmten (neuen) Dienst noch nicht unterstützt oder die nachgefragte Leistung bislang nicht von der Zusammenschaltung erfasst war2. Dies ist eine Frage des Leistungsumfangs der bereits auferlegten Zusammenschaltungspflicht, nicht aber der Auferlegung selbst.
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Da nach dem TKG 2004 anders als unter dem TKG 1996 gerade keine allgemeine Zusammenschaltungspflicht mehr besteht (siehe oben Rz. 88), ist von der BNetzA auch ein erhöhter Begründungsaufwand für die Auferlegung einer Zusammenschaltungsverpflichtung gegenüber Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht gefordert. Dies hat die BNetzA mit Blick auf die Erforderlichkeit der Zusammenschaltungsverpflichtung gegenüber dem konkret verpflichteten Unternehmen zu leisten.
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8.1.3.2 Erforderlichkeit Die Zusammenschaltungsverpflichtung darf von der BNetzA nur angeordnet werden, soweit sie erforderlich ist, um Folgendes zu gewährleisten: – – –
die Kommunikation der Nutzer und die Bereitstellung von Diensten sowie deren Interoperabilität.
Die Gesetzesbegründung versteht die drei vorgenannten Voraussetzungen nicht kumulativ, sondern alternativ und setzt sie in Zusammenhang mit dem erst in § 18 Abs. 1 S. 2 TKG genannten End-zu-End-Verbund von Diensten3. Während Letzteres aus Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. a) Zugangsrichtlinie folgt, ist Ersteres nicht auf den ersten Blick einleuchtend. So verwendet etwa die Zusammenschaltungsdefinition in § 3 Nr. 34 TKG das Wort „oder“ statt „und“. Andererseits schließen sich beispielsweise in Bezug auf eine Telefonverbindung die Kommunikation zweier (normaler) Nutzer untereinander und die Inanspruchnahme eines Dienstes durch einen der beiden Nutzer in der Regel aus tatsächlichen Gründen gegenseitig aus: entweder nimmt der Nutzer einen Dienst in Anspruch oder er telefoniert mit _______________
1 Ähnlich Beck TKG-Komm/Schütz, § 18 Rz. 30. 2 So aber Neitzel/Müller, CR 2004, 740. 3 BT-Drucks. 15/2316, S. 64.
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einem anderen Nutzer1. Daher sind die drei Voraussetzungen auch hier alternativ zu verstehen. Gleichwohl wird anders als bei Zusammenschaltungsverpflichtungen gegenüber Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht hier nicht die Korrektur von (marktmachtbedingten) Wettbewerbsstörungen bezweckt2, sondern vornehmlich die Förderung der Nutzerinteressen3. Wie in § 3 Nr. 34 TKG (siehe oben Rz. 81) ist der Begriff „Nutzer“ an dieser Stelle in Anlehnung an Art. 2 lit. h) Rahmenrichtlinie zu verstehen als „eine natürliche oder juristische Person, die einen öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdienst in Anspruch nimmt oder beantragt.“
Dementsprechend stehen auch die Nutzerinteressen bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Zusammenschaltungsverpflichtung im Vordergrund. 479
Mit Ausnahme der Interoperabilität von Diensten verwendet § 18 Abs. 1 S. 1 TKG mit „Kommunikation der Nutzer“ und „Bereitstellung von Diensten“ die gleichen bzw. ähnliche Begrifflichkeiten, die sich auch in der Definition der Zusammenschaltung des § 3 Nr. 34 TKG finden. Es ist daher angezeigt, die Begriffe im gleichen Sinne zu verstehen, so dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann (siehe oben Rz. 82 ff.). Zwar besteht zwischen Inanspruchnahme und Bereitstellen ein Unterschied, da Ersteres den Empfänger und Letzteres den Erbringer des Dienstes meint. Indes geht es in beiden Fällen um die netzübergreifende Verfügbarkeit der Dienste, so dass für das Begriffsverständnis der unterschiedliche Blickwinkel keinen Unterschied macht. Was die Interoperabilität der Dienste anbetrifft, kann dagegen auf die Ausführungen zu § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG verwiesen werden (siehe oben Rz. 330). Gerade mit Blick auf § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG zeigt sich, wie stark das Gesetz dem Prinzip verpflichtet ist, eine Ende-zu-Ende-Kommunikation der Nutzer gleichbedeutend mit End-zu-End-Verbund des § 18 Abs. 2 S. 2 TKG in Bezug auf Dienste zu gewährleisten. Für die Auferlegung der Zusammenschaltungsverpflichtung aus § 18 Abs. 1 S. 1 TKG reicht es freilich nicht aus, dass diese jenem Zweck dient, sondern sie muss dafür auch erforderlich sein. Angesichts des Ausnahmecharakters des § 18 TKG ist darunter nicht (lediglich) das Merkmal der Erforderlichkeit im Sinne einer Verhältnismäßigkeitsprüfung zu sehen, sondern es ist tatbestandlich bereits zu prüfen, ob die Zusammenschaltungsverpflichtung für die genannten Voraussetzungen notwendig ist oder nicht. Das ist vornehmlich aus der Sicht der Nutzerinteressen zu beantworten, daneben aus dem Aspekt, dass nur bei netzübergreifender Erreichbarkeit und Interoperabilität von Diensten ein funktionsfähiger Wettbewerb sichergestellt werden kann4. Für den letztgenannten Aspekt wird die Erforderlichkeit allerdings nicht da_______________
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Freilich davon abgesehen, dass die Herstellung der Verbindung auch ein Dienst ist. BerlKommTKG/Nolte, § 18 Rz. 35. Hierzu auch Erwägungsgrund (8) Zugangrichtlinie. Siehe Erwägungsgrund (9) der Zugangsrichtlinie.
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durch begründet, dass mittels der Zusammenschaltung eine Entgeltregulierung der Zusammenschaltungsentgelte erreicht werden kann1. Es muss vielmehr um die Zusammenschaltung selbst gehen, während die Entgeltregulierung nur gelegentlich der Zusammenschaltung erfolgt. In diesem Zusammenhang kommt die Frage auf, ob das Ziel, die „Kommunikation der Nutzer zu gewährleisten“, nur durch unmittelbare, oder aber auch durch mittelbare Zusammenschaltung, z. B. mittels bestehender Transitnetze bzw. -dienste, erreicht werden kann. In der Gesetzesbegründung2 führt der Gesetzgeber dazu aus, dass die verwendete Passage „zu gewährleisten“ nicht bedeute, durch mittelbare Erreichbarkeit des Endnutzers entfiele die Pflicht zur Zusammenschaltung. Es komme darauf an, einen unmittelbaren End-zu-End-Verbund herzustellen. Die BNetzA hat sich hierzu mit Blick auf die netztechnisch ineffiziente und Kosten verursachende indirekte Herstellung des Ende-zu-Ende-Verbunds in vergleichbarer Weise geäußert3. Gegen diese Sichtweise wird eingewendet4, dass zur Gewährleistung der Kommunikation der Nutzer keine unmittelbare Zusammenschaltung erforderlich sei. Dementsprechend sei, sofern die mittelbare Zusammenschaltung die Kommunikation der Nutzer gewährleiste, die Auferlegung einer unmittelbaren Zusammenschaltungsverpflichtung nicht erforderlich. Hinzu komme, dass der Gesetzgeber nicht ausdrücklich die unmittelbare Zusammenschaltung vorgesehen habe, so dass die mittelbare Kommunikation jedenfalls stets in Betracht zu ziehen sei. Gegen den letzten Aspekt dieser Ansicht spricht jedoch – neben den deutlichen Worten des Gesetzgebers – die Systematik des TKG. Eine gesetzlich geregelte Zusammenschaltungsverpflichtung wie in § 18 Abs. 1 S. 1 TKG wäre überhaupt nicht notwendig, wenn eine mittelbare Netzzusammenschaltung ausreichen würde. Es geht also nicht um die Frage des Zusammenschaltungsbegriffs, sondern allein um die Notwendigkeit der (unmittelbaren) Zusammenschaltung im Rahmen der Auferlegung dieser Verpflichtung nach § 18 Abs. 1 S. 1 TKG. Da es dabei maßgeblich auf die Nutzerinteressen ankommt, ist mit der BNetzA darauf abzustellen, ob das Absehen von der Auferlegung wegen einer bestehenden mittelbaren Zusammenschaltung dazu führt, dass die Kommunikation der Nutzer bzw. die Bereitstellung der Dienste hierdurch verteuert oder gefährdet wird. Das ist wegen der im Vorleistungsbereich dann regelmäßig erforderlichen und zu vergütenden Transitleistung typischerweise der Fall. Zwar mag man argumentieren, dass diese Verteuerung häufig nicht an den Teilnehmer/Endnutzer weitergegeben wird. Es beeinflusst aber dennoch bestehende Mischkalkulationen von Preisen auf Endnutzermärkten _______________
1 VG Köln, Urt. v. 22.2.2006 – 21 K 745/05, Absatz Nr. 77 ff. über www.justiz. nrw.de. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 64. 3 RegTP, Beschl. v. 28.12.2004 – BK3d-04/028, MMR 2005, 405 (407); dazu offen gelassen: VG Köln, Urt. v. 22.2.2006 – 21 K 745/05, Absatz Nr. 75 über www. justiz.nrw.de. 4 BerlKommTKG/Nolte, § 18 Rz. 32, 36.
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und kann die nur mittelbar zusammengeschalteten Unternehmen oder dort agierende Diensteanbieter dazu veranlassen, betroffene Dienste erst gar nicht auf der Vorleistungsebene anzubieten oder in Anspruch zu nehmen. Der Wettbewerb würde demnach gar nicht eröffnet. 8.1.3.3 Inhalt und Umfang der Zusammenschaltungsverpflichtung 481
Inhalt und Umfang der nach den obigen Voraussetzungen und den zu berücksichtigenden Abwägungskriterien auferlegten Zusammenschaltungsverpflichtung selbst richtet sich prinzipiell wie bei § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG nach dem Begriff der Zusammenschaltung und dessen Leistungsumfang (dazu ausführlich oben Rz. 61 ff.). Allerdings kann die BNetzA hier Einschränkungen in Bezug auf die betroffenen Leistungen vornehmen. Denn einerseits ergibt sich bei § 18 TKG keine Einschränkung durch Marktdefinition und Marktanalyse wie bei § 21 TKG. Andererseits erfolgt die Auferlegung der Zusammenschaltungsverpflichtung eben nur, soweit sie zur Erfüllung der genannten Voraussetzung erforderlich bzw. notwendig ist. Allerdings erlaubt die Formulierung in § 18 Abs. 1 S. 1 TKG, gerade weil keine Einschränkung auf den Gegenstand von Marktdefinition und Marktanalyse erfolgt, ein erweitertes Verständnis von Zusammenschaltung und deren Leistungsumfang. Selbst wenn man daher mit der BNetzA annähme, dass etwa eine Abnahme- bzw. Nachfrageverpflichtung eines Zusammenschaltungspartners gegenüber Leistungen eines anderen Zusammenschaltungspartners im Rahmen der Auferlegung einer Zusammenschaltungsverpflichtung an den Beschränkungen durch Marktdefinition und Marktanalyse scheitert1 (siehe oben Rz. 332), so hindert dies nicht, eine Abnahme- bzw. Nachfrageverpflichtung im Rahmen der Zusammenschaltungsverpflichtung nach § 18 Abs. 1 S. 1 TKG aufzuerlegen bzw. diese als in der Zusammenschaltungsverpflichtung enthalten anzusehen2. 8.1.4 Weitere Zugangsverpflichtungen nach § 18 Abs. 1 S. 2 TKG
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Nach § 18 Abs. 1 S. 2 TKG kann die BNetzA dem verpflichteten Unternehmen über die Zusammenschaltungsverpflichtung des § 18 Abs. 1 S. 1 TKG hinaus weitere Zugangsverpflichtungen auferlegen, soweit dies zur Gewährleistung des End-zu-End-Verbunds von Diensten erforderlich ist. Diese Bestimmung lehnt sich an § 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG an, ist aber hierauf nicht beschränkt. Denn die Regelung spricht schlicht von „weiteren Zugangsverpflichtungen“ ohne eine über die Erforderlichkeit hinausgehende _______________
1 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 33, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005. 2 Das sehen die EU-Kommission und wohl auch die BNetzA ebenso, vgl. Konsolidierungsentwurf der BNetzA v. 29.8.2005, Terminierungsleistungen alternativer Teilnehmernetzbetreiber im öffentlichen Festtelefonnetz, Markt Nr. 9 der Empfehlung 2003/311/EG (Az. DE 2005 239), S. 17 (19).
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Beschränkung vorzunehmen. Der Begriff Zugangsverpflichtungen wird darüber hinaus als Überschrift in § 21 TKG verwendet, so dass damit prinzipiell sämtliche Zugangsgewährungsverpflichtungen des § 21 TKG in Betracht kommen1. Allerdings greift § 18 Abs. 1 S. 2 TKG gegenüber der europarechtlichen Vorgabe in Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. a) Zugangsrichtlinie in dieser Hinsicht zu kurz. Dort ist lediglich von Verpflichtungen die Rede, was auch die neben den „Zugangsverpflichtungen“ des Art. 12 Zugangsrichtlinie bestehenden Verpflichtungen der Art. 9–11 und 13 betrifft. Zwar ist Art. 5 Zugangsrichtlinie u. a. mit Zugang und Zusammenschaltung überschrieben, aber Zugänge sind immer auch Gegenstand der anderen Verpflichtungen, wie deren Wortlaut zeigt. Hinzu kommt, dass die in Art. 8 Abs. 3 Unterabsatz 1, 1. Spiegelstrich Zugangsrichtlinie vorgesehene Ausnahme vom Erfordernis beträchtlicher Marktmacht davon spricht, dass abgesehen von den zulässigen Ausnahmefällen die Verpflichtungen nach Art. 9–13 Zugangsrichtlinie nicht auferlegt werden. Der notwendige Umkehrschluss daraus ist, dass ausnahmsweise alle Verpflichtungen aus Art. 9–13 Zugangsrichtlinie auferlegbar sind, sofern sich keine Einschränkungen aus der die Ausnahme beinhaltenden Regelung selbst ergeben. Das ist bei Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. a) Zugangsrichtlinie aber gerade nicht der Fall. Die Begrenzung auf Zugangspflichten bedeutet daher ein Umsetzungsdefizit, das allerdings wiederum angesichts des klaren Wortlauts der Bestimmung nicht mittels europarechtskonformer Auslegung geheilt werden kann2. Ähnlich wie bei § 18 Abs. 1 S. 1 TKG ist aber die Auferlegung der betreffenden Zugangsverpflichtung tatbestandlich darauf eingegrenzt, soweit sie für die Gewährleistung des End-zu-End-Verbunds von Diensten erforderlich/ notwendig ist. Während die Zusammenschaltungsverpflichtung grundsätzlich die netzübergreifende Ende-zu-Ende-Kommunikation bzw. den End-zuEnd-Verbund von Diensten herbeiführt, geht es allerdings hier darüber hinaus um weitere Erfordernisse konkret in Bezug auf Dienste, die netzübergreifend zur Verfügung stehen sollen. Erforderlichkeitsmaßstab ist dabei der gleiche wie bei § 18 Abs. 1 S. 1 TKG (siehe oben Rz. 479), d. h. vornehmlich die Nutzerinteressen, aber auch der Dienstewettbewerb. Angesichts der Zielbestimmung auf den End-zu-End-Verbund von Diensten ergibt sich allerdings dennoch eine gewisse Einschränkung für die auferlegbaren Verpflichtungen aus den Katalogen von § 21 TKG. So werden etwa die Verpflichtungen nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 (Resale) und Nr. 6 (Kooperationsmöglichkeiten) sowie nach § 21 Nr. 1 (TAL) und Nr. 4 (Kollokation) TKG kaum in Frage kommen. Demgegenüber werden vom Gesetzgeber ausdrücklich Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Abrechnung von Diensten nach § 78 Abs. 2 Nr. 3 und 4 TKG sowie von telekommunikationsgestütz_______________
1 So auch die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/2316, S. 64. 2 Ebenso Neitzel/Müller, CR 2004, 739; Beck TKG-Komm/Schütz, § 18 Rz. 46.
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ten Diensten genannt1. Inhalt und Umfang der Zugangsverpflichtung richtete sich dann wiederum nach den einzelnen in Frage kommenden Zugangsgewährungsverpflichtungen des § 21 TKG, wobei auch hier zu berücksichtigen ist, dass die BNetzA Einschränkungen vornehmen kann („soweit“). 8.1.5 Diskriminierungsverbot nach § 18 Abs. 2 TKG 484
Im Hinblick auf die Gewährleistung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Endkundenmarktes sieht § 18 Abs. 2 S. 1 TKG schließlich vor, dass die BNetzA dem verpflichteten Unternehmen ein Diskriminierungsverbot hinsichtlich der Erreichbarkeit und Abrechnung von Telekommunikationsdiensten, Leistungen nach § 78 Abs. 2 Nr. 3 und 4 TKG und von telekommunikationsgestützten Diensten auferlegen kann. Bei den angesprochenen Diensten und Leistungen handelt es sich um dieselben wie bei § 21 Abs. 2 Nr. 7 lit. a) TKG (siehe dort Rz. 351) mit der Ergänzung um das Angebot von öffentlichen Telefonstellen (§ 78 Abs. 2 Nr. 4 TKG).
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Das vorgesehene Diskriminierungsverbot ist anders als die Gleichbehandlungsverpflichtung in § 19 TKG lediglich als Diskriminierungsverbot wie in § 20 Abs. 1 GWB formuliert. Da zudem das Diskriminierungsverbot nur darauf ausgerichtet ist, dass einzelne nachfragende Netzbetreiber nicht gegenüber anderen nachfragenden Netzbetreibern ungleich behandelt werden, ist in § 18 TKG lediglich das Gebot der extern-extern-Gleichbehandlung enthalten, nicht aber das im Telekommunikationsrecht verbreitete Gebot der intern-extern-Gleichbehandlung. Dies lässt darauf schließen, dass anders als in § 19 TKG (siehe oben Rz. 150) hier kein materieller Gleichheitsmaßstab im Sinne von „gleich wertvoll, und nicht lediglich diskriminierungsfrei“2, sondern der im Kartellrecht übliche formale Gleichheitsmaßstab3 gemeint ist4. Verboten ist demnach lediglich eine äußerlich ungleiche Behandlung (sofern sie nicht sachlich gerechtfertigt ist), nicht aber eine innerlich ungleiche Wirkung.
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Außerdem bezieht sich das Diskriminierungsverbot lediglich auf die Erreichbarkeit und Abrechnung der genannten Dienste und Leistungen, und ist damit sachlich eingeschränkt. Mit Erreichbarkeit geht es wiederum um den End-zu-End-Verbund von Diensten (siehe oben Rz. 479, 483). Mit Abrechung geht es um die Themen des § 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG, also Fakturierung und Inkasso (siehe dort Rz. 343 ff.). Im Übrigen kann für Inhalt und Umfang des Diskriminierungsverbots sowie für die etwaige sachliche Recht_______________
1 So die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/2316, S. 64. 2 So die Gesetzesbegründung zur Gleichbehandlungsverpflichtung des § 19 TKG: BT-Drucks. 15/2316, S. 66 zu § 20 Abs. 3 des Gesetzentwurfs. 3 Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20 GWB Rz. 123. 4 Wohl ebenso Beck TKG-Komm/Schütz, § 18 Rz. 45; anders BerlKommTKG/Nolte, § 18 Rz. 46.
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fertigung einer Ungleichbehandlung neben der kartellrechtlichen Kasuistik zu § 20 GWB auch auf die Ausführungen zu § 19 TKG, freilich mit den vorgenannten Einschränkungen verwiesen werden (siehe oben Rz. 146 ff. und insbesondere 168 ff.). 8.1.6 Auferlegungspraxis der BNetzA Soweit ersichtlich hat die BNetzA lediglich im Rahmen von vorläufigen Maßnahmen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG versucht, eine Verpflichtung nach § 18 TKG aufzuerlegen. Dies hatte aber gerichtlich keinen Bestand1, weil im Rahmen der vorläufigen Maßnahme die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 TKG nicht geprüft worden waren, obwohl § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG lediglich von der Durchführung der Konsultations- und Konsolidierungsverfahren befreit (siehe G. Rz. 78). Im Übrigen hat die Auferlegung einer Verpflichtung nach oder eine Auseinandersetzung mit § 18 TKG, etwa im Zusammenspiel mit einer Regulierungsverfügung, die Verpflichtungen nach den §§ 19–24 TKG auferlegt, durch die BNetzA bislang nicht stattgefunden. Mit Blick auf die bisherigen im Entwurf vorliegenden Ergebnisse der Marktdefinition und Marktanalyse für den Markt Nr. 15 der Märkteempfehlung (Zugang und Verbindungsaufbau in Mobilfunknetzen), wo beträchtliche Marktmacht bislang nicht festgestellt worden ist (siehe G. Rz. 144, 174 f., 191 und 199 f.), kann § 18 TKG aber durchaus relevant werden. Denn für die dort abgegrenzten drei Teilmärkte MVNO, Diensteanbieter und national Roaming ebenso wie für Anbieter von Auskunfts- und Mehrwertdiensten stellen sich Fragen im Verhältnis zu den Mobilfunknetzbetreibern, die mit der Interoperabilität und dem End-zu-End-Verbund von Diensten zu tun haben (§ 18 Abs. 1 TKG) sowie die Frage der Erreichbarkeit und Abrechnung von Leistungen aufwerfen (§ 18 Abs. 2 TKG). Konkret ist hier im Rahmen von § 18 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 TKG etwa an Nutzung und Einsatz eigener SIM-Karten der Diensteanbieter für eigene Diensteangebote im Netz des Mobilfunknetzbetreibers zu denken sowie an die Abrechnungsverfahren für Auskunfts- und Mehrwertdienste (siehe zum Onlineund Offline-Billing-Verfahren oben Rz. 345 ff.).
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8.1.7 Rechtsschutz, Durchsetzung der Zugangsgewährungsverpflichtungen und Sanktionen Da sich bei § 18 TKG die gleichen Rechtsschutzfragen wie bei §§ 19, 21 TKG stellen, sei auf die dortigen Ausführungen verwiesen (siehe oben Rz. 187 ff., 389 ff.). Insbesondere ist die Durchsetzung auferlegter Verpflichtungen nach § 18 TKG mittels der Zugangsanordnung nach § 25 TKG vorgesehen. Allerdings enthält § 18 Abs. 2 S. 2 TKG eine Sonderregelung für das in § 18 Abs. 2 S. 1 TKG auferlegbare Diskriminierungsverbot. Für die _______________
1 VG Köln, Urt. v. 29.9.2005 – 1 K 765/05, Absatz Nr. 96 über www.justiz.nrw.de.
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Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Durchsetzung dieser Verpflichtung wird ausdrücklich auf das Verfahren der besonderen Missbrauchsaufsicht nach § 42 Abs. 4 TKG verwiesen, das entsprechend gelten soll. Hierunter dürfte eine Spezialregelung zu verstehen sein, die nicht nur das ohnehin subsidiäre Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG verdrängt. Vielmehr dürfte diese Sonderregelung für das Diskriminierungsverbot auch dem Anordnungsverfahren nach § 25 TKG vorgehen. Zwar verweist § 25 Abs. 1 S. 1 TKG vollständig auf § 18 TKG. Indes ist beispielsweise auch die Gleichbehandlungsverpflichtung nach § 19 TKG isoliert nicht nach § 25 TKG im Wege der Anordnung durchsetzbar (siehe oben Rz. 194). Es ist daher folgerichtig, die Ahndung von Verstößen gegen das Diskriminierungsverbot des § 18 Abs. 2 S. 1 TKG ebenfalls nicht dem Anordnungsverfahren des § 25 TKG zuzuordnen. 8.2 Verpflichtungen aufgrund von Vergabeverfahren für Frequenzzuteilungen 489
Ein mit der Kontrolle von Zugängen zu Endnutzern durchaus vergleichbarer Fall ist die Situation, wo für den Marktzutritt erforderliche Ressourcen nach wie vor der staatlichen Verwaltung und Vergabe unterliegen, wie dies bei Frequenzen der Fall ist. Dies hat zur Folge, dass hier zwischen den Nachfragern bzw. Antragstellern ein Wettbewerb um den Markt erfolgen kann, der andere Nachfrager bzw. Wettbewerber von Anfang an vom weiteren Wettbewerb ausschließt. Mit dem erfolgreichen Marktzutritt ist aber ggf. auch die Kontrolle nachgelagerter Märkte verbunden.
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Bei Frequenzknappheit, also bei mehr Nachfragern bzw. Wettbewerbern als Frequenzen zur Verfügung stehen, kommt es nach der Frequenzregulierung in Teil 5 des TKG (dazu D.) zu einem Vergabeverfahren (§ 55 Abs. 9 TKG), das entweder in Form der Versteigerung (§ 61 Abs. 1 und 6 TKG) oder in Form der Ausschreibung erfolgt (§ 61 Abs. 1 und 7 TKG). Die Bestimmung in § 55 Abs. 9 TKG sieht dafür vor, dass die BNetzA die „Bedingungen“ für das Vergabeverfahren nach § 61 TKG festlegt. Dementsprechend beinhaltet § 61 Abs. 4 TKG in Nr. 1 und Nr. 4 die Möglichkeit, sachliche Mindestvoraussetzungen an die Zulassung eines Antragstellers zu einem Vergabeverfahren festzulegen (Nr. 1) sowie Frequenznutzungsbestimmungen zu treffen (Nr. 4). Dies steht einerseits im Zusammenhang mit § 60 Abs. 2 TKG, wonach eine Frequenzzuteilung zur Sicherstellung der effizienten und störungsfreien Frequenznutzung mit Nebenbestimmungen versehen werden kann; andererseits mit § 61 Abs. 7 TKG, wonach Verpflichtungen, die der Antragsteller im Laufe eines Vergabeverfahrens eingegangen ist, Bestandteile der Frequenzzuteilung werden. Daraus folgt, dass die BNetzA im Rahmen von Vergabeverfahren für Frequenzzuteilungen bestimmte Verpflichtungen auferlegen kann. Bei diesen Verpflichtungen handelt es sich entweder um selbständige Nebenbestimmungen in Form von Auflagen – dies ergibt sich aus § 149 Abs. 1 Nr. 12 TKG oder sie werden gar (untrennbarer) Bestandteil der Frequenzzuteilung selbst. 986 | Heun
Besondere Verpflichtungen für Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht
Rz. 492 H
8.2.1 Befugnis aus der Frequenzregulierung zur Auferlegung von (Zugangs-)Verpflichtungen Aufgrund der Befugnisse der BNetzA für Auflagen und Verpflichtungen in § 60 Abs. 2, § 61 Abs. 4 und 7 TKG stellt sich die Frage, ob diese auch Zugangsverpflichtungen nach §§ 18–24 TKG beinhalten können. Obwohl § 61 Abs. 4 Nr. 4 TKG lediglich auf Versorgungspflichten und deren zeitliche Umsetzung hinweist, ist dies zu bejahen. Denn dieser Hinweis ist, wie die Verwendung des Wortes „einschließlich“ zeigt, nur beispielhaft gemeint. In den genannten Bestimmungen des TKG ist ihrem Wortlaut entsprechend eine eigenständige Befugnis der BNetzA enthalten, Auflagen zu erteilen bzw. Verpflichtungen aufzuerlegen, die vom Frequenzzuteilungsnehmer eines Vergabeverfahrens zu beachten sind. Derartige Auflagen und Verpflichtungen sind auch nicht von vorneherein auf frequenzspezifische Fragen begrenzt. Dies ist schon daraus zu ersehen, dass beispielsweise die so genannten Diensteanbieterverpflichtungen (dazu unten Rz. 500 ff.) in den D-Lizenzen für GSM-Mobilfunk mit dem Zweck der Sicherstellung der „effizienten Frequenznutzung“ begründet worden sind1. Die nach § 60 Abs. 2 S. 1 TKG gestatteten Nebenbestimmungen beziehen sich ebenfalls auf eine effiziente Frequenznutzung. Hinzu kommt, dass § 61 Abs. 7 TKG ausdrücklich die Möglichkeit anspricht, dass ein Frequenzzuteilungsnehmer im Rahmen eines Vergabeverfahrens „Verpflichtungen“ eingeht, ohne dass diese Verpflichtungen eine besondere Begrenzung nach Art und Inhalt erfahren. Im Gegenteil, die Gesetzesbegründung verweist zu dieser Regelung auf Bedingung 7 Teil B des Anhangs zur Genehmigungsrichtlinie2. Dort ist es gestattet, dem Frequenzzuteilungsnehmer im Rahmen von Vergabeverfahren Verpflichtungen aufzuerlegen, d. h. es können Verpflichtungen festgelegt werden, die der Antragsteller durch seine Teilnahme am Vergabeverfahren eingeht3. Wie sogleich zu zeigen sein wird, beinhaltet dies auch die Auferlegung von Zugangspflichten.
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Dies erstaunt nur auf den ersten Blick. Betrachtet man etwa die Zugangsgewährungsverpflichtungen in § 21 Abs. 3 Nr. 4 und Abs. 2 Nr. 6 TKG hinsichtlich der gemeinsamen Nutzung von beispielsweise Masten und Gebäuden (siehe oben Rz. 378 ff.) sowie die Zulassung von dortigen Nutzungsund Kooperationsmöglichkeiten für die Nachfrager (siehe oben Rz. 338 ff.), so leuchtet ein, dass diese Zugangspflichten durchaus eine Menge mit Frequenzzuteilungen zu tun haben können. Anläßlich der seitens der BNetzA für 2008 angekündigten Versteigerung weiterer UMTS-Frequenzen, um die sich auch Neueinsteiger bemühen können, stellt sich erneut die schon bei der ursprünglichen Versteigerung relevante Frage, ob die etablierten Netzbetreiber bestimmten Verpflichtungen unterworfen werden sollen, damit der
492
_______________
1 Vgl. Broß, ZPT 1990, 38. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 81 oben zum gleichlautenden § 59 Abs. 7. 3 In diesem Sinne VG Köln, Urt. v. 2.11.2006 – 1 K 4871/05, CR 2007, 162 (163).
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H Rz. 493
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Markteintritt von Neueinsteigern gefördert und nicht behindert wird1. Dies betrifft die genannten Zugangsverpflichtungen ebenso wie Fragen des National Roaming (§ 21 Abs. 2 Nr. 4 TKG) oder die Zulassung von Resellern (§ 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG). Die BNetzA wird sich daher mit Blick auf die Interessen der bestehenden Mobilfunknetzbetreiber gegenüber den Interessen der Neueinsteiger mit diesen Fragen (erneut) zu befassen haben. 8.2.2 Zulässige Ausnahmetatbestände des TKG und des europäischen Rechts 493
Zwar entspricht es der Systematik des TKG ebenso wie der des Richtlinienpakets 2002, dass Vorabverpflichtungen grundsätzlich nur dann auferlegt werden sollen, wenn ein Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren zur Feststellung beträchtlicher Marktmacht bei dem zu verpflichtenden Unternehmen geführt hat. Dies folgt aus Art. 8 Abs. 2 Zugangsrichtlinie bzw. aus § 9 Abs. 1 und 2 TKG. Indes ist damit lediglich die Regel beschrieben, von welcher der europarechtliche Rahmen ebenso wie das TKG Ausnahmen zulassen. Die prominenteste Ausnahme hiervon ist in § 18 TKG in Verbindung mit § 9 Abs. 3 TKG enthalten (siehe oben Rz. 465 ff.). Dem zugrunde liegend ist Art. 8 Abs. 3 Zugangsrichtlinie zu beachten, der neben der Auferlegung von Verpflichtungen gegenüber Unternehmen, die Zugänge zu Endkunden kontrollieren (Art. 8 Abs. 3, 1. Spiegelstrich i. V. m. Art. 5 Abs. 1 und 2 Zugangsrichtlinie) auch gestattet, dass Verpflichtungen gemäß Art. 6 Abs. 1 Genehmigungsrichtlinie i. V. m. Bedingung 7 Teil B des Anhangs zur Genehmigungsrichtlinie auferlegt werden (Art. 8 Abs. 3, 2. Spiegelstrich). Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, dass Art. 8 Abs. 3 Zugangsrichtlinie von der Auferlegung von Verpflichtungen spricht, d. h. es geht nicht nur um bereits vorhandene Verpflichtungen sondern auch um zukünftige Verpflichtungen unter dem europäischen Rechtsrahmen von 2002. Dies folgt aus der Formulierung in Art. 8 Abs. 3 Zugangsrichtlinie: „Unbeschadet […] erlegen die nationalen Regulierungsbehörden Betreibern, die nicht gemäß Absatz 2 eingestuft wurden, die in den Artikeln 9 bis 13 genannten Verpflichtungen nicht auf“ (Hervorhebung nur hier).
Diese Formulierung im Präsens bedeutet, dass die Auferlegung von Verpflichtungen nach Art. 8 Abs. 2 Zugangsrichtlinie (bei beträchtlicher Marktmacht) im gleichen gegenwartsbezogenen Verhältnis zu einer Auferlegung von Verpflichtungen _______________
1 Es ging dabei insbesondere um National Roaming und Diensteanbieterverpflichtungen: Entscheidung der Präsidentenkammer v. 18.2.2000 über die Festlegungen und Regeln im Einzelnen zur Vergabe von Lizenzen für Universal Mobile Telecommunications System (UMTS)/International Mobile Telecommunications 2000 (IMT-2000) Mobilkommunikation der dritten Generation – BK-1b-98/005 -1, RegTP Vfg. 13/2000, ABl. RegTP 4/2000, S. 516 (530–535).
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht
Rz. 494 H
–
nach Art. 8 Abs. 3 i. V. m Art. 5 Abs. 1 und 2 Zugangsrichtlinie (§ 18 TKG) und
–
nach Art. 8 Abs. 3 Zugangsrichtlinie i. V. m Art. 6 Abs. 1, Bedingung 7 Teil B des Anhangs Genehmigungsrichtlinie steht (§§ 60 Abs. 2, 61 Abs. 4 und 7 TKG) steht.
Zugleich wird durch das dort statuierte Regel-Ausnahme-Verhältnis verdeutlicht, dass die auferlegbaren Verpflichtungen solche der Art. 9 bis 13 Zugangsrichtlinie sind1. Denn der Umkehrschluss aus Art. 8 Abs. 3 Zugangsrichtlinie führt dazu, dass in den genannten Ausnahmenfällen eben Verpflichtungen nach den Art. 9–13 Zugangsrichtlinie und damit der §§ 19– 24 TKG auferlegt werden dürfen. Auch die Formulierung in Art. 6 Abs. 1 Genehmigungsrichtlinie zeigt, dass „… Nutzungsrechte für Funkfrequenzen … nur an die jeweils in den Teilen A, B und C des Anhangs genannten Bedingungen geknüpft werden“ (Hervorhebung nur hier)
können. Zwar verdeutlicht das Wort „nur“ ebenso wie die zugehörigen Erwägungsgründe (13) und (15) der Genehmigungsrichtlinie, dass eben nur die im Anhang aufgeführten Bedingungen zulässig sind und diese auf das „absolut Notwendige“ beschränkt werden sollen. Damit wird aber die Auferlegung dieser Bedingungen nicht ausgeschlossen, sondern der bereits festgestellte Ausnahmecharakter der Auferlegung von Verpflichtungen gegenüber Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht klargestellt. Dementsprechend können nach Bedingung 7 Teil B des Anhangs zur Genehmigungsrichtlinie im Zusammenspiel gelesen „Verpflichtungen, die das Unternehmen, das die Nutzungsrechte erwirbt, im Laufe eines auf Wettbewerb oder auf Vergleich beruhenden Auswahlverfahrens eingegangen ist“ als „Bedingungen, die an Frequenznutzungsrechte geknüpft werden können“, auferlegt werden. Auch insoweit ist die Formulierung im Zusammenspiel mit Art. 6 Abs. 1 Genehmigungsrichtlinie nicht auf die Vergangenheit, sondern auf Gegenwart und Zukunft bezogen. Jedes andere Verständnis wäre unsinnig, weil dann auch die sonstigen in den Teilen A, B und C des Anhangs zur Genehmigungsrichtlinie nicht als Berechtigung für die Zukunft verstanden werden dürften, sondern lediglich als Verpflichtungen, die bereits auferlegt waren. Dies ist aber eindeutig nicht durch Art. 6 Abs. 1 sowie Art. 11 Abs. 1 lit. a) Genehmigungsrichtlinie – Letzteres für den Bereich der Allgemeingenehmigung – intendiert. Auch der deutsche Gesetzgeber hat dies nicht so verstanden, indem er beispielsweise Bedingungen aus Art. 6 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 1 i. V. m. Anhang Teil A Bedingung 10 Genehmigungsrichtlinie in den Auskunftsrechten der BNetzA des § 127 TKG umgesetzt hat2.
_______________
1 VG Köln, Urt. v. 2.11.2006 – 1 K 4871/05, CR 2007, 162 (163). 2 Siehe die Gesetzesbegründung zu § 125 TKG-E, BT-Drucks. 15/2316, S. 100.
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H Rz. 495 495
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Auch die zitierte Formulierung in Bedingung 7 Anhang Teil B Genehmigungsrichtlinie „eingegangen ist“ steht diesem Verständnis nicht entgegen, weil der eigentlichen Auferlegung mittels Einräumung der Frequenznutzungsrechte die Eingehung der Verpflichtung im Rahmen des besonderen Vergabeverfahrens zeitlich vorausgeht. So etwa indem im Vergabeverfahren – wie auch in der bisherigen Praxis der BNetzA üblich – die Inhalte des Frequenzzuteilungsbescheids (früher auch des Lizenzerteilungsbescheids) vorab festgelegt werden (beispielsweise bei den Ausschreibungsverfahren für die GSM-Lizenzen ebenso wie bei den Versteigerungsverfahren zu den UMTSLizenzen). Zwar konkretisiert Bedingung 7 Anhang Teil B Genehmigungsrichtlinie die zulässigen Verpflichtungen nicht. Dies ist aber auch nicht erforderlich, weil sich der Umfang der auferlegbaren Verpflichtungen insoweit aus Art. 8 Abs. 3 Zugangsrichtlinie ergibt und sich mithin auf die Art. 9 bis 13 Zugangsrichtlinie bezieht (siehe oben Rz. 493). 8.2.3 Rechtsfolgen
496
Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die BNetzA im Rahmen von Vergabeverfahren auch unter dem heutigen TKG Zugangsverpflichtungen aus §§ 19–24 TKG in Frequenzzuteilungen auferlegen darf. Sie hat dabei selbstverständlich nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ist aber angesichts der Besonderheiten eines Vergabeverfahrens auf Grund der europarechtlichen Rahmenbedingungen gerade nicht an der Auferlegung derartiger Verpflichtungen gehindert. Vielmehr kann es zur Sicherstellung der Regulierungsziele auch heute angezeigt sein, Zugangsverpflichtungen aufzuerlegen. Dazu sei am Rande bemerkt, dass die BNetzA an anderer Stelle aus § 55 Abs. 4 TKG, in welchem über den Hinweis auf die „subjektiven Voraussetzungen für die Frequenzzuteilung“ ein Verweis in Teil B des Anhangs zur Genehmigungsrichtlinie erfolgt, weitreichende Folgerungen zieht: Auf dieser Grundlage fordert die BNetzA nämlich unter Beibehaltung ihrer ständigen Praxis Nachweise für Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkunde der Antragsteller, die für einfache Frequenzzuteilungen weder weiterhin im TKG (wie früher in § 8 TKG 1996) explizit enthalten noch in Teil B des Anhangs zur Genehmigungsrichtlinie namentlich aufgeführt sind. Sie werden von der BNetzA aber mit Blick auf die Sicherstellung zur effizienten und störungsfreien Frequenznutzung verlangt. 8.2.4 Rechtsschutz, Durchsetzung etwaiger Zugangsgewährungsverpflichtungen und Sanktionen
497
Im Rahmen der Gestaltung der Bedingungen für ein Frequenzvergabeverfahren können die gleichen Rechtsschutzfragen auftauchen wie bei den Zugangsverpflichtungen, insbesondere den Zugangsgewährungsverpflichtungen des § 21 TKG (siehe oben Rz. 389 ff.). Allerdings sind hier folgende Besonderheiten zu beachten: Aus den Bestimmungen in den §§ 60 Abs. 2; 61 990 | Heun
Besondere Verpflichtungen für Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht
Rz. 500 H
Abs. 4 und 7 TKG lässt sich angesichts eines fehlendes Hinweises auf Interessen Dritter kein Drittschutz herleiten. Daher kommt Rechtsschutz zur Auferlegung, d. h. Vorgabe einer Bedingung bzw. Verpflichtung aus dem Katalog der §§ 19–24 TKG nicht in Betracht. Der Adressat der Frequenzzuteilung wird dagegen mit Blick auf § 61 Abs. 7 TKG Schwierigkeiten haben, derartige, voraussichtlich nach § 61 Abs. 4 Nr. 4 TKG vorgegebene Bedingungen bzw. Verpflichtungen isoliert anzufechten. Denn diese sollen Bestandteil der Frequenzzuteilung werden. Da die isolierte Anfechtbarkeit aber nicht möglich ist, wenn Hauptverwaltungsakt und Nebenbestimmung untrennbar miteinander verbunden sind1, spricht mehr dafür, dass die Frequenzzuteilung nicht ohne die Bedingung bzw. Verpflichtungen erteilt werden sollte. Das ist ja gerade der Sinn derartiger Verpflichtungen im Frequenzvergabeverfahren. Folglich würde sich der (potenzielle) Frequenzzuteilungsnehmer gegen solche Verpflichtungen im Wege der Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Frequenzzuteilung ohne die fragliche Verpflichtung wehren müssen. Dies kann es erforderlich machen, bereits die dem Vergabeverfahren zugrunde liegenden Entscheidungen der BNetzA nach § 55 Abs. 9, § 61 TKG anzugreifen. Was Auflagen nach § 60 Abs. 2 S. 1 TKG anbetrifft, so sind Verstöße hiergegen nach § 149 Abs. 1 Nr. 12 TKG bußgeldbewehrt. Im Übrigen können Verstöße gegen Auflagen oder Verpflichtungen mittels § 126 TKG (allgemeine Eingriffsbefugnis bei Verletzung von Verpflichtungen nach dem Gesetz oder auf Grund des Gesetzes) oder (falls möglich) Verwaltungszwang geahndet werden. Hinsichtlich eines Vorgehens nach § 126 TKG ist allerdings zu beachten, dass hier auch der Widerruf der Frequenzzuteilung nach § 63 Abs. 2 Nr. 2 TKG in Betracht kommt. Der Widerruf dürfte jedenfalls gegenüber dem Betätigungsverbot nach § 126 Abs. 3 TKG vorrangig sein, als ultima ratio der Frequenzregulierung allerdings nicht gegenüber („milderen“) Anordnungen nach § 126 Abs. 1 und 2 TKG.
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Sofern Zugangsverpflichtungen auferlegt worden sind, kommen die für diese Verpflichtungen einschlägigen Durchsetzungsmechanismen (siehe oben bei den relevanten Zugangsverpflichtungen) auch zugunsten der hiervon Berechtigten in Betracht, sofern der Personenkreis hinreichend bestimmt ist (drittschützende Wirkung). Dies ist beispielsweise für die Diensteanbieterverpflichtungen in den GSM-Lizenzen nach der Rechtsprechung der Fall2 (siehe unten Rz. 507).
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8.3 Verpflichtungen aufgrund der GSM- und UMTS-Lizenzen Neben den bereits erörterten Zugangsverpflichtungen im Rahmen von Frequenzvergabeverfahren ist auch auf die Verpflichtungen einzugehen, die in _______________
1 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 36 Rz. 63. 2 VG Köln, Urt. v. 2.11.2006 – 1 K 4871/05, CR 2007, 162 (164).
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500
H Rz. 500
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
den vor Inkrafttreten des TKG 2004 vergebenen GSM- und UMTS-Lizenzen enthalten sind. Zwar ist etwa das Diskriminierungsverbot/Gleichbehandlungsgebot des § 19 TKG nur gegenüber Unternehmen auferlegbar, die über beträchtliche Marktmacht verfügen (siehe oben Rz. 135 ff.). Dementsprechend ist auch das frühere, gegenüber sämtlichen Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze bestehende Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 2 TKV durch § 152 Abs. 2 TKG aufgehoben worden. Nicht aufgehoben worden sind indes die GSM-und UMTS-Lizenzen, die in ihrem Text eigenständige Verpflichtungen in Bezug auf Diensteanbieter enthalten, die so genannten Diensteanbieterverpflichtungen. Neben anderen Verpflichtungen enthalten die GSM- und UMTS-Lizenzen insbesondere drei Diensteanbieterverpflichtungen, wobei die UMTS Lizenzen den Wortlaut des damals geltenden § 4 TKV 1997 in der Lizenz beinhalten1: 1. Die Verpflichtung des Netzbetreibers, geeignete Diensteanbieter zuzulassen (Punkt 17.1, 17.2 GSM-Lizenz; § 4 Abs. 1 TKV 1997 i. V. m. Teil C Nr. 15 Abs. 1 der UMTS-Lizenz); 2. Die Verpflichtung des Netzbetreibers, für den Diensteanbieter keine Ausschließlichkeits- sowie Preis- und Konditionenbindungen vorzunehmen (Punkt 17.2 GSM-Lizenz, § 4 Abs. 2 TKV 1997 i. V. m. Teil C Nr. 15 Abs. 2 UMTS-Lizenz) 3. Die Verpflichtung des Netzbetreibers, Diensteanbieter nicht zu diskriminieren (Punkt 17.6 GSM-Lizenz, § 4 Abs. 2 TKV 1997 i. V. m. Teil C Nr. 15 Abs. 2 UMTS-Lizenz). Alle Verpflichtungen sind den Netzbetreibern mit der jeweiligen Lizenz auferlegt. Daher kann qualitativ von Vorabverpflichtungen im Sinne des europarechtlichen Rahmens gesprochen werden. Die Verpflichtung zu 1. findet ihre Entsprechung in Art. 12 Abs. 1 Unterabsatz 2 lit. d) der Zusammenschaltungsrichtlinie für den Zugang zu Großhandelsbedingungen, die Verpflichtung zu 3. in Art. 10 Zusammenschaltungsrichtlinie als Gleichbehandlungsverpflichtung. Im TKG ist die Auferlegung derartiger Verpflichtungen in § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG für die Zulassung von Diensteanbietern (Resellern) und in § 19 TKG hinsichtlich des Gleichbehandlungsgebots umgesetzt. Die Verpflichtung zu 2. entstammt dagegen dem allgemeinen Kartellrecht und ist telekommunikationsrechtlich eher § 42 TKG zuzuordnen. Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die Verpflichtungen zu 1. und 3.
_______________
1 Eine Ausnahme bildet insoweit die GSM-Lizenz von O2 (E2-Lizenz), die lediglich in Teil C Ziffer 14.1 auf die Ermächtigungsgrundlage des § 41 TKG 1996 verweist, auf dessen Grundlage die TKV 1997 erging. Mit Außerkrafttreten des § 4 TKV anlässlich des TKG 2004 bestehen daher keine Diensteanbieterverpflichtungen in dieser Lizenz.
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht
Rz. 503 H
8.3.1 Fortgeltung der Diensteanbieterverpflichtungen aus den GSM- und UMTS-Lizenzen Trotz des eingangs erwähnten Grundsatzes, das Zugangsverpflichtungen das Bestehen beträchtlicher Marktmacht erfordern, ergibt sich die europarechtskonforme Fortgeltung der Diensteanbieterverpflichtungen aus § 150 Abs. 4 TKG i. V. m. Art. 6 Abs. 1 i. V. m. Bedingung 7 Teil B des Anhangs zur Genehmigungsrichtlinie1 (siehe auch oben Rz. 493 ff.). Insoweit ist der Wortlaut in § 150 Abs. 4 TKG eindeutig, zumal dort explizit die Zulassung von Diensteanbietern als Beispiel genannt ist (S. 2) und die Formulierung aus Bedingung 7 Teil B des Anhangs zur Genehmigungsrichtlinie „auf Wettbewerb oder Vergleich beruhende Auswahlverfahren“ übernommen worden ist (S. 1). Entsprechend lautet auch die Gesetzesbegründung2. Für diesen Befund ist es irrelevant, dass das europäische Recht anders als das frühere deutsche Recht nicht zwischen Lizenz- und Frequenzerteilung unterscheidet, weil beides nach deutschem Recht miteinander verknüpft war3.
501
8.3.2 Adressaten der Diensteanbieterverpflichtungen Die verpflichteten Unternehmen stehen in Person der GSM- und UMTSLizenznehmer bzw. der Mobilfunknetzbetreiber fest. Berechtigte Unternehmen sind umschrieben als „geeignete Diensteanbieter“, die vom Netzbetreiber nach sachlichen Kriterien auszuwählen und zuzulassen und dabei gleich zu behandeln sind (GSM-Lizenzen) oder schlicht als Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit (UMTS-Lizenzen). Beide Bezeichnungen sind heute mit Anbietern von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit im Sinne von § 6 Abs. 1 i. V. m. § 3 Nr. 6 lit. a), Nr. 24 TKG (dazu A. Rz. 40 ff.) gleichzusetzen. Die in den GSM-Lizenzen vorausgesetzte Eignung ist dahingehend zu verstehen, dass der Diensteanbieter in der Lage sein muss, die gewünschte Vertriebstätigkeit mit Blick auf seine personellen, betrieblichen und finanziellen Ressourcen auch auszuüben.
502
8.3.3 Inhalt und Umfang Aus der Zulassungspflicht der GSM-Lizenzen folgt im Ergebnis ein Kontrahierungszwang für die Mobilfunknetzbetreiber, der jedenfalls durch die BNetzA durchgesetzt werden kann4 (siehe auch unten Rz. 506 ff.). Da allerdings die UMTS-Lizenzen lediglich den Wortlaut des zum Zeitpunkt der Lizenzerteilung geltenden § 4 TKV 1997 wiederholen, ist die obergerichtliche Rechtsprechung zu beachten, die einen aus § 4 TKV 1997 folgenden _______________
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VG Köln, Urt. v. 2.11.2006 – 1 K 4871/05, CR 2007, 162 (163). BT-Drucks. 15/2316, S. 107 zu § 148. VG Köln, Urt. v. 2.11.2006 – 1 K 4871/05, CR 2007, 162 (163). Korehnke in: Schuster, Vertragshandbuch Telemedia, S. 244 Rz. 31.
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H Rz. 504
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Kontrahierungszwang abgelehnt hat1 (siehe auch oben Rz. 320). Diese Sichtweise ist allerdings gerade mit Blick auf die UMTS-Lizenzen fragwürdig, weil die Aufnahme des Wortlauts der Regelungen von § 4 TKV 1997 gerade bezwecken sollte, dass eine Zulassungspflicht für Diensteanbieter besteht2. Daher muss die ansonsten mit § 4 TKV 1997 wortgleiche Verpflichtung im Kontext der Lizenzvergabe, den damit verfolgten Zwecken gesehen und entsprechend im Sinne einer Zulassungspflicht ausgelegt werden. 504
Die konkrete Leistungsbereitstellung durch die Mobilfunknetzbetreiber hat dabei in einer Art und Weise zu erfolgen, dass der Diensteanbieter deren Leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vertreiben und ihren Kunden anbieten können. Dies entspricht der Formulierung in der heutigen Zugangsgewährungsverpflichtung des § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG, so dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann (oben Rz. 323). Eine Besonderheit besteht hier allerdings in den GSM-Lizenzen, wonach die Diensteanbieter auch Zusatzdienste entwickeln und ihren Kunden anbieten können sollen. Hier muss also der Mobilfunknetzbetreiber sein Leistungsangebot so ausgestalten, dass dem Diensteanbieter ein eigener Produktgestaltungsspielraum verbleibt.
505
Hinsichtlich des Diskriminierungsverbots ist festzustellen, dass dieses in GSM- wie UMTS-Lizenzen in gleicher Weise zu verstehen ist. Zudem entspricht es als Vorabverpflichtung im wesentlichen dem Gleichbehandlungsgebot des § 19 TKG, so dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann (ausführlich oben Rz. 135 ff.). 8.3.4 Durchsetzung der Diensteanbieterverpflichtungen
506
Die Durchsetzung der Diensteanbieterverpflichtungen hat die BNetzA (RegTP) und die Gerichte in 2005 und 2006 recht ausführlich beschäftigt. Anlass und Beginn hierfür war die Einführung eines neuen Diensteanbieters (Simyo) durch E-Plus, wobei sich andere Diensteanbieter hinsichtlich des Zeitpunkts der Einführung diskriminiert fühlten, weil ihnen entsprechende Vorleistungsprodukte erst mit dem Markteintritt des neuen Diensteanbieters angeboten wurden. Die eigenen Konkurrenzprodukte konnten daher erst mit erheblicher Verspätung vermarktet werden. Dies hat einen Diensteanbieter zur Einleitung eines Streitbeilegungsverfahrens nach § 133 TKG veranlasst, welches von der BNetzA (RegTP) allerdings dahingehend entschieden worden ist, dass die zeitliche Diskriminierung aufgrund der mit dem Markteintritt verbundenen Produktinnovation sachlich gerechtfertigt _______________
1 OVG NRW, CR 2002, 29 (31). 2 Entscheidung der Präsidentenkammer v. 18.2.2000 über die Festlegungen und Regeln im Einzelnen zur Vergabe von Lizenzen für Universal Mobile Telecommunications System (UMTS)/International Mobile Telecommunications 2000 (IMT2000) Mobilkommunikation der dritten Generation – BK-1b-98/005 -1, RegTP Vfg. 13/2000, ABl. RegTP 4/2000, S. 516 (533).
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Besondere Verpflichtungen für Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht
Rz. 508 H
war1. Dies hat auch die Rechtsprechung bestätigt2 (siehe dazu auch oben Rz. 183 f.). 8.3.4.1 Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG In der Folge des Simyo-Verfahrens ergaben sich weitere Streitigkeiten, die vorläufig deswegen zum Erliegen kamen, weil die BNetzA sich entgegen ihrem Vorgehen im Fall Simyo auf den Standpunkt stellte, derartige Streitigkeiten seien doch nicht im Wege des Streitbeilegungsverfahrens nach § 133 TKG aufzugreifen, weil es sich bei den Diensteanbieterverpflichtungen nicht um die dort vorausgesetzten Streitigkeiten über „Verpflichtungen aus diesem Gesetz oder aufgrund des Gesetzes“ handele. Diese Sichtweise hatte in der Rechtsprechung allerdings keinen Bestand3 und wurde zugleich durch die Einfügung von § 150 Abs. 4a TKG mittels des TKG-Änderungsgesetzes erledigt4. Danach gelten nunmehr ausdrücklich die nach den Bestimmungen in § 150 Abs. 1 und 4 TKG wirksam bleibenden und fortgeltenden Rechte und Verpflichtungen als solche nach diesem Gesetz im Sinne der §§ 126 und 133 TKG. Trotz der fehlenden Erwähnung gilt dies freilich auch für § 44 TKG und die dortigen zivilrechtlichen Ansprüche. Daraus folgt, dass zur Durchsetzung der Diensteanbieterverpflichtungen das Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG grundsätzlich in Betracht kommt5; es ist auch nicht gegenüber einem sonstigen Vorgehen der BNetzA etwa aus § 126 TKG subsidiär6. Die Diensteanbieterverpflichtungen haben drittschützende Wirkung, so dass in der Folge für einen berechtigten Diensteanbieter bei Ablehnung eines Streitbeilegungsantrags der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist7, ebenso wie selbstverständlich für den Adressaten einer belastenden Streitbeilegungsentscheidung.
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8.3.4.2 Sonstige Mittel zur Durchsetzung Abgesehen vom Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG zugunsten der berechtigten Diensteanbieter stehen der BNetzA auch die bereits im Rah_______________
1 2 3 4 5
RegTP, Beschl. v. 12.7.2005 – BK3a-05/035, S. 19 ff. des amtlichen Umdrucks. VG Köln, Urt. v. 2.11.2006 – 1 K 4871/05, CR 2007, 162 (164). VG Köln, Urt. v. 2.11.2006 – 1 K 4871/05, CR 2007, 162 (163). BT-Drucks. 16/2581, S. 40; BT-Drucks. 16/3635, S. 52. Eine Besonderheit soll hier allerdings für die D2-Lizenz von Vodafone gelten, die mittels öffentlich-rechtlichem Vertrag erteilt wurde und die dortigen Diensteanbieterverpflichtungen daher nicht mittels Verwaltungsakt (auch auf Basis des § 133 TKG) durchsetzbar sein sollen; vgl. BT-Drucks. 16/3636, S. 52. Hier wäre von der BNetzA der Weg zu den Verwaltungsgerichten zu suchen (vgl. Kopp/ Ramsauer, VwVfG, § 61 Rz. 5 f.), wobei hierbei die Frage auftaucht, ob dieser Rechtsweg nach § 62 VwVfG auch den Diensteanbietern unter dem Aspekt offen steht, dass insoweit ein Vertrag zugunsten Dritter bzw. mit Schutzwirkung für Dritte vorliegt. 6 VG Köln, Urt. v. 2.11.2006 – 1 K 4871/05, CR 2007, 162 (163). 7 VG Köln, Urt. v. 2.11.2006 – 1 K 4871/05, CR 2007, 162 (164).
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H Rz. 509
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
men der Ausführungen zu Verpflichtungen aus Vergabeverfahren genannten (oben Rz. 498) Mittel zur Durchsetzung der Diensteanbieterverpflichtungen zur Verfügung. Dies gilt in erster Linie für den Widerruf der Frequenzzuteilung nach § 63 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 TKG, das Vorgehen nach § 126 TKG und Verwaltungszwang1. Für die Durchsetzung von Auflagen – diese sind ja auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet – gelten die gleichen Bestimmungen zur Durchsetzung wie für einen Verwaltungsakt selbst2. Daher können die Diensteanbieterverpflichtungen gemäß § 6 Abs. 1 VwVG mit den Zwangsmitteln nach § 9 VwVG durchgesetzt werden. Hinzu kommt folgendes: Ist ein Verwaltungsakt mit Auflagen, die den Schutz Dritter bezwecken, ergangen, und ist dieser Verwaltungsakt bestandskräftig, und erfüllt der Adressat des Verwaltungsakts die Auflagen nicht, kann der Dritte von der Behörde verlangen, den Adressaten zur Erfüllung der Auflage zu zwingen bzw. hierüber ermessensfehlerfrei zu entscheiden3. Hinzu kommt schließlich noch eine besondere Maßnahmeermächtigung in Punkt 17.6 S. 3 der GSM-Lizenzen selbst (D-Lizenzen und E1-Lizenz), wenn der Wettbewerb zwischen Mobilfunknetzbetreiber und Diensteanbieter nachhaltig gestört ist.
9. Sonstige gesetzliche Verpflichtungen zur Wettbewerbsregulierung 509
Wie bereits erwähnt (oben Rz. 20 ff.) enthält das TKG auch außerhalb seines Teils 2 Regelungen, die sich mit den Rechten und Pflichten von Wettbewerbern untereinander befassen. Die hierzu gehörenden besonderen Regelungen in Bezug auf Frequenzzuteilungen infolge wettbewerblicher Vergabeverfahren sind dabei bereits erörtert worden (oben Rz. 489 ff.). Sonstige Bestimmungen, die unmittelbar das Verhältnis der Wettbewerber untereinander regulieren, enthalten insbesondere die §§ 49 bis 51 in Teil 4 des TKG zur Rundfunkübertragung (dazu J.), die Bestimmung des § 47 in Teil 5 des TKG zur Überlassung von Teilnehmerdaten an Anbieter öffentlich zugänglicher Auskunftsdienste und Teilnehmerverzeichnisse sowie Mitbenutzungsverpflichtungen im Bereich der Wegerechte (§§ 45a Abs. 3, 70 TKG). 9.1 Bereitstellen von Teilnehmerdaten nach § 47 TKG
510
Mit § 47 TKG ist erstmals eine umfassende Regelung über die Bereitstellung von Teilnehmerdaten in inhaltlicher wie preislicher Hinsicht im TKG enthalten, die auch die diesbezügliche Kontrolle in die Aufsicht und Befug_______________
1 Auch hier ist allerdings die Besonderheit zu beachten, dass die D2-Lizenz mit öffentlich-rechtlichem Vertrag erteilt worden ist. 2 Kopp/Ramsauer, § 36 VwVfG Rz. 70. 3 Kopp/Ramsauer, § 36 VwVfG Rz. 72.
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Sonstige gesetzliche Verpflichtungen zur Wettbewerbsregulierung
Rz. 513 H
nis der BNetzA legt. Die frühere Regelung in § 12 TKG 1996 enthielt dagegen keine Eingriffsbefugnis für die RegTP und wurde daher über Verfahren vor dem BKartA durchgesetzt. Die europarechtliche Vorgabe für § 47 TKG ist in Art. 25 Abs. 2 Universaldienstrichtlinie enthalten, die in wenigen Worten Aussagen zum Format, zu einem Diskriminierungsverbot und kostenorientierten Preisen für einen Anspruch auf Erhalt von Teilnehmerdaten macht. Strukturell trifft § 47 TKG in seinem Absatz 1 die grundsätzliche Regelung darüber, wer zur Überlassung von Teilnehmerdaten auf Nachfrage verpflichtet und wer daraus berechtigt ist. In Absatz 2 wird der Umfang der bereitzustellenden Daten näher erläutert. Absatz 3 trifft eine Zuständigkeitsregelung für Streitigkeiten und Absatz 4 befasst sich mit der Regulierung der Entgelte für die Bereitstellung der Teilnehmerdaten.
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9.1.1 Adressaten § 47 TKG Nach § 47 Abs. 1 TKG verpflichtete Unternehmen sind sämtliche Erbringer von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit (dazu ausführlich A. Rz. 40 ff.), die Rufnummern an Endnutzer vergeben. Es handelt sich also um nach § 6 TKG meldepflichtige Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit, die aufgrund einer originären Rufnummernzuteilung seitens der BNetzA Rufnummern abgeleitet zuteilen (siehe E. Rz. 54 ff.). Dies betrifft im wesentliche Ortsnetzrufnummern, Mobilfunkrufnummern und nationale Teilnehmerrufnummern (NTR). Insofern ist die Begrifflichkeit in § 47 Abs. 1 TKG ungenau, weil abgeleitete Zuteilungen durch die Anbieter an Teilnehmer (§ 3 Nr. 20 TKG) und nicht an Endnutzer (§ 3 Nr. 8 TKG) erfolgen. Dementsprechend wird in § 47 ansonsten auch von Teilnehmerdaten gesprochen. Gemeint ist dabei jedenfalls zunächst ein Teilnehmer, der nicht selbst Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringt. Der Begriff Endnutzer scheint dagegen deswegen benutzt worden zu sein, weil sich der Umfang der Teilnehmerdaten nach § 47 Abs. 2 S. 2 TKG auch auf etwaige „Mitbenutzer“ erstreckt, die nicht Teilnehmer sind. Das wäre allerdings zur Bestimmung des verpflichteten Unternehmens nicht erforderlich gewesen, weil diese Daten immer an die Rufnummernzuteilung gegenüber Teilnehmern anknüpfen. Ob und in welchem Umfang tatsächlich abgeleitete Zuteilungen durch das Unternehmen erfolgen, ist für die Bestimmung des verpflichteten Unternehmens irrelevant.
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Die berechtigten Unternehmen werden in § 47 Abs. 1 TKG schlicht als Unternehmen beschrieben. Lediglich die Überlassungspflicht für die Teilnehmerdaten selbst ist zweckbezogen, d. h. für Zwecke der Bereitstellung von öffentlich zugänglichen Auskunftsdiensten und Teilnehmerverzeichnissen. Allerdings bedeutet diese Zweckbeziehung wie bei den Zugangspflichten der §§ 19–24 TKG, dass nur solche Unternehmen berechtigt sind, welche die genannten Zwecke verfolgen (siehe etwa Rz. 144, 250). Daher kommen
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H Rz. 514
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
letztlich nur Anbieter von öffentlich zugänglichen Auskunftsdiensten sowie Herausgeber von Teilnehmerverzeichnissen in Betracht1, wobei freilich nicht erforderlich ist, dass sie diese Tätigkeit schon bei Nachfrage der Teilnehmerdaten ausüben. Herausgeber von Teilnehmerverzeichnissen erschließen sich dabei über die Definition von Teilnehmerverzeichnissen in § 104 TKG, d. h. öffentliche gedruckte oder elektronische Verzeichnisse (dazu L. Rz. 315 ff.). Anbieter von Auskunftsdiensten sind Unternehmen, welche „bundesweit jederzeit erreichbare Dienste“ erbringen, „insbesondere des Rufnummernbereichs 1182, die ausschließlich der neutralen Weitergabe von Rufnummer, Name, Anschrift sowie zusätzlichen Angaben von Telekommunikationsnutzern dienen“ (§ 3 Nr. 2a TKG). Die mit dem TKG-Änderungsgesetz eingefügte Definition führt nunmehr neben Teilnehmer und Endnutzer auch noch den allerdings nicht weiter definierten Begriff des Telekommunikationsnutzers ein. 9.1.2 Teilnehmerdaten als Gegenstand der Bereitstellungspflicht 514
Gegenstand der Bereitstellungspflicht sind Teilnehmerdaten. Die Legaldefinition hierfür enthält § 47 Abs. 2 S. 1–3 TKG, in dem einerseits auf die nach Maßgabe von § 104 TKG in Teilnehmerverzeichnissen veröffentlichten Daten Bezug genommen wird, andererseits diese Daten näher umschrieben und erweitert werden. Ausgangspunkt für die nähere Bestimmung ist § 104 TKG, wonach die Teilnehmerdaten Name und Anschrift beinhalten (können) sowie zusätzliche Angaben wie Beruf, Branche, Art des Anschlusses und Mitbenutzer. Nach § 47 Abs. 2 S. 2 TKG gehört hierzu freilich auch die in § 104 TKG nicht erwähnte Rufnummer, wobei für alle genannten Daten erforderlich ist, dass sie dem verpflichteten Unternehmen auch vorliegen. Die Formulierung „zusätzliche Angaben wie“ zeigt, dass der angesprochene Katalog nicht abschließend gemeint ist. Entscheidend ist vielmehr, dass die Daten dem verpflichteten Unternehmen vorliegen. Dies bedeutet zweierlei: Zum einen sind auch Daten umfasst, die nicht explizit aufgezählt sind, aber dennoch dem verpflichteten Unternehmen vorliegen3. Lediglich erforderlich ist, dass es sich um zusätzliche Angaben handelt, also um Daten, die mit Rufnummer, Name und Anschrift in Zusammenhang stehen, wie etwa eine E-Mail-Adresse oder Internetdomain4 sowie Geschäfts- und Öffnungszeiten5. Zum anderen – auch weil weder § 47 noch § 104 TKG keinerlei Bezug zur Quelle der bereitzustellenden Teilnehmerdaten haben – sind auch _______________
1 Anders offenbar Beck TKG-Komm/Wilms, § 47 Rz. 21 f. 2 Denkbar sind auch andere Rufnummern, wie es etwa in Mobilfunknetzen vorkommt. 3 Ebenso BNetzA, Beschl. v. 17.8.2005 – BK3c-05/036, S. 16 des amtlichen Umdrucks für die Teilnehmerdaten von Drittunternehmen. 4 VG Köln, Urt. v. 13.12.2006 – 21 K 5175/05, Absatz Nr. 33 über www.justiz. nrw.de. 5 Siehe auch Beck TKG-Komm/Wilms, § 47 Rz. 27.
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Sonstige gesetzliche Verpflichtungen zur Wettbewerbsregulierung
Rz. 516 H
Daten umfasst, die sich auf Teilnehmer beziehen, für die das verpflichtete Unternehmen nicht selbst (abgeleitet) Rufnummern zugeteilt hat, sondern andere Teilnehmernetzbetreiber, wenn und soweit das verpflichtete Unternehmen auch diese Daten besitzt1. In § 47 Abs. 2 S. 3 TKG wird der Anwendungsbereich für Teilnehmerdaten schließlich dahingehend erweitert, dass dazu auch alle Informationen, Verknüpfungen, Zuordnungen und Klassifizierungen gehören, die –
nach dem jeweiligen Stand der Technik unter Beachtung der anzuwendenden datenschutzrechtlichen Regelungen in kundengerechter Form aufbereitet, und
–
zur Veröffentlichung der Teilnehmerdaten in öffentlich zugänglichen Auskunftsdiensten und Teilnehmerverzeichnissen notwendig sind.
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Hier handelt es sich um so genannte Annexdaten, die selbst nicht zur Veröffentlichung bestimmt sind, aber diesem Zweck dienen2: etwa Daten, die der Strukturierung der Datensätze dienen (Identifikationsnummer, Daten zur Einordnung des Datensatzes, Informationen zur datenschutzrechtlichen Freigabe der Teilnehmerdaten). Auch solche Daten unterfallen den Teilnehmerdaten im Sinne von § 47 Abs. 2 TKG. Sie sind allerdings begrenzt durch die datenschutzrechtlichen Anforderungen sowie ihre Zweckbezogenheit, indem sie für die Teilnehmerverzeichnisse und Auskunftsdienste notwendig sein müssen. 9.1.3 Inhalt und Umfang der Bereitstellungspflicht Die Bereitstellungspflicht für Teilnehmerdaten steht generell unter dem Vorbehalt datenschutzrechtlicher Regelungen (dazu L. Rz. 162). Dies befreit das verpflichtete Unternehmen nicht von der Bereitstellungspflicht für Teilnehmerdaten, die auf Wunsch des Teilnehmers nicht der Beauskunftung oder der Aufnahme in ein Teilnehmerverzeichnis dienen3. Denn die datenschutzrechtlichen Regelungen müssen (lediglich) beachtet werden, ohne dass die Definition von Teilnehmerdaten in § 47 Abs. 2 TKG die Frage der Veröffentlichung bereits zu einer Frage der Bereitstellung machen würde. Vielmehr muss das verpflichtete Unternehmen die datenschutzrechtlichen Regelungen in der Weise beachten, dass anlässlich der Bereitstellung der Teilnehmerdaten, die datenschutzrechtlichen Entscheidungen des Teilneh_______________
1 BNetzA, Beschl. v. 17.8.2005 – BK3c-05/036, S. 16 ff. des amtlichen Umdrucks mit ausführlicher Begründung; bestätigt durch VG Köln, Urt. v. 13.12.2006 – 21 K 5175/05, Absatz Nr. 35 über www.justiz.nrw.de. 2 VG Köln, Urt. v. 13.12.2006 – 21 K 5175/05, Absatz Nr. 33 über www.justiz. nrw.de. 3 Der Wunsch des Teilnehmers darf bei der Inverssuche nach § 105 Abs. 3 TKG anstelle der dort vorgesehenen „Opt-Out-Lösung“ allerdings vom Teilnehmernetzbetreiber auch als „Opt-In-Lösung“ betrachtet werden, vgl. OLG München, Urt. v. 23.5.2006 – 9 U 4962/05.
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H Rz. 517
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
mers und/oder Mitbenutzers etwa im Wege der genannten Annexdaten mitgeteilt und die datenschutzrechtlichen Verpflichtungen somit durchgereicht werden1. 517
Die Regelungen in § 47 TKG benutzen mehrere Begriffe für die gleiche Verpflichtung: „Bereitstellen“ (von Teilnehmerdaten) in der Überschrift, „zur Verfügung zu stellen“ in Absatz 1 S. 1, „Überlassung“ in Absatz 1 S. 2 und Absatz 4 S. 1. Alle Begriffe wird man synonym zu verstehen haben, weil es immer um die gleichen Daten und die gleichen Zwecke geht. Allerdings verdeutlichen die Begriffe auch den Regelungsgegenstand von § 47 TKG mit Blick auf die zwei am Markt typischen Formen der „Überlassung“ von Teilnehmerdaten: –
Online-Nutzung, bei der nicht die Teilnehmerdaten im eigentlichen Sinne überlassen werden, sondern bei der der Nachfrager (online) Zugriff auf die Teilnehmerdatenbank des (verpflichteten) Unternehmens erhält und aus dieser unter Nutzung von ebenfalls dem Zugriff unterliegenden Such- und ggf. Verknüpfungsfunktionen einzelne Teilnehmerdaten abruft; naturgemäß kommt diese Nutzungsform nur für Auskunftsdienste und nicht für Teilnehmerverzeichnisse in Betracht.
–
Offline-Nutzung, bei der der Teilnehmerdatenbestand komplett übergeben wird (etwa auf CD-ROM, in Papierform oder zum Download).
Die Verpflichtungswirkung von § 47 Abs. 1 und 2 TKG bezieht sich angesichts der dargestellten Begrifflichkeit lediglich auf die Offline-Nutzung bzw. die Bereitstellung in dieser Form2. Dies wird zusätzlich verdeutlicht durch § 47 Abs. 2 S. 4 TKG, wonach die Teilnehmerdaten so bereitzustellen sind, dass sie u. a. in eine Auskunftsdienstedatenbank aufgenommen werden können. Es geht dem Gesetzgeber also bei der Bereitstellung um die Datenbank beim berechtigten Unternehmen und nicht um einen OnlineZugriff auf die Datenbank des verpflichteten Unternehmens. Ob das verpflichtete Unternehmen daneben auch die Online-Nutzung ermöglicht, ist freilich eine geschäftspolitische Entscheidung, aber keine Verpflichtung aus § 47 Abs. 1 oder 2 TKG. Ebenso ist es auch eine geschäftspolitische Entscheidung des Nachfragers, statt der Offline-Nutzung die ggf. zusätzlich angebotene Online-Nutzung in Anspruch zu nehmen. 518
Weiter bestimmt wird die Bereitstellungspflicht dadurch, dass sie nach § 47 Abs. 1 S. 2 TKG unverzüglich und in nicht diskriminierender Weise zu erfolgen hat und dass nach § 47 Abs. 2 S. 4 TKG die Teilnehmerdaten vollständig und inhaltlich sowie technisch so aufbereitet sein müssen, dass sie nach dem jeweiligen Stand der Technik ohne Schwierigkeiten in ein kundenfreundlich gestaltetes Teilnehmerverzeichnis oder eine entsprechende Auskunftsdienstedatenbank aufgenommen werden können. Unverzüglich _______________
1 In diesem Sinne BerlKommTKG/Voß, § 47 Rz. 17. 2 Ebenso BNetzA, Beschl. v. 17.8.2005 – BK3c-05/036, S. 15 des amtlichen Umdrucks.
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Sonstige gesetzliche Verpflichtungen zur Wettbewerbsregulierung
Rz. 521 H
bedeutet nach § 121 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“, was regelmäßig als eine Frist von maximal zwei Wochen angesehen wird1. Diskriminierungsfrei ist in Ermangelung anderer Anhaltspunkte im Sinne der Gleichbehandlungsverpflichtung des § 19 TKG (siehe oben Rz. 146 ff.), wobei insbesondere die dort geregelte intern-extern-Gleichbehandlung dort eine große Rolle spielt, wo es um die DTAG als größtem Teilnehmernetzbetreiber und Besitzer von Teilnehmerdaten geht. Die Vollständigkeits- und Aufbereitungspflicht ist als zusätzlicher objektivierter Qualitätsmaßstab für die Bereitstellungspflicht zu sehen, der dem verpflichteten Unternehmen im Ergebnis eine Datenbankstruktur und -pflege nach dem jeweiligen Stand der Technik auferlegt. 9.1.4 Rechtsschutz, Durchsetzung der Überlassung und Sanktionen Hinsichtlich des Rechtsschutzes zwischen verpflichtetem und berechtigtem Unternehmen verweist § 47 Abs. 3 TKG auf das Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG, der entsprechend gelten soll. Die entsprechende Anwendung ist deswegen erforderlich, weil in § 133 TKG Streitigkeiten zwischen Betreibern von öffentlichen Telekommunikationsnetzen oder Anbietern von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit erforderlich sind, während die nach § 47 TKG berechtigten Unternehmen wie etwa die Herausgeber von Teilnehmerverzeichnissen nicht zu diesem Personenkreis zählen2. Insoweit ist daher § 47 Abs. 3 TKG Rechtsfolgenverweis. Im Übrigen findet die Bestimmungen des § 133 TKG aber voll Anwendung.
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Endet die Streitigkeit im Streitbeilegungsverfahren nicht, kann sie vor den Verwaltungsgerichten fortgeführt werden: Einerseits durch die mittels einer Streitbeilegungsverfügung verpflichtete Partei im Wege der Anfechtungsklage; andererseits durch die wegen der Ablehnung einer Streitbeilegungsverfügung unterlegenen Partei im Wege der Verpflichtungsklage, um die BNetzA zum Ausspruch der gewünschten Entscheidung zu verpflichten. Für Erstere ergibt sich die Klagebefugnis aus der belastenden Streitbeilegungsverfügung, für Letztere aus der drittschützenden Wirkung von § 47 Abs. 1 und 2 TKG. Aus § 47 TKG erwachsen unmittelbare Rechte der Nachfrager gegenüber dem verpflichteten Unternehmen und der berechtigte Personenkreis ist mit Anbietern von öffentlich zugänglichen Auskunftsdiensten sowie Herausgebern von Teilnehmerverzeichnissen hinreichend individualisierbar.
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Abschließend sei darauf hingewiesen, dass eine Ordnungswidrigkeit des verpflichteten Unternehmens nach § 149 bs. 1 Nr. 8 TKG dann vorliegt, wenn dieses entgegen § 47 Abs. 1 TKG Teilnehmerdaten nicht, nicht rich-
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_______________
1 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 121 BGB Rz. 3. 2 Sofern man Auskunftsdienste gemäß § 3 Nr. 2a TKG als „telekommunikationsgestützte Dienste“ im Sinne von § 3 Nr. 25 TKG ansieht (siehe A. Rz. 47), gehören auch diese nicht zum ursprünglichen Personenkreis des § 133 TKG.
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H Rz. 522
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
tig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellt. Der Verstoß kann mit einem Bußgeld bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Diese Betrag kann allerdings überschritten werden, wenn der Betrag nicht ausreicht, den aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteil zu übersteigen. 9.1.5 Entgeltregulierung für die Überlassung der Teilnehmerdaten 522
Mit einem etwas verunglückten Verweis in die Entgeltregulierungsvorschriften in Teil 2 des TKG werden die gemäß § 47 Abs. 4 TKG für die Bereitstellung der Teilnehmerdaten zulässigen Entgelte der (regelmäßig nachträglichen) Entgeltregulierung unterworfen (dazu I. Rz. 111 f.). Nachrichtlich sei an dieser Stelle erwähnt, dass die BNetzA auf Basis des in § 47 Abs. 4 S. 1 TKG als Regel vorgesehenen nachträglichen Entgeltregulierungsverfahrens gemäß §§ 38 Abs. 2–4, 28 TKG die gegenüber allen Nachfragern für die Entgelte berücksichtungsfähigen Gesamtkosten der DTAG auf jährlich maximal 770.000 Euro begrenzt hat1. Dies ist von dem im Jahre 1999 seitens des BKartA noch angesetzten jährlichen Höchstbetrag von DM 176 Mio. sowie von 49 Mio. Euro ab 1.1.2003 ein gewaltiger Schritt. 9.2 Verpflichtungen aufgrund von Wegerechten
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Eine als Vorabverpflichtung wirkende und quasi als Zugangsverpflichtung zu bezeichnende Regelung besteht in Form des § 70 TKG auch im Bereich der wegerechtlichen Infrastrukturen. Nach dieser Bestimmung besteht unter bestimmten Voraussetzungen ein Mitbenutzungsanspruch seitens des aus §§ 68, 69 Abs. 1 TKG nutzungsberechtigten Betreibers eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes in Bezug auf Einrichtungen, die zur Aufnahme von Telekommunikationskabeln vorgesehen sind. Der hiernach Mitbenutzungsverpflichtete braucht kein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht zu sein, es muss sich nicht einmal um ein Telekommunikationsunternehmen handeln. Gleichwohl geht es hier um eine „monopolartige“ Stellung im Hinblick auf Infrastrukturen, die für Telekommunikationslinien und damit den Betrieb öffentlicher Telekommunikationsnetze erforderlich sind (im einzelnen siehe F. Rz. 186 ff.). Der Mitbenutzungsanspruch bestand bereits mit gleichem Wortlaut in der Bestimmung des § 51 TKG 1996 und setzt nunmehr auch die Regelung in Art. 12 Abs. 1 Rahmenrichtlinie um. Wie Art. 8 Abs. 3 2. Spiegelstrich der Zugangsrichtlinie zeigt, handelt es sich dabei im Hinblick auf die europarechtliche Regelungssystematik strukturell um eine ausnahmsweise ohne Feststellung beträchtlicher Marktmacht zulässige Vorabverpflichtung (siehe G. Rz. 36). Gleiches gilt für den ähnlich gelagerten Mitbenutzungsanspruch aus § 45a TKG (dazu F. Rz. 332 ff.). _______________
1 BNetzA, Beschl. v. 17.8.2005 – BK3c-05/036.
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Zugangsvereinbarungen nach § 22 TKG
Rz. 526 H
10. Zugangsvereinbarungen nach § 22 TKG Sofern einem Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht nach § 21 TKG eine Zugangsgewährungsverpflichtung auferlegt worden ist, knüpft das TKG unmittelbar hieran die weitere Verpflichtung dieses Betreibers, unverzüglich, spätestens aber drei Monate nach Auferlegung der Zugangsverpflichtung auf Nachfrage ein Zugangsangebot gegenüber anderen Unternehmen abzugeben (§ 22 TKG). Damit besteht für die nach § 21 TKG verpflichteten Unternehmen ein Kontrahierungszwang für die auferlegten Zugangsgewährungsverpflichtungen. Denn wenn die Verhandlungen über das nach § 22 TKG vorzulegende Angebot scheitern, kann nach § 25 TKG eine Zugangsanordnung ergehen. Diese Regelung beruht einerseits wie § 16 TKG (siehe oben Rz. 95 ff.) auf Art. 4 Abs. 1 Zugangsrichtlinie, andererseits auf Art. 12 Abs. 1 Unterabsatz 1 (berechtigte Anträge auf Zugang) und Unterabsatz 2 lit. b) (Verhandlungspflicht nach Treu und Glauben) Zugangsrichtlinie. Wenngleich europarechtlich die Angebotsabgabepflicht in der in § 22 Abs. 1 TKG vorgesehenen Form nicht existiert, wird dadurch die Lücke geschlossen zwischen Auferlegung der Zugangsgewährungsverpflichtung und diesbezüglicher Anordnungsmöglichkeit durch die nationale Regulierungsbehörde, die sich aus den genannten Bestimmungen sowie Art. 5 Abs. 4 Zugangsrichtlinie auf der europäischen Ebene ergibt.
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10.1 Adressaten von § 22 TKG Die nach § 22 TKG verpflichteten Unternehmen sind diejenigen Unternehmen, denen mittels Regulierungsverfügung eine Zugangsgewährungsverpflichtung nach § 21 TKG auferlegt worden ist. Dies ist der Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes mit beträchtlicher Marktmacht auf einem Markt für die betreffenden Zugangsleistungen (siehe auch oben Rz. 249). Da es hier aber um Zugangsleistungen und nicht lediglich um Zusammenschaltung geht, bedeutet hier anders als dort die Beschränkung auf Netzbetreiber eine Verkürzung der europarechtlichen Vorgaben, die unter einem potenziell zugangsverpflichteten Unternehmen auch Betreiber „zugehöriger Einrichtungen“ verstehen (siehe oben Rz. 74, 249 und 366).
525
Berechtigte Unternehmen sind „andere Unternehmen, die diese Leistung nachfragen, um Telekommunikationsdienste anbieten zu können“. Dies nimmt die Definition des Zugangs hinsichtlich seiner Zweckbezogenheit auf (siehe oben Rz. 36 ff.) und bezieht sich auf die jeweils in Bezug auf die relevante Zugangsgewährungsverpflichtung berechtigten Unternehmen. Der im Wortlaut enthaltene Hinweis zu „Leistung“ bezieht sich auf die Zugangsleistung, die aus der auferlegten Zugangsgewährungsverpflichtung folgt.
526
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H Rz. 527
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
10.2 Inhalt und Umfang der Verpflichtung 527
Die Angebotspflicht des nach § 22 TKG verpflichteten Unternehmens betrifft in inhaltlicher Hinsicht Zugangsleistungen und in zeitlicher Hinsicht das Gebot, das Angebot unverzüglich, spätestens aber drei Monate nach Auferlegung einer Zugangs(gewährungs)verpflichtung nach § 21 TKG zu unterbreiten. Die Pflicht setzt eine Nachfrage voraus. Das steht zwar so nicht ganz ausdrücklich in § 22 Abs. 1 TKG, indes kann ein Angebot nur „abgegeben“ werden, wenn es nachgefragt worden ist. Die Nachfrage wird man mit dem „Verlangen“ in § 16 TKG gleichsetzen können mit der Folge, dass diese gewisse Mindestanforderungen in Bezug auf die Konkretisierung der gewünschten Leistungen erfüllen muss (siehe oben Rz. 102 f. und unten Rz. 603 ff.).
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Die Angebotspflicht wird nicht durch die Nachfrage nach beliebigen Zugangsleistungen ausgelöst. Es muss sich um Zugangsleistungen handeln, die sich aus der nach § 21 TKG auferlegten Zugangsgewährungsverpflichtung ergeben. Daher ist es umso wichtiger, dass die betreffende Regulierungsverfügung hinreichend bestimmt ist, um die betreffenden Zugangsleistungen auch ableiten zu können (siehe G. Rz. 210 ff.). Das Angebot muss inhaltlich so ausgestaltet und umfassend sein, dass es vom Nachfrager angenommen werden kann. Dies ergibt sich aus dem für § 16 TKG wie auch hier anzulegenden Maßstab der zivilrechtlichen Anforderungen an ein Vertragsangebot (siehe oben Rz. 104 f.). Dies schließt freilich nicht aus, dass bestimmte Inhalte konkretisierungsbedürftig sind. Denn Zugangsleistungen erfordern regelmäßig eine rahmenvertragliche Regelung und modulare Struktur, die häufig auch erst nach Vertragsschluss mit Leben erfüllt werden kann (dazu näher sogleich unter Rz. 537 ff.). Sofern das verpflichtete Unternehmen für die betreffende(n) Zugangsleistung(en) auch nach § 23 TKG zur Veröffentlichung eines Standardangebots verpflichtet worden ist, konkretisiert sich die Angebotspflicht nach § 22 Abs. 1 TKG auf den Inhalt des Standardangebots.
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Eine Verhandlungspflicht enthält der Wortlaut von § 22 Abs. 1 TKG allerdings ebenso wie § 16 TKG nicht (siehe oben Rz. 107). Allerdings zeigt § 25 Abs. 3 Nr. 3 TKG, der es für die Zugangsanordnung ausreichen lässt, dass Verhandlungen verweigert worden sind, dass im Ergebnis eine solche Verpflichtung besteht.
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In zeitlicher Hinsicht vermischt § 22 Abs. 1 TKG zwei Aspekte: Der konkrete Angebotszeitpunkt gegenüber einem individuellen Nachfrager und der maximale Zeitraum, der dem verpflichteten Unternehmen nach Auferlegung der Zugangsgewährungsverpflichtung einmalig vorbehalten ist. Grundsätzlich gilt daher, dass das verpflichtete Unternehmen nachgefragte Angebote unverzüglich gegenüber dem Nachfrager abzugeben hat. Unverzüglich bedeutet nach § 121 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“ und wird typischerweise mit einer zeitlichen Obergrenze von zwei Wochen betrachtet1. Ledig_______________
1 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 121 BGB Rz. 3.
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Zugangsvereinbarungen nach § 22 TKG
Rz. 532 H
lich dann, wenn die Auferlegung der Zugangsgewährungsverpflichtung erst kurz zuvor erfolgt ist, hat das verpflichtete Unternehmen einmalig eine gesetzliche Maximalfrist von drei Monaten, mit der sozusagen die Unverzüglichkeit in den ersten drei Monaten ab Auferlegung der Zugangsgewährungsverpflichtung definiert wird.
10.3 Form, Vorlage von und Einsichtnahme in Zugangsvereinbarungen Nach § 22 Abs. 2 TKG unterliegen die Zugangsvereinbarungen eines Betreibers eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes mit beträchtlicher Marktmacht einem Schriftformerfordernis. Dies ist grundsätzlich dem an vielen Stellen des Telekommunikationsrechts geregelten Transparenzgedanken geschuldet und notwendige Voraussetzung dafür, dass die Vereinbarungen nach § 22 Abs. 3 TKG der BNetzA vorgelegt und von dieser zur Einsichtnahme durch Dritte vorgehalten werden. Beide Regelungen waren in ähnlicher Form bereits in § 6 NZV enthalten. Ohne Einhaltung des Schriftformerfordernisses sind die Zugangsvereinbarungen nach § 125 S. 1 BGB nichtig. Zu beachten ist, dass § 22 Abs. 2 TKG das Schriftformerfordernis nicht auf solche Zugangsvereinbarungen beschränkt, die nach § 22 Abs. 1 TKG aufgrund von Zugangsgewährungsverpflichtungen nach § 21 TKG abgeschlossen werden. Dies bedeutet, dass sämtliche Zugangsvereinbarungen, d. h. sämtliche Verträge über Zugangsleistungen, die von einem Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes mit beträchtlicher Marktmacht entsprechend der Definition in § 3 Nr. 32 TKG mit einem anderen Unternehmen zum „Zwecke der Erbringung von Telekommunikationsdiensten“ (siehe oben Rz. 36 ff.) geschlossen werden, dem Schriftformerfordernis unterliegen. Dies schließt überdies auch solche Verträge mit ein, bei denen das marktmächtige Unternehmen Nachfrager der Zugangsleistungen ist. Das zeigt ein Blick auf § 22 Abs. 3 TKG, wonach sich lediglich die Vorlagepflicht gegenüber der BNetzA nur auf solche Verträge bezieht, bei denen das marktmächtige Unternehmen „Anbieter“ ist. Ein Grund für eine einschränkende Auslegung des Anwendungsbereichs von § 22 Abs. 1 TKG auf Vereinbarungen von Zugangsleistungen nach § 21 Abs. 1 TKG ist nicht zu erkennen. Im Gegenteil, nur auf diese Weise lässt sich sicherstellen, dass etwa bestehende Gleichbehandlungsverpflichtungen nach § 19 TKG auch eingehalten werden; nämlich weil sie infolge der Vorlageverpflichtung und dem Einsichtnahmerecht aus § 22 Abs. 3 TKG ggf. kontrolliert werden können.
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Vorlage von und Einsichtnahme in Zugangsvereinbarungen sind durch zwei unterschiedliche Handlungsabschnitte getrennt. Zunächst sind die Vereinbarungen durch den Betreiber eines öffentliche Telekommunikationsnetzes der BNetzA vorzulegen, die dann anschließend für deren Vorhaltung zur Einsichtnahme durch Nachfrager von Zugangsleistungen verantwortlich ist und zu diesem Zweck veröffentlicht, wann und wo die Zugangsvereinba-
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Heun | 1005
H Rz. 533
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
rungen eingesehen werden können1. Sinn und Zweck einer solchen Vorlagepflicht besteht dabei in der Gewährleistung einer Inhaltskontrolle von Netzzugangsvereinbarungen durch die BNetzA und andere Nachfrager, insbesondere mit Blick auf etwa auferlegte Gleichbehandlungsverpflichtungen nach § 19 TKG sowie die besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG. Daher bezieht sich die Vorlagepflicht aber auch nur auf solche Zugangsvereinbarungen, bei denen der marktmächtige Betreiber Anbieter der Zugangsleistungen ist. Bei Zusammenschaltungsvereinbarungen können dies auch beide Vertragspartner sein2, so dass dann auch beide Unternehmen nach § 22 Abs. 3 TKG verpflichtet sind. 533
Der Zeitpunkt der Vorlage ist in § 22 Abs. 3 TKG mit „unverzüglich nach ihrem Abschluss“ beschrieben. Mehr als zwei Wochen (siehe oben Rz. 530) hat das verpflichtete Unternehmen daher regelmäßig nicht zur Erfüllung der Vorlageverpflichtung gegenüber der BNetzA Zeit.
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Zum konkreten Umfang der Vorlagepflicht trifft § 22 Abs. 3 TKG keine Aussage, sondern bestimmt nur, dass die geschlossenen Vereinbarungen vorzulegen sind. Da der Wortlaut somit eine Einschränkung der Vorlagepflicht nicht vorsieht, ist grundsätzlich von einer Pflicht zur vollständigen Vorlage der gesamten Zugangsvereinbarung auszugehen. Hätte der Gesetzgeber lediglich eine eingeschränkte Vorlagepflicht (und Überprüfung) durch die BNetzA gewollt, hätte er dies ausdrücklich normieren können. Anderenfalls würde auch die Aufsichtsbefugnis der BNetzA konterkariert, die nach dem Willen des Gesetzgebers sehr weit reicht, wie die Regelungen etwa in §§ 29, 33 und 127–129 TKG zeigen.
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Demgegenüber dürfte trotz des ebenfalls nicht einschränkenden Wortlauts das Einsichtnahmerecht der (anderen) Nachfrager beschränkt sein. Dies folgt aus den nach § 17 TKG bestehenden Vertraulichkeitsverpflichtungen (siehe oben Rz. 120 ff.), welche bei einem vollständigen Einsichtnahmerecht ausgehebelt werden würden sowie indirekt aus der in § 26 TKG enthaltenen Berücksichtigungspflicht der BNetzA von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen. Zwar bezieht sich jene Bestimmung ausdrücklich nur auf „Maßnahmen“, wozu das Vorhalten zur Einsichtnahme nicht ohne Weiteres gerechnet werden kann. Indes zeigt der dieser Regelung zugrunde liegende Art. 15 Abs. 1 Zugangsrichtlinie, dass dort ein weiterer Anwendungsbereich intendiert ist. Überdies gilt nach § 30 VwVfG ein allgemeines verwaltungsrechtliches Gebot zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, das freilich durch Regelungen des TKG (z. B. Transparenzverpflichtung nach § 20 TKG, getrennte Rechnungsführung nach § 24 TKG) modifiziert wird. _______________
1 Zugangsvereinbarungen werden von der Geschäftsstelle der zuständigen Beschlusskammer verwaltet und können nach telefonischer Voranmeldung Montags bis Freitags zwischen 10 und 14 Uhr eingesehen werden. 2 So bei einer Zusammenschaltung zwischen Teilnehmernetzbetreibern bzw. einem teilnehmer- und einem Mobilfunknetzbetreiber, soweit jeweils die Terminierung in deren Netzen Vertragsgegenstand ist.
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Zugangsvereinbarungen nach § 22 TKG
Rz. 537 H
Als geheimhaltungsbedürftig sind insbesondere Tatsachen einzustufen, an deren Geheimhaltung ein schutzwürdiges wirtschaftliches Interesse besteht1. Geschäftsgeheimnisse betreffen den kaufmännischen Bereich der Zugangsvereinbarung (z. B. Planungsunterlagen, Marktstrategien, Kundenlisten, Kalkulationsunterlagen), Betriebsgeheimnisse hingegen technische Aspekte (z. B. Produktionsmethoden, Verfahrensabläufe). In Bezug auf die hier relevante Fragestellung geht es dabei allerdings vornehmlich um Umfang und Spezifikationen der konkreten Leistungsbeziehungen zwischen den Vertragspartnern. Nicht dagegen schützenswert ist der Teil des Angebots des verpflichteten Unternehmens, der etwa nach § 22 Abs. 1 TKG sämtlichen Nachfragern unterbreitet werden muss und noch keine inhaltliche Individualisierung in Bezug auf den einzelnen Nachfrager enthält. Insoweit muss den beteiligten Vertragspartnern auch das Recht zustehen, eine „Publikumsversion“ der Zugangsvereinbarung mit Schwärzungen und oder Weglassungen für die Zwecke der Einsichtnahme zu erstellen. Mit Blick auf etwaige Transparenzverpflichtungen nach § 20 TKG sowie Gleichbehandlungsverpflichtungen nach § 19 TKG oder Standardangebotsverpflichtungen nach § 23 TKG, hat die BNetzA allerdings zu prüfen, inwieweit etwaige Schwärzungen tatsächlich schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betreffen. 10.4 Durchsetzung und Sanktionen Werden die in § 22 Abs. 1 TKG genannten Angebotsfristen nicht eingehalten oder kommt eine Zugangsvereinbarung aus anderen Gründen nicht zustande, kann die Zugangsgewährungsverpflichtung bzw. die darauf basierend nachgefragte Zugangsleistung mittels des Anordnungsverfahrens nach § 25 TKG durchgesetzt werden. Darüber hinaus ist der Verstoß gegen die Vorlagepflicht des § 22 Abs. 3 S. 1 TKG nach § 149 Abs. 1 Nr. 5 TKG eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis 500.000 Euro geahndet werden kann. Das Schriftformerfordernis des § 22 Abs. 2 TKG bedarf dagegen wegen der in § 125 BGB vorgesehenen Nichtigkeitsfolge keiner weiteren Durchsetzung oder Sanktionierung.
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10.5 Struktur und Inhalt von Zugangsvereinbarungen Seit der vollständigen Liberalisierung der deutschen Telekommunikationsmärkte in 1998 hat sich eine umfassende Vertragspraxis in Bezug auf Zusammenschaltungsvereinbarungen für Telekommunikationsnetze und auf Zugangsvereinbarungen für den Zugang zum Teilnehmeranschluss zwischen der DTAG und den Wettbewerbern herausgebildet. Ebenso hat sich zwischen den Wettbewerbern sowie insbesondere im Verhältnis zwischen Festnetz- und Mobilfunknetzbetreibern eine Vertragspraxis für Zu_______________
1 Hierzu und zum Folgenden: Kopp/Ramsauer, § 30 VwVfG Rz. 9a.
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sammenschaltungsvereinbarungen entwickelt. Für künftige Zugangsleistungen wie beispielsweise Bitstrom-Zugang ist dies ebenfalls zu erwarten. Weitere typische Vertragskonstrukte betreffen das Reselling von Leistungen der DTAG und der Mobilfunknetzbetreiber sowie schmal- und breitbandige Zuführungen von Verkehr durch die DTAG. Mit Blick auf die von der BNetzA auferlegten Verpflichtungen zur Veröffentlichung eines Standardangebots (siehe oben Rz. 462) soll ein kurzer Überblick über die jeweiligen Vertragsstrukturen gegeben werden. 10.5.1 Einordnung, Vorgaben und Struktur für Zugangsvereinbarungen 538
Hinsichtlich der Einordnung von Zugangsvereinbarungen ist deren privatrechtliche Natur unstreitig. Im Hinblick auf die vielfältigen und unterschiedlichen Regelungen wie z. B. die Dienste, die Kollokation oder die unterschiedlichen Qualitätsparameter (Service Levels) kommen sowohl Miet-, Dienst-, als auch werkvertragliche Elemente zur Anwendung, die eine Festlegung auf einen einzelnen Vertragstypus nicht zulassen. Daher werden die Zugangsvereinbarungen als Vertragsverhältnis „sui generis“ angesehen1, in welchem die unterschiedlichen Elemente der einzelnen Vertragstypen zusammengeführt werden. Allerdings ist ein Rückgriff auf eine eigene Vertragsform nicht unbedingt erforderlich, da das Bürgerliche Gesetzbuch auch gemischte Verträge kennt, bei denen jeweils die Rechtsnormen angewendet werden, die auf die jeweilige Leistung am besten passen oder sich das anzuwendende Recht nach dem Leistungsschwerpunkt bestimmt2.
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Inhaltliche Vorgaben für Zugangsvereinbarungen ergeben sich einerseits aus ggf. auferlegten Zugangsverpflichtungen nach den §§ 18–21 TKG, andererseits aus der Auferlegung einer Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Standardangebots nach § 23 TKG. Inhaltliche Vorgaben, die wie früher in § 5 Absatz 2 NZV einen Katalog mit Vereinbarungsbestandteilen enthalten, sind heute mit Ausnahme der Regelung im Anhang II der Zugangsrichtlinie für den Zugang zum Teilnehmeranschluss gemäß Art. 9 Abs. 4 Zugangsrichtlinie nicht mehr vorhanden. Allerdings orientieren sich die meisten bestehenden Vereinbarungen an den Vorgaben des § 5 Abs. 2 NZV. Daher sollen sie hier kurz aufgelistet werden, zumal der Gesetzgeber u. a. auf diese Anlage hinsichtlich des Gegenstands einer Zugangsanordnung nach § 25 TKG verweist3: a) Beschreibung der einzelnen Leistungen sowie Festlegung, wie und innerhalb welcher Frist diese bereitzustellen sind b) Zugang zu zusätzlichen Dienstleistungen (Hilfs-, Zusatz- und fortgeschrittene Dienstleistungen) c) Sicherstellung eines gleichwertigen Zugangs _______________
1 Vgl. Gramlich, CR 1997, 68. 2 Vgl. Palandt/Heinrichs, Überbl v § 311 Rz. 19 ff. 3 BT-Drucks. 15/2316, S. 66.
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d) e) f) g) h) i)
Standorte der Anschlusspunkte Gemeinsame Nutzung von Einrichtungen und Kollokation Technische Normen für den besonderen Netzzugang Interoperabilitätstests Verkehrs-/Netzmanagement Aufrechterhaltung und Qualitätssicherung der Dienstleistungen (einschließlich Entstörung) j) Festlegung der Entgelte und deren Laufzeit für die bereitzustellenden Leistungen und den Zugang zu zusätzlichen Dienstleistungen k) Zahlungsbedingungen einschließlich Abrechnungsverfahren l) Festlegung der Haftungs- und Schadensersatzpflichten m) Regelungen in Bezug auf geistiges Eigentum n) Maßnahmen zur Erfüllung grundlegender Anforderungen o) Schulung des Personals p) Laufzeit und Neuaushandlung der Vereinbarung q) Verfahren für den Fall, dass Änderungen der Leistungen einer der Parteien vorgeschlagen werden r) Verfahren, die die Parteien einleiten, um eine Entscheidung der Regulierungsbehörde herbeizuführen s) Schutz der vertraulichen Teile der Vereinbarung
Die nachstehend dargestellten Zugangsvereinbarungen beinhalten üblicherweise den Großteil der genannten Punkte. Zugangsvereinbarungen sind in der Regel komplexe Verträge, die durch einen modularen Aufbau gekennzeichnet sind. Hintergrund dieser modularen Struktur ist in der ständig erforderlichen Änderung und Produktergänzung zu sehen, denen die Vereinbarungen aufgrund technischer und regulatorischer Erfordernisse ausgesetzt sind. Durch den modularen Aufbau wird zumindest grundsätzlich eine zeitnahe Aktualisierung in Form einer Ergänzung von einzelnen Vertragsteilen ermöglicht, ohne dass der komplette Vertrag und damit die nicht von der Ergänzung betroffenen Vertragsteile ausgetauscht bzw. neu aufgesetzt werden müssten. Der modulare Aufbau folgt regelmäßig dem Prinzip eines Hauptteils (Hauptvertrags) mit Anlagen und/ oder Anhängen. Allgemein betrachtet umfasst der Hauptteil die für die wesentlichen Vertragsinhalte geltenden Grundsatzregelungen, die dann auf die konkreteren Regelungen in den Anlagen und Anhängen verweisen. Der Hauptteil beinhaltet also allgemeine, vor die Klammer gezogene rechtliche Klauseln, die für sämtliche Anlagen und Anhänge Gültigkeit besitzen. Die Anlagen und Anhänge enthalten dagegen die Leistungsbeschreibung(en) sowie technische und betriebliche Details, Preise und Verfahren. Diese Struktur ist zugleich auch eine rahmenvertragliche Struktur, die durch Abrufe bzw. Bestellungen einzelner Leistungen und Leistungsbestandteile mit Leben erfüllt wird. Denn erst mit der Bestellung von beispielsweise Zusammenschaltungsanschlüssen bzw. einzelner Teilnehmeranschlüsse beginnt die tatsächliche Leistungsbeziehung zwischen den Vertragspartnern. Zugangsvereinbarungen sind daher auch immer dauerhafte RahmenverträHeun | 1009
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Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
ge, unter deren Dach viele, vielgestaltige und umfängliche einmalige und dauerhafte Leistungsbeziehungen entstehen. 10.5.2 Zusammenschaltungsvereinbarung mit der DTAG 541
Die Zusammenschaltungsvereinbarung mit der DTAG ist eine der wichtigsten Zugangsvereinbarungen überhaupt. Nur mittels dieses Vertrags können Wettbewerber sicherstellen, dass sie ihre Teilnehmer etwa im Wege der Betreiber(vor)auswahl erreichen bzw. sie für ihre auf dem Betrieb eines Teilnehmernetzes beruhenden Teilnehmer auch andere Teilnehmer in anderen Netzen erreichen können. Angesichts der marktbeherrschenden Stellung der DTAG auf den Märkten Nr. 8–10 der Märkteempfehlung, die sich mit Zuführung, Terminierung und Transit im Bereich der Festnetztelefonie befassen, sind dieser auch von der BNetzA mittels Regulierungsverfügung1 entsprechende Zugangsgewährungsverpflichtungen sowie die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Standardangebots auferlegt worden (siehe oben Rz. 29 ff.). Die Zusammenschaltungsvereinbarung bezieht sich daher auf schmalbandige Verbindungen im Bereich der PSTN/ISDN-Telekommunikationsnetze, die diesbezügliche Zusammenschaltung und Kollokation sowie die Zulassung von Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Kollokationsnehmern.
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Die Zusammenschaltungsvereinbarung gliedert sich in einen Hauptteil, sieben Anlagen und acht Anhänge. In den Anlagen A bis G werden die Hauptleistungspflichten der Vertragspartner und deren konkrete Ausgestaltung aufgeführt. In den Anhängen A bis H sind die Regelungen zu betrieblichen Abläufen wie z. B. das Bestell- und Bereitstellungsverfahren, das Testverfahren und der Netzbetrieb aufgenommen worden. Schwerpunkt des Regelungsinhalts der Zusammenschaltungsvereinbarungen sind neben den Regelungen über die Interconnection-Anschlüsse (ICAs) die gegenseitige Erbringung von Zusammenschaltungsdiensten der Vertragspartner auf Basis der Zusammenschaltung sowie die diesbezüglichen Entgelte. Nachfolgend werden die einzelnen Teile der Zusammenschaltungsvereinbarung mit der DTAG unter Berücksichtigung einiger besonders zu beachtenden Regelungen näher dargestellt: 10.5.2.1 Hauptteil (Hauptvertrag)
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Die Funktion des Hauptteils (Hauptvertrags) besteht darin, durch Verweise die in den Anlagen und Anhängen enthaltenen Regelungen systematisch zu strukturieren und einzubeziehen. Daneben werden im Rahmen des Abrechnungsverfahrens die Tariffierungsprinzipien sowohl zwischen den Vertragspartnern und ihren Teilnehmern als auch zwischen den Vertragspartnern _______________
1 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005.
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festgelegt. Ebenso enthält der Hauptteil allgemeine Regelungen zur Fälligkeit, dem Zahlungsverzug, Einwendungen, der Aufrechnung und dem Zurückbehaltungsrecht. Des weiteren sind Haftungs- und Schadenersatzregelungen sowie Regelungen zur Kündigung und Neuaushandlung der Zusammenschaltungsvereinbarung enthalten. Im Zusammenhang mit den Regelungen des Hauptteils ist der Verhandlungsspielraum mittlerweile sehr gering. Nicht nur an dieser Stelle werden von der DTAG mit dem Argument der Einhaltung des Nichtdiskriminierungsgebots so gut wie keine Abweichungen von dem von ihr unterbreiteten jeweiligen Musterentwurf zugelassen. Besonderes Augenmerk sollte in den Verhandlungen gleichwohl auf die Bestimmungen über die Preise, Zahlungsbedingungen sowie die Anpassung, Änderung und Neuaushandlung der Zusammenschaltungsvereinbarung gerichtet werden. Gerade diese Bestimmungen haben zuletzt im Zusammenhang mit der Einführung des netzelementebasierten Tariffierungssystems (EBC) sowie bei den asymmetrischen Terminierungsentgelten alternativer Teilnehmernetzbetreiber besondere Bedeutung erlangt und können im Rahmen der schrittweisen Umstellung auf IP-basierte Netze wieder Bedeutung erlangen.
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10.5.2.2 Anlage A – Begriffsbestimmungen Diese Anlage ist vor allem durch die Aufnahme von technischen Definitionen gekennzeichnet, zugleich stellt sie in Anbetracht des Umfangs des Vertragswerkes ein erforderliches Abkürzungsverzeichnis dar. Nichts desto trotz werden einige wesentliche inhaltliche Festlegungen in dieser Anlage getroffen, die besonders zu beachten sind, weil sie Auswirkungen auf mehrere unterschiedliche Regelungsgegenstände der Zusammenschaltungsvereinbarung haben.
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10.5.2.3 Anlage B – Interconnection-Anschluss (ICA) Diese Anlage enthält in Teil 1 Regelungen zu den für die Durchführung der Zusammenschaltung, insbesondere die Erbringung der Zusammenschaltungsdienste erforderlichen Konfigurationsmaßnahmen im Netz der DTAG. Dazu gehören unter anderem die Einrichtungen der Leitweglenkung für die verschiedenen Kennzahlen (vor allem Verbindungsnetzbetreiberkennziffer, Portierungskennung des Teilnehmernetzbetreibers) und die Zusammenschaltungsdienste (z. B. die Einrichtung der Leitweglenkung für bestimmte Mehrwertdiensterufnummern). Ebenso werden die Änderungen von einzelnen Parametern hinsichtlich des Zuschnitts der einzelnen Einzugsbereiche oder der vereinbarten Zusammenschaltungsdienste im Zusammenhang mit den dafür erforderlichen Konfigurationen geregelt.
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Ferner werden in Teil 2 dieser Anlage die für die technische Realisierung des Zugangs zum ISDN/PSTN der DTAG erforderlichen Interconnection-
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Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Anschlüsse (ICAs) an den Orten der Zusammenschaltung (OdZ) sowie deren unterschiedliche Ausgestaltung in Form der Ausführungen „Customer Sited“ (d. h. gebündelt) und „Physical Co-location“ (d. h. entbündelt) beschrieben (Teil 2). Während die Ausführung Physical Co-location die Gewährung physischer Kollokation bedeutet, beinhaltet die Ausführung Customer Sited neben dem Anschluss zugleich einen Übertragungsweg zum Standort des Kunden. In der Ausführungsvariante Physical Co-location wird der Übertragungsweg, der die beiden Vermittlungsstellen der Vertragspartner miteinander verbindet, vom Interconnection-Partner (ICP) der DTAG selbst realisiert. Bei dieser Variante übernimmt die DTAG lediglich die Hauseinführung und die Führung in ihrem Gebäude bis zum Kollokationsraum, in welchem die Abschlusseinrichtung der DTAG installiert ist. Eine Ausführungsvariante im Sinne einer virtuellen Kollokation wurde bisher seitens der DTAG nicht angeboten. 10.5.2.4 Anlage C – Diensteportfolio 548
Diese Anlage gliedert sich in drei Teile, wobei die Teile zwei und drei die jeweiligen Zusammenschaltungsdienste der DTAG bzw. ihres ICP beinhalten. 10.5.2.4.1 Netzkonzept
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In Teil 1 „Netztechnische Realisierung der Zusammenschaltungsdienste der T-Com“ ist die bereits angesprochene Migrationspflicht (näher dazu Rz. 177) im Rahmen des von der DTAG geforderten Netzkonzepts enthalten. Danach wird vor dem Hintergrund der Aufrechterhaltung der Netzintegrität (so die Argumentation der DTAG) eine ursprungs- und ortsnahe (für die Zuführung) und zielnahe (für die Terminierung) Übergabe der Verbindungen an dem jeweiligen Ort der Zusammenschaltung (OdZ), in dessen zugeordneten Einzugsbereich gefordert, in dem der Telefonanschluß des anrufenden bzw. angerufenen Kunden angeschaltet ist. Zugleich wird für bestimmte Einzugsbereiche ein Verkehrsgrenzwert festgelegt, bei deren Überschreitung ein weiterer OdZ eingerichtet werden muss.
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Die DTAG legt ihrer Netzstruktur eine Klassifizierung von unterschiedlichen Einzugsbereichen zugrunde, wonach die jeweiligen Vermittlungsstellen der verschiedenen Netzebenen geographisch bestimmbare Flächen bzw. Bereiche in Anlehnung an die geographischen Rufnummern abdecken. So werden durch die so genannten Lokalen Einzugsbereiche (LEZB) lokale Bereiche, durch die Standardeinzugsbereiche (SEZB) regionale Bereiche und durch die Grundeinzugsbereiche (GEZB) überregionale Bereiche durch die entsprechenden Vermittlungsstellen abgedeckt. Hinzu kommen so genannte Mehrwertdiensteeinzugsbereiche (MEZB), die sich (nicht aus Anlage C, sondern) aus preislichen Grundsätzen in Anlage D ergeben und eine Schnittmenge von GEZB und SEZB bedeuten. Die MEZB sind für die Tarifierung 1012 | Heun
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von Mehrwertdiensten relevant, bei denen die IN-Plattform der DTAG genutzt wird. Die DTAG definiert den Einzugsbereich in den Begriffsbestimmungen der Netzzusammenschaltungsvereinbarung als geographischen Rufnummernbereich, der Ortsnetzbereiche ganz oder teilweise umfasst und durch die Ortsnetzkennzahl bzw. die Teilnehmerrufnummernbereiche des geographisch zuordenbaren Nummernbereichs beschrieben wird. Diese Einzugsbereiche stellen im Zusammenhang mit der Führung der Verkehrsflüsse im Rahmen der Netzzusammenschaltung Bezugspunkte bzw. räumlichgeographische Vorgaben für die vom Netzzusammenschaltungspartner zu erfüllende örtlich Realisierung von Zusammenschaltungen (OdZ) dar. Hierbei ist zu beachten, dass infolge der Regulierungsverfügung der BNetzA zu den Märkten Nr. 8–10 der Märkteempfehlung die Verkehrsführung oberhalb der LEZB-Ebene als Transit gilt (siehe oben Rz. 87 sowie G. Rz. 142). 10.5.2.4.2 Zusammenschaltungsdienste Welche Verbindungen über die Interconnection-Anschlüsse zwischen den Vertragspartnern hergestellt bzw. ausgetauscht werden können, ist in Teil 2 und Teil 3 der Anlage C beschrieben. Dabei werden die Zusammenschaltungsdienste in drei Kategorien eingeteilt. In der ersten Kategorie sind die so genannten Basisdienste aufgeführt, T-Com-B.1 (Verbindung in das Telefonnetz national der Telekom aus dem Telefonnetz von ICP: Terminierung) und T-Com-B.2 (Verbindung aus dem Telefonnetz national der Telekom zu ICP als Verbindungsnetzbetreiber: Zuführung), und ggf. umgekehrt. Eine Einigung über diese Dienste ist erforderlich, um die ungehinderte Kommunikation der Teilnehmer unterschiedlicher Netzbetreiber zu ermöglichen. Als weitere Kategorien der Zusammenschaltungsdienste sind die so genannten optionalen und zusätzlichen Dienste zu nennen, die den Zugang zu Diensten, insbesondere Mehrwertdiensten und den Transit in andere Telefonnetze gewährleisten sollen. Dabei sind unter anderem die Transitleistungen in die Mobilfunknetze oder zu anderen nationalen Festnetze zu nennen. Ferner sind die Verbindungen zu Auskunftsdiensten, 0900- sowie 0180Dienste der Vertragspartner enthalten. Zu welchen Diensten die DTAG in diesem Zusammenhang verpflichtet ist, ergibt sich aus der diesbezüglichen Regulierungsverfügung1 (siehe G. Rz. 142).
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10.5.2.5 Anlage D – Preis In dieser Anlage sind alle Entgelte sämtlicher in der Zusammenschaltungsvereinbarung enthaltenen Leistungen aufgeführt. Aufgrund der Entgeltgenehmigungspflichtigkeit fast aller Preise besteht hinsichtlich dieser Anlage kaum Verhandlungsspielraum, da bis auf wenige Ausnahmen, wie zum Bei_______________
1 BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005.
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spiel die Preise für die Verbindungen in ausländische Netze, die Entgelte durch die BNetzA genehmigt werden. Eine Abweichung von den genehmigten Entgelten ist nach § 37 TKG nicht möglich. Eine in diesem Zusammenhang mit Blick auf die Verpflichtung zum Standardangebot aufgetauchte Frage ist, inwieweit die DTAG bei den zu vereinbaren Entgelten dynamisch auf Entgeltgenehmigungen und die dementsprechend erfolgenden Anpassungen in ihrem Extranet verweisen kann. Hierzu ist einerseits zu bemerken, dass § 23 Abs. 3 S. 2 TKG die Vorlage eines Standardangebots einschließlich der Entgelte vorsieht (siehe oben Rz. 423, 429; zur neuerdings auftauchenden Frage der Vereinbarungsfiktion zu § 35 Abs. 5 TKG siehe unten Rz. 575). Andererseits stellt sich die Frage, ob damit noch das Schriftformerfordernis des § 22 Abs. 2 TKG gewahrt ist. 553
Die Anlage D gliedert sich in drei Teile, von denen der erste die Entgelte für die ICAs enthält. Teil 2 und 3 betreffen die Entgelte für die Zusammenschaltungsdienste von DTAG und ICP. Für die Teile 2 und 3 gibt es jeweils unterschiedliche Dokumente, je nachdem ob es sich beim ICP um einen Festnetzbetreiber oder Mobilfunknetzbetreiber handelt. 10.5.2.6 Anlage E – Qualität
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Diese Anlage enthält die Qualitätsparameter sowohl der DTAG als auch des ICP. Dort sind die Bereitstellungsfristen, Entstörungszeiten, Verfügbarkeit und die Netzdurchlaßwahrscheinlichkeit geregelt. Die anfänglichen und zwischenzeitlich eingetretenen Qualitätsprobleme im Rahmen der Zusammenschaltung und Auseinandersetzungen darüber scheinen in den letzten Jahren abgeflaut zu sein. 10.5.2.7 Anlage F – Orte der Zusammenschaltung
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Diese Anlage enthält die Liste der Orte der Zusammenschaltung (OdZ) mit der Kategorisierung nach GEZB, SEZB und LEZB sowie einer gesonderten Liste für MEZB. Ebenso sind dort Informationen über die Dauer der Bestandsgarantie sowie den Zeitpunkt der geplanten Auflösung einzelner Standorte enthalten. 10.5.2.8 Anlage G – Veröffentlichung
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In dieser Anlage ist geregelt, dass die Vertragspartner sich verständigt haben, lediglich den Hauptteil, die Anlagen A bis G sowie die Anhänge A bis F zur Einsichtnahme durch andere Nutzer nach § 22 Abs. 3 TKG frei zu geben. Ursprünglich waren die Anhänge komplett von der Einsichtnahme ausgenommen, dies ist allerdings mit Blick auf die Gleichbehandlungsverpflichtung nach § 19 TKG und auf den in § 22 Abs. 3 TKG enthaltenen Transparenzgedanken nicht mehr haltbar gewesen. Unveröffentlicht bleibt 1014 | Heun
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Zugangsvereinbarungen nach § 22 TKG
damit (zu Recht) lediglich Anhang G, der die individuellen Vereinbarungen zwischen den Vertragspartnern enthält. 10.5.2.9 Anhang A – Technische Parameter und Beschreibungen Dieser rein technische Anhang enthält die übertragungstechnischen Schnittstellen und den Übertragungsplan sowie Ausführungen zur Aufstellung der Technik und Regelungen zum Zeichengabesystem Nr. 7 und zum Zeichengabezwischennetz. Ferner enthält er eine Umsetzung der Spezifikation hinsichtlich der Verbindungsnetzbetreiberauswahl (Carrier Selection Spezifikation) und der Spezifikation über Entgeltinformation für den Endkunden über Netzgrenzen (AOC). Sämtliche technischen Regelungen basieren auf den Abstimmungen in technischen Arbeitsgruppen des Arbeitskreises Netze und Nummerierung (AKNN), der sämtlichen Betreibern wie auch Herstellern von Übertragungs- und Vermittlungstechnik offen steht. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass sich der AKNN als privates Normierungsgremium nicht über die regulatorischen Vorgaben des TKG oder des geltenden Europarechts hinwegsetzen darf.
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10.5.2.10 Anhang B – Bestellung/Bereitstellung Dieser Anhang gliedert sich in einen Teil 1 zu Planungsabsprachen, einen Teil 2 zu Bestellung/Bereitstellung von Interconnection-Anschlüssen (ICAs) und Zusammenschaltungsdiensten sowie einen Teil 3 zur Migration der Orte der Zusammenschaltung auf LEZB für Zusammenschaltungsdienste des ICP. Der erste Teil enthält ein sehr differenziert ausgestaltetes Verfahren hinsichtlich der Planungsabsprachen, wonach die ICP mit entsprechenden Vorlaufzeiten der DTAG die von ihnen zur Bestellung geplanten Mengen von ICAs, die Festlegung der OdZ sowie deren Inbetriebnahmezeitpunkte angeben müssen. Im Rahmen dieses Verfahrens werden von den ICP sehr umfangreiche Planungsdaten abverlangt. Ein häufig vorgetragener Kritikpunkt ist in diesem Zusammenhang neben dem Umfang der abverlangten Daten die Regelung der Folgen der Planungsabsprachen für die Bestellung und Bereitstellung. Im Zusammenhang mit dem Bestell- und Bereitstellungsteil waren vor allem die dort aufgeführte Sicherheitsleistung sowie die Regelung zur Kündigung von ICAs, die eine Mindestüberlassungsdauer von ursprünglich 24 Monaten und nunmehr 12 Monaten beinhaltete, streitig. In Teil 3 wird die DTAG berechtigt, die Erschließung von LEZB zu verlangen, um die von ihr zu zahlenden Entgelte für Zusammenschaltungsdienste von ICP zu reduzieren, wenn der ICP im betreffenden Einzugsbereich selbst Teilnehmeranschlüsse hat.
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10.5.2.11 Anhang C – Test In diesem eher technisch ausgestalteten Anhang wird das für die Inbetriebnahme der Netzzusammenschaltung erforderliche Testverfahren geregelt. Heun | 1015
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H Rz. 560
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Dabei handelt es sich um Interoperabilitätstests, Konformitätsüberprüfungen und Kompatibilitätstests der Systeme der ICP gegenüber den Systemen der DTAG. Vor allem enthält dieser Anhang die den Tests zugrunde liegenden Kategorien. Zeitweise war die Durchführung und Abwicklung der Tests aufgrund der großen Anzahl der ICP mit einigen zeitlichen Verzögerungen behaftet. Es gilt dabei zu erwähnen, dass grundsätzlich auch vor Abschluss der Netzzusammenschaltungsvereinbarung Tests möglich sind.
10.5.2.12 Anhang D – Betrieb 560
In diesem Anhang werden die betrieblichen Prozesse unter anderem für Meldeverfahren, Verkehrsmanagementmaßnahmen oder planbaren Maßnahmen geregelt. Ferner sind die Prozesse hinsichtlich Störungen und Entstörung aufgenommen worden. Auch die Regelungen eines Eskalationsverfahrens beinhaltet dieser Anhang.
10.5.2.13 Anhang E – Kollokation 561
In diesem Anhang ist die genaue technische Ausgestaltung der Kollokationsräume enthalten. Neben bautechnischen und elektrotechnischen Merkmalen ist das Verfahren hinsichtlich der Zutritts- und Nutzungsregelungen der Kollokationsräume detailliert geregelt. Zu beachten ist, dass Kollokation für Zwecke der Zusammenschaltung auch über im Rahmen des Vertrags über den Zugang zum Teilnehmeranschluss vereinbarte Kollokationsflächen in Anspruch genommen werden kann.
10.5.2.14 Anhang F – Abrechnung 562
Neben der inhaltlichen Ausgestaltung der Rechnungen für die Zusammenschaltungsleistungen zwischen den Vertragspartnern enthält dieser Anhang ein Verfahren bei Rechnungsunstimmigkeiten. Dabei besitzt der ICP die Möglichkeit, im Rahmen eines Schiedsgerichtsverfahrens den ordentlichen Rechtsweg auszuschließen.
10.5.2.15 Anhang G – Gegenseitige Leistungsbestimmungen 563
In diesem Anhang werden die zwischen den beiden Vertragspartnern konkret und individuell vereinbarten Leistungen, wie zum Beispiel die gegenseitigen Zusammenschaltungsdienste des Diensteportfolios sowie die einzelnen Orte der Zusammenschaltung vereinbart. Ferner werden individuelle Spezifikationen und Konfigurationen in diesem Anhang geregelt. Daher gilt dieser Anhang auch als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis beider Parteien, der nicht der „Veröffentlichung“ nach § 22 Abs. 3 TKG unterliegt.
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Zugangsvereinbarungen nach § 22 TKG
Rz. 567 H
10.5.2.16 Anhang H – Ansprechpartner Aufgrund der großen technischen und betrieblichen Komplexität des Vertrags und der ihm zugrunde liegenden umfangreichen technischen Ausgestaltung sind für die verschiedenen Regelungsinhalte in diesem Anhang konkrete Ansprechpartner beider Vertragspartner aufgenommen worden.
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10.5.2.17 Ausblick Zwar hat sich das Zusammenschaltungsregime in der Zeit von 1998 bis 2005 weitgehend eingespielt. Weil dieses allerdings auch maßgeblich durch Zusammenschaltungsanordnungen der RegTP bzw. BNetzA geprägt wurde, ist eine echte Befriedung nicht eingetreten. Die Zusammenschaltungsvereinbarung der DTAG ist daher seit Dezember 2005 Gegenstand eines Standardangebot Überprüfungsverfahrens durch die BNetzA nach § 23 Abs. 2–4 TKG (siehe oben Rz. 418 ff., 462 f.). Die diesbezügliche Anhörung hat dabei eine Vielzahl von und erhebliche Meinungs- und Interessenunterschiede der Beteiligten aufgezeigt, denen die BNetzA gerecht werden muss. Angesichts der Änderung von § 23 TKG durch das TKG-Änderungsgesetz ist zu hoffen, dass das Verfahren in Kürze beendet wird. Ein erster Beschluss der BNetzA nach § 23 Abs. 2 und 3 TKG ist im April 2007 ergangen, mit dem erhebliche Anpassungen verlangt werden1.
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10.5.3 Zusammenschaltungsvereinbarungen mit Mobilfunknetzbetreibern Mit der Regulierungsverfügung zu Markt Nr. 16 der Märkteempfehlung ist (auch) den Mobilfunknetzbetreibern die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Standardangebots auferlegt worden, die sich auf die Netzzusammenschaltung, die Terminierung von Verbindungen in deren Netzen und Kollokation bezieht. Die von den Mobilfunknetzbetreibern veröffentlichten Angebote sind seit Dezember 2006 Gegenstand eines Überprüfungsverfahrens durch die BNetzA nach § 23 Abs. 2–4 TKG (siehe oben Rz. 418 ff., 462 f.).
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Die Zusammenschaltungsvereinbarungen der Mobilfunknetzbetreiber folgen dem gleichen modularen Prinzip wie die Zusammenschaltungsvereinbarung der DTAG, sind aber in ihrer Struktur wie auch in ihrem Inhalt schlanker. Typischerweise bestehen sie aus einem Hauptteil (Hauptvertrag, vgl. Rz. 543) und bis zu elf Anlagen, welche die Leistungsbeschreibung(en) für die relevanten (ggf. gegenseitigen) Terminierungsdienste (vgl. Rz. 551), die Netzanschlüsse bzw. Netzübergänge (vgl. Rz. 546), Orte der Zusammenschaltung (vgl. Rz. 555) und Kollokation (vgl. Rz. 561) enthalten, betriebliche Absprachen (Entstörung) sowie Verkehrs- und Netzmanagement (vgl. Rz. 560), technische Parameter (vgl. Rz. 557) und Tests (vgl. Rz. 559), schließlich Preise (vgl. Rz. 552, zur neuerdings auch hier auftauchenden Frage der
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_______________
1 BNetzA, Beschl. v. 4.4.2007 – BK4c-05-102/S.
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Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Vereinbarungsfiktion zu § 35 Abs. 5 TKG siehe unten Rz. 575), Abrechnung (vgl. Rz. 562) und Ansprechpersonen (vgl. Rz. 564). Hieran wird deutlich, dass sich zwischenzeitlich ein Standard am Markt herausgebildet hat, wobei freilich zu berücksichtigen ist, dass die DTAG wesentlich umfassenderen Zugangsgewährungsverpflichtungen im Bereich der Zusammenschaltung unterliegt und ihre Zusammenschaltungsvereinbarung bereits häufig Gegenstand von Anordnungsverfahren vor der BNetzA war. Dies könnte den Mobilfunknetzbetreibern noch bevorstehen, da deren Standardangebote Fragen etwa zu Mindestlaufzeiten für Netzanschlüsse und Mindestverkehrsmengen aufwerfen, welche die BNetzA (RegTP) bereits im Rahmen der Zusammenschaltung mit der DTAG seit 1998 beschäftigt haben1. 10.5.4 Sonstige Zusammenschaltungsvereinbarungen im Festnetzbereich 568
Unabhängig von der Zusammenschaltungsvereinbarung mit der DTAG bestehen unterschiedliche Formen von Zusammenschaltungsverträgen für nationale wie internationale Verbindungen zwischen nationalen und internationalen Festnetzbetreibern. Diese Verträge haben in der Regel den Transport von Gesprächs- oder Datenvolumen zum Vertragsinhalt, wobei in den meisten Fällen die Varianten des Transits (Übergabe an einen dritten Netzbetreiber) oder die der Terminierung vereinbart werden. Sie sind ebenfalls modular aufgebaut, bilden dabei häufig die Vertragsstruktur der Zusammenschaltungsvereinbarung mit der DTAG nach, erreichen aber selten deren Umfang und Komplexität.
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Die Abgrenzung zu der Zusammenschaltungsvereinbarung mit der DTAG besteht vor allem darin, dass diese Verträge entweder in vollem Umfang auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit hinsichtlich der zu erbringenden Telekommunikationsdienstleistungen basieren oder reine einseitige Transitbzw. Terminierungsverträge darstellen. Dies führt dazu, dass es im Rahmen der Verhandlungen und den Abschlüssen dieser Verträge in den seltensten Fällen einen großen Verhandlungsbedarf gibt oder Dissens hinsichtlich der Zugangsfragen entsteht. Vielmehr konzentrieren sich die Verhandlungen auf Preise und Qualitätsparameter. Allerdings muss hier mit Blick auf die alternativen Teilnehmernetzbetreiber berücksichtigt werden, dass diesen nicht nur die Verpflichtung zur Zusammenschaltung und zur Terminierung von Verbindungen in ihre Netze auferlegt worden ist (§ 21 TKG), sondern auch die Gleichbehandlungsverpflichtung (§ 19 TKG) und die Transparenzverpflichtung (§ 20 TKG)2. Dies führt im Zweifel zu einem höheren Maß an Standardisierung der Vertragsverhältnisse, aber auch zu statischeren Vereinbarungen. Dabei ist zu beachten, dass den alternativen Teilnehmernetzbetreibern von der BNetzA auch die Kollokationspflicht auferlegt worden _______________
1 Instruktio dazu die Übersicht bei Schütz, Kommunikationsrecht, Rz. 357 ff. 2 BNetzA, Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016 (-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006.
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Zugangsvereinbarungen nach § 22 TKG
ist, allerdings mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass auch andere Formen der technischen Zusammenschaltung vereinbart werden können1. Hier wird sich noch zeigen müssen, ob die Kollokationsverpflichtung von den verpflichteten Betreibern als Abschreckung (d. h. Zusammenschaltung nur bei Kollokation) verwendet werden wird oder nicht. Freier sind dagegen nach wie vor diejenigen Verträge, welche die Terminierung von Verbindungen im Ausland zum Gegenstand haben. Wesentliche kommerzielle Hintergründe dieser Verträge bestehen darin, aus den am Markt vorhandenen Kapazitäten im Sinne eines Spot-Marktes hinsichtlich der verschiedenen Destinationen die jeweils günstigsten Angebote in Anspruch nehmen zu können bzw. möglicherweise vorhandene Kapazitätsengpässe im eigenen Netz durch die Übergabe des Überlastverkehrs im Rahmen dieser Verträge zu überbrücken und somit Verfügbarkeitsprobleme gegenüber den eigenen Teilnehmern aufzufangen. Im Gegensatz zu der Zusammenschaltungsvereinbarung mit der DTAG sind in diesen Verträgen häufig keine Regelungen zur Kollokation enthalten, sondern die physische Verbindung erfolgt über 2 Mbit/s-Festverbindungen, deren Kosten sich die Vertragspartner teilen. Typisch ist auch, dass die Entgeltanpassung häufig im Monats-, Wochen- oder gar Tagesrhythmus durch Austausch der entsprechenden Preislisten durchgeführt wird, um den sehr dynamischen Preisveränderungen in diesem Markt in ausreichendem Maße gerecht zu werden. Weitere relevante Klauseln sind im Rahmen der jeweiligen Leistungspflichten die genaue Bestimmung der Grenzen der Verantwortung in technischer und betrieblicher Hinsicht sowie die Qualitätsparameter der einzelnen Dienste.
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10.5.5 Vereinbarung über den Zugang zum Teilnehmeranschluss mit der DTAG Ähnlich wie die Zusammenschaltungsvereinbarung der DTAG existiert der Vertrag über den Zugang zum Teilnehmeranschluss bereits seit 1998. Allerdings war der Vertrag seltener Gegenstand von Entscheidungen der BNetzA, weil unter dem TKG 1996 kein für die Zusammenschaltungsanordnung vergleichbares Verfahren bestand. Stattdessen war dieser Vertrag (nur) über die besondere Missbrauchsaufsicht des § 33 in Verbindung mit § 35 TKG 1996 überprüfbar2.
_______________
1 BNetzA, Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016 (-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), S. 11, BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006. 2 Zu den wesentlichen Entscheidungen siehe Beck TKG-Komm/Schütz, § 42 Rz. 49.
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H Rz. 572
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
10.5.5.1 Vertragsstruktur 572
Mit der Regulierungsverfügung für Markt Nr. 11 der Märkteempfehlung1, sind der DTAG Zugangsgewährungsverpflichtungen sowie die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Standardangebots auferlegt worden (siehe oben Rz. 29 ff. und 363 ff.). Dies bezieht sich auf den vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmerschluss, Line Sharing, den gebündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss einschließlich OPAL/ISIS sowie Kollokation und die Zulassung von Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Kollokationsnehmern. Hierfür hat die DTAG vier Vertragswerke vorgelegt, die sich auf den entbündelten und gebündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss, das Line Sharing, die Endleitung (Inhouse Verkabelung) und die Kollokation beziehen. Diese Verträge sind wie die Zusammenschaltungsvereinbarung seit Dezember 2005 Gegenstand eines Standardangebot Überprüfungsverfahrens durch die BNetzA nach § 23 Abs. 2–4 TKG (siehe oben Rz. 418 ff., 462 f.).
573
Auch diese Verträge besitzen die gleiche modulare Struktur wie die Zusammenschaltungsvereinbarungen, liegen aber im Aufbau und (teilweise) in der Länge zwischen den Zusammenschaltungsvereinbarungen der Mobilfunknetzbetreiber und der Zusammenschaltungsvereinbarung der DTAG. Allen Verträgen gemeinsam ist der Hauptteil, Anlagen mit der Leistungsbeschreibung in einzelnen Produktvarianten, Bestellung und Bereitstellung, Entstörung, Preise sowie verschieden Verfahrensregelungen. 10.5.5.2 Exkurs: Vereinbarungsfiktion in Bezug auf Entgelte und mit Blick auf § 35 Abs. 5 TKG
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Eine Besonderheit der Standardangebote der DTAG in diesem Bereich ist, dass lediglich noch solche Preise aufgeführt werden, die nicht genehmigungspflichtig sind. Hinsichtlich der genehmigungspflichtigen Preise verweist der Hauptvertrag indes lediglich auf die Entgeltgenehmigung. Dies ist eine neue Praxis, mit der die DTAG die Preisvereinbarung auf die Ebene des Entgeltgenehmigungsverfahrens verlagert. Dies ist verwunderlich, weil § 23 Abs. 3 S. 2 TKG die Vorlage eines Standardangebots einschließlich der Entgelte vorsieht (siehe oben Rz. 423, 429). Gleichwohl besteht hier offensichtlich ein Interesse, Entgeltfragen künftig nur noch mit der BNetzA „auszutragen“, mit den Nachfragern dagegen nur noch, wenn es sich um nicht genehmigungspflichtige Entgelte handelt. Dies ist zwar insoweit nachvollziehbar als sich auch unter dem TKG 1996 eine Praxis entwickelt hat, bei der Anschlussgenehmigungsverfahren bei Ablauf der Befristung der bisherigen Genehmigung ohne etwaige Neuverhandlungen zwischen den Vertragspartnern erfolgt sind. Die neuen Regelungen haben aber eine andere Qualität, weil damit bereits vor Beginn der Vertrags- und Leistungsbeziehung die _______________
1 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), BNetzA Mitteilung Nr. 83/ 2005, ABl. Nr. 7/2005.
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Zugangsvereinbarungen nach § 22 TKG
Rz. 575 H
Preisfrage ausgeklammert bleibt. Damit ist die grundsätzliche Frage danach gestellt, ob die vom verpflichteten Unternehmen gegenüber den Nachfragern gewollten Entgelte mittels Regulierung (nur) kontrolliert werden oder ein generelles Tarifsystem eingeführt wird. Zwar ist der früher unter dem TKG 1996 angenommene notwendige Einzelvertragsbezug1 für die Entgeltgenehmigung vermutlich überholt, weil die Entgeltregulierung des heutigen TKG nicht mehr wie § 39 TKG 1996 auf den (einzelnen) besonderen Netzzugang abstellt. Indes ist damit noch nicht beantwortet, ob das verpflichtete Unternehmen seinen Nachfragern und Vertragspartnern keine Entgelte mehr anzubieten braucht. Diese Antwort gibt die bereits erwähnte Regelung des § 23 Abs. 3 S. 2 TKG. Was für das Standardangebot gilt, muss freilich erst Recht für Vereinbarungen über Zugangsleistungen gelten, für die keine Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Standardangebots auferlegt worden ist. Damit im Zusammenhang steht die ebenfalls in den Verträgen enthaltene Regelung, dass mit Blick auf die umstrittene2 Rückwirkungsregelung des § 35 Abs. 5 TKG (dazu auch I. Rz. 90 ff.) die jeweils (abstrakt) beantragten Entgelte als vereinbart gelten. Diese Vereinbarungsfiktion soll sicherstellen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 S. 1 TKG erfüllt sind, weil nur so das gerichtliche Erstreiten eines höheren, auf den Zeitpunkt der erstmaligen Leistungsbereitstellung zurückwirkenden Entgelts möglich ist. Denn § 35 Abs. 5 S. 1 TKG setzt voraus, dass es sich um ein „vertraglich bereits vereinbartes Entgelt“ handelt, während die Rückwirkung bei angeordneten Zusammenschaltungen nicht in Betracht kommt3. Hier schlägt die soeben erwähnte Praxis des verpflichteten Unternehmens, sich von der Vereinbarung der Entgelte zu lösen, zurück. Dies ist bedenklich und aus folgenden Gründen unbillig, was beispielsweise im Rahmen des Überprüfungsverfahrens zum betreffenden Standardangebot zu berücksichtigen und korrigieren ist (siehe oben Rz. 430). Mit der Vereinbarungsfiktion erhält sich das verpflichtete Unternehmen die „Option“ auf ein ggf. höheres Entgelt, welches es mit dem betreffenden Vertragspartner tatsächlich nicht vereinbart hat. Damit wird die vom Gesetzgeber in Reaktion auf die Rechtsprechung zum TKG 19964 aufgenommene Regelung des § 35 Abs. 5 S. 1 TKG enorm ausgedehnt. Die genannte Rechtsprechung sollte das zugangsverpflichtete Unternehmen davor schützen, vertraglich vereinbarte Leistungen ohne Entgeltanspruch erbringen zu müssen, wenn zum Zeitpunkt der Vereinbarung eine Entgeltgenehmigung für die fragliche Leistung noch nicht erteilt war. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass der Vertragspartner nicht damit rechnen darf, eine Leistung unentgeltlich zu beziehen, wenn er _______________
1 Siehe BVerwG, CR 2004, 29. 2 Siehe einerseits Mayen, CR 2005, 29 f. und andererseits BerlKommTKG/Groebel/ Seifert, § 35 Rz. 81 ff. 3 VG Köln, Beschl. v. 29.9.2006 – 1 L 1380/06, Absatz Nr. 28 ff. über www.justiz. nrw.de. 4 BVerwG, CR 2004, 502.
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575
H Rz. 576
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
sie vertraglich vereinbart und in Anspruch genommen hat. Aufgrund des genannten, unter dem TKG 1996 geltenden Einzelvertragsbezugs für die Genehmigungsfähigkeit von Entgelten für Zugangsleistungen war damit auch zugleich eine Vereinbarung über das betreffende Entgelt verbunden. Dieser Sinnzusammenhang wird durchbrochen, wenn wie hier das verpflichtete Unternehmen die von ihm einseitig beantragten und nicht mit dem Vertragspartner vereinbarten Entgelte mittels der Vereinbarungsfiktion an die Stelle der Entgeltvereinbarung setzt. Es handelt sich im Ergebnis um ein einseitiges Preisbestimmungsrecht, wenn auch unter der Kontrolle der BNetzA im betreffenden Entgeltgenehmigungsverfahren. Der Vertragspartner wird somit in eine Ungewissheit gezwungen, die in den Fällen der genannten Rechtsprechung deswegen nicht bestand, weil das fragliche und ggf. rückwirkende Entgelt dem Vertragspartner durch die Vereinbarung zumindest bekannt war. Man mag zwar argumentieren, dass in § 315 Abs. 3 BGB die Bindungswirkung einer Leistungsbestimmung auch nur eintritt, wenn sie der Billigkeit entspricht. Eine solche Billigkeitsüberprüfung erfolgt dann innerhalb des Entgeltgenehmigungsverfahrens seitens der BNetzA. Indes ist es gerade der Zweck der Regelungen in §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 5 und 6 TKG, Transparenz für die Vertragspartner herzustellen, indem sie vor Abschluss von Zugangsvereinbarungen die für die Zugangsleistungen zu entrichtenden Entgelte kennen. Denn genehmigungspflichtige Entgelte sind nach § 31 Abs. 5 TKG „vor dem beabsichtigten Inkrafttreten vorzulegen“. Für Zwecke der Rückwirkung kann davon nur dann eine Ausnahme gemacht werden, wenn die fraglichen Entgelte (wenigstens) i. S. v. § 35 Abs. 5 S. 1 TKG mit dem Vertragspartner „vertraglich bereits“ vereinbart worden, diesem also bekannt sind. Von dieser gesetzlich vorgesehenen Systematik lassen sich die verpflichteten Unternehmen durch die Vereinbarungsfiktion befreien; sie sind daher unangemessen bzw. unbillig. 576
Zugleich wird mit der Vereinbarungsfiktion die mit den Regelungen in § 35 Abs. 5 S. 2 bis 4 TKG intendierte Schutzwirkung zugunsten der Vertragspartner ausgehöhlt. Sinn und Zweck dieser Regelungen ist es, die Vertragspartner vor hohen Rückstellungen zu bewahren, die sich aus der Rückwirkung von Entgeltgenehmigungen entsprechend § 35 Abs. 5 S. 1 TKG ergeben (können). Länger andauernde Rechtsunsicherheit soll dadurch vermieden werden, dass das entgeltgenehmigungsverpflichtete Unternehmen innerhalb einer mittlerweile durch das TKG-Änderungsgesetz auf zwei Monate nach Klageerhebung festgesetzten Frist (§ 35 Abs. 5 S. 4 TKG), mit einer einstweiligen Anordnung ein höheres Entgelt gerichtlich erstreiten muss1. Das ist zwar auch mit Blick auf die Vereinbarungsfiktion nicht anders. Indes besteht ein entscheidender Unterschied darin, dass der Vertragspartner hier nicht weiß und auch nicht wissen soll, in welcher Höhe ein Genehmi_______________
1 Das VG Köln legt die Regelung dahingehend restriktiv aus, dass nicht das Gericht ein höheres Entgelt anordnet, sondern die BNetzA zur Genehmigung eines höheren Entgelts verpflichtet: siehe etwa VG Köln, Beschl. v. 4.4.2006 – 1 L 2056/05.
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Rz. 577 H
Zugangsvereinbarungen nach § 22 TKG
gungsantrag sowie eine daran anknüpfende Rechtsschutzmaßnahme überhaupt erfolgen wird. Kennt er den vermutlich zu beantragenden Preis aufgrund vorheriger vertraglicher Vereinbarung, kann er Rückstellungen bilden, deren Dauer auf drei Monate (Klagefrist zuzüglich zwei Monate für die einstweilige Anordnung) zuzüglich der Dauer des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens begrenzt wären. Kennt er den fraglichen Preis aber nicht, ist er möglicherweise gezwungen, aus Vorsicht höhere Rückstellungen zu bilden als überhaupt notwendig gewesen wäre. Die wettbewerbsbehindernde Wirkung dieser Situation liegt auf der Hand, zumal auch Rückstellungen aufgrund von bestehender Kenntnis solche Wirkungen entfalten1. Wird der Vertragspartner hierzu aber zudem aufgrund von Vertragsklauseln seitens der verpflichteten Unternehmen gezwungen, so liegt darin eine unbillige, sachlich nicht gerechtfertigte Behinderung i. S. v. § 42 Abs. 1 TKG. Denn das verpflichtete Unternehmen ist nicht gehindert, die gewünschten Entgelte auch tatsächlich zu vereinbaren. 10.5.6 Vereinbarung über den IP-Bitstrom-Zugang mit der DTAG Ein relative junges Standardangebot basiert auf der diesbezüglichen Verpflichtung sowie den Zugangsgewährungsverpflichtungen (IP-Bitstrom, Kollokation und die Zulassung von Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Kollokationsnehmern) in der Regulierungsverfügung für den IP-BitstromZugang2. Dieser, seit Januar 2007 im Überprüfungsverfahren für das Standardangebot befindliche Vertrag beschreibt eine bislang so nicht am deutschen Markt vorhandene Zugangsleistung (siehe G. Rz. 157 ff.). Der Inhalt des Vertrags ist zusammengesetzt aus den von der DTAG bereits am Markt angebotenen Produkten Wholesale DSL und ZISP, und wird dementsprechend von den Nachfragern kritisiert. Strukturell besteht der Vertrag aus einem Hauptteil, einer Leistungsbeschreibung, einem Preisanhang (der wie beim Teilnehmeranschluss einen Verweis vornimmt) sowie technischen und betrieblichen Anlagen. Hinsichtlich der Kollokation wird auf den auch im Rahmen des Zugangs zum Teilnehmeranschluss separat angebotenen Vertrag über Kollokationsflächen verwiesen. Hier wird abzuwarten sein, wie die Nachfrager und die BNetzA noch Einfluss auf die Gestaltung nehmen werden. Auch hier tauchen mit Blick auf Regelungen zu Mindestlaufzeiten, zur Anzahl und Struktur der Übergabepunkte, zu Qualitätsparametern und zur Gestaltung der Leistungsbeziehungen Fragen auf, die schon im Rahmen des Zusammenschaltungsregimes mit der DTAG streitig waren (siehe oben Rz. 567). Hinzu kommen besondere Fragen des IP-Bitstrom-Zugangs, die insbesondere damit zu tun haben, welche xDSL-Leistungen erfasst sein müssen und ob ein so genannter Standalone BitstromZugang angeboten werden muss. Bei Letzterem geht es darum, ob die In_______________
1 BerlKommTKG/Groebel/Seifert, § 35 Rz. 65 ff. 2 BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006.
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H Rz. 578
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
anspruchnahme von Bitstrom-Zugang ermöglicht werden muss, ohne dass zugleich auch ein Telefon- bzw. ISDN-Anschluss auf der Teilnehmerseite vorhanden ist oder mitbestellt wird (siehe oben Rz. 306).
11. Zugangsanordnungen durch die BNetzA nach § 25 TKG 578
Nach § 25 TKG besitzt die BNetzA eine Anordnungsbefugnis für Zugangsleistungen bei zwei Konstellationen von gescheiterten Zugangsvereinbarungen: –
Zugangsvereinbarungen nach § 22 TKG, d. h. im Falle von Zugangsverpflichtungen, die nach § 21 TKG auferlegt worden sind.
–
Zugangsleistungen, die nach § 18 TKG auferlegt worden sind.
Damit ist die Anordnungsbefugnis der BNetzA nicht mehr wie im TKG 1996 auf Zusammenschaltungen beschränkt. Vielmehr erstreckt sie sich auf sämtliche Zugangsleistungen, die sich aus der Auferlegung von Zugangs(gewährungs)verpflichtungen nach § 21 oder § 18 TKG ergeben. Die Zugangsanordnung übernimmt und vereint nunmehr die zentrale Rolle der konkreten und individuellen Anordnung (und Durchsetzung) von Zugangs(gewährungs)verpflichtungen im Einzelfall, die im TKG 1996 noch verteilt war auf § 37 TKG 1996 (Zusammenschaltungsanordnung) und § 33 TKG 1996 (Besondere Missbrauchsaufsicht). 579
Die europarechtliche Vorlage für § 25 TKG liegt im Kern in Art. 5 Abs. 4 Zugangsrichtlinie, daneben aber auch in Art. 12 Abs. 1 Zugangsrichtlinie (siehe oben Rz. 251) und Art. 20, 21 Rahmenrichtlinie, wo es um Rechtsschutz durch die nationalen Regulierungsbehörden geht. Nach diesen Regelungen muss sichergestellt sein, dass der Zugang auf Antrag oder von Amts wegen durch die nationalen Regulierungsbehörden angeordnet bzw. durchgesetzt werden kann und den Unternehmen hierfür Verfahrensmöglichkeiten innerhalb einer Verfahrenshöchstdauer von vier Monaten zur Verfügung stehen.
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In struktureller Hinsicht gliedert sich § 25 TKG in –
Regelungen zu den Anordnungsvoraussetzungen (§ 25 Abs. 1 und 2 TKG).
–
Regelungen zum Gegenstand und Inhalt der Zugangsanordnung (§ 25 Abs. 5 TKG).
–
Regelungen zum Anordnungsverfahren (§ 25 Abs. 1, 3, 4, 6 und 7 TKG).
–
Regelungen zu den Rechtsfolgen und zur Durchsetzung (§ 25 Abs. 8 TKG).
Gegenüber § 37 TKG 1996 haben sich Regelungsumfang und -dichte deutlich erhöht, was der umfangreichen Kasuistik zur Zusammenschaltungsanordnung des § 37 TKG 1996 zu verdanken ist. Dies hat manche Fragen geklärt, wie etwa, dass auch streitige Entgelte angeordnet werden können (siehe unten Rz. 622 ff.), aber auch neue Fragen aufgeworfen, nämlich wie 1024 | Heun
Zugangsanordnungen durch die BNetzA nach § 25 TKG
Rz. 582 H
die hinsichtlich der Entgeltanordnung in zwei Teilakte zerlegte Zugangsanordnung zu befolgen ist, wenn um Rechtsschutz nachgesucht wird (siehe unten Rz. 627 ff.). 11.1 Voraussetzungen der Zugangsanordnung Nach § 25 Abs. 1 TKG bestehen zwei kumulative Grundvoraussetzungen für eine Zugangsanordnung: –
eine Zugangsvereinbarung nach § 22 TKG oder eine Vereinbarung über Zugangsleistungen nach § 18 TKG ist ganz oder teilweise nicht zustande gekommen, und
–
die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Zugangsgewährung liegen vor.
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Die erste Voraussetzung wird durch die in § 25 Abs. 2 TKG ausgedrückte Subsidiarität der Zugangsanordnung gegenüber vertraglichen Vereinbarungen ergänzt. 11.1.1 Kein Zustandekommen einer Vereinbarung und Subsidiarität Nach § 25 Abs. 1 und 2 TKG ist eine Zugangsanordnung nur zulässig, wenn zwischen den (beiden) Beteiligten eine Zugangsvereinbarung1 nicht zustande kommt, und zwar soweit und solange die Beteiligten keine Zugangsvereinbarung treffen. Ob eine Zugangsvereinbarung zustande gekommen ist oder nicht, ist leicht festzustellen. Mit Blick auf den nach § 25 Abs. 5 TKG weiten Gegenstand der Zugangsanordnung (siehe unten Rz. 592 ff.) ist es dabei regelmäßig unerheblich, woran das fehlende Zustandekommen der Zugangsvereinbarung liegt. Allerdings muss es sich entweder um eine Zugangsvereinbarung nach § 22 TKG handeln oder um eine solche über Zugangsleistungen nach § 18 TKG. Damit wird der möglich sachliche Gegenstand einer Zugangsanordnung qualifiziert. Diese Qualifizierung ergibt sich mit Blick auf § 22 TKG konkret für die nach § 21 TKG auferlegten Zugangs(gewährungs)verpflichtungen, weil § 22 Abs. 1 TKG auf jene Bezug nimmt. Die dortige Angebotspflicht bezieht sich nur auf die auferlegten Verpflichtungen, so dass auch nur jene mittels Zugangsanordnung angeordnet werden können. Bei § 18 TKG ist die Konstellation etwas anders, weil diese Bestimmung auf der gleichen Regelungsstufe steht wie § 21 TKG, während eine Parallelnorm zu § 22 TKG für § 18 TKG fehlt. Weil sich allerdings auch der Umfang der Angebotspflicht nach § 22 TKG letztlich über die nach § 21 TKG auferlegten Verpflichtungen erschließt, besteht kein _______________
1 In § 25 Abs. 2 TKG ist auch von Zusammenschaltungsvereinbarung die Rede, da aber die Zusammenschaltung ein Unterfall des Zugangs ist (siehe oben Rz. 61), ist Zugangsvereinbarung zugleich der Oberbegriff für Zusammenschaltungsvereinbarung.
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H Rz. 583
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
sachlicher Unterschied in der Verweistechnik. Indes ergibt sich ein inhaltlicher Unterschied dergestalt, dass § 21 TKG tatsächlich nur Zugangs(gewährungs)verpflichtungen enthält, während § 18 Abs. 2 TKG ein Diskriminierungsverbot beinhaltet (siehe oben Rz. 488). Der Verweis in § 18 Abs. 2 S. 2 TKG auf § 42 Abs. 4 TKG führt dabei dazu, dass insoweit das Anordnungsverfahren nach § 25 TKG nicht in Betracht kommt. Dementsprechend geht es mit Blick auf § 18 TKG letztlich um den gleichen Inhalt wie bei § 21 TKG (siehe oben Rz. 482). 583
Mangels zustande gekommenen Vertrags tritt die Zugangsanordnung an die Stelle der Zugangsvereinbarung und ersetzt den Vertragsschluss (zu den Rechtswirkungen siehe unten Rz. 612 f.). Der konkret zulässige Umfang der Zugangsanordnung hängt somit von den noch offenen Verhandlungspunkten ab, hinsichtlich derer die Beteiligten keine vertragliche Einigung erzielen konnten. Damit besteht grundsätzlich keine Ersetzungsbefugnis der BNetzA für Verhandlungspunkte, bezüglich derer eine vertragliche Regelung der Parteien vorliegt1. Dies widerspräche der lediglich subsidiären Anwendbarkeit der Anordnung nach § 25 Abs. 2 TKG. Dieser Grundsatz wird in der Praxis durch die BNetzA scheinbar durchbrochen, und kann durch die in § 25 Abs. 4 TKG vorgesehene Verfahrenseröffnung von Amts wegen tatsächlich durchbrochen werden. Hinsichtlich der Praxis der BNetzA (RegTP) findet eine scheinbare Durchbrechung dahingehend statt, dass häufig die (Zusammenschaltungs-)Anordnungen komplett in der Weise erfolgen, dass der gesamte den Verhandlungen zugrunde liegende Vertrag einschließlich der Punkte, über die Einigkeit besteht, angeordnet wird, freilich ergänzt um die aus der streitigen Anrufung folgenden Punkte2. Allerdings ist das eben nur eine scheinbare Durchbrechung deswegen, weil wegen der streitigen Punkte regelmäßig auch keine Einigung im Übrigen zwischen den Beteiligten stattfindet. Der Vertrag wird nicht geschlossen, auch wenn nur über wenige Punkte Uneinigkeit besteht, so dass die BNetzA letztlich richtigerweise den gesamten, ggf. in einzelnen Punkte abgeänderten Vertrag anordnet. Anders ist dies freilich bei tatsächlich vorliegender Teileinigung zwischen den Beteiligten, die auch insoweit zu einem Vertragsschluss geführt hat. Hingegen besteht durch die Möglichkeit, das Verfahren von Amts wegen zu eröffnen, für die BNetzA nicht nur die Möglichkeit, eine fehlende Zugangsvereinbarung zwischen zwei Beteiligten anzuordnen. Diese Möglichkeit besteht auch dann, wenn die Beteiligten ganz oder teilweise eine Vereinbarung getroffen haben, diese aber womöglich gegen gesetzliche Verpflichtungen eines Beteiligten, etwa eine auferlegte Gleichbehandlungsverpflichtung nach § 19 TKG verstößt. Genau genommen gilt dies auch bei Anrufung durch einen Beteiligten, die betreffende inhaltliche Befugnis der BNetzA wird aber _______________
1 Siehe VG Köln, Urt. v. 10.8.2005 – 21 K 1019/04, S. 12 des amtlichen Umdrucks. 2 Siehe etwa Beschl. v. 10.2.2006 – BK4c-05-099 (DIALMEX), S. 2 des amtlichen Umdrucks.
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Zugangsanordnungen durch die BNetzA nach § 25 TKG
Rz. 585 H
durch die eigenständige Verfahrenseröffnungsmöglichkeit verstärkt und verdeutlicht. Die in dem Begriffspaar „soweit und solange“ in § 25 Abs. 2 TKG zum Ausdruck kommende Subsidiarität der Zugangsanordnung gegenüber der vertraglichen Einigung beinhaltet zwei eigenständige Aspekte, einen inhaltlichen und einen zeitlichen. Zum einen bedeutet der Begriff „soweit“, dass die Zusammenschaltungsanordnung inhaltlich auch hinsichtlich einzelner Teile der Verhandlungsgegenstände der Zugangsverhandlungen ergehen kann. Eine Anrufung der BNetzA ist daher auch zulässig, wenn nicht der Zugang im Ganzen streitig ist, sondern nur hinsichtlich einzelner Punkte keine vertragliche Einigung erzielt wurde (sog. Teilanrufung)1. Diese Möglichkeit hat in der Praxis insbesondere dort Bedeutung, wo im Rahmen einer bestehenden Zugangsvereinbarung zusätzliche Zugangsleistungen und/oder Dienste nachgefragt werden2. Gegenüber der Rechtslage unter dem TKG 1996 wird dies nunmehr deutlich in § 25 Abs. 1 TKG („ganz oder teilweise“) zum Ausdruck gebracht. Zum anderen tritt die Zugangsanordnung in zeitlicher Hinsicht aufgrund des Begriffs „solange“ dann zurück, wenn die Beteiligten später eine Vereinbarung über die vorher streitigen Gegenstände schließen. Daher werden die Zugsanordnungen der BNetzA in der Praxis mit einem entsprechenden Widerrufsvorbehalt für die spätere vertragliche Einigung versehen. Allerdings ist ohnehin davon auszugehen, dass sich die Zugangsanordnung bei einem späteren Vertragsschluss jedenfalls insoweit im verwaltungsrechtlichen Sinne gemäß § 43 Abs. 2 VwVfG „auf andere Weise erledigt“3, als der Vertragsschluss den Gegenstand der Anordnung nach Inhalt und Umfang betrifft. Dies bedeutet andererseits nicht, dass die Angebotsund Zugangsgewährungsverpflichtung aus §§ 18, 21, 22 TKG für zumindest einen der Beteiligten durch die Anordnung erlischt, vielmehr besteht diese fortlaufend, solange die einschlägig Regulierungsverfügung in Kraft ist.
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Eine zusätzliche mit der Teilanordnung in Zusammenhang stehende Frage ist, was zu tun ist, wenn ein Beteiligter die Änderung einer bestehenden Zugangsvereinbarung erreichen will, dies aber nur Teile des Vertrags betrifft. Die reine Neuaushandlung des Vertrags oder von Teilen desselben auf Basis eines fortbestehenden Vertrags führt für die Zwecke der Anordnung dazu, dass eine Zugangsvereinbarung besteht und damit einer Anrufung der BNetzA gemäß § 25 Abs. 2 TKG im Wege steht. Dies soll dann anders zu beurteilen sein, wenn die Auferlegung von Verpflichtungen nach §§ 18 oder 21 TKG mittels Regulierungsverfügung auf den bestehenden Vertrag derge-
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_______________
1 Zur alten Praxis unter dem TKG 1996 siehe Hinweise des BMPT zur Zusammenschaltung von öffentlichen Telekommunikationsnetzen (BMPT Vfg. 104/1997, ABl. Nr. 11/1997, S. 603). 2 Siehe etwa BNetzA, Beschl. v. 24.4.2006 – BK4c-06-007 (arcor-Z.18), auch wenn hier im Übrigen ebenfalls eine Zusammenschaltungsanordnung zugrunde liegt; dazu auch VG Köln, Urt. v. 10.8.2005 – 21 K 1019/04. 3 Siehe Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 25 Rz. 44.
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H Rz. 585
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
stalt einwirkt, dass Anpassungen erforderlich werden1. Rechtlich gesehen geht es hier um einen aus der Regulierungsverfügung sowie § 22 TKG folgenden Anspruch auf eine Zugangsleistung, der zugleich einen Anpassungsanspruch in Bezug auf den bestehenden Vertrag auslöst2. Dies ändert aber nichts daran, dass eine Vereinbarung im Sinne von § 25 Abs. 2 TKG besteht. Sofern die Regulierungsverfügung dabei neue, in der Vereinbarung noch nicht enthaltene Zugangsleistungen betrifft, ist dies freilich kein Hindernis, weil insoweit auch tatsächlich keine Zugangsvereinbarung im Sinne von § 25 Abs. 2 TKG vorliegt. Problematisch sind vielmehr die Fälle, wo es um die Änderung (noch) vereinbarter Zugangsleistungen oder um die Änderung bestehender Bedingungen geht. Die gleiche Frage stellt sich, wenn das Überprüfungsverfahren zu einem Standardangebot (siehe oben Rz. 430, 450) zu Änderungen an vorhandenen Leistungen und/oder Bedingungen führt. Hier besteht in der Regel einerseits ein vertraglicher Anpassungsanspruch, der freilich bei den Zivilgerichten durchzusetzen wäre. Andererseits ist das aus Regulierungsverfügung und/oder Standardangebotsverpflichtung verpflichtete Unternehmen auch verpflichtet, die betreffenden Inhalte anzubieten (§ 22 TKG). Der angesprochene Lösungsvorschlag über § 25 TKG wird damit begründet, dass der entsprechenden Verpflichtung insoweit die vorhandene Vereinbarung nicht entgegengehalten werden könne3. Dies beseitigt aber nicht die bestehende Zugangsvereinbarung, die nach dem Wortlaut von § 25 Abs. 2 TKG ausreicht, die Zugangsanordnung subsidiär werden zu lassen. Allerdings kann die Beantwortung der Frage zumindest aus praktischen Erwägungen offen bleiben, weil jedenfalls für den von den Verpflichtungen begünstigten Beteiligten auch die Möglichkeit eines (wenn auch subsidiären) Streitbeilegungsverfahrens nach § 133 TKG besteht, da es sich um eine Streitigkeit über Verpflichtungen aus dem Gesetz oder aufgrund des Gesetzes handelt. Dem Antragsteller ist freilich zu empfehlen, vorsichtshalber die Anforderungen des Anordnungsverfahrens nach § 25 Abs. 3 TKG zu beachten. Liegen die gewünschten Anpassungen allerdings nicht durch eine Regulierungsverfügung oder ein Standardangebot auf der Hand, ist ein Anordnungsverfahren nur dann statthaft, wenn der betreffende Vertragsteil oder der gesamte Vertrag mit dem Ziel der Neuaushandlung gekündigt wird und dies nicht rechtsmissbräuchlich erfolgt. Denn dann besteht für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist keine Zugangsvereinbarung mehr. Teilkündigungen sind freilich nur dort möglich, wo sie ausdrücklich vorgesehen sind, wie etwa bei einzelnen Zugangsdiensten (siehe etwa oben Rz. 551).
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1 Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 25 Rz. 45 f. 2 Typischerweise enthalten Zugangsvereinbarungen Anpassungsklauseln mit Blick auf Änderungen der regulatorischen Rahmenbedingungen. 3 Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 25 Rz. 46.
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Zugangsanordnungen durch die BNetzA nach § 25 TKG
Rz. 589 H
11.1.2 Keine Subsidiarität gegenüber der besonderen Missbrauchsaufsicht oder dem Standardangebot Nach der Rechtsprechung des BVerwG zu § 37 TKG 1996 war die Zusammenschaltungsanordnung gegenüber § 33 TKG 1997 subsidiär. Denn lägen gleichzeitig die Voraussetzungen des § 33 und des § 37 TKG 1996 vor, so würde die Regulierungsbehörde im Hinblick auf die gesetzgeberische Absicht, chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb zu fördern und sicherzustellen, grundsätzlich vorrangig nach § 33 TKG 1996 gegen das beteiligte marktbeherrschende Unternehmen einzuschreiten haben1. Diese Rechtsprechung hat mit der Erweiterung des Anwendungsbereichs von § 25 TKG auf sämtliche Formen des Zugangs und die Verminderung des Anwendungsbereichs der besonderen Missbrauchsaufsicht in § 42 TKG um die Zugangsgewährung ihre Relevanz verloren. Dies bedeutet freilich nicht, dass nunmehr die Missbrauchsaufsicht gegenüber der Zugangsanordnung subsidiär wäre. Vielmehr bestehen beide Verfahren nach dem Willen des Gesetzgebers2 und nach Ansicht der Rechtsprechung3 nebeneinander.
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Ferner ist das Zugangsanordnungsverfahren auch nicht subsidiär gegenüber einem ggf. gleichzeitig stattfindenden Überprüfungsverfahren zum Standardangebot nach § 23 TKG. Beide Verfahren haben unterschiedliche Zwecke. Bei § 23 TKG geht es darum, dass ein Angebot bestimmten Inhalts für alle Marktteilnehmer zu Verfügung steht. Bei § 25 TKG geht es indes um die konkrete Zugangsbeziehung und deren Durchführung zwischen den individuellen Beteiligten. Daher kann das Zugangsanordnungsverfahren nicht mit Blick auf ein bestehendes Überprüfungsverfahren zum Standardangebot von der BNetzA abgelehnt werden4.
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11.1.3 Vorliegen der Verpflichtungsvoraussetzungen Neben dem fehlenden Zustandekommen einer Zugangsvereinbarung ist Voraussetzung für eine Zugangsanordnung, dass die nach dem TKG erforderlichen Voraussetzungen für die Zugangsgewährung vorliegen. Hierunter ist in sachlicher Hinsicht zu verstehen, dass jedenfalls der Antragsgegner in einem Zugangsanordnungsverfahren gesetzlich zur Gewährung des begehrten Zugangs verpflichtet ist und in persönlicher Hinsicht zu verstehen, dass es sich bei den Beteiligten der Zugangsanordnung auch um aus der betreffenden Verpflichtung berechtigte und verpflichtete Unternehmen handelt.
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Im einfachsten Fall ergibt sich die sachliche Anforderung der Zugangsgewährungsverpflichtung aus einer Regulierungsverfügung, mit der dem
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BVerwG, CR 2001, 752 (756). BT-Drucks. 15/2316, S. 71. VG Köln, Urt. v. 17.5.2005 – 21 K 7045/05, Absatz Nr. 45 über www.justiz.nrw.de. Ebenso BNetzA, Beschl. v. 10.2.2006 – BK4c-05-099 (DIALMEX), S. 5 des amtlichen Umdrucks.
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H Rz. 590
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Antragsgegner Zugangsgewährungsverpflichtungen nach § 18 oder § 21 TKG auferlegt worden sind, die wiederum Gegenstand der Zugangsanordnung sind. Entgegen anders lautender Auffassungen in der Literatur1 kommt dabei der Regulierungsverfügung für die Zwecke des § 25 TKG Tatbestandswirkung zu2. Dies folgt zum ersten aus der Verweiskette in § 25 Abs. 1 TKG auf § 22 und § 18 TKG und damit im Ergebnis auf § 21 TKG. Dieser liegt die Regelungssystematik des TKG 2004 zugrunde (siehe G. Rz. 60 ff.), wonach die Regulierung in mehreren, aufeinander aufbauenden Stufen erfolgt. Wollte man im Rahmen des Anordnungsverfahrens nach § 25 TKG eine Prüfung der Auferlegungsvoraussetzungen zulassen3, würde diese Regelungssystematik sinnwidrig durchbrochen. Zum zweiten sieht § 21 Abs. 1 TKG selbst die Verfahrenseinleitung auf Antrag vor (siehe oben Rz. 251 ff.), was verdeutlicht, dass es sich auch aus Sicht des zugangsbegehrenden Unternehmens um eine selbständige und vorgeschaltete Verfahrensstufe handelt. Zum dritten ist mit § 14 TKG ein eigenständiges Verfahren für die Überprüfung und ggf. Änderung oder Aufhebung von Vorabverpflichtungen vorgesehen (siehe G. Rz. 201 ff.), so dass für derartige Prüfungen im Rahmen von § 25 TKG kein Raum bleibt. Zum vierten zeigt ein Blick auf § 30 TKG, dass der Gesetzgeber für die Entgeltregulierung ebenfalls von einer Tatbestandswirkung der Regulierungsverfügung ausgeht, indem er für sämtliche Fälle der Entgeltregulierung Voraussetzungen in Form der Auferlegung von Verpflichtungen oder der Feststellung beträchtlicher Marktmacht vorsieht (und insoweit auch nur solche Voraussetzungen), was sich nur aus einer Regulierungsverfügung ergeben kann. Die Tatbestandswirkung geht dabei in Richtung des Antragsgegners wie des Antragstellers, so dass über § 25 TKG weder die Auferlegung noch die Änderung oder Aufhebung einer Zugangsgewährungsverpflichtung erreicht werden kann. Dies ändert freilich nichts daran, dass das Anordnungsverfahren insoweit davon abhängig ist, dass die konkret nachgefragte Zugangsleistung auch von der auferlegten Zugangsgewährungsverpflichtung erfasst ist. Angesichts der Praxis der BNetzA, die Regulierungsverfügungen nur wenig zu detaillieren (siehe G. Rz. 212 f.), ist das keine Selbstverständlichkeit. Hinzu kommt, dass die BNetzA auch andere Begrenzungen sieht. So betrachtet sie etwa Fragen der Fakturierung oder des Abrechnungsverfahrens (Online- bzw. Offline Billing) nicht als Gegenstand einer Zusammenschaltungsverpflichtung, sondern hält hierfür eine selbständige Regulierungsverfügung mit eigenen diesbezüglichen Verpflichtungen für erforderlich4 (dazu näher Rz. 345 ff.). 590
Die sachliche Anforderung einer Zugangsgewährungsverpflichtung kann sich überdies aus nach § 150 Abs. 1 TKG fortbestehenden (Alt-)Verpflichtungen _______________
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Mayen, CR 2005, 25; Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 25 Rz. 17. Im Ergebnis wohl ebenso BerlKommTKG/Kühling/Neumann, § 25 Rz. 24. So Mayen, CR 2005, 25. BNetzA, Beschl. v. 5.10.2005 – BK4c-05-002/R (Zusammenschaltung DTAG), S. 16, BNetzA Mitteilung Nr. 244/2005 ABl. Nr. 19/2005.
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Rz. 592 H
Zugangsanordnungen durch die BNetzA nach § 25 TKG
ergeben (zur Problematik insgesamt siehe A. Rz. 81 ff.). Für derartige Verpflichtungen ist mittlerweile durch § 150 Abs. 4 a TKG überdies klargestellt, dass Verpflichtungen, die nach § 150 Abs. 1 und 4 TKG wirksam bleiben bzw. fortgelten, als Verpflichtungen nach diesem Gesetz im Sinne von §§ 126 und 133 TKG gelten. Dies betrifft nach der geltenden Rechtsprechung des VG Köln allerdings lediglich Verpflichtungen, die auf Verfügungen der RegTP beruhen, so dass es hier entweder um bereits ergangene Zusammenschaltungsanordnungen geht1 oder um Feststellungen von marktbeherrschenden Stellungen seitens der RegTP vor Inkrafttreten des TKG 20042. Nach der Auffassung des BVerwG in den kürzlich ergangenen Vorlagebeschlüssen zum EuGH, könnten dagegen auch gesetzliche Verpflichtungen fortgelten3. In diesen Fällen ist freilich eine genauere Untersuchung der (ggf. sonstigen) gesetzlichen Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Zugangsgewährung angezeigt, weil es hier an der Vorlage für eine Tatbestandswirkung in Form der Regulierungsverfügung fehlt. In persönlicher Hinsicht hat die BNetzA nicht nur zu prüfen, ob der Antragsgegner in Bezug auf die beantragte(n) Zugangsleistung(en) auch entsprechenden Zugangsgewährungsverpflichtungen unterliegt. Die BNetzA muss auch prüfen, ob der Antragsteller zum Kreis der Berechtigten für die beantragte(n) Zugangsleistung(en) bzw. Zugangsgewährungsverpflichtungen gehört. Dies kann sich aus der entsprechenden Regulierungsverfügung ebenso ergeben wie aus der Zugangsgewährungsverpflichtung selbst.
591
11.2 Anordnungsgegenstand und Inhalt der Zugangsanordnung Ausgangspunkt für den Anordnungsgegenstand ist die von einem Beteiligten begehrte Zugangsleistung auf Grundlage einer entsprechenden Regulierungsverfügung (regelmäßig gegenüber dem anderen Beteiligten). Mit § 25 Abs. 5 TKG wird dabei klargestellt, dass sich der Anordnungsgegenstand auf sämtliche Bedingungen einer Zugangsvereinbarung erstreckt, und zwar auch auf die Entgelte. Hinzu kommt, dass die BNetzA berechtigt ist, die Anordnung mit Bedingungen in Bezug auf Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit zu verknüpfen. Zugleich ist damit ausgedrückt, dass all diese Bedingungen im Falle von Streitigkeiten hierüber zwischen den Beteiligten auch zur Anrufung der BNetzA im Anordnungsverfahren berech_______________
1 So im Fall des VG Köln, Urt. v. 15.9.2005 – 1 K 8432/04 Absatz Nr. 33 f. über www.justiz.nrw.de, wo allerdings die zuvor ergangene Zusammenschaltungsanordnung Rechtswirkungen auf § 25 TKG dergestalt entfaltete, dass die ebenfalls streitigen Entgelte über den zweiten Teil des Anordnungsverfahrens nach § 25 Abs. 6 TKG erfolgte. 2 VG Köln, Beschl. v. 11.4.2005 – 1 L 277/05, Absatz Nr. 29 f. über www.justiz. nrw.de. 3 BVerwG, Beschl. v. 17.5.2006 – 6 C 14.05, S. 16 ff. (Rz. 36 ff.) des amtlichen Umdrucks sowie Beschl. v. 30.8.2006 – 6 C 17.05, S. 8 ff. (Rz. 17 ff.) des amtlichen Umdrucks.
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H Rz. 593
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
tigten (können), freilich begrenzt durch den Umfang der auferlegten Verpflichtung selbst. Die BNetzA vertritt in diesem Zusammenhang in Regulierungsverfügungen regelmäßig den Standpunkt, dass eine Detaillierung der betreffende Zugangs(gewährungs)verpflichtung auf der Ebene der Regulierungsverfügung deswegen nicht erfolgt, weil die einzelnen konkreten Bedingungen zwischen den Beteiligten zu verhandeln und ggf. nach § 25 TKG von der BNetzA anzuordnen seien1. Damit behalten Fragen nach dem Leistungsumfang des Zugangs (siehe oben Rz. 49 ff. und 87 ff.) bzw. der jeweiligen Zugangsgewährungsverpflichtung eine erhebliche, von der BNetzA im Anordnungsverfahren zu berücksichtigende Bedeutung. 593
In Reaktion auf die Rechtsprechung zum TKG 1996, welche die gleichzeitige Anordnung der Zusammenschaltung und der Entgelte nicht zugelassen hat2, gilt nunmehr nach § 25 Abs. 5 S. 1 TKG ausdrücklich, dass Gegenstand einer Anordnung auch die Entgelte sein können. Hierfür gelten allerdings die besonderen Verfahrensbestimmungen des § 25 Abs. 6 TKG, die u. a. in die Vorschriften zur Entgeltregulierung führen (dazu näher Rz. 622 ff.).
594
In Bezug auf sämtliche Bedingungen einer Zugangsvereinbarung verweist der Gesetzgeber3 einerseits auf die Anlage zur früheren NZV (siehe oben Rz. 539), andererseits auf „konkrete Vertragsbestandteile, wie etwa Sicherheitsleistung, Kündigungsrecht, Bereitstellungsfristen, Informationsrechte, Schadensersatzklauseln (für beide Vertragspartner). Maßstab der Überprüfung soll das sein, was im Rahmen der allgemeinen zivilrechtlichen Gesetze „üblich“ ist.“
Daraus folgt eine umfassende inhaltliche Anordnungsbefugnis für die BNetzA, die zugleich auch eine entsprechende Überprüfungsbefugnis der verhandelten bzw. streitigen Punkte zwischen den Beteiligten beinhaltet. Dies entspricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 37 TKG 1996, wonach die (Zusammenschaltungs-)Anordnung im Grundsatz alle Regelungen enthalten kann, die im Rahmen einer entsprechenden privatrechtlichen Vereinbarung getroffen werden können4. Eine Grenze ergibt sich lediglich dort, wo die Bedingungen dem Zweck einer (Zusammenschaltungs-)Anordnung zuwider laufen, wie etwa bei Kündigungsrechten ohne jede Voraussetzung5. _______________
1 Siehe etwa BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), S. 13, BNetzA Mitteilung Nr. 83/2005, ABl. Nr. 7/2005 sowie BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK4a-06/039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 19 f., BNetzA Mitteilung Nr. 302/2006, ABl. Nr. 18/2006. 2 OVG NRW, CR 2001, 447 m. Anm. Rädler. 3 BT-Drucks. 15/2316, S. 66. 4 BVerwG, CR 2004, 586 (588); ebenso VG Köln, Urt. v. 10.8.2005 – 21 K 1019/04, S. 18 des amtlichen Umdrucks unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BVerwG. 5 BVerwG, CR 2004, 586 (587).
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Zugangsanordnungen durch die BNetzA nach § 25 TKG
Rz. 596 H
Zudem ist die BNetzA berechtigt, die Anordnung mit Bedingungen in Bezug auf Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit zu verknüpfen. Zum Inhalt dieser Bedingungen sei auf die Ausführungen zur Gleichbehandlungsverpflichtung (oben Rz. 153 ff.) und zum Standardangebot (oben Rz. 430) verwiesen. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Bedingungen in Bezug auf Rechtzeitigkeit, weil die Anordnung von Bereitstellungsfristen und etwaigen diesbezüglichen Vertragsstrafen und/oder Schadenersatzregelungen unter dem TKG 1996, insbesondere auf der Grundlage von § 33 TKG 1996 nur schwer zu erreichen waren (siehe oben Rz. 182). Dies dürfte für den Bereich der Mietleitungen ebenso relevant werden wie für den Bereich des Bitstrom-Zugangs. Auch insoweit hat die BNetzA eine umfassende Anordnungsbefugnis, die sich auch auf Elemente anderer auferlegter oder bestehender Verpflichtungen wie etwa der Gleichbehandlungsverpflichtung nach § 19 TKG oder dem Missbrauchsverbot nach § 42 TKG erstreckt. Nach den Vorstellungen der BNetzA betrifft dies sogar Bedingungen, die unter dem Aspekt der Chancengleichheit nicht nur Auswirkungen auf das unmittelbare Zugangsverhältnis der Beteiligten haben, sondern auch auf bestehende Verträge eines der Beteiligten einwirken1. Dies erscheint ohne das gleichzeitige Bestehen einer Gleichbehandlungsverpflichtung des betroffenen Unternehmens wie im konkreten Fall recht weitgehend. Andererseits erlangen Bedingungen in Bezug auch Chancengleichheit und Billigkeit auch Bedeutung bei der Frage einer Abnahme- bzw. Nachfrageverpflichtung eines marktmächtigen Beteiligten im Anordnungsverfahren der Zusammenschaltung (zur Thematik siehe oben Rz. 90 f.). Wenn die BNetzA Bedingungen auferlegt, die unter dem Aspekt der Chancengleichheit sicherstellen, dass nicht lediglich der Anordnungsgegner die in einer Anordnung festgelegten Entgelte zahlen müssen soll, sondern auch die übrigen (vertraglichen) Zusammenschaltungspartner2, so muss die BNetzA erst recht dafür Sorge tragen, dass der nachfragende Beteiligte einer Zusammenschaltung nicht dadurch benachteiligt wird, dass etwa die Abnahme seiner Terminierungsleistungen verweigert wird und seine Teilnehmer damit unerreichbar bleiben.
595
Die Festlegung der konkreten Bedingungen liegt im pflichtgemäßen Ermessen der BNetzA. Dies bedeutet, dass sie Bedingungen anordnen kann und darf, aber nicht muss. Insoweit verfügt die BNetzA über ein Gestaltungsermessen, für das die allgemeinen Grundsätze zur behördlichen Ermessensausübung gelten (siehe oben Rz. 271 ff.). Dabei hat sich die BNetzA nach dem bereits zitierten Willen des Gesetzgebers daran zu orientieren,
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_______________
1 So die RegTP, Beschl. v. 21.9.2004 – BK4a-04-023, S. 21 des amtlichen Umdrucks, in ständiger Praxis wo dem Antragsteller (alternative TNB) auferlegt wurde, aus Gründen der Chancengleichheit das in der Zugangsanordnung angeordnete Entgelt auch in den bestehenden Verträgen umzusetzen; zuletzt etwa BNetzA, Beschl. v. 27.2.2007 – BK4a-06-067. 2 So ausdrücklich die RegTP schon im Beschl. v. 21.9.2004 – BK4a-04-023, S. 21 des amtlichen Umdrucks.
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H Rz. 597
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
was im Rahmen der allgemeinen zivilrechtlichen Gesetze „üblich“ ist und zugleich eine umfassende und komplexe Abwägung vorzunehmen, bei der sie die zum Teil gegenläufigen privaten und öffentlichen Belange einzustellen hat1. Allerdings hat es die BNetzA unter dem TKG 1996 bislang abgelehnt, eine allgemeine Vertragskontrolle vorzunehmen. 11.3 Anordnungsverfahren 597
Das Anordnungsverfahren des § 25 TKG ist gemäß § 132 Abs. 1 TKG ein Beschlusskammerverfahren (dazu C. Rz. 120 ff.) mit regelmäßig zwei unmittelbar Beteiligten, für dass allerdings nach § 25 Abs. 1, 3, 4, 6 und 7 TKG zusätzliche Sonderregelungen gelten. Vorläufige Anordnungen nach § 130 TKG sind möglich und die BNetzA macht in Zugangsanordnungsverfahren hiervon auch regelmäßig Gebrauch. 11.3.1 Verfahrenseinleitung
598
Das Anordnungsverfahren wird typischerweise auf Antrag (Anrufung) eines der an der zu schließenden Zugangsvereinbarung Beteiligten eröffnet. Auch durch diese Formulierung in § 25 Abs. 1 S. 1 TKG wird der Bezug zu einer Zugangsvereinbarung auf Basis bestehenden Zugangsgewährungsverpflichtungen für bestimmte Zugangsleistungen deutlich. Im Antragsverfahren bleibt der Antragsteller grundsätzlich „Herr des Verfahrens“, weil er nach § 25 Abs. 3 S. 3 TKG seinen Antrag jederzeit bis zum Erlass der Anordnung widerrufen kann. Anträge können während des Verfahrens auch geändert werden2, sofern auch hierfür die tatbestandlichen und verfahrensseitigen Voraussetzungen für eine Zugangsanordnung gegeben sind. Indes können Antragsänderungen dazu führen, dass die vorgesehene Verfahrensfrist erneut zu laufen beginnt.
599
Allerdings ist anders als in § 37 TKG 1996 in § 25 Abs. 4 TKG vorgesehen, dass die BNetzA ein Anordnungsverfahren auch von Amts wegen einleiten kann. Diese Regelung basiert unmittelbar auf Art. 5 Abs. 4 Zugangsrichtlinie („aus eigener Initiative“). Über die Einleitung von Amts wegen entscheidet die BNetzA entsprechend § 22 S. 1 VwVfG nach pflichtgemäßem Ermessen (Opportunitätsprinzip)3 mittels Einleitungsverfügung, die den Beteiligten mitgeteilt wird4. Das Ermessen ist dabei insoweit zielgerichtet, als die Verfahrenseinleitung zur Erreichung der Regulierungsziele in § 2 Abs. 2 TKG erfolgt. Angesichts der Subsidiarität der Anordnung gegenüber Zu_______________
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VG Köln, Urt. v. 10.8.2005 – 21 K 1019/04, S. 19 des amtlichen Umdrucks. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 22 Rz. 59. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 22 Rz. 10. Das ist zwar nach allgemeinem Verwaltungsrecht nicht erforderlich, vgl. Kopp/ Ramsauer, VwVfG, § 9 Rz. 28. Wegen der im TKG enthaltenen Verfahrensfristen ist dies allerdings nötig.
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Zugangsanordnungen durch die BNetzA nach § 25 TKG
Rz. 601 H
gangsvereinbarungen dürfte der Anwendungsbereich eines amtswegigen Anordnungsverfahrens eher begrenzt sein. Allerdings sind auch Fälle von (kollusivem) Zusammenwirken zweier potenzieller Zugangsvertragspartner denkbar, wo der Abschluss mit bestimmten Inhalten oder der Nichtabschluss einer Zugangsvereinbarung wettbewerbsbehindernde Wirkung haben könnte1. Dem könnte durch die Verfahrenseinleitung von Amts wegen begegnet werden. 11.3.2 Antragsanforderungen und in diesem Zusammenhang für die Verhandlungen zu beachtenden Punkte Abgesehen von den sondergesetzlichen Antragsvoraussetzungen des TKG ist auch bei bestehendem Antragsrecht erforderlich, dass seitens des Antragstellers eine Antragsbefugnis besteht2. Diese ergibt sich bei der Zugangsanordnung aus dem drittschützenden Charakter der auferlegten Zugangsgewährungsverpflichtung (§§ 18, 21 TKG) sowie aus § 22 Abs. 1 TKG (dazu näher unten Rz. 615 ff.). Auch das Rechtsschutzbedürfnis bzw. Sachbescheidungsinteresse kann im Einzelfall fraglich sein3.
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Die Anforderungen an den Antrag bei der Anrufung durch einen Beteiligten sind gegenüber der Rechtslage unter dem TKG 1996 nunmehr ausdrücklich in § 25 Abs. 3 TKG niedergelegt und kodifizieren die bisherige Praxis der BNetzA über die bisherige Rechtslage hinaus. Der Antrag muss wie nach dem früheren § 9 Abs. 2 NZV in Schriftform eingereicht werden. Ferner gelten besondere Anforderungen an Inhalt und Begründung des Antrags. Die Begründungspflicht des § 25 Abs. 3 TKG bildet eine Ausnahme vom verwaltungsverfahrensrechtlichen Untersuchungs- bzw. Amtsermittlungsgrundsatz nach § 24 VwVfG, wonach grundsätzlich die zuständige Behörde den Sachverhalt und damit auch die entscheidungserheblichen Tatsachen von Amts wegen zu ermitteln hat. Angesichts der Verfahrensfristen sowie der Komplexität telekommunikationsrechtlicher Sachverhalte erscheint dies gerechtfertigt. Die BNetzA kann sich aber nicht auf den reinen Antragswortlaut zurückziehen, was auch der üblichen Praxis entspricht. Von der Begründungspflicht erfasst werden diejenigen Tatsachen, die für den Antragsteller einen Zugangsanspruch begründen. Diese Tatsachen sind im einzelnen darzulegen und ggf. unter Beweis zu stellen, was bereits vor Aufnahme der Vertragsverhandlungen berücksichtigt werden sollte. Zwar befreit die Begründungspflicht die BNetzA nicht vollständig vom Untersuchungsgrundsatz und den der BNetzA nach §§ 127 bis 129 TKG zur Verfügung ste-
601
_______________
1 Solche Fälle wurden früher durch § 38 TKG 1996 adressiert; dazu Fischer/Heun/ Sörup in: Heun, Telekommunikationsrecht, 1. Auflage, Teil 4 Rz. 350 ff. 2 So für § 21 TKG: VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 127 ff. über www.justiz.nrw.de unter Hinweis auf § 42 Abs. 4 S. 5 (nach TKG-Änderungsgesetz nunmehr S. 6) TKG. 3 Siehe BNetzA, Beschl. v. 19.12.2005 – BK4c-05-073, S. 5. f. des amtlichen Umdrucks.
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H Rz. 602
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
henden Mitteln zur Sachverhaltsaufklärung1. Dies liegt daran, dass es auch um Tatsachen gehen kann, die in der Sphäre des Antragsgegners liegen und einer substantiierten Darlegung durch den Antragsteller nicht zugänglich sind. Hier kommt es darauf an, dass der Antragsteller seinerseits den Antrag so hinreichend begründet und entsprechende Tatsachen vorträgt, die den Schluss auf weitere ggf. zu erhebende Tatsachen nahe legen. Damit ist nicht gemeint, dass hier die zivilrechtlichen Grundsätze zum Anscheinsbeweis oder Beweisvermutungen zum Tragen kommen. Es reicht, wenn die vorgetragenen Tatsachen hinreichende Hinweise, etwa im Sinne eines Anfangsverdachts ergeben2, um auch eine Ermittlungspflicht seitens der BNetzA bzw. entsprechende Mitwirkungspflichten seitens des Antragsgegners auslösen. 602
Nach § 25 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 TKG muss im Antrag dargelegt werden, welchen genauen Inhalt die Anordnung der BNetzA haben soll. Dies bedeutet, dass ähnlich wie im zivilprozessualen Verfahren ein inhaltlich konkretisierter Antrag bzw. ebensolche Anträge gestellt werden müssen, und zwar in der Weise wie der gewünschte Entscheidungstenor der BNetzA aussehen soll. Häufig werden dabei Haupt- und Hilfsanträge gestellt. Allerdings sind die Anträge von der BNetzA ggf. auszulegen, und zwar so wie dies dem erkennbaren Ziel und Zweck am besten dienlich ist3.
603
Ferner hat der Antragsteller nach § 25 Abs. 3 S. 2 Nr. 2–4 TKG darzulegen, –
wann der Zugang und welche konkreten Leistungen dabei nachgefragt worden sind;
–
dass ernsthafte Verhandlungen stattgefunden haben oder Verhandlungen vom Antragsgegner verweigert worden sind;
–
bei welchen Punkten keine Einigkeit erzielt worden ist.
Der Antragsteller hat demgemäß das Scheitern der Zugangsverhandlungen darzulegen, indem er vorträgt, dass zumindest von seiner Seite ernsthaft der Versuch unternommen wurde, Zugangsverhandlungen aufzunehmen und zu führen. Dies erfordert, dass der Antragsteller ein eindeutiges und unmissverständliches Anliegen an den Antragsgegner herangetragen hat, ihm ein Angebot auf Zugang zu unterbreiten, und zwar sowohl hinsichtlich des Zugangs selbst als auch hinsichtlich der im einzelnen nachgefragten Leistungen. Die RegTP sprach unter dem TKG 1996 insoweit zumeist von einer hinreichend konkreten Nachfrage4 der Zusammenschaltung bzw. der einzelnen Zusammenschaltungsleistungen und/oder -dienste. Die Nachfrage muss bei der Zusammenschaltung so konkret sein, dass sie die gewünschten Orte der Zusammenschaltung, die geplanten Verkehrsmengen sowie das ge_______________
1 Ebenso BerlKommTKG/Kühling/Neumann, § 25 Rz. 29. 2 OVG NRW, CR 2003, 428 (431); zum Kartellrecht siehe Langen/Bunte/Kiecker, KartR, § 59 GWB Rz. 8 ff. 3 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 22 Rz. 36. 4 So etwa RegTP, Beschl. v. 12.10.1998 – BK4-98-010, S. 5 des amtlichen Umdrucks.
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Zugangsanordnungen durch die BNetzA nach § 25 TKG
Rz. 606 H
wünschte Diensteportfolio enthält. Dabei ist mit Blick auf einzelne Leistungen genau darauf zu achten, ob sie so wie beantragt auch tatsächlich nachgefragt worden sind, oder ob sich die Nachfrage zwischenzeitlich geändert oder erledigt haben könnte1. Dies ist auf andere Zugangsarten und Leistungen übertragbar. Für den Antragsteller ist es daher ratsam, diese Nachfrage schriftlich so detailliert wie möglich zu formulieren, dem Antragsgegner für die Aufnahme der Verhandlungen in dieser Form zukommen zu lassen und im Laufe der Verhandlungen nachzupflegen. Derjenige Beteiligte, der Zugangsgewährungsverpflichtungen unterliegt, ist zur zügigen Aufnahme und Durchführung von Verhandlungen verpflichtet (§ 22 Abs. 1 TKG: „unverzüglich“). Soweit daher dieser Beteiligte in irgendeiner Form die Verhandlungen verweigert oder in einer der Verweigerung gleich kommenden Weise verzögert, steht es dem anderen Beteiligten (dann zumeist dem Antragsteller) frei, sofort ein Anordnungsverfahren zu beantragen. Denn nach § 25 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 TKG reicht es aus, dass Verhandlungen vom Antragsgegner verweigert worden sind. Während die vollständige Verweigerung von Verhandlungen eher unüblich ist, kommt es häufiger zu Verzögerungen. Als unberechtigte Verzögerungen, die einer Verweigerung gleichkommen, sind insbesondere das mehrfache Absagen von Terminen, das Vorschieben von Terminschwierigkeiten bei Terminvereinbarungen, zu geringe Mitarbeiterzahlen für Verhandlungen oder keine Abgabe eines der Nachfrage entsprechenden Angebots zu werten. Auch hier empfiehlt es sich, zu Beginn der gewünschten Verhandlungen einen schriftlichen Verhandlungsplan vorzulegen und die Terminsvereinbarungen sowie die diesbezügliche Korrespondenz schriftlich zu dokumentieren.
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Was schließlich des Scheitern der Verhandlungen selbst anbetrifft, so sind die einzelnen strittigen Punkte genau zu bezeichnen, über die keine Einigkeit erzielt worden ist. Dies erfordert eine genaue schriftliche Protokollführung über die Verhandlungen und die einzelnen Verhandlungsgegenstände sowie über die bezüglich der einzelnen Punkte erzielten Verhandlungsergebnisse. Zwar stellt die BNetzA nach ihrer Entscheidungspraxis keine sehr hohen Anforderungen an den Nachweis des Scheiterns der Verhandlungen2, es kommt aber immer wieder vor, dass die Entscheidung bzw. Anordnung über einzelne Punkte mit der Begründung abgelehnt wird, hierüber sei entweder nicht ausreichend verhandelt worden oder aus den vorgelegten Nachweisen ergebe sich kein Scheitern der Verhandlungen oder sogar Einigkeit der Beteiligten.
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Nach § 25 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 TKG ist schließlich darzulegen, wie die technische Ausführbarkeit bei bestimmten begehrten technischen Maßnahmen zu
606
_______________
1 Siehe etwa BNetzA, Beschl. v. 24.4.2006 – BK4c-06-007 (arcor-Z.18), S. 4 des amtlichen Umdrucks. 2 Siehe etwa RegTP, Beschl. v. 14.4.1999 – BK4d-99-009, S. 13 des amtlichen Umdrucks.
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H Rz. 607
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
bewerkstelligen ist. Da sich die Zugangsanordnung nicht nur generell auf den Zugang bezieht bzw. der Zugang selbst regelmäßig mehrere Einzelleistungen umfasst (siehe oben Rz. 49 ff., 87 ff.), kommt es nicht selten auf komplexe technische Fragen an. Diese sind vom Antragsteller so vorzubereiten, dass die BNetzA aus dem Antrag erkennen kann, ob und wie die Realisierung in technischer Hinsicht durchzuführen ist. 11.3.3 Durchführung und Abschluss des Verfahrens 607
Wie bereits erwähnt ist das Anordnungsverfahren des § 25 TKG gemäß § 132 Abs. 1 TKG ein Beschlusskammerverfahren (dazu C. Rz. 120 ff.). Zusätzlich zu den dortigen Verfahrensregelungen ist in § 25 Abs. 1 S. 1 TKG vorgesehen, dass die Entscheidung der BNetzA nach Anhörung der Beteiligten erfolgt. Das ist allerdings bereits in § 135 TKG in der Weise geregelt, dass zudem eine mündliche Verhandlung stattzufinden hat, so dass dieser Bestimmung keine besondere Bedeutung zukommt. Typischerweise erfolgt die mündliche Verhandlung, nachdem der Antragsgegner auf den Antrag schriftlich erwidert hat. Danach haben die Beteiligten, einschließlich etwaiger Beigeladener (§ 134 Abs. 2 TKG) erneut Gelegenheit schriftlich Stellung zu nehmen, wofür die BNetzA eine behördliche Frist bestimmt.
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Die Regelfrist für die Verfahrensdauer beträgt nach § 25 Abs. 1 S. 1 TKG zehn Wochen, kann aber nach § 25 Abs. 1 S. 2 TKG in besonders begründeten Fällen auf vier Monate verlängert werden. Diese Maximalfrist entspricht Art. 20 Abs. 1 Rahmenrichtlinie. Insoweit steht der BNetzA ein gewisses Ermessen zu, sie muss ihre Verlängerungsentscheidung aber begründen. Besonders begründete Fälle können sich aus der technischen und kaufmännischen Komplexität des Verfahrensgegenstands ergeben. Die Frist beginnt mit der Anrufung, d. h. mit dem Tag der auf den Eingang des Antrags bei der BNetzA folgt (§ 31 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 187 Abs. 1 BGB); sie endet zehn Wochen bzw. vier Monate später mit Ablauf des Tages, der dem Tag des Antragseingangs entspricht (§ 31 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 188 Abs. 2 BGB). Entsprechendes gilt für die beim amtswegigen Verfahren nach § 25 Abs. 4 TKG grundsätzlich erforderliche Einleitungsverfügung1 ab deren Zustellung an die Beteiligten. Die Fristüberschreitung macht die Anordnung zwar nicht rechtswidrig2, kann aber Amtshaftungsansprüche auslösen.
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Besonders zu beachten ist, dass nach § 25 Abs. 7 TKG etwa im Laufe des Verfahrens vorgelegte Unterlagen von der BNetzA nur berücksichtigt werden, wenn dadurch die Verfahrensfrist nicht gefährdet wird. Das gilt auf Grund des eindeutigen Wortlauts für sämtliche Unterlagen, die nach Einlei-
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1 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 22 Rz. 13. 2 OVG NRW, CR 2003, 32.
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Zugangsanordnungen durch die BNetzA nach § 25 TKG
Rz. 612 H
tung des Verfahrens vorgelegt werden1. Interessante Frage ist dabei, ob derartige Unterlagen die Entscheidung der BNetzA über die Verlängerung der Verfahrensfrist rechtfertigen können. Dies dürfte zwar im Grundsatz zu verneinen2, aber vor dem Hintergrund des Anspruchs der Beteiligten auf rechtliches Gehör nicht immer auszuschließen sein. Die Einzelfallbeurteilung einer Gefährdung der Fristen obliegt der BNetzA. Das Verfahren wird beendet durch Gewährung oder (ganz oder teilweise) Ablehnung der Zugangsanordnung mittels Entscheidung der BNetzA, die als Verwaltungsakt (§ 132 Abs. 1 S. 2 TKG) ergeht, zu begründen und den Beteiligten nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes zuzustellen ist (§ 131 Abs. 1 TKG). Denkbar ist freilich die Beendigung des Verfahrens durch Antragsrücknahme gemäß § 25 Abs. 3 S. 2 TKG, in deren Folge die BNetzA das Verfahren einstellt3, sofern sie nicht das Verfahren vom Amts wegen weiter verfolgt. Auch das amtswegige Verfahren kann eingestellt werden4. Die Einstellung des Verfahrens ist den Beteiligten schriftlich mitzuteilen (§ 131 Abs. 2 TKG).
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11.4 Rechtliche Einordnung und Rechtsfolgen der Zugangsanordnung Sofern die Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 25 TKG gegeben sind, ordnet die BNetzA nach § 25 Abs. 1 S. 1 TKG den Zugang an, d. h. es handelt sich insoweit um eine gebundene Entscheidung der BNetzA. Ermessen steht der BNetzA lediglich in Bezug auf die Einleitung des Verfahrens von Amts wegen zu (siehe oben Rz. 599) sowie hinsichtlich der Anordnung bestimmter Bedingungen (siehe oben Rz. 596). Die Anordnung ist nach § 132 Abs. 1 S. 2 TKG Verwaltungsakt.
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Nach der Rechtsprechung des BVerwG zur Zusammenschaltungsanordnung nach § 37 TKG 1996 hatte diese zwei Rechtswirkungen5:
612
–
Begründung eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses, dass die Verpflichtung zur Zusammenschaltung zu den festgelegten Bedingungen zum Gegenstand hat.
–
Begründung einer privatrechtlichen Vertragsbeziehung zwischen den Parteien der Zusammenschaltungsanordnung.
Dies hatte zur Folge, dass die Zusammenschaltungsanordnung sämtliche Regelungen und Bedingungen beinhalten konnte, wie ein privatrechtlicher Vertrag, also auch Kündigungsregelungen, sofern dies nicht wie in dem vom _______________
1 Anders für die „mündliche Verhandlung“ Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 25 Rz. 38. 2 Ebenso Beck TKG-Komm/Piepenbrock/Attendorn, § 25 Rz. 39. 3 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 22 Rz. 71. 4 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 9 Rz. 34 f. 5 BVerwG, CR 2004, 586 (587).
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H Rz. 613
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
BVerwG entschiedenen Fall im Einzelfall ungerechtfertigt ist oder dem Zeck der Anordnung zuwider läuft. Diese Rechtsprechung ist auf die Zugangsanordnung nach § 25 TKG ohne Weiteres übertragbar, und bedeutet, dass die Durchsetzung der (vertraglichen) Inhalte der Zugangsanordnung vor den Zivilgerichten zu suchen ist. 613
Ungeachtet der privatrechtsbegründenden Wirkung der Zugangsanordnung ist freilich in § 25 Abs. 8 TKG hinsichtlich des ebenso entstehenden öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses geregelt, dass die betroffenen Betreiber die Anordnung „unverzüglich“ zu befolgen haben, es sei denn die BNetzA hat in der Anordnung eine Umsetzungsfrist bestimmt. Dies ist eine deutliche Veränderung gegenüber der nach § 37 TKG 1996 bestehenden Frist von längstens drei Monaten. Unverzüglich bedeutet nach § 121 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“, d. h. regelmäßig eine Frist von nicht mehr als zwei Wochen1. 11.5 Rechtsschutz und Durchsetzung der Zugangsanordnung
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Die Rechtsschutzfragen hinsichtlich der Zugangsanordnung sind die gleichen wie schon etwa bei den Zugangsgewährungsverpflichtungen der §§ 18 und 21 TKG bzw. bei der Zusammenschaltungsanordnung nach § 37 TKG 1996. Es geht um Rechtsschutz gegen die Ablehnung einer Zugangsanordnung ebenso wie um Rechtsschutz gegen die belastende Zugangsanordnung sowie um die Durchsetzung der Zugangsanordnung. 11.5.1 Rechtsschutz gegen die Ablehnung einer Zugangsanordnung
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Für den Antragsteller, dessen Antrag auf Anordnung des Zugangs abgelehnt worden ist, kommt Rechtsschutz im Wege der verwaltungsgerichtlichen Verpflichtungsklage in Betracht. Denn mit der Anordnung wird der Erlass eines (begünstigenden) Verwaltungsakts begehrt (§ 42 Abs. 1 2. Alternative VwGO). Der Antragsteller hat hierfür regelmäßig die nötige Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO, wenn er zum Kreis der Berechtigten für diejenige (dem Antragsgegner auferlegte) Zugangsgewährungsverpflichtung gehört, die Grundlage und Gegenstand des Anordnungsverfahrens war. Die betreffenden Regulierungsverfügungen gewähren den begünstigten Nachfragern unmittelbar subjektiv-öffentliche Rechte und sind somit drittschützend. Denn subjektiv-öffentliche Rechte im Sinne der verwaltungsrechtlichen Schutznormtheorie können auch durch Verwaltungsakt begründet werden2. Dies gilt ganz besonders für die Auferlegung von Zugangsgewährungsverpflichtungen in einer Regulierungsverfügung, weil diese gerade dem Zweck
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1 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 121 BGB, Rz. 3. 2 Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rz. 163.
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Zugangsanordnungen durch die BNetzA nach § 25 TKG
Rz. 618 H
dient, durch die auferlegten Verpflichtungen durchsetzbare Rechte Dritter (z. B. §§ 22, 25, 42, 44 und 133 TKG)1 zu begründen2. Weil § 25 Abs. 1 TKG keine Ermessensregelung ist, sondern eine gebundene Entscheidung vorsieht, richtet sich der Anspruch des Antragstellers/Klägers auf ein Verpflichtungsurteil. Lediglich in Bezug auf das Gestaltungsermessen der BNetzA bei einzelnen Bedingungen geht es nur um einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Dies kann dazu führen, dass lediglich ein Bescheidungsurteil zu erreichen ist, anhand dessen die BNetzA unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden hat. Ob im Einzelfall eine Ermessenreduzierung auf Null für einzelne Bedingungen vorliegen kann, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.
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Ein Sonderfall ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob seitens eines Beteiligten (auch des ansonsten durch die Zugangsanordnung belasteten Antragsgegners) eine Teilverpflichtungsklage mit dem Ziel der Anordnung einzelner Bedingungen in Betracht kommt. Dies ist zu bejahen. Zum einen weil typischerweise die Verpflichtungsklage für den Antragsteller zu wählen ist, wenn der beantragte Verwaltungsakt hinter dem Antrag zurückbleibt3. Zum anderen weil der Antragsgegner ggf. aus eigenem Recht (Chancengleichheit, Billigkeit oder Zugangsverpflichtungen des Antragstellers) einen Anspruch darauf haben kann, dass bestimmte Bedingungen in die Zugangsanordnung zu seinen Gunsten aufgenommen werden, ohne dass dabei die gesamte Anordnung angefochten werden müsste. Es wäre sinnwidrig den Kläger/Antragsgegner hier stattdessen zur Anfechtung der gesamten Zugangsanordnung zu zwingen, wenn seine Verpflichtung zur Zugangsgewährung außer Frage steht.
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11.5.2 Rechtsschutz gegen die Zugangsanordnung Der von der Zugangsanordnung belastete Beteiligte ist grundsätzlich berechtigt, die Zugangsanordnung mittels Anfechtungsklage anzugreifen. Dies _______________
1 So besteht die Klagebefugnis im Falle des Widerrufs einer zuvor bestehenden Zugangsverpflichtung gegen den Widerruf: VG Köln, Urt. v. 17.11.2005 – 1 K 2924/05 über www.justiz.nrw.de, S. 3 unter Punkt 2. Das bedeutet, dass dann auch die Klagebefugnis für die Durchsetzung der aus der Zugangsverpflichtung gewährten Rechtsposition bestehen muss. In diesem Sinne ist wohl auch der diesbezügliche Hinweis des VG Köln auf den Unterschied zu bestehenden Rechtspositionen in dem Urteil zu verstehen, das die drittschützende Wirkung der gesetzlichen Vorschriften zu Vorabverpflichtungen bei der Frage verneint, ob auch die Auferlegung selbst erreicht werden kann: VG Köln, Urt. v. 19.10.2006 – 1 K 2976/05, Absatz Nr. 133 des amtlichen Umdrucks über www.justiz.nrw.de. 2 Ohne nähere Begründung hat das VG Köln dies auch für die sog. Diensteanbieterverpflichtungen in den als Verwaltungsakt ergangenen Mobilfunklizenzen angenommen: VG Köln, Urt. v. 2.11.2006 – 1 K 4871/05, CR 2007, 162. 3 Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rz. 28; siehe auch Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner/Pietzcker, VwGO, § 42 Abs. 1 Rz. 119.
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H Rz. 619
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
kann die gesamte Zugangsanordnung betreffen. Der Kläger kann sich aber auch auf die Teilanfechtung einzelner belastender Teile (Bedingungen) der Zugangsanordnung beschränken, sofern es sich dabei um objektiv abgrenzbare und bezeichenbare Teile der Anordnung handelt1. Dies ist typischerweise bei einzelnen angeordneten Bedingungen der Fall, zumal wenn sie Abweichungen von dem den Vertragsverhandlungen zugrunde gelegenen Vertragsangebot einzeln ansprechen. Die Tenorierung der BNetzA erlaubt dabei regelmäßig die Abgrenzung einzelner Teile der Zugangsanordnung. 619
Angesichts ggf. wechselseitig bestehender Zugangsverpflichtungen sowie angesichts der Befugnis der BNetzA, sämtliche denkbaren Bedingungen (einschließlich solcher in Bezug auf Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit) einer Zugangsvereinbarung anzuordnen, kann es vorkommen, dass auch der Antragsteller durch derartige Bedingungen in Form von Auflagen oder sonstigen Nebenbestimmungen (§ 36 VwVfG) zur Zugangsanordnung belastet ist. Solche Nebenbestimmungen, insbesondere Auflagen sind jedenfalls dann selbständig anfechtbar, wenn sie abtrennbar und nicht integraler Bestandteil des Verwaltungsakts bzw. eine so genannte modifizierende Auflage sind2. Vor diesem Hintergrund wird man einzelne von der BNetzA angeordnete Bedingungen häufig als selbständig anfechtbare Auflagen ansehen können, auch für den ansonsten von der Anordnung Begünstigten. 11.5.3 Durchsetzung der Zugangsanordnung und Sanktionen
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Der Verstoß gegen eine Zugangsanordnung nach § 25 TKG ist keine Ordnungswidrigkeit nach § 149 TKG. Dies ist verwunderlich, weil Verstöße gegen Verfügungen der BNetzA aus der besonderen Missbrauchsaufsicht nach § 42 Abs. 4 S. 1 (auch in Verbindung mit § 18 Abs. 2 S. 2) TKG gemäß § 149 Abs. 1 Nr. 4. lit. a) TKG bußgeldbewehrt sind. Allerdings enthält § 25 Abs. 8 S. 2 TKG eine Sonderregelung für den der BNetzA zur Durchsetzung zur Verfügung stehenden Verwaltungszwang. Danach kann die BNetzA nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes ein Zwangsgeld von bis zu einer Million Euro zur Durchsetzung der Zugangsanordnung festsetzen. Gegenüber der Rechtslage nach § 37 TKG 1996 ist dies eine deutliche Verbesserung. Die Durchsetzung einzelner (vertraglicher) Inhalte der Zugangsanordnung durch einen Beteiligten ist daneben aufgrund der privatrechtsbegründenden Wirkung der Zugangsanordnung vor den Zivilgerichten zu suchen.
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Parallel hierzu kann ein Verstoß gegen die Zugangsanordnung zugleich ein Verstoß gegen das Missbrauchsverbot des § 42 TKG bedeuten. Vor Erlass einer Missbrauchsverfügung nach § 42 Abs. 4 TKG kommt allerdings die _______________
1 Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rz. 21 ff.; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/ Pietzcker, VwGO, § 42 Abs. 1 Rz. 139. 2 Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/Pietzcker, VwGO, § 42 Abs. 1 Rz. 122 ff.
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Zugangsanordnungen durch die BNetzA nach § 25 TKG
Rz. 623 H
Vorteilsabschöpfung durch die BNetzA nach § 43 TKG (dazu unten Rz. 698 ff.) nicht in Betracht. Schließlich ermöglichen Verstöße gegen die Zugangsanordnung auch ein zivilrechtliches Vorgehen aufgrund der in § 44 Abs. 1 TKG vorgesehenen Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadenersatzansprüche. 11.6 Sonderregelung für streitige Entgelte Sind sowohl die Bedingungen einer Zugangsvereinbarung als auch die Entgelte für nachgefragte Leistungen streitig, soll die BNetzA nach § 25 Abs. 6 S. 1 TKG jeweils Teilentscheidungen treffen. Dies ist eine besondere Verfahrensregelung für den Fall, dass einerseits noch kein Zugang und Streit über dessen Bedingungen besteht und dieser somit angeordnet wird, andererseits aber außerdem ein Streit über die Entgelte vorliegt. Nach § 25 Abs. 6 S. 2 TKG gelten dann die vorgesehenen Verfahrensfristen für beide Teilentscheidungen separat. Demnach kann es zu einer Verdoppelung der Verfahrensdauer kommen. Zwar hat der Gesetzgeber somit sichergestellt, dass die Entgeltregulierung auch im Rahmen eines Anordnungsverfahrens erfolgen kann. Dies hatte die Rechtsprechung zu § 37 TKG 1996 mit der Folge abgelehnt1, dass das Zusammenschaltungsanordnungsverfahren und das Entgeltregulierungsverfahren getrennt betrachtet und durchgeführt werden mussten. Durch die Aufspaltung des Anordnungsverfahrens in zwei Teilentscheidungen mit jeweils voller Verfahrensdauer ist damit allerdings in zeitlicher Hinsicht keine Verbesserung erfolgt.
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Die Formulierung in § 25 Abs. 6 S. 1 TKG ist zudem etwas unglücklich, weil auf Seiten der streitigen Bedingungen auch ein Streit darüber bestehen kann, ob überhaupt Zugang zu gewähren ist. Da aber das fehlende Zustandekommen einer Zugangsvereinbarung Grundvoraussetzung für eine Zugangsanordnung ist, kann dieser Fall den streitigen Bedingungen zugeordnet werden. Was die streitigen Entgelte für die nachgefragten Leistungen anbetrifft, so geht es dabei um die in § 25 Abs. 5 TKG gemeinten „Entgelte“ ohne weiteren Zusatz. Der Hinweis auf die „nachgefragten Leistungen“ ist dabei nicht als Einschränkung zu verstehen. Denn da die Zugangsvereinbarung wie die Zugangsanordnung zu wechselseitigen Leistungsbeziehungen führt, kann auch das Entgelt bzw. können auch die Entgelte des den Zugang nachfragenden Antragstellers streitig sein. Bei wortlautgetreuem Verständnis würde somit eine Regelungslücke entstehen, die angesichts der Formulierung in § 25 Abs. 5 TKG sowie nach dem Willen des Gesetzgebers offensichtlich nicht intendiert ist2 (zur Frage etwaiger Nachfrage- bzw. Abnahmeverpflichtungen von Diensten eines anderen Zusammenschaltungspartners, siehe oben Rz. 90 f., 332 und 481).
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1 OVG NRW, CR 2001, 447. 2 Siehe BT-Drucks. 15/2316, S. 66, wo auch für Absatz 6 lediglich von den „Entgelten einer Zugangsvereinbarung“ gesprochen wird.
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H Rz. 624 624
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Die Aufspaltung in zwei Teilentscheidungen gilt nicht für die Fälle, in denen entweder ausschließlich der Zugang bzw. die Bedingungen der Zugangsvereinbarung streitig sind oder die Entgelte. In diesen beide Fällen kommt lediglich eine Entscheidung in Betracht und eine Verdoppelung der Verfahrensfristen erfolgt nicht. Dies bedeutet, dass auch dann die Zugangsanordnung statthaft ist, wenn die Zugangsvereinbarung allein daran scheitert, dass keine Einigung über die Entgelte erzielt werden kann1. Allerdings ist dabei zu beachten, dass Zweck der Anordnung nach wie vor die Zugangsgewährung bleibt und nicht darin besteht, Entgeltregulierung zu erreichen2. 11.6.1 Durchführung des Verfahrens
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In Bezug auf die Durchführung der Entgeltfestsetzung im Rahmen eines Anordnungsverfahrens, sei es als zweite Teilentscheidung nach Anordnung der Zugangsgewährung in der ersten Teilentscheidung oder als einzige im Rahmen der Zugangsgewährung zu treffende Entscheidung, verweist § 25 Abs. 5 S. 3 TKG auf die §§ 27 bis 38 TKG und damit auf sämtliche Vorschriften zur Entgeltregulierung von Vorleistungen. Anders als § 39 TKG 1996 liegt damit in materieller Hinsicht ein Rechtsgrundverweis vor3, so dass sich erst im Rahmen der anzuwendenden Entgeltregulierungsbestimmungen entscheidet, ob die Anordnung anhand der Vorschriften für die Entgeltgenehmigung oder für die nachträgliche Entgeltregulierung zu treffen ist. Allerdings ist auch ein dritter Fall denkbar, nämlich dass die betreffenden Entgelte gar keiner Entgeltregulierung unterliegen. Diese Konstellation kann temporär dann entstehen, wenn etwa ein neuer alternativer Teilnehmernetzbetreiber im Festnetz noch keiner Regulierungsverfügung in Bezug auf die Terminierung von Verbindungen in sein Netz unterliegt (zur diesbezüglichen Regulierungsverfügung siehe oben Rz. 29 ff.). Denkbar sind aber auch Fälle, in denen Anbieter von VoIP-Diensten oder Betreiber virtueller Netze (z. B. MVNO) Zugang in Form von Zusammenschaltung begehren, aber keiner Zugangsgewährungsverpflichtung in Bezug auf ihre Netze und/oder Teilnehmer unterliegen. Liegt aber eine Zugangsgewährungs_______________
1 Siehe etwa BNetzA, Beschl. v. 31.5.2006 – BK4b-06-009 (AugustaKom vs. DTAG), S. 6 des amtlichen Umdrucks. Hier war zwar bereits eine Zusammenschaltungsanordnung vorausgegangen, deren Befristung in Bezug auf die Entgelte ablief, damit fiel aber für den Ablauf der Befristung auch eine Regelung über die Entgelte weg, auf die sich die Beteiligten nicht einigen konnten. Es war daher eine erneute Anordnung (wenn auch Teilentscheidung) zu treffen, die nur die Entgelte betraf. 2 BNetzA, Beschl. v. 19.12.2005 – BK4a-05-073 (01051 vs. O2), S. 6 des amtlichen Umdrucks; bestätigend: VG Köln, Urt. v. 22.2.2006 – 21 K 745/05, Absatz Nr. 82 ff. über www.justiz.nrw.de. 3 Siehe auch VG Köln, Urt. v. 15.9.2005 – 1 K 8432/04 Absatz Nr. 35 über www. justiz.nrw.de, sowie VG Köln, Beschl. v. 3.6.2005 – 21 L 319/05, S. 5 des amtlichen Umdrucks unter Bezugnahmen auf VG Köln, Beschl. v. 24.3.2005 – 1 L 6/05, Absatz Nr. 18 über www.justiz.nrw.de.
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Zugangsanordnungen durch die BNetzA nach § 25 TKG
Rz. 627 H
verpflichtung nicht vor, so kommt eine Entgeltregulierung nicht in Betracht. Denn die Bestimmung in § 30 TKG, welche gleichzeitig Grundlage und „Weiche“ für die Entgeltregulierung von Vorleistungen darstellt, setzt in sämtlichen Fällen voraus, dass dem betroffenen Unternehmen eine Zugangsgewährungsverpflichtung auferlegt oder beträchtliche Marktmacht festgestellt worden ist. Das wäre hier nicht der Fall. Abgesehen von entsprechenden vorläufigen Maßnahmen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG (dazu G. Rz. 75 ff.) wäre allenfalls noch an eine allgemeine Billigkeitskontrolle (§ 315 BGB) zu denken, weil die Anordnung auch Bedingungen zur Billigkeit enthalten darf. Dies scheidet allerdings deswegen aus, weil damit offensichtlich nicht die Entgelte gemeint sind. Für die Entgelte soll ja gerade die Sonderregelung in § 25 Abs. 5 S. 2 TKG gelten. Schließlich kämen aber die zivilrechtlichen Grundsätze des § 138 BGB zur Anwendung. Darüber hinaus bleiben aber die so betroffenen Entgelte unreguliert und sind von der BNetzA ohne Durchführung eines Entgeltregulierungsverfahrens anzuordnen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht führt der Verweis in § 25 Abs. 5 S. 2 TKG allerdings nicht in ein vom Anordnungsverfahren abgetrenntes Entgeltregulierungsverfahren. Vielmehr findet die Entgeltregulierung innerhalb des Anordnungsverfahrens statt. Dies ergibt sich aus dem Zweck des § 25 TKG, eine umfassende Streitbeilegung zu erreichen, und zwar auch hinsichtlich der Entgelte1. Demzufolge ist für die nachträgliche Entgeltregulierung die Bestimmung des § 38 Abs. 1 TKG, wonach der nachträglichen Entgeltregulierung unterliegende Entgelte der BNetzA zwei Monate vor dem geplanten Inkrafttreten vorzulegen sind und der dann weitere Verfahrensschritte vorsieht, unbeachtlich. Einmal abgesehen davon, dass diese Bestimmung offensichtlich zunächst die Konstellation vertraglich vereinbarter oder zu vereinbarender Entgelte im Auge hat, kollidieren die dortigen Verfahrensregelungen mit den Verfahrensfristen des Anordnungsverfahrens. Letzteres gilt auch für die Regelung des § 31 Abs. 5 und 6 TKG in Bezug auf das Entgeltgenehmigungsverfahren, wenn auch weniger gravierend. Hinzu kommt aber, dass § 25 Abs. 6 TKG eine ausdrückliche Regelung dahingehend trifft, dass die Anordnung bei streitigen Bedingungen und Entgelten in zwei Teilentscheidungen, also innerhalb desselben Verfahrens erfolgt, und diese zwei Teilentscheidungen überdies Teil einer Anordnung sind, die nur insgesamt angegriffen werden kann.
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11.6.2 Rechtsschutz Gerade die Regelung in § 25 Abs. 6 S. 3 TKG, wonach die Anordnung auch bei zwei Teilentscheidungen nur insgesamt angegriffen werden kann, hat _______________
1 So die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/2316, S. 66 sowie darauf Bezug nehmend etwa RegTP, Beschl. v. 21.9.2004 – BK4a-04-032 (ISIS vs. DTAG), S. 11 f. des amtlichen Umdrucks sowie RegTP, Beschl. v. 8.11.2004 – BK4c-04-048 (Vodafone vs. 01051), S. 10 des amtlichen Umdrucks.
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H Rz. 628
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
allerdings zu gerichtlichen Auseinandersetzungen geführt. Die Regelung führt ebenso wie § 13 Abs. 3 TKG (dazu G. Rz. 230 ff.) und § 23 Abs. 4 S. 4 TKG (dazu oben Rz. 447) zu einer Verkürzung des Rechtsschutzes hinsichtlich des ersten Teilakts einer gesetzlich als gemeinsam zu betrachtenden und anzugreifenden Maßnahme. Diese Verkürzung ist im Anordnungsverfahren am gravierendsten. Daher folgert das VG Köln in einem einstweiligen Anordnungsverfahren aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG, dass die Teilentscheidung über die Zusammenschaltungsbedingungen nicht vollziehbar bzw. deren Vollzug auszusetzen ist, solange noch keine zweite Teilentscheidung über die Zugangsentgelte vorliegt1. Denn sonst hätte der Zugangsverpflichtete keinen effektiven Rechtsschutz, weil er die erste Teilentscheidung befolgen müsste, diese aber wegen § 25 Abs. 6 S. 3 TKG (noch) nicht anfechtbar wäre. 628
Zwar sind diese Erwägungen auch mit Blick auf § 44a VwGO nachvollziehbar2. Dies führt aber dazu, dass zwischen einem Anordnungsantrag und der Verpflichtung zur Durchführung der Zugangsanordnung (§ 25 Abs. 8 TKG) künftig allein verfahrensseitig ein Zeitraum von bis zu acht Monaten liegen kann. Das war vom Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollt, da zugleich die Zugangsanordnung nach § 25 Abs. 8 TKG unverzüglich zu befolgen ist. Beim Ausgleich der widerstreitenden Interessenlagen zwischen effektivem Rechtsschutz zugunsten des durch die Anordnung belasteten Beteiligten und schneller Umsetzung des wettbewerbsfördernden Zugangs zugunsten des begünstigten Beteiligten hat es sich allerdings das VG Köln nach der hier vertretenen Auffassung zu einfach gemacht. Vom Gericht ist insoweit eine Interessenabwägung gefordert, unabhängig davon, ob man diese als Teil der Prüfung des Anordnungsgrunds für eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO ansieht3 oder zusätzlich für möglich bzw. erforderlich hält4.
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Dies bedeutet mit Blick auf die zumindest ähnliche Regelung in § 44a VwGO, dass für den Belasteten das Zuwarten auf die zweite Teilentscheidung unzumutbar sein muss5. Das ergibt sich nicht allein daraus, ob die erste Teilentscheidung wegen § 25 Abs. 8 TKG formal zu befolgen bzw. vollziehbar ist, sondern ob auch Zweifel an der Rechtmäßigkeit der ersten Teilentscheidung bestehen. Mit anderen Worten: Wenn dem belasteten Beteiligten gegen die erste Teilentscheidung entgegen § 25 Abs. 6 S. 3 und Abs. 8 TKG Rechtsschutz zugestanden werden soll, dann hat das Gericht auch zu prüfen, ob dieser Rechtsschutz materiell gerechtfertigt ist; und hat dabei im Rahmen des Verfahrens nach § 123 VwGO die bei dem eigentlich _______________
1 2 3 4
VG Köln, Beschl. v. 18.10.2004 – 1 L 2921/04, S. 5 f. des amtlichen Umdrucks. Siehe Mayen, CR 2005, 25. Vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, § 123 Rz. 23. Zum Meinungsstand siehe Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/Schoch, VwGO, § 123 Rz. 65. 5 Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/Schoch, VwGO, § 44a Rz. 29.
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Zugangsanordnungen durch die BNetzA nach § 25 TKG
Rz. 631 H
einschlägigen vorläufigen Rechtsschutzverfahren des § 80 VwGO anzustellenden Erwägungen zu berücksichtigen. Man mag dieser Sichtweise entgegenhalten, dass sie im Ergebnis zum vorläufigen Rechtsschutz für die erste Teilentscheidung entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut von § 25 Abs. 6 S. 3 TKG führt. Aber das gilt für die diskutierte Entscheidung des VG Köln ebenso. Die Regelung in § 25 Abs. 6 S. 3 TKG bedeutet allerdings nicht, dass nach Erlass der zweiten Teilentscheidung über die Entgelte das belastete Unternehmen die Anordnung insgesamt angreifen muss. Insoweit verbleibt es bei den Grundsätzen zur Teilanfechtung (siehe oben Rz. 618 f.), wonach sich das belastete Unternehmen beispielsweise auch nur auf die zweite Teilentscheidung zu den Entgelten oder einzelne Entgelte beschränken kann oder auf die erste Teilentscheidung zur Anordnung des Zugangs und den diesbezüglichen Bedingungen1. Allerdings darf der angefochtene und aufzuhebende Teil nicht mit den übrigen Teilen des Verwaltungsakts in einem untrennbaren inneren Zusammenhang stehen, so dass nach Teilaufhebung der verbleibende Teil ohne Änderung seines Inhalts rechtmäßiger- und sinnvollerweise nicht selbstständig bestehen bleiben kann oder so nicht erlassen worden wäre2. Diese Abtrennbarkeit ist bei Entgeltanordnungen nicht gegeben, wenn lediglich ein „Torso“ verbliebe3 oder die Anfechtung materiell auf einen fehlerhaften Prüfungsmaßstab für das streitige Entgelt gestützt, aber dann die Anfechtung lediglich auf den als zu hoch angesehenen Teil des Entgelts beschränkt wird4.
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11.7 Anordnungspraxis der BNetzA Bis auf wenige Ausnahmen5, die größtenteils in den vorstehenden Ausführungen berücksichtigt sind, konzentriert sich die bisherige Anordnungspraxis der BNetzA unter dem TKG 2004 auf eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle, bei denen es um die Anordnung nicht-reziproker Terminierungsentgelte der alternativen Teilnehmernetzbetreiber bei der Zusammenschaltung mit der DTAG geht. Zwischenzeitlich sind hier auch schon Folgeanordnungen ergangen, bei denen es nur noch um die Entgelte geht, die von der BNetzA in ihrer Dauer befristet werden, im Gleichlauf mit den entsprechenden Entgeltgenehmigungen gegenüber der DTAG. Da die alternativen _______________
1 Vgl. VG Köln, Beschl. v. 7.6.2005 – 1 L 624/05, Absatz Nr. 12 ff. über www.justiz. nrw.de. 2 BVerwG, Beschl. v. 2.5.2005 – 6 B 6.05, Rz. 8 über www.bundesverwaltungsge richt.de. 3 VG Köln, Beschl. v. 7.6.2005 – 1 L 624/05, Absatz Nr. 22 über www.justiz.nrw.de. 4 Siehe VG Köln, Beschl. v. 15.3.2006 – 1 L 109/06, Absatz Nr. 8 ff. über www.justiz. nrw.de. 5 Es handelt sich um vereinzelte Zusammenschaltungsanordnungsverfahren gegen die DTAG und Mobilfunknetzbetreiber, bei denen die Zugangsgewährung und die Bedingungen des Zugangs (zunächst) im Vordergrund standen.
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H Rz. 632
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Teilnehmernetzbetreiber keiner Entgeltgenehmigungspflicht unterliegen1, findet hier die Entgeltkontrolle durch die BNetzA (und nicht die DTAG, siehe dazu auch G. Rz. 194 ff.) praktisch ausschließlich über das Anordnungsverfahren im Wege der nachträglichen Entgeltregulierung statt (siehe oben Rz. 625 f.). Hier würde es sich eigentlich anbieten, die Verfahren auf ein Musterverfahren zu konzentrieren, dessen Ergebnis mit Einverständnis der anderen Marktteilnehmer auf diese übertragen wird. Weitere Verfahren könnten sich dann auf abweichende Konstellationen beschränken. 632
Zugangsanordnungen in Bezug auf andere Zugangsgewährungsverpflichtungen sind, soweit ersichtlich, bislang noch nicht ergangen. Die Marktteilnehmer konzentrieren sich hier auffällig auf die Überprüfungsverfahren zu den Standardangeboten (siehe oben Rz. 462 f.). Soweit sich Forderungen dort nicht durchsetzen, lebt möglicherweise die Anordnungsaktivität der BNetzA wieder auf.
12. Besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG 633
Obwohl dies in den europarechtlichen Vorgaben des Richtlinienpakets 2002 nicht vorgesehen ist, weil es sich dabei um eine eigentlich den Kartellbehörden obliegende Marktaufsicht handelt, findet sich in § 42 TKG eine Bestimmung zur besonderen Missbrauchsaufsicht durch die BNetzA. Hieran war der Gesetzgeber auch nicht gehindert2. Gegenüber § 33 TKG 1996 beinhaltet die Regelung neben der Verfahrenseinleitung von Amts wegen auch ein Antragsrecht (§ 42 Abs. 4 TKG). Ebenso neu gegenüber dem TKG 1996 ist, dass erfreulicherweise der Tatbestand der „unbilligen Behinderung“ in § 42 Abs. 1 TKG ausdrücklich aufgenommen worden ist. Die Rechtsprechung sah sich außerstande, dies für § 33 TKG 1996 im Wege der Auslegung anzunehmen3. Die BNetzA kann wie nach § 33 TKG 1996 ein Verhalten nicht nur untersagen, sondern auch auferlegen (§ 42 Abs. 4 TKG). Diese Möglichkeit wurde durch das TKG-Änderungsgesetz ausdrücklich um den Missbrauch in Bezug auf Endkundenmärkte (Endnutzermärkte) ergänzt (§ 42 Abs. 4 S. 3 TKG). Die Zweistufigkeit der in § 33 Abs. 2 TKG 1996 vorgesehenen Maßnahmen (erst Aufforderung zur Abstellung des Missbrauchs und dann ggf. Maßnahmenanordnung) ist dagegen entfallen. Für die Verfahrensdauer ist eine Regelfrist von vier Monaten nach Einleitung des Verfahrens vorgesehen. Damit ist die besondere Missbrauchsaufsicht gegenüber § 33 TKG 1996 deutlich verschärft worden. Inwieweit dabei die in § 43 TKG enthaltene, der Regelung in § 34 GWB nachgebildete Vorteilsabschöpfung einen zusätzlichen Druck gegenüber dem TKG 1996 gegen miss_______________
1 Siehe BNetzA, Beschl. v. 7.6.2006 – BK4d-05-016 (-067)/R (Zusammenschaltung alternative TNB), BNetzA Mitteilung Nr. 191/2006 ABl. Nr. 11/2006. 2 VG Köln, Urt. v. 17.5.2006 – 21 K 7045/05, S. 13 des amtlichen Umdrucks. 3 Siehe OVG NRW, CR 2003, 428.
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Besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG
Rz. 635 H
bräuchliches Verhalten auslöst, bleibt in Ermangelung von Maßnahmen seitens der BNetzA nach wie vor abzuwarten. Allerdings ist trotz der Verschärfungen auch die Funktion und der Anwendungsbereich von § 42 TKG gegenüber § 33 TKG 1996 verkürzt worden. 12.1 Besondere Missbrauchsaufsicht des § 42 TKG Die Bestimmungen des § 42 TKG sind zusammengesetzt aus den Verbotstatbeständen des § 19 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 1 sowie des § 20 Abs. 1 GWB in Form – – –
634
des allgemeinen Missbrauchsverbots, des Behinderungsverbots und des Beeinträchtigungsverbots (jeweils § 42 Abs. 1 TKG).
Sie enthalten zwei Vermutungsregelungen für Missbräuche in Form –
einer Diskriminierungsvermutung in Bezug auf die intern-extern-Gleichbehandlung (§ 42 Abs. 2 TKG) und
–
einer Behinderungsvermutung in Bezug auf Verzögerungen (§ 42 Abs. 3 TKG)
sowie schließlich Regelungen zu den Befugnissen der BNetzA und zum Verfahren (§ 42 Abs. 4 TKG). Anders als § 33 TKG 1996 ist § 42 TKG nicht mehr als Verpflichtung zur individuellen Zugangsgewährung formuliert. Diese Funktion hat § 25 TKG übernommen, dessen dort vorgesehene Zugangsanordnung sämtliche auferlegten Zugangs(gewährungs)verpflichtungen der §§ 18 und 21 TKG erfasst. Die früher (auch) auf § 33 TKG 1996 gestützten Entscheidungen etwa zum Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung1 sowie zu Fakturierung und Inkasso2 und zum Resale3 unterliegen heute als Zugangsverpflichtungen aus dem Maßnahmenkatalog des § 21 TKG4 dem Vorbehalt einer Regulierungsverfügung, die diese Verpflichtungen auferlegt. Dies ist bislang mit Ausnahme _______________
1 Siehe etwa RegTP, Beschl. v. 7.6.2000 – BK 3-2-99/033, MMR 2000, 500 und insbesondere BVerwG, Urt. v. 15.4.2001 – 6 C 7.00, CR 2001, 752 zur TAL sowie zum Kabelverzweiger: RegTP, Beschl. v. 1.2.2002 – BK 3-01-017 und zum Line-Sharing: RegTP, Beschl. v. 30.3.2001 und 11.5.2001 – BK 3c-00-29; siehe Fischer/Heun/ Sörup in: Heun (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Auflage 2002, Teil 4 Rz. 438 ff. 2 RegTP, Beschl. v. 14.3.2000 – BK 3a-99/032; siehe Fischer/Heun/Sörup in: Heun (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Auflage 2002, Teil 4 Rz. 455 ff. 3 RegTP, Beschl. v. 30.3.2001 – BK 3a-00/025, bestätigt durch BVerwG, NVwZ 2004, 878; siehe Fischer/Heun/Sörup in: Heun (Hrsg.), Telekommunikationsrecht, 1. Auflage 2002, Teil 4 Rz. 438c ff. 4 Siehe § 21 Abs. 3 Nr. 1 TKG für die TAL einschließlich Line Sharing („gemeinsamer Zugang“), § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG für Resale und § 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG für Fakturierung und Inkasso.
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635
H Rz. 636
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
des Zugangs zum Teilnehmeranschluss1 (siehe oben Rz. 357 ff.) trotz ausdrücklicher Adressierung in einzelnen Regulierungsverfügungen (siehe oben für Fakturierung und Inkasso Rz. 355 sowie für Resale 324 f.) nicht geschehen. Damit haben sich diese früher ergangenen Entscheidungen nach § 150 Abs. 1 TKG mittels Ersetzung durch Entscheidungen nach dem TKG 2004 erledigt (dazu G. Rz. 224 ff.). 636
Demzufolge ist § 42 TKG auf ein „klassisches“ Missbrauchsverbot reduziert, das zudem in „Konkurrenz“ zur Gleichbehandlungsverpflichtung des § 19 TKG steht, aber von dieser auch nicht verdrängt wird (siehe oben Rz. 139 ff.). Auch ist nicht ausgeschlossen, § 42 TKG bei Vorliegen seiner Voraussetzungen neben der Zugangsanordnung des § 25 TKG (siehe auch oben Rz. 586) oder dem Streitbeilegungsverfahren des § 133 TKG anzuwenden2, ebenso wie neben den Vorschriften des GWB (§ 2 Abs. 3 TKG, siehe dazu oben Rz. 139 ff. und G. Rz. 249 ff.), der Art. 81, 82 EG-Vertrag sowie unter Umständen sogar neben der Entgeltregulierung (siehe unten Rz. 649)3. Damit besitzt § 42 TKG vornehmlich eine generalklauselartige Auffangfunktion für sektorspezifische Maßnahmen, die über vorab auferlegbare Verpflichtungen nicht erfasst sind. 12.2 Adressaten und Anwendungsbereich von § 42 TKG
637
Die Frage des Anwendungsbereichs von § 42 TKG im Verhältnis zu Marktdefinition und Marktanalyse sowie die Frage nach den § 42 TKG verpflichteten Unternehmen hängen eng zusammen. Denn einerseits richtet sich § 42 an Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, während zugleich § 9 Abs. 1 TKG feststellt, dass der Marktregulierung nach Teil 2 des Gesetzes solche Märkte unterliegen, auf denen die Voraussetzungen des § 10 TKG (Definition der potenziell regulierungsbedürftigen Märkte, siehe G. Rz. 118 ff.) vorliegen und für die eine Marktanalyse nach § 11 TKG ergeben hat, dass kein wirksamer Wettbewerb vorliegt. Dies betrifft zwar auf der Ebene der Marktdefinition und Marktanalyse sämtliche Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auf den relevanten Märkten, beschränkt sich aber bei der Auferlegung von Zugangspflichten auf Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze. Andererseits richtet sich § 42 Abs. 1 TKG neben Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze explizit auch an Anbieter von Telekommunikationsdiensten, von Leistungen nach § 78 Abs. 2 Nr. 3 und 4 TKG und von telekommunikationsgestützten Diensten. Dies _______________
1 BNetzA, Beschl. v. 20.4.2005 – BK4a-04-075/R (TAL), BNetzA Mitteilung Nr. 83/ 2005, ABl. Nr. 7/2005. 2 Eine Verdrängung oder Spezialität kann sich allerdings aus dem materiellen Anwendungsbereich dieser Regelungen ergeben, so insbesondere wenn die Zugangsgewährung begehrt wird, für die § 25 TKG die speziellere Vorschrift ist. Ansonsten gilt für § 42 TKG keine spezielle Subsidiarität. 3 Anders wohl Beck TKG-Komm/Schütz, § 42 Rz. 6.
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Besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG
Rz. 639 H
bedeutet eine Inkongruenz zwischen Marktregulierung, Zugangsregulierung und besonderer Missbrauchsaufsicht, die es zu klären gilt. 12.2.1 Kreis der Verpflichteten Ausgangspunkt für den Anwendungsbereich des § 42 TKG und die Bestimmung der hiernach verpflichteten Unternehmen ist die in § 42 Abs. 1 TKG enthaltene Aufzählung der verpflichteten Unternehmen: – – – –
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Anbieter von Telekommunikationsdiensten, Anbieter von Leistungen nach § 78 Abs. 2 Nr. 3 und 4 TKG, Anbieter von telekommunikationsgestützten Diensten und Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze.
In Bezug auf Anbieter von Telekommunikationsdiensten, Anbieter von telekommunikationsgestützten Diensten, Anbieter von Leistungen nach § 78 Abs. 2 Nr. 3 TKG (Auskunftsdienste gemäß § 3 Nr. 2a TKG) und Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze kann auf die Ausführungen zu § 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG (siehe oben Rz. 351) sowie Kapitel A. (Rz. 43 ff., 47) verwiesen werden. Hinzu kommen wie bei § 18 Abs. 2 TKG (siehe oben Rz. 484) lediglich Anbieter von Leistungen nach § 78 Abs. 2 Nr. 4 TKG, d. h. Anbieter öffentlicher Telefonstellen. Weitere Voraussetzung ist, dass das im konkreten Fall verpflichtete Unternehmen über beträchtliche Marktmacht (auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt) verfügen. Dies kann ein Vorleistungs- wie ein Endnutzermarkt sein. 12.2.1.1 Zur Vorgreiflichkeit eines förmlichen Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens In Bezug auf das Bestehen beträchtlicher Marktmacht stellt sich die Frage, ob die BNetzA das Bestehen beträchtlicher Marktmacht im Einzelfall und damit unabhängig von den in §§ 10 und 11 TKG vorgesehenen (förmlichen) Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren vorzunehmen hat bzw. vornehmen kann1, oder ob – wie auch der Gesetzgeber meint2 – formale Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 42 TKG ist, dass ein solches Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren erfolgt ist3. Letzteres wird von der Rechtsprechung des VG Köln und des BVerwG bejaht mit der Folge, dass die Anwendbarkeit des § 42 TKG ohne vorgreifliches (förmliches) Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren nicht eröffnet ist4. Danach ent_______________
1 So etwa Beck TKG-Komm/Schütz, § 42 Rz. 24 f. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 71. 3 So BerlKommTKG/Gersdorf, § 42 Rz. 12; in diese Richtung auch Heun, CR 2004, 906. 4 VG Köln, Urt. v. 21.12.2005 – 21 K 1200/05, CR 2006, 239 (240); BVerwG, Urt. v. 18.4.2007 – 6 C 21.06.
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H Rz. 640
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
scheidet also das Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren der §§ 10 und 11 TKG darüber, ob eines der in § 42 Abs. 1 TKG genannten Unternehmen über beträchtliche Marktmacht auf dem für ein Einschreiten der BNetzA nach § 42 Abs. 4 TKG sachlich und räumlich relevanten Markt über beträchtliche Marktmacht verfügt. 640
Betrachtet man lediglich den Wortlaut von § 42 Abs. 1 TKG, so ergibt sich daraus nicht, dass sein Anwendungsbereich erst dann eröffnet ist, wenn zuvor ein Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren mit dem Ergebnis des Bestehens beträchtlicher Marktmacht seitens eines der dort genannten Unternehmen durchgeführt worden ist. Allerdings ist wie bereits erwähnt in systematischer Hinsicht zu beachten, dass ungeachtet dieses Wortlauts nach § 9 Abs. 1 TKG der Marktregulierung nach Teil 2 des Gesetzes solche Märkte unterliegen, auf denen die Voraussetzungen des § 10 TKG vorliegen und für die eine Marktanalyse nach § 11 TKG ergeben hat, dass kein wirksamer Wettbewerb besteht. Dieser Wortlaut wiederum erweckt den Eindruck, dass die Regulierung nach Teil 2 des Gesetzes, zu dem auch § 42 TKG gehört, gerade voraussetzt, dass eine Marktanalyse nach § 11 TKG mit dem Ergebnis fehlenden wirksamen Wettbewerbs stattgefunden hat1. Das Fehlen wirksamen Wettbewerbs ist dabei gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 TKG mit dem Bestehen beträchtlicher Marktmacht eines Unternehmens (oder mehrerer Unternehmen) auf dem relevanten Markt gleichgesetzt (dazu G. Rz. 91 ff.). Dementsprechend enthält auch der Wortlaut der Zugangspflichten nach §§ 19–24 TKG jeweils den Hinweis auf einen „Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes mit beträchtlicher Marktmacht“. Zugleich ist aber wiederum hierbei systematisch eindeutig, dass für die Auferlegung von Verpflichtungen nach dem Maßnahmenkatalog der §§ 19–24 TKG die Durchführung eines vorherigen (förmlichen) Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens erforderlich ist2 (siehe oben Rz. 21). Dies spricht dafür, die besondere Missbrauchsaufsicht des § 42 TKG nur dann für anwendbar zu halten, wenn zuvor auch ein (förmliches) Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren durchgeführt worden ist.
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Bestätigt wird diese Sichtweise durch § 9 Abs. 3 TKG, der lediglich die Auferlegung von Verpflichtungen nach § 18 TKG von der vorgenannten Systematik ausnimmt, nicht aber § 42 TKG. Hinzu kommt, dass der Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren für das TKG-Änderungsgesetz vorgeschlagen hat, die Anwendung der (nachträglichen) Missbrauchsaufsicht in § 42 und § 38 TKG so auszugestalten, dass sie auch dann möglich ist, wenn noch kein förmliches Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren stattgefun_______________
1 Diese Ausdrücklichkeit sowie das Wort „und“ übersieht Beck TKG-Komm/ Schütz, § 42 Rz. 24 f. 2 Davon ist freilich die Frage zu unterscheiden, ob nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 vorläufige Maßnahmen getroffen werden können (dazu G. Rz. 75 ff.) und ob die BNetzA zur Eröffnung des (förmlichen) Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens verpflichtet sein oder durch Antrag verpflichtet werden kann (dazu G. Rz. 245 ff.).
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Besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG
Rz. 642 H
den hat1. Dieser Vorschlag ist allerdings gerade nicht in das TKG-Änderungsgesetz2 umgesetzt worden, obwohl zu diesem Zeitpunkt die genannte Rechtsprechung des VG Köln bekannt war. Im Gegenteil, in § 13 Abs. 2 TKG ist der dortige Maßnahmenkatalog um Maßnahmen für die Auferlegung von Vorabverpflichtungen nach § 42 Abs. 4 S. 3 TKG ergänzt worden. Diese Ergänzung dient mit der Ergänzung in § 42 Abs. 4 S. 3 TKG dem Zweck, über die besondere Missbrauchsaufsicht auch Maßnahmen im Bereich der Endnutzermärkte vorab auferlegen zu können, um einen Auffangtatbestand für die in Art. 17 Abs. 2 Universaldienstrichtlinie vorgesehenen Befugnisse der nationalen Regulierungsbehörden auch im TKG zu vervollständigen3. Zwar spricht die Gesetzesbegründung auch explizit davon, dass es darum gehe, derartige Maßnahmen auch vorab und nicht nur ex post auferlegen zu können4. Allerdings führt dies gleichwohl zu einer gegenüber der angesprochenen Systematik konformen Einordnung von § 42 TKG in das Erfordernis von vorherigen förmlichen Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren5. 12.2.1.2 Problem des erweiterten Adressatenkreises Bei der vorstehenden Sichtweise würde sich allerdings der Verweis in § 42 Abs. 1 TKG auf die anderen Adressaten als Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze möglicherweise als ein Verweis ins Leere erweisen. Denn die weiteren dort angesprochenen Dienste und Leistungen sind ersichtlich weder in den 18 Märkten der Märkteempfehlung enthalten (gewesen6), noch hat die BNetzA signalisiert, hier eine eigene Marktdefinition und Marktanalyse vornehmen zu wollen. Einerseits ließe sich der Hinweis auf die anderen Adressaten als gegenüber § 18 Abs. 2 TKG kongruente Auflistung verstehen, zumal dort die entsprechende Geltung von § 42 Abs. 4 TKG angeordnet wird (§ 18 Abs. 2 S. 2 TKG). Allerdings geht es hier um verpflichtete Unternehmen und dort um Dienste auf Seiten des berechtigten Unternehmens. Andererseits ist neben einer Nachlässigkeit des Gesetzgebers auch denkbar, dass hier die Möglichkeit geschaffen werden sollte, von der Märkteempfehlung unabhängige Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren zu veranlassen. Die letztgenannte, mit der Auffangfunktion des § 42 TKG in Einklang stehende Annahme wird auch durch die Sichtweise des Gesetzgebers gestützt, der in § 42 TKG eine Generalklausel sieht7. Daraus ist zu folgern, dass die BNetzA im Rahmen von § 42 TKG zwar nicht unmittelbar einschreiten kann, solange noch kein förmliches Marktdefinitions- und _______________
1 2 3 4 5
BT-Drucks. 16/2581, S. 35, 41. Gesetz v. 18.2.2007, BGBl. I, S. 106. BT-Drucks. 16/2581, S. 23 und 24. BT-Drucks. 16/2581, S. 24. Siehe neuerdings BNetzA, Beschl. v. 17.4.2007, BNetzA Mitteilung Nr. 268/2007, ABl. Nr. 8/2007. 6 Also auch nicht zum Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens für das TKG 2004. 7 BT-Drucks. 15/2316, S. 71.
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642
H Rz. 643
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Marktanalyseverfahren durchgeführt worden ist. Sie kann sich aber auch nicht lediglich auf den formalen Standpunkt zurückziehen, dass ein solches Verfahren (noch) nicht durchgeführt worden sie. Vielmehr muss sie nach pflichtgemäßem Ermessen darüber entscheiden, ob ein solches Verfahren einzuleiten ist, um dem in § 42 Abs. 1 TKG gegenüber den Zugangspflichten der §§ 19–24 TKG erweiterten Adressatenkreis gerecht zu werden. Sofern es sich dabei um einen Markt der Märkteempfehlung handelt, ist sie nach der hier vertretenen Auffassung sogar zur Durchführung dieser vorgreiflichen Verfahren verpflichtet (siehe G. Rz. 245 ff. 248), ggf. auch zu vorläufigen Maßnahmen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG. 12.2.1.3 Altverpflichtungen und Drittmärkte 643
Die Vorgreiflichkeit von Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren nach §§ 10 und 11 TKG schließt auch nicht aus, dass sich das Vorliegen beträchtlicher Marktmacht eines nach § 42 TKG verpflichteten Unternehmens aus wirksam gebliebenen bzw. fortbestehenden Altverpflichtungen gemäß § 150 Abs. 1 TKG bzw. aus früheren Feststellungen einer marktbeherrschenden Stellung ergibt1. Dies ist auch unabhängig davon möglich, ob es sich bei einer solchen früheren Feststellung um einen Markt handelt, der von der Märkteempfehlung erfasst wird. Denn insoweit setzt § 150 Abs. 1 TKG eindeutig voraus, dass Entscheidungen nach Teil 2 des TKG die Altverpflichtungen ersetzen (müssen). Die Märkteempfehlung allein bewirkt dies nicht.
644
Schließlich ist die Frage zu beantworten, ob die festgestellte oder fortbestehende beträchtliche Marktmacht auf einem Markt es für Zwecke der Anwendbarkeit des § 42 TKG gestattet, die beträchtliche Marktmacht dieses Unternehmens auch für einen dritten Markt anzunehmen, der mit dem Ursprungsmarkt zusammenhängt, diesem benachbart ist, oder auf den eingewirkt wird. Soweit es sich dabei um eine Frage der Marktmachtübertragung auf einen Nachbarmarkt im Sinne von § 11 Abs. 1 S. 4 TKG handelt, wird man allerdings auch hier die Vorgreiflichkeit des Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahrens annehmen müssen. Denn die Frage der Marktmachtübertragung ist in diesem Verfahren ausdrücklich zu adressieren bzw. adressiert, so dass insoweit kein selbstständiger Raum für § 42 TKG bleibt. Soweit es allerdings darum geht, ob sich die verbotene Behinderung oder Beeinträchtigung durch das marktmächtige Unternehmen nicht (nur) auf dem beherrschten, sondern (auch) auf einem Drittmarkt auswirkt2, so ist dies eine Frage des Umfangs der Schutzwirkung der Verbotstatbestände des § 42 TKG mit Blick auf das berechtigte Unternehmen, nicht aber ob auch insoweit Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren vorgreiflich sind. _______________
1 VG Köln, Urt. v. 21.12.2005 – 21 K 1200/05, CR 2006, 239 (240); bestätigend: BVerwG, Urt. v. 18.4.2007 – 6 C 21.06; VG Köln, Urt. v. 17.5.2006 – 21 K 7045/05, Absatz Nr. 43 ff. über www.justiz.nrw.de. 2 Siehe dazu Immenga/Mestmäcker/Möschel, § 19 GWB Rz. 114, Immenga/ Mestmäcker/Markert, § 20 GWB Rz. 29.
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Besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG
Rz. 647 H
12.2.2 Kreis der Berechtigten Was den Kreis der aus § 42 TKG berechtigten Unternehmen anbetrifft, so gibt der Wortlaut des § 42 Abs. 1 TKG hierüber keinen Aufschluss. Lediglich die Vermutungstatbestände des § 42 Abs. 2 und 3 TKG sprechen von Unternehmen, die Leistungen für Telekommunikationsdienste und damit in Zusammenhang stehende Dienste vom marktmächtigen Unternehmen nutzen (§ 42 Abs. 2 TKG, dazu unten Rz. 664) oder nach § 22 Abs. 1 TKG zum Erhalt eines Angebots für eine Zugangsvereinbarung berechtigt sind (§ 42 Abs. 3 TKG, dazu oben Rz. 526 und unten Rz. 656 ff.). Daraus folgt zunächst, dass prinzipiell jedes behinderte und/oder beeinträchtigte Unternehmen aus § 42 TKG berechtigt ist. Geht es allerdings um das in § 42 Abs. 4 S. 1 TKG vorgesehene Antragsverfahren, so erfordert § 42 Abs. 4 S. 6, dass das Unternehmen antragsbefugt ist (siehe unten Rz. 684).
645
Zuvor ist die Frage erwähnt worden (siehe oben Rz. 644), ob das Missbrauchsverbot des § 42 TKG auch dann Anwendung finden kann, wenn sich der Missbrauch auf einem relevanten Markt nicht (nur) dort, sondern (auch) auf einem Drittmarkt auswirkt, auf dem das „berechtigte“ Unternehmen tätig ist, ohne (zugleich) auf dem beherrschten Markt tätig zu sein. Dies ist für § 42 TKG zu bejahen, weil hier anders als etwa in § 19 Abs. 4 Nr. 1 TKG die Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten nicht „auf dem Markt“ im Wortlaut enthalten ist, zugleich aber trotz des Wortlauts auch für § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB die Drittmarkteinwirkung angenommen wird1. Hierfür reicht es, dass ein Kausalzusammenhang zwischen der Marktbeherrschung und dem missbilligten Verhalten oder seiner wettbewerbsbeeinträchtigenden Wirkung gegeben ist2. Das gilt auch für Telekommunikationsmärkte unter dem TKG 20043.
646
12.3 Missbrauchsverbot Nach § 42 Abs. 1 TKG darf das verpflichtete Unternehmen seine marktmächtige Stellung nicht missbräuchlich ausnutzen. Dieses Verbot ist als allgemeine Generalklausel gegenüber den später in § 42 Abs. 1 S. 2 TKG genannten Beispielsverboten (Behinderung und Beeinträchtigung) sowie die Vermutungstatbestände in § 42 Abs. 2 und 3 TKG zu sehen. All diese Fälle, aber nicht nur diese, bedeuten den Missbrauch einer marktmächtigen Stellung. Das allgemeine Missbrauchsverbot wird daher dann relevant, wenn _______________
1 BGH, CR 2004, 592 (593) mit Anm. Stoll; Immenga/Mestmäcker/Möschel, § 19 GWB Rz. 114; anders aber für § 20 Abs. 1 GWB BGH, MDR 1988, 839; dagegen wiederum Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20 GWB Rz. 29. 2 BGH, CR 2004, 592 (593) mit Anm. Stoll. 3 So ausdrücklich im Rahmen von § 28 TKG unter Bezugnahme auf die kartellrechtliche Rechtsprechung: VG Köln, Urt. v. 13.12.2006 – 21 K 5175/05, Absatz Nr. 57 ff. über www.justiz.nrw.de.
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H Rz. 648
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
die Beispielsverbote und Vermutungstatbeständen nicht passen, was freilich angesichts der Weite der beiden Formulierungen kaum vorkommt. 648
In der umfassenden kartellrechtlichen Kasuistik, auf die an dieser Stelle verwiesen wird, wird der Missbrauch typischerweise anhand von Oberbegriffen kategorisiert, die sich an den Fällen des § 19 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 GWB orientiert. Danach wird (unter Weglassung des für den Bereich der Telekommunikation hier nicht relevanten § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB) unterschieden zwischen1 –
Behinderungsmissbrauch, für den eine weitere Typologisierung von Fallgruppen erfolgt (z. B. preisliche Behinderungen, Vertriebsgestaltungen; § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB);
–
Ausbeutungsmissbrauch (Preis- und Konditionendifferenzierung und diesbezügliche Behinderungen; § 19 Abs. 4 Nr. 2 und 3 GWB);
–
sonstigen missbräuchlichen Verhaltensweisen.
Unter das Missbrauchsverbot fallen dabei auch Diskriminierungstatbestände (siehe § 19 Abs. 4 Nr. 3 TKG), die durch das Diskriminierungsverbot und das Verbot der unbilligen Behinderung in § 20 Abs. 1 GWB komplettiert werden. Auch dort wird eine Typisierung vorgenommen, die wegen der Zusammenhänge zwischen Behinderung und Diskriminierung unter beiden Aspekten betrachtet werden2, z. B. – – – – –
Liefersperre, Vertriebsgestaltungen (Vertriebsbindungen, Ausschließlichkeitsbindungen, Kopplungsbindungen bzw. Produktbündelungen), Lieferantenpreisdiskriminierung, Preisdumping, Bezugsperren (durch marktmächtige Nachfrager).
Diese Fallgruppen spielen im Rahmen von § 42 TKG auch und gerade mit Blick auf die Beispielsverbote und Vermutungstatbestände eine Rolle. 12.3.1 Abgrenzung zur Entgeltregulierung 649
Grundsätzlich wird man mit Blick auf die vorgenannten Fallgruppen feststellen können, dass preisliche Diskriminierungen und Behinderungen im TKG vornehmlich durch das spezielle Missbrauchsverbot des § 28 TKG bzw. die Vorschriften zur Entgeltregulierung erfasst sind und § 42 TKG weitgehend verdrängen. Gleichwohl hat die BNetzA sich auch mit einem auf den ersten Blick preislichen Diskriminierungs- und Behinderungsfall
_______________
1 Siehe Immenga/Mestmäcker/Möschel, § 19 GWB Rz. 101 ff. 2 Vgl. Immenga/Mestmäcker/Möschel, § 19 GWB Rz. 115.
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Besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG
Rz. 650 H
befasst1. Allerdings ging es hierbei aus Sicht der Rechtsprechung2 im Kern um die Frage, ob überhaupt bestimmte Entgelte vom verpflichteten Unternehmen erhoben bzw. ob solche Entgelte mit der Erbringung von Leistungen bzw. der Auszahlung von Entgelten an den Antragsteller gekoppelt werden dürfen. Insbesondere mit Blick auf die mögliche Kontrolle der Entgelte im Wege der Entgeltregulierung wurden daher die Kopplungen als solche von der Rechtsprechung als nicht missbräuchlich angesehen3. Andererseits können etwa Zahlungsverweigerungen durchaus unter das Missbrauchsverbot des § 42 Abs. 1 TKG fallen. Daraus folgt, dass jedenfalls im Bereich von Kopplungsfragen (nicht Bündelung von Produkten) zwischen Leistung und Gegenleistung (einschließlich Entgelte dem Grunde nach) sowie bei Zahlungsverweigerungen (als Gegenstück zur Liefersperre) der Anwendungsbereich des § 42 TKG eröffnet ist. Hinzu können allerdings Fälle kommen, bei denen etwaige Rechtsmittel gegen im Bereich der Entgeltregulierung durch Regulierungsverfügung auferlegte Verpflichtungen dazu führen, dass die Verpflichtungen aufgehoben werden. Das nämlich ist die Konsequenz aus den Urteilen des VG Köln4 zur Aufhebung der Entgeltgenehmigungspflichtigkeit der Mobilfunknetzbetreiber in den entsprechenden Regulierungsverfügungen, weil es dann an der Auferlegung der nachträglichen Entgeltregulierung fehlt5. 12.3.2 Systematisierung und Entscheidungsprogramm des § 42 TKG in der Praxis der BNetzA Bei zusammengefasster Betrachtung der Generalklausel in § 42 Abs. 1 S. 1 TKG mit den Beispielsfällen in § 42 Abs. 1 S. 2 TKG und unter Verzicht auf die Missbrauchskontrolle im Bereich der Entgeltregulierung zeigt sich, dass § 42 Abs. 1 TKG für das Behinderungsverbots und die missbräuchliche erhebliche Beeinträchtigung von Wettbewerbsmöglichkeiten gemeinsam zu betrachten ist. Denn das in § 42 Abs. 1 S. 2 TKG auch enthaltene und § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB entlehnte Beeinträchtigungsverbot wird neben dem im Schwerpunkt aus preislicher Sicht beurteilten Ausbeutungsmissbrauchs ebenso unter dem Aspekt der Behinderung gesehen, zumal die Rechtsfolgen die gleichen sind wie bei § 20 Abs. 1 GWB6. Hier lassen sich dann insgesamt Fallgruppen bilden, die den Umgang mit § 42 Abs. 1 TKG erleichtern, wobei lediglich die Vermutungstatbestände der gesonderten Untersuchung be_______________
1 BNetzA, Beschl. v. 25.5.2005 – BK2c-04/003 (NWP vs. DTAG). 2 VG Köln, Urt. v. 26.10.2005 – 21 K 3468/05, Absatz Nr. 42 über www.justiz. nrw.de. 3 VG Köln, Urt. v. 26.10.2005 – 21 K 3468/05. 4 VG Köln, Urt. v. 1.3.2007 – 1 K 3928/06 und 1 K 4148/06 sowie Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06 und 1 K 4314/06, jeweils über www.justiz.nrw.de. 5 Ausführlich dazu: Heun/Jenny, CD 2007, 222 (223 f.). 6 Siehe Immenga/Mestmäcker/Möschel, § 19 GWB Rz. 110 ff., Immenga/Mestmäcker/ Markert, § 20 GWB Rz. 116; Bechthold, § 20 GWB Rz. 2.
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650
H Rz. 651
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
dürfen. Beide Verbotstatbestände sind zunächst wertneutral zu betrachten1. Erst bei der Frage der Unbilligkeit der Behinderung bzw. der sachlichen Rechtfertigung der Beeinträchtigung erfolgt eine wertende, auf den Einzelfall bezogene Interessenabwägung, die bei § 42 TKG am Maßstab der Regulierungsziele des § 2 Abs. 2 TKG vorzunehmen ist2. Dies führt zu einem von der BNetzA zugrunde gelegten Entscheidungsprogramm in zwei Schritten3: –
Prüfung der Behinderung bzw. einer erheblichen Beeinträchtigung eines anderen Unternehmens;
–
Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der Regulierungsziele zur Feststellung der Unbilligkeit der Behinderung bzw. des Fehlens eines sachlich gerechtfertigten Grundes.
Soweit ersichtlich, hat die BNetzA in bisher drei Fällen anhand dieses Entscheidungsprogramms Missbrauchsverfügungen erlassen4. 12.4 Beispielsverbote: Behinderung und Beeinträchtigung 651
Das verpflichtete Unternehmen darf nach § 42 Abs. 1 S. 2 TKG andere Unternehmen weder unmittelbar oder mittelbar behindern, noch deren Wettbewerbsmöglichkeiten erheblich beeinträchtigten (zur Unbilligkeit bzw. sachlichen Rechtfertigung (siehe unten Rz. 669 ff.). Wie bereits erwähnt, kommt es dabei für den Begriff des „anderen Unternehmens“ zunächst nicht darauf an, ob dieses in besonderer Weise qualifiziert ist. Auch ist irrelevant, ob sich Behinderung oder Beeinträchtigung auf ein oder mehrere Unternehmen bezieht5. 12.4.1 Behinderungstatbestand
652
Unter Behinderung wird in einem rein objektiven Sinne jede tatsächliche Beeinträchtigung der Betätigungsmöglichkeiten eines anderen Unternehmens im Wettbewerb verstanden, egal welche Mittel hierfür verwendet werden6. _______________
1 Immenga/Mestmäcker/Möschel, § 19 GWB Rz. 112, Immenga/Mestmäcker/ Markert, § 20 GWB Rz. 116. 2 Siehe etwa VG Köln, Urt. v. 17.5.2006 – 21 K 7045/05, Absatz Nr. 54 über www. justiz.nrw.de. 3 Siehe etwa BNetzA, Beschl. v. 18.7.2005 – BK2a-04/029 (arcor Preselection), S. 38 des amtlichen Umdrucks. 4 BNetzA, Beschl. v. 25.5.2005 – BK2c-04/003 (NWP vs. DTAG), aufgehoben durch VG Köln, Urt. v. 26.10.2005 – 21 K 3468/05; BNetzA, Beschl. v. 18.7.2005 – BK2a04/029 (arcor Preselection), teilweise aufgehoben durch VG Köln, Urt. v. 26.10. 2005 – 21 K 4418/05; BNetzA, Beschl. v. 11.11.2005 – u. a. BK2a-04/28 (AGBProdukte), bestätigt durch VG Köln, Urt. v. 17.5.2006 – 21 K 7045/05. 5 Immenga/Mestmäcker/Möschel, § 19 GWB Rz. 111. 6 Hierzu und zum Folgenden: Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20 GWB Rz. 116 ff.
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Besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG
Rz. 655 H
Das behindernde Verhalten muss Auswirkungen auf die Wettbewerbschancen des beeinträchtigten Unternehmens haben, sei es gegenüber anderen Nachfragern oder anderen Anbietern. Dies kann eine diskriminierende Ungleichbehandlung sein, ebenso wie eine den wettbewerblichen Bewegungsspielraum einengende oder erschwerende Behandlung. Daher ist die bloße Ausbeutung für sich genommen zwar nachteilig, aber noch keine Behinderung. Allerdings erfordert der Wortlaut von § 42 Abs. 1 S. 2. Alt. 1 TKG insoweit auch keine erhebliche Beeinträchtigung. Unerheblich ist, ob die Behinderung unmittelbar oder mittelbar erfolgt. Damit wird deutlich, dass Behinderungen auch dann vorliegen, wenn sich das Verhalten des verpflichteten Unternehmens nicht direkt gegen das beeinträchtigte Unternehmen richtet. So etwa, wenn das verpflichtete Unternehmen durch Ausschließlichkeitsbindungen mit Dritten verhindert, dass diese mit dem beeinträchtigten Unternehmen Geschäftsbeziehungen aufnehmen. In der Praxis spielt die Unterscheidung keine Rolle, weil beide Erscheinungsformen vom Behinderungsverbot erfasst sind.
653
12.4.2 Beeinträchtigungstatbestand Unter Beeinträchtigung eines anderen Unternehmens ist wiederum objektiv und wertfrei ein für dessen Wettbewerbsmöglichkeiten nachteiliger Wirkungszusammenhang zu verstehen1. Das Beeinträchtigungsverbot ist daher auf den ersten Blick weiter als das Behinderungsverbot, weil praktisch jedes erfolgreiche Agieren eines Unternehmens (z. B. die Gewinnung von Marktanteilen) automatisch nachteilige Auswirkungen auf die Wettbewerber hat. Während sich die Behinderung eher (aktiv) auf die Handlungsmöglichkeiten des anderen Unternehmens bezieht, betrifft die Beeinträchtigung eher (passiv) jeden erlittenen Nachteil.
654
Angesichts der Weite des Beeinträchtigungsbegriffs ergibt sich eine Einschränkung dadurch, dass die Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten erheblich sein muss. Diese Formulierung ähnelt derjenigen in § 19 Abs. 4 Nr. 1 TKG, wonach die Beeinträchtigung in einer „für den Wettbewerb auf dem Markt erheblichen Weise“ erfolgen muss. Hierzu wird einerseits vertreten, dass dieses Merkmal eigentlich in die Interessenabwägung im Rahmen der sachlichen Rechtfertigung gehöre2, andererseits, dass eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschritten sein müsse3, jedenfalls aber eine tatsächlich nachgewiesene Beeinträchtigung erforderlich sei, und eine reine Gefahr oder Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts nicht ausreiche4. Grund-
655
_______________
1 Immenga/Mestmäcker/Möschel, § 19 GWB Rz. 112. 2 Immenga/Mestmäcker/Möschel, § 19 GWB Rz. 113. 3 Beck TKG-Komm/Schütz, § 42 Rz. 85; unentschieden BerlKommTKG/Gersdorf, § 42 Rz. 30. 4 BNetzA, Beschl. v. 18.7.2005 – BK2a-04/029 (arcor Preselection), S. 38 des amtlichen Umdrucks.
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H Rz. 656
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
sätzlich zutreffend ist es, reine Gefahren oder Wahrscheinlichkeiten für den Eintritt von Beeinträchtigungen nicht zuzulassen, weil damit der Wortlaut „erheblich beeinträchtigen“ praktisch durch eine Wahrscheinlichkeitsprognose unterlaufen werden würde. Darüber hinaus auf der tatbestandlichen Seite eine besondere Erheblichkeitsschwelle zu fordern, erscheint allerdings nicht angemessen. Denn dies ist im Ergebnis eine Bewertungsfrage, die besser im Rahmen der Interessenabwägung bei der sachlichen Rechtfertigung aufgehoben ist. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der durch das TKG-Änderungsgesetz eingefügte § 42 Abs. 4 S. 3 TKG der BNetzA bereits Eingriffsbefugnisse verleiht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass ein Unternehmen seine marktmächtige Stellung auf Endkundenmärkten auszunutzen droht. Damit wird für diesen speziellen Fall die Missbrauchsaufsicht in die Sphäre der Vorabregulierung verlegt, was vom Gesetzgeber mit Blick auf die in Art. 17 Abs. 2 Universaldienstrichtlinie enthaltenen Befugnisse auch beabsichtigt ist1. 12.5 Behinderungsvermutung 656
Eine besondere Behinderungsvermutung ist in § 42 Abs. 3 TKG enthalten, wonach ein Missbrauch dann vermutet wird, wenn das verpflichtete Unternehmen seiner Verpflichtung zur unverzüglichen Unterbreitung eines Angebots für eine Zugangsvereinbarung nach § 22 Abs. 1 TKG nicht nachkommt, indem die Bearbeitung von Zugangsanträgen verzögert wird. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist Vergleichsmaßstab hier der übliche Zeitrahmen bei anderen Nachfragern, Tochterunternehmen oder eigener Unternehmenssparten2.
657
Die Formulierung ist im Ergebnis als unglücklich zu werten, weil zur Durchsetzung des Erhalts eines Zugangsangebots auch die Zugangsanordnung nach § 25 TKG zur Verfügung steht. Es ist daher kein besonderer Mehrwert in § 42 Abs. 3 TKG zu erkennen, außer einer Signalwirkung, dass derartige Verhaltensweisen auch mittels der besonderen Missbrauchsaufsicht geahndet werden können. Dies geht allerdings auch ohne den Vermutungstatbestand. Sinnvoller wäre es gewesen, angesichts der rahmenvertraglichen Struktur von Zugangsvereinbarungen (dazu oben Rz. 540), die Verzögerungsvermutung auf die den Rahmenvertrag mit Leben erfüllenden einzelnen Leistungsbeziehungen (insbesondere Bestellung und Bereitstellung von Anschlüssen und Diensten) zu beziehen, weil dort das Missbrauchspotenzial deutlich problematischer ist, als bei der (plumpen) Angebotsverweigerung.
658
Gleichwohl ist § 42 Abs. 3 TKG damit nicht funktionslos. Die Bearbeitung von Zugangsanträgen auf Basis der Verpflichtung in § 22 Abs. 1 TKG darf _______________
1 Siehe die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/2581, S. 24. 2 BT-Drucks. 15/2316, S. 71.
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Besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG
Rz. 661 H
eben nicht verzögert werden, sondern muss unverzüglich erfolgen (siehe oben Rz. 530). Versteht man § 22 Abs. 1 TKG im Zusammenspiel mit § 25 Abs. 3 Nr. 3 TKG dahingehend, dass diese Regelung auch eine Verhandlungspflicht beinhaltet (siehe oben Rz. 529), so erstreckt sich das Verbot der verzögerten Bearbeitung auch auf das weitere Verhalten des verpflichteten Unternehmens nach Unterbreitung des Angebots. 12.6 Diskriminierungsvermutung Nach § 42 Abs. 2 TKG wird ein Missbrauch vermutet, wenn das verpflichtete Unternehmen sich selbst, seinen Tochter- oder Partnerunternehmen den Zugang zu seinen intern genutzten und zu seinen am Markt angebotenen Leistungen zu günstigeren Bedingungen oder zu einer besseren Qualität ermöglicht, als es sie anderen Unternehmen bei der Nutzung der Leistung für deren Telekommunikationsdienste oder mit diesen in Zusammenhang stehenden Diensten einräumt. Die Formulierungen in dieser Regelung ähneln einerseits sehr stark der Vermutungsregelung in § 33 Abs. 2 S. 2 TKG 1996 und enthalten andererseits Ergänzungen, die aus § 19 Abs. 2 TKG stammen („Qualität“, „Tochter- und Partnerunternehmen“, siehe Rz. 164 ff.). Damit wird das auch in § 19 Abs. 2 TKG enthaltene Gebot der intern-extern-Gleichbehandlung zu einer Missbrauchsvermutung erhoben. Die in einem Verstoß liegende Diskriminierung ist zugleich eine Behinderung im Sinne von § 42 Abs. 1 TKG. Extern-Extern-Ungleichbehandlungen sind in § 42 Abs. 2 TKG nicht angesprochen. Diese sind vom (allgemeinen) Missbrauchstatbestand des § 42 Abs. 1 TKG erfasst.
659
Ausgangspunkt und Kern für die Betrachtung sind die vom verpflichteten Unternehmen intern genutzten und am Markt angebotenen Leistungen. Für diese Leistungen gilt mit Blick auf die berechtigten Unternehmen ein sachlicher Vergleichsmaßstab, nämlich Bedingungen und Qualität, die nicht günstiger bzw. besser sein dürfen, und ein persönlicher Vergleichsmaßstab, der sich auf das verpflichtete Unternehmen selbst sowie seine Tochter- oder Partnerunternehmen bezieht. Schließlich besteht noch ein Zweckbezug für die Leistungen auf Seiten der berechtigten Unternehmen, nämlich dass die Leistungen für deren Telekommunikationsdienste oder damit in Zusammenhang stehende Dienste genutzt werden.
660
12.6.1 Intern genutzte und am Markt angebotene Leistungen In Bezug auf den Leistungsbegriff des § 42 Abs. 2 TKG ist zunächst zweierlei zu beachten: –
Zum einen enthält § 42 Abs. 2 TKG kein Wesentlichkeitsgebot mehr für die Leistungen wie § 33 Abs. 1 TKG 1996.
–
Zum anderen ist hinsichtlich des Zugangs zu den Leistungen der Umfang einer ggf. auferlegten Zugangsgewährungsverpflichtung nach § 21 Heun | 1061
661
H Rz. 662
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
TKG sowie der mittels Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren zuvor ermittelte sachlich und räumlich relevante Markt zu berücksichtigen. Der erstgenannte Punkt bedeutet, dass die im Rahmen von § 33 TKG 1996 umstrittene Frage, wann eine Leistung „wesentlich“ ist, bei § 42 TKG keine Rolle mehr spielt. Die insoweit noch unter § 33 TKG 1996 ergangene einschränkende Rechtsprechung dürfte sich damit erledigt haben1. In Bezug auf den zweitgenannten Punkt ist zu berücksichtigen, dass mittels § 42 TKG nicht im Regelfall (wie bei § 33 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 TKG 1996) über das „Ob“ der Zugangsgewährungsverpflichtung entschieden wird2. Dies wird in § 42 TKG aus systematischen Gründen vorausgesetzt3, so dass sich ein echter Zugangsgewährungsanspruch nur ausnahmsweise ergeben kann. Es kann daher im Einzelfall nach wie vor zu Streitigkeiten darüber kommen, wie der sachlich und räumlich relevante Markt mit Blick auf den in § 42 Abs. 1 TKG genannten Personenkreis verpflichteter Unternehmen im Rahmen der Diskriminierungsvermutung zu betrachten ist4. 662
Im Übrigen kann zur Bestimmung des Leistungsbegriffs des § 42 Abs. 2 TKG angesichts der Wortgleichheit auf die Rechtsprechung des BVerwG zu § 33 TKG 1996 zurückgegriffen werden. Danach ist hierfür ein weites Verständnis zugrunde zu legen. Der Leistungsbegriff erfasst somit – übertragen auf § 42 TKG – alle Einrichtungen, die das verpflichtete Unternehmen intern nutzt oder am Markt anbietet, um Telekommunikationsdienste oder damit in Zusammenhang stehende Dienste zu erbringen, jedenfalls sofern sie isoliert nutzbar sind5. Der Leistungsbegriff beschränkt sich auch nicht auf Telekommunikationsdienste, sondern beinhaltet diese, erfasst aber auch Vorprodukte6.
663
Wie die Formulierung zeigt, kann die Leistung intern genutzt sein oder am Markt angeboten werden. Dies bedeutet, dass wie auch unter § 33 TKG 1996, fertige Produkte ebenso dem Leistungsbegriff unterfallen. Ob diese auf einem bzw. für einen Vorleistungs- oder Endnutzermarkt angeboten werden, ist dabei irrelevant. Daher fallen auch Produkte hierunter, die der _______________
1 Siehe OVG NRW, CR 2003, 428 (429 f.), wo die Wesentlichkeit bestimmter Übertragungswegeprodukte (DDV, Voice Link, Multi Channel) abgelehnt worden ist. 2 Siehe VG Köln, Urt. v. 17.5.2006 – 21 K 7045/05 (AGB-Produkte), Absatz Nr. 56, 59 ff. über www.justiz.nrw.de, wo es zunächst darum ging, zugunsten der Wettbewerber einen Belieferungsanspruch herzuleiten, der sich aus § 2 TKV 1997 ergab. 3 Deswegen spricht § 42 Abs. 2 TKG ebenso wie § 33 Abs. 2 S. 3 TKG 1996 (Letzterer aber mit Blick auf die Zugangsgewährungsverpflichtung in § 33 Abs. 1 TKG 1996) von „bei der Nutzung“ und nicht von „für die Nutzung“. Hier besteht auch ein qualitativer Unterscheid zu § 19 TKG, der von „anbieten“ und „bereitstellen“ spricht. 4 Anders wohl Beck TKG-Komm/Schütz, § 42 Rz. 105. 5 BVerwG, Urt. v. 25.4.2001 – BVerwG 6 C 6.00, S. 23 f. des amtlichen Umdrucks. 6 BVerwG, Urt. v. 25.4.2001 – BVerwG 6 C 6.00, S. 29 des amtlichen Umdrucks.
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Besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG
Rz. 665 H
Nachfrager begehrt, um sie im Wege des „Resale“ weiter zu verkaufen1. Die berechtigten Unternehmen haben dabei wie bei § 19 Abs. 2 TKG Zugriff auf sämtliche Wertschöpfungsebenen des verpflichteten Unternehmens. Der Leistungsbegriff des § 42 Abs. 2 TKG bezieht sich auf solche Leistungen, die vom berechtigten Unternehmen für dessen Telekommunikationsdienste oder mit diesen in Zusammenhang stehenden Dienst genutzt werden. Die Verwendung von „oder“ zeigt dabei, dass nicht jedenfalls auch die Nutzung für einen Telekommunikationsdienst erforderlich ist. Für den Zusammenhang reicht es vielmehr aus, dass es sich etwa um telekommunikationsgestützte Dienste handelt (zu den Begriffen siehe A. Rz. 43 ff., 47). Insofern ist der Kreis der berechtigten Unternehmen in § 42 Abs. 2 TKG weiter als derjenige in § 19 TKG (siehe oben Rz. 143), weil sich dieser auf Zugangsleistungen und damit auf den Zugangsbegriff bezieht, der wiederum auf den Zweck der Erbringungen von Telekommunikationsdiensten bezogen ist (siehe oben Rz. 36 ff.). Dies ist für § 42 TKG auch folgerichtig, weil der entsprechende Kreis von verpflichteten Unternehmen über Anbieter von Telekommunikationsdiensten hinausgeht. Allerdings stellt sich angesichts der Formulierung des Zweckbezugs („deren Telekommunikationsdienste … mit diesen in Zusammenhang stehenden Diensten“) die Frage, ob es gleichwohl erforderlich ist, dass das berechtigte Unternehmen auch Telekommunikationsdienste anbieten muss, selbst wenn es die Leistungen im konkreten Fall nicht dafür, sondern für die mit diesen in Zusammenhang stehende Dienste nutzt. Dies ist allerdings im Hinblick auf den genannten Kreis der verpflichteten Unternehmen zu verneinen. Denn es würde zu einer sinnlosen Inkonsistenz führen, wenn reine Anbieter von telekommunikationsgestützten Diensten mit beträchtlicher Marktmacht verpflichtet wären, die vom missbilligten Verhalten betroffenen reinen gleichartigen Anbieter aber vom Schutzbereich des § 42 TKG ausgenommen wären. Dem steht auch nicht § 42 Abs. 4 S. 6 TKG entgegen, der die antragsberechtigten Unternehmen als Anbieter von Telekommunikationsdiensten umschreibt. Denn auch diese Regelung ist entsprechend dem Schutzzweck von § 42 TKG erweitert auszulegen (siehe unten Rz. 682 ff.).
664
12.6.2 Sich selbst, seinen Tochter- oder Partnerunternehmen In persönlicher Hinsicht ist Vergleichsmaßstab für die vom berechtigten Unternehmen genutzten Leistungen das verpflichtete Unternehmen selbst sowie seine Tochter- oder Partnerunternehmen (Vergleichsunternehmen). Hierunter ist begrifflich das Gleiche zu verstehen wie bei § 19 TKG (siehe oben Rz. 167), d. h. für Tochterunternehmen der Unternehmensbegriff des _______________
1 Siehe BVerwG, CR 2004, 189 (192 f.), wo auch die „Wesentlichkeit“ dieser Leistung festgestellt worden ist. Anders aber OVG NRW, CR 2003, 428 (429 f.), wo die Wesentlichkeit bestimmter Übertragungswegeprodukte (DDV, Voice Link, Multi Channel) abgelehnt wurde.
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665
H Rz. 666
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
§ 3 Nr. 29 TKG sowie im Übrigen ein umfassendes Verständnis für die „interne“ Bereitstellung. 12.6.3 Keine günstigeren Bedingungen und keine bessere Qualität 666
In sachlicher Hinsicht dürfen die Leistungen im Sinne von § 42 Abs. 2 TKG vom verpflichteten Unternehmen gegenüber den Vergleichsunternehmen nicht zu günstigeren Bedingungen und nicht mit besserer Qualität bereitgestellt werden als den berechtigten Unternehmen. Der Begriff Bedingungen ist wie in § 19 TKG umfassend zu verstehen. Er umfasst sämtliche Umstände der Nutzung der Leistung, egal ob rechtlicher, technischer, betrieblicher oder preislicher Natur. Vorbehaltlich der Anwendbarkeit der Entgeltregulierung geht es demnach wie im Kartellrecht um alle Einzelaspekte der Leistungsbeziehung, wie z. B. Preise, Rabatte, Konditionen, Qualität, Menge, Produktinformationen und Lieferzeit1. Insofern ist auch hier der Hinweis auf die Qualität klarstellend zu sehen, verdeutlicht aber auch, dass es im Bereich der Telekommunikation ganz besonders darauf ankommen kann, in welcher Qualität Leistungen bereitgestellt werden. Denn unterschiedliche Qualitäten beeinflussen sogar die Marktdefinition2. Wie der Vermutungstatbestand des § 42 Abs. 3 TKG zeigt, kommt dabei auch und gerade zeitlichen Verzögerungen wie etwa bei der Bereitstellung von Leistungen und Diensten eine besondere Bedeutung zu.
667
Auch im Rahmen von § 42 Abs. 2 TKG stellt sich die Frage, ob der sachliche Vergleichsmaßstab von gleich günstigen (günstiger als) Bedingungen bzw. gleich guter (besser als) Qualität einen formalen oder einen materiellen Gleichbehandlungsmaßstab beinhaltet. Für § 33 TKG 1996 war dies nicht abschließend geklärt, für § 42 Abs. 2 TKG ist allerdings wie für § 19 Abs. 2 TKG (siehe oben Rz. 150) von einem materiellen Gleichbehandlungsmaßstab auszugehen3. Bei § 19 Abs. 2 TKG ergibt sich dies ausdrücklich aus dem dortigen Wortlaut und der Gesetzesbegründung4 (näher oben Rz. 150). Für § 42 Abs. 2 TKG folgt dies daraus, dass nach dem Willen des Gesetzgebers neben § 19 TKG auch mit dieser Regelung die Vorgabe aus Art. 10 Zugangsrichtlinie umgesetzt werden soll5. Der Gesetzgeber geht also davon aus, dass in beiden Regelungen der gleiche materielle Gleichbehandlungsmaßstab zugrunde zu legen ist. Dies ist aus systematischen Gründen richtig, weil kein Grund erkennbar ist, bei § 42 Abs. 2 TKG andere Maßstäbe _______________
1 Vgl. Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20 GWB Rz. 120. 2 So etwa bei der Unterscheidung zwischen IP-Bitstrom- und ATM-Bitstrom-Zugang, vgl. Marktdefinition und Marktanalyse im Anhang zu BNetzA, Beschl. v. 13.9.2006 – BK 4a-06-039/R (IP-Bitstrom-Zugang), S. 51, BNetzA Mitteilung Nr. 302/ 2006, ABl. Nr. 18/2006. 3 Ebenso Beck TKG-Komm/Schütz, § 42 Rz. 91. 4 BT-Drucks. 15/2316, S. 66 zu § 20 Abs. 3 des Gesetzentwurfs. 5 BT-Drucks. 15/2316, S. 71.
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Besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG
Rz. 669 H
anzulegen als bei § 19 TKG, zumal sich die Formulierungen offensichtlich ähneln. Daraus folgt für die Bedingungen und die Qualität der Leistungen, dass diese nicht lediglich gleich sein müssen bzw. in gleicher Weise für die berechtigten Unternehmen gelten wie für die Vergleichsunternehmen. Vielmehr müssen die Bedingungen und die Qualität so ausgestaltet sein, dass die Nutzung durch die berechtigten Unternehmen derjenigen durch die Vergleichsunternehmen gleichwertig ist. Dies bedeutet wie bei § 19 TKG (siehe oben Rz. 151), dass auch die Auswirkungen der Bedingungen bzw. der Qualität für die Leistungen auf die berechtigten Unternehmen danach betrachtet werden müssen, ob sie eine gegenüber den Vergleichsunternehmen gleichwertige Nutzung bedeuten. So etwa bei Preis- oder Leistungsstrukturen, die große verbundene oder interne Abnehmer inhärent bevorzugen, etwa weil sie auf der Abnahmemenge (Stichwort: Rabattstaffeln, effizientere Verfahren bei großen Bestellmengen) oder der vorhandenen Infrastruktur (Stichwort: Anzahl von Netzebenen und Übergabepunkten) aufsetzen, die das berechtigte Unternehmen nicht erreichen kann oder nicht besitzt (im einzelnen schon zu § 19 TKG siehe oben Rz. 151).
668
12.7 Unbilligkeit der Behinderung bzw. sachliche Rechtfertigung der Beeinträchtigung Die Behinderung oder Beeinträchtigung von Wettbewerbern durch das marktmächtige Unternehmen ist nach § 42 TKG nur unzulässig, sofern die Behinderung unbillig ist bzw. ein sachlich rechtfertigender Grund für die Beeinträchtigung fehlt. Gleiches gilt für die Vermutungstatbestände, d. h. ein Missbrauch liegt nicht vor, wenn das Verhalten des verpflichteten Unternehmens sachlich gerechtfertigt ist. Die konkrete Feststellung eines sachlich rechtfertigenden Grundes ist unter Rückgriff auf die zu § 20 Absatz 1 und 2 GWB entwickelten Grundsätze durch eine umfassende Abwägung der unterschiedlichen Interessen der Beteiligten vorzunehmen. Dabei sind im Fall des § 20 GWB die Interessen aller Beteiligten sowie die auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichtete Zielsetzung des GWB einzubeziehen1. Auf das TKG übertragen muss somit das zentrale Ziel einer Regulierung, einen funktionstüchtigen Wettbewerb zu gewährleisten, berücksichtigt werden, allerdings auch die sonstigen Regulierungsziele des § 2 Abs. 2 TKG2. Die „Abwägungsfreiheit“ oder „Gestaltungsfreiheit“ marktmächtiger Unternehmen wird durch die zwingende Berücksichtigung normativer Wertmaßstäbe _______________
1 Vgl. BGH, Urt. v. 10.10.2006 – KZR 26/05, S. 6 f. des amtlichen Umdrucks (Absatz Nr. 15) m. w. N., CR 2007, 159 (160); siehe auch Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20 GWB Rz. 129, Bechthold, § 20 GWB Rz. 36. 2 VG Köln, Urt. v. 26.10.2005 – 21 K 4418/05, S. 15 des amtlichen Umdrucks; VG Köln, Urt. v. 26.10.2005 – 21 K 3468/05, Absatz Nr. 29 über www.justiz.nrw.de.
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H Rz. 670
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
eingeschränkt1. Nicht zugunsten des marktbeherrschenden Unternehmens abwägungsfähig sind in diesem Zusammenhang Interessen, die an sich schutzwürdig sind, aber durch den Einsatz rechtlich zu missbilligender Mittel erreicht werden sollen, also gegen rechtliche bzw. normative Wertungen des einschlägigen Gesetzes (TKG, GWB) oder anderer Rechtsvorschriften verstoßen2. Zur Feststellung eines sachlich rechtfertigenden Grundes im Fall von Behinderungen oder Beeinträchtigungen von Wettbewerbern sind daher die Zielrichtung des TKG, die Konkurrenzfähigkeit der einzelnen Wettbewerber sowie die berechtigten technischen und betriebswirtschaftlichen Interessen des marktbeherrschenden Unternehmens unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegeneinander abzuwägen (zu den berücksichtigungsfähigen Interessen siehe oben Rz. 169 f.). Nach kartellrechtlichen Grundsätzen gilt dabei, dass allgemeine Kriterien für die Zulässigkeit von Rechtfertigungskriterien kaum aufgestellt werden können. Dies ist vielmehr eine Frage des Einzelfalls. Dies hat zu einer umfangreichen Kasuistik geführt, die hier nicht im Einzelnen dargestellt werden kann. 670
Mit Blick auf das TKG ergeben sich danach vielfältige Interessen und Regulierungsziele, die zu berücksichtigen sind. Zudem sind zulässige Rechtfertigungserwägungen und Zugangsbeschränkungen in § 21 Abs. 1 S. 2 und Abs. 4 TKG enthalten, die ebenfalls als berücksichtigungsfähig angesehenen werden können (siehe dazu auch oben Rz. 169 f.). Wie sich dies in Einzelfällen darstellt, ist bereits anhand der Ausführungen zur Gleichbehandlungsverpflichtung des § 19 TKG dargestellt worden, so dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen wird (siehe oben Rz. 171 ff.). Darüber hinaus hat die RegTP unter dem TKG 1996 hinsichtlich der Frage einer sachlichen Rechtfertigung auch darauf abgestellt, ob ein missbräuchliches Verhalten bereits deshalb nicht zu rechtfertigen sei, weil schon nach allgemeinen, nicht lediglich für marktbeherrschende Unternehmen geltenden Grundsätzen das marktbeherrschende Unternehmen zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet sei. Zwar könne nicht jede allgemeine Regelung im Rahmen des § 33 TKG 1996 berücksichtigt werden, da dieser Vorschrift anderenfalls die Funktion als eine Art Generalermächtigung zukäme. Allerdings spräche auch vieles dafür, dass ein Verhalten, welches allgemeinen Rechtsvorschriften widerspreche, auch im Rahmen des § 33 TKG 1996 regelmäßig nicht gerechtfertigt sei3. 12.8 Einzelfälle
671
Über die bei der Gleichbehandlungsverpflichtung des § 19 TKG behandelten Einzelfälle hinaus (dazu oben Rz. 171), sollen nachstehend zusätzliche Fälle _______________
1 Vgl. BGH, NJW 1979, 2515 (2516) – „Modellbauartikel“; BGH, NJW 1981, 2355 – „SB-Verbrauchermarkt“; BGH, NJW 1981, 2357 – „Allkauf-Saba“. 2 Vgl. BGH, BB 1981, 383 (384) – „Neue Osnabrücker Zeitung“. 3 So entschieden für § 4 TKV 1997, vgl. RegTP, Beschl. v. 30.3.2001 – BK 3a-00/025 („Resale“), S. 27 des amtlichen Umdrucks.
1066 | Heun
Besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG
Rz. 672 H
anhand der im Kartellrecht üblichen Falltypisierung (siehe oben Rz. 648) betrachtet werden, die bereits im Rahmen von § 42 TKG relevant geworden sind oder relevant werden können. Eine Fallkonstellation, die allerdings nicht in diese Kategorisierung passt, ist die Verwendung von PreselectionAuftragsdaten durch die DTAG zur Kundenrückgewinnung. Dieser Fall soll daher vorangestellt werden. Sowohl die BNetzA wie auch das VG Köln haben es als missbräuchliche Behinderung bzw. Beeinträchtigung angesehen, wenn die DTAG die von den Verbindungsnetzbetreibern erhaltenen Preselection-Auftragsdaten dafür nutzt, um die somit verloren gegangenen Kunden wieder zurück zu gewinnen. Dies wird seitens der BNetzA vornehmlich damit begründet, dass hier ein auch wettbewerbsrechtlich unlauteres Abfangen von Kunden vorläge (vor Ausführung des Preselection-Auftrags) und im Übrigen eine gezielte Behinderung der Wettbewerber bestünde (vor und nach Ausführung des Preselection-Auftrags)1. Das VG Köln zieht zudem zu Recht die in § 40 Abs. 1 TKG zum Ausdruck kommende grundsätzliche Wertung zur Ermöglichung der Preselection sowie die Vertraulichkeitsverpflichtung des § 17 S. 2 TKG (dazu oben Rz. 120 ff.), letztere zumindest entsprechend heran2. 12.8.1 Liefersperre Unter einer Liefersperre werden typischerweise alle Arten der Abschlussverweigerung des Anbieters für die Lieferung von Produkten gegenüber Nachfragern verstanden, aber auch die einseitige Beendigung bestehender Geschäftsbeziehungen3. In Bezug auf Telekommunikationsmärkte geht es dabei um Zugang und Zugangsbeschränkungen. Insofern spielen allerdings die großen Marktöffnungsentscheidungen unter dem TKG 1996 zur TAL, zu Line Sharing, Fakturierung und Inkasso und zu Resale4 (siehe oben Rz. 24, 635) sowie vergleichbare Fragestellungen der Zugangsgewährung im Rahmen von § 42 TKG keine Rolle (mehr). Mit Blick auf die Telekommunikationsmärkte kann in diese Fallgruppe aber auch die verzögerte oder mangelhafte Bereitstellung sowie die Beschränkung von Leistungen gehören, da diese Verhaltensweisen eine der Liefersperre gleich kommende Wirkung haben können. Die Grenze zur Konditionendifferenzierung ist dabei fließend. Wenngleich die Problematik der Liefersperre im Bereich der Zugangsregulierung § 42 TKG ebenso wie für § 19 TKG mit Vorsicht zu betrachten ist, weil sich Zugangsgewährungsverpflichtungen aus §§ 18 und 21 TKG ergeben, hat diese Fallgruppe bereits die BNetzA und das VG Köln im Rahmen von § 42 TKG beschäftigt. _______________
1 BNetzA, Beschl. v. 18.7.2005 – BK2a-04/029 (arcor Preselection), S. 47 ff. des amtlichen Umdrucks. 2 VG Köln, Urt. v. 26.10.2005 – 21 K 4418/05. S. 16 f. des amtlichen Umdrucks. 3 Vgl. Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20 GWB Rz. 150. 4 Siehe dazu die instruktive Übersicht bei Beck TKG-Komm/Schütz, § 42 Rz. 49 ff.
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H Rz. 673 673
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Ein Fall einer Zugangsbeschränkung betrifft die Praxis der DTAG, den Zugang zu der von ihr angebotenen elektronischen Übermittlung von Preselection-Auftragsdaten (also den für die Einrichtung der Betreibervoreinstellung erforderlichen Informationen) davon abhängig zu machen, dass der Verbindungsnetzbetreiber über eine vom Teilnehmer (Endkunde) unterschriebene Willenserklärung für die Beauftragung der Betreibervoreinstellung verfügt (Schriftformerfordernis). Die BNetzA hat diese Vorgehensweise für missbräuchlich unter § 42 Abs. 1 TKG gehalten, weil hierdurch die Kundengewinnung seitens der Wettbewerber, insbesondere über Telefon und Internet wesentlich erschwert würde1. Die Tatbestandsvoraussetzungen ergaben sich dabei wie folgt: Sachlich und räumlich relevanter Markt war dabei der Markt für Sprachtelefondienst sowie die Feststellung der marktbeherrschenden DTAG auf Basis früherer Entscheidungen der RegTP in Verbindung mit § 150 Abs. 1 TKG. Demgegenüber hat das VG Köln die vorgebrachte sachliche Rechtfertigung der DTAG mit Blick auf eine entsprechende Anwendung des § 174 S. 1 BGB in Bezug auf die im Preselection-Auftrag implizit enthaltene „Kündigung“ von Verbindungsleistungen zu Lasten der DTAG gelten lassen2. Das Zurückweisungsrecht des § 174 S. 1 BGB komme auch für die bei der Übermittlung von Preselection-Aufträgen ggf. bestehende Botenstellung des Verbindungsnetzbetreibers zur Anwendung und es sei nicht missbräuchlich, wenn sich die DTAG hierauf berufe, zumal sie trotz aufgetretener Fehlübermittlungen nicht die generelle Vorlage verlange, sondern lediglich die Vorhaltung beim Verbindungsnetzbetreiber und Vorlage auf Nachfrage. Eine Anwendung der Diskriminierungsvermutung des § 42 Abs. 2 TKG auf die Situation, dass die DTAG bei der Aufhebung der Preselection das Schriftformerfordernis von sich selbst (vom eigenen Vertrieb) nicht verlangt, hat das VG Köln mit dem Hinweis abgelehnt, dass hier die DTAG mit ihrem eigenen Teilnehmer (dem Anschlussinhaber) kontrahiere. Mit diesem Ergebnis hat das VG Köln also eine generelle Berechtigung aus § 174 S. 1 BGB herangezogen, um eine Behinderung und Beeinträchtigung der Wettbewerber als sachlich gerechtfertigt zu betrachten. Im Kern dieser Auseinandersetzung steckt die Frage nach Vertriebsmethoden zur Gewinnung und Rückgewinnung von Teilnehmern, die sowohl seitens der DTAG wie auch seitens der Wettbewerber aggressiv erfolgt. Dies ist allerdings zumeist eine Lauterkeitsfrage, die eher in das Wettbewerbsrecht gehört. Gleichwohl erscheint es mit Blick auf § 42 Abs. 2 TKG problematisch, wenn es der DTAG gestattet ist, auf das Schriftformerfordernis bei der eigenen Kundengewinnung zu verzichten, dies aber von den Wettbewerbern zu fordern. Hier ist der Hinweis auf § 174 S. 1 BGB zu formal. Stattdessen wäre es angezeigt gewesen, diese Frage unter dem Aspekt des materiellen Gleichbehandlungsgebots zu betrachten, und dies im Rahmen der Interessenabwägung besonders zu berücksichtigen. Denn gleichwertig ist der Zugang _______________
1 BNetzA, Beschl. v. 18.7.2005 – BK2a-04/029 (arcor Preselection), S. 39 ff. des amtlichen Umdrucks. 2 VG Köln, Urt. v. 26.10.2005 – 21 K 3468/05, S. 18 ff. des amtlichen Umdrucks.
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Besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG
Rz. 674 H
zum elektronischen System für die Übermittlung der Preselection-Auftragsdaten dadurch in keiner Weise. Dementsprechend hat schließlich der BGH in einem parallel geführten Zivilrechtsstreit auch unter Ablehnung einer Rechtfertigung aus § 174 S. 1 BGB die Missbräuchlichkeit des Verlangens einer schriftlichen Willenserklärung wegen der darin liegenden Ungleichbehandlung festgestellt, solange die DTAG dies für die Wiederherstellung der Voreinstellung auf ihr eigenes Netz nicht verlangt1. Ein Fall von Zugangsverweigerung war die Weigerung der DTAG, Wettbewerber weiterhin mit Telefonanschlüssen zu beliefern, die sie an Teilnehmer (Endkunden) als AGB-Produkte liefert. Von den Wettbewerbern werden seit Jahren (T-Net und ISDN) Telefonanschlüsse bei der DTAG für Teilnehmer bestellt, die Endkunden eines Wettbewerbers sind und die der Wettbewerber zur Erbringung von Telekommunikationsdiensten an diese Endkunden benutzt. Die BNetzA hat die (künftige) Verweigerung der Belieferung mit den AGB-Produkten als Behinderungsmissbrauch angesehen, weil die Wettbewerber auf die Belieferung mit den AGB-Produkten zwingend angewiesen seien2. Eine sachliche Rechtfertigung scheide aus, weil sich aus § 2 TKV 1997 in Verbindung mit § 42 Abs. 1 TKG ein Belieferungsanspruch ergebe und es sich bei einem AGB-Produkt gerade nicht um Resale im Sinne von § 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG handele, wofür nach § 150 Abs. 5 TKG eine Frist bis 30.6.2008 gelte, dieses nur als Anschluss gebündelt mit Verbindungsleistungen zu dürfen3. Dementsprechend hat die BNetzA die DTAG verpflichtet, den Wettbewerbern auch weiterhin AGB-Produkte bereitzustellen, was auch von der Rechtsprechung bestätigt worden ist4. Anders als im vorgenannten Fall des Schriftformerfordernisses sprach hier die allgemeine Bestimmung des § 2 TKV 1997, die einen allgemeinen diskriminierungsfreien Belieferungsanspruch für jedermann beinhaltete, zugunsten der Wettbewerber. Dies entspricht der bereits genannten früheren Beschlusspraxis, im Rahmen der Missbrauchsaufsicht auch allgemeine Rechtsgrundsätze heranzuziehen (siehe oben Rz. 670). Sachlich und räumlich relevanter Markt war auch hier der Markt für Sprachtelefondienst sowie die Feststellung der marktbeherrschenden Stellung der DTAG auf Basis früherer Entscheidungen der RegTP in Verbindung mit § 150 Abs. 1 TKG. Problematisch an der Argumentation von BNetzA und der Rechtsprechung ist, dass im Rahmen der Interessenabwägung der Bestimmung des zwischenzeitlich außer Kraft getretenen § 2 TKV 1997 so großes Gewicht beigemessen worden ist. Denn die Frage der sachlichen Rechtfertigung hätte auch ohne diese Regelung zu_______________
1 BGH, Urt. v. 10.10.2006 – KZR 26/05, S. 7 ff. (Absatz Nr. 16 ff.) des amtlichen Umdrucks, CR 2007, 159 (160 f.). 2 BNetzA, Beschl. v. 11.11.2005 – u. a. BK2a-04/28 (AGB-Produkte), S. 18 ff. des amtlichen Umdrucks. 3 Hintergrund dieses Arguments der DTAG ist, dass die Wettbewerber den Anschluss bestellen und dann eine Betreibervorauswahl auf den Anschluss einstellen lassen, um die Verbindungsleistungen selbst zu erbringen. 4 VG Köln, Urt. v. 17.5.2006 – 21 K 7045/05.
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674
H Rz. 675
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
gunsten der Wettbewerber ausgehen müssen. Ein vollständiger Lieferstopp bei gleichzeitiger Angewiesenheit der Nachfrager auf die betreffende Leistung kommt einem Marktausschluss gleich, bei dem die Berücksichtigung der Interessen des marktmächtigen Unternehmens stark eingeschränkt ist1. Das ist hier angesichts der Marktmacht der DTAG im Anschlussbereich besonders relevant. 675
Im Bereich der Liefersperre bzw. Zugangsverweigerung oder -beschränkung ist auch die Rechtsprechung zur Bereitstellung, zu Bereitstellungsfristen und deren Absicherung durch Vertragsstrafen bei Mietleitungen in neuem Lichte zu betrachten. Zum einen ist bereits erwähnt worden (siehe oben Rz. 661), dass § 42 Abs. 1 TKG nicht mehr die Wesentlichkeit der Leistung erfordert. Daher wären die nach der damaligen Rechtsprechung2 mangels Wesentlichkeit nicht berücksichtigten Mietleitungstypen nunmehr vom Leistungsbegriff des § 42 Abs. 2 TKG erfasst. Zum anderen beinhaltet § 42 Abs. 1 TKG anders als § 33 TKG 1996 auch das Verbot der unbilligen Behinderung. Auf das Fehlen dieses Tatbestands war aber die Ablehnung der Anordnung gleichartiger Mietleitungstypen und von Bereitstellungszeiten und Vertragsstrafen für deren Absicherung gestützt worden3. Diese beiden veränderten Aspekte wären bei Wiederaufleben der Probleme, die zu den damaligen Missbrauchsverfahren geführt haben, heute anders zu beurteilen. Daher wird die Frage von Verzögerungen bei Bereitstellungen bzw. das Fehlen von Bereitstellungsfristen nicht nur im Rahmen von Zugangsanordnungen nach § 25 TKG oder bei der Überprüfung von Standardangeboten nach § 23 TKG relevant sein. Vielmehr kann dies auch im Rahmen der besonderen Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG thematisiert werden. 12.8.2 Bezugssperre
676
Mit der Frage von Liefersperren in Zusammenhang steht besonders im Bereich der Telekommunikation auch die Frage nach Bezugssperren. Hierbei handelt es sich um beträchtliche Nachfragemacht, die der marktmächtige Nachfrager dahingehend ausüben kann, dass er sich weigert, die Produkte eines Lieferanten abzunehmen. An verschiedenen Stellen ist bereits darauf hingewiesen worden, dass sich diese Frage insbesondere mit Blick auf eine Abnahme- bzw. Nachfrageverpflichtung der DTAG für Terminierungsleistungen von Zusammenschaltungspartnern stellt (siehe oben Rz. 90, 332, 481, 595). Ebenso denkbar ist diese Konstellation in Bezug auf Signallieferungsmärkte (dazu G. Rz. 178), wo umgekehrt der Anbieter auf der Netzebene 4 ein Interesse haben kann, dass seine Angebote für Übertragungsleistungen an Teilnehmer (Internet, Telefonie) vom Betreiber auf der Netz_______________
1 Immenga/Mestmäcker/Markert, § 20 GWB Rz. 151. 2 OVG NRW, CR 2003, 428 (429 f.), wo die Wesentlichkeit bestimmter Übertragungswegeprodukte (DDV, Voice Link, Multi Channel) abgelehnt worden ist. 3 OVG NRW, CR 2003, 428 (430 f.).
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Besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG
Rz. 677 H
ebene 3 weiter transportiert, also abgenommen werden1. Für den Anwendungsbereich von § 42 TKG ist an diesen Fällen problematisch, dass die Abnahmemärkte nicht Gegenstand der Märkteempfehlung sind und auch die BNetzA z. B. bei den Terminierungsleistungen mit Blick auf § 18 TKG (bzw. Art. 5 Abs. 1 Zugangsrichtlinie) keine diesbezügliche Marktdefinition und Marktanalyse zu erwägen scheint2. Indes lässt sich diese Frage auch bei § 42 Abs. 1 TKG unter dem Blickwinkel betrachten, dass hier die beträchtliche Marktmacht etwa der DTAG zwar lediglich für die Märkte für Verbindungsleistungen der Festnetztelefonie (Vorleistungsmärkte Nr. 8–10 der Märkteempfehlung) ebenso wie für die Märkte für Zugang und nationale Verbindungsleistungen im öffentlichen Festtelefonnetz (Endnutzermärkte Nr. 1,2, 3 und 5 der Märkteempfehlung) festgestellt ist. Allerdings besteht hier ein Kausalzusammenhang zwischen der Marktmacht auf den Endnutzermärkten und einer etwaigen Verweigerungshaltung der DTAG bei der Abnahme von Terminierungsleistungen, weil die Erreichbarkeit der Teilnehmer der DTAG gerade durch die Marktmacht auf den Endnutzermärkten von entscheidender Bedeutung für den belasteten Teilnehmernetzbetreiber ist. Diese Drittmarktauswirkung (siehe oben Rz. 646) ist im Rahmen der Schutzwirkung des § 42 TKG zu berücksichtigen, auch ohne entsprechende Marktdefinition und Marktanalyse. Es soll dabei nicht verkannt werden, dass die Missbrauchshandlung hier gerade nicht auf den durch Marktanalyse und Marktdefinition festgestellten Märkten stattfindet. Allerdings ist die Konstellation gleichwohl vergleichbar, weil sich die Missbrauchshandlung auch über die Endnutzermärkte erstreckt, indem die Teilnehmer des marktmächtigen Nachfragers die Teilnehmer des beeinträchtigten Unternehmens nicht mehr erreichen können. 12.8.3 Konditionendifferenzierung Mögliche Fälle von Konditionendifferenzierung sind im Bereich der Telekommunikation besonders vielfältig, weil das marktmächtige Unternehmen typischerweise auf der Vorleistungsebene wie auch auf der Endnutzerebene tätig ist. Hier kann auf die im Rahmen der Betrachtung des Gleichbehandlungsgebots des § 19 TKG erörterten Diskriminierungsmöglichkeiten (oben Rz. 171 ff.) und Einzelfälle (oben Rz. 181 ff.) verwiesen werden. Auch der bereits dargestellte Fall der unterschiedlichen Behandlung von Kundenaufträgen im Bereich der Preselection-Aufträge (oben Rz. 673) ist ebenso ein Fall der Konditionendifferenzierung wie die im Rahmen der Betrachtung der Gleichwertigkeit des Zugangs betrachteten Fälle (oben Rz. 151). _______________
1 Vgl. Beck TKG-Komm/Schütz, § 42 Rz. 80. 2 Siehe Konsolidierungsentwurf der BNetzA v. 29.8.2005, Terminierungsleistungen alternativer Teilnehmernetzbetreiber im öffentlichen Festtelefonnetz, Markt Nr. 9 der Empfehlung 2003/311/EG (Az. DE 2005 239), S. 17, 19. Das ist freilich auch nicht notwendig, solange eine Verweigerung oder Androhung derselben noch nicht stattgefunden hat.
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677
H Rz. 678
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
12.8.4 Vertriebsgestaltungen 678
Missbräuchliche Vertriebsgestaltungen können in sehr unterschiedlichen Formen auftreten. Hiervon erfasst sind Ausschließlichkeitsbindungen, d. h. der Anbieter verbietet dem Abnehmer durch Produkt- und/oder Vertragsgestaltung den Bezug von Produkten seitens der Wettbewerber des Anbieters. Ein typischer, von der RegTP im Rahmen von Entgeltregulierungsentscheidungen als missbräuchlich angesehener Fall ist das Angebot von Telefonieprodukten an Endkunden, bei denen die Betreibervorauswahl ausgeschlossen (Preselection Ausschluss) wurde1. Dies gilt auch im Falle der Bereitstellung von Anschlüssen für öffentliche Telefonstellen2. Ebenso gehören sonstige Vertriebsbindungen sowie vertragliche oder technische Verwendungsbeschränkungen für Produkte des Anbieters in diese Kategorie, die eine Bezugskonzentration für Produkte des Anbieters oder eine Sperrwirkung gegenüber Produkten von Wettbewerbern des Anbieters entfalten. Besonders häufig finden sich in dieser Kategorie Rabattsysteme, die allerdings über die Entgeltregulierung und dort insbesondere § 28 TKG erfasst werden.
679
Die Erscheinungsformen solcher Bindungen beschränken sich mit Blick auf die Telekommunikationsmärkte nicht nur auf nachgelagerte (Endnutzer-) Märkte, auf denen der marktmächtige Anbieter mit anderen Unternehmen konkurriert. Auch im Vorleistungsbereich können Vertriebsbindungen eine behindernde oder beeinträchtigende Wirkung entfalten, etwa wenn der marktmächtige Anbieter Mindestabnahmemengen für seine Zugangsprodukte verlangt oder die Nutzung seiner Einrichtungen (z. B. Kollokation) beschränkt, indem das Aufstellen bestimmter Geräte des Nachfragers (z. B. Vermittlungseinrichtungen) oder gemeinsame Nutzungsmöglichkeiten für Nachfrager (siehe § 21 Abs. 2 Nr. 6 TKG, dazu oben Rz. 338 ff.) untersagt werden. Die Grenze zu Zugangsbeschränkungen mit gleicher Wirkung wie Liefersperren ist dabei fließend.
680
Auch Kopplungsbindungen, bei denen der Bezug von Produkten vertraglich oder wirtschaftlich an den Bezug anderer Produkte geknüpft wird, können missbräuchlich sein. Auch hier gilt, dass derartige Bündelungen sowohl auf Endnutzer- wie auch auf Vorleistungsmärkten auftreten. Im erstgenannten Marktsegment trifft § 28 Abs. 2 Nr. 3 TKG eine Sonderregelung für ungerechtfertigte Produktbündelungen3 (dazu auch I. Rz. 74 ff.). Hier entstehen ggf. starke Sogwirkungen zugunsten des marktmächtigen Anbieters, die _______________
1 Zuletzt: RegTP, Beschl. v. 25.6.2004 – BK2-04/007, S. 16 f. des amtlichen Umdrucks. Die BNetzA hat sich dabei auch auf § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB gestützt, dessen Wortlaut nunmehr in § 42 Abs. 1 TKG enthalten ist. 2 VG Köln, Urt. v. 26.10.2005 – 21 K 3468/05, Absatz Nr. 42 über www.justiz. nrw.de. 3 Siehe dazu BNetzA Hinweise zu sachlich ungerechtfertigter Bündelung i. S. d. § 28 Abs. 2 Nr. 3 TKG, BNetzA Mitteilung Nr. 198/2005, ABl. Nr. 15/2005, S. 1188.
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Besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG
Rz. 683 H
dessen Wettbewerber erheblich beeinträchtigen können1. Im letztgenannten Segment geht es um die so genannte nachfragegerechte Entbündelung der Zugangsleistungen gemäß § 21 Abs. 1 TKG (siehe oben Rz. 294 ff.). Mit einer besonderen Form der Kopplung im Vorleistungsbereich haben sich BNetzA und das VG Köln im Zusammenhang mit Leistung und Gegenleistung im Verhältnis des marktmächtigen Anbieters zu einem mit dem marktmächtigen Anbieter in Wettbewerb stehenden Anbieter öffentlicher Telefonstellen befasst (siehe oben Rz. 649). Dort ging es um die Frage, inwieweit bestimmte Auszahlungen des marktmächtigen Anbieters von der Abnahme und Zahlung von Leistungen dieses Anbieters durch den Anbieter der öffentlichen Telefonstellen abhängig gemacht werden können. Das VG Köln hat die Kopplung dem Grunde nach zugelassen, die Höhe der betreffenden Entgelte aber als Frage der Entgeltregulierung angesehen2. 12.9 Verfahren nach § 42 Abs. 4 TKG – Missbrauchsverfahren Die Durchführung eines Missbrauchsverfahrens richtet sich nach § 42 Abs. 4 TKG. Die früher unter § 33 Abs. 2 S. 2 TKG 1996 erst erforderliche „Abmahnung“, um dem verpflichteten Unternehmen die Gelegenheit zu geben, den beanstandeten Missbrauch selbsttätig abzustellen, ist entfallen. Dies ist aus Gründen der Effizienz zu begrüßen.
681
12.9.1 Verfahrenseinleitung Anders als § 33 TKG 1996, der nur ein amtswegiges Verfahren vorsah, wird das Missbrauchsverfahren des § 42 TKG vom Amts wegen oder auf Antrag eröffnet. Damit besteht nunmehr Ähnlichkeit zum Anordnungsverfahren nach § 25 TKG.
682
Zwar besteht nach § 42 Abs. 1 S. 1, 3 und 4 TKG kein ausdrückliches Schriftformerfordernis für den Antrag. Indes wird die schriftliche Einreichung des Antrags dort vorausgesetzt und dies ist auch zweckmäßig. Überdies empfiehlt es sich, den Antrag ebenso wie bei der Zugangsanordnung mit Tenorierungsvorschlägen zu stellen. Der Antrag kann während des Verfahrens geändert3 oder zurückgenommen4 werden. Auch ist ein etwaiger Antrag nicht fristgebunden. Allerdings kann ein langes Zuwarten gegenüber dem Verhalten des verpflichteten Unternehmen die Frage einer Verwirkung des Antragsrechts auslösen. Ebenso ist zu beachten, dass bei längerem Zuwarten das missbräuchliche Verhalten wieder abgestellt sein kann5.
683
_______________
1 2 3 4 5
Vgl. BGH, NJW 2004, 2375 (2377) – Der Oberhammer. VG Köln, Urt. v. 26.10.2005 – 21 K 3468/05. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 22 Rz. 59. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 22 Rz. 65. Siehe dazu OVG NRW, CR 2003, 428 (430).
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H Rz. 684
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
684
Hinsichtlich der auch im Verwaltungsverfahren erforderlichen Antragsbefugnis enthält § 42 Abs. 4 S. 6 TKG eine Sonderregelung. Danach kann der Antrag von jedem Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit gestellt werden, der geltend macht, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Problematisch an dieser Regelung ist, dass hier offenbar der Kreis der Antragsberechtigten auf Anbieter von Telekommunikationsdiensten beschränkt wird. Dies steht einerseits dem Kreis der berechtigten Unternehmen aus § 42 Abs. 1 S. 2 TKG („andere Unternehmen“, siehe oben Rz. 645) entgegen, andererseits dem Schutzzweck der Norm, wie sie in § 42 Abs. 1 ebenso wie in § 42 Abs. 2 TKG, u. a. über den Kreis der verpflichteten Unternehmen zum Ausdruck kommt (siehe oben Rz. 664). Da aus den Gesetzesmaterialien auch nicht zu entnehmen ist, dass hier eine besondere Einschränkung gewollt war1, ist eher von einem Versehen auszugehen und der Kreis der berechtigten Antragsteller entsprechend zu erweitern2. Die Antragsbefugnis selbst ist davon abhängig, ob durch das angegriffene Verhalten eine Rechtsverletzung des Antragstellers möglich erscheint3. Es kommt also darauf an, ob ein Missbrauch zu Lasten des Antragstellers in dem Sinne möglich erscheint, dass der Antragsteller durch das angegriffene Verhalten behindert wird bzw. seine Wettbewerbsmöglichkeiten beeinträchtigt werden.
685
Im amtswegigen Verfahren ist zu fragen, ob die die BNetzA über die Einleitung eines Missbrauchsverfahrens wie das BKartA nach §§ 32, 54 GWB4 nach pflichtgemäßem Ermessen anhand des Opportunitätsprinzips entscheidet (siehe auch oben Rz. 599), oder ob sie verpflichtet ist, ein Missbrauchsverfahren einzuleiten, wenn Tatsachen einen diesbezüglichen Anfangsverdacht begründen5. Angesichts des Nebeneinanders von Antragsverfahren und amtswegigem Verfahren spricht allerdings mehr dafür, hier von einem Ermessen seitens der BNetzA auszugehen. Jedenfalls aber beeinflusst ein bestehender Anfangsverdacht die Ermessensausübung der BNetzA, kann (Vor-) Ermittlungsverpflichtungen auslösen6 und bereits bei einer begründeten Befürchtung vorliegen, früheres missbräuchliches Verhalten könnte sich wiederholen7.
_______________
1 Das Antragsrecht ist erst über die Einigung im Vermittlungsausschuss in das Gesetz aufgenommen worden, ohne dass ersichtlich wäre, dass über mehr als nur das „Ob“ des Antragsrechts Streit bestand. 2 Ebenso Beck TKG-Komm/Schütz, § 42 Rz. 135. 3 So die „Möglichkeitstheorie“, die zur „Schutznormtheorie“ führt, vgl. Kopp/ Schenke, VwGO, § 42 Rz. 66, 70, 78, 83 f. 4 Siehe Immenga/Mestmäcker/Markert, § 54 GWB Rz. 7. 5 So Beck TKG-Komm/Schütz, § 42 Rz. 133. 6 Siehe Langen/Bunte/Kiecker, KartR, § 59 GWB Rz. 8 ff. 7 So ausdrücklich OVG NRW, CR 2003, 428 (431).
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Besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG
Rz. 688 H
12.9.2 Durchführung und Abschluss des Verfahrens Auch das Missbrauchsverfahren ist gemäß § 132 Abs. 1 TKG ein Beschlusskammerverfahren (dazu C. Rz. 120 ff.). Die Regelfrist („soll“) für die Verfahrensdauer beträgt nach § 42 Abs. 4 S. 4 TKG vier Monate. Auch dies ist eine erfreuliche Änderung gegenüber § 33 TKG 1996, der keine Frist enthielt. Im Fall des Antragsverfahrens beginnt die Frist mit dem Eingang das Antrags (§ 42 Abs. 4 S. 5 TKG), d. h. mit dem Tag der auf den Eingang des Antrags bei der BNetzA folgt (§ 31 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 187 Abs. 1 BGB); sie endet vier Monate später mit Ablauf des Tages, der dem Tag des Antragseingangs entspricht (§ 31 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 188 Abs. 2 BGB). Entsprechendes gilt für die beim amtswegigen Verfahren nach § 25 Abs. 4 TKG grundsätzlich erforderliche Einleitungsverfügung1 ab deren Zustellung an die Beteiligten. Als Regelfrist können die vier Monate von der BNetzA überschritten werden, hierfür ist aber eine nachvollziehbare Begründung erforderlich.
686
Innerhalb des Verfahrens gilt zunächst der verwaltungsverfahrensrechtliche Untersuchungs- bzw. Amtsermittlungsgrundsatz nach § 24 VwVfG, wonach die zuständige Behörde den Sachverhalt und damit auch die entscheidungserheblichen Tatsachen von Amts wegen zu ermitteln hat. Hierfür stehen der BNetzA die in §§ 127 bis 129 TKG genannten Mittel zur Sachverhaltsaufklärung zur Verfügung. Denn die Beweispflicht für den Missbrauch trägt grundsätzlich die BNetzA, ggf. unterstützt durch einen Antragsteller. Dabei reicht es aus, wenn die vom Antragsteller vorgetragenen Tatsachen hinreichende Hinweise im Sinne des genannten Anfangsverdachts ergeben, um auch eine Ermittlungspflicht seitens der BNetzA bzw. entsprechende Mitwirkungspflichten seitens des Antragsgegners auslösen. Grundsätzlich umfasst der Amtsermittlungsgrundsatz auch die Ermittlung der Tatsachen, die für das Vorliegen einer sachlichen Rechtfertigung relevant sind. Dies gilt aber nicht für die Vermutungstatbestände des § 42 Abs. 2 und 3 TKG, die vom verpflichteten Unternehmen entkräftet werden müssen. Insoweit trägt das verpflichtete Unternehmen die Beweislast für die sachliche Rechtfertigung. Unter dem TKG 1996 galt dies auch für den Fall einer erst nachträglichen Beschränkung2, was ebenso für etwaige nachträgliche Behinderungen oder Beeinträchtigungen im Sinne des § 42 TKG zu beachten sein dürfte.
687
Das amtswegige Verfahren wird beendet durch Missbrauchsverfügung oder Einstellung des Verfahrens; das Antragsverfahren durch Missbrauchsverfügung oder (ganz oder teilweise) Ablehnung des Antrags. Die Entscheidungen der BNetzA ergehen als Verwaltungsakt (§ 132 Abs. 1 S. 2 TKG), sind zu begründen und den Beteiligten nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes zuzustellen (§ 131 Abs. 1 TKG). Bei Antragsrücknahme
688
_______________
1 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 22 Rz. 13. 2 Vgl. OVG NRW, Beschl. v. 7.2.2000 – 13 A 180/99, NVwZ 2000, 697 (701).
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H Rz. 689
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
stellt die BNetzA das Verfahren ein1, sofern sie nicht das Verfahren vom Amts wegen weiter verfolgt. Auch das amtswegige Verfahren kann eingestellt werden2. Die Einstellung des Verfahrens ist den Beteiligten schriftlich mitzuteilen (§ 131 Abs. 2 TKG). 12.10 Rechtliche Einordnung, Umfang und Rechtsfolgen der Missbrauchsverfügung 689
Die Missbrauchsverfügung selbst ist in § 42 Abs. 4 S. 1 und 2 TKG geregelt. Danach kann die BNetzA im Rahmen der zu treffenden Entscheidung, um die missbräuchliche Ausnutzung einer marktmächtigen Stellung zu beenden, dem verpflichteten Unternehmen – – –
ein Verhalten auferlegen, ein Verhalten untersagen oder Verträge ganz oder teilweise für unwirksam erklären.
Das Gesetz unterscheidet somit zwischen dem „Ob“ einer Missbrauchsverfügung („trifft … Entscheidung … zu beenden.“) und dem „Wie“, wenn es um die dafür zur Verfügung stehenden Mittel geht. Daraus folgt, dass eine gebundene Entscheidung der BNetzA gegeben ist, sofern ein Missbrauch feststeht3. Ermessen steht der BNetzA lediglich in Bezug auf die Einleitung des Verfahrens von Amts wegen zu sowie hinsichtlich der Ausgestaltung der Missbrauchsverfügung für die genannten Mittel und deren Eingriffsintensität. Die Anordnung ist nach § 132 Abs. 1 S. 2 TKG Verwaltungsakt. 690
Die BNetzA kann somit nicht nur Untersagungsverfügungen erlassen, sondern auch Gebotsverfügungen. Diese können konkrete Bedingungen und Verhaltenspflichten für das verpflichtete Unternehmen vorsehen, mit dem Ziel, dem missbräuchlichen Zustand (auch für die Zukunft) abzuhelfen. Denkbar und teilweise auch schon erfolgt sind Festlegungen zu Lieferverpflichtungen, technischen Bedingungen, Liefer- und Nutzungsbedingungen, der Dienstequalität, Bereitstellungsfristen ebenso wie die Untersagung bestimmter Kopplungsmaßnahmen oder Vertragsklauseln.
691
Hinzu kommt, dass der durch das TKG-Änderungsgesetz eingefügte § 42 Abs. 4 S. 3 TKG, der BNetzA zusätzliche Eingriffsbefugnisse verleiht: Wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass ein Unternehmen seine marktmächtige Stellung auf Endkundenmärkten auszunutzen droht, gelten § 42 Abs. 4 S. 1 und 2 TKG entsprechend. Damit wird für diesen spezielle Fall der Endkundenmärkte die Missbrauchsaufsicht wie bereits erwähnt in die Sphäre der Vorabregulierung mit der Folge verlegt, dass hier die Zugangs_______________
1 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 22 Rz. 71. 2 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 9 Rz. 34 f. 3 Ebenso Beck TKG-Komm/Schütz, § 42 Rz. 144.
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Besondere Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG
Rz. 695 H
verpflichtungen der §§ 19 ff. TKG auferlegbar werden sollen1. Die Missbrauchsverfügung wird damit zu einer „quasi-Regulierungsverfügung“2. 12.11 Rechtsschutz, Durchsetzung der Missbrauchsverfügung und Sanktionen Für die Missbrauchsverfügung stellen sich die gleichen Rechtsschutzfragen wie bei der Zugangsanordnung oder sonst im Bereich der Zugangsregulierung. Es geht um Rechtsschutz gegen die Ablehnung einer Missbrauchsverfügung ebenso wie um Rechtsschutz gegen die belastende Missbrauchsverfügung sowie um deren Durchsetzung.
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12.11.1 Rechtsschutz gegen die Ablehnung einer Missbrauchsverfügung Der Antragsteller, dessen Antrag auf eine Missbrauchsverfügung abgelehnt wird, kann Verpflichtungsklage erheben. Denn mit der Anordnung wird der Erlass eines (begünstigenden) Verwaltungsakts begehrt (§ 42 Abs. 1 2. Alternative VwGO). Der Antragsteller hat hierfür regelmäßig die nötige Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO, wenn er zum Kreis der aus § 42 TKG berechtigten Unternehmen gehört, also die Möglichkeit seiner Behinderung oder Beeinträchtigung durch das angegriffene Verhalten besteht.
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Weil die Anordnung aus gebundenen Elementen besteht wie auch insbesondere mit Blick auf ihre Ausgestaltung eine Ermessensregelung ist, richtet sich der Anspruch des Antragstellers/Klägers auf ein Verpflichtungsurteil in Bezug auf das „Ob“ der Missbrauchsverfügung. Lediglich hinsichtlich des Gestaltungsermessens der BNetzA bei den einzelnen Maßnahmen geht es um einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Dabei wird allerdings beides bei einer beantragten Untersagungsverfügung zusammen fallen. Dennoch kann dies dazu führen, dass lediglich ein Bescheidungsurteil zu erreichen ist, anhand dessen die BNetzA unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden hat. Ob im Einzelfall eine Ermessenreduzierung auf Null für einzelne Bedingungen vorliegen kann, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.
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12.11.2 Rechtsschutz gegen die Missbrauchsverfügung Das von der Missbrauchsverfügung belastete Unternehmen ist grundsätzlich berechtigt, die Anordnung anzufechten. Dies beinhaltet auch die Teilanfechtung, sofern es sich dabei um objektiv abgrenzbare und bezeichenbare _______________
1 So die Absicht des Gesetzgebers mit Blick auf Art. 17 Abs. 2 Universaldienstrichtlinie: BT-Drucks. 16/2581, S. 24. 2 So für die Rundfunk-Signaleinspeisung: BNetzA, Beschl. v. 17.4.2007, BNetzA Mitteilung Nr. 268/2007, ABl. Nr. 8/2007.
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H Rz. 696
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Teile der Anordnung handelt1. Dies ist typischerweise bei einzelnen angeordneten Geboten der Fall. 12.11.3 Durchsetzung der Zugangsanordnung und Sanktionen 696
Der Verstoß gegen eine Missbrauchsverfügung nach § 42 Abs. 4 S. 1 TKG ist eine Ordnungswidrigkeit nach § 149 Abs. 1 Nr. 4 lit. a) TKG. Danach kann ein Bußgeld von bis zu 500.000,00 Euro verhängt werden. Nach § 149 Abs. 2 S. 2, 3 TKG soll die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil, der durch die begangene Ordnungswidrigkeit erzielt worden ist, übersteigen; wird dieses Ziel nicht mit den vorgesehenen 500.000,00 Euro erreicht, kann die Summe überschritten werden. Durchgesetzt werden kann die Missbrauchsverfügung mittels Verwaltungszwang sowie den der BNetzA in § 126 TKG zur Verfügung stehenden Mitteln. Ein besonderes Durchsetzungsmittel für die Missbrauchsverfügung ist die Vorteilsabschöpfung durch die BNetzA nach § 43 TKG (dazu sogleich unter Rz. 698 ff.).
697
Auch ermöglichen Verstöße gegen die Missbrauchsverfügung ein zivilrechtliches Vorgehen aufgrund der in § 44 Abs. 1 TKG vorgesehenen Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadenersatzansprüche. Das gilt ebenso für die gesetzlichen Missbrauchsverbote des § 42 TKG unmittelbar, d. h. eine Missbrauchsverfügung ist hierfür nicht erforderlich2. Denn § 44 Abs. 1 TKG bezieht sich gleichermaßen auf das TKG wie auch aufgrund des TKG auferlegte Verpflichtungen oder Verfügungen der BNetzA. Ferner ist zivilrechtlich zu beachten, dass § 42 TKG ein Verbotsgesetz im Sinne des § 138 BGB ist, was zur Nichtigkeit von verbotenen Verträgen führt. Dies ist relevant, wo Verträge missbräuchliche Vertriebsgestaltungen beinhalten.
13. Vorteilsabschöpfung nach § 43 TKG 698
Mit der Vorteilsabschöpfung des § 43 TKG wird der BNetzA ein besonderes Mittel an die Hand gegeben, Verstöße gegen das TKG oder Missbrauchsverfügungen nach § 42 Abs. 4 TKG zu verfolgen. Ein Vorlage hierfür ist zwar nicht im Richtlinienpaket 2002 enthalten. Sie ergibt sich aber aus der im Rahmen der 7. GWB-Novelle auf eine Vorteilsabschöpfung geänderten Regelung des § 34 GWB (früher: Mehrerlösabschöpfung). Diese Veränderung ist auch im Gesetzgebungsverfahren des TKG nachvollziehbar, da der ursprüngliche Regierungsentwurf noch eine dem § 34 GWB a. F. nachgebildete _______________
1 Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rz. 21 ff.; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner/ Pietzcker, VwGO, § 42 Abs. 1 Rz. 139. 2 Siehe den vom BGH entschiedenen Fall zur Frage der Missbräuchlichkeit des Verlangens einer schriftlichen Willenserklärung für die Preselection-Umstellung: BGH, Urt. v. 10.10.2006 – KZR 26/05, 13 (Absatz Nr. 27) des amtlichen Umdrucks, CR 2007, 159 (161).
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Vorteilsabschöpfung nach § 43 TKG
Rz. 702 H
Mehrerlösabschöpfung enthielt1. Die Mehrerlösabschöpfung des § 34 GWB a. F. fand allerdings angesichts ihrer engen Formulierung kaum praktische Anwendung2, weil sie sich auf den nur seltenen Fall des Verstoßes gegen eine Missbrauchsverfügung des BKartA bezog. Hintergrund und Zweck der Vorteilsabschöpfung ist der Gedanke, dass der Verletzer den aus der verletzenden Handlung erwachsenen Vorteil nicht behalten dürfen soll. Die „Rendite“ hieraus soll vielmehr abgeschöpft werden können, wenn andere Mittel wie ein Bußgeld oder Schadenersatzleistungen an Geschädigte diesen Zweck nicht bereits erreicht haben.
699
In struktureller Hinsicht ist § 43 TKG unterteilt in den Abschöpfungstatbestand des § 43 Abs. 1 TKG nebst einer Regelung zur Schätzung des Vorteils in § 43 Abs. 4 TKG sowie in Begrenzungstatbestände in Form der Subsidiarität gegenüber dem Ordnungswidrigkeitenrecht und privaten Schadenersatzleistungen in § 43 Abs. 2 TKG, der Härtefallregelung in § 43 Abs. 3 TKG sowie des zeitlichen Umfangs der Abschöpfung in § 43 Abs. 5 TKG.
700
13.1 Voraussetzungen der Vorteilsabschöpfung Nach § 43 Abs. 1 TKG kommt die Vorteilsabschöpfung in zwei Fällen in Betracht: –
Verstoß gegen eine Missbrauchsverfügung der BNetzA nach § 42 Abs. 4 TKG;
–
vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstoß gegen eine Vorschrift des TKG.
701
Dies bedeutet zunächst, dass Verstöße gegen Regulierungsverfügungen oder Zugangsanordnungen der BNetzA nicht in den Anwendungsbereich der Vorteilsabschöpfung fallen. Vielmehr ist in Bezug auf Maßnahmen der BNetzA eine Missbrauchsverfügung nach § 42 Abs. 4 TKG erforderlich. Allerdings kann für den Bereich der Endnutzermärkte nach § 42 Abs. 4 S. 3 TKG auch eine „vorsorgliche“ Missbrauchsverfügung erfolgen (siehe oben Rz. 691), so dass hier eine gewisse Erweiterung in Richtung einer „quasi-Regulierungsverfügung“ vorliegt. Der Verstoß gegen eine Missbrauchsverfügung ist tatbestandlich bereits gegeben, wenn das verpflichtete Unternehmen dem Untersagungs- oder Handlungsgebot oder der Unwirksamkeitserklärung vertraglicher Regelungen in der Missbrauchsverfügung zuwider handelt. Ein Verschulden ist insoweit nicht erforderlich, wäre aber regelmäßig ohnehin gegeben. Gleichwohl hängt die Beantwortung der Frage nach einem Verstoß gegen eine Missbrauchsverfügung auch damit zusammen, wie bestimmt diese Verfügung ist bzw. ob sie Auslegungsspielräume zulässt. _______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 20 (72). 2 Vgl. BT-Drucks. 15/3640, S. 55.
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702
H Rz. 703 703
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Bedeutsamer als der in der Praxis eher seltene Verstoß gegen eine Missbrauchsverfügung ist, dass die Vorteilsabschöpfung auch dann in Betracht kommt, wenn der Verletzter vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine Vorschrift des TKG verstößt. Hier kommen mit Blick auf die Zugangsregulierung insbesondere Verstöße gegen folgende Regelungen in Frage: – – – – – – –
§ 16 TKG (Angebotspflicht für die Zusammenschaltung), § 17 TKG (Verletzung von Vertraulichkeitspflichten), § 22 TKG (Angebotspflicht für Zugangsvereinbarungen), § 28 TKG (missbräuchliche Entgeltgestaltungen), § 37 TKG (Abweichung von genehmigten Entgelten), § 42 TKG (Missbrauchsverbote), § 47 TKG (Teilnehmerdaten).
Daneben kommen auch Verstöße gegen die Kunden- und Datenschutzregelungen des TKG in Betracht. Mit Blick auf die bisherige Missbrauchsaufsicht der BNetzA ist dabei zu beachten, dass nicht erst ein Verstoß gegen eine Missbrauchsverfügung relevant ist, sondern schon bereits der mit der Missbrauchsverfügung festgestellte Verstoß gegen § 42 TKG. In der Praxis kann dabei insbesondere die Frage relevant sein, ob etwa die missbräuchliche Nutzung von Preselection-Auftragsdaten (dazu oben Rz. 671) im Rahmen der Vorteilsabschöpfung zu verfolgen ist. Denn diese ist einerseits als missbräuchlich im Sinne von § 42 Abs. 1 TKG angesehen worden1, andererseits aber auch als ein Verstoß gegen § 17 S. 2 TKG2. Allerdings ist in Bezug auf Gesetzesverstöße zu beachten, dass hier eine Vorteilsabschöpfung nur im Fall des Verschuldens (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) seitens des Verletzers möglich ist. An das Verschulden sind allerdings keine hohen Anforderungen zu stellen. Für die Annahme von Fahrlässigkeit reicht es aus, dass ein etwaiger Rechtsirrtum vorwerfbar ist, was nicht schon entfällt, wenn der fehlerhafte Rechtsstandpunkt ernsthaft vertreten werden kann3. Vielmehr trägt der Verletzer das Risiko einer zweifelhaften Rechtslage. 13.2 Bestimmung des wirtschaftlichen Vorteils 704
Um den wirtschaftlichen Vorteil abzuschöpfen, ist zweierlei erforderlich: –
Dem Grunde nach ist zu bestimmen, dass durch den Verstoß dem Verletzer ein wirtschaftlicher Vorteil entstanden ist;
–
der wirtschaftliche Vorteil ist der Höhe nach zu bestimmen.
Für Ersteres ist erforderlich, dass zwischen dem Verstoß und einem erlangten wirtschaftlichen Vorteil Kausalität besteht („dadurch“). Ob der Vorteil _______________
1 BNetzA, Beschl. v. 18.7.2005 – BK2a-04/029 (arcor Preselection), S. 47 ff. des amtlichen Umdrucks. 2 VG Köln, Urt. v. 26.10.2005 – 21 K 4418/05. S. 16 f. des amtlichen Umdrucks. 3 Langen/Bunte/Bornkamm, KartR, § 34 GWB Rz. 17.
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Vorteilsabschöpfung nach § 43 TKG
Rz. 707 H
unmittelbar oder mittelbar durch den Verstoß verursacht wurde, ist zwar nicht von Bedeutung, aber der Vorteil ist nur berücksichtigungsfähig, soweit er auch tatsächlich auf dem Verstoß beruht1. Für Letzteres sind die zu § 17 Abs. 4 OWiG (entspricht der Formulierung in § 149 Abs. 2 S. 2 und 3 TKG) entwickelten Grundsätze für die Definition des wirtschaftlichen Vorteils heranzuziehen2. Daraus folgt, dass nicht lediglich ein in Geld bestehender Gewinn zu berücksichtigen ist, sondern auch sonstige wirtschaftliche Vorteile wie die Verbesserung der Marktposition des Verletzers durch Ausschaltung oder Zurückdrängen von Wettbewerbern, die sich in einer Erhöhung des Unternehmenswerts ausdrücken3. Daher ist auch die Gewinnung von Marktanteilen bzw. Ansehen am Markt zu berücksichtigen. Die Berechnung des wirtschaftlichen Vorteils erfolgt nach herrschender Meinung im Ordnungswidrigkeitenrecht anhand einer Saldierung, bei der die durch den Verstoß erlangten wirtschaftlichen Zuwächse um die Kosten und sonstigen Aufwendungen (einschließlich bestandskräftig festgesetzter Steuern) des Verletzers reduziert werden (Netto-Prinzip)4. Gemeinkosten sind dabei allerdings regelmäßig nicht berücksichtigungsfähig. Im Einzelfall ist die Berechnung schwierig, insbesondere dort, wo es nicht lediglich um rechtswidrig überhöhte Preise oder rechtswidrige (z. B. weil diskriminierende) Kosteneinsparungen geht, für deren Ermittlung die BNetzA über Erfahrung und Instrumentarien aus dem TKG verfügt. In der praktischen Anwendung ist auch unklar, inwieweit hypothetische Gewinne bei rechtmäßigen Verhalten einzubeziehen sind. Dies wird indes zumeist abgelehnt5.
705
Allerdings steht der BNetzA nach § 43 Abs. 4 TKG die Möglichkeit zu, den wirtschaftliche Vorteil zu schätzen und zahlenmäßig zu bestimmen. Dies erleichtert die soeben dargestellten Berechnungsprobleme, entbindet die BNetzA aber weder davon, hinreichende Schätzungsgrundlagen zu ermitteln (dazu unten Rz. 712), noch die Kausalität zwischen Verstoß und wirtschaftlichem Vorteil positiv festzustellen.
706
13.3 Begrenzungen und Dauer der Vorteilsabschöpfung Nach § 43 Abs. 2 TKG ist die Vorteilsabschöpfung subsidiär gegenüber Schadenersatzleistungen des Verletzers an Dritte oder der Verhängung oder Anordnung des Verfalls, wenn hierdurch der wirtschaftliche Vorteil ausgeglichen ist. Mit Schadenersatzleistungen sind Leistungen auf die aus § 44 Abs. 1 TKG folgenden Schadenersatzansprüche gemeint. Auch diese beziehen sich u. a. auf Verstöße gegen das TKG. Mit Anordnung bzw. Verhängung des Verfalls sind die in § 29a OWiG und § 73 ff. StGB vorgesehenen _______________
1 2 3 4 5
Göhler/König, OWiG, § 17 Rz. 39a. BT-Drucks. 15/3640, S. 55 zu § 34 GWB. Göhler/König, OWiG, § 17 Rz. 40 sowie BT-Drucks. 15/3640, S. 55 zu § 34 GWB. Göhler/König, OWiG, § 17 Rz. 38 ff. Göhler/König, OWiG, § 17 Rz. 41b.
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707
H Rz. 708
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
Möglichkeiten gemeint, das vom Verletzer (Täter) durch die Zuwiderhandlung Erlangte abzuschöpfen, indem der Verletzer (Täter) die Zahlung eines Geldbetrags zu leisten hat. Soweit durch die genannten Leistungen der wirtschaftliche Vorteil ausgeglichen ist, kommt eine Vorteilsabschöpfung nach § 43 TKG nicht mehr in Frage. Allerdings hat die BNetzA durch das gebundene Ermessen für die Abschöpfung genau zu untersuchen, ob der Vorteil damit tatsächlich ausgeglichen ist. Wenn die Vorteilsabschöpfung nach § 43 Abs. 1 TKG erfolgt ist und der Verletzer erbringt danach die genannten, der Vorteilsabschöpfung vorgehenden Leistungen, hat er nach § 42 Abs. 2 S. 2 TKG einen Erstattungsanspruch in Höhe der nachgewiesenen Zahlungen. 708
Nicht ausdrücklich in § 43 Abs. 2 TKG genannt ist der Fall, dass der wirtschaftliche Vorteil bereits in einem Bußgeld nach § 149 Abs. 2 S. 2 und 3 TKG abgeschöpft worden ist. Denn nach diesen Bestimmungen dürfen die Bußgeldbeträge des § 149 Abs. 2 S. 1 TKG überschritten werden, wenn diese Beträge nicht zur Abschöpfung des durch die Ordnungswidrigkeit erlangten wirtschaftlichen Vorteils ausreichen, weil das Bußgeld diesen Vorteil nämlich übersteigen soll. Allerdings bedarf es dafür auch keiner besonderen Subsidiaritätsregelung, weil in solchen Fällen kein wirtschaftlicher Vorteil mehr besteht. Insoweit stehen die Vorteilsabschöpfung des § 43 TKG und jene des § 149 Abs. 2 TKG parallel nebeneinander mit der Folge, dass die BNetzA bei einer Normkonkurrenz ein Wahlrecht besitzt1. Allerdings ist für beide Fälle zu beachten, dass der wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft werden soll, das Wahlrecht besteht daher nicht beim „Ob“ der Abschöpfung, sondern nur bei der Rechtsgrundlage; und auch dies nur, sofern neben § 43 TKG die Tatbestände des § 149 Abs. 1 TKG einschlägig sind und ein Bußgeld verhängt wird.
709
In § 43 Abs. 3 TKG ist darüber hinaus eine Härtefall- und Angemessenheitsregelung enthalten, nach der die Vorteilsabschöpfung unterbleibt oder auf einen angemessenen Betrag zu reduzieren ist, wenn ihre Durchführung eine unbillige Härte wäre. Typischer Fall für eine unbillige Härte wäre die Existenzgefährdung des betroffenen Unternehmens2. Schließlich soll die Vorteilsabschöpfung unterbleiben, wenn der wirtschaftliche Vorteil gering ist. Hier wird sozusagen auf der Rechtsfolgenseite das Opportunitätsprinzip aufgestellt, um der BNetzA einen Aufwand zu ersparen, der in keinem sinnvollen Verhältnis zum „Ertrag“ steht (Bagatellfälle).
710
Die Dauer der Vorteilsabschöpfung ist durch § 43 Abs. 4 TKG in zweierlei Hinsicht begrenzt: Sie –
darf nur innerhalb einer Frist von fünf Jahren seit Beendigung der Zuwiderhandlung angeordnet werden; und
_______________
1 So für das ebenso strukturierte GWB: Langen/Bunte/Bornkamm, KartR, § 34 GWB Rz. 13; kritisch Göhler/König, OWiG, § 17 Rz. 48 f. 2 Langen/Bunte/Bornkamm, KartR, § 34 GWB Rz. 16.
1082 | Heun
Vorteilsabschöpfung nach § 43 TKG
–
Rz. 713 H
darf zwar rückwirkend aber längstens für einen Zeitraum von fünf Jahren angeordnet werden.
Die erstgenannte Frist hat Verjährungswirkung in der Weise, dass nach Ablauf von fünf Jahren seit Beendigung der Zuwiderhandlung keine Vorteilsabschöpfung mehr angeordnet werden darf. Die letztgenannte Frist bezieht sich auf die Dauer der Erlangung des wirtschaftlichen Vorteils und denn darin zulässigen Abschöpfungszeitraum. Die Dauer des wirtschaftlichen Vorteils beginnt mit der Zuwiderhandlung und endet mit dem Zeitpunkt, ab dem keine wirtschaftlichen Vorteile mehr bestehen. Diese Dauer kann mehr oder weniger als fünf Jahre betragen, Letzteres insbesondere dann, wenn andauernde Zuwiderhandlungen der BNetzA erst nach Jahren bekannt werden. In diesem Fall ist die maximale Rückwirkung auf fünf Jahre begrenzt. Freilich ist die mögliche Rückwirkung bis zum Jahre 2009 auch durch das Inkrafttreten des TKG 2004 im Juni 2004 begrenzt, da vorher noch keine Verstöße gegen dieses TKG und erst recht nicht gegen Missbrauchsverfügungen nach § 42 Abs. 4 TKG möglich waren. 13.4 Abschöpfungsverfahren und -anordnung Liegt eine Zuwiderhandlung im Sinne von § 43 Abs. 1 TKG vor, so soll die BNetzA eine Abschöpfungsanordnung zur Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils erlassen und dem Verletzer die Zahlung eines entsprechenden Geldbetrags auferlegen. Dazu muss die BNetzA zunächst ein entsprechendes Verfahren von Amts wegen einleiten (§ 134 Abs. 1 TKG), was durch Einleitungsverfügung geschieht1. Ebenso wie beim Missbrauchsverfahren reicht hierfür ein Anfangsverdacht aus (siehe oben Rz. 685). Auch das Abschöpfungsverfahren ist Beschlusskammerverfahren (§ 132 Abs. 1 TKG) und endet mit der Abschöpfungsanordnung durch Verwaltungsakt oder im Wege der Einstellung des Verfahrens, die den Beteiligten schriftlich mitzuteilen ist (§ 131 Abs. 2 TKG).
711
Im Abschöpfungsverfahren gilt der verwaltungsverfahrensrechtliche Untersuchungs- bzw. Amtsermittlungsgrundsatz nach § 24 VwVfG. Die BNetzA hat daher zu ermitteln, ob eine Zuwiderhandlung vorliegt und wie sich der daraus erwachsene wirtschaftliche Vorteil bemisst. Hierfür stehen ihr die in §§ 127 bis 129 TKG genannten Mittel zur Sachverhaltsaufklärung zur Verfügung. Diese können im Abschöpfungsverfahren besondere Bedeutung erlangen, weil die BNetzA die Kausalität zwischen Zuwiderhandlung und wirtschaftlichem Vorteil beweisen muss und Tatsachen und Informationen benötigt, um den wirtschaftlichen Vorteil oder Schätzungsgrundlagen hierfür zu ermitteln.
712
Liegen die Voraussetzungen für die Vorteilsabschöpfung vor, ist das Ermessen der BNetzA gebunden („soll“). Daher kann die BNetzA nur in einem
713
_______________
1 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 22 Rz. 13.
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H Rz. 714
Zugangsregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht
atypischen Fall von der Abschöpfungsanordnung absehen (siehe oben Rz. 274 ff.) Angesichts der bislang fehlenden Praxis in diesem Bereich ist es freilich schwierig, einen atypischen Fall zu bestimmen. Vor diesem Hintergrund hat es daher zunächst bei der Regel der Abschöpfung zu verbleiben, freilich modifiziert durch die Regelungen in § 43 Abs. 3 TKG. Dabei ist die BNetzA verpflichtet, den ermittelten wirtschaftlichen Vorteil durch einen vom Verletzer zu zahlenden Geldbetrag zu bestimmen und diesem die Zahlung dieses Geldbetrags aufzuerlegen. 13.5 Rechtsschutz 714
Die Bestimmung des § 43 Abs. 1 TKG bzw. die Durchführung der Vorteilsabschöpfung hat keinen drittschützenden Charakter. Dies ergibt sich aus der Subsidiarität der Vorteilsabschöpfung gegenüber (privaten) Schadenersatzleistungen, die geschädigte Dritte über § 44 Abs. 1 TKG erlangen können. Dementsprechend besteht für betroffene und/oder geschädigte Wettbewerber des Verletzers keine Möglichkeit, die Vorteilsabschöpfung rechtlich zu erzwingen.
715
Das von der Abschöpfungsanordnung betroffene Unternehmen kann gegen diese im Wege der Anfechtungsklage vorgehen. Hier bestehen keine verwaltungsprozessualen Besonderheiten.
14. Fazit 716
Der einzelmarktbezogene Regulierungsansatz des Richtlinienpakets 2002 und des TKG 2004 zeigt Wirkung. Zugangsverpflichtungen werden von der BNetzA selektiv auferlegt, wobei sich die BNetzA dabei von dem Regime und dem Begriffsverständnis des TKG 1996 hinsichtlich des Umfangs von Zugangsverpflichtungen zu entfernen begonnen hat. Angesichts der langen Dauer der Marktdefinitions- und Marktanalyseverfahren sowie der Verfahren zur Auferlegung von Verpflichtungen durch Regulierungsverfügung und der Überprüfungsverfahren für Standardangebote ist die Anordnungspraxis der BNetzA unter § 25 TKG zudem noch nicht stark ausgeprägt. Gleiches gilt für den Bereich der besonderen Missbrauchsaufsicht. Wie schon zuletzt unter dem TKG 1996 hat sich auch hier die Praxis stärker im Bereich der Entgeltregulierung entwickelt. Die BNetzA geht überdies mit den Instrumentarien des TKG 2004 (noch?) eher sparsam um. Ob sich dies mit Blick auf neue Produkte wie den Bitstrom-Zugang oder neuere Geschäftsmodelle wie MVNO verändert, wird abzuwarten sein. Es spricht allerdings manches dafür, dass jedenfalls im Bereich des Bitstrom-Zugangs wie auch im Bereich der Mietleitungen seitens der BNetzA Handlungsbedarf besteht bzw. bestehen wird.
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I. Entgeltregulierung 1. Von der Gebührenpolitik zur Entgeltregulierung 1.1 Gebühren als Gegenleistung für die Benutzung der Einrichtungen des Fernmeldewesens Bis zur zweiten Postreform – durch das 41. Gesetz zur Änderung des GG1 sowie das damit zeitlich und sachlich eng verzahnte Gesetz zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation (PTNeuOG)2 – war nicht nur die Benutzung der Einrichtungen des „Post- und Fernmeldewesens“, sondern auch die hierfür zu entrichtende Gegenleistung noch maßgeblich von der Stellung der „Deutschen Bundespost“ als Teil der unmittelbaren Bundesverwaltung (Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG a. F.)3 geprägt: Nicht nur das Leistungsangebot, sondern auch das hierfür zu entrichtende Entgelt richtete sich an dem öffentlichen Auftrag der Daseinsvorsorge4 aus. Dem entsprach die Regelung in Art. 80 Abs. 2 GG, die (auch) klar stellte, dass für die „Benutzung der Einrichtungen des Post- und Fernmeldewesens“ Gebühren, d. h. öffentlich-rechtliche Entgelte5 erhoben werden durften. Damit ergab sich, solange das Verhältnis zu Postbenutzern allgemein und zu Fernmeldeteilnehmern im Besonderen als eine verwaltungsrechtliche Beziehung verstanden wurde6, zugleich, dass hierfür sowohl die allgemeinen Grundsätze für die Bemessung von (Benutzungs-)Gebühren7 als auch weitere, für jede Staatstätigkeit verbindliche Maßgaben, insbesondere das Sozialstaatsprinzip8 zu beachten waren.
_______________
1 V. 30.8.1994 (BGBl. I, 2245); vgl. Gramlich, NJW 1994, 2785 (2787 f.). 2 V. 14.9.1994 (BGBl. I, 2325; ber. BGBl. 1996 I, 103); vgl. Gramlich, NJW 1994, 2785 (2788 ff.). 3 „In bundeseigener Verwaltung w(ird) geführt … die Bundespost“. 4 So ausdrücklich § 4 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über die Unternehmensverfassung der Deutschen Bundespost (Postverfassungsgesetz – PostVerfG) = Art. 1 des Gesetzes zur Neustrukturierung des Post- und Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost (Poststrukturgesetz, PostStruktG) v. 8.6.1989 (BGBl. I, 1026); vgl. Fangmann/Scheurle/Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 4 PostVerfG Rz. 19, 30. 5 Stern/Bauer in: Stern (Hrsg.), Postrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1997 ff., Art. 80 GG Rz. 43. 6 Vgl. Wiechert, JbDBP 1986, 119 (154 ff.); Brinckmann, CR 1989, 186 (186). 7 Insbes. das Äquivalenzprinzip; vgl. Maunz, ArchPF 1968, 541 (556); Hempell, Postverfassungsrecht 1983, 91 ff.; Scherer, CR 1987, 115 (118 f.); vgl. auch BGH, Urt. v. 19.6.1986 – III ZR 177/84, DVBl. 1986, 1055 (1057). 8 Vgl. Hempell, Postverfassungsrecht 1983, 99.
Gramlich | 1085
1
I Rz. 2
Entgeltregulierung
1.2 Gebührengestaltung vor der zweiten Postreform 1.2.1 Ausgangspunkt: Reichspostfinanzgesetz 1924 2
1924 hatte das Reichspostfinanzgesetz (RPFG)1 eine wirtschaftliche Verselbstständigung des Post- und Telegraphenbetriebs innerhalb des Rahmens der allgemeinen Reichsverwaltung, aber ohne Änderung der Eigenschaft als unmittelbarer Reichsbetrieb im Sinne des Art. 88 Abs. 1 WRV herbeigeführt2. Dem Reichspostminister als oberstem Aufsichts- und Leitungsorgan wurde ein Verwaltungsrat an die Seite gestellt, der u. a. über „die Grundsätze für die … Gebührenbemessung im Post-, Telegraphen- und Fernsprechverkehre“ zu befinden hatte (§ 6 Abs. 1 tir. 4 RPFG). Seine Beschlüsse konnten aber – wie später nach § 13 PostVerwG3 – auf Antrag des Ressortministers von der Reichsregierung kassiert werden (§ 6 Abs. 2); letztlich oblag dem Reichspostminister der Erlass der Gebührenverordnungen „nach Maßgabe der nach § 6 (RPFG) getroffenen Entscheidungen des Verwaltungsrats“ (§ 2 Abs. 1 Satz 1 RPFG). Mit dem Gesetz zur Vereinfachung und Verbilligung der Verwaltung4 wurde später der Reichspostminister allein ermächtigt, Rechtsverordnungen über die Bedingungen und Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Post- und Fernmeldewesens zu erlassen (Kap. 2 § 4). 1.2.2 Rechtslage nach dem Postverwaltungsgesetz 1953
3
Rechtsverordnungen über die (Bedingungen und) Gebühren für die Benutzung der Einrichtungen des Post- und Fernmeldewesens erließ gemäß § 14 Satz 1 PostVerwG der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen nach Maßgabe der Beschlüsse des Verwaltungsrats oder der Bundesregierung, wobei die Verordnungen über Gebühren5 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft ergingen. § 12 Abs. 1 Nr. 4 PostVerwG wies in erster Linie dem Verwaltungsrat die Aufgabe zu, über die „Bedingungen für die Benutzung der Einrichtungen des Fernmeldewesens einschließlich der Gebührenbemessung“ zu entscheiden, wobei dies „im Rahmen der Grundsätze des § 2“ PostVerwG zu geschehen hatte, also im Einklang mit der Bundespolitik (§ 2 Abs. 1) wie mit den „Interessen der deutschen Volkswirtschaft“ (§ 2 Abs. 2 Satz 1 PostVerwG)6. Um die Belange des Bundes zu _______________
1 V. 18.3.1924, RGBl. I, 287. 2 Vgl. Kühn, JbDBP 1971, 9 (12 ff.); Schuster, ArchPF 1996, 568 (571 ff.); Gramlich, VerwArch 1997, 598 (606 f.). 3 Gesetz über die Verwaltung der Deutschen Bundespost (Postverwaltungsgesetz) v. 24.7.1953 (BGBl. I, 676). 4 V. 27.2.1934 (RGBl. I, 130); aufgehoben durch § 36 Nr. 1 PostVerwG. 5 Vgl. zuletzt die Telekommunikationsordnung (TKO) v. 5.11.1986 (BGBl. I, 1749), §§ 68, 70, 72, 76, 78 u. ö., §§ 320 ff. 6 Vgl. Eidenmüller, Post- und Fernmeldewesen – Kommentar, 1963 ff. (Stand 1991), § 2 PostVwG Anm. 2, 35.
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Von der Gebührenpolitik zur Entgeltregulierung
Rz. 5 I
wahren1, konnte der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen nötigenfalls eine Letzt-Entscheidung des Kabinetts herbeiführen (§ 13 PostVerwG). Für die Höhe der Gebühren hatte der „Wert des dem Benutzer zugehenden Vorteils Richtschnur“ zu sein (Äquivalenzprinzip). Anstelle eines Wirklichkeitsmaßstabes, „z. B. nach dem Maß der erforderlichen Investitionen und der zu erbringenden Arbeitsleistungen“, kam daher auch ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab in Betracht dergestalt, „dass nach der Erfahrung die Leistung und die Gegenleistung von einem normalen Betrachter als einander entsprechend angesehen werden, wobei Pauschgebühren, etwa als Bereithaltungsgebühr für den Anschluss an das Fernsprechnetz mit inbegriffen sind“2. Da sich der Zweck der Gebühr auch aus dem Sinnzusammenhang einer Regelung ergeben kann, war ferner § 15 Abs. 1 Satz 1 PostVerwG bedeutsam. Das dort enthaltene Globaldeckungssystem war nicht nur eine Ergänzung des Äquivalenzprinzips, sondern „im Zweifel“ ihm gegenüber sogar vorrangig; aus der Verwendungspflicht der Bundespost in Bezug auf ihre Einnahmen konnten so „Rückschlüsse auch auf die Höhe der Gebühr und ihre Begrenzung gezogen“ werden3. Nichts anderes galt im Hinblick auf die Pflicht zur Ablieferung eines Teils der jährlichen Betriebseinnahmen (§ 21 PostVerwG)4.
4
Auch die Deutsche Bundespost orientierte sich durchaus schon an Grundsätzen marktwirtschaftlicher Preispolitik wie vor allem der Kostendeckung5, soweit einem unternehmerischen Verhalten nicht durch volkswirtschaftliche oder politische Zielsetzungen Grenzen gezogen waren6. Zu einer Erhöhung der Fernmeldegebühren im Jahre 1964 verlautete das BVerfG, ein „innerbetrieblicher Kostenausgleich“ sei gerechtfertigt, da die Bundespost wegen ihrer „Monopolstellung“ verpflichtet sei, „auch unwirtschaftliche Dienste anzubieten“7. Sachgerecht sei auch, dass die Gebühr(enerhöhung) „für alle Fernsprechteilnehmer ziffernmäßig gleich“ sei und „nicht nach Einkommen oder sozialer Stellung“ differenziere8. Schließlich werde der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt: Die Erhöhung stehe „nicht außer Verhältnis zu den angebotenen Leistungen, weil die Fernsprecheinrichtungen nicht nur ständig verbessert worden, sondern die Kosten hierfür mindestens in gleicher Höhe gestiegen“ seien wie die Ge-
5
_______________
1 Vgl. Maunz, ArchPF 1968, 541 (542 f.). 2 Maunz, ArchPF 1968, 541 (556). 3 Maunz, ArchPF 1968, 541 (557); vgl. auch BGH, Urt. v. 19.6.1986 – III ZR 177/84, DVBl. 1986, 1055 (1057). 4 Vgl. Hempell, Postverfassungsrecht, 1983, 89. 5 Vgl. Hempell, Postverfassungsrecht, 1983, 114 f.; Wohlfart, ArchPF 1981, 272 ff. 6 Vgl. Hempell, Postverfassungsrecht, 1983, 115 ff., 121 ff.; BGH, Urt. v. 19.6.1986 – III ZR 177/184, DVBl. 1986, 1055 (1056); s. a. Witte, ZögU 1997, 434 (437 f.). 7 BVerfG, Beschl. v. 24.2.1970 – 2 BvL 12/69, 2 BvR 665/65, 26/66, 467/68, BVerfGE 28, 66 (87); BVerfG, Beschl. v. 22.3.1984 – 2 BvR 849/82, NJW 1984, 1871 (1872). 8 BVerfGE 28, 66 (87).
Gramlich | 1087
I Rz. 6
Entgeltregulierung
bühren. Zudem verursache „das dauernde Bereithalten der Einrichtungen des Fernsprechverkehrs ständig höhere Leerkosten, weil die Zahl der Fernsprechanschlüsse laufend zunimmt. Dies kommt wiederum jedem einzelnen Fernsprechteilnehmer zugute“1. 1.2.3 Schritte auf dem Weg zur unternehmerischen Selbständigkeit und zum Wettbewerb: Postverfassungsgesetz 1989 6
Das Poststrukturgesetz konnte 1989 an ein bereits Anfang der 70er Jahre beratenes, aber letztlich nicht realisiertes Konzept2 anknüpfen: Nunmehr erfolgte zum einen eine „Privatisierung der Handlungsform“: „Die im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der Einrichtungen der Deutschen Bundespost TELEKOM“ – als einem der als „öffentliche Unternehmen“ (§ 1 Abs. 2 PostVerfG) organisierten drei neuen Teilbereiche der DBP – „entstehenden Rechtsbeziehungen“ waren (wieder) „privatrechtlicher Natur“ (§ 9 Abs. 1 Satz 1 FAG)3, auch wenn bestimmte privatrechtliche Entgeltforderungen noch vorübergehend im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt werden konnten (§ 9 Abs. 2–4 FAG)4. Zum maßgeblichen Zeitpunkt (1.7.1989 – s. Art. 7 PostStruktG) bereits bestehende, öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnisse blieben als „privatrechtliche Rechtsbeziehungen“ bestehen (§ 65 Abs. 3 Satz 2 PostVerfG)5; ihr Inhalt wurde einstweilen durch Benutzungs- und Gebührenverordnungen (§ 65 Abs. 1 PostVerfG), im Übrigen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen der DBP-Unternehmen näher bestimmt. Ende Juni 1991 traten jedoch sämtliche noch bestehenden Rechtsverordnungen außer Kraft6.
7
Die Entgeltregelung lag seither primär als „unternehmerische und betriebliche Aufgabe“ (§ 1 Abs. 1 Satz 3 PostVerfG)7 in den Händen der Unternehmensorgane Vorstand und Aufsichtsrat (§§ 3 Abs. 2, 12 ff., 15 ff. PostVerfG). Der Vorstand entschied in der Regel allein über die Leistungsentgelte. Eines Beschlusses des Aufsichtsrates bedurfte es nur „im Monopolbereich des _______________
1 BVerfGE 28, 66 (88); s. a. OLG Düsseldorf, NJW 1991, 1363 (1363). 2 BT-Drucks. VI/1385 v. 6.11.1970; dazu näher Mauser/Kühn, ZPF 1970, 625 ff.; Kühn, JbDBP 1971, 9 (27 ff.); Witte in: Büchner (Hrsg.), Post und Telekommunikation, 1999, 59 (65 ff.); BT-Drucks. 7/81 v. 25.1.1973; dazu Wiechert, ZRP 1973, 208 ff.; Voges, DVBl. 1975, 972 ff. 3 Fernmeldeanlagengesetz i. d. F. v. Art. 3 Nr. 7 PostStruktG; vgl. Statz, ArchPT 1992, 97 ff.; speziell zu „Gebührenrechtsstreitigkeiten“ Schwonke, NVwZ 1991, 149 f. 4 Vgl. dazu Statz, DöV 1990, 241 ff.; Schneider, ArchPT 1995, 285 ff.; zur vorherigen Rechtslage BVerwG, Urt. v. 16.9.1977 – VII C 13.76, BVerwGE 54, 314 ff. 5 Zu Übergangsproblemen Gramlich, VerwRdsch 1990, 85 ff. 6 Vgl. Fangmann/Scheurle/Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 65 PostVerfG Rz. 1; zur Gebührenregelung der Telekommunikationsordnung v. 5.11.1986 (BGBl. I, 1749) vgl. Hutter/ Gehrhoff, JbDBP 1988, 9 (37 ff., 156 ff.). 7 Vgl. Fangmann/Scheurle/Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 1 PostVerfG Rz. 16, 18.
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Rz. 8 I
Fernmeldewesens“ (§ 23 Abs. 3 Nr. 4 PostVerfG), d. h. im Hinblick auf das Netz-, Funkanlagen- und Telefondienstmonopol (§ 1 Abs. 2, 4 FAG)1, vor der abschließenden Entscheidung über die „für die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens wesentlichen Leistungsentgelte für Pflichtleistungen“ (§ 23 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 i. V. m. § 25 Abs. 2 PostVerfG) war die Stellungnahme des Kontrollgremiums einzuholen2. Über einen Einspruch des Vorstands gegen Entgeltbeschlüsse des Aufsichtsrats, also bei einem unternehmensinternen Dissens, entschied der Bundesminister für Post und Telekommunikation (§ 24 Abs. 3 Satz 1 PostVerfG)3. Dem Ressortminister standen zudem – in Wahrnehmung seiner „politischen und hoheitlichen“ Aufgaben (§ 1 Abs. 1 Satz 2 PostVerfG)4 – aufsichtliche Befugnisse über die DBP-Unternehmen zu. So übte er die Rechtsaufsicht auch darüber aus (§ 27 PostVerfG), dass die Unternehmensorgane die „allgemeinen Rechtsvorschriften“5 beachteten. Speziell im Hinblick auf Leistungsentgelte waren ihm Genehmigungs- bzw. Widerspruchsrechte eingeräumt: Einem Aufsichtsratsbeschluss hierzu konnte die Genehmigung (auch) versagt werden, wenn er „im Interesse der Bundesrepublik Deutschland nicht verantwortet werden“ konnte (§ 28 Abs. 1 Satz 2 PostVerfG)6; für das Widerspruchsrecht bei wesentlichen Pflichtleistungsentgelten (§ 28 Abs. 2 PostVerfG) galt derselbe Maßstab7. Zu den „politischen“ Einflussnahmen war jeweils das Benehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft herzustellen (§ 28 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Nr. 2 PostVerfG)8. Beabsichtigte der BMPT, eine Entgeltgenehmigung zu versagen bzw. von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen, hatte hierüber der zu gleichen Teilen aus Vertretern des Bundestags und des Bundesrats bestehende (§ 32 Abs. 1) Infrastrukturrat Beschluss zu fassen (§ 34 Abs. 2 Nr. 1, 2 PostVerfG)9. Bei einem Konflikt mit dem Ressortminister konnte dieser eine endgültige Ent_______________
1 Vgl. Fangmann/Scheurle/Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 23 PostVerfG Rz. 15 f. 2 Vgl. Fangmann/Scheurle/Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 23 PostVerfG Rz. 26. 3 Vgl. Fangmann/Scheurle/Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 24 PostVerfG Rz. 4. 4 Vgl. Fangmann/Scheurle/Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 1 PostVerfG Rz. 13, 17. 5 Dazu Fangmann/Scheurle/Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 27 PostVerfG Rz. 8; Scherer, ArchPT 1993, 261 (263); Gramlich, ArchPT 1993, 51 (55 f.). 6 Vgl. Fangmann/Scheurle/Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 28 PostVerfG Rz. 13. 7 So Stollberg in: Das Deutsche Bundesrecht VI H 9 § 28 PostVerfG, 48; Gramlich, ArchPT 1993, 51 (56). 8 Vgl. Fangmann/Scheurle/Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 28 PostVerfG Rz. 22. 9 Vgl. Fangmann/Scheurle/Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 34 PostVerfG Rz. 8 f., 10.
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Entgeltregulierung
scheidung durch die Bundesregierung herbeiführen (§ 35 Abs. 2, 3 PostVerfG)1. 9
Auf der Grundlage des PostVerfG kam es erstmals zu (ministeriellen) Entscheidungen über Entgeltanträge; als Antragsteller kam freilich nur das öffentliche Unternehmen DBP TELEKOM in Frage. Nähere Maßstäbe oder Grundsätze zur Genehmigung bzw. Billigung von Leistungsentgelten enthielt das PostVerfG nicht2: Die „Leitungsgrundsätze“ des § 4 PostVerfG setzten zunächst an der Nachfrage nach „Leistungen der Fernmeldedienste“ an (Abs. 1 Satz 1) und postulierten hierfür ein Entwicklungsgebot (Satz 2). „Darüber hinaus“ schrieb § 4 Abs. 1 Satz 3 vor, „Monopolaufgaben und Pflichtleistungen“ im Sinne der Daseinsvorsorge (und) „nach den Grundsätzen der Politik der Bundesrepublik Deutschland zu sichern und der Entwicklung anzupassen“, „dabei“ aber die „Grenzen der wirtschaftlichen Möglichkeiten der (DBP-)Unternehmen zu beachten“ (Satz 4). Auch die Verpflichtung gem. § 4 Abs. 1 Satz 6 PostVerfG, die Unternehmen „nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu führen“3, enthielt keine spezifischen Regeln für Art und Höhe der für die erbrachten Fernmeldedienste geforderten monetären Gegenleistungen.
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Konkretere Vorgaben konnten aber den „Grundsätzen“ für die „Wirtschaftsführung“4 entnommen werden: Nach § 37 Abs. 1 PostVerfG war auch das Unternehmen DBP TELEKOM „so zu leiten, dass die Erträge die Aufwendungen decken“; darüber hinaus sollte im Hinblick auf das nach § 41 erforderliche Eigenkapital ein „angemessener Gewinn“ erwirtschaftet werden5. Prinzipiell sollte zwar das Unternehmen für die einzelnen Dienste „in der Regel jeweils die vollen Kosten und einen angemessenen Gewinn erwirtschaften“, ein Ausgleich zwischen diesen Diensten war jedoch zulässig (§ 37 Abs. 2 PostVerfG)6. Gem. § 37 Abs. 4 Satz 1 PostVerfG galt dies auch im Verhältnis von Monopol- zu Wettbewerbsdiensten7; soweit aber durch eine „anhaltende spürbare Kostenunterdeckung im Wettbewerbsbereich die _______________
1 Vgl. Fangmann/Scheurle/Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 35 PostVerfG Rz. 5 f. 2 Hingegen beinhaltete die „Konzeption der Bundesregierung zur Neuordnung des Telekommunikationsmarktes, BR-Drucks. 241/88 v. 27.5.1988; auch in: Kühn/ Reinke, JbDBP 1991, 9 (139 ff.) einen Abschnitt (Ziff. 5.7) „zur künftigen Gebührenpolitik“. 3 Vgl. Fangmann/Scheurle/Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 4 PostVerfG Rz. 35 f. 4 Zum Verhältnis zwischen § 4 und § 37 PostVerfG vgl. Fangmann/Scheurle/ Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 4 PostVerfG Rz. 18 f., § 37 PostVerfG Rz. 6. 5 Vgl. Fangmann/Scheurle/Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 37 PostVerfG Rz. 7 ff. 6 Vgl. Fangmann/Scheurle/Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 37 PostVerfG Rz. 12 ff. 7 Zu möglicher Regulierung s. Weinkopf/Neu, ArchPF 1991, 422 ff.
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Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen auf einem Markt ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt“ werden sollten, was zunächst der Bundesminister für Wirtschaft als für Wettbewerbsfragen zuständiger Ressortminister festzustellen hatte, war der BMPT gehalten, die „erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung der Beeinträchtigung“ zu treffen (§ 37 Abs. 4 Sätze 2–4 PostVerfG)1. Die „Grundsätze“ legten damit eine Kostenorientierung von Entgelten auch als Kontrollmaßstab zumindest nahe. § 1 a Abs. 2 FAG bildete eine Entsprechung zu § 37 (Abs. 4) PostVerfG: Privaten Unternehmen mit einem Marktanteil von mindestens drei Prozent konnten danach durch Rechtsverordnung des BMPT Verpflichtungen auferlegt werden, um die Beeinträchtigung von Wettbewerbsmöglichkeiten der DBP TELEKOM zu beseitigen; dabei durften nicht nur „Angebotsbedingungen in räumlicher oder qualitativer Hinsicht“, sondern auch „den Preis bestimmende Faktoren“ festgelegt werden2. Voraussetzung für ein derartiges Einschreiten war der Umstand, dass die Erfüllung einer Pflichtleistung (nach der TPflV3) nicht mehr gewährleistet gewesen sein würde – weil erstens die Wettbewerbsmöglichkeiten des öffentlichen Unternehmens gegenüber anderen Anbietern, die gleiche oder gleichartige Dienstleistungen erbringen, durch die „verordnete Struktur der Pflichtleistung“ oder der „Entgeltregelung“4 erheblich beeinträchtigt wurden und zweitens ein Ausgleich nach § 37 Abs. 4 PostVerfG „wegen nachhaltig fehlender Ertragskraft der Monopoldienste nicht möglich“ war5.
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1.2.4 Zwischen erster und zweiter Postreform Am 1. Juli 1991 war die von der Bundesregierung auf der Grundlage von § 30 Abs. 1 PostVerfG erlassene Telekommunikationsverordnung (TKV)6 in Kraft getreten, die für alle Dienstleistungen der DBP TELEKOM „Rahmenvorschriften“7 enthielt; die Verordnung betraf in erster Linie allerdings _______________
1 Vgl. Fangmann/Scheurle/Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 37 PostVerfG Rz. 24 ff.; Weinkopf/Neu, ArchPF 1991, 422 (440 ff.). 2 Vgl. Fangmann/Scheurle/Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 1 a FAG Rz. 14. 3 Telekom-Pflichtleistungsverordnung v. 16.9.1992 (BGBl. I, 1614); vgl. Gramlich, ArchPT 1993, 51 (53). 4 Von der in der Begründung des Gesetzesentwurfs angesprochenen Möglichkeit, in der Pflichtleistungsverordnung „Entgeltmaßstäbe“ wie „Entfernung, Nutzungszeit, -intensität“ sowie „Entgelteinheit im Raum“ o. Ä. vorzugeben (BT-Drucks. 11/2854 v. 2.9.1988, 44), wurde in der TPflV kein Gebrauch gemacht. 5 Vgl. Fangmann/Scheurle/Schwemmle/Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 1 a FAG Rz. 9 ff. 6 V. 24.6.1991 (BGBl. I, 1376); vgl. Statz, ArchPF 1992, 97 (102 f.). 7 Vgl. Gramlich, ArchPT 1993, 51 (54).
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Entgeltregulierung
Monopol- und, seit der Änderung im Herbst 19921, Pflichtleistungen, enthielt aber auch Entgelt- (§ 11) bzw. entgeltrelevante Regelungen (Rechnungserteilung, Fälligkeit, Einwendungen; §§ 12–14), im Rahmen des Netzmonopols im Anschluss an die ONP-Rahmenrichtlinie des Rates der EG2 zudem strukturelle Vorgaben mit Relevanz für Leistungsentgelte (§§ 19, 20). 13
Die seit 1990 aufgrund von § 2 Abs. 1 FAG3 erteilten „Lizenzen“ (Verleihungen) zum Errichten und Betreiben digitaler zellularer Mobilfunknetze gaben dem Lizenznehmer auf, die „regelmäßig geforderten Entgelte und die sonstigen regelmäßig verwendeten Geschäftsbedingungen … zu veröffentlichen und auf Antrag jeder interessierten Person zu übermitteln“ und sie – auch bei Änderungen – „vor ihrer Inkraftsetzung“ dem BMPT (als Lizenzgeber) „schriftlich mitzuteilen“; dieser konnte dann eine Modifizierung fordern, „wenn der Wechsel von Teilnehmern zu Betreibern von anderen Mobilfunknetzen oder zu Diensteanbietern unverhältnismäßig erschwert wird“4. 1.3 „Regulierung“ der Telekommunikation nach der zweiten Postreform 1.3.1 Post- und Telekommunikations-Regulierungsgesetz 1994
14
Mit der zweiten Postreform wurden wesentliche Regelungen des (durch Art. 13 § 1 Nr. 3 PTNeuOG aufgehobenen) PostVerfG durch das PTRegG5 aufgenommen und fortgeführt; freilich war die Geltung dieses Gesetzes von vornherein zum 31.12.1997 befristet (§ 23 PTRegG)6. An erster Stelle der „Ziele“ der Regulierung der Telekommunikation – als einer durch Art. 87 f Abs. 1 GG dem Bund zugewiesenen hoheitlichen Aufgabe (§ 1 PTRegG)7 – nannte § 2 Abs. 2 (Nr. 1) ein flächendeckendes, modernes und „preisgünsti_______________
1 Erste Verordnung zur Änderung der Telekommunikationsverordnung v. 16.9.1992 (BGBl. I, 1612). 2 V. 28.6.1990 zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs (Open Network Provision – ONP), ABl. EG Nr. L 192 v. 24.7.1990, 1. 3 Zur Fassung gem. Art. 3 Nr. 3 PostStruktG s. Fangmann/Scheurle/Schwemmle/ Wehner, Handbuch für Post und Telekommunikation – Poststrukturgesetz, 1990, § 2 FAG Rz. 2 f. 4 Vgl. Nr. 9 der D 1-Lizenz (i. d. F. v. 23.6.1994, BMPT-Vfg 259.1, ABl. BMPT 1994, 866), Nr. 9 der D 2-Lizenz (i. d. F. v. 11.3.1994, BMPT-Vfg 259.2, ABl. BMPT 1994, 873), Nr. 9 der E 1-Lizenz (i. d. F. v. 4.5.1994, BMPT-Vfg 259.3, ABl. BMPT 1994, 880). 5 Gesetz über die Regulierung der Telekommunikation und des Postwesens = Art. 7 PTNeuOG. 6 Zu den Gründen hierfür vgl. Stober/Moelle/Müller-Dehn in: Stern (Hrsg.), Postrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1997 ff., § 23 PTRegG Rz. 2. 7 Dazu näher Stober/Moelle/Müller-Dehn in: Stern (Hrsg.), Postrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1997 ff., § 1 PTRegG Rz. 15 ff.; Scherer, CR 1994, 418 (423); Gramlich, VerwArch 1997, 598 (622 f.); ferner unten, Rz. 38, 60.
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ges“1 Angebot von Dienstleistungen, Nr. 3 verpflichtete zur Sicherung eines diskriminierungsfreien Zugangs aller Nutzer zu den Dienstleistungsangeboten, Nr. 5 erlegte dem „Regulierer“ die Berücksichtigung sozialer Belange, Nr. 6 gab diesem schließlich die Gewährleistung eines wirksamen Verbraucherschutzes auf2. Die im ersten Abschnitt des PTRegG normierten „Grundsätze“ befassten sich auch mit Leistungsentgelten: Im Monopolbereich der Telekommunikation (§ 1 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Satz 4 FAG3) bestand (weiterhin) ein „Genehmigungsrecht“ des BMPT, welches im „Benehmen“ mit dem Bundesminister für Wirtschaft und „nach Maßgabe der §§ 13 und 14“ auszuüben war (§ 4 Abs. 1 Satz 1 PTRegG). Diese präventive Kontrolle bezog sich nur auf Dienstleistungen, die nicht auch von anderen Anbietern auf Grund einer Verleihung nach § 2 FAG im Wettbewerb erbracht werden durften (§ 4 Abs. 1 Satz 2 PTRegG), und betraf wie bisher allein die Deutsche Telekom AG (§ 1 Abs. 5 FAG, § 1 Abs. 2 Satz 1 PostUmwG4). Auch Pflichtleistungen der DTAG als einem der drei DBP-„Nachfolgeunternehmen“ unterlagen dann einem Widerspruchsrecht des BMPT, wenn sie „für die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens wesentlich“ waren (§ 4 Abs. 3 Satz 1 PTRegG). Nur in Bezug auf eine (vorherige) Genehmigung statuierte das Gesetz in abschließender Weise drei Versagungsgründe: Abweichung von den Regulierungszielen gem. § 2 (Abs. 2), Missachtung anderer Bestimmungen des PTRegG oder Verletzung „allgemeiner Rechtsvorschriften“ (§ 4 Abs. 2 Satz 1 PTRegG). Für das ebenfalls auf eine (Vorstands-)„Vorlage“ bezogene, deren Wirksamwerden suspendierende Widerspruchsrecht (s. § 5 Abs. 1 Satz 2 PTRegG) war der gleiche Kontrollmaßstab relevant. Im Monopolbereich umfasste der Genehmigungsvorbehalt nun auch entgeltrelevante Bestandteile der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
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Bei Behandlung einer „Vorlage“ (d. h. eines Antrags des DTAG-Vorstands i. S. v. § 22 VwVfG) zu einem der Genehmigungspflicht oder dem Widerspruchsrecht unterliegenden Gegenstand schrieb das Gesetz vor der endgültigen Entscheidung durch den BMPT die Mitwirkung anderer Stellen vor: In beiden Fällen war das „Benehmen“ mit dem Bundesminister für Wirtschaft herzustellen. Des Weiteren musste ein Beschluss des Regulierungsrates (gem. § 13 Abs. 3 Nr. 1 bzw. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 PTRegG)5 herbeigeführt werden; die Minister-Vorlage galt als gebilligt, wenn sie nicht binnen zwei
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_______________
1 Vgl. Stober/Moelle/Müller-Dehn in: Stern (Hrsg.), Postrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1997 ff., § 2 PTRegG Rz. 47. 2 Vgl. näher Stober/Moelle/Müller-Dehn in: Stern (Hrsg.), Postrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1997 ff., § 2 PTRegG Rz. 46 f., 52 ff., 56 f., 58 f. 3 I. d. F. v. Art. 5 Nr. 1 PTNeuOG. 4 Gesetz zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft (Postumwandlungsgesetz) = Art. 3 PTNeuOG; vgl. Gramlich, NJW 1994, 2785 (2789 f.). 5 Vgl. Stober/Moelle/Müller-Dehn in: Stern (Hrsg.), Postrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1997 ff., § 13 PTRegG Rz. 15.
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Entgeltregulierung
Wochen nach ihrem Eingang bei diesem Gremium abgelehnt wurde (§ 13 Abs. 6 PTRegG)1. Der Regulierungsrat hatte gem. § 13 Abs. 1 Satz 2 PTRegG „bei Wahrnehmung seiner Befugnisse die wirtschaftlichen Möglichkeiten der von seiner Entscheidung betroffenen Unternehmen“ – damit vor allem (nunmehr) der Deutschen Telekom AG – „zu berücksichtigen“. Dem BMPT blieb es jedoch möglich, die Letztentscheidung der Bundesregierung herbeizuführen, wenn er der (zu begründenden) Ansicht war, der Beschluss des Regulierungsrats könne „im Interesse der Bundesrepublik Deutschland nicht berücksichtigt“ werden (§ 14 Abs. 3 PTRegG)2. Während das Widerspruchsrecht nur innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Entgelt(änderungs)antrags wirksam ausgeübt werden konnte (§ 4 Abs. 3 Satz 2 PTRegG), war zwar beim Genehmigungsvorbehalt ebenfalls eine fiktive Erteilung vorgesehen. Dieses Ergebnis ließ sich jedoch durch eine rechtzeitige (Zwischen-)Äußerung des BMPT an die Deutsche Telekom AG verhindern3. Zeitliche Vorgaben für den Verfahrensablauf ergaben sich so lediglich aus §§ 13 Abs. 6, 14 Abs. 1 (– 3) PTRegG. Wenn keine Versagungsgründe gegeben waren, räumte das Gesetz einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer dem Antrag entsprechenden Genehmigung ein, gestaltete diese mithin als Kontrollerlaubnis4 aus5. 17
Für den Erlass der allein der Deutschen Telekom AG und damit einem einzigen/einzelnen Adressaten gegenüber ergehenden hoheitlichen Maßnahme war nach außen hin der Bundesminister für Post und Telekommunikation zuständig; insofern wurde er als Behörde (§ 1 Abs. 4 VwVfG) tätig. Genehmigungsbedürftige Entgelte erlangten erst mit der verbindlichen Entscheidung durch den BMPT (äußere und innere)6 Wirksamkeit (§ 5 Abs. 1 Satz 1 PTRegG), d. h. sie wurden zu dem im – insofern privatrechtsgestaltenden – Genehmigungsbescheid7 bestimmten Zeitpunkt „Bestandteil des Rechtsgeschäfts“ (§ 5 Abs. 1 Satz 2 PTRegG) mit den jeweiligen Kunden. Neben diese Gestaltungswirkung trat gem. § 5 Abs. 2 PTRegG eine Befugnis des BMPT, im Wege der Untersagung gegen eine Durchführung von Rechtsge_______________
1 Vgl. Stober/Moelle/Müller-Dehn in: Stern (Hrsg.), Postrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1997 ff., § 13 PTRegG Rz. 20 f. 2 Vgl. Stober/Moelle/Müller-Dehn in: Stern (Hrsg.), Postrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1997 ff., § 13 PTRegG Rz. 23, § 14 PTRegG Rz. 4 ff.; krit. Scherer, CR 1994, 418 (425 f.). 3 Ossenbühl, ArchPT 1996, 207 (233). 4 Vgl. hierzu näher Gramlich, Erlaubnispflicht, Dispens und Nebenbestimmungen im Wirtschaftsverwaltungsrecht (Dez. 1998) in: Stober/Bunte (Hrsg.), Lexikon des Rechts der Wirtschaft, E 740, 1 f.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Aufl. 2004, § 9 Rz. 51 ff. 5 Offen lassend Ossenbühl, ArchPT 1996, 207 (232). 6 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Aufl. 2004, § 9 Rz. 66, § 10 Rz. 20. 7 Vgl. Ossenbühl, ArchPT 1996, 207 (234); LG Hamburg, Urt. v. 6.6.1997 – 303 O 257/96, NJW 1997, 3250 (3251); Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 54; anders – nur im Hinblick auf § 5 PostVerfG für die DBP TELEKOM bis Ende 1994 – Michalski, CR 1998, 657 (659 f.).
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Von der Gebührenpolitik zur Entgeltregulierung
schäften einzuschreiten, die ungenehmigte oder genehmigungswidrige Bestandteile beinhalteten, und konnte der Minister die Abschöpfung eines rechtswidrig-schuldhaft erlangten Mehrerlöses anordnen (§ 6 PTRegG)1. Eine (modifizierte) Fortsetzung fand schließlich § 37 Abs. 4 PostVerfG im Hinblick auf den Ausgleich von Monopol- zugunsten von Wettbewerbsdiensten innerhalb der Deutschen Telekom AG in § 7 PTRegG2. Gem. § 15 Abs. 1 PTRegG wurden für die Wahrnehmung der Aufsicht (§ 3 Abs. 1) nach § 15 Abs. 2 PTRegG „unabhängige Beschlusskammern“ beim BMPT gebildet, deren Zuständigkeit umfasste damit auch – aber auch nur – die „Anwendung“ bereits „genehmigter Leistungsentgelte“ (Nr. 3)3. 1.3.2 Telekommunikations-Kundenschutzverordnung 1995 Die ab 1.1.1996 geltende Telekommunikations-Kundenschutzverordnung (TKV 1995)4 verpflichtete in § 10 Abs. 1 TKV das „Nachfolgeunternehmen“ der Deutschen Bundespost dazu, Monopoldienstleistungen – gem. § 2 Nr. 1 TKV „diejenigen Dienstleistungen, die die Deutsche Telekom AG erbringt, soweit sie die ihr nach § 1 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 Satz 3 und 4 FAG verliehenen ausschließlichen Rechte ausübt – „im Rahmen der wirtschaftlichen Möglichkeiten entsprechend der allgemeinen Nachfrage am Markt und dem Stand der technischen Entwicklung … unter Beachtung der Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2“ PTRegG „bundesweit“ anzubieten. Für „Leistungsentgelte“ enthielt § 13 TKV eingehendere Regelungen: Waren Festoder Rahmenentgelte zulässig (Abs. 1 Satz 1)5, musste allerdings das Verhältnis zwischen den einzelnen Dienstleistungsbestandteilen und dem dafür zu zahlenden Entgelt „ausgewogen“ sein (Abs. 1 Satz 2). Der Deutschen Telekom AG wurde durch Abs. 3 vorgeschrieben, nur nach § 4 Abs. 1 PTRegG genehmigte Leistungsentgelte zu erheben, auch im Rahmen von schon vor Wirksamwerden der Genehmigung begründeten Kunden-Verträgen6. Schließlich traf § 13 Abs. 4 (und 5) TKV gegenüber der DTAG verbindliche Vorgaben für die Gestaltung der Entgelte im Monopolbereich: Diese mussten „auf objektiven Maßstäben beruhen, nachvollziehbar sein und einen diskriminierungsfreien Zugang zu den Dienstleistungen ermög_______________
1 Vgl. Gramlich, NJW 1994, 2785 (2792). 2 Vgl. Schroeder in: Stern (Hrsg.), Postrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1997 ff., § 7 PTRegG Rz. 18 ff.; LG Bonn, Urt. v. 5.11.1996 – 11 O180/96, ArchPT 1997, 67 (68); P. Badura, ArchPT 1997, 318 ff. 3 Vgl. Scherer, CR 1994, 418 (425); Gramlich, VerwArch 1997, 598 (626). 4 V. 19.12.1995 (BGBl. I, 2020). Sie löste die TKV 1991 i. d. F. der Bek. v. 5.10.1992 (BGBl. I, 1717) ab. Vgl. Küppers, ArchPT 1996, 133 ff.; krit. Böhm, ArchPT 1997, 118 ff. 5 Gem. § 13 Abs. 1 Satz 3 konnte die DTAG Leistungsentgelte auch unter Beachtung von vom BMPT für genehmigungsfähig erklärten „Maßgrößen“ – insbes. „Obergrenzen für den Durchschnitt der jeweiligen periodischen Änderungsraten“ der Entgelte – bilden. 6 Dazu Ossenbühl, ArchPT 1996, 207 (217 f.).
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Entgeltregulierung
lichen“1; sie waren „insbesondere nach Höhe und Struktur kostenorientiert zu gestalten“; ihre Struktur sollte „die Nachfrage berücksichtigen“, und „mengenmäßige Kostenersparnisse der Deutschen Telekom AG“ waren „ebenso zu berücksichtigen wie Kostenersparnisse durch Vorleistungen der Kunden“. Im Rahmen des Netzmonopols sollte (weiterhin) eine nutzungsneutrale und -unabhängige Gestaltung erfolgen und die degressive Kostenabhängigkeit von der Bandbreite oder Bitrate der bereitgestellten Übertragungswege2 berücksichtigt werden. § 10 und § 13 (Abs. 1 Sätze 1, 2 und Abs. 2) TKV galten gem. § 45 TKV gleichermaßen für „Pflichtleistungen“ (§ 2 Nr. 3)3. 19
Weiterhin galten für Monopol- und Pflichtleistungen allgemeine Bestimmungen über Rechnungserteilung, Fälligkeit, Einwendungen und Freiwerden von der Entgeltpflicht (§§ 15–18 TKV). Besondere (zusätzliche) Vorschriften befassten sich zum einen mit der Bereitstellung von Monopoldienstleistungen für den Mobilfunk: Gem. § 33 TKV wurden hier Leistungsentgelte für Übertragungswege zwischen den „Lizenznehmern“ (§ 2 Nr. 16) und der DTAG vereinbart und bedurften diese Vereinbarungen der Genehmigung nach § 4 PTRegG. Gleiches galt bei Leistungsentgelten für die Netzzusammenschaltung (§ 41 TKV) sowie für die Nutzung des „Telefonnetzes“ (§ 2 Nr. 13 TKV), es sei denn, diese erfolgte „für andere Zwecke als für die der Sprachkommunikation im Sinne des Telefondienstmonopols“.
1.3.3 Vom PTRegG zum TKG 1996 20
Das Inkrafttreten des ersten Telekommunikationsgesetzes (TKG)4 am 1.8.1996 (§ 100 Abs. 1 Satz 3 TKG) beließ dem PTRegG zunächst noch einen beschränkten Anwendungsbereich, weil zum einen Vorschriften des Zehnten Teils des TKG erst zum 1.10.1997 bzw. zum 1.1.1998 (§ 100 Abs. 1 Sätze 1, 2) Rechtswirksamkeit erlangten, zum andern § 97 Abs. 2 TKG für das Angebot von Sprachtelefondienst (§ 3 Nr. 15 TKG) bis zum 31.12.1997 die Weitergeltung des PTRegG ausdrücklich anordnete, weil erst zu diesem Zeitpunkt die Liberalisierung auch dieses Bereichs erfolgen sollte (§ 100 Abs. 1 Satz 4 i. V. m. § 99 Abs. 1 Nr. 1 b] TKG)5. Diesbezüglich sah die „Übergangsvorschrift“ des § 97 TKG in Abs. 3 auch vor, dass sich die Genehmigung der Entgelte der Deutschen Telekom AG für das Angebot von _______________
1 Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1, 3 PTRegG; speziell für „Übertragungswege“ (§ 2 Nr. 6) s. a. § 13 Abs. 5 Satz 2 TKV 1995. 2 Entgelte hierfür sollten ein einmaliges Anschlussentgelt sowie eine regelmäßige Miete in Form eines Pauschalsatzes umfassen (§ 13 Abs. 5 Satz 1 TKV 1995). 3 Gem. §§ 2 ff. TPflV; diese waren nach § 1 Abs. 1 Satz 2 TPflV durch die DBP TELEKOM/die DTAG „in der Fläche zu einheitlichen Leistungsentgelten nach dem Grundsatz der Tarifeinheit im Raum anzubieten“. 4 V. 25.7.1996 (BGBl. I, 1120). 5 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster, § 97 Rz. 3; Simon, ArchPT 1997, 70.
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Rz. 21 I
Sprachtelefondienst durch die (nach § 4 Abs. 1 PTRegG) zuständige Behörde ausschließlich nach dem PTRegG richte – d. h. hierbei auch der Regulierungsrat (§§ 11 ff. PTRegG) und nicht der Beirat nach §§ 67 ff. TKG mitzuwirken habe – und dass hiernach vor dem 1.1.1998 an die DTAG ergangene „Vorgaben und Genehmigungen“ bis längstens 31.12.2002 wirksam blieben, um dieser „ausreichende Planungssicherheit zu geben“ und „um so ein sicheres investives Umfeld für den Börsengang des Unternehmens zu gewährleisten“1. Im Übrigen legte § 98 Satz 1 TKG fest, die der Regulierungsbehörde nach dem TKG zugewiesenen (und nach dessen Vorgaben zu erfüllenden) Aufgaben würden bis Ende 1997 vom BMPT2 wahrgenommen. 1.4 Neukonzeption der Entgeltregulierung im TKG 1996 1.4.1 Ziele der Entgeltregulierung Die Begründung zum Entwurf des TKG 1996 hielt bereits in ihrem Allgemeinen Teil fest, die „bestehenden wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen des GWB.“ seien „für die Umwandlung eines traditionell monopolistisch geprägten Marktes unzureichend. Um potentiellen Wettbewerbern den Einstieg in den Markt tatsächlich zu ermöglichen, sind spezifische zusätzliche Regelungen erforderlich, die es der Regulierungsbehörde ermöglichen, marktbeherrschende Unternehmen in besonderer Weise zu regulieren. Dazu gehört auch die Genehmigung von Tarifen marktbeherrschender Unternehmen in wesentlichen Dienstleistungsbereichen“3. Dieses Instrument dient also dem Regulierungsziel der Sicherstellung eines „chancengleichen“ und „funktionsfähigen“ Wettbewerbs auf den Märkten der Telekommunikation4. Die „Preisregulierung“ wurde aber auch deshalb als „zentrale Aufgabe der Regulierungsbehörde“ bezeichnet, weil sie „in abgestufter Intensität“ nach den Vorschriften des TKG „zum Schutze der Nutzer“ erfolge. Mit diesem in § 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG 1996 als einem „Hauptmotiv der Liberalisierung“5 eigens hervorgehobenen Ziel wurde das Vorgehen gegen die „missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung“ gerechtfertigt, was bei Telekommunikationsdienstleistungen, die bislang ausschließlich von der Deutschen Telekom AG angeboten wurden – „Sprachtelefondienst“ (§ 3 Nr. 15 TKG 1996) und „Übertragungswege“ (§ 3 Nr. 22 TKG 1996) –, eine Genehmigung „vor Markteinführung“ verlange6. An der „überragenden Marktstellung“ der DTAG werde sich nach dem 1.1.1998 „nur allmählich etwas ändern“. Erforderlich sei deshalb, „den dominanten _______________
1 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 58; s. a. Beck TKG-Komm/Schuster, 1. Aufl. 1997, § 97 Rz. 4 f. 2 Vgl. Beck TKG-Komm/Ehmer, § 98 Rz. 1 f. 3 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 34. 4 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster, 2000, § 2 Rz. 19 f. 5 So BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 36; s. a. Beck TKG-Komm/Schuster, § 2 Rz. 5. 6 Vgl. BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 35.
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I Rz. 22
Entgeltregulierung
Anbieter daran zu hindern, die Nachfrager auf Teilmärkten mit geringer Preiselastizität der Nachfrage durch hohe Preise auszubeuten, um auf anderen Teilmärkten durch systematische Preisunterbietung Wettbewerb zu beeinträchtigen“. Im Übrigen könne „eine Preisgenehmigung auch dann noch erforderlich sein, wenn neben der Deutschen Telekom AG andere Unternehmen eine marktstarke Stellung errungen haben; es sei denn, zwischen diesen besteht wesentlicher Wettbewerb“1. Damit fand auch das Regulierungsziel des § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG 1996 gebührend Beachtung2.
1.4.2 Notwendigkeit einer sektorspezifischen Regulierung 22
Zudem seien „sektorspezifische Regelungen“ als „Ergänzung zum allgemeinen Wettbewerbsrecht“ erforderlich, um das Ziel eines funktionsfähigen Wettbewerbs auf dem Telekommunikationsmarkt zu erreichen3. Als „Zweck“ dieser spezifischen Regelung stellte die Begründung des Gesetzesentwurfs auf die aus internationalen Erfahrungen gewonnene Erkenntnis ab, potentielle Anbieter von „Telekommunikationsdienstleistungen“ (§ 3 Nr. 18 TKG) hätten „ohne besondere regulatorische Vorkehrungen keine Chance gegenüber dem dominanten Anbieter“, d. h. (bis auf weiteres) der Deutschen Telekom AG4. „In Erfüllung des verfassungsrechtlichen Auftrags, die Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen im Wettbewerb sicherzustellen“, bestehe „ein wesentliches Ziel der gesetzlichen Bestimmungen darin, die staatlichen Rahmenbedingungen in der Telekommunikation so zu gestalten, dass chancengleicher Wettbewerb durch die neu hinzutretenden Anbieter ermöglicht wird, sowie durch regulierende Eingriffe in das Marktverhalten beherrschender Unternehmen einen funktionsfähigen Wettbewerb zu fördern“5. Speziell zu § 2 Abs. 3 TKG 1996 hieß es dann: „Die Notwendigkeit der besonderen Regelung des Telekommunikationsbereichs ergibt sich aus der Historie, den über hundertjährigen Monopolen der Fernmeldeverwaltungen, die zunächst die Herstellung und Förderung des Wettbewerbs in diesem Bereich erfordert, bevor die allgemeinen Regelungen der Wettbewerbsaufsicht greifen können“6.
_______________
1 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 43; vgl. auch Holznagel/Bysikiewicz/Enaux/ Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts, 2000, 100; krit. Schroeder, WuW 1998, 14 ff.; Immenga, WuW 1999, 949 ff. 2 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster, § 2 Rz. 9 f., 12; ebenso BK, Beschl. v. 5.2.1998, K&R 1998, 325 (327). 3 Vgl. BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 34; Becker, K& R 1999, 112 (112); prinzipiell auch Hefekäuser in: Büchner (Hrsg.), Post und Telekommunikation, 1999, 233 (246). 4 Vgl. BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 33 f. 5 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 34. 6 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 37.
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1.4.3 Entgeltregulierungskonzept 1996 im Überblick 1.4.3.1 TKG 1996 Mit „Entgeltregulierung“ war der Dritte Teil des TKG 1996 überschrieben. Die erste (§ 23 TKG 1996) und die letzte Vorschrift (§ 32 TKG 1996) dieses Kapitels befassten sich allerdings mit anderen Regulierungsproblemen: „Widerspruch und Widerspruchsverfahren bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ zielte eher auf den ansonsten im Fünften Teil normierten Kundenschutz1, das „Zusammenschlussverbot“ nannte eine unter bestimmten Voraussetzungen – Beschränkung nach § 10 – zulässige Lizenzauflage i. S. v. § 8 Abs. 2 TKG 19962. Andererseits fanden sich Normen zur Entgeltregulierung auch außerhalb dieses Teils: Gem. § 24 Abs. 1 Satz 2 TKG 1996 blieben Universaldienst-Regelungen unberührt, auch soweit sie den „erschwinglichen Preis“ (§ 17 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996) und Maßstäbe zu dessen Bestimmung (§ 17 Abs. 2 Satz 3 TKG 1996) betrafen3. § 39 TKG 1996 ordnete für die Regulierung der Entgelte für die Gewährung eines Netzzugangs nach § 35 TKG 1996 und für die Durchführung einer angeordneten Zusammenschaltung nach § 37 TKG 1996 die entsprechende Geltung der meisten Vorschriften des Dritten Teils an (nicht der §§ 25 Abs. 2, 26, 30 Abs. 2 TKG 1996)4. Sodann sah die Ermächtigungsgrundlage für eine Kundenschutzverordnung in § 41 Abs. 3 TKG 1996 zwingend u. a. Regelungen über „die Form des Hinweises auf AGB und Entgelte und die Möglichkeit ihrer Einbeziehung“ (Nr. 4) sowie über „besondere Anforderungen für die Rechnungserstellung und für den Nachweis über die Höhe der Entgelte“ (Nr. 7) vor5.
23
Nach §§ 24 ff. TKG 1996 unterlagen bestimmte Entgelte im Bereich der Telekommunikation einer vorherigen (ex ante-)Überprüfung durch die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (§§ 66 ff. TKG 1996); für diese entschieden Beschlusskammern (§ 73 TKG 1996) in einem quasigerichtlichen Verfahren (§§ 74 ff. TKG 1996). Einem Vorbehalt der Genehmigung (d. h. einem Erfordernis vorheriger Zustimmung) unterlagen gem. § 25 Abs. 1 TKG 1996 alle (Leistungs-)Entgelte und entgeltrelevanten Bestandteile von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ein marktbeherr-
24
_______________
1 Ähnlich Beck TKG-Komm/Büchner, § 23 Rz. 1; Witte in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 2002, § 23 Rz. 1; eingehend Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 84 ff. 2 Vgl. Beck TKG-Komm/Salger/Traugott, § 32 Rz. 13 f.; Beck TKG-Komm/Schütz, § 8 Rz. 33. 3 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 24 Rz. 6; Großkopf/Rittgen, CR 1998, 86 (88 f.); Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 24 Rz. 5; LG Bonn, Urt. v. 5.11.1996 – 11 O 180/96, ArchPT 1997, 67 (68). 4 Vgl. Beck TKGKomm/Piepenbrock, § 39 Rz. 7, 10; Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 297; zur Ausgestaltung als Rechtsfolgenverweisung vgl. BK, Beschl. v. 26.6.1998 – BK 4a A 1130, K&R 1998, 444 (447); Witte/ Glahs in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 2002, § 39 Rz. 8 ff. 5 Vgl. Beck TKG-Komm/Büchner, § 41 Rz. 22, 25, sowie §§ 14 ff., 27 ff. TKV 1997 (Rz. 36).
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I Rz. 25
Entgeltregulierung
schender Lizenznehmer (bzw. ein „einheitliches Unternehmen“ i. S. v. § 25 Abs. 3 TKG 1996) für das Angebot von Übertragungswegen und Sprachtelefondienst1 im Rahmen der Lizenzklassen 3 und 4 nach § 6 (Abs. 2 Nr. 1 c] und Nr. 2) TKG 1996 vereinbarte. Die in § 25 Abs. 2 TKG 1996 normierte ex post-Kontrolle betraf ebenfalls Entgelte und entgeltrelevante AGB-Bestandteile und Unternehmen mit einer marktbeherrschenden Stellung, jedoch nur alle „andere(n) als die in (§ 25) Abs. 1 (TKG 1996) genannten Telekommunikationsdienstleistungen“, etwa die Übertragung von Rundfunk und Fernsehen in Kabelnetzen2, soweit für sie keine Sonderregelungen eingreifen. Weder vorheriger noch nachträglicher Entgeltregulierung unterworfen waren – von den Sonderfällen außerhalb des Dritten Teils abgesehen (Rz. 23) – Entgelte und entgeltrelevante AGB-Bestandteile von nicht marktbeherrschenden Unternehmen. 25
Den allgemeinen „Orientierungs“-Maßstab für die Erteilung einer Entgeltgenehmigung bildeten gem. § 24 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996 die „Kosten einer effizienten Leistungsbereitstellung“. Der Gesetzgeber gab ferner in § 24 Abs. 2 TKG 1996 weitere Maßstäbe vor und normierte dabei ein differenziertes Regel-Ausnahme-Verhältnis: Zwar waren (macht)missbräuchliche Preis-Auf- und Abschläge sowie Diskriminierungen zulasten einzelner Nachfrager gleichartiger oder ähnlicher Telekommunikationsdienstleistungen prinzipiell verboten; dem eine Entgeltgenehmigung beantragenden Unternehmen blieb jedoch die Möglichkeit offen nachzuweisen, für seine Preispolitik bestehe ein „sachlich gerechtfertigter Grund“, etwa eine rechtliche Verpflichtung3.
26
Das Verfahren bei der Entscheidung über die (Erteilung oder Versagung einer) Entgeltgenehmigung war bereits im TKG selbst4 eingehender geregelt: Für den Antrag war Schriftform vorgeschrieben (§ 28 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996; § 126 BGB entspr.)5; die Bearbeitungsfrist zwischen dessen Eingang6 und der Entscheidung hierüber betrug höchstens zehn (nämlich sechs plus vier) Wochen, weshalb Anschluss-Anträge entsprechend rechtzeitig _______________
1 Noch nicht hierunter fiel die Internet-Telefonie (Scheurle in: Büchner [Hrsg.], Post und Telekommunikation, 1999, 199 [209]; ferner Müller-Terpitz, MMR 1998, 65 ff.; Schick, NJW-CoR 1998, 486 ff.; Windhorst/Franke, CR 1999, 14 ff.; Mertens, MMR 2000, 77 ff.). 2 Vgl. Scheurle in: Büchner (Hrsg.), Post und Telekommunikation, 1999, 199 (210); krit. Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 25 Rz. 9. 3 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 24 Rz. 65; Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, S. 196. 4 Zur näheren Ausgestaltung in der TEntgV s. unten, Rz. 28. 5 Vgl. Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 28 Rz. 3; Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 201. 6 In vollständiger Form; s. Mitt. Nr. 51/2000 (BK 4e-00-001), ABl. 2000, 187 f.; Mitt. Nr. 88/2000 (BK 4e-00-003), ABl. 2000, 407 f.; ferner Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 28 TKG Rz. 4.
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Von der Gebührenpolitik zur Entgeltregulierung
Rz. 27 I
vorzulegen waren (§ 28 Abs. 2 bzw. Abs. 1 Satz 2 TKG 1996)1. Die Beifügung von Nebenbestimmungen wurde für den Fall der Befristung als Regel postuliert (§ 28 Abs. 3 TKG 1996 i. V. m. § 36 [Abs. 2 Nr. 1] VwVfG)2. Schließlich war zwar nicht der Genehmigungsbescheid, wohl aber waren die genehmigten Entgelte im RegTP-Amtsblatt zu veröffentlichen (§ 28 Abs. 4 TKG 1996)3; § 9 TEntgV (Rz. 28) erweiterte diese Pflicht auf die „dazugehörigen Leistungsbeschreibungen“ und die sonstigen „Bestimmungen über“ die Leistungsentgelte4. Darüber hinaus konnte die Regulierungsbehörde den Unternehmen vorschreiben, in welcher Form ein Entgelt oder eine Entgeltänderung zur besseren Information der Nutzer5 bekannt zu machen sei (§ 31 Abs. 2 TKG 1996). Die Einbeziehung der neuen bzw. modifizierten Entgelte in alte wie neue Verträge mit Kunden ergab sich aus § 29 TKG 1996 in Fortführung und Präzisierung von § 5 PTRegG6: Soweit ein Genehmigungserfordernis bestand, durfte jeder hiervon erfasste Lizenznehmer nur die regulierungsbehördlich genehmigten Entgelte „verlangen“ (Abs. 1)7; verstieß er schuldhaft gegen dieses (vollziehbare) Gebot, beging er eine Ordnungswidrigkeit (§ 96 Abs. 1 Nr. 6 TKG 1996). Die Folgen für den Bestand von Verträgen unterschieden sich danach, ob für eine bestimmte Telekommunikationsdienstleistung überhaupt ein genehmigtes Entgelt vorlag oder nicht: Im ersten Fall wurde der Vertragsinhalt modifiziert und trat dieses Entgelt an die Stelle des verein_______________
1 Krit. zur mangelhaften Abstimmung Manssen in: Manssen, Telekommunikationsund Multimediarecht, 1999 ff., § 28 Rz. 6. 2 Begründet wurde dies plausibel einerseits mit der Erwartung, „dass – zumindest in der Anfangsphase nach Marktöffnung – genehmigte Preise relativ rasch von der Marktentwicklung überholt werden. Andererseits soll die Möglichkeit offen gehalten werden, Tarife marktbeherrschender Anbieter in Marktsegmenten periodisch zu überprüfen, in denen sie eine besondere Marktstellung innehaben und deshalb die Preise höher halten können, als es bei Wettbewerb möglich wäre“ (BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 44; ebenso zu § 22 Abs. 3 PostG BT-Drucks. 13/7774, 25). Vgl. auch Schmidt, K&R 1999, 385 (389); Manssen in: Manssen, Telekommunikationsund Multimediarecht, 1999 ff., § 28 Rz. 17; als Bsp. Mitt. 3/2000 (BK, Beschl. v. 21.12.1999 – 2d 99/027, Ziff. 2.1), ABl. 2000, 17; Mitt. 18/2000 (BK, Beschl. v. 29.12.1999 – 4e-99-044, Ziff. 3), ABl. 2000, 69; Mitt. 22/2000 (BK, Beschl. v. 30.12.1999 – 4e-99-055, Ziff. 5), ABl. 2000, 78 f.; ferner BK, Beschl. v. 17.9.1998 – 3a-98/008, K&R 1998, 495 (501). 3 Vgl. Mitt. 46/2000 (BK, Beschl. v. 21.1.2000 – 2-1 99/035; zum Entgeltantrag der DTAG v. 17.12.1999 für Auslandsverbindungen), ABl. 2000, 181 ff. 4 Vgl. die (unveröffentlichte) Begründung zur TEntgV, zu § 9. 5 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 31 Rz. 11. 6 Für andere, auch die entgeltrelevanten AGB-Bestandteile hingegen galt zunächst die die allgemeine Einbeziehung gem. § 2 ABGB verdrängende Sondervorschrift des § 23 Abs. 2 Nr. 1 b) AGBG (bzw. seit 2002: §§ 305 Abs. 2, 305a Nr. 2 b) BGB), erst später ggf. (i. V. m. § 30 Abs. 5 Satz 2) § 29 Abs. 2 Satz 1 TKG (unklar Beck TKGKomm/Schuster/Stürmer, § 29 Rz. 5). 7 Hiervon werden auch die Begründung und sogar die Vorbereitung des Rechtsgeschäfts, nicht nur dessen Abwicklung erfasst (BK, Beschl. v. 5.2.1998, K&R 1998, 325 [326]).
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Entgeltregulierung
barten (§ 29 Abs. 2 Satz 1 TKG 1996)1; fehlte eine diesbezügliche Genehmigung, war der Vertrag hingegen unwirksam (so ausdrücklich § 29 Abs. 2 Satz 2 PostG2)3. Wenn die Parteien einen Vertrag gleichwohl durchführen wollten, konnte die Regulierungsbehörde dies untersagen (§ 29 Abs. 2 Satz 2 TKG 1996). 28
Arten und Verfahren der Entgeltgenehmigung waren in § 27 Abs. 1–3 TKG 1996 normiert; Abs. 4 ermächtigte die Bundesregierung zum Erlass einer Durchführungsverordnung. Bereits kurz nach Inkrafttreten des TKG erging die Telekommunikations-Entgeltregulierungsverordnung (TEntgV) vom 1.10.19964. Dort wurden nähere Einzelheiten der beiden in § 27 Abs. 1 TKG 1996 aufgeführten Genehmigungsarten – Einzelgenehmigung (Nr. 1) und price cap-Regulierung (Nr. 2) – festgelegt (§§ 2 f., 4 f. TEntgV), ebenso die Voraussetzungen, nach denen die Regulierungsbehörde zu entscheiden hatte, welches von beiden zur Anwendung kommt (§ 1 TEntgV). Die TEntgV regelte ferner u. a. Bestandteile und Inhalt der Maßgrößen und Körbe beim price cap (§ 4 TEntgV), bei den „sonstigen Bestimmungen“ etwa Näheres zur Veröffentlichung der Entgelte (§ 9 TEntgV). Das Gesetz selbst differenzierte (in § 27 Abs. 2 TKG 1996) das Ausmaß der ex ante-Prüfung im Hinblick auf die Anforderungen aus § 24 Abs. 2 Nr. 1 TKG 1996 („Preishöhenmissbrauch“) und schrieb in § 27 Abs. 3 TKG 1996 (abschließend) Versagungsgründe fest: Während dabei überhöhte Preise ohne weiteres nicht genehmigungsfähig waren – und auch die Verletzung „anderer Rechtsvorschriften“5 zur Ablehnung des Antrags führte –, erfolgte im Hinblick auf die weiteren Anforderungen aus § 24 Abs. 2 TKG 1996 zunächst nur eine Evidenz- bzw. „Plausibilitäts“6-Kontrolle.
29
Der im Interesse der Verfahrensbeschleunigung getroffene Verzicht auf eingehendere Vorabprüfung7 wurde dadurch kompensiert, dass § 30 TKG 1996 _______________
1 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 29 Rz. 3; Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 29 Rz. 6. 2 Postgesetz v. 22.12.1997, BGBl. I, 3294. 3 Holznagel/Bysikiewicz/Enaux/Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts, 2000, 98; Witte in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 2002, § 29 Rz. 7; wohl auch Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999, § 29 ff. Rz. 9; Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 240 f. 4 BGBl. I, 1492. 5 D. h. außerhalb des sektorspezifischen Rechts; ebenso wohl Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 226; Spoerr in: Trute/Spoerr/ Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 27 TKG Rz. 26; z. T. anders Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 27 Rz. 9; Witte in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 2002, § 27 Rz. 76. 6 So BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 44; krit. dazu Ladeur, K&R 1998, 479 (483). 7 Vgl. BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 44, 45, mit dem weiteren Hinweis, dies habe „für die regulierten Unternehmen den Vorteil, dass der Eingriff in ihre preispolitische Dispositionsfreiheit so klein wie möglich gehalten werden kann“ (44).
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(i. V. m. § 6 TEntgV) eine ex post-Kontrolle vorsah, bei der die Einhaltung der Maßstäbe aus § 24 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 TKG 1996 umfassend geprüft (§ 30 Abs. 1, 4) und rechtswidrige Entgelte nötigenfalls für unwirksam erklärt werden konnten (§ 30 Abs. 5 Satz 1 TKG 1996). Diese nachträgliche Regulierung von Entgelten erfolgte, wenn der Regulierungsbehörde – meist aufgrund „hinreichender Hinweise“1 aus Nutzerkreisen – Tatsachen2 bekannt wurden, die die Annahme rechtfertigten, genehmigungspflichtige Entgelte oder entgeltrelevante AGB-Bestandteile enthielten verbotene Aufoder Abschläge (§ 30 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996). Im Hinblick auf die sonstigen, nur der ex post-Entgeltregulierung unterliegenden Tatbestände (§ 25 Abs. 2 TKG 1996) wurde das Verfahren ebenfalls von Amts wegen und unter den gleichen Voraussetzungen eingeleitet (§ 30 Abs. 2 Satz 1 TKG 1996); hier erstreckte sich die Preismissbrauchsaufsicht freilich auf die Überprüfung sämtlicher Kriterien des § 24 (Abs. 1 Satz 1, Abs. 2) TKG 19963. In beiden Fällen war das betroffene Unternehmen hierüber schriftlich zu unterrichten (§ 30 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 TKG 1996)4 und die Überprüfung binnen zwei Monaten durchzuführen (§ 30 Abs. 3 TKG 1996)5. Führte die Kontrolle zu der Feststellung, den Maßstäben des § 24 Abs. 2 TKG 19966 werde nicht genügt, so musste die Regulierungsbehörde dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entsprechend zunächst das zuwiderhandelnde Unternehmen durch einen im Amtsblatt zu veröffentlichenden „Widerspruch“ (§ 30 Abs. 4, 6 TKG 1996)7 zur Korrektur und Anpassung auffordern; § 30 Abs. 4 TKG 1996 steckte die Frist hierfür nur allgemein dahingehend ab, dies habe „unverzüglich“, d. h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB) zu ge-
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1 Vgl. BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 45; Schmidt, K&R 1999, 385 (389). 2 Vgl. Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 30 Rz. 5. 3 Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 30 Rz. 10. 4 Dabei wurde auch der Zeitpunkt der Einleitung der Überprüfung (nach Abschluss einer „Vorprüfung“; s. Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 30 Rz. 13, 14) seitens der Regulierungsbehörde festgestellt und mitgeteilt, gem. § 6 Abs. 2 TEntgV freilich nur im Falle des § 25 Abs. 2 TKG 1996, offenbar ein Redaktionsversehen (wie hier Beck TKG-Komm/Schuster/ Stürmer, § 30 Rz. 21). 5 Die Frist hatte eine „reine Ordnungsfunktion“ (VG Köln, Beschl. v. 19.9.1998 – 1 L 1717/198, CR 1998, 668 [669]); differenzierend Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 278. 6 Damit wurde aber auch § 24 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996 erfasst (Beck TKG-Komm/ Schuster/Stürmer, § 30 Rz. 39; Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 30 TKG Rz. 16). 7 Dies sollte (auch) der „notwendige(n) Transparenz auf dem Markt“ dienen (BRDrucks. 80/96 v. 9.2.1996, 45).
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Entgeltregulierung
schehen. Kam das Unternehmen dem Anpassungsgebot1 nicht nach, hatte die Regulierungsbehörde das beanstandete Verhalten zu untersagen; damit waren die Entgelte bzw. entgeltrelevanten AGB-Bestandteile für unwirksam zu erklären2. Sie wurden auch in Bezug auf die Rechtsfolgen „wie genehmigungspflichtige Tarife behandelt“3; gem. § 30 Abs. 5 Satz 2 TKG 1996 galt § 29 entsprechend. 30
§ 31 TKG 1996 schließlich sollte die Grundlage für eine fundierte Entgeltregulierungspraxis schaffen4, indem die Regulierungsbehörde zu selbständigen Anordnungen ermächtigt wurde, deren Adressaten allerdings nur Lizenznehmer (i. S. v. §§ 6 ff. TKG 1996)5 sein konnten; gegenüber sonstigen der Entgeltregulierung unterliegenden Unternehmen standen allein die Befugnisse nach § 72 TKG 1996 zu Gebote6. Daher gewährte § 31 Abs. 1 Satz Nr. 1 TKG 1996 Auskunftsrechte über „Kosten, Leistungsangebote, Marktsituation und Marktentwicklung und Wirkung einer beabsichtigten Preisänderung, soweit sie von den befragten Unternehmen vorausgesehen werden können“7, um der Behörde die für eine sachgerechte Entscheidung erforderlichen Informationen an die Hand zu geben. Für geboten erachtete der Gesetzgeber auch, dass „aufschlussreiche und vergleichbare Kostendaten bereitgestellt“ und zu diesem Zweck behördliche Anordnungen „hinsichtlich der Gestaltung der Kostenrechnung der Unternehmen“8 ermöglicht werden (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Satz 2 TKG 1996). Diese – neben § 26 Abs. 1 Nr. 3 _______________
1 Einem Verwaltungsakt gem. § 35 Satz 1 VwVfG (Mestmäcker, Beil. zu MMR 8/1998, 1 [4]; Schmidt, K&R 1999, 385 [390]; Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 30 Rz. 20; VG Köln, Beschl. v. 19.9. 1998 – 1 L 1717/98, CR 1998, 668 [669]; OVG Münster, Beschl. v. 15.3.2001 – 13 B 158/01, CR 2001, 308 [309]; Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 30 Rz. 40, 49). 2 Wortlaut und Systematik legten eine ex nunc-Wirkung dieser (privatrechtsgestaltenden) Maßnahmen nahe; vgl. Holznagel/Bysikiewicz/Enaux/Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts 2000, 100 Fn. 199; VG Köln, Beschl. v. 19.8.1998 – 1 L 1717/98, CR 1998, 668 (671); offen Spoerr in: Trute/Spoerr/ Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 30 TKG Rz. 29; anders Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 30 Rz. 32; Witte in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 2002, § 30 Rz. 36; differenzierend Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 284 ff. 3 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 45. 4 Vgl. VG Köln, Beschl. v. 21.1.1998 – 1 L 4289/97, ArchPT 1998, 395 (396); OVG Münster, Beschl. v. 2.4.1998 – 13 B 213/98, ArchPT 1998, 397 (398); dazu Neumeier, ArchPT 1998, 399. 5 Anders Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, 1. Aufl. 1997, § 24 Rz. 7, § 31 Rz. 1; Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 31 Rz. 5; Witte in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 2002, § 31 Rz. 2. Die parallele Vorschrift des PostG spricht hingegen allgemeiner von „Anbietern“ (§ 26). 6 Anders noch Gramlich, VerwArch 1997, 598 (634). 7 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 45; vgl. Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 31 Rz. 6. 8 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 45.
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PostG – bis dahin einzigartige Überwachungsvorschrift berührte den Kern unternehmerischer Handlungsfreiheit in weitaus stärkerer Weise als handels- oder steuerrechtliche Buchführungs- und Bilanzierungsbestimmungen1. Die Durchsetzung derartiger, auf die Vornahme von Handlungen des Pflichtigen gerichteter Verwaltungsakte erfolgte nach Maßgabe der §§ 6 ff. VwVG2; § 31 Abs. 1 Satz 2 TKG 1996 legte die Obergrenze eines Zwangsgeldes abweichend von § 11 Abs. 3 VwVG (zunächst) auf 1 Mio. DM (später: 500.000 Euro) fest. In allen Fällen der Entgeltregulierung entschied die Regulierungsbehörde durch Beschlusskammern (§ 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 4 TKG 1996) in Form von Verwaltungsakten (§ 73 Abs. 1 Satz 2 TKG 1996, § 35 VwVfG). Dabei wurden die Aufgaben zwischen drei Kammern aufgeteilt3: Die Beschlusskammer (BK) 2 war zuständig für Entgeltregulierung Telefondienst (Lizenzklasse 3) und Übertragungswege (Lizenzklasse 4), die BK 3 für (besondere Missbrauchsaufsicht und) nachträgliche Entgeltregulierung, die vierte Kammer schließlich für besondere Netzzugänge, einschließlich Zusammenschaltungen, auch soweit es hierbei um Entgelte ging.
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1.4.3.2 Durchführungsverordnungen Gem. § 1 Abs. 1 TEntgV kam als Genehmigungsart eine Einzelgenehmigung nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 TKG 1996 nur dann – ausnahmsweise – in Betracht, wenn die betr. Telekommunikationsdienstleistung nicht nach § 1 Abs. 2 TEntgV mit einer Mehrzahl von (anderen) Dienstleistungen in einem Korb zusammengefasst werden konnte, etwa wenn und weil sie neu war4. Für die jeweilige Dienstleistung bestimmte sodann § 2 TEntgV, welche Kostennachweise – unbeschadet des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 76 Abs. 1 TKG 1996) – im Hinblick auf das hierfür geforderte Entgelt vorzulegen waren. § 3 Abs. 1 TEntgV bekräftigt als allgemeinen Prüfungsmaßstab die Orientierung der beantragten Entgelte an den „Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung“; § 3 Abs. 2 TEntgV unternahm eine „volkswirtschaftlich ausgerichtete Konkretisierung“5. Bei der Prüfung sollten zusätzlich6 (reale) Vergleichsmärkte herangezogen, aber dabei auch deren Besonderheiten berück-
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1 Gramlich, VerwArch 1997, 598 (637). 2 Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz v. 27.4.1953 (BGBl. I, 157; BGBl. III/FNA 201-4). 3 Vgl. Gramlich, CR 1999, 489 (490); Schmidt, K&R 1999, 385 (390); Scheurle in: Büchner (Hrsg.), Post und Telekommunikation, 1999, 199 (203). 4 Vgl. Begründung zur TEntgV, zu § 1 Abs. 1; Becker, K&R 1999, 112 (114); BK, Beschl. v. 30.1.1998, K&R 1998, 327 (328); Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 216 f. 5 Vgl. Begründung zur TEntgV, zu § 3. 6 Vgl. VG Köln, Beschl. v. 27.10.1999 – 1 L 1917/97, 1 L 2068/99, MMR 2000, 227 (231); Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 181.
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Entgeltregulierung
sichtigt werden (§ 3 Abs. 3 TEntgV)1. Für das gem. § 1 Abs. 1 TEntgV primäre price cap-Verfahren2 regelte § 1 Abs. 2 TEntgV zunächst die Korbbildung, für den Sonderfall des besonderen Netzzugangs ergänzt durch § 7 Abs. 2 TEntgV3. Für die Bildung von Maßgrößen (und deren Geltungsdauer) für price cap-Genehmigungen4 traf § 4 TEntgV nähere Bestimmungen. 33
Im Frühjahr 1997 stellte auf dieser Grundlage das BMPT ein „Modell für die Price-Cap-Regulierung der Übertragungswege“ (der Lizenzklasse 3) zur Diskussion5, das jedoch nicht realisiert wurde; der kommissarische Regulierer traf Ende 1997 auch eine ab 1998 geltende – und nach § 97 Abs. 3 Satz 2 TKG 1996 längstens bis 31.12.2002 wirksame – „Price-Cap-Regulierung Telefondienst“6 mit je einem Warenkorb für Privat- und Geschäftskunden7 und einer in zwei gleiche Abschnitte unterteilten Laufzeit von 4 Jahren; für die erste Periode war das durchschnittliche Entgelt je Warenkorb um 4,3 % abzusenken8. Ende 1999 entschied die BK 2, den bisherigen Korbzuschnitt unverändert beizubehalten, aber jedem Korb einige Angebote/„Produkte“ hinzuzufügen, und stellte die Preissenkungsvorgabe für den Zeitraum 2000/2001 fest (5,6 %)9. Zur Vorbereitung der Entscheidung, inwieweit und in welcher Ausgestaltung die Entgeltregulierung der Sprachtelefondienstes weiterhin auf der Basis des § 27 Abs. 1 Nr. 2 TKG 1996 erfolgen könne, veröffentlichte die RegTP im Mai 2001 ein Eckpunktepapier „Price-Cap-Regu_______________
1 Vgl. Eschweiler, K&R 1998, 530 (534); Becker, K&R 1999, 112 (115 ff.), insbes. auch zum „Vergleichsmarktkonzept des allgemeinen Kartellrechts“; Esser-Wellié, CR 1999, 571 (573); Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999, Anh § 27 TKG/§ 3 TEntgV Rz. 32 ff. S. a. Mitt. Nr. 112/2000 (Konzept für einen internationalen Tarifvergleich für Mietleitungen), ABl. 2000, 590 ff., dem ein Aufruf zur Kommmentierung vorausgegangen war (Mitt. Nr. 488/1999, ABl. 1999, 3191 ff.). 2 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 27 Rz. 1, 5 f.; Schwintowski, CR 1997, 630 (634); Ladeur, K&R 1998, 479 (482); Hefekäuser in: Büchner (Hrsg.), Post und Telekommunikation, 1999, 233 (243); Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 27 Rz. 6; Holznagel/Bysikiewicz/Enaux/ Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts, 2000, 98; Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 214 ff. Dass ein price cap nur bei der ex ante-Kontrolle vorgesehen war/ist, unterstrich Mestmäcker, Beil. zu MMR 8/1998, 1 (3). 3 Vgl. Ladeur, K&R 1998, 479 (483); Manssen in: Manssen, Telekommunikationsund Multimediarecht, 1999 ff., Anh § 27 TKG/§ 1 TEntgV Rz. 2 f. 4 Vgl. Mitt. Nr. 189/1998 (BK, Beschl. v. 26.8.1998 – 2c), ABl. 1998, 2019. 5 BMPT-Mitt. Nr. 55/1997, ABl. BMPT 606. 6 BMPT-Mitt. Nr. 202/1997, ABl. BMPT 1891. 7 Krit. Ladeur, K&R 1998, 479 (483). 8 Vgl. Scheurle in: Büchner (Hrsg.), Post und Telekommunikation, 1999, 199 (208 f.); krit. Becker, K&R 1999, 112 (117 f.). 9 Vgl. Mitt. Nr. 310/1999 (Price-Cap Regulierung Sprachtelefondienst), ABl. 2270; Mitt. Nr. 544/1999 (beabsichtigte Entscheidung über die Frage der Neugliederung der Warenkörbe und zur Aufnahme neuer Angebote in die Price-Cap-Regulierung), ABl. 3788; Mitt. Nr. 2/2000 (BK, Beschl. v. 23.12.1999 – 2c 99/050), ABl. 17, MMR 2000, 446 ff.
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lierung 2002“, um allen Interessierten die Möglichkeit zu dessen Kommentierung zu eröffnen1. Nach Auswertung der eingegangenen Äußerungen wurde ein Vorschlag zur Zusammenfassung von Dienstleistungen und zur Vorgabe der jeweiligen Maßgrößen ab 2002 erarbeitet, der DTAG vorab zur Stellungnahme zugeleitet und sodann zur erneuten Diskussion gestellt2. Am Ende dieses mehrstufigen Verfahrens traf die BK 2 Ende 2001 nach § 1 Abs. 2, § 4 TEntgV eine abschließende Entscheidung zur Zusammenfassung von Dienstleistungen sowie zur Vorgabe der jeweiligen Maßgrößen im Sprachtelefondienst ab 1.1.2002 (bis Ende 2004, unterteilt in drei Jahreszeiträume)3. Kernpunkte sind die Zusammenfassung der Standard-Dienstleistungen „Anschlüsse“, „Ortsverbindungen“, „Fernverbindungen“ und „Auslandverbindungen“ der DTAG in jeweils getrennten Warenkörben. Zum anderen wurde der DTAG durch Vorgabe eines negativen Produktivitätsindizes X (– 1 %) für den Anschlusskorb sowie durch Vorgabe von Senkungsverpflichtungen für die Verbindungskörbe die Möglichkeit eingeräumt, weiterhin ein „soft rebalancing“ zu betreiben. Eine Überwälzung der Preismaßnahmen auf die folgenden Perioden („carry over“) im Falle der Übererfüllung ist nicht vorgesehen. Auf dieser Basis genehmigte die BK 2 eine Palette von Entgeltänderungen bis Ende März 20034; zum 1.1.2003 beantragte Genehmigungen wurden insoweit versagt, als sie auch auf eine Erhöhung des Entgelts für die Übernahme von analogen und ISDN-Anschlüssen zielten5. Im Frühjahr 2003 rief die RegTP zur Kommentierung einer beabsichtigten Modifikation der geltenden Price Cap-Regulierung im Sprachtelefondienst auf6 und gab sodann Gelegenheit, zum Entscheidungsentwurf Stellung zu nehmen7. Die abschließende Entscheidung erging im Juli; die der DTAG hierdurch eröffneten Preiserhöhungsspielräume sollten dieser (auch) die Möglichkeit eröffnen, das zuvor von der BK 4 festgestellte Anschlussdefizit8 möglichst noch 2003, spätestens aber bis Ende 2004 „vollständig zu beseitigen und die noch insbesondere zwischen dem Entgelt für die Teilnehmeranschlussleitung als Vorleistungsprodukt und Entgelt für analogen Anschluss als Endkundenleistung bestehende Kosten-Preis-Schere endgültig zu schließen“; bis dahin wurde andererseits eine Erhöhung der monatlichen Entgelte für ISDN-Anschlüsse untersagt9. _______________
1 Mitt. Nr. 284/2001, ABl. 1633. 2 Mitt. Nr. 580/2001, ABl. 3087 f. 3 Mitt. Nr. 75/2002 (BK, Beschl. v. 21.12.2001 – 2c 01/009), ABl. 147 ff.; s. a. RegTPJahresbericht 2001, 66 ff.; BT-Drucks. 14/7901 v. 5.12.2001, 72 f., 75. 4 Mitt. Nr. 180/2002, ABl. 527 ff. (BK, Beschl. v. 13.3.2002 – 2a 02/001), Mitt. Nr. 300/2002 (BK, Beschl. v. 13.6.2002 – 2a 01/012), ABl. 949 ff. 5 Mitt. Nr. 7/2003 (BK, Beschl. v. 19.12.2002 – 2a 02/028), ABl. 6 ff. 6 Mitt. Nr. 80/2003, ABl. 388 f. 7 Mitt. Nr. 136/2003, ABl. RegTP 2003, 518. 8 Vgl. Mitt. 112/2003 (BK, Beschl. v. 29.4.2003 – 4a 03-009), ABl. 474. 9 Mitt. Nr. 191/2003, ABl. 2003, 789 (BK, Beschl. v. 22.7.2003 – 2a 03/010).
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§ 17 Abs. 2 TKG 1996 ermächtigte die Bundesregierung nicht nur allgemein, durch Rechtsverordnung die in § 17 Abs. 1 Satz 2 bzw. Satz 3 TKG 1996 bezeichneten Telekommunikationsdienstleistungen als Universaldienstleistungen zu bestimmen (Satz 1), sondern schrieb auch vor, dort die „Maßstäbe für die Bestimmung des Preises“ einer solchen Grundversorgungsleistung festzulegen (Satz 3); Satz 4 schließlich wies der Regulierungsbehörde die Befugnis zu, über die Einhaltung dieser Maßstäbe zu entscheiden. § 2 TULDV1 unterschied insoweit zwischen drei zu Universaldienstleistungen bestimmten Telekommunikationsdienstleistungen: –
Für die Erteilung von Rufnummernauskünften (§ 1 Nr. 2 a]), die Herausgabe von Teilnehmerverzeichnissen (§ 1 Nr. 2 b]) und die flächendeckende Bereitstellung von öffentlichen Telefonstellen (§ 1 Nr. 2 c] TULDV sollte sich der „erschwingliche Preis“ an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (gem. § 3 Abs. 2 TEntgV)2 orientieren (§ 2 Abs. 2).
–
Für die Bereitstellung der Übertragungsrichtlinie gem. Anhang II der Mietleitungsrichtlinie3 (§ 1 Nr. 3) galten nach § 2 Abs. 3 die von der Regulierungsbehörde genehmigten Preise als „erschwinglich“, wurde also ebenfalls direkt an die gesetzlichen Regeln über die ex ante-Entgeltregulierung angeknüpft4.
–
Für Sprachtelefondienst nach Maßgabe des § 1 Nr. 1 schließlich normierte § 2 Abs. 1 eine Preisobergrenze dergestalt, dass das Entgelt „den realen Wert der von einem Privathaushalt außerhalb von Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern zum Zeitpunkt des 31. Dezember 1997 durchschnittlich nachgefragten Telefondienstleistungen mit den zu diesem Zeitpunkt erzielten Leistungsqualitäten einschließlich der Lieferfristen“ nicht übersteigen dürfe5.
In der (Rechts-)Verordnung der Bundesregierung über besondere Netzzugänge (NZV)6 war festgelegt, in welcher Weise ein besonderer Netzzugang, insbesondere für die Zusammenschaltung, zu ermöglichen sei (§ 35 Abs. 5 Satz 1 TKG 1996); die Verordnung musste ferner „Rahmenvorschriften“ für Netzzugangsvereinbarungen (gem. § 35 Abs. 2 TKG 1996) enthalten (§ 35 Abs. 5 Satz 2 TKG 1996), und konnte überdies bestimmen, welchen Inhalt eine Zusammenschaltungsanordnung nach § 37 Abs. 1 TKG 1996 haben müsse (§ 37 Abs. 3 Satz 2 TKG 1996). Eine Anlage zu § 5 Abs. 2 NZV listete dem_______________
1 Telekommunikations-Universaldienstleistungsverordnung v. 30.1.1997 (BGBl. I, 141). 2 So BT-Drucks. 13/5495 v. 5.9.1996, 5; krit. im Hinblick auf die Auskunft Schmidt, ArchPT 1996, 100. 3 Richtlinie 92/44/EG (unten, Rz. 42). 4 Vgl. Beck TKG-Komm/Schütz, Anh § 17/§ 2 TULDV Rz. 3; BT-Drucks. 13/5495 v. 5.9.1996, 5. 5 Dies sollte verhindern, dass Preise „an der Peripherie eines Versorgungsgebietes kompensatorisch erhöht werden“ (BT-Drucks. 13/5495 v. 5.9.1996, 5). 6 Netzzugangsverordnung (NZV) v. 23.10.1996 (BGBl. I, 1568).
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zufolge Gegenstände auf, an denen sich Vereinbarungen über besondere Netzzugänge insbesondere bei (dem Unterfall der) Zusammenschaltung ausrichten sollen; dazu gehörte auch die „Festlegung der Entgelte und deren Laufzeit für die bereitzustellenden Leistungen und den Zugang zu zusätzlichen Dienstleistungen“ (lit. j])1. Diese Aspekte konnten damit nach Auffassung der Regulierungsbehörde auch zum Inhalt einer Anordnung nach § 37 Abs. 1 TKG 1996, § 9 NZV werden2; gem. § 9 Abs. 6 Satz 2 NZV galt dann § 6 Abs. 5 NZV entsprechend, d. h. auch derartige Bedingungen konnten zu einem „Grundangebot“ werden3, die ein marktbeherrschender Netzbetreiber in seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufnehmen musste4. Da das VG Köln wie das OVG Münster unter Hinweis auf die gesonderte Vorschrift zur Entgeltgenehmigungspflicht die behördliche Spruchpraxis zurückwiesen5, wurde diese Judikatur ihrerseits durch den Gesetzgeber korrigiert (§ 25 Abs. 5, 6 TKG 2004; Rz. 96). Die Vorschrift des § 41 TKG 1996 über eine „Kundenschutzverordnung“ enthielt detaillierte Vorgaben zu Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung an die Bundesregierung, „Rahmenvorschriften“ für die Inanspruchnahme von „Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit“ (§ 3 Nr. 19 TKG 1996) zu erlassen. Entgeltrelevante Vorschriften fanden sich zum einen in den „Allgemeinen Bestimmungen“: So durfte ein Betreiber öffentlicher Telekommunikations_______________
1 Um frühzeitig Sicherheit über die ab Febr. 2001 geltenden Zusammenschaltungsentgelte herbeizuführen, rief die Regulierungsbehörde durch Mitt. Nr. 568/1999 (ABl. 1999, 4117 ff.) zur Kommentierung einer Struktur für Netzelementbasierte Entgelte auf; dazu BK, Beschl. v. 8.9.2000 – 4a-00/018/Z, MMR 2001, 262 ff. mit Anm. Schuster. 2 Vgl. Böck/Völcker, CR 1998, 472 (476); Koenig/Loetz, K&R 1999, 298 (302); Schmidt, K&R 1999, 385 (389); Scheurle in: Büchner (Hrsg.), Post und Telekommunikation, 1999, 199 (211); Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 39 Rz. 4; BK, Beschl. v. 8.9.1999 – 4c-99-030, CR 1999, 769 (770); dazu Esser-Wellié/Braun, CR 1999, 770 (771); Mitt. Nr. 7/1999 (BK, Beschl. v. 4.1.1999 – 4 98-034), ABl. 16, Ziff. 2; Mitt. Nr. 49/2000 (BK, Beschl. v. 11.1.2000 – 4c-99-056), ABl. 185 f., Ziff. 3, 4. Zur Abgrenzung bei Fernsehkabelnetzen s. Bartosch, CR 1997, 751 (754), zur Nichteinbeziehung von Inkasso BK 4, Beschl. v. 14.10.1999 – BK 4c-99-036/Z, MMR 2000, 383 f. 3 Vgl. z. B. Vfg 12/2000 (Entgelte für die Leistung Telekom-O.3, die im Rahmen von Zusammenschaltungsverträgen vereinbart wird), ABl. 403, Bezug nehmend auf Mitt. Nr. 89/2000 (BK, Beschl. v. 31.1.2000 – 4e-99-050), ABl. 408; Vfg 9/2000 (Entgelte für Interconnection-Anschlüsse), ABl. 171 f., Bezug nehmend auf Mitt. Nr. 522/1999 (BK, Beschl. v. 5.11.1999 – 4a-99-041), ABl. 3378 f. 4 Damit wurde die Möglichkeit einer (gem. § 1 Abs. 2 und § 4 AGBG bzw. §§ 305 Abs. 1 Satz 3, 305b BGB vorrangigen) Individualabrede allerdings nicht ausgeschlossen (Ladeur, K&R 1998, 479 [483]), und nur einzelvertraglich vereinbarte genehmigte Entgelte konnten Berücksichtigung finden (BVerwG, Urt. v. 16.7.2003 – 6 C 19.02, CR 2004, 29 [31]). 5 Vgl. Mayen, CR 2005, 21 (25); VG Köln, Beschl. v. 18.12.2000 – 1 L 2484/00, CR 2001, 94 f.; OVG Münster, Beschl. v. 3.5.2001 – 13 B 69/01, CR 2002, 114 ff.
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I Rz. 36
Entgeltregulierung
netze Diensteanbieter nicht „hinsichtlich ihrer eigenen Preis- und Konditionengestaltung“ einschränken (§ 4 Abs. 2 Satz 1 TKV). Für die Verbindungspreisberechnung legte § 5 TKV drei „Grundsätze“ fest; § 8 TKV bestimmte eine zweijährige Verjährungsfrist für Ansprüche aus der Inanspruchnahme von Telekommunikationsleistungen für die Öffentlichkeit, also auch für Entgeltforderungen der Anbieter gegen ihre Kunden. Aus dem Zweiten Teil war vor allem der Abschnitt über „Rechnungen und Einwendungen“ (§§ 14 ff. TKV)1 bedeutsam, mit Vorschriften zu einem Einzelverbindungsnachweis (§ 14 TKV)2, zur Rechnungserstellung (§ 15 TKV)3, zum Nachweis der Entgeltforderungen (§ 16 TKV) und zur Entgeltermittlung bei unklarer Forderungshöhe (§ 17 TKV) sowie zu einer Kundenvorgabe in Bezug auf die Entgelthöhe (§ 18 TKV)4. Zu den „allgemeinen Informationen für Endkunden“, die Diensteanbieter zu veröffentlichen und „in einer für alle Interessierten leicht zugänglichen Weise bereitzustellen“5 hatten, zählten auch Angaben über Entgelte (§ 27 Abs. 1 Satz 1, 2 TKV). § 27 TKV fand auch dann Anwendung, wenn bestehende Verträge zulässigerweise6 durch Einbeziehung (u. a.) von Entgelten gem. § 23 Abs. 2 Nr. 1 a) AGBG7 (bzw. § 305a Nr. 2 b] BGB) geändert wurden (§ 28 Abs. 2 Satz 2 TKV8). Über den Umstand und den Inhalt solcher Änderungen mussten Kunden „in geeigneter Weise und unter Hinweis auf die Fundstelle der Veröffentlichung“ _______________
1 Vgl. Holznagel/Bysikiewicz/Enaux/Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts, 2000, 123 ff.; Großkopf/Taubert, CR 1998, 603 (605 ff.). 2 Vgl. Mitt. Nr. 184/1998 (Mitteilung über die Ergebnisse der Anhörung zur Auslegung der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung [TKV] im Bereich des Einzelverbindungsnachweises), ABl. 2008 ff.; Mitt. Nr. 32/1999 (Aufruf zu einem freiwilligen Eintrag in das Verzeichnis der Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit, die die von der Regulierungsbehörde ausgelegten Voraussetzungen für den kostenlosen Standard-Einzelverbindungsnachweis einhalten), ABl. 429; Mitt. Nr. 159/1999 (Veröffentlichung der Positivliste zum Einzelverbindungsnachweis), ABl. 1259; Mitt. Nr. 309/1999 (Aufruf der Aktualisierung der Positivliste), ABl. 2270; Mitt. 571/1999 (Fortschreibung der Positivliste), ABl. 4122 f.; ferner OLG Schleswig, Urt. v. 1.4.1999 – 2 U 22/99, MMR 1999, 736 f. 3 Vgl. Sänger/Callies, K&R 1999, 289 ff., 337 ff. 4 Vgl. Mitt. Nr. 121/1998 (Anhörung zur Auslegung der TKV für den Bereich Kundenvorgabe der Entgelthöhe [§ 18 TKV]), ABl. 1620. 5 Gem. § 27 Abs. 1 Satz 3 TKV wurde dieser Anforderung genügt, wenn die betr. Angaben im Amtsblatt der Regulierungsbehörde veröffentlicht und in den Geschäftsstellen der Anbieter für den Kunden bereitgehalten wurden. Unberührt bleiben Informationspflichten nach anderen Vorschriften (s. BGH, Urt. v. 3.7.2003 – 1 ZR 211/01, NJW 2003, 3343 [3344]). 6 Vgl. zu den Grenzen einer rückwirkenden Änderung § 28 Abs. 4 TKV. 7 Vgl. AG Hamburg, Urt. v. 30.3.2004 – 14 C 678/03, CR 2004, 518 f. 8 Aufgehoben durch Art. 19 Nr. 1 des post- und telekommunikationsrechtlichen Bereinigungsgesetzes v. 7.5.2002, BGBl. I, 1529, da durch die (mit einer erheblichen Einschränkung verbundene) Neuregelung des § 305a Nr. 2 b) BGB der Anwendungsbereich obsolet geworden sei (BT-Drucks. 14/7921 v. 20.12.2001, 17; BTDrucks. 14/6040 v. 14.5.2001, 151 f.).
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Von der Gebührenpolitik zur Entgeltregulierung
Rz. 37 I
(im Amtsblatt) unterrichtet werden (§ 28 Abs. 3 Satz 1 TKV), ferner über das Kündigungsrecht, das ihnen bei einer Änderung zu ihren Ungunsten zusteht (§ 28 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Satz 2 TKV). Änderungen von Entgelten und entgeltrelevanten AGB-Bestandteilen marktbeherrschender Anbieter von Sprachtelefondienst und Übertragungswegen traten frühestens einen Monat nach ihrer Veröffentlichung in Kraft (§ 29 Abs. 1 Satz 1 TKV), es sei denn, es handelte sich um „kurzfristige Ereignisbezogene Sondertarife“ (Satz 2)1 oder die Regulierungsbehörde genehmigte die Abweichung im Einzelfall (Satz 4)2. Bestand eine Genehmigungspflicht nach § 25 Abs. 1 TKG 1996, verbot § 29 Abs. 2 TKV eine Veröffentlichung vor Erteilung, d. h. Wirksamwerden der Genehmigung3. § 30 TKV stellte schließlich klar, eine Vereinbarung von Leistungen sei unwirksam (nichtig4), wenn hierfür keine alte oder neue, zumindest vorläufige5 Entgeltgenehmigung vorliegt6.
1.5 Vom TKG 1996 zum TKG 2004 und zu dessen erster Novellierung Sowohl das TKG 1996 als auch TEntgV, TUDLV, NZV und § 4 TKV sind am Tag nach der Verkündung des TKG 2004, d. h. am 26.6.2004 außer Kraft getreten (§ 152 Abs. 2 TKG 2004). § 150 TKG 2004 sieht für die Entgeltregulierung keine speziellen Übergangsvorschriften vor. Auch auf diese wirkt sich aber die allgemeine Bestimmung des § 150 Abs. 1 aus: Danach bleiben jedoch lediglich die „vor Inkrafttreten (des TKG) getroffenen Feststellungen marktbeherrschender Stellungen sowie die daran anknüpfenden Verpflichtungen“ wirksam, nicht jedoch die bislang geltende Rechtslage insgesamt. Eine Fortgeltung auch der Maßstäbe für Genehmigungsfähigkeit von Entgelten nach altem Recht würde den Wortlaut der Norm sprengen und wäre
_______________
1 Vgl. Holznagel/Bysikiewicz/Enaux/Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts, 2000, 102. 2 Vgl. z. B. Mitt. Nr. 34/1999 (BK, Beschl. v. 14.1.1999 – 2c 98/02), ABl. 429; ferner Vfg 87/1999 (BK, Beschl. v. 18.6.1999 – 2-1-99/016), ABl. 1907 ff. 3 Vgl. Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 245. Zur ex nunc-Wirkung s. BK, Beschl. v. 5.2.1998, K&R 1998, 325 (326); anders Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999, § 27 Rz. 14 f.; eingehend Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 29 TKG Rz. 6 ff. Zur Neuregelung (§ 35 Abs. 5 TKG 2004) s. unten, Rz. 91 f. 4 Vgl. BK, Beschl. v. 5.2.1998, K&R 1998, 325 (326). 5 D. h. eine diesbezügliche „einstweilige Anordnung“ i. S. v. § 78 TKG (Schmidt, K&R 1999, 385 [389]; Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz 2001, 259 ff.). 6 Zu viel gezahlte Beträge können nach Bereicherungsrecht zurückgefordert werden (Holznagel/Bysikiewicz/Enaux/Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts, 2000, 102; Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 29 TKG Rz. 7).
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I Rz. 37a
Entgeltregulierung
auch mit Sinn und Zweck der Übergangsregelung nicht vereinbar1. Das BVerwG ist allerdings der Ansicht, gesetzliche Gebote einschließlich der Genehmigungspflicht des § 25 Abs. 1 TKG 2004 seien als von § 150 Abs. 1 TKG erfasst anzusehen, und hat daher dem EuGH die Frage vorgelegt, ob Gemeinschaftsrecht dieser weitgehenden (temporären) Aufrechterhaltung früheren Rechts entgegenstehe2. 37a
Bereits 2005 sollten wesentliche Regelungen der – nur ganz punktuell (Rz. 37) durch das TKG 2004 außer Kraft gesetzten – TKV in das Gesetz einbezogen werden3. Dieser Versuch wurde erneuert und führte schließlich zur ersten Novelle des TKG 20044. Insoweit erfolgt zwar gerade keine (behördliche) Entgeltregulierung i. e. S., wohl aber werden einige für einen „Kunden“ (Endnutzer i. S. v. § 3 Nr. 8 TKG 2004) relevante Regelungen zu dem von diesem vertraglich gegenüber seinem Anbieter von Telekommunikationsdiensten geschuldeten Entgelt getroffen, die jener Zahlungsaufforderungen dieses Unternehmens entgegenhalten kann.
2. Verfassungsrechtlicher Rahmen 38
Da die „Regulierung“ (§ 3 Nr. 13 TKG 1996) von Entgelten – ebenso wie andere staatliche Verhaltensregelungen – „die Autonomie der betroffenen Unternehmen in nicht unerheblichem Umfang einschränkt und – gemessen am allgemeinen Wirtschaftsrecht – einen Ausnahmefall darstellt, bedarf sie der besonderen Rechtfertigung“5. Im Zusammenhang mit der Forderung nach einer Lizenz als „Marktzugangsvoraussetzung“ hob die Begründung des Gesetzesentwurfs 1996 zudem hervor, die „besonderen wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen“ des TKG berücksichtigten „die verfassungsrechtlich garantierten Rechte der Berufs- und Gewerbefreiheit, wonach grundsätzlich jedermann berechtigt ist, Telekommunikationsdienstleistun_______________
1 VG Köln, Beschl. v. 24.3.2005 – 1 L 6/05, CR 2005, 437 (437), und v. 11.4.2005 – 1 L 277/05, CR 2005, 441 (441 f.), mit Anm. Rädler; VG Köln, Beschl. v. 6.9.2004 – 1 L 1832/04, CR 2004, 826 (827); Beschl. v. 21.10.2004 – 1 L 2280/04, CR 2005, 197 (198); Beschl. v. 3.6.2005 – 21 L 319/05, CR 2005, 804 (805); ferner Scherer/ Mögelin, K&R Beil. 4/2004, 3 ff.; Rädler/Elspaß, CR 2004, 418 ff.; Tschentscher/ Bosch, K&R Beil 4/2004, 14 ff.; Nacimiento, K&R 2005, 1 ff.; Schütze, CR 2005, 332 (334 f.); Heun, CR 2004, 893 (905); Mitt. Nr. 236/2004 (BK, Beschl. v. 14.7. 2004 – 2c 04/012), ABl. 785; Mitt. Nr. 281/2004 (BK, Beschl. v. 27.8.2004 – 2a 04/015), ABl. 1317; RegTP-Jahresbericht 2004, 119 f. 2 BVerwG, Beschl. v. 17.5.2006 – 6 C 14.05, CR 2006, 605 ff. mit Anm. Salevic; anders VG Köln, Urt. v. 15.9.2005 – 1 K 4556/04, CR 2005, 868 (869 f.), mit Anm. Schütze; Beschl. v. 3.6.2005 – 21 L 319/05, CR 2005, 805 (806). 3 Vgl. BT-Drucks. 15/5213 v. 7.4.2006; 15/5694 v. 15.6.2005; 15/5913 v. 14.7.2005. 4 Art. 2 und 5 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes v. 18.2.2007, BGBl. I, 106; vgl. dazu BTDrucks. 16/2581 v. 14.9.2006, 21 und 33. 5 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 43; ähnlich Groß, DöV 1996, 52 (58).
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Verfassungsrechtlicher Rahmen
Rz. 39 I
gen am Markt anzubieten“; diese Rechte würden „nur im unbedingt erforderlichen Umfang eingeschränkt“1. Anders als ein Genehmigungserfordernis bezieht sich die Regulierung von Entgelten (und entgeltrelevanten AGBBestandteilen) allerdings nicht direkt auf eine „berufliche“ Tätigkeit i. S. v. Art. 12 Abs. 1 GG; weder werden (subjektive) Berufszulassungsbeschränkungen errichtet und noch Berufsausübungsregelungen (wie bei der Meldepflicht gem. § 6 TKG) normiert. Eine (imperative) staatliche Einflussnahme auf die Preisgestaltung von in ihren Aktivitäten durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Personen kann sich aber ähnlich wie eine Tätigkeitsbeschränkung auswirken. Im Bereich der Telekommunikation eignet der Entgeltregulierung auch (nach der Zielsetzung des historischen Gesetzgebers wie nach objektivem Sinn und Zweck der Vorschriften) eine berufsregelnde Tendenz2; sie muss daher dem Grunde nach wie in ihrer konkreten Ausgestaltung auch den Anforderungen der Berufsfreiheit – und nicht nur der subsidiären allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) – genügen3. Der notwendige legitime Zweck ergibt sich nicht zuletzt aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 16 GG4; zugleich folgt daraus ein den Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG genügender, sachlich hinreichender Grund für die Differenzierung zwischen marktmächtigen und anderen Unternehmen5. Auch unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit sind keine durchgreifenden Bedenken ersichtlich6, da selbst bei der gravierendsten Beschränkung, dem Genehmigungsvorbehalt, konkrete Versagungsgründe gesetzlich abschließend normiert sind, so dass bei deren Fehlen ein Anspruch auf Genehmigung der beantragten Entgelte besteht (unten, Rz. 80)7. Die „Eigentums“-Gewährleistung (Art. 14 GG) umfasst jedenfalls auch die Nutzung aller privatrechtlichen vermögenswerten Rechte und Güter, die mit der Entscheidung, ob hierfür ein autonom bestimmtes Entgelt erhoben
_______________
1 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 34. 2 Vgl. Ladeur, K&R 1998, 479 (480 f.), unter Hinweis auf § 3 Nr. 13 TKG 1996. 3 Im Ergebnis wie hier BVerfG, Beschl. v. 30.3.1993 – 1 BvR 1045/89, 1381/90, 1 BvL 11/90, BVerfGE 88, 145 (159); BVerwG, Urt. v. 25.6.2003 – 6 C 17.02, K&R 2004, 38 (43 f.), CR 2003, 738 (741 f.) mit Anm. Schütze; Urt. v. 16.7.2003 – 6 C 19/02, K&R 2004, 44 (47 f.); Großkopf, Die Vertragsfreiheit nicht-marktbeherrschender Unternehmen bei der Netzzusammenschaltung, 1999, 110 f. 4 Vgl. (für § 39 TKG 1996) Großkopf, Die Vertragsfreiheit nicht-marktbeherrschender Unternehmen bei der Netzzusammenschaltung, 1999, 111 f.; BVerwG, Urt. v. 25.4.2001 – 6 C 6.00, MMR 2001, 681 (690) mit Anm. v. Reinersdorff; ferner Storr, DVBl. 2006, 1017 (1024). 5 Vgl. schon BVerfG, Beschl. v. 12.11.1958 – 2 BvL 4, 26, 40/56, 1, 7/57, BVerfGE 8, 274 (329 f.); Gramlich, CR 1997, 65 (71). 6 Vgl. (für § 39 TKG 1996) Großkopf, Die Vertragsfreiheit nicht-marktbeherrschender Unternehmen bei der Netzzusammenschaltung, 1999, 112 ff.; BVerwG, Urt. v. 25.6.2003 – 6 C 17.02, CR 2003, 738 (741 f.) mit Anm. Schütze. 7 Auch bei dem „Nachfolgeunternehmen“ DT AG sollten keine Zweifel (mehr) an der Grundrechtsträgerschaft bestehen; vgl. Lang, NJW 2004, 3601 (3602 ff.).
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I Rz. 40
Entgeltregulierung
werden soll, untrennbar verbunden ist1. Bei der Geltendmachung dieses Anspruchs wird der Eigentümer durch Entgeltregulierung behindert, ob sie nun ex ante oder ex post erfolgt. Jedoch werden Umsatz- und Gewinnchancen (aus der Realisierung von Entgeltforderungen) durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt2, und auch eine betriebsbezogene Beeinträchtigung eines „eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs“ liegt nicht vor3. Abgesehen davon, handelt es sich bei der Entgeltregulierung jedenfalls um eine die Sozialbindung konkretisierende Schrankenbestimmung, die aus den bei der Berufsfreiheit genannten Gründen verfassungsgemäß ist4.
3. Entgeltregulierung im internationalen und europäischen Kontext 3.1 Völkervertragsrecht 3.1.1 ITU 40
Gemäß Art. 33 (Satz 2) der Konstitution der International Telecommunications Union (ITU)5 sind die „Dienstleistungen, die Gebühren und die Gewährleistung … in den einzelnen Verkehrsarten“ des „internationalen Dienstes für den öffentlichen Nachrichtenaustausch6 … für alle Benutzer gleich, ohne irgendwelchen Vorrang oder Vorzug“. Im Rahmen der Bestimmungen der Konstitution – und der Konvention7 – ist eine weltweite Konferenz für internationale Fernmeldedienste (Art. 7 lit. c]) befugt, die geltende „Vollzugsordnung“ für diese Dienste teilweise, im Ausnahmefall auch voll_______________
1 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 9.1.1991 – 1 BvR 929/89, BVerfGE 83, 201 (209), Beschl. v. 26.5.1993 – 1 BvR 208/93, BVerfGE 89, 1 (6); Großkopf, Die Vertragsfreiheit nichtmarktbeherrschender Unternehmen bei der Netzzusammenschaltung, 1999, 117. 2 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.10.1984 – 1 BvR 35, 356, 794/82, BVerfGE 68, 193 (222 f.). 3 BVerwG, Urt. v. 25.6.2003 – 6 C 17.02, K&R 2004, 38 (44); CR 2003, 738 (742) mit Anm. Schütze; ferner BverwG, Urt. v. 3.12.2003 – 6 C.20.02, K&R 2004, 296 (304). 4 Vgl. Großkopf, Die Vertragsfreiheit nicht-marktbeherrschender Unternehmen bei der Netzzusammenschaltung, 1999, 117 ff.; Fuhr/Kerkhoff, MMR 1998, 6 (11); BVerfG, Beschl. v. 12.11.1958 – 2 BvL 4, 26, 40/56, 1, 7/57, BVerfGE 8, 274 (330), Beschl. v. 4.12.1985 – 1 BvL 23/84, 1/85, 1 BvR 439, 652/84, BVerfGE 71, 230 (247); Beschl. v. 23.9.1992 – 1 BvL 15/85, 36/87, BVerfGE 87, 114 (146); lediglich angedeutet in BK, Beschl. v. 5.2.1998, K&R 1998, 325 (327). 5 V. 22.12.1992 i. d. F. der Änderung v. 14.9.1994 (BGBl. 1996 II, 1308); s. a. Änderungsurkunden v. 6.11.1998 (BGBl. 2001 II, 367) und v. 18.10.2002 (BGBl. 2005 II, 428). 6 Nach der Definition in der Anlage (Nr. 1004) fällt darunter jeder „Fernmeldeverkehr“ – d. h. „jede Übermittlung, jede Aussendung oder jeder Empfang von Zeichen, Signalen, Schriftzeichen, Bildern, Lauten oder Nachrichten jeder Art über Draht, Funk, optische oder andere elektromagnetische Systeme“ (Nr. 1012) –, „den die Ämter und Dienststellen aufgrund der Tatsache, dass sie der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, zur Übermittlung annehmen müssen“. 7 Vgl. dazu Denkschrift der Bundesregierung zum Vertragsgesetz, BT-Drucks. 13/3810, 149 (150); zum Verhältnis der Regelungen zueinander s. Art. 4 Abs. 4 ITU-Konstitution; ferner Noll, MMR 1998, 465 ff.
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Entgeltregulierung im internationalen und europäischen Kontext
Rz. 41 I
ständig zu revidieren (Art. 25 der ITU-Konstitution). Diese nach Art. 4 Abs. 3 der Konstitution für alle ITU-Mitglieder verbindlichen International Telecommunications Regulations stecken zusammen mit einigen Empfehlungen (D.140, D.150, D.155)1 den Rahmen ab, innerhalb dessen herkömmlicher Weise „accounting rates“2 – aber auch nur diese – vereinbart werden3. Bereits die geltende Regelung (der WATTC-88) erklärt zwar die Höhe der Sätze für „internationale Fernmeldedienste/international telecommunication service(s)“ (Art. 2.2.) zu einer Angelegenheit der einzelnen (Mitglied-)Staaten (Art. 6.1.1.), verweist jedoch nicht nur auf „allgemeine Vorgaben“ (im Anhang 1) und Empfehlungen der früheren CCITT (bzw. heute des Standardisierungssektors der ITU), sondern auch auf die Berücksichtigung von „relevant cost trends“ (Art. 6.2.1.). Bemühungen zumindest zu einer Verringerung der handelsbeschränkenden Auswirkungen des „accounting rate system“4 haben bislang wenig Erfolg gezeitigt5. 3.1.2 WTO/GATS Im Februar 1997 mündeten mehrjährige Verhandlungen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO)6 in das Vierte Protokoll zum Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services, GATS)7. Dieser zwischen einer Vielzahl der WTOVertragsparteien geschlossene „plurilaterale“ Vertrag enthält u. a. in einem Referenzpapier „Begriffsbestimmungen und Grundsätze zum ordnungspolitischen Rahmen für die Basistelekommunikationsdienstleistungen“ als „zusätzliche Verpflichtungen“ (Art. XVIII GATS8) der Europäischen Ge_______________
1 Accounting Rate Principles for International Telephone Services (1992, rev. 1998); New System for Accounting in International Telephony (1968, rev. 1996); Guiding Principles Governing the Apportionment of Accounting Rates in International Telephone Relations (1984, rev. 1996). 2 Gem. Art. 2.8. der International Telecommunications Regulations 1988 sind dies Sätze, die zwischen Fernmeldeverwaltungen oder anerkannten privaten Betriebsorganisationen für eine bestimmte Verbindung vereinbart und für die internationale Abrechnung verwendet werden („the rate agreed between administrations or recognized private operating agency[ies] in a given relation that is used for the establishment of international accounts“). 3 Vgl. Strivens/Bratby in: Scherer (ed.), Telecommunication Laws in Europe, 4. A. 1998, 24.49, 24.53. 4 Vgl. Moos, Die Bindung der Telekommunikationsregulierung durch das GATSAbkommen, 2003, 56 ff. 5 Vgl. Koenig/Braun in: Koenig/Bartosch/Braun (eds.), EC Competition and Telecommunications Law, 2002, 1 (36 ff.). 6 Vgl. Ministerbeschluss und Anlage zu Verhandlungen über Basistelekommunikation, BGBl. 1994, 1673 bzw. 1666; dazu Barth, ArchPT 1997, 112 (114); Moritz, MMR 1998, 393 ff.; Senti, Aussenwirtschaft 56 (2001), 43 (52 f.); Mathew, The WTO Agreements on Telecommunications, 2003, 52 ff. 7 V. 15.5.1997, BGBl. II, 1991. 8 V. 15.4.1994, BGBl. II, 1643.
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I Rz. 41
Entgeltregulierung
meinschaften und ihrer Mitgliedstaaten1 „hinsichtlich des Marktzugangs“. „Dabei behandelt Ziff. 2 die „Zusammenschaltung“ mit Anbietern, „die öffentliche Telekommunikationsnetze oder -dienste2 bereitstellen, um den Nutzern3 eines Anbieters die Kommunikation mit Nutzern eines anderen Anbieters zu ermöglichen und Zugang zu Dienstleistungen zu erhalten, die von einem anderen Anbieter bereitgestellt werden“. Die „im Rahmen des zulässigen Marktzugangs … mit einem Hauptanbieter an jedem technisch durchführbaren Punkt“ sicherzustellende Zusammenschaltung muss gem. Ziff. 2.2. erfolgen „zu nicht diskriminierenden Bedingungen (einschließlich technischer Normen und Spezifikationen) und Entgelten“ (lit. a)4, ferner „zu … kostenorientierten Entgelten, die transparent, angemessen, wirtschaftlich realistisch und ausreichend entbündelt sind, so dass der Anbieter nicht für Netzelemente oder -einrichtungen zu zahlen braucht, die er für die zu erbringende Dienstleistung nicht benötigt“ (lit. b), und schließlich „auf Ersuchen zusätzlich an anderen Punkten als den Netzabschlusspunkten, die dem überwiegenden Teil der Nutzer angeboten werden, zu Entgelten, die die Bereitstellungskosten für die notwendigen zusätzlichen Einrichtungen widerspiegeln“ (lit. c). In einer Fußnote (6) wird ergänzend festgehalten, „Anbietern von Dienstleistungen oder Netzen, die der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglich sind, wie geschlossene Benutzergruppen“, stünde ein Anspruch auf Zusammenschaltung mit den öffentlichem Telefonnetz oder -diensten „zu nicht diskriminierenden, transparenten und kostenorientierten Bedingungen und Entgelten“ zu; diese könnten sich jedoch von den Bedingungen und Entgelten unterscheiden, die für die Zusammenschaltung zwischen öffentlichen Telekommunikationsnetzen oder -diensten gelten5. _______________
1 Daher ist einerseits ein deutsches Zustimmungsgesetz v. 20.11.1997 ergangen (BGBl. II, 1990), anderseits ein Ratsbeschluss 97/838/EG v. 28.11.1997 „über die Genehmigung der Ergebnisse der WTO-Verhandlungen über Basistelekommunikationsdienste im Namen der Europäischen Gemeinschaft für die in ihre Zuständigkeit fallenden Bereiche“ (ABl. EG Nr. L 347 v. 18.12.1997, 45). 2 Vgl. die Definition in Ziff. 3 lits. b), c) der Anlage (zum GATS) zur Telekommunikation, BGBl. 1994 II, 1664. 3 Den Begriffsbestimmungen zufolge werden hiervon Verbraucher und Anbieter von Dienstleistungen umfasst. 4 In Fn. 7 des Protokolls wird noch darauf hingewiesen, in der Gemeinschaft könnten für Betreiber „in unterschiedlichen Marktsegmenten unterschiedliche Bedingungen und Entgelte auf der Grundlage nicht diskriminierender und transparenter nationaler Lizenzierungsbestimmungen festgelegt werden, soweit diese Unterschiede sachlich gerechtfertigt werden können, weil diese Dienstleistungen nicht als ‚gleiche Dienstleistungen‘ gelten“. Hier wird insbesondere auf die Zusammenschaltungsrichtlinie Bezug genommen (unten, Rz. 42). 5 Vgl. zum Referenzpapier Barth, ArchPT 1997, 112 (115); Strivens/Bratby in: Scherer (ed.), Telecommunication Laws in Europe, 4. A. 1998, 24.13 – 24.17; Holznagel/Bysikiewicz/Enaux/Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts, 2000, 207; Scherer, CR 2000, 35 (39); Senti, Aussenwirtschaft 56 (2001), 43 (54 f.); Koenig/Braun in: Koenig/Bartosch/Braun (eds.), EC Competition and Telecommunications Law, 2002, 1 (15 ff.); Moos, Die Bindung der Telekommunikationsregulierung durch das GATS-Abkommen, 2003, 281 ff.; Mathew, The WTO Agree-
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Entgeltregulierung im internationalen und europäischen Kontext
3.2 Europäisches Gemeinschaftsrecht 3.2.1 Überblick über die vor dem „communications review“ 1999 geltenden Regelungen 3.2.1.1 Harmonisierung: ONP-Rechtsakte (des Parlaments und) des Rates Gestützt auf die Kompetenz zur Rechtsangleichung im Hinblick auf die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes (Art. 100a E[W]GV a. F.; Art. 95 EG) erließ der Rat der EG im Juni 1990 die ONP-Rahmenrichtlinie1; Art. 2 Nr. 10 zufolge konnten die „harmonisierten Bedingungen, die den offenen und effizienten Zugang zu öffentlichen Telekommunikationsnetzen2 und ggf. zu öffentlichen Telekommunikationsdiensten3 sowie deren effiziente Benutzung betreffen“, auch „Tarifgrundsätze“ umfassen. Einen „Referenzrahmen“ für von der Kommission zu erstellende Vorschläge (Art. 4 Abs. 4 d]) für spätere Einzel-Richtlinien (Art. 6) legte Anhang 24 fest. Auch „Tarifgrundsätze“ mussten (nach Ziff. 4 des Anhangs und Art. 3 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie) „auf objektiven Kriterien beruhen“, „transparent sein und in geeigneter Form veröffentlicht werden“ sowie „gleichen Zugang gewährleisten“ und „in Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht Diskriminierung ausschließen“. Insbesondere bei den „ausschließlichen oder besonderen Rechten“5 unterliegenden Diensten mussten Tarife „grundsätzlich an den Kosten orientiert“, und, damit die Benutzer „die Auswahl zwischen verschiedenen Dienstelementen haben und sofern die eingesetzte Technologie dies erlaubt, im Einklang mit den Wettbewerbsvorschriften des EG-Vertrags entflochten sein“. Bei allen Tarifen „für den Zugang zu Netzressourcen oder -diensten“ musste auch „der Grundsatz der gerechten Aufteilung der Gesamtkosten für die benutzten Ressourcen und das Erfordernis einer angemessenen Rendite der getätigten Investitionen berücksichtigt werden“. Schließlich sollten „zur Berücksichtigung insbesondere von Überlastungen in Hauptverkehrszeiten und von unzureichender _______________
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2 3 4
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ments on Telecommunications, 2003, 124 ff.; ferner die Analyse des Berichts eines WTO-Panel (Mexico – Measures Affecting Telecommunications Services, WT/ DS204/R) durch Klett/Moos, MMR 2004, 735 ff. Richtlinie 90/387/EWG; vgl. Amory, EuZW 1992, 75 (82 f.); Holznagel/Bysikiewicz/ Enaux/Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts, 2000, 227 f.; Scherer/ Bartsch in: Scherer (ed.), Telecommunication Laws in Europe, 4. A. 1998, 1.134; Braun/Capito in: Koenig/Bartosch/Braun, EC Competition and Telecommunications Law, 2002, 51 (57 ff.); Koenig/Loetz, ebd., 359 (369 ff.). Definition in Art. 2 Nr. 3 der Richtlinie 90/387/EWG. In Art. 2 Nr. 4 der Richtlinie 90/387/EWG definiert. Neu gefasst durch Art. 1 Nr. 11 der Richtlinie 97/51 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 6.10.1997 zur Änderung der Richtlinien 90/387/EWG und 92/44/EWG des Rates zwecks Anpassung an ein wettbewerbsorientiertes Telekommunikationsumfeld, ABl. EG Nr. L 295 v. 29.10.1997, 23; vgl. Holznagel/ Bysikiewicz/Enaux/Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts, 2000, 230 f. Definition in Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 90/387/EWG.
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Auslastung in Nebenzeiten“ unterschiedliche Tarife bestehen können, sofern „die Tarifunterschiede wirtschaftlich gerechtfertigt“ und mit den allgemeinen Grundsätzen vereinbar seien. Präzisierungen und Konkretisierungen dieser Vorgaben erfolgten dann in der Mietleitungs-1, der ersten2 und zweiten3 Sprachtelefondienst- sowie der Zusammenschaltungsrichtlinie4. 3.2.1.2 Liberalisierung: Richtlinien der Kommission 43
Rechtsgrundlage für einschlägige Rechtsakte der (Europäischen) Kommission war Art. 90 Abs. 3 E(W)GV a. F. (Art. 86 Abs. 3 EG), der dieses Gemeinschaftsorgan mit der Aufsicht über die Einhaltung nicht zuletzt des Art. 90 (= Art. 86) Abs. 1 i. V. m. Art. 86 E(W)GV a. F. (Art. 82 EG) betraut; allerdings kann hierdurch allein auf das Verhalten öffentlicher und/oder solcher Unternehmen eingewirkt werden, denen ein Mitgliedstaat besondere oder ausschließliche Rechte gewährt (hat), so dass mit deren (fast) vollständiger Beseitigung auch die hierauf bezogene und beschränkte Kompetenz keine Anwendung mehr finden kann5. 3.2.1.3 Relevante Vorschriften des allgemeinen Wettbewerbsrechts
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Neben den sektorspezifischen Vorschriften fanden von Anfang an auch die allgemeinen Regelungen der Art. 81 ff. EG (Art. 85 ff. E[W]GV a. F.) auf den Telekommunikationssektor Anwendung. Bereits 1991 publizierte die Kommission „Leitlinien“ für die Anwendung der EG-Wettbewerbsregeln im _______________
1 Richtlinie 92/44/EWG des Rates v. 5.6.1992 zur Einführung des offenen Netzzugangs bei Mietleitungen, ABl. EG Nr. L 165 v. 19.6.1992, 27; vgl. Holznagel/ Bysikiewicz/Enaux/Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts, 2000, 228 f.; Scherer/Bartsch in: Scherer (ed.), Telecommunication Laws in Europe, 4. A. 1998, 1.136, 1.140. 2 Richtlinie 95/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 13.12.1995 zur Einführung des offenen Netzzugangs (ONP) beim Sprachtelefondienst, ABl. EG Nr. L 321 v. 30.12.1995, 6; vgl. Holznagel/Bysikiewicz/Enaux/Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts, 2000, 229 f. 3 Richtlinie 98/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 26.2.1998 über die Anwendung des offenen Netzzugangs (ONP) beim Sprachtelefondienst und den Universaldienst im Telekommunikationsbereich in einem wettbewerbsorientierten Umfeld, ABl. EG Nr. L 101 v. 1.4.1998, 24; vgl. Holznagel/Bysikiewicz/Enaux/ Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts, 2000, 232; Scherer/Bartsch in: Scherer (ed.), Telecommunication Laws in Europe, 4. A. 1998, 1.137 – 1.139. 4 Richtlinie 97/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 30.6.1997 über die Zusammenschaltung in der Telekommunikation im Hinblick auf die Sicherstellung eines Universaldienstes und der Interoperabilität durch Anwendung der Grundsätze für einen offenen Netzzugang (ONP), ABl. EG Nr. L 199 v. 26.7.1997, 32; vgl. Holznagel/Bysikiewicz/Enaux/Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts, 2000, 231 f. 5 Vgl. Bartosch, ZIP 1999, 1787 (1789 ff.); Braun/Capito in: Koenig/Bartosch/Braun, EC Competition and Telecommunications Law, 2002, 51 (53 ff.); Koenig/Loetz, ebd., 359 (403 ff.).
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Telekommunikationsbereich1; hierauf baute 1998 die Mitteilung der Kommission „über die Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Zugangsvereinbarungen im Telekommunikationsrecht – Rahmen, relevante Märkte und Grundsätze –“2 auf (Ziff. 3). Denn in vielen Fällen sei es möglich, „etablierte Wettbewerbsgrundsätze anzuwenden“, also „die bisherige Rechtsprechung und die Entscheidungspraxis der Kommission z. B. zu Fragen wie Marktmachtausnutzung, Diskriminierung und Bündelung zu berücksichtigen“. Im Hinblick auf den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch Verweigerung des Zugangs und Anwendung nachteiliger Bedingungen (Ziff. 83 ff.) nannte die Mitteilung u. a. den Fall, dass „überhöhte Preise für den Zugang auch auf eine faktische Zugangsverweigerung hinauslaufen“ können (Ziff. 97). Eine „sachgerechte Kostenzurechnung“ sei hierbei von „grundlegender Bedeutung“. Übe ein Unternehmen eine Reihe von Tätigkeiten aus, müssten „die relevanten Kosten zusammen mit einem angemessenen Gemeinkostenanteil den verschiedenen Tätigkeiten zugerechnet werden“ (Ziff. 107). Darüber hinaus könne „ein Vergleich mit anderen geographischen Gebieten ebenfalls als Hinweis für überhöhte Preise dienen“ (Ziff. 109). Bestimmte Zugangsvereinbarungen oder darin enthaltene Bestimmungen könnten auch wettbewerbsbeschränkende Wirkung i. S. v. Art. 85 Abs. 1 E(W)GV a. F. (Art. 81 Abs. 1 EG) haben, etwa wenn sie „zur Koordinierung von Preisen“ dienten (Ziff. 134)3. Klauseln, „die in der Weise diskriminieren, dass sie zum Ausschluss Dritter führen“, seien „ebenfalls wettbewerbsbeschränkend. Von großer Bedeutung ist dabei die Diskriminierung der Partei, die den Zugang begehrt, hinsichtlich der Preise, der Qualität oder anderer wirtschaftlich wichtiger Aspekte des Zugangs, womit in der Regel eine ungerechtfertigte Bevorzugung der Unternehmenstätigkeit des Zugangsanbieters bezweckt wird“ (Ziff. 143). Schließlich wirkten sich Zugangsvereinbarungen im Telekommunikationsbereich in der Regel auch „auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten“ aus, „da über ein Netz erbrachte Dienstleistungen in der gesamten Gemeinschaft gehandelt werden und Zugangsvereinbarungen die Möglichkeiten eines Diensteanbieters oder eines Betreibers, eine Dienstleistung zu erbringen, entscheidend bestimmen können. Selbst dort, wo die Märkte im Wesentlichen nationalen Charakter haben, … wird der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im All_______________
1 ABl. EG Nr. C 233 v. 6.9.1991, 2; vgl. Amory, EuZW 1992, 75 (85); Moritz, CR 1998, 13 (15). 2 ABl. EG Nr. C 265 v. 22.8.1998, 2; vgl. Riehmer, MMR 1998, 355 ff.; Bartosch, EuZW 1999, 421 (426); Holznagel/Bysikiewicz/Enaux/Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts, 2000, 234 ff.; Scherer/Bartsch in: Scherer (ed.), Telecommunication Laws in Europe, 4. A. 1998, 1.221., 1.224.; Bartosch in: Koenig/ Bartosch/Braun (eds.), EC Competition and Telecommunications Law, 2002, 129 (138 ff.). 3 Vgl. auch Scherer/Bartsch in: Scherer (ed.), Telecommunication Laws in Europe, 4. A. 1998, 1.225 – 1.226.
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gemeinen die Marktstruktur beeinträchtigen und zu Rückwirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten führen“ (Ziff. 147). 46
Eine weitere „Mitteilung“ der Kommission über „Bewertungskriterien für nationale Systeme der Kostenrechnung und Finanzierung im Universaldienst in der Telekommunikation und Leitlinien für die Mitgliedstaaten für die Anwendung dieser Systeme“ von 1996 ging davon aus, dass nationale Systeme nur die „Nettokosten“ des Universaldienstes finanzieren dürfen, wobei in deren Berechnung Kosten und Einnahmen einzubeziehen seien; auch sollte die Kostenrechnung „auf die Zukunft ausgerichtet sein und nicht auf den historischen Kosten beruhen“1. Näheres ergibt sich aus „Leitlinien für nationale Regulierungsbehörden“. Im Anhang D zu dieser Mitteilung erachtete es die Kommission nach dem Subsidiaritätsprinzip (Art. 5 Abs. 2 EG [Art. 3 b Abs. 2 EGV a. F.]) für angebracht, dass u. a. Fragen der Tarifpolitik/-gestaltung (als Teil der Universaldienstverpflichtung) primär auf nationaler Ebene zu regeln seien; als Beispiele wurden genannt: „Einführung landesweiter Einheitstarife oder Gestattung einer gewissen Abweichung von den Durchschnittstarifen; Definition der Erschwinglichkeit; Kontrollmechanismen für die Anpassung der Tarife innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens“. Die EG-Politik im Bereich der Tarifgestaltung beschränke sich „auf spezifische Auflagen für die Kostenorientierung bestimmter Dienste (z. B. Mietleitungen, Zusammenschaltungsentgelte) und die Forderung nach einem erschwinglichen Universaldienst“; sie verlange oder verhindere keine Entscheidungen auf nationaler Ebene, um z. B. einheitliche nationale Tarife beizubehalten oder eine Abweichung vom Durchschnittstarif zuzulassen, „so lange die Erschwinglichkeit des Dienstes nicht in Frage gestellt wird“. 3.2.2 Das neue EG-Recht der elektronischen Kommunikation 3.2.2.1 Ausgangspunkt: „communications review“ 1999
47
Im „Kommunikationsbericht 1999“, einer Mitteilung der Kommission an andere EG-Organe2, wurde vorgeschlagen, bei der Verpflichtung zur kostenorientierten Preisgestaltung bei Zusammenschaltungsentgelten stärker als bisher zwischen marktbeherrschenden Unternehmen und solchen mit beträchtlicher Marktmacht zu differenzieren3; zur ebenfalls angemahnten Stärkung des Wettbewerbs im Ortsnetzbereich wurde auch eine Empfehlung zur Preisgestaltung vorgeschlagen4. Während das Universaldienstkon_______________
1 KOM (96) 608 endg.; BR-Drucks. 41/97 v. 14.1.1997, 7. 2 Entwicklung neuer Rahmenbedingungen für elektronische Kommunikationsinfrastrukturen und zugehörige Dienste: Kommunikationsbericht 1999, KOM (1999) 539. Vgl. Braun/Capito in: Koenig/Bartosch/Braun (eds.), EC Competition and Telecommunications Law, 2002, 51 (59 f.). 3 Vgl. Kommunikationsbericht 1999, 32 und 58 f. 4 Vgl. Kommunikationsbericht 1999, 38 ff.
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zept im Wesentlichen beibehalten werden sollte1, stand eine Entgeltregulierung nicht mehr im Vordergrund des Interesses „auf einem liberalisierten Telekommunikationsmarkt“2. 3.2.2.2 Grundzüge des Richtlinienpakets 2002 3.2.2.2.1 Regulierung der Zugangsentgelte Entgeltregulierung bildet freilich auch nach dem im Frühjahr 2002 verabschiedeten „Paket“ aus mehreren Rechtsakten3 einen Kernbereich der Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht („significant market power“, SMP4; Art. 14 Abs. 2 RRL5) nach der Zugangsrichtlinie (ZRL)6, d. h. im Hinblick auf den „Zugang“ (Art. 2 Abs. 2 [a] ZRL) zu „elektronischen Kommunikationsnetzen“ (Art. 2 Abs. 1 ZRL i. V. m. Art. 2 [a] RRL) und „zugehörigen Einrichtungen“ (Art. 2 [e] RRL) sowie deren „Zusammenschaltung“ (Art. 2 Abs. 2 [b]), mit Ausnahme des Zugangs für „Endnutzer“ (Art. 1 ZRL; Art. 2 [n] RRL): In den durch Art. 8 Abs. 2 und 3 ZRL abgesteckten Grenzen und in Verfolgung der in Art. 8 Abs. 4 ZRL angesprochenen Ziele (des Art. 8 RRL) muss jeder EG-Mitgliedstaat sicherstellen, dass seine „nationale Regulierungsbehörde“ (Art. 2 [g] RRL) auch Verpflichtungen zur Preiskontrolle und Kostenrechnung nach Art. 13 ZRL aufzuerlegen befugt ist (Art. 8 Abs. 1 ZRL)7.
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Art. 13 Abs. 1 S. 1 ZRL stellt als Voraussetzung hierfür auf, dass das Ergebnis einer nach Art. 6, 7 RRL durchgeführten Marktanalyse (nach Art. 16 RRL) darauf hinweist, ein „Betreiber“ (Art. 2 Abs. 2 [c] ZRL) sei in der Lage,
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_______________
1 Vgl. Kommunikationsbericht 1999, 44 ff. 2 Vgl. Kommunikationsbericht 1999, 21 f., 57 f.; dazu Scherer, CR 2000, 35 (40 ff.); Huber/von Mayerhofen, MMR 1999, 593 ff.; Holznagel/Bysikiewicz/Enaux/ Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts, 2000, 236 f.; Kardasiadou, RTKom1999, 168 ff.; Braun/Capito in: Koenig/Bartosch/Braun (eds.), EC Competition and Telecommunications Law, 2002, 51 (59 f.). 3 Überblick bei Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 3 ff.; Texte ebd., 200 ff.; Braun/Capito in: Koenig/Bartosch/Braun (eds.), EC Competition and Telecommunications Law, 2002, 51 (59 ff.). 4 Zum SMP-Konzept vgl. Braun/Capito in: Koenig/Bartosch/Braun (eds.), EC Competition and Telecommunications Law, 2002, 309 (212 ff.); Schütz/Attendorn/ König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 105 ff.; Nihoul/Rodford, EC Electronic Communications Law, 2004, 3.267 – 3.378; Scherer, K&R 2002, 273 (283 ff.). 5 Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen über elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) v. 7.3.2002, ABl. EG Nr. L 108 v. 24.4.2002, 33. 6 Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung v. 7.3.2002, ABl. EG Nr. L 108 v. 24.4.2002, 7. 7 Vgl. Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 150 f., 170 ff.; Scherer, K&R 2002, 329 (339 f.).
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aufgrund eines Mangels an „wirksamem Wettbewerb“ seine Preise zum Nachteil der Endnutzer auf einem „übermäßig hohen Niveau“ zu halten oder „Preisdiskrepanzen“ zu praktizieren. In diesem Falle kommt gegenüber diesem SMP-Unternehmen auch die Auferlegung von Verpflichtungen „betreffend die Kostendeckung und die Preiskontrolle einschließlich kostenorientierter Preise“ hinsichtlich bestimmter Arten von Zusammenschaltung und/oder Zugang in Betracht, ferner die Vorgabe bestimmter Kostenrechnungsmethoden. Dabei sind die nationalen Regulierungsbehörden gehalten, den „Investitionen des Betreibers Rechnung“ zu tragen und ihm eine „angemessene Rendite für das eingesetzte Kapital“ zu ermöglichen, unter Berücksichtigung der „damit verbundenen Risiken“ (Art. 13 Abs. 1 Satz 2 ZRL). Zudem müssen sie gem. Art. 13 Abs. 2 ZRL sicherstellen, dass „alle vorgeschriebenen Kostendeckungsmechanismen und Tarifsysteme die wirtschaftliche Effizienz und einen nachhaltigen Wettbewerb fördern und für die Verbraucher möglichst vorteilhaft sind“; in diesem Zusammenhang sind sie zudem berechtigt, „Preise (zu) berücksichtigen, die auf vergleichbaren, dem Wettbewerb geöffneten Märkten gelten“. Art. 13 Abs. 3 ZRL erlegt es einem „Betreiber“, der dazu verpflichtet wurde, seine Preise an den Kosten zu orientieren, auf, gegebenenfalls nachzuweisen, „dass die Preise sich aus den Kosten sowie einer angemessenen Investitionsrendite errechnen“. Die nationalen Regulierungsbehörden sind aber auch befugt, zur Ermittlung der „Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung“ eine „von der Kostenberechnung des Unternehmens unabhängige Kostenrechnung an(zu)stellen“. In jedem Fall können sie von einem Betreiber eine „umfassende Rechtfertigung seiner Preise und gegebenenfalls deren Anpassung verlangen“. Auch die Anwendung bestimmter Kostenrechnungsmethoden kann Unternehmen „im Interesse der Preiskontrolle“ vorgeschrieben werden. In diesem Fall muss die nationale Regulierungsbehörde sicherstellen, dass eine Beschreibung dieser Methode(n) öffentlich verfügbar gemacht wird, in der „zumindest die wichtigsten Kostenarten und die Regeln der Kostenzuweisung“ aufgeführt werden (Art. 13 Abs. 4 Satz 1 ZRL). Die Anwendung der Methode(n) ist von einer „qualifizierten unabhängigen Stelle“ – die auch innerhalb der Behörde selbst vorhanden sein kann (Erwägungsgrund 21) – zu überprüfen, eine diesbezügliche Erklärung jährlich zu veröffentlichen (Art. 13 Abs. 4 Sätze 2, 3 ZRL)1. 50
Erwägungsgrund 14 hält hierzu fest, auch mit Art. 13 ZRL werde eine Verpflichtung aus der Richtlinie 97/33/EG beibehalten. Erwägungsgrund 20 zufolge kann Preiskontrolle „notwendig“ sein, wenn die Marktanalyse ergibt, „dass auf bestimmten Märkten der Wettbewerb unzureichend ist“. Dabei könne der „rechtliche Eingriff … relativ zurückhaltend sein“ und z. B. der in dem Rechtsakt von 1997 (Art. 7) festgelegten Verpflichtung entspre_______________
1 Vgl. Nihoul/Rodford, EC Electronic Communications Law, 2004, 3.163 – 3.173; Scherer, K&R 2002, 329 (342).
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chen, dass die Preise für die Betreiberauswahl „angemessen“ sein müssen; er könne aber auch „sehr viel weiter gehen und etwa die Auflage beinhalten, dass die Preise zur umfassenden Rechtfertigung ihrer Höhe kostenorientiert sein müssen, falls der Wettbewerb nicht intensiv genug ist, um überhöhte Preise zu verhindern. Insbesondere Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht sollten Verdrängungspreise vermeiden, bei denen Unterschiede zwischen ihren Endverbraucherpreisen und den von Wettbewerbern mit ähnlichem Diensteangebot erhobenen Zusammenschaltungsentgelten so gestaltet sind, dass ein nachträglicher Wettbewerb nicht gewährleistet ist“. Wenn eine Regulierungsbehörde die Kosten, die für die Einrichtung eines nach der Zugangsrichtlinie „zugelassenen“ Dienstes1 entstehen, ermittelt, muss sie eine „angemessene Rendite für das eingesetzte Kapital, einschließlich eines angemessenen Betrags für Arbeits- und Aufbaukosten“ ansetzen, „wobei erforderlichenfalls eine Anpassung des Kapitalwerts vorgenommen wird, um die aktuelle Bewertung der Vermögenswerte und die betriebliche Effizienz widerzuspiegeln“2. Gegenüber anderen als SMP-Unternehmen kommen Maßnahmen der nationalen Regulierungsbehörden nach Art. 5 Abs. 2 (a) ZRL „zur Gewährleistung des End-zu-End-Verbunds von Diensten“ und in dem „dafür erforderlichen Umfang“ in Betracht; diese können sich aber allein an Unternehmen richten, die den Zugang zu „Endnutzern“ kontrollieren. Als Verpflichtung wird explizit einzig eine Zusammenschaltung der Netze dieser Unternehmen genannt; auch Erwägungsgrund 6 konkretisiert die zulässigen „ausgewogenen“ Verpflichtungen nicht weiter, was allerdings nicht ausschließt, dass im Rahmen des Art. 5 ebenfalls alle in Art. 13 ZRL vorgesehenen Pflichten auferlegt werden dürfen3.
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Bis zum Abschluss einer Marktanalyse nach Art. 16 RRL bleiben die Verpflichtungen im Hinblick auf Zugang und Zusammenschaltung auf Grund früheren Sekundärrechts bestehen (Art. 7 ZRL); diese Übergangsregelung umfasst nach Art. 27 Abs. 2 RRL auch die Ausweisung als „gemeldete Betreiber“ für Zwecke der Verordnung (EG) Nr. 2887/2000 (Rz. 59)4.
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_______________
1 Es geht hier um den Anwendungsbereich des Rechtsakts (Art. 1 ZRL), nicht um eine – durch Art. 3 Abs. 1 explizit untersagte – Betriebsgenehmigung (s. Scherer, K&R 2002, 329 [337]). 2 Vgl. etwa Witte in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 2002, § 24 Rz. 65 ff. 3 Vgl. Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 194 f.; Scherer, K&R 2002, 329 (339); Nihoul/Rodford, EC Electronic Communications Law, 2004, 3.78, 3.86; Husch/Kemmler/Ohlenburg, MMR 2003, 139 (146); Neitzel/ Müller, CR 2004, 736 (739). 4 Vgl. Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 30 f.; Rädler/Elspaß, CR 2004, 418 (419); Scherer, K&R 2002, 273 (285) und 329 (343 f.).
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Entgeltregulierung
3.2.2.2.2 Regulierung der Endnutzerentgelte 53
Entgeltregulierung findet ferner auch in Bezug auf „elektronische Kommunikations(netze“ und -„)dienste“ (Art. 2 [c] RRL) für „Endnutzer“ statt. Die Basis hierfür ist die Universaldienstleistungsrichtlinie (UDRL)1, die darauf abzielt, „im Hinblick auf die Gewährleistung eines Universaldienstes in einem Umfeld mit offenen und wettbewerbsorientierten Märkten“ ein „Mindestangebot an Diensten mit definierter Qualität“ festzulegen, „zu denen alle Endnutzer unter Berücksichtigung der spezifischen nationalen Gegebenheiten zu einem erschwinglichen Preis und unter Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen Zugang haben“ (Art. 1 Abs. 2 Satz 2 UDRL). In Bezug auf diese Basisversorgung (Art. 3 Abs. 1) hält Art. 3 Abs. 2 Satz 2 UDRL die Mitgliedstaaten an, dafür zu sorgen, dass „Marktverfälschungen“ unter Berücksichtung des zu wahrenden „öffentlichen Interesses“ minimiert werden, und nennt als Beispiel „die Erbringung von Diensten zu Preisen und sonstigen Bedingungen, die von normalen wirtschaftlichen Gegebenheiten abweichen“2. Art. 9 (Abs. 1) UDRL weist den nationalen Regulierungsbehörden die Aufgabe zu, „die Entwicklung und Höhe der Endnutzertarife“ derjenigen Dienste „insbesondere im Verhältnis zu den nationalen Verbraucherpreisen und Einkommen“ zu „überwachen“, die nach Art. 4–7 UDRL unter die Universaldienstverpflichtungen fallen und von (nach Art. 8) benannten Unternehmen erbracht werden. Diese Behörden müssen nach Art. 9 Abs. 5 UDRL für den Fall, dass ein benanntes Unternehmen „zur Bereitstellung besonderer Tarifoptionen, einheitlicher Tarife, einschließlich geografischer Mittelwerte, oder zur Einhaltung von Preisobergrenzen“ verpflichtet wurde, auch sicherstellen, dass die Bedingungen „vollständig transparent sind und ihre Anwendung gemäß dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung erfolgt“; sie müssen zudem die Befugnis erhalten zu „verlangen, dass bestimmte Regelungen geändert oder zurückgezogen werden“. Abs. 2–4 des Art. 9 UDRL richten sich demgegenüber an die Mitgliedstaaten: Diese können zum einen „unter Berücksichtigung der nationalen Gegebenheiten“ verlangen, dass benannte Unternehmen3 den „Verbrauchern“ Tarifoptionen oder -bündel anbieten, die von den „unter üblichen wirtschaftlichen Gegebenheiten“ gemachten Angeboten abweichen, insbesondere um sicherzustellen, dass einkommensschwache Personen oder Personen „mit besonderen sozialen Bedürfnissen“ Zugang zum „öffentlichen Telefondienst“ haben und diesen nutzen können (Abs. 2); dies gilt auch dann, wenn auf einem Markt „wirksamer Wettbewerb“ besteht (Art. 17 _______________
1 Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten v. 7.3.2002, ABl. EG Nr. L 108 v. 24.4.2002, 51. 2 Vgl. Nihoul/Rodford, EC Electronic Communications Law, 2004, 5.19 – 5.22, 5.29 – 5.31; Scherer, K&R 2002, 385 (385). 3 Vgl. Art. 8 UDRL; Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 205; Nihoul/Rodford, EC Electronic Communications Law, 2004, 5.138 – 5.141; Scherer, K&R 2002, 385 (386).
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Rz. 54 I
Abs. 5 UDRL). Die beiden genannten Gruppen dürfen auch auf andere Weise, etwa über staatliche Vorschriften „zur Einhaltung von Preisobergrenzen“, die Anwendung geografischer Mittelwerte oder „andere ähnliche Systeme“, unterstützt werden (Art. 9 Abs. 3 UDRL). Schließlich ermächtigt Art. 9 Abs. 4 UDRL dazu, Unternehmen, denen Universaldienstverpflichtungen nach Art. 4–7 UDRL auferlegt wurden, wiederum „unter Berücksichtigung der nationalen Gegebenheiten“ die Anwendung „einheitlicher“ Tarife „im gesamten Hoheitsgebiet“ oder die Einhaltung von Preisobergrenzen vorzuschreiben1. Dementsprechend versteht Erwägungsgrund 10 als „erschwinglich“ einen Preis, „den der Mitgliedstaat unter Berücksichtigung der landesspezifischen Gegebenheiten auf nationaler Ebene festlegt“, was auch in Form „standortunabhängiger einheitlicher Tarife“ oder „besonderer Tarifoptionen zur Abdeckung der Bedürfnisse einkommensschwacher Nutzer“ erfolgen kann; zudem hänge die Erschwinglichkeit für die einzelnen Verbraucher auch mit deren Möglichkeiten zusammen, „ihre Ausgaben zu überwachen und zu steuern“ (über Ausgabenkontrolle gem. Art. 10 UDRL)2. Im Hinblick auf Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auf speziellen Märkten können Regulierungsmaßnahmen nach Kap. III dieser „Einzelrichtlinie“ (Art. 2 [l] RRL) getroffen werden. Allgemein auf Dienste für Endnutzer bezogen ist Art. 17 UDRL. Geeignete regulatorische Verpflichtungen aufgrund dieser Vorschrift gegenüber SMP-Unternehmen kommen nach Abs. 1 allerdings nur – „nach gebührender Prüfung“ und „als letztes Mittel“ (Erwägungsgrund 26 S. 6, 10) – in Betracht, wenn eine Marktanalyse ergeben hat, dass auf einem Endnutzermarkt kein „wirksamer Wettbewerb“ herrscht und zudem Verpflichtungen nach der Zugangsrichtlinie oder nach Art. 19 UDRL (betr. Betreiber[vor]auswahl) nicht zur Erreichung der in Art. 8 RRL vorgegebenen Ziele führen würde3. Für Verpflichtungen nach Art. 17 UDRL gilt (wie für solche nach der Zugangsrichtlinie gem. Art. 8 Abs. 4 S. 1 ZRL), dass sie der „Art des festgestellten Problems“ entsprechen und angesichts der Ziele des Art. 8 RRL „verhältnismäßig und gerechtfertigt sein“ sollen (Art. 17 Abs. 2 S. 1 UDRL). Ausdrücklich benannt werden als zulässige Verpflichtungen Anforderungen, „dass die Unternehmen keine überhöhten Preise berechnen, den Markteintritt nicht behindern, keine Kampfpreise zur Ausschaltung des Wettbewerbs anwenden, bestimmte Endnutzer nicht unangemessen bevorzugen oder Dienste nicht ungerechtfertigt bündeln“ (Art. 17 Abs. 2 S. 2 UDRL), um zu verhindern, dass hierdurch der Markteintritt anderer verhindert oder der Wettbewerb verfälscht wird (Erwägungsgrund 26 S. 6). Um die „Interessen der Endnutzer zu schützen“ und einen _______________
1 Vgl. Nihoul/Rodford, EC Electronic Communications Law, 2004, 5.67, 5.91 – 5.104, 5.126 – 5.137; Scherer, K&R 2002, 385 (386 f.). 2 Vgl. Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 201 f.; Nihoul/Rodford, EC Electronic Communications Law, 2004, 5.105 – 5.110; Scherer, K&R 2002, 385 (387). 3 Vgl. Holznagel/Hombergs, K&R 2003, 322 ff.; Scherer, K&R 202, 385 (389 f.).
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54
I Rz. 55
Entgeltregulierung
wirksamen Wettbewerb zu fördern, sind die nationalen Regulierungsbehörden auch befugt, SMP-Unternehmen „geeignete Maßnahmen zur Einhaltung von Obergrenzen bei Endnutzerpreisen, Maßnahmen zur Kontrolle von Einzeltarifen oder Maßnahmen im Hinblick auf kostenorientierte Tarife oder Preise von vergleichbaren Märkten aufzuerlegen“ (Abs. 2 S. 3). Ähnlich wie im Vorleistungsbereich (Rz. 49) obliegt es auch hier den Regulierungsbehörden zu gewährleisten, dass die „erforderlichen und geeigneten Kostenrechnungssysteme“ eingesetzt werden (Art. 9 Abs. 4 S. 1 UDRL); dabei sind sie berechtigt, das „Format“ und die „anzuwendende Berechnungsmethode“ vorzugeben (S. 2)1. Die Überprüfung (und die Veröffentlichung des Ergebnisses erfolgt in gleicher Weise wie nach der Zugangsrichtlinie (Art. 9 Abs. 4 S. 3, 4 UDRL; Erwägungsgrund 27)2. 55
Auch hier (s. bereits oben, Rz. 52) bleiben vorübergehend – bis zum Abschluss einer Marktanalyse – bisherige Verpflichtungen für Endnutzertarife (nach Art. 17 der zweiten Sprachtelefondienstrichtlinie), Mietleitungen (nach Art. 10 der „Mietleitungsrichtlinie“ 1992) sowie Betreiber(aus)wahl) (gem. Art. 12 der Zusammenschaltungsrichtlinie 1997) in Kraft (Art. 16 UDRL).
3.2.2.2.3 Weitere Fälle der Entgeltregulierung 56
Auch bei Fehlen eines „wirksamen Wettbewerbs“ auf dem Markt für die Bereitstellung eines Teils oder der Gesamtheit des Mindestangebots an „Mietleitungen“ (s. Art. 18 Abs. 3 UDRL i. V. m. Art. 17 RRL) muss eine nationale Regulierungsbehörde nicht nur Bereitstellungspflichten auferlegen, sondern auch die Bedingungen hierzu (nach Art. 18 Abs. 1 UDRL i. V. m. Anhang VII). Diese beziehen sich auf Nichtdiskriminierung, Transparenz (nicht zuletzt in Gestalt „leicht zugänglicher“ Informationen über Tarife) sowie „Kostenorientierung“ (Ziff. 2): Mietleitungstarife müssen diesbezüglichen „Grundsätzen“ entsprechen; SMP-Unternehmen müssen daher Kostenrechnungssysteme erarbeiten und in die Praxis umsetzen3.
57
Schließlich hält Art. 19 Abs. 3 UDRL die nationalen Regulierungsbehörden an dafür zu sorgen, dass bei „öffentlich zugänglichen Telefondiensten“ (Art. 2 Abs. 2 [c] UDRL) Entgelte für Zugang und Zusammenschaltung im Zusammenhang mit der Bereitstellung der in Abs. 1 genannten Dienstemerkmale (Betreiberauswahl im Einzelwahlverfahren durch Wählen einer Kennzahl [„call by call“]; Betreibervorauswahl, bei welcher bei jedem Anruf die Möglichkeit besteht, die festgelegte Vorauswahl durch Wählen einer Betreiberkennzahl zu übergehen [„preselection“]) „kostenorientiert“ festgelegt wer_______________
1 Vgl. Scherer, K&R 2002, 385 (390). 2 Vgl. Husch/Kemmler/Ohlenburg, MMR 2003, 139 (144 f.). 3 Vgl. Nihoul/Rodford, EC Electronic Communications Law, 2004, 3.174 – 3.188; Scherer, K&R 2002, 385 (390).
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Entgeltregulierung im internationalen und europäischen Kontext
Rz. 59 I
den und dass etwaige direkte Entgelte für „Verbraucher“ diese „nicht abschrecken“, diese Dienstemerkmale in Anspruch zu nehmen1. Auf den Schutz der Endnutzer zielen zudem die Informationspflichten (auch) über Preise und Tarife ab, deren Erfüllung Art. 20 Abs. 2 S. 2 [d] und 21 Abs. 1 UDRL den Mitgliedstaaten aufgibt2. Im Hinblick auf Preise für die Zusammenschaltung im Zusammenhang mit der Nummernübertragbarkeit stellt Art. 30 Abs. 2 UDRL dieselben Anforderungen auf wie Art. 19 Abs. 3 UDRL (und dürfen nach Erwägungsgrund 42 auch Preise auf vergleichbaren Märkten berücksichtigt werden); Art. 30 Abs. 3 UDRL hingegen untersagt nationalen Regulierungsbehörden, Endnutzertarife auf eine Weise vorzuschreiben, „die den Wettbewerb verfälscht, etwa durch Festlegung besonderer oder gemeinsamer Tarife“, und Erwägungsgrund 41 weist auch insoweit auf die gebotene „angemessene Tariftransparenz“ hin3. Art. 31 Abs. 2 UDRL (und Erwägungsgrund 43 S. 3) stellt klar, dass auch im Falle von Pflichten zur Übertragung bestimmter Hör- und Fernsehrundfunkkanäle und -dienste ein „angemessenes Entgelt“ (festgelegt und) gefordert werden darf. Nach Art. 25 Abs. 2 UDRL müssen Mitgliedstaaten sicherstellen, dass alle Unternehmen, die „Teilnehmern“ Telefonnummern zuweisen, allen zumutbaren Anträgen entsprechen, die relevanten Informationen zum Zweck der Bereitstellung von öffentlich zugänglichen Auskunftsdiensten und Teilnehmerverzeichnissen zu „gerechten, objektiven, kostenorientierten und nicht diskriminierenden Bedingungen“ zur Verfügung zu stellen4. Schließlich wird durch Art. 26 Abs. 1 UDRL jedem Endnutzer „öffentlich zugänglicher Telefondienste“, einschließlich der Nutzer „öffentlicher Münz- und Kartentelefone“, garantiert, dass er „gebührenfreie“ bzw. „kostenlose“ (so Erwägungsgrund 36 S. 1) Notrufe mit der einheitlichen europäischen Rufnummer 112 durchführen kann5.
58
Die vorerst weiter geltende Verordnung (EG) Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dez. 2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss6, die striktere mitgliedstaatliche Bestimmungen unberührt lässt (Art. 1 Abs. 4), verpflichtet jede nationale Regulierungsbehörde sicherzustellen, dass durch die Tarifgestaltung für den „endbündelten Zugang“ zu diesem Anschluss (Art. 2 [e] i. V. m. [c]) ein fairer und nachhaltiger Wettbewerb gefördert wird (Art. 4 Abs. 1). Bis auf dem
59
_______________
1 Vgl. Nihoul/Rodford, EC Electronic Communications Law, 2004, 7.146, 7.151 – 7.155; Capito/Elspaß, K&R 2003, 110 (112 ff.); Scherer, K&R 2002, 385 (391). 2 Vgl. Scherer, K&R 2002, 385 (392). 3 Vgl. Nihoul/Rodford, EC Electronic Communications Law, 2004, 7.150; Scherer, K&R 2002, 385 (393 f.). 4 Vgl. Nihoul/Rodford, EC Electronic Communications Law, 2004, 7.158 – 7.159; Scherer, K&R 2002, 385 (393). 5 Vgl. Nihoul/Rodford, EC Electronic Communications Law, 2004, 7.164 – 7.165; Scherer, K&R 2002, 385 (393). 6 ABl. EG Nr. L 336 v. 30.12.2000, 4; vgl. Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 13 ff.
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I Rz. 59a
Entgeltregulierung
betreffenden Markt „hinreichender Wettbewerb“ herrscht und die nationale Regulierungsbehörde aus diesem Grunde nach Art. 4 Abs. 4 die „gemeldeten Betreiber“ (Art. 2 [a])1 von ihrer diesbezüglichen Verpflichtung entbindet, müssen sich die von diesen marktmächtigen Unternehmen in Rechnung gestellten Preise für den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss und zu „zugehörigen Einrichtungen“ (Art. 2 [i]) an den Kosten orientieren (Art. 3 Abs. 3). Zudem ist die nationale Regulierungsbehörde befugt, Änderungen des nach Art. 3 Abs. 1 zu veröffentlichenden „Standardangebots“ – „einschließlich der Preise“ – zu verlangen (Art. 4 Abs. 2 [a]), wenn diese „gerechtfertigt“ sind2. Erwägungsgrund 11 führt hierzu aus, die „Kostenrechnungs- und Preisbildungsregeln“ für Teilnehmeranschlüsse und zugehörige Einrichtungen sollten „transparent, nicht diskriminierend und objektiv sein, um eine unparteiische Behandlung zu gewährleisten“. Der Anbieter des Anschlusses müsse seine „entsprechenden Kosten decken“ und einen „angemessenen Gewinn erzielen“ können, „damit die langfristige Weiterentwicklung und Verbesserung der Ortsanschlussinfrastruktur gesichert ist“. Die Preisbildungsregeln sollten auch „unter Berücksichtigung der erforderlichen Investitionen in alternative Infrastrukturen einen fairen und nachhaltigen Wettbewerb fördern und Wettbewerbsverzerrungen, insbesondere Druck auf die Spanne zwischen den Preisen auf der Großhandelsstufe, und den Preisen für Endverbraucher des gemeldeten Betreibers, ausschließen“. 3.2.3 Künftiger Rechtsrahmen für die elektronische Kommunikation 59a
In ihrer Mitteilung vom Juni 2006 „über die Überprüfung des EU-Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste“3 spricht die Kommission Fragen der Entgeltregulierung nicht direkt an, so dass auf diesem Gebiet kurzfristig keine größeren Änderungen bevorstehen4. Relevant hierfür wird freilich die angekündigte Neubestimmung der Märkte werden, auf denen eine staatliche Regulierung weiterhin gerechtfertigt ist5. Den Besonderheiten der Entgelte bei Mobilfunk-Roaming soll einerseits auch dabei Rechnung getragen, im Übrigen aber diese Einzelfrage in einer speziellen Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates geregelt werden6. _______________
1 Dazu auch die Übergangsregelung in Art. 27 Abs. 2 RRL, sowie Schütz/Attendorn/ König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 30. 2 Vgl. OVG Münster, Beschl. v. 29.4.2003 – 13 B 2344/02, CR 2003, 584 ff. 3 KOM (2006) 334 endg. v. 29.6.2006. 4 Zu künftigen Regulierungsnotwendigkeiten vgl. Ruhle/Lichtenberger, CRi 2006, 123 ff. 5 Vgl. das Commission Staff Working Document v. 28.6.2006, SEC (2006) 837. 6 Vgl. dazu den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 2002/21/EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste v. 12.7.2006, KOM (2006) 382 endgültig.
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Strukturen der Entgeltregulierung
Rz. 61 I
4. Strukturen der Entgeltregulierung 4.1 Überblick Mit „Entgeltregulierung“ ist Abschn. 3 des zweiten Teils des neuen TKG überschrieben. Damit wird allgemein an Aufgaben und Ziele der – anders als in § 3 Nr. 13 TKG 1996 nicht mehr explizit definierten – „Regulierung“ (§ 2 TKG)1 angeknüpft. Vorschriften zu Entgelten im Telekommunikationssektor finden sich allerdings – ähnlich wie bisher (Rz. 23 ff.) – auch in weiteren Vorschriften des Gesetzes, nämlich bei „sonstigen Verpflichtungen“ (§§ 40, 41 TKG), der „Rufnummernübertragbarkeit“ (§ 46 TKG), dem „Bereitstellen von Teilnehmerdaten“ (§ 47 TKG), im Rahmen der „Rundfunkübertragung“ (in §§ 49, 50 TKG) sowie bei „Universaldienstleistungen“ (§ 78 Abs. 1 und § 79 TKG). Ferner ermächtigte § 45 TKG die Bundesregierung zum Erlass von (Kundenschutz-)Rahmenvorschriften auch „für die Sicherstellung der Genauigkeit und Richtigkeit der Entgeltabrechnungen“ (§ 45 Abs. 1 S. 2 TKG) und speziell zur Regelungen zur „Ausgabenkontrolle“ (§ 45 Abs. 3 Nr. 4 TKG)2. Die bisherige Trennung zwischen Gesetzesund Verordnungsregeln wurde (ansonsten) aufgehoben, wobei die bisher in TEntgV, TUDLV und NZV enthaltenen Regeln, soweit dies mit dem geänderten Konzept vereinbar war, in das TKG selbst übernommen wurden3.
60
Regulierung im engeren Sinne erfolgt allerdings nur im Rahmen der §§ 27– 39 TKG (und dort, wo auf diese Vorschriften Bezug genommen wird). Durchweg wird aber zum einen an die Vorgaben der diversen EG-Richtlinien angeknüpft (und deren Unterscheidung zwischen Vorleistungs- und Endnutzerregulierung übernommen, Rz. 48, 53), zum andern aber auch der Versuch unternommen, Unklarheiten des alten Rechts möglichst zu auszuräumen. Den je speziellen Bestimmungen des 2. und 3. Unterabschnitts zu Zugangs- bzw. Endnutzerentgelten sind im ersten drei allgemeine Vorschriften vorangestellt. In allen Fällen des 2. Teils des TKG, also auch stets in Fragen der „Entgeltregulierung“ bleibt es dabei, dass Beschlusskammern durch Verwaltungsakt (§ 132 Abs. 1 S. 1, 2 TKG) entscheiden. Auch, ja, speziell für einige diesbezügliche Vorschriften ordnet § 132 Abs. 4 TKG besondere Verfahrensvorgaben an (S. 1, betr. § 27 Abs. 2 TKG) bzw. werden Festlegungen in Bezug auf Märkte (Definition) und Marktmacht (Analyse) durch
61
_______________
1 Vgl. dazu allgemein Bullinger, DVBl. 2003, 1355 (1357 ff.); Stober, DöV 2004, 221 (222 f.); von Danwitz, DöV 2004, 977 (980 ff.). 2 Zum Bezug zur UDRL (Rz. 54) s. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 72. Zur Neufassung des § 45 TKG durch das Änderungsgesetz v. 18.2.2007 (Rz. 37a), mit der die bisherige Verordnungsermächtigung gestrichen wurde, s. BT-Drucks. 16/2581 v. 14.9.2006, 21. 3 Vgl. Heun, CR 2004, 893 (893 f.).
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I Rz. 62
Entgeltregulierung
die „Präsidentenkammer“ (§ 132 Abs. 3 S. 1 TKG) vorgeschrieben (S. 2, bezogen auf §§ 30, 39 sowie §§ 40 und 41 Abs. 1 TKG)1. 4.2 Gegenstände und Ziele der Entgeltregulierung 4.2.1 Entgelte 62
Reguliert werden primär „Entgelte“ für „Telekommunikationsdienste“. Während der zuletzt genannte Begriff in § 3 Nr. 24 TKG (i. V. m. Nr. 22 – „Telekommunikation“ – und Nr. 27 – „Telekommunikationsnetz) eine Legaldefinition erfahren hat2, fehlt eine ähnliche Erläuterung für „Entgelt“ (oder „Preis“). Dieser Terminus bezeichnet (wie bisher) die in Geld(einheiten) ausgedrückte Gegenleistung für die „Inanspruchnahme“/„Nutzung“ nach Inhalt und Qualität näher bestimmter Telekommunikationsdienste3. Dabei müssen zwar einerseits zum Zwecke der Regulierung seitens der Unternehmen detaillierte Leistungsbeschreibungen vorgelegt werden, dadurch wird jedoch der Gegenstand der Kontrolle nicht abschließend abgegrenzt. Vielmehr wird das gewerbliche Angebot von Telekommunikation insgesamt und werden daher auch solche Leistungen erfasst, die zwar nicht als selbständige Telekommunikationsdienstleistungen angeboten werden (sollen), aber eine unabdingbare Voraussetzung zu deren Erbringen darstellen. Als genehmigungspflichtig erachtet wurden so Entgelte für Leistungen im Zusammenhang mit der Rufnummernportabilität gem. § 43 Abs. 5 TKG 19964, für die dauerhafte Voreinstellung auf einen anderen Verbindungsnetz-
_______________
1 Vgl. Mitt. Nr. 112/2005, ABl. 819 ff. (Veröffentlichung eines Entwurfs einer Regulierungsverfügung gegenüber der Deutschen Telekom AG im Bereich der Verbindungsleistungen im öffentlichen Festtelefonnetz, BK4c-05-002/R); Thomaschki, MMR 2003, 500 (501). 2 Die Ausnahme für geschlossene Benutzergruppen (vgl. Tiedemann, K&R 2003, 282 ff. zu VG Köln, Beschl. v. 25.3.2003 – 1 L 353, 381/03, K&R 2003, 312 [Ls.], OVG Münster, Beschl. v. 12.3.2003 – 13 B 32/02, K&R 2003, 312 [Ls.]; v. 15.8.2003 – 13 B 805/03, K&R 2004, 48 [Ls.]; s. a. § 3 Nr. 19 TKG 1996) wurde nicht übernommen. 3 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 24 Rz. 9; Holznagel/Bysikiewicz/ Enaux/Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts, 2000, 93; Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 24 Rz. 11; näher Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 24 TKG Rz. 9 ff. 4 Nicht aber die „Rufnummernmitnahme“ seitens des gem. § 20 Abs. 2 Satz 3 TKV 1997 Nutzungsberechtigten Kunden gegenüber dem abgebenden Teilnehmernetzbetreiber; vgl. BK, Beschl. v. 7.4.1998 – 2b 24/98, K&R 1998, 502 (502).
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Strukturen der Entgeltregulierung
Rz. 64 I
betreiber („pre-selection“) gem. § 43 Abs. 6 TKG 19961 sowie für Angebote für „reseller“ für den Wiederverkauf von Sprachtelefondienstleistungen2. Die Einbeziehung auch der „entgeltrelevanten“ Bestandteile der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (i. S. v. § 305 BGB) von Telekommunikationsdiensteanbietern ist nicht in das neue TKG übernommen worden. Bestimmungen im Hinblick auf die „technische“ Abwicklung, d. h. Klauseln über Entgeltberechnung und -zahlung sowohl allgemeiner als auch telekommunikationsspezifischer Art (wie z. B. Taktzeiten), aber auch Haftungs- und Gewährleistungsregelungen, Vertragsstrafen o. ä. müssen daher lediglich den Anforderungen aus §§ 307 ff. BGB (sowie der nach § 45 TKG erlassenen Rechtsverordnung3) genügen4. Sie können freilich als Annexleistungen zu den Entgelten der Genehmigungspflicht unterfallen und jedenfalls nach der allgemeinen Missbrauchsvorschrift des § 42 TKG (Rz. 116) untersagt werden5.
63
4.2.2 Ziele der Entgeltregulierung Die Zielsetzung der Entgeltregulierung wird in § 27 Abs. 1 TKG allgemein dahin gehend umschrieben, dass betroffene Personen/Unternehmen – „Endnutzer“ (§ 3 Nr. 8 TKG) oder „Wettbewerber“ – vor bestimmten (in der Regel von den Verwendern wohl erwogenen) nachteiligen Wirkungen bestimmter – „preispolitischer“ – Maßnahmen bestimmter Unternehmen – solchen mit entsprechender6 „beträchtlicher Marktmacht“ (§ 3 Nr. 4 i. V. m. § 11 Abs. 1 Sätze 3–5 TKG; Rz. 48) – geschützt werden sollen, indem deren „missbräuchliches“ Verhalten so früh und so gut wie möglich verhindert wird. Dabei wird zwischen „Ausbeutung“ (durch Forderung oder Vereinbarung „zu hoher“ Entgelte), „Behinderung“ (von Wettbewerbern durch „zu niedrige“ oder „unfaire“ Preise) und „Diskriminierung“ (zwischen verschiedenen Nachfragern gleichartiger oder ähnlicher Telekommunikations_______________
1 BK, Beschl. v. 6.1.1998, K&R 1998, 328 (Ls.); BK, Beschl. v. 5.2.1998, K&R 1998, 325 (ff.); BK, Beschl. v. 15.6.1998 – 2b-98/001, K&R 1998, 545 ff. (Vfg 69/1998, ABl. 1998, 1580); dazu Eschweiler, K&R 1998, 530 (534 f.); Posser/Rädler, MMR 1998, 562 ff.; VG Köln, Urt. v. 10.5.2001 – 1 K 958/98, CR 2002, 117 (Ls.); OVG Münster, Beschl. v. 20.11.2003 – 13 A 2869/01, CR 2004, 197 (198 f.) mit krit. Anm. Bosman; Nacimiento, K&R 2005, 1 (10). 2 OVG Münster, Beschl. v. 27.1.2004 – 13 A 3254/01, CR 2004, 512 (513 f.); Nacimiento, K&R 2005, 1 (10); s. ferner BVerwG, Urt. v. 25.6.2003 – 6 C 17/02, K&R 2004, 38 (40 ff.). 3 Die TKV 1997 galt einstweilen weiter; vgl. Heun, CR 2004, 893 (894). Sie wurde erst durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des ersten TKG-Änderungsgesetzes (Rz. 37a) aufgehoben. 4 Anders zu § 39 Abs. 1 TKG VG Köln, Urt. v. 14.10.2004 – 1 L 6635/01, CR 2005, 111 (112); ferner Nacimiento, K&R 2005, 1 (4). 5 Holznagel/Enaux/Nienhaus, Telekommunikationsrecht, 2. A. 2006, 110 (Rz. 264). 6 So zutreffend Röger, DVBl. 2005, 143 (150) im Hinblick auf die vorausgehende sachliche Marktabgrenzung.
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I Rz. 65
Entgeltregulierung
Dienste) unterschieden1. Nicht jedes unerwünschte, vielmehr allein das „missbräuchliche“ Verhalten eines marktmächtigen Unternehmens ist verpönt2; zumindest Behinderungen oder Diskriminierungen sind nicht stets rechtlich zu beanstanden, gehen vielmehr in gewissem Umfang mit dem Gebrauchmachen von wirtschaftlichen Grundrechten (Rz. 38 f.) zwangsläufig einher, so dass in diesen Fällen dem Unternehmen der Nachweis offen bleiben muss, sein Handeln sei sachlich gerechtfertigt (§ 28 Abs. 1 S. 2 TKG)3. 65
„Vor die Klammer gezogen“ ist zudem ein „Konsistenzgebot“: Die Regulierungsbehörde – d. h. vor allem, aber nicht nur die mit Entgeltregulierung befassten Beschlusskammern – hat/haben darauf zu achten, dass die Gesamtheit der einschlägigen Maßnahmen, vor allem im Verhältnis von Vorleistungs- und Endkundenentgelten, aufeinander zeitlich, sachlich und in sonstiger Weise abgestimmt sind (§ 27 Abs. 2 TKG)4; dies soll nicht nur, wie im Arbeitsentwurf (§ E 1 Abs. 2 Satz 2) vorgesehen, bei „beträchtlicher Auswirkung auf den Markt“ gelten. Als Beispiel für eine „in sich stimmige“ Regulierung nennt die Begründung des Gesetzesentwurfs eine Vermeidung des Auftretens von „Preis-Kosten-Scheren“5. Zur Sicherstellung dieser allgemeinen Anforderungen (sowie zur Wahrung einer einheitlichen Spruchpraxis auch im Übrigen) muss die (vom Präsidenten [neu] zu erlassende, § 3 Abs. 1 Satz 2 BNetzA-Gesetz) Geschäftsordnung6 der Behörde „umfassende“ Abstimmungs-, Auskunfts- und Informationspflichten zwischen allen mit einer zu entscheidenden Angelegenheit befassten Stellen (Kammern wie Abteilungen) vorsehen (§ 132 Abs. 4 Satz 1 TKG). 4.3 Regulierte Unternehmen 4.3.1 Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
66
§§ 23 ff. TKG 1996 unterwarfen der Entgeltregulierung nur solche Personen/Unternehmen, die auf dem „jeweiligen Markt“ über eine beherrschen_______________
1 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 67. 2 Anders wohl Spoerr/Sellmann, N&R 2004, 98 (105). 3 „Die Vorschrift orientiert sich an § 19 Abs. 4 GWB“ (BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 67). 4 Dazu bereits Geppert/Ruhle, MMR 2003, 319 (324 f.); Möschel/Haug, MMR 2003, 505 (506); Vogelsang, MMR 2003, 509 (511); Schütz, MMR 2003, 518 (520); BVerwG, Urt. v. 3.12.2003 – 6 C 20.02, CR 2004, 189 (192 f.) mit Anm. Schütze; K.-H. Neumann, wik newsletter 54 (März 2004), 1 ff.; Spoerr/Sellmann, N&R 2004, 98 (104); Scherer, NJW 2004, 3001 (3006); Mayen, CR 2005, 21 (25 f.); ferner Gerpott/Winzer, K&R 2004, 162 ff.; Gerpott, K&R 2005, 108 ff.; Senger, N&R 2005, 138 ff. 5 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 67. 6 Für die keine Veröffentlichungspflicht normiert ist, was zumindest rechtspolitisch fragwürdig erscheint. Eine Publikation (nach § 5 TKG) ist andererseits aber auch nicht untersagt.
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de Stellung im Sinne des GWB verfügten. Bei der Abgrenzung der sachlich und räumlich relevanten Märkte sowie bei der Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung (i. S. v. § 19 Abs. 2, 3 GWB)1 hatte die Regulierungsbehörde das Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt zu suchen und zu diesem Zweck dieser Bundesoberbehörde vor Entscheidungen nach dem Dritten oder Vierten Teil des TKG Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen (§ 82 Sätze 2, 3 TKG 1996)2. Die Beschränkung auf marktbeherrschende Unternehmen ergab sich „aus der Annahme, dass diese Unternehmen von einer Bindung ihrer Kunden profitieren oder eine Bindungswirkung haben entfalten können, so dass ein Anlass für einen Schutz durch Preisaufsicht gegeben ist“3. Erfasst wurden auch Entgelte eines Unternehmens, das mit einem Lizenznehmer nach § 25 Abs. 1 TKG 1996 ein „einheitliches Unternehmen“ bildete (§ 25 Abs. 3 TKG 1996); diese Bestimmung sollte eine Flucht aus der Entgeltregulierung verhindern4. Auch das TKG 2004 zielt auf den Einsatz der Entgeltregulierung dort, „wo der Preis- und Wettbewerbsmechanismus nicht oder nur sehr eingeschränkt funktioniert und demzufolge mit deutlichen Abweichungen von effizienten Preisen zu rechnen ist“, d. h. bezweckt primär die „Beschränkung der Preissetzungsspielräume von Anbietern mit beträchtlicher Marktmacht“5. Freilich sind Marktdefinition und Marktanalyse weit gehend durch EG-Vorgaben6 determiniert, und auch § 11 Abs. 1 S. 3 TKG lehnt sich eng an die Definition von „significant market power“ (Art. 14 Abs. 2 RRL) an, die wiederum auf den Marktbeherrschungsbegriff des EG-Wettbewerbsrechts7 zurückgreift. Zudem ergeben sich einzelne Indikatoren aus aufgrund von Art. 15 Abs. 1 RRL ergangenen „Leitlinien“8 der Kommission, so dass nur der generelle Unterscheidungsansatz, nicht aber dessen konkrete Ausformung beibehalten wurde9.
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1 Zur Feststellung, dass derzeit auf dem je relevanten Markt eine beherrschende Stellung fehle, vgl. Mitt. Nr. 52/2000 (BK, Beschl. v. 19.1.2000 – 4e-99-054), ABl. 188; Mitt. Nr. 581/1999 (BK, Beschl. v. 13.12.1999 – 4e-99-019), ABl. 4129 f.; ferner Mitt. Nr. 492/1999 (BK, Beschl. v. 27.10.1999 – 4e-99-038), ABl. 3232 Ziff. 5; Mitt. Nr. 52/2000 (BK, Beschl. v. 19.1.2000 – 4e-99-054, ABl. 188, Ziff. 1). 2 Vgl. Schmidt, K&R 1999, 385 (390); Beck TKG-Komm/Geppert, § 82 Rz. 9 ff., 13 f.; Weber/Rommersbach in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 82 Rz. 7, 8 ff. 3 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 43. 4 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 25 Rz. 15; Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 25 Rz. 11. 5 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 66. 6 Vgl. nur Scherer, NJW 2004, 3001 (3002 ff.). 7 Vgl. Klotz, MMR 2003, 495 (497) und K&R Beil 1/2003, 3 (5); Krüger, K&R Beil 1/2003, 9 (13); Scherer, K&R 2002, 273 (283, 285); Röger, DVBl. 2005, 143 (151). 8 ABl. EG Nr. C 165 v. 11.7.2002, 6; vgl. Nihoul/Rodford, EU Electronic Communications Law, 2004, 3.218. 9 Vgl. Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 37.
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67
I Rz. 68
Entgeltregulierung
4.3.2 Andere (Telekommunikations-)Unternehmen 68
Das Vorliegen von beträchtlicher Marktmacht wird nicht verlangt im Rahmen von § 30 Abs. 4 i. V. m. § 18 TKG: Anknüpfend an Art. 5 ZRL (Rz. 51) wird die (nachträgliche) Regulierung auf jeden Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes erstreckt, der den Zugang zu „Endnutzern“ kontrolliert („Teilnehmernetzbetreiber“). Auch § 46 Abs. 3 TKG knüpft allgemein an Entgelte an, die entweder ein Betreiber eines „öffentlichen Telefonnetzes“ (§ 3 Nr. 16 TKG) von einem Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit oder diese von einem „Teilnehmer“ (§ 3 Nr. 20 TKG) erheben. Ebenso wenig wird stets Marktmacht gefordert für eine Entgeltkontrolle bei der Überlassung von Teilnehmerdaten durch ein Unternehmen, das Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringt und „Rufnummern“ (§ 3 Nr. 18 TKG) an „Endnutzer“ vergibt (§ 47 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 TKG). Sie ist vielmehr nur Voraussetzung für die Normierung einer Genehmigungspflicht (§ 47 Abs. 4 Satz 2 TKG; Rz. 111). Schließlich gilt das Kriterium „erschwinglicher“ Entgelte für alle Universaldienstleistungen (§ 78 Abs. 1, 2 TKG) für alle Unternehmen („Anbieter“) auf dem sachlich relevanten Markt mit einem Anteil von mindestens 4 v. H. des Gesamtumsatzes dieses Marktes im Geltungsbereich des TKG, im Hinblick auf den räumlich relevanten Markt jedoch nur für SMPUnternehmen (§ 80 Satz 1 TKG). Die Vorgaben des § 79 TKG werden nicht erst dann verbindlich, wenn es zu einer Auferlegung von Pflichten nach § 81 TKG kommt, sondern gelten auch für „freiwillig“ erbrachte Grundversorgungsleistungen1. 4.4 Maßstäbe für der Regulierung unterliegende Entgelte 4.4.1 Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung
69
„Ausgangspunkt“2 der Maßstäbe für die Entgeltregulierung waren nach dem TKG 1996 die „Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung“ (§ 24 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996). Damit sollte „zum Ausdruck gebracht“ werden, „dass als Grundlage für die Preisbildung des regulierten Unternehmens insgesamt nur der bewertete Güterverzehr in Betracht kommen kann, der in engem Zusammenhang mit der Leistungsbereitstellung steht“3. Eine Konkretisierung des Begriffs nahm § 3 Abs. 2 TEntgV vor (oben, Rz. 32): Art und Umfang der „Leistungen“, die „bereitgestellt“ werden (sollen), ergaben sich aus der detaillierten, auch die Soll-Qualität umfassenden Beschreibung des beantragenden Unternehmens (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Satz 2 TEntgV). Die „Bereitstellung“ umfasste alle Handlungen, die zur Herstellung bzw. _______________
1 Mit der Vorschrift soll Art. 9 Abs. 1 UDRL (Rz. 53) umgesetzt werden (BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 85). 2 So BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 42. 3 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 42.
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Strukturen der Entgeltregulierung
Rz. 70 I
zum Angebot dieser Leistungen dienen; „effizient“ sind sie freilich nur, wenn sie unter minimalem Einsatz von Produktionsfaktoren zu minimalen Faktorpreisen erfolgen, d. h. unbedingt „notwendig“ sind (s. § 3 Abs. 2 Hs. 2 TEntgV)1. Generell durften alle Kostenkategorien nach Umfang und Höhe nur im für die Leistungsbereitstellung notwendigen Maße berücksichtigt werden. Bereits die Begründung des Gesetzesentwurfs 1996 wies darauf hin, bei der Prüfung dieses Kriteriums könne sich die Regulierungsbehörde „sowohl der Kostenrechnungsdaten des … Unternehmens bedienen … als auch Informationen auf vergleichbaren Märkten – Telekommunikationsmärkten, auf denen ebenfalls Wettbewerb zugelassen ist – heranziehen“2; diese Vorgehensweise wurde insbesondere in § 3 (Abs. 1, 3) TEntgV bekräftigt3. Dem LRIC-Konzept (long-run incremental costs) entspricht ein zukunftsgerichter (forward-looking) Kosten-Ansatz4. § 24 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996 verlangte allerdings nur eine „Orientierung“ der Entgelte an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung. Höhe und Struktur der Kosten sollten also Höhe und Struktur der Entgelte maßgeblich bestimmen, zwischen beiden musste ein enger Zusammenhang bestehen, ohne dass damit aber unternehmerische (Tarif-)Gestaltungsspielräume ausgeschlossen werden5. Die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung bildeten allerdings nicht den einzigen Maßstab für Entgelte; vielmehr galten daneben – und auf deren „Grundlage“ (s. § 27 Abs. 1 TKG 1996)6 – die Anforderungen aus § 24 Abs. 2 TKG 1996, auch bei der Entgeltregulierung im Rahmen von § 39 TKG 1996. § 31 Abs. 1 Satz 1 TKG legt diese Meßlatte nur noch im Bereich der Genehmigung von Zugangsentgelten an, wobei § 30 Abs. 1 S. 1 TKG zudem lediglich Betreiber von öffentlichen Telekommunikationsnetzen mit beträchtlicher Marktmacht dieser Kontrolle unterwirft, und dies auch (zunächst) nur dann, wenn es um nach § 21 TKG auferlegte Zugangsleistungen geht und eine ex post-Regulierung nicht ausreicht (§ 30 Abs. 1 Satz 2 TKG; _______________
1 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 24 Rz. 11; Holznagel/Bysikiewicz/ Enaux/Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts, 2000, 94; BK, Beschl. v. 15.6.1998 – 2b-98/001, K&R 1998, 545 (548 f.). 2 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 42 f. 3 Vgl. BK, Beschl. v. 15.6.1998 – BK 2b-98/001, K&R 1998, 545 (550 ff.); ferner BTDrucks. 15/2220 v. 9.12.2003, 45 ff. (RegTP-Tätigkeitsbericht 2002/2003). 4 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 24 Rz. 20 f.; Schmidt, K&R 1999, 385 (387); OVG Münster, Beschl. v. 12.6.2003 – 13 B 2407/02, CR 2003, 744 (745 f.). Dies schließt eine Berücksichtigung von „stranded costs“ nicht notwendig aus (s. Hefekäuser in: Büchner [Hrsg.], Post und Telekommunikation, 1999, 233 [243]); krit. Witte in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 2002, § 24 Rz. 86 f. 5 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 24 Rz. 18; Holznagel/Bysikiewicz/ Enaux/Nienhaus, Grundzüge des Telekomunikationsrechts, 2000, 94; Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 24 Rz. 17; zur Eröffnung eines „Preiskorridors“ Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 186 ff. 6 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 24 Rz. 17.
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I Rz. 71
Entgeltregulierung
Rz. 77). Anders als bisher lässt § 31 Abs. 1 S. 1 TKG eine Genehmigung nur zu, wenn Entgelte die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (deren Bestandteile in § 31 Abs. 2 TKG in Fortführung des § 3 Abs. 2 TEntgV näher bestimmt werden) nicht überschreiten („Preisobergrenze“)1. Unter diesen zu bleiben, steht einem Unternehmen frei, solange die Missbrauchskriterien des § 28 TKG beachtet werden. Auf eine (nur noch insoweit zusätzlich bedeutsame) „Orientierung“ wurde hingegen verzichtet, weil sich dieser Begriff in der Praxis als „wenig nützlich erwiesen“2 habe. Eine Untergrenze bilden die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nur für die Festlegung von Resale-Entgelten (§ 30 Abs. 6 Satz 2 TKG)3; dadurch soll das bereits aus dem Konsistenzgebot (Rz. 65) folgende Ergebnis klargestellt werden, dass der (für das Resale-Modell erforderliche) Abschlag auf den Endnutzerpreis4 auch in dieser Konstellation (§ 21 Abs. 2 Nr. 3 TKG) dem zur Zugangseröffnung verpflichteten (SMP-)Unternehmen eine Kostendeckung für die bei ihm verbleibenden Wertschöpfungsstufen nicht verwehren darf. Implizit nimmt auch die „Dumpingschwelle“ in § 28 Abs. 2 Nr. 1 TKG auf die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung Bezug5. 71
Wie bisher zählt auch § 31 Abs. 2 Satz 1 TKG zu diesen Kosten die – jeweils langfristigen zusätzlichen – Einzelkosten der „effizienten“ Leistungsbereitstellung und die leistungsmengenneutralen Gemeinkosten, die durch einen angemessenen Zuschlag zu berücksichtigen sind; beide sind weiterhin nur insoweit relevant, als sie für die Leistungsbereitstellung „notwendig“ sind (Rz. 69). Zu berücksichtigen ist (ebenfalls die bisherige Regelung fortführend6) auch das Erfordernis einer „angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals“. § 31 Abs. 4 TKG nennt hierbei nunmehr (beispielhaft) vier „konkrete Prüfkriterien“ im Hinblick auf die „besondere Bedeutung“7 dieses Aspekts, nämlich die „Kapitalstruktur“ des regulierten Unternehmens, dessen „Bewertung“ auf nationalen wie internationalen Kapitalmärkten, die Erfordernisse hinsichtlich der Eigenkapitalrendite unter Beachtung „leistungsspezifischer Risiken“ sowie die „langfristige Stabilität der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, auch im Hinblick auf die Wettbewerbssituation auf den Telekommunikationsmärkten“. Sprachlich, aber kaum inhaltlich anders als § 3 Abs. 4 TEntgV gibt § 31 Abs. 3 Satz 1 TKG dem regulier_______________
1 Krit. Doll/Rommel/Wehmeier, MMR 2003, 522 (525 f.). 2 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 69. 3 Krit. (zur identischen Fassung des Referentenentwurfs) Rickert, K&R 2003, 453 (458). 4 Vgl. Rickert, K&R 2003, 453 (456 f.); krit. Schütze, CR 2004, 493 (498 ff.); Börnsen/ Coppik, MMR 2004, 143 (146 ff.). 5 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 67. 6 Dazu OVG Münster, Beschl. v. 19.8.2005 – 13 A 1521/03, CR 2006, 101 (103 ff.). 7 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 69; dazu Thomaschki, MMR 2003, 500 (502 f.); krit. Doll/Rommel/Wehmeier, MMR 2003, 522 (526); zustimmend Liebschwager, CR 2006, 105 (107).
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Strukturen der Entgeltregulierung
Rz. 72 I
ten Unternehmen die Möglichkeit, weitere Aufwendungen geltend zu machen (und nachzuweisen), „soweit“ (dem Umfang nach) und „solange“ (zeitlich) diese sachlich gerechtfertigt werden, vor allem wenn für sie eine rechtliche Verpflichtung besteht. Neu hingegen ist § 31 Abs. 3 Satz 2 TKG, der die RegTP/BNetzA anhält, bei einer aus ihrer Sicht fehlenden „Effizienz“ (i. S. v. Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1) zwar nicht jeglicher, aber zumindest „wesentlicher Bestandteile“ der nachgewiesenen Kosten „unverzüglich“ (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB) eine Darlegung des „Betreibers“ – d. h. des regulierten Unternehmens – einzuholen, ob es sich dabei zumindest um weitere Aufwendungen nach S. 1 handelt. Die Begründung des Gesetzesentwurfs erachtet diese Hinweispflicht nur für gegeben, „sofern noch ein hinreichender Zeitraum bis zum Ende der Verfahrensfrist“1 – § 31 Abs. 6 Satz 3 TKG – verbleibe. Dies wird den berechtigten Interessen des regulierten Unternehmens kaum gerecht; die Regelung zur Verfahrensdauer (Rz. 85) lässt es durchaus zu, von einer „Entgeltvorlage“ nicht nur beim Antrag, sondern auch bei dessen (staatlich veranlasster) Ergänzung zu sprechen und auf diese Weise genügend Zeit für eine inhaltlich angemessene Kontrolle zu schaffen.
4.4.2 Generell verbotene Entgeltgestaltungen Der Gesetzgeber des TKG 1996 war bestrebt, bei der Entgeltregulierung „der noch besonderen Marktstruktur auf dem Telekommunikationsmarkt“ Rechnung zu tragen, indem (durch § 24 Abs. 2 TKG 1996) „nicht nur der Schutz des Wettbewerbs als Institution, sondern auch der der Wettbewerber strenger gefasst“ wurde als im GWB: Dem „Schutz des Marktzutritts und den Wettbewerbsmöglichkeiten der neuen Unternehmen“ komme „besondere Bedeutung zu; eine ‚wesentliche‘ Behinderung der Wettbewerbsmöglichkeiten“ – wie im GWB gefordert – „dürfte in der Anfangsphase des Wettbewerbs bedeuten, dass der Marktzutritt für neue Unternehmen (wirtschaftlich) unmöglich wird“2. Ansonsten sollte § 24 Abs. 2 TKG 1996 jedoch die „Preismissbrauchsaufsicht“ des allgemeinen Wettbewerbsrechts übernehmen (§ 19 Abs. 4 GWB), aber auch nur diese3. Das Verbot bestimmter Preis-Aufschläge (Nr. 1) lehnte sich an den „Ausbeutungsmissbrauch“ des GWB an: Entgelte, die die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (Rz. 32, 70) übersteigen, werden nur deshalb gezahlt, weil das eine „Hochpreisstrategie“4 verfolgende Unternehmen marktbeherrschend ist. Das Verbot von Preis-Abschlägen – d. h. von Entgelten unterhalb der Kosten der
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1 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 69. 2 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 43. 3 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 24 Rz. 28, 40; Mestmäcker, Beil. zu MMR 8/1998, 1 (2); Becker, K&R 1999, 112 (120). 4 Vgl. Becker, K&R 1999, 112 (120 f.).
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I Rz. 72
Entgeltregulierung
effizienten Leistungsbereitstellung („Kampfpreise“1) – übernahm nach seinem Wortlaut eher die GWB-Vorschrift über den „Behinderungsmissbrauch“, verzichtete jedoch (seinerzeit, Rz. 74) bewusst auf das Erfordernis einer „wesentlichen“ Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen. Der Gesetzgeber ging dabei (1996) davon aus, dass eine Regelung zum „predatory pricing“2 (bis auf weiteres) gleichermaßen erforderlich sei, denn der auf den Märkten des Sprachtelefondienstes und des Übertragungswege-Angebots auf absehbare Zeit „dominante Anbieter“ – die Deutsche Telekom AG – müsse daran gehindert werden, „die Nachfrager auf Teilmärkten mit geringer Preiselastizität der Nachfrage durch hohe Preise auszubeuten, um auf anderen Teilmärkten durch systematische Preisunterbietung Wettbewerb zu beeinträchtigen“3. Das Vorteils- bzw. Diskriminierungsverbot schließlich wandte sich gegen (mit § 24 Abs. 2 Nr. 1 und 2 TKG 1996 vereinbare) Entgelte, die gegenüber verschiedenen Nachfragern unterschiedlich hoch angesetzt werden – „Preisspaltung“4 – und damit im Verhältnis zu einem Teil dieser (Nutzer-)Gruppe die Kosten nicht angemessen abbilden5. Diskriminierung kann nicht nur bei gleichartigen, d. h. objektiv betrachtet austauschbaren „gleichartigen“, sondern auch bei lediglich „ähnlichen“ Telekommunikationsdiensten erfolgen, bei denen die konkrete technische Abwicklung nicht wesentlich von der des Vergleichsobjekts abweicht6. Hingegen stellt es keine Entgelt-Diskriminierung dar, wenn ein Telekommunikationsdienst nicht allen sich in der gleichen Lage befindlichen Nachfragern gegenüber erbracht wird; bei einer derartigen Leistungsverweigerung war vielmehr § 33 TKG 1996 (und ist heute § 42 TKG) einschlägig7.
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1 Scheurle in: Büchner (Hrsg.), Post und Telekommunikation, 1999, 199 (207); vgl. auch Vfg Nr. 89/1999 (BK, Beschl. v. 18.6.1999 – 2-1-99/018), ABl. 1917 (1917), wo die Kammer angesichts des Aufwands für die Vermarktung und den Vertrieb der Leistung einen Abstand von mindestens 20 % zwischen den von der DTAG selbst von ihren Wettbewerbern für die Zuführung und Terminierung von Verbindungsleistungen verlangten und den effektiven Endkundenentgelten für erforderlich hält; ferner BK, Beschl. v. 25.9.2000 – 2c 00/022, 00/023, MMR 2001, 62 f. 2 Vgl. Becker, K&R 1999, 112 (121); Witte in: Fs. Schweitzer, 1999, 589 (603 f.); Alkas, Rabattstrategien marktbeherrschender Unternehmen im Telekommunikationsbereich, 1999, 46 ff., 58 f. 3 BT-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 43. 4 Vgl. Becker, K&R 1999, 112 (122). 5 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 24 Rz. 48; Holznagel/Bysikiewicz/ Enaux/Nienhaus, Grundzüge des Telekommunikationsrechts, 2000, 96; VG Köln, Beschl. v. 30.1.2001 – 1 L 2892/00, CR 2001, 235 (236). 6 Ähnlich Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 24 Rz. 52 f., 54; Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 24 Rz. 26; Witte in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 2002, § 24 Rz. 93. Zum Bezug auf Art. 12 Abs. 3 der Sprachtelefondienst-Richtlinie (95/62/EG) s. BTDrucks. 13/4864 v. 12.6.1996, 77. 7 Anders offenbar Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 24 Rz. 55.
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Strukturen der Entgeltregulierung
Rz. 75 I
Die Anforderungen aus § 24 Abs. 2 TKG 1996 galten dann nicht, wenn das regulierte Unternehmen einen „sachlich gerechtfertigten Grund“ für sein Verhalten geltend machen und nachweisen konnte. Auch diese Einschränkung folgte dem GWB (§§ 19 Abs. 4 Nr. 1, 20 Abs. 1, 4 Satz 2). Bei der gebotenen Abwägung der Interessen waren nicht nur die beteiligten (privaten) Belange zu festzustellen und zu bewerten, sondern auch die RegulierungsZiele zu berücksichtigen, nicht zuletzt die Interessen der (End-)Nutzer (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG 1996)1. Eine Rechtfertigung konnte sich aus gesetzlichen Verpflichtungen ergeben, aber auch – wenn sie sachbezogen und -gemäss war – bei Rabatten zu bejahen sein, welche Vorleistungen eines Nachfragers honorierten2.
73
§ 28 TKG gleicht § 24 Abs. 2 TKG 1996 darin, dass (noch deutlicher als bisher) Maßstäbe für sämtliche, also auch für ex post-Regulierungen aufgestellt werden, die ihren Grund und ihre Grenze in der beträchtlichen Marktmacht eines Anbieters von Telekommunikationsdiensten oder eines Betreibers eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes haben; auch richtet sich die Vorschrift weiterhin an § 19 Abs. 4 GWB aus. Unterschiede zeigen sich aber im Detail: So fordert Abs. 1 S. 2 Nr. 2 nunmehr eine Beeinträchtigung „in erheblicher Weise“ und weicht damit (inhaltlich) nicht mehr von der allgemeinen Regelung des § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB ab; „fast sechs Jahre nach der vollständigen Marktöffnung“ habe auf die „bisherige, schärfere Fassung der Aufgreifnorm“ (Rz. 72) „verzichtet“ werden können3. Diese Änderung wird allerdings zusätzlich mit der „Konkretisierung von Missbrauchstatbeständen“ in § 28 Abs. 2 TKG gerechtfertigt, insbesondere der „Definition einer Preisuntergrenze und einer Preis-Kosten-Schere“4.
74
§ 28 Abs. 2 TKG stellt ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs in der Tat eine Reaktion des Gesetzgebers auf „zentrale Problemstellungen“ der ersten Jahre nach der Öffnung der Telekommunikationsmärkte dar und greift die Kritik „an vermeintlich wettbewerbswidrigen Niedrigpreisstrategien des ehemaligen Monopolunternehmens, an sog. Preis-Kosten-Scheren
75
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1 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, 1. Aufl. 1997, § 24 Rz. 60; Becker, K&R 1999, 112 (122); Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 24 Rz. 29; Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 195. 2 Ebenso Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 24 Rz. 69 f.; Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 24 Rz. 31; vgl. auch Alkas, Rabattstrategien marktbeherrschender Unternehmen im Telekommunikationsbereich, 1999, 61 ff.; VG Köln, Beschl. v. 18.2.2005 – 1 L 1870/04, CR 2005, 269 f. mit Anm. Dahlke. 3 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 67. 4 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 67; zu Preis-Kosten-Scheren Mayen, CR 2005, 21 (26 f.).
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I Rz. 75a
Entgeltregulierung
und an Produktbündelungen“1 auf. Formal werden hier Behinderungspraktiken i. S. v. Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 näher gekennzeichnet; die hier verdeutlichten Vermutungen können daher (wie schon nach dem TKG 1996) nach Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 auch durch eine hinreichende sachliche Rechtfertigung widerlegt werden. Dabei wird auch (betr. Abs. 2 Nr. 1 und 2) direkt auf die Kommissions-Mitteilung 1998 (Rz. 44 f.) rekurriert2. 75a
„Hinweise“ der BNetzA zu sachlich ungerechtfertigter Bündelung i. S. d. § 28 Abs. 2 Nr. 3 TKG3 zielen darauf ab, „mögliche Fragestellungen“ zu identifizieren, die bei der Prüfung im Einzelfall herangezogen werden können. In dieser „entwicklungsoffen“ gehaltenen Darstellung werden „Formen von Bündelangeboten und (potenzielle) Wettbewerbswirkungen“ skizziert, diese dann näher charakterisiert und eingeordnet; sodann werden „Kriterien zur Beurteilung der Nachbildbarkeit“ durch „effiziente Wettbewerber“ aufgezeigt und an bestimmten Arten von Bündelangeboten verdeutlicht. Die Analyse mündet in zehn zentrale Fragestellungen und bezweckt auch dadurch, den Betroffenen die Vorgehensweise der Behörde deutlicher zu machen.
75b
Eine weitere Konkretisierung der Prüfmaßstäbe im Hinblick auf Preis-Kosten-Scheren „auf der Grundlage der bisherigen praktischen Erfahrungen“ legte die BNetzA Ende 2006 vor, verbunden mit fünf Fragen, zu denen Stellungnahmen erbeten wurden4. Die Hinweise zu Preis-Kosten-Scheren i. S. d. § 28 Abs. 2 Nr. 2 TKG befassen sich mit Aspekten von „eher grundlegender Bedeutung“, nämlich mit deren Charakteristika und Wettbewerbswirkungen, sodann mit verschiedenen Prüfansätzen zur Bestimmung der Kosten eines effizienten Wettbewerbs – nämlich der Heranziehung von Wettbewerberangeboten auf dem gleichen Markt bzw. von genehmigten Vorleistungsentgelten – und gehen dann näher auf mögliche Anknüpfungspunkte von Preis-Kosten-Scheren-Tests ein.
5. Voraussetzungen und Modalitäten der Entgeltregulierung 5.1 Parallelen und Unterschiede 76
Schon nach bisherigem Recht war selbst im Rahmen der Entgeltregulierung i. e. S. zum einen zwischen Zugangs-/Zusammenschaltungs- und sonstiger _______________
1 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 67; zu Koppelungsangeboten auch BGH, Urt. v. 4.11.2003 – KZR 16/02, BGHZ 156, 379 (387 ff.); v. 30.3.2004 – KZR 1/03, NJW 2004, 2375 (2377 f.), CR 2004, 662 (663 f.) mit Anm. Schütze/Schulze zur Wiesche; OVG Münster, Beschl. v. 29.1.2004 – 13 B 2623/03, JurPC Web-Dok. 123/2004; Nacimiento, K&R 2005, 1 (8 f.); Holznagel/Hombergs/Rosengarten, K&R 2004, 505 (509 ff.); Mayen, CR 2005, 21 (27 f.); Vogelsang, N&R 2004, 18 (19 ff.). 2 Vgl. Groebel, K&R Beil. 1/2004, 18 (18 f.). 3 Mitt. Nr. 198/2005, ABl. 1188, 1189 ff. 4 Mitt. Nr. 441/2006, ABl. 4048, 4049 ff.
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Voraussetzungen und Modalitäten der Entgeltregulierung
Rz. 77b I
Regulierung zu unterscheiden. Dies zeigte sich weniger im Gesetz, wo § 39 TKG 1996 auf die meisten – nicht alle – allgemeinen Regelungen (§§ 24 ff. TKG 1996) verwies, als in der insoweit eigenständigen Regelung des § 7 TEntgV (Rz. 32). Auch bei der Neuregelung kommt zu dieser ersten Unterscheidung als weitere hinzu, dass sowohl für Zugangs- als auch für Endnutzerleistungen vorherige wie nachträgliche Regulierung in Betracht kommen. Lediglich bei weiteren einer Kontrolle unterworfenen Entgelten ist lediglich (wie bisher) eine ex post-Regulierung vorgesehen. Die Auferlegung (bzw. Beibehaltung) einer Genehmigungspflicht für Entgelte ist nur in zwei Fällen vorgesehen – für Zugangsleistungen nach § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG (auch i. V. m. § 25 Abs. 5 Satz 3 TKG sowie für Mietleitungen gem. § 41 Abs. 3 Satz 1 TKG, Rz. 109) und für Endnutzerleistungen nach § 39 Abs. 1 Satz 1 TKG1. In beiden Fällen werden die hierfür aufgestellten Anforderungen erst durch weitere, präzisierende Einschränkungen komplettiert: § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG hält die RegTP/BNetzA an, bei Vorliegen von drei einander ergänzenden Voraussetzungen im Regelfall („soll“) keine Genehmigung zu verlangen, sondern sich mit einer ex post-Kontrolle zu begnügen (Rz. 70). § 39 Abs. 1 Satz 2 TKG gibt der Behörde – ebenfalls in „Soll“-Form – auf, eine etwaige Genehmigungspflicht, deren Einführung stets für das Erreichen der Regulierungsziele geboten sein muss, auf einzelne Märkte zu beschränken, auf denen in „absehbarer Zeit“ nicht mit der Entstehung eines „nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes“ (s. § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG) zu rechnen ist (Rz. 103).
77
Die EG-Kommission erachtete die Kriterien einer „double dominance“ (§ 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TKG) und der bereits früher marktbeherrschenden Stellung (Nr. 2) als einen Verstoss gegen Art. 8, 13 ZRL und damit für gemeinschaftsrechtswidrig2. Gleichwohl enthielt weder der 2005 durch die Auflösung des Bundestags der Diskontinuität verfallene Entwurf (Rz. 37a) noch bringt das diesen wieder aufgreifende erste Gesetz zur Änderung des TKG (Rz. 37a) entsprechende Korrekturen.
77a
Auch Entgelte für nicht nach § 21 TKG auferlegte Zugangsleistungen darf die Bundesnetzagentur zur „Erreichung der Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2“ TKG „ausnahmsweise“ einer Pflicht zur Genehmigung „nach Maßgabe des § 31“ unterwerfen (§ 30 Abs. 3 Satz 1 TKG in der Fassung des ersten Änderungsgesetzes). Damit soll „klargestellt“ werden, dass auch bei „freiwilligen Leistungen“ eine ex ante-Regulierung möglich ist3.
77b
_______________
1 Darüber hinaus lässt § 47 Abs. 4 Satz 2 TKG ausnahmsweise eine ex ante-Kontrolle zu (s. unten, 8 Rz. 111). 2 Vgl. Köhler, CR 2005, 636 (638); Scherer in: Schulze/Zuleeg (Hrsg.), Europarecht, 2006, § 36 Rz. 95; Scherer, NJW 2006, 2016 (2018). 3 Vgl. BT-Drucks. 15/2581 v. 14.8.2006, 44; wo zudem auf Art. 13 ZRL (Rz. 48 ff.) verwiesen wird.
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I Rz. 78 78
Entgeltregulierung
Das TKG statuiert des Weiteren diverse Anzeige- und Vorlagepflichten: Diese betreffen beabsichtigte genehmigungsbedürftige Entgelte (§ 31 Abs. 5, § 39 Abs. 1 Satz 3, ggf. i. V. m. § 41 Abs. 3 Satz 1 TKG; im Anschluss an § 28 Abs. 2 und § 39 TKG 1996), aber auch – anders als bisher – bestimmte lediglich nachträglicher Regulierung unterliegende Entgelte für Zugangsleistungen (§ 38 Abs. 1 i. V. m. § 30 Abs. 3 TKG). Anzuzeigen sind geplante Entgeltmaßnahmen in Bezug auf „Endnutzer“, wenn bzw. nachdem die BNetzA gegenüber SMP-Unternehmen eine entsprechende Verpflichtung getroffen hat (§ 39 Abs. 3 Satz 2 TKG)1; abweichend formuliert, aber in der Sache hiervon kaum verschieden ist die (bereits kraft Gesetzes bestehende) Pflicht, der Behörde „Kenntnis zu geben“ von Entgeltmaßnahmen bezüglich „individuell vereinbarter“ Leistungen, die nicht ohne weiteres auf eine Vielzahl von „Endnutzern“ übertragbar sind (§ 39 Abs. 3 Satz 4 TKG; Rz. 99). 5.2 Zugangsleistungen 5.2.1 ex ante-Kontrolle
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Bei beiden in § 32 TKG genannten Genehmigungsarten steht es im Ermessen (§ 40 VwVfG) der Regulierungsbehörde, (durch Zwischenbescheid) Entgeltanträge „abzulehnen“, wenn das Unternehmen die je geforderten Unterlagen (§ 33 TKG) nicht vollständig vorlegt (§ 35 Abs. 3 Satz 3 TKG2); § 33 TKG entspricht weitgehend dem bisherigen § 2 TEntgV3, hingegen wurde § 5 TEntgV nicht übernommen. In der Sache ergibt sich aber (implizit) aus § 35 Abs. 2 Satz 2 TKG, dass ein Unternehmen nach wie vor alle Unterlagen vorzulegen hat, die es der RegTP/BNetzA erlauben, die Einhaltung der Maßgrößen nach § 34 Abs. 3 (– 6) TKG zu kontrollieren. Die materielle Prüfung konzentrierte sich nach altem Recht auf die Einhaltung des Preishöhenmaßstabs (§ 27 Abs. 2 i. V. m. § 24 Abs. 2 Nr. 1 TKG 1996), freilich nicht ausschließlich4. Im Hinblick auf die „relativ kurzen“ Entscheidungsfristen5 wurde eine eingehendere Prüfung der weiteren Anforderungen (aus § 24 Abs. 2 Nr. 2, 3 TKG 1996) bereits explizit durch § 27 Abs. 3 TKG 1996 ausgeschlossen. Auch ein Verstoß gegen (andere) Vorschriften des TKG 1996 oder andere Rechtsvorschriften konnte aus diesem Grunde (zunächst) nur im Falle der Offenkundigkeit zu einer Versagung der beantragten Genehmi_______________
1 Auch als „vorläufige Maßnahme“ i. S. v. § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG; vgl. Mitt. Nr. 5/2005 (BK, Beschl. v. 14.12.2004 – 2a 04/045), ABl. 8, in Bezug auf Entgelte für den „Zugang zum öffentlichen Telefonnetz, der öffentlichen Orts- und/oder Inlandsgespräche und der öffentlichen Auslandsgespräche“ jeweils an „festen Standorten“; dazu auch unten, Rz. 117. 2 Vgl. Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 27 Rz. 10. 3 Zur Forderung von Kostennachweisen vgl. OVG Münster, Beschl. v. 12.6.2003 – 13 B 2407/02, K&R 2003, 477 (479). 4 Anders aber BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 44. 5 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 44.
1142 | Gramlich
Voraussetzungen und Modalitäten der Entgeltregulierung
Rz. 80 I
gung führen. Im Hinblick auf den „engen Zusammenhang“ mit § 30 TKG 1996 hielt der Gesetzgeber eine bloße „Plausibilitätsprüfung“ für „zweckentsprechend“1. Aus der (wirtschaftsgrundrechtlich fundierten) Sicht des regulierten Unternehmens muss der Eingriff in die preispolitische Dispositionsfreiheit in der Tat so gering wie möglich gehalten werden; eine Ablehnung seines (formell korrekten und vollständigen) Antrags durfte daher (auch bislang) nur erfolgen, wenn er den Prüfungs- und Entscheidungskriterien des § 27 Abs. 3 TKG 1996 nicht genügte (präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt), und Nebenbestimmungen waren nur nach Maßgabe von § 36 Abs. 1 VwVfG2 rechtens. § 35 Abs. 2 TKG erweitert den „alten“ Prüfungsmaßstab dahin gehend, dass nunmehr §§ 28 und 31 TKG insgesamt und uneingeschränkt bei der ex anteKontrolle heranzuziehen sind. Beim price cap-Verfahren beschränkt sich die Überprüfung freilich auf die Einhaltung der Maßgrößen, da bereits bei deren „Vorgabe“ durch die RegTP/BNetzA sowohl für eine Verhinderung missbräuchlichen Verhaltens als auch für die Beachtung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung Sorge zu tragen ist (s. § 34 Abs. 3 Nr. 3 und Abs. 4 TKG). Die Versagungsgründe in § 35 Abs. 3 Satz 2 TKG entsprechen inhaltlich denen des § 27 Abs. 3 TKG 1996; durch Ersetzen des einleitenden Wortes „wenn“ durch „soweit“ wird allerdings „klargestellt“3 – was bereits bisher Praxis war4 –, dass auch „Teilgenehmigungen“ ergehen dürfen. Zweifelhaft erscheint hingegen, dass eine Versagung nur bei „offenkundigen Verstößen gegen andere Rechtsvorschriften als diejenigen des TKG“5 erfolgen könne, denn § 35 Abs. 3 Satz 1 TKG – ohne Entsprechung im „alten“ Gesetzestext – verdeutlicht, dass ein (letztlich grundrechtlich abgestützter, Rz. 38 f.) Rechtsanspruch auf Erteilung einer (Entgelt-)Genehmigung existiert, der Gesetzgeber also eine „Kontrollerlaubnis“ normiert hat6. (Entschließungs-)Ermessen bei Versagungsgründen wird lediglich in § 35 Abs. 3 Satz 3 TKG, nicht auch in Satz 2 eröffnet; hier gibt es nur die Wahl zwischen (ggf. modifizierter) Erteilung oder Ablehnung. Eine Einschränkung des Prüfungsumfangs (in Bezug auf Vorschriften außerhalb des TKG) kann sich allenfalls (faktisch) aus dem Umstand ergeben, dass binnen 10 Wochen über einen Antrag zu entscheiden ist (§ 31 Abs. 6 Satz 3 TKG; Rz. 83). _______________
1 BR-Drucks. 80/96 v. 9.2.1996, 44; ähnlich Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999, § 27 ff. Rz. 8; s. etwa BK 2, Beschl. v. 10.11. 2000 – 2c-00/026, MMR 2001, 197 (198). 2 Anders offenbar BK, Beschl. v. 26.6.1998 – 4a A 1130, K&R 1998, 444 (450). Wie hier Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 209; Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 27 TKG Rz. 27. 3 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 69. 4 Vgl. Groebel, K&R Beil. 1/2004, 18 (20); Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 27 TKG Rz. 30. 5 So BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 69. 6 Abweichend Mayen, CR 2005, 21 (28 f.).
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I Rz. 81
Entgeltregulierung
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Aufrechterhalten bleibt die Zweiteilung zwischen Einzelgenehmigungsund price cap-Verfahren (§ 32 Nr. 1, 2 TKG). Bei diesem erfolgt eine Genehmigung auf der Grundlage der von der RegTP/BNetzA vorgegebenen Maßgrößen für die durchschnittlichen Änderungsraten der Entgelte für einen Korb zusammengefasster Dienste (so schon § 27 Abs. 1 Nr. 2 TKG 1996). Hierfür gelten dann einige Besonderheiten, vor allem eine „Soll“-Regelung über eine erheblich verkürzte Entscheidungsfrist (von zwei Wochen ab Eingang des Antrags, § 31 Abs. 6 Satz 4 TKG wie zuvor § 5 Abs. 3 TEntgV) im Hinblick auf ein „verschlanktes“ Prüfungsverfahren (§ 35 Abs. 2 Satz 2 TKG; ähnlich früher § 27 Abs. 2 Satz 2 TKG 1996). Allerdings ist nunmehr innerhalb dieses Zeitraums eine Kontrolle der Einhaltung sowohl des § 28 TKG insgesamt (nach TKG 1996 lediglich in Bezug auf § 24 Abs. 2 Nr. 1 – Preishöhenmissbrauch) als auch des § 31 TKG (was bislang im Hinblick auf § 24 Abs. 1 TKG 1996 jedenfalls nicht explizit festgelegt war) durchzuführen. Im Wesentlichen beibehalten wurde auch die (jetzt in § 36 Abs. 1 Satz 1 TKG normierte) Verpflichtung, beabsichtigte Entscheidungen zur Zusammenfassung von Dienstleistungen (in dem durch § 34 Abs. 1 Satz 2 TKG abgesteckten Rahmen) sowie zur Vorgabe der jeweiligen Maßgrößen (§ 34 Abs. 3 TKG) zu veröffentlichen, wobei die Publikation nicht mehr allein auf das Amtsblatt beschränkt ist (§ 5 TKG im Unterschied zu § 8 Abs. 1 Satz 1 TEntgV)1. Auch wurde die Anhörung „des“ – also jedes – Unternehmens, an das sich eine solche Vor-Entscheidung richtet, nunmehr zwingend vorgeschrieben (§ 36 Abs. 1 Satz 2 TKG).
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Bei einer Genehmigung im price cap-Verfahren schreibt § 34 TKG die „alte“ Regelung (der § 1 Abs. 2, § 4 und § 7 Abs. 2 TEntgV) mit unerheblichen Änderungen fort. Eingangs wird nunmehr klar gestellt (was bisher in § 4 Abs. 5 TEntgV erwähnt war), dass der RegTP/BNetzA die Bestimmung des Inhalts der Körbe obliegt (§ 34 Abs. 1 Satz 2 TKG). Die bislang strikte Trennung verschiedener Dienstleistungen wird nicht aufrechterhalten; sollen mehrere Zugangsdienste zusammengefasst werden, so erlaubt dies § 34 Abs. 1 Satz 2 TKG jedoch (ähnlich wie bisher § 1 Abs. 2 Satz 2 und § 7 Abs. 2 Sätze 2, 3 TEntgV) nur insoweit, als sich die „erwartete Stärke des Wettbewerbs“ bei diesen Diensten „nicht wesentlich unterscheidet“. Des Weiteren hält § 34 Abs. 2 Satz 2 TKG die RegTP/BNetzA nunmehr an, bei der Feststellung des jeweiligen Ausgangsentgeltniveaus der in einem Korb zusammengefassten Zugangsleistungen bereits genehmigte Entgelte zugrunde zu legen, sofern solche existieren. Die Vorschriften zu Maßgrößen (§ 34 Abs. 3–5 TKG) entsprechen § 4 Abs. 2–4 TEntgV; beibehalten wurde auch die Möglichkeit von sachdienlichen „Nebenbedingungen“ (nicht: -„bestimmungen“), „etwa durch Einführung produktspezifischer Preisuntergrenzen oder Vorkehrungen gegen Preis-Kosten-Scheren“2. Schließlich übernimmt § 34 Abs. 6 TKG inhaltlich die Regelungen aus § 3 Abs. 5 TEntgV in einer _______________
1 Ungenau daher BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 70. 2 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 69.
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Voraussetzungen und Modalitäten der Entgeltregulierung
Rz. 83 I
etwas stärker komprimierten Form: Die RegTP/BNetzA muss also nach wie vor festlegen, für welchen Zeitraum die Maßgrößen unverändert bleiben, anhand welcher Referenzzeiträume der Vergangenheit die Einhaltung der Maßgrößen geprüft wird sowie unter welchen Voraussetzungen der Inhalt einzelner Körbe geändert oder Preisdifferenzierungen innerhalb eines Korbes durchgeführt werden können (Rz. 32 f.). Bei Einzelgenehmigungen (galten und) gelten ebenfalls einige Vorschriften allein hierfür, insbesondere die Zehnwochenfrist nach § 31 Abs. 6 Satz 3 TKG, das ergänzende Heranziehen anderer Verfahren bei fehlenden/unzulänglichen Kosteninformationen seitens eines Unternehmens (§ 35 Abs. 1 Satz 2 TKG), das Anlegen des Prüfungsmaßstabs gem. §§ 28 und 31 TKG an jedes einzelne Entgelt (§ 35 Abs. 2 Satz 1 TKG) und die Veröffentlichung der beabsichtigten (= beantragten) Entgeltmaßnahmen gem. § 36 Abs. 2 TKG (i. V. m. § 5 TKG). Dabei bleibt es (wie schon nach § 3 Abs. 1 TEntgV) dabei, dass „Kostenunterlagen des regulierten Unternehmens im Rahmen von Entgeltgenehmigungsprozeduren eine besondere Bedeutung zukommt“1. Bereits bisher hielt (in Gestalt einer „Soll“-Vorschrift) § 3 Abs. 3 TEntgV die RegTP dazu an, „zusätzlich“ Preise und Kosten solcher Unternehmen als Vergleich heranzuziehen, die entsprechende Leistungen „auf vergleichbaren Märkten im Wettbewerb“ anbieten. Der Verweis auf „Kosten“ ist entfallen; hingegen „kann“ nunmehr eine „Vergleichsmarktuntersuchung“ auch „dem Wettbewerb geöffnete“ Märkte betreffen, auch ausdrücklich (noch) regulierte Märkte können Vergleichsmärkte sein (§ 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG)2. Erstmals ausdrücklich erwähnt werden Kostenmodelle, um eine von der Kostenberechnung des Unternehmens unabhängige Kostenrechnung anstellen zu können (Nr. 2) – eine Vorgehensweise, die schon bislang zulässig war und auch gepflogen wurde3; gerechtfertigt wird dies mit Blick auf „bestehende Informationsasymmetrien zwischen Regulierer und reguliertem Unternehmen“ und die „natürlicher Weise unterschiedlichen Zielsetzungen der am Verfahren Beteiligten“4. § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG erlaubt es der RegTP/BNetzA (klarer als bisher), eine Überprüfung nur auf Vergleichsmarktuntersuchungen oder Kostenmodelle zu stützen, soweit die vorgelegten Kostenunterlagen nicht ausreichen5. Ungeachtet des Gebots zur Wahl _______________
1 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 69; s. a. OVG Münster, Beschl. v. 15.8.2003 – 13 A 2773/01, MMR 2003, 808 (810). 2 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 69; ebenso VG Köln, Beschl. v. 3.6.2005 – 21 L 319/05, CR 2005, 804 (805 f.); Scherer, NJW 2006, 2016 (2019); zur Relevanz des „höchsten unverzerrten Wettbewerbspreises“ als Referenzgröße s. VG Köln, Beschl. v. 15.3.2006 – 1 L 109/06, CR 2006, 395 (396). 3 Vgl. VG Köln, Urt. v. 5.6.2003 – 1 K 6301/99, MMR 2003, 686 (688 f.); Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 24 TKG Rz. 24 f. 4 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 69; krit. Wegmann, K&R Beil 1/2003, 21 (22 f.). 5 Als Bsp. BK, Beschl. v. 28.4.2005 – 4a/b-05-004, N&R 2005, 122 (128), mit krit. Anm. Sommerberg.
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I Rz. 84
Entgeltregulierung
des mildesten Mittels wird die Behörde insoweit nach § 29 TKG allgemein ermächtigt, einem SMP-Unternehmen aufzuerlegen, seine Kostenrechnung in einer Form auszugestalten, die es ihr ermöglicht, die für die Entgeltregulierung notwendigen Daten zu erhalten (Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; ähnlich schon § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TKG 1996); zur Durchsetzung darf sie – wie bisher – (nur)1 ein Zwangsgeld bis zu 500.000 Euro androhen und festsetzen (§ 29 Abs. 4 TKG). Sie kann des Weiteren solchen Unternehmen Verpflichtungen in Bezug auf Kostenrechnungsmethoden erteilen (und deren Beachtung selbst oder durch einen unabhängigen Dritten) überprüfen (§ 29 Abs. 3 TKG); diese weitere Befugnis dient der Umsetzung von Art. 13 Abs. 1, 4 ZRL sowie von Art. 17 Abs. 4 UDRL (Rz. 49, 54). 84
Wurde ein nach dem TKG 1996 prinzipiell für die Durchführung eines Verfahrens unabdingbarer Entgeltantrag später vom Unternehmen zurückgenommen, durfte – und musste im Fall des § 39 TKG 1996 – im Hinblick auf den Zweck der ex ante-Regulierung gleichwohl entschieden werden2. Die Neuregelung bringt hier in zwei Punkten mehr Klarheit: Zum einen kam es schon bisher des Öfteren zu einer behördlichen „Aufforderung“, einen neuen, geänderten Antrag vorzulegen, um eine (endgültige) Abweisung eines nicht genehmigungsfähigen Begehrens zu vermeiden3; rechtlich handelte es sich dabei aber nur um einen unverbindlichen Ratschlag4. Er wirkte freilich wie ein Zwang, wenn er dergestalt mit einer – als Teilablehnung grundsätzlich zulässigen5 – Anordnung von (hinter dem Antrag zurückbleibenden) Entgelten verbunden wurde, dass diese sich nur befristet bis zur Entscheidung über einen neuen, angepassten Antrag Geltung beimaß6. § 31 Abs. 6 Satz 1 TKG spricht nunmehr insoweit der RegTP/BNetzA ausdrücklich das Recht zu, „zur Stellung von Entgeltgenehmigungsanträgen auf(zu)fordern“. _______________
1 So auch Witte in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 2002, § 31 Rz. 12. 2 Vgl. Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 28 Rz. 8; im Ergebnis ebenso VG Köln, Beschl. v. 20.1.1999 – 1 L 3890/98, CR 1999, 161 (163 f.); anders Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 207. 3 Vgl. Mitt. Nr. 4/98, ABl. 1998, 20. 4 Anders (mit Hinweis auf § 33 Abs. 2 TKG 1996) aber BK, Beschl. v. 9.2.1998 – 4a A 130, MMR 1998, 500 f.; ferner Mitt. Nr. 42/1998 (BK, Beschl. v. 9.3.1998 – 4-1), ABl. 680, Ziff. 4; offen lassend OVG Münster, Beschl. v. 5.7.2000 – 13 B 2018/99, NVwZ 2001, 698 (698). 5 Wie hier Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 27 Rz. 11; Großkopf/Rittgen, CR 1998, 86 (94) – „modifizierte“ Genehmigung; anders Posser/Rädler, MMR 1998, 566 (567); Schütz/Müller, MMR 1999, 128 (135). Vgl. Vfg Nr. 69/1998 (BK, Beschl. v. 15.6.1998 – 2c), ABl. 1580, und K&R 1998, 545 (546 f.); Mitt. Nr. 154/1998 (BK, Beschl. v. 31.7.1998 – 1A 1130), ABl. 1848 ff.; Mitt. Nr. 95/1999 (BK, Beschl. v. 8.3.1999 – 2a 99/003), ABl. 808 f.; BK, Beschl. v. 28.8.1998 – 4e-98-008, MMR 1999, 114 ff. 6 So Mitt. Nr. 148/1998 (BK 2 a 98/005), ABl. 1832. Ähnlich Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 206.
1146 | Gramlich
Voraussetzungen und Modalitäten der Entgeltregulierung
Rz. 85 I
Unbedenklich war schon bislang eine Auflage, bis zum Erlass einer abschließenden Genehmigung die einem Antrag zugrunde liegende Leistungsbeschreibung in bestimmter Weise zu „präzisieren“1. Anders als nach altem Recht wird jedoch in § 31 Abs. 6 Sätze 2 und 3 TKG als Alternative zum Antrag eine Verfahrenseinleitung „von Amts wegen“ vorgesehen; dies hängt aber davon ab, dass der Adressat einer Aufforderung, einen Antrag zu stellen, nicht binnen eines Monats nach Zugang (s. § 130 BGB) dieser Verfügung nachgekommen ist, und erübrigt sich, wenn (und soweit) ein Antrag auf Entgeltgenehmigung erfolgt. Für den Normalfall knüpft § 31 Abs. 5 TKG an § 28 Abs. 1 TKG 1996 an: Da wie bisher Genehmigungen mit einer „Befristung“ (§ 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG) versehen werden „sollen“ (§ 35 Abs. 4 TKG; entspr. § 28 Abs. 3 TKG 1996), muss sichergestellt werden, dass bis zum Ablauf der Frist für eine bereits erteilte Entgeltgenehmigung (und damit deren Unwirksamwerden) die neue Überprüfung abgeschlossen ist. Anträge (aller für die Kontrolle erforderlichen Unterlagen) mussten bisher gleichwohl „nur“ mindestens zwei Monate vor Fristablauf vorgelegt werden (§ 28 Abs. 1 Satz 2 TKG 1996), was im Hinblick auf den „Regel“-Zeitraum nach § 28 Abs. 2 Satz 1 TKG 1996 reichlich bemessen war, allerdings die Verlängerungsmöglichkeit nach § 28 Abs. 2 Sätze 2, 3 TKG 1996 nicht optimal berücksichtigte. § 31 Abs. 5 Satz 2 TKG bewirkt nunmehr eine Angleichung der Mindestfrist für die Vorlage von Antrags-Unterlagen und der Höchstfrist für eine Entscheidung (nach § 31 Abs. 6 Satz 3 TKG): Beide betragen 10 Wochen ab Eingang. § 31 Abs. 5 Satz 1 TKG nennt (im Unterschied zu § 28 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996) explizit den Vorlagepflichtigen und erstreckt die Verpflichtung auch auf alle Entscheidungsunterlagen, was sich freilich auch (eingehender) aus § 33 TKG ergibt, bislang aber lediglich durch die TEntgV vorgeschrieben war. Nicht übernommen wird hingegen das Gebot „schriftlicher“ Vorlage; damit gilt auch mangels anderweitiger Regelung Formfreiheit (§ 10 VwVfG) zumindest für den Antrag als solchen, während bestimmte Unterlagen der RegTP/BNetzA „auch“ auf „Datenträgern“ zur Verfügung zu stellen sind (§ 33 Abs. 1 Satz 1 TKG). Freilich dürfte vor allem § 36 Abs. 2 TKG (wie bisher § 8 Abs. 2 TEntgV) auf der Annahme basieren, bei der Veröffentlichung der beantragten Entgeltmaßnahmen könne auf eingereichtes schriftliches Material zurückgegriffen werden, das sich ohne größere redaktionelle Bearbeitung amtlich publizieren lasse2. Angesichts der Bedeutung des Genehmigungsantrags (Rz. 84) müssen aber Antragsteller und Antragsinhalt von Anfang an feststehen, so dass zumindest nicht jede elektronische Form der Dokumenten-Vorlage ausreichen sollte.
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1 Vgl. Mitt. Nr. 147/1998 (BK, Beschl. v. 14.7.1998 – 2c), ABl. 1832. 2 Vgl. Mitt. Nr. 249/2004 (Antrag der DTAG v. 22.7.2004), ABl. 932 ff., Nr. 250/2004 (Antrag der DTAG, T-Com v. 22.7.2004), ABl. 949 ff.
Gramlich | 1147
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I Rz. 86
Entgeltregulierung
86
Ein Antrag kann im Hinblick auf die Zuständigkeit unterschiedlicher Beschlusskammern in zwei Verfahren behandelt1, zwei Verfahren können auch zu einem verbunden werden2. Zulässig ist ferner eine Abgabe an eine andere Kammer3.
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Inhalt und Umfang der Genehmigung werden – außer bei einem Amtsverfahren (Rz. 84) – vom (ggf. differenzierenden4) Antrag begrenzt, die Entscheidung darf über das Begehren nicht hinausgehen, kann freilich hinter ihm zurückbleiben. Eine Genehmigung konnte und kann weiterhin auch (nur) die Methodik der Berechnung („nach Aufwand“) umfassen5 oder für einen Testbetrieb ausgesprochen werden6. Sind Entgelte nicht genehmigungspflichtig, müsste ein Antrag zurückgewiesen werden7; ein Unternehmen vermeidet dieses Ergebnis, wenn es (zulässiger Weise) primär die Feststellung einer nicht bestehenden Genehmigungspflicht8 und nur hilfsweise die Erteilung einer Genehmigung beantragt9. Wie bisher gem. § 28 Abs. 2 TKG 1996 bzw. nach § 5 Abs. 3 TEntgV führt auch nach § 31 Abs. 6 Sätze 3, 4 TKG der Fristablauf der Entscheidungsfrist nicht dazu, dass fingiert wird, der Antrag sei positiv verbeschieden. Vielmehr müsste ein Antragsteller, um die für die wirksame Forderung eines neuen oder geänderten Entgelts gegenüber seinen Kunden unabdingbare Genehmigung zu erlangen, bei einem Untätigbleiben der RegTP/BNetzA (Verpflichtungs-)Rechtsschutz – ggf. vorläufig nach § 123 VwGO – vor dem Verwaltungsgericht Köln nach-
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1 Vgl. Mitt. Nr. 90/1998 (Antrag der DTAG v. 29.4.1998), ABl. 1369. 2 Vgl. Mitt. Nr. 287/1999 (BK 4e-99-029), ABl. 2010; Mitt. Nr. 305/2004 (BK3c-04/ 018), ABl. 1459. 3 Vgl. Mitt. Nr. 493/1999 (BK 4c-99-036, -037), ABl. 3232. 4 Vgl. Mitt. Nr. 107/2005 (Antrag der DTAG, T-COM v. 21.4.2005), ABl. 799. 5 Vgl. Mitt. Nr. 98/1988 (BK, Beschl. v. 29.4.1998 – 4-1), ABl. 1386, Ziff. 1, für das Bereitstellungsentgelt für den räumlichen Zugang und das Entgelt für die Ressourcenprüfung (zusätzliche Leistungen beim Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung); Mitt. Nr. 335/2004 (BK, Beschl. v. 30.9.2004 – 4f-04-051), ABl. 1508, Ziff. 1, für das Entgelt für die Leistung Netzverträglichkeitsprüfung; Mitt. Nr. 18/2005 (BK, Beschl. v. 16.12.2004 – 4d-04-076), ABl. 76. 6 Beschl. v. 27.4.2000 – BK 2c 00/004, MMR 2000, 572 f., dazu Frhr. von dem Bussche, MMR 2000, 573 (575); krit. Schuster, MMR 2001, 298 (304). 7 Vgl. Ziff. 2 der Mitt. Nr. 98/1988, in Bezug auf Entgelte für ungerechtfertigte Störungsmeldungen und Informationen für Anschlussbereichsabgrenzungen; Ziff. 2 der Mitt. Nr. 125/1998 (BK, Beschl. v. 26.6.1998 – BK 4-1A 1130), ABl. 1623. Zur Vorab-Feststellung eines Genehmigungserfordernisses durch die RegTP s. OVG Münster, Beschl. v. 24.8.2000 – 13 B 112/00, NVwZ 2001, 696 (697). 8 Vgl. Mitt. Nr. 115/2005 (BK, Beschl. v. 17.3.2005 – 4a/b-05-004), ABl. 851, Ziff. 2 S. 2; Mitt. Nr. 141/2005 (BK, Beschl. v. 3.5.2005 – 4d-05-009), ABl. 948, Ziff. 4; OVG Münster, Beschl. v. 27.1.2004 – 13 A 3254/01, CR 2004, 512 (513). Für Entgelte für die Leistung T-DSL-ZISP wurde hingegen zunächst explizit festgestellt, dass sie „der ex ante-Genehmigungspflicht unterliegen“ (BK, Beschl. v. 27.10.2005 – 3d-05/041 ABl. 1795, Ziff. 1). 9 Vgl. Mitt. Nr. 333/2004 (Antrag der DTAG, T-COM v. 21.9.2004), ABl. 1508.
1148 | Gramlich
Voraussetzungen und Modalitäten der Entgeltregulierung
Rz. 89 I
suchen1. Genehmigte Entgelte werden (wie bisher) amtlich veröffentlicht (§ 35 Abs. 6 i. V. m. § 5 TKG)2. Vorläufige Genehmigungen3 erfolgten bereits früher im Wege der einstweiligen Anordnung (nach § 78 TKG 1996) und setzten keinen diesbezüglichen Antrag voraus4; die Vorschrift wurde inhaltlich unverändert beibehalten (§ 130 TKG), gilt allerdings nicht mehr nur für Entscheidungen von Beschlusskammern5. Solche Anordnungen können entweder explizit auflösend bedingt durch den Erlass einer endgültigen Genehmigung ergehen, aber auch oder zugleich mit weiteren Nebenbestimmungen (nach § 36 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 VwVfG) versehen werden, so mit der Auflage, bei der Entgelthöhe zulasten der Kunden eintretende Differenzbeträge diesen (mit Wirkung ex tunc) zu erstatten6, oder mit einem Widerrufsvorbehalt7. Genehmigungsbescheiden wurde zuweilen ein Währungsvorbehalt oder eine Anpassungsklausel beigefügt8; dem Antragsteller wurde auch aufgegeben, innerhalb bestimmter Frist eine Istkostenabrechnung (im Hinblick auf Kollokationsräume) einzuführen9.
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Die Regelung zur „Abweichung von genehmigten Entgelten“ (§ 37 TKG) baut weitgehend auf § 29 TKG 1996 auf: Abs. 1 unterscheidet sich lediglich sprachlich von der Vorgängerregelung, enthält aber wie bisher ein (als solches nicht mit Bußgeld bewehrtes) Verbot, von einem (wirksam) genehmig-
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1 Vgl. Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 28 Rz. 15, Anh § 27/§ 5 TEntgV Rz. 50; Großkopf/Rittgen, CR 1998, 86 (95); VG Köln, Beschl. v. 19.8.1998 – 1 L 1717/98, CR 1998, 668 (669); Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 256 f.; s. aber auch OVG Münster, Beschl. v. 17.2.1999 – 13 B 2059/98, unveröffentlicht. 2 Vgl. Mitt. Nr. 236/2004 (BK, Beschl. v. 14.7.2004 – 2c 04/012), ABl. 785; Mitt. Nr. 281/2004 (BK, Beschl. v. 27.8.2004 – 2a 04/015), ABl. 1317; Mitt. Nr. 334/2004 (BK, Beschl. v. 30.9.2004 – 4d-04-052), ABl. 1508. 3 Für Zulässigkeit Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 27 Tz. 12, § 28 Rz. 13; BK, Beschl. v. 30.11.1998 – BK 4e-98-024, MMR 1999, 183 ff.; anders Schütz/Müller, MMR 1999, 128 (136); ferner Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 27 TKG Rz. 31. 4 Vgl. einerseits Mitt. Nr. 74/1998 (BK, Beschl. v. 2.4.1998 – 2-1), ABl. 1998, 1203, andererseits Mitt. Nr. 75/1998 (Antrag der DTAG v. 7.4.1998), ABl. 1998, 1203, Mitt. Nr. 203/1998 (Antrag v. 3.9.1998), ABl. 1998, 2309; Geppert/Ruhle, MMR 2003, 319 (320). 5 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 100. 6 Vgl. Ziffer 3 der Mitt. Nr. 64/2005 (BK, Beschl. v. 23.3.2005 – 4a/b-05-024), ABl. 244; Ziff. 3 der Mitt. Nr. 165/2005 (BK, Beschl. v. 29.6.2005 – 4a-05-013), ABl. 1116; früher Ziff. 3 b) der Mitt. Nr. 125/1998 (BK, Beschl. v. 26.6.1998 – 4 – 1A 1130), ABl. 1623; Ziff. 3 c) der Mitt. Nr. 23/2000 (BK, Beschl. v. 30.12.1999 – 4e-99-059), ABl. 80 ff. 7 Vgl. Ziff. 2 der Mitt. Nr. 139/1998 (BK, Beschl. v. 8.7.1998 – 4-1 98-001), ABl. 1648. 8 Vgl. Ziff. 7 b) der Mitt. Nr. 188/1988 (BK, Beschl. v. 28.8.1998 – 4-1/98-008), ABl. 2016 ff.; Ziff. 2 b) der Mitt. Nr. 285/1999 (Beschl. v. 1.7.1999 – 4e-99-019), ABl. 2005 ff. 9 Vgl. Mitt. Nr. 225/1998 (BK, Beschl. v. 30.9.1998 – 4-1/98-013), ABl. 2591.
Gramlich | 1149
I Rz. 90
Entgeltregulierung
ten Entgelt abzuweichen; Adressat dieser Verpflichtung ist allein der (marktmächtige) Netzbetreiber, und ihr Gegenstand ist nicht erst die Erhebung (Durchsetzung) einer derartigen Forderung, sondern bereits ein mit einem solchen Entgelt verbundenes Leistungsangebot. Eine privatrechtsgestaltende Wirkung der Genehmigung1 enthält (in wörtlicher Übernahme der „alten“ Regelung) § 37 Abs. 2 TKG: Der Inhalt des mit einem dritten „Teilnehmer“ geschlossenen Vertrags wird im Sinne der Genehmigung teilweise umgeformt, an die Stelle des vereinbarten gesetzwidrigen Entgelts tritt das genehmigte, der Vertrag bleibt ansonsten wirksam, es kommt nicht zur Rechtsfolge (Gesamt-)Nichtigkeit nach § 139 BGB. Nicht übernommen wurde § 29 Abs. 2 Satz 2 TKG 1996, wonach die RegTP/BNetzA befugt war, die Durchführung eines Rechtsgeschäfts zu untersagen, das ein anderes als das genehmigte Entgelt enthält; vom Wortlaut her erfasste dies nur ein von einer erteilten Genehmigung abweichendes, nicht auch ein gänzlich ungenehmigtes Verhalten, für das überhaupt kein Antrag gestellt worden war. Eine Untersagungsverfügung könnte (und müsste) nunmehr auf § 126 Abs. 2 Satz 1 TKG gestützt werden und nötigenfalls als vorläufige Maßnahme (§ 126 Abs. 4 TKG) erfolgen; die RegTP/BNetzA hätte dabei allerdings auch die dort normierten Verfahrensschritte einzuhalten. 90
§ 37 Abs. 3 TKG ist hingegen neu: Satz 1 stellt zunächst klar, dass unabhängig von einer Entgeltgenehmigung (Zugangs-)Leistungen zu erbringen sind, wenn sich ein Unternehmen hierzu vertraglich verpflichtet hat (oder gesetzlich – etwa nach § 20 GWB – hierzu gehalten ist). Die Regelung schließt nicht nur eine mögliche Folgerung in Bezug auf die Rechtswirksamkeit der Leistungspflicht aus, sondern schneidet damit dem Unternehmen auch den Einwand aus § 320 bzw. § 273 BGB ab2. Allerdings ergibt sich hieraus kein Zwang zu einer (endgültig) unentgeltlichen Leistung, denn dies wäre ein unverhältnismäßiger Eingriff in wirtschaftliche Grundrechte (Rz. 38 f.); wird die Genehmigung später erteilt, wirkt sie nach Maßgabe des § 35 Abs. 5 TKG zurück, ansonsten wird regelmäßig über Bereicherungsrecht Wertersatz geschuldet. Die weiterhin zulässige Untersagung der Durchsetzung ungenehmigter Entgelte (Rz. 89) wird nach § 37 Abs. 3 Satz 2 TKG auf das Vorfeld nicht nur von „Verträgen“, sondern – allgemeiner – von „Rechtsgeschäften“ erstreckt: Nicht allein deren „Abschluss“ (d. h. „Vornahme“), vielmehr bereits die „Vorbereitung“, „Anbahnung“3 und die „Werbung“ hierfür kann die RegTP/BNetzA verbieten4, und dies explizit sowohl bei Fehlen als auch beim Abweichen von einer erforderlichen Entgeltgenehmigung.
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1 2 3 4
Vgl. allgemein Tschentscher, DVBl. 2003, 1424 ff. Vgl. schon BVerwG, Urt. v. 21.1.2004 – 6 C 1/03, NVwZ 2004, 871 (877). Vgl. § 311 Abs. 2 BGB. Die Entwurfsbegründung spricht vom „Vorfeld“ von Verträgen (BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 70).
1150 | Gramlich
Voraussetzungen und Modalitäten der Entgeltregulierung
Rz. 92 I
Das TKG 1996 kannte keine ausdrückliche Regelung zur Rückwirkung von Entgeltgenehmigungen; kaum überraschend wurde das Problem daher höchst kontrovers diskutiert1, bis das BVerwG Anfang 2004 im Sinne der nunmehr in § 35 Abs. 5 Satz 1 TKG normierten Vorschrift eine Wirkung ex tunc bejahte2. Allerdings wirft auch die jetzige Regelung3 wieder etliche Fragen auf: So spricht Satz 1 von einer Rückwirkung im Hinblick auf die „vollständige oder teilweise Genehmigung eines vertraglich bereits vereinbarten Entgelts“ und geht damit von einer Situation aus, die sich angesichts der Harmonisierung von Vorlage- und Entscheidungsfristen (Rz. 85) regelmäßig gar nicht ergeben sollte. Überdies wird die Wirksamkeit unmittelbar kraft Gesetzes auf den Zeitpunkt der erstmaligen Bereitstellung der betr. Leistung (zurück) bezogen; wenn die Entwurfsbegründung demgegenüber ausführt, es werde hier klargestellt, dass Entgeltgenehmigungen „auch rückwirkend erteilt werden können“4, handelt es sich daher offensichtlich um eine redaktionelle Ungenauigkeit.
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Einschränkungen der Rückwirkung ergeben sich aus § 35 Abs. 5 Sätze 2 und 3 TKG; sie sollen verhindern, dass eine „Vielzahl von Wettbewerbern“, die im Rahmen von Zugangsverträgen mit dem SMP-Unternehmen „auf Basis genehmigter Entgelte Leistungen bezogen“ haben, nicht dem Risiko ausgesetzt sind, „Nachzahlungen für mehrere Jahre (die regelmäßig bis zum rechtskräftigen Abschluss entsprechender Gerichtsverfahren vergehen) leisten müssen“, zumal diese „– rechtlich oder tatsächlich – keine Möglichkeit“ hätten, „gegenüber ihren Endkunden entsprechende Nachzahlungen durchzusetzen“, und daher in eine „Existenz bedrohende Situation geraten“5 könnten. Schon vom Wortlaut her geht deshalb allein um den Fall der (beantragten) Erhöhung eines bereits genehmigten Entgelts; für diese Differenz könnte, ja, müsste der (potenziell) Zahlungspflichtige durchaus Rückstellungen bilden. Bereits die Begründung des Gesetzesentwurfs erachtet es aber für nötig, die „ausreichende Möglichkeit effektiven Rechtsschutzes“ (Art. 19 Abs. 4 GG)6 für das SMP-Unternehmen eigens zu erwähnen. Demgegenüber ist festzuhalten, dass § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG eine Rückwirkung hinsichtlich des Differenzbetrags nur vorsieht, wenn und soweit das vertraglich (weiter) zur Leistung verpflichtete Unternehmen in der Hauptsache
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1 Vgl. nur Lünenburger, CR 2001, 84 ff.; Kleinlein/Enaux, K&R 2003, 275 ff.; Geppert/Ruhle, MMR 2003, 319 (321 f.). 2 Urt. v. 21.1.2004 – 6 C 1.03, CR 2004, 502 ff.; dazu Schütze, CR 2004, 493 (494 ff.); s. bereits OVG Münster, Beschl. v. 14.12.2001 – 13 B 1362/01, CR 2002, 263 (264 ff.); v. 20.1.2003 – 13 A 363/01, K&R 2003, 308 (309). 3 Die ihrerseits nicht auf bereits abgelaufene Genehmigungszeiträume zurückwirkt; vgl. VG Köln, Beschl. v. 16.12.2004 – 1 L 2739/04, CR 2005, 345 f. 4 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 69. 5 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 69 f. 6 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 70; s. bereits Heun, CR 2003, 485 (493) und CR 2004, 893 (904).
Gramlich | 1151
I Rz. 92a
Entgeltregulierung
ein Verpflichtungsurteil (§ 113 Abs. 5 VwGO) zu seinen Gunsten erstreitet1; die Nachzahlung muss dann zu dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt (der erstmaligen Bereitstellung der in Bezug auf das Entgelt geänderten Leistung) einsetzen. Dies gilt ferner nur, wenn dieses Unternehmen zuvor eine (seinem Antrag [partiell] stattgebende) einstweilige Anordnung gem. § 123 VwGO erwirkt hat. In diesem Eilverfahren muss zwar kein Anordnungsgrund dargelegt werden – die Dringlichkeit versteht sich von selbst2 –, wohl aber sich eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ dafür ergeben, dass der geltend gemachte Anspruch besteht3. Wird diese Voraussetzung verneint, so scheidet jede Rückwirkung aus, auch wenn das Unternehmen in der Hauptsache obsiegt! Greift zudem ein Dritter („Wettbewerber“, Nachfrager nach Zugangsleistungen) die Entgeltentscheidung an, so ist vorläufiger Rechtsschutz nach § 80 VwGO eröffnet (vgl. allgemein unten, Rz. 118); auch dann kann jedenfalls in der in § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG beschriebenen Konstellation ein höheres Entgelt nur noch ex nunc gefordert werden. Bedenken wegen eines übermäßigen Eingriffs in die Berufsfreiheit des SMP-Unternehmens, aber auch wegen einer sachlich unangemessenen, gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Ungleichbehandlung von Verpflichtungs- und Anfechtungsfällen sind daher nicht von der Hand zu weisen4. 92a
Andererseits war die Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes bisher an keine Frist gebunden: Die DTAG konnte daher ein Eilverfahren hinauszögern und Wettbewerber zur Bildung erheblicher Rückstellungen für etwaige Nachzahlungen nötigen, wodurch finanzschwächere Unternehmen in wirtschaftliche Bedrängnis geraten können. Der Verzicht auf einen Anordnungsgrund (Rz. 92) sollte daher durch Normierung einer Frist für den Anordnungsantrag ergänzt werden5. Die systematische Inkonsequenz wurde durch die Einfügung von Satz 4 in § 35 Abs. 5 TKG behoben; allerdings wird eine Befristung (von zwei Monaten) nur in Bezug auf eine (vorherige) Klageerhebung festgelegt6.
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§§ 27–37 TKG, also nicht zuletzt die Bestimmungen zur ex ante-Kontrolle gelten (nach § 23 Abs. 4 Satz 5 TKG) auch bei der Prüfung von Entgelten in einem Standardangebot für allgemein nachgefragte Zugangsleistungen, zu dessen Vorlage ein marktmächtiger Betreiber eines öffentlichen Telekom_______________
1 Missverständlich der Wortlaut des § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG; für eine gerichtliche Kassationsbefugnis Scherer, NJW 2006, 2016 (2019). 2 Skeptischer Schütze, CR 2004, 493 (498); wie hier Holznagel/Schumacher, N&R 2006, 134 (136). 3 Dafür soll es nicht genügen, dass das Gericht nach Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel nicht ausschließen kann, ein Anspruch auf das beantragte höhere Entgelt bestehe; s. VG Köln, Beschl. v. 18.5.2005 – 1 L 3263/05; Scherer in: Schulze/Zuleeg (Hrsg.), Europarecht, 2006, § 36 Rz. 99. 4 Vgl. Wegmann, K&R Beil 1/2004, 25 (30 f.); Mayen, CR 2005, 21 (29 f.); Heun, CR 2003, 485 (492 f.); aber auch Scherer, NJW 2004, 3001 (3007). 5 Wie hier Holznagel/Schumacher, N&R 2006, 134 (136). 6 Vgl. dazu BT-Drucks. 16/3635 v. 29.11.2006, 48.
1152 | Gramlich
Voraussetzungen und Modalitäten der Entgeltregulierung
Rz. 95 I
munikationsnetzes nach oder auch zusammen mit der Auferlegung der Leistung nach § 21 TKG verpflichtet werden soll (§ 23 Abs. 1 TKG)1. § 23 Abs. 4 Satz 5 TKG gilt überdies entsprechend bei einer (von der RegTP/ BNetzA veranlassten) Änderung eines solchen Angebots (§ 23 Abs. 6 Satz 3 TKG). Entgelt-Genehmigungspflichten können ferner auch bei Mietleitungen (Rz. 109) sowie bei der Überlassung von Teilnehmerdaten (Rz. 111) statuiert werden. 5.2.2 Ex post-Kontrolle Die Regulierung der Entgelte für die Gewährung eines Netzzugangs bzw. für die Durchführung einer angeordneten Zusammenschaltung ergab sich bisher aus § 39 TKG 1996. Bei den dort in Bezug genommenen Vorschriften fehlten allerdings § 25 Abs. 2 und § 30 Abs. 2 TKG 1996, die spezifischen Regelungen zu einer ex post-Kontrolle; dem entsprach in der Praxis ein weites Verständnis der genehmigungspflichtigen Leistungen im Rahmen des § 39 TKG 19962. Der Umfang einer nachträglichen Prüfung erstreckte sich jedenfalls auf den Maßstab des § 24 TKG 1996 insgesamt3.
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Der Entwurf der Gesetzesbegründung zum neuen TKG bekundet diesbezüglich, es erscheine „auch in Zukunft insbesondere im Bereich der Zugangsund Zusammenschaltungsleistungen sinnvoll und erforderlich, weite Teile der Entgeltregulierung in Form von Genehmigungsprozeduren durchzuführen“4. Speziell zu § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG verlautete, „konkret“ solle die „Einführung oder Beibehaltung der ex ante-Genehmigung im Zugangsbereich“ davon abhängig gemacht werden, ob es sich bei den betreffenden Leistungen um solche handelt, „bei denen das Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht eine faktische Alleinstellung hat und die somit für die Nachfrager wesentlich sind“; für nach § 21 TKG auferlegte Zugangsleistungen bildeten aber die Bejahung der „Wesentlichkeit“ und damit „für den relevanten Betrachtungszeitraum eine eher negative Wettbewerbsprognose“5 die Voraussetzung. Diese generelle Einordnung erfolgt allerdings zum einen „vorbehaltlich der nachfolgenden Absätze“ (2–4); weitere Einschränkungen der ex ante-Kontrolle wurden während des Gesetzgebungsverfahrens in Abs. 1 Satz 2 eingefügt (Rz. 77), um „dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung (zu) tragen“ und „ex ante-Genehmigungsproze-
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1 Zu ersten Überprüfungsverfahren s. Mitt. Nr. 437 – 440/2006, ABl. 4047 f. (BK 3a06-040 – 3a-06-043); Mitt. Nr. 1/2007, ABl. 6 (BK 3-06/045). 2 Vgl. Trute in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 39 TKG Rz. 9; Witte/Glahs in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 2002, § 39 Rz. 13 ff. 3 Vgl. das Anpassungsverlangen im BK-Beschl. v. 30.4.1998 (3 c), Mitt. Nr. 85/1998, ABl. 1368 f.; wie hier VG Köln, Beschl. v. 19.8.1998 – 1 L 1717/98, CR 1998, 668 (670); BT-Drucks. 13/4864 v. 12.6.1996, 78. 4 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 68. 5 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 68.
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I Rz. 96
Entgeltregulierung
duren“ auf das „erforderliche Maß“ zurückzuführen. Zudem solle hierdurch klargestellt werden, „dass der Regulierungsbehörde die in der Zugangsrichtlinie vorgesehenen Ermessensspielräume in vollem Umfang zustehen“1. 96
Dabei bezieht sich § 30 Abs. 3 TKG nur auf SMP-Unternehmen, bei denen die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG im Hinblick auf nach § 21 TKG auferlegte Leistungen nicht gegeben sind, so dass von einem „Wettbewerbspotenzial“ im betreffenden Markt auszugehen ist; hier wurde eine „Missbrauchsaufsicht“2 – nach § 38 TKG3, nicht nach § 42 TKG – für nötig, aber auch für ausreichend angesehen. Die Neufassung durch das erste Änderungsgesetz (Rz. 37a) ermöglicht freilich der BNetzA, nunmehr „ausnahmsweise“ bei freiwilligen Leistungen ebenfalls ein Entgeltgenehmigungserfordernis zu statuieren (Rz. 77b). Auch in einem speziellen Fall nach § 21 TKG auferlegter Leistungen erachtet § 30 Abs. 2 Satz 1 TKG eine Ausnahme („entsprechend der [nach dem TKG 1996] geltenden Rechtslage“4) für angezeigt, nämlich bei Rechnungsstellung und Inkasso (§ 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG)5. Soweit die dort angesprochene Vereinbarung zustande kommt6 oder bei Leistungen i. S. v. § 21 Abs. 2 Nr. 7 lit. b] TKG ist auch eine ex post-Kontrolle nach § 38 Abs. 2–4 TKG ausgeschlossen (§ 30 Abs. 2 Satz 2 TKG); die Regelungen des GWB bleiben jedoch anwendbar (§ 2 Abs. 3 Satz 1 TKG)7. § 30 Abs. 3 Satz 2 TKG ermächtigt die BNetzA zudem wiederum „ausnahmsweise“, statt der ex ante- eine ex post-Regulierung zu wählen, wenn und solange sie eine Genehmigungspflicht zur Erreichung der Ziele des § 2 Abs. 2 TKG für „nicht angemessen“ ansieht8. Nicht auf das Vorliegen beträchtlicher Marktmacht stellt lediglich § 30 Abs. 4 TKG ab9: Hat die BNetzA unabhängig von diesem Umstand gegenüber einem Betreiber öffentlicher TKNetze, der den Zugang zu Endnutzern kontrolliert, Zusammenschaltungsoder weitere Zugangsverpflichtungen (§ 18 Abs. 1 TKG) oder auch Gebote hinsichtlich Telekommunikations- und anderer Dienste nach § 18 Abs. 2 TKG getroffen10, unterliegen die dafür verlangten monetären Gegenleistungen ebenfalls einer nachträglichen Regulierung. Da der erfasste Personenkreis weiter als der in § 38 Abs. 2–4 TKG bezeichnete ist, ordnet § 30 Abs. 4 Satz 2 TKG zu Recht eine „entsprechende“ Anwendung jener _______________
1 BT-Drucks. 15/2679 v. 10.3.2004, 14; s. a. VG Köln, Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Rz. 55 f. 2 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 68. 3 Einschl. Abs. 1; s. Heun, CR 2004, 893 (904). 4 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 68. 5 Vgl. Koenig/Neumann, K&R 2004 Beil. 3, 1 (28 f.); ferner VG Köln, Urt. v. 14.11. 2002 – 1 K 2788/00, MMR 2003, 284 ff.; Nacimiento, K&R 2003, 582 (583 f.). 6 Vgl. Neitzel/Müller, CR 2004, 655 (659). 7 BT-Drucks. 15/2679 v. 10.3.2004, 14. 8 Nach BT-Drucks. 16/2581 v. 14.8.2006, 44, sei dies eine bloße „Klarstellung“. 9 Ebenso BK, Beschl. v. 21.9.2004 – 4a-04-032, MMR 2004, 836 (838); Beschl. v. 8.11.2004 – 4c-04-048, bei Nacimiento, K&R 2005, 1 (6). 10 Vgl. Koenig/Winkler, MMR 2004, 783 (786 f.).
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Voraussetzungen und Modalitäten der Entgeltregulierung
Rz. 97 I
Vorschriften an1. Allerdings stellt bereits § 25 Abs. 5 TKG klar, dass Entgelte auch schon Gegenstand einer – gegenüber Vereinbarungen nachrangigen (§ 25 Abs. 2 TKG) – Zugangsanordnung (nach § 22 wie nach § 18, § 25 Abs. 1 Satz 1 TKG) sein können (S. 1)2 – nicht müssen3 – und sich insoweit deren Festlegung nach §§ 27–38 TKG4 richtet (Satz 3; Rz. 79 ff.). Soweit es um Verpflichtungen nach § 18 TKG geht, betrifft die Verweisung nach Sinn und Zweck lediglich §§ 27–29 und § 38 (Abs. 2–4) TKG5. Im Unterschied zu den Regelungen in Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und Abs. 4 sieht § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG eine ex post- statt einer ex ante-Kontrolle nur als „Soll“-Bestimmung vor, von der die RegTP/BNetzA überdies nur Gebrauch machen darf (mangels spezifischer Umstände aber auch muss), wenn nicht alle drei der folgenden Voraussetzungen gegeben sind: (1) ein Unternehmen verfügt über beträchtliche Macht auf einem Vorleistungs- und dem betreffenden Endkundenmarkt, (2) das Unternehmen wurde nach altem Recht explizit (nach § 26 TKG 1996)6 oder in der Begründung eines Verwaltungsakts von der RegTP als marktbeherrschend (i. S. v. § 19 GWB) eingestuft,
_______________
1 Scherer, NJW 2004, 3001 (3008 Fn. 86). 2 Vgl. Mitt. Nr. 2/2005 (BK, Beschl. v. 28.12.2004 – 3), ABl. 6, Ziff. 2.3; Mitt. Nr. 178/2005 (BK, Beschl. v. 7.7.2005 – 4d-05-014), ABl. 1145, Ziff. 1, 2; zur alten Rechtslage OVG Münster, Beschl. v. 18.2.2003 – 13 B 2175/02, MMR 2003, 426 (427); dazu, dass diese „ersichtlich … geändert“ werden sollte, s. VG Köln, Beschl. v. 7.6.2005 – 1 L 624/05, CR 2005, 605 (605 f.), mit Anm. Köhler. 3 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 66; Mayen, CR 2005, 21 (25); vgl. Mitt. Nr. 312/ 2004 (BK, Beschl. v. 20.9.2004 – 4d-04-028), ABl. 1496 ff., Ziff. 3: „Die Antragstellerin ist verpflichtet, für die Bereitstellung und Überlassung der Zusammenschaltungsanschlüsse sowie die angeordneten Terminierungsleistungen Entgelte zu bezahlen, über die in einer zweiten Teilentscheidung entschieden wird“; Mitt. Nr. 315/2004 (BK, Beschl. v. 21.9.2004 – 4a-04-037), ABl. 1499, Ziff. 1: „Für die Leistung …, welche die Beigeladene aufgrund der … angeordneten Zusammenschaltung bei der Antragstellerin nachfragt, werden … die folgenden Entgelte angeordnet“; Mitt. 205 – 236/2006 (BK, Beschl. v. 31.5.2006 – 4b-06-009 bis 4d-06037, 4d-06-040, -041), ABl. 1707 ff.; Mitt. Nr. 250/2006 (BK, Beschl. v. 20.6.2006 – 4d-06-044), ABl. 1813. S. a. VG Köln, Beschl. v. 8.11.2004 – 1 L 2921/04, CR 2005, 108 ff. mit krit. Anm. Schuster, sowie zur generellen Teilbarkeit der beiden Anordnungen VG Köln, Beschl. v. 7.6.2005 – 1 L 624/05, CR 2005, 635 (635 f.), mit Anm. Köhler; Beschl. v. 15.3.2006 – 1 L 109/06, CR 2006, 395 (396); krit. Köhler, CR 2006, 92 (97); anders wohl Scherer in: Schulze/Zuleeg (Hrsg.), Europarecht, 2006, § 36 Rz. 82. 4 Dass auf die Verfahrensvorgaben des § 38 TKG nicht verwiesen werde (so BK, Beschl. v. 21.9.2004 – 4a-04/032, bei Nacimiento, K&R 2005, 1 [6]), ist mit dem Gesetzeswortlaut schwerlich vereinbar. Zum Umfang dieser Rechtsgrundverweisung auch VG Köln, Urt. v. 15.9.2005 – 1 K 8432/04, CR 2006, 30 (31). 5 So wohl auch Heun, CR 2004, 893 (903), der einen „Rechtsgrundverweis“ annimmt. 6 Krit. Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 26 TKG Rz. 2.
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I Rz. 98
Entgeltregulierung
(3) eine nachträgliche Regulierung genügt nicht, um die Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2 TKG zu erreichen1. Ob diese Kriterien, vor allem das erste, generell wie im Detail den Anforderungen des EG-Rechts entsprechen, ist zweifelhaft2. 98
Die nachträgliche Regulierung der Entgelte für Zugangsleistungen bestimmt sich nach § 38 TKG; dass eine ex post-Kontrolle erfolgt, ergibt sich aber aus anderen Bestimmungen (auch außerhalb des Vorleistungsbereichs, z. B. § 39 Abs. 2 Hs. 2 TKG). Auf alle vier Absätze des § 38 TKG wird dabei lediglich in § 30 Abs. 3 TKG (Rz. 96) und § 41 Abs. 3 Satz 1 TKG (bei Mietleitungen) verwiesen; ansonsten gelten lediglich Abs. 2–4 direkt oder analog. § 38 TKG „entspricht, mit einigen Modifikationen, § 30 Abs. 2–5 TKG“ 1996“3; weggefallen ist allerdings die sektorspezifische Regelung des § 30 Abs. 1 TKG 1996. Ein Antragsrecht ist (weiterhin) nicht vorgesehen4.
99
Nur aus dem Kontext mit den jeweiligen Vorschriften, die eine nachträgliche Regulierung anordnen, ergibt sich der (eingeschränkte) Anwendungsbereich des § 38 Abs. 1 TKG: Die in Satz 1 statuierte, der Regelung des § 31 Abs. 5 TKG ähnelnde Vorlagepflicht gilt allein in zwei Fällen (Rz. 78) und ermöglicht der RegTP/BNetzA, die Einführung eines Entgelts durch eine Zwischenverfügung aufzuschieben, die binnen zwei Wochen nach Zugang der Anzeige der geplanten Entgeltmaßnahmen erfolgen muss; maßgeblich ist dabei nicht der Zugang dieses Bescheids beim Adressaten, sondern die abschließende Entscheidung (in) der RegTP/BNetzA, d. h. durch die zuständige Beschlusskammer. Satz 2 eröffnet diese Möglichkeit aber nur, wenn ein „offenkundiger“ Verstoß gegen § 28 TKG insgesamt anzunehmen ist, insoweit in größerem Umfang als gem. § 27 Abs. 3 i. V. m. § 24 Abs. 2 Nr. 2, 3 TKG 1996; zeitlich wird das Inkrafttreten zunächst nur bis zum Abschluss der Prüfung verzögert, die freilich in Evidenzfällen kaum im Sinne einer Unbedenklichkeit ausfallen dürfte. Dabei hätte die Verknüpfung mit Abs. 2–4 deutlicher formuliert werden können: Abs. 2 nimmt auch, aber eben nicht nur auf durch eine Vorlage nach Abs. 1 Satz 1 (oder Satz 3) erlangte Tatsachen Bezug, bei deren Kenntnis die RegTP/BNetzA gehalten ist, „unverzüglich“ (§ 121 BGB) nach Erhalt der Information eine (umfassende) Prüfung „einzuleiten“ (Satz 1), dies dem betroffenen Unternehmen schriftlich mitzuteilen (Satz 2) und schließlich innerhalb von zwei Monaten – insoweit kongruent mit dem vorgeschriebenen Zeitraum zwischen Vorlage und ge_______________
1 Die Vorschrift gilt neben § 30 Abs. 3 Satz 2 TKG; das Verhältnis beider Bestimmungen zueinander ist allerdings wenig klar. Nach VG Köln, Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Rz. 59, werde hier eine „optimale Zielerreichung nicht gefordert“. 2 Krit. gegenüber der Voraussetzung einer „doppelten Marktbeherrschung“ in Nr. 1 Ellinghaus, CR 2004, 23 (27); Geppert/Ruhle, CR 2004, 425 (430); s. aber auch Spoerr/Sellmann, N&R 2004, 98 (105 f.). Zum Referentenentwurf Heun, CR 2003, 485 (492); Klotz, MMR 2003, 495 (498 f.); Wegmann, K&R Beil 1/2004, 25 (28 f.). 3 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 70. 4 Krit. Heun, CR 2004, 893 (904).
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Voraussetzungen und Modalitäten der Entgeltregulierung
Rz. 100 I
plantem Inkrafttreten (Abs. 1 Satz 1) – nach Einleitung eine (endgültige) Entscheidung zu treffen (Abs. 3). Ein anderer Fristbeginn liegt im Falle von Abs. 1 Satz 3 vor: Handelt es sich um Entgelte für individuell vereinbarte Leistungen (etwa bei Verträgen, die ein SMP-Unternehmen „nach Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens eingegangen“1 ist), muss über die betreffenden Maßnahmen die RegTP/BNetzA erst unmittelbar nach Vertragsschluss informiert werden; hier ist dann eine echte nachträgliche Kontrolle gegeben, da die Überprüfung bei „positivem Befund“ – Missachtung der Maßstäbe des § 28 TKG – stets auf bestehende Verträge Einfluss nimmt. Beim Überprüfungsverfahren zeigt sich eine deutliche Divergenz gegenüber der ex ante-Kontrolle: Vorrangig ist im Rahmen des § 38 TKG das Vergleichsmarktkonzept, wie bereits die Begründung zum Gesetzesentwurf betont, eine Kostenkontrolle nach § 33 TKG „nachrangig“2. Mit dem Wortlaut des nachträglich eingefügten § 38 Abs. 2 Satz 3 TKG kaum kompatibel ist hingegen die Aussage, es handele sich hier um eine „Klarstellung, dass auch im Rahmen der nachträglichen Entgeltregulierung Kostenprüfungen grundsätzlich möglich sind“3. Im Hinblick auf der RegTP/BNetzA eingeräumte Gegenmaßnahmen verweist die Begründung des Gesetzesentwurfs zutreffend darauf, das bisher „zweistufige“ Verfahren nach § 30 Abs. 4, 5 TKG 1996 habe sich „nicht bewährt und nur zu Verzögerungen geführt“4. § 38 Abs. 4 Satz 1 TKG verzichtet daher auf das früher erforderliche (rechtsverbindliche) Anpassungsgebot und verpflichtet sogleich zum Erlass einer Untersagungsverfügung (in Bezug auf das missbräuchliche Verhalten bei Entgeltverlangen bzw. -erhebung). Daneben trifft die Behörde eine privatrechtsgestaltende Erklärung dahin gehend, die beanstandeten Entgelte seien vom Zeitpunkt der Feststellung unwirksam. Erlangen beide miteinander verbundenen Verwaltungsakte aber erst später, mit ihrer Bekanntgabe (§ 41 VwVfG) gegenüber dem betroffenen Unternehmen, äußere Wirksamkeit, so liegt hier ein Fall von Rückwirkung vor5, zumindest dann, wenn die RegTP/BNetzA nicht gleichzeitig (nach § 38 Abs. 4 Satz 2 TKG) Entgelte anordnet, die den gesetzlichen Maßstäben genügen6; diese Verknüpfung wird auch in der Begründung des Gesetzesentwurfs angedeutet. Freilich hat es auch ansonsten das (SMP-)Unternehmen in der Hand, Einnahmeausfälle zu minimieren, indem es selbst eigene Entgeltvorschläge unterbreitet (Satz 3), die zeitlich lückenlos an das Datum der behördlichen Unwirksamkeitserklärung anschließen. Nur so wird ge_______________
1 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 70. 2 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 70; ebenso BK, Beschl. v. 28.12.2004 – 3d-04/28, N&R 2005, 40 (42), mit Anm. Brandenburg; VG Köln, Urt. v. 15.9.2005 – 1 K 8432/04, CR 2006, 30 (33). 3 BT-Drucks. 15/2679 v. 10.3.2004, 14. 4 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 70. 5 Vgl. bereits Geppert/Ruhle, MMR 2003, 319 (322); Möschel/Haug, MMR 2003, 505 (507); anders offenbar Schütze, CR 2005, 332 (333). 6 Vgl. Thomaschki, K&R Beil 1/2004, 21 (24).
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I Rz. 101
Entgeltregulierung
währleistet, dass nicht (vorübergehend) eine Pflicht zu unentgeltlicher Leistungserbringung besteht, denn es ist nicht völlig klar, ob die Vorschrift in § 38 Abs. 4 Satz 4 TKG zur entsprechenden Anwendung des § 37 TKG sich nur auf Satz 3 oder auch auf Satz 1 bezieht; nur in diesem Fall aber könnte eine Gesamtnichtigkeit des Vertrags nach § 139 BGB angesichts der abweichenden Sonderregelung ausgeschlossen werden (Rz. 89). Entgeltvorschläge werden binnen Monatsfrist auf Vereinbarkeit nur mit § 28 TKG hin kontrolliert; der Maßstab des § 31 TKG spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. 101
Die Bundesregierung ging offenbar davon aus, im Rahmen des § 38 TKG werde es „weniger um Fälle überhöhter Entgelte gehen“ (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TKG), vielmehr „vorwiegend um wettbewerbsbehindernde Dumpingvorwürfe oder diskriminierende Preisgestaltungen“ (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 3 TKG); damit rechtfertigte die Entwurfsbegründung auch die (bis dato nicht vorgesehene) Regelung des § 38 Abs. 4 Satz 2 TKG, um solche Praktiken „zeitnah zu ahnden“1. Nur auf § 28 Abs. 2 Nr. 3 TKG (als Regelbeispiel für einen Missbrauch nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 2) bezieht sich § 38 Abs. 4 Satz 5 TKG; die Gegenmaßnahme muss hier auch eine Anordnung dazu enthalten, in welcher Weise eine Entbündelung zu erfolgen habe2. 5.3 Endnutzerleistungen 5.3.1 Systematik
102
Unterabschnitt 3 des TKG-Teils (2) zur Marktregulierung befasst sich in einer einzigen Vorschrift (§ 39 TKG) mit der Entgeltregulierung „für“ bzw. „bei“ Endnutzerleistungen, d. h. in Bezug auf das Angebot von „Telekommunikationsdiensten“ für „Endnutzer“ (§ 39 Abs. 1 Satz 1 TKG). Die Formulierung insbesondere von Abs. 1 soll dabei verdeutlichen, dass eine Genehmigung von Endkundenentgelten lediglich noch in Ausnahmefällen erfolgen soll, also „letztes Mittel“3, ultima ratio ist. Im Übrigen ähnelt der Aufbau des § 39 TKG dem des § 30 TKG in den teils obligatorischen (Abs. 2, 3 Satz 1), teils lediglich in „Soll“-Form gekleideten Einschränkungen, bei deren Vorliegen nur eine nachträgliche Regulierung zulässig ist; § 39 Abs. 3 Sätze 2–4 TKG gleichen § 38 Abs. 1 TKG; § 39 Abs. 4 TKG schließlich findet zum Teil ein Vorbild in § 23 TKG.
102a
Auch hier ist die Kommission der Auffassung, es stehe in Widerspruch zu Art. 17 UDRL (Rz. 53), dass § 39 TKG keine weiteren Abhilfemaßnahmen _______________
1 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 70. § 38 TKG verweist ausschließlich auf die Maßstäbe des § 28 TKG (Spoerr/Sellmann, N&R 2004, 98 [105]; Schütze, CR 2005, 332 [333]). 2 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 67. 3 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 70; s. bereits Koenig/Winkler, TKMR 2003, 171 (174 ff.); zum Regel-Ausnahme-Verhältnis auch VG Köln, Urt. v. 26.1.2006 – 1 K 266/05, CR 2006, 402 (404).
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Voraussetzungen und Modalitäten der Entgeltregulierung
Rz. 104 I
vorsehe, und zudem werde durch diese Vorschrift der Spielraum der Regulierungsbehörde bei der Entgeltregulierung im konkreten Einzelfall unzulässig verkürzt1. 5.3.2 ex ante-Kontrolle Anders als bei § 31 Abs. 1 TKG (Rz. 70) gibt es bei Entgelten für Endnutzerleistungen keinen Fall, in dem eine Genehmigungspflicht unmittelbar kraft Gesetzes besteht oder zumindest bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen von der RegTP/BNetzA installiert werden müsste. Vielmehr räumt § 39 Abs. 1 S. 1 TKG der Behörde insoweit Ermessen (§ 40 VwVfG) ein2. Davon darf (und muss) sie allerdings erst Gebrauch machen, wenn konkrete Tatsachen die Annahme rechtfertigen, andere Mittel würden nicht in gleicher Weise zur Erfüllung der Regulierungsziele des § 2 Abs. 2 TKG führen können, und Adressat einer solchen ex ante-Regulierung sind stets nur Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht bezüglich des Angebots von Telekommunikationsdiensten für Endnutzer. Bei der insoweit anzustellenden Prognose sind die (mutmaßlichen) Wirkungen anderer, vorrangiger Verpflichtungen zu beurteilen; sowohl solcher „im Zugangsbereich“, d. h. im Hinblick auf eine „Zugangsgewährungspflicht an sich“3, als auch bei der Entgeltregulierung nach dem 2. Unterabschnitt. Aber auch „sonstige“ Verpflichtungen nach § 40 TKG dürfen aus Sicht der Behörde nicht oder nur in geringerem Maße dazu taugen, die gesetzlich aufgegebenen Ziele zu erreichen. Selbst wenn aber eine derartige Einschätzung gerechtfertigt ist, wird die Ausgestaltung der zulässigen Regulierung durch § 39 Abs. 1 Satz 4 TKG vorgegeben, der es untersagt, bei der Entscheidung für ein price cap-Verfahren (Rz. 81 f.) Entgelte für Endnutzerleistungen mit solchen für Zugangsleistungen in einem einzigen Korb zusammenzufassen. Zudem konkretisiert § 39 Abs. 1 Satz 2 TKG das Prinzip der Verhältnismäßigkeit, indem eine (ansonsten legitime) Genehmigungspflicht gegenständlich auf diejenigen (Endkunden-)Märkte beschränkt werden „soll“, „auf denen in absehbarer Zeit nicht mit der Entstehung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes zu rechnen ist“.
103
Liegen die Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 Satz 1 TKG vor (und greift auch die Ausnahme nach Abs. 2 nicht ein), ordnet § 39 Abs. 1 Satz 3 TKG eine entsprechende Geltung der §§ 31–37 TKG an. Ist in diesen Bestimmungen also von „Zugangsleistungen“ oder -„diensten“ die Rede, muss an Stelle dieser Termini der Begriffe „Endnutzerleistungen“ gesetzt werden. Davon abgesehen, gelten aber alle in Bezug genommenen Vorschriften uneingeschränkt, und darüber hinaus die „allgemeinen“ Regelungen des §§ 27–29 TKG. Von der Verweisungskette ausgenommen bleibt allein § 30 TKG.
104
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1 Vgl. Scherer in: Schulze/Zuleeg (Hrsg.), Europarecht, 2006, § 36 Rz. 105. 2 Vgl. VG Köln, Urt. v. 14.10.2004 – 1 K 6635/01; v. 4.11.2004 – 1 K 7854/01, bei Nacimiento, K&R 2005, 1 (4 f.); krit. Schütz, MMR 2003, 518 (521). 3 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 70.
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I Rz. 105
Entgeltregulierung
5.3.3 ex post-Kontrolle 105
Das Gegenstück zu § 39 Abs. 1 Satz 1 TKG bildet § 39 Abs. 3 Satz 1 TKG; wenn und soweit für Endnutzerleistungen keine Genehmigungspflicht begründet ist, findet immer, aber auch nur dann eine ex post-Kontrolle nach § 38 Abs. 2–4 TKG statt, wenn Entgelte von einem marktmächtigen Anbieter von Telekommunikationsdiensten erhoben werden; auch hier bedeutet die „entsprechende“ Anwendung des § 38 TKG lediglich, dass dort „Endnutzer“- statt „Zugangsleistungen“ einzusetzen ist.
106
Einen Sonderfall nachträglicher Regulierung von Endnutzerleistungen (mit denselben Rechtsfolgen wie bei Abs. 3 Satz 1) normiert § 39 Abs. 2 TKG, der sich auf bestimmte – nicht alle – Universaldienstleistungen i. S. v. § 78 TKG bezieht. Hierfür sieht bereits § 78 Abs. 1 TKG (wie früher § 17 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996) einen „erschwinglichen Preis“ vor, der dann in § 79 TKG (bisher: § 2 TUDLV) näher konkretisiert wird. § 39 Abs. 2 TKG führt dabei lediglich Nr. 3 (Verfügbarkeit mindestens eines umfassenden, öffentlichen Telefonauskunftsdienstes) und Nr. 4 (flächendeckende Bereitstellung von öffentlichen Münz- oder Kartentelefonen1) des § 78 Abs. 2 TKG an, nicht auch Nr. 2 (Verfügbarkeit mindestens eines von der RegTP/BNetzA gebilligten gedruckten öffentlichen Teilnehmerverzeichnisses), obwohl die letztgenannte Leistung ebenfalls gem. § 79 Abs. 2 TKG als erschwinglich gilt, „wenn die Entgelte den Maßstäben des § 28 (TKG) entsprechen“2. Auch wenn sich für alle drei Universaldienstleistungen der „alte“ Maßstab der Erschwinglichkeit, der sich an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung orientierte (§ 2 Abs. 2 i. V. m. § 1 Nr. 2 TUDLV), gewandelt hat, erschließt sich die unterschiedliche Behandlung bei der Entgeltkontrolle nicht ohne weiteres; die Differenzierung ist überdies nicht durch Vorgaben der UDRL (Rz. 53 ff.) aufgegeben.
107
§ 39 Abs. 4 TKG verknüpft für Unternehmen, die nicht nur auf einem Endkundenmarkt über erhebliche Marktmacht verfügen, sondern auch nach § 21 TKG Zugang zu einer entsprechenden Zugangs-Vorleistung gewähren müssen, die Entgelte auf beiden Ebenen miteinander für den Fall, dass die Zugangsleistung auch Bestandteile enthält, die „gleichermaßen“ für ein Angebot auf dem Endkundenmarkt wesentlich sind: Mit der Vorlage der beabsichtigten Entgeltmaßnahmen im Endnutzerbereich (nach § 39 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 31 Abs. 5 TKG oder nach § 39 Abs. 3 Satz 2 TKG3) muss ein sol-
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1 Zur ex post-Regulierung des „payphone access charge“ nach § 25 Abs. 2 TKG 1996 s. VG Köln, Beschl. v. 18.11.2002 – 1 L 2154/02, MMR 2003, 211 f.; OVG Münster, Beschl. v. 12.6.2003 – 13 B 2407/03, MMR 2003, 615 (616), K&R 2003, 477 (478); Nacimiento, K&R 2003, 582 (589 f.). 2 Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 85. 3 Zur Systematik der Regulierungsinstrumente des § 39 TKG auch VG Köln, Urt. v. 26.1.2006 – 1 K 266/05, CR 2006, 402 (403); Scherer, NJW 2006, 2016 (2019 f.).
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Voraussetzungen und Modalitäten der Entgeltregulierung
Rz. 109 I
ches Unternehmen zugleich ein Angebot für die Vorleistung unterbreiten1, das „insbesondere“ – also nicht nur – den Vorgaben des § 28 TKG genügt; dies bezieht sich also auch und gerade auf die für dieses Angebot geforderte monetäre Gegenleistung (§ 39 Abs. 4 Satz 1 TKG)2. Wird ein solches zweites Angebot nicht vorgelegt, ermächtigt § 39 Abs. 4 Satz 2 TKG die RegTP/ BNetzA, die Forderung des Endkundenentgelts ohne weitere Prüfung zu untersagen; ist es hingegen lediglich unvollständig oder entspricht es nicht den sich hierfür aus § 28 (und § 31) TKG ergebenden Anforderungen, so muss eben dies erst einmal festgestellt werden, so dass § 39 Abs. 4 Satz 2 TKG diese Fallgestaltungen nicht erfasst. 5.4 Weitere Fälle von Entgelt-Kontrollen 5.4.1 Entgelte für Betreiberaus- und -vorauswahl § 40 Abs. 1 S. 5 TKG unterwirft „etwaige“ Endnutzerentgelte von Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht im Hinblick auf die Bereitstellung des Anschlusses an das öffentliche Telefonnetz und dessen Nutzung an festen Standorten einer nachträglichen Regulierung nach Maßgabe des § 38 Abs. 2–4 TKG, wenn diese Unternehmen durch die RegTP/BNetzA zu Zugangsgewährung (und Zusammenschaltung) verpflichtet wurden (Sätze 1, 4)3; die Regelung gilt also nicht, wenn Entgelte zwischen Zusammenschaltungspartnern ausgehandelt werden4, erfasst andererseits „call by call“- und „preselection“-Angebote im Fern- wie im Ortsnetzbereich. Die Vorgängerregelung (§ 43 Abs. 6 TKG 1996 i. d. F. v. 20025) enthielt noch keine Aussage zu (Endkunden-)Entgelten.
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5.4.2 Entgelte für Mietleitungen Bezüglich der Entgeltregulierung bei Mietleitungen gelten für SMP-Unternehmen, denen insoweit die Bereitstellung eines Mindestangebots auferlegt ist, die §§ 27–39 TKG unmittelbar und uneingeschränkt (§ 41 Abs. 3 Satz 1 TKG). Damit muss auch hier zwischen Zugangs- und Endnutzerleistungen sowie zwischen ex ante- und ex post-Regulierung unterschieden werden. Das in § 41 Abs. 2 TKG formulierte Transparenzangebot umfasst auch Tarife; _______________
1 Damit Wettbewerber ebenfalls rasch ein eigenes Endkundenprodukt anbieten können, ohne das Vorleistungsangebot erst erstreiten zu müssen; vgl. Scherer, NJW 2004, 3001 (3008). 2 Vgl. Holznagel/Hombergs/Rosengarten, K&R 2004, 505 (512 f.). 3 Auch hier stößt das „Soll“-Kriterium nach § 40 Abs. 2 S. 1, 2 TKG auf gemeinschaftsrechtliche Bedenken; vgl. Scherer in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, 2006, § 36 Rz. 109. 4 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 71. 5 Änderungsgesetz v. 21.10.2002, BGBl. I, 4186; vgl. Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 442 f.; dazu auch VG Köln, Urt. v. 3.11.2005 – 1 K 3251/03, 1 K 3291/03, CR 2006, 244 ff., 246 ff.
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I Rz. 110
Entgeltregulierung
verpflichtet zur Veröffentlichung sind hier aber, anders als nach § 35 Abs. 6 TKG (dort: RegTP/BNetzA), die bereitstellungspflichtigen Unternehmen1. 5.4.3 Entgelte beim Wechsel von Rufnummern 110
§ 46 Abs. 3 Satz 3 TKG unterwirft – sprachlich ähnlich wie § 40 Abs. 1 Satz 5 TKG – „etwaige“ den „Teilnehmern“ oder Diensteanbietern in Rechnung gestellte einmalige Kosten für den Wechsel der „Rufnummer“ (§ 3 Nr. 18 TKG) der ex post-Kontrolle „nach Maßgabe“ des § 38 Abs. 2–4 TKG2. Reguliert wird das vom Betreiber öffentlich zugänglicher Telefonnetze (§ 3 Nr. 16, 17 TKG) dem Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit oder von diesem dem Teilnehmer berechnete Entgelt, das strikt kostenorientiert sein muss. An eine beträchtliche Marktmacht knüpft § 46 TKG nicht an3; klarer wäre es daher gewesen, eine „entsprechende“ Anwendung des § 38 TKG anzuordnen. 5.4.4 Entgelte für Überlassung von Teilnehmerdaten
111
Ebenso wie im Fall von § 46 TKG (Portabilität, Rz. 110) sinnt auch § 47 TKG bestimmten Unternehmen an – hier solchen, die Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringen und Rufnummern an Endnutzer vergeben –, eine bestimmte Leistung – Zur Verfügung Stellen von Teilnehmerdaten (i. S. v. § 47 Abs. 2 TKG) – jedem (Unternehmen) gegenüber zu erbringen, der dies (für bestimmte Zwecke) nachfragt (§ 47 Abs. 1 Satz 1 TKG). Diese Verpflichtung ist aber auch nach § 47 TKG nicht auf eigene Kosten zu erfüllen; vielmehr darf das überlassende Unternehmen hierfür ein Entgelt erheben. Dabei kommt (ausnahmsweise) auch eine Genehmigungspflicht nach § 31 TKG, „in der Regel“ allerdings nur eine nachträgliche Regulierung in Betracht (§ 47 Abs. 4 TKG)4. Trotz der vagen Bezugnahme mittels „nach (Maßgabe des)“ ist auch für beide Fälle hier eine Rechtsfolgeverweisung anzunehmen5. Wenn § 47 Abs. 4 Satz 2 TKG als „Soll“-Anforderung an die Einführung einer Genehmigungspflicht beträchtliche Marktmacht des Unternehmens auf dem Markt für Endnutzerleistungen verlangt, enthält dies eine andere, spezielle Voraussetzung als die generell in § 31 TKG verlangte (wo an § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG angeknüpft wird). _______________
1 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 71. 2 Bezug nehmend auf Art. 30 Abs. 2, 3 UDRL (Rz. 58); s. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 72. 3 Vgl. Mitt. Nr. 305/2004 (BK, Beschl. v. 29.9.2004 – 3c-04/018), ABl. 1459; Nacimiento, K&R 2005, 1 (6 f.); RegTP-Jahresbericht 2004, 124. 4 Damit wird zugleich die Zuständigkeit der RegTP/BNetzA (und nicht des Bundeskartellamts) klargestellt; vgl. Heun, CR 2003, 485 (492); krit. zur fehlenden Mitwirkung dieser Behörde (nach § 123 TKG) Heun, CR 2004, 893 (896). S. a. RegTPJahresbericht 2003, 106; BT-Drucks. 15/2220 v. 9.12.2003, 53 f. 5 So BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 72.
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Voraussetzungen und Modalitäten der Entgeltregulierung
Rz. 112 I
Für Entgelte der DTAG für die Überlassung von Teilnehmerdaten im Wege der Offline-Nutzung entschied die BNetzA im Rahmen einer ex post-Kontrolle, soweit diese bestimmte Obergrenzen überstiegen, seien sie missbräuchlich und genügten nicht den Maßstäben des § 28 TKG; daher wurde dem Unternehmen untersagt, höhere Entgelte zu fordern oder zu vereinbaren, und zudem wurden diese insoweit ab Zeitpunkt der Entscheidung für unwirksam erklärt1.
111a
5.5 Sonderfragen 5.5.1 Beurteilungsspielräume der Regulierungsbehörde Bereits die in TKG 1996 und TEntgV verwendeten Maßstäbe waren nicht (durchweg) so exakt, dass es nur eine einzige richtige Entscheidung geben konnte. Schon der „alte“ Gesetzgeber hatte damit der Regulierungsbehörde in zulässiger Weise (neue) Beurteilungsspielräume2 zugewiesen, deren gerichtliche Überprüfung entsprechend § 114 VwGO eingeschränkt ist3. Eine Mehrzahl gleichermaßen vertretbarer und damit rechtmäßiger Lösungen kann es auch nach neuem Recht etwa bei der Korbbildung beim price cap (§ 34 Abs. 1 TKG; früher § 1 Abs. 2 TEntgV), der Zuordnung von Gemeinkosten (§ 33 Abs. 2 Satz 1 TKG), der Kosten-Ermittlungsmethode (§ 33 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 TKG), der Abschreibungsdauer, der angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals (§ 31 Abs. 4 TKG) oder auch bei der Bestimmung der Produktivitätsfortschrittsrate (§ 34 Abs. 3 Nr. 2 TKG) geben. Obgleich die bloße „Orientierung“ (§ 24 Abs. 1 Satz 1 TKG 1996, § 3 Abs. 1 TEntgV) an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung entfallen ist, bleibt es doch dabei, dass dieser Maßstab selbst durch eine Mehrzahl (überaus) unbestimmter Rechtsbegriffe umschrieben wird und ebenso vage („in begründeten Einzelfällen“, § 31 Abs. 1 TKG) normiert ist, wann stattdessen auf das Vergleichsmarktprinzip rekurriert werden darf. Auch die für jede Entgeltregulierung notwendige Entscheidung durch quasi-richterliche Beschlusskammern mit spezifischer Eignung der Mitglieder ist ein starkes Indiz für eine bewusste Verringerung gerichtlicher Kontrolldichte. Schließlich ergibt sich aus § 10 Abs. 2 Satz 2 TKG kein Umkehrschluss dahingehend, dass allein bei der Marktdefinition im Hinblick auf die Zuständig_______________
1 Mitt. Nr. 203/2005 (BK, Beschl. v. 17.8.2005 – 3c-05/036), ABl. 1222. 2 Vgl. Gramlich, Beurteilungsspielräume im Wirtschaftsverwaltungsrecht (Dez. 1998) in: Bunte/Stober (Hrsg.), Lexikon des Rechts der Wirtschaft B 760, 1 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Aufl. 2004, § 7 Rz. 31 ff., insb. Rz. 45, 62. 3 Ebenso Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 24 Rz. 8 ff.; Ladeur, K&R 1998, 479 (479); Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 231 f. (zum price cap-Verfahren); VG Köln, Beschl. v. 24.1.2002 – 1 L 2574/01, MMR 2002, 266 (267) mit. (zust.) Anm. Neumann/Peya; wohl auch Ossenbühl, ArchPT 1996, 207 (235); anders Großkopf/ Rittgen, CR 1998, 86 (93 f.).
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I Rz. 113
Entgeltregulierung
keit der „Präsidentenkammer“ (Rz. 61) ein solcher Spielraum bestehe1. Zwar ist die Begründung des Gesetzesentwurfs wohl in diesem Sinne zu verstehen, die dort angeführten Elemente Prognoseentscheidung, wertender Inhalt und umfassende Beteiligung der Betroffenen2 sind aber (mit Einschränkungen bei dem zuletzt genannten) auch bei der Entgeltregulierung vielfach wesentlich3.
5.5.2 Umgang mit Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen 113
Sind an einem Beschlusskammer-Verfahren außer dem Antragsteller weitere Personen bzw. Unternehmen beteiligt (§ 134 Abs. 2 Nr. 2, 3 TKG), ist die Regulierungsbehörde diesen gegenüber zur Gewährung von Akteneinsicht nicht verpflichtet, soweit die Vorgänge wegen der berechtigten Interessen des beteiligten Antragstellers geheim gehalten werden müssen (§ 29 Abs. 2 VwVfG). Dieser hat gem. § 30 VwVfG Anspruch darauf, dass seine (technischen) Betriebs- und (ökonomischen) Geschäftsgeheimnisse nicht unbefugt offenbart werden. Soweit der Antragsteller nicht mit einer Preisgabe solcher Informationen einverstanden ist, muss eine Abwägung mit dem Anspruch auch der anderen Beteiligten auf rechtliches Gehör (§ 135 Abs. 1 TKG) erfolgen4.
114
Dem Vorbild des 2002 als § 75a Abs. 1 TKG 1996 in das „alte“ Gesetz eingefügten Regelung5 folgt nunmehr § 136 TKG: „Unverzüglich“ (§ 121 BGB) nach der Vorlage von Unterlagen im Rahmen eines Beschlusskammerverfahrens müssen alle „Beteiligten“ (§ 134 Abs. 2 TKG) diejenigen Teile ihrer
_______________
1 So aber von Danwitz, DöV 2004, 977 (982, 983); VG Köln, Urt. v. 8.3.2007 – 1 K 3918/06, Rz. 60; generell krit. Wegmann, K&R Beil. 1/2004, 25 (26 f.); Helmes, CR 2006, 583 (584 ff.); ferner Köhler, CR 2006, 92 (97 f.). 2 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 61. 3 Ebenso Holznagel, MMR 2003, 513 (517); Spoerr/Sellmann, N&R 2004, 98 (98 f.); Ellinghaus, MMR 2004, 293 (296 f.); Scherer, K&R 2002, 329 (345 f.) und NJW 2006, 2016 (2019); BK, Beschl. v. 28.4.2005 – 4a/b-05-004, N&R 2005, 122 (124); differenzierend Mayen, CR 2005, 21 (23 f.) und DöV 2004, 45 (54); anders (zum TKG 1996) von Danwitz, DVBl. 2003, 1405 (1412 ff.); ferner Ladeur/Möllers, DVBl. 2005, 525 (532 ff.); Kind/Geppert/Schütze/Schulze zur Wiesche, MMR Beil. 12/2003, 3 (13 f.); Storr, DVBl. 2006, 1017 (1021 f.); Burgi, NJW 2006, 2439 (2444). 4 Vgl. BK, Beschl. v. 15.6.1998 – 2b-98/001, K&R 1998, 545 (547); BK, Beschl. v. 8.2.1999 – 4e-98-024, K&R 1999, 471 (471 f.); Tschentscher/Neumann, BB 1997, 2437 (2440 f.); OVG Münster, Beschl. v. 12.5.1999 – 13 B 632/99, MMR 1999, 553 ff.; dazu Mayen, MMR 2000, 117 ff.; Zwach, RTKom 1999, 176 f.; VG Köln, Beschl. v. 18.3.1999 – 1 L 476/99 – und v. 14.12.1999 – 1 L 2688/99, unveröffentlicht. 5 Durch Art. 18 Nr. 3 des post- und telekommunikationsrechtlichen Bereinigungsgesetzes v. 7.5.2002, BGBl. I, 1529; dazu BT-Drucks. 14/7921 v. 20.12.2001, 17; Ellinghaus, MMR 2003, 91 (91 f.); Wissmann/Klümper, K&R 2003, 52 (56 f.); Kind/Geppert/Schütze/Schulze zur Wiesche, MMR Beil. 12/2003, 3 (21 ff.).
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Voraussetzungen und Modalitäten der Entgeltregulierung
Rz. 115a I
Vorlagen kennzeichnen, die Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse1 enthalten (§ 136 Satz 1 TKG). Neben der „geschwärzten“ ist dann stets eine weitere, „ungeschwärzte“ Fassung einzureichen, die aus Sicht des je betroffenen Beteiligten ohne Preisgabe von Geheimnissen (von anderen Beteiligten) eingesehen werden kann (Satz 2); erfolgt dies nicht, darf die Kammer regelmäßig von fehlender Geheimhaltungsbedürftigkeit ausgehen (Satz 3). Letztlich ist in diesem Verfahrensabschnitt aber nicht die Sicht des Vorlegenden, sondern die der Beschlusskammer maßgeblich (Satz 4). Für den Verwaltungsgerichtsprozess bringt § 138 TKG eine Ergänzung. Grundsätzlich ist hier die RegTP/BNetzA (auch) zur Vorlage von Urkunden, Akten und anderen Dokumenten verpflichtet (§ 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO), und diese können dann nach § 100 Abs. 1 VwGO von den am Prozess Beteiligten, auch den Beigeladenen, eingesehen werden. Die RegTP/BNetzA kann aber nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO i. V. m. § 138 Abs. 1 Satz 2 TKG eine Vorlage u. a. dann verweigern, wenn Vorgänge „nach einem Gesetz … geheim gehalten werden müssen“2. Da in telekommunikationsrechtlichen Streitigkeiten die Geheimhaltung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen (wirtschaftlichen Konkurrenten gegenüber) einen „zentralen Streitpunkt“ bildet, das hierfür in § 99 Abs. 2 VwGO allgemein vorgesehene Procedere aber „häufig verfahrensverzögernd“3 wirkt, trifft § 138 Abs. 2–4 TKG insoweit eine bereichsspezifische Sonderregelung4.
115
Insoweit hat das BVerfG im Frühjahr 2006 über eine Verfassungsbeschwerde der DTAG entschieden, bei der die zugrunde liegenden Entscheidungen noch das Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 75a TKG 1996 (Rz. 114) betrafen. Jedoch sprach das Gericht dabei auch mehrfach die Rechtslage nach § 138 TKG an. Im Zuge der Entgeltgenehmigung sei „eine Konfliktlage in einem mehrpoligen Rechtsverhältnis zu bewältigen. An ihm sind beteiligt: (1) der Staat in Gestalt der Genehmigungsbehörde, (2) die Wettbewerber als potentiell zur Entgeltzahlung Verpflichtete mit ihrem Interesse an effektivem Rechtsschutz bei der Überprüfung der Entgelthöhe, die ihrerseits auf ihre Berufsausübung zurückwirkt, und (3) die DTAG „als Trägerin der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Betriebs- und Geschäfts-
115a
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1 Vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 24.1.2003 – 14 PS 1/02, NVwZ 2003, 629 f.; von Danwitz, DVBl. 2005, 597 (598); BVerfG, Urt. v. 14.3.2006 – 1 BvR 2087/03, 2111/03, MMR 2006, 375 ff., Rz. 87. 2 Vgl. Ohlenburg, NVwZ 2005, 15 (16 f.); BVerwG, Beschl. v. 15.8.2003 – 20 F 9.03, CR 2003, 813 ff.; Nacimiento, K&R 2003, 582 (592 f.); VG Köln, Urt. v. 31.7.2003 – 1 K 1246/02, CR 2003, 831 (835 f.) mit Anm. Heisz; BVerwG, Beschl. v. 15.8.2003 – 20 F 9/03, NVwZ 2004, 745 ff.; BVerfG, Beschl. v. 5.2.2004 – 1 BvR 2087, 2111/03, CR 2004, 431 ff. mit Anm. Schütze; Nacimiento, K&R 2005, 1 (12); ferner Roth, NVwZ 2003, 544 ff.; von Danwitz, DVBl. 2005, 597 ff. 3 BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 102. 4 Vgl. Holznagel, MMR 2003, 513 (516); Gurlit, K&R Beil. 1/2004, 32 (37 f.); Ohlenburg, NVwZ 2005, 15 (17 f.); Scherer, NJW 2004, 3001 (3010); BVerwG, Beschl. v. 4.1.2005 – 6 B 59.04, CR 2005, 194 ff., N&R 2005, 77 ff. mit Anm. Gurlit.
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Entgeltregulierung
geheimnisse sowie als Berechtigte zur Entgelterhebung mit einem Interesse an effektivem Rechtsschutz als Beigeladene im Streit um die Entgeltgenehmigung“1. Jedoch habe der Gesetzgeber „keinen Lösungsweg bereitgestellt, der stets die Verwirklichung der gegenläufigen Interessen in diesem mehrpoligen Rechtsverhältnis sichert“. Da er den Fachbehörden und -gerichten keine näheren Abwägungskriterien vorgegeben habe, müsse „die Darstellung der die Abwägung leitenden Gesichtspunkte in der gerichtlichen Entscheidung einen wesentlichen Beitrag zur Konkretisierung des Abwägungsprogramms, zur Rationalisierung des Abwägungsvorgangs und zur Sicherung der Richtigkeit des Entscheidungsergebnisses“ leisten2. Zwar könne ein „in camera“-Verfahren in der Hauptsache den Schutz der Berufsgeheimnisse „vollständig sichern und würde ebenfalls eine gerichtliche Überprüfung der Entgeltfestsetzung anhand aller Unterlagen ermöglichen“3; auch § 138 TKG schwäche jedoch die Grenzziehung zwischen Zwischenund Hauptsacheverfahren zwar ab, hebe sie aber nicht auf. Allerdings sei es „nicht ausgeschlossen“, dass auf der Grundlage der §§ 99 Abs. 2, 100 Abs. 1 und 108 Abs. 2 VwGO „praktische Konkordanz zwischen den kollidierenden Rechtsgütern durch Abwägung hergestellt werden“ könne, ob also „Geheimnisschutz auch angesichts des Interesses an effektivem Rechtsschutz, insbesondere an rechtlichem Gehör, zu gewähren ist“4. Für die Praxis wäre freilich die im Sondervotum geforderte Nachbesserung seitens des Gesetzgebers5 die bessere Lösung (gewesen)6. Zudem dürfte die Auffassung des BVerfG nicht ohne weiteres mit der Auslegung der Art. 4, 5 RRL vereinbar sein, die der EuGH7 für richtig erachtet8. 5.5.3 Entgeltregulierung und besondere Missbrauchsaufsicht 116
Die Generalklausel des § 42 TKG, die auf die Regelung des § 33 TKG 1996 aufsetzt, gilt für jegliches missbräuchliche Verhalten marktmächtiger Unternehmen, auch im Endnutzerbereich9. Sie bezieht sich nicht nur auf Betreiber öffentlicher „Telekommunikationsnetze“ (§ 3 Nr. 27 TKG) und Anbieter von Telekommunikationsdiensten, sondern erfasst auch Angebot und Erbringen von bestimmten Universaldienstleistungen (nach § 78 Abs. 2 Nr. 3, 4 TKG) sowie „telekommunikationsgestützter Dienste“ (§ 3 Nr. 25
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1 2 3 4 5 6 7 8 9
BVerfG, Urt. v. 14.3.2006 – 1 BvR 2087/03, 2111/03, MMR 2006, 375 ff., Rz. 94. BVerfG, Urt. v. 14.3.2006 – 1 BvR 2087/03, 2111/03, MMR 2006, 375 ff., Rz. 101 f. BVerfG, Urt. v. 14.3.2006 – 1 BvR 2087/03, 2111/03, MMR 2006, 375 ff., Rz. 112. BVerfG, Urt. v. 14.3.2006 – 1 BvR 2087/03, 2111/03, MMR 2006, 375 ff., Rz. 114. BVerfG, Urt. v. 14.3.2006 – 1 BvR 2087/03, 2111/03, MMR 2006, 375 ff., Rz. 144 ff., insbes. Rz. 166. Ähnlich Dietlein/Brandenberg, N&R 2006, 95 (98 ff.); Sachs, JuS 2006, 837 (839 f.). EuGH, Urt. v. 13.7.2006 – Rs. C-438/04 (Mobistar), CR 2006, 669 (670 f.). Schütze, CR 2006, 665 (667 ff.). Vgl. BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 71.
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TKG)1. Von Vorschriften zur Entgeltregulierung wird sie zwar partiell sowohl inhaltlich wie im Hinblick auf die betroffenen Personen/Unternehmen überlagert, aber nicht gänzlich verdrängt2. Im Rahmen der besonderen Missbrauchsaufsicht wurde daher entschieden, die DTAG als Betroffene müsse der Beschwerdeführerin für Verbindungen zu gebührenfreien 0800er Rufnummern ein Entgelt entsprechend der in Zusammenschaltungsvereinbarungen enthaltenen Entgelthöhe auszahlen, dürfe sonstige Entgelte auf Grund „vorbereitender Maßnahmen“ nicht erheben (müsse vielmehr die hierfür anfallenden Kosten selbst tragen); der Betroffenen wurde auch verboten, „eine Handling fee und einen Forderungsausfall einzubehalten“ und „eine Kostentragung für die (Payphone)A(ccess)C(harge)Auszahlung an die Abnahme von Verbindungsleistungen (Preselection-Ausschluss) zu koppeln“3. Ein im Oktober 2004 auf mehrere Anträge hin und von Amts wegen eingeleitetes Verfahren gem. § 42 TKG „im Rahmen einer nicht diskriminierungsfreien Behandlung von Telekommunikationsdiensteanbietern, die als Endkunden AGB-Produkte zu Endnutzerpreisen beziehen“4, endete mit der Verpflichtung der DTAG, nicht nur den jeweiligen Antragstellern, sondern allen „Telekommunikationsdiensteanbietern weiterhin analoge Telefonanschlüsse und ISDN-Anschlüsse entsprechend denjenigen Bedingungen, wie sie in ihren derzeit geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen Telefondienst i. V. m. den ‚Zusätzlichen Bedingungen für Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit’ geregelt sind, zu überlassen, ohne dass dies von dem vorherigen Abschluss einer ‚Duldungsvereinbarung’ abhängig gemacht wird“5. 5.6 (Neue) Regulierungspraxis Die Entgeltregulierung nach dem neuen TKG begann zwar unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesetzes, im Hinblick auf die Übergangsregelungen des europäischen wie des nationalen Rechts (Rz. 37, 52, 55) zeigt sich der Wandel aber erst allmählich. Wenig Klarheit besteht vorerst auch darüber, inwieweit auf der Grundlage des TKG 1996 gewonnene Erfahrungen und Erkenntnisse auf die aktuelle Rechtslage übertragen werden können. Eine erste auf § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG gestützte Entgeltgenehmigung erging Ende _______________
1 Insoweit krit. Heun, CR 2004, 893 (906); vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 8.6.2006 – 6 B 22/06, NVwZ 2006, 1073 f. 2 Vgl. Knauth/Krüger, MMR Beil. 1/2004, 3 (6); ähnlich Spoerr/Sellmann, N&R 2004, 98 (106 f.); wohl auch Scherer, NJW 2004, 3001 (3008 Fn. 94). 3 Mitt. Nr. 142/2005 (BK, Beschl. v. 25.5.2005 – 2c 04/003), ABl. 949. 4 Vgl. Mitt. Nr. 332/2004 (BK, Beschl. v. 8.10.1004 – 2a-04/028), ABl. 1507; RegTPJahresbericht 2004, 121 f. 5 Mitt. Nr. 289/2005 (BK, Beschl. v. 11.11.2005 – 2a 04/028), ABl. 1870; Mitt. Nr. 290 – 293/2005 (BK, Beschl. v. 15.11.2005 – 2a 04/040 – 043), ABl. 1870 f.
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Entgeltregulierung
September 2004 (zu T-DSL ZISP Basic)1. Durchweg werden Genehmigungen befristet und nur unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt, „dass nach dem Ergebnis einer Marktanalyse (§§ 11 ff. TKG) die Antragstellerin auf dem relevanten Markt nicht über eine beträchtliche Marktmacht verfügt oder ihr trotz einer beträchtlichen Marktmacht keine Verpflichtung nach § 21 TKG auferlegt wird“2. Anordnungen nach § 25 (Abs. 5, 6) TKG wurde ein Widerrufsvorbehalt dergestalt beigefügt, dass „die betroffenen Entgelte der Antragsgegnerin nach dem Ergebnis einer nach §§ 11 ff. TKG durchgeführten Marktanalyse gemäß §§ 13, 30 Abs. 1 S. 1 TKG der Entgeltgenehmigung nach Maßgabe des § 31 TKG unterworfen werden“3. Eine auf § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG gestützte „Auflage“ gegenüber der DTAG, anderen Unternehmen bis zum Erlass einer entsprechenden Regulierungsverfügung (§ 13 TKG) für die Märkte 13 und 14 „Zugang zu denjenigen Übertragungswegen zu gewähren, deren Entgelte und entgeltrelevante Bestandteile der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 25 TKG (1996) der Genehmigungspflicht unterlegen haben“4, wurde vom VG Köln5 für ermessensfehlerhaft erachtet. Ebenfalls aufgrund des § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG wurde der DTAG eine Anzeigepflicht auferlegt, bestimmte Entgelte für Endnutzerleistungen nach § 39 Abs. 3 Satz 2 TKG anzuzeigen6. Für eine (auch) auf § 150 TKG gestützte Entscheidung vom August 20047 setzte die Beschlusskammer hernach auf Antrag der DTAG gem. § 80 Abs. 4 VwGO die Vollziehung aus8. Wie schon früher (Rz. 87) erfolgt auch eine Ablehnung eines auf Feststellung der nicht bestehenden Genehmigungspflicht zielenden Hauptantrags verbunden mit der Billigung des eine Genehmigung9 erstrebenden _______________
1 Vgl. Mitt. Nr. 331/2004 (BK, Beschl. v. 29.9.2004 – 3b-04/019), ABl. 1507; zum Antrag der DTAG v. 22.7.2004 s. Mitt. Nr. 249/2004, ABl. 932 ff.; vgl. Nacimiento, K&R 2005, 1 (5); RegTP-Jahresbericht 2004, 123. 2 Vgl. z. B. Mitt. Nr. 363/2004 (BK, Beschl. v. 28.10.2004 – 4b-04-056), ABl. 1552 ff., Ziff. 3, 4 (berichtigt durch Mitt. Nr. 19/2005 [BK, Beschl. v. 3.12.2004 – 4b-04-056], ABl. 76; Mitt. Nr. 393/2004 (BK, Beschl. v. 30.11.2004 – 4d-04-069), ABl. 1809 f., Ziff. 2, 3; Mitt. Nr. 6/2005 (BK, Beschl. v. 22.12.2004 – 4d-04-073), ABl. 8, Ziff. 2, 3. 3 Vgl. Mitt. Nr. 2/2005 (BK 3, Beschl. v. 28.12.2004), ABl. 6, Ziff. 4.3.; Mitt. Nr. 4/2005 (BK, Beschl. v. 28.12.2004 – 3b-04/027), ABl. 7 f., Ziff. 4.3.; im Ergebnis ebenso Mitt. Nr. 3/2005 (BK, Beschl. v. 22.12.2004 – 4a-04/072), ABl. 7, Ziff. 4.a; auch in der Formulierung übereinstimmend Mitt. Nr. 16/2005 (BK, Beschl. v. 8.11. 2004 – 4c-04-048), ABl. 75, Ziff. 3.c.; Mitt. Nr. 307/2005 (BK, Beschl. v. 1.12.2005 – 4c-05/071), ABl. 1978, Ziff. 2. Wieder anders („… eine Verpflichtung gemäß § 30 Abs. 1 S. 1 TKG auferlegt wird“) Mitt. Nr. 119/2005, 120/2005, 121/2005 (BK, Beschl. v. 2.5.2005 – 4a-05-007, 4a-05-006, 4d-05-008), ABl. 881, 882, Ziff. 6.b. 4 Mitt. Nr. 394/2004 (BK, Beschl. v. 30.11.2004 – 2b 04/027), ABl. 1810, Ziff. 1; vgl. RegTP-Jahresbericht 2004, 120. 5 Beschl. v. 2.2.2005 – 1 L 3522/04, CR 2005, 344 f.; dazu Schütze, CR 2005, 332 ff. 6 Vgl. Mitt. Nr. 5/2005 (BK, Beschl. v. 14.12.2004 – 2a 04/045), ABl. 8; ergänzt durch Mitt. Nr. 17/2005, ABl. 75 f.; dazu Jahresbericht 2004, 120 f. 7 Vgl. Mitt. Nr. 281/2004 (BK, Beschl. v. 27.8.2004 – 2a 04/015), ABl. 1317. 8 Vgl. Mitt. Nr. 405/2004 (BK, Beschl. v. 9.12.2004 – 2a 04/015), ABl. 2121. 9 Vgl. Mitt. Nr. 115/2005 (BK, Beschl. v. 2.5.2005 – 4a/b-05-004), ABl. 851.
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Rechtsschutzfragen
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Hilfsantrags1. Eine vorläufige Genehmigung für die monatlichen Überlassungsentgelte für den TAL-Zugang wurde „bis zum Wirksamwerden der Entscheidung über den Antrag in der Hauptsache befristet“; zugleich wurde der DTAG auferlegt, „den Wettbewerbsunternehmen für die von ihnen im Geltungszeitraum dieser vorläufigen Genehmigung angemieteten Teilnehmeranschlussleitungen den Differenzbetrag rückwirkend zu erstatten“, wenn die endgültig genehmigten Entgelte geringer sein sollten als die vorläufigen2. Die sechs Wochen später ergangene abschließende Entscheidung genehmigte durchweg niedrigere Entgelte und stellte zudem fest, für einzelne Produkte (Glasfaser) bestehe ab 20. April 2005 keine Genehmigungspflicht nach § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG mehr. Stattgegeben wurde einem Feststellungsantrag der DTAG in Bezug auf die (derzeit) fehlende Genehmigungspflicht für Verbindungsleistungen von und zu Nationalen Teilnehmerrufnummern der Gasse (0)323. Nach Erlass der Regulierungsverfügungen gegenüber der DTAG im Bereich der Märkte Nr. 8–10 (Zusammenschaltung mit dem öffentlichen Telefonfestnetz)4 und 11 (Entbündelter Großkundenzugang [einschließlich des gemeinsamen Zugangs] zu Drahtleitungen und Teilleitungen für die Erbringung von Breitband- und Sprachdiensten)5 erfolgten Entgeltgenehmigungen auch unter dem Vorbehalt des Widerrufs für den Fall, dass die den Entgelten zugrunde liegenden Leistungen aufgrund des von der DTAG vorzulegenden und von der Beschlusskammer nach § 23 TKG zu überprüfenden Standardangebots für die in der Regulierungsverfügung auferlegten Zugangsleistungen „sich wesentlich ändern“6.
6. Rechtsschutzfragen 6.1 Verwaltungsrechtliche Streitigkeiten Gegen die gänzliche oder teilweise Ablehnung eines Entgeltantrags kann sich der Antragsteller (weiterhin) – und bis auf weiteres vor Verwaltungsgerichten7 – mit einer Verpflichtungsklage zur Wehr setzen; diese Klageart ist ebenfalls statthaft gegenüber einer (belastenden) Befristung – die nicht iso_______________
1 2 3 4 5 6
Vgl. Mitt. Nr. 33/2005 (BK, Beschl. v. 27.1.2005 – 2b 04/039), ABl. 139, Ziff. 1, 2. Vgl. Mitt. Nr. 64/2005 (BK, Beschl. v. 23.4.2005 – 4a/b-05-004), ABl. 244. Vgl. Mitt. Nr. 141/2005 (BK, Beschl. v. 8.6.2005 – 4d-05-009), ABl. 948. Mitt. Nr. 244/2005 (BK, Beschl. v. 5.10.2005 – 4c-05-002/R), ABl. 1461 ff. Mitt. Nr. 83/2005 (BK, Beschl. v. 20.4.2005 – 4a-04-075/R), ABl. 578 ff. Vgl. Mitt. Nr. 308/2005 (BK, 30.11.2005 – 4a-05-068), ABl. 1978 f., Ziff. 3; Mitt. 309/205 (BK, Beschl. v. 30.11.2005 – 4b-05-069), ABl. 1979 f., Ziff. 2; Mitt. Nr. 310/2005 (BK, Beschl. v. 30.11.2005 – 4d-05-070), ABl. 1980 f., Ziff. 3; Mitt. Nr. 276/2006 (BK, Beschl. v. 31.7.2006 – 4b-06-043), ABl. 2106; Mitt. Nr. 443/2006 (BK, Beschl. v. 30.11.2006 – 4b-06-062), ABl. 4106 f., Ziff. 4. 7 Vgl. Wissmann/Klümper, K&R 2003, 52 (57 f.), sowie BT-Drucks. 15/3218 v. 26.5.2004.
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118
I Rz. 118
Entgeltregulierung
liert anfechtbar ist – bzw. einer lediglich vorläufigen Genehmigung1. Wird hingegen eine Entgeltgenehmigung – antragsgemäß oder auch abweichend vom Antrag – erteilt, können Dritte (Wettbewerber) gegen diesen Verwaltungsakt eine Anfechtungsklage erheben, wenn er (auch) sie belastet. Die erforderliche Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) wurde bei Verstößen gegen § 24 Abs. 2 Nr. 2 und 3 TKG 1996 als gegeben erachtet2. Auch wenn die Genehmigung gerade (End-)Kunden als Vertragspartnern des Entgelt erhebenden Unternehmens gegenüber privatrechtsgestaltend wirkt, dürfte der Umstand, dass die Kontrolle auch die Wahrung von (End-)Nutzerinteressen bezweckt (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG), einzelnen Personen aus diesem breiten Kreis nicht nur dann kein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht geben, wenn die Entgeltänderung zu ihren Gunsten ausfällt3, sondern auch bei Tariferhöhungen. Hingegen kann ein Unternehmen als deren Adressat gegen Untersagungsverfügungen nach § 37 Abs. 3 Satz 2, § 38 Abs. 1 Satz 2, § 38 Abs. 4 Satz 1, § 39 Abs. 3 Satz 3 oder § 39 Abs. 4 Satz 2 TKG und gegen Anordnungen nach § 38 Abs. 4 Sätze 2 oder 5 TKG (und nach § 126 Abs. 2 Satz 1 TKG) mit Anfechtungsklage vorgehen4. Das gleiche gilt im Hinblick auf die gestaltende Wirkung der Unwirksamerklärung nach § 38 Abs. 4 Satz 1 TKG. Wie früher im Falle von § 30 Abs. 1 oder 2 TKG 1996 ist die RegTP/BNetzA auch nach neuem Recht in einigen Fällen (§ 31 Abs. 6 Satz 2, § 38 Abs. 2 Satz 1 TKG) zur Einleitung eines Überprüfungsverfahrens verpflichtet; dem entspricht aber kein Anspruch von Konkurrenten oder (End-)Nutzern auf Einschreiten, zumal diesen insoweit auch kein „Antrags“-Recht gem. § 134 Abs. 1 TKG eingeräumt ist, sondern sie lediglich auf relevante Tatsachen
_______________
1 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 24 Rz. 80. 2 Ebenso Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 27 Rz. 16; Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 339 ff.; BVerwG, Urt. v. 10.10.2002 – 6 C 8/01, K&R 2003, 196 (198 f.), DVBl. 2003, 403 (404), CR 2003, 574 (576), MMR 2003, 241 mit Anm. Rädler; ohne die im Text genannte Einschränkung Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 24 Rz. 86; VG Köln, Urt. v. 11.5.2000 – 1 K 4868/97, CR 2001, 95 (96); Urt. v. 7.9.2000 – 1 K 10354/98, CR 2001, 238 (240); Urt. v. 5.6.2003 – 1 K 6475/99, CR 2004, 32 (34), MMR 2003, 689 (691); Beschl. v. 28.1.2004 – 1 L 3169/03, MMR 2004, 279 (280) für § 39, 2. Alt. TKG 1996; Neumann/Bosch, CR 2001, 225 ff.; Schuster, MMR 2001, 298 (299 f.); ferner Kind/Geppert/Schütze/Schulze zur Wiesche, MMR Beil. 12/2003, 3 (16 ff.); Holznagel/Enaux/Nienhaus, Telekommunikationsrecht, 2. A. 2006, 124 f. (Rz. 306 ff.). 3 Vgl. Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 28 Rz. 20 (abweichend aber wohl § 27 Rz. 16); Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 338 f.; anders Beck TKG-Komm/Schuster/ Stürmer, § 24 Rz. 87; differenzierend (im Hinblick auf die ähnliche Rechtslage nach § 5 PTRegG) Ossenbühl, ArchPT 1996, 207 (220). 4 Vgl. Manssen in: Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, 1999 ff., § 29 Rz. 12, § 30 Rz. 30, 31; Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 29 Rz. 13, § 30 Rz. 49.
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Rechtsschutzfragen
Rz. 120 I
aufmerksam machen und damit zum Tätigwerden anregen können1. Ob im Lichte von Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie2 Drittbetroffenen in größerem Umfang als bislang eine Klagebefugnis zuzuerkennen ist, erscheint eher fraglich; eine Regelung wie in § 63 Abs. 2 GWB wurde im TKG gerade nicht vorgenommen3. Ein Vor- bzw. Widerspruchsverfahren (§§ 68 ff. VwGO) ist im Falle des § 132 TKG nicht vorgesehen (§ 137 Abs. 2). Da nach § 132 Abs. 1 Satz 1 TKG in allen Fällen des Teils 2 durch Beschlusskammern entschieden wird und dies auch die Gestaltungen umfasst, bei denen die eine Entgeltregulierung anordnende Norm in einen anderen Teil des Gesetzes eingestellt ist, ist stets unmittelbar der Weg zum Verwaltungsgericht eröffnet4. Wie bisher (§ 80 Abs. 2 TKG 1996) haben Anfechtungs-Klagen keine aufschiebende Wirkung (§ 137 Abs. 1 TKG), hier muss einstweiliger Rechtsschutz nach §§ 80, 80a VwGO begehrt werden, ansonsten nach § 123 VwGO5.
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6.2 Zivilrechtliche Streitigkeiten Ihren Vertragspartnern/Kunden gegenüber sind marktmächtige Anbieter von Telekommunikationsdiensten gehalten, nur ordnungsgemäß genehmigte bzw. nicht untersagte Entgelte zu verlangen. Zwar führt eine Teilunwirksamkeit der Gegenleistung hier weder nach § 306 Abs. 3 noch nach § 139 BGB notwendig zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrags (vgl. § 30 TKV 19976); Forderungen über das „richtige“ Maß hinaus entbehren aber des rechtlichen Grundes, so dass der Mehrbetrag ggf. nach § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB zurückverlangt werden kann7. Für diesen Bereicherungs- wie für den normalen Zahlungsanspruch sind die ordentlichen Gerichte (§ 13 GVG) _______________
1 Zu § 30 Abs. 4 TKG 1996 BVerwG Urt. v. 10.10.2002 – 6 C 8/01, K&R 2003, 196 (199 ff.); Spoerr in: Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 30 TKG Rz. 13; anders Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 24 Rz. 83 f., 86. 2 Vgl. Schütz/Attendorn/König, Elektronische Kommunikation, 2003, Rz. 62, 324 ff., 392 ff.; Scherer, MMR Beil. 12/2002, 23 (26 ff.); Kind/Geppert/Schütze/Schulze zur Wiesche, MMR Beil. 12/2003, 3 (7 f.). 3 Vgl. Wissmann/Klümper, K&R 2003, 52 (54 f.); Husch/Kemmler/Ohlenburg, MMR 2003, 139 (139); Holznagel, MMR 2003, 513 (516 f.); Krings, K&R Beil 1/2004, 6 (10); Spoerr/Sellmann, N&R 2004, 98 (104, 106); Ladeur/Möllers, DVBl. 2005, 525 (530). Restriktiv OVG Münster, Beschl. v. 20.3.2006 – 13 E 181/06, CR 2006, 467 (Ls.). 4 Zur Vereinbarkeit mit Art. 4 RRL vgl. Scherer, K&R 2002, 273 (279) und MMR Beil. 12/2002, 23 (27); Gurlit, K&R Beil. 1/2004, 32 (36); krit. Wegmann, K&R Beil. 1/2003, 21 (21 f.). 5 Vgl. Holznagel, MMR 2003, 513 (515); Schütz, MMR 2003, 518 (521); VG Köln, Beschl. v. 8.12.2004 – 1 L 2921/04, CR 2005, 108 f. mit Anm. Schuster; Holznagel/ Schumacher, N&R 2006, 134 (135 f.). 6 Die Vorschrift enthält lediglich eine „Klarstellung“ in Bezug auf § 29 Abs. 2 Satz 1 TKG 1996; so BR-Drucks. 551/97 v. 24.7.1997, 50. 7 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 29 Rz. 16.
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I Rz. 121
Entgeltregulierung
zuständig, in erster Instanz bis zu einem Streitwert (§ 23 Nr. 1 GVG, § 3 ZPO) von 5.000 Euro die Amts-, bei höheren Beträgen die Landgerichte (§ 71 Abs. 1 GVG). 121
Im Hinblick auf die privatrechtsgestaltende Wirkung eines Genehmigungsbescheids (Rz. 89) ist hier dessen Wirksamkeit bzw. Bestandskraft für den Zivilrichter – und auch für die Kartellbehörden (Rz. 126) – maßgeblich1; auch der Verwaltungsakt einer Unwirksamkeitserklärung (§ 38 Abs. 4 Satz 1 TKG) kann nur dann beiseite gesetzt werden, wenn er nichtig (i. S. v. § 43 Abs. 3 VwVfG) ist. Überdies bezweckt die Entgeltregulierung der Schutz der Endnutzer bzw. „Endverbraucher“, aber ggf. auch der Wettbewerber (oben, Rz. 64)2, so dass ihnen bei schuldhaftem Fehlverhalten der Gegenseite ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 44 Abs. 1 Satz 1 TKG erwachsen kann3.
122
In solchen Fällen handelt es sich jeweils um „bürgerliche Rechtsstreitigkeiten“ aus dem TKG i. S. v. § 139 TKG (früher: § 80 Abs. 3 TKG 1996)4, so dass die Regulierungsbehörde entsprechend § 90 Abs. 1, 2 GWB zu unterrichten ist. 6.3 Ordnungswidrigkeitenverfahren
123
Erhebt ein Unternehmen schuldhaft ohne Genehmigung nach § 30 Abs. 1 TKG oder § 39 Abs. 1 Satz 1 TKG ein Entgelt, so kann dies die Regulierungsbehörde als zuständige Verwaltungsbehörde (§ 149 Abs. 3 TKG) gegenüber dem Personenkreis des § 9 OWiG, aber auch gegen das Unternehmen selbst (§ 30 Abs. 1 OWiG) mit einem Bußgeld bis zu 500.000 Euro ahnden (§ 149 Abs. 1 Nr. 6 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 TKG; § 30 Abs. 2 Satz 2 OWiG). Bei Anordnungen nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Sätze 1 oder 2, § 37 Abs. 3 Satz 2 TKG (auch i. V. m. § 38 Abs. 4 Satz 4 TKG) oder § 38 Abs. 4 Satz 2 TKG (auch i. V. m. § 39 Abs. 3 Satz 1 TKG) greift die gleiche Sanktion (gem. § 149 Abs. 1 Nr. 4 a] TKG) nur ein, wenn die jeweiligen Verwaltungsakte vollziehbar, d. h. wirksam und (noch) nicht angefochten bzw. nicht mehr anfechtbar sind. Neu sind die Sanktionen bei fehlender oder unzulänglicher Information der RegTP/BNetzA nach § 38 Abs. 1 Sätze 1 oder 3 TKG und § 39 Abs. 3 Satz 4 TKG (§ 149 Abs. 1 Nr. 7 TKG); hier ist ein Höchstbe_______________
1 Vgl. Michalski, DZWir 1996, 353 (354) und CR 1998, 657 (663, 664); wohl auch Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 24 Rz. 85; OLG Köln, Urt. v. 14.5.2004 – 19 U 114/03, CR 2004, 911 (913); enger BGH, Urt. v. 10.2.2004 – KZR 6, 7/02, MMR 2004, 470 (473) mit Anm. Schuster, CR 2004, 666 (667 f.). 2 Ebenso wohl Beck TKG-Komm/Büchner, § 40 Rz. 4 f.; Bosch in: Trute/Spoerr/ Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 2001, § 40 TKG Rz. 3. 3 Vgl. Beck TKG-Komm/Schuster/Stürmer, § 30 Rz. 51; Enaux/König, N&R 2005, 2 (8). 4 Vgl. Beck TKG-Komm/Geppert, § 80 Rz. 16; Mayen in: Scheurle/Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz, 2002, § 80 Rz. 7.
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Sektorspezifische Regulierungs- contra allgemeine Kartellbehörde(n)?
Rz. 126 I
trag von 50.000 Euro festgelegt. Auf die Missachtung vollziehbarer Anordnungen nach § 29 Abs. 1 Satz 2 TKG oder § 39 Abs. 3 Satz 2 TKG wird schließlich gem. § 149 Abs. 1 Nr. 4 c) TKG höchstens mit 10.000 Euro Geldbuße reagiert. Die allgemeine Regelung des § 17 Abs. 4 OWiG, wonach das gesetzliche Höchstmaß der Geldbuße überschritten werden kann, um den wirtschaftlichen Vorteil des Täters (bzw. des Unternehmens, § 30 Abs. 3 OWiG) aus dem Fehlverhalten zunichte zu machen, wird in § 149 Abs. 2 Sätze 2, 3 TKG bekräftigt, und dient gerade dazu, die „Voraussetzungen für eine Reduzierung der ex ante-Regulierung im Endkundenbereich“ zu schaffen1.
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Gegen einen Bußgeldbescheid steht dem/den Betroffenen binnen zwei Wochen nach Zustellung (§ 51 Abs. 1, 2 i. V. m. § 50 Abs. 1 Satz 2 OWiG; §§ 1 ff. VwZG) der Einspruch zum (gem. § 68 OWiG sachlich und örtlich zuständigen) Amtsgericht zu; dieser Rechtsbehelf kann schriftlich oder zur Niederschrift bei der Regulierungsbehörde eingelegt werden (§ 67 Abs. 1 Satz 1 OWiG). Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts (durch Urteil nach § 71 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 260 StPO oder durch Beschluss, § 72 OWiG) kommt als Rechtsmittel unter den Voraussetzungen der §§ 79, 80 OWiG eine Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht (§ 79 Abs. 3 OWiG i. V. m. § 121 Abs. 1 Nr. 2 GVG; § 80a OWiG) in Betracht.
125
7. Sektorspezifische Regulierungs- contra allgemeine Kartellbehörde(n)? Die Frage2, ob (und in welchem Umfang) das Bundeskartellamt (§ 51 GWB) an (wirksame) Verwaltungsakte der Regulierungsbehörde gebunden sei, ist anhand von deren Prüfungsprogramm und Entscheidungsinhalt zu beantworten: Soweit diese – spezialgesetzlich normierte – wettbewerbsrechtliche Probleme umfassen3, ergibt sich aus der Bestandskraft der jeweiligen Maßnahme, dass die (Bundes-)Kartellbehörde sowohl einen Genehmigungsbescheid4 als auch eine Untersagungsverfügung anerkennen muss. Soweit jedoch – wie bei § 38 TKG – (noch) kein regulierungsbehördliches Verfahren eingeleitet oder gar abgeschlossen worden ist, ist das Bundeskartellamt an einem Einschreiten nicht gehindert5 und können seine Verfügungen gem. §§ 63 ff. GWB beim zuständigen Oberlandesgericht (§ 63 Abs. 4 i. V. m. § 51 Abs. 1 GWB) angefochten werden, auch soweit die Behörde beim Vollzug _______________
1 2 3 4 5
BT-Drucks. 15/2316 v. 9.1.2004, 106. Ebenso Martenczuk, CR 1999, 363 (365 Fn. 17). Vgl. Engel, MMR-Beil. 3/1999, 5 (9); vor allem im Bereich von § 42 TKG. Nur hierauf abstellend Martenczuk, CR 1999, 363 (366 f.). Jedoch hierzu auch nicht verpflichtet; vgl. Martenczuk, CR 1999, 363 (367); ferner Rädler, MMR 1/1999, X (XI).
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126
I Rz. 127
Entgeltregulierung
europäischen Rechts tätig wird (§ 50 GWB)1. Insoweit können dann auch – ähnlich wie nach dem TKG (oben, Rz. 125) – Geldbußen bei schuldhafter Missachtung vollziehbarer Anordnungen (nach § 32 GWB) verhängt werden (§ 81 Abs. 1 Nr. 6 a], Abs. 2, 4 GWB), wobei aber über einen Einspruch das OLG (§ 83 GWB), über eine Rechtsbeschwerde der Bundesgerichtshof entscheidet (§ 84 GWB). 127
Entscheidungen der Europäischen Kommission nach Maßgabe von Art. 822 (bzw. Art. 81) EG können auch Preismissbrauch betreffen; sie nehmen am Anwendungsvorrang des Gemeinschafts- gegenüber nationalem Recht teil3; eine formelle Bindung (auch) der Regulierungsbehörde tritt allerdings nur ein, wenn ein Rechtsakt an die Bundesrepublik Deutschland adressiert ist (Art. 249 Abs. 4 EG).
8. Ausblick: Entgeltregulierung in den Vorhabenplänen 2005 und 2006 128
Der gem. § 122 Abs. 2 TKG in den Jahresbericht aufzunehmende Vorhabenplan4 nannte für 2005 als vorrangige Themen allgemein die (weitere) Implementierung des neuen EG-Regulierungsrahmens in Deutschland, den Erlass von Regulierungsverfügungen und etwa nötigen Übergangsregelungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 TKG; unter der Überschrift „Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs und Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte“ werden aufgelistet: „Grundsatzfragen der Entgeltregulierung“, insbesondere Konkretisierung der Prüfungsmaßstäbe des § 28 TKG; Präzisierung des Konsistenzgebots (Rz. 65), „Wettbewerbsförderung auf Einzelmärkten“, z. B. Prüfung auferlegter Standardangebote für Zugangsleistungen, Klärung prinzipieller Fragen beim Resale von DSL-Anschlüssen, Preselection-Verpflichtungen für marktmächtige Unternehmen, Implementierung von Kostenallokationsverfahren für die Überlassung von Teilnehmerdaten.
129
Für 2006 wurde bereits im Kontext der „Förderung der Entwicklung des Binnenmarktes der EU“ erwähnt, es seien „verschiedene Entgeltregulierungsverfahren, z. B. für das Auslaufen der EBC-Zusammenschaltungsentgelte und die Entgelte für die Terminierungsleistungen alternativer Teilnehmernetzbetreiber, zu entscheiden“5. Im Hinblick auf „Grundsatzfragen _______________
1 Vgl. Moritz, CR 1998, 13 (20). 2 Etwa die TAL-Entscheidung (COMP/C-1/37.451, 37.578, 37.579 – DTAG) v. 21.5. 2003, MMR 2003, 656 ff.; dazu Ruhle/Schuster, MMR 2003, 648 ff.; Ladeur, K&R 2004, 153 (160 f.). 3 Vgl. Möschel, MMR-Beil. 3/1999, 1 (2); Stamm, Die Entgeltregulierung im Telekommunikationsgesetz, 2001, 72 f. 4 Jahresbericht 2004 der RegTP, 135 ff.; s. a. Mitt. Nr. 50/2005, ABl. 207. 5 Jahresbericht 2005 der BNetzA, 150; s. a. Mitt. Nr. 314/2005, ABl. 1986 ff.
1174 | Gramlich
Ausblick: Entgeltregulierung in den Vorhabenplänen 2005 und 2006
Rz. 129 I
der Entgeltregulierung“ wird ein „Trend zu komplexeren Tarifstrukturen“ konstatiert, der „eine weitere Konkretisierung der Prüfungsmaßstäbe des § 28 TKG erforderlich“ mache. Daher werde in einem nächsten Schritt eine „vertiefte Auseinandersetzung mit Fragen ungerechtfertigter Preisabschläge und möglicher Preis-Kosten-Scheren“ erfolgen; dies geschah in Form von „Hinweisen“ (Rz. 75b). Ferner bestehe „mit Blick auf die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung Bedarf an einer weiteren Fundierung der Ermittlung nicht infrastrukturbasierter Kosten (Betriebs-, Miet- und Gemeinkosten)“, um „verlässliche Ergebnisse für die Zurechnung dieser Kostenkomponenten zu generieren und im Hinblick auf künftige Entscheidungen der Bundesnetzagentur die methodische Grundlage für die Bestimmung effizienter Kosten anhand alternativer Kostenmodelle weiterzuentwickeln“1. Zum Dauerbrenner Konsistenzgebot wolle man Positionen konkretisieren und kommunizieren, „um den Marktteilnehmern Planungssicherheit zu geben“, wobei auch „die Entgeltgestaltung für den Fall einer Resale-Verpflichtung zu berücksichtigen“ sei2.
_______________
1 Jahresbericht 2005 der BNetzA, 153 f. 2 Jahresbericht 2005 der BNetzA, 154.
Gramlich | 1175
.
J. Rundfunkübertragung Mit der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) im Jahr 20041 ist der Teil 4, die „Rundfunkübertragung“ neu in das TKG eingefügt worden. Seit seinem Inkrafttreten am 26.6.2004 regelt das TKG damit erstmalig spezifische Fragestellungen im Zusammenhang mit der Rundfunkübertragung. Mit der Neuregelung in den §§ 48–51 TKG sollte das europäische Harmonisierungsrichtlinien-Paket zur Schaffung eines gemeinsamen Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste2 aus dem Jahr 2002 in nationales Recht umgesetzt werden. Das Richtlinienpaket bezieht sich zwar nach eigener Maßgabe gemäß Erwägungsgrund 5 der Rahmenrichtlinie ausschließlich auf die Infrastruktur- und nicht auf die Inhalteregulierung, in Einzelbereichen hat es jedoch sehr wohl Auswirkungen auf die Regulierung von Inhalten3. Demnach bestimmt das neue TKG das Verhältnis zwischen Rundfunkstaatsvertrag (RStV)4 und TKG und da_______________
1 BGBl. 2004, Teil I, Nr. 29 v. 25.6.2004, S. 1190 ff. 2 Der europäische Rechtsrahmen umfasst insgesamt fünf Richtlinien: Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung („Zugangsrichtlinie“), Abl L 108 v. 24.4.2004, S. 7 ff.; Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste („Genehmigungsrichtlinie“), Abl L 108 v. 24.4.2002, S. 21 ff.; Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste („Rahmenrichtlinie“), Abl L 108 v. 24.4.2002, S. 33 ff.; Richtlinie 2002/22/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 7.3.2002 über die Universaldienste und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten („Universaldienstrichtlinie“), Abl L 108 v. 24.4.2002, S. 51 ff.; Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 12.7.2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie), Abl L 201 v. 31.7.2003, S. 37 ff. 3 Dies gilt insbesondere für Art. 31 (Must Carry-Regelung) und Art. 5 Abs. 1 Buchstabe b) in Verbindung mit Anhang I Teil II Buchstabe b) der Zugangsrichtlinie (Zugang zu elektronischen Programmführern). Nach Art. 31 sind die Belegungsvorgaben der Bundesländer für Kabelnetzbetreiber gegenüber Rundfunkprogrammveranstaltern und Anbietern von Mediendiensten auf das im öffentlichen Interesse verhältnismäßige Maß zu reduzieren. Hiermit fordert der Richtliniengeber von den Landesgesetzgebern eine Rückführung des bislang sehr weitreichenden Must Carry Regime. Demnach sind Belegungsvorgaben, welche dem Netzbetreiber keinerlei Belegungsfreiheit – so etwa in Hessen und Bremen – belassen, mit den EUVorgaben nicht vereinbar. Siehe auch Erwägungsgrund 5 der Rahmenrichtlinie. Zur Umsetzung von Art. 31 Universaldiensterichtlinie in den einzelnen Landesmediengesetzen vgl. auch Schütz, MMR 10/2004, X. 4 Die Ministerpräsidenten der Länder unterzeichneten am 8.10.2004 den 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der dann von den Länderparlamenten verabschiedet wurde und am 1.4.2005 in Kraft trat; abgedruckt in Media Perspektiven I/2005, S. 1 ff.
Rickert | 1177
1
J Rz. 2
Rundfunkübertragung
mit auch zwischen Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (BNetzA) und den Landesmedienanstalten neu (hierzu insbesondere nachfolgend unter Rz. 6 ff.)1. 2
Darüber hinaus konsolidiert das neue TKG die entsprechenden Regelungen, die bisher sowohl auf das Fernsehsignalübertragungs-Gesetz (FÜG)2 als auch auf den RStV (vgl. insbesondere § 53 RStV) in Verbindung mit der Satzung für die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten vom 26.6.2000 (alte Fassung) verteilt waren. Die Vorschriften der §§ 48 ff. TKG sind auch größtenteils aus dem FÜG übernommen worden. Vor diesem Hintergrund ist das FÜG mit der Verkündung des TKG gemäß § 149 Abs. 2 TKG auch außer Kraft getreten. Das FÜG diente seinerzeit der Umsetzung der RL 95/74/EG über die Anwendung von Normen für die Übertragung von Fernsehsignalen. Mit der Novellierung des RStV durch den 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (RÄStV), die am 1.4.2005 in Kraft trat3, erfolgte ferner auch die mit dem Inkrafttreten des neuen vierten Teils des TKG erforderlich gewordene Anpassung des RStV (vgl. hierzu nachfolgend unter Rz. 11 ff.). Schließlich wurde am 23.12.2005 von der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten die Neufassung der Satzung über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten gemäß § 53 Abs. 6 RfStV n. F. beschlossen, die dann am 1.8.2006 in Kraft trat4.
1. Regelungsgegenstand 3
Wie der Begründung zum neu eingefügten vierten Teil des TKG zu entnehmen ist, soll unter dem Oberbegriff der „Rundfunkübertragung“ sowohl die Übertragung von Hörfunk als auch die Übertragung von Fernsehfunk geregelt werden5. Das Richtlinienpaket hingegen verwendet diese Terminologie teilweise abweichend hiervon und setzt den Begriff „Rundfunk“ vereinzelt mit „Hörfunk“ gleich6.
4
Zielsetzung des Gesetzgebers ist es, insbesondere Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Übergang von der analogen zur digitalen Rundfunkübertragung zu regeln und den Digitalisierungsprozess zu fördern7. Voraus_______________
1 Die Notwendigkeit hierzu wurde schon sehr lange und sehr intensiv diskutiert, vgl. nur Schulz, Reformbedarf beim Telekommunikationsgesetz: Berührungsflächen der horizontalen Regulierung von Telekommunikation und Medien, Bonn 2002; siehe auch Ladeur, ZUM 1998, 672 ff.; Ladeur, ZUM 2002, 252 (257). 2 Zum FÜG, das die RL 95/47/EG in nationales Recht umsetzte, siehe König, Die Einführung des digitalen Fernsehens, S. 159 ff. 3 Abgedruckt in Media Perspektiven, I/20051 ff. 4 Vgl. § 17 der Satzung, abrufbar unter www.alm.de/Satzungen/Verfahrensanordnungen. 5 Begründung zum TKG-E, zum Dritten Teil, BT-Drucks. 15/2316. 6 Siehe beispielhaft Erwägungsgrund 2 und Anhang I der Zugangsrichtlinie. 7 Begründung zum TKG-E, zum Dritten Teil, BT-Drucks. 15/2316.
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Regelungsgegenstand
Rz. 7 J
setzung für die Entwicklung hin zur Konvergenz der Kommunikationsnetze und -dienste ist nämlich die Digitalisierung von Transportwegen und Inhalten. Eine plattformunabhängige Nutzung verschiedener digitaler Dienste durch den Verbraucher ist aber nur dann möglich, wenn die Interoperabilität von Netzen, Diensten und Endgeräten gewährleistet ist1. Diese soll entsprechend der europarechtlichen Vorgaben im Wege der marktgetriebenen Normung erreicht werden2. Besondere Relevanz wird seitens der Europäischen Kommission dabei der Interoperabilität von digitalen interaktiven Fernsehdiensten und Fernsehgeräten beigemessen, weil diese dem digitalen Fernsehen zum Durchbruch verhelfen werden. Dieser Zielsetzung des Harmonisierungsrichtlinien-Paketes will der nationale Gesetzgeber in den §§ 48 bis 51 TKG innerstaatliche Geltung verleihen. § 48 TKG regelt die Interoperabilität von analogen Fernsehgeräten und digitalen Fernsehempfangsgeräten, während § 49 TKG die Interoperabilität bei der Übertragung digitaler Fernsehsignale sicherstellen soll. § 50 TKG ist schließlich darauf ausgerichtet, die Interoperabilität von Zugangsberechtigungssystemen zu gewährleisten. § 51 TKG normiert Vorschriften zur Streitschlichtung zwischen den nach den §§ 48 bis 50 TKG Berechtigten und Verpflichteten.
5
1.1 Gesetzgebungskompetenz des Bundes Mit der Einfügung des Abschnitts zur Rundfunkübertragung in das TKG wird das Verhältnis von RStV und TKG neu bestimmt. Dadurch ergibt sich die Notwendigkeit, die Zuständigkeiten für den entsprechenden Regelungsbereich so präzise wie möglich zu bestimmen, um den Normadressaten ein Maximum an Rechts- und Planungssicherheit zu gewähren. Dieser Notwendigkeit sind jedoch weder der Bundesgesetzgeber bei der Novellierung des TKG im Bereich der Rundfunkübertragung noch die Landesgesetzgeber bei der Novellierung des RStV nachgekommen. Vielmehr sind die Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen telekommunikationsrechtlichen und rundfunkrechtlichen Vorgaben weiter fortgeschrieben worden3.
6
Das Grundgesetz weist die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für die Telekommunikation gemäß Art. 73 Nr. 7 GG dem Bund zu. Daneben enthält Art. 87 f. GG eine kompetenzrechtliche Sonderzuweisung für das Postwesen und die Telekommunikation an den Bundesgesetzgeber, wonach der Bund den Auftrag zur Sicherung einer flächendeckenden Grundversor-
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1 Vgl. Erwägungsgrund 31 der Rahmenrichtlinie. 2 Erwägungsgrund 30 der Rahmenrichtlinie. 3 Kritisch auch König/Kösling, ZUM 2005, 289 ff., Schütz, MMR 10/2004, X. Vgl. auch Frevert, MMR 2005, 23 (24).
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J Rz. 8
Rundfunkübertragung
gung der Bevölkerung mit telekommunikativen Dienstleistungen hat1. Zur Herstellung und Aufrechterhaltung eines funktionierenden Marktes kann sich der Bundesgesetzgeber zusätzlich auch auf die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz in Wirtschaftssachen gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 16 und Nr. 11 GG stützen. Demgegenüber fällt der Rundfunk in die allgemeine Zuständigkeit der Länder nach Art. 70 Abs. 1 GG. Die Landesgesetzgeber sind aufgerufen zu gewährleisten, dass freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung stattfinden kann2. Der Realisierung dieses Zieles dient es, die Chancengleichheit für Kommunikationsinhalte sicherzustellen. 8
Nach der Maßgabe des sog. ersten Fernsehurteils des Bundesverfassungsgerichts ist die Abgrenzung zwischen der rundfunkrechtlichen und der telekommunikationsrechtlichen Kompetenzzuordnung nach dem Grundgesetz bisher danach vorgenommen worden, ob es sich bei dem jeweils in Rede stehenden Regelungsgegenstand um eine Thematik handelt, die dem „sendetechnischen Bereich des Rundfunks“, also der Rundfunkübertragungstechnik zuzuordnen ist oder ob es sich um sonstige Rundfunkangelegenheiten wie beispielsweise die Organisation oder den Inhalt von Rundfunk handelt3. Im erstgenannten Fall nahm das Bundesverfassungsgericht stets eine Kompetenzzuordnung zugunsten des Bundes vor. Dabei umfasste der Begriff der Rundfunkübertragungstechnik unter anderem Netzerrichtungs-, Netzbetriebs- und technische Diensteregelungskompetenz. Doch selbst unter Heranziehung dieser Abgrenzungskriterien ist die genaue Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Bundesländern für die digitalisierte Rundfunkübertragung im jeweiligen Einzelfall, insbesondere im Hinblick auf die Regulierung von Zugangsdiensten, seit jeher höchst umstritten4.
9
Die Veränderung der Telekommunikationslandschaft unter den Rahmenbedingungen von Digitalisierung und Konvergenz erschwert die eindeutige Abgrenzung noch zusätzlich, welche Bestimmungen inhaltebezogen und welche dem Bereich der Infrastrukturregulierung zuzuordnen sind5. Denn _______________
1 Siehe hierzu ausführlich Gersdorf, Regulierung des Zugangs zu Kabelnetzen im Zeichen der Konvergenz von Netz und Nutzung, in: Der Zugang zum digitalen Kabel, 2002, S. 246 (277 ff.). 2 BVerfGE 57, 295 (319 f.). 3 BVerfGE 12, 205 (225 f., 239 f.). Siehe auch Wichmann, Vielfaltsicherung in digitalisierten Breitbandkabelnetzen, 2004, S. 280 ff.; Gersdorf, Chancengleicher Zugang zum digitalen Fernsehen, 1998, S. 144 ff.; Weisser, ZUM 1997, 877 (885 ff.). 4 Ausführlich hierzu Wichmann, Vielfaltsicherung in digitalisierten Breitbandkabelnetzen, S. 58 ff.; Gersdorf, AfP 1997, 424 ff.; Gersdorf, Regulierung des Zugangs zu Kabelnetzen im Zeichen der Konvergenz von Netz und Nutzung, in: Der Zugang zum digitalen Kabel, 2002, S. 246 ff., insbesondere 261 ff.; ausführlich auch zur Gesetzgebungskompetenz bezüglich einzelner Dienstleistungen im digitalen Fernsehen Schulz/Seufert/Holznagel, Digitales Fernsehen – Regulierungsaspekte und -perspektiven, 1999, S. 122 ff.; Thierfelder, Zugangsfragen digitaler Fernsehverbreitung, 1999, S. 122 ff. 5 Siehe auch Lerche in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 87 f. Rz. 23 ff.
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Regelungsgegenstand
Rz. 11 J
die digitalisierten herkömmlichen Rundfunkübertragungswege fungieren nicht mehr lediglich als reine Transportnetze für Rundfunkangebote. Sie entwickeln sich vielmehr zu Multimedianetzwerken, die neben der reinen Rundfunkübertragung auch andere Dienste zur Individual- und Massenkommunikation transportieren können1. Im Gegenzug entwickelten sich Telekommunikationsnetze, die bislang ausschließlich oder vorrangig dem Transport von Telekommunikationsdiensten dienten, zum Transportweg für Rundfunkangebote2. Aus diesem Grunde kann auch das Telekommunikationsrecht nicht länger auf eine „dienende Funktion“3 für die reine Durchleitung von Rundfunksignalen reduziert werden, das sich allein den medienpolitischen Zielsetzungen des Rundfunkrechts unterzuordnen hat4. Diese Entwicklung ist entsprechend bei der Grenzziehung zwischen der Kompetenz des Bundes und der Zuständigkeit der Länder zu berücksichtigen. Bezüglich der technischen Aspekte des Übertragungsvorganges, welche die technische Diensteregelungskompetenz inklusive der Definition technischer Standards umfasst, besteht unumstritten eine Kompetenz des Bundes auf der Grundlage des Art. 73 Nr. 7 GG5. Insofern ist die Übernahme der bisher im FÜG geregelten Vorschriften zur Interoperabilität von Fernsehgeräten in das TKG konsequent und vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung nicht zu beanstanden.
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Hinsichtlich der Regulierungszuständigkeit für Zugangsberechtigungssysteme und Application Programming Interfaces, die Gegenstand von Parallelregelungen im RStV sind, enthält das neue TKG unter Berücksichtigung des Richtlinienpaketes weitreichende Ansätze, auch für diese Regelungsgegenstände eine bundeseinheitliche Kompetenzzuordnung vorzunehmen. Laut der Begründung der Bundesregierung zum Gesetzesentwurf beabsichtigt der Gesetzgeber des TKG auch ausdrücklich, die Regelungsdualität im Bereich der Rundfunkübertragung, wie sie in der Vergangenheit gegeben war, zu optimieren und Doppelregulierungen abzubauen6. Entsprechend wurden daher auch Regelungen aus dem § 53 Abs. 1 sowie § 53 Abs. 4 bis 6 RStV
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1 2 3 4
Vgl. Gersdorf, Internet über Rundfunkfrequenzen, 2006. Vgl. auch § 3 Nr. 24 TKG. BVerfGE 12, 205 (227 ff.). Hierzu auch Ladeur, ZUM 1998, 261 ff. Diesen Aspekt sieht auch Schulz in: Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 53 Rz. 19 f., obwohl dieser grundsätzlich von weitreichenden Kompetenzen der Länder im Bereich der Regulierung der Anwendung technischer Standards ausgeht. Auf die Gefahr der Doppelregulierung und Doppelzuständigkeit geht er allerdings nicht ausdrücklich ein, sondern sieht den Ausgleich zwischen den Zuständigkeitsbereichen in dem Gebot länderfreundlichen Verhaltens, welches der Bund zu beachten habe. 5 BVerfGE 12, 205 (225 ff.); 46, 120 (144); Schulz in: Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 53 Rz. 17; Scherer, Studie im Auftrag des BMWA „Zugang zu Breitbandkommunikationsnetzen“, S. 50. 6 Begründung zum TKG-E, zum Dritten Teil, BT-Drucks. 15/2316.
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J Rz. 12
Rundfunkübertragung
a. F. in das neue TKG übernommen, um einen einheitlichen infrastrukturneutralen Regulierungsrahmen zu schaffen. 1.2 Abgrenzung zwischen §§ 48–51 TKG und § 53 RStV 12
Der pauschale Einwand der Länder, der bereits im Gesetzgebungsverfahren zum FÜG vorgetragen wurde, die Regelungen über Zugangsberechtigungssysteme seien „rundfunkbezogen“1 und fielen deshalb in die Zuständigkeit der Länder, ist zu kurz gegriffen. Die §§ 48–51 TKG regeln nämlich gerade nicht den publizistischen Wettbewerb, sondern den Wettbewerb von digitalen Zugangstechnologien und damit den ökonomischen Wettbewerb auf sendetechnischem Gebiet2. Ihr Ziel ist es nämlich, die Schaffung von Bottlenecks und Monopolen einzelner Anbieter auf dem Gebiet der Zugangstechnologien zu verhindern und durch Schaffung von offenen Standards die Herstellung und Sicherung der Interoperabilität des Verbreitungsweges zu erreichen. So geht es beispielsweise bei der Verwendung von Zugangsberechtigungssystemen, die in § 3 Nr. 33 TKG vom Bundesgesetzgeber definiert wurden, um die Verschlüsselung der zu übertragenden Signale, damit nur jeweils berechtigte Zuschauer die Signale empfangen können, mithin um einen sendetechnischen Aspekt. Anbieter von Zugangsberechtigungssystemen sind somit als Anbieter von Telekommunikationsdiensten einzuordnen mit der Folge, dass die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers für die Bestimmung der Rahmenbedingungen eines solchen Angebotes gegeben ist.
13
Im Widerspruch zu dem anvisierten Schutzzweck stünde auch eine Praxis, in der die Ausgestaltung dieser Regelungen der Disposition der einzelnen Bundesländer überlassen wäre und so der angestrebten Zielsetzung des TKG, ein einheitliches Regulierungsregime zu etablieren, zuwiderliefe. Denn in der Praxis lassen sich nur bundes- oder gar europaeinheitliche Regelungen im Hinblick auf Zugangsberechtigungssysteme und Application Programming Interfaces rechtfertigen, weil ansonsten eine entsprechende Dekoderpopulation allein aus ökonomischen Gründen gar nicht entstehen könnte und die Digitalisierung als Folge der regulatorischen Zersplitterung stark gehemmt werden würde. Denn nur wenn Skaleneffekte – möglichst auf europäischer Ebene – erzielt werden können, ist von einer Reduktion der Produktionskosten auszugehen3.
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1 Stellungnahme des BRates zum FÜG, BT-Drucks. 13/7337, Anlage 2, S. 11. Schulz in: Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 53 Rz. 25, bezeichnete auch die Abgrenzung dieser Regelung bereits als schwierig. 2 So schon die BReg zum FÜG, BT-Drucks. 13/7337, Anlage 3, S. 14; siehe hierzu auch Weisser, ZUM 1997, 877 (886 f.). 3 Vgl. Commission staff working paper on the interoperability of digital interactive television services, SEC (2004) 346, S. 11.
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Regelungsgegenstand
Rz. 15 J
Insoweit bleibt für ein Tätigwerden des Landesgesetzgebers nur dann Raum, wenn es sich um Fragen handelt, die erkennbar vielfaltsichernde Ziele verfolgen und einen eigenen, über den Regelungsgehalt des TKG hinausgehenden Inhalt haben und damit Ausfluss der Sicherung der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG sind. Dies hätte im Rahmen des 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrages, der am 1.4.2005 in Kraft trat, noch deutlicher herausgearbeitet werden müssen. Die mit dem § 53 Abs. 1 RStV a. F. weitestgehend inhaltsgleiche Regelung des § 50 TKG betrifft nämlich lediglich Fragen der sendetechnischen Interoperabilität. Ein eigenständiger Regelungsgehalt über § 50 TKG hinaus war dem § 53 Abs. 1 RStV a. F. nicht mehr beizumessen1. Da auch die Neufassung des § 53 RStV im 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag insoweit keine vollständige Abhilfe geschaffen hat, liegt ein Verstoß gegen die grundgesetzliche Kompetenzordnung und das Verbot der Doppelzuständigkeit2 vor3.
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Um die Nachteile dieser unzulänglichen Rechtslage für die Adressaten der §§ 48–51 TKG einerseits und des § 53 RStV andererseits so gering wie möglich zu gestalten, sollten bei der Anwendung der beiden Bestimmungen sowohl die BNetzA als auch die Landesmedienanstalten als zuständige Behörden ihre Regulierungsaktivitäten im Lichte des Gebots zu bundesfreundlichem Verhalten als Ausfluss des Prinzips der Bundestreue4 miteinander koordinieren5. Der Bund und damit auch die ausführende Behörde sind ohnehin verpflichtet, bei der Ausübung ihrer Kompetenzen der besonderen Bedeutung der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG Rechnung zu tragen6. Deswegen haben sowohl der Gesetzgeber als auch die ausführende BNetzA die medienpolitischen Konzepte der Länder zur Vielfaltsicherung ohnehin zu berücksichtigen7. Auf diese Weise sollten die Nachteile für die
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1 Ähnlich auch Schütz, MMR 2004, S. XV; siehe König/Kösling, ZUM 2005, 289 (292). 2 Pieroth, Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 87 Rz. 10; siehe auch BVerfGE 63, 1 (29 ff.). 3 Siehe auch die vielfältige Kritik an der Ausgestaltung der Kompetenzverteilung im TKG einerseits und dem RStV andererseits: So zum Beispiel Schütz, MMR 7/2004, S. XV, der von „Behörden-Wirrwarr“ spricht; Fraunhofer-Institut Systemtechnik und Innovationsforschung, „Szenario für den Übergang der analogen zur digitalen Signalübertragung in den Breitbandkabelnetzen“, 2004, S. 23; König/Kösling, ZUM 2005, 289 (297 f.); Frevert, MMR 2005, 23 (29). 4 BVerfGE 92, 203 (234); Pieroth, Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 20 Rz. 20 f. Siehe auch Schulz in: Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 53 Rz. 19, der allerdings anmahnt, dass medienpolitische Konzepte nicht konterkariert werden dürften. 5 Die Begründung zum 8. RÄStV verweist insoweit allerdings lediglich darauf, dass das TKG eine Abstimmung zwischen zuständiger Bundes- und Landesbehörde vorsieht, abgedruckt in epd medien 2004, Nr. 84, S. 17. Vgl. auch Frevert, MMR 2005, 23 (24). Siehe auch Schulz in: Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 53 Rz. 19; Ladeur, ZUM 1998, 261 (264). 6 BVerfGE 12, 205 (259). 7 Dies mahnt Schulz in: Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 53 Rz. 19, an.
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J Rz. 16
Rundfunkübertragung
Adressaten der Bestimmungen und damit für den Innovationsfortschritt möglichst eingeschränkt werden. 16
Entscheidend ist aber auch eine entsprechende Umsetzung auf Länderebene. In § 9 der am 13.12.2006 beschlossenen Neufassung der Satzung über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten gemäß § 53 Abs. 6 RfStV n. F. ist nämlich nur vorgesehen, dass eine Abstimmung zwischen den Landesmedienanstalten und der BNetzA stattfindet und dass Entscheidungen des Bundeskartellamtes und der BNetzA durch die zuständige Landesmedienanstalt zu berücksichtigen seien. Mithin hat die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, welche die Satzung beschlossen hatte, auch auf eine Konkretisierung der Kompetenzenabgrenzung verzichtet.
2. Gegenwärtiger Stand der Digitalisierung 17
Der Bereich der Rundfunkübertragung befindet sich derzeit wie kaum ein der Regulierung auf der Grundlage des TKG unterfallender Sektor im Wandel. Die Neuentwicklungen resultieren in erster Linie aus der voranschreitenden Digitalisierung der Rundfunkübertragung, wobei das Hauptaugenmerk auf das Fernsehen gelegt wird1. Während das Bezahlfernsehen (nachfolgend auch „Pay-TV“ genannt) schon jetzt ausschließlich digital eingespeist wird, beginnt für das frei empfangbare Fernsehen (nachfolgend auch „Free-TV“ genannt) nunmehr die Umstellung auf die digitale Einspeisung. Die öffentlich-rechtlichen Programmveranstalter ARD und ZDF speisen ihre Bouquets ARD Digital und ZDF Vision bereits seit längerem digital ein, während sich die privaten Programmveranstalter unter Berufung auf ihr diesbezügliches Urheberrecht in der Vergangenheit immer erfolgreich gegen eine digitale Einspeisung ins Kabel gewehrt hatten, weil sie der Forderung der Kabelnetzbetreiber der Netzebene 3 nach einer sog. Grundverschlüsselung (auch Adressierbarkeit genannt) des digitalen Sendesignals nicht nachgeben wollten (vgl. ausführlich hierzu nachfolgend unter Rz. 48 ff.)2. Aber seit der Einigung der privaten Free-TV-Anbieter mit dem Satellitenbetreiber Astra über eine verschlüsselte Einspeisung des digitalen über den Satelliten verbreiteten Free-TV ist die Branche allerdings einer vollständi_______________
1 Zur Digitalisierung des Radios vgl. das diesbezügliche Positionspapier des Verbandes privater Rundfunk und Telekommunikation e.V. (VPRT), http://www.vprt/ Positionen2006. 2 Siehe nur die sog. Primacom-Entscheidungen des LG Leipzig, ZUM 2001, 719, und des OLG Dresden, ZUM 2002, 231; Ladeur, ZUM 2002, 252 (261); Höppener/ Weisser, ZUM 2003, 597 ff.; Charissé, K&R 2002, 164 ff.; Gounalakis/Mand, Kabelweiterleitung und urheberrechtliche Vergütung, 2003; siehe auch die Antworten des Verbandes Privater Rundfunk und Telekommunikation e.V. (VPRT) auf den „Fragenkatalog für das Expertengespräch am 9.3.2005“ mit der Monopolkommission zum Thema „Die Zukunft des digitalen Rundfunks in Deutschland, S. 9 f.
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Gegenwärtiger Stand der Digitalisierung
Rz. 18 J
gen Digitalisierung der Fernsehverbreitung ein bedeutendes Stück näher gekommen sein1. Dies gilt, obwohl das Bundeskartellamt gegen Astra, RTL und ProSiebenSat1 diesbezüglich ein Verfahren wegen gegenseitiger Absprache eröffnete und ProSiebenSat1 daraufhin im Dezember 2006 überraschend den Ausstieg aus dem Vorhaben verkündete. Es ist nämlich nicht davon auszugehen, dass die ProSiebenSat1.-Gruppe damit generell auf die Verschlüsselung verzichtet hat. Auch der größte deutsche Kabelnetzbetreiber der Netzebene 3, Kabel Deutschland, und die RTL-Gruppe hatten sich im Dezember 2005 auf die Modalitäten der digitalen Einspeisung der Free TVProgramme der RTL-Gruppe geeinigt. Dabei hatte sich Kabel Deutschland mit der Forderung nach einer Grundverschlüsselung durchgesetzt2. Im Mai 2006 einigten sich dann auch ProSiebenSat1 und Kabel Deutschland auf die digitale Einspeisung zweier neuer Sender, die allerdings nur im Wege des Abonnements bezogen werden können3. 2.1 Einfachgesetzliche Vorgaben für die analoge Abschaltung Da die Überführung der analogen Rundfunkübertragung in die digitale Weiterverbreitung die Voraussetzung dafür schafft, die vorhandene Frequenzkapazität für erheblich mehr Programme zu nutzen4, stellt die Digitalisierung eine Konkretisierung des in § 2 Abs. 2 Nr. 7 TKG neu aufgenommenen Zieles dar, die knappe Ressource Frequenz möglichst effizient zu nutzen. So hat der Gesetzgeber im § 63 Abs. 5 TKG auch das Ende der analogen Fernseh-Rundfunkübertragung für die Terrestrik auf spätestens 2010 festgeschrieben und für den Hörfunk auf 2015. Für die übrigen Infrastrukturen, über die derzeit schwerpunktmäßig Rundfunk übertragen wird, den Satelliten und das Kabelnetz, mangelt es an einer derartigen verbindlichen gesetzlichen Regelung für die Festlegung des Enddatums der analogen Verbreitung, bis zu dem die Digitalisierung vollzogen sein muss. Im Rahmen der Initiative Digitaler Rundfunk („IDR“), die mit Beschluss der Bundesregie_______________
1 Vgl. FAZ.NET v. 30.11.2005 „Privatsender wollen Geld von den Zuschauern“; siehe auch die Stellungnahme der Landesmedienanstalten zur geplanten Verschlüsselung der RTL-Programme über Satellit v. 2.8.2006, http://www.alm.de/ Pressemitteilungen, welche die technische und unternehmerische Zugangsoffenheit der Astra-Plattform fordern und diese nur im Falle von Empfangsgeräten mit offenen Standards gewährleistet sehen (vgl. hierzu ausführlich nachfolgend unter Rz. 39 ff., 55 ff. 2 Vgl. Presseerklärung des Deutschen Kabelverbandes v. 23.12.2006, in welcher der Präsident des Deutschen Kabelverbandes, Rüttger Keienburg, die Einigung als „Durchbruch für die Digitalisierung“ bezeichnet, http://www.DeutscherKabelver band.de. 3 Presseerklärung von Kabel Deutschland v. 30.5.2006, http://www.KabelDeutsch land.de. 4 Auf einem analogen Kanal können mindestens 10 digitale Kanäle verbreitet werden; so auch das „Positionspapier zur Digitalisierung des Kabels“ des Deutschen Kabelverbands e.V., http://www.DeutscherKabelverband.de/Positionen.
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18
J Rz. 19
Rundfunkübertragung
rung vom 17.12.1997 eingerichtet wurde1, verständigten sich indes die Marktbeteiligten und die relevanten Behörden darauf, den Umstieg von der analogen auf die digitale Nutzung bis spätestens zum Ablauf des Jahres 2010 vollzogen zu haben2. Diese Einigung innerhalb der IDR hatte allerdings keinen rechtsverbindlichen Charakter. Die im Rahmen der IDR unternommenen Versuche, ein konkretes gemeinsames Umstiegsszenario zu erarbeiten, waren auch nicht erfolgreich. So wurde die IDR auch im November 2005 mit der Maßgabe der Neuausrichtung abgelöst und am 10.2.2006 durch das neu gegründete Forum Digitale Medien – Aktion für Rundfunk und neue Medien (FDM) ersetzt. Zielsetzung des FDM ist es, durch schlankere Strukturen mit einer konkreten Zuordnung von Schwerpunktarbeitsfeldern „klare zeitliche und inhaltliche Zielvorhaben“ zu entwickeln3. 19
Um das in der Rahmenrichtlinie4 angelegte und in § 1 TKG konkretisierte Prinzip der technologieneutralen Regulierung, das heißt der Anwendung eines einheitlichen Regulierungsrahmens auf alle Infrastrukturen sicherzustellen, ist allerdings eine entsprechende verbindliche gesetzliche Normierung des Umstiegsdatums auch für Satellit und Kabel erforderlich. Insoweit ist ein Handeln des Gesetzgebers gefordert, das TKG entsprechend an die Anforderungen der Infrastrukturneutralität anzupassen. Darüber hinaus ist es die erklärte Zielsetzung des neu eingefügten vierten Teils, „den Digitalisierungsprozess im Bereich der Rundfunkübertragung zu fördern und auf mehr Wettbewerb, gleichzeitig mehr Transparenz und Chancengleichheit der unterschiedlichen Zugangstechnologien hinzuwirken“5. Zwar haben es sowohl der Bundesgesetzgeber als auch die Länderparlamente versäumt, bei der Novellierung des TKG bzw. des RStV ein entsprechendes einheitliches Abschaltszenario für alle Infrastrukturen gleichermaßen zu regeln. Jedoch ist dieser Zielsetzung dadurch Rechnung zu tragen, dass die Regelung in § 63 Abs. 5 TKG im Lichte der geforderten Infrastrukturneutralität nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 TKG richtlinienkonform und gemäß dem Sinn und Zweck dahingehend auszulegen, dass für alle Infrastrukturen gleichermaßen eine Beendigung der analogen Übertragung im Jahre 2010 bzw. 2015 erreicht werden muss. _______________
1 Vgl. ausführlich hierzu „Einführung des digitalen Rundfunks in Deutschland – Startszenario 2000“, Sachstandsbericht und Empfehlungen der Initiative „Digitaler Rundfunk“ zur Digitalisierung von Hörfunk und Fernsehen unter Berücksichtigung der Verbreitung über Kabel, Satellit und Rundfunksender, http://www.bmwi. de. 2 Vgl. Begründung zum TKG-E, zum Dritten Teil, BT-Drucks. 15/2316. 3 Zur Organisationsstruktur des FDM vgl. http://www.bmwi.de/BMWI/Navigation/ Wirtschaft/Telekommunikation-und-Post/forum-digitale-medien.html. 4 Vgl. Erwägungsgrund 18 der Rahmenrichtlinie. Siehe auch Fraunhofer-Institut Systemtechnik und Innovationsforschung, Szenario für den Übergang der analogen zur digitalen Signalübertragung in den Breitbandkabelnetzen, Marktstudie für das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, 2004, S. 8. 5 Begründung zumTKG-E, zum Dritten Teil, BT-Drucks. 15/2316.
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Gegenwärtiger Stand der Digitalisierung
Rz. 22 J
2.2 Europarechtliche Vorgaben für die analoge Abschaltung Die rasche Digitalisierung entspricht im Übrigen auch den Vorgaben der Europäischen Kommission in ihrer Initiative „eEurope“1, wonach die Mitgliedstaaten von der Europäischen Kommission aufgefordert waren, bereits bis Ende 2003 „… ihre Absichten bezüglich eines möglichen … Übergangs [zu] veröffentlichen“. Die Europäische Kommission betonte hierbei, das Digitalisierungskonzept solle sicherstellen, dass die verschiedenen Infrastrukturen miteinander konkurrieren können. Um den Übergang zum Digitalfernsehen zu beschleunigen, sollten die Mitgliedstaaten die Klarheit bezüglich der Bedingungen für den geplanten Übergang zur digitalen Ausstrahlung schaffen. In ihrer Mitteilung vom 24.5.2005 hat die Europäische Kommission die Mitgliedstaaten erneut aufgefordert, den Übergang vom analogen zum digitalen Rundfunk zu beschleunigen und 2012 als endgültiges Auslaufdatum für analoges Fernsehen vorgeschlagen2. Der digitale Rundfunk biete nämlich über die effizientere Nutzung der ohnehin knappen Frequenzkapazitäten bessere Bild- und Tonqualität, besseren Empfang mit tragbaren und mobilen Geräten, mehr Fernseh- und Hörfunkprogramme sowie bessere Informationsdienste3.
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Während die Ausführungen der Bundesregierung in dem vorletzten Bericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit über den Stand der Digitalisierung zu den beiden Infrastrukturen Satellit und Terrestrik bereits einen recht hohen Digitalisierungsgrad bzw. einen konkreten Fahrplan für die Unterstützung der Digitalisierung verlauten ließen, wurde im Hinblick auf die Infrastruktur Kabel allerdings nur ein akuter Handlungsbedarf identifiziert. Auch der im September 2005 veröffentlichte Sachstandsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit mit dem Titel „Digitaler Hörfunk und digitales Fernsehen in Deutschland – Digitaler Rundfunk im 21. Jahrhundert“4 gelangte nach wie vor zu der Feststellung, dass „entscheidende Weichenstellungen noch ausstehen“.
21
Eine derartige Diskrepanz der Maßnahmen und Initiativen zur Förderung der Digitalisierung der verschiedenen Infrastrukturen lässt sich weder mit Erwägungsgrund 18 der Rahmenrichtlinie noch mit den §§ 1 und 2 Abs. 2
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1 Mitteilung der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „eEurope 2005: Eine Informationsgesellschaft für alle“, KOM (2002) 263. 2 KOM (2005), 204 endg. Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Beschleunigung des Übergangs vom analogen zum digitalen Rundfunk. 3 KOM (2005), 204 endg. Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Beschleunigung des Übergangs vom analogen zum digitalen Rundfunk; auch Tel-Com Brief, Juni 2005, S. 5. 4 http://www.bund.bmwa.de bzw. nunmehr http://www.bmwi.de.
Rickert | 1187
J Rz. 23
Rundfunkübertragung
TKG, die das Gebot der infrastrukturneutralen Regulierung im nationalen Recht verankern, vereinbaren1. Vielmehr haben insoweit sowohl der Gesetzgeber als auch die Exekutive auf ein Level Playing Field der Infrastrukturen hinzuwirken. 2.3 Gegenwärtiger Status der Digitalisierung der einzelnen Infrastrukturen in Deutschland 23
Von einem derartigen Level Playing Field der Infrastrukturen Terrestrik, Satellit und Kabel ist der aktuelle Stand der Digitalisierung in Deutschland jedoch nicht nur im Hinblick auf die gesetzlichen Rahmenvorgaben noch weit entfernt. Die tatsächliche Abschaltung des bislang analog verbreiteten Rundfunkangebotes vollzieht sich je nach Infrastruktur sehr unterschiedlich. 2.3.1 Stand der Digitalisierung bei der Terrestrik
24
Das terrestrische digitale Fernsehen DVB-T, das „Überallfernsehen“ ist nach Auffassung des Bundes und der Länder erfolgreich etabliert worden. Die Markteinführung wurde im November 2002 in Berlin/Brandenburg gestartet und dort mit einem sog. harten Switch Off der analogen Weiterverbreitung im August 2003 implementiert. Die positive Markteinführung in Berlin/Brandenburg2 hatte nachfolgend eine Impulswirkung auf andere Bundesländer mit dem Ergebnis, dass Ende 2005 etwa 65 % der Haushalte digitale terrestrische Programme empfangen konnten3.
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Insbesondere die öffentlich-rechtlichen Programmanbieter haben den Ausbau von DVB-T in der Fläche vorangetrieben. So sollten bis Ende 2008 über 90 % der Bevölkerung mit DVB-T abgedeckt sein4. Die privaten Programm_______________
1 So auch die Europäische Kommission im Beihilfeverfahren wegen der Förderung von DVB-T durch die Landesmedienanstalt Berlin/Brandenburg (MABB), die das Prinzip der Technologieneutralität in den Vordergrund gestellt hat und eine technologieneutrale Förderung von Set Top Boxen für alle drei Infrastrukturen, nämlich Terrestrik, Kabel und Satellit, als möglichen Weg aufgezeigt hat, vgl. http://www.teltarif.de/arch/2005/kw45/s19353.html. v. 9.11.2005; siehe Presseerklärung des Deutschen Kabelverbandes e.V. v. 10.11.2005, http://www.Deut scherKabelverband/Presse, sowie die Presseerklärung der ANGA e.V. v. 15.11. 2005, http://www.Anga.de/Presse. Vgl. insoweit auch Fraunhofer-Institut Systemtechnik und Innovationsforschung, Szenario für den Übergang der analogen zur digitalen Signalübertragung in den Breitbandkabelnetzen. Marktstudie für das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, 2004, S. 8. 2 Vgl. Einzelheiten hierzu in „Digitaler Hörfunk und digitales Fernsehen in Deutschland“, Sachstandsbericht des BMWA, September 2005, S. 17 ff. Siehe auch Schütz in: MMR 1/2004 VI AB. 3 „Digitaler Hörfunk und digitales Fernsehen in Deutschland“, Sachstandsbericht des BMWA, September 2005, S. 3. 4 Siehe Infosat v. 17.11.2005 sowie http://www.dvb-t-portal.de/news.
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Gegenwärtiger Stand der Digitalisierung
Rz. 26 J
anbieter wollten sich von vornherein nicht über die bisherigen Ballungsräume hinaus engagieren und haben auch in den Ballungszentren von der Wirtschaftlichkeit des Einzelfalles abhängig gemacht, ob sie sich bei DVB-T engagieren1. Allerdings ist angesichts der Entscheidung der Europäischen Kommission vom 9.11.2005, wonach es sich bei der Förderung der Inbetriebnahme des digitalen Fernsehens durch die Landesmedienanstalt Berlin/ Brandenburg (MABB) um eine rechtswidrige Beihilfe handelt, die zurückgezahlt werden muss2, äußerst fraglich, ob der Ausbau wie geplant weiter vorgenommen werden wird. Die Europäische Kommssion begründete ihre Entscheidung damit, dass die gewährten Fördermittel in Höhe von 4 Mio. Euro, die den privaten Programmanbietern in Berlin/Brandenburg als Gegenleistung für eine fünfjährige Sendeverpflichtung zur Verfügung gestellt wurden, den Wettbewerb zugunsten der terrestrischen Verbreitung von Rundfunk und zulasten der Verbreitung über Kabel und Satellit verfälschen. Die MABB hat allerdings beim Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften Klage gegen die Entscheidung der EU-Kommissionen eingereicht3. Vor dem Hintergrund ist wohl eher anzunehmen, dass sich das DVB-TAngebot der privaten Sender zukünftig sehr stark auf Ballungszentren fokussieren wird. ARD und ZDF sehen in DVB-T jedoch, insbesondere vor dem Hintergrund der angekündigten verschlüsselten Einspeisung der Free TV-Programme4 über Astra, langfristig das „Synonym für frei empfangbares Fernsehen“ und streben nach wie vor einen flächendeckenden Ausbau von DVB-T schon früher als 2010 an5.
2.3.2 Stand der Digitalisierung beim Satelliten Der Digitalisierungsprozess beim Satelliten ist allein durch den Markt getrieben bereits sehr weit fortgeschritten. Etwa ein Drittel der Satellitenhaushalte, nämlich ca. 4,3 Mio. der insgesamt knapp 14 Mio. Satellitenhaushalte, empfangen Fernsehsignale bereits ausschließlich digital6. Analo_______________
1 Antworten des Verbandes Privater Rundfunk und Telekommunikation e.V. (VPRT) zum „Fragenkatalog für das Expertengespräch am 9.3.2005“ mit der Monopolkommission zum Thema „Die Zukunft des digitalen Rundfunks in Deutschland, S. 4, http://VPRT.de/Positionen. 2 Siehe die Meldung der Europäischen Kommission, abrufbar unter http://www. teltarif.de/arch/2005/kw45/s19353.html v. 9.11.2005. Siehe auch die Presseerklärung des Deutschen Kabelverbandes e.V. v. 10.11.2005, http://www.Deutscher Kabelverband/Presse, sowie die Presseerklärung der ANGA e.V. v. 15.11.2005, http://www.Anga.de/Presse. Vgl. hierzu auch Koenig/Haratsch, ZUM 2005, 275 ff.; Koenig/Kühling, K&R 2004, 201 ff.; siehe auch MMR 9/2004, XX. 3 Vgl. Pressemeldung der MABB v. 30.1.2006, http://www.mabb.de. 4 Jedenfalls seitens RTL. 5 Vgl. Raff, Intendant des Süddeutschen Rundfunks, http://www.digitalfernsehen. de/news, am 2.9.2006. 6 Daten der Arbeitsgemeinschaft Fernsehen (AGF)/Gesellschaft für Konsumforschung (Gfk), Stand: Sommer 2005 bzw. Januar 2006.
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J Rz. 27
Rundfunkübertragung
ge Decoder werden kaum noch gekauft. Vor diesem Hintergrund erachtete das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit sogar einen Abschalttermin für das analoge Satellitenfernsehen vor 2010 für realisierbar1. 2.3.3 Stand der Digitalisierung beim Kabel 27
Völlig anders stellt sich die Situation im Kabel dar. Das Kabel ist mit etwa 20 Mio. Haushalten der meistgenutzte Verbreitungsweg für Fernsehempfang in Deutschland. Allerdings sind bislang nur ca. 2 Mio. der Kabelhaushalte digitalisiert2. Im Kabel soll die Umschaltung nicht wie bei DVB-T in einem harten Switch Off erfolgen, sondern durch die Realisierung einer Übergangsphase, in der die analoge und digitale Verbreitung parallel vorgenommen werden (sog. Simulcast)3. Eine vollständige Abschaltung der analogen Programme soll erst dann realisiert werden, wenn sich eine gewisse Dekoderpopulation im Markt entwickelt hat und ein bestimmter erforderlicher Prozentsatz digitaler Haushalte erreicht worden ist (sog. technische Reichweite)4. Die Abschaltung der analogen Programme, ohne dass eine ausreichende Dekoderpenetration bei den Endkunden sichergestellt ist, würde nämlich zu einer Reichweiteneinschränkung und damit möglicherweise zu einer Existenzgefährdung einzelner Programmanbieter führen.
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Bislang konnten sich allerdings die Kabelnetzbetreiber und die Programmveranstalter noch nicht auf ein einheitliches Umstellungs- und Abschaltungsszenario verständigen. Insbesondere im Bereich des Free-TV stockte der Digitalisierungsprozess aufgrund der lang andauernden Weigerung der werbefinanzierten Programmveranstalter, sich digital einspeisen zu lassen5. Lange Zeit speisten im Bereich des frei empfangbaren Fernsehens nämlich nur die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF ihre digitalen Bouquets ARD Digital und ZDF Vision ein6. Erst mit der im Dezem_______________
1 „Digitaler Hörfunk und digitales Fernsehen in Deutschland“, Sachstandsbericht des BMWA, September 2005, S. 3. 2 „Digitaler Hörfunk und digitales Fernsehen in Deutschland“, Sachstandsbericht des BMWA, September 2005, S. 1, Daten der Arbeitsgemeinschaft Fernsehen (AGF), Stand: Januar 2006. 3 Vgl. auch das „Positionspapier zur Digitalisierung des Kabels“ des Deutschen Kabelverbands e.V., in dem die Kabelnetzbetreiber der Netzebene 3 zusammengeschlossen sind, http://www.DeutscherKabelverband.de/Positionen. 4 So auch das Positionspapier der Landesmedienanstalten, „Eckwerte für den Übergang analog/digital im Kabel“ v. 8.6.2001, S. 14, http://www.alm.de. 5 Sie berufen sich dabei insbesondere auf ein digitales Urheberrecht. Siehe nur die sog. Primacom-Entscheidungen des LG Leipzig, ZUM 2001, 719, und des OLG Dresden, ZUM 2002, 231; Ladeur, ZUM 2002, 252 (261); Höppener/Weisser, ZUM 2003, 597 ff.; Charissé, K&R 2002, 164 ff.; Gounalakis/Mand, Kabelweiterleitung und urheberrechtliche Vergütung, 2003; siehe auch die Antworten des Verbandes Privater Rundfunk und Telekommunikation e.V. (VPRT) auf den „Fragenkatalog für das Expertengespräch am 9.3.2005“ mit der Monopolkommission zum Thema „Die Zukunft des digitalen Rundfunks in Deutschland“, S. 9 f. 6 Vgl. MMR 5/2004, XXIII.
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Gegenwärtiger Stand der Digitalisierung
Rz. 29 J
ber 2005 zwischen Kabel Deutschland und der RTL-Serderfamilie erzielten Einigung über einen digitalen Einspeisevertrag für die Sender RTL Television, Vox, RTL2, Super RTL und n-tv ist insoweit ein Paradigmenwechsel eingetreten1. Anders als im Bereich des Free- TV hat sich im Bereich des Pay-TV mittlerweile allerdings über das Angebot von Premiere hinaus ein umfangreiches Angebot an eigenen Pay-TV Bouquets der Kabelnetzbetreiber entwickelt2. Diese vertikale Vorwärtsintegration der Netzbetreiber ist wiederum seitens der Programmanbieter vehement kritisiert worden und trägt daher zu der Blockade der Digitalisierungsdiskussion durch die Free-TV-Anbieter bei3. Vor dem Hintergrund der konvergierenden Interessen der verschiedenen Marktbeteiligten, appellierte das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit auch an die Marktbeteiligten, „gemeinsam ein Übergangsszenario [zu] erarbeiten, welches unter Berücksichtigung des bisherigen Zeitziels 2010 ein sukzessives Auslaufen der analogen Übertragung ermöglicht und dabei den Handel, Verbraucherverbände und die Wohnungswirtschaft [einbezieht]“4. Um sicherzustellen, dass ein solches Übergangsszenario nicht nur die Interessen der großen Senderfamilien, sondern auch diejenigen kleinerer und damit auch mit weniger Verhandlungsmacht ausgestatteter Sender berücksichtigt, hat die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) eine Arbeitsgruppe unter der Leitung der Beyerischen Landesmedienanstalt (BLM) eingesetzt, welche ein umfassendes Migrationskonzept ermöglichen soll, das sowohl Netzbetreibern als auch Inhalteanbietern gleichermaßen Rechtssicherheit gewährleistet. In einem ersten Schritt sollten sowohl die Inhalteanbieter als auch die Kabelnetzbetreiber zu dem geplanten Migrationskonzept angehört werden5. Die Ursachen für den lang andauernden Stillstand der Digitalisierung im Kabel sind nicht zuletzt in den unterschiedlichen Auffassungen der Marktbeteiligten zu den in den §§ 48–51 TKG normierten Regelungen zu finden. Insbesondere Fragen im Hinblick auf die Spezifikation von Set Top Boxen, der Modalitäten der Verwendung von Conditional Access Systemen und den Rahmenbedingungen des Simulcast gehören zu den Brennpunkten der Dis_______________
1 Presseerklärung von Kabel Deutschland v. 22.12.2005, http://www.KabelDeutsch land.com. 2 Vgl. beispielsweise die verschiedenen Fremdsprachenpakete, das Produkt „Kabel Digital Home“ von Kabel Deutschland, das frühere Produkt „ish Plus TV“ von ish bzw. das aktuelle „tividi“ sowie das Angebot von Arena. Aber auch Eutelsat bietet ein Pay TV-Bouquet für Kabelkunden an. 3 Antworten des Verbandes Privater Rundfunk und Telekommunikation e.V. zum „Fragenkatalog für das Expertengespräch am 9.3.2005“ der Monopolkommission zum Thema „Die Zukunft des digitalen Rundfunks in Deutschland“, S. 6 f. Siehe auch „Digitaler Hörfunk und digitales Fernsehen in Deutschland“, Sachstandsbericht des BMWA, September 2005, S. 58. 4 „Digitaler Hörfunk und digitales Fernsehen in Deutschland“, Sachstandsbericht des BMWA, September 2005, S. 2. 5 Vgl. auch Schütz, MMR 7/2006, S. XVI f.
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Rundfunkübertragung
kussion1. Inwieweit die Novellierung des TKG und die neu geschaffenen Regelungen in den §§ 48 bis 51 TKG zu einer Klärung dieser Fragestellungen und damit zur Beschleunigung der Digitalisierung im Kabel beitragen können, hängt nicht zuletzt von der Kompromissbereitschaft der verantwortlichen Behörden bei der Anwendung dieser Bestimmungen des TKG in Abgrenzung zu den entsprechenden Regelungen des RStV ab.
3. Interoperabilität von Fernsehgeräten 30
§ 48 TKG stellt Anforderungen an die Interoperabilität von Fernsehgeräten und setzt damit Art. 24 Universaldienstrichtlinie in Verbindung mit Anhang VI der Universaldienstrichtlinie um. Gleichzeitig ersetzt § 48 TKG die nahezu identischen Regelungen der §§ 3 Abs. 1 Satz 3 und 5 FÜG.
31
Interoperabilität im Sinne der Norm meint die technische Möglichkeit der Zusammenschaltung von Fernsehgeräten mit digitalen Empfangsgeräten zur Verbreitung digitaler Dienste2. Nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 7 TKG gehören hierzu sowohl Set Top Boxen als auch Fernsehgeräte mit integriertem Decoder. § 48 TKG schreibt bestimmte technische Standards für Fernsehgeräte fest, um die Interoperabilität von Fernsehgerät und digitalem Empfangsgerät zugunsten des Endkunden sicherzustellen. Ziel der Vorschrift ist es, auf einen endnutzerorientierten TV-Endgerätemarkt mit einheitlichen technischen Standards hinzuwirken3. Insbesondere vor dem Hintergrund der angestrebten Digitalisierung soll sichergestellt werden, dass heute noch in den Markt gebrachte analoge Fernsehgeräte den Anschluss eines digitalen Decoders ermöglichen, um künftig digitale Angebote nutzen zu können (vgl. nachfolgend Rz. 35 ff.).
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Aber auch nicht jedes digitale Fernsehgerät wird darauf ausgelegt sein, sämtliche digitalen Fernsehprogramme und Zusatzangebote, die sich entwickeln werden, abzubilden. Daher müssen auch diese TV-Geräte einheitliche Schnittstellen aufweisen, welche den Anschluss von Zusatzgeräten gestatten, so dass die Endkunden die künftig zur Verfügung gestellten digitalen Anwendungen auch nutzen können. 3.1 Normadressat
33
§ 48 TKG knüpft an die Endgeräte an und bestimmt damit nicht ausdrücklich, wer der Adressat der Bestimmung ist. Nach dem Schutzzweck der _______________
1 Vgl. ausführlich zu diesen Fragestellungen und dem aktuellen Stand der Diskussionen unter den Marktbeteiligten die Marktstudie des Fraunhofer Instituts Systemtechnik und Innovationsforschung „Szenario für den Übergang der analogen zur digitalen Signalübertragung in den Breitbandkabelnetzen“, 2004. 2 Siehe auch Erwägungsgrund 33 der Universaldienstrichtlinie. 3 Vgl. Begründung zu § 40 TKG-E, BT-Drucks. 15/2316.
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Interoperabilität von Fernsehgeräten
Rz. 34 J
Norm richtet sich die Regelung vorrangig an die Hersteller von Endgeräten, weil diese in erster Linie die Vermarktung ihrer Endgeräte bestimmen. Eine Einflussnahme auf die Entwicklung des Endgerätemarktes kann aber durch Netzbetreiber, Programmanbieter und andere Betreiber digitaler Plattformen gleichermaßen erfolgen. Im Lichte des Schutzzwecks der Bestimmung werden deshalb auch diejenigen Marktteilnehmer vom Regelungsgehalt der Vorschrift erfasst, die direkt oder indirekt Einfluss auf die Spezifizierung von Endgeräten nehmen. Die Einflussnahme kann schließlich auf sehr unterschiedliche Weise erfolgen. Durch die Subventionierung von bestimmten Endgeräten kann etwa ein Netzbetreiber dazu beitragen, dass sich eine bestimmte Endgerätepopulation schneller verbreitet als eine andere. Die Subventionierung der mobilen Endgeräte durch die Mobilfunknetzbetreiber hat beispielsweise auch dazu beigetragen, die Mobilfunkpenetration zu beschleunigen. Auf diese Weise haben die Mobilfunknetzbetreiber auch Einfluss darauf genommen, welche Hersteller von Endgeräten sich in Deutschland durchzusetzen vermochten und welche nicht. In Deutschland hatten die Satelliten- und Kabelnetzbetreiber allerdings in der Vergangenheit von einer Subventionierung wie im Mobilfunkbereich abgesehen und auf einen freien Kauf- oder Mietmarkt für Fernsehgeräte und Decoder gesetzt1. Mit dem Vermarktungsstart von „tividi“ des Gemeinschaftsunternehmens Unity Media, welches aus dem Zusammenschluss von ish in Nordrhein-Westfalen und isey in Hessen hervorging, korrigierten die Netzebene 3-Betreiber diese Haltung jedoch erstmalig. Die von Unity Media subventionierten Dekoder mit ihren entsprechenden Spezifikationen haben demnach größere Verbreitungschancen als die Set Top Boxen anderer Hersteller. Das wiederum hat den Druck auf andere Anbieter erhöht, entsprechend nachzuziehen. Aber nicht nur durch die Endgerätesubventionierung kann eine gewisse Marktsteuerung vorgenommen werden. Auch die Verleihung von Gütesiegeln oder ein besonders attraktives Product-Bundling kann dazu beitragen, dass sich eine bestimmte Set Top Box besser vermarktet als eine andere. So vergeben beispielsweise sowohl Premiere als auch Kabel Deutschland Gütesiegel, die den Endkunden bei der Kaufentscheidung darüber informieren sollen, dass die Produkte des jeweiligen Anbieters mit dem entsprechenden Decoder empfangbar sind2. Von den Programmanbietern ist dieses Vorgehen heftig kritisiert worden, weil diese mit der Verleihung der Gütesiegel eine Beeinflussung des Endkunden zugunsten des Verwenders des Gütesiegels und bestimmter von diesem spezifizierte Set Top Boxen vermuteten, die nach ihrer Auffassung den Interoperabilitätsanforderungen nicht genügen3. _______________
1 „Digitaler Hörfunk und digitales Fernsehen“, Sachstandsbericht des BMWA, September 2005, S. 14; Deutscher Kabelverband e.V., http://www.DeutscherKabelver band.de/Positionen. 2 Kabel Deutschland vergibt ein sog. Kabel Digital-Logo, während Premiere ein sog. PREMIERE geeignet-Logo vorsieht. 3 Vgl. hierzu beispielsweise „Digitaler Hörfunk und digitales Fernsehen“, Sachstandsbericht des BMWA, September 2005.
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J Rz. 35
Rundfunkübertragung
Zielsetzung des § 48 TKG ist es, diese Bedenken zu adressieren und auf die Offenheit digitaler Plattformen hinzuwirken, infolgedessen sind die genannten Marktteilnehmer auch Verpflichtete im Sinne des § 48 TKG. 3.2 Anforderungen an analoge Fernsehgeräte (§ 48 Abs. 1 TKG) 35
§ 48 Abs. 1 TKG normiert dabei Anforderungen an analoge Fernsehgeräte. Mit Blick auf die angestrebte Digitalisierung soll auf der Grundlage des § 48 Abs. 1 TKG sichergestellt werden, dass auch an analoge Fernsehgeräte, die nach wie vor vermarktet werden, zukünftig eine Set Top Box und andere digitale Zusatzgeräte wie beispielsweise DVD-Geräte angeschlossen werden können, um dem Endkunden die Nutzung digitaler Fernsehprogramme und anderer digitaler Zusatzdienste zu ermöglichen. Analoge Fernsehgeräte haben nämlich im Vergleich zu den von Abs. 2 und 3 des § 48 TKG umfassten digitalen Fernsehgeräten keine integrierten Digital/Analog-Wandler und können deshalb keine digitalen Signale darstellen. Es bedarf vielmehr erst eines Decoders, der die digitalen Signale durch Demodulation und Decodierung in analoge Signale umwandelt1. Deshalb verlangt die Bestimmung, dass jedes analoge Fernsehgerät, dessen Bildschirmdiagonale 42 cm überschreitet, mit mindestens einer entsprechenden Schnittstelle ausgestattet sein muss, die von einer anerkannten europäischen Normungsorganisation abgenommen wurde. Der Begriff „Schnittstelle“ umfasst auch physische Schnittstellen, die als Steckverbindung oder Buchse zwischen verschiedenen Geräten eingerichtet werden können2. Diesen Anforderungen genügt bereits eine sog. SCART-Buchse3, womit analoge Fernsehgeräte in der Regel ausgestattet sind. Diese wurde von der europäischen Normungsorganisation CENELC genormt. Gleichermaßen anerkannte Normungsorganisationen sind CEN und ETSI.
36
Geht man vom Wortlaut des § 48 Abs. 1 TKG aus, ist die Verwendung eines von einer europäischen Normungsorganisation anerkannten Standards zwingend vorgeschrieben und die Verwendung gemeinsamer, branchenweiter und offener Spezifikationen nicht möglich. Im Lichte des Schutzzwecks der Regelung ist aber eine Auslegung des Wortlauts der Vorschrift dahingehend vorzunehmen, dass auch solche Schnittstellen genügen, die zwar nicht genormt, aber dennoch „offen“ sind und einer branchenweiten Übereinkunft entsprechen. Ansonsten würde die technologische Weiterentwicklung zulasten der Entnutzer ungerechtfertigterweise eingeschränkt werden. Offen ist eine Schnittstelle im Sinne des § 48 TKG, wenn die Spezifikationen zu chancengleichen, angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen zugänglich sind. Die entsprechenden Definitionen gleichen denen nach dem _______________
1 Siehe dazu Ziemer, Digitales Fernsehen: Eine neue Dimension der Medienvielfalt, 1997, S. 246 ff. 2 Klußmann, Lexikon der Kommunikation- und Informationstechnik, S. 864. 3 CENELEC-Norm 50 049-1: 1997.
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Interoperabilität von Fernsehgeräten
Rz. 37 J
RStV in Verbindung mit der Satzung Digitaler Zugang weitgehend. Infolgedessen sind die Kriterien auch entsprechend auszulegen, sofern nicht aufgrund der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung Einschränkungen erforderlich sind. Chancengleich sind Bedingungen regelmäßig dann, wenn sie allen Berechtigten reale Chancen auf Zugang eröffnen1. Allerdings wird bei der Bestimmung der Chancengleichheit auf der Grundlage des Rundfunkstaatsvertrages die Frage der Zulässigkeit gewisser Privilegierungen als Ausfluss der verfassungsrechtlich gebotenen Berücksichtigung gewisser rundfunkrechtlicher Aspekte sehr unterschiedlich beurteilt2. Dies soll insbesondere für sog. Must Carry-Inhalte gelten3. Da entsprechende Anknüpfungspunkte für Privilegierungen aber lediglich an Aspekte der Inhaltsregulierung anknüpfen und diese für die Auslegung auf der Grundlage des TKG daher nicht in Betracht kommen, ist die Chancengleichheit im Sinne des TKG damit als Verbot jedweder Differenzierung ohne sachliche Rechtfertigung zu betrachten. Die Diskriminierungsfreiheit setzt voraus, dass die Decoder über zugangsoffene Schnittstellen verfügen, die Dritten die Herstellung und den Betrieb eigener Anwendungen erlauben und dem Stand der Technik, insbesondere einheitlich normierten Standards, entsprechen. Derselbe Zugangsdienst ist verschiedenen Berechtigten dergestalt anzubieten, dass diese nicht unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder gegenüber gleichartigen Unternehmen ohne sachlichen Grund unterschiedlich behandelt werden4. Inwieweit das Kriterium der Angemessenheit der Zugangsbedingungen über die Diskriminierungsfreiheit und die Chancengleichheit hinaus noch zusätzliche selbständig überprüfbare Anforderungen aufstellt, ist zweifelhaft. Denn eine Heranziehung der Auslegungskriterien der Satzung der Landesmedienanstalten über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten ist nicht uneingeschränkt möglich. Diese beurteilen die Angemessenheit nämlich unter anderem danach, ob der Diensteanbieter Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung der Fernsehdienste zu nehmen versucht5. Ansonsten würde einerseits doch eine nicht gewollte und verfassungsrechtlich nicht zulässige Ausdehnung der Kontrolle durch die BNetzA auf die Inhalteregulierung stattfinden und zum anderen würden die spezielleren Entgeltregulierungsbestimmun_______________
1 Vgl. auch § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 der Satzung über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten gemäß § 53 Abs. 6 RfStV. 2 Vgl. hierzu Schulz in Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 53 Rz. 44; siehe auch Gersdorf, Chancengleicher Zugang zum digitalen Fernsehen, 1998, S. 148 f. 3 Kuch, ZUM 2002, 248 (251). 4 Vgl. auch § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 der Satzung über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten gemäß § 53 Abs. 6 RfStV; siehe auch Kuch, ZUM 2002, 248 (251). Zum Teil werden die Begrifflichkeiten „chancengleich“ und „nicht diskriminierend“ – jedenfalls in der alten Fassung des RStV – für synonym erachtet, so Beucher/Leyendecker/v. Rosenberg, Rundfunkstaatsvertrag, § 53 Rz. 9. 5 Vgl. § 4 Abs. 3 der Satzung; Schulz in: Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 53 Rz. 33; König/Kösling, ZUM 2005, 289 (290).
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Rundfunkübertragung
gen der §§ 27 ff. nach dem TKG ausgehebelt werden. Nach der Satzung wäre nämlich zu überprüfen, ob der Verpflichtete
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–
ein Vertragsangebot macht, das alle relevanten Punkte enthält,
–
Zugangsdienste soweit möglich entbündelt und unabhängig vom Netzzugang anbietet,
–
Zugangsdienste zu Entgelten anbietet, welche nicht prohibitiv wirken und innerhalb eines gleichartigen Anbieterkeises identisch festgesetzt werden,
–
keinen Einfluss auf die inhaltliche Ausgestaltung der Angebote des Berechtigten ausübt.
Ein derartig weitreichender Prüfungsumfang würde über die Zielsetzung der Regulierung auf der Grundlage des vierten Teils des TKG hinausgehen und ist deshalb abzulehnen. Dies bedeutet jedoch nicht, auf die Angemessenheitsprüfung als eigenständiges Prüfkriterium zu verzichten, sondern auf Fragen der Entbündelung zu konzentrieren. 3.3 Anforderungen an digitale Fernsehgeräte (§ 48 Abs. 2 TKG)
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§ 48 Abs. 2 TKG regelt die Mindestanforderungen an digitale Fernsehgeräte, die mittlerweile den größten Anteil der in den Markt gebrachten Endgeräte ausmachen. Nach Vorstellung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit sollten sich die Marktbeteiligten auch darauf verständigen, ab einem gewissen Stichtag nur noch digitale Empfangsgeräte in den Markt zu bringen1. 3.3.1 Common Interface („CI“)
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§ 48 Abs. 2 Nr. 1 TKG verlangt, dass auch digitale Fernsehgeräte eine Anschlussbuchse für ein weiteres digitales Empfangsgerät aufweisen. Hierbei wird es sich im Regelfall um einen Decoder handeln. Wie der europarechtlichen Vorgabe in Anhang VI der Universaldiensterichtlinie entnommen werden kann, ist hiermit insbesondere eine DVB-Schnittstelle gemeint. Andere offene Schnittstellen sind jedoch ebenfalls zulässig, sofern sie einer branchenweiten Übereinkunft entsprechen.
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Zum anderen verlangt die Bestimmung „die Möglichkeit einer Zugangsberechtigung“. Diese Formulierung ist insofern missverständlich, als dass dies vermeintlich auf die Regelung von sog. Conditional Access-Systemen in § 50 TKG zu verweisen scheint. Hiermit ist aber nicht das in § 50 TKG regulierte Zugangsberechtigungssystem gemeint, sondern vielmehr ein sog. Common Interface („CI“). Ein CI ermöglicht die Verwendung unterschied_______________
1 „Digitaler Hörfunk und digitales Fernsehen in Deutschland“, Sachstandsbericht des BMWA, September 2005, mit entsprechenden Aussagen für jede Infrastruktur.
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Interoperabilität von Fernsehgeräten
Rz. 43 J
lichster CI-Module mit der erforderlichen Software, die in den CI-Schacht des Decoders eingelegt werden, um eine Entcodierung vorzunehmen und dem Endnutzer auf diese Weise Zugang zu den geschützten Inhalten zu verschaffen. Durch die Verwendung verschiedener CI-Module kann der Endkunde nämlich mittels unterschiedlicher Verschlüsselungssysteme verschlüsselte Inhalte mit ein und demselben Decoder entschlüsseln. Wenn der Decoder jedoch nicht über das CI verfügt, muss sich der Endkunde verschiedene Set Top Boxen zulegen, um sich verschieden verschlüsselte Inhalte zugänglich machen zu können. Sollten sich Decoder mit CI im Markt durchsetzen, wäre die Voraussetzung für einen Wettbewerb verschiedener Verschlüsselungssysteme geschaffen. Allerdings setzt dies wiederum die Verfügbarkeit entsprechender CI-Module voraus, was derzeit in Deutschland noch nicht in nachhaltiger Form gewährleistet ist. 3.3.2 Application Programming Interface („API“) Das interaktive Fernsehen ermöglicht es dem Zuschauer, direkt mit Fernsehsendungen zu interagieren, Spiele zu spielen oder Nachrichten zu senden. Um diese Interaktivität realisieren zu können, ist ein Softwaremodul im Decoder erforderlich, das Anwendungsprogrammierschnittstelle („API“) genannt wird. Die API ist die Softwareschnittstelle zwischen dem Betriebssystem des Decoders und den von der Set Top Box empfangenen Softwareprogrammen, die Anwendungen wie beispielsweise den elektronischen Programming Guide („EPG“)1 oder das Einblenden von Zusatzinformationen oder Gewinnspielen, E-Mail-Versand oder Shopping-Angebote enthalten. Die API wird deshalb auch häufig als sog. Middleware zwischen Hard- und Software bezeichnet.
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§ 48 Abs. 2 Nr. 2 TKG, der Art. 18 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie in nationales Recht umsetzt und § 3 Abs. 1 Nr. 3 FÜG ersetzt, stellt Anforderungen an die APIs digitaler Fernsehempfangsgeräte auf, „soweit“ ein Decoder eine solche vorsieht. Es besteht demnach keine Verpflichtung, eine Set Top Box mit einer API auszustatten. Im Regelfall wird jedoch eine API gegeben sein. Denn von den heute in Europa in Gebrauch befindlichen etwa 32 Millionen Digitalempfänger sind mindestens 25 Millionen zur Interaktivität befähigt2.
43
_______________
1 Ein EPG ist ein Navigationssystem, das Programme und Dienstleistungsangebote ähnlich wie eine Fernsehzeitschrift elektronisch darstellt und dem Zuschauer hilft, zwischen verschiedenen angebotenen Programmen oder Diensteangeboten auszuwählen und zu navigieren. Der EPG ist insoweit bei der Programmvielfalt der digitalen Welt ein wichtiges Bedienelement. Er stellt gleichzeitig auch ein gewichtiges Element der Kundenansprache dar, so dass sämtliche Programmveranstalter und Anbieter von Mediendiensten ein Interesse daran haben, besonders prominent gelistet zu werden. Der EPG hat aber nicht nur im Pay-TV eine große Relevanz, sondern auch bei der Verbreitung von digitalen Programmen im FreeTV. 2 So die Europäische Kommission, http://europa.eu.int/comm.eu.int/index_de.htm.
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J Rz. 44
Rundfunkübertragung
Wenn eine Set Top Box jedoch eine API enthält, muss es sich um eine offene Schnittstelle handeln, so dass auch Dritten die Herstellung und der Betrieb eigener Anwendungen ermöglicht wird. Gemäß § 150 Abs. 6 TKG gilt diese Verpflichtung allerdings nur für Empfangsgeräte, die seit dem 1.1.2005 in den Verkehr gebracht worden sind bzw. werden. 44
Damit die Set Top Box eine Anwendung realisieren kann, muss die Anwendung auf die API abgestimmt sein. Der Anbieter der Anwendung kann diese Anpassung allerdings nur dann vornehmen, wenn die Spezifikation der API „offen“ ist. Offen im Sinne der Norm ist sie, wenn sie den Nutzern zu chancengleichen, angemessenen und transparenten Bedingungen zugänglich ist (vgl. hierzu Ausführungen unter Rz. 36 ff.). Denn nur dann ist auch der Zugang des Endkunden zu den unterschiedlichen Anwendungen gewährleistet.
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Eine proprietäre Lösung erfüllt diese Anforderungen nicht. Eine MHP („Multimedia Home Platform“)-Schnittstelle hingegen würde eine solche offene Lösung darstellen. MHP ist derzeit zwar die einzige offene Norm, die von den EU-Normungsgremien anerkannt worden ist, aber dennoch haben sowohl die EU-Kommission als auch der nationale Gesetzgeber davon Abstand genommen, MHP als verbindlichen Standard vorzugeben. Dies gilt, obwohl insbesondere die öffentlich-rechtlichen Programmanbieter in Deutschland sehr hierauf gedrängt hatten1. Statt dessen hat sich die Kommission erneut dafür ausgesprochen, dass die Mitgliedstaaten freiwillig auf offene Standards unter Einbeziehung von MHP setzen und diese fördern2. Allerdings haben sich im Jahr 2004 einige Programmveranstalter, Gerätehersteller, die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) und die Kabel Deutschland GmbH in der Berliner Erklärung, welche eine Fortführung der sog. Mainzer Erklärung von 2001 darstellt, auf einen Maßnahmenkatalog zur Einführung von MHP in Deutschland geeinigt3.
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Anderweitige branchenweite und offene API-Spezifikationen sind demnach ausdrücklich auch gestattet. Diese Entscheidung ist insofern zu begrüßen, als dass es dem Ziel, möglichst schnell eine Set Top Boxen-Population zu schaffen und damit die Digitalisierung zu beschleunigen, zuwiderliefe, einen einheitlichen Standard regulatorisch vorzugeben. Denn ein Greenfield-Markt, wie ihn der deutsche Decodermarkt im Kabel darstellt, ent_______________
1 Vgl. auch MMR 9/2004, XX. Die Kommission hat die Einrichtung einer Gruppe der Mitgliedstaaten zur Implementierung von MHP vorgeschlagen. Darüber hinaus hat sie bestätigt, dass die Mitgliedstaaten Beihilfen zum Kauf interaktiver Fernsehempfänger anbieten können, sofern diese im Einklang mit den Regeln über staatliche Beihilfen stehen, http://europa.eu.int/information_society/topics/ ecomm/useful_information/library/communic_reports/index. Vgl. auch http:// www.it-news.de. So förderte die italienische Regierung beispielsweise die Anschaffung eines DVB-T-Receivers mit integriertem MHP mit 150,– Euro pro Haushalt, vgl. Digital TV, Meldung v. 1.11.2005. 2 http://euopa.eu.int./comm/index_de.htm; http://www.mhp.org. 3 Vgl. docuwatch 1/2004, S. 208.
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Interoperabilität von Fernsehgeräten
Rz. 48 J
wickelt sich ohne regulatorische Intervention in Form der Festschreibung von Standards schneller1. 3.4 Anforderungen an Decoder mit integrierten Zugangsberechtigungssystemen (§ 48 Abs. 3 TKG) § 48 Abs. 3 TKG stellt sicher, dass nicht nur die APIs, sondern auch die Fernsehempfangsgeräte mit einem integrierten Zugangsberechtigungssystem „offen“ im Sinne der unter Rz. 44 dargelegten Definition sind. Nach dieser Bestimmung müssen Decoder mit einem integrierten Zugangsberechtigungssystem über die „Offenheit“ hinaus zwei weitere Anforderungen erfüllen: Zum einen müssen sie Signale darstellen, die dem Verwürfelungsalgorithmus „Common Scrambling“ entsprechen. Hierbei handelt es sich um eine offene Spezifikation, die bei ETSI (Europäisches Institut für TK-Normen) hinterlegt ist. Zum anderen müssen sie auch unverschlüsselte Signale darstellen können. Auf diese Weise wird verhindert, dass nur die Inhalte und Angebote einzelner Anbieter, zum Beispiel der Pay-TV-Anbieter, empfangbar sind. Letztgenannte Anforderung dient mithin insbesondere dazu sicherzustellen, dass die unverschlüsselten Free-TV Programme mit jeder Art von Decoder empfangbar sind.
47
§ 48 Abs. 3 Nr. 1 TKG in der vor dem 23.2.2007 geltenden Fassung forderte ursprünglich, dass ausnahmslos jedes digitale Fernsehempfangsgerät, für das eine Zugangsberechtigung vorgesehen ist, auch Signale darstellen können muss, die dem einheitlichen europäischen Kodieralgorithmus Common Scrambling entsprechen. Zum Zwecke der Umsetzung dieser Vorschrift im Bereich IPTV wurde § 48 Abs. 3 Nr. 1 TKG durch Art. 2 Nr. 15 des Gesetzes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften vom 18.2.2007 (BGBl. I S. 106–121) ergänzt. Danach kann die BNetzA für Geräte, bei denen die Zugangsberechtigung mittels eines Digital Rights Management Systems realisiert wird, abweichende Anordnungen und andere geeignete Maßnahmen zur Sicherstellung der Interoperabilität für digitale Fernsehempfangsgeräte treffen (vgl. auch Mitteilung Nr. 425/2007 der BNetzA, ABl. 11/2007, S. 2381).
47a
3.4.1 Zulässigkeit einer Verschlüsselung von Free-TV? Ob allerdings aus § 48 Abs. 3 TKG abgeleitet werden kann, dass eine Grundverschlüsselung unzulässig wäre, wird sehr unterschiedlich beurteilt2. In die _______________
1 Gegen eine gesetzliche Festlegung technischer Normen auch schon Kuch, ZUM 2002, 248 (251) unter Verweis auf den gescheiterten Versuch der Europäischen Kommission D-2-Mac als Übertragungsverfahren für Farbfernsehen vorzuschreiben. 2 Vgl. MMR 5/2004, XXIII. Die privaten Free-TV-Anbieter haben insoweit aber eine Neupositionierung vorgenommen, indem sie nunmehr öffentlich die Grundverschlüsselung zumindest für eine „Option“ erachten, vgl. INFOSAT 2005, S. 12, 13 bzw. die RTL-Gruppe seit dem 1.1.2006 sogar begonnen hat, ihre Free-TV-Programme grundverschlüsselt in das Netz von Kabel Deutschland einzuspeisen; vgl. Rz. 28.
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48
J Rz. 49
Rundfunkübertragung
Beurteilung dieser Fragestellungen fließen neben den telekommunikationsrechtlichen und rundfunkrechtlichen Aspekten auch urheberrechtliche Erwägungen mit ein1. An dieser Stelle soll aber lediglich auf die Frage eingegangen werden, ob aus der telekommunikationsrechtlichen Verpflichtung, unverschlüsselte Signale darstellen zu können, ein Verbot der Grundverschlüsselung abgeleitet werden kann. 49
Der Wortlaut der Bestimmung adressiert diese Fragestellung allerdings nicht, auch in den Gesetzesmaterialien findet sich keinerlei Hinweis auf die Beantwortung dieser Frage. Im Hinblick auf die vom TKG geforderte Infrastrukturneutralität der telekommunikationsrechtlichen Regelung muss es aber zulässig sein, mittels der Verschlüsselung eine Vertragsbeziehung zum Endkunden zu begründen, um sicherzustellen, dass nur berechtigte Endkunden in den Genuss der bereitgestellten Leistung kommen. Denn auch Betreiber anderer Telekommunikationsnetze kennen in der Regel die Endkunden, denen sie einen Anschluss zur Verfügung stellen, aufgrund einer entsprechenden Vertragsbeziehung. Schutzzweck des § 48 TKG ist es lediglich, die Interoperabilität zu gewährleisten. Solange die Durchführung der Basisverschlüsselung nicht zu einer Beeinträchtigung der Interoperabilität führt, steht § 48 TKG der Verschlüsselung von Free-TV nicht entgegen. Denn die Offenheitsverpflichtung besteht schließlich nur gegenüber zum Zugang berechtigten Endkunden, nicht aber gegenüber jedem Endkunden.
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Selbst diejenigen, die sich gegen die Basisverschlüsselung von Free-TV wenden, räumen ein, dass „es zumindest fraglich [sei], ob aus der Verpflichtung, unverschlüsselte Signale darstellen zu können, ein Verbot der Grundverschlüsselung hergeleitet werden könne“2. Vielmehr wurde das Verbot der Basisverschlüsselung auf der Grundlage des alten TKG vielfach aus dem dort verankerten Entbündelungsgebot hergeleitet. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass § 48 Abs. 3 TKG jedenfalls einer Basisverschlüsselung von Free-TV nicht entgegensteht. 3.4.2 Erstreckung der Interoperablitätsforderung auf Empfangsgeräte ohne Zugangsberechtigungssystem
51
Nach seinem Wortlaut normiert § 48 Abs. 3 TKG die Verpflichtung zur „Offenheit“ zwar nur für Decoder mit integriertem Zugangsberechtigungssystem. Aber nach dem Schutzweck der Norm müssen auch reine ZappingBoxen, mit denen kein Pay-TV, sondern nur Free-TV empfangen werden kann, den Interoperabilitätsanforderungen genügen. Ansonsten könnte mit der Etablierung einer Zapping-Box-Population im Markt die Weiterentwicklung von Pay-TV in Deutschland verhindert werden. In diese Richtung gingen auch die von Premiere, kleineren Programmveranstaltern und Kabel Deutschland in den Diskussionen mit den übrigen Marktbeteiligten vorge_______________
1 Vgl. auch Wille, ZUM 2002, 261 (265). 2 Wille, ZUM 2002, 261 (265).
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Rz. 54 J
Interoperabilität der Übertragung digitaler Fernsehsignale
tragenen Bedenken. Denn aufgrund der beträchtlichen Marktanteile der Free-TV-Anbieter in Deutschland könnte der Markteintritt von Spartenkanälen ansonsten erschwert oder gar verhindert werden. Denn Spartenkanäle haben nur im Falle der Pay-TV-Vermarktung eine realistische Überlebenschance, weil sie nicht über die für ein einzig auf Werbezeitenvermarktung basierendes Geschäftsmodell erforderliche technische Reichweite verfügen, sondern vielmehr auf die Finanzierung durch Abonnemententgelte angewiesen sind. Diese über den Wortlaut der Regelung hinausgehende Auslegung im Lichte des Schutzzwecks der Norm entspricht auch den europarechtlichen Vorgaben. Denn auch Anhang VI zu Art. 24 der Universaldienstrichtlinie sieht die im TKG vorgenommene Einschränkung auf Set Top Boxen mit integriertem Zugangsberechtigungssystem nicht vor. Somit ist die Bestimmung europarechtskonform dahingehend auszulegen, dass sämtliche Decoder – gleichgültig, ob mit integriertem Zugangsberechtigungssystem oder ohne – den Interoperabilitätsanforderungen genügen müssen.
52
3.5 Verfahrensrechtliche Durchsetzung der Bestimmung Der Gesetzgeber hat in § 49 TKG keine Aussage über die Modalitäten der verfahrensrechtlichen Durchsetzung der statuierten Anforderungen an analoge und digitale Fernsehempfangsgeräte getroffen. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Auffangbestimmung des § 126 TKG zur Anwendung gelangt. Danach wird dem betroffenen Unternehmen Gelegenheit zur Stellungnahme bzw. Abhilfe eingeräumt (vgl. § 126 Abs. 1 TKG). Kommt das Unternehmen innerhalb der eingeräumten Frist der Aufforderung durch die BNetzA nicht nach, so steht es nach § 126 Abs. 3 TKG im Ermessen der BNetzA, eine Untersagungsverfügung gegenüber dem säumigen Unternehmen zu erlassen.
53
4. Interoperabilität der Übertragung digitaler Fernsehsignale Während § 48 TKG die Anforderungen an die Interoperabilität der Fernsehgeräte regelt, normiert § 49 TKG die Anforderungen an die Interoperabilität der Übertragung digitaler Fernsehsignale. Zielsetzung der Bestimmung ist es, den chancengleichen und diskriminierungsfreien Zugang von Diensteanbietern zu den Verbreitungsplattformen sicherzustellen1. Auf diese Weise soll der Wettbewerb unter den Diensteanbietern zugunsten des Endkunden gesichert und gefördert werden.
_______________
1 Vgl. auch Begründung zu § 41 des TKG-E, BT-Drucks. 15/2316.
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54
J Rz. 55
Rundfunkübertragung
4.1 § 49 Abs. 1 TKG 55
Normadressat des § 49 Abs. 1 TKG, der Art. 4 Abs. 2 der Zugangsrichtlinie in nationales Recht umsetzt, sind die Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze. Telekommunikationsnetze im Sinne des TKG umfassen nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 27 TKG insbesondere Kabel- und Satellitennetze sowie terrestrische Netze. Die Betreiber dieser Netze werden verpflichtet, digitale Fernsehsignale, die zur Darstellung im 16:9-Bildschirmformat gesendet werden, in diesem Format weiterzuverbreiten. Bei dem 16:9-Format (Bildschirmbreite zu Bildschirmhöhe) handelt es sich um das international anerkannte Breitbild(schirm)format, das dem Kinofilmformat angenähert ist und damit aus Sicht des Endnutzers einen Mehrwert darstellt. Das herkömmliche Bild(schirm)format ist das 4:3-Format, welches auch als „Letter Box“-Format bezeichnet wird.
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Mit der Formulierung „weiterzuverbreiten“ hat der Gesetzgeber klargestellt, dass Netzbetreiber nicht verpflichtet sind, die Verbreitung im Format 16:9 im Rahmen von Kabel- oder Satellitenerstsendungen anzubieten, sondern lediglich im Falle der Weiterverbreitung. Damit hat er die Regelung des § 3 Abs. 2 FÜG aufgegeben, wonach Netzbetreiber auch verpflichtet waren, die Erstsendungen in dem Breitformat anzubieten. 4.2 § 49 Abs. 2 TKG
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Die Bestimmung des § 49 Abs. 2 TKG ist in der Zusammenschau mit § 48 Abs. 2 Nr. 2 TKG zu sehen1. Während § 48 Abs. 2 Nr. 2 TKG sich in erster Linie an die Hersteller von Fernsehgeräten wendet und von diesen verlangt, offene APIs zu verwenden, richtet sich § 49 Abs. 2 TKG an Rechteinhaber von APIs. Danach müssen die Rechteinhaber sowohl den Herstellern als auch bestimmten Dritten, die Informationen zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um die durch APIs unterstützten Dienste voll funktionsfähig anzubieten, und zwar auf faire, angemessene und nichtdiskriminierende Weise. Relevant wird diese Verpflichtung allerdings nur, wenn sich nicht ohnehin ein einheitlicher Standard einer anerkannten europäischen Normungsorganisation etabliert. Denn in diesem Fall sind die Spezifikationen ohnehin öffentlich zugänglich. 4.2.1 Normadressaten und Begünstigte
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Rechteinhaber im Sinne der Regelung sind diejenigen, welche die Software der API entwickelt haben und vertreiben. Fraglich ist allerdings, ob der Schutzzweck der Bestimmung nicht eine weitergehende Auslegung des Adressatenkreises der Regelung erfordert. Danach müssten alle diejenigen, die Rechte, Lizenzen oder anderweitige, eventuell auch nur abgeleitete _______________
1 Vgl. auch Begründung zu § 41 des TKG-E, BT-Drucks. 15/2316.
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Interoperabilität der Übertragung digitaler Fernsehsignale
Rz. 60 J
Rechte inne haben, die für die Entwicklung entsprechender Dienste erforderlichen Informationen uneingeschränkt zur Verfügung stellen. Dies gilt für den Lizenzinhaber gleichermaßen wie für den Inhaber der originären Rechte1. Die Vorschrift zielt sowohl auf den Schutz von Herstellern von Endgeräten als auch auf den Schutz von bestimmten Dritten. Der Schutz von Herstellern scheint insoweit jedoch nicht so gewichtig zu sein, weil der Rechteinhaber an der API darauf angewiesen ist, mit Herstellern zu kooperieren. Denn diese müssen seine API in die Endgeräte einbauen und können dies nur vornehmen, wenn sie über die erforderlichen Informationen verfügen. Schutzbedürftiger erscheinen insoweit die Anbieter digitaler Anwendungen. Hierzu gehören insbesondere die Programmveranstalter und Anbieter von Mediendiensten. Deren Anwendungen, sofern sie über die Verbreitung des herkömmlichen Rundfunksignals hinausgehen, funktionieren nämlich nur, wenn der Anbieter über die notwendigen Informationen über die APIs verfügt. Da aber die Diensteanbieter in der Regel weder über eine vertragliche Beziehung noch über einen sonstigen unmittelbaren Kontakt zu dem Rechteinhaber einer API verfügen, sind sie auf eine entsprechende gesetzliche Verpflichtung zur Offenheit von APIs für Inhalteanbieter angewiesen2.
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4.2.2 Gerechtfertigte Beschränkungen der Interoperabilität Der Gesetzgeber hat die im Markt zwischen Kabelnetzbetreibern und Programmanbietern besonders intensiv geführte Diskussion, ob gewisse Einschränkungen der Anwendungen zulässig sein könnten, nicht aufgegriffen. In der Praxis entzündet sich diese Diskussion beispielsweise an der Frage, ob zugunsten des Jugend- oder des Kopierschutzes eine Einschränkung vom Grundsatz der umfassenden Offenheit der APIs zulässig wäre. Diese Frage ist bislang noch nicht abschließend geklärt. Sofern eine Einschränkung aber aus entsprechenden gesetzlichen Anforderungen resultiert, wie es beispielsweise im Falle des Jugendschutzes der Fall ist und die Einschränkung dem Schutz eines höherrangigen Gutes zu dienen bestimmt ist und diesen Schutz auch in verhältnismäßiger Weise realisiert, muss im Sinne der Einheit der Rechtsordnung eine Einschränkung der Offenheit von APIs zulässig sein. Entsprechendes muss für den Fall gelten, dass die Integrität der Rundfunksignale ansonsten eingeschränkt werden würde3.
_______________
1 Frevert, MMR 2005, 23 (26). 2 So auch der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation e.V. in der Stellungnahme zu der Verfahrensordnung für die Streitschlichtung nach § 51 TKG, S. 2, http://www.VPRT.de/Positionen. Vgl. auch die tabellarische Übersicht der BNetzA (Stand: 30.8.2005) zu Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur gemäß Teil 4 (Rundfunkübertragung) TKG, http://www.Bundesnetzagentur.de. 3 So im Ergebnis auch Frevert, MMR 2005, 23 (26).
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60
J Rz. 61
Rundfunkübertragung
4.3 § 49 Abs. 3 TKG 61
Die Beteiligten können im Streitfall über die Anwendung oder Auslegung dieser Vorschriften die BNetzA anrufen, die dann innerhalb von zwei Monaten eine Entscheidung fällt. Beteiligte im Sinne der Bestimmung sollen nach der Gesetzesbegründung Rundfunkveranstalter, Diensteanbieter, Endgerätehersteller und Netzbetreiber, nicht aber der Endverbraucher sein1.
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In einer Verfahrensbeschreibung der BNetzA vom 19.12.2005 (Verfahrensbeschreibung zum Verwaltungsverfahren nach Anrufung der Bundesnetzagentur gemäß § 49 Abs. 3 und 4 TKG)2 definiert sie den Begriff der „Beteiligten“ allerdings weiter. Sie differenziert zwischen den Verpflichteten einerseits und den Berechtigten andererseits. Verpflichtete sind jeweils die Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze bzw. die Rechteinhaber von APIs. Berechtigte sind die Programmveranstalter bzw. die Hersteller digitaler Empfangsgeräte sowie sämtliche Dritte, die ein berechtigtes Interesse geltend machen3. Entgegen des Wortlautes der Ziffer „1 Zweck“ dieser Verfahrensbeschreibung vermag eine Verfahrensbeschreibung, der lediglich verwaltungsinterner Charakter zukommt, zwar nicht gesetzlich definierte „Zuständigkeiten und die Vorgehensweise bei Streit über die Einhaltung der Vorschriften nach § 49 Abs. 1 und 2 TKG“ zu regeln, sondern kann lediglich als Auslegungshilfe für die gesetzlich normierte Bestimmung herangezogen werden. Jedoch ist die in der Verfahrensbeschreibung vorgenommene weite Auslegung des Beteiligtenbegriffs im Lichte des Schutzzwecks der Norm zutreffend. Auf diese Weise wird nämlich sichergestellt, dass auch bei sich neu entwickelnden Geschäftsmodellen möglicherweise vom Schutzzweck der Vorschrift umfasste Adressaten, die jetzt noch gar nicht in die Betrachtung einbezogen worden, dem Anwendungsbereich der Bestimmung unterfallen können.
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Die Verfahrensbeschreibung wurde vor deren Veröffentlichung mit der bei der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) eingerichteten Stelle Gemeinsame Stelle Digitaler Zugang (GSDZ) abgestimmt. Denn die GSDZ nimmt die Aufgaben der nach Landesrecht zuständigen Stelle wahr. Gemäß § 49 Abs. 3 TKG ist die nach Landesrecht zuständige Stelle in das Verfahren einzubinden. Nach der von der Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Vorstellung soll die zuständige Stelle nach Landesrecht auch dann Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt bekommen, wenn die in Rede stehende Thematik keine medienrechtlichen Anknüpfungspunkte aufweist4. Eine derartig weitgehende Anwendung des Stellungnah_______________
1 Vgl. Begründung zu § 47 TKG-E, BT-Drucks. 15/2316. 2 Abrufbar unter www.Bundesnetzagentur/technische_Regulierung_Telekommuni kation/Rundfunkuebertragung. 3 Vgl. Ziffer 2 der Verfahrensbeschreibung. 4 Begründung zu § 41 TKG-E, BT-Drucks. 15/2316.
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Zugangsberechtigungssysteme
Rz. 66 J
merechtes der Länder bzw. der GSDZ ist jedoch mit der Kompetenzverteilung nach dem Grundgesetz nicht vereinbar1. Vielmehr ist das Stellungnahmerecht auf medienrechtliche Aspekte, welche die Inhalteregulierung betreffen, zu beschränken. Dieses Verständnis wird seitens der BNetzA ebenfalls geteilt und in Ziffer 3 der Verfahrensbeschreibung auch noch einmal ausdrücklich klargestellt, wonach „[d]ie Gesamtverantwortung für diesen Prozess bei der Bundesnetzagentur2 [liegt]. Die GSDZ ist ausschließlich für die medienrechtlichen Fragestellungen zuständig.“ Um das Verfahren nach § 49 Abs. 3 TKG zu eröffnen, ist deshalb auch der Eingang eines entsprechenden Antrages bei der BNetzA erforderlich. Nur wenn der BNetzA ein entsprechender Antrag mit Bezug zu § 49 Abs. 1 und 2 TKG zugeht, wird ein Verfahren eingeleitet und die Zweimonatsfrist des § 49 Abs. 3 Satz 4 TKG ausgelöst3. Geht ein Antrag nämlich bei einer Landesmedienanstalt oder der GSDZ ein, muss dieser zunächst an die BNetzA weitergeleitet werden; erst dann beginnt die Zweimonatsfrist zu laufen. Eine Verlängerung dieser Zweimonatsfrist durch die BNetzA ist nur mit Einverständnis des Antragstellers möglich. Die GSDZ ist im Falle einer solchen Fristverlängerung lediglich zu informieren4.
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Bei der Überprüfung der medienrechtlichen Aspekte des Antrags einerseits und der telekommunikationsrechtlichen Fragen andererseits handelt es sich um zwei voneinander getrennte Entscheidungsfindungsprozesse, die beide mit einer sog. Entscheidung abschließen, welche den Beteiligten seitens der BNetzA zugestellt werden. Nach der Verfahrensbeschreibung5 kommt allerdings lediglich der Entscheidung der BNetzA Anordnungscharakter zu, das heißt Verwaltungsaktqualität im Sinne von § 35 VwVfG, dessen Umsetzung von der BNetzA überwacht wird. Hiergegen kann der Verpflichtete auch Widerspruch einlegen, der jedoch gemäß § 137 Abs. 1 TKG keine aufschiebende Wirkung hat.
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5. Zugangsberechtigungssysteme Bei der digitalen Einspeisung und Verbreitung von Rundfunk kommt den Anbietern von Zugangsberechtigungssystemen eine bedeutende Rolle zu. Dies gilt für frei empfangbares Fernsehen und Bezahlfernsehen gleichermaßen. Zugangsberechtigungssysteme, auch Conditional Access-Systeme („CA-Systeme“) genannt, sollen durch Verschlüsselung der Inhalte gewährleisten, dass nur berechtigte Zuschauer die digitalen Inhalte sehen können. _______________
1 2 3 4 5
Vgl. auch Ausführungen oben unter Rz. 7 ff. Hervorhebung nur hier. Vgl. Ziffer 4.2 der Verfahrensbeschreibung, insbesondere Ziffern 4.2.1 sowie 4.2.4. Vgl. Ziffer 4.2.7 der Verfahrensbeschreibung. Vgl. Ziffer 4.2.13 der Verfahrensbeschreibung.
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66
J Rz. 67
Rundfunkübertragung
Eine Definition des Begriffs „Zugangsberechtigungssysteme“ hat der Gesetzgeber in § 3 Nr. 33 TKG vorgegeben. Danach sind Zugangsberechtigungssysteme technische Verfahren oder Vorrichtungen, welche die erlaubte Nutzung geschützter Rundfunkprogramme von einem Abonnement oder einer individuellen Erlaubnis abhängig machen. Navigatoren oder EPGs werden von dieser Gesetzesdefinition ebensowenig wie Decoder umfasst. Hierfür sind aufgrund ihres Inhaltebezugs gesonderte Regelungen im RStV vorgesehen (vgl. auch Rz. 12 ff.)1. 5.1 Verschlüsselung im Free- und Pay-TV gleichermaßen 67
Von besonderer Bedeutung sind Zugangsberechtigungssysteme in Deutschland für das Angebot digitaler Produkte, insbesondere von Pay-TV. Denn das CA-System ermöglicht es dem Pay-TV-Anbieter zu identifizieren, ob es sich bei dem Nutzer um einen zur Nutzung berechtigten Abonnementen handelt, dem Zugang zu gewähren ist, oder nicht. Dies geschieht dergestalt, dass dem Abonnementen eine SmartCard zur Verfügung gestellt wird, die in den Leser des Decoders eingesteckt wird, so dass die Zugangsdaten des Endkunden überprüft werden und an die Set Top Box übermittelt werden können. Nur wenn der Zuschauer zum Bezug des Programms berechtigt ist, weil er einen Abonnementvertrag mit dem Pay-TV-Anbieter (z. B. Premiere) abgeschlossen hat, wird die SmartCard auch freigeschaltet. Ohne den Einsatz von CA-Systemen könnte der Pay-TV-Anbieter seine Inhalte nicht effizient vermarkten und sein Geschäftsmodell nicht realisieren. Die in Deutschland tätigen großen Kabelnetzbetreiber der Netzebene 3 sowie Premiere verwenden beispielsweise das Verschlüsselungssystem Nagravision, während einige kleinere Netzbetreiber auf Conax zugreifen, mit dem auch Eutelsat sein Pay-TV-Angebot für die Kabelnetzbetreiber verschlüsselt.
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Auch wenn der Einsatz von Zugangsberechtigungssystemen in Deutschland bis zu der Einigung zwischen Kabel Deutschland und der RTL-Gruppe über eine verschlüsselte Einspeisung ihrer Free-TV-Sender und der entsprechenden Einigung mit Astra vorrangig im Zusammenhang mit dem Angebot von Pay-TV diskutiert worden ist, werden CA-Systeme in anderen Ländern auch im Zusammenhang mit Free-TV eingesetzt2. Entsprechende Forderungen sind auch in Deutschland bereits seitens der Kabelnetzbetreiber der Netzebene 3, die in der Vergangenheit alle gemeinsam im Deutschen Kabelverband e.V. organisiert waren, aufgestellt worden. Mit Hilfe einer sog. Grundverschlüsselung sollte sichergestellt werden, dass nur solche Zuschauer, die auch GEZ-Gebühren entrichten und damit zum Empfang der gebühren_______________
1 Siehe § 53 RStV. Ausführlich hierzu Wichmann, Vielfaltsicherung in digitalisierten Breitbandkabelnetzen, S. 289 ff. Vgl. auch das Diskussionspapier der Gemeinsamen Stelle Digitaler Zugang der Landesmedienanstalten (GSDZ) v. 4.5.2004. 2 So verschlüsseln beispielsweise der ORF in Österreich und das SRG in der Schweiz ihre Satellitensendungen; kritisch hierzu Hesse, ZUM 2002, 692 (695).
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Rz. 71 J
Zugangsberechtigungssysteme
finanzierten öffentlich-rechtlichen Free-TV-Programme berechtigt sind, diese Programme tatsächlich empfangen können. Die Schwarzseher sollten auf diese Weise vom Empfang ausgeschlossen werden1. Dies sollte dergestalt umgesetzt werden, dass der einzelne Zuschauer einen Programmbezugsvertrag mit dem jeweiligen Kabelnetzbetreiber als Anbieter bzw. Verwender des CA-Systems abschließt. Auf diese Weise sollte eine direkte Kundenbeziehung zwischen dem Kabelnetzbetreiber der Netzebene 3 und dem Zuschauer etabliert werden, die es ansonsten im Free-TV insbesondere dann nicht gibt, wenn der Kabelanschluss nicht durch den Betreiber der Netzebene 3, sondern den Betreiber der Netzebene 4 realisiert wird. Neben der Identifizierung von Schwarzsehern stellt die angestrebte Basisverschlüsselung somit auch ein wichtiges Instrument zur Kundenbindung dar. Schließlich bietet die Kenntnis des Endkunden das Potenzial für die Entwicklung individualisierter Produkte und damit eine weitergehende und optimierte Vermarktung von Produkten an den einzelnen Endkunden. Diese Möglichkeit wird bei zunehmender Wettbewerbsintensität zwischen den verschiedenen Infrastrukturen umso gewichtiger. Denn schließlich ist dem Inhaber des Endkundenanschlusses bei anderen Zugangsnetzen der einzelne Endkunde auch bekannt, weil er eine Vertragsbeziehung mit ihm unterhält2.
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5.2 Realisierung der Verschlüsselung als sog. embedded Conditional Access-System oder über ein Common Interface-Modul Der Gesetzgeber hat keine Festlegung im Hinblick auf die Ausgestaltung des Verschlüsselungssystems getroffen. Vielmehr gestattet er, das Verschlüsselungssystem auf zwei unterschiedliche Arten zu realisieren. Zum einen kann es in die Set Top Box integriert werden, was als sog. „embedded CA“ bezeichnet wird. Zum anderen kann es über eine Common Interface („CI“)-Lösung realisiert werden, wobei der Endkunde sein sog. CI-Modul in den CI-Schacht einsteckt und identifiziert wird. Sofern er zur Nutzung berechtigt ist, wird er dann freigeschaltet.
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Im Falle einer embedded CA-Lösung ist die Set Top Box mit einem integrierten Verschlüsselungssystem ausgestattet. Die Programmanbieter erhalten den Zugang zum Endkunden nur, wenn der Systemanbieter ihnen diskriminierungsfrei den Zugang zu seinem Verschlüsselungssystem gewährt. Der Gesetzgeber verlangt ferner nicht, dass die Decoder mit einem
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_______________
1 Vgl. „Positionspapier zur Digitalisierung des Kabels“ des Deutschen Kabelverbandes e.V., www.DeutscherKabelverband.de, in dem statt von einer Grundverschlüsselung von der „Adressierbarkeit“ des Kunden die Rede ist. Gemeint ist hiermit allerdings dasselbe. 2 Zu der Frage, ob die Verschlüsselung von frei empfangbaren Programmen und Mediendiensten mit den Vorgaben des vierten Teils des TKG vereinbar ist, vgl. Ausführungen oben unter Rz. 48 ff.
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J Rz. 72
Rundfunkübertragung
embedded CA gleichzeitig ein CI aufweisen, sondern fordert lediglich, dass allen Rundfunkveranstaltern und sonstigen Diensteanbietern der Zugang zu dieser Boxenpopulation mit integriertem CA offen steht. Die integrierte Realisierungsvariante birgt die Gefahr, dass die Zugangsmöglichkeiten zum Endkunden durch den Verwender des jeweiligen CA-System noch weitreichender kontrolliert werden können als im Falle der Unterstützung einer sog. CI-Lösung (vgl. Ausführungen oben unter Rz. 40 f.). Vor diesem Hintergrund ist die Realisierung eines CI aus Sicht des Endkunden, der den Zugang zu sämtlichen am Markt verfügbaren Diensten gewährleistet wissen will, die bevorzugte Variante. Denn hierbei bleibt es dem Endkunden unbenommen, sich die verschiedenen CI-Module zuzulegen, um sich die unterschiedlich verschlüsselten Inhalte zugänglich zu machen. 72
Bei der Verschlüsselung ist ferner zwischen dem Simulcrypt- und dem Multicryptverfahren zu unterscheiden. Beim Simulcryptverfahren handelt es sich um einen DVB-Standard, der den Empfang aller Programme mit jedem Gerät unabhängig vom verwendeten Verschlüsselungssystem sicherstellen soll. Ein Teilnehmer soll also mit einem Decoder und einem CAModul sämtliche Programme empfangen können. Das Simulcryptverfahren erfordert jedoch, dass jedem Programmsignal die CA-Kennung anderer verwendeter CA-Systeme hinzugefügt wird. Das Simulcryptverfahren setzt somit voraus, dass die Inhalteanbieter Zugang zu sämtlichen im Markt verfügbaren CA-Systemen haben.
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Beim sog. Multicrypt-Verfahren nutzt jeder Inhalteanbieter seinen eigenen Schlüssel für seine Inhalte. Diese werden jeweils mit einer eigenen CA-Kennung weiterverbreitet. Ein im Multicrypt-Verfahren verbreitetes Programm kann vom Endkunden somit nur empfangen werden, wenn die von ihm verwandte Set Top Box entweder genau das CA-System eingebaut hat oder wenn der Endkunde einen Decoder mit CI-Schacht und ein Modul verwendet, welches das vom Programmanbieter verwandte CA-System entschlüsseln kann.
74
Der Gesetzgeber hat keine ausdrückliche Festlegung für das eine oder das andere Verfahren vorgenommen, sondern überlässt es dem Anbieter, eine diesbezügliche Realisierungsvariante auszuwählen. 5.3 Anzeigepflicht
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§ 50 TKG übernimmt die Regelungen der §§ 7 f. FÜG, die mit dem Inkrafttreten des TKG 2004 aufgehoben wurden, und setzt gleichzeitig Art. 6 in Verbindung mit Anhang I Teil 1 der Zugangsrichtlinie um, indem er eine Anzeigepflicht für Zugangsberechtigungssysteme aufstellt. Die statuierte Anzeigepflicht erstreckt sich auf „Zugangsberechtigungssysteme“ im Sinne der Legaldefinition des § 3 Nr. 33 TKG, nicht aber auf digitale Empfangsgeräte im Sinne des § 3 Nr. 7 TKG, also die Set Top Box selber. Die Hardware, der Decoder, ist in gesonderten Bestimmungen der regulatorischen Kontrol1208 | Rickert
Zugangsberechtigungssysteme
Rz. 79 J
le unterworfen. Diese seitens des Gesetzgebers vorgenommene Trennung zwischen Hard- und Software ist auch in der Zugangsrichtlinie reflektiert. Auch wenn die materiell-rechtliche Ausgestaltung der Aufsicht durch die BNetzA nach § 50 TKG an die Vorgaben des RStV a. F. angelehnt ist, so geht sie doch in einigen Punkten darüber hinaus: So verlangt das Gesetz in § 50 Abs. 3 Nr. 4 TKG von Anbietern und Verwendern von Zugangsberechtigungssystemen, vor Aufnahme oder Änderung ihres Angebotes die einzelnen Dienstleistungen und die dafür vorgesehenen Entgelte anzuzeigen. Letztgenannte Verpflichtung besteht nach dem RStV auch nach dessen Novellierung gegenüber den Landesmedienanstalten nicht. Hier reicht die reine Anzeige (vgl. § 53 Abs. 2 RStV). Lediglich auf deren ausdrückliches Verlangen hin sind der zuständigen Landesmedienanstalt gemäß § 53 Abs. 2 Satz 3 RStV weitergehende Auskünfte zu erteilen. Allerdings hat die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten mit der am 13.12.2005 beschlossenen Satzung über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten gemäß § 53 Abs. 6 Rundfunkstaatsvertrag in § 5 Abs. 1 Satz 2 für die Anzeige gegenüber der zuständigen Landesmedienanstalt auch das Erfordernis einer Informationspflicht über die Entgelte nachgeschoben. Nach Satz 3 der Bestimmung leitet die Landesmedienanstalt die Anzeige jedoch weiter an die BNetzA, bei der das weitere Verfahren dann geführt wird.
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Die beiden Regelungen im TKG einerseits und im RStV andererseits unterscheiden sich ferner dadurch, dass das TKG in § 50 Abs. 3 Nr. 4 TKG ausdrücklich verlangt, dass die Anzeige vor Aufnahme bzw. Änderung des Angebotes des CA-Systems erfolgen muss. Der RStV hingegen gestattet dem Normadressaten, mit der Verwendung des Zugangsberechtigungssystems zu beginnen und verlangt für diesen Fall lediglich eine „unverzügliche“ Anzeige1. Da der Verwender im letztgenannten Fall allerdings das Risiko trägt, dass die zuständige Landesmedienanstalt Änderungen oder gar die Einstellung verlangt, ist es in der Praxis angeraten, beide Anzeigen vor der ersten Verwendung zu tätigen.
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Im Einzelnen hat die Anzeige nach § 50 Abs. 3 TKG die folgenden Unterlagen zu umfassen:
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1) Die Darlegung der Nutzungsmöglichkeiten des CA-Systems zu chancengleichen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen; 2) die Entgeltliste für die angebotenen Dienste; 3) den Nachweis der getrennten Rechnungsführung für die Tätigkeit als Anbieter von Zugangsberechtigungssystemen. Die BNetzA muss auf der Grundlage der zur Verfügung gestellten Unterlagen in die Lage versetzt werden, die Einhaltung der Verpflichtung nach Abs. 3 des § 50 TKG überprüfen zu können. _______________
1 So auch § 5 Abs. 1 Satz 1 der Satzung über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten gemäß § 53 Abs. 6 Rundfunkstaatsvertrag.
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J Rz. 80
Rundfunkübertragung
5.4 Normadressaten 80
Adressaten des § 50 TKG sind allerdings Anbieter und Verwender der Zugangsberechtigungssysteme gleichermaßen. Hierzu gehören Unternehmen, die Rundfunkveranstaltern Verschlüsselungsdienste anbieten wie beispielsweise die Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland und ish oder der Satellitenbetreiber Astra durch die von Premiere erworbene Dienstleistungsgesellschaft DPC (nunmehr APS). Erfasst werden aber auch Rundfunkveranstalter wie beispielsweise Premiere vor der Veräußerung von DPC an Astra, die für ihre eigenen Programme Verschlüsselungssysteme verwenden. Verwender von CA-Systemen im Sinne des § 50 TKG können dabei neben Programmveranstaltern und den Netzbetreibern auch die Anbieter der CA-Systeme sein1. Da aber insbesondere Programmveranstalter und Netzbetreiber die Empfangbarkeit und Verbreitung von Inhalten maßgeblich steuern können, besteht die Notwendigkeit, die Verwendung von Zugangsberechtigungssystemen durch diese Verwender unter eine regulatorische Aufsicht zu stellen. 5.5 Verfahrensdualität zwischen BNetzA und Landesmedienanstalten
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Vor der Novellierung des TKG erfolgte die regulatorische Kontrolle ausschließlich durch die Landesmedienanstalten auf der Grundlage des RStV. Gemäß § 53 Abs. 4 und 5 in Verbindung mit Abs. 7 RStV a. F. und der Satzung Digitaler Zugang a. F. war die Landesmedienanstalt in demjenigen Bundesland zuständig, diese Aufsicht auszuüben, in deren Zuständigkeitsbereich der Dienst erbracht wird. Dies erfolgte im Wege der Zuteilung eines sog. Unbedenklichkeitsbescheides (vgl. § 53 Abs. 5 StV a. F.). Diese ausschließliche Kompetenzzuweisung des RStV an die Landesmedienanstalten wurde durch die Einführung des vierten Teils, insbesondere von § 50 in das neue TKG durchbrochen und eine eigene Aufsicht der BNetzA begründet. Nunmehr ist auf der Grundlage des § 50 Abs. 4 TKG vorgesehen, dass die „Regulierungsbehörde2 und/oder zuständige Landesbehörde jeweils für ihren Zuständigkeitsbereich auf Grund der Anzeige innerhalb von zwei Monaten“ nach Zugang der Anzeige das Angebot auf seine Rechtmäßigkeit prüfen und gegebenenfalls untersagen bzw. Änderungen verlangen kann/können.
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Die von der Direktorenkonferenz der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (DLM) eingerichtete Gemeinsame Stelle Digitaler Zugang (GSDZ) nimmt diese Aufgabe gegenüber der BNetzA wahr. Dies wird in einer Verfahrensbeschreibung der BNetzA vom 19.12.2005 klargestellt3. _______________
1 Die BNetzA spricht insoweit von „Inhabern gewerblicher Schutzrechte an Zugangsberechtigungssystemen“, vgl. die tabellarische Übersicht der BNetzA (Stand: 30.9.2005) zu Aufgaben und Verfahren der Bundesnetzagentur gemäß Teil 4 (Rundfunkübertragung) TKG, http://www.Bundesnetzagentur.de. 2 Nunmehr die BNetzA. 3 Vgl. „Verfahrensbeschreibung – Verwaltungsverfahren zur Prüfung der Anzeige nach § 50 Abs. 3 Nr. 4 TKG gemäß § 50 Abs. 4 TKG“, http://www.bundesnetz agentur.de.
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Zugangsberechtigungssysteme
Rz. 85 J
Diese Verfahrensbeschreibung zu § 50 TKG kann ebenfalls wie die Verfahrensbeschreibung der BNetzA zu § 49 Abs. 2 und 3 TKG vom selben Tag als Auslegungshilfe zur Konkretisierung der gesetzlichen Regelungen herangezogen werden, vermag diese allerdings nicht abzuändern1. Bei der Zweimonatsfrist des § 50 Abs. 4 TKG muss es sich zugunsten der Beteiligten um eine Präklusionsfrist handeln mit der Folge, dass erst nach Ablauf der Frist geäußerte Bedenken an der Rechtmäßigkeit seitens der BNetzA und der zuständigen Landesmedienanstalt nicht mehr geltend gemacht werden können. Auch wenn der RStV in der Neufassung des § 53 eine solche Präklusion nicht ausdrücklich vorsieht, ist im Lichte des Gebots zu bundesfreundlichem Verhalten2 davon auszugehen, dass auch die Landesmedienanstalten bzw. die GSDZ nach Ablauf der Zweimonatsfrist nicht mehr zum Einschreiten befugt sind. Dies ist letztlich auch in der Verfahrensbeschreibung reflektiert. Denn die Entscheidung der GSDZ, ob eine Änderung aus medienrechtlichen Gründen erforderlich ist, wird dem Anzeigenden mit der telekommunikationsrechtlichen Entscheidung vor Ablauf der Zweimonatsfrist übermittelt3.
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Problematisch ist allerdings, dass § 50 Abs. 4 Satz 2 TKG offen lässt, ob ein etwaiges Änderungsverlangen oder eine Untersagung in Form zweier getrennter Entscheidungen gegenüber dem Adressaten ergeht oder ob es sich um eine gemeinsame Entscheidung handelt. Ein gesetzliches Vorbild für nur eine einheitliche Entscheidung mit Verwaltungsaktcharakter gäbe es bereits im Baurecht. Denn dem gemeindlichen Einvernehmen gemäß § 36 BauGB kommt lediglich rein verwaltungsinterne Wirkung zu und stellt im Außenverhältnis keinen selbständig angreifbaren Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG dar.
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Geht man einzig vom Wortlaut der Norm aus, legt dieser jedoch eher nahe, dass es sich um zwei voneinander getrennte Verfahren handelt. Ansonsten würde nämlich die Verwendung des Plurals „verlangen sie“ und „untersagen sie“ keinen Sinn machen4. Vielmehr hätte der Gesetzgeber dann einzig auf eine Entscheidung durch die BNetzA abstellen und den Singular in der Formulierung verwenden müssen. Auch der Umstand, dass der Gesetzgeber wohl kaum beabsichtigt hat, eine verfassungsrechtlich unzulässige Mischverwaltung einzuführen, spricht dafür, dass die Prüfungen durch die BNetzA und die jeweils zuständige Landesmedienanstalt in vollständig getrennten Verfahren stattfinden. Diese Schlussfolgerung findet ihre Bestätigung auch in der Regelung des § 53 Abs. 4 RStV n. F., wonach sich die zuständige Landesmedienanstalt mit der BNetzA lediglich ins „Benehmen“ setzt. Diese Terminologie findet eine Parallele in der Altfassung des TKG.
85
_______________
1 2 3 4
Vgl. hierzu Ausführungen unter Rz. 62. BVerfGE 12, 205 (259), Ladeur, ZUM 1998, 161 ff. Vgl. auch oben Rz. 15. Vgl. Ziffer 4.2.11 der Verfahrensbeschreibung. Kritisch auch Schütz, MMR 7/2004, XV, XVI; Schütz in: Kommunikationsrecht, 2005, Rz. 197.
Rickert | 1211
J Rz. 86
Rundfunkübertragung
Danach wären die jeweilige Landesmedienanstalt und die BNetzA verpflichtet, die Stellungnahme der jeweils anderen Behörde in die eigene Entscheidungsfindung miteinzubeziehen, sie wären aber nicht an diese Stellungnahme gebunden. Wenn eine Entscheidung, ohne vorher das „Benehmen“ einzuholen, getroffen worden wäre, wäre sie gemäß § 44 Abs. 3 Nr. 4 VwVfG zwar fehlerhaft. Allerdings könnte dieser Verfahrensfehler nach § 45 Abs. 1 Nr. 5 VwVfG des betreffenden Landes wieder geheilt werden, indem die „Benehmenseinholung“ nachgeholt wird. Eine derartige Koordinierungspflicht genügt allerdings nicht, um eine einheitliche Entscheidungsfindung durch die BNetzA einerseits und die zuständige Landesmedienanstalt bzw. der GSDZ andererseits sicherzustellen. Einander sich widersprechende Entscheidungen sind damit letztlich nicht ausgeschlossen1. Im Ergebnis bedeutet die Neuregelung im schlimmsten Fall für den Adressaten der Entscheidungen, dass er sich gegen zwei unterschiedliche Verwaltungsakte wenden muss. Darüber hinaus kann er im Falle einer gerichtlichen Überprüfung der Entscheidungen aufgrund etwaig auseinanderfallender örtlicher Zuständigkeit Verfahren vor zwei verschiedenen Verwaltungsgerichten führen. 86
Auch die im Nachgang zu der Novellierung des TKG erlassenen untergesetzlichen Regelungen verschaffen insoweit keine Abhilfe:
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Zwar sieht die Neufassung der Satzung über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten gemäß § 53 Abs. 6 Rundfunkstaatsvertrag in ihrem § 7 Abs. 4 Satz 4 vor, dass – soweit Zugangsberechtigungssysteme und APIs betroffen sind – nur eine eigenständige Entscheidung durch die zuständige Landesmedienanstalt ergeht, soweit der zu prüfende Sachverhalt aus medienrechtlichen Gründen zu einer von der BNetzA abweichenden Bewertung führt. Letztlich verhilft diese Regelung jedoch auch nicht zu der erforderlichen Rechtssicherheit. Denn zum einen bestätigt sie ausdrücklich, dass es zu sich widersprechenden Entscheidungen kommen kann, zum anderen verlagert die Satzung die Kompetenzabgrenzung damit auf die materiell-rechtliche Frage, was unter „medienrechtlichen Gründen“ im Sinne der Satzung in Abgrenzung zu „telekommunikationsrechtlichen Gründen“ zu verstehen ist, welche ausschließlich der Überprüfung durch die BNetzA vorbehalten sind2.
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Auch die seitens der BNetzA und der DLM am 19.12.2005 beschlossenen „Eckpunkte für das gemeinsame Verfahren zwischen Bundesnetzagentur und Landesmedienanstalten nach § 49 Abs. 3, § 50 Abs. 4 und § 51 Abs. 3 TKG zur Zugangsoffenheit von Anwendungsprogrammierschnittstellen und Zugangsberechtigungssystemen“ beseitigt diese Problematik nicht. Denn auch in dem Eckpunkten wird nur dann eine einheitliche Entscheidung an_______________
1 Diese Gefahr sehen auch König/Kösling, ZUM 2005, 289 (298); Schütz, Kommunikationsrecht, 2005, Rz. 499 Fn. 2. 2 Vgl. hierzu Ausführungen nachfolgend unter Rz. 96 ff.
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Rz. 91 J
Streitschlichtung
genommen, „[s]ofern und soweit der zu prüfende Sachverhalt nicht aus medienrechtlichen Gründen zu einer abweichenden Bewertung“ führt. In dem Fall ergehen demnach auch nach den Eckpunkten zwei separate Entscheidungen. Damit läuft die Regelung der Zielsetzung, die mit der Einführung des vierten Teils in das TKG vom Gesetzgeber verfolgt wurde, nämlich eine Doppelregulierung zu heilen und Verfahrensabläufe zwischen Bund und Ländern zu verbessern1, zuwider2. Letztlich wirkt sich diese Regelungs- und Verfahrensdualität von Bundes- und Landesbehörde auf Basis des TKG und des RStV zu Lasten des Endkunden aus. Denn eine derartige Rechtsunsicherheit hat in der Regel innovationshemmende Wirkung.
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5.6 Materiell-rechtliche Prüfungskompetenz von BNetzA und Landesmedienanstalt Materiell-rechtlich ist die Zielsetzung des Gesetzgebers bei der Novellierung des TKG zwar gewesen, die Prüfungskompetenz der BNetzA auf telekommunikationsrechtliche Aspekte zu beschränken. Die BNetzA sollte auf keinen Fall auf den Inhalt von Programmen bezogene Fragen aufgreifen. Allerdings sollen nach der Gesetzesbegründung Fragen, die in den Grenzbereich zwischen Bundes- und Landesrecht fallen, dem Zuständigkeitsbereich der BNetzA zugeordnet werden3. Diesem Willen des Bundesgesetzgeber hätten die Gesetzgeber der Länder im neuen RStV Nachdruck verleihen können, indem sie eine entsprechende klarstellende Regelung in § 53 RStV n. F. aufgenommen hätten. Der Umstand, dass eine derartige Klarstellung unterblieben ist, deutet darauf hin, dass die Länder nicht bereit waren, dem Bund die entsprechende materiell-rechtliche Regelungskompetenz für die in den Grenzbereich fallenden Themen zu überantworten. Vor diesem Hintergrund ist bedauerlicherweise davon auszugehen, dass die Abgrenzung im jeweils zu entscheidenden Einzelfall für den betroffenen Marktbeteiligten schwierig zu prognostizieren sein wird. Folglich kann er in die politische Gemengelage zwischen der Bundes- und der zuständigen Landesbehörde geraten.
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6. Streitschlichtung Ein verfahrensrechtliches Novum stellt das in § 51 TKG eingeführte Instrument der Streitschlichtung durch die BNetzA unter Beteilung der zuständigen Landesmedienanstalt dar, auf welches sowohl Berechtigte als auch Verpflichtete „zur Beilegung ungelöster Streitfragen“ zurückgreifen können. _______________
1 Vgl. Begründung zum TKG-E, Zum Dritten Teil, BT-Drucks. 15/2316. 2 Sehr kritisch auch Schütz, Kommunikationsrecht, 2005, Rz. 187 ff. 3 Begründung zum TKG-E, Zum Dritten Teil, BT-Drucks. 15/2316.
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91
J Rz. 92
Rundfunkübertragung
Das Streitschlichtungsverfahren als solches war bereits in § 11 FÜG vorgesehen und ist deshalb nicht neu. Die Neuerung besteht vielmehr in der Beteiligung der zuständigen Landesmedienanstalt und der Normierung der Zweimonatsfrist für die Entscheidung der Schlichtungsstelle, die gemäß § 51 Abs. 2 TKG bei der BNetzA eingerichtet wurde (vgl. Mitteilung Nr. 6/2006 der Bundesnetzagentur). Die Entscheidung der Schlichtungsstelle hat nach der Vorstellung des Gesetzgebers jedoch nur unverbindlichen Charakter1. Ihr kommt demnach keine Verwaltungsaktqualität zu. 92
Zielsetzung der Einführung dieses neuen Verfahrens durch den Gesetzgeber war die Schaffung eines möglichst flexiblen Instrumentes, welches an der Schnittstelle zwischen Bundes- und Landeszuständigkeit die Möglichkeit eröffnen soll, die betroffenen Parteien in informeller Weise zur Beilegung etwaiger Streitigkeiten zu motivieren2. Auf diese Weise sollten insbesondere auch Unternehmen, die nicht unter den Adressatenkreis nach § 133 TKG fallen, weil sie nur Hörfunk- und TV-Programme sowie andere Zusatzangebote vermarkten, eine Möglichkeit der Streitbeilegung geboten werden. Dieses Maximum an Flexibilität, welches die Bestimmung durch sehr allgemeine Regelungen einräumt, geht aber – unabhängig von den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine derartig unbestimmte Regelung – zu Lasten der Planungs- und Rechtssicherheit der betroffenen Unternehmen. Aus der Sicht der Betroffenen lässt die Ausgestaltung der Vorschrift nämlich zahlreiche Fragen offen3. 6.1 Materiell-rechtlicher Anwendungsbereich
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Zunächst ist schon fraglich, welchen materiell-rechtlichen Anwendungsbereich der Gesetzgeber für das Verfahren der Streitschlichtung vorsehen wollte. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Frage, ob sich die Schlichtungsstelle mit Tatsachen- und Rechtsfragen gleichermaßen befasst, als auch bezüglich der Abgrenzung zwischen telekommunikations- und medienrechtlichen Fragestellungen.
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Legt man einzig den Wortlaut der Bestimmung zugrunde, so ist von einem extrem weiten Anwendungsbereich des Streitschlichtungsverfahrens auszugehen. Danach könnten nämlich Rechts- und Tatsachenfragen jedweder Art, die im Zusammenhang mit den Regelungen der §§ 48 ff. TKG auftreten können, im Rahmen des Streitschlichtungsverfahrens behandelt werden, gleichgültig, ob es sich um telekommunikationsrechtliche oder medien_______________
1 Begründung zu § 49 TKG-E, BT-Drucks. 15/2316. 2 Begründung zu § 43 TKG-E, BT-Drucks. 15/2316. 3 Kritisch insoweit auch Fraunhofer-Institut Systemtechnik und Innovationsforschung, Szenario für den Übergang der analogen zur digitalen Signalübertragung in den Breitbandkabelnetzen, 2004, S. 22. Siehe auch Beck TKG-Komm/Janik/ Kühling, § 51 Rz. 5 ff., insbes. Rz. 21, die sogar von einem „Systembruch“ sprechen und glauben, „dass das Verfahren nach § 51 keine Relevanz entfalten wird“.
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Streitschlichtung
Rz. 97 J
rechtliche Fragestellungen handelt. Im Lichte der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung ist allerdings nur dann von einer Zuständigkeit der BNetzA auszugehen, wenn es nicht um rein inhaltliche Fragestellungen geht. In solchen Fällen sind nämlich ausschließlich die Landesmedienanstalten anzurufen. Das in Abs. 3 Satz 1 der Bestimmung vorgesehene Stellungnahmerecht der zuständigen Landesbehörde soll nach Vorstellung der Bundesregierung sogar dann zur Anwendung gelangen, wenn die zu behandelnde Angelegenheit keinerlei medienrechtliche Komponente aufweist1. Darüber hinaus ist die zuständige Landesbehörde nach Satz 2 Abs. 3 berechtigt, „medienrechtliche Einwendungen“ zu erheben, ohne dass in der Vorschrift klargestellt wird, was unter „medienrechtlichen Einwendungen“ zu verstehen ist. Vielmehr öffnet diese vage Formulierung ein Einfallstor für eine umfassende Einflussnahme durch die Landesmedienanstalten auf den Entscheidungsfindungsprozess durch die BNetzA.
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Abgesehen von der Frage, ob eine derartig unbestimmte Formulierung noch den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 20 Abs. 3 GG und dem Verbot der Doppelzuständigkeit2 genügt, belastet sie wiederum einseitig nur den Adressaten der Regelung, der sich einer ungewissen Rechtslage gegenübersieht. Um eine Anwendung der Bestimmung in der Praxis zu ermöglichen, ist eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend vorzunehmen, dass die Länder darauf beschränkt sind, medienrechtliche Einwendungen im Sinne des RStV vorzutragen, und auch nur hierzu durch die BNetzA gehört werden dürfen. Telekommunikationsrechtliche Fragestellungen und Themen, die in den Grenzbereich von Telekommunikations- und Medienrecht fallen, sind ausschließlich von der BNetzA zu behandeln. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, auch den RStV richtlinien- und verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass sich die Kompetenz der zuständigen Landesbehörden auf Aspekte der Regulierung von Inhalten beschränkt.
96
6.2 Verfahrensrechtliche Ausgestaltung Aber nicht nur der genaue materiell-rechtliche Anwendungsbereich des Streitschlichtungsverfahrens ist unklar, sondern auch dessen verfahrensrechtliche Ausgestaltung. Auch in dieser Bestimmung – wie auch schon bei § 49 TKG – hat der Gesetzgeber nämlich offengelassen, ob es sich bei der Entscheidung der Landesbehörde im Sinne des § 51 Abs. 3 TKG um ein selbständiges Verfahren oder lediglich um eine Verfahrenshandlung mit Innenwirkung handelt. Diese Fragestellung ist aus der Sicht des betroffenen Unternehmens jedoch entscheidend dafür, ob es sich eventuell sogar mit zwei unterschiedlichen Behörden auseinandersetzen muss. Die Schlussfolgerung, dass sich die betroffenen Adressaten mit beiden Behörden parallel _______________
1 Vgl. Begründung zu § 41 des TKG-E, BT-Drucks. 15/2316. 2 Hierzu vgl. auch Ausführungen oben unter Rz. 11.
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97
J Rz. 98
Rundfunkübertragung
auseinandersetzen müssen, wird durch den Satz nahegelegt, wonach die Möglichkeit vorgesehen ist, die Entscheidung der BNetzA und die Entscheidung der jeweils zuständigen Landesbehörde in zwei getrennten Verfahren treffen zu können. Dies hätte wiederum zur Folge, dass sich der Adressat in zwei verschiedenen Verfahren mit möglicherweise voneinander abweichenden Entscheidungen auseinandersetzen müsste. Auch insoweit hätte das verfassungsrechtlich verankerte Bestimmtheitsgebot vom Gesetzgeber eine eindeutigere Regelung gefordert. 98
Unter Heranziehung der Gesetzesbegründung ist der unklare Wortlaut des Gesetzes jedoch dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass das neue TKG „angesichts der Verschmelzung von Telekommunikation, Medienund Informationstechnologien […] für alle Übertragungsnetze und -dienste“1 einen einheitlichen Regulierungsrahmen schaffen will mit der Folge der umfassenden Alleinzuständigkeit der BNetzA im Sinne eines „One Stop Shops“2. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung, wonach die BNetzA dem Adressaten der Norm, dem betroffenen Unternehmen gegenüber eine einheitliche Regelung trifft. Fragestellungen und Themen, die in den Grenzbereich von Telekommunikations- und Medienrecht fallen, sind ausschließlich von der BNetzA zu behandeln3.
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Gemäß § 51 Abs. 2 TKG muss die BNetzA eine Verfahrensordnung veröffentlichen, in der die Modalitäten des Verfahrens der Streitschlichtung konkretisiert werden. Insoweit hatte die BNetzA die Chance, die Ungenauigkeiten in der Gesetzesformulierung in der Verfahrensordnung zu korrigieren. Letztlich vermag zwar auch die auf der Grundlage von § 51 Abs. 2 TKG zu erlassende Verfahrensordnung als niederrangiges Recht nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken zu heilen, kann aber immerhin als Auslegungshilfe von den betroffenen Unternehmen herangezogen werden. 6.2.1 Vorgaben der Verfahrensordnung
100
Die mit Mitteilung 6/2006 im Amtsblatt 1/2006 der BNetzA veröffentlichte „Verfahrungsordnung für die Streitschlichtung nach § 51 des Telekommunikationsgesetzes vom 22.6.2006 (TKG)“4 beantwortet die aufgeworfenen Fragen in der Tat nicht abschließend. Sie trägt aber dennoch ganz maßgeblich zur Verleihung von Planungs- und Rechtssicherheit für die Parteien im Hinblick auf den zu erwartenden Verfahrensablauf bei. Vor diesem Hintergrund ist sie in jedem Falle zu begrüßen. _______________
1 Vgl. Erwägungsgrund 5 der Rahmenrichtlinie. 2 Vgl. Begründung zu § 41 desTKG-E, BT-Drucks. 15/2316. 3 Anderer Auffassung offenbar der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation e.V. (VPRT) in seinen Antworten auf den „Fragenkatalog für das Expertengespräch am 9.3.2005“ mit der Monopolkommission zu dem Thema „Die Zukunft des digitalen Rundfunks in Deutschland“, S. 7. 4 Zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 6 des 2. Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts v. 7.7.2007.
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Streitschlichtung
Rz. 104 J
Die Einleitung des Schlichtungsverfahrens setzt gemäß § 4 der Verfahrensordnung neben dem gemeinsamen schriftlichen Antrag der Parteien voraus, dass vor der Antragstellung bereits ein vergeblicher Versuch einer Einigung unternommen wurde und (noch) kein Schlichtungs- und/oder Gerichtsverfahren mit demselben Streitgegenstand durchgeführt worden ist bzw. werden wird. Zur Bestimmung des Streitgegebenstandsbegriffs sind die Bestimmungen der ZPO heranzuziehen1. Das Scheitern eines Einigungsversuches wird vom Wortlaut der Verfahrensordnung zwar nicht ausdrücklich vorausgesetzt, ist aber konkludent als Voraussetzung anzunehmen. Denkbar ist allerdings, dass ein Verwaltungsverfahren betreffend §§ 48 ff. TKG eingeleitet worden ist, die Parteien ein Schlichtungsverfahren beantragen und das Verwaltungsverfahren für die Dauer des Schlichtungsverfahrens ausgesetzt wird2.
101
Das Erfordernis des gemeinsamen Antrags stellt allerdings in der Praxis eine große Hürde für die Einleitung des Verfahrens dar, weil die Parteien häufig nicht gleichermaßen an der Einleitung des Streitschlichtungsverfahrens interessiert sein dürften, sondern dieses vielmehr vorrangig im Interesse einer Partei sein wird. Im Übrigen ist ein gemeinsamer Antrag nicht sonderlich praktikabel. Um zu vermeiden, dass der Schutzzweck der Norm bereits aus diesem formalen Grund leer läuft, ist das Erfordernis des gemeinsamen Antrags deshalb restriktiv dahingehend auszulegen, dass es ausreicht, wenn beide Parteien einen separaten Antrag zu demselben Streitgegenstand einreichen, der auf den Antrag der jeweils anderen Partei Bezug nimmt. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass die Parteien nur einen Antrag einreichen, den sie beide gemeinsam unterzeichnet haben3.
102
Das Schlichtungsverfahren wird schließlich durch die Unterbreitung eines schriftlichen Einigungsvorschlages durch die Schlichtungsstelle beendet. Die Parteien können dem Einigungsvorschlag entweder zustimmen oder ihn ablehnen. Im Falle der Ablehnung endet das Verfahren mit der Feststellung der Schlichtungsstelle, dass keine Einigung erzielt werden konnte und die Schlichtung gescheitert ist. Eine Verweigerung bzw. ein Unterlassen der Stellungnahme durch eine der Parteien steht einer Ablehnung gleich.
103
Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 3 TKG hat die Schlichtungsstelle ihre Entscheidung innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Antrags der Parteien zu treffen. Allerdings sieht die Verfahrensordnung in § 5 Abs. 2 die Möglichkeit vor, die Frist mit Zustimmung der Parteien und der nach Landesrecht zu-
104
_______________
1 Vgl. § 11 der Verfahrensordnung. 2 Vgl. hierzu auch das Dokument „Verwaltungsverfahren nach Teil 4 (Rundfunkübertragung) TKG-Kommentare zu den Verfahrensentwürfen und Stellungnahmen der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur) dazu, http://www.Bundesneztagentur.de. 3 Beck TKG-Komm/Janik/Kühling, § 51 Rz. 7, gehen davon aus, dass das Streitschlichtungsverfahren aufgrund dieses Erfordernisses nur geringe Praxisrelevanz haben wird.
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J Rz. 105
Rundfunkübertragung
ständigen Stelle zu verlängern. Um dem in der gesetzlichen Regelung zum Ausdruck kommenden Postulat der Verfahrensbeschleunigung Rechnung zu tragen, darf eine solche Fristverlängerung allerdings nicht den Regelfall darstellen und auch nur in verhältnismäßiger Weise angewandt werden. Die Schlichtungsstelle trifft ihre Entscheidung mit einfacher Stimmenmehrheit1. Vor dem Erlass der finalen Entscheidung wird den Parteien jedoch ein mit einer Begründung versehener Entwurf des Entscheidungsvorschlags übermittelt, wozu sie angehört werden können bzw. Stellung nehmen können2. 105
Soweit der Einigungsvorschlag der Schlichtungsstelle die Zuständigkeit der zu beteiligenden Stelle nach Landesrecht (vgl. hierzu nachfolgend unter Rz. 105) berührt, ist mit dieser „Einvernehmen herzustellen“3. Wie ein solches Einvernehmen im Einzelfall zu erzielen ist, bleibt dabei offen. Klargestellt wird lediglich, dass beispielsweise eine gemeinsame Anhörung der Parteien durchgeführt werden kann. Damit wird die Frage nach der Einbeziehung der zuständigen Stelle nach Landesrecht zu einer häufig nicht einfach zu prognostizierbaren Einzelfallentscheidung durch die BNetzA. 6.2.2 Organisation der Schlichtungsstelle
106
Die bei der BNetzA gebildete Schlichtungsstelle ist personell mit einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern besetzt4, welche Beschäftigte der BNetzA sein müssen. Sowohl der Vorsitzende als auch einer der Beisitzer müssen die Befähigung für eine Laufbahn des höheren Dienstes erworben haben. Eine Wahl der Beisitzer oder die Besetzung mit einem externen Beisitzer, der durch die Parteien bestimmt wird, kommt nicht in Betracht. Dies wurde in der Kommentierungsphase zu den Verfahrensbeschreibungen zwar gefordert, jedoch seitens der BNetzA ausdrücklich verworfen5. Die Anschrift der Schlichtungsstelle lautet: Bundesnetzagentur Schlichtungsstelle nach § 51 TKG Fehrbelliner Platz 3 10707 Berlin. _______________
1 2 3 4 5
Vgl. § 3 Abs. 1 Satz 3 der Verfahrensordnung für die Streitschlichtung. Vgl. § 8 der Verfahrensordnung für die Streitschlichtung. Vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 der Verfahrensordnung für die Streitschlichtung. Vgl. § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung für die Streitschlichtung. Vgl. das Dokument „Verwaltungsverfahren nach Teil 4 (Rundfunkübertragung) TKG-Kommentare zu den Verfahrensentwürfen und Stellungnahmen der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur) dazu, http://www.Bundesnetzagentur.de. Beck TKG-Komm/ Janik/Kühling, § 51 Rz. 11, scheinen offenbar nach wie vor vom Gegenteil auszugehen und eine Besetzung mit externen Experten für möglich zu erachten.
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Rz. 109 J
Streitschlichtung
Die von der Direktorenkonferenz der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (DLM) eingerichtete Gemeinsame Stelle Digitaler Zugang (GSDZ) nimmt gegenüber der BNetzA die Aufgaben der zuständigen Stelle nach Landesrecht wahr. Die GSDZ wird durch die Schlichtungsstelle am Verfahren nach § 51 TKG beteiligt1.
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6.3 Verhältnis zwischen § 51 und § 49 Abs. 3 TKG Unter dem Gesichtspunkt der erforderlichen Rechtssicherheit ist es auch bedauerlich, dass der Gesetzgeber versäumt hat, das Verhältnis zwischen der Streitschlichtung auf der Grundlage des § 51 TKG und dem Verwaltungsverfahren nach § 49 Abs. 3 und 4 TKG ausdrücklich zu regeln. Es ist jedoch davon auszugehen, dass das Streitschlichtungsverfahren und das Verwaltungsverfahren nach § 49 TKG nebeneinander zur Anwendung gelangen können. Die Beteiligten können demnach frei wählen können, ob sie sich für das eine oder das andere Verfahren entscheiden oder beide Verfahren parallel verfolgen. Hätte der Gesetzgeber nämlich die Durchführung des Streitschlichtungsverfahrens nach § 51 TKG als verfahrensrechtliche Vorraussetzung für die Einleitung eines Verfahrens nach § 49 TKG betrachtet, so hätte er dies aufgrund des Vorbehaltes des Gesetzes herausstellen müssen. Im Falle der Ablehnung des Schlichtungsspruchs bleibt es den Parteien unbenommen, das Verfahren nach § 49 TKG zu initiieren.
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6.4 Verhältnis zum Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG Das Verhältnis zwischen dem Schlichtungsverfahren gemäß § 51 TKG einerseits und dem Streitbeilegungsverfahren andererseits ist auch nicht ausdrücklich geregelt. Da das Verfahren nach § 51 TKG konkret auf den Regelungsgegenstand des vierten Teils zugeschnitten ist, ist jedoch davon auszugehen, dass § 51 TKG als die speziellere Bestimmung den generellen § 133 TKG verdrängt2. Untermauert wird diese Schlussfolgerung auch durch den Umstand, dass der Kreis der Normadressaten des vierten Teils über den Kreis der Adressaten nach § 133 TKG hinausgeht, in dem auch Unterbehmen, die Hörfunk- und/oder TV-Programme sowie dazugehörige Zusatzprogramme anbieten, mitumfasst werden.
_______________
1 Vgl. § 2 Abs. 3 der Verfahrensordnung für die Streitschlichtung. 2 So im Ergebnis auch Frevert, MMR 2005, 23 (24).
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109
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Teil 4 Regulierung der Nutzerverhältnisse
K. Kundenschutz und Universaldienst 1. Einleitung Das Kapitel „Kundenschutz und Universaldienst“ befasst sich mit den zentralen Kundenschutzvorschriften im Bereich der Telekommunikation. Es soll einen Überblick über die wesentlichen Vorschriften geben und damit einen Beitrag für die alltägliche Praxis leisten. Im Kern der Darstellung stehen die mit dem Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften (TKG-Änderungsgesetz 2006) in das TKG aufgenommenen Kundenschutzvorschriften. Hierbei handelt es sich um die früher in der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung (TKV) enthaltenen Regelungen, die in das TKG integriert und neu gefasst wurden. Hinzu kommen die Vorschriften zur Bekämpfung des Missbrauchs von Mehrwertdiensterufnummern (§ 152 Abs. 1 S. 2 TKG i. V. m. §§ 43a und b TKG 1996), die in den Nummerierungsteil des TKG aufgenommen worden sind und deren Anwendungsbereich auf eine Vielzahl verschiedener Mehrwertdienste (z. B. Auskunftsdienste, Massenverkehrsdienste, Kurzwahldienste) erweitert wurde. Daneben werden Kundenschutzregelungen wie die Betreiber(vor)auswahl (§ 40 TKG) oder die Rufnummernübertragbarkeit (§ 46 TKG) angesprochen. Zum Kundenschutz gehören aber auch die Bestimmungen zum Universaldienst (§§ 78 ff. TKG), die als verfassungsrechtlicher Auftrag eine Grundversorgung der Kunden mit Telekommunikationsdienstleistungen sicherstellen sollen.
1
Abschließend wird das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) behandelt. Es ist für den Bereich des Kundenschutzes ebenfalls von besonderem Interesse, da die Kundenschutzvorgaben des TKG in aller Regel im Wege Allgemeiner Geschäftsbedingungen umgesetzt werden. Auf weitere verbraucherschützende Normen außerhalb des TKG wird nicht näher eingegangen, der Beitrag konzentriert sich insoweit auf die Darstellung des bereichsspezifischen Kundenschutzes in der Telekommunikation.
2
Der Entwurf des TKG-Änderungsgesetz 2006 ist am 14.9.2006 in den Bundestag eingebracht worden (BT-Drucks. 16/2581). Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens erfolgten noch einige Änderungen und Anpassungen, die auf den Bericht und die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie zurückgehen (BT-Drucks. 16/3635). Der Bundestag hat den Gesetzentwurf am 30.11.2006 unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlung angenommen. Die Zustimmung durch den Bundesrat
3
Sörup | 1221
K Rz. 4
Kundenschutz und Universaldienst
erfolgte am 15.12.2006. Das Gesetz ist am 23.2.2007 im Bundesgesetzblatt (Jahrgang 2007, Teil I Nr. 5, S. 106) verkündet worden und damit gemäß Artikel 5 Abs. 1 des TKG-Änderungsgesetzes am 24.2.2007 in Kraft getreten; gleichzeitig trat die TKV außer Kraft. Das Inkrafttreten der §§ 66a bis 66f TKG einschließlich § 45l TKG folgt gemäß Artikel 5 Abs. 2 des TKGÄnderungsgestzes zum 1.9.20071.
2. Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation 4
Die Überarbeitung der Kundenschutzvorschriften steht mit dem TKG-Änderungsgesetz kurz vor ihrem Abschluss. Ausgangspunkt der Überarbeitung sind die in deutsches Recht umzusetzenden Vorgaben der Universaldienstrichtlinie (URL)2 sowie die bereits in der TKV normierten Kundenschutzvorschriften. Der Gesetzgeber hat sich allerdings dazu entschieden, anstelle der ursprünglich geplanten Überarbeitung der TKV 1997 auf Basis der Verordnungsermächtigung in § 45 TKG, die Kundenschutzvorschriften direkt in das bestehende TKG einzufügen. Das novellierte Kundenschutzrecht (Teil 3, §§ 43a bis 47a TKG) legt entsprechend der Vorgaben der URL und der TKV die Rahmenbedingungen für die Inanspruchnahme von Telekommunikationsdiensten durch den Endnutzer fest. Auf die einzelnen Vorschriften der URL wird, soweit erforderlich, im Rahmen der jeweiligen Kommentierung eingegangen.
5
Nach ihrem jeweiligen Regelungsschwerpunkt lassen sich die Bestimmungen, trotz teilweiser Überschneidungen, in drei zentrale Regelungsbereiche einteilen: –
Regelungen mit dem Schwerpunkt Veröffentlichungs- und Informationspflichten, die eine hinreichende Information und Transparenz der Endnutzer und ein Mindestmaß an Rechtssicherheit gewährleisten;
–
Regelungen mit vertragsrechtlichem Schwerpunkt, die zum Teil als zwingende Regelungen die Privatautonomie der Parteien einschränken und sich unmittelbar auf die Vertragsbeziehung mit dem Kunden auswirken sowie
–
telekommunikationsspezifische Kundenschutzregelungen, die für den Bereich der Telekommunikation typische Kundenschutzregelungen beinhalten.
Die nachfolgende Darstellung folgt diesen Regelungsschwerpunkten und orientiert sich daher nicht streng an der Systematik des Gesetzes. Als zentrale Regelung für alle Vorschriften des 3. Teils des TKG wird zunächst das Verbot abweichender Vereinbarungen (§ 47b TKG) behandelt (vgl. Rz. 12 ff.). _______________
1 Siehe im Einzelnen unten Rz. 396 ff. 2 Richtlinie 2002/22/EG v. 7.3.2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronsichen Kommunikationsnetzen und -diensten.
1222 | Sörup
Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 8 K
Hiernach folgen die Regelungen mit Schwerpunkt Veröffentlichungs- und Informationspflichten (vgl. nachfolgend Rz. 15 ff.), die Regelungen mit vertragsrechtlichem Schwerpunkt (vgl. nachfolgend Rz. 32 ff.) sowie die typische telekommunikationsspezifischen Kundenschutzregelungen (vgl. nachfolgend Rz. 200 ff.). Schließlich werden die Rechtsschutzmöglichkeiten der Endnutzer nach dem 3. Teil des TKG besprochen (vgl. nachfolgend Rz. 345 ff.). 2.1 Zentrale Begriffsbestimmungen Bevor im Folgenden auf die Kundenschutzvorschriften eingegangen wird, sollen zunächst die zentralen Begrifflichkeiten der kundenschutzrechtlichen Regelungen des TKG kurz erläutert werden. Auf der einen Seite stehen die Anbieter von Leistungen und Diensten, auf der anderen Seite die Kunden. Die Rechtsbeziehung wird vom Gesetz durch die zentralen Begriffspaare Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit und Anbieter eines öffentlich zugänglichen Telefondienstes sowie Endnutzer bzw. Teilnehmer charakterisiert.
6
2.1.1 Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit Die Definition des Anbieters von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit setzt sich aus dem Kriterium des Telekommunikationsdienstes (§ 3 Nr. 24 TKG) und der Öffentlichkeit zusammen.
7
Telekommunikationsdienste sind nach der Legaldefinition in § 3 Nr. 24 TKG Dienste, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden und ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdiensten in Rundfunknetzen. Das Merkmal der Entgeltlichkeit ist nicht konstitutiv, sondern stellt nur ein Regelbeispiel dar. Auch unentgeltliche Dienste fallen daher unter die Definition des § 3 Nr. 24 TKG. Entscheidend für das Vorliegen eines Telekommunikationsdienstes ist, ob dem Dienst ganz oder überwiegend eine Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze zu Grunde liegt. Demgegenüber enthalten die Begriffsbestimmungen in § 3 TKG – anders als noch das TKG 1996 – keine Definition des Begriffs der „Öffentlichkeit“, die sich früher aus dem Gegensatz zu „geschlossenen Benutzergruppen“ erschlossen hat. So hieß es in § 3 Nr. 19 TKG 1996, dass Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit Angebote für beliebige natürliche und juristische Personen, und nicht lediglich für Teilnehmer geschlossener Benutzergruppen, meint. Obwohl das TKG 2004 den Begriff „geschlossene Benutzergruppen“ nach wie vor verwendet (und zwar in Teil 7 des Gesetzes zum Umfang datenschutz- und sicherheitsrechtlicher Verpflichtungen), bleibt der Begriff „Öffentlichkeit“ selbst undefiniert und es wird auch kein Gegensatz zu Teilnehmern geschlossener Benutzergruppen hergestellt. Sörup | 1223
8
K Rz. 9
Kundenschutz und Universaldienst
Auch die Gesetzesbegründung stellt eine solche Verbindung nicht (mehr) her, wenn es heißt „Öffentlichkeit ist jeder unbestimmte Personenkreis“1. Der Begriff „Öffentlichkeit“ kann unter Rückgriff auf das Informations- und Konsultationspapier der EU-Kommission zur Behandlung von Voice over IP (VoIP) wie folgt bestimmt werden: Vom Begriff der Öffentlichkeit sind danach lediglich rein private Netze für die rein interne Kommunikation ausgenommen, was insbesondere für die Kommunikation innerhalb eines Unternehmen bzw. einer geschlossenen Benutzergruppe gilt, die nicht beliebigen Personen zugänglich sein kann bzw. zur Verfügung steht. Ein Telekommunikationsdienst ist folglich dann nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, wenn er ausschließlich der internen (privaten) Kommunikation zwischen Teilnehmern geschlossener Benutzergruppen, d. h. zwischen Personen, die durch gesellschafts- oder schuldrechtliche Dauerbeziehungen oder dauerhafte Verbindungen zur Verfolgung gemeinsamer beruflicher, wirtschaftlicher oder hoheitlicher Ziele und nicht lediglich durch den Zweck der gemeinsam Kommunikation verbunden sind. Demgegenüber unterliegen alle anderen Arten von Kommunikation, die einem beliebigen Personenkreis zugänglich sind, dem Öffentlichkeitsbegriff. Dies gilt nicht zuletzt für die Kommunikation aus einem privaten Netz hinaus zu einem beliebigen Personenkreis hin2. 2.1.2 Anbieter eines öffentlich zugänglichen Telefondienstes 9
Ein öffentlich zugänglicher Telefondienst ist gemäß § 3 Nr. 17 TKG ein der Öffentlichkeit zur Verfügung stehender Dienst für das Führen von Inlandsund Auslandsgesprächen einschließlich der Möglichkeit, Notrufe abzusetzen. Hinsichtlich des Öffentlichkeitsbegriffs wird auf Rz. 8 verwiesen. Der öffentlich zugängliche Telefondienst schließt darüber hinaus folgende weitere (Annex-)Dienste ein: – – – – – –
Unterstützung durch Vermittlungspersonal, Auskunftsdienste, Teilnehmerverzeichnisse, Bereitstellung öffentlicher Münz- und Kartentelefone, Erbringung des Dienstes nach besonderen Bedingungen, sowie Bereitstellung geographisch nicht gebundener Dienste.
2.1.3 Teilnehmer 10
Teilnehmer ist gemäß § 3 Nr. 20 TKG jede natürliche oder juristische Person, die mit einem Anbieter von Telekommunikationsdiensten einen Ver_______________
1 BT-Drucks. 15/2316, S. 60 zu § 6. 2 Vgl. Teil A Rz. 52 ff.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 12 K
trag über die Erbringung derartiger Dienste geschlossen hat. Das Bestehen eines Vertragsverhältnisses zwischen Anbieter und Teilnehmer ist damit das konstitutive Merkmal der Teilnehmereigenschaft. Dies gilt unabhängig davon, ob der Teilnehmer oder Dritte die Dienste nutzen, oder aber ob der Teilnehmer diese Dienste als Endnutzer, Wiederverkäufer oder für das Angebot eigener Telekommunikationsdienste auf Vorleistungsebene nachfragt.
2.1.4 Endnutzer Endnutzer i. S. d. § 3 Nr. 8 TKG sind juristische oder natürliche Personen, die weder öffentliche Telekommunikationsnetze betreiben noch selbst Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit anbieten. Hinzu kommt, dass zwischen Endnutzer und Anbieter – anders als beim Teilnehmerbegriff – keine vertraglichen Beziehungen bestehen müssen. Von dem Begriff des Endnutzer werden dabei sowohl Verbraucher i. S. d. § 13 BGB als auch Unternehmer i. S. d. § 14 BGB umfasst. Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus § 44a S. 4 TKG, wonach die Höhe der Haftung gegenüber Endnutzern, die keine Verbraucher sind, abweichend einzelvertraglich geregelt werden kann. Entscheidendes Kriterium für den Endnutzerbegriff ist, dass der Endnutzer die Telekommunikationsdienste für den Eigengebrauch nachfragt und in Anspruch nimmt1. Ausgenommen sind damit Nutzer, die Telekommunikationsdienste im gewerblichen Bereich weiterverkaufen, z. B. als Zwischenhändler o. ä. etc. Sobald derartige Nutzer Telekommunikationsdienste für den „Eigengebrauch“ in Anspruch nehmen, unterliegen allerdings auch sie dem Endnutzerbegriff2.
11
2.2 Verbot abweichender Vereinbarungen/Umgehungsverbot (§ 47b TKG) Von den Vorschriften des 3. Teils des TKG darf, soweit nicht Anderes bestimmt ist, zum Nachteil des Teilnehmers nicht abgewichen werden. Der § 47b TKG betont damit, dass es sich bei den Kundenschutzvorschriften um halbzwingendes Recht handelt. Eine ähnliche Regelung findet sich in § 312f BGB3. Vereinbarungen, die zum Nachteil des Teilnehmers4 von den Vorschriften des 3. Teils des TKG abweichen, sind unwirksam. Abreden, die den Teilnehmer begünstigen, sind wirksam. Die Rechtsfolge der Unwirksamkeit beschränkt sich nach dem Zweck der Verbotsnorm auf die vom Gesetz abweichende Regelung5. Unter Wegfall der nichtigen Bestimmung bleibt
_______________
1 Vgl. zum ähnlichen Begriff des Endkunden aus § 27 TKV Beck TKG-Komm/ Kerkhoff, 2. Aufl., Anh. § 41, § 27 TKV, Rz. 3. 2 Vgl. Berl.Komm/Säcker, § 3, Rz. 12. 3 Vgl. Begr. zu § 47b TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 27. 4 Zum Endnutzerbegriff vgl. oben Rz. 17. 5 Palandt/Heinrichs, § 312f BGB Rz. 1.
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K Rz. 13
Kundenschutz und Universaldienst
das jeweilige Rechtsgeschäft entsprechend § 139 BGB im Übrigen wirksam1. An die Stelle der unwirksamen Regelung tritt die jeweils einschlägige Kundenschutzvorschrift. 13
Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Teilnehmers sind nach § 47b TKG nur möglich, wenn sie von der jeweiligen Kundenschutzregelung ausdrücklich zugelassen werden. Eine derartige Regelung findet sich beispielsweise in § 44a TKG, wonach die Höhe der Haftung gegenüber Endnutzern, die keine Verbraucher sind, durch einzelvertragliche Vereinbarung geregelt werden kann. Dies beinhaltet das Recht, von der Haftungsbeschränkung des § 44a TKG der Höhe nach in die eine oder andere Richtung abzuweichen2.
14
In § 47b TKG ist ein Umgehungsverbot nicht ausdrücklich geregelt. Aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift lässt sich aber ableiten, dass § 47b TKG auch Anwendung findet, wenn die Kundenschutzvorschriften des 3. Teils des TKG durch eine anderweitige Gestaltung umgangen werden sollen. Eine Umgehung ist zu bejahen, wenn eine vom Gesetz verbotene Regelung bei gleicher Interessenlage durch eine andere rechtliche Gestaltung erreicht werden soll. Auf Seiten des Unternehmers muss der Wille bestehen, bei dem betreffenden Rechtsgeschäft durch eine anderweitige Gestaltung die Anwendung einer oder aller Verbraucher schützenden Normen zu verhindern3. Auch im Bereich Allgemeiner Geschäftsbedingungen findet der § 47b TKG Anwendung. Durch AGB kann daher nicht von den zwingenden Kundenschutzvorschriften des 3. Teils des TKG zum Nachteil des Teilnehmers abgewichen werden. Zum Nachteil der Teilnehmer abweichende AGB sind unwirksam.
2.3 Veröffentlichungs- und Informationspflichten 15
Zum Bereich der Veröffentlichungs- und Informationspflichten zählen insbesondere § 43a TKG, der den Mindestinhalt von Verträgen mit Teilnehmern festlegt, sowie § 45n TKG, der den Anbietern eine Reihe von Veröffentlichungspflichten auferlegt. Die Vorschriften bezwecken eine hinreichende Information und Transparenz zu Gunsten der Teilnehmer, um ein Mindestmaß an Rechtssicherheit zu gewährleisten. Aufgrund umfassender Informationen soll der Kunde eine optimale Wahl treffen und umfassend vom Wettbewerb profitieren4.
_______________
1 Palandt/Heinrichs, § 139 BGB Rz. 18; zur Vorgängernorm § 1 Abs. 2 TKV, Beck TKG-Komm/Piepenbrock, 2. Aufl., Anh § 41, § 1 TKV Rz. 9. 2 Siehe Rz. 43 ff. 3 Palandt/Heinrichs, § 312f BGB Rz. 2. 4 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 30 und Nr. 31 der URL.
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Rz. 19 K
Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
2.3.1 Mindestinhalt von Verträgen mit Teilnehmern (§ 43a TKG) Der § 43 a TKG verpflichtet Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit, Teilnehmern ein Mindestmaß an Informationen hinsichtlich der bereitgestellten Telekommunikationsdienste im Rahmen der Vertragsunterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Regelung dient der Umsetzung von Art. 20 Abs. 2 URL1. Danach soll die Angebotsvielfalt zu Gunsten der Endnutzer gefördert und ein Mindestmaß an Informationstransparenz und Rechtssicherheit gewährleistet werden2. Die festgelegten Mindestanforderungen verbessern zum einen die Vergleichbarkeit von Angeboten, zum anderen sollen die Anbieter von Telekommunikationsdiensten veranlasst werden, untereinander in einen Qualitätswettbewerb einzutreten3.
16
2.3.1.1 Adressaten und Anspruchsberechtigte der Regelung Adressaten der Bestimmung sind Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit. Telekommunikationsdienste stellen gemäß § 3 Nr. 24 TKG Dienste dar, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden und ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdiensten in Rundfunknetzen4.
17
Begünstigt von § 43a TKG sind Teilnehmer i. S. d. § 3 Nr. 20 TKG. Unter den Teilnehmerbegriff fällt jede natürliche oder juristische Person, die mit einem Anbieter von Telekommunikationsdiensten einen Vertrag über die Erbringung derartiger Dienste geschlossen hat. Dies gilt unabhängig davon, ob der Teilnehmer oder Dritte die Dienste nutzen, oder aber ob der Teilnehmer diese Dienste als Endnutzer, Wiederverkäufer oder für das Angebot eigener Telekommunikationsdienste auf Vorleistungsebene nachfragt5.
18
2.3.1.2 Mindestvertragsinhalt Gemäß § 43 a TKG müssen folgende Informationen im Rahmen der Endnutzerverträge bereitgestellt werden: – (Nr. 1) Angabe des Namens, der ladungsfähigen Anschrift, bei juristischen Personen Angabe der Rechtsform, der Sitz sowie das zuständige Registergericht; – (Nr. 2) Die Art und die wichtigsten technischen Leistungsdaten der angebotenen Telekommunikationsdienste; _______________
1 2 3 4 5
Vgl. Begr. zu § 43a TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 24. Vgl. Erwägungsgrund Nr. 30 der URL. Vgl. Begr. zu § 43a TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 24. Zu den Begrifflichkeiten siehe Rz. 7 ff. Siehe oben Rz. 17.
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K Rz. 20
Kundenschutz und Universaldienst
– (Nr. 3) Die voraussichtliche Dauer bis zur Bereitstellung eines Anschlusses; – (Nr. 4) Die angebotenen Wartungs- und Entstördienste – (Nr. 5) Einzelheiten zu den Preisen; – (Nr. 6) Die Fundstelle eines allgemein zugänglichen, vollständigen und gültigen Preisverzeichnisses des Anbieters; – (Nr. 7) Vertragslaufzeit; – (Nr. 8) die Voraussetzungen für die Verlängerung und Beendigung des Bezugs einzelner Dienste und des gesamten Vertragsverhältnisses; – (Nr. 9) Etwaige Entschädigungs- und Erstattungsregelungen für den Fall, dass er die wichtigsten technischen Leistungsdaten der zu erbringenden Dienste nicht eingehalten hat; sowie – (Nr. 10) die praktisch erforderlichen Schritte zur Einleitung eines außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahrens. 20
Die Anforderungen und Vorgaben des § 43a TKG sind weitgehend selbsterklärend. Als Anhaltspunkt kann ergänzend auf den Anhang II und Anhang III der Universaldienstrichtlinie zurückgegriffen werden, in denen die gemäß Art. 21 URL zu veröffentlichenden Informationen (Anhang II) und die Parameter für die Dienstequalität (Anhang III) aufgeführt sind. Dies ist möglich, da der vertragliche Mindestinhalt nach Art. 20 URL mit den nach Art. 21 URL zu veröffentlichenden Informationen korrespondiert. Gleiches gilt für das Verhältnis von § 43a TKG und dem nachfolgend noch anzusprechenden § 45n TKG1. Hinsichtlich der anzugebenden Qualitätsparameter (z. B. Bereitstellung des Anschlusses, Entstörung, Wartung) verweist der Anhang III URL seinerseits auf die entsprechenden ETSI-Normen2 (siehe oben Rz. 27). 2.3.1.3 Rechtsfolgen eines Verstoßes
21
Werden die Vorgaben des § 43a TKG nicht eingehalten, sollen nach der Gesetzesbegründung die gleichen Rechtsfolgen eintreten, die im Fall eines Verstoßes gegen die BGB-Informationspflichtenverordnung (BGB-Info-V) eingreifen3. Ein Verstoß gegen die BGB-Info-V kann unterschiedliche Rechtsfolgen auslösen. Sie kann insbesondere die Wirksamkeit des Vertrages beeinträchtigen. Ein wirksamer Vertrag ist beispielsweise zu verneinen, wenn die Verletzung der Informationspflicht zur Folge hat, dass sich die Parteien über wesentliche Vertragsbestandteile noch nicht geeinigt haben4. Verstößt der Anbieter gegen § 43a TKG, d. h. weist der Vertrag nicht den erforder_______________
1 2 3 4
Siehe nachfolgend Rz. 23 ff. ETSI = European Telecommunications Standards Institute, vgl. auch S. 1231, Fn. 2. Vgl. Begr. zu § 43a TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 24. Vgl. Palandt/Grüneberg, Einf. BGB-InfoV Rz. 4 f.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 23 K
lichen Mindestinhalt auf, geht der Gesetzgeber offensichtlich davon aus, dass mangels Einigung über die wesentlichen Vertragsbestandteile der Vertrag insgesamt nicht wirksam ist. Die Nichteinhaltung des Mindestvertragsinhalts nach § 43a TKG führt somit direkt zur Unwirksamkeit des Vertrages. Dies entspricht der Rechtsfolge des § 154 Abs. 1 BGB. 2.3.1.4 Ausnahmen Die Pflicht zur Bereitstellung von Mindestinformationen gilt gemäß § 43a S. 2 TKG nicht für Verträge mit Teilnehmern, die keine Verbraucher sind und mit denen der Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit eine Individualvereinbarung getroffen hat. Hinsichtlich des Verbraucherbegriffs kann auf § 13 BGB zurückgegriffen werden1. Danach ist jede natürliche Person Verbraucher, die ein Rechtsgeschäft zu einem eigenen Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Juristische Personen, insbesondere Unternehmen, fallen aus dem Verbraucherbegriff des BGB heraus2. Im Geschäftskundenbereich spielt der § 43a TKG somit keine große Rolle. Denn der Vertragsschluss dient hier zum einen einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit, zum anderen werden mit Geschäftskunden in der Praxis entsprechende Individualvereinbarungen abgeschlossen. Die uneingeschränkte Anwendbarkeit des § 43a TKG im Geschäftskundenbereich würde im Interesse einer größtmöglichen Wettbewerbsfreiheit wenig Sinn machen3.
22
2.3.2 Veröffentlichungspflichten (§ 45n TKG) Nach § 45n TKG ist jeder Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit verpflichtet, die in § 45n TKG genannten Informationen zu veröffentlichen. Der § 45 n TKG dient der Umsetzung von Art. 21 und 22 URL in nationales Recht4. Ziel der Regelung ist es, transparente und aktuelle Informationen über die jeweiligen Preise und Tarife sowie über die Standardkonditionen der jeweils angebotenen Telekommunikationsdienste zu ermöglichen. Endnutzer und Verbraucher sollen in die Lage versetzt werden, eine unabhängige Bewertung der unterschiedlichen Angebote am Markt einschließlich deren Kosten vorzunehmen5. Vor diesem Hintergrund sind die nationalen Regulierungsbehörden nach Art. 22 URL berechtigt, Unternehmen, die öffentlich zugängliche Kommunikationsdienste anbieten, zur Veröffentlichung vergleichbarer, angemessener und aktueller Endnutzerinformationen über die Qualität ihrer Dienste zu verpflichten. Ziel des _______________
1 2 3 4 5
Vgl. Begr. zu § 43a TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 24. Vgl. Palandt/Heinrichs, § 13 BGB Rz. 2. Vgl. Begr. zu § 43a TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 24. Vgl. Begr. zu § 45n TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 26. Vgl. Art. 21 der URL.
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K Rz. 24
Kundenschutz und Universaldienst
Richtliniengebers ist es, Endnutzern ausreichend Zugang zu öffentlich verfügbaren Informationen über Kommunikationsdienste zu verschaffen. Die Gewährleistung der Transparenz bei Preisen, Tarifen und Bedingungen soll es den Verbrauchern erleichtern, eine optimale Wahl zu treffen und auf diese Weise umfassend vom Wettbewerb zu profitieren1. 2.3.2.1 Adressaten 24
Adressaten der Regelung sind Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit. Der Adressatenkreises bestimmt sich mithin durch das Anbieten von Telekommunikationsdiensten i. S. d. § 3 Nr. 24 TKG, die sich an die Öffentlichkeit richten müssen2. 2.3.2.2 Inhalt der Pflichtveröffentlichung
25
Der Inhalt der zu veröffentlichenden Informationen ergibt sich unmittelbar aus § 45n Abs. 1 TKG. Folgende Informationen sind zu veröffentlichen: –
(Nr. 1) Angabe des Namens, der ladungsfähigen Anschrift, bei juristischen Personen Angabe der Rechtsform, der Sitz sowie das zuständige Registergericht;
–
(Nr. 2) Die einzelnen von ihm angebotenen Dienste und Dienstmerkmale für den öffentlichen Telefondienst sowie Wartungsdienste einschließlich der Angabe, ob die Entgelte für Dienste gegenüber den Endnutzern einzeln oder wie sie im Einzelnen zusammen mit anderen Diensten berechnet werden;
–
(Nr. 3) Einzelheiten über die Preise der angebotenen Dienste, Dienstmerkmale und Wartungsdienste einschließlich etwaiger besonderer Preise für bestimmte Endnutzergruppen;
–
(Nr. 4) Einzelheiten über seine Entschädigungs- und Erstattungsregelungen und deren Handhabung;
–
(Nr. 5) seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die von ihm angebotene Mindestvertragslaufzeit;
–
(Nr. 6) allgemeine und anbieterbezogene Informationen über Verfahren zur Streitbeilegung; sowie
–
(Nr. 7) Informationen über grundlegende Rechte der Endnutzer für Telekommunikationsdienste, insbesondere – zu Einzelverbindungsnachweisen, – zu beschränkten und für den Endnutzer kostenlosen Sperren abgehender Verbindungen,
_______________
1 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 30 und Nr. 31 der URL. 2 Zu den Begrifflichkeiten siehe oben Rz. 7 ff.
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Rz. 27 K
Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
– zur Nutzung öffentlicher Telefonnetze gegen Vorauszahlung, – zur Verteilung der Kosten für einen Netzanschluss auf einen längeren Zeitraum, – zu den Folgen von Zahlungsverzug für mögliche Sperren und – zu den Dienstemerkmalen Tonwahl- und Mehrfrequenzwahlverfahren und Anzeige der Rufnummer des Anrufers. 2.3.2.3 Veröffentlichung von Qualitätskennwerten Darüber hinaus besteht nach § 45n Abs. 2 TKG die Berechtigung der BNetzA, Anbieter zu verpflichten, bestimmte Informationen über technische Merkmale ihrer Dienste auf Kosten der Anbieter zu veröffentlichen. Insbesondere kann sie im Rahmen einer behördlichen Verfügung vorgeben, welche Maßstäbe und Verfahren für die Ermittlung der zu veröffentlichen Daten nach § 45n Abs. 1 TKG anzuwenden sind. Diesbezüglich kann sich die BNetzA an den Vorgaben aus Anhang III der Universaldienstrichtlinie orientieren1. Der Anhang III der URL verweist wiederum auf die folgenden ETSI-Normen2: Parameter
Definition
Messverfahren
Frist für die erstmalige Bereitstellung des Anschlusses
ETSI EG 201 769-1
ETSI EG 201 769-1
Fehlerquote pro Anschlussleitung
ETSI EG 201 769-1
ETSI EG 201 769-1
Fehlerbehebungszeit
ETSI EG 201 769-1
ETSI EG 201 769-1
Häufigkeit des erfolglosen Verbindungsaufbaus
ETSI EG 201 769-1
ETSI EG 201 769-1
Verbindungsaufbauzeit
ETSI EG 201 769-1
ETSI EG 201 769-1
Antwortzeiten bei vermittelten Diensten
ETSI EG 201 769-1
ETSI EG 201 769-1
Antwortzeiten bei Auskunftsdiensten
ETSI EG 201 769-1
ETSI EG 201 769-1
Anteil funktionsfähiger Münz- und Kartentelefone
ETSI EG 201 769-1
ETSI EG 201 769-1
Beschwerden über Abrechnungsfehler
ETSI EG 201 769-1
ETSI EG 201 769-1
_______________
1 Vgl. Begr. zu § 45n TKG, BT-Drucks. 16/2581, Rz. 26. 2 ETSI = European Telecommunications Standards Institute; die genannten Referenzdokumente können bei der ETSI angefordert werden (Postanschrift: F-06921 Sophia Antipolis Cedex, Telefon (33) 4 9294 4241; E-Mail: [email protected]; Webseite: http://www.etsi.fr).
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K Rz. 28 28
Kundenschutz und Universaldienst
Der § 45n Abs. 2 TKG entspricht seinem Inhalt nach im Großen und Ganzen dem früheren § 27 TKV. Ziel ist es, eine Vergleichbarkeit der Markt angebotenen Leistungen herzustellen und dem potentiellen Kunden einen hinreichenden Überblick über Art und Qualität der Leistungen zu verschaffen1. Anders als § 27 TKV wurde der § 45n Abs. 2 TKG allerdings nicht als Pflichtveröffentlichung ausgestaltet, sondern als Ermächtigungsgrundlage für die BNetzA zur Auferlegung zusätzlicher Informationspflichten. Die Verpflichtung besteht daher nur nach entsprechender Auferlegung durch die BNetzA. Die Entscheidung über die Auferlegung erfolgt im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens (Wortlaut: „kann … verpflichten“). Bei ihrer Ermessensausübung hat die BNetzA den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Vorgaben der URL zu berücksichtigen2. Die Kosten der Veröffentlichung trägt der Anbieter (Abs. 2 S. 1). Hinsichtlich der zu veröffentlichenden Parameter, Definitionen, Messgrößen und Messmethoden zur Erhebung der Qualitätskennwerte kann auf die Verfügung Nr. 169/199 der BNetzA („Definitionen, Messgrößen und Messmethoden zur Erhebung der Qualitätskennwerte gemäß § 32 TKV Abs. 1 Nr. 1–8“) zurückgegriffen werden3. Entsprechendes gilt für den Qualitätskennwert „Abrechnungsgenauigkeit“, der mit Verfügung Nr. 9/1999 von der BNetzA festgelegt wurde4. 2.3.2.4 Veröffentlichung weiterer Informationen
29
Über die in Abs. 1 und 2 aufgeführten Informationen hinaus, ist die BNetzA gemäß § 45n Abs. 3 TKG berechtigt, jegliche Information in ihrem Amtsblatt oder auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen, die für die Endnutzer eine Bedeutung haben können. Auch durch diese Regelung soll sichergestellt werden, dass die BNetzA zu Gunsten der Transparenz und der Vergleichbarkeit der am Markt angebotenen Leistungen Hinweise an die Endnutzer herausgeben kann. Der Abs. 3 S. 2 stellt in diesem Zusammenhang klar, dass sonstige Rechtsvorschriften, namentlich zum Schutz personenbezogener Daten und zum Presserecht, von dieser Veröffentlichungsmöglichkeit unberührt bleiben und bei der Veröffentlichung von der BNetzA zwingend zu berücksichtigen sind. 2.3.2.5 Ort der Veröffentlichung
30
Vorgaben zum Ort der Veröffentlichung sind in § 45n TKG nicht enthalten. Der Anbieter kann frei entscheiden, wie er den Endnutzern die Informationen zugänglich macht. In Betracht kommt eine Veröffentlichung auf seiner Homepage (einschließlich der Möglichkeit für die Kunden, die Informatio_______________
1 2 3 4
Siehe oben Rz. 23. Vgl. Beck TKG-Komm/Dahlke, 3. Aufl., TKG-E 2005, § 45n Rz. 11 ff. Vfg. 169/1999, Amtsblatt der BNetzA 1999, S. 4109 ff. Vfg. 9/1999, Amtsblatt der BNetzA 1999, S. 6.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 33 K
nen herunter zu laden), eine Veröffentlichung als Kundenanschreiben oder per Kunden-E-Mail. Ebenso kommt eine Veröffentlichung im Amtsblatt der BNetzA in Betracht; dies ist jedoch nicht zwingend. Erfolgt die Veröffentlichung nicht auch im Amtsblatt, muss der BNetzA zumindest der Ort der Veröffentlichung mitgeteilt werden. Die Fundstelle wird sodann im Amtsblatt bekannt gegeben. Eine Veröffentlichung im Amtsblatt setzt einen entsprechenden Vertrag mit der BNetzA voraus. Veröffentlichungen im Amtsblatt sind zudem kostenpflichtig. Weitere Informationen hierzu sind auf der Homepage der BNetzA unter www.bundesnetzagentur.de verfügbar. Soweit die BNetzA die erforderlichen Informationen selbst veröffentlicht, kann sie den Anbieter von der Veröffentlichungspflicht nach § 45n Abs. 1 S. 1 TKG freistellen. 2.3.2.6 Durchsetzung der Veröffentlichungspflicht Stellt die BNetzA fest, dass ein Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit seiner Pflicht nach § 45n TKG nicht nachkommt, kann sie entweder die in Abs. 1 S. 1 genannten Informationen gemäß Abs. 1 S. 3 selbst veröffentlichen oder aber gegen den Anbieter nach § 126 TKG vorgehen. Im Rahmen des § 126 Abs. 2 TKG ist die BNetzA befugt, die zur Einhaltung des § 45n TKG erforderlichen Maßnahmen anzuordnen, soweit das Unternehmen einer zuvor erteilten Abhilfeaufforderung nicht nachkommt. Zur Durchsetzung ihrer Anordnung kann die BNetzA gemäß § 126 Abs. 5 TKG nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes ein Zwangsgeld bis zu 500.000 Euro festsetzen1.
31
2.4 Regelungen mit vertragsrechtlichem Schwerpunkt Die Regelungen mit vertragsrechtlichem Schwerpunkt enthalten teilweise zwingendes Recht, das die Privatautonomie der Parteien einschränkt und sich unmittelbar auf die Vertragsbeziehung mit dem Kunden auswirkt. Diese Regelungen haben daher unmittelbare Relevanz für die alltägliche Praxis. Hierzu gehört beispielsweise die Haftungsbeschränkung nach § 44a TKG, das Sonderkündigungsrecht nach § 45c TKG oder die Regelungen zum Thema Entgeltermittlung und Abrechnung, die Bestimmungen hinsichtlich der Beanstandung von Rechnungen oder die Sperrungsmöglichkeit bei Zahlungsverzug beinhalten (§§ 45e bis 45k TKG).
32
2.4.1 Haftungsbeschränkung (§ 44a TKG) Der § 44a TKG enthält – wie bereits der § 7 TKV – eine Haftungsbegrenzung zu Gunsten der Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die _______________
1 Zu § 126 TKG siehe Beck TKG-Komm/Nübel, 3. Aufl., § 126 TKG Rz. 28.
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K Rz. 34
Kundenschutz und Universaldienst
Öffentlichkeit1. Danach ist die Haftung für Vermögensschäden gegenüber den einzelnen Endnutzern auf 12.500 Euro (individuelle Haftungsbeschränkung) beschränkt. Gegenüber mehreren Endnutzern, die von einem einheitlichen Schadensereignis betroffen sind, haften die Anbieter bis zu einer Summe von maximal 10 Mio. Euro (globale Haftungsbeschränkung). Die Vorschrift enthält damit eine doppelte Begrenzung der Haftungssumme, die allerdings bei einer vorsätzlichen Schadensverursachung nicht eingreift2. 34
Der Sinn und Zweck der Regelung besteht darin, die ansonsten kaum abschätzbaren wirtschaftlichen Risiken für die Anbieter, die insbesondere mit Blick auf Störungen von Telekommunikationsdienstleistungen im Bankenund Versicherungsbereich entstehen können, einzuschränken. Die Regelung soll einen Ausgleich zwischen der möglichen Schadenshöhe und der ohne Haftungsbeschränkung uneingeschränkten Schadensersatzpflicht der Anbieter erreichen. Dieses Regelungsziel findet sich bereits in der Begründung zu § 7 TKV3 und gilt ohne Veränderung auch für § 44a TKG. Hinzu kommt, dass im Geschäftskundenbereich – der Gesetzeswortlaut spricht von Endnutzern, die keine Verbraucher sind – einzelvertraglich von der Haftungsbeschränkung des § 44a TKG abgewichen werden kann. Dies ermöglicht eine zusätzliche Flexibilisierung bei der Vereinbarung von Haftungsbeschränkungen im Geschäftskundenbereich4.
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Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens war ursprünglich beabsichtigt, die bereits aus § 7 TKV bekannte individuelle Haftungsbeschränkung in Höhe von 12.500 Euro ersatzlos entfallen zu lassen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass hierdurch eine Besserstellung der Geschädigten in Fällen beabsichtigt sei, in denen nur wenige von einer Schädigung betroffen sind. Es solle vermieden werden, dass Ersatzansprüche selbst dann begrenzt werden, wenn der Anbieter den von ihm verursachten Schaden tatsächlich ohne Not tragen könne, während der Geschädigte – z. B. bei Datenverlust – in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht sei5. Auf Initiative des Bundesrates wurde von diesem Vorhaben Abstand genommen und die individuelle Haftungsbegrenzung aufrecht erhalten. Hauptargument des Bundesrates war, dass es sich bei den von Telekommunikationsanbietern erbrachten Leistungen um Massenprodukte handele. Durch den Wegfall der individuellen Haftungsbegrenzung gegenüber Endnutzern würde sich im Vergleich zur geltenden Rechtslage ein deutlich verschärftes Haftungsrisiko ergeben. Dieses Risiko stünde außer Verhältnis zu den gängigen Tarifen im Standardgeschäft6. Der Einwand des Bundesrates hat schließlich durchgegriffen und zur Beibehal_______________
1 2 3 4 5 6
Zu den Begrifflichkeiten siehe oben Rz. 7. Beck TKG-Komm/Dahlke, 3. Aufl., § 44a TKG-E 2005 Rz. 2 f. Vgl. Begr. zu § 7 TKV, BR-Drucks. 551/97, S. 28. Im Einzelnen siehe unten Rz. 44 f. Vgl. Begr. zu § 44a TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 24. Vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 359/06 (Beschluss), S. 6, Punkt 7; Beschluss des Wirtschaftsauschusses, BT-Drucks. 16/3635, S. 48.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
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tung der individuellen Haftungsbegrenzung in § 44a TKG geführt. Dem Bundesrat ist insoweit zuzugeben, dass gerade im Standardgeschäft eine Haftungshöchstsumme von 10 Mio. Euro, soweit nur ein Endnutzer betroffen sein sollte, außer Verhältnis zu den Kundenumsätzen steht. Allerdings hätte man, wie vom Bundesrat ebenfalls vorgeschlagen1, aus Verbraucherschutzgesichtspunkten nochmals über eine moderate Anhebung der individuellen Haftungssumme nachdenken können. Dies ist letztlich nicht erfolgt. 2.4.1.1 Anwendungsbereich Nach dem Wortlaut der Vorschrift gilt die Haftungsbegrenzung nur, soweit eine Verpflichtung des Anbieters zum Ersatz eines Vermögensschadens gegenüber einem Endnutzer besteht. Der § 44a TKG greift damit nur im Verhältnis zu Endnutzern i. S. d. § 3 Nr. 8 TKG ein. Endnutzer sind juristische oder natürliche Personen, die weder öffentliche Telekommunikationsnetze betreiben noch selbst Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit anbieten2. Hieraus folgt, dass im Verhältnis zwischen den Anbietern von Telekommunikationsdiensten untereinander und/oder im Verhältnis zu Betreibern öffentlicher Telefonnetze der § 44a TKG keine Anwendung findet (siehe nachfolgend Rz. 46).
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2.4.1.2 Beschränkung auf Vermögensschäden Die Haftungsbegrenzung gilt nur für Vermögensschäden. Sie greift nicht bei Sach- oder Personenschäden sowie bei hieraus resultierenden Folgeschäden ein. Positiv ausgedrückt: Von § 44a TKG werden nur Vermögensschäden erfasst, nicht aber sonstige Schäden. Für den Umfang der Haftungsbegrenzung ist im Ergebnis die Abgrenzung von Vermögensschäden zu sonstigen Schäden relevant3, die einzelfallbezogen vorgenommen werden muss.
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2.4.1.3 Individuelle Haftungsbeschränkung Die Haftung gegenüber dem einzelnen Endnutzer ist gemäß § 44a S. 1 TKG auf einen Betrag von maximal 12.500 Euro beschränkt (individuelle Haftungsbeschränkung). Die Haftungsbegrenzung greift unabhängig vom jeweiligen Rechtsgrund des Schadensersatzanspruches ein. Neben § 44 TKG kommen sämtliche Anspruchsgrundlagen, insbesondere des BGB in Betracht4. Abhängig von der rechtlichen Qualifizierung des Telekommunikationsvertrages als typen-gemischter Vertrag aus Miet- und Werkvertrag, _______________
1 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 359/06 (Beschluss), S. 6, Punkt 7. 2 Zum Endnutzerbegriff siehe oben Rz. 11. 3 Zu Vermögensschäden und deren Abgrenzung vgl. Palandt/Heinrichs, vor § 249 BGB, Rz. 8 ff.; Bamberger/Roth/Grüneberg, Vor § 249 BGB, Rz. 14. 4 Vgl. Begr. zu § 44a TKG in BT-Drucks. 15/5213, S. 21.
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gemischter Vertrag mit wesentlichen Elementen des Dienstvertrages, atypischen Werkvertrag, oder Vertrag sui generis können Ansprüche aus § 536a BGB (Miete), § 634 ff. BGB (Werkvertrag) oder §§ 280, 611 ff. BGB im Raum stehen. Daneben kommen Ansprüche aus culpa in contrahendo (§§ 311, 280 BGB), positive Vertragsverletzung (§ 280 BGB) sowie deliktische Ansprüche in Betracht. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass bei Vorsatz die Haftungsbeschränkung von vorneherein nicht eingreift. 39
Auch wenn mehrere Endnutzer von einem Schadensereignis betroffen sind, findet gegenüber der Gesamtheit dieser Geschädigten zunächst die individuelle Haftungshöchstgrenze von 12.500 Euro Anwendung. Die Haftungsbegrenzung wird allerdings von der globalen Haftungsbegrenzung nach § 44a S. 2 TKG verdrängt, sobald die Schadenssumme 10 Mio. Euro erreicht hat. Dies ergibt sich aus dem Zusatz in S. 2, wonach die Schadensersatzpflicht unbeschadet der Begrenzung nach S. 1 in der Summe auf höchstens 10 Mio. Euro beschränkt ist. Nach Erreichen dieser Höchstsumme richtet sich die Frage der Haftungsbegrenzung nach § 44a S. 2 TKG und § 44a S. 3 TKG, der eine Quotierung der Schäden bei Überschreiten der Höchstsumme vorsieht1. 2.4.1.4 Globale Haftungsbeschränkung
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Die globale Haftungsbeschränkung greift ein, soweit aufgrund einer einheitlichen Handlung oder eines einheitlichen schadenverursachenden Ereignisses eine Verpflichtung des Anbieters zum Ersatz eines Vermögensschadens gegenüber einem Endnutzer oder mehreren Endnutzern besteht und die Haftung in der Summe 10 Mio. Euro erreicht. Übersteigen die Entschädigungen, die mehreren Geschädigten auf Grund desselben Ereignisses zu leisten sind, die Höchstgrenze von 10 Mio. Euro, so wird der Schadensersatz gemäß § 44a S. 3 TKG in dem Verhältnis gekürzt, in dem die Summe aller Schadensersatzansprüche zur Höchstgrenze steht (Quotierung)2. 2.4.1.5 Ausschluss der Haftungsbeschränkung
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Bei vorsätzlich verursachten Schäden greift die Haftungsbeschränkung des § 44a TKG nicht ein. Dies entspricht der bisherigen Rechtslage zu § 7 TKV3 und gilt für sämtliche in Betracht kommende Anspruchsgrundlagen, ausgenommen solche, die verschuldensunabhängig ausgestaltet sind. Bei Vorsatz haftet der Anbieter daher immer unbegrenzt. Zudem muss er sich im Rah_______________
1 Zur Quotierung siehe Rz. 40 und Beck TKG-Komm/Dahlke, 3. Aufl., § 44a TKG-E 2005 Rz. 12 ff. 2 Beispiel zur Quotierung siehe bei Beck TKG-Komm/Dahlke, 3. Aufl., § 44a TKG-E 2005 Rz. 13. 3 Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Aufl., Anh § 41 TKG, § 7 TKV Rz. 8.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 44 K
men bestehender Schuldverhältnisse das vorsätzliche Verhalten seiner Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB zurechnen lassen1. Im Zusammenhang mit dem Wegfall des Haftungsausschlusses bei Vorsatz hatte der Bundesrat zwar angeregt, die Haftungsprivilegierung auch in Fällen grober Fahrlässigkeit entfallen zu lassen. Dies ist allerdings nicht umgesetzt worden, obwohl es der eindeutigen rechtlichen Wertung des AGBRechts in § 309 Nr. 7 b BGB entsprechen würde und AGB-Recht gleichermaßen Verbraucherschutzrecht darstellt. Aus dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes besteht mithin ein gewisser Wertungswiderspruch zwischen AGB-Recht einerseits und der branchenspezifischen Haftungsregelung in § 44a TKG andererseits. Die Haftungsbegrenzung nach den Sätzen 1 bis 3 des § 44a TKG gilt ferner nicht für Ansprüche auf Ersatz des Schadens, der durch den Verzug der Zahlung von Schadensersatz entsteht. Das heißt, dass ein möglicher Verzögerungs- als auch Verzugsschaden, der aus einer nicht rechtzeitigen Zahlung der Schadensersatzsumme resultiert, nicht durch § 44a TKG beschränkt ist.
42
2.4.1.6 Abweichende Haftungsregelungen Gemäß § 44a S. 5 TKG kann die Höhe der Haftung gegenüber Endnutzern, die keine Verbraucher sind, durch Vereinbarung einzelvertraglich geregelt werden. Hinsichtlich des Verbraucherbegriffes sei auf § 13 BGB verwiesen2. Endnutzer sind gemäß § 3 Nr. 8 TKG juristische oder natürliche Personen, die weder öffentliche Telekommunikationsnetze betreiben noch Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringen. Dies bedeutet, dass insbesondere bei Geschäftskunden eine Haftungsbegrenzung individuell ausgehandelt und vereinbart werden kann.
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Aus § 44a S. 5 TKG i. V. m. § 47a TKG ergibt sich gleichzeitig, dass bei Endnutzern, die Verbraucher sind, eine Vereinbarung von abweichenden ungünstigeren Haftungsregelungen, nicht möglich ist. Diese wären wegen § 47b TKG unwirksam. Für den Endnutzer günstigere Haftungsregeln können demgegenüber vereinbart werden, sind aber in der Praxis äußerst selten. Die Haftungsbegrenzung nach § 44a TKG findet unabhängig von einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung Anwendung. Soweit in Verträgen oder in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Wortlaut des § 44a TKG wiedergegeben wird, handelt es sich um eine deklaratorische Wiederholung von zwingendem Gesetzesrecht. Aus Gründen der Transparenz und Kundenfreundlichkeit macht ein solcher Hinweis aber durchaus Sinn.
44
_______________
1 Im Einzelnen Palandt/Heinrichs, § 278 BGB. 2 Vgl. oben Rz. 22.
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Unklar ist, ob die Haftungsbegrenzung nach § 44a TKG Anwendung findet, wenn im Fall von Geschäftskunden eine Haftungsbeschränkung der Höhe nach nicht ausdrücklich einzelvertraglich vereinbart wurde. Ausgehend von dem Wortlaut des § 44a S. 5 TKG ist davon auszugehen, dass in diesem Fall die Haftungsbeschränkung nach § 44a S. 1 und S. 2 TKG eingreift. Denn in Ermangelung einer ausdrücklichen Regelung zur Haftungshöhe liegt keine abweichende einzelvertragliche Vereinbarung vor. Soll im Geschäftskundenbereich die Haftung über die Höchstgrenze des § 44a TKG ausgedehnt werden, muss dies ausdrücklich vereinbart werden, z. B. durch Angabe eines bestimmten Höchstbetrages oder dem Hinweis, dass der Vertragspartner der Höhe nach unbeschränkt haftet.
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Die Haftungsbegrenzung gilt indes nicht für Nutzer, die ihrerseits Telekommunikationsnetze betreiben oder Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit anbieten, da sie dem Endnutzerbegriff des § 3 Nr. 8 TKG nicht unterfallen. Die Haftung zwischen den Anbietern von Telekommunikationsdiensten untereinander bestimmt sich nach den allgemeinen Gesetzen, einschließlich der bestehenden Beschränkungsmöglichkeiten. Im Inter-CarrierBereich sowie im Bereich von Lieferverhältnissen über Telekommunikationsdienste auf Vorleistungsebene sind somit die einzelvertraglichen Regelungen entscheidend. Auch wenn die Regelung aus § 7 TKV, wonach eine vertragliche Haftungsbeschränkung die Summe der Mindesthaftungsbeträge gegenüber den geschädigten Endkunden des anderen Nutzers nicht unterschreiten darf, nicht mehr aufrechterhalten wurde, so ist zur Vermeidung unnötiger Risiken darauf zu achten, dass zumindest die globale Haftungsobergrenze des § 44a TKG vereinbart wird. 2.4.2 Verjährung
47
Eine besondere Verjährungsregelung ist im TKG-Änderungsgesetz 2006 nicht vorgesehen. Dies ist bedauerlich. Denn mit Blick auf die frühere 2-jährige Verjährung nach § 8 TKV sowie die zwischenzeitliche Entwurfsfassung einer TKV, die eine Anpassung an die 3-jährige Verjährung nach dem BGB vorsah, wäre eine Klarstellung sinnvoll gewesen. Aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Regelung sowie unter Bezugnahme auf den bereits angesprochenen Entwurf einer TKV1 ist zu schließen, dass sich die Verjährung zukünftig allein nach den § 194 ff. BGB richtet.
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Fraglich bleibt allerdings, wie Übergangsfälle behandelt werden. Gemäß Artikel 5 des TKG tritt das Änderungsgesetz am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Telekommunikations-Kundenschutzverordnung vom 12.12.1997 außer Kraft. Dies hat zur Folge, dass die 2-jährige Verjährung nach § 8 TKV ersatzlos wegfällt und nunmehr mangels _______________
1 Vgl. Entwurf einer Telekommunikations-Kundenschutzverordnung v. 30.7.2004, abrufbar unter www.tkrecht.de.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 52 K
spezieller Regelung die Verjährung des allgemeine Zivilrechts Anwendung finden müsste. D. h. auf Übergangsfälle wäre die längere, regelmäßige Verjährung von drei Jahren nach § 195 BGB anzuwenden, was eine Ausdehnung der Verjährung gegenüber dem früheren § 8 TKV um ein Jahr bedeuten würde. Einer solchen Auslegung steht der Rechtsgedanke des Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB entgegen. Zwar finden grundsätzlich die Vorschriften des aktuelleren Gesetzes auf die an dem Tag des Inkrafttretens bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung, jedoch soll die jeweils kürzere Verjährung aus Gründen der Rechtssicherheit gelten1. Dass heißt, die Verjährung für Übergangsfälle – Ansprüche, die am Tag des Inkrafttretens des TKG-Änderungsgesetzes bereits entstanden, aber noch nicht verjährt sind – dürften sich auch weiterhin nach der in § 8 TKV vorgesehene kurze Verjährungsfrist von zwei Jahren richten. Im Zweifelsfall sollte die Verjährung daher spätestens zum Ablauf der kurzen Verjährung von zwei Jahren durch das Ergreifen entsprechender Maßnahmen gehemmt werden.
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2.4.3 Entstörungsdienst (§ 45b TKG) Nach § 45b TKG kann der Teilnehmer von dem Anbieter eines öffentlich zugänglichen Telefondienstes verlangen, dass dieser einer Störung unverzüglich, auch nachts und an Sonn- und Feiertagen, nachgeht, vorausgesetzt der Anbieter verfügt über beträchtliche Marktmacht. Die Regelung entspricht dem früheren § 12 TKV2.
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Ein öffentlich zugänglicher Telefondienst ist gemäß § 3 Nr. 17 TKG ein der Öffentlichkeit zur Verfügung stehender Dienst für das Führen von Inlandsund Auslandsgesprächen einschließlich der Möglichkeit, Notrufe abzusetzen3. Hierunter fällt grundsätzlich jeder Anbieter, der solche Dienste anbietet. Weitere Voraussetzung ist, dass der Anbieter über beträchtliche Marktmacht in Bezug auf die Bereitstellung solcher Telefondienste verfügt, so dass regelmäßig die DTAG als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht dem Pflichtenkreis des § 45b TKG unterliegt.
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2.4.3.1 Begriff der Störung Nach dem Wortlaut des § 45b TKG werden Störungen jeglicher Art erfasst. Dies ist zu weitgehend, da dann auch Störungen erfasst würden, die mit der technischen Bereitstellung des öffentlich zugänglichen Telefondienstes im Sinne der ordnungsgemäßen Erbringung der vertraglichen Hauptleistungspflicht nicht im Zusammenhang stehen. Der Störungsbegriff muss nach dem Sinn und Zweck der Norm auf den Bereich der technischen Störungen _______________
1 Vgl. Palandt/Heinrichs, Art. 229 § 6 EGBGB, Rz. 5. 2 Vgl. Begr. zu § 45b TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 25. 3 Zum öffentlich zugänglichen Telefondienst siehe oben Rz. 9.
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K Rz. 53
Kundenschutz und Universaldienst
beschränkt werden. Anderenfalls bestünde die Pflicht zur Störungsbeseitigung bei jedem auch nur geringfügigem Vertragspflichtverstoß. Störungen, die keinen unmittelbaren oder mittelbaren Einfluss auf die Kommunikation haben, sind daher vom Anwendungsbereich ausgenommen1. Typische Störungen, die dem Pflichtenkreis des § 45b TKG unterliegen, sind ein fehlerhafter Verbindungsaufbau, Nichterreichbarkeit von Rufnummern, Rauschen, plötzlicher Verbindungsabbruch etc. 2.4.3.2 Unverzügliche Störungsbeseitigung 53
Der Normadressat ist verpflichtet, einer Störung unverzüglich, auch nachts und an Sonn- und Feiertagen nachzugehen. Nachgehen beinhaltet die Ermittlung des Störungsgrundes als auch die eigentliche Störungsbeseitigung2. Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes Zögern3, d. h. der Anbieter muss nach Eingang der Störungsmeldung umgehend mit der Störungsbeseitigung beginnen. Er kann sich nach dem Wortlaut des § 45b TKG nicht darauf berufen, dass eine Störungsbeseitigung wegen der Nachtzeit oder wegen eines Sonn- und Feiertages nicht früher möglich gewesen sei. Die Pflicht zur Störungsbeseitigung „rund um die Uhr“ soll einen Mindestversorgungsstandard der Kunden mit öffentlich zugänglichen Telefondiensten gewährleisten4. Im Rahmen der Unverzüglichkeit muss allerdings berücksichtigt werden, dass auch einem Anbieter mit beträchtlicher Marktmacht nur eine begrenzte Personalreserve für die unverzügliche Beseitigung in der Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen zur Verfügung steht. Erfolgt eine Störungsbeseitigung aufgrund eines Personalengpasses oder aufgrund einer Vielzahl von Störungen nicht unverzüglich, kann dies dem Anbieter nur schwerlich zugerechnet werden. Ein Anbieter mit beträchtlicher Marktmacht kann aus Verhältnismäßigkeitsgründen nur dazu verpflichtet werden, eine angemessene Personalreserve, die anhand empirischer Erfahrungswerte zu ermitteln ist, für die unverzügliche Störungsbeseitigung nach § 45b TKG vorzuhalten. 2.4.3.3 Auf Verlangen des Teilnehmers
54
Die Pflicht zur unverzüglichen Störungsbeseitigung besteht nur bei einem ausdrücklichen Verlangen des Teilnehmers. D. h., der Teilnehmer muss im Rahmen der Störungsmeldung hinreichend deutlich machen, dass er eine unverzügliche Störungsbeseitigung wünscht, die kein weiteres Abwarten zulässt. Dies kann sowohl schriftlich als auch mündlich ausdrücklich oder konkludent erfolgen5. Dass eine Pflicht zur unverzüglichen Störungsbeseitigung generell auch dann bestehen soll, wenn ein Kunde die Störung noch gar _______________
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Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh § 41, § 12 TKV, Rz. 4. Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh § 41, § 12 TKV, Rz. 5. Palandt/Heinrichs, § 121 BGB, Rz. 3. Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh § 41, § 12 TKV, Rz. 6. Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh § 41, § 12 TKV, Rz. 8.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 56 K
nicht bemerkt oder gemeldet, der Anbieter die Störung aber bereits erkannt hat, ist zu weitgehend1. In diesen Fällen ist eine Störungsbeseitigung – abhängig von der Schwere der Störungen – im Rahmen der üblichen Störungsbehebung ausreichend. Eine derartige Ausdehnung der Störungsbeseitigungspflicht ist angesichts des originären Eigeninteresses des Anbieters zur störungsfreien Bereitstellung seiner Telefondienste nicht notwendig. 2.4.3.4 Entgelt für die Störungsbeseitigung Nach dem Wortlaut des § 45b TKG ist nicht ausgeschlossen, dass der Anbieter mit beträchtlicher Marktmacht für die unverzügliche Störungsbeseitigung während der Nachtzeit oder Sonn- und Feiertagen ein zusätzliches Entgelt verlangt. Allerdings darf das Entgelt nicht zu einer Aushöhlung des Kundenschutzes führen, d. h. der Verbraucher darf aufgrund der Entgeltstruktur nicht davon abgehalten werden, die unverzügliche Störungsbeseitigung nach § 45b TKG überhaupt in Anspruch zu nehmen. Ausgehend von dem Umstand, dass es sich bei der Störungsbeseitigung um eine Dienstleistung i. S. d. § 611 BGB handelt, kann auf den Maßstab der üblichen Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden. Die üblichen Zuschläge für Nachtzeiten sowie Sonn- und Feiertage (z. B. nach Tarifverträgen) dürften ebenfalls berücksichtigungsfähig sein. Gleiches gilt für übliche, angemessene Anfahrtspauschalen etc. Weitergehende Aufschläge sind nicht gerechtfertigt, da dies zu einer Aushöhlung des Kundenschutzes führen würde. Zudem muss das Entgelt aus Kundenschutzgesichtspunkten der Billigkeit nach §§ 315, 242 BGB entsprechen.
55
2.4.4 Normgerechte technische Dienstleistung (§ 45c TKG) Nach § 45c TKG sind Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit2 verpflichtet, verbindlich geltende Normen und technische Anforderungen bei der Bereitstellung von Telekommunikationsdiensten einzuhalten. Das in § 45c TKG zunächst vorgesehene Sonderkündigungsrecht zu Gunsten der Endnutzer, falls verbindlich geltende Normen und Anforderungen nicht eingehalten werden, ist auf Initiative des Bundesrates ersatzlos gestrichen worden3. Ein solches Sonderkündigungsrecht ist auch nicht notwendig, da sich die Möglichkeit zur Kündigung für den Fall der Nichteinhaltung bereits aus den Vorschriften des BGB ergibt. Zivilrechtlich käme z. B. ein Kündigungsrecht wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 3 BGB in Betracht, aber auch das Rücktrittsrecht wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung nach § 323 BGB gewährt den Endnutzern einen ausreichenden Schutz. Der Regelungsinhalt des § 45c _______________
1 Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh § 41, § 12 TKV, Rz. 8. 2 Zum Begriff siehe oben Rz. 15 f. 3 Vgl. Stellungnahme des Bundesrats, BR-Drucks. 359/06 (Beschluss), S. 6, Punkt 8.
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K Rz. 57
Kundenschutz und Universaldienst
TKG ist daher konsequent auf die Verpflichtung zur Einhaltung verbindlicher Normen und technischer Anforderungen beschränkt worden, ohne die möglichen Rechtfolgen bei Verstößen zu regeln. Neben der möglichen Konsequenz einer Vertragskündigung durch den Endnutzer, können die aus § 45c TKG resultierenden Verpflichtungen auch von der BNetzA im Wege des § 126 TKG durchgesetzt werden (Verwaltungszwang). 57
Hinsichtlich der einzuhaltenden Normen verweist § 45c TKG auf Art. 17 Abs. 4 Rahmenrichtlinie (RRL)1. Hiernach kann die Kommission die Anwendung bestimmter Normen und/oder Spezifikationen verbindlich vorschreiben, indem sie diese Normen nach vorheriger Konsultation aller Beteiligten im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft veröffentlicht und als verbindlich kennzeichnet. Die BNetzA soll gemäß § 45c Abs. 2 TKG auf die verbindlich erklärten Normen und technischen Anforderungen in ihren Veröffentlichungen hinweisen. Die einzuhaltenden technischen Normen werden daher, ähnlich wie früher bei § 13 Abs. 1 TKV, von der EU-Kommission vorgegeben. 2.4.5 Entgeltermittlung und Abrechnungsfragen
58
Abrechnungsfragen sind in der Praxis häufig Ausgangspunkt für Streitigkeiten zwischen Teilnehmern und Anbietern von Telekommunikationsdiensten. Das TKG enthält hierzu eine Reihe von Kundenschutzvorschriften. Diese Regelungen entsprechen im Wesentlichen den Bestimmungen der früheren TKV. 2.4.5.1 Einzelverbindungsnachweis (§ 45e TKG)
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Von seinem Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit kann der Teilnehmer gemäß § 45e TKG jederzeit mit Wirkung für die Zukunft eine nach Einzelverbindungen aufgeschlüsselte Rechnung (sog. Einzelverbindungsnachweis oder kurz EVN) verlangen. Der EVN muss zumindest diejenigen Angaben enthalten, die für eine Nachprüfung der Teilbeträge der Rechnung erforderlich sind. Die Bestimmung führt damit die bereits nach § 14 TKV geltende Verpflichtung zur Erteilung eines Einzelverbindungsnachweises fort. Gleichzeitig wird Art. 10 Abs. 2 URL (Ausgabenkontrolle) in nationales Recht umgesetzt. Danach stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die in Anhang I Teil A der URL aufgeführten besonderen Einrichtungen und Dienste bereitgestellt werden, damit die Teilnehmer ihre Ausgaben überwachen und steuern können, um so eine nicht gerechtfertigte Abschaltung des Dienstes zu vermeiden. In Anhang I Teil A lit. a finden sich konkrete Vorgaben bezüglich der Bereitstellung des Einzelverbindungsnachweises. Danach ist der Einzelverbindungsnachweis kosten_______________
1 Richtlinie 2002/21/EG v. 7.3.2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetzes und -dienste (Rahmenrichtlinie).
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los bereitzustellen. Die Mitgliedsstaaten stellen zudem sicher, dass die nationalen Regulierungsbehörden vorbehaltlich der einschlägigen Rechtsvorschriften zum Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre festlegen können, inwieweit Einzelverbindungsnachweise Angaben zu enthalten haben, die den Verbrauchern kostenlos bereitzustellen sind, damit die Verbraucher –
die bei der Nutzung des öffentlichen Telefonnetzes an einem festen Standort und/oder damit zusammenhängender öffentlich zugänglicher Telefondienste angefallenen Entgelte überprüfen und kontrollieren können, und
–
ihren Verbrauch und ihre Ausgaben überwachen und auf diese Weise ihre Telefonkosten angemessen steuern können.
Der deutsche Gesetzgeber hat sich entsprechend Anhang I Teil I lit a (i) dazu entschlossen, alle Anbieter öffentlich zugänglicher Telefondienste unter den Voraussetzungen des § 45e TKG zur Erteilung eines Einzelverbindungsnachweises zu verpflichten. Ausgenommen bleiben Anrufe, die für den anrufenden Teilnehmer gebührenfrei sind, einschließlich Anrufe bei Notruf- und Beratungsstellen. Diese werden im Einzelgebührennachweis des anrufenden Teilnehmers nicht ausgewiesen. Entsprechend der europarechtlichen Vorgaben sind die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre zu berücksichtigen. § 45e Abs. 1 S. 3 TKG bestimmt daher, dass die Rechtsvorschriften zum Schutz personenbezogener Daten unberührt bleiben. Bei der Bereitstellung des Einzelverbindungsnachweises nach § 45e TKG sind daher zusätzlich die datenschutzrechtlichen Vorschriften der §§ 97 ff. TKG zu berücksichtigen1.
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2.4.5.1.1 Adressaten und Anspruchsberechtigte der Regelung Der Anspruch auf Erteilung eines Einzelverbindungsnachweises besteht nach dem Gesetzeswortlaut gegenüber allen Anbietern von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit2 Hierdurch wird deutlich, dass grundsätzlich alle Anbieter solcher Dienste dem Pflichtenkreis des § 45e TKG unterliegen. Der Adressatenkreis wird durch das Anbieten von Telekommunikationsdiensten i. S. d. § 3 Nr. 24 TKG, die an die Öffentlichkeit gerichtet sein müssen, konkretisiert. Hinsichtlich des Öffentlichkeitsbegriffs sei auf Rz. 8 verwiesen. Telekommunikationsdienste definieren sich als Dienste, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden und ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdiensten in Rundfunknetzen. Angesichts der technikneutralen Definition des Telekommunikationsdienstes _______________
1 Vgl. Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Aufl., Anh § 41, § 14 TKV, Rz. 4. 2 Vgl. Begr. zu § 45e TKG, BR-Drucks. 359/06, S. 44.
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Kundenschutz und Universaldienst
unterfallen dem Adressatenkreis der Norm Betreiber von Teilnehmernetzen, Verbindungsnetzbetreiber sowie Mobilfunknetzbetreiber. Ebenso werden Diensteanbieter oder Reseller erfasst, die keine eigene Netzinfrastruktur aufweisen1. 62
Anspruchsberechtigt sind Teilnehmer i. S. d. § 3 Nr. 20 TKG. Unter den Teilnehmerbegriff fällt jede natürliche oder juristische Person, die mit einem Anbieter von Telekommunikationsdiensten einen Vertrag über die Erbringung derartiger Dienste geschlossen hat. Dies gilt unabhängig davon, ob der Teilnehmer oder Dritte die Dienste nutzen, oder aber ob der Teilnehmer diese Dienste als Endnutzer, Wiederverkäufer oder für das Angebot eigener Telekommunikationsdienste auf Vorleistungsebene nachfragt2.
63
Der Anspruch ist auf den jeweiligen Vertragspartner des Teilnehmers bzw. auf den Anbieter der jeweils in Anspruch genommenen Telekommunikationsdienste beschränkt. Denn nur dieser ist rechtlich und tatsächlich in der Lage, eine nach Einzelverbindungen aufgeschlüsselte Rechnung bereitzustellen. Der Anspruch auf Erteilung eines EVN besteht daher nur im Verhältnis zum jeweiligen Vertragspartner3. Ein entsprechendes Vertragverhältnis existiert regelmäßig mit demjenigen Anbieter, der dem Kunden den Netzzugang bereitstellt (sog. Telefondienstvertrag), gleich ob dies Festnetzoder Mobilfunkanbieter sind. Daneben bestehen häufig weitere Vertragverhältnisse mit Verbindungsnetzbetreibern über Call-by-Call- und/oder Preselection-Leistungen. Selbst beim Vorliegen mehrerer Vertragsverhältnisse gleichzeitig und verschiedenen Anbietern, ist der Anspruch auf Erteilung eines EVN auf das jeweilige Vertragsverhältnis begrenzt. Die Anbieter sind im Rahmen des § 45e TKG nicht verpflichtet, die Einzelverbindungen etwaiger anderer Wettbewerber (mit)auszuweisen. Insbesondere kann der Teilnehmer auf Basis von § 45e TKG auch keine einheitliche Rechnungserstellung von seinem Teilnehmernetzbetreiber verlangen. Dies ist letztlich Gegenstand einer Verpflichtung durch die BNetzA zur einheitlichen Rechnungserstellung gemäß §§ 18, 21 TKG und nicht Gegenstand der §§ 45e oder 45h TKG4. 2.4.5.1.2 Pflicht zur Erteilung eines Einzelverbindungsnachweises
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Nach dem Wortlaut der Regelung ist ein EVN nur auf Verlangen des Teilnehmers bereitzustellen. Das heißt, der Teilnehmer muss gegenüber seinem Anbieter ausdrücklich oder konkludent die Bereitstellung des Einzelverbindungsnachweises erfragen5. Dies muss gemäß § 99 Abs. 1 TKG in Textform _______________
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Vgl. Beck TKG-Komm/Dahlke, 3. Aufl., TKG-E 2005 § 45e Rz. 17. Siehe oben Rz. 10. Vgl. Beck TKG-Komm/Dahlke, 3. Aufl., TKG-E 2005 § 45e Rz. 18. Siehe bei Rz. 107. Vgl. Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh § 41, zu § 12 TKV Rz. 8, der ebenfalls ein Verlangen des Kunden voraussetzte.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
(§ 126b BGB) erfolgen. Die Bereitstellung von Einzelverbindungsnachweisen für die Vergangenheit kann im Rahmen des § 45e TKG-E nicht verlangt werden. Die Pflicht zur Erteilung eines EVN ist allein auf die Zukunft beschränkt. Dies korrespondiert mit § 99 TKG, wonach der Kunde den EVN vor dem maßgeblichen Abrechnungszeitraum geltend machen muss. Dem Anbieter soll hierdurch eine hinreichende Vorlauffrist für die Einrichtung des EVN in seinen Abrechnungs- bzw. EDV-Systemen ermöglicht werden1. Der EVN muss daher erstmals für den nächsten nach dem Zugang des Kundenverlangens folgenden Abrechnungszeitraum bereitgestellt werden. 2.4.5.1.3 Ausnahmen von der Verpflichtung zur Erteilung eines EVN Die Pflicht zur Erteilung eines EVN ist nach § 45e Abs. 1 S. 2 TKG ausgeschlossen, soweit technische Hindernisse der Erteilung entgegenstehen oder wegen der Art der Leistung eine Rechnung grundsätzlich nicht erteilt wird. Wie bisher entfällt damit die Pflicht zur Erteilung eines EVN’s bei Telekommunikationsdiensten, für die üblicherweise keine Rechnung gestellt wird. Typisches Beispiel hierfür sind Prepaid-Produkte, bei denen der Kunde ein betragsmäßig limitiertes Kartenguthaben erwirbt und dieses anschließend aufbraucht2. Darüber hinaus lassen auch technische Hindernisse die Pflicht zur Erteilung eines EVN entfallen. Etwas technisch Unmögliches kann der Gesetzgeber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit von den Anbietern nicht verlangen.
65
2.4.5.1.4 Datenschutzrechtliche Vorgaben Wie bereits erwähnt, sind bei der Erteilung des EVN die datenschutzrechtlichen Vorgaben der §§ 97 ff. TKG zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für den § 99 TKG, der einige Vorgaben für die Erteilung eines Einzelverbindungsnachweises enthält: –
Dem Teilnehmer dürfen die nach § 97 Abs. 3 S. 3 und 4 sowie Abs. 4 TKG gespeicherten Daten derjenigen Verbindungen für die er entgeltpflichtig ist, nur dann mitgeteilt werden, wenn er vor dem maßgeblichen Abrechnungszeitraum in Textform einen Einzelverbindungsnachweis verlangt hat (siehe bereits oben).
–
Bei Anschlüssen im Haushalt ist ein EVN gemäß § 99 Abs. 1 S. 2 TKG nur zulässig, wenn der Teilnehmer in Textform erklärt hat, dass er alle zum Haushalt gehörenden Mitbenutzer des Anschlusses darüber informiert hat und künftige Mitbenutzer unverzüglich darüber informieren wird, dass ihm die Verkehrsdaten zur Erteilung des EVN bekannt gegeben werden.
_______________
1 Vgl. Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Aufl., Anh § 41, zu § 14 TKV, Rz. 3. 2 Vgl. Begr. zu § 45e TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 25.
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–
Bei Anschlüssen in Betrieben und Behörden ist ein EVN gemäß § 99 Abs. 1 S. 3 TKG nur zulässig, wenn der Teilnehmer in Textform erklärt hat, dass die Mitarbeiter informiert worden sind und künftige Mitarbeiter unverzüglich informiert werden und dass der Betriebsrat oder die Personalvertretung entsprechend der gesetzlichen Vorschriften beteiligt worden ist oder eine solche Beteiligung nicht erforderlich ist.
–
Der Einzelverbindungsnachweis darf gemäß § 99 Abs. 2 TKG keine Verbindungen zu Anschlüssen von Personen, Behörden und Organisationen in sozialen oder kirchlichen Bereichen erkennen lassen, die grundsätzlich anonym bleibenden Anrufern ganz oder überwiegend telefonische Beratung in seelischen oder sozialen Notlagen anbieten und die selbst oder deren Mitarbeiter insoweit besonderen Verschwiegenheitspflichten unterliegen.
–
Der Teilnehmer hat nach § 97 Abs. 4 TKG ein Wahlrecht hinsichtlich der Speicherung der Zielnummer. Nach seiner Wahl hat der Rechnung erstellende Anbieter die Zielnummer entweder – vollständig oder unter Kürzung um die letzten drei Ziffern zu speichern, oder – mit Versendung der Rechnung an den Teilnehmer zu löschen. Macht der Teilnehmer von seinem Wahlrecht keinen Gebrauch, ist die Zielrufnummer vollständig zu speichern.
–
Soweit der Teilnehmer zur vollständigen oder teilweisen Übernahme der Entgelte für bei seinem Anschluss ankommende Verbindungen verpflichtet ist, dürfen ihm gemäß § 97 Abs. 4 S. 3 TKG die Rufnummern der anrufenden Anschlüsse nur gekürzt übermittelt werden.
Diese datenschutzrechtlichen Vorgaben sind vom Anbieter bei der Erteilung des EVN zwingend einzuhalten. 2.4.5.1.5 Inhalt des Einzelverbindungsnachweises 67
Zum Inhalt des EVN legt der § 45e Abs. 1 TKG lediglich fest, dass zumindest diejenigen Angaben enthalten sein müssen, die für eine Nachprüfung der Teilbeträge der Rechnung erforderlich sind. Weitere Vorgaben zum Inhalt sind nicht vorhanden. Die nähere Konkretisierung obliegt der BNetzA, die die Einzelheiten darüber, welche Angaben in der Regel für einen EVN erforderlich sind und in welcher Form diese Angaben jeweils zu erfolgen haben, gemäß Abs. 2 S. 1 durch Verfügung im Amtsblatt festlegen kann. Hierdurch soll die Unsicherheit über die konkrete inhaltliche Gestaltung des EVN, die noch unter der alten Rechtslage zu § 14 TKV bestanden hat1, vermieden werden. _______________
1 Zur alten Rechtslage, Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Aufl., Anh § 41, § 14 TKV, Rz. 8.
1246 | Sörup
Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 70 K
Mit Mitteilung Nr. 184/1998 hatte die BNetzA die Anforderungen an den EVN gemäß § 14 TKV festgelegt. Bezüglich der Anforderungen nach § 45e TKG ist davon auszugehen, dass sich die Behörde an den damaligen Vorgaben orientieren wird. Ausgehend von der entsprechenden Mitteilung aus dem Jahr 19981 sollte der EVN als sog. Standardeinzelverbindungsnachweis, unter Berücksichtigung der zum Teil leicht geänderten datenschutzrechtlichen Vorgaben, zumindest folgende Angaben enthalten: –
Datum des Verbindungsbeginns
–
Anschlussnummer; d. h., die dem Kunden vom Anbieter zugeteilte Rufnummer, nicht aber die vom Kunden intern selbst vergebenen Nummern der Nebenstellen.
–
Angabe der Zielrufnummer; soweit der Kunde im Rahmen seines Wahlrechts nach § 97 Abs. 4 TKG nicht die vollständige Löschung oder Kürzung um die letzten drei Stellen verlangt hat, ist die vollständige Zielrufnummer anzugeben.
–
Zwei der Merkmale Beginn, Ende und/oder Dauer der Verbindung
–
Eines der Merkmale Tarifeinheit oder Entgelt für das Einzelgespräch
68
Mit einer Festlegung der BNetzA zum Inhalt des Standardeinzelverbindungsnachweises auf Basis des § 45e Abs. 2 S. 1 TKG ist zeitnah nach Inkrafttreten des TKG-Änderungsgesetzes zu rechnen. 2.4.5.1.6 Unentgeltliche Bereitstellung Der Standardnachweis, der auf den Feststellungen der BNetzA gemäß § 45 Abs. 2 S. 1 TKG beruht, ist nach § 45e Abs. 2 S. 2 TKG unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Dies entspricht der alten Rechtslage zu § 14 TKV. Demnach darf weder ein (monatliches) regelmäßiges Entgelt noch eine Einmalzahlung in Form von Einrichtungsgebühren für den Standardeinzelverbindungsnachweis erhoben werden2. Für einen „Komfortnachweis“, der über den Standardeinzelverbindungsnachweis hinausgeht und weitere Funktionalitäten ermöglicht, z. B. bei einem elektronischen EVN, kann demgegenüber ein gesondertes Entgelt erhoben werden.
69
2.4.5.2 Vorausbezahlte Leistung (§ 45f TKG) Der Teilnehmer muss nach § 45f TKG die Möglichkeit haben, auf Vorauszahlungsbasis Zugang zum öffentlichen Telefonnetz zu erhalten oder öffentlich zugängliche Telefondienste in Anspruch zu nehmen. Die Einzelheiten für die Bereitstellung vorausbezahlter Leistungen kann die BNetzA gemäß _______________
1 Vgl. Mitteilung Nr. 184/1998, Amtsblatt der BNetzA 1998, S. 2008 ff. 2 So schon zu § 14 TKV von der BNetzA festgestellt, vgl. Mitteilung Nr. 184/1998, Amtsblatt BNetzA 1998, S. 2008 ff.
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70
K Rz. 71
Kundenschutz und Universaldienst
S. 2 durch Verfügung im Amtsblatt festlegen. Wird eine entsprechende Leistung nicht angeboten, schreibt die BNetzA die Leistung aus. In diesem Fall findet § 81 Abs. 2, 4 und 5 TKG entsprechend Anwendung. 71
Die Regelung knüpft an Art. 10 Abs. 2 URL (Ausgabenkontrolle) in Verbindung mit Anhang I Teil A lit. c an. Dem Kunden soll die Möglichkeit eröffnet werden, das Risiko einer überhöhten Entgeltrechnung zu minimieren1. Vom Regelungszweck her entspricht § 45f TKG dem früheren § 18 TKV, der ebenfalls den Kunden vor überhöhten Telefonrechnungen zu schützen bezweckte. Nach § 18 TKV war der Kunde berechtigt, seinem Anbieter vorzugeben, bis zu welcher monatlichen Entgelthöhe er die Dienstleistung in Anspruch nehmen will. Der Anbieter musste dann nach § 18 S. 2 TKV sicherstellen, dass diese Entgelthöhe ohne Zustimmung des Kunden nicht überschritten wurde.
2.4.5.2.1 Universaldienstpflicht 72
Anders als der § 18 TKV beinhaltet der § 45f TKG nicht eine generelle Pflicht zum Angebot von Produkten auf Vorauszahlungsbasis, sondern ist als Universaldienstpflicht ausgestaltet: Gemäß Art. 10 URL sind nur „benannte Unternehmen“ zu den in Anhang I Teil A aufgeführten Leistungen verpflichtet. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass nicht alle Unternehmen zum Angebot von Produkten auf Vorauszahlungsbasis verpflichtet werden sollen, soweit solche Angebote auf dem Markt hinreichend zur Verfügung stehen2. Das heißt, es reicht bereits aus, dass wenigstens ein entsprechendes Produkt am Markt angeboten wird. Nur wenn dies nicht der Fall ist, kann die BNetzA ein Unternehmen zum Angebot entsprechender Dienstleistungen auf Vorauszahlungsbasis verpflichten. Durch S. 3 wird der Charakter der „vorausbezahlten Leistung“ als Universaldienstleistung ausdrücklich klargestellt3. Der § 45f TKG erweitert insoweit den Kreis der in § 78 Abs. 2 TKG aufgeführten Universaldienstleistungen.
2.4.5.2.1.1 Festlegung der Einzelheiten durch die BNetzA 73
Die Einzelheiten der auf Vorauszahlungsbasis zu erbringenden Zugangsdienste und öffentlich zugänglichen Telefondienste kann die BNetzA nach § 45f S. 2 TKG durch Verfügung im Amtsblatt festlegen. Von dieser Befugnis kann die BNetzA aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nur dann Gebrauch machen, wenn der Anspruch des Kunden auf vorausbezahlte Leistungen am Markt nicht hinreichend gewährleistet ist. Nach der Gesetzesbegründung wird der Anspruch des Kunden durch das Angebot von Prepaid_______________
1 Vgl. Begr. zu § 45f TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 25. 2 Vgl. Begr. zu § 45f TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 25. 3 Begr. zu § 45f TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 25.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 75 K
Produkten im Mobilfunkbereich und von Calling-Karten im Festnetzbereich erfüllt. Ausreichend ist, dass jeweils ein Vorauszahlungsprodukt am Markt angeboten wird1. Derzeit besteht daher keine Veranlassung für die BNetzA von der Ermächtigung nach S. 2 Gebrauch zu machen. 2.4.5.2.1.2 Ausschreibung der Leistung nach § 45f S. 3 TKG Eine Ausschreibung der Leistung nach § 45f S. 3 TKG ist nur möglich, soweit eine entsprechende Leistung auf Vorauszahlungsbasis am Markt nicht (mehr) angeboten wird. Der § 45 TKG sieht damit engere Voraussetzungen für eine Auferlegung als Universaldienst vor als der § 80 TKG. Nach § 80 TKG ist eine Auferlegung von Universaldiensten möglich, wenn die betreffende Universaldienstleistung durch den Markt nicht ausreichend und angemessen erbracht wird oder zu besorgen ist, dass eine solche Versorgung nicht gewährleistet sein wird. Ausreichend für eine Auferlegung ist damit bereits eine „drohende Unterversorgung“ der Leistung am Markt2. Demgegenüber ist bei § 45f TKG Voraussetzung, dass die Leistung am Markt nicht angeboten wird. Dies bedeutet, dass eine Auferlegung nach § 45 TKG erst möglich ist, wenn „vorausbezahlte Leistungen“ auf dem Markt überhaupt nicht mehr verfügbar sind, d. h. von überhaupt keinem Unternehmen angeboten werden. Diese Auslegung entspricht der Gesetzesbegründung zu § 45f TKG, wonach es ausreichend ist, dass der Verbraucher ein entsprechendes Produkt am Markt in Anspruch nehmen kann3. Bei dem Verfahren zur Auferlegung als Universaldienst hat die BNetzA den § 81 Abs. 2, 4 und Abs. 5 TKG entsprechend anzuwenden4.
74
2.4.5.2.2 Adressaten und Begünstigte der Regelung Der § 45f TKG gilt für die Anbieter des Zugangs zum öffentlichen Telefonnetz sowie die Anbieter öffentlich zugänglicher Telefondienste. Der Adressatenkreis ist im Sinne des Kundenschutzes weit gezogen. Es werden sowohl Teilnehmernetzbetreiber im Fest- und Mobilfunkbereich als auch Diensteanbieter, die nicht gleichzeitig Netzbetreiber sein müssen, erfasst. Begünstigt sind Teilnehmer i. S. d. § 3 Nr. 20 TKG5. Aufgrund seines Charakters als Universaldienstleistung greift der § 45f TKG allerdings erst ein, wenn entsprechende Leistungen am Markt nicht mehr angeboten werden und die BNetzA eine entsprechende Universaldienstverpflichtung auferlegt hat (siehe oben Rz. 74).
_______________
1 2 3 4 5
Begr. zu § 45f TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 25. Vgl. Berl.Komm/Mager, § 80 TKG, Rz. 10 ff. Begr. zu § 45f TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 25. Zu § 81 TKG siehe Rz. 496. Siehe hierzu Rz. 18, 43 f.
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K Rz. 76
Kundenschutz und Universaldienst
2.4.5.2.2.1 Anbieter des Zugangs zum öffentlichen Telefonnetz 76
Für den Begriff des Anbieters des Zugangs zum öffentlichen Telefonnetz ist die Definition des öffentlichen Telefonnetzes nach § 3 Nr. 16 TKG sowie die des Begriffs „Zugang“ entscheidend. Öffentliches Telefonnetz ist ein Telekommunikationsnetz, das zur Bereitstellung des öffentlich zugänglichen Telefondienstes genutzt wird und darüber hinaus weitere Dienste wie Telefax- oder Datenfernübertragung und einen funktionalen Internetzugang ermöglicht. Der Begriff „Zugang“ ist im TKG definiert, trifft aber nicht die von § 45f TKG vorausgesetzte Bedeutung. Zugang ist nach § 3 Nr. 32 TKG die Bereitstellung von Einrichtungen oder Diensten für ein anderes Unternehmen unter bestimmten Bedingungen zum Zwecke der Erbringung von Telekommunikationsdiensten. Diese Definition des Zugangs ist entsprechend der Zusammenschaltungsrichtlinie auf den Vorleistungsbereich beschränkt1. Der Zugang zu einem öffentlichen Telefonnetz für den Teilnehmer gemäß § 45f TKG ist jedoch im Sinne der URL als Anschluss an ein öffentliches Telefonnetz zu verstehen, auch wenn die URL teilweise selbst von Zugangsgewährung zum öffentlichen Telefonnetz spricht. Sinn und Zweck des Zugangs nach § 45f TKG und Art. 4 Abs. 2 URL besteht darin, Endnutzern die Inanspruchnahme von Orts-, Inlands-, und Auslandsgespräche sowie Telefax und Datenkommunikation zu ermöglichen. Demnach werden alle Anbieter von § 45f TKG erfasst, die dem Teilnehmer den Zugang zu einem öffentlichen Telefonnetz gewähren, damit dieser Orts-, Inlands-, und Auslandsgespräche führen sowie Telefax und Datenkommunikation in Anspruch nehmen kann. Eine Beschränkung auf feste Standorte ist nicht gegeben, so dass neben Festnetzanschlüssen auch Mobilfunkanschlüsse unter den Begriff der Zugangsgewährung zu einem öffentlichen Telefonnetz fallen und daher auch Mobilfunkanbieter von § 45f TKG-E erfasst werden2. 2.4.5.2.2.2 Anbieter öffentlich zugänglicher Telefondienste
77
Öffentlich zugänglicher Telefondienst ist nach § 3 Nr. 17 TKG als ein der Öffentlichkeit zur Verfügung stehender Dienst für das Führen von Inlandsund Auslandsgesprächen einschließlich der Möglichkeit, Notrufe abzusetzen, definiert. Hiervon werden Anbieter öffentlicher Telefondienste erfasst, die über den Zugang an das öffentliche Telefonnetz vom Endnutzer in Anspruch genommenen werden können3.
_______________
1 Vgl. Berl.Komm/Säcker, § 3 TKG, Rz. 70 ff. 2 Dies war bei der Vorgängernorm § 18 TKV noch umstritten, vgl. Beck TKG-Komm/ Ehmer, 2. Aufl., Anh § 41, § 18 TKV, Rz. 3. 3 Im Einzelnen siehe bei Rz. 9.
1250 | Sörup
Rz. 82 K
Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
2.4.5.2.3 Vorausbezahlte Leistungen Der Begriff der „vorausbezahlten Leistung“ ist im TKG nicht definiert. Es kann jedoch auf § 320 Abs. 1 BGB zurückgegriffen werden, der den Begriff „Vorleistung“ enthält. Hierunter ist eine Leistung zu verstehen, die noch nicht erbracht, vom Endnutzer aber schon bezahlt worden ist. In der Regel leistet der Endnutzer einen bestimmten Betrag im Voraus, der mit dem Wert der erbrachten Leistungen anschließend saldiert wird. Solange der vorausbezahlte Betrag nicht aufgebraucht ist, ist die Einrede des nichterfüllten Vertrages nach § 320 Abs. 1 BGB ausgeschlossen1.
78
Ist der vorausgezahlte Betrag aufgebraucht, stellt sich die Frage, ob der Anbieter weiterhin zur Erbringung der Leistung verpflichtet bleibt. Dies hängt letztlich von den jeweiligen vertraglichen Regelungen zwischen Endnutzer und Anbieter ab. Grundsätzlich ist der Anbieter nach dem Verbrauch der Vorleistung nicht mehr zur Leistungserbringung verpflichtet. Anderenfalls würde der Regelungszweck des § 45f TKG, den Kunden vor überhöhten Telefonrechnungen zu schützen, beeinträchtigt. Hat der Endnutzer nach dem Aufbrauchen der Vorleistung entgeltpflichtige Leistungen in Anspruch genommen, kann der Anbieter die entstandenen Verbindungsentgelte bereicherungsrechtlich nach § 812 ff. BGB geltend machen.
79
Klassische Beispiele von vorausbezahlten Leistungen sind Prepaid-Produkte im Mobilfunkbereich sowie Calling-Karten im Festnetzbereich. Ob daneben andere Durchführungswege für vorausbezahlte Leistungen möglich sind, ist fraglich. Entsprechend der Mitteilung der BNetzA zur Auslegung der TKV in Bezug auf die Kundenvorgabe zur Entgelthöhe (§ 18 TKV) waren neben Prepaid-Produkten, eine Ansage nach Erreichen des Entgeltlimits oder eine ständige Entgeltinformation im Display des Kunden für zulässig erachtet worden. Dem Kunden musste lediglich eine der vorgenannten Umsetzungsalternativen zur Verfügung gestellt werden2.
80
2.4.5.3 Verbindungspreisberechnung (§ 45g TKG) Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit sind verpflichtet, die in § 45g Abs. 1 TKG aufgestellten Anforderungen an die Verbindungspreisberechnung einzuhalten und deren Einhaltung gemäß § 45g Abs. 2 TKG entweder durch ein Qualitätssicherungssystem sicherzustellen oder einmal jährlich durch öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige oder vergleichbare Stellen überprüfen zu lassen.
81
Der § 45g TKG legt damit die Anforderungen für die Ermittlung von Verbindungsentgelten fest. Er orientiert sich an dem bisherigen § 5 TKV 1997 und soll ebenfalls die Verlässlichkeit von Zeiterhebungssystemen, die im
82
_______________
1 Vgl. Palandt/Grüneberg, § 320 BGB, Rz. 15 ff. 2 Vgl. Mitteilung Nr. 730/2000, Amtsblatt der BNetzA 2000, S. 4200 ff.
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K Rz. 83
Kundenschutz und Universaldienst
Interesse des Verbrauchers einzusetzen sind, sicherstellen1. Gleichzeitig bezweckt die Vorschrift auch den Schutz der verpflichteten Unternehmen, da bei einer Einhaltung der Vorgaben eine tatsächliche Vermutung für die Richtigkeit der Ermittlung der entgeltrelevanten Daten sowie der Berechnung des Entgelts besteht2. 2.4.5.3.1 Adressaten der Regelung 83
Adressaten der Regelung sind Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit. Telekommunikationsdienste sind nach § 3 Nr. 24 TKG in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen. Hinsichtlich des Öffentlichkeitsbegriffs kann auf die Ausführungen unter Rz. 8 verwiesen werden. Eine Beschränkung der Verbindungspreisberechnung auf Telekommunikationsdienste für Endnutzer ist nicht vorgesehen. Von der Regelung werden sämtliche Anbieter von Telekommunikationsdiensten erfasst. Der § 45g TKG gilt daher auch für Unternehmen, die Telekommunikationsdienste auf Vorleistungsebene für andere Anbieter erbringen. 2.4.5.3.2 Pflichten bei der Verbindungspreisberechnung
84
Die Anbieter haben bei der Verbindungspreisberechnung die in § 45g Abs. 1 TKG aufgeführten Vorgaben einzuhalten. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass daneben die datenschutzrechtlichen Vorschriften, insbesondere zur Entgeltermittlung und Entgeltabrechnung gemäß § 97 TKG, einzuhalten sind3. Im Einzelnen normiert der § 45g Abs. 1 TKG folgende Pflichten: 2.4.5.3.2.1 Zeiterfassung und Abgleich mit amtlichen Zeitnormal
85
Bei zeitabhängig tarifierten Verbindungen ist die Dauer und der Zeitpunkt der Verbindung gemäß § 45g Abs. 1 Nr. 1 TKG unter regelmäßiger Abgleichung mit einem amtlichen Zeitnormal zu ermitteln. Hierfür sind der Verbindungsbeginn und das Verbindungsende maßgeblich. Der tatsächliche Beginnzeitpunkt einer Verbindung ist der durch die Zeit des amtlichen Zeitnormals (z. B. Atomuhr) gegebene Zeitpunkt, zu dem die Verbindung vollständig durchgeschaltet ist. Der tatsächliche Endzeitpunkt einer Verbindung ist der durch die Zeit des amtlichen Zeitnormals gegebene Zeitpunkt, zu dem die Verbindung aufgelöst wird4. Hinsichtlich der weiteren Einzel_______________
1 2 3 4
Begr. zu § 45g TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 25. Vgl. Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Aufl., Anh § 41, § 5 TKV, Rz. 1. Vgl. hierzu Teil L. Rz. 214 ff. Vfg. Nr. 168/1999, Teil 3, Amtsblatt der BNetzA 1999, S. 4101 (4107).
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Rz. 88 K
Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
heiten und technischen Mindestanforderungen ist auf die Verfügung der BNetzA Nr. 168/1999 vom 22.12.1999 zu verweisen1. 2.4.5.3.2.2 Ermittlung der Entfernungszonen Sofern bei der Tarifierung Entfernungszonen relevant werden, müssen diese gemäß § 45g Abs. 1 Nr. 2 TKG im Rahmen der Abrechnung ebenfalls erfasst werden. Die Entfernung zwischen den an einer Verbindung beteiligten Anschlüssen ist gemäß Verfügung Nr. 17/2001 der BNetzA anhand der erfassten Rufnummern des anrufenden und des angerufenen Anschlusses zu ermitteln. Bei Ortsverbindungen müssen alle Ziffern der Teilnehmerrufnummer des anrufenden Anschlusses und mindestens die drei Ziffern höchster Wertigkeit der Teilnehmerrufnummer des angerufenen Anschlusses erfasst werden. Bei Fernverbindungen müssen alle Ziffern der national signifikanten Rufnummer des anrufenden Anschlusses und mindestens die sieben Ziffern höchster Wertigkeit der national signifikanten Rufnummer des angerufenen Anschlusses erfasst werden. Bei Verbindungen zu Mehrwertdiensten müssen alle Ziffern der national signifikanten Rufnummer des rufenden Anschlusses und des gerufenen (virtuellen) Anschlusses erfasst werden2.
86
2.4.5.3.2.3 Volumenabhängige Tarife Bei volumenabhängig tarifierten Verbindungen ist die übertragene Datenmenge gemäß § 45g Abs. 1 Nr. 3 TKG nach einem nach § 45g Abs. 3 TKG vorgegebenen Verfahren zu ermitteln. Die Anforderungen an das Verfahren legt die BNetzA gemäß Abs. 3 im Benehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) durch Verfügung im Amtsblatt fest. Die betroffenen Unternehmen, Fachkreise und Verbraucherverbände sind zuvor anzuhören. Eine entsprechende Festlegung durch die BNetzA ist noch nicht erfolgt; das Verfahren nach Abs. 3 wurde noch nicht eingeleitet. Es ist davon auszugehen, dass dies kurzfristig nach Inkrafttreten des TKGÄnderungsgesetzes erfolgen wird.
87
2.4.5.3.2.4 Kontrolle der Abrechnungsgenauigkeit Schließlich müssen die Abrechnungssysteme, Verfahren und technischen Einrichtungen, mit denen auf der Grundlage der ermittelten Verbindungsdaten die Entgeltforderungen berechnet werden, gemäß § 45g Abs. 1 Nr. 4 TKG einer regelmäßigen Kontrolle auf Abrechnungsgenauigkeit und Übereinstimmung mit den vertraglich vereinbarten Entgelten unterzogen werden. _______________
1 Amtsblatt der BNetzA 1999, S. 4101. 2 Vfg. Nr. 168/1999, Teil 3, Amtsblatt der BNetzA 1999, S. 4101 (4108).
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88
K Rz. 89
Kundenschutz und Universaldienst
2.4.5.3.3 Prüfungs- und Nachweispflicht der Anbieter 89
Nach Abs. 2 ist die Abrechnungsgenauigkeit durch geeignete Vorkehrungen, z. B. Qualitätssicherungssysteme, sicherzustellen oder einmal jährlich durch einen Sachverständigen oder eine vergleichbare Stelle überprüfen zu lassen. Die Nachweispflicht bezieht sich auf die Einhaltung der in Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 4 aufgeführten Vorgaben. Zum Nachweis ist der BNetzA die Prüfbescheinigung einer akkreditierten Zertifizierungsstelle für Qualitätssicherungssysteme oder das Prüfergebnis eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen vorzulegen. Der § 45g Abs. 2 TKG führt damit die bisherige Nachweispraxis des § 5 TKV fort1. 2.4.5.3.3.1 Nachweis der Abrechnungsgenauigkeit
90
Um die Übereinstimmung mit § 45g TKG nachzuweisen, stehen zwei unterschiedliche Durchführungswege zur Verfügung. Der Anbieter kann entweder ein permanentes Qualitätssicherungssystem einführen, um die Einhaltung der Bestimmungen sicherzustellen, oder aber die Einhaltung einmal jährlich durch einen Sachverständigen oder vergleichbare Stelle überprüfen lassen. Als Nachweis akzeptiert die BNetzA – – –
91
die Prüfbescheinigung einer akkreditierten Zertifizierungsstelle für Qualitätssicherungssysteme, das Prüfergebnis eines vereidigten, öffentlich bestellten Sachverständigen, oder das Prüfergebnis einer vergleichbaren Stelle2.
Hinsichtlich der technischen Anforderungen an Entgeltermittlungssysteme, die bei der Verbindungspreisberechnung eingehalten werden müssen, kann auf Teil 3 der Verfügung 168/1999 der BNetzA verwiesen werden3. Die Anforderungen an Zertifizierungsstellen, Zertifikate sowie Sachverständigengutachten sind in Verfügung 18/2000 veröffentlicht4. Die Voraussetzungen, um als vergleichbare Stellen i. S. d. § 45g Abs. 2 TKG anerkannt zu werden, sowie die inhaltlichen Anforderungen an die Prüfberichte sind in der Verfügung 6/2001 zu finden5. Da mit § 45g TKG keine Änderung der bestehenden Rechtslage zu § 5 TKV 1997 beabsichtigt ist, kann auf diese Verfügung, die noch zu § 5 TKV 1997 erlassen wurde, zurückgegriffen werden. Die Verfügungen können unter der Webseite der BNetzA (www.bundesnetzagentur. de) abgerufen werden.
_______________
1 2 3 4 5
Begr. zu § 45g TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 25. Vfg. Nr. 6/2001, Amtsblatt der BNetzA 2001, S. 23. Vfg. Nr. 168/1999, Amtsblatt der BNetzA 1999, S. 4101. Vfg. Nr. 18/2000, Amtsblatt der BNetzA 2000, S. 582. Vfg. Nr. 6/2001, Amtsblatt der BNetzA 2001, S. 23.
1254 | Sörup
Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 96 K
2.4.5.3.3.2 Erstmaliger und regelmäßiger Nachweis Unternehmen, die ihren Geschäftsbetrieb nach dem 1.1.2000 aufgenommen haben, müssen das Prüfergebnis bzw. die Prüfbescheinigung erstmals bis spätestens 15 Monate nach Betriebsaufnahme der BNetzA vorlegen. Nach erstmaliger Nachweiserbringung sind Anbieter zu einer regelmäßigen Nachweiserbringung in einem 12 Monatszyklus verpflichtet1.
92
2.4.5.3.3.3 Zertifizierungsstellen, Sachverständige und vergleichbare Stellen Die zur Prüfung nach § 45g TKG berechtigten Stellen müssen die folgenden Anforderungen und Qualifikationen erfüllen:
93
Zertifizierungsstellen müssen
94
–
eine durch die Trägergemeinschaft für Akkreditierung GmbH (TGA) oder einer anderen europäischen Akkreditierungsstelle ausgesprochene Akkreditierung für die Zertifizierung von Qualitätssicherungssystemen im gesetzlich geregelten Bereich der Telekommunikation oder in der Wirtschaftsbranche 33 (Datenverarbeitung und Informationstechnik) besitzen und
–
für das Zertifizierungsaudit mindestens einen „Fachexperten“ beistellen, wenn der oder die Auditor(en) nicht die notwendige fachliche Qualifikation gemäß DIN EN 45012 Ausgabe 03/98 Pkt. 2.2.3.2 a bis e aufweisen2.
Sachverständige müssen für das Sachgebiet Verbindungspreisberechnung nach dem alten § 5 TKV öffentlich bestellt und vereidigt sein. Dies muss aus dem Prüfstempel eindeutig hervorgehen. Das Verfahren zur Bestellung eines vereidigten, öffentlich bestellten Sachverständigen wird gemäß § 36 Gewerbeordnung von der für den Wohnort des Bewerbers zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK) durchgeführt3. Eine Liste von vereidigten, öffentlich bestellten Sachverständigen kann unter der Internetadresse http://svv.ihk.de/ abgefragt werden.
95
Vergleichbare Stellen sind juristische oder natürliche Personen, die ohne den formalen Status eines vereidigten, öffentlich bestellten Sachverständigen, eine gleichwertige Fachkompetenz zur Bewertung des dem Prüfbericht zugrunde liegenden Anwendungsbereiches besitzen und ihre Fachkompetenz in geeigneter Form nachweisen können. Es muss sich um eine „sachverständige Stelle“ handeln, die von dem nach § 45g TKG im Einzelfall zu prüfenden Unternehmen unabhängig ist4.
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1 2 3 4
Vfg. Nr. 18/2000, Amtsblatt der BNetzA 2000, S. 582. Vfg. Nr. 18/2000, Amtsblatt der BNetzA 2000, S. 582. Mitteilung Nr. 367/2001, Amtsblatt der BNetzA 2001, S. 1876. Vfg. Nr. 6/2001, Amtsblatt der BNetzA 2001, S. 23.
Sörup | 1255
K Rz. 97
Kundenschutz und Universaldienst
2.4.5.3.3.4 Outsourcing von (Teil)Prozessen 97
Bei einer Auslagerung von (Teil)Prozessen, insbesondere bei einem Outsourcing, gilt folgendes: Grundsätzlich ist auch im Falle eines Outsourcings der nachweispflichtige Anbieter für eine termingerechte, vollständige und lückenlose Nachweisvorlage gegenüber der BNetzA verantwortlich. Der Anbieter muss gegenüber der BNetzA angeben, welche (Teil)Prozesse er im Einzelnen ausgelagert hat und welche Firmen für die Erbringung des ausgelagerten Prozesses verantwortlich sind. Dies soll unter Verwendung des Formulars in Anlage 3 der Verfügung 6/2001 erfolgen.
98
Für Prozesse, die beim Anbieter verbleiben, besteht ebenfalls die Nachweispflicht nach § 45g Abs. 2 S. 2 TKG. Das heißt, der Anbieter muss bezüglich der bei ihm verbleibenden Prozesse den vollen Konformitätsnachweis gegenüber der BNetzA erbringen.
99
Für ausgelagerte (Teil)Prozesse besteht unter den nachfolgenden Voraussetzungen eine erleichterte Nachweismöglichkeit. Soweit das den Teilprozess ausführende Unternehmen (Outsourcingprovider) die Konformität seiner Prozesse entsprechend § 45g TKG der BNetzA bereits nachgewiesen hat, ist es ausreichend, wenn der nachweispflichtige Anbieter der BNetzA eine Zusammenfassung des Prüfungsergebnisses des Ousourcingproviders in Kopie zur Verfügung stellt. Voraussetzung ist allerdings, dass der BNetzA ein vollständiger Nachweis des Ousourcingproviders bereits vorliegt. Hat der Outsourcingprovider noch kein Konformitätsnachweis gegenüber der BNetzA erbracht, greift diese Erleichterung nicht. In diesem Fall bleibt der verantwortliche Anbieter in vollem Umfang auch für die von ihm ausgelagerten (Teil)Prozesse nachweispflichtig. Im Rahmen von Outsourcing-Verträgen ist aus Anbietersicht darauf zu achten, dass die Konformität der Prozesse mit § 45g TKG vom Outsourcing-Provider ausdrücklich zugesichert wird, einschließlich der Verpflichtung, den entsprechenden Nachweis für den (Teil)Prozess gegenüber der BNetzA regelmäßig zu erbringen. 2.4.5.3.4 Maßnahmen der BNetzA
100
Mögliche Maßnahmen der BNetzA für den Fall, dass der Nachweis nicht ordnungsgemäß erbracht wurde oder sich herausstellt, dass die Anforderungen des § 45g TKG nicht erfüllt sind, ergeben sich aus der Verfügung 18/2000, die noch zu § 5 TKV 1997 erlassen wurde. Da mit der Vorschrift keine Änderung der bestehenden Rechtslage zu § 5 TKV 1997 beabsichtigt ist, kann auf diese Verfügung unmittelbar zurückgegriffen werden: –
Entsprechen die Nachweise nicht den in Verfügung 18/2000 aufgeführten Anforderungen, sind der BNetzA innerhalb von drei Monaten nach Bekanntwerden des Mangels die angeforderten Nachweise vorzulegen. Erfolgt die Vorlage nicht fristgerecht, gilt die Prüfbescheinigung/das Prüfergebnis als nicht eingereicht.
1256 | Sörup
Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 103 K
–
Geht aus dem Prüfergebnis eines Sachverständigen hervor, dass der Anbieter die Anforderungen des § 45g Abs. 1 TKG nicht erfüllt, ist der Anbieter innerhalb der nächsten 6 Monate verpflichtet, die Anforderungen nach § 45g TKG einzuhalten. Der BNetzA ist erneut ein Prüfbericht eines Sachverständigen vorzulegen.
–
Schließt ein Überwachungs- oder Zertifizierungsaudit nicht mit einer Verlängerung des bestehenden Zertifikates im Geltungsbereich (§ 45g TKG) ab, ist ein Sachverständigenbericht vorzulegen.
–
Wird auf Grund von Empfehlungen oder Hinweisen in einem Auditbericht zum Zertifikat durch die BNetzA eine Prüfung vor Ort durchgeführt, mit dem Ergebnis, dass Anforderungen gemäß § 45g TKG nicht eingehalten werden, sind die Mängel innerhalb der nächsten 6 Monate zu beseitigen. Der BNetzA ist erneut ein Nachweis gemäß § 45g TKG vorzulegen.
Die BNetzA hat sich zudem vorbehalten, stichprobenartig Überprüfungen vor Ort bei den Anbietern von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit durchzuführen. Werden der BNetzA Prüfberichte, Prüfbescheinigungen und eingeforderte Nachweise nicht oder nicht fristgerecht vorgelegt, können Zwangsmittel ergriffen werden. Insbesondere kommt die Festsetzung von Zwangsgeld zur Durchsetzung einer entsprechenden Anordnung von bis 500.000 Euro (§ 126 Abs. 5 TKG) in Betracht1.
101
2.4.5.4 Rechnungsinhalt, Teilzahlungen (§ 45h TKG) Erstellt ein Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit eine Rechnung, die auch die Entgelte anderer Anbieter ausweist, muss die Rechnung gemäß § 45h TKG die Namen, ladungsfähigen Anschriften und kostenfreien Kundendiensttelefonnummern der mitausgewiesenen Anbieter enthalten und zumindest die Gesamthöhe der auf sie entfallenden Entgelte erkennen lassen. Das Rechnung erstellende Unternehmen muss in der Rechnung auf die Möglichkeit hinweisen, dass Einwände auch nur gegen einzelne, in Rechnung gestellte Forderungen erhoben werden können. Darüber hinaus enthält der § 45h TKG Regelungen hinsichtlich der Erfüllungswirkung bei Zahlung des Gesamtbetrags der Rechnung sowie eine Tilgungsbestimmung bei Teilzahlungen.
102
Der § 45h TKG entspricht im Kern dem „früheren“ § 15 TKV2. Dieser bezweckte, dass im Interesse der Kunden wie auch der Marktgängigkeit des Angebots von Verbindungsnetzbetreibern alle kostenpflichtigen Sprachkommunikationsdienstleistungen, die über den Netzzugang des Kunden abgewickelt wurden, in einer einzigen Rechnung erfasst werden müssen3.
103
_______________
1 Zu § 126 TKG siehe Beck TKG-Komm/Nübel, 3. Aufl., § 126 TKG Rz. 28. 2 Vgl. Begr. zu § 45h TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 25. 3 Vgl. Begr. zur TKV, BR-Drucks. 551/97, S. 34.
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K Rz. 104
Kundenschutz und Universaldienst
Hintergrund für die Einführung des § 15 TKV war die Verpflichtung zur Betreiber(vor)auswahl nach § 43 Abs. 6 TKG 1996, die nunmehr in § 40 TKG geregelt ist. Sobald der Kunde Leistungen von mehreren Anbietern von Telekommunikationsdiensten in Anspruch nimmt, bestehen mehrere Vertragsverhältnisse, die gesonderte Leistungs- und Rechnungsstellungspflichten beinhalten1. Um zu verhindern, dass der Kunde mit einer unübersichtlichen Anzahl von Rechnungen verschiedener Anbieter konfrontiert wird, normierte der § 15 TKV einen Anspruch auf Erteilung einer einheitlichen Rechnung gegen den Anbieter des Zugangs zum öffentlichen Telekommunikationsnetz2. 104
Dieses Regelungsziel verfolgt auch der § 45h TKG. Eine unbedingte Verpflichtung aller Teilnehmernetzbetreiber zur Erstellung einer einheitlichen Rechnung, wie dies noch in § 15 TKV 1997 geregelt war, ist nicht vorgesehen. Dies wäre nach der Gesetzesbegründung mit dem Regelungskonzept der §§ 18 und 21 TKG unvereinbar3. Einzige Voraussetzung nach dem Wortlaut ist, dass der Anbieter dem Teilnehmer eine einheitliche Rechnung erstellt. Nach der Gesetzesbegründung soll hierdurch klargestellt werden, dass die Verpflichtung zur einheitlichen Rechnungserstellung einerseits und die Anforderungen an den Rechnungsinhalt nach § 45h TKG andererseits, getrennt zu betrachten sind4. Anknüpfungspunkt des § 45h TKG ist der Umstand, dass eine einheitliche Rechnung tatsächlich erteilt wird, gleich aus welchem Rechtsgrund dies erfolgt. Die Anforderungen des § 45h TKG sind einzuhalten, gleich ob die Rechnung wegen einer entsprechenden Verpflichtung durch die BNetzA oder freiwillig bereitgestellt wird.
105
Bis zum Inkrafttreten des § 45h TKG sind alle Teilnehmernetzbetreiber – in dem bisherigen Umfang – verpflichtet, ihren Kunden auf Verlangen eine einheitliche Rechung zu erstellen. Mit dem Inkrafttreten des § 45h TKG ändert sich diese Situation, da dann gleichzeitig § 15 TKV außer Kraft tritt5. Ab diesem Zeitpunkt sind die Anforderungen des § 45 h TKG nur von Anbietern von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit zu erfüllen, die zur einheitlichen Rechnungserstellung von der BNetzA nach §§ 18, 21 TKG verpflichtet wurden. Bietet ein Anbieter die einheitliche Rechnungserstellung auf freiwilliger Basis an, ist nach dem Wortlaut der Norm sowie aus Kundenschutzgesichtspunkten davon auszugehen, dass er die Vorgaben des § 45h TKG ebenfalls einhalten muss.
_______________
1 Vgl. Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh 41, § 15 TKV Rz. 2. 2 Vgl. Koenig/Loetz/Neumann, Telekommunikationsrecht, S. 165; Beck TKG-Komm/ Kerkhoff, 2. Aufl., Anh 41, § 15 TKV, Rz. 7. 3 Vgl. Begr. zu § 45h TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 25. 4 Vgl. Begr. zu § 45h TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 25. 5 Vgl. Artikel 5 des Gesetzentwurfes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften, BT-Drucks. 16/2581, S. 20.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 108 K
2.4.5.4.1 Anwendungsbereich Vom Anwendungsbereich des § 45h TKG werden Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit erfasst, die ihren Teilnehmern eine einheitliche Rechnung erstellen, die auch die Dienste anderer Anbieter, die über den Netzzugang des Teilnehmers in Anspruch genommen werden können, ausweist. Der § 45h TKG stellt somit wie auch der § 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG auf die Bereitstellung des Netzzugangs ab. Es ist davon auszugehen, dass § 45h TKG nur auf Teilnehmernetzbetreiber Anwendung finden kann1.
106
2.4.5.4.2 Pflicht zur einheitlichen Rechnungserstellung, §§ 18, 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG. Wie bereits angesprochen beinhaltet der § 45h TKG nicht die Pflicht zur einheitlichen Rechnungserstellung. Dies ist Gegenstand einer Verpflichtung durch die BNetzA. Derzeit kommt nur die Deutsche Telekom AG für eine Verpflichtung zur einheitlichen Rechnungserstellung gemäß §§ 18, 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG in Betracht, da nur sie als Betreiberin eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes über beträchtliche Marktmacht verfügt. Eine Auferlegung gegenüber der DTAG ist bisher noch nicht erfolgt. Es ist davon auszugehen, dass dies kurz nach Inkrafttreten des § 45h TKG erfolgen wird. Vor dem Inkrafttreten des § 45h TKG ergibt sich die Pflicht zur einheitlichen Rechnungserstellung unmittelbar aus § 15 TKV 1997 (siehe oben), so dass auch keine Notwendigkeit zu einer vorherigen Auferlegung besteht. Zu den Voraussetzungen einer Verpflichtung zur einheitlichen Rechnungsstellung gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG vergleiche Teil H. Rz. 343 ff.2 Wie bereits bei § 15 TKV besteht die Pflicht nur, soweit der Teilnehmer mit anderen Anbietern von Telekommunikationsdienstleistungen nicht etwas anderes vereinbart hat. Nach § 21 Abs. 2 Nr. 7 lit a TKG hat der Kunde somit grundsätzlich ein Wahlrecht zwischen Einzelabrechnung oder Gesamtabrechnung3.
107
2.4.5.4.3 Inhalt der Rechnung Ist der Anbieter zur einheitlichen Rechnungserstellung nach § 21 Abs. 2 Nr. 7 TKG verpflichtet oder bietet er auf freiwillige Basis eine einheitliche Rechnungserstellung an, hat er die folgenden Vorgaben bei der Gestaltung der Rechnung zu beachten:
_______________
1 Vgl. Berl.Komm/Thomaschki, § 21, Rz. 166. 2 Zu den Voraussetzungen siehe auch Berl.Komm/Thomaschki, § 21, Rz. 113 ff. 3 Vgl. Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh § 41, § 15 TKV, Rz. 4.
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108
K Rz. 109
Kundenschutz und Universaldienst
2.4.5.4.3.1 Angaben auf der Rechnung zu anderen Anbietern 109
Nach § 45h Abs. 1 S. 1 TKG muss die Rechnung den Namen, die ladungsfähige Anschrift und die kostenfreie Kundendiensttelefonnummer der einzelnen Anbieter von Netzdienstleistungen und die Gesamthöhe der auf sie entfallenden Entgelte erkennen lassen. Im Übrigen bleibt die Gestaltung der Gesamtrechnung dem Rechnungsersteller vorbehalten. Die Interessen der Kunden und der anderen Anbieter an einer transparenten und übersichtlichen Gestaltung der Rechnung sind jedoch angemessen zu berücksichtigen1.
2.4.5.4.3.2 Hinweispflicht bei Rechnungseinwendungen 110
Das rechnungserstellende Unternehmen muss den Rechnungsempfänger gemäß § 45h Abs. 3 TKG im Rahmen der Rechnung darauf hinweisen, dass dieser berechtigt ist, begründete Einwendungen gegen einzelne in Rechnung gestellte Forderungen zu erheben. Dieser Hinweis soll klarstellen, dass der Kunde die Rechnung nicht im Ganzen beanstanden muss, wenn er nur Teilbeträge oder Teilforderungen für unberechtigt hält. Die Beschränkung des Hinweises auf begründete Einwendungen ist allerdings unverständlich, da die Feststellung der Begründetheit gerade umfangreiche Prüfungen erfordert und regelmäßig Streitpunkt zwischen den Parteien sein wird.
2.4.5.4.3.3 Pflicht zur Erstellung eines Einzelverbindungsnachweises 111
Die Pflicht zur Erstellung eines Einzelverbindungsnachweises nach § 45e TKG bleibt von § 45h TKG unberührt. Auch bei einer einheitlichen Rechnung bzw. Gesamtrechnung hat der Kunde Anspruch auf Aufschlüsselung der einzelnen Rechnungspositionen nach Einzelverbindungen. Dieser Anspruch kann im Verhältnis zu jedem einzelnen Anbieter geltend gemacht werden. Zu den Voraussetzungen im Einzelnen siehe Rz. 59 ff. Den Einzelverbindungsnachweis kann der Kunde auch auf einzelne Anbieter der einheitlichen Rechnung beschränken. Mit Blick auf § 45e TKG wäre es unzulässig, dem Kunden vorzugeben, das Recht zur Wahl eines Einzelverbindungsnachweises nur einheitlich für sämtliche Rechnungspositionen einer Gesamtrechnung auszuüben2. Dies wäre lediglich dann zulässig, wenn die Erteilung aus technischen Gründen nur einheitlich für alle Rechnungspositionen erfolgen kann (vgl. § 45e TKG).
_______________
1 Vgl. Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh § 41, § 15 TKV, Rz. 7. 2 Vgl. Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh § 41, § 15 TKV, Rz. 8; Leo, K&R 1998, 381 (383).
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 114 K
2.4.5.4.4 Erfüllungswirkung von Zahlungen/Anrechnung bei Teilzahlung Neben inhaltlichen Vorgaben zur Rechnungsgestaltung enthält der § 45h TKG Vorschriften hinsichtlich der Erfüllungswirkung bei vollständiger Zahlung des Rechnungsbetrags sowie eine Tilgungsbestimmung bei Teilzahlungen.
112
2.4.5.4.4.1 Erfüllung bei Zahlung des Gesamtbetrags der Rechnung Zahlt der Teilnehmer den Gesamtbetrag der Rechnung an den rechnungserstellenden Anbieter, befreit ihn diese Zahlung gemäß § 45h Abs. 1 S. 3 TKG auch von der Zahlungsverpflichtung gegenüber den anderen in der Rechnung aufgeführten Anbieter. Zivilrechtlich ist der rechnungserstellende Anbieter in Bezug auf die mitabgerechneten Forderungen Dritter. Wird an ihn zum Zwecke der Erfüllung geleistet, hängt die Erfüllungswirkung gemäß § 362 Abs. 2 BGB grundsätzlich von der Einwilligung bzw. Genehmigung des Forderungsinhabers nach § 185 BGB ab1. Hiervon macht der Satz 3 eine Ausnahme. Durch die Regelung wird der rechnungserstellende Anbieter als Dritter zur Annahme der Leistung für die anderen Anbieter i. S. d. § 185 BGB qua Gesetz ermächtigt, so dass mit Zahlung des Gesamtbetrages Erfüllung nach § 362 BGB eintritt. Der Teilnehmer kann folglich den Einwand der Erfüllung erheben, wenn ein Anbieter wegen einer Forderung, die Gegenstand der einheitlichen Rechnung war, nochmals Zahlung verlangt und der Teilnehmer den Gesamtbetrag der Rechung an den Rechnungsersteller bereits gezahlt hat.
113
Nach dem Wortlaut des § 45h Abs. 1 S. 3 TKG gilt dies nur bei Zahlung des Gesamtbetrages, nicht aber bei Teilzahlung. Im Fall einer Teilzahlung kommt es für die Frage der (Teil-)Erfüllung nach § 362 Abs. 2 BGB auf das Bestehen einer Empfangsermächtigung bzw. einer Genehmigung durch den Forderungsinhaber an2. Diese Ermächtigung kann auch konkludent erteilt werden3, indem der Forderungsinhaber vom Teilnehmer z. B. nur noch den ausstehenden Restbetrag fordert. Hierdurch gibt er zu erkennen, dass er die (Teil-) Zahlung an den Rechnungsersteller i. S. d. § 362 Abs. 2 i. V. m. § 185 BGB akzeptiert. Der BGH hält in diesem Zusammenhang eine Vereinbarung der Parteien in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für zulässig, wonach der rechnungserstellende Anbieter (in der Regel der Teilnehmernetzbetreiber) Vergütungen, die für die Nutzung von Mehrwertdienstangeboten Dritter über den Telefonanschluss geschuldet werden, als eigene Forderung geltend machen kann. Allerdings muss sich der rechnungserstellende Anbieter die im Verhältnis des Kunden zum Drittanbieter bestehenden Einwendungen entgegenhalten lassen. Eine hiervon abweichende Regelung wäre insbeson-
114
_______________
1 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 362 BGB, Rz. 4. 2 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 362 BGB, Rz. 4. 3 Palandt/Heinrichs, § 185 BGB Rz. 8 und § 182 BGB Rz. 2.
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K Rz. 115
Kundenschutz und Universaldienst
dere unter Berücksichtigung der in § 15 Abs 3 TKV (§ 45h TKG) enthaltenen Wertung gemäß § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam1. 2.4.5.4.4.2 Anrechnung einer Teilzahlung bei mehreren Forderungen 115
Gemäß § 45h Abs. 2 TKG sind Teilzahlungen des Teilnehmers auf die in der Rechnung ausgewiesenen Forderungen nach ihrem Anteil an der Gesamtforderung der Rechnung zu verrechnen, soweit der Teilnehmer vor oder bei der Zahlung nichts Anderes bestimmt hat. Die Regelung greift nach ihrem Wortlaut nicht ein, wenn vom Kunden ausdrücklich oder schlüssig eine anderweitige Leistungsbestimmung getroffen wurde. Dies kann beispielsweise dadurch erfolgen, dass der Teilnehmer ausdrücklich festlegt, dass eine Teilzahlung nur auf eine bestimmte Rechnungsposition (vollständig) angerechnet werden soll oder bestimmte Rechnungspositionen von einer Anrechnung ausgenommen bleiben sollen.
116
Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit kann der Teilnehmer über die Zuordnung der von ihm geleisteten oder zukünftig zu leistenden Zahlungen eine Vereinbarung mit den jeweiligen Anbietern schließen2. Dies kann auch unter Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen erfolgen. Die Auffassung, die eine vertragliche Einschränkung des Leistungsbestimmungsrechts des Teilnehmers für unwirksam hält, ist zu weitgehend3. Zum einen liegt keine Abweichung zum Nachteil des Teilnehmers i. S. d. § 47b TKG vor, da der § 45h Abs. 2 TKG nur klarstellt, dass die Anrechnungsregel vorbehaltlich einer anders lautenden Tilgungsbestimmung durch den Teilnehmer gilt, was eine vertragliche anders lautende Regelung zwischen Anbieter und Teilnehmer nicht ausschließt. Zum anderen ist von der Rechtsprechung anerkannt, dass das Leistungsbestimmungsrecht zu Lasten des Kunden durch Allgemeine Geschäftsbedingungen geändert werden kann4. Gegenüber einer solchen Abrede ist eine spätere, abweichende Leistungsbestimmung des Teilnehmers wirkungslos5. 2.4.5.4.5 Umsatzsteuerrechtliche Regelung (§ 45h Abs. 4 TKG)
117
Im Zuge des Gesetzgebungsverfahren wurde der § 45h TKG um eine umsatzsteuerrechtliche Regelung ergänzt, wonach die in der Rechnung ausgewiesenen Leistungen anderer Verbindungsnetzbetreiber oder Diensteanbieter, die über den Anschluss eines Teilnehmernetzbetreibers von einem End_______________
1 BGH, Urt. v. 16.11.2006 – III ZR 58/06, MMR 2007, 179; kritisch hierzu Vander, K&R 2007, 155. 2 Palandt/Heinrichs, § 362 BGB, Rz. 7. 3 Siehe Leo, K&R 1998, 381 (384). 4 Vgl. Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh § 41, § 15 TKV, Rz. 24 unter Verweis auf BGH, NJW 1984, 2404 (2405). 5 Vgl. BGHZ 91, 379; NJW 1984, 2404.
1262 | Sörup
Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 119 K
nutzer in Anspruch genommen werden, für die Zwecke der Umsatzsteuer als vom Teilnehmernetzbetreiber in eigenem Namen und für Rechnung des Verbindungsnetzbetreibers oder Diensteanbieters an den Endnutzer erbracht gelten. Gleiches gilt für Leistungen anderer Verbindungsnetzbetreiber oder Diensteanbieter gegenüber einem Verbindungsnetzbetreiber, der über diese Leistungen in eigenem Namen und für fremde Rechnung gegenüber dem Teilnehmernetzbetreiber oder einem weiteren Verbindungsnetzbetreiber abrechnet. Sofern nach § 45h Abs. 1 TKG eine einheitliche sowie ganzheitliche Fakturierung aller in Anspruch genommenen Telefondienstleistungen durch den Teilnehmernetzbetreiber erfolgt, verfügen allein die Teilnehmernetzbetreiber derzeit über die für die Abrechnung erforderlichen Angaben der Endkunden, nicht jedoch über die für eine umsatzsteuerlich ordnungsgemäße Rechnungsstellung erforderlichen Angaben, die den leistenden Unternehmer betreffen. Um dennoch die vollständige Fakturierung durch den Teilnehmernetzbetreiber zu ermöglichen und hierbei das Abrechnungsverfahren praktikabel und wirtschaftlich durchzuführen, erfolgt die umsatzsteuerrechtliche Anpassung1. 2.4.5.5 Beanstandungen von Rechnungen (§ 45i TKG) Der § 45i TKG enthält besondere Bestimmungen für den Nachweis über die Höhe der in Rechnung gestellten Entgelte. Im Kern geht es um die Beweislastverteilung für die Richtigkeit der Abrechnung, die inhaltlichen Anforderungen an die Nachweiserbringung durch den Anbieter sowie die Folgen, wenn der Nachweis nicht ordnungsgemäß oder nicht rechtzeitig erbracht wurde oder im Rahmen des Nachweises keine Abrechnungsfehler festgestellt werden konnten. Die Regelung entspricht damit in großen Teilen seiner Vorgängernorm, dem § 16 TKV 19972. Beanstandet der Teilnehmer die ihm erteilte Abrechnung, so hat der Anbieter zum Nachweis der Rechnungshöhe das in Rechnung gestellte Verbindungsaufkommen in der Form eines Entgeltnachweises nach den einzelnen Verbindungsdaten (Einzelverbindungsnachweis) aufzuschlüsseln und eine technische Prüfung durchzuführen.
118
2.4.5.5.1 Anwendungsbereich, Adressaten, Berechtigtenkreis Nach dem Gesetzeswortlaut sind Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit zur Erstellung eines Einzelverbindungsnachweises verpflichtet, berechtigt sind Teilnehmer i. S. d. § 3 Nr. 20 TKG3. Wie schon _______________
1 Begr. zu § 45h Abs. 4 TKG, BT-Drucks. 16/3635, S. 49. 2 Vgl. Begr. zu § 45i TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 26. 3 Zu den Begrifflichkeiten vgl. oben Rz. 17 ff.
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119
K Rz. 120
Kundenschutz und Universaldienst
der § 16 TKV1 findet der § 45i TKG dabei auf Mobil- und Festnetzdienste Anwendung, da dem Begriff der Telekommunikationsdienstes i. S. d. § 3 Nr. 24 TKG sowohl Fest- als auch Mobilfunkleistungen unterfallen. 2.4.5.5.1.1 Netzbetreiber und Anbieter von Telekommunikationsdiensten 120
Im Gesetzgebungsverfahren war der Berechtigtenkreis zunächst auf Endnutzer i. S. d. § 3 Nr. 8 TKG beschränkt. Dies hatte zur Folge, dass der § 45i TKG nicht im Verhältnis zwischen Zusammenschaltungspartnern (CarrierCarrier) oder vertraglichen Beziehungen mit Resellern (Carrier-Reseller) anwendbar gewesen wäre. Denn diese betreiben entweder öffentliche Telekommunikationsnetze oder erbringen zumindest Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit und unterfallen daher nicht dem Endnutzerbegriff, der den Betrieb von Telekommunikationsnetzen oder die Erbringung von entsprechenden Telekommunikationsdiensten definitorisch gerade ausschließt2. Mit der Änderung des Berechtigtenkreis auf Teilnehmer i. S. d. § 3 Nr. 20 TKG ist nunmehr klargestellt, dass der § 45i TKG – wie bereits der § 16 TKV3 – auch im Verhältnis zwischen Zusammenschaltungspartnern oder bei vertraglichen Beziehungen mit Resellern Anwendung findet. Im Gegensatz zum Endnutzerbegriff ist im Rahmen des Teilnehmerbegriffs unbeachtlich, ob der Teilnehmer die ihm gegenüber zu erbringenden vertraglichen Leistungen als Endverbraucher, Wiederverkäufer oder als Teil seiner eigenen Telekommunikationsdienste erwirbt4. 2.4.5.5.1.2 Anwendbarkeit auf Prepaid-Produkte
121
Nach der Gesetzesbegründung werden schließlich auch Prepaid-Produkte erfasst5. Unklar bleibt allerdings, wie die Anforderungen des § 45i TKG im Einzelnen in Bezug auf die Besonderheiten bei Prepaid-Produkte umgesetzt werden sollen. Um hier Klarheit zu erhalten, wäre es wünschenswert, wenn die BNetzA eine entsprechende Anhörung unter Beteiligung der betroffenen Unternehmen und Fachkreise durchführen würde. 2.4.5.5.2 Beanstandung der Rechnung durch den Teilnehmer
122
Auslöser für die Nachweispflicht des Anbieters nach § 45i TKG ist, dass der Teilnehmer gegen die Höhe der ihm erteilten Rechnung gegenüber dem An_______________
1 2 3 4
Vgl. zu § 16 TKV Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Aufl., Anh § 41, § 16 TKV Rz. 1. Siehe oben Rz. 11. Vgl. LG Frankfurt am Main, MMR 2004, 426. Vgl. Beck TKG-Komm/Büning/Weißenfels/Wittern/Piepenbrock/Attendorn, 3. Aufl., § 3 Rz. 41. 5 Vgl. Begr. zu § 45i TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 26.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 122 K
bieter Einwände erhebt. Die Einwände müssen nach dem Gesetzeswortlaut innerhalb einer Frist von mindestens acht Wochen nach Zugang der Rechnung erhoben werden. Die Frist ist als allgemein gültige Mindestfrist ausgestaltet. Im Gesetzgebungsverfahren hieß es ursprünglich noch, dass die Abrechnung innerhalb der mit dem Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen vereinbarten Frist, die acht Wochen nach Zugang der Rechnung nicht unterschreiten darf, zu beanstanden ist. Diese Formulierung ist vom Bundesrat dahingehend beanstandet worden, dass die Pflicht zur Erteilung eines EVN nach § 45i TKG dann von der Vereinbarung einer vertraglichen Ausschlussfrist zwischen Anbieter und Teilnehmer abhänge. Im Gegensatz dazu gewähre die Vorgängernorm, der § 16 Abs. 1 TKV-1997, „das Recht zur Aufschlüsselung des Verbindungsaufkommens und zur Durchführung einer technischen Prüfung jedem Teilnehmer, und zwar unabhängig von einer Vereinbarung über eine Ausschlussfrist. Dies sollte aus Gründen der Kontinuität und der Rechtssicherheit beibehalten werden. Geregelt werden sollte eine generell geltende Beanstandungsfrist, die durch eine vertragliche Vereinbarung verlängerbar ist“1. Wie sich zeigt, ist dieser Vorschlag des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren umgesetzt worden. Durch die Ausgestaltung als allgemeine Mindestfrist wird sichergestellt, dass der Anwendungsbereich von § 45i Abs. 1 S. 1 TKG auch dann eröffnet ist, wenn Teilnehmer und Anbieter eine Ausschlussfrist vertraglich nicht vereinbart haben2. Die Beanstandungsfrist von acht Wochen ist daher generell, unabhängig von einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung, von den Anbietern von Telekommunikationsdiensten zu beachten. Die Mindestfrist kann vertraglich jederzeit verlängert werden3. Eine Verkürzung ist hingegen wegen § 47b TKG ausgeschlossen, da von Kundenschutzvorschriften zum Nachteil der Teilnehmer nicht abgewichen werden darf4. Die Frist beginnt zu laufen, sobald die Rechnung dem Teilnehmer zugegangen ist (§§ 187, 130 BGB). Nach den allgemeinen Beweisgrundsätzen hat dabei der Anbieter den Zugang der Abrechnung beim Teilnehmer zu beweisen5. Ein besonderes Formerfordernis für die Erhebung der Beanstandung durch den Teilnehmer sieht der § 45i TKG nicht vor. Der während des Gesetzgebungsverfahrens im Gesetzeswortlaut noch vorhandene ausdrückliche Hinweis, dass Anbieter und Endnutzer vertraglich eine bestimmte Form (z. B. Textform oder Schriftform) vereinbaren können6, ist entfallen. Hieraus kann allerdings nicht gefolgert werden, dass es den Parteien verwehrt ist, _______________
1 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 359/06 (Beschluss), Punkt 12, S. 8. 2 Vgl. Beschlussempfehlung des Wirtschaftsauschusses, BT-Drucks. 16/3635 zu § 45i TKG, S. 50. 3 Vgl. Beschlussempfehlung des Wirtschaftsauschusses, BT-Drucks. 16/3635 zu § 45i TKG, S. 50. 4 Siehe oben Rz. 12 ff. 5 Palandt/Heinrichs, § 130 BGB, Rz. 21. 6 Vgl. Gesetzesentwurf zu § 45i TKG in BT-Drucks. 16/2581, S. 11.
Sörup | 1265
K Rz. 123
Kundenschutz und Universaldienst
eine Vereinbarung über die Form der Beanstandung zu treffen. Dies ist im Rahmen der Vorschriften des BGB weiterhin möglich. Hält der Kunde die Mindestfrist von acht Wochen, eine vertraglich vereinbarte längere Frist oder aber eine vereinbarte Formvorschrift nicht ein, trifft den Anbieter keine Nachweispflicht mehr für die einzelnen Verkehrsdaten1. 2.4.5.5.2.1 Minimalanforderungen für die Erhebung von Beanstandungen 123
Der Begriff der Beanstandung ist mit dem Begriff der Einwendung, der in § 16 TKV verwendet wird, identisch. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber durch die Verwendung einer anderen Begrifflichkeit die inhaltlichen Anforderungen an die Erhebung von Einwendungen gegenüber den Anforderungen nach § 16 TKV nicht ändern wollte. Dies wird insbesondere aus der Gesetzesbegründung zu § 45i TKG deutlich, in der ausschließlich nur der Begriff der Einwendung verwendet wird.
124
Die Beanstandung der Rechnung kann, wie schon bei § 16 TKV, ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Die schlichte Nichtzahlung der Rechnung ist nicht ausreichend. Die insoweit sehr weitgehende Auffassung des OLG Dresden2, wonach schon die bloße Nichtzahlung einer Telefonrechnung als „konkludente Einwendung gegen die Abrechnung aufzufassen sei“, ist abzulehnen. Entsprechend den Ausführungen des BGH3 zu § 6 Abs. 2 S. 4 TDSV ist auch im Rahmen des § 45i TKG eine Erklärung erforderlich, der wenigstens andeutungsweise zu entnehmen ist, dass der Kunde Beanstandungen spezifisch im Hinblick auf die Verbindungsleistungen geltend macht. Der unterlassenen Zahlung kommt ein solcher Erklärungswert nicht zu, da hierfür vielfältige Ursachen in Betracht kommen. So kann die unterbliebene Begleichung der Telefonrechnung beispielsweise auf Zahlungsunfähigkeit, einer allgemeinen Zahlungsunwilligkeit oder einem Versehen des Kunden wie auch auf einem Bankirrtum beruhen. Diese Umstände lassen keinen Rückschluss auf eine Erklärung des Kunden zu. Bei einer bloßen Nichtzahlung fehlt darüber hinaus der erforderliche Bezug zu den Verbindungsentgelten, aus dem auf die Erhebung einer Einwendung gegen die Rechnungshöhe rückgeschlossen werden könnte4.
125
Teilweise wird vertreten, dass zumindest bei einer Teilzahlung der Rechnung von einer konkludenten Erhebung von Einwendungen ausgegangen werden könne. Dies wird beispielsweise vom Amtsgericht Hamburg angedeutet. Ausreichend für eine Beanstandung bzw. Einwendung sei bereits, wenn bestimmte Rechnungsposition gezielt vom Rechnungsbetrag in Abzug gebracht würden und nur eine entsprechende Teilzahlung geleistet wer_______________
1 2 3 4
Vgl. Begr. zu § 45i TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 26. Vgl. OLG Dresden, MMR 2001, 623. Vgl. BGH v. 24.6.2004, NJW 2004, 3183, CR 2005, 31. Vgl. BGH v. 24.6.2004, NJW 2004, 3183, CR 2005, 31 (32).
1266 | Sörup
Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 127 K
de. Aus der Teilzahlung könne dann auf die Erhebung von Einwendungen gegen die nicht gezahlten Beträge geschlossen werden1. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Für sich genommen ist eine bloße Teilzahlung nicht ausreichend. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist auch hier eine Erklärung erforderlich, der andeutungsweise zu entnehmen ist, dass der Kunde Einwendungen gegen die Rechnung erhebt. Denn die Teilzahlung kann auch auf einem Bankirrtum oder einem Irrtum des Kunden, z. B. bei Ausfüllen eines Überweisungsauftrages, beruhen. Aus dem Umstand einer Teilzahlung kann daher nicht auf die Erhebung von Einwendungen geschlossen werden. Die von BGH entwickelten Mindestanforderungen gelten auch bei Teilzahlungen.
2.4.5.5.2.2 Beweislast für die form- und fristgerechte Beanstandung Die Beweislast für den Zugang der Beanstandung beim Anbieter sowie die Einhaltung eines evtl. vereinbarten Formerfordernisses trägt der Teilnehmer. Den Zugang einer Willenserklärung und seinen genauen Zeitpunkt hat derjenige darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, der sich hierauf beruft2. Der Nachweis der Absendung ist als Beweis des Zuganges beim Anbieter i. S. d. § 130 BGB nicht ausreichend. Auch kann aus der Absendung an den Anbieter kein Anscheinsbeweis für den Zugang hergeleitet werden3. Lediglich für den Zugang einer E-Mail kann möglicherweise eine Eingangsund Lesebestätigung einen Anscheinsbeweis begründen4. Anders ist die Rechtslage beim Einschreiben mit Rückschein. Es begründet gemäß § 175 ZPO die vom Empfänger zu widerlegende Vermutung, dass es an dem im Rückschein genannten Datum zugestellt wurde. Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass das vom Gesetzgeber als zuverlässig gewertete Einschreiben gegen Rückschein einen Anscheinsbeweis für den Zugang begründet. Welchen Inhalt das Einschreiben hatte, muss allerdings der Erklärende, d. h. der Teilnehmer beweisen5.
126
Dem Teilnehmer ist vor diesem Hintergrund, unabhängig von den vereinbarten Formanforderungen, aus Beweisgründen zu empfehlen, Rechnungseinwendungen nur per Einschreiben/Rückschein gegenüber dem Anbieter geltend zu machen und sich darüber hinaus den Inhalt des Einschreibens von Zeugen bestätigen zu lassen. Dies wird insbesondere dann ratsam sein, wenn es um einen hohen Rechnungsbetrag geht.
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1 2 3 4 5
AG Hamburg-St. Georg, MMR 2005, 788. Vgl. Bamberger/Roth/Grothe, § 130 BGB, Rz. 35. Palandt/Heinrichs, § 130 BGB, Rz. 21, m. w. N. Mankowski, NJW 2004, 1897. Palandt/Heinrichs, § 130 BGB, Rz. 21.
Sörup | 1267
K Rz. 128
Kundenschutz und Universaldienst
2.4.5.5.2.3 Vertragliche Regelungen über Rechnungsbeanstandungen 128
Mit § 45i Abs. 1 TKG soll ausweislich der Gesetzesbegründung klargestellt werden, dass Anbieter Beanstandungs- bzw. Einwendungsausschlussklauseln mit den Kunden, z. B. im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen, vereinbaren können1. Bei der Gestaltung sind allerdings die zwingenden gesetzlichen Vorgaben des § 45i TKG zu beachten. Die Beanstandungsfrist muss demnach mindestens acht Wochen ab Zugang der Rechnung beim Teilnehmer betragen. Da es sich bei der vom Gesetz vorgeschriebenen Frist um eine Mindestfrist handelt, können auch längere Beanstandungsfristen vereinbart werden2. Eine besondere Form für die Beanstandung ist vom Gesetz nicht vorgegeben. Diese kann, wie bereits angesprochen, frei vereinbart und daher auch Gegenstand von Allgemeinen Geschäftsbedingungen sein (zur Festlegung von Formvorschriften siehe nachfolgend Rz. 131 ff.). 2.4.5.5.2.3.1 Hintergrund der Regelung
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Die mit § 45i Abs. 1 TKG bezweckte Klarstellung war angesichts der Entscheidung des BGH vom 24.6.20043 notwendig. Der BGH hat ausgeführt, dass Einwendungsausschlussklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die eine unterlassene Erhebung von Einwendungen nach Ablauf von acht Wochen ab Rechnungsdatum als Genehmigung der Rechnung durch den Kunden fingieren, gemäß § 1 Abs. 2 TKV unwirksam seien. Denn nach Eintritt der Genehmigungsfiktion bzw. dem Ablauf der Einwendungsfrist obliege es dem Kunden, diejenigen Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich die Unbegründetheit der vom Anbieter geltend gemachten Rechnungsforderung ergäben. Dies sei aber mit der nach § 16 Abs. 2 TKV und § 16 Abs. 3 TKV vorgesehenen Beweislastverteilung nicht vereinbar. Der BGH kam daher zu dem Schluss, dass derartige Klauseln mit Blick auf § 1 Abs. 2 TKV generell unwirksam seien. Das Urteil hat zu Recht erhebliche Kritik in Praxis und Literatur ausgelöst4. Mit der Regelung in § 45i TKG hat der Gesetzgeber die Zulässigkeit von Einwendungsausschlussklauseln nunmehr ausdrücklich bestätigt. 2.4.5.5.2.3.2 Einwendungsausschlussklausel mit Genehmigungsfiktion
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Wie bereits angesprochen ist die Vereinbarung von Einwendungsausschlussklauseln mit Genehmigungsfiktion, z. B. im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen, zulässig. Bei der Gestaltung sind allerdings die gesetzlichen Mindestanforderungen des § 45i Abs. 1 S. 2 TKG sowie die AGB-rechtlichen Vorgaben des §§ 305 ff. BGB, insbesondere für fingierte Erklärungen nach _______________
1 2 3 4
Begr. zu § 45i TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 26. Vgl. Begr. zu § 45i TKG in BT-Drucks. 16/3635, S. 50. Vgl. BGH v. 24.6.2004, NJW 2004, 3183; CR 2005, 31 (32). Urteilsanmerkungen Westerfeld, MMR 2004, 602 (604).
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 132 K
§ 308 Nr. 5 BGB – Genehmigungsfiktion, zu berücksichtigen (vgl. auch nachfolgend Rz. 597 ff.): –
Die Einwendungsausschlussfrist darf acht Wochen ab Zugang der Rechnung beim Teilnehmer nicht unterschreiten. Eine Verkürzung der Frist ist wegen § 47b TKG unwirksam, da zum Nachteil des Teilnehmers von § 45i Abs. 1 S. 2 TKG abgewichen werden würde. Der Zugang der Rechnung beim Teilnehmer richtet sich nach § 130 BGB.
–
Im Rahmen der Genehmigungsfiktion muss dem Teilnehmer eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt werden (§ 308 Nr. 5 a) BGB). Bei Beginn der Frist muss auf die Rechtsfolge einer unterlassenen, rechtzeitigen Einwendung besonders hingewiesen werden (§ 308 Nr. 5 b) BGB). Mit Ablauf der Einwendungsausschlussfrist greift nach den meisten AGB-Klauseln gleichzeitig die Genehmigungsfiktion ein. Die Angemessenheit der Frist richtet sich daher ebenfalls nach § 45i Abs. 1 S. 2 TKG und darf acht Wochen nicht unterschreiten. Zudem muss der Teilnehmer in jeder Rechnung über die Folgen einer verspäteten Erhebung von Einwendungen hingewiesen werden.
2.4.5.5.2.3.3 Formvorschriften Über die Form für die Erhebung von Einwendungen kann mit dem Teilnehmer eine vertragliche Vereinbarung getroffen werden. Dies richtet sich nach § 127 BGB1. In der Praxis wird häufig Textform (§ 126b BGB) oder Schriftform (§ 126 BGB) für die Erhebung von Rechnungseinwendungen vereinbart.
131
Textform gemäß § 126b BGB ist für die Erhebung von Einwendungen ausreichend. Die Vereinbarung der strengeren Schriftform wirkt sich demgegenüber sowohl für den Anbieter als auch den Endnutzer verkehrserschwerend aus2, da es sich bei Rechnungseinwendungen letztlich um Massenkommunikation handelt, die unter der Verwendung der Textform einfacher, kostengünstiger und schneller abgewickelt werden kann. Zudem stellt auch die Textform eine hinreichende Beweis- und Dokumentationsfunktion sicher. Bei Textform muss die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden. Erforderlich und ausreichend ist damit, dass die Erklärung auf eine Weise erstellt bzw. übermittelt wird, die es dem Empfänger (Anbieter) ermöglicht, sie zu seiner dauerhaften Verfügbarkeit aufzubewahren. Neben der schriftlichen Übermittlung können Rechnungseinwendungen damit
132
_______________
1 Zu § 127 BGB vgl. Bamberger/Roth/Grothe, § 127 BGB, Rz. 1 ff. 2 Vgl. Bamberger/Roth/Grothe, § 126b BGB, Rz. 1.
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K Rz. 133
Kundenschutz und Universaldienst
auch elektronisch erstellt und übermittelt werden. In Betracht kommen Computerfax, E-Mail oder SMS. Es genügt, wenn der Empfänger (Anbieter) die Erklärung ohne weiteres am Bildschirm lesen kann, so lange nur sichergestellt ist, dass der Inhalt der Datei dauerhaft – auch elektronisch – zur ständigen Verwendung gespeichert werden kann1. 133
Durch die Vereinbarung von Formvorschriften lässt sich zudem die unter Rz. 123 f. angesprochene Problematik einer konkludenten Erhebung von Einwendungen bei Teilzahlung bereits im Vorfeld vermeiden. Werden die Formvorschriften nicht eingehalten, kann die bloße Teilzahlung nicht als Einwendungserhebung interpretiert werden. 2.4.5.5.2.3.4 Situation bei Prepaid-Produkten
134
Bei Prepaid-Produkten wird dem Kunden in aller Regel keine Rechnung erteilt. Unklar bleibt daher, ab wann bzw. mit welchem Ereignis die Einwendungsausschlussfrist zu laufen beginnen soll. Auf den Zugang einer Rechnung kann im Regelfall wohl nicht abgestellt werden. 2.4.5.5.3 Nachweis für die Richtigkeit der Abrechnung durch den Anbieter
135
Beanstandet der Teilnehmer das in Rechnung gestellte Verbindungsaufkommen, hat der Anbieter zum Nachweis einer ordnungsgemäßen und fehlerfreien Rechnungserstellung das Verbindungsaufkommen in der Form eines Entgeltnachweises nach den einzelnen Verbindungsdaten aufzuschlüsseln und eine technische Prüfung durchzuführen. Der Anbieter hat dabei die datenschutzrechtlichen Belange etwaiger weiterer Nutzer des Anschlusses zu wahren (siehe Rz. 66, 138). Die Nachweiserbringung ist entbehrlich, soweit die Beanstandung nicht auf einen technischen Mangel zurückzuführen ist. 2.4.5.5.3.1 Inhalt des Entgeltnachweises und der technischen Prüfung
136
Für die Nachweiserbringung muss der Anbieter die in Rechnung gestellten Verbindungen in Form eines Entgeltnachweises aufschlüsseln und eine technische Prüfung des Abrechnungssystems durchführen. Die in diesem Zusammenhang in § 45 Abs. 1 TKG zunächst vorgesehene Regelfrist von einem Monat für die Durchführung der Rechnungsprüfung, ist auf Initiative des Bundesrates sowie des Wirtschaftsausschusses gestrichen worden. Durch die Streichung sollen Rechtsunsicherheiten über die Einhaltung der Frist vermieden werden2. Die Teilnehmer sind bereits durch das Entfallen der Verzugswirkung bei verspäteter Vorlage der aufgeschlüsselten Verbindungsdaten bzw. der technischen Prüfung gemäß Abs. 1 S. 4 (siehe _______________
1 Vgl. Bamberger/Roth/Grothe, § 126b BGB, Rz. 5. 2 Vgl. BT-Drucks.16/3635 zu § 45i Abs. 1 TKG, S. 50.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 139 K
Rz. 146 f.) hinreichend geschützt. Gleiches gilt für die in Abs. 3 S. 2 geregelte Vermutungswirkung einer unrichtigen Entgeltermittlung, falls die technische Prüfung später als zwei Monate nach der Beanstandung durchgeführt wird (siehe hierzu Rz. 159 f.). Vor diesem Hintergrund konnte auf die Regelfrist gut verzichtet werden. 2.4.5.5.3.1.1 Entgeltnachweis Voraussetzung für die Erstellung eines Entgeltnachweises ist, dass der Endnutzer Beanstandungen gegen die ihm erteilte Rechnung erhebt. Die Pflicht zur Erteilung eines Entgeltnachweises ist dabei als generelle Verpflichtung des Anbieters ausgestattet und insbesondere nicht auf Fälle beschränkt, in denen die Erteilung eines Einzelverbindungsnachweises nicht zwangsläufig zur Lösung beiträgt. D. h., die Verpflichtung entfällt selbst dann nicht, wenn der Kunde die Entgelthöhe nur in Bezug auf die anzuwendende Preisliste oder die vereinbarten Rabatte rügt1. Denn der Grund für die fehlerhafte Abrechnung kann nicht im Voraus antizipiert werden. Aus Kundenschutzgesichtspunkten soll der Anbieter die Zuordnung der in Rechnung gestellten Verbindungen in jedem Fall der Beanstandung überprüfen, es sei denn, die Beanstandung ist nachweislich nicht auf einen technischen Mangel zurückzuführen (vgl. Rz. 142).
137
Form und Inhalt der Aufschlüsselung der Verbindungsdaten muss nicht zwangsläufig den Vorgaben des § 45e TKG entsprechen. Erforderlich ist nach Abs. 1 S. 1 nur, dass eine Aufschlüsselung nach Einzelverbindungen erfolgt, d. h. die Angabe der jeweiligen Verbindungsdaten ist ausreichend2. Bei sprachbasierten Telekommunikationsdiensten bietet sich ein Einzelverbindungsnachweis i. S. d. § 45e TKG als Entgeltnachweis an3. Bei der Erstellung sind die datenschutzrechtlichen Belange etwaiger Mitbenutzer des Anschlusses gemäß § 99 TKG zu berücksichtigen. Zu den datenschutzrechtlichen Einzelheiten siehe oben Rz. 664.
138
2.4.5.5.3.1.2 Technische Prüfung Zum Nachweis der streitigen Entgeltforderung hat der Anbieter daneben eine technische Prüfung durchzuführen. Anders als bei der Erteilung eines Entgeltnachweises besteht die Pflicht zur Durchführung der technischen Prüfung nicht generell. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass eine technische Prüfung dann nicht erforderlich ist, wenn die Beanstandung nachweislich nicht auf einen technischen Man_______________
1 A. A. Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Aufl., Anh § 41, § 16 TKV, Rz. 2. 2 Vgl. Begr. BR-Drucks. 359/06, S. 46.; Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Aufl., Anh § 41, § 16 TKV, Rz. 2. 3 Vgl. Begr. zu § 45i TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 26. 4 Vgl. auch Teil L. Rz. 214 ff.
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K Rz. 140
Kundenschutz und Universaldienst
gel beruht. Dies ist der Fall, wenn das Unternehmen nachweist oder es offensichtlich ist, dass ein technischer Mangel ausgeschlossen ist, z. B. bei der Zugrundelegung eines falschen Tarifs1. 140
Unklar ist ferner, welchen Inhalt und Umfang die technische Prüfung aufweisen muss. Prüfungsobjekt können Netzelemente und Datenverarbeitungsanlagen, insbesondere das Abrechnungssystem sein2. Die Gerichte gehen in der Regel von einer ordnungsgemäßen technischen Abrechnung aus, wenn eine nachträgliche Zählerüberprüfung durch den Anbieter ergeben hat, dass die Gebührenerfassungseinrichtung keine technischen Fehler aufweist3. Teilweise akzeptieren die Gerichte aber auch die Prüfbescheinigung bzw. das Prüfzertifikat nach § 5 TKV bzw. § 45g TKG als Nachweis für die technische Prüfung4. Es gibt allerdings auch Fälle, in denen eine solche Prüfbescheinigung als Nachweis abgelehnt wird. Das LG München I führt hierzu aus: Ein gemäß § 5 TKV periodisch eingeholtes Sachverständigengutachten, welches eine ordnungsgemäß funktionierende Anlage bescheinige, ersetze nicht die technische Prüfung im Einzelfall auf entsprechende Beanstandung hin. Vielmehr sei eine „Vollprüfung“ mit Zählvergleich im Rahmen der technischen Prüfung erforderlich, auch wenn dies mit einem erheblichen Aufwand an Zeit und Geld verbunden sei5.
141
Da die Kosten einer umfassenden technischen Prüfung in vielen Fällen außer Verhältnis zum strittigen Verbindungsentgelt stehen und angesichts der nach wie vor bestehenden Unklarheiten hat der Gesetzgeber in § 45i Abs. 1 S. 5 TKG nunmehr bestimmt, dass die BNetzA festlegt, welche Verfahren zur Durchführung der technischen Prüfung geeignet sind6. Abzuwarten bleibt allerdings, welche Anforderungen die Behörde an die technische Prüfung im Einzelnen stellen wird. 2.4.5.5.3.1.3 Entbehrlichkeit der Nachweiserbringung
142
Die Aufschlüsselung der Verbindungsdaten und die Durchführung einer technischen Prüfung ist gemäß § 45i Abs. 1 S. 2 Halbsatz 2 TKG entbehrlich, soweit die Beanstandung nicht auf einen technischen Mangel zurückzuführen ist. Hierfür trägt der Anbieter die Beweislast. Letztlich kommen hierfür insbesondere Fehler wie die Anwendung eines falschen Tarifes, menschliches Versagen, Kundenverwechselung o. Ä. in Betracht. Aus Ver_______________
1 Vgl. Begr. zu § 45i TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 26. 2 Vgl. Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Aufl., Anh § 41, § 16 TKV, Rz. 8. 3 Vgl. OLG Koblenz, CR 2005, 196 (197); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 14.12.2001 – 2 U 22/01; OLG Köln, NJW-RR 1998, 1363. 4 Vgl. LG Frankfurt a. M., MMR 2004, 426; LG Duisburg, MMR 2005, 195; AG Waiblingen, Urt. v. 19.5.2005 – Az.: 8 C 2472/04. 5 Vgl. LG München I, MMR 2005, 263; ähnlich auch AG Hannover, MMR 2005, 555. 6 Vgl. Begr. zu § 45i TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 26.
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Rz. 145 K
Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
hältnismäßigkeitsgründen ist der Anbieter in solchen Fällen von der Aufschlüsselung der Verkehrsdaten und insbesondere von der kostenaufwendigen Durchführung einer technischen Prüfung befreit. Er muss allerdings dem Teilnehmer in nachvollziehbarer Weise aufzeigen, dass ein derartiger Fehler vorliegt. 2.4.5.5.3.2 Vorlage des Entgeltnachweises und des technischen Prüfergebnisses Der Teilnehmer kann vom Anbieter gemäß § 45i Abs. 1 S. 3 TKG die Vorlage des Entgeltnachweises und des Ergebnisses der technischen Prüfung verlangen. Der § 45i Abs. 1 S. 3 TKG entspricht damit dem früheren § 16 Abs. 1 TKV, der eine ähnliche Vorlageverpflichtung des Anbieters vorsah. Die Überlassung der Dokumentation soll Transparenz schaffen und einem Misstrauen des Kunden gegenüber dem Anbieter entgegenwirken1.
143
2.4.5.5.3.2.1 Inhaltliche Anforderungen an die Vorlage Ausreichend ist die Vorlage des Entgeltnachweises sowie eines zusammenfassenden Prüfergebnisses. Der Kunde muss aus dem Prüfergebnis ersehen können, welche Datenverarbeitungsanlagen und/oder Netzelemente mit welchem Ergebnis überprüft wurden2. Zu berücksichtigen ist, dass der Anbieter des Telekommunikationsdienstes die Leistung nicht zwangsläufig selbst technisch bereitstellt, sondern diese ggf. auf Vorleistungsebene von einem anderen Netzbetreiber oder Zusammenschaltungspartner bezieht. In diesem Fall muss der Anbieter den Netzbetreiber bzw. den eigentlichen Leistungserbringer zur Durchführung der Überprüfung und Überlassung einer Dokumentation auffordern. Im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen mit dem jeweiligen Leistungserbringer sollte daher die Mitwirkung des Vertragspartners bei der Bearbeitung von Rechnungseinwendungen durch Endnutzer i. S. d. § 45i TKG ausdrücklich festgehalten werden3.
144
2.4.5.5.3.2.2 Frist für das Verlangen des Kunden Die Vorlage des Entgeltnachweises und des Ergebnisses der technischen Prüfung kann gemäß § 45i Abs. 1 S. 3 TKG nur innerhalb der Beanstandungsfrist von acht Wochen vom Anbieter verlangt werden. Diese zeitliche Befristung der Vorlageverlangens ist erst auf Vorschlag des Bundesrates aufgenommen worden. Im ursprünglichen Gesetzesentwurf war das Vorlageverlangen nach § 45i Abs. 1 TKG noch ohne Fristbindung ausgestaltet. Der Bundesrat hatte hieran kritisiert, dass ohne Fristbindung die Vorlage vom _______________
1 Vgl. Begr. zu § 16 TKV, BR-Drucks. 551/97, S. 35. 2 Vgl. Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Aufl., Anh § 41, § 16 TKV, Rz. 9. 3 Vgl. Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Aufl., Anh § 41, § 16 TKV, Rz. 10.
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K Rz. 146
Kundenschutz und Universaldienst
Teilnehmer auch noch nach Ablauf der Beanstandungsfrist geltend gemacht werden könne: „In Verbindung mit § 45i Abs. 1 S. 3 TKG hat dies zur Folge, dass ein Teilnehmer die Fälligkeit seiner Rechnung hinauszögern kann, obwohl sein Telekommunikationsanbieter die technische Prüfung innerhalb von zwei Monaten abgeschlossen hat.“1. Um ein zu langes Hinauszögern der Fälligkeit der Rechnung zu vermeiden, wurde daher das Recht des Teilnehmers, die Vorlage des Entgeltnachweises und des Ergebnisses der technischen Prüfung verlangen zu können, entsprechend befristet2. Hieraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass der Anbieter nach Ablauf der Beanstandungsfrist zur Vorlage des Prüfergebnisses an den Teilnehmer nicht mehr verpflichtet ist. Das Entfallen der Vorlagepflicht wirkt sich dabei unmittelbar auf die Rechtsfolgen der Regelung in § 45i Abs. 1 S. 4 TKG aus, die nachfolgend unter Rz. 146 dargestellt sind. Unberührt bleibt allerdings die Pflicht der Anbieters zur Vorlage eines technischen Prüfergebnisses im Rahmen der Beweislastverteilung nach § 45i Abs. 3 TKG (siehe nachfolgend Rz. 156 ff.). 2.4.5.5.3.2.3 Folgen einer verspäteten Vorlage durch den Anbieter 146
Die Folgen einer verspäteten Vorlage des Entgeltnachweises sowie des Prüfergebnisses durch den Anbieter sind in § 45i Abs. 1 S. 4 TKG geregelt: Erfolgt die verlangte Vorlage nicht binnen acht Wochen nach einer Beanstandung, erlöschen die bis dahin entstandenen Ansprüche des Anbieters aus Verzug; die mit der Abrechnung geltend gemachte Forderung wird erst mit der nach Satz 3 verlangten Vorlage fällig. Die Berechnung der achtwöchigen Frist richtet sich nach den §§ 187, 188 BGB3; entscheidend ist der Zugang der Beanstandung beim Anbieter. Es handelt sich um eine sondergesetzliche Regelung zu Gunsten des Teilnehmers, von der wegen § 47b TKG nicht zum Nachteil des Teilnehmers abgewichen werden kann. Entgegenstehende vertragliche Bestimmungen sind nach § 47b TKG unwirksam4. Bei Fälligkeitsregeln im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen wird daher darauf zu achten sein, dass diese unter dem Vorbehalt einer abweichenden Fälligkeit nach § 45i Abs. 1 S. 3 TKG stehen.
147
Der § 45i Abs. 1 S. 4 TKG enthält zwei Regelungsbestandteile. Nach Halbsatz 1 erlöschen die entstandenen Ansprüche aus Verzug, wenn der Anbieter die nach Satz 3 verlangte Vorlage des Prüfergebnisses nicht binnen acht Wochen nach der Beanstandung vorlegt. Zentrale Voraussetzung ist, dass der Teilnehmer fristgerecht eine Beanstandung gegen die Abrechnung erhoben hat und dass er die Vorlage des Prüfergebnisses entsprechend Abs. 1 S. 3 verlangt. Die Beanstandung muss innerhalb der Mindestfrist von acht _______________
1 2 3 4
Vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 359/06 (Beschluss), S. 9, Punkt 12. Vgl. BT-Drucks.16/3635 zu § 45i Abs. 1 TKG, S. 50. Vgl. Palandt/Heinrichs, §§ 187, 188 BGB. Siehe hierzu § 47b TKG Rz. 12 ff.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 148 K
Wochen bzw. innerhalb einer ggf. vereinbarten längeren Beanstandungsfrist erhoben werden. Ohne fristgemäße Beanstandung besteht für den Anbieter bereits keine Pflicht, das Verbindungsaufkommen aufzuschlüsseln und eine technische Prüfung durchzuführen. Hat der Teilnehmer fristgerecht Einwände gegen die Abrechnung erhoben, muss er des Weiteren die Vorlage des Entgeltnachweises und des technischen Prüfergebnisses gemäß Abs. 1 S. 3 TKG verlangen. Nur wenn das Verlangen innerhalb der Beanstandungsfrist von acht Wochen beim Anbieter zugeht, greift der Abs. 1 S. 4 Halbsatz 1 ein. Der Anbieter ist dann seinerseits verpflichtet, das Prüfergebnis innerhalb einer Frist von acht Wochen ab Beanstandung bereitzustellen, will er das Erlöschen möglicher Verzugsansprüche vermeiden. Anknüpfungspunkt für den Beginn dieser Bereitstellungsfrist des Anbieters ist nach dem Gesetzeswortlaut nicht das Vorlageverlangen des Teilnehmers, sondern dessen Beanstandung. Dies führt dazu, dass der Teilnehmer noch mit Ablauf der Beanstandungsfrist die Vorlage entsprechend Abs. 1 S. 3 verlangen könnte, während der Anbieter in dieser Situation kaum mehr die Möglichkeit hätte, den Entgeltnachweis und das Prüfergebnis fristgerecht bereitzustellen. Vor diesem Hintergrund hätte es eher Sinn gemacht, die Bereitstellungsfrist nach Abs. 1 S. 4 Halbsatz 1 ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Vorlageverlangens beim Anbieter laufen zu lassen. Die derzeitige Gesetzesregelung birgt somit die Gefahr, dass der Anbieter regelmäßig mit einem Erlöschen seiner Verzugsansprüche für acht Wochen rechnen muss, wenn der Teilnehmer nicht gleichzeitig mit bzw. zeitnah nach der Beanstandung ein Vorlageverlangen stellt. Den Anbietern ist daher gerade bei hohen Rechnungssummen, die im Streit stehen, zu empfehlen, unabhängig von einem Verlangen des Teilnehmers den Entgeltnachweis und das Ergebnis der technischen Prüfung zügig vorzulegen, wenn sie den Verlust von Verzugsansprüchen vermeiden wollen. Erfolgt die verlangte Vorlage nicht innerhalb acht Wochen ab Beanstandung, sieht der Halbsatz 2 vor, dass die mit der Abrechnung geltend gemachten Forderungen erst mit der nach Abs. 1 S. 3 verlangten Vorlage fällig werden. Hierbei handelt es sich um eine sondergesetzliche Fälligkeitsregelung, die als aufschiebende Bedingung ausgestaltet ist und im Ergebnis eine verspätete Vorlage des Prüfergebnisses durch den Anbieter sanktionieren soll. Voraussetzung ist, dass der Teilnehmer –
frist- und formgerecht eine Beanstandung erhoben hat,
–
die Vorlage des Entgeltnachweises und des technischen Prüfergebnisses nach Abs. 1 S. 3 fristgerecht verlangt hat, und
–
der Anbieter dem Vorlageverlangen nicht innerhalb einer Frist von acht Wochen ab Beanstandung der Abrechnung nachgekommen ist.
Als sondergesetzliche Fälligkeitsregelung in Verbindung mit § 47b TKG verdrängt der Abs. 1 S. 4 Halbsatz 2 anderslautende Fälligkeitsregelungen, die beispielsweise im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen mit dem Sörup | 1275
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K Rz. 149
Kundenschutz und Universaldienst
Teilnehmer vereinbart werden. Um die Rechtsfolge – Verzögerung der Fälligkeit – möglichst gering zu halten, ist davon auszugehen, dass Anbieter den Entgeltnachweis und die technische Prüfung möglichst kurzfristig nachreichen werden. Gerade bei hohen Rechnungsbeträgen ist den Anbietern allerdings zu empfehlen, pro aktiv vorzugehen und den Teilnehmer unabhängig eines Vorlageverlangen den Entgeltnachweis und das technische Prüfergebnis innerhalb von acht Wochen nach Beanstandung bereitzustellen, um die Rechtsfolgen des Abs. 1 S. 4 TKG zu vermeiden. 2.4.5.5.4 Entfallen der Nachweispflicht/Beweislast (§ 45i Abs. 2 TKG) 149
Die Nachweispflicht des Anbieters entfällt, soweit aus technischen Gründen keine Verkehrsdaten gespeichert oder für den Fall, dass keine Beanstandungen erhoben wurden, gespeicherte Daten nach Verstreichen der in Abs. 1 S. 1 geregelten oder mit dem Anbieter vereinbarten Frist oder gespeicherte Daten auf Grund rechtlicher Verpflichtung gelöscht worden sind. Gleiches gilt, wenn der Teilnehmer verlangt hat, dass die Verkehrsdaten gelöscht oder nicht gespeichert werden, allerdings nur sofern er zuvor im Rahmen eines deutlich erkennbaren Hinweises auf das Entfallen der Nachweispflicht des Anbieters hingewiesen wurde. Im Fall der Löschung von Verkehrsdaten trifft den Anbieter weder eine Nachweispflicht für die erbrachten Verbindungsleistungen noch eine Auskunftspflicht nach Abs. 1 für die Einzelverbindungen. 2.4.5.5.4.1 Verkehrsdaten aus technischen Gründen nicht vorhanden
150
Sind aus technischen Gründen keine Verkehrsdaten vorhanden, entfällt aus Verhältnismäßigkeitsgründen die Nachweispflicht des Anbieters. Welche technischen Gründe zu einem Nichtvorhandensein führen, lässt sich der Regelung nicht entnehmen. Die bewusst offene Formulierung deutet aber daraufhin, dass der Anwendungsbereich nicht von vorneherein eingeschränkt werden sollte. Aufgrund des Ausnahmecharakters der Regelung hat im Streitfall der Anbieter das Vorliegen solcher technischer Gründe darzulegen und zu beweisen. 2.4.5.5.4.2 Verkehrsdaten gelöscht
151
Die Nachweispflicht entfällt ferner, wenn die gespeicherten Verkehrsdaten für den Fall, dass keine Beanstandungen erhoben wurden, nach Verstreichen der in Abs. 1 S. 1 geregelten Frist oder mit dem Anbieter vereinbarten Frist oder aufgrund rechtlicher Verpflichtungen gelöscht worden sind. Zentrale Voraussetzung für das Entfallen der Nachweispflicht ist damit, dass keine Beanstandungen gegen die Abrechnung erhoben wurden. Hierdurch wird im Umkehrschluss klargestellt, dass eine Löschung der erforderlichen Daten nicht zu einem Wegfall der Nachweispflicht gemäß § 45i Abs. 2 TKG führt, 1276 | Sörup
Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 151 K
soweit der Teilnehmer Beanstandungen gegen die Abrechnung erhoben hat1. Es ergeben sich folgende Konsequenzen: –
Nur wenn (überhaupt) keine Beanstandung vorliegt, kann der Anbieter guten Gewissens die Daten nach Verstreichen der Mindestfrist von acht Wochen oder nach Verstreichen einer vereinbarten Frist löschen. Die Koppelung mit der in Abs. 1 S. 1 vorgesehenen Regelung zur Beanstandungsfrist gewährleistet dabei, dass der Anbieter die erforderlichen Daten zumindest bis zum Verstreichen der Mindestbeanstandungsfrist bzw. einer vereinbarten längeren Beanstandungsfrist aufbewahrt, um seiner Nachweispflicht nachzukommen. Eine Löschung vor Ablauf dieser Fristen führt dazu, dass die Rechtfolge des § 45i Abs. 2 TKG, das Entfallen der Nachweispflicht, nicht eintritt.
–
Ist die Erhebung einer form- und fristgerechten Beanstandung zwischen den Parteien streitig, kommt eine Löschung nicht in Betracht. Denn in diesem Fall ist die Voraussetzung für § 45i Abs. 2 TKG, das Fehlen einer Beanstandung, nicht gegeben. Nach dem Wortlaut des § 45i Abs. 2 TKG ist nicht entscheidend, ob die Beanstandung wirksam, d. h. form- und fristgerecht erhoben wurde. Voraussetzung ist vielmehr, dass gar keine Beanstandung erhoben wurde. Diese enge Auslegung ist nur konsequent. Denn weist der Teilnehmer im Streitfalle die form- und fristgerechte Erhebung nach2, hat aber der Anbieter die erforderlichen Daten zwischenzeitlich gelöscht, weil nach seiner Auffassung die Beanstandung z. B. nicht form- oder fristgerecht erfolgte, liegt eine Beweisvereitelung durch den Anbieter vor. In dieser Situation solle es gerade nicht zu einem Entfallen der Nachweispflicht nach § 45i Abs. 2 TKG kommen3.
Vor diesem Hintergrund ist Anbietern zu empfehlen, bei jeder Beanstandung die für den Nachweis nach Abs. 1 erforderlichen Daten zu speichern und diese bis zur Klärung der Beanstandung bzw. bis zur Klärung von deren Wirksamkeit aufzubewahren. Der im Weiteren vorgesehene Löschungstatbestand aufgrund rechtlicher Verpflichtungen ist demgegenüber unabhängig von dem Fehlen einer Beanstandung zu betrachten. Denn soweit eine zwingende gesetzliche Löschungspflicht vorliegt, kann diese nicht von dem Vorliegen einer Beanstandung abhängen. Soweit sich die Regelung auf § 97 Abs. 3 S. 3 TKG bezieht, ist anzumerken, dass der Anbieter die Daten länger als die Höchstspeicherfrist von sechs Monaten aufbewahren darf, soweit der Teilnehmer vor Ablauf der Höchstspeicherfrist Einwendungen erhoben hat. Hierdurch wird ein Gleichlauf des § 45i Abs. 2 TKG mit § 97 Abs. 3 TKG hinsichtlich der Aufbewahrung der Daten über die Höchstspeicherfrist hinaus erreicht. _______________
1 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 359/06 (Beschluss), S. 9, Punkt 12. 2 Hierfür ist grundsätzlich der Teilnehmer darlegungs- und beweisbelastet (siehe oben Rz. 126). 3 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 359/06 (Beschluss), S. 9, Punkt 12.
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K Rz. 152
Kundenschutz und Universaldienst
Im Rahmen des § 97 Abs. 3 S. 3 TKG können mit dem Teilnehmer jedoch auch kürzere Speicherfristen als die Höchstspeicherfrist von sechs Monaten vereinbart werden1. Die Vorschrift des § 45i Abs. 2 TKG wirkt sich auf derartige Vereinbarung dahingehend aus, dass bei einer vereinbarten kürzeren Speicherfrist die Mindestbeanstandungsfrist von acht Wochen nicht unterschritten werden darf. Anderenfalls liefe der Anbieter Gefahr, dass wegen Löschung der Daten vor Ablauf der Mindestbeanstandungsfrist seine Nachweispflicht gemäß § 45i Abs. 2 TKG nicht entfallen würde. Gleiches gilt für die Vereinbarung von längeren Beanstandungsfristen nach § 45i Abs. 1 TKG. Auch hier muss bei der Gestaltung auf einen Gleichlauf zwischen Beanstandungsfrist und (kürzerer) Speicherfrist geachtet werden, ausgenommen die Speicherfrist ist in jedem Fall länger als die Beanstandungsfrist. Unter Berücksichtigung der Anbieterinteressen ist ein Gleichlauf von Mindestbeanstandungsfrist und Speicherfrist von jeweils acht Wochen zu erwarten. Hierdurch können die Kosten für die Speicherung der Abrechnungsdaten gering gehalten werden2. 2.4.5.5.4.3 Verkehrsdaten auf Wunsch des Teilnehmers gelöscht 152
Nach § 45i Abs. 2 S. 2 TKG entfällt die Nachweispflicht schließlich, wenn der Teilnehmer verlangt, dass Verkehrsdaten gelöscht oder nicht gespeichert werden. Mit dieser Regelung wird § 97 Abs. 4 TKG aufgegriffen. Danach kann der Teilnehmer auswählen, ob die von seinem Anschluss aus gewählten Zielnummern (i) vollständig oder unter Kürzung um die letzten drei Ziffern gespeichert werden oder (ii) mit der Versendung der Rechnung vollständig gelöscht werden sollen3. Im Fall einer vollständigen Löschung auf Kundenwunsch kann der Anbieter den Nachweis nicht mehr führen. Der Anbieter wird daher im Fall der vollständigen Löschung der Verbindungsdaten nach § 45i Abs. 2 S. 2 TKG von der Pflicht zur Vorlage der Verbindungsdaten zum Beweis der Richtigkeit der Entgeltabrechnung freigestellt4.
153
Voraussetzung für die Befreiung ist, dass der Kunde vor Ausübung seines Wahlrechts in einem deutlich erkennbaren Hinweis auf die Folge einer Löschung der Verkehrsdaten, dem Entfallen der Nachweispflicht des Anbieters, hingewiesen wurde. Der Hinweis muss nach dem Wortlaut der Norm nicht zwangsläufig in der Rechung selbst erfolgen. Ausreichend dürfte sein, wenn der Kunde auf die Folgen der Löschung der Verkehrsdaten _______________
1 Vgl. Teil L. Rz. 225 ff. 2 Allerdings dürfte die Verkürzung der Speicherfrist spätestens dann obsolet werden, wenn die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (2006/24/EG) in deutsches Recht umgesetzt wird. Entsprechend Art. 6 beträgt die Speicherfrist dann mindestens sechs Monate und höchstens zwei Jahre ab dem Zeitpunkt der Kommunikation. Die Umsetzung der Richtlinie hat bis spätestens 15.9.2007 zu erfolgen. 3 Vgl. Teil L. Rz. 235 ff. 4 Vgl. Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Aufl., Anh § 41, § 16 TKV, Rz. 11.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 155 K
generell hingewiesen wird. Gegenüber dem § 16 Abs. 2 TKV, der vorsah, dass der Hinweis in der Rechung selbst zu erfolgen hat, sind die Anforderungen des § 45i Abs. 2 S. 2 TKG somit geringer. Nach dem Wortlaut dürfte ausreichend sein, wenn der Hinweis bei Vertragsschluss, z. B. im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen oder im Rahmen einer Datenschutzerklärung erfolgt. Für den Hinweis ist, wie im sonstigen Verbraucherschutzrecht auch, eine Belehrung erforderlich, die in drucktechnisch deutlicher Form gestaltet ist. Nach der Rechtsprechung des BGH muss die Belehrung in nicht zu übersehender Weise herausgehoben sein und zwar durch eine andere Farbe, größere Lettern oder Fettdruck1. Aus Gründen der Transparenz empfiehlt es sich insgesamt, den Rechnungshinweis entsprechend dem früheren § 16 Abs. 2 TKV beizubehalten.
2.4.5.5.4.4 Rechtsfolge: Beweislastumkehr Liegen keine Verkehrsdaten vor oder sind die Verkehrsdaten in zulässiger Weise aufgrund rechtlicher Bestimmungen, aufgrund Vereinbarung oder auf Wunsch des Kunden gelöscht oder um die letzten drei Ziffern gekürzt worden, tritt eine Umkehr der Beweislast ein, sofern der Kunde erstmals nach Löschung bzw. Kürzung der Aufzeichnungen die Richtigkeit der Rechnung bestreitet2. Der Anbieter ist dann weder verpflichtet, einen Entgeltnachweis sowie eine technische Prüfung vorzunehmen, noch die erbrachten Verbindungsleistungen nachzuweisen. In dieser Situation liegt die Beweislast für die Fehlerhaftigkeit der Abrechnung entsprechend § 45i Abs. 4 TKG beim Teilnehmer. Gleiches gilt, wenn sich der Kunde zu einer Speicherung unter Kürzung um die letzten drei Ziffern entschieden hat (§ 99 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alternative 2 TKG). Insbesondere kann der Kunde nicht mit dem Einwand gehört werden, dass wegen der Kürzung der Verbindungsnachweise der betreffende Anbieter der inhaltlichen Leistung nicht mehr ermittelt werden kann, wenn die Kürzung der Verkehrsdaten gemäß § 99 Abs. 4 TKG auf seinen Wunsch hin erfolgte3.
154
Hat sich der Kunde gegen eine Löschung seiner Verkehrsdaten mit Rechnungsversand entschlossen (§ 97 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 TKG) und beanstandet er die Rechnung entsprechend § 45i Abs. 1 TKG form- und fristgerecht, ist der Anbieter nach § 97 Abs. 4 S. 4 TKG berechtigt, die Verkehrsdaten zu speichern, bis die Einwendungen abschließend geklärt sind. Löscht der Anbieter in dieser Situation die Verkehrsdaten, tritt die Beweislastumkehr zu seinen Gunsten nicht ein.
155
_______________
1 Vgl. BGH v. 24.6.2004, NJW 2004, 3183; CR 2005, 31. 2 Vgl. OLG Celle, NJW-RR 1997, 568 ff. 3 Zur früheren Rechtslage unter § 7 Abs. 3 TDSV, vgl. LG Duisburg, MMR 2005, 195.
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K Rz. 156
Kundenschutz und Universaldienst
2.4.5.5.5 Beweislast für fehlerfreie Erbringung der Leistung (§ 45i Abs. 3 TKG) 156
Dem Anbieter obliegt nach § 45i Abs. 3 TKG der Nachweis, dass er den Telekommunikationsdienst oder den Zugang zum Telekommunikationsnetz bis zu dem Übergabepunkt, an welchem dem Teilnehmer der Netzzugang bereitgestellt wird, technisch fehlerfrei erbracht hat. Ergibt die technische Prüfung Mängel, die sich auf die Berechnung des beanstandeten Entgelts zu Lasten des Teilnehmers ausgewirkt haben können, oder wird die technische Prüfung später als zwei Monate nach der Beanstandung durch den Teilnehmer abgeschlossen, wird widerleglich vermutet, dass das in Rechnung gestellte Verbindungsaufkommen des jeweiligen Anbieters von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit unrichtig ermittelt ist. 2.4.5.5.5.1 Inhaltliche Anforderungen an den Nachweis
157
Entsprechend den tatsächlich bestehenden Risiko- und Einflusssphären weist der Abs. 3 Satz 1 dem Anbieter die Beweislast für die ordnungsgemäße Erbringung der technischen Einrichtungen und Verfahren zu, die in seinem Einfluss- und Verantwortungsbereich liegen1. Die Abgrenzung der Risikound Einflusssphäre erfolgt am Netzzugang des Teilnehmers.
158
Unklar ist nach dem Wortlaut der Regelung, in welcher Form der Anbieter den Nachweis für die ordnungsgemäße technische Erbringung und Bereitstellung zu führen hat. Aufschluss bietet hier der Satz 2, der auf die technische Prüfung nach Abs. 1 abstellt. Der Gesetzgeber scheint davon auszugehen, dass für den Nachweis nach Abs. 3 die technische Prüfung i. S. d. Abs. 1 herangezogen werden kann. Vor diesem Hintergrund ist der Begriff der technischen Prüfung weit zu verstehen und nicht auf die bloße Prüfung der Abrechnungssysteme beschränkt. Allerdings wird auch aus Abs. 1 nicht deutlich, welchen Inhalt und welchen Umfang die technische Prüfung haben muss. Letztlich bleibt abzuwarten, welche Anforderungen die BNetzA gemäß Abs. 1 Satz 4 an die technische Prüfung stellen wird2. 2.4.5.5.5.2 Vermutung für unrichtige Entgeltermittlung (§ 45i Abs. 3 S. 2 TKG)
159
Ergibt die technische Prüfung Mängel, die sich auf die Berechnung des beanstandeten Entgelts zu Lasten des Teilnehmers ausgewirkt haben können, wird widerleglich vermutet, dass das in Rechnung gestellte Verbindungsaufkommen unrichtig ermittelt wurde. Diese erste Alternative des § 45i _______________
1 Vgl. Begr. zu § 16 TKV, BR-Drucks. 551/97, S. 36; Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Aufl., Anh § 41, § 16 TKV Rz. 15. 2 Siehe oben Rz. 139 ff.
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Rz. 161 K
Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Abs. 3 S. 2 TKG entspricht dem früheren § 16 Abs. 3 S. 2 TKV. Der Anbieter muss im Fall von festgestellten Mängeln die Vermutungswirkung des Satz 2 widerlegen und ist daher darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass die konkret festgestellten Mängel keinen oder nur einen begrenzten Einfluss auf die Ermittlung der in Rechnung gestellten Entgelte hatten1. Die Vermutungsregelung des Satz 2 findet darüber hinaus Anwendung, wenn die technische Prüfung später als zwei Monate nach der Beanstandung durch den Teilnehmer abgeschlossen worden ist. Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber augenscheinlich die schleppende Durchführung der technischen Prüfung2 seitens der Anbieter sanktionieren. Führt der Anbieter nicht innerhalb von zwei Monaten ab Beanstandung die technische Prüfung durch, wird vermutet, dass die berechneten Entgelte unrichtig ermittelt wurden. Für die Voraussetzungen der gesetzlichen Vermutungen ist der Teilnehmer darlegungs- und beweisbehaftet, da die Vermutungswirkung für ihn günstig ist. Er muss nachweisen, dass die Frist von zwei Monaten vom Anbieter nicht eingehalten wurde. Erst wenn dieser Nachweis vom Teilnehmer erbracht wurde, ist seinerseits der Anbieter darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass kein technischer Mangel vorliegt bzw. mögliche festgestellte Mängel keinen oder nur einen begrenzten Einfluss auf die Ermittlung der in Rechnung gestellten Entgelte hatten.
160
2.4.5.5.6 Nicht zurechenbare Inanspruchnahme der Leistung durch den Teilnehmer Der Abs. 4 regelt die Rechtsfolgen bei bestimmten Beweisergebnissen. Weist der Teilnehmer nach, dass ihm die Inanspruchnahme von Leistungen des Anbieters nicht zugerechnet werden kann, hat der Anbieter keinen Anspruch auf Entgelt gegen den Teilnehmer. Der Anspruch entfällt auch, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Dritte durch unbefugte Veränderungen an öffentlichen Telekommunikationsnetzen das in Rechnung gestellte Verbindungsentgelt beeinflusst haben. Dem Anbieter obliegt sodann der volle Beweis dafür, dass die einzelnen Verbindungen von dem Teilnehmer genutzt wurden und/oder dass eine im Raum stehende Manipulation keinen oder nur einen begrenzten Einfluss auf die Ermittlung der in Rechnung gestellten Entgelte hatte3. Gelingt dem Anbieter dieser Nachweis nicht und bleibt die Höhe der möglicherweise bestehenden Forderung unklar, greift der § 45j TKG (Entgeltpflicht bei unrichtiger Ermittlung des Verbindungsaufkommens) ein4.
_______________
1 2 3 4
Vgl. Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Aufl., Anh § 41, § 16 TKV, Rz. 16. Vgl. Begr. zu § 45i TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 26. Vgl. LG Hof, MMR 2003, 413; LG Frankfurt am Main, MMR 2004, 426. Zu § 45j TKG siehe nachfolgend Rz. 168 ff.
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161
K Rz. 162
Kundenschutz und Universaldienst
2.4.5.5.6.1 Fehlende Zurechenbarkeit der Nutzung (§ 45i Abs. 4 S. 1 TKG) 162
Der § 45i Abs. 4 S. 1 TKG verlagert das Risiko einer dem Kunden nicht zurechenbaren Nutzung auf den Anbieter. Der Teilnehmer muss die in Rechnung gestellten Forderungen trotz technisch einwandfrei funktionierenden Netzleistungen und richtiger Berechnung durch den Anbieter nicht bezahlen, wenn er nachweist, dass ihm die Nutzung nicht zugerechnet werden kann. Ist der Nachweis erbracht, ist der Anbieter nicht berechtigt, die betreffenden Verbindungsentgelte vom Kunden zu verlangen. Das hierzu korrespondierende Leistungsverweigerungsrecht des Kunden beschränkt sich auf den Umfang der nachgewiesenen, nicht zurechenbaren Nutzung1.
163
Der § 45i Abs. 4 S. 1 TKG stellt nach seinem Wortlaut darauf ab, dass die in Anspruch genommenen Leistungen dem Teilnehmer nicht zugerechnet werden können. Demgegenüber formuliert der § 16 Abs. 3 S. 3 TKV, dass der Netzzugang in einem vom Kunden nicht zu vertretendem Umfang genutzt wurde. Trotz dieses leicht unterschiedlichen Wortlauts der Normen ist nicht ersichtlich, dass die rechtlichen Anforderungen bei § 45i Abs. 4 S. 1 TKG von den Anforderungen des § 16 Abs. 3 S. 3 TKV abweichen sollen. Vielmehr dürfte es sich um ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers handeln. Der Begriff der Zurechenbarkeit ist mit dem Vertretenmüssens gemäß § 276 BGB gleichzusetzen. Soweit der Teilnehmer die Inanspruchnahme der Leistung nicht zu vertreten hat, fehlt es auch an der Zurechenbarkeit nach § 45i Abs. 4 S. 1 TKG.
164
Dem Anbieter wird, wie bei § 16 Abs. 3 S. 3 TKV, ein Risiko auferlegt, welches er weder einschätzen noch maßgeblich beeinflussen kann. An den Nachweis sowie den Umfang des Vertretenmüssens sind daher grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen2. Der Teilnehmer hat gemäß § 276 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten3. Bereits leichte Fahrlässigkeit ist im Rahmen des § 276 BGB ausreichend4. Eine Verlagerung des Risikos auf den Anbieter scheidet daher aus, wenn der Teilnehmer die Inanspruchnahme wegen der Nichteinhaltung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt zu vertreten hat. Er muss alle ihm zumutbaren geeigneten Vorkehrungen treffen, um eine von ihm nicht gebilligte Inanspruchnahme der Leistungen zu unterbinden5. Zumutbar sind nach Auffassung des BGH solche Maßnahmen, die einem gewissenhaften, durchschnittlichen Telefonkunden bekannt sind und zu deren Durchführung er mit vertretbarem Aufwand in der Lage ist6. Die Frage des Vertretenmüssens wird anhand dieser Kriterien des BGH _______________
1 2 3 4 5 6
Vgl. Begr. zu Vorgängernorm § 16 Abs. 3 S. 3 TKV, BR-Drucks. 551/97, S. 36. Vgl. Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Aufl., Anh § 41, § 16 TKV, Rz. 17 f. Zur Vorgängernorm § 16 Abs. 3 S. 3 TKV, BGH, BGHZ 158, 205 (209). Vgl. Palandt/Heinrichs, § 276 BGB, Rz. 12 ff. Vgl. BGH, Urt. v. 16.3.2006, III ZR 152/05, S. 12. Vgl. BGH, Urt. v. 16.3.2006, III ZR 152/05, S. 12 unter Verweis auf Grabe, MMR 2005, 483 (484).
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 167 K
unter Berücksichtigung eines verobjektivierten Maßstabs am jeweiligen Einzelfall zu bewerten sein1. Der Teilnehmer muss sich im Rahmen bestehender Schuldverhältnisse (§ 241 BGB) darüber hinaus das Verhalten Dritter, denen er eine Inanspruchnahme der Leistung gestattet, entsprechend § 278 BGB zurechnen lassen2. Haben berechtigte Mitnutzer die Inanspruchnahme der Leistung nach § 276 BGB zu vertreten, kann sich der Teilnehmer nicht auf § 45i Abs. 4 S. 1 TKG berufen.
165
2.4.5.5.6.2 Manipulation durch Dritte (§ 45i Abs. 4 S. 2 TKG) Der Entgeltanspruch entfällt auch, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Dritte durch unbefugte Veränderungen an öffentlichen Telefonnetzen das in Rechnung gestellte Verbindungsentgelt beeinflusst haben. Tatsachen, die die Annahme einer Veränderung durch Dritte begründen, sind ausreichend. Ein Vollbeweis ist nicht erforderlich. Der Teilnehmer muss nicht das Vorliegen eines manipulativen Eingriffes nachweisen, sondern lediglich Tatsachen vortragen, die in Bezug auf die in Rechnung gestellten Verbindungen den Verdacht einer Manipulation rechtfertigen3. Es reicht aus, wenn eine Manipulation im konkreten Fall wahrscheinlich ist4. Die behauptete Manipulation muss die in Rechnung gestellten Verbindungsentgelte beeinflusst haben können. Scheidet eine solche Beeinflussung, z. B. aus technischen Gründen, aus, greift der § 45i Abs. 4 S. 2 TKG nicht ein. Die fehlende Beeinflussung ist vom Anbieter darzulegen und zu beweisen. Nach der Rechtsprechung ist ein manipulativer Eingriff durch Dritte insbesondere dann anzunehmen, wenn der Anschlusspunkt unverplombt ist5.
166
Ferner ist zu berücksichtigen, dass sich die unbefugte Veränderung nur auf öffentliche Telekommunikationsnetze bezieht. Ausgenommen vom Anwendungsbereich sind daher Manipulationen an der (Haus-)Telefonanlage des Kunden selbst, da diese nicht dem Begriff des Telekommunikationsnetzes i. S. d. § 3 Nr. 27 TKG unterfallen6. Bei derartigen Manipulationsfällen kann allerdings der § 45i Abs. 4 S. 1 TKG zum tragen kommen. Entscheidend ist danach, ob die Inanspruchnahme der Leistungen dem Teilnehmer zugerechnet werden kann oder nicht (siehe oben).
167
_______________
1 Zu möglichen Schutzmaßnahmen gegen eine unberechtigte Inanspruchnahme siehe Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Aufl., Anh § 41, § 16 TKV, Rz. 18, wobei fraglich ist, ob diese den Zumutbarkeitsanforderungen des BGH gerecht werden. 2 BGH III ZR 96/03, S. 15 des Umdrucks; BGH III ZR 152/05, S. 11 des Umdrucks. 3 So auch Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Aufl., Anh § 41, § 16 TKV, Rz. 19. 4 Vgl. LG Hof, MMR 2003, 413. 5 Vgl. LG Saarbrücken, NJW-RR 1998, 1367. 6 Vgl. Urteilsanmerkung Berger zum Urt. des LG Hof, MMR 2003, 413.
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K Rz. 168
Kundenschutz und Universaldienst
2.4.5.6 Entgelthöhe bei unrichtigem Verbindungsaufkommen (§ 45j TKG) 168
Der § 45j TKG enthält wie bereits der § 17 TKV Regelungen zur Festlegung der Entgelthöhe, falls sich das tatsächliche Verbindungsaufkommen nicht feststellen lässt. Der Anbieter hat danach Anspruch auf den Betrag, den der Teilnehmer in den vorangegangenen sechs Abrechnungszeiträumen durchschnittlich als Entgelt für einen entsprechenden Zeitraum zu entrichten hatte, vorausgesetzt, keine der in § 45j TKG aufgeführten Ausnahmen greift ein. Im Grunde handelt es sich um eine Durchschnittsberechnung, die es in Fällen unklarer Beweislage ermöglichen soll, dem Interesse der Kunden wie auch der Anbieter von Telekommunikationsdiensten gerecht zu werden1. Als spezialgesetzliche Regelung gibt die Bestimmung den Rahmen vor, innerhalb dessen die in Anlehnung an § 287 ZPO vorzunehmende Forderungsermittlung durchzuführen ist. 2.4.5.6.1 Anwendungsbereich
169
Der Anwendungsbereich der Regelung ist nach ihrem Wortlaut zunächst auf den Fall des § 45i Abs. 3 S. 2 TKG beschränkt. Der § 45i Abs. 3 S. 2 TKG regelt die widerlegbare Vermutung einer unrichtige Ermittlung des Verbindungsaufkommens in den Fällen, dass eine technische Prüfung Mängel in der Abrechnung ergeben hat oder die technische Prüfung später als zwei Monate nach der Beanstandung durch den Teilnehmer abgeschlossen worden ist2. Konsequenz der Vermutungswirkung ist, dass der Anbieter die entsprechenden Beträge nicht vom Teilnehmer verlangen kann. Als Korrektiv für diese weitreichende Rechtsfolge soll der Anbieter zumindest ein aufgrund des § 45j TKG ermitteltes (Durchschnitts-)Entgelt verlangen können, soweit das tatsächliche Verbindungsaufkommen nicht festgestellt werden kann.
170
Der § 45j Abs. 1 S. 3 TKG erweitert den Anwendungsbereich der Durchschnittsberechnung schließlich auf Fälle, bei denen nach den Umständen erhebliche Zweifel bleiben, ob dem Teilnehmer3 die Inanspruchnahme von Leistungen des Anbieters zugerechnet werden kann. Der Satz 3 stellt in erster Linie auf § 45i Abs. 4 TKG ab. Voraussetzung ist, dass erhebliche Zweifel an einer dem Kunden zurechenbaren Inanspruchnahme der Leistungen besteht. Dies entspricht dem früheren § 17 S. 2 TKV. Nach der Begründung zu § 17 TKV soll eine Durchschnittsberechnung auf Basis vorhergehender Telefonrechnungen nicht nur dann durchgeführt werden, wenn es den Umständen nach als ausgeschlossen erscheint, dass der berechnete Betrag richtig ist, sondern auch schon dann, wenn nach den Umständen objektiv erhebliche Zweifel hieran bestehen. Beurteilungsmaßstab im gerichtlichen _______________
1 Vgl. Begr. zu § 17 TKV, BR-Drucks. 551/97, S. 37. 2 Siehe oben Rz. 159 f. 3 Zum Teilnehmerbegriff siehe oben Rz. 10.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 172 K
Streitfall ist weder die Einschätzung des Anbieters noch die Beurteilung des Kunden, sondern die objektive Sicht eines verständigen Dritten1. Nicht erforderlich ist, dass die fehlende Zurechenbarkeit wie bei § 45i Abs. 4 TKG bereits feststeht bzw. vom Teilnehmer nachgewiesen wurde. Erhebliche Zweifel sind gegeben, wenn das Gericht subjektiv zwar (noch) nicht überzeugt ist, jedoch die Umstände ganz überwiegend dafür sprechen, dass der Endnutzer die Inanspruchnahme der Leistung nicht zu vertreten hat2. 2.4.5.6.2 Berechnung des durchschnittlichen Verbindungsaufkommens Der Anbieter hat gegen den Teilnehmer gemäß § 45j Abs. 1 TKG Anspruch auf den Betrag, den dieser in den vorangegangenen sechs Abrechnungszeiträumen durchschnittlich als Entgelt für einen entsprechenden Zeitraum zu entrichten hatte. Um das durchschnittliche Entgeltaufkommen zu ermitteln wird das Verbindungsaufkommen der vorangegangenen sechs Abrechnungszeiträume addiert und sodann durch die Anzahl der zu Grunde gelegten (sechs) Abrechnungszeiträume dividiert. Zu beachten ist, dass bei der Durchschnittsbetrachtung nur die nutzungsabhängigen Entgelte zu Grunde gelegt werden dürfen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Norm, der auf das Verbindungsaufkommen abstellt. Nutzungsunabhängige Entgelte wie Grundgebühren sind vollständig zu zahlen. Der Begriff Abrechnungszeitraum umfasst den Zeitraum, in dem die in Anspruch genommenen Leistungen regelmäßig im Rahmen einer einheitlichen Abrechnung zusammengefasst werden (in der Praxis meist monatsweise).
171
2.4.5.6.2.1 Entfallen der Durchschnittsberechnung (§ 45j Abs. 1 S. 2 TKG) Die Durchschnittsberechnung ist nicht anzuwenden, wenn der Teilnehmer gemäß Abs. 1 S. 2 nachweist, dass er seinen Netzzugang in dem Abrechnungszeitraum nicht oder in geringerem Umfang als nach der Durchschnittsberechnung genutzt hat. Der § 45j Abs. 1 S. 2 greift damit die Regelung des früheren § 17 S. 7 TKV auf, stellt aber ergänzend klar, dass auch der Nachweis einer geringeren Nutzung durch den Kunden in Betracht kommt3. Gelingt dem Kunden der Nachweis, ist seine Zahlungspflicht für nutzungsabhängige Entgelte auf die nachgewiesene tatsächliche Nutzung beschränkt. Nutzungsunabhängige Entgelte (z. B. Grundgebühren) können trotzdem gefordert werden.
_______________
1 Vgl. Begr. zu § 17 TKV, BR-Drucks. 551/97, S. 37. 2 Vgl. Beck TKG-Komm/Ehmer, 2. Aufl., Anh § 41, § 17 TKV, Rz. 13. 3 In § 17 S. 7 TKV war dem Kunden nur der Nachweis vorbehalten, dass der Netzzugang in dem entsprechenden Abrechnungszeitraum gar nicht genutzt wurde.
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172
K Rz. 173
Kundenschutz und Universaldienst
2.4.5.6.2.2 Berechnung bei kürzeren Abrechnungszeiträumen (§ 45j Abs. 2 S. 1 TKG) 173
Soweit in der Geschäftsbeziehung zwischen Anbieter und Teilnehmer weniger als sechs Abrechnungszeiträume unbeanstandet geblieben sind, wird die Durchschnittsberechnung gemäß § 45j Abs. 2 S. 1 TKG anhand der verbleibenden Abrechnungszeiträume durchgeführt. Dies betrifft den Fall, dass innerhalb der für die Durchschnittsberechnung heranzuziehenden Abrechnungszeiträume bereits andere Abrechnungen vom Teilnehmer beanstandet wurden. Gleichzeitig ergibt sich hieraus, dass beanstandete Abrechnungen bei der Durchschnittsberechnung im Rahmen des § 45j TKG nicht berücksichtigt werden dürfen. Dass bei einer Geschäftsbeziehung, die kürzer als sechs Abrechnungszeiträume besteht, nur die bereits vorhandenen, unbeanstandet gebliebenen Abrechnungszeiträume zu Grunde gelegt werden können, versteht sich von selbst. Der Gesetzgeber hat daher auf eine ausdrückliche Klarstellung, wie sie noch in § 17 S. 3 TKV zu finden war, verzichtet. 2.4.5.6.2.3 Geringerer Nutzungsumfang (§ 45j Abs. 2 S. 2 TKG)
174
Bestand in den entsprechenden Abrechnungszeiträumen eines Vorjahres bei vergleichbaren Umständen durchschnittlich eine niedrigere Entgeltforderung, tritt diese gemäß § 45j Abs. 2 S. 2 TKG an die Stelle des nach Abs. 1 S. 1 berechneten Durchschnittsbetrages. Hierdurch soll wie bei § 17 TKV gewährleistet werden, dass bei der Entgeltermittlung die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse des Teilnehmers hinreichend Berücksichtigung finden1. Unklar bleibt allerdings, ob der Anbieter niedrigere Entgeltforderungen der Vorjahre von sich aus berücksichtigen oder ob dies vom Teilnehmer als Einwendung geltend gemacht werden muss. Letzteres ist anzunehmen, da ansonsten die Anbieter verpflichtet wären, bei jeder Entgeltermittlung nach § 45j TKG einen erheblichen Ermittlungsaufwand bezüglich der Entgeltforderungen aus den Vorjahren zu betreiben.
175
Zentrale Voraussetzung des § 45j Abs. 2 S. 2 TKG ist, dass vergleichbare Umstände in den entsprechenden Abrechnungszeiträumen des Vorjahres bestanden haben. Vergleichbare Umstände sind nach der Gesetzesbegründung insbesondere dann nicht gegeben, wenn der Teilnehmer in den entsprechenden Abrechnungszeiträumen der Vorjahre längere Abwesenheiten durch Urlaub oder Auslandsaufenthalte aufweist2. Denn in diesem Fall zeigen die Abrechnungszeiträume der Vorjahre zwangsläufig niedrigere Entgeltforderungen auf, die jedoch keinen Rückschluss auf das tatsächliche Nutzungsverhalten des Teilnehmers zulassen. Unklar bleibt allerdings, wie der Anbieter von solchen Umständen Kenntnis erlangen soll, die in der Sphäre des Teilnehmers liegen. Letztlich kann der Anbieter nur aus dem _______________
1 Zur Vorgängernorm § 17 Satz 5 TKV vgl. BR-Drucks. 551/97, S. 37. 2 Vgl. Begr. zu § 45j TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 26.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 178 K
Entgeltaufkommen auf solche Umstände rückschließen und pauschal behaupten, dass keine vergleichbaren Umstände vorlagen. Dies muss angesichts der fehlenden Aufklärungsmöglichkeit des Anbieters ausreichen. Der Teilnehmer muss dann das Vorliegen vergleichbarer Umstände nachweisen. Macht der Anbieter demgegenüber Umstände geltend, die in seine Sphäre fallen oder ihm bekannt sind, muss er eine fehlende Vergleichbarkeit der Umstände nachweisen Liegen vergleichbare Umständen vor, tritt das durchschnittlich niedrigere Entgeltaufkommen eines Vorjahres an die Stelle des nach Abs. 1 berechneten Durchschnittsbetrages. Der § 45j Abs. 2 S. 2 TKG soll nach seinem Sinn und Zweck bereits dann eingreifen, wenn in den entsprechenden Abrechnungszeiträumen nur eines Vorjahres niedrigere Entgeltforderungen bestanden1. Hieraus folgt, dass der Vergleichszeitraum nicht auf das jeweils vorangegangene Vorjahr beschränkt ist, sondern auch weiter zurückliegende Vorjahre Berücksichtigung finden können. Für die Anwendbarkeit des Abs. 2 S. 2 ist damit ausreichend, dass in „irgendeinem“ Vorjahr durchschnittlich eine niedrigere Entgeltforderung bestand. Allerdings müssen vergleichbare Umstände vorgelegen haben (siehe oben Rz. 175). Bei weit zurückliegenden Vorjahren wird dies wegen der sich zwangsläufig ändernden Umstände (z. B. Veränderung des Telefonverhaltens, Anzahl der Mitbenutzer, Tarifänderungen) in der Regel nicht gewährleistet sein.
176
Der Vergleich zwischen den einzelnen Jahren erfolgt anhand von Durchschnittsbeträgen2. Die Berechnung richtet sich nach der in Abs. 1 S. 1 dargestellten Methodik, nur dass die entsprechenden Abrechnungszeiträume der Vorjahre zu Grunde zu legen sind. Hierdurch wird ein Gleichlauf zwischen Abs. 1 und Abs. 2 S. 2 TKG erreicht. Stellt sich aufgrund der Durchschnittsberechnung heraus, dass in „irgendeinem“ Vorjahr im Durchschnitt niedrigere Entgeltforderungen angefallen sind, treten diese an die Stelle des nach Abs. 1 berechneten Durchschnittsbetrages. Weisen bei vergleichbaren Umständen gleich mehrere Vorjahre im Durchschnitt niedrigere Entgeltforderungen auf, ist aus Verbraucherschutzgesichtspunkten der jeweils niedrigste Durchschnittsbetrag heranzuziehen. Höhere Entgelte finden nach dem Wortlaut der Norm keine Berücksichtigung.
177
2.4.5.6.3 Rückzahlungsanspruch des Teilnehmers bei zuviel gezahltem Entgelt Fordert der Anbieter ein Entgelt auf der Grundlage einer Durchschnittsberechnung, so gilt das vom Teilnehmer auf die beanstandete Forderung zuviel gezahlte Entgelt spätestens zwei Monate nach der Beanstandung als _______________
1 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 359/06 (Beschluss), S. 10, Punkt 14; Beschlussempfehlung und Bericht des Wirtschaftsausschusses zu § 45i Abs. 2 S. 2 TKG, BT-Drucks. 16/3635, S. 50. 2 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 359/06 (Beschluss), S. 10, Punkt 14.
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178
K Rz. 179
Kundenschutz und Universaldienst
fällig. Hierdurch will der Gesetzgeber sicherstellen, dass der Kunde innerhalb einer vorgegebenen Mindestfrist das zuviel gezahlte Entgelt erstattet bekommt1. Es handelt sich um eine sondergesetzliche Fälligkeitsregel, die eine berechenbare Leistungszeit für die Rückzahlung bestimmt. Mit Ablauf der zwei Monate tritt daher automatisch Verzug des Anbieters ein2. 2.4.5.7 Sperre und Zahlungsverzug (§ 45k TKG) 179
Gemäß § 45k TKG darf der Anbieter öffentlich zugänglicher Telefondienste Leistungen, die an einem festen Standort zu erbringen sind, gegenüber einen Teilnehmer nur nach Maßgabe des § 45k Abs. 2 bis 5 TKG oder nach § 45o S. 3 TKG3 ganz oder teilweise verweigern (Sperre). Die Regelung entspricht im Wesentlichen dem früheren § 19 TKV 19974. Durch § 45k TKG werden mögliche Leistungsverweigerungsrechte des Anbieters zu Gunsten des Teilnehmers eingeschränkt. Dies ist angesichts der Tatsache, dass öffentlich zugängliche Telefondienste an einem festen Standort als Universaldienst nach § 78 Abs. 2 Nr. 1 TKG der Grundversorgung der Bevölkerung mit Telekommunikationsdiensten i. S. d. Art. 87 f. GG dienen5, gerechtfertigt.
180
Darüber hinaus wird mit § 45k TKG der Art. 10 URL in Verbindung mit Anhang I Teil A lit. e der Universaldienstrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Die Mitgliedsstaaten können danach für den Fall der Nichtzahlung von Rechnungen für die Nutzung des öffentlichen Telefonnetzes an festen Standorten besondere Maßnahmen vorsehen. Durch diese Maßnahmen soll gewährleistet werden, dass der Teilnehmer rechtzeitig und angemessen auf eine bevorstehende Unterbrechung des Dienstes oder der Trennung vom Netz hingewiesen wird. Außerdem soll sichergestellt werden, dass eine Dienstunterbrechung, soweit dies technisch möglich ist, auf den betreffenden Dienst beschränkt wird. Die Trennung vom Netz aufgrund nicht beglichener Rechnungen sollte dabei erst erfolgen, nachdem dies dem Teilnehmer rechtzeitig angekündigt wurde. Vor der endgültigen Trennung vom Netz können die Mitgliedsstaaten einen Zeitraum mit eingeschränktem Dienst zulassen, währenddessen Verbindungen erlaubt sind, bei denen für den Teilnehmer keine Gebühren anfallen (z. B. Notrufe)6. Diesen Anforderungen wird der deutsche Gesetzgeber im Rahmen des § 45k TKG gerecht. Er hat sich jedoch dazu entschieden, diese Pflichten nicht als Universaldienstleistungspflicht, wie in Art. 10 URL vorgesehen, auszugestalten. Vielmehr hat er eine generelle Verpflichtung formuliert und ohne Unterschied sämtliche Anbieter öffentlich zugänglicher Telefondienste, die Leistungen _______________
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Vgl. Begr. zu § 45j TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 26. Vgl. Palandt/Heinrichs, § 286 BGB, Rz. 32. Zu § 45o S. 3 TKG siehe Rz. 319 ff. Vgl. Begr. zu § 45k TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 26. Jarass/Pieroth, GG-Kommentar, Art. 87 f. Rz. 4; Berliner TKG-Komm/Mager, Vor § 78 Rz. 7 ff. 6 Vgl. Anhang I Teil A lit. e der URL.
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Rz. 183 K
Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
an einem festen Standort erbringen, verpflichtet. Er hat insoweit von seiner Ermächtigung nach Art. 32 URL Gebrauch gemacht, wonach die Mitgliedsstaaten nach eigenem Ermessen – zusätzlich zu den Diensten im Rahmen der Universaldienstverpflichtungen nach Kapitel II – weitere Dienste in ihrem Hoheitsgebiet öffentlich zugänglich machen können. Die Pflichten nach § 45k TKG gehen über die Vorgaben der URL in Kapitel II hinaus und sind daher als weitere Dienste i. S. d. Art. 32 URL zu qualifizieren. Gleichzeitig setzt der Gesetzgeber den durch Art. 10 URL in Verbindung mit Anhang I Teil A lit. e vorgegebenen Mindestinhalt richtlinienkonform in deutsches Recht um, da dieser als „Minus“ in § 45k TKG (mit)enthalten ist. 2.4.5.7.1 Anwendungsbereich der Norm Der § 45k TKG gilt für alle Anbieter öffentlich zugänglicher Telefondienste an festen Standorten. Öffentlich-zugänglicher Telefondienst ist gemäß § 3 Nr. 17 TKG ein der Öffentlichkeit zur Verfügung stehender Dienste für das Führen von Inlands- und Auslandsgesprächen einschließlich der Möglichkeit, Notrufe abzusetzen1. Darüber hinaus findet der § 45k TKG nach seinem Wortlaut nur auf Leistungen, die an festen Standorten bereitgestellt werden, Anwendung. Ausgeschlossen vom Anwendungsbereich sind somit insbesondere Mobilfunkdienste, auch wenn angesichts der immer weiter fortschreitenden Substitution des Festnetzes durch Mobilfunk kein sachlich vernünftiger Grund besteht2.
181
Nach der Vorschrift sind Teilnehmer anspruchsberechtigt. Unter den Teilnehmerbegriff fällt jede natürliche oder juristische Person, die mit einem Anbieter von Telekommunikationsdiensten einen Vertrag über die Erbringung derartiger Dienste geschlossen hat. Dies gilt unabhängig davon, ob der Dienst vom Teilnehmer selbst oder von Dritten genutzt wird, oder aber ob der Teilnehmer diese Dienste als Endnutzer, Wiederverkäufer oder für das Angebot eigener Telekommunikationsdienste auf Vorleistungsebene nachfragt3.
182
2.4.5.7.2 Verhältnis zu anderen Leistungsverweigerungsrechten Der § 45k TKG entwickelt, wie bereits § 19 TKV, das in § 273 BGB verankerte Recht zur Sperre als Form des gesetzlichen Zurückbehaltungsrechts fort und stellt eine spezialgesetzliche Regelung im liberalisierten Telekommunikationsmarkt dar4. Aus dem Wortlaut geht hervor, dass andere Leistungsverweigerungsrechte, insbesondere §§ 273, 320 BGB von § 45k TKG _______________
1 2 3 4
Zu den Einzelheiten siehe oben Rz. 9. Vgl. bereits zu § 19 TKV Grosskopf/Taubert, CR 1998, 603. Siehe oben Rz. 10. Vgl. Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh. § 41, § 19 TKV Rz. 19; vgl. Begr. zu § 19 TKG dritter Absatz, BR-Drucks. 551/97, S. 38.
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183
K Rz. 184
Kundenschutz und Universaldienst
als der spezielleren Norm verdrängt werden, soweit dessen Anwendungsbereich eröffnet ist. Denn nach dem Wortlaut der Norm ist eine Sperre, unbeschadet anderer gesetzlicher Vorschriften, nur nach Maßgabe des § 45k TKG zulässig. 2.4.5.7.3 Zulässige Gründe für eine Sperre 184
Der § 45k TKG sieht insgesamt drei Fälle vor, in denen eine Sperre zulässig ist. Die Sperre wegen Zahlungsverzugs, die Einstellung der Leistung mit Wirksamwerden einer Kündigung sowie die Sperre bei einem ungewöhnlichen Anstieg des Entgeltaufkommens. Die früher noch in § 19 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 TKV vorgesehene Sperrungsmöglichkeit bei einer Gefährdung der technischen Einrichtungen ist demgegenüber entfallen, weil eine Berechtigung des Anbieters zur Sperre bei Gefährdung der Netzintegrität schon aus § 11 Abs. 6 FTEG resultiert1. 2.4.5.7.3.1 Sperre wegen Zahlungsverzugs (§ 45k Abs. 2 TKG)
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Wegen Zahlungsverzuges darf der Anbieter eine Sperre gemäß § 45k Abs. 2 TKG nur durchführen, wenn der Teilnehmer nach Abzug etwaiger Anzahlungen mit Zahlungsverpflichtungen von mindestens 75 Euro in Verzug ist und der Anbieter die Sperre mindestens zwei Wochen zuvor schriftlich angedroht hat. In der Androhung hat der Anbieter den Teilnehmer auf die Möglichkeit, Rechtsschutz vor den Gerichten zu suchen, hinzuweisen. 2.4.5.7.3.1.1 Verzugssumme von 75 Euro
186
Zentrale Voraussetzung ist, dass ein Verzug von mindestens 75 Euro vorliegt. Der Verzugseintritt richtet sich nach § 286 BGB. Danach beginnt der Verzug mit dem Zugang der Mahnung oder bei einer kalendermäßig festgelegten oder berechenbaren Leistungszeit mit dem Ablauf des Tages, an dem die Leistung (spätestens) zu erbringen war2. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen finden sich häufig Regelungen, die eine sofortige Fälligkeit der Rechnungsforderung vorsehen und dem Teilnehmer ein Zahlungsziel von 30 Tagen nach Zugang der Rechnung einräumen. Diese Regelungen orientieren sich offensichtlich an § 286 Abs. 3 BGB. Zulässig ist es allerdings auch, ein kürzeres oder längeres Zahlungsziel im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu vereinbaren. Der § 286 Abs. 3 BGB stellt insoweit nur noch einen weiteren den Verzug begründenden Tatbestand dar3.
_______________
1 Vgl. Begr. zu § 45k TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 26. 2 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 286 BGB, Rz. 32. 3 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 286 BGB, Rz. 26.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 190 K
Bei der Berechnung der Verzugshöhe sind die Sätze 2 bis 3 des § 45k Abs. 2 TKG zu beachten. Nach Satz 2 bleiben bei der Berechnung der Verzugssumme diejenigen nicht titulierten Forderungen außer Betracht, die der Teilnehmer form- und fristgerecht sowie schlüssig begründet beanstandet hat. Die Formulierung form- und fristgerechte Beanstandung verweist auf den § 45i TKG (siehe hierzu Rz. 122 ff.). Die Einschränkung auf schlüssig begründete Beanstandungen ist nicht nachvollziehbar. Die Feststellung der Begründetheit erfordert teilweise umfangreiche Prüfungen und wird regelmäßig Streitpunkt zwischen den Parteien sein1.
187
Gemäß § 45k Abs. 2 S. 3 TKG kommt die Ausnahme nach Satz 2 nicht zum Tragen („gilt nicht“), wenn der Anbieter den Teilnehmer zuvor zur vorläufigen Zahlung eines Durchschnittsbetrages nach § 45j TKG aufgefordert hat und der Teilnehmer diesen nicht binnen zwei Wochen gezahlt hat. Dem Anbieter soll mit dieser Rückausnahme ein Mittel an die Hand gegeben werden, um dem Vorschieben von unberechtigten Einwendungen zur Verhinderung einer Anschlusssperrung zu begegnen2. Sie führt im Ergebnis dazu, dass der Teilnehmernetzbetreiber form- und fristgerecht beanstandete Beträge entgegen der Regelung in S. 2 bei der Berechnung der Verzugssumme berücksichtigen darf, vorausgesetzt der Teilnehmer kommt der (berechtigten) Forderung nach Zahlung eines Durchschnittsbetrags (§ 45j TKG) nicht nach. Ob diese Regelung angesichts der relativ niedrigen Mindestverzugssumme von 75 Euro praktisch relevant wird, mag bezweifelt werden.
188
Sofern der Endnutzer eine Gesamtrechnung nach § 45h TKG erhält, besteht ein Recht zur Sperre immer nur bezogen auf das jeweils betroffene rechtliche Verhältnis3. Der Zahlungsverzug in Höhe von 75 Euro muss also bei dem Anbieter bestehen, mit dem der Endnutzer das rechtliche Verhältnis geschlossen hat.
189
2.4.5.7.3.1.2 Vorherige Androhung der Sperre Bei Zahlungsverzug muss die Sperre mindestens zwei Wochen vor Durchführung schriftlich angedroht werden und dabei auf die Möglichkeit des Teilnehmers hingewiesen werden, Rechtschutz vor den Gerichten zu suchen. Dies entspricht der früheren Rechtslage zu § 19 TKV. Die Schriftform der Androhung ist nicht im Sinne des strengen Schriftformerfordernisses nach § 126 BGB zu verstehen, sondern wie im Rahmen des § 19 TKV im drucktechnischen Sinne4. Textform i. S. d. § 126b BGB wird daher ausreichend sein. Der Gesetzgeber hat die Gelegenheit, dies im Rahmen der Novelle klarzustellen, nicht genutzt. _______________
1 2 3 4
Vgl. Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh § 41, § 19 TKV, Rz. 33. Vgl. Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 359/06 (Beschluss), S. 11, Punkt 15. Vgl. BGH, NJW 1991, 2645. Vgl. BR-Drucks. 551/97, S. 38.
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190
K Rz. 191 191
Kundenschutz und Universaldienst
Sperren dürfen frühestens zwei Wochen nach der Androhung durchgeführt werden. Aus Kundenschutzgesichtspunkten und da die Androhung eine empfangsbedürftige Willenserklärung darstellt, ist davon auszugehen, dass die 2-Wochenfrist erst mit Zugang der Androhung beim Teilnehmer zu laufen beginnt. Auf Anbieterseite kann das Versanddatum zzgl. eines angemessenen Sicherheitszuschlages für die Dauer des üblichen Postweges herangezogen werden1. Für den Zugang der Androhung ist der Anbieter darlegungs- und beweisbelastet. Soweit hohe Rechnungssummen oder erhebliche Risiken mit einer Sperre auf Anbieter- als auch auf Teilnehmerseits drohen, empfiehlt es sich, die Androhung aus Beweisgründen förmlich zuzustellen, d. h. per Boten oder per Einschreiben. Schließlich muss die Androhung den Hinweis auf Rechtsschutzmöglichkeiten vor den ordentlichen Gerichten beinhalten. Eine ausführliche Rechtsbehelfsbelehrung wird nicht erforderlich sein, ein lediglich informativer Hinweis ist ausreichend2. Eine Sperre ohne vorherige Androhung ist unwirksam; der Anbieter hat dann auch keinen Anspruch auf Zahlung der monatlichen Grundgebühren für den Anschluss3. 2.4.5.7.3.2 Einstellung der Leistung mit Kündigung (§ 45k Abs. 3 TKG)
192
Der Anbieter darf seine Leistungen nach § 45k Abs. 3 TKG einstellen, sobald die Kündigung des Vertragsverhältnisses wirksam wird. Hierbei handelt es sich um einen rein deklaratorischen Hinweis auf einen allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz. Wird die Kündigung des Vertragsverhältnisses mit Ablauf der Kündigungsfrist oder im Fall der fristlosen Kündigung mit deren Ausspruch (Zugang beim Kunden) wirksam, besteht zivilrechtlich keine Verpflichtung des Anbieters mehr, dem Teilnehmer Leistungen bereitzustellen. Die Bestimmung ist gegenüber dem früheren § 19 Abs. 2 Nr. 1 TKV allgemeiner formuliert und erfasst nicht mehr nur die außerordentliche, fristlose Kündigung, sondern auch die ordentliche, fristgerechte Kündigung. 2.4.5.7.3.3 Ungewöhnlicher Anstieg des Entgeltaufkommens (§ 45k Abs. 4 TKG)
193
Nach § 45k Abs. 4 TKG darf der Anbieter eine Sperre einrichten, wenn wegen einer im Vergleich zu den vorangegangenen sechs Abrechungszeiträumen besonderen Steigerung des Verbindungsaufkommens auch die Höhe der Entgeltforderung des Anbieters in besonderem Maße ansteigt und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Teilnehmer diese Entgeltforderung beanstanden wird. _______________
1 Vgl. Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh § 41, § 19 TKV, Rz. 26. 2 Vgl. Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh § 41, § 19 TKV, Rz. 27. 3 AG Meldorf, Urt. v. 28.11.2006 – Az. 81 C 1093/06, noch zu § 19 TKV.
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Rz. 197 K
Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Der ungewöhnliche Anstieg des Verbindungsaufkommens für sich genommen ist nicht ausreichend als Sperrgrund. Hinzukommen muss nach dem Wortlaut der Bestimmung, dass als Folge des angestiegenen Verbindungsaufkommens auch die Höhe der Entgeltforderung in besonderem Maße ansteigt. Entscheidende Voraussetzung der Sperre nach Abs. 4 ist der Anstieg der Entgeltforderung, nicht das Verbindungsaufkommen. Das Verbindungsaufkommen kann lediglich als Anhaltspunkt herangezogen werden, reicht aber zur Begründung der Sperre nicht aus.
194
Das Entgeltaufkommen muss in besonderem Maße ansteigen. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Der Anstieg des Verbindungsaufkommens bzw. der Entgeltforderung ist anhand eines Vergleiches zu den vorangegangenen sechs Abrechnungszeiträumen zu ermitteln. Ob ein Anstieg in besonderem Maße vorliegt, kann nur am Einzelfall beurteilt werden. Dies hängt maßgeblich vom bisherigen Telefonverhalten des Kunden sowie von den Erfahrungswerten des Anbieters ab1. Zudem müssen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Teilnehmer diese Entgeltforderung beanstanden wird. Solche Tatsachen können sich aus dem bisherigen Zahlungsverhalten des Teilnehmers, aber auch aus Erfahrungswerten des Anbieters ergeben. Ausreichend für die Annahme ist eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Letztlich kommt es auch hier auf eine Beurteilung im Einzelfall an. Eine Androhung der Sperre wie bei § 45k Abs. 2 TKG ist nicht erforderlich.
195
2.4.5.7.4 Beschränkung und Aufrechterhaltung der Sperre (§ 45k Abs. 5 TKG) Regelungen zum Umfang der Sperre sowie deren Aufrechterhaltung finden sich in § 45k Abs. 5 TKG. Soweit technisch möglich und dem Anlass nach sinnvoll, ist die Sperre auf bestimmte Leistungen zu beschränken. Sie darf nur aufrecht erhalten werden, solange der Grund für die Sperre fortbesteht. Eine auch ankommende Telekommunikationsverbindungen erfassende Vollsperrung des Netzzugangs darf nach § 45k Abs. 5 S. 3 TKG frühestens eine Woche nach der Sperrung der abgehenden Telekommunikationsverbindungen erfolgen. Dies entspricht im Kern der früheren Rechtslage zu § 19 TKV. Ebenso bleiben die Notruffunktionalitäten nach § 108 Abs. 1 TKG von einer Sperre nach § 45k TKG unberührt. Dies stellt sicher, dass bei einer Sperrung die Notrufnummern (110, 112) weiterhin erreichbar sind.
196
2.4.5.7.5 Abweichende Vereinbarungen/Anwendbarkeit bei Geschäftskunden Ob mit dem Teilnehmer abweichende vertragliche Vereinbarungen hinsichtlich der Sperrung von Leistungen getroffen werden können, ist fraglich. _______________
1 Vgl. Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh § 41, § 19 TKV, Rz. 16.
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197
K Rz. 198
Kundenschutz und Universaldienst
Dies wird insbesondere im Bereich Geschäftskunden bei der Frage relevant, ob die Leistungserbringung von einer Sicherheit abhängig gemacht oder aber ob die Leistung ohne die Stellung einer entsprechenden Sicherheit verweigert werden kann. 198
Die Beschränkung der Sperrungsmöglichkeiten nach § 45k Abs. 1 TKG gilt auch im Verhältnis zu Geschäftskunden, da diese als Teilnehmer ebenfalls dem Anwendungsbereich des § 45k TKG unterfallen (siehe oben Rz. 17). Nach § 47b TKG darf von § 45k TKG zum Nachteil der Teilnehmer nicht abgewichen werden. Entscheidend ist damit, ob die jeweilige vertragliche Vereinbarung für den Teilnehmer eine nachteilige Abweichung von der gesetzlichen Regelung des § 45k TKG bedeutet.
199
Bei vertraglichen Regelungen bzgl. der Stellung von Sicherheitsleistungen ist dies abzulehnen. Vielmehr wird hierdurch der Handlungsspielraum sowohl für die Teilnehmer als auch die Anbieter erweitert. Ohne die Möglichkeit zur Vereinbarung einer Sicherheitsleistung wären die Anbieter gezwungen, bei Zahlungsverzug die Leistungen konsequent zu sperren. Gerade bei Geschäftskunden wird der Mindestbetrag von 75 Euro regelmäßig überschritten, so dass der Anbieter die Leistungen nach ordnungsgemäßer Androhung der Sperre innerhalb von zwei Wochen ohne weiteres einstellen kann. Darüber hinaus dürften Anbieter kaum mehr bereit sein, Verträge über Telefondienstleistungen mit Kunden abzuschließen, die ein erhebliches finanzielles Risiko für den Anbieter bedeuten, wenn diese die Erbringung ihrer Leistungen nicht von der Stellung entsprechender Sicherheiten abhängig machen könnten. Dies zeigt, dass die Stellung von Sicherheitsleistungen eine sachgerechtere Risikoverteilung zulässt, als die Sperrung der Leistungen im Sinne einer „ultima ratio“-Lösung. Eine nachteilige Abweichung i. S. d. § 47 b TKG ist hiermit nicht verbunden. 2.5 Telekommunikationsspezifische Kundenschutzregelungen
200
Der nachfolgende Abschnitt beschäftigt sich mit typischen Kundenschutzregelungen im Bereich der Telekommunikation. Hierzu gehören beispielsweise die Vorschriften zur Betreiber(vor)auswahl (§ 40 TKG), der Anspruch auf den Zugang zu öffentlichen Telefonnetzen an festen Standorten (§ 45d TKG), das Recht zur Aufnahme in ein öffentliches Teilnehmerverzeichnis (§ 45m TKG) oder im Bereich der Rufnummerfragen die Rufnummerübertragbarkeit (§ 46 TKG). 2.5.1 Betreiberauswahl und Betreibervorauswahl (§ 40 TKG)
201
Gemäß § 40 TKG kann die BNetzA Unternehmen verpflichten, ihren Teilnehmern den Zugang zu den Diensten aller unmittelbar zusammengeschalteten Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit zu ermöglichen. Von dieser Verpflichtung werden zunächst nur 1294 | Sörup
Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 204 K
Festnetzanbieter, die bei der Bereitstellung des Anschlusses an das öffentliche Telefonnetz und dessen Nutzung an festen Standorten als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht eingestuft werden, erfasst (§ 40 Abs. 1 TKG). Andere Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht können hingegen nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 TKG zur Betreiberauswahl bzw. Betreibervorauswahl verpflichtet werden. Die S. 2 und 3 des Abs. 2 enthalten spezielle Voraussetzungen für den Mobilfunkbereich. Der Zugang zu den Diensten aller unmittelbar zusammengeschalteten Anbieter erfolgt gemäß § 40 Abs. 1 TKG durch Betreiberauswahl im Einzelwahlverfahren durch Wählen einer Kennzahl (sog. Call-by-Call)1 als auch durch Betreibervorauswahl (sog. Preselection)2. Im Fall der Betreibervorauswahl muss die Möglichkeit bestehen, die festgelegte Vorauswahl durch Wählen einer anderen Betreiberkennzahl zu übergehen. Dass die Betreiber(vor)auswahl sowohl für Orts- als auch Fernverbindungen Anwendung findet, stellt der S. 3 des Abs. 1 klar. Der Abs. 1 S. 4 normiert schließlich Vorgaben bezüglich der für die Betreiber(vor)auswahl erforderliche Zusammenschaltung, während der S. 5 Vorgaben zur Entgeltregulierung enthält.
202
Die Verpflichtung zur Betreiber(vor)auswahl stellt, wie schon der frühere § 43 Abs. 6 TKG, eine wesentliche Voraussetzung für den Wettbewerb auf dem Endnutzermarkt dar3. Die Norm dient der Sicherung von Wettbewerb im Sprachtelefondienst durch Beseitigung von Hindernissen beim Wechsel des Telekommunikationsdiensteanbieters4.
203
2.5.1.1 Adressat der Verpflichtung Zentrale Voraussetzung für die Verpflichtung eines Unternehmens nach § 40 Abs. 1 TKG ist die Feststellung beträchtlicher Marktmacht. Dies gilt sowohl für Anbieter von Anschlüssen an festen Standorten als auch für andere Unternehmen (§ 40 Abs. 2 TKG). In Bezug auf Festnetzanbieter, die über beträchtliche Marktmacht bei der Bereitstellung von Anschlüssen an festen Standorten verfügen, besteht nach § 40 Abs. 1 TKG eine zwingende Verpflichtung der BNetzA zur Auferlegung der Betreiber(vor)auswahl. Das heißt, sobald die beträchtliche Marktmacht eines Anbieters von Anschlüssen an festen Standorten festgestellt wurde, ist die BNetzA „automatisch“ zur Auferlegung der Betreiber(vor)auswahl i. S. einer gebundenen Entscheidung verpflichtet (vgl. nachfolgend Rz. 233). Anderen Unternehmen kann die BNetzA nur unter der Voraussetzung, dass die Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2 TKG ansonsten nicht erreicht werden, eine Verpflichtung nach _______________
1 2 3 4
Im Einzelnen siehe Rz. 216. Im Einzelnen siehe Rz. 217. Vgl. Beck TKG-Komm/Paul/Mellewigt, 2. Aufl., § 43 TKG, Rz. 28. Vgl. OVG Münster, 13 A 2869/01, CR 2004, 197.
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204
K Rz. 205
Kundenschutz und Universaldienst
§ 40 Abs. 1 TKG auferlegt werden. Die Entscheidung ist dabei nicht als gebundene Entscheidung, sondern als intendierte Ermessensentscheidung („soll“) ausgestaltet (vgl. nachfolgend Rz. 234). 2.5.1.1.1 Marktmächtige Unternehmen, die Anschlüsse an festen Standorten bereitstellen 205
Zur Betreiberauswahl bzw. -vorauswahl sind von der BNetzA gemäß § 40 Abs. 1 TKG Unternehmen zu verpflichten, die bezüglich der Bereitstellung des Anschlusses an das öffentliche Telefonnetz und dessen Nutzung an festen Standorten eine beträchtliche Marktmacht aufweisen. Dies entspricht der Vorgabe des Art. 19 Abs. 1 S. 1 URL. Der Gesetzgeber hat mit diesem Wortlaut den Anwendungsbereich zunächst auf Festnetzbetreiber begrenzt. Andere Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, auch Mobilfunknetzbetreiber, können nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 TKG zur Betreiber(vor)auswahl verpflichtet werden (hierzu Rz. 207 ff.).
206
In der Praxis verfügt lediglich die DTAG über beträchtliche Marktmacht bezüglich der Bereitstellung von Anschlüssen an das öffentliche Telefonnetz an festen Standorten. Nachdem der DTAG bereits im Wege einer vorläufigen Anordnung die Pflicht zur Betreiber(vor)auswahl auferlegt worden war1, ist ihr mit Regulierungsverfügung vom 23.6.2006 nunmehr „endgültig“ aufgegeben worden, ihren Teilnehmern bzw. Teilnehmern der mit ihr verbundenen Unternehmen den Zugang zu den Diensten aller unmittelbar zusammengeschalteten Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit zu ermöglichen, und zwar sowohl durch Betreiberauswahl durch Wählen einer Kennzahl als auch durch Betreibervorauswahl, wobei jedoch bei jedem Anruf die Möglichkeit besteht, die festgelegte Vorauswahl durch Wählen einer Betreiberkennzahl zu übergehen. Der Teilnehmer soll dabei auch unterschiedliche Voreinstellungen für Orts- und Fernverbindungen vornehmen können2. 2.5.1.1.2 Andere Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht
207
Auch in anderen Netzen als dem Festnetz (z. B. Kabel- oder Mobilfunknetze) kann die Anbieter die Pflicht zur Betreiber(vor)auswahl treffen. Die Voraussetzungen, die Regelungsgegenstand des § 40 Abs. 2 TKG sind, sind jedoch weitaus enger als im Bereich des Festnetzes. Die Verpflichtung zur Betreiber(vor)auswahl nach § 40 Abs. 1 TKG soll bezüglich anderer Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht danach nur auferlegt werden, wenn ansonsten die Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2 TKG nicht erreicht werden.
_______________
1 Vgl. Beschluss der BNetzA v. 18.7.2005 – BK 2a 05/002. 2 Vgl. Beschluss der BNetzA v. 23.6.2006 – BK 2a 06/001-R.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 208 K
Der § 40 Abs. 2 TKG setzt damit Art. 19 Abs. 2 URL in deutsches Recht um1. Der Art. 19 Abs. 2 URL regelt, dass die Anforderungen der Nutzer hinsichtlich der Betreiber(vor)auswahl in anderen Netzen (z. B. bei Kabel- oder Mobilfunknetzen) gemäß dem Marktanalyseverfahren bewertet und gemäß Art. 12 ZRL umgesetzt werden. Wie schon bei Art. 19 Abs. 1 URL gilt dabei, dass eine Verpflichtung nach Art. 19 Abs. 2 URL nur Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auferlegt werden kann. Dies ergibt sich aus dem aus Art. 16 Abs. 3 und 4 RRL herzuleitenden Verbot, dass Unternehmen ohne beträchtliche Marktmacht keine Verpflichtungen zur Marktregulierung auferlegt werden dürfen2. Der Richtliniengeber hat den nationalen Gesetzgebern jedoch einen gewissen Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung von Art. 19 Abs. 2 URL eingeräumt. Danach kann der nationale Gesetzgeber die Notwendigkeit der Betreiber(vor)auswahl in anderen Netzen oder die Möglichkeit von deren Sicherstellung auf andere Art und Weise auf Grundlage des Marktanalyseverfahrens evaluieren und anschließend entsprechende Umsetzungsmaßnahmen ergreifen. Die Formulierung „auf andere Art und Weise“ in Art. 19 Abs. 2 URL deutet dabei darauf hin, dass auch andere als in Art. 19 Abs. 1 URL aufgeführte Formen der Betreiberauswahl zulässig sind3. Die Entscheidung hat sich jedoch an den „Anforderungen der Nutzer“ zu orientieren, worunter nicht nur der klassische Endnutzer i. S. v. Art. 2 Unterabs. 1 URL i. V. m. Art. 2 lit g RRL zu verstehen ist, sondern auch solche natürliche oder juristische Personen, die öffentliche Kommunikationsnetze oder öffentlich zugängliche elektronische Kommunikationsdienste bereitstellen4. Es besteht mithin ein Auswahlermessen, in welcher Art und Weise die „Anforderungen der Nutzer“ umgesetzt werden. Der deutsche Gesetzgeber ging daher zutreffend davon aus, dass ihm ein gewisser Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung von entsprechenden Vorgaben zur Sicherstellung der Betreiberauswahl bzw. Betreibervorauswahl in anderen Netzen als dem Festnetz zusteht5. Diesen Spielraum hat er dahingehend genutzt, dass die BNetzA anderen Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht eine Verpflichtung nach § 40 TKG nur auferlegen darf, soweit die Regulierungsziele des § 2 Abs. 2 TKG nicht anderweitig sichergestellt werden können. Neben dem Erfordernis beträchtlicher Marktmacht ist im Rahmen des § 40 Abs. 2 TKG daher zu prüfen, ob die Wahrung der Interessen der Nutzer (Nr. 1), die Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs (Nr. 2), die Förderung effizienter Infrastruktureinrichtungen (Nr. 3), die Entwicklung des Binnenmarktes der Europäischen Union (Nr. 4) oder die Sicherstellung einer flächendeckenden Grundversorgung mit Telekommunikationsdiensten zu erschwinglichen Preisen (Nr. 5) auch auf andere _______________
1 2 3 4 5
Vgl. Begr. zu § 40 TKG, BT-Drucks. 15/2316, S. 71. Vgl. Capito/Elspaß, K& R 2003, 110 (116). Vgl. Capito/Elspaß, K& R 2003, 110, a. a. O. Vgl. Capito/Elspaß, K& R 2003, 110, a. a. O. Vgl. Begr. zu § 40 TKG, BT-Drucks. 15/2316, S. 71.
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K Rz. 209
Kundenschutz und Universaldienst
Weise als der Auferlegung einer Pflicht nach § 40 TKG erreicht werden kann. 209
Die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme anderer Unternehmen sind folglich hoch und erfordern im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eine ausführliche Prüfung und Begründung der oben angesprochenen Gesichtspunkte durch die BNetzA. Dass neben der DTAG einem anderen Unternehmen eine Pflicht zur Betreiberauswahl bzw. -vorauswahl auferlegt wird, ist vor diesem Hintergrund unwahrscheinlich. 2.5.1.1.3 Besonderheiten im Mobilfunkbereich
210
Im Mobilfunkbereich sind die Voraussetzungen für eine Verpflichtung zur Betreiber(vor)auswahl noch enger. Denn solange ein nachhaltiger Dienstewettbewerb auf den Mobilfunkendnutzermarkt besteht, sollen gemäß § 40 Abs. 2 S. 2 TKG Verpflichtungen nach § 40 Abs. 1 TKG für den Mobilfunkmarkt nicht auferlegt werden. Die Betreiber(vor)auswahl im Mobilfunkbereich setzt folglich nicht nur das Bestehen beträchtlicher Marktmacht und das Nichterreichen der Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2 TKG voraus, sondern erfordert als weitere Voraussetzung das Fehlen eines nachhaltigen Dienstewettbewerbs auf dem Mobilfunkmarkt.
211
Der Gesetzgeber scheint davon ausgegangen zu sein, dass im Mobilfunkbereich die Betreiber(vor)auswahl auf „andere Art und Weise“ i. S. d. Art. 19 Abs. 2 URL durch einen funktionierenden, nachhaltigen Dienstewettbewerb sichergestellt werden kann, und dass dies zur Entwicklung und Erhaltung funktionsfähiger Wettbewerbsstrukturen für sich genommen bereits ausreichend ist1. Neben dem Erfordernis der beträchtlichen Marktmacht ist für die Auferlegung der Betreiber(vor)auswahl im Mobilfunkbereich entscheidend, dass kein nachhaltiger Dienstewettbewerb besteht.
212
Nachhaltiger Dienstewettbewerb definiert sich nach § 40 Abs. 2 S. 3 TKG als chancengleicher Wettbewerb auf dem Mobilfunkendnutzermarkt zwischen den Diensten der öffentlichen Mobilfunknetzbetreiber und den Diensten der Mobilfunkdiensteanbieter für die Öffentlichkeit auf Endnutzerseite. Ein chancengleicher Wettbewerb setzt voraus, dass von den Mobilfunknetzbetreibern unabhängige Mobilfunkdiensteanbieter mittels Diensten, auch auf Basis der Vorleistungen der Mobilfunknetzbetreiber, zu einem nachhaltigen wettbewerbsorientierten Mobilfunkendnutzermarkt beitragen. Diese Definition soll klarstellen, in welchen Fällen von einer Auferlegung von Verpflichtungen für Mobilfunkunternehmen abgesehen werden kann und orientiert sich an dem Begriff des nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes, der in § 3 Nr. 12 TKG definiert ist2. Hierunter versteht das Gesetz _______________
1 Vgl. Begr. zu § 40 TKG, BT-Drucks. 15/2316, S. 71. 2 Vgl. Bericht des Auschusses für Wirtschaft und Arbeit zu § 38 Abs. 2 TKG, BTDrucks. 15/2674, S. 14.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 215 K
einen Markt, auf dem der Wettbewerb so abgesichert ist, dass er auch nach Rückführung der sektorspezifischen Regulierung fortbesteht. Auch nach Auffassung der Monopolkommission gibt es derzeit keine Anhaltspunkte, dass unter den gegenwärtigen Wettbewerbsbedingungen im Mobilfunk die Einführung der Betreiber(vor)auswahl notwendig sei1. Die Monopolkommission bestätigt hiermit ihre bereits mit Sondergutachten vom 8.12.2003 geäußerte Ansicht, dass derzeit auf dem Endkundenmarkt des Mobilfunks funktionsfähiger Wettbewerb herrsche2. Gleichermaßen hat sie zuletzt mit ihrem Sondergutachten im Dezember 2005 festgestellt, dass der Endkundenmarkt für Mobilfunk weiterhin durch Wachstum und Wettbewerb gekennzeichnet sei3. Im Mobilfunkbereich ist daher mit der Auferlegung einer Verpflichtung nach § 40 Abs. 1 TKG in Zukunft kaum zu rechnen.
213
2.5.1.2 Umfang der Betreiber(vor)auswahl Die Verpflichtung zur Betreiber(vor)auswahl bezieht sich auf Dienste von Anbietern, die unmittelbar mit dem Adressaten der Verpflichtung zusammengeschaltet sind. Demnach kann im Wege des § 40 Abs. 1 TKG nicht die Verpflichtung auferlegt werden, die Betreiber(vor)auswahl zu mittelbar erreichbaren Diensten einzurichten. Der Einschub „unmittelbar“ dient insoweit der Klarstellung, dass für den nicht marktmächtigen Betreiber eines „zwischengeschalteten“ Verbindungsnetzes keine Verpflichtung besteht, eine Betreiber(vor)auswahl in seinem Netz zu realisieren. Diese Pflicht bestehe eben nur im Verhältnis zu den „unmittelbaren“ Zusammenschaltungspartnern4.
214
2.5.1.3 Inhalt der Betreiber(vor)auswahl Die Zugangsgewährung zu Diensten anderer Anbieter erfolgt im Wege der Betreiberauswahl (sog. Call-by-Call) sowie im Wege der Betreibervorauswahl (sog. Preselection). Der § 40 Abs. 1 S. 3 TKG stellt dabei klar, dass die Betreiber(vor)auswahl sowohl für Orts- als auch Fernnetzverbindungen gewährleistet werden muss.
_______________
1 Vgl. Sondergutachten der Monopolkommission: „Zur Reform des Telekommunikationsgesetzes“, Februar 2004, S. 56 f. 2 Vgl. Sondergutachten der Monopolkommission: „Telekommunikation und Post 2003: Wettbewerbsintensivierung in der Telekommunikation – Zementierung des Postmonopols“, S. 88. 3 Vgl. Sondergutachten der Monopolkommission: „Wettbewerbsentwicklung bei der Telekommunikation 2005: Dynamik unter neuen Rahmenbedingungen“, S. 33. 4 Vgl. Begr. BT-Drucks. 15/22345, S. 4.
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K Rz. 216
Kundenschutz und Universaldienst
2.5.1.3.1 Betreiberauswahl (Call-by-Call) 216
Die Betreiberauswahl erfolgt durch Wählen einer Kennzahl im Einzelwahlverfahren. Das heißt, der Kunde kann von Anruf-zu-Anruf (Call-by-Call) entscheiden, ob er die Dienste seines Teilnehmernetzbetreibers oder eines anderen Netzbetreibers in Anspruch nehmen möchte. Für die Kennzahlen hat die BNetzA einen Nummernbereich für sog. Betreiberkennzahlen eingerichtet. Diese haben den Charakter eines Prefixes und sind im Nummernbereich 010xy realisiert1. Um den Dienst eines anderen Netzbetreibers zu erreichen, muss der Teilnehmer die Netzbetreiberkennzahl des gewünschten Diensteanbieters vorwählen. 2.5.1.3.2 Betreibervorauswahl (Preselection)
217
Die Betreibervorauswahl erfolgt durch die dauerhafte Voreinstellung eines bestimmten Netzbetreibers auf Netzwerkebene. Der Teilnehmer wählt einen Netzbetreiber mit dem Ziel aus, dass alle von seinem Anschluss ausgehenden Telekommunikationsverbindungen automatisch über den von ihm ausgewählten Netzbetreiber geführt werden. Technisch wird die dauerhafte Betreibervorauswahl durch Umprogrammierungsmaßnahmen in der für den Anschluss des Kunden zuständigen Teilnehmervermittlungsstelle (TVSt) erbracht2. Durch eine Änderung des Leitwegs wird die jeweilige Gesprächsverbindung von der TVSt automatisch zu dem nächsten Übergabepunkt geroutet, an dem das Netz des vom Kunden ausgewählten Netzbetreibers mit dem Netz des Teilnehmernetzbetreibers des Kunden zusammengeschaltet ist3. Obwohl der Teilnehmer durch die Betreibervorauswahl auf einen bestimmten Netzbetreiber festgelegt ist, muss auch in diesem Fall die Möglichkeit erhalten bleiben, die einmal festgelegte Vorauswahl durch Wählen einer anderen Betreiberkennzahl zu übergehen. Das heißt, der Kunde ist auch im Fall der Preselection berechtigt, Call-by-Call-Dienste anderer Netzbetreiber zu nutzen. 2.5.1.3.3 Orts- und Ferngespräche
218
Teilnehmer sind nach § 40 Abs. 1 S. 3 TKG berechtigt, unterschiedliche Voreinstellungen für Orts- und Fernverbindungen auszuwählen. Denkbar ist daher, dass der Teilnehmer für seine Orts- bzw. Fernverbindungen jeweils Dienste von unterschiedlichen Netzbetreibern in Anspruch nimmt, beispielsweise für seine Ortsgespräche einen City-Carrier wie netcologne oder Hansenet, für seine Fernverbindungen hingegen einen bundesweit operierenden Carrier wie z. B. Arcor oder COLT. _______________
1 Vgl. Zuteilungsregeln für 010xy Betreiberkennzahlen, Vfg. Nr. 24/2006, Amtsblatt der BNetzA 2006, S. 984. 2 Vgl. VG Köln, Urt. v. 21.2.2002, Az.: 1 K 5694/98. 3 Vgl. VG Köln, Urt. v. 21.2.2002, Az.: 1 K 5694/98.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 221 K
Die Verpflichtung zum Call-by-Call/Preselection im Ortsnetzbereich ist dabei erst relativ spät im Zuge der TKG-Novelle 2002 durch Änderung des § 43 Abs. 6 TKG 1996 in das TKG aufgenommen worden. Zuvor bestand nach der Rechtsauffassung der BNetzA auf Basis des § 43 Abs. 6 TKG 1996 keine Verpflichtung zur Betreiberauswahl im Ortsnetzbereich1. Die Europäische Kommission sah daher Art. 12 Abs. 7 RL 97/33/EG in der durch RL 98/61/EG geänderten Fassung (die ausdrücklich eine Betreiberauswahl auch für Ortsgespräche vorsah) nicht hinreichend in nationales Recht umgesetzt und leitete ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland ein2. Als Reaktion auf das Verfahren passte der deutsche Gesetzgeber den § 43 Abs. 6 TKG in der TKG-Novelle 2002 an und sah nunmehr ausdrücklich vor, dass der Nutzer auch unterschiedliche Voreinstellungen für Orts- und Fernverbindungen vornehmen kann. Der novellierte § 43 Abs. 6 TKG trat zum 1.12.2002 in Kraft. Die endgültige Einführung der Betreiberauswahl im Ortsnetzbereich erfolgte allerdings erst zum 24.4.2003 für die Betreiberauswahl und erst zum 8.7.2003 für die Betreibervorauswahl. Die BNetzA hatte von ihrer Befugnis nach § 43 Abs. 6 S. 5 Gebrauch gemacht und die Verpflichtung zur Betreiberauswahl im Ortsnetzbereich bis zu diesen Zeitpunkten ausgesetzt3.
219
Die Öffnung des Ortsnetzes besteht seit knapp 3 Jahren. Nach dem Sondergutachten 2005 der Monopolkommission hat dies zu einer deutlichen Belebung des Wettbewerbs bei den Ortsgesprächen geführt. Bereits im Jahr 2003 stieg der Marktanteil der Wettbewerber nach Verbindungsminuten von gut 6 % auf 18 %. Im Jahr 2004 konnten die alternativen Anbieter ihren Marktanteil noch einmal auf 33 % fast verdoppeln. Die Zahlen für das erste Quartal deuten darauf hin, dass sich der Zuwachs von Marktanteilen auch im Jahr 2005 fortsetzen wird4. Die Dialog Consult/VATM schätzen in ihrer Marktanalyse, dass der Marktanteil der Wettbewerber Ende des Jahres 2005 bei 42,1 % lag5.
220
2.5.1.3.4 Nicht der Marktregulierung unterliegende Telefongespräche Nach Auffassung der BNetzA gilt die Call-by-Call und Preselection-Verpflichtung nicht nur für öffentliche Inlandsgespräche, sondern auch für ansonsten nicht mehr der Marktregulierung unterliegenden Telefongespräche, z. B. für öffentliche Auslandsgespräche an festen Standorten6. Hierdurch _______________
1 2 3 4
Vgl. Beschl. der BNetzA v. 1.8.2001, Az.: BK 4c-01-016/Z 23.5.01. Vgl. LG Köln, Urt. v. 30.11.2000 – Az.: 84 O 127/00. Vfg Nr. 40/2002 v. 18.12.2002, Amtsblatt der BNetzA 2002, S. 1756. Vgl. Sondergutachten der Monopolkommission: „Wettbewerbsentwicklung bei der Telekommunikation 2005: Dynamik unter neuen Rahmenbedingungen“, S. 23. 5 Vgl. Abbildung 8 der siebten gemeinsamen Marktanalyse zur Telekommunikation der Dialog Consult GmbH und des VATM (Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdienste e.V.), abrufbar unter www.dialog-consult.com. 6 Vgl. Beschluss BNetzA v. 23.6.2006 – BK 2a 06/001-R, S. 51.
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K Rz. 222
Kundenschutz und Universaldienst
wird eine Übertragung von Marktmacht vom Anschlussbereich auf den Verbindungsbereich verhindert. 2.5.1.3.5 Betreiber(vor)auswahl bei Mehrwertdiensten 222
Ausgenommen von der Betreiberauswahl bzw. Betreibervorauswahl sind Verbindungen zu Mehrwertdiensten. Bei Mehrwertdiensten ist die Betreiberauswahl nicht zweckdienlich und führt zu einer ineffizienten Nutzung der Ressourcen bei der Netzzusammenschaltung1. Im Fall von Mehrwertdiensten kommt es dem Kunden gerade auf den über die Telekommunikationsverbindung erbrachten Dienst an, nicht aber auf die Zuführung über einen bestimmten Netzbetreiber. Auch werden Mehrwertdienste in der Regel zu fixen, von der BNetzA vorgegebenen Entgelten abgerechnet, so dass die Teilnehmer durch eine Betreibervorauswahl in diesem Bereich keine Kostenvorteile erlangen können. Die den Wettbewerb fördernde Zielsetzung der Betreibervorauswahl läuft somit ins Leere. Die Abrechnung von Mehrwertdiensten ist zudem mit einer Vielzahl von rechtlichen und abrechnungstechnischen Schwierigkeiten verbunden, die im Fall der Betreiberauswahl noch zusätzlich verschärft werden würden, da dann noch ein weiterer Vertragspartner in die zur Erbringung des Mehrwertdienstes erforderliche Leistungskette einzubeziehen wäre. 2.5.1.4 Zusammenschaltung zur Umsetzung der Betreiber(vor)auswahl
223
Der § 40 Abs. 1 S. 3 TKG enthält Vorgaben hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der zur Erfüllung der Betreiber(vor)auswahl erforderlichen Zusammenschaltung. Danach muss bei der Zusammenschaltung gewährleistet sein, dass (i) Anreize zu effizienten Investitionen in Infrastrukutreinrichtungen nicht entfallen und (ii) dass eine effiziente Nutzung des vorhandenen Netzes durch eine ortsnahe Zuführung erfolgt. Der S. 4 stellt klar, dass Entgelte, sofern sie den Endkunden in Rechnung gestellt werden, einer nachträglichen Entgeltregulierung unterliegen. Die S. 3 und 4 normieren damit konkrete Vorgaben, die sowohl von der BNetzA als auch von dem nach § 40 Abs. 1 TKG verpflichteten Anbieter zu berücksichtigen sind. 2.5.1.4.1 Anreize zu effizienten Investitionen in Infrastruktureinrichtungen
224
Die BNetzA muss bei der Ausgestaltung der für die Betreiber(vor)auswahl erforderlichen Zusammenschaltung sicherstellen, dass Anreize zu effizienten Investitionen in Infrastruktureinrichtungen nicht entfallen, da diese langfristig einen stärkeren Wettbewerb sichern. Diese Vorgabe entspricht dem Regulierungsziel nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 TKG sowie Art. 8 Abs. 2 Nr. 2c _______________
1 Vgl. Beck TKG-Komm/Paul/Mellewigt, 2. Aufl., § 43 TKG, Rz. 30 f.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 227 K
RRL, wonach effiziente Infrastruktureinrichtungen gefördert und Innovationen unterstützt werden sollen. Gleichzeitig finden sich diese Regulierungsziele unmittelbar auch in dem Anordnungskatalog des § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TKG wieder. Nach der Intention der Zugangsrichtlinie (ZRL) sollen die den Wettbewerb belebenden Verpflichtungen zur Gewährung des Zugangs jedoch nicht dazu führen, dass die Anreize für Wettbewerber zu Investitionen in Alternativeinrichtungen, die langfristig einen stärkeren Wettbewerb sichern, entfallen1. Diese Zielvorgabe ist auch im Rahmen der für die Betreiber(vor)auswahl erforderliche Zusammenschaltung zu berücksichtigen. Die große Bedeutung, die dem Dienstewettbewerb in der Telekommunikation zukommt, wird hierdurch allerdings nicht in Frage gestellt2. Dienste- und Infrastrukturwettbewerb bedingen und ergänzen sich vielmehr einander3, wobei der Verpflichtung zur Betreiber(vor)auswahl vor allem für den Dienstewettbewerb im Verbindungsbereich wesentliche Bedeutung zukommt4. Letztlich muss die BNetzA bei ihrer Entscheidung einen angemessenen Ausgleich zwischen Dienstewettbewerb auf der einen Seite und infrastrukturbasierten Wettbewerb auf der anderen Seite finden5.
225
Dieser Ausgleich ist in den Anforderungen, welche die BNetzA an das Erfordernis ortsnaher Zuführung stellt, teilweise bereits veranlagt. Denn für die Betreiber(vor)auswahl muss der die Zusammenschaltung nachfragende Anbieter Infrastrukturinvestitionen vornehmen (vgl. nachfolgend Rz. 227 f.).
226
2.5.1.4.2 Effiziente Nutzung der vorhandenen Netze/ortsnahe Zuführung Im Rahmen der Zusammenschaltung muss gewährleistet sein, dass eine effiziente Nutzung des vorhandenen Netzes durch ortsnahe Zuführung erfolgt. Diese Regelung wurde ursprünglich im Jahr 2002 mit der Novellierung des § 43 Abs. 6 TKG zur Einführung der Betreiber(vor)auswahl im Ortsnetz eingeführt. Mit Beschluss vom 21.2.2003, hat die BNetzA den Begriff der ortsnahen Zuführung in Bezug auf § 43 Abs. 6 TKG 1996 näher definiert. Auf diese Definition kann zurückgegriffen werden. Eine ortsnahe Zuführung i. S. d. § 40 Abs. 1 S. 3 TKG setzt danach voraus, dass für das bundesweit flächendeckende Angebot von Betreiber(vor)auswahl an allen 475 lokalen Zusammenschaltungspunkten Zusammenschaltungen realisiert sein müssen6. Für die Betreiber(vor)auswahl im Ortsnetz müssen _______________
1 2 3 4 5 6
Vgl. Erwägungsgrund Nr. 19 ZRL. Vgl. Begr. zu § 21 TKG, BT-Drucks. 15/2316, S. 65. Berl.Komm/Thomaschki, § 21 TKG, Rz. 59. Vgl. ausführlich Beschluss BNetzA v. 23.6.2006, Az. BK 2a 06/001-R, S. 47. Vgl. Begr. zu § 21 TKG, BT-Drucks. 15/2316, S. 65. Vgl. Beschl. v. 21.2.2003, BK 4c-02-045/Z13.12.02, veröffentlicht als Mitteilung Nr. 53/2003, Amtsblatt der BNetzA 2003, S. 311.
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K Rz. 228
Kundenschutz und Universaldienst
sämtliche lokalen Einzugsbereiche des jeweiligen Ortsnetzes erschlossen sein1. 228
Ob diese Vorgaben der BNetzA mit dem europäischen Rechtsrahmen übereinstimmen, darf bezweifelt werden. Der Art. 19 URL, der durch § 40 TKG in nationales Recht umgesetzt wird, enthält das Erfordernis einer ortsnahen Zuführung nicht. Hieraus wird – insbesondere vom Gesetzgeber – gefolgert, dass es europarechtlich zulässig sei, an die für das Angebot der Betreiber(vor)auswahl erforderliche Zusammenschaltung besondere Anforderungen zu stellen2. Die Vorgabe der ortsnahen Zuführung diene insoweit der europarechtlich begründbaren Zielsetzung des Art. 8 Abs. 2 Nr. c RRL, den Aufbau von Telekommunikationsinfrastruktur zu fördern und einen effizienten Telekommunikationsverkehr sicherzustellen3. Dass aus diesem Grund die Vorgabe der ortsnahen Zuführung mit den europarechtlichen Vorgaben im Einklang steht, ist dennoch nicht überzeugend. Der Art. 8 Abs. 2 Nr. c RRL erklärt zwar die Förderung effizienter Infrastrukturinvestitionen zum Regulierungsziel. Jedoch lässt sich dem Richtlinienpaket keine einseitige Entscheidung für oder gegen einen Dienste- oder Infrastrukturwettbewerb entnehmen4. Die nationalen Regulierungsbehörden gewährleisten nach Art. 8 Abs. 2 ZRL nämlich auch, dass es zu keinen Wettbewerbsverzerrungen im Bereich der elektronischen Kommunikationsdienste kommt. Dies wird insbesondere aus Erwägungsgrund 7 der ZRL deutlich, wonach einzelstaatliche Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, die eine Zusammenschaltung von Investitionen in die Netzinfrastruktur abhängig machen, zu Wettbewerbsverzerrungen führen können und daher mit den Wettbewerbsregeln unvereinbar sind5. Mit dem Erfordernis der ortsnahen Zuführung bei der Betreiber(vor)auswahl sind erhebliche Investitionen in die Netzinfrastruktur verbunden. Je nachdem, ob eine Betreiber(vor)auswahl für Fernverbindungen bzw. im Ortsnetzbereich erfolgen soll, ist der die Zusammenschaltung nachfragende Anbieter verpflichtet, mindestens in die 475 lokalen Einzugsbereiche zu migrieren. Die Kritik an der Entscheidung der Regulierungsbehörde und der Verpflichtung ortsnaher Zuführung als wettbewerbsverhindernd ist daher nicht unberechtigt. 2.5.1.4.3 Entgeltfragen bei der Betreiber(vor)auswahl
229
Bereits nach § 43 Abs. 6 TKG 1996 war es zulässig, für die vom Teilnehmernetzbetreiber im Zusammenhang mit der Betreiber(vor)auswahl gegenüber seinem Kunden erbrachten Leistungen (z. B. für die Änderung der netz_______________
1 Vgl. Beschl. v. 21.2.2003, BK 4c-02-045/Z13.12.02, veröffentlicht als Mitteilung Nr. 53/2003, Amtsblatt der BNetzA 2003, S. 311. 2 Berl.Komm/Brodkorb, § 40 TKG, Rz. 43. 3 Vgl. BT-Drucks. 15/2345, S. 4. 4 Vgl. Koenig/Braun, K&R Beilage 2/2002, 1 (25). 5 Vgl. Capito/Elspaß, K&R 2003, 110 (117).
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 231 K
seitigen Preselection-Einstellung) ein Entgelt zu verlangen1. Die Entgelte unterlagen nach der Spruchpraxis der BNetzA gemäß §§ 25, 27 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 i. V. m. § 24 TKG 1996 der ex ante – Entgeltregulierung2. Der § 40 Abs. 1 S. 4 TKG greift dies auf, bestimmt nunmehr aber, dass etwaige Entgelte für Endnutzer der nachträglichen Entgeltregulierung nach Maßgabe des § 38 Abs. 2 bis 4 TKG unterliegen. Die in § 43 Abs. 6 TKG 1996 vorgesehene Regelung, dass der „vom Nutzer ausgewählte Netzbetreiber angemessen an den Kosten des dem Nutzer bereitgestellten Teilnehmeranschlusses beteiligt wird“, ist hingegen im Zuge der Gesetzesnovellierung 2004 ersatzlos entfallen3. Der § 40 Abs. 1 S. 4 TKG dient der Umsetzung von Art. 19 Abs. 3 URL. Danach sorgen die nationalen Regulierungsbehörden dafür, dass die Gebühren für Zugang und Zusammenschaltung im Zusammenhang mit der Bereitstellung der Betreiber(vor)auswahl kostenorientiert festgelegt werden, und dass etwaige direkte Gebühren für die Verbraucher diese nicht abschrecken, die Betreiber(vor)auswahl in Anspruch zu nehmen. Diese Vorgabe der URL ist durch den Verweis auf § 38 Abs. 2 bis 4 TKG umgesetzt. Der § 38 Abs. 2 TKG verweist seinerseits auf § 28 TKG, der das missbräuchliche Verhalten eines Unternehmens mit beträchtlicher Marktmacht bei der Forderung und Vereinbarung von Entgelten regelt. Das Kriterium der Kostenorientierung ist Bestandteil des § 28 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TKG. Wird es nicht eingehalten, ist davon auszugehen, dass die Entgelte nur aufgrund der beträchtlichen Marktmacht i. S. d. § 28 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TKG verlangt werden können. Das Kriterium, dass die Verbraucher durch das Entgelt nicht abgehalten werden dürfen, die Betreiber(vor)auswahl in Anspruch zu nehmen, ist demgegenüber Regelungsgegenstand des § 28 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 TKG. Über die Entgelte entscheidet die BNetzA nach §§ 38, 28 TKG im Rahmen eines Beschlusskammerverfahrens nach § 132 Abs. 1 TKG.
230
Das noch unter dem Regime des § 43 Abs. 6 TKG 1996 von der BNetzA im Jahr 2004 genehmigte Entgelt für die Änderung der Preselection-Einstellung betrug zuletzt 4,40 Euro4. Dieses Entgelt entspricht nach Auffassung der BNetzA einer kostenorientierten Basis i. S. d. Art. 19 Abs. 3 URL, da es sich auf einem Niveau bewegt, welches im Vergleich mit den Entgelten ehemaliger Incumbents in anderen europäischen Staaten durchaus moderat ist5. Dies zeige sich unter anderem daran, dass der BNetzA in der Vergangenheit weder von Seiten der Endkunden noch von Seiten der Wettbewerber Beschwerden in Bezug auf überhöhte Entgelte bekannt geworden sei6. Mit
231
_______________
1 Vgl. Beck TKG-Komm/Paul/Mellewigt, 2. Aufl., § 43 TKG, Rz. 34. 2 Vgl. Beschluss der BNetzA v. 15.6.1998 – BK 2b-98/001. 3 Zur früheren Rechtslage und den Hintergründen vgl. Berl.Komm/Brodkorb, § 40 TKG, Rz. 46 ff. 4 Vgl. Beschluss der BBetzA v. 31.3.2004 – BK 2a 03/003. 5 Vgl. Beschluss BNetzA v. 23.6.2006, Az. BK 2a 06/001-R, S. 53. 6 Vgl. Beschluss BNetzA v. 23.6.2006, Az. BK 2a 06/001-R, S. 53.
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K Rz. 232
Kundenschutz und Universaldienst
einer weiteren Absenkung der Entgelte für die Betreibervorauswahl ist daher in absehbarer Zukunft nicht zu rechnen. In der Praxis wird das Entgelt von dem Anbieter übernommen, zu dem der Kunde im Wege der Preselection wechselt. Eine Beeinträchtigung der Wechselbereitschaft der Kunden aufgrund der Entgelthöhe ist vor diesem Hintergrund ohnehin nicht zu erwarten. 2.5.1.5 Auferlegung der Verpflichtung nach § 40 TKG 232
Der BNetzA steht bei der Frage, ob sie eine Call-by-Call oder Preselectionverpflichtung nach § 40 Abs. 1 TKG auferlegt, kein Ermessen zu1. Es handelt sich um eine gebundene Entscheidung. Das heißt, sobald die beträchtliche Marktmacht eines Anbieters von Anschlüssen an festen Standorten festgestellt wurde, ist die BNetzA zur Auferlegung der Betreiber(vor)auswahl verpflichtet.
233
Dies entspricht den europarechtlichen Vorgaben der URL. Durch die Regelung des § 40 Abs. 1 TKG werden uneingeschränkt die Vorgaben des Art. 19 URL umgesetzt, nach dem die nationalen Regulierungsbehörden Unternehmen, die gemäß Art. 16 Abs. 3 URL als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht bei der Bereitstellung des Anschlusses und dessen Nutzung an festen Standorten gemeldet wurden, zur Betreiber(vor)auswahl zu verpflichten sind, ohne dass den betreffenden Regulierungsbehörden ein Entscheidungsspielraum eingeräumt wird. Dass die Auferlegung dieser Verpflichtung wegen ihrer wesentlichen Bedeutung für das Entstehen von Wettbewerb im Verbindungsbereich nicht im Ermessen der BNetzA stehen kann, verdeutlichen auch die Vorschriften des Art. 17 Abs. 1 lit b) URL und des § 39 Abs. 1 TKG2.
234
Demgegenüber ist die Ermächtigungsgrundlage zur Verpflichtung anderer Unternehmen zur Betreiber(vor)auswahl, § 40 Abs. 2 TKG, als „Soll-Vorschrift“ ausgestaltet. Das heißt, die Regelung beinhaltet eine strikte Bindung der BNetzA für den Regelfall i. S. eines intendierten Ermessens und gestattet Abweichungen nur in atypischen Fällen, in denen angehbare, nicht von der Behörde selbst zu vertretende, überwiegende Gründe für das Abgehen von der Norm sprechen3. Liegen die Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 TKG vor (siehe oben Rz. 207 ff.), ist die BNetzA daher im Regelfall zur Auferlegung der Betreibervorauswahl verpflichtet. Sie kann hiervon nur in atypischen Fällen absehen.
_______________
1 Koenig/Loetz/Neumann, Telekommunikationsrecht, S. 151. 2 Vgl. ausführlich Beschluss BNetzA v. 23.6.2006, Az. BK 2a 06/001-R, S. 47. 3 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 40, Rz. 44.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 237 K
2.5.1.6 Anspruch auf Betreiber(vor)auswahl Der § 40 Abs. 1 TKG gewährt den Teilnehmern einen direkten Anspruch auf Betreiber(vor)auswahl. Der Anspruch richtet sich gegen das nach § 40 TKG verpflichtete Unternehmen (DTAG)1. Nach Auffassung der BNetzA wirkt eine Verpflichtung nach § 40 Abs. 1 TKG aber auch zugunsten der Verbindungsnetzbetreiber, die im Zusammenhang mit der Verfolgung ihres Geschäftsmodells notwendig darauf angewiesen sind, dass die DTAG als nach § 40 Abs. 1 TKG verpflichtetes Unternehmen ihrer Verpflichtung vollumfänglich, d. h. ohne Einschränkung auch im Verhältnis zu ihren Wettbewerbern, nachkommt2.
235
2.5.1.6.1 Durchsetzung der Betreiber(vor)auswahl durch den Teilnehmer Der Anspruch auf Betreiber(vor)auswahl kann vom Teilnehmer auf dem Zivilrechtsweg durchgesetzt werden. Die von der BNetzA auferlegte Verpflichtung zur Betreiberauswahl ist als Verwaltungsakt mit privatrechtsgestaltender Wirkung zu qualifizieren3. Das heißt, die Verpflichtung zur Betreiberauswahl wird unmittelbarer Vertragsbestandteil des Anschlussvertrages, der zwischen dem Teilnehmer und dem nach § 40 Abs. 1 TKG verpflichteten Unternehmen (DTAG) besteht. Folge hiervon ist, dass der Teilnehmer seinen Anspruch auf Betreiber(vor)auswahl als vertraglichen Erfüllungsanspruch gegen das verpflichtete Unternehmen durchsetzen kann. Daneben ist aber auch ein Vorgehen nach § 44 TKG möglich, soweit das verpflichtete Unternehmen gegen die entsprechende Verfügung der BNetzA verstößt. Der Teilnehmer ist Betroffener i. S. d. § 44 TKG, da er sowohl in § 40 TKG als auch in der entsprechenden Verfügung der BNetzA nach § 40 TKG als Begünstigter ausdrücklich genannt ist. Im Rahmen des § 44 TKG kann Beseitigung, Unterlassung oder, im Fall von Vorsatz oder Fahrlässigkeit, Schadensersatz gegen das nach § 40 Abs. 1 TKG verpflichtete Unternehmen geltend gemacht werden.
236
2.5.1.6.2 Durchsetzung der Betreiber(vor)auswahl durch einen Wettbewerber Ob die Verbindungsnetzbetreiber gleichermaßen aus § 40 Abs. 1 TKG gegen das verpflichtete Unternehmen vorgehen können, ist fraglich. Dies wird mit Blick auf die Rechtsprechung des BVerwG zu verneinen sein4. Sowohl der § 40 TKG als auch die Verfügung der BNetzA zur Betreiberauswahl wirken nicht unmittelbar zugunsten der Verbindungsnetzbetreiber. Die privat_______________
1 Vgl. Beschluss BNetzA v. 23.6.2006, BK 2a 06/001-R, S. 51. 2 Vgl. Beschluss der BNetzA v. 23.6.2006, BK 2a 06/001-R, S. 50, unter Verweis auf den Beschl. v. 18.7.2005, BK 2a 05/002, S. 14 f. 3 Vgl. BVerwG Urt. v. 31.3.2004, Az.: 6 C 11.03. 4 Vgl. BVerwG Urt. v. 10.10.2002, Az.: 6 C 8.01.
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K Rz. 238
Kundenschutz und Universaldienst
rechtsgestaltende Wirkung der Verpflichtung bezieht sich auf die Teilnehmer des verpflichteten Unternehmens. Sie wirkt daher lediglich mittelbar zugunsten der Verbindungsnetzbetreiber. Vor diesem Hintergrund scheidet ein zivilrechtliches Vorgehen aufgrund § 40 TKG i. S. eines vertraglichen Erfüllungsanspruchs wegen der fehlenden privatrechtsgestaltenden Wirkung zugunsten der Verbindungsnetzbetreiber aus. Gleiches gilt für ein verwaltungsrechtliches Vorgehen, da es an der Antrags- bzw. Klagebefugnis der Verbindungsnetzbetreiber fehlen wird. In Bezug auf Verbindungsnetzbetreiber gewährt der § 40 TKG keine subjektiven Rechte. 238
Ein Vorgehen gegen das verpflichtete Unternehmen ist allerdings im Rahmen der Missbrauchsaufsicht nach § 42 TKG möglich. Die BNetzA hat in einem Missbrauchsverfahren gegen die DTAG wegen des Verkaufs von Endgeräten mit Call-by-Call und Preselectionsperre einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 42 Abs. 1 TKG bejaht. Dabei hat sie zutreffend § 42 Abs. 1 TKG als eigenes bzw. subjektives Recht der Wettbewerber interpretiert und ein Antragsrecht der Wettbewerber i. S. d. § 42 Abs. 4 S. 5 TKG anerkannt1. Soweit das verpflichtete Unternehmen seinen Pflichten zur Betreiber(vor-) auswahl nicht vollumfänglich nachkommt oder diese beeinträchtigt, kann die BNetzA daher auf Antrag eines Wettbewerbers bzw. Verbindungsnetzbetreibers nach § 42 TKG vorgehen. Voraussetzung ist, dass das andere Unternehmen geltend machen kann, durch das missbräuchliche Verhalten unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder in seinen Wettbewerbsmöglichkeiten beeinträchtigt zu sein2.
239
Wegen eines Verstoßes gegen § 40 TKG kann darüber hinaus mittelbar gegen das verpflichtete Unternehmen nach § 44 TKG vorgegangen werden. Beeinträchtigt das verpflichtete Unternehmen die Betreiber(vor)auswahl, wird hiermit gleichzeitig ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 TKG verbunden sein. Ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 TKG ist als Verstoß gegen das TKG i. S. d. § 44 TKG zu qualifizieren. Daneben liegt aber auch ein Verstoß gegen einen Verwaltungsakt der BNetzA vor. Die nach § 44 Abs. 1 S. 3 TKG erforderliche Betroffenheit des Wettbewerbers ist zu bejahen, da die Wettbewerber entsprechend der Rechtsauffassung der BNetzA geltend machen können, durch den Verstoß gegen § 42 Abs. 1 TKG in eigenen Rechten entsprechend § 42 Abs. 4 S. 5 TKG verletzt zu sein. Liegt eine Beeinträchtigung in eigenen Rechten vor, ist gleichzeitig eine Betroffenheit nach § 44 Abs. 1 S. 3 TKG gegeben. Der Begriff der Betroffenheit ist weit zu verstehen und erfordert lediglich, dass der Wettbewerber durch den Rechtsverstoß des Unternehmens beeinträchtigt wird. Anders als bei § 42 Abs. 4 S. 5 TKG wird eine Verletzung in eigenen Rechten nicht vorausgesetzt3. Rechtsfolgen des § 44 TKG sind auch hier Beseitigung, Unterlassung oder Schadensersatz. _______________
1 Vgl. BNetzA Beschl. v. 3.12.2004 – BK 2a 04/036, S. 6. 2 Zum Missbrauchsverfahren nach § 42 TKG siehe Teil H. Rz. 633 ff. 3 Vgl. Berl.Komm/Rugullis, § 44 TKG, Rz. 21.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 242 K
2.5.1.6.3 Durchsetzung der Betreiber(vor)auswahl durch die BNetzA Schließlich kann von Amts wegen die BNetzA ein Missbrauchsverfahren nach § 42 TKG gegen das verpflichtete Unternehmen einleiten, wenn dieses gegen seine Verpflichtung zur Betreiber(vor)auswahl verstößt und hierdurch andere Unternehmen unbillig behindert oder deren Wettbewerbsmöglichkeiten erheblich beeinträchtigt. Ein Vorgehen der BNetzA nach § 126 TKG kommt demgegenüber nur in Betracht, wenn das Missbrauchsverfahren nach § 42 TKG als speziellere Regelung nicht eingreift. Bei § 126 TKG handelt es sich um einen subsidiären Auffangtatbestand, der nur Anwendung findet, soweit das Gesetz keine speziellere Regelung enthält1.
240
2.5.1.7 Verfahrensfragen (AKNN) Die technische und operative Umsetzung der Betreiber(vor)auswahl erfolgt auf der Grundlage der vom Arbeitskreis für technische und betriebliche Fragen der Netzzusammenschaltung und Nummerierung (AKNN) erarbeiteten Spezifikationen. Diese regeln die „Betreiberauswahl“, „Administrative und betriebliche Abläufe bei der dauerhaften Voreinstellung des Verbindungsnetzbetreibers“, die „Entgeltinformationen für Endkunden über Netzgrenzen“ sowie die „Elektronische Schnittstelle für Preselectionaufträge“.
241
In der Regel wird der Preselection-Auftrag des Teilnehmers vom neuen Verbindungsnetzbetreiber an den Teilnehmernetzbetreiber (DTAG) weitergeleitet. Die DTAG verlangt dabei, dass sämtliche zur Abwicklung des Vertrages erforderlichen rechtlichen Einwilligungen des Kunden beim Verbindungsnetzbetreiber vorliegen, insbesondere eine unterschriebene Willenserklärung des Kunden hinsichtlich der Änderung der dauerhaften Voreinstellung2. Der Preselection-Auftrag wird zwar elektronisch an die DTAG übermittelt, muss aber in Papierform unterschrieben beim Verbindungsnetzbetreiber vorliegen. Die DTAG hat sich in der entsprechenden Vereinbarung das Recht vorbehalten, im Falle von Kundenbeschwerden innerhalb von 24 Stunden die Vorlage der unterschriebenen Willenserklärung zu verlangen3. Dieses Erfordernis sah die BNetzA als Behinderung bzw. Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen i. S. d. § 42 Abs. 1 TKG an4, für die eine sachliche Rechtfertigung nicht bestand5. Sie hat der DTAG mit Beschluss vom 18.7.2005 untersagt, den Abschluss einer Vereinbarung zur elektronischen Übermittlung von Preselection-Aufträgen von
242
_______________
1 Vgl. Begr. zu § 126 TKG (= § 124 TKG), BT-Drucks, 15/2316, S. 100. 2 Vgl. Spezifikation „Vereinbarung zur Übermittlung von Preselection-Auftragsdaten über elektronische Schnittstellen von den Verbindungsnetzbetreibern“. 3 Zu den Einzelheiten des Verfahrens, in dem es im Weiteren um die Nutzung von Informationen aus den Preselectionaufträgen zur Rückgewinnung von Kunden ging, vgl. Beschluss BNetzA v. 18.7.2005, BK 2a 04/029. 4 Zum Missbrauchsverfahren nach § 42 TKG siehe Teil H. Rz. 633 ff. 5 Vgl. Beschluss BNetzA v. 18.7.2005, BK 2a 04/029, S. 39.
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K Rz. 243
Kundenschutz und Universaldienst
der Verpflichtung abhängig zu machen, dass eine unterschriebene Willenserklärung des Kunden beim Verbindungsnetzbetreiber vorliegt1. Das Verwaltungsgericht Köln hat diese Untersagungsverfügung mit Urteil vom 26.10.2005 aufgehoben2. Inzwischen hat der BGH mit Urteil vom 10.10. 2006 eine kartellrechtliche Entscheidung des OLG Düsseldorf bestätigt, wonach die DTAG Anbietern von Sprachtelefonieverbindungen eine Umschaltung der Betreibervorauswahl (Preselection) nach mündlicher oder fernmündlicher Erklärung der Endkunden ermöglichen muss. Eine Vereinbarung, nach der der Anbieter sicherzustellen hat, dass ihm bei der elektronischen Übermittlung der Kundendaten an die DTAG eine unterschriebene Willenserklärung des jeweiligen Kunden vorliegt, ist sachlich nicht gerechtfertigt und damit kartellrechtswidrig3. 2.5.1.8 Beeinträchtigung der Betreiber(vor)auswahl 243
Eine Beschränkung oder Beeinträchtigung der Betreiber(vor)auswahl ist generell unzulässig. Weder darf die Möglichkeit zum Call-by-Call noch zur Preselection mit anderen Netzbetreibern vertraglich eingeschränkt oder ausgeschlossen werden4, noch darf dies auf technischer Ebene, z. B. durch Endgeräte mit einer Call-by-Call- oder Preselection-Sperre5, erfolgen.
244
Wird die Call-by-Call- bzw. Preselection-Möglichkeit des Kunden durch das zur Betreiber(vor)auswahl verpflichtete Unternehmen eingeschränkt (z. B. durch vertragliche Regelungen), bejaht die BNetzA regelmäßig eine erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung i. S. eines missbräuchlichen Verhaltens nach § 42 TKG. Dies folgt daraus, dass diejenigen Kunden, die sich zu einer dauerhaften und exklusiven Preselectioneinstellungverpflichtet haben, während der Vertragsdauer nicht mehr für Preselection-Angebote anderer Anbieter zur Verfügung stehen6. Die Ausschlussklausel kommt in ihrer Wirkung einem Koppelungsgeschäft gleich. Zwar werden die Kunden nicht gezwungen, Verbindungsleistungen ausschließlich über den voreingestellten Anbieter zu beziehen, jedoch wird der Kunde im Ergebnis gehindert, die Leistungen im Weg der Preselection über einen anderen Verbindungsnetzbetreiber zu beziehen, obwohl dieser Tarifwechsel für ihn möglicherweise sinnvoller wäre7. _______________
1 Vgl. Beschluss BNetzA v. 18.7.2005, BK 2a 04/029, S. 4. 2 Vgl. VG Köln, Urt. v. 26.10.2005 – Az.: 21 K 4418/05. 3 BGH, Urt. v. 10.10.2006 – KZR 26/05 (abrufbar unter www.bundesgerichtshof.de); OLG Düsseldorf, Urt. v. 4.5.2005 – VI-U (Kart) 8/05 (abrufbar unter der Rechtsprechungsdatenbank NRW – www.justiz.nrw.de). 4 Vgl. Beschluss BNetzA v. 20.9.2001, BK 2c 01/012. 5 Vgl. Beschluss BNetzA v. 3.12.2004, BK 2a 04/036; VG Köln Beschl. v. 8.8.2005 (Az. 21 L 1280/05) bzgl. der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Beschluss BK 2a 04/036. 6 Vgl. Beschluss BNetzA v. 20.9.2001, BK 2c 01/012. 7 Vgl. VG Köln, Urt. v. 4.11.2004 – 1 K 7854/01.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 247 K
Eine solche Beschränkung des Wettbewerbs wäre lediglich dann zulässig, wenn die festgestellte Beeinträchtigung und Behinderung von Wettbewerbern i. S. d. § 42 Abs. 1 S. 2 TKG sachlich gerechtfertigt wäre. Ob eine sachliche Rechtfertigung vorliegt, ist im Rahmen einer Interessenabwägung aller beteiligten Unternehmen unter Berücksichtigung des auf die Förderung des Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation abzielenden Gesetzeszweckes zu entscheiden1. Eine Verhaltensweise ist nach Auffassung der BNetzA sachlich nicht gerechtfertigt bzw. unbillig, wenn sie sich in erheblichem Ausmaß als Marktzutrittsschranke auswirken würde. Bezogen auf die Einschränkung der Betreiber(vor)auswahl ist daher entscheidend, ob das durch § 42 TKG gesetzlich geschützte Interesse der Wettbewerber an der Öffnung der Märkte das Interesse des Anbieters, Kunden durch die Beschränkung bzw. den Ausschluss von Call-by-Call bzw. Preselection an sich zu binden, überwiegt2. Regelmäßig wird dabei das Interesse der Wettbewerber an einer Öffnung der Märkte im Wege der Betreibervorauswahl überwiegen, da hierdurch letztlich die Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs und die Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte der Telekommunikation i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG erreicht wird.
245
Eine Einschränkung der Betreiber(vor)auswahl wird nur in absoluten Ausnahmekonstellationen zulässig sein, z. B. aus Gründen der Netzintegrität oder Netzsicherheit. Eine sachliche Rechtfertigung scheidet nach Auffassung der BNetzA selbst dann aus, wenn dem Kunden ein erheblicher finanzieller Vorteil gewährt wird, für den dieser eine Einschränkung seines Rechts auf Call-by-Call und Preselection in Kauf nehmen soll3. Dies bedeutet, dass die DTAG die Geltung der Verpflichtung gegenüber Endkunden im Grundsatz weder individualvertraglich noch im Rahmen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausschließen darf. Sie hat grundsätzlich auch jedes sonstige Verhalten zu unterlassen, das darauf gerichtet ist, die Verpflichtung zur Netzbetreiber(vor)auswahl zu unterlaufen4. Aus diesem Grund hat die BNetzA der DTAG untersagt, Informationen, die sie im Zusammenhang mit der Bearbeitung des Preselection-Auftrags erlangt, zur Rückgewinnung von Kunden zu nutzen5. Diese Untersagung ist inzwischen vom VG Köln bestätigt worden6.
246
Die Betreiber(vor)auswahl kann allerdings auch durch wettbewerbswidrige Verhaltensweisen beeinträchtigt werden, die auf dem Zivilrechtsweg verfolgt werden müssen. In den bisher bekannt gewordenen Verfahren ging es in der Regel um die wettbewerbswidrige Rückgewinnung von Kunden unter der Verwendung der Informationen, welche die DTAG aufgrund der Pre-
247
_______________
1 2 3 4 5 6
Vgl. Beschluss BNetzA v. 3.12.2004, BK 2a 04/036, S. 9. Vgl. Beschluss BNetzA v. 3.12.2004, BK 2a 04/036, S. 9. Vgl. Beschluss BNetzA v. 20.9.2001 – BK 2c 01/012. Vgl. Beschluss BNetzA v. 23.6.2006 – BK 2a 06/001-R, S. 50. Vgl. Beschluss BNetzA v. 18.7.2005 – BK 2a 04/029, S. 47 f. Vgl. VG Köln, Urt. v. 26.10.2005, 21 K 4418/05, S. 14.
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K Rz. 248
Kundenschutz und Universaldienst
selectionaufträge erlangt hat, oder um die Behinderung der Wettbewerber bei der Preselection-Umstellung1. 2.5.2 Angebot von Mietleitungen (§ 41 TKG) 248
Der § 41 TKG legt die Maßstäbe fest, anhand derer die BNetzA Regulierungsmaßnahmen in Bezug auf ein Mindestangebot an Mietleitungen trifft. Ziel der Regelung ist es, eine Mindestversorgung mit Mietleitungen sicherzustellen, soweit auf dem Markt für die Bereitstellung eines Teils oder der Gesamtheit von Mietleitungen kein wirksamer Wettbewerb herrscht. Die Bereitstellung von Mietleitungen zu angemessenen und nichtdiskriminierenden Konditionen ist eine zentrale Voraussetzung für eine Vielzahl von Angeboten im Bereich der Telekommunikation. Sowohl Endnutzer, insbesondere aber auch Telekommunikationsanbieter sind auf Mietleitungen, beispielsweise zur Bereitstellung eigener Angebote, zwingend angewiesen. Die Bereitstellung soll daher unter Beachtung der Grundsätze der Nichtdiskriminierung, Kostenorientierung und Transparenz erfolgen2. 2.5.2.1 Adressaten und Begünstigte der Verpflichtung
249
Adressaten des § 41 TKG sind Unternehmen, die auf dem Markt für die Bereitstellung eines Teils oder der Gesamtheit des Angebots an Mietleitungen über beträchtliche Marktmacht verfügen. Hinsichtlich der Marktabgrenzung kann auf den Markt 7 der Empfehlung der Kommission über relevante Produkt- und Dienstmärkte verwiesen werden3. Entscheidende Voraussetzung ist das Bestehen beträchtlicher Marktmacht. Diese muss in Bezug auf einen Teil oder die Gesamtheit des Angebots an Mietleitungen bestehen. Die entsprechende Feststellung erfolgt durch die BNetzA aufgrund der Marktanalyse nach § 11 TKG4.
250
Zum Kreis der Begünstigten enthält der § 41 TKG keine Aussage. Wegen des Fehlens einer ausdrücklichen Regelung kann darauf geschlossen werden, dass sowohl Endnutzer als auch Telekommunikationsunternehmen begünstigt werden.
251
Vertreten wird allerdings auch, dass § 41 TKG nur auf Mietleitungen für Endnutzer bezogen sei5. Diese Auffassung ist abzulehnen. Weder der Wortlaut der Norm, noch die Frage der Entgeltregulierung sprechen für eine derartige Auslegung. In § 41 Abs. 3 TKG wird hinsichtlich der Entgeltregulierung auf die §§ 27 bis 39 TKG verwiesen. Dies wäre nicht notwendig, wenn _______________
1 Zur Behinderung bei Preselection-Umstellung vgl. OLG Frankfurt a. M. – Az.: 6 U 169/02, MMR 2005, 51. 2 Begr. zu § 41 TKG, BT-Drucks. 15/2316, S. 71. 3 Empfehlung der Kommission v. 11.2.2003, 2003/311/EG. 4 Zum Verfahren der Marktabgrenzung siehe Teil G. Rz. 167 ff. 5 Berl.Komm/Mozek, § 41 Rz. 10.
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Rz. 253 K
Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
die Verpflichtung zur Bereitstellung von Mietleitungen auf Endnutzer beschränkt bliebe, d. h. nur Endnutzerleistungen i. S. d. § 39 TKG umfassen würde. In diesem Fall wäre ein Verweis auf § 39 TKG ausreichend. Der Gesetzgeber hat indes auf alle Normen im Bereich der Entgeltregulierung verwiesen. Hieraus ergibt sich, dass bei § 41 TKG eine Entgeltregulierung sowohl bei Vorleistungen als auch bei Endnutzerleistungen möglich ist. Eine Beschränkung auf Endnutzerleistungen kann hieraus nicht gefolgert werden. Ebenso wenig kann aus dem systematischen Zusammenhang der URL, die nach Art. 1 Abs. 1 „die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste für Endnutzer“ betrifft, auf eine Beschränkung des § 41 TKG auf Endnutzer geschlossen werden. Der § 41 TKG ist, wie auch die Gegenmeinung vertritt, aufgrund der Stellung der Vorschrift im 2. Teil des TKG keine Aufgabe mehr des klassischen Universaldienstes1. Aus den allgemeinen Regelungen der URL kann daher kein Argument für eine einschränkende Auslegung des § 41 TKG abgeleitet werden. Ebenso wenig enthält der Art. 18 URL eine Einschränkung des Mindestangebots auf Endnutzer. Es spricht daher einiges dafür, dass die BNetzA auch zugunsten von Telekommunikationsunternehmen ein Mindestangebot an Mietleitungen im Vorleistungsbereich auf Basis des § 41 TKG anordnen kann2.
252
2.5.2.2 Inhalt der Verpflichtung/Anordnung durch die BNetzA Der Inhalt der Verpflichtung nach § 41 TKG bezieht sich auf die Bereitstellung eines Mindestangebots an Mietleitungen entsprechend des jeweils gültigen Verzeichnisses von Normen, welches die Kommission auf der Grundlage des Art. 17 der RRL erstellt3. Der konkrete Inhalt der Verpflichtung ist folglich dynamisch, da er sich nach dem jeweils aktuellen Verzeichnis richtet. Ähnlich einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift obliegt es dabei der Kommission, den genauen Inhalt der Verpflichtung festzulegen. Dies dürfte gesetzesdogmatisch nach Art. 103 II GG noch zulässig sein, zumal die Kommission das jeweils gültige Verzeichnis im Amtsblatt der EU nach Art. 17 RRL als verbindlich veröffentlichen muss. Probleme können sich aber bei der Bestimmtheit des Verwaltungsakts (§ 37 VwVfG) ergeben, in dessen Rahmen die BNetzA das Unternehmen nach § 41 TKG verpflichtet. Hier wird ein bloßer Hinweis auf das Kommissionsverzeichnis nicht ausreichen. Aus Gründen der Bestimmtheit müssen die aktuellen Regelungen der Kommission im Rahmen des Verwaltungsakts aufgeführt werden. Für den Fall von Änderungen ist ein Änderungsvorbehalt als Nebenbestimmung vorzusehen. Der Verwaltungsakt ist nach dem _______________
1 Berl.Komm/Mozek, § 41 Rz. 3. 2 A. A. Berl.Komm/Mozek, § 41 Rz. 11. 3 Vgl. Beschluss der Kommission v. 24.7.2003, Abl. EU Nr. L 186 v. 25.7.2003, S. 43.
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K Rz. 254
Kundenschutz und Universaldienst
Grundsatz der Rechtmäßigkeit der Verwaltung von Amts wegen anzupassen, soweit sich die Vorgaben der Kommission ändern. 254
255
Nach dem derzeit aktuellen Kommissionsdokument sind folgende Mietleitungstypen als Mindestangebot im Rahmen des § 41 TKG bereitzustellen: –
Analoge Mietleitungen mit einer Sprachbandbreite normaler Qualität der Varianten 2 Draht (ETSI EN 300 4481) und 4 Draht (ETSI EN 300 451) sowie Sprachbandbreite besonderer Qualität der Varianten 2 Draht (ETSI EN 300 449) und 4 Draht (ETSI EN 300 452)
–
Digitale Mietleitungen mit einer Bandbreite von 64 kbit/s (ETSI EN 300 288 und ETSI EN 300 289), 2.048 kbit/s unstrukturiert (ETSI EN 300 418 und ETSI EN 300 247) sowie 2.048 kbit/s strukturiert (ETSI EN 300 418 und ETSI EN 300 419).
Der BNetzA steht nach dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessensspielraum zu. Kommt sie im Rahmen der Marktanalyse nach § 11 TKG zu der Feststellung beträchtlicher Marktmacht, hat sie die Verpflichtung nach § 41 TKG als gebundene Entscheidung aufzuerlegen2. 2.5.2.3 Transparenzgebot (§ 41 Abs. 2 TKG)
256
Der § 41 Abs. 2 TKG dient der Umsetzung des Transparenzgebots3. Die nach Abs. 1 verpflichteten Unternehmen haben hierzu Informationen über die angebotenen Mietleitungen in Bezug auf technische Merkmale, Tarife und Lieferbedingungen zu veröffentlichen. Die Anforderungen ergeben sich im Einzelnen aus den Bedingungen der Punkte 3.1 bis 3.3 des Anhangs VII URL, auf die § 41 Abs. 2 TKG Bezug nimmt. Zudem ist die BNetzA berechtigt, hinsichtlich der Lieferbedingungen nach Punkt 3.3 erforderlichenfalls Zielvorgaben festzusetzen. Die einzelnen Bedingungen sind folgende:
257
„3.1 Technische Merkmale, einschließlich der physischen und elektrischen Kenndaten sowie detaillierte technische Spezifikationen und Leistungsspezifikationen für den Netzabschlusspunkt. 3.2 Tarife, einschließlich der Gebühren für die erstmalige Bereitstellung des Anschlusses, regelmäßige Mietgebühren und andere Gebühren. Falls es gestaffelte Tarife gibt, ist dies anzugeben. 3.3 Lieferbedingungen, einschließlich folgender Mindestangaben: – Informationen über das Auftragsverfahren – typische Lieferfrist: die Zeitspanne, in der 95 % aller Mietleitungen desselben Typs zu den Kunden durchgeschaltet worden sind; diese Frist wird von dem Zeit_______________
1 Die genannten Referenzdokumente können bei der ETSI angefordert werden (Postanschrift: F-06921 Sophia Antipolis Cedex, Telefon (33) 4 9294 4241; E-Mail: [email protected]; Webseite: http://www.etsi.fr). 2 So auch Berl.Komm/Mozek, § 41 TKG, Rz. 18. 3 Siehe Rz. 248.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 260 K
punkt an berechnet, zu dem der Benutzer einen förmlichen Antrag für eine Mietleitung gestellt hat. Diese Frist wird aufgrund der tatsächlichen Lieferfristen für Mietleitungen während eines Zeitraums von angemessener Dauer in der jüngsten Vergangenheit ermittelt. Bei der Berechnung dürfen keine Fälle berücksichtigt werden, bei denen der Kunde selbst eine längere Lieferfrist verlangt hat; – Vertragslaufzeit: sie umfasst die grundsätzlich vorgesehene Vertragsdauer und die Mindestlaufzeit, die der Benutzer akzeptieren muss; – typische Reparaturzeit: die Zeitspanne von der Fehlermeldung an die zuständige Stelle des Unternehmens, das gemäß Art. 18 Abs. 1 als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht ermittelt wurde, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem 80 % aller Mietleitungen desselben Typs wieder hergestellt und zutreffendenfalls dem Benutzer als wieder funktionsfähig gemeldet worden sind. Falls für ein und denselben Mietleistungstyp unterschiedliche Reparaturqualitäten angeboten werden, werden die jeweiligen typischen Reparaturzeiten veröffentlicht; – Rückerstattungsmodalitäten jeglicher Art. Ist darüber hinaus ein Mitgliedsstaat der Auffassung, dass die bei der Bereitstellung des Mindestangebots an Mietleitungen erreichte Leistung dem Bedarf der Nutzer nicht gerecht wird, kann er angemessene Zielvorgaben für die oben aufgeführten Lieferbedingungen festlegen.“
2.5.2.4 Entgeltregulierung (§ 41 Abs. 3 TKG) Der Abs. 3 stellt klar, dass bezüglich der Entgeltregulierung die §§ 27 bis 39 TKG Anwendung finden. Je nachdem, ob es sich um Endnutzerleistungen oder um Zugangsleistungen handelt, richtet sich die Entgeltregulierung daher entweder nach § 39 TKG oder §§ 30 ff. TKG. Darüber hinaus stellt der S. 2 klar, dass die Vorschriften zur Zugangsregulierung nach den §§ 16 bis 26 TKG unberührt bleiben.
258
2.5.3 Berücksichtigung der Interessen behinderter Menschen (§ 45 TKG) Der § 45 TKG bestimmt, dass bei der Planung und Erbringung von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit die Interessen behinderter Menschen besonders zu berücksichtigen sind. Insbesondere ist ein Vermittlungsdienst für gehörlose und hörgeschädigte Menschen unter Berücksichtigung ihrer besonderen Bedürfnisse einzurichten. Ziel der Bestimmung ist es, behinderten Menschen den Zugang zu öffentlichen Telekommunikationsdiensten zu erleichtern und ihnen eine Teilnahme an der Kommunikation auch mit hörenden Menschen zu ermöglichen1.
259
Bei der Norm handelt es sich eher um eine sozialpolitische Absichtserklärung des Gesetzgebers als um die Vorgabe konkreter Maßnahmen zur Verbesserung der Teilhabe behinderter Menschen an modernen Kommuni-
260
_______________
1 Begr. zu § 45 TKG, BT- Drucks. 16/2581, S. 24.
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K Rz. 261
Kundenschutz und Universaldienst
kationsmitteln1. Unklar bleibt vor allem welche behindertengerechten Dienste in Betracht kommen, wie diese in der Praxis realisiert werden sollen, welche Anbieter zur Bereitstellung solcher Dienste bereit sind bzw. verpflichtet werden können und welche technischen Maßnahmen zu deren Umsetzung erforderlich sind. Einzig die Einführung des bereits angesprochenen Vermittlungsdienstes ist in diesem Kontext näher konkretisiert und kann von der BNetzA als Verpflichtung auferlegt werden (vgl. nachfolgend Rz. 264 f.). Angesichts der genannten Unklarheiten ist davon auszugehen, dass hinsichtlich der mit § 45 TKG verbundenen Pflichten sowie den sich stellenden Umsetzungsfragen die BNetzA eine Anhörung der betroffenen Kreise durchführen wird. 2.5.3.1 Behinderte Menschen 261
Der § 45 TKG enthält keine nähere Definition des Begriffs „behinderte Menschen“. In Rückgriff auf Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG, der das grundgesetzliche Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen enthält, ist von einer Behinderung dann auszugehen, wenn eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung eines Menschen vorliegt, die auf einen regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand zurückzuführen ist2. Der Begriff der Behinderung wird ferner durch das Regelungsziel des § 45 TKG näher bestimmt. Die Vorschrift soll behinderten Menschen die Teilnahme an Telekommunikationsdiensten ermöglichen. Unter Behinderung i. S. d. § 45 TKG wird daher jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand zu verstehen sein, der einen Menschen an der Nutzung von Telekommunikationsdiensten hindert oder beeinträchtigt3. Die URL nennt beispielhaft Gehörlose, Sprachgestörte, Blinde oder Sehbehinderte4. 2.5.3.2 Behindertengerechte Telekommunikationsdienste
262
Hinsichtlich der behindertengerechten Gestaltung von Telekommunikationsdiensten ist die Norm offen formuliert. Wie bereits angesprochen bleibt dabei unklar, welche Maßnahmen konkret zur behindertengerechten Gestaltung eines Telekommunikationsdienstes vorgesehen werden müssen. Klar ist allerhöchstens, dass ein Vermittlungsdienst für gehörlose und hörgeschädigte Menschen unter Berücksichtigung von deren besonderen Bedürfnissen eingerichtet werden soll. Die Gesetzbegründung führt hierzu aus, dass es hörbehinderten Menschen ermöglicht werden soll, an der Kommunikation auch mit hörenden Menschen teilzuhaben. Der Hinweis auf _______________
1 So auch Berl.Komm/Rugullis, § 45 TKG, Rz. 23; Beck TKG-Komm/Dahlke, 3. Aufl., § 45 Rz. 16. 2 Maunz/Dürig/Scholz, Komm. zu GG Art. 3 Rz. V 176; Sachs/Schulze-Osterloh, Art. 3 GG Rz. 309 ff.; Dreher/Heun, Art. 3 GG Rz. 135. 3 Berl.Komm/Rugullis, § 45 Rz. 11. 4 Erwägungsgrund Nr. 13 URL.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 265 K
gehörlose und hörgeschädigte Menschen soll deren unterschiedliche kommunikative Bedürfnisse verdeutlichen und sicherstellen, dass sich die Betroffenen wahlweise über die Deutsche Gebärdensprache oder die Deutsche Schriftsprache verständigen können1. Außer diesen knappen Aussagen zu den Funktionalitäten des Vermittlungsdienstes enthält der § 45 TKG keine weiteren Hinweise, wie ein solcher Dienst im Einzelnen technisch gestaltet oder realisiert werden kann. Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass die Deutsche Telekom AG derzeit ein Pilotprojekt zur Errichtung von Vermittlungsdiensten für gehörlose und hörgeschädigte Menschen durchführt2. Einen Eindruck über mögliche behindertengerechte Dienste vermittelt der Erwägungsgrund Nr. 13 der URL. Zu den besonderen Maßnahmen für behinderte Nutzer kann danach die Bereitstellung öffentlich zugänglicher Telefone, öffentlicher Schreibtelefone oder gleichwertige Maßnahmen für Gehörlose und Sprachgestörte sowie die kostenlose Bereitstellung von Auskunftsdiensten oder gleichwertige Maßnahmen für Blinde und Sehbehinderte gehören. Hinzu kommt die Bereitstellung von Einzelverbindungsnachweisen in einem alternativen Format für Blinde und Sehbehinderte. Besondere Maßnahmen müssen ggf. auch getroffen werden, damit behinderte Nutzer die Notrufnummern nutzen können und eine ähnliche Möglichkeit zur Auswahl verschiedener Betreiber oder Diensteanbieter haben wie andere Verbraucher3. Angesichts dieser ebenfalls nur vagen Beschreibung bleibt letztlich abzuwarten, welche zusätzlichen Dienste für behinderte Menschen neben dem Vermittlungsdienst in der Praxis entstehen.
263
2.5.3.3 Vermittlungsdienste Der § 45 S. 3 TKG betrifft den bereits angesprochenen Vermittlungsdienst für gehörlose und hörgeschädigte Menschen. Hiernach hat die BNetzA den allgemeine Bedarf hinsichtlich Umfang und Versorgungsgrad des Vermittlungsdienstes unter Beteiligung der betroffenen Verbände und Unternehmen festzustellen. Die Pflicht zur Einrichtung eines Vermittlungsdienstes hängt dabei von einer entsprechenden Bedarfsfeststellung durch die BNetzA ab. Hiermit ist erst nach Abschluss des oben angesprochenen Pilotprojekts zu rechnen. Gegenwärtig besteht daher keine Verpflichtung, einen derartigen Dienst anzubieten.
264
Zur Sicherstellung des Vermittlungsdienstes ist die BNetzA nach § 45 S. 4 TKG ermächtigt, den Unternehmen entsprechende Verpflichtungen aufzuerlegen. Das heißt, die BNetzA kann die Einführung eines solchen Dienstes im Verfügungswege und unter Einsatz der Verwaltungsvollstreckung durchsetzen. Dies ist aus Verhältnismäßigkeitsgründen allerdings erst möglich,
265
_______________
1 Begr. zu § 45 TKG, BR-Drucks. 359/06, S. 42. 2 Begr. zu § 45 TKG, BR-Drucks. 359/06, S. 42. 3 Erwägungsgrund Nr. 13 der URL (RL 2002/22/EG).
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K Rz. 266
Kundenschutz und Universaldienst
wenn der Dienst nicht auf „freiwilliger“ Basis eingeführt werden sollte. Der mögliche Adressatenkreis einer solchen Verpflichtung, der sich nach seinem Wortlaut ohne Einschränkung auf alle Unternehmen bezieht, ist allerdings zu weit gefasst. Die Pflicht zur Berücksichtigung der Interessen behinderter Menschen bezieht sich nach dem Wortlaut des § 45 S. 1 TKG auf die Planung und Erbringung von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit. Demnach ist auch der Adressatenkreis im Wege einer teleologischen Reduktion auf die Anbieter solcher Dienste zu beschränken.
2.5.4 Nutzung von Grundstücken (§ 45a TKG) 266
Der § 45a TKG betrifft die Nutzung von Grundstücken, die für die Bereitstellung des Zugangs zu einem öffentlichen Telekommunikationsnetz benötigt werden. Die Regelung knüpft an den § 10 TKV 1997 an. Ohne Einwilligung der dinglich berechtigten Person ist ein Netzbetreiber nicht befugt, auf fremden Grundstücken Telekommunikationseinrichtungen zu errichten, zu überprüfen und/oder zu warten. Die Grundstückseigentümererklärung gibt dem Berechtigten das Recht, sämtliche Einrichtungen auf dem Grundstück anzubringen, die erforderlich sind, um seinen vertraglichen Verpflichtungen zur Bereitstellung von Telekommunikationseinrichtungen bis hin zur Telekommunikationsabschlusseinrichtung beim einzelnen Endnutzer gerecht zu werden. Der Netzbetreiber kann wie bisher den Abschluss eines Vertrages mit dem Endnutzer verweigern bzw. sich solange vorbehalten, bis der Nutzungsvertrag mit dem Grundstückeigentümer geschlossen ist1. Zu den Einzelheiten wird auf Teil F. Rz. 334 ff. verwiesen.
2.5.5 Zugang zu öffentlichen TK-Netzen an festen Standorten (§ 45d TKG) 267
Der § 45d TKG konkretisiert die Pflichten im Bereich der Zugangsgewährung zu öffentlichen Telekommunikationsnetzen an festen Standorten. Die Regelung knüpft an die Bestimmung des früheren § 13 TKV 1997 an. Im Gegensatz zu § 13 TKV 1997 behandelt der § 45d TKG allerdings nur noch die Installation des Netzzugangs (siehe nachfolgend Rz. 268 f.), die netzseitige Rufnummernsperre (siehe nachfolgend Rz. 271 f.) sowie die Weiterleitung der Kündigung im Fall des Anbieterwechsels (siehe nachfolgend Rz. 278 f.).
2.5.5.1 Installation des Netzzugangs (§ 45d Abs. 1 TKG) 268
Gemäß § 45d Abs. 1 TKG ist der Zugang zu öffentlichen Telekommunikationsnetzen an festen Standorten an einer mit dem Teilnehmer2 zu vereinbarenden, geeigneten Stelle zu installieren. Der Kunden soll hierdurch die _______________
1 Siehe Begr. zu § 45a TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 24. 2 Zur Begrifflichkeit siehe oben Rz. 10.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 270 K
Möglichkeit erhalten, die Endgeräte und die Inhouseverkabelung unabhängig von seinem Netzbetreiber auszuwählen und in Eigenregie zu installieren bzw. installieren zu lassen1. Die Installationswünsche des Kunden (z. B. außen am Gebäude, im Keller oder in bestimmten Räumen) sind zu respektieren. Allerdings muss die Stelle für den Anschluss auch geeignet sein, d. h. die Installation muss unter Berücksichtigung sowohl technischer als auch baulicher Aspekte an dem gewünschten Ort möglich sein. Dass die Installation unter Einhaltung verbindlicher technischer Normen erfolgen muss, ergibt zum einen aus der Veröffentlichung von verbindlichen technischen Normen durch die Kommission (vgl. Art. 17 Abs. 4 RRL) sowie aus § 45c TKG2. Eine Vorgabe hinsichtlich der Installationskosten enthält der § 45d TKG nicht. Üblicherweise erfolgt die Installation gegen ein pauschales Entgelt, welches im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Preislisten mit dem Kunden vereinbart wird. Ist die gewünschte Installation jedoch besonders aufwändig oder kostenintensiv, wird das pauschale Entgelt den Installationsaufwand in der Regel nicht abdecken. In diesem Fall ist dem Anbieter des Netzzugangs zu empfehlen, eine gesonderte Kostenregelung mit dem Kunden für den besonderen Installationsaufwand zu vereinbaren oder in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorzusehen. In der Regel bietet sich hier eine erhöhte Zusatzpauschale oder eine Kostenübernahme durch den Kunden in Höhe des tatsächlichen Installationsaufwandes an. Eine Klausel zur zusätzlichen Kostenübernahme durch den Kunden muss – insbesondere unter Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen – transparent gestaltet werden, beispielsweise indem die Kostenübernahme erst bei Überschreiten eines gewissen Installationsaufwandes eingreift. Die möglichen Zusatzkosten sollten aus Gründen der Preistransparenz zudem nach oben hin begrenzt werden, beispielsweise durch Angabe einer maximalen Beteiligungsquote o. ä. Anderenfalls kann der Teilnehmer sein mögliches Kostenrisiko nicht zuverlässig überblicken.
269
Hinsichtlich nachträglicher Änderungswünsche enthält die Vorschrift keine ausdrückliche Regelung. Aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, dass der Teilnehmer den Installationsort selbst bestimmen kann, kann nicht geschlossen werden, dass der Netzbetreiber auch zu einer späteren Verlegung des Netzzugangs auf Wunsch des Kunden verpflichtet ist3. Die Auferlegung einer solchen Pflicht ist mit Blick auf die Liberalisierung und den Wettbewerb im Bereich der Endgeräte und Inhouseverkabelung überflüssig und damit unverhältnismäßig. Bei der Erstinstallation des Netzzugangs ist dies anders zu beurteilen. Hier ist eine entsprechende Verpflichtung verhältnismäßig, da der Teilnehmer erstmalig zum Zwecke einer funktionierenden
270
_______________
1 Vgl. Beck TKG-Komm/Piepenbrock, 2. Aufl., § 13 TKV, Rz. 2. 2 Vgl. oben Rz. 56. 3 So aber Beck TKG-Komm/Piepenbrock, 2. Aufl., Anh. § 41, § 13 TKV, Rz. 2.
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K Rz. 271
Kundenschutz und Universaldienst
Kommunikation mit anderen Teilnehmern Zugang zu einem öffentlichen Telekommunikationsnetz erhält und bei der Erstinstallation Wünsche des Kunden auch einfacher berücksichtigt werden können. Nicht ausgeschlossen ist jedoch, dass der Anbieter eine Verlegung des Netzzugangs als Zusatzleistung gegen gesondertes Entgelt anbietet.
2.5.5.2 Netzseitige Anrufsperre (§ 45d Abs. 2 TKG) 271
Der Teilnehmer kann von einem Anbieter von öffentlich zugänglichen Telefondiensten an einem festen Standort gemäß § 45d Abs. 2 TKG verlangen, dass die Nutzung seines Netzzugangs für bestimmte Rufnummernbereiche i. S. v. § 3 Nr. 18a TKG unentgeltlich netzseitig gesperrt wird. Gleiches gilt im Verhältnis zum Anbieter des Anschlusses an das öffentliche Telefonnetz. Die Sperre steht unter dem Vorbehalt der technischen Realisierbarkeit. Sie ist nach Wunsch des Teilnehmers auf bestimmte Rufnummernbereiche zu beschränken. Der Begriff Rufnummernbereich definiert sich gemäß § 3 Nr. 18a TKG als eine für eine bestimmte Nummernart bereitgestellte Teilmenge des Nummernraums für das öffentliche Telefonnetz. Hierzu zählen beispielsweise die Rufnummerngassen für Mehrwertdienste wie Premium-Rate-, Shared-Cost- oder auch Nationale Teilnehmerrufnummern, die teilweise mit erheblichen Kosten für den Anrufer verbunden sind.
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Das Ziel der Regelung besteht vor dem besagten Hintergrund darin, hohe Forderungsaufkommen, die durch die Anwahl von teuren Informations- und Mehrwertdiensten entstehen können, zu vermeiden1. D. h. auf Verlangen des Teilnehmers sind bestimmte Rufnummernbereiche, insbesondere zu Rufnummerngassen im Bereich der Mehrwertdienste, zu sperren. Die Regelung dient gleichzeitig der Umsetzung von Art. 10 in Verbindung mit Anhang I Teil A URL. Danach stellen die Mitgliedsstaaten sicher, dass besondere Einrichtungen und Dienste bereitgestellt werden, damit die Teilnehmer ihre Ausgaben überwachen und steuern können, um so eine nicht gerechtfertigte Abschaltung des Dienstes zu vermeiden. Die europarechtliche Vorgabe zur selektiven Sperre findet sich im Anhang I Teil A. lit. b. URL: Der Teilnehmer ist hiernach berechtigt, beim Telefondienstanbieter abgehende Verbindungen bestimmter Arten oder bestimme Arten von Nummern kostenlos sperren zu lassen.
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1 Begr. zu § 45d TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 25.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 276 K
2.5.5.2.1 Adressatenkreis Verpflichtet nach § 45d Abs. 2 TKG sind gleichermaßen die Anbieter von öffentlich zugänglichen Telefondienst an einem festen Standort1 als auch die Anbieter des Anschlusses an das öffentliche Telefonnetz2.
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2.5.5.2.2 Umfang der Sperre Der Umfang der Sperre ist offen formuliert und erfasst sowohl abgehende als auch ankommende Verbindungen. Denn anders als die URL, die sich nur auf abgehende Verbindungen bezieht, spricht der § 45d TKG von der Nutzbarkeit des Netzzugangs. Hieraus kann geschlossen werden, dass grundsätzlich beide Kommunikationsrichtungen erfasst werden sollen. Zwar ist in der Regel nur eine Sperre für abgehende Verbindungen relevant, da nur für solche Verbindungen eine Entgeltpflicht besteht und daher auch das erhöhte Risiko eines hohen Forderungsaufkommens besteht. Jedoch kann mit Blick auf R-Gespräche auch eine Sperre für ankommende Verbindungen Sinn machen. Letztlich bestimmt der Teilnehmer den genauen Umfang der Sperre. Eine differenzierte (selektive) Sperre hinsichtlich einzelner Rufnummernbereiche innerhalb einer Rufnummerngasse ist ebenfalls möglich (z. B. in der Rufnummerngasse (0)900 nur bezüglich des Bereichs (0)900-1)3.
274
2.5.5.2.3 Realisierung der Sperre Die Sperre hat nach der Ratio des § 45d TKG netzseitig zu erfolgen, soweit dies technisch möglich ist. Die Gesetzesbegründung sieht allerdings vor, dass die Vorgabe des § 45d TKG auch dann erfüllt ist, wenn eine Technik zur Verfügung steht, die es dem Kunden ermöglicht, mit seinem Endgerät die Sperre im Netz auszulösen4. Dies versteht sich aus Gründen der Verhältnismäßigkeit von selbst. Bestehen andere, ebenso effektive Sperrungsmöglichkeiten, bedarf es nicht mehr der netzseitigen Sperrung. Das heißt, der Teilnehmer kann auf diese anderweitige Sperrungsmöglichkeit verwiesen werden, wobei zu beachten ist, dass auch diese unentgeltlich vom jeweiligen Anbieter zur Verfügung gestellt werden muss (vgl. nachfolgend Rz. 277).
275
Die Einrichtung und Umsetzung der Sperre im Netz hängt schließlich von der technischen Realisierbarkeit ab. Dies umfasst zum einen die Frage, ob die Sperre bezogen auf den jeweiligen Anschluss des Kunden überhaupt technisch umgesetzt werden kann. Zum anderen die Frage, ob dem jeweili-
276
_______________
1 Zum Begriff des öffentlich zugänglichen Telefondienstes an festen Standorten siehe Rz. 181 f. 2 Zum Begriff des Anschlusses an das öffentliche Telefonnetz siehe Rz. 76. 3 Vgl. Begr. zu § 45d TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 25. 4 Vgl. Begr. zu § 45d TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 25.
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K Rz. 277
Kundenschutz und Universaldienst
gen Anbieter die Einrichtung der Sperre unter Berücksichtigung technischer Gründe zumutbar ist. Sofern die Sperre beispielsweise die Netzintegrität, Netzsicherheit oder aber die Verbindungssicherheit des Telefondienstes beeinträchtigt, ist eine Einrichtung der Sperre technisch zwar möglich, dem Anbieter jedoch nicht zumutbar.
2.5.5.2.4 Unentgeltlichkeit der Sperre 277
Die Einrichtung der Sperre hat unentgeltlich zu erfolgen. Lediglich für die Freischaltung eines gesperrten Rufnummernbereichs kann ein Entgelt verlangt werden, wie § 45d Abs. 2 S. 2 TKG ausdrücklich klarstellt1. Einrichtungspauschalen für eine netzseitige Sperre können daher nicht mehr in Rechnung gestellt werden. Lediglich Freischaltungspauschalen bleiben auch zukünftig möglich.
2.5.5.3 Weiterleitung der Kündigung (§ 45d Abs. 3 TKG) 278
Der § 45d Abs. 3 TKG sieht vor, dass der Teilnehmer die Kündigung seines Vertragsverhältnisses durch einen anderen (seinen neuen) Anbieter an den „alten“ Anbieter übermitteln lassen kann. Die Regelung dient, wie schon die Vorläuferreglung in § 13 TKV 1997, dem Wettbewerb um Kundenverhältnisse2. Im Interesse der Kunden sowie der neuen Anbieter soll die wettbewerbsrechtlich möglicherweise problematische Weiterleitung der Kündigung durch den neuen Anbieter gewährleistet werden3.
279
Die zivilrechtliche Frage, wann die Kündigung im Fall der Weiterleitung wirksam wird, mit dem Zugang beim neuen oder alten Anbieter, lässt der § 45d Abs. 3 TKG offen4. Der neue Anbieter ist regelmäßig kein Empfangsvertreter oder Empfangsbote des alten Anbieters. Die Kündigung wird daher erst mit dem Zugang beim alten Vertragspartner gemäß § 130 BGB wirksam. Dies hat zur Folge, dass eine fristgerechte Kündigung des Teilnehmers von der rechtzeitigen und zeitnahen Weiterleitung der Kündigung durch den neuen Anbieter abhängt. Erfolgt die Weiterleitung nicht rechtzeitig, besteht die Gefahr, dass das alte Vertragverhältnis mangels Einhaltung der Kündigungsfrist bis zum nächstmöglichen Kündigungszeitpunkt fortbesteht. Entsteht dem Teilnehmer hierdurch ein Schaden, wird er diesen bei seinem neuen Anbieter geltend machen müssen.
_______________
1 2 3 4
Vgl. Begr. zu § 45d TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 25. Vgl. Begr. zu § 45d TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 25. Vgl. Begr. zu § 12 TKV (= § 13 TKV 1997), BR-Drucks. 551/97, S. 33. Vgl. Begr. zu § 45d TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 25.
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Rz. 281 K
Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
2.5.6 Dauerschuldverhältnisse bei Kurzwahldiensten (§ 45l TKG) Der § 45l TKG soll Teilnehmer vor den typischen Gefahren der über Kurzwahlnummern erbrachten Mehrwertdienste schützen. Die Gesetzesbegründung führt hierzu aus, dass insbesondere bei Premium-SMS-Diensten1, aber auch bei MMS-Diensten2 zum Teil erhebliche Kosten entstehen können, denen sich der Kunde nicht bewusst ist. Zudem ist hier eine effektive Kostenkontrolle durch „vorausbezahlte Leistungen“ i. S. d. § 45f TKG allein nicht ausreichend. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vieler Anbieter von Prepaid-Produkten können Zusatzdienste, zu denen auch Kurzwahldienste zählen, in der Regel auch nach Aufbrauchen des Vorleistungsbetrags abgerechnet werden. D. h., der Kunde hat keine Kostenkontrolle, selbst wenn er Prepaid-Produkte nutzt. Darüber hinaus ist der Vertragsinhalt von derartigen Dauerschuldverhältnissen und Abonnement-Verträgen häufig unklar und lässt insbesondere nicht erkennen, welche Möglichkeiten zur Beendigung des Vertrags für den Teilnehmer bestehen3. Der § 45l TKG schafft vor diesem Hintergrund detaillierte Transparenz- und Aufklärungspflichten für die Anbieter solcher Dienste und etabliert Maßnahmen zum Schutz des Kunden4.
280
2.5.6.1 Anwendungsbereich/Begriffsbestimmung Auf den ersten Blick scheint die Vorschrift einen weiten, uferlosen Anwendungsbereich zu haben. Sie gilt nach ihrem Wortlaut für Dienstleistungen, die zusätzlich zu einem Telekommunikationsdienst für die Öffentlichkeit erbracht werden. Hierunter können, bei einem weiten Verständnis, sämtliche Arten von Diensten subsumiert werden, die über einen Telekommunikationsdienst erbracht werden, ohne dass eine Beschränkung auf eine bestimmte Rufnummerngasse besteht. Der Gesetzgeber schränkt diesen weiten Anwendungsbereich allerdings wieder ein, in dem er im Folgenden nur noch von Dauerschuldverhältnissen für Kurzwahldienste spricht. Kurzwahldienste sind gemäß § 3 Nr. 11b TKG Dienste, welche die Merkmale eines Premium-Dienstes haben, jedoch eine spezielle Nummernart mit kurzen Nummern nutzen.
_______________
1 PREMIUM-SMS-Dienste sind SMS-Dienste für die ein deutlich erhöhtes Entgelt zu entrichten ist (z. B. 1,99 Euro pro SMS). Premium-SMS werden häufig zur Bezahlung von Leistungen, z. B. Klingeltönen oder Handylogos verwendet. Die Kosten werden mit der Mobilfunkrechnung beglichen. 2 MMS-Dienste sind sog. Multimedia Messaging Service (MMS), die als Weiterentwicklung von SMS (Short Message Service) die Möglichkeit bieten, mit einem Mobiltelefon multimediale Nachrichten (z. B. Bilder, Filme, Musik) an andere mobilen Endgeräte oder an normale E-Mail-Adressen zu schicken. 3 Vgl. Begr. zu § 45l TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 30. 4 Vander, MMR 2005, 429 (431).
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K Rz. 282
Kundenschutz und Universaldienst
282
Welche Merkmale einen Premium-Dienst ausmachen, ergibt sich aus der Legaldefinition des § 3 Nr. 17a TKG. Premium-Dienste umfassen Dienste, insbesondere für die Rufnummernbereiche (0)190 und (0)900, bei denen über die Telekommunikationsdienstleistung hinaus eine weitere Dienstleistung erbracht wird. Diese Dienstleistung wird gegenüber dem Anrufer gemeinsam mit der Telekommunikationsdienstleistung abgerechnet.
283
Unter Rückgriff auf die Definition des Premium-Dienstes ist für Kurzwahldienste konstitutiv, –
dass über eine Telekommunikationsdienstleistung eine weitere Dienstleistung erbracht wird,
–
dass diese weitere Dienstleistung gegenüber dem Anrufer gemeinsam mit der Telekommunikationsdienstleistung abgerechnet wird, und
–
dass eine spezielle Nummernart mit kurzen Nummern genutzt wird.
Unklar bleibt allerdings, von welcher Nummernart Kurzwahldienste erfasst werden. Die BNetzA hat jedenfalls keine Nummernart mit kurzen Nummern speziell für Kurzwahldienste in ihren Nummerierungsplänen vorgesehen.
2.5.6.2 Hinweis zur Entgelthöhe 284
Der Teilnehmer kann nach § 45l Abs. 1 TKG einen kostenlosen Hinweis über die Entgelthöhe der von ihm in Anspruch genommenen Dienste verlangen, sobald die Entgeltansprüche aus Dauerschuldverhältnissen für Kurzwahldienste im jeweiligen Kalendermonat eine Summe von 20 Euro überschreiten. Dieser Auskunftsanspruch richtet sich gegen den Anbieter der Dienstleistung, die zusätzlich zu einem Telekommunikationsdienst für die Öffentlichkeit erbracht wird. Der Anbieter ist nur zur unverzüglichen Absendung des Hinweises verpflichtet. Hat der Teilnehmer rechtzeitig vor Beginn eines Kalendermonats die Erteilung des Hinweises verlangt, unterbleibt dieser aber, kann der Anbieter gemäß § 45l Abs. 1 S. 3 TKG nur einen Betrag von max. 20 Euro vom Teilnehmer verlangen. Der Betrag, der die Summe von 20 Euro überschreitet, kann nicht gefordert werden.
2.5.6.2.1 Auf Verlangen des Teilnehmers 285
Der Entgelthinweis ist nur auf Verlangen des Teilnehmers zu erbringen. Nach dem Gesetz ist somit eine „Mitwirkungshandlung“ des Teilnehmers erforderlich. Ohne ein entsprechendes Verlangen besteht keine Verpflichtung des Anbieters, den Entgelthinweis bei Erreichen der 20-Euro-Grenze zu erteilen. Ausreichend ist, wenn der Entgelthinweis einmalig gegenüber dem Anbieter verlangt wird. Der Teilnehmer ist nicht etwa verpflichtet, sein Verlangen jeden Monat zu erneuern. Das Verlangen kann schriftlich als
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 288 K
auch mündlich, ausdrücklich oder konkludent gegenüber dem Anbieter erklärt werden1. 2.5.6.2.2 Weitere Voraussetzungen der Hinweispflicht Die Hinweispflicht greift nach ihrem Wortlaut nur ein, soweit die Entgeltansprüche aus dem Vertragsverhältnis eine Summe von 20 Euro im jeweiligen Kalendermonat überschreiten. Bis zum Erreichen der 20 Euro-Grenze besteht keine Pflicht, den Hinweis zu erteilen, selbst bei einem entsprechenden Verlangen des Teilnehmers. Fraglich ist, ob die Höhe des Betrages mit 20 Euro nicht zu hoch angesetzt wurde. Zu berücksichtigen ist, dass gerade Jugendliche häufig Kurzwahldienste in Anspruch nehmen und darüber hinaus mehrere solcher Verträge abschließen. Untersuchungen zum Konsumverhalten Jugendlicher belegen, dass gerade diese schnell den Überblick über die von ihnen in Anspruch genommenen Leistungen verlieren2. Vor diesem Hintergrund können Vereinbarungen sinnvoll sein, wonach der Hinweis beispielsweise generell unabhängig von einer bestimmten Euro-Grenze oder bereits bei einem geringeren Betrag als 20 Euro erteilt wird. Voraussetzung ist allerdings, dass der Anbieter zu einer derartigen Vereinbarung bereit ist. Eine Erhöhung der Euro-Grenze, z. B. im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen, ist wegen § 47b TKG unwirksam, weil zum Nachteil des Teilnehmers von § 45l TKG abgewichen werden würde.
286
2.5.6.2.3 Unentgeltlicher Hinweis Der Hinweis hat kostenlos zu erfolgen. Die Anbieter können kein gesondertes Entgelt verlangen. Nach der Gesetzesbegründung kann der Hinweis durch eine „Warn-SMS“ umgesetzt werden3. Der finanzielle Aufwand für die Erteilung des Hinweises (SMS-Lösung) dürfte demnach überschaubar sein.
287
2.5.6.2.4 Unverzügliche Absendung des Hinweises Der Anbieter des Kurzwahldienstes ist nur zur unverzüglichen Absendung des Hinweises verpflichtet. Hieraus folgt, dass der Hinweis nach dem Überschreiten der vom Gesetzgeber vorgegebenen 20-Euro-Grenze umgehend, d. h. ohne schuldhaftes Zögern i. S. d. § 121 BGB4 erfolgen muss, vorausgesetzt der Teilnehmer hat einen Hinweis nach § 45i Abs. 1 TKG überhaupt _______________
1 Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh § 41, § 12 TKV, Rz. 8. 2 „Schulden immer höher, Schuldner immer jünger – Vor allem Handy-Gebühren: Viele Jugendliche stehen in der Kreide, wollen es aber of nicht den Eltern sagen“, Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 19.8.2006. 3 Vgl. Begr. zu § 45l TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 30. 4 Palandt/Heinrichs, § 121 BGB, Rz. 3.
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K Rz. 289
Kundenschutz und Universaldienst
verlangt (siehe oben Rz. 285). Zur Erfüllung der Hinweispflicht ist nach dem Gesetzeswortlaut das Absenden des Hinweises ausreichend, der Zugang beim Teilnehmer ist nicht erforderlich. Die Beweislast für die unverzügliche Absendung trägt der Anbieter des Kurzwahldienstes1. Im Streit, ob ein Hinweis nach § 45l TKG erfolgt ist, hat daher der Anbieter die „Versendung“ des Hinweises an den Teilnehmer zu beweisen. Dies wird insbesondere im Rahmen des § 45l Abs. 1 S. 3 TKG relevant, der die Rechtsfolge eines unterbliebenen Hinweises regelt (siehe Rz. 290). 2.5.6.2.5 Rechtsfolge eines unterbliebenen Hinweises (§ 45l Abs. 1 TKG) 289
Für Kalendermonate, vor deren Beginn der Endnutzer einen Hinweis nach § 45l Abs. 1 S. 1 TKG verlangt hat und in denen der Hinweis unterblieben ist, kann der Anbieter nach Satz 3 den 20 Euro überschreitenden Betrag nicht verlangen. Hinter dieser Regelung steht offensichtlich der Gedanke, dass der Endnutzer bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Hinweispflicht die Möglichkeit gehabt hätte, seine Kosten effektiv zu kontrollieren und auf die 20-Euro-Grenze zu beschränken. Durch die nicht ordnungsgemäße Erfüllung der Hinweispflicht wird dieses Regelungsziel vereitelt und die Verbraucherschutzinteressen unmittelbar beeinträchtigt. Die Rechtsfolge des § 45l Abs. 1 TKG sanktioniert damit ein verbraucherschutzwidriges Verhalten von Kurzwahlanbietern.
290
Die Darlegungs- und Beweislast im Rahmen des § 45l Abs. 1 S. 3 TKG verteilt sich wie folgt: Der Endnutzer muss darlegen und beweisen, dass er den Entgelthinweis rechtzeitig vor Beginn des Kalendermonats vom Anbieter verlangt hat, wobei ein einmaliges, generelles Verlangen ausreichend ist. Nicht erforderlich ist, dass der Endnutzer auch das Unterbleiben des Hinweises darlegt und beweist. Das Ausbleiben des Hinweises kann auf einer Vielzahl von Gründen beruhen, die nicht in der Sphäre des Endnutzers liegen (z. B. technische Gründe etc.). Es wäre daher aus Verbraucherschutzgründen unbillig, dem Endnutzer die Darlegungs- und Beweislast hierfür aufzuerlegen. Aus dem Vortrag des Endnutzers muss zumindest konkludent hervorgehen, dass er keinen Entgelthinweis erhalten hat. Die Bezugnahme des Endnutzers auf § 45 Abs. 1 S. 3 TKG wird hierzu ausreichend sein. Um sich zu exkulpieren, muss sodann der Anbieter darlegen und beweisen, dass er den Hinweis bei Erreichen der 20-Euro-Grenze gemäß Satz 2 unverzüglich an den Kunden abgesendet hat. Gelingt ihm dieser Nachweis, kann die Rechtsfolge des § 45l Abs. 1 S. 3 TKG nicht durchgreifen. Der Endnutzer ist dann zur vollständigen Zahlung der Kosten verpflichtet. Vor diesem Hintergrund ist es den Anbietern von Kurzwahldiensten zu empfehlen, die Versendung der Entgelthinweise vollständig zu protokollieren.
_______________
1 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 121 BGB, Rz. 6.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 292 K
2.5.6.3 Gesetzliches Kündigungsrecht (§ 45l Abs. 2 TKG) Der § 45l Abs. 2 TKG normiert ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht. Der Teilnehmer ist danach berechtigt, ein Dauerschuldverhältnis für Kurzwahldienste zum Ende eines Abrechnungszeitraums mit einer Frist von einer Woche gegenüber dem Anbieter zu kündigen, wobei der Abrechnungszeitraum die maximale Dauer eines Monats nicht überschreiten darf. Etwas anderes gilt nach Satz 3 für sog. ereignisbasierte Kurzwahldienste. Hier kann die Kündigung jederzeit und ohne Einhaltung einer Frist erfolgen. Nach der Gesetzesbegründung soll die Regelung Klarheit über die Beendigungsmöglichkeiten von Verträgen bei Kurzwahldiensten schaffen1. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Kündigungsrecht nach seinem Wortlaut einseitig zugunsten der Teilnehmer ausgestaltet ist; Anbieter können hiervon keinen Gebrauch machen. Die einseitige Privilegierung der Teilnehmer ist angesichts der verbraucherschützenden Zielrichtung der Regelung gerechtfertigt.
291
Der § 45l Abs. 2 TKG unterscheidet – anders als noch der erste Entwurf der Regelung2 – zwischen ereignisbasierten (z. B. ereignisabhängige Benachrichtigung über den Spielstand bei Fußballspielen) und nicht-ereignisbasierten Diensten. Ein Dauerschuldverhältnis für Kurzwahldienste, das nicht ereignisbasiert ist, kann zum Ende eines Abrechnungszeitraums mit einer Frist von einer Woche gekündigt werden. Soweit der Abrechnungszeitraum kürzer als eine Woche ist, soll die Kündigung zum Ende des vereinbarten Abrechnungszeitraums möglich sein, ohne dass die einwöchige Frist einzuhalten ist3. Dies geht allerdings nicht eindeutig aus dem Wortlaut der Norm hervor. Durch die Festlegung eines maximalen Abrechnungszeitraums (1 Monat) soll zudem die Umgehung der Kündigungsregeln durch überlange Abrechnungszeiträume ausgeschlossen werden. Bei ereignisbasierten Diensten ist es bei der jederzeitigen Kündigungsmöglichkeit ohne Einhaltung einer Frist geblieben. In beiden Fällen ist eine Vereinbarung anderweitiger Beendigungsregelungen (z. B. anderslautende Kündigungsfristen) wegen § 47b TKG nur zulässig, soweit nicht zum Nachteil der Teilnehmer von § 45l Abs. 2 TKG abgewichen wird. Auf die zugegebenermaßen überflüssige Regelung der Rechtsfolgen der Kündigung – wie im ursprünglichen
292
_______________
1 Begr. zu § 45l TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 30. 2 Nach BT-Drucks. 16/2581, S. 16, lautete § 45l Abs. 2 TKG-E: „Der Endnutzer kann ein Dauerschuldverhältnis für Kurzwahldienste jederzeit und ohne Einhaltung einer Frist gegenüber dem Anbieter kündigen. Soweit ein Vertragsteil seine Leistung im Zeitpunkt der Kündigung bereits erbracht hat, behält er den Anspruch auf die Gegenleistung. Ein Rückgewähranspruch auf bereits erbrachte Teilleistungen entsteht nicht.“ 3 Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses zu § 45l Abs. 2 TKG, BT-Drucks. 16/3635, S. 52.
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K Rz. 293
Kundenschutz und Universaldienst
Entwurf noch vorgesehen1 – konnte verzichtet werden, da sich die Rückabwicklung nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen richtet2. 2.5.6.4 Informationen zum Vertragsinhalt (§ 45l Abs. 3 TKG) 293
Vor Abschluss eines Dauerschuldverhältnisses über Kurzwahldienste hat der Anbieter dem Teilnehmer gemäß § 45l Abs. 3 TKG eine deutliche Information über die wesentlichen Vertragsbestandteile anzubieten. Die Informationspflicht gilt nach dem Wortlaut der Bestimmung allerdings nur für solche Kurzwahldienste, bei denen für die Entgeltansprüche des Anbieters der Eingang elektronischer Nachrichten beim Teilnehmer maßgeblich sind. Nach der Gesetzesbegründung unterliegen der Informationspflicht insbesondere sog. Abonnementdienste3. Welche Vertragsinformationen dem Teilnehmer im Einzelnen bereitgestellt werden müssen, regelt der S. 2 von Abs. 3, der Regelbeispiele wesentlicher Vertragsbestandteile enthält. Der Teilnehmer ist insbesondere über den zu zahlenden Preis einschließlich Steuern und Abgaben je eingehender Kurzwahlsendung, den Abrechnungszeitraum, die Höchstzahl der eingehenden Kurzwahlsendungen im Abrechnungszeitraum, sofern diese Angaben nach Art der Leistung möglich sind, das jederzeitige Kündigungsrecht sowie die notwendigen praktischen Schritte für eine Kündigung zu informieren. Der Umfang der Informationsverpflichtung gilt bei bestimmten Dienstleistungen naturgemäß nur eingeschränkt (z. B. bei sog. „ereignisbezogenen Diensten“)4. 2.5.6.5 Vertragsschluss über Handshake-Verfahren (§ 45l Abs. 3 S. 3 TKG)
294
Der § 45l Abs. 3 S. 3 TKG enthält besondere Regelungen zum Vertragsschluss bei Dauerschuldverhältnissen über Kurzwahldienste. Für einen wirksamen Vertragsschluss ist danach erforderlich, dass der Teilnehmer dem Anbieter den Erhalt der nach Abs. 3 Satz 1 bereitzustellenden wesentlichen Vertragsinformationen ausdrücklich per SMS/MMS bestätigt (sog. Handshake-Verfahren). Ein Dauerschuldverhältnis über Kurzwahldienste kommt gemäß Satz 3 nämlich dann nicht zustande, wenn der Teilnehmer den Erhalt der Informationen nicht bestätigt. Der Satz 3 normiert somit eine besondere gesetzliche Wirksamkeitsvoraussetzung für das Zustandekommen von Kurzwahlverträgen. Eine unverhältnismäßige Belastung der Anbieter durch das Handshake-Verfahren ist angesichts der meist kostspieligen Angebote im Bereich der Kurzwahldienste nicht anzunehmen5. _______________
1 Zum Wortlaut des § 45l Abs. 2 S. 2 und 3 TKG-E siehe S. 1327, Fn. 2. 2 Vgl. Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses zu § 45l Abs. 2 TKG, BTDrucks. 16/3635, S. 52. 3 Vgl. Begr. zu § 45l TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 30. 4 Vgl. Begr. zu § 45l TKG, BT-Drucks. 16/2581. S. 30. 5 Vander, MMR 2005, 429 (432).
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 298 K
Erfolgt eine Bestätigung nicht, kommt ein Vertrag nicht zu Stande. Dennoch geleistete Zahlungen des Teilnehmers sind vom Anbieter zurückzuerstatten. Dem Teilnehmer steht insoweit ein selbstständiger, gesetzlicher Rückzahlungsanspruch im Rahmen des § 45l Abs. 3 S. 3 TKG zu. Dieser gilt nach dem Wortlaut unabhängig davon, ob der Anbieter möglicherweise bereits Leistungen erbracht hat. Im Anwendungsbereich des § 45l Abs. 3 TKG wird aber auch ein Anspruch des Anbieters auf Zahlung der von ihm erbrachten Leistungen aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigen Bereichung abzulehnen sein, da der Anbieter – ohne das Vorliegen einer entsprechenden Bestätigung des Teilnehmers – Leistungen in Kenntnis einer fehlenden Leistungspflicht erbringen würde (§ 814 BGB). Dies ist aus Kundenschutzgesichtspunkten nur konsequent und korrespondiert mit den Rechtsfolgen nach § 45l Abs. 1 S. 3 TKG im Fall eines nicht erfolgten Entgelthinweises (siehe oben Rz. 284 ff.).
295
2.5.7 Aufnahme in öffentliche Teilnehmerverzeichnisse (§ 45m TKG) Nach § 45m TKG kann der Teilnehmer von seinem Anbieter eines öffentlichen Telefondienstes jederzeit verlangen, mit seiner Rufnummer, seinem Namen, seinem Vornamen und seiner Anschrift in ein allgemein zugängliches, nicht notwendig anbietereigenes Teilnehmerverzeichnis unentgeltlich eingetragen zu werden. Er ist ferner berechtigt, seinen Eintrag jederzeit wieder löschen zu lassen. Einen unrichtigen Eintrag hat der Anbieter zu berichtigen. Der Teilnehmer kann weiterhin verlangen, dass auch Mitbenutzer seines Zugangs mit Namen und Vornamen eingetragen werden, soweit Vorschriften des Datenschutzes nicht entgegenstehen; für den Eintrag von Mitbenutzern darf ein Entgelt erhoben werden.
296
Der § 45m TKG gewährt dem Teilnehmer ein subjektives Recht auf Eintragung in öffentliche Kundenverzeichnisse1. Die Regelung dient der Umsetzung von Art. 25 Abs. 1 URL in deutsches Recht. Danach stellen die Mitgliedsstaaten sicher, dass Teilnehmer an öffentlich zugänglichen Telefondiensten das Recht auf einen Eintrag in ein öffentlich verfügbares Verzeichnis haben. Teilnehmer ist gemäß § 3 Nr. 20 TKG jede natürliche oder juristische Person, die mit einem Anbieter von Telekommunikationsdiensten einen Vertrag über die Erbringung derartiger Dienste geschlossen hat. Berechtigt aus § 45m TKG ist damit nur der jeweilige Vertragspartner des Anbieters eines öffentlichen Telefondienstes.
297
2.5.7.1 Adressatenkreis Adressaten des § 45m TKG sind Anbieter von öffentlichen Telefondiensten. Mit öffentlichen Telefondiensten meint der Gesetzgeber den öffentlich zugänglichen Telefondienst i. S. d. § 3 Nr. 17 TKG, d. h. einen der Öffentlich_______________
1 Vgl. Begr. zu § 45m TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 26.
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K Rz. 299
Kundenschutz und Universaldienst
keit zur Verfügung stehenden Dienst für das Führen von Inlands- und Auslandsgesprächen. Dies ergibt sich aus Art. 25 Abs. 1 URL, der ebenfalls von öffentlich zugänglichen Telefondiensten spricht. Nicht verpflichtet sind somit Anbieter von Telefondiensten, die nicht der Öffentlichkeit zugänglich sind, wie z. B. Telefondienste, die nur einer geschlossenen Benutzergruppe zur Verfügung stehen1. 2.5.7.2 Inhalt der Eintragung 299
Der Inhalt der Eintragung bezieht sich nach dem Wortlaut des § 45m TKG auf die Rufnummer, den Namen, den Vornamen sowie die Anschrift des Teilnehmers. Weitergehende Informationen ist der Anbieter nicht verpflichtet, eintragen zu lassen, mit Ausnahme möglicher Mitbenutzer, deren Name und Vorname auf Wunsch des Teilnehmers ebenfalls eingetragen werden müssen. Dies heißt allerdings nicht, dass die Eintragung weiterer Informationen nicht möglich oder unzulässig wäre. Als zusätzliche Dienstleistung dürfen auch weitergehende Informationen in ein öffentliches Teilnehmerverzeichnis aufgenommen werden, soweit der Teilnehmer dies wünscht und die Eintragung datenschutzrechtlich (z. B. aufgrund Einwilligung des Teilnehmers) zulässig ist. Solche zusätzlichen Informationen können entsprechend des § 104 TKG Angaben zum Beruf, Branche oder die Art des Anschlusses umfassen.
300
Bei Einträgen mit geschäftlichem Bezug sollte regelmäßig die Eintragung im Handelsregister oder in der Handwerksrolle die Grundlage für die Eintragung in das öffentliche Kundenverzeichnis bilden2. 2.5.7.3 Eintragung von Mitbenutzern
301
Mitbenutzer des Anschlusses sind auf Wunsch des Teilnehmers mit deren Namen und Vornamen einzutragen. Die Eintragung steht dabei unter dem Vorbehalt datenschutzrechtlicher Zulässigkeit. Der Erlaubnistatbestand findet sich in § 104 TKG. Danach ist das Einverständnis der Mitbenutzer erforderlich, das vom Teilnehmer nachgewiesen werden muss3. Ohne Nachweis ist der Anbieter nicht zur Eintragung eines Mitbenutzers verpflichtet. Anderenfalls muss er mit datenschutzrechtlichen Konsequenzen rechnen, was unzumutbar ist. 2.5.7.4 Recht zur Berichtigung oder Löschung
302
Der Teilnehmer hat das Recht, seinen Eintrag zu berichtigen oder wieder löschen zu lassen. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass eine Berechtigung _______________
1 Zum Öffentlichkeitsbegriff siehe Rz. 8. 2 Vgl. Begr. zu § 45m TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 26. 3 Vgl. Teil L. Rz. 315 ff.; Berl.Komm/Klesczewski, § 104 TKG, Rz. 12.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 304 K
oder Löschung immer nur zum nächstmöglichen Herausgabe- oder Überarbeitungszeitpunkt des Teilnehmerverzeichnisses möglich ist. In Abhängigkeit davon, ob es sich um ein gedrucktes oder ein elektronisches Teilnehmerverzeichnis handelt, kann dieser Zeitpunkt ganz unterschiedlich ausfallen. Der Teilnehmer mag insoweit zwar berechtigt sein, die jederzeitige Berichtigung oder Löschung zu verlangen, der Anbieter ist aber nur verpflichtet, alles Erforderliche in die Wege zu leiten, damit die Berichtigung oder Löschung zum nächstmöglichen Zeitpunkt umgesetzt wird. 2.5.7.5 Unentgeltlichkeit des Eintrags Für den Eintrag von Rufnummer, Namen, Vorname und Anschrift darf kein Entgelt verlangt werden1. Die Unentgeltlichkeit gilt allerdings nicht für den Eintrag weiterer Informationen, was der § 45m Abs. 1 a. TKG insbesondere für die Eintragung von Mitbenutzern klarstellt. Für die Eintragung von Mitbenutzern sowie weitergehender Informationen dürfen Anbieter ein gesondertes Entgelt verlangen. Unklar ist, ob auch die Berichtigung oder Löschung unentgeltlich erfolgen muss. Nach seiner Stellung im Wortlaut des § 45m TKG bezieht sich das Merkmal „unentgeltlich“ nur auf die Eintragung. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass für die Berichtigung oder Löschung ein Entgelt verlangt werden darf. Dies würde der kundenschutzrechtlichen Intention der Regelung widersprechen. Aus dem Gesamtkontext ergibt sich, dass die Eintragung, Berichtigung und Löschung in Bezug auf die Minimalangaben (Rufnummer, Name und Adresse) unentgeltlich zu erfolgen hat. Für die Berichtigung oder Löschung weitergehender Angaben kann hingegen ein Entgelt verlangt werden.
303
2.5.7.6 Teilnehmerverzeichnisse Der Begriff des Teilnehmerverzeichnisses ist in § 45m TKG nicht weiter definiert. Aus § 104 TKG ergibt sich jedoch, dass sowohl gedruckte als auch elektronische Teilnehmerverzeichnisses angesprochen sind. Vom klassischen Telefonbuch, der CD-Rom bis zur Online-Datenbank (z. B. telefonbuch.de) werden daher alle Arten von Teilnehmerverzeichnissen erfasst2. Das Teilnehmerverzeichnis muss ferner allgemein zugänglich sein, nicht aber notwendigerweise anbietereigen. Anbieter von öffentlich zugänglichen Telefondiensten sind nicht zur Herausgabe von eigenen Teilnehmerverzeichnissen verpflichtet. In der Praxis erfolgt die Eintragung von Teilnehmern in Verzeichnissen von dritten Anbietern. Ein Wahlrecht des Teilnehmers bezüglich der Eintragung in ein bestimmtes, von ihm gewünschten Teilnehmerverzeichnisses besteht nicht. Die Anbieter von öffentlich zugänglichen _______________
1 Vgl. Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., zur Vorgängernorm des § 45m TKG, § 21 TKV, Anh § 41. 2 Berl.Komm/Klesczewski, § 104 TKG, Rz. 4 f.
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K Rz. 305
Kundenschutz und Universaldienst
Telefondiensten wären sonst gezwungen, mit einer Vielzahl von Anbietern von Teilnehmerverzeichnissen Vertragsbeziehungen zu unterhalten, was angesichts der damit verbundenen finanziellen Belastung unzumutbar wäre. 2.5.7.7 Wiederverkäufer von Sprachkommunikationsdiensten 305
Der Anspruch auf Eintragung steht gemäß § 45m Abs. 2 TKG auch Wiederverkäufern von Sprachkommunikationsdienstleistungen für deren Teilnehmern zu. Der Wiederverkäufer ist gegenüber seinen Kunden zur unentgeltlichen Eintragung nach Abs. 1 verpflichtet, da er Anbieter eines öffentlich zugänglichen Telefondienstes ist. Im Verhältnis zwischen Wiederverkäufer und dem Erbringer der Vorleistung sind die Teilnehmer des Wiederverkäufers somit als „Mitbenutzer“ anzusehen1. Für die Eintragung kann daher ein Entgelt nach § 45m Abs. 1 S. 3 a. E. TKG vom Wiederverkäufer verlangt werden2. 2.5.7.8 Aufnahme in Verzeichnisse für Auskunftsdienste
306
Die Thematik der Teilnehmerverzeichnisse steht in engem Zusammenhang mit der Erbringung von Auskunftsdiensten nach § 105 TKG. Denn die Beauskunftung erfolgt letztlich anhand der in öffentlichen Teilnehmerverzeichnissen aufgenommenen Informationen. Der § 45m Abs. 3 TKG bestimmt daher, dass die Absätze 1 und 2 für die Aufnahme in Verzeichnisse für Auskunftsdienste entsprechend gelten. Hinsichtlich der Auskunftserteilung wird auf die Ausführungen zu § 105 TKG verwiesen3. 2.5.8 Auskunftsanspruch über zusätzliche Leistungen (§ 45p TKG)
307
Der § 45p TKG normiert einen Auskunftsanspruch zu Gunsten der Teilnehmer bei Entgeltansprüchen, die nicht ausschließlich Gegenleistung für eine Verbindungsleistung sind. Im Telekommunikationsbereich wird der eigentliche Telefon- bzw. Telekommunikationsdienst häufig mit weiteren oder zusätzlichen Diensten oder Leistungen gekoppelt, die über den Telefondienst erbracht werden. Bestes Beispiel hierfür sind die sog. Mehrwert- bzw. Premium-Dienste. Diese Dienste werden mit der Telefonrechnung durch den Anschluss bereitstellenden Netzbetreiber (mit)abgerechnet. Der Netzbetreiber, über den diese Leistungen abgerechnet werden, kann in der Regel keine Aussage über den Grund und den Gegenstand des Entgeltanspruches treffen. Dies ist lediglich dem verantwortlichen Anbieter der weitergehenden Leistung möglich. _______________
1 Vgl. Begr. zur Vorgängernorm des § 45m TKG (= § 19 TKV 1995), BR-Drucks. 551/97, S. 42. 2 Vgl. Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., § 21 TKV Rz. 11. 3 Siehe Teil L. Rz. 315 ff.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 309 K
Der Teilnehmer steht daher vor dem Problem, dass er einem Entgeltanspruch ausgesetzt ist, den er nicht zwangsläufig einer entsprechenden Gegenleistung bzw. einer weitergehenden Leistung in der Rechnung zuordnen kann. Dies wird besonders im Fall der Inanspruchnahme von weitergehenden Leistungen durch dritte Personen über den Telefonanschluss des Teilnehmers deutlich. Er wird in dieser Situation den Grund und den Gegenstand des Entgeltanspruches nicht kennen, geschweige denn in der (Gesamt-) Rechnung nachvollziehen können. Ein allgemeiner Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegen den Netzbetreiber bzw. dem Anbieter des Telefondienstes, der der weitergehenden Leistung zu Grunde liegt, hilft hier nicht weiter. Über dies wäre der Netzbetreiber zur Auskunftserteilung rechtlich nicht verpflichtet, da zwischen ihm und dem Teilnehmer bezüglich der neben der Verbindung erbrachten Leistung kein Vertragsverhältnis besteht. Neben den Telefondienstvertrag mit dem Teilnehmernetzbetreiber tritt vielmehr ein weiteres Rechtsverhältnis mit dem Anbieter der weitergehenden Leistung hinzu, wenn der Nutzer einen solchen Dienst anwählt1. In dieser Situation fehlt es an der für einen allgemeinen Auskunftsanspruch (§ 242 BGB) erforderlichen Sonderrechtsbeziehung zum Netzbetreiber in Bezug auf die weitergehende Leistung2. Zudem wird der Netzbetreiber die Auskunftserteilung wegen Unzumutbarkeit ablehnen können, da er in der Regel über die erforderlichen Informationen nicht verfügt3.
308
Der § 45p TKG sieht daher vor, dass der verantwortliche Anbieter der neben der Verbindung erbrachten Leistung für die Auskunft über den Entgeltanspruch an den Teilnehmer verantwortlich ist4. Zwar dürfte gegen den Anbieter der weitergehenden Leistungen auch ein allgemeiner Auskunftsanspruch nach § 242 BGB bestehen, durch die Normierung eines ausdrücklichen, gesetzlichen Auskunftsanspruches in § 45p TKG können die Verbraucherrechte jedoch erheblich besser durchgesetzt werden. Die im Rahmen des allgemeinen Auskunftsanspruches zum Teil engen Voraussetzungen auf Tatbestandsseite werden zu Gunsten des Kundenschutzes vermieden. Der verantwortliche Anbieter einer neben der Verbindung erbrachten Leistung ist dementsprechend verpflichtet, auf Verlangen des Teilnehmers diesen über den Grund und Gegenstand des Entgeltanspruches, der nicht ausschließlich Gegenleistung einer Verbindungsleistung ist, insbesondere über die Art der erbrachten Leitung, zu unterrichten.
309
_______________
1 Vgl. BGH v. 22.11.2002, NJW 2002, 361 f. 2 Zu den Voraussetzungen des allgemeinen Auskunftsanspruches nach § 242 BGB vgl. Bamberger/Roth-Grüneberg, § 260 BGB Rz. 9 ff.; Palandt/Heinrichs, § 261 BGB, Rz. 8 ff. 3 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 261 BGB, Rz. 13. 4 Vgl. Begr. zu § 46p TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 27.
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K Rz. 310
Kundenschutz und Universaldienst
2.5.8.1 Adressat des Auskunftsanspruches 310
Adressat des Auskunftsanspruches ist der verantwortliche Anbieter, der neben der Verbindung erbrachten Leistung. Im Einzelnen: 2.5.8.1.1 Neben der Verbindung erbrachte Leistung
311
Der Begriff der „neben der Verbindung erbrachten Leistung“ ist weit zu verstehen. Es werden alle denkbaren Dienste und Leistungen erfasst, die unter Einsatz von Telekommunikationsverbindungen angeboten werden können. Er beinhaltet sowohl „telekommunikationsgestützte Dienste“ i. S. d. § 3 Nr. 25 TKG als auch „Premium-Dienste“ i. S. d. § 3 Nr. 17a TKG. Denn in beiden Fällen werden gleichermaßen zusätzliche Dienste bzw. Leistungen zur eigentlichen Verbindungsleistung erbracht. Allen diesen Dienste bzw. Leistungen ist als konstitutives Merkmal gemeinsam, dass eine Abrechnung über die Telefonrechnung des Teilnehmers erfolgt.
312
Telekommunikationsgestütze Dienste i. S. d. § 3 Nr. 25 TKG sind Dienste, die keinen räumlich und zeitlich trennbaren Leistungsfluss auslösen, sondern bei denen die Inhaltsleistung noch während der Telekommunikationsverbindung erfüllt wird. Hierunter fallen nach der Gesetzesbegründung Angebote für sog. Sonderdienste, die beispielsweise über geographisch nicht gebundene Sondernummern wie (0)190 oder (0)900 Mehrwertdiensterufnummern während der Telefonverbindung in Anspruch genommen werden und über die Telefonrechnung abgerechnet werden1. Hierzu gehören PremiumDienste i. S. d. § 3 Nr. 17 TKG. Dies sind Dienste, insbesondere der Rufnummernbereiche (0)190 und (0)900, bei denen über die Telekommunikationsdienstleistung hinaus eine weitere Dienstleistung erbracht wird, die gegenüber dem Anrufer gemeinsam mit der Telekommunikationsdienstleistung abgerechnet wird und die nicht einer anderen Rufnummernart zuzurechnen sind.
313
Der Begriff der „neben der Verbindung erbrachten Leistungen“ ist zwangsläufig weiter als die Begriffe „telekommunikationsgestützte Dienste“ oder „Premium-Dienste“. Eine Beschränkung auf Dienste, bei denen die Inhaltsleistung noch während der Telekommunikationsverbindung erfüllt wird oder die nur innerhalb einer bestimmten Rufnummerngasse realisiert werden, ist nicht vorgesehen. Daher werden auch Bezahl- oder Bestelldienste von § 45p TKG erfasst, die über die Telefonrechnung des Teilnehmers abgerechnet werden. 2.5.8.1.2 Verantwortlicher Anbieter
314
Nach dem Wortlaut besteht ein Auskunftsanspruch nur gegen den verantwortlichen Anbieter der weitergehenden Leistung. Das heißt, der grundsätz_______________
1 Vgl. Begr. zu § 3 Nr. 23 TKG (= § 3 Nr. 25 TKG), BT-Drucks. 15/2316, S. 58.
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Rz. 315 K
lich weite Adressatenkreis des § 45p TKG wird durch das Kriterium der Verantwortlichkeit eingeschränkt. Verpflichtet zur Auskunft kann nur der jeweilige Anbieter der weitergehenden Leistung sein, der diese am Markt anbietet und daher auch die nach § 45p TKG erforderlichen Auskünfte erteilen kann. Ausgehend von einer Qualifizierung der weitergehenden Leistung als Teledienst i. S. d. Teledienstegesetzes (TDG)1 kann hinsichtlich der Frage der Verantwortlichkeit auf die §§ 8 ff. TDG zurückgegriffen werden. Danach sind Diensteanbieter für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten nach § 8 Abs. 1 TDG verantwortlich. Für fremde Informationen besteht eine Verantwortlichkeit im Umkehrschluss aus § 11 TDG nur, wenn der Anbieter Kenntnis von der Information hat2. Letzteres wird insbesondere der Fall sein, wenn ein Anbieter fremde Mehrwertdienste aktiv anbietet. In diesem Fall wird es dem Anbieter auch möglich sein, die nach § 45p TKG erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die Identifikation des verantwortlichen Anbieters wird ferner durch die gesetzlichen Vorgaben zur Anbieterkennzeichnung (vgl. § 6 TDG) erleichtert3. Der Netzbetreiber, der einen Mehrwertdienst als fremde Leistung anbietet bzw. den Zugang zu dem Mehrwertdienst über seinen Telefondienst ermöglicht, ist nicht zur Anbieterkennzeichnung verpflichtet. Der § 6 TDG betrifft nur eigene Teledienste des Diensteanbieters, nicht aber die Bereithaltung fremder Teledienste oder gar die Vermittlung des Zugangs zu ihnen4. Bestreitet der Anbieter seine Verantwortlichkeit, ist er hierfür darlegungs- und beweisbelastet. Aufgrund der Anbieterkennzeichnung bzw. dem tatsächlichen Anbieten des Dienstes hat der Anbieter insoweit den Rechtsschein der Verantwortlichkeit gesetzt, den er sodann entkräften muss. 2.5.8.2 Auskunft nur auf Verlangen des Teilnehmers Der Anbieter ist zur Auskunftserteilung nur im Fall eines ausdrücklichen Verlangens des Endnutzers verpflichtet. Das Verlangen kann sowohl schriftlich als auch mündlich ausdrücklich oder konkludent geäußert werden5. Unter Endnutzern sind gemäß § 3 Nr. 8 TKG juristische oder natürliche Personen zu verstehen, die weder öffentliche Telekommunikationsnetze betreiben noch Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit anbieten. Eine Differenzierung zwischen Verbrauchern und Unternehmern erfolgt _______________
1 Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, TDG-Komm, § 2 TDG, Rz. 22 m. w. N. 2 Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, TDG-Komm, § 10 Rz. 10. 3 Zu den Einzelheiten siehe bei Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, TDG-Komm, § 6; die freiwillige Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste e.V. (FST) geht insoweit davon aus, dass auch bei Mehrwertdiensten der § 6 TDG eingehalten werden muss: Die erforderlichen Angaben können über einen ausgelagerten Dienst angeboten werden. Dabei dürfen weder Premium Rate- noch Auslandsrufnummern eingesetzt werden (siehe Verhaltenskodex des FST unter www.fst-ev.de). 4 Spindler in: Spindler/Schmitz/Geis, TDG-Komm, § 6 TDG, Rz. 8. 5 Vgl. Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh § 41, zu § 12 TKV, Rz. 8 – der § 12 TKV setzte ebenfalls ein Verlangen des Kunden voraus.
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K Rz. 316
Kundenschutz und Universaldienst
nicht. Somit kann jeder Endnutzer, gleich ob Verbraucher i. S. d. § 13 BGB oder Unternehmer i. S. d. § 14 BGB, Auskunft nach § 45p TKG vom Anbieter der weitergehenden Leistung verlangen. 2.5.8.3 Umfang der Auskunftserteilung 316
Der Umfang der Auskunftserteilung bezieht sich nach dem Wortlaut der Norm auf den Grund und den Gegenstand des Entgeltanspruches, der nicht ausschließlich Gegenleistung einer Verbindungsleistung ist. Insbesondere muss der verantwortliche Anbieter über die Art der erbrachten Leistung informieren. Der Grund für den Entgeltanspruch liegt in der Inanspruchnahme der Leistung. Der Anbieter wird daher über den genauen Zeitpunkt der Inanspruchnahme bzw. Leistungserbringung Auskunft erteilen müssen. Zudem muss er den Gegenstand des Entgeltanspruches darlegen, was eine Aufschlüsselung der einzelnen Entgeltbestandteile erforderlich machen dürfte. Die erforderlichen Informationen hinsichtlich der Art der erbrachten Leistung deutet schließlich auf die Bereitstellung einer kurzen Leistungsbeschreibung hin.
317
Wie bereits angesprochen, kann der Teilnehmer aus seiner Telefonrechnung in der Regel nicht erkennen, für welche Art von Leistung bzw. in welcher Höhe ein Entgelt für die weitergehende Leistung angefallen ist. Denn die Verbindungsleistung und die weitergehende Leistung (Mehrwertdienst) werden regelmäßig nur durch ein einheitliches Entgelt ausgewiesen. Die Höhe des Entgeltanteils der weitergehenden Leistung an dem Gesamtentgelt ist aus der Rechnung nicht ersichtlich. Hinzu kommt, dass der Teilnehmer bei Mehrwertdiensten wegen § 305a Nr. 2b BGB auch keine Kenntnis von den AGB des Diensteanbieters erhalten wird1. Der Auskunftsanspruch nach § 45p TKG bildet damit ein Korrektiv für diese aus Kundenschutzgesichtspunkten zu bemängelnde Intransparenz. Da es sich um eine Kundenschutzvorschrift handelt und die Auskunftserteilung zudem einen berechtigtem Interesse des Teilnehmers bezüglich der Substantiierung der in Rechnung gestellten Leistungen entspricht, kann für die Auskunftserteilung kein Entgelt oder eine Aufwandsentschädigung verlangt werden. 2.5.9 Rufnummernfragen
318
Der nachfolgende Abschnitt befasst sich mit den im 3. Teil des TKG „Kundenschutz“ geregelten Rufnummernfragen. Es handelt sich um die Regelung zum Rufnummernmissbrauch nach § 45o TKG, der konkrete Hinweispflichten aufstellt, die bei der Zuteilung von Nummern zu beachten sind, sowie um die Rufnummernübertragbarkeit nach § 46 TKG. Hinsichtlich der _______________
1 Zu § 305a Nr. 2 b BGB siehe unter Rz. 518 ff.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 321 K
Zuteilung von Rufnummern sei auf Teil E. – Nummernverwaltung (Teil E. Rz. 51 ff.) verwiesen. Die Vorschriften zum Schutz gegen den Missbrauch von Rufnummern im Zusammenhang mit Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66i TKG) werden in Ziffer 3 (Rz. 390 ff.) behandelt. 2.5.9.1 Rufnummernmissbrauch (§ 45o TKG) Der § 45o TKG enthält Vorschriften zur Verhinderung einer missbräuchlichen Nutzung von Rufnummern. Wer Rufnummern in seinem Telekommunikationsnetz einrichtet, hat den Zuteilungsnehmer darauf hinzuweisen, dass die Übersendung und Übermittlung von Informationen, Sachen oder sonstigen Leistungen unter bestimmten Umständen gesetzlich verboten ist. Der Hinweis hat schriftlich zu erfolgen. Hat der Anbieter gesicherte Kenntnis davon, dass eine in seinem Telekommunikationsnetz eingerichtete Rufnummer unter Verstoß gegen § 45o S. 1 TKG genutzt wird, ist er verpflichtet, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, eine Wiederholung zu verhindern. Bei wiederholten oder schwerwiegenden Verstößen gegen gesetzliche Verbote ist der Anbieter nach erfolgloser Abmahnung unter kurzer Fristsetzung verpflichtet, die Rufnummer zu sperren.
319
Mit § 45o TKG greift der Gesetzgeber die Verpflichtungen des früheren § 13a TKV auf. Der Anwendungsbereich der Norm ist allerdings nicht mehr auf Mehrwertdiensterufnummern wie noch bei § 13a TKV beschränkt, sondern gilt allgemein für Rufnummern. Der Begriff der Rufnummer verweist auf den in § 3 Nr. 13 TKG definierten Nummernbegriff. Hiervon werden ohne Ausnahmen alle Arten von Nummern und Nummernbereichen erfasst1. Der Gesetzgeber hat somit eine generell zu beachtende Verpflichtung für Anbieter und Unternehmen geschaffen, die Nummern zuteilen und dem Adressatenkreis des § 45o TKG unterfallen (siehe nachfolgend Rz. 321 f.).
320
2.5.9.1.1 Adressat der Norm Vom Adressatenkreis der Norm werden sämtliche Netzbetreiber erfasst, die Rufnummern in ihrem Netz einrichten2. Den Fall einer abgeleiteten Zuteilung von Nummern durch Anbieter von Telekommunikationsdiensten, die nicht gleichzeitig Netzbetreiber sind, hat der Gesetzgeber demgegenüber nicht mehr berücksichtigt3. Nach dem bislang üblichen Grundmodell teilt die BNetzA Nummern(blöcke) einem Netzbetreiber oder einem Diensteanbieter zu (originäre Zuteilung). Dieser wiederum vergibt dann einzelne Nummern an seine Kunden, welche die Nummern somit nur „abgeleitet" von dem betreffenden Unternehmen erhalten. Die direkte Zuteilung an _______________
1 Zu § 3 Nr. 13 TKG vgl. Berl.Komm/Säcker, § 3 TKG, Rz. 21. 2 Vgl. Begr. zu § 45o TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 26. 3 So aber noch der frühere Gesetzeswortlaut des § 45o TKG, der auf eine abgeleitete Zuteilung von Rufnummern abstellte; vgl. BR-Drucks. 438/05.
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K Rz. 322
Kundenschutz und Universaldienst
Endnutzer ist noch die Ausnahme. Sie erfolgt z. B. bei so genannten persönlichen Rufnummern (in der Nummerngasse „0700“)1. Unter Berücksichtigung dieser Zuteilungspraxis nach § 66 Abs. 1 TKG hätte der Adressatenkreis weiter gezogen werden müssen und auch Diensteanbieter erfassen sollen. Zwar können Diensteanbieter ohne eigenes Netz eine Sperrung nach Satz 3 nicht umsetzen. Die Sperrung kann aber über den Netzbetreiber, der für den Diensteanbieter die Vorleistungen erbringt, erfolgen. 322
Hinzu kommt, dass die Netzbetreiber nicht in jedem Fall die erforderlichen Kundeninformationen haben, um ihren Pflichten nach § 45o TKG nachzukommen, weil eine Zuteilung von Nummern eben auch durch Diensteanbieter erfolgen kann. Zwar müssen die vom Diensteanbieter zugeteilten Nummern ebenfalls im Telekommunikationsnetz eingerichtet werden, jedoch erfolgt die Einrichtung in der Regel zentral über den Diensteanbieter, so dass der Netzbetreiber nicht zwangsläufig Kenntnis vom einzelnen Zuteilungsnehmern erhält. In vielen Fällen wird dem Netzbetreiber eine Erfüllung seiner Pflichten nach § 45o TKG ohne Mithilfe der Diensteanbieter nicht möglich sein. Die Vorgängernorm § 13a TKV stellt daher noch (unabhängig von der Netzbetreibereigenschaft) konsequent auf sämtliche Anbieter ab, die Kunden Nummern zur Nutzung überlassen, was unter Berücksichtigung der oben dargestellten Zuteilungspraxis auch im Rahmen des § 45o TKG mehr Sinn gemacht hätte. 2.5.9.1.2 Hinweispflicht
323
Nach Satz 1 ist der Zuteilungsnehmer darauf hinzuweisen, dass die Übersendung und Übermittlung von Informationen, Sachen oder sonstigen Leistungen unter bestimmten Umständen gesetzlich verboten ist. Der Formulierung fehlt es an der erforderlichen Bestimmtheit. Bezieht sich die Hinweispflicht auf alle denkbaren gesetzlichen Verbotsbestimmungen oder nur auf die mit der Nutzung der Nummer in Zusammenhang stehenden Regelungen? Ebenso unklar ist, wie detailliert der Hinweis sein muss.
324
Unter Berücksichtigung der Gesetzesüberschrift „Rufnummernmissbrauch“ ist davon auszugehen, dass nur solche Verbotsbestimmungen in dem Hinweis angesprochen werden müssen, die typischerweise mit der Nutzung von Rufnummern in Zusammenhang stehen. Hierunter fallen insbesondere strafrechtliche sowie wettbewerbsrechtliche Bestimmungen des UWG (z. B. unverlangte Faxwerbung), aber auch die Bestimmungen zu Mehrwertdiensten entsprechend der §§ 66a ff. TKG. Ein allgemein formulierter Hinweis ist ausreichend. Eine unübersichtliche Aufstellung von Verbotsnormen würde die Warnfunktion und Verständlichkeit des Hinweises nur beeinträchtigen. Der in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorzufindende Hinweis, alle einschlägigen gesetzlichen, behördlichen und aufsichtsrechtlichen Bestimmun_______________
1 Koenig/Loetz/Neumann, Telekommunikationsrecht, S. 186.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 326 K
gen und Anweisungen zu befolgen, in Kombination mit Regelbeispielen der typischen Pflichten, dürfte genügen. Der Hinweis muss schriftlich erfolgen. 2.5.9.1.3 Sanktionen bei Verstößen gegen gesetzliche Verbote Die Sätze 2 und 3 des § 45o TKG legen fest, welche Maßnahmen bzw. Sanktionen im Fall eines Verstoßes gegen gesetzliche Vorschriften in Betracht kommen. Liegt gemäß S. 2 gesicherte Kenntnis vor, dass eine Rufnummer gesetzeswidrig genutzt wird, sind unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, eine Wiederholung zu verhindern. Zentrale Voraussetzung ist die gesicherte Kenntnis von der Zuwiderhandlung. Nach einer Entscheidung des OLG Köln zu § 13a TKV erfordert dies eine Zweifel praktisch ausschließende positive Kenntnis. Die bloße Mitteilung über eine Zuwiderhandlung ist hierfür nicht ausreichend. Dies gilt insbesondere für Mitteilungen einer Verbraucherzentrale, die höchstens eine „einfache Kenntnis“ verschafft und daher nicht mit der „gesicherten Kenntnis“ gleichgesetzt werden kann1. Um zu einer gesicherten Kenntnis zu gelangen, obliegt es nach der Gesetzesbegründung dem Unternehmen, bekannt gewordene Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften zu dokumentieren2. Dies deutet daraufhin, dass – wie vom OLG Köln entschieden – die bloße Mitteilung einer Zuwiderhandlung für sich genommen nicht ausreicht. Das Unternehmen muss vielmehr der Mitteilung nachgehen und sich ein eigenes, positives Bild von dem Verstoß verschaffen. Das Ergebnis ist sodann aus Beweisgründen zu dokumentieren. Die zu ergreifenden Maßnahmen müssen geeignet sein, eine Wiederholung zu verhindern und unverzüglich durchgeführt werden. Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes Zögern, § 121 BGB3. Fraglich ist jedoch, welche Maßnahmen im Einzelnen geeignet sind. Letztlich wird hier nur eine Abmahnung unter Hinweis auf die Möglichkeit der Sperrung und/oder der Hinweis auf eine Kündigung des Vertrages für den Fall weiterer Zuwiderhandlungen in Betracht kommen.
325
Bei wiederholten oder schwerwiegenden Verstößen ist der Anbieter nach S. 3 verpflichtet, die Rufnummer zu sperren, sofern eine zuvor ausgesprochene Abmahnung unter kurzer Fristsetzung erfolglos blieb. Die Sperrung erfordert demnach immer eine vorherige „letztmalige“ Abmahnung. Fraglich ist aber, was unter kurzer Fristsetzung zu verstehen ist. Aus der Ankündigungsfrist von zwei Wochen bei einer Sperrung wegen Zahlungsverzuges (§ 45k Abs. 2 TKG) kann geschlossen werden, dass die Frist nach § 45o S. 3 TKG weit weniger als zwei Wochen betragen kann. Angesichts des Ziels der Regelung, eine weitere Zuwiderhandlung durch die Sperrung unverzüglich zu verhindern, wird eine Frist von wenigen Tagen im Einzel-
326
_______________
1 OLG Köln, Urt. v. 5.3.2004 – 6 U 141/03. 2 Vgl. Begr. zu § 45o TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 26. 3 Siehe Palandt/Heinrichs, § 121 BGB, Rz. 3.
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K Rz. 327
Kundenschutz und Universaldienst
fall gerechtfertigt sein. Letztlich hängt die Dauer der Frist von der Schwere des Verstoßes und der Wiederholungsgefahr ab. 2.5.9.2 Rufnummernübertragbarkeit (§ 46 TKG) 327
Der § 46 TKG regelt die Rufnummernübertragbarkeit bzw. Nummernportabilität. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass Endnutzer bei einem Wechsel des Diensteanbieters oder des Netzbetreibers ihre einmal zugeteilte Rufnummer behalten können und unter dieser weiterhin erreichbar sind. Die Möglichkeit zur Rufnummernübertragbarkeit gilt nicht uneingeschränkt, sondern hängt von der Art der genutzten Nummer und dem jeweils genutzten Telefonnetz ab (siehe nachfolgend Rz. 329 ff.).
328
Durch die Bestimmung wird der inhaltlich annähernd identische Art. 30 URL in deutsches Recht umgesetzt. Der Richtliniengeber hält die Rufnummernübertragbarkeit für eine Kernvoraussetzungen zur Sicherstellung eines wirksamen Wettbewerbs im Bereich der Telekommunikation: Die Nummernübertragbarkeit ist einer der Hauptfaktoren für die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher und damit für einen wirksamen Wettbewerb in einem wettbewerbsorientierten Telekommunikationsumfeld entscheidend. Die Endnutzer, die eine Rufnummernübertragung begehren, sollen ihre Nummer(n) im öffentlichen Telefonnetz unabhängig vom Unternehmen, das den Dienst erbringt, beibehalten können1. Der § 46 Abs. 4 TKG dient schließlich der Umsetzung des Art. 27 Abs. 2 URL bezüglich eines europäischen Rufnummernraums. 2.5.9.2.1 Umfang der Rufnummernübertragbarkeit
329
Die Rufnummernübertragbarkeit wird vom Gesetz nicht uneingeschränkt gewährleistet, sondern ist aus technischen sowie aus Nummerierungsgründen beschränkt. Bei geographisch gebundenen Rufnummern ist die Übertragbarkeit nur innerhalb eines bestimmten Standortes möglich. Diese Anforderung resultiert aus der „Ortsgebundenheit“ vieler Nummernräume. Insbesondere bei Ortsnetzrufnummern erlaubt die Ortsnetzkennzahl einen Rückschluss auf die geographische Lokation des Teilnehmers2. Wäre es dem Teilnehmer möglich, seine Ortsnetzrufnummer in ein anderes Ortsnetz mitzunehmen, wäre ein solcher Rückschluss nicht mehr möglich. Bei geographisch nicht gebundener Rufnummern besteht dieses Erfordernis der „Ortsgebundenheit“ nicht. Hier ist eine Rufnummernübertragbarkeit an jedem Standort möglich. Beispiel für geographisch nicht gebundene Rufnummern ist der Nummernraum für Nationale Teilnehmerrufnummern (NTR). Nach den entsprechenden Zuteilungsregeln ist der Teilnehmer nicht _______________
1 Erwägungsgrund 40 der URL (RL 2002/22/EG). 2 Vgl. Struktur und Ausgestaltung des Nummernbereichs für Ortsnetzrufnummern, Amtsblatt der BNetzA 2006, S. 1115 f. und S. 1211 ff.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 334 K
an einen bestimmten Standort örtlich gebunden1. Er kann daher seine Rufnummer an jeden beliebigen Standort innerhalb Deutschlands portieren lassen. Eine Rufnummernübertragung kommt nur innerhalb derselben Nummernräume oder Nummernteilräume in Betracht, die für einen bestimmten Telefondienst festgelegt wurden (§ 46 Abs. 1 S. 2 TKG). Der Teilnehmer muss im selben Nummern(teil)raum verbleiben. Das heißt, er ist an die Nutzungsbeschränkungen der ihm zugeteilten Rufnummer gemäß der jeweiligen Zuteilungsbedingungen gebunden. Beispielsweise kann eine Ortsnetzrufnummer nicht als Nationale Teilnehmerrufnummer genutzt werden.
330
Ebenso kann eine Rufnummer für Telefondienste an einem festen Standort nicht auf eine Rufnummer ohne festen Standort, oder umgekehrt, übertragen werden (§ 46 Abs. 1 S. 3 TKG). Der Begriff Standort ist im TKG nicht näher erläutert. Aus § 3 Nr. 19 TKG lässt sich ableiten, dass der Standort des Endgeräts gemeint ist. Diese Sichtweise wird von Art. 2 Abs. 2 lit. c DRL, der auf den „geographischen Standort des Endgerätes“ abstellt sowie durch Art. 2 Abs. 2 lit. d URL, der vom „physischen Standort des Netzabschlusspunktes“ spricht, bestätigt. Mit Standort ist der Ort gemeint, an dem sich das Endgerät bzw. der Netzabschlusspunkt befindet2. Die Übertragung einer Rufnummer für einen Festnetzanschluss auf einen Mobilfunkanschluss, wie auch die Übertragung einer Rufnummer eines Mobilfunkanschlusses auf einen Festnetzanschluss, ist daher nach Abs. 1 Satz 3 TKG ausgeschlossen.
331
2.5.9.2.2 Verpflichteter Personenkreis Verpflichtet zur Rufnummernübertragung sind Betreiber öffentlich zugänglicher Telefonnetze (§ 46 Abs. 1 TKG) sowie Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit (§ 46 Abs. 2 TKG).
332
2.5.9.2.2.1 Betreiber öffentlich zugänglicher Telefonnetze Betreiber öffentlich zugänglicher Telefonnetze haben gemäß § 46 Abs. 1 TKG sicherzustellen, dass Teilnehmer ihre Rufnummer unabhängig von dem Unternehmen, das den Telefondienst erbringt, beibehalten können.
333
Öffentlich zugängliches Telefonnetz ist im TKG nicht näher definiert. Das TKG kennt nur das „öffentliche Telefonnetz“ (§ 3 Nr. 16 TKG) oder den „öffentlich zugänglichen Telefondienst“ (§ 3 Nr. 17 TKG). Der Gesetzgeber scheint aber das öffentliche Telefonnetz zu meinen, da er diesen Begriff
334
_______________
1 Vgl. Regeln für die Zuteilung von Nationalen Teilnehmerrufnummer, Ziffer 1 der Zuteilungsregeln, Vfg. Nr- 51/2004, Amtsblatt der BNetzA 2004, S. 1596. 2 Vgl. Berl.Komm/Rugullis, § 46 Rz. 11.
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K Rz. 335
Kundenschutz und Universaldienst
auch in § 46 Abs. 4 TKG verwendet. Öffentliches Telefonnetz ist ein Telekommunikationsnetz, das zur Bereitstellung des öffentlich zugänglichen Telefondienstes genutzt wird und darüber hinaus weitere Dienste wie Telefax- oder Datenfernübertragung und einen funktionalen Internetzugang ermöglicht. Die Betreiber solcher Netze sind zur Rufnummernübertragung nach § 46 TKG verpflichtet1. 335
Berechtigt zur Rufnummernübertragung sind Teilnehmer gemäß § 3 Nr. 20 TKG. Hierunter ist jede natürliche oder juristische Person, die mit einem Anbieter von Telekommunikationsdiensten einen Vertrag über die Erbringung derartiger Dienste abgeschlossen hat, zu verstehen. Telekommunikationsdienste sind nach § 3 Nr. 24 TKG Dienste, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden und ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen. Vom Teilnehmerbegriff werden sowohl Endnutzer als auch andere Anbieter von Telekommunikationsdiensten (z. B. Diensteanbieter oder Reseller) erfasst (siehe oben Rz. 10). 2.5.9.2.2.2 Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit
336
Neben Betreibern öffentlich zugänglicher Telefonnetze sind nach Abs. 2 auch Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit verpflichtet, ihren Endnutzern eine Beibehaltung der ihnen zugeteilten Rufnummern entsprechend Abs. 1 zu ermöglichen. Eine derartige Verpflichtung war unter der alten Rechtslage zu § 43 Abs. 5 TKG 1996 in Bezug auf Diensteanbieter noch umstritten2. Der § 46 Abs. 2 TKG stellt das Bestehen einer solchen Pflicht nunmehr ausdrücklich klar.
337
Der Kreis der nach § 46 Abs. 2 TKG verpflichteten Unternehmen wird durch das Anbieten von Telekommunikationsdiensten i. S. d. § 3 Nr. 24 TKG bestimmt, die sich an die Öffentlichkeit richten müssen (zu den Begrifflichkeiten siehe oben Rz. 7 ff.). Erfasst werden insbesondere auch solche Anbieter von Telekommunikationsdiensten, die über kein eigenes Netz verfügen.
338
Der Berechtigtenkreis des Abs. 2 ist allerdings – anders als der Abs. 1, der auf Teilnehmer abstellt – auf Endnutzer i. S. d. § 3 Nr. 8 TKG beschränkt. Anspruchsberechtigt sind demnach nur juristische und natürliche Personen, die weder öffentliche Telekommunikationsnetze betreiben noch Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringen. Der Umfang der Rufnummernübertragbarkeit richtet sich im Einzelnen nach Abs. 1 (siehe oben Rz. 329 ff.), wobei zu beachten ist, dass an die Stelle der Teilnehmer die Endnutzer treten. _______________
1 So auch Beck TKG-Komm/Büning/Weißenfels, 3. Aufl., § 46 TKG Rz. 3. 2 Vgl. Beck TKG-Komm/Paul/Mellewigt, 2. Aufl., § 43 Rz. 23.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 342 K
2.5.9.2.3 Entgelte für die Rufnummernübertragung Bei einem Betreiberwechsel bzw. einem Wechsel des Anbieters unter Beibehaltung der bisherigen Rufnummer entstehen Kosten für die Weiterleitung der Rufnummer, vor allem für deren Implementierung in einem anderen Netz1. Eine Weiterbelastung dieser Kosten ist nur in den Grenzen des § 46 Abs. 3 TKG möglich, der Art. 30 Abs. 2 und 3 URL in deutsches Recht umsetzt. Nach Art. 30 URL haben die nationalen Regulierungsbehörden dafür zu sorgen, dass die Preise für die Zusammenschaltung im Zusammenhang mit der Nummernübertragbarkeit kostenorientiert sind und etwaige direkte Gebühren die Verbraucher nicht abschrecken, die Dienstleistung in Anspruch zu nehmen (Art. 30 Abs. 2 URL). Die nationalen Regulierungsbehörden sollen insbesondere keine Endnutzertarife für die Nummernübertragung vorgeben, die den Wettbewerb verfälschen, etwa durch Festlegung besonderer oder gemeinsamer Endnutzertarife (Art. 30 Abs. 3 URL).
339
Der deutsche Gesetzgeber hat sich in diesem Kontext dazu entschieden, dass den Teilnehmern bzw. Endnutzern nur die Kosten für eine Rufnummernübertragung in Rechung gestellt werden dürfen, die einmalig beim Wechsel entstehen. Gleiches gilt für die Kosten, die ein Netzbetreiber einem Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit für die Rufnummernübertragung berechnen darf. Folgekosten für die Aufrechterhaltung der Rufnummernübertragung, wie auch Kosten, die mit der Übertragung der Rufnummer nicht im Zusammenhang stehen, können nicht verlangt werden2.
340
Der S. 3 stellt klar, dass etwaige Entgelte einer nachträglichen Regulierung nach Maßgabe des § 38 Abs. 2 bis 4 TKG unterliegen. Fraglich ist, ob der Verweis auf § 38 TKG als Rechtsgrund oder Rechtsfolgenverweis zu verstehen ist. Im Fall einer Rechtsgrundverweisung wäre das Vorliegen beträchtlicher Marktmacht Voraussetzung für eine Entgeltregulierung nach § 38 Abs. 1 S. 1 TKG. Im Fall einer Rechtsfolgenverweisung käme es auf das Vorliegen beträchtlicher Marktmacht nicht an.
341
Aufgrund der besonderen Bedeutung der Rufnummernübertragbarkeit für den Wettbewerb als einer der Hauptfaktoren für die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher, ist davon auszugehen, dass die Möglichkeit einer nachträglichen Entgeltregulierung nicht allein auf Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht beschränkt bleiben soll. Diese Auffassung entspricht dem Erwägungsgrund Nr. 41 URL: „Der Nutzen der Nummernübertragbarkeit lässt sich dadurch erheblich steigern, dass transparente Tarifinformationen vorliegen, und zwar sowohl für Endnutzer, die ihre Nummern mitnehmen, als auch für Endnutzer, die Teilnehmer anrufen, die die Möglichkeit zur Num-
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1 Zur technischen Umsetzung der Rufnummernübertragung siehe OVG Münster, CR 2004, 197. 2 Vgl. Berl.Komm/Rugullis, § 46 TKG, Rz. 21.
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K Rz. 343
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mernübertragung genutzt haben. Die nationalen Regulierungsbehörden sollten, soweit dies machbar ist, eine angemessene Tariftransparenz als Teil der Verwirklichung der Nummernübertragbarkeit erleichtern"1. Eine derartige Tariftransparenz kann nur erreicht werden, wenn die Möglichkeit zur Entgeltregulierung nach § 38 TKG unabhängig vom Kriterium beträchtlicher Marktmacht besteht. Somit ist von einem Rechtsfolgenverweis auszugehen. Eine Auslegung als Rechtsgrundverweisung ist abzulehnen2. Die vom Richtliniengeber angesprochene Tariftransparenz bei Entgelten für die Rufnummernübertragung ließe sich nicht effektiv durchsetzen, wenn eine nachträgliche Entgeltregulierung allein auf Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht beschränkt bliebe. Zudem würde die nachträgliche Entgeltregulierung auch ohne das Erfordernis der beträchtlichen Marktmacht nicht uferlos eingreifen. Voraussetzung blieben die übrigen Tatbestandmerkmale des § 28 TKG. Das Kriterium der beträchtlichen Marktmacht wäre durch die besondere Stellung des Netzbetreibers bzw. Anbieters von Telekommunikationsdiensten, der auf Wunsch des Teilnehmers bzw. Endnutzers die Rufnummer zu übertragen hat, zu ersetzen. Dem abgebenden Netzbetreiber bzw. Diensteanbieter kommt insoweit eine ähnliche Stellung wie einem marktbeherrschenden Unternehmen zu. Denn er kann aufgrund seiner tatsächlichen Verfügungshoheit über die Nummer deren Übertragung durch eine fehlende Mitwirkung oder überzogene Entgeltforderungen – ähnlich wie ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht – erheblich beeinträchtigen. Zur Begründung einer Rechtsgrundverweisung kann auch nicht auf § 25 Abs. 5 S. 3 TKG zurückgegriffen werden. Während § 25 Abs. 5 S. 3 TKG vorbehaltslos die direkte Geltung der §§ 27 bis 38 TKG anordnet, sieht § 46 Abs. 3 S. 3 TKG vor, dass etwaige Entgelte lediglich nach Maßgabe des § 38 Abs. 2 bis 4 TKG (nachträglich) reguliert werden sollen. Dies stellt einen deutlichen Unterschied im Wortlaut dar, der eine Vergleichbarkeit der beiden Bestimmungen ausschließt. Die besseren Argumente sprechen daher für die Annahme eines Rechtsfolgenverweises. 343
Noch unter dem Regime des alten TKG 1996 hat die BNetzA die Portierungsentgelte für den Mobilfunkbereich auf 29,95 Euro inkl. Mehrwertsteuer festgelegt3. Eine Entscheidung über die Portierungsentgelte im Festnetzbereich ist bisher nicht erforderlich geworden4.
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1 Erwägungsgrund 41 der URL (RL2002/22/EG). 2 Für eine Auslegung als Rechtsgrundverweisung Berl.Komm/Rugullis, § 46 TKG, Rz. 22. 3 Vgl. Beschluss der BNetzA v. 29.11.2004 – BK 3c-04/018. 4 Beim Festnetzanbieter Arcor beträgt das Portierungsentgelt für eine Rufnummer z. B. 7,95 Euro.
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Rz. 347 K
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2.5.9.2.4 Europäischer Telefonnummernraum Der § 46 Abs. 4 TKG regelt die Anrufzustellung in dem europäischen Nummernraum. Betreiber öffentlicher Telefonnetze haben hiernach sicherzustellen, dass alle Anrufe in den europäischen Telefonnummernraum ausgeführt werden. Diese Regelung findet sich nahezu wortgleich in Art. 27 Abs. 2 URL. Allerdings ist Letztere derzeit noch unbestimmt, da noch nicht festgelegt ist, welche Dienste und Dienstmerkmale den Europäischen Telefonnummernraum, der bereits in internationalen Plänen mit der Nummer 3883 beschrieben ist, ausfüllen1. Der Abs. 4 wird daher erst mit der tatsächlichen Einführung des europäischen Telefonnummernraums relevant. Verpflichtet sind nach dem Wortlaut Betreiber öffentlicher Telefonnetze (zum Begriff siehe oben Rz. 333 ff.). Denn nur diese sind technisch in der Lage, die „Erreichbarkeit“ des europäischen Nummernraums in ihren Netzen sicherzustellen.
344
2.6 Rechtsschutzmöglichkeiten der Endnutzer nach dem 3. Teil des TKG Der nachfolgende Abschnitt behandelt die nach dem dritten Teil des TKG bestehenden Rechtschutzmöglichkeiten der Kunden. Zum einen sind hier Ansprüche auf Schadensersatz und Unterlassung nach § 44 TKG zu nennen, zum anderen ist das Schlichtungsverfahren nach § 47a TKG zu berücksichtigen. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass innerhalb des TKG (vgl. die Befugnisse der BNetzA nach den §§ 126 ff. TKG) als auch außerhalb des TKG (z. B. BGB, UWG oder GWB) weitere Rechtsschutzmöglichkeiten in Betracht kommen, auf die im Rahmen dieses Kundenschutzteils nicht näher eingegangen werden soll.
345
2.6.1 Anspruch auf Schadensersatz und Unterlassung (§ 44 TKG) Der § 44 Abs. 1 TKG gewährt Endverbrauchern und Wettbewerbern einen Anspruch auf Beseitigung, Unterlassen oder Schadensersatz. Der Anspruch richtet sich gegen Unternehmen, die gegen das TKG, eine aufgrund des TKG erlassene Rechtsverordnung, eine aufgrund des TKG in einer Zuteilung auferlegten Verpflichtung, oder gegen eine Verfügung der BNetzA verstoßen haben. Anspruchsberechtigt sind diejenigen Endverbraucher und Wettbewerber, die durch den Rechtsverstoß beeinträchtigt sind. Der Abs. 2 des § 44 TKG enthält Regelungen zur Klagebefugnis von Verbraucherschutzorganisationen und gilt insoweit ergänzend zum Unterlassungsklagengesetz.
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Nach der Gesetzesbegründung beruht die Vorschrift auf dem früheren § 40 TKG 19962. Wie dieser bezweckt § 44 TKG eine Erweiterung der Rechts-
347
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1 Vgl. Begr. zu § 46 Abs. 4 TKG, BT-Drucks. 15/2316, S. 72. 2 Vgl. Begr. zu § 44 TKG, BT-Drucks. 15/2316, S. 72.
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schutzmöglichkeiten zu Gunsten der Endverbraucher und Wettbewerber. Die Ansprüche auf Beseitigung, Unterlassung oder Schadensersatz sollen neben die aufsichtsrechtliche Maßnahmen der BNetzA treten und ein weiteres Regulativ zur Durchsetzung der telekommunikationsrechtlichen Normen schaffen1. 2.6.1.1 Konkurrenzen 348
Der § 44 TKG normiert zivilrechtliche Ansprüche2, die vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden müssen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis der § 44 TKG zu anderen zivilrechtlichen Anspruchgrundlagen steht. Des Weiteren ist zu klären, wie sich die zivilrechtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten, insbesondere des § 44 TKG, gegenüber verwaltungsrechtlichen Maßnahmen der BNetzA bzw. Verfahren vor den Verwaltungsgerichten verhalten. Letzteres wird regelmäßig bei einem gleichzeitigen zivilgerichtlichen und verwaltungsrechtlichen Vorgehen relevant. 2.6.1.1.1 Verhältnis des § 44 TKG zu anderen zivilrechtlichen Ansprüchen
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Der § 44 TKG steht zu anderen zivilrechtlichen Ansprüchen im Verhältnis der Anspruchskonkurrenz. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Norm, wonach die Rechtschutzmöglichkeiten zur Durchsetzung telekommunikationsrechtlicher Normen erweitert werden sollen (siehe oben). Ansprüche aus § 44 TKG können daher neben anderen zivilrechtlichen Ansprüchen geltend gemacht werden.
350
In Betracht kommen insbesondere Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche sowie Schadenersatzansprüche nach dem GWB, UWG oder BGB. Bei einem Verstoß gegen telekommunikationsrechtliche Normen werden häufig auch wettbewerbliche Belange beeinträchtigt, weshalb gleichzeitig Ansprüche nach den §§ 8 oder 9 UWG im Raum stehen können. Demgegenüber sind kartellrechtliche Ansprüche nach dem GWB wegen des Erfordernisses einer marktbeherrschenden Stellung eher selten und kommen nur gegen Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, z. B. der DTAG in Betracht. Ebenso sind Ansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB möglich, sofern telekommunikationsrechtliche Normen verletzt werden, die den Schutz der in § 44 TKG genannten Endverbraucher bzw. Wettbewerber bezwecken. Die Voraussetzung des § 823 Abs. 2 BGB sind im Gegensatz zu § 44 TKG enger. Der § 823 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass ein Schutzgesetz vorliegt, welches neben dem Schutz der Allgemeinheit gerade konkret dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines Rechts_______________
1 Vgl. Begr. zu § 40 TKG 1996, BT-Drucks. 13/3609, S. 47; Berl.Komm/Rugullis, § 44 TKG, Rz. 2. 2 Vgl. Berl.Komm/Rugullis, § 44 TKG, Rz. 1.
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guts zu schützen (sog. Schutzzweck)1. In § 44 TKG besteht das Kriterium des Schutzzweckerfordernisses wie in § 823 Abs. 2 BGB nicht. Hier reicht bereits das Kriterium der Betroffenheit aus. Endverbraucher und Wettbewerber können im Rahmen des § 44 TKG somit Verstöße von telekommunikationsrechtlichen Normen geltend machen, ohne dass sie direkt dem Schutzzweck dieser Norm unterfallen. Erforderlich ist nur eine Betroffenheit, d. h. eine Beeinträchtigung schützenswerter Interessen (vgl. nachfolgend Rz. 365). Auch ist bei § 823 Abs. 2 BGB nicht unumstritten, ob Verwaltungsakte Schutzgesetz sind2. Diese Frage stellt sich bei § 44 TKG aufgrund des Wortlauts nicht. Bezogen auf die Anspruchsvoraussetzungen ist somit ein Vorgehen nach § 44 TKG leichter durchzusetzen als ein Vorgehen nach § 823 Abs. 2 BGB. Gleiches gilt für Unterlassungsansprüche als quasinegatorische Ansprüche nach § 823 Abs. 2 i. V. m. § 1004 BGB3. Dem § 44 TKG kommt somit, entgegen der früheren Rechtslage bei § 40 TKG 1996, durchaus eine eigenständigere Bedeutung zu4. 2.6.1.1.2 Verhältnis zu verwaltungsrechtlichen Maßnahmen/Verfahren Im Bereich des § 44 TKG bestehen aufgrund ähnlicher Anspruchsvoraussetzungen Überschneidungen mit der Untersagungsbefugnis der BNetzA nach § 126 TKG sowie dem Streitbeilegungsverfahren nach § 133 TKG. Zentrale Voraussetzung ist ein Verstoß gegen eine Verpflichtung aus dem TKG oder aufgrund des TKG. Die §§ 126, 133 TKG sind dabei im Verwaltungsverfahren vor der BNetzA zu verfolgen, während der § 44 TKG im Zivilrechtsweg durchgesetzt werden muss. Bei Sachverhalten, die sowohl in den Anwendungsbereich des § 44 TKG als auch in den Anwendungsbereich der §§ 126, 133 TKG fallen, stellt sich daher die Frage, ob ein gleichzeitiges Vorgehen im Zivilrechtsweg als auch bei der Behörde rechtlich zulässig ist.
351
Hiervon ist grundsätzlich auszugehen; so z. B. das OLG Düsseldorf für den Bereich der Missbrauchskontrolle bei Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, die sowohl Gegenstand des TKG (Verwaltungsverfahren) als auch des GWB (Zivilrechtsweg) sein kann. Das Gericht führt aus, dass gegen eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte selbst vor dem Hintergrund eines vor den Verwaltungsgerichten anhängigen Rechtsstreits mit einem deckungsgleichen Prüfungsgegenstand keine durchgreifenden Bedenken bestehen5. Die geltend gemachten Ansprüche unterlägen keiner Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte6.
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1 2 3 4
Palandt/Thomas, § 823 BGB Rz. 104 f. Vgl. Bamberger/Roth/Spindler, § 823 BGB, Rz. 153 ff. Palandt/Bassenge, § 1004 BGB, Rz. 4. Zur Situation bei § 40 TKG 1996 vgl. Beck TKG-Komm/Büchner, 2. Aufl., § 40 TKG, Rz. 1. 5 Vgl. OLG Düsseldorf, MMR 2004, 247. 6 Vgl. OLG Düsseldorf, MMR 2004, 247; LG Frankfurt a. M., MMR 2005, 551.
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Zu berücksichtigen ist allerdings, dass sich das Gericht nur mit der Frage der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zu beschäftigen hatte, nicht jedoch mit der Frage der materiell-rechtlichen Begründetheit der Klage. Diesbezüglich hat das Gericht angedeutet, dass im Rahmen der Begründetheit die Frage, ob die rechtskräftige Entscheidung der Verwaltungsgerichte im Rahmen ihrer Rechtskraftwirkung für die Zivilgerichte bindend sei, beantwortet werden müsse. In der Rechtsprechung des BGH sei insoweit die Bindungswirkung rechtskräftiger verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen (nicht hingegen bestandskräftiger Verwaltungsakte1) anerkannt2. Aus den Ausführungen des OLG Düsseldorf lassen sich folgende Konsequenzen ableiten: Ist eine rechtskräftige Entscheidung eines Verwaltungsgerichts noch nicht ergangen ist, besteht grundsätzlich keine Rechtsbindungswirkung für die Zivilgerichte. Gleiches gilt für die Verwaltungsgerichte. Geht es um Rechtsfragen, welche das Gericht eines bestimmten Rechtswegs im Rahmen seiner Vorfragenkompetenz zu entscheiden hat und von deren Beantwortung die Entscheidung sachlich abhängt, kommt in prozessualer Hinsicht (nur) eine Aussetzung des Rechtsstreits nach § 148 ZPO (ggf. in Verbindung mit § 172 VwGO) in Betracht3. Die Aussetzung ist das geeignete Mittel, um kontradiktorische, rechtkräftige Urteile zu vermeiden. Ebenso steht einer parallelen Klageerhebung vor den Zivil- und Verwaltungsgerichten nicht das prozessuale Hindernis einer anderweitigen Rechtshängigkeit entgegen (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Eine Verwaltungsklage in Zusammenhang mit einer Entscheidung nach §§ 126, 133 TKG richtet sich gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die BNetzA, während sich die zivilrechtliche Klage gegen das Unternehmen richtet, dass gegen eine Verpflichtung aus dem TKG oder aufgrund des TKG verstoßen hat4. Demnach ist ein gleichzeitiges „Vorgehen“ auf dem Zivilrechtsweg als auch bei der Behörde/vor dem Verwaltungsgericht in den genannten Grenzen grundsätzlich möglich. 2.6.1.2 Anspruch auf Beseitigung, Unterlassen und Schadensersatz
354
Der Abs. 1 regelt die Voraussetzungen für Ansprüche der Betroffenen auf Beseitigung, Unterlassung oder Schadensersatz. Während die Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung verschuldensunabhängig ausgestaltet sind (S. 1), setzt der Schadensersatzanspruch Verschulden voraus (S. 4). 2.6.1.2.1 Verstoß gegen telekommunikationsrechtliche Norm
355
Voraussetzung für einen Anspruch aus § 44 TKG ist, dass ein Unternehmen gegen eine telekommunikationsrechtliche Norm verstößt. Der Begriff des _______________
1 2 3 4
BGHZ 86, 386; 90, 17 (23). Vgl. BGH, NJW 1985, 2324. Vgl. OLG Düsseldorf, MMR 2004, 247 (249). Vgl. OLG Düsseldorf, MMR 2004, 247 (249).
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Rz. 358 K
Unternehmens (§ 3 Nr. 29 TKG) umfasst sowohl einzelne Unternehmen, als auch verbundene Unternehmen im Sinne des § 36 Abs. 2 und § 37 Abs. 1 und 2 GWB. Ein Verstoß gegen telekommunikationsrechtliche Normen liegt vor, wenn gegen eine Norm des TKG, eine aufgrund der TKG erlassenen Rechtsverordnung, eine aufgrund des TKG in einer Zuteilung auferlegten Verpflichtung oder gegen eine Verfügung der BNetzA verstoßen wird. Der Verstoß kann durch positives Tun als auch durch Unterlassen erfolgen. Die erforderliche Garantenpflicht bei Unterlassen ergibt sich aus der Stellung als Normadressat von telekommunikationsrechtlichen Vorschriften. Für das Bestehen eines Anspruchs ist es gemäß § 44 Abs. 1 S. 2 TKG ausreichend, dass der Verstoß bzw. die Zuwiderhandlung droht oder unmittelbar bevorsteht. Der Verstoß muss nicht schon erfolgt, d. h. abgeschlossen sein oder bereits begonnen haben. Entsprechend der Rechtsprechung zu § 1004 BGB ist für eine drohende Zuwiderhandlung eine erstmalige, ernsthaft drohende Beeinträchtigung ausreichend1. Die drohende Rechtsverletzung muss sich anhand tatsächlicher Anhaltspunkte soweit konkretisiert haben, dass die Verletzung bereits greifbare Formen angenommen hat und der Eintritt unmittelbar bevorsteht2. Im Einzelnen kommen folgende Verstöße in Betracht:
356
2.6.1.2.1.1 Verstoß gegen das Gesetz Mit der Formulierung „Verstoß gegen das Gesetz“ stellt der § 44 TKG allein auf Verstöße gegen das TKG ab. Ein Verstoß gegen das TKG 1996 wird von S. 1 nicht erfasst, weil das TKG 1996 gemäß § 152 Abs. 2 TKG am Tag nach der Verkündung des TKG außer Kraft getreten ist. Dies gilt auch für die §§ 43a und 43b, 96 Abs. 1 Nr. 9a bis 9f TKG 1996 in Verbindung mit Abs. 2 S. 1 und § 97 Abs. 6 und 7 TKG 1996. Diese Vorschriften finden gemäß § 152 Abs. 1 S. 2 TKG bis zum Erlass einer Rechtsverordnung nach § 66 Abs. 4 TKG weiterhin Anwendung, dennoch sind es keine Normen des TKG i. S. d. § 44 Abs. 1 S. 1 TKG.
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Bei der Frage, ob ein Verstoß gegen das TKG vorliegt, ist die Übergangsvorschrift des § 150 TKG zu berücksichtigen. Für § 150 Abs. 4 TKG hat das VG Köln inzwischen entschieden, dass die aus den GSM- bzw UMTS-Lizenzen resultierenden Rechte und Verpflichtungen aufgrund der Fortgeltungswirkung des § 150 Abs. 4 TKG Vorschriften des TKG darstellen und daher im Rahmen der §§ 126 und 133 TKG, die einen Verstoß gegen eine Verpflichtung aus dem TKG oder aufgrund des TKG voraussetzen, durchgesetzt werden können3. Der Gesetzgeber hat diese Auffassung zwischenzeitlich be-
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1 Bamberger/Roth/Fritzsche, § 1004 BGB, Rz. 87 ff.; Palandt/Bassenge, § 1004 BGB, Rz. 32. 2 Harte/Henning/Beckedor, § 8 UWG, Rz. 25. 3 Vgl. VG Köln, Urt. v. 2.11.2006, Az.: 1 K 4871/05.
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stätigt und den § 150 TKG um einen Abs. 4a ergänzt: „Soweit nach den Bestimmungen in den Abs. 1 bis 4 Rechte und Verpflichtungen wirksam bleiben oder fortgelten, gelten diese als Rechte und Verpflichtungen nach diesem Gesetz i. S. der §§ 126 und 133 TKG.“ Aufgrund der vergleichbaren Tatbestandvoraussetzungen des § 44 TKG und der §§ 126, 133 TKG (Verstoß gegen eine Verpflichtung aus dem TKG oder aufgrund des TKG) muss dies allerdings auch für § 44 TKG gelten, mit der Folge, dass die nach § 150 Abs. 1 bis 4 TKG wirksam gebliebenen Rechte und Verpflichtungen auch im Rahmen des § 44 TKG verfolgt werden können. 2.6.1.2.1.2 Verstoß gegen eine aufgrund des Gesetzes erlassene Rechtsverordnung 359
Ebenso ist ein Verstoß gegen eine aufgrund des TKG erlassene Rechtsverordnung tatbestandsgemäß. Voraussetzung ist, dass die Rechtsverordnung aufgrund des (neuen) TKG erlassen wurde. Rechtsverordnungen, die noch unter dem TKG 1996 erlassenen wurden und nach Verkündung des TKG nicht außer Kraft getreten sind, unterliegen nicht dem § 44 Abs. 1 S. 1 TKG1. Dies betraf beispielsweise die TKV. Bis zum Inkrafttreten des TKGÄnderungsgesetzes 2006, in deren Rahmen die Kundenschutzbestimmungen in das TKG integriert werden, konnten Verstöße gegen telekommunikationsrechtliche Kundenschutzregelungen der TKV nicht nach § 44 TKG sanktioniert werden. 2.6.1.2.1.3 Verstoß gegen eine aufgrund des Gesetzes in einer Zuteilung auferlegten Verpflichtung
360
Auch Verstöße gegen eine aufgrund des TKG in einer Zuteilung auferlegten Verpflichtung berechtigen zu einem Vorgehen nach § 44 Abs. 1 TKG. Unter den Begriff der Zuteilung fallen insbesondere Frequenzzuteilungen nach §§ 52 ff. TKG, aber auch die Zuteilung von Rufnummern nach § 66 Abs. 1 S. 3 TKG. Erforderlich nach dem Wortlaut ist auch hier, dass die Zuteilung aufgrund des TKG erfolgte. Ausgenommen sind daher Zuteilungen, die aufgrund des TKG 1996 oder des FAG erteilt wurden, namentlich die GSMund UMTS-Mobilfunklizenzen. Die GSM- bzw. UMTS-Lizenzen sind allerdings über den § 150 Abs. 4 TKG direkter Bestandteil des TKG geworden, so dass mit einem Verstoß gegen diese Bestimmungen gleichzeitig ein Verstoß gegen das Gesetz i. S. d. § 44 TKG verbunden ist (siehe oben Rz. 358). 2.6.1.2.1.4 Verstoß gegen eine Verfügung der BNetzA
361
Als weitere telekommunikationsrechtliche Bestimmung gegen die verstoßen werden kann, nennt S. 1 schließlich Verfügungen der BNetzA. Hierun_______________
1 Vgl. Berl.Komm/Rugullis, § 44 TKG, Rz. 16.
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ter fallen Gebote oder Verbote1, die entweder als Einzelverfügung an ein bestimmtes Unternehmen oder als Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 S. 2 VwVfG erlassen werden2. Als Ermächtigungsgrundlagen für Verfügungen der BNetzA kommen im Bereich der Zugangsregulierung die §§ 18 bis 21, 24 und 25 TKG, im Bereich der Entgeltregulierung die §§ 30, 39 und 41 Abs. 1 TKG, im Bereich der besonderen Missbrauchsaufsicht der § 42 Abs. 4 TKG sowie im Bereich der allgemeinen Regulierungsbefugnisse die §§ 126, 127 Abs. 1 bis 3 TKG in Betracht. 2.6.1.2.2 Anspruchsberechtigung Nach § 44 Abs. 1 S. 3 TKG gilt als betroffen und damit anspruchberechtigt, wer als Endverbraucher oder Wettbewerber durch den Verstoß beeinträchtigt ist. Die Bestimmung beschränkt die Anspruchsberechtigung in zweifacher Weise. Zum einen können überhaupt nur Endverbraucher und Wettbewerber Ansprüche nach § 44 TKG geltend machen (persönliche Anspruchsberechtigung). Zum anderen muss das Kriterium der Betroffenheit erfüllt sein (sachliche Anspruchsberechtigung). Hierfür ist erforderlich, dass der jeweilige Endverbraucher bzw. Wettbewerber durch den Rechtsverstoß kausal beeinträchtigt wurde.
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2.6.1.2.2.1 Persönliche Anspruchsberechtigung – Endverbraucher/Wettbewerber Der Betroffene muss Endverbraucher oder Wettbewerber sein. Der Begriff des Endverbrauchers ist im TKG nicht näher definiert und wird vom Gesetzgeber nur in § 44 TKG verwendet. Gemeint ist offensichtlich der Endnutzer im Sinne des § 3 Nr. 8 TKG. Für diese Auslegung spricht zum einen der Umstand, dass sich der § 40 TKG im Teil „Kundenschutz“ befindet, dessen übrige Normen sich auf Endnutzer beziehen. Zum anderen lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen, dass der Anwendungsbereich der Norm mit Einführung des Endverbraucherbegriffes gegenüber dem im Gesetzesentwurf zunächst verwendeten Begriff des Endnutzers verändert werden sollte3. Endnutzer sind juristische oder natürliche Personen, die weder öffentliche Telekommunikationsnetze betreiben noch Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringen (siehe oben Rz. 11). Warum der Gesetzgeber das TKG-Änderungsgesetz 2006 nicht dazu nutzt, dieses redaktionelle Versehen zu beheben, bleibt unklar.
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1 Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 35 Rz. 47 f.; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. neub. Aufl., § 35 Rz. 77 f. 2 Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 35 Rz. 68/102 ff.; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. neub. Aufl., § 35 Rz. 82 f./200 f. 3 Ausführlich hierzu Berl.Komm/Rugullis, § 44 TKG, Rz. 8 ff.
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Auch der Begriff des Wettbewerbers findet sich im TKG nicht. Da jedoch das Telekommunikationsrecht Sonderkartellrecht darstellt und der § 44 TKG nach seiner Begründung an die Normen des GWB bzw. UWG anknüpft1, kann auf die einschlägige wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung und Literatur zurückgegriffen werden. Entsprechend dem Mitbewerberbegriff des § 2 Abs. 1. Nr. 3 UWG ist Wettbewerber jedes Unternehmen, das mit einem oder mehreren Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Entscheidend ist das Merkmal des Wettbewerbsverhältnisses2. Hiervon ist auszugehen, wenn Unternehmen den gleichen Abnehmerkreis bzw. Lieferantenkreis haben. Ein Wettbewerbsverhältnis wird jedoch auch bei Unternehmen verschiedener Wirtschaftsstufen angenommen. D. h., ein mittelbares Wettbewerbsverhältnis, beispielsweise zwischen einem nicht auf der Endverbraucherstufe tätigen Hersteller und einem Einzelhändler, ist ausreichend3. Erfasst wird aktueller wie potenzieller Wettbewerb4. Ob ein Unternehmen beträchtliche Marktmacht aufweist, ist für die Frage des Wettbewerbsverhältnisses unerheblich5. Das Wettbewerbsverhältnis ist konkret, wenn das Kriterium der Betroffenheit erfüllt ist. Betroffenheit liegt dann vor, wenn der Rechtsverstoß eines Unternehmens die schützenswerten Interessen eines anderen Unternehmens irgendwie fassbar negativ beeinträchtigen könnte (siehe nachfolgend Rz. 365)6. 2.6.1.2.2.2 Sachliche Anspruchsberechtigung – Kriterium der Betroffenheit
365
Das Kriterium der Betroffenheit erfordert, dass der Anspruchsteller durch den Rechtsverstoß beeinträchtig wurde. Die noch in § 40 TKG 1996 normierte Voraussetzung, dass die verletzte Norm oder Einzelfallregelung drittschützenden Charakter in dem Sinne haben musste, dass sie gerade den Schutz des Anspruch stellenden Nutzes bezweckt7, ist aufgegeben worden. Der § 44 TKG wurde den Regelungen des novellierten GWB bzw. UWG angepasst8. Auch dort ist das Schutzzweckerfordernis zu Gunsten des Kriteriums der Betroffenheit aufgegeben worden9. Zu Auslegungszwecken kann daher auf das GWB bzw. UWG zurückgegriffen werden. Für das Kriterium der Betroffenheit ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass schützenswerte Interessen eines Endverbrauchers oder eines Wettbewerbers in tatsäch_______________
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Vgl. Begr. zu § 44 TKG, BT-Drucks. 15/2316, S. 72. Vgl. Harte/Henning/Keller, § 2 UWG, Rz. 16 ff. Vgl. Harte/Henning/Keller, § 2 UWG, Rz. 19. Vgl. Immenga/Mestmäcker/Zimmer, § 1 GWB, Rz. 141. Vgl. Berl.Komm/Rugullis, § 44 TKG, Rz. 13. Vgl. Harte/Henning/Keller, UWG, § 2 Rz. 20; Baumbach/Hefermehl, 24. Aufl., UWG § 2 Rz. 59 f. 7 Vgl. zu § 40 TKG 1996 Beck TKG-Komm/Büchner, 2. Aufl., § 40 TKG Rz. 4. 8 Vgl. Begr. zu § 44 TKG, BT-Drucks. 15/2316, S. 72. 9 Loewenheim/Rehbinder, Kartellrecht, Band 1, § 33 GWB Rz. 8.
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Rz. 368 K
licher Hinsicht negativ beeinträchtigt sein könnten1. Eine Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen reicht aus2. Zwischen Rechtsverstoß und Beeinträchtigung muss ein Zurechnungszusammenhang im Sinne adäquater Kausalität bestehen3. 2.6.1.2.3 Rechtsfolgen Die möglichen Rechtfolgen hängen zum einen vom gewünschten Rechtsschutzziel, zum anderen davon ab, ob das Unternehmen schuldhaft gegen eine telekommunikationsrechtliche Vorschrift im Sinne des § 44 TKG verstoßen hat. Nur im Fall eines schuldhaften Rechtsverstoßes kommen neben Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen auch Schadensersatzansprüche in Betracht (§ 44 Abs. 1 S. 4 TKG). Beseitigung und Unterlassung setzt kein Verschulden voraus4.
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2.6.1.2.3.1 Beseitigung Der Beseitigungsanspruch betrifft die Abwehr von gegenwärtigen Beeinträchtigungen und bezieht sich auf deren Abstellung in der Zukunft5. Er ist nur gegeben, wenn die Beeinträchtigung fortwirkt. Die Herstellung des früheren Zustandes, der als Folge der Beeinträchtigung eingetreten ist, kann nicht verlangt, sondern nur als Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden6. Die Kosten der Beseitigung hat das verursachende Unternehmen zu tragen7.
367
2.6.1.2.3.2 Unterlassen Der Unterlassungsanspruch dient der Abwehr künftiger Beeinträchtigungen. Er greift ein, wenn aufgrund einer vorangegangenen Beeinträchtigung die Gefahr künftiger Wiederholungen besteht8. Die vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung begründet in der Regel die tatsächliche Vermutung für eine Wiederholungsgefahr9. Ausreichend ist jedoch eine erstmals ernsthaft drohende Zuwiderhandlung (§ 44 Abs. 1 S. 2 TKG). Das Unternehmen schul-
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1 Vgl. Harte/Henning/Keller, UWG, § 2 Rz. 20; Baumbach/Hefermehl, 24. Aufl., UWG § 2 Rz. 59 f. 2 Bunte/Lange/Bornkamm, GWB, 8 Aufl., § 33 Rz. 20. 3 Bunte/Lange/Bornkamm, GWB, 8 Aufl., § 33 Rz. 21. 4 BGH 110, 313; BT-Drucks. 15/2679, S. 14 (zu § 42 Abs. 1). 5 Palandt/Bassenge, § 1004 BGB, Rz. 27 f. 6 BGH, NJW 2004, 1035; Palandt/Bassenge, § 1004 BGB, Rz. 28. 7 Bamberger/Roth/Fritzsche, § 1004 BGB, Rz. 75; Palandt/Bassenge, § 1004 BGB, Rz. 30. 8 Bamberger/Roth/Fritzsche, § 1004 BGB, Rz. 82. 9 BGH, NJW 2004, 1035.
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K Rz. 369
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det die künftige Untätigkeit sowie ein Verhalten, das den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung bewirkt1. 2.6.1.2.3.3 Schadensersatz 369
Der Schadensersatzanspruch setzt Verschulden des Unternehmens i. S. d. § 276 BGB voraus. Das Verschulden umfasst Vorsatz und Fahrlässigkeit. Eine Beschränkung auf grobe Fahrlässigkeit ist in § 44 TKG nicht vorgesehen, so dass bereits leichte Fahrlässigkeit ausreicht. Der geltend gemachte Schaden muss adäquat kausal auf dem Rechtsverstoß des Unternehmens beruhen2. Art und Umfang des zu ersetzenden Schadens folgen aus §§ 249 ff. BGB. 2.6.1.2.3.4 Zinsen
370
Im Zusammenhang mit Schadensersatzansprüchen bestimmt der § 44 Abs. 1 TKG in seinen Sätzen 5 und 6, dass Geldschulden ab Eintritt des Schadens zu verzinsen sind und verweist hierzu auf die §§ 288 und 289 S. 1 BGB, die entsprechende Anwendung finden. Daraus folgt, dass der Zinsanspruch gemäß § 288 Abs. 1 S. 1 BGB nicht erst am Tag nach Eintritt des Verzuges (§ 286 BGB) beginnt3, sondern bereits nach Eintritt des Schadens. Im Übrigen richtet sich der Zinsanspruch nach § 288 BGB. Die Geltendmachung von Zinseszinsen ist nach § 289 S. 1 BGB ausgeschlossen. Ein Schadensersatzanspruch wegen verzögerter Zinszahlung, einschließlich Verzugszinsen, nach § 289 S. 2 BGB bleibt möglich, da die Bestimmung von § 44 Abs. 1 S. 6 TKG nicht berührt wird. 2.6.1.2.4 Darlegungs- und Beweislast
371
Die Darlegungs- und Beweislast obliegt grundsätzlich demjenigen, der aus § 44 TKG einen Anspruch zu seinen Gunsten geltend macht4. Der anspruchsberechtigte Endverbraucher bzw. Wettbewerber hat daher den Rechtsverstoß des Unternehmens, die daraus resultierende Beeinträchtigung sowie die Kausalität zwischen Rechtsverstoß und Beeinträchtigung darzulegen und ggf. zu beweisen. Begehrt der Betroffene Schadensersatz, obliegt ihm darüber hinaus die Darlegungs- und Beweislast für das Verschulden des Unternehmens, für den Schaden sowie die haftungsausfüllende Kausalität5.
_______________
1 2 3 4 5
BGH, NJW 2004, 1035; Palandt/Bassenge, § 1004 BGB, Rz. 33. Palandt/Heinrichs, Vorb v § 249 BGB, Rz. 54 ff. Palandt/Heinrichs, § 288 BGB, Rz. 5. Thomas/Putzo/Reichold, Vorbem § 284 ZPO, Rz. 23 ff. Palandt/Heinrichs, Vorb v § 249 BGB, Rz. 162.
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Rz. 375 K
Inwieweit Beweiserleichterungen oder eine Umkehr der Beweislast in Betracht kommen, ist im Einzelfall zu klären1. Bei Unterlassungsansprüchen hängt der Umfang der Darlegungs- und Beweislast davon ab, ob ein Rechtsverstoß bereits stattgefunden hat oder die Zuwiderhandlung erst droht. Ist ein Rechtsverstoß und damit eine Beeinträchtigung gegeben, besteht eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr, an deren Widerlegung von der Rechtsprechung hohe Anforderungen gestellt werden2. In dieser Situation muss der Betroffene die Wiederholungsgefahr nicht weiter darlegen. Steht eine erstmals drohende Zuwiderhandlung bzw. Beeinträchtigung i. S. d. § 44 Abs. 1 S. 2 TKG im Raum, greift diese tatsächliche Vermutungswirkung nicht ein3. In dieser Situation muss der Betroffene auch die drohende Zuwiderhandlung und die damit verbundene drohende Beeinträchtigung darlegen und beweisen4.
372
2.6.1.2.5 Verjährung Die Verjährung richtet sich nach den §§ 195, 199 BGB. Bei Unterlassungsansprüchen beginnt die Verjährung gemäß § 199 Abs. 5 BGB erst mit der Zuwiderhandlung, da der Berechtigte vorher weder einen Anlass noch die Möglichkeit hatte, gegen den Verpflichteten vorzugehen5.
373
2.6.1.3 Ansprüche von Verbraucherschutzorganisationen Der Abs. 2 regelt die Klagebefugnis von Verbraucherschutzorganisationen in Bezug auf Verstöße gegen das TKG. Die Klagebefugnis bezieht sich nur auf Vorschriften des Gesetzes sowie Vorschriften einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung, die dem Schutz der Verbraucher dienen. Verstöße gegen eine auf Grund des TKG in einer Zuteilung auferlegten Verpflichtung oder eine Verfügung der BNetzA werden nicht erfasst und berechtigen Verbraucherschutzorganisationen nicht zu einer Klageerhebung für6. Der Verstoß muss nach Abs. 2 S. 1 in einer anderen Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgen; derartige Verstöße sind bereits Regelungsgegenstand des § 1 Unterlassungsklagengesetz (UKlaG)7.
374
Die verletzten Vorschriften müssen verbraucherschützend sein, d. h. Verbraucherschutzgesetze i. S. d. § 2 UKlaG darstellen. Dies ist der Fall, wenn der Verbraucherschutz der eigentliche Zweck des Gesetzes ist. Hat der
375
_______________
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Zu Beweiserleichterungen Palandt/Heinrichs, Vorb v § 249 BGB, Rz. 162 ff. BGH in BGHZ 140, 1; Palandt/Bassenge, § 1004 BGB, Rz. 32. OLG Hamm, NJW-RR 1995, 1399. Bamberger/Roth/Fritzsche, § 1004 Rz. 12. Zu Verjährungsfragen siehe Palandt/Heinrichs, § 199 BGB. Vgl. Berl.Komm/Rugullis, § 44 Rz. 33. Im Einzelnen Palandt/Bassenge zu § 1 UKlaG.
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K Rz. 376
Kundenschutz und Universaldienst
Verbraucherschutz nur untergeordnete Bedeutung oder ist er nur eine zufällige Nebenwirkung, so besteht keine Klagebefugnis1. Bezogen auf telekommunikationsrechtliche Bestimmungen ist davon auszugehen, dass eine Verbraucher schützende Norm vorliegt, wenn der Endnutzer im Tatbestand der Norm direkt angesprochen ist. Zwar ist der Endnutzerbegriff i. S. d. § 3 Nr. 8 TKG weiter als der Verbraucherbegriff des BGB; als Teilbestandteil werden aber auch Verbraucher i. S. d. § 13 BGB vom Endnutzerbegriff erfasst2. 376
Darüber hinaus müssen die Ansprüche im Interesse des Verbraucherschutzes geltend gemacht werden. Der Verstoß muss Kollektivinteressen der Verbraucher und nicht nur das Einzelinteresse eines Verbrauchers berühren. Dies ist der Fall, wenn die Zuwiderhandlung in ihrer Bedeutung und ihrem Gewicht über den Einzelfall hinausreicht und eine generelle Klärung geboten erscheinen lässt3.
377
Die möglichen Ansprüche nach dem § 44 Abs. 2 TKG sind, anders als im Unterlassungsklagengesetz, nicht nur auf Unterlassungsansprüche beschränkt, sondern ermöglichen auch Beseitigungsansprüche4. Der Kreis der möglichen Klageberechtigten ergibt sich aus § 3 des Unterlassungsklagengesetzes. Anspruchsgegner ist diejenige Person, die den Verstoß begangen hat. Dies kann der Betriebsinhaber, aber auch ein Angestellter oder Beauftragter sein. Der Betriebsinhaber kann zudem als mittelbarer Störer für alle Zuwiderhandlungen in Anspruch genommen werden, die in seinem Geschäftsbetrieb von Angestellten oder Beauftragten begangen wurden und zwar unabhängig von seinem Wissen, Willen oder Verschulden5.
378
Im Übrigen bleibt das Unterlassungsklagengesetz von den Regelungen des § 44 Abs. 2 TKG unberührt (S. 3). Neben dem § 44 Abs. 2 TKG können Verbraucherschutzorganisationen auch nach dem Unterlassungsklagengesetz vorgehen, was insbesondere bei der Verwendung und Empfehlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen relevant ist. 2.6.2 Schlichtungsverfahren (§ 47a TKG)
379
Der § 47a TKG sieht die Möglichkeit eines Schlichtungsverfahrens zur Streitbeilegung vor. Im Streit mit einem Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit kann der Teilnehmer danach bei der BNetzA durch einen Antrag ein Schlichtungsverfahren einleiten. Der Streitgegenstand ist auf die Erfüllung der in den §§ 43a, 45 bis 46 Abs. 2 und 84 TKG vorgesehene Verpflichtungen begrenzt. Ziel des Schlichtungsverfah_______________
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Palandt/Bassenge, § 2 UKlaG, Rz. 5. Siehe oben Rz. 43 f. Palandt/Bassenge, § 2 UKlaG, Rz. 6. Vgl. Berl.Komm/Rugullis, § 44 Rz. 33. Im Einzelnen Palandt/Bassenge, § 2 UKlaG, Rz. 9 f.
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Kundenschutzvorschriften für den Bereich Telekommunikation
Rz. 383 K
rens ist eine außergerichtliche, einvernehmliche Streitbeilegung1. Die wesentlichen Verfahrensgrundsätze sind in den Abs. 2 und 3 geregelt. Weitere Einzelheiten des Verfahrens kann die BNetzA gemäß Abs. 4 in einer Schlichtungsordnung regeln, die zu veröffentlichen ist. Der § 47a TKG entspricht im Wesentlichen den bisherigen Vorgaben des § 35 TKV2. Gleichzeitig wird Art. 34 URL in deutsches Recht umgesetzt. Danach stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass transparente, einfache und kostengünstige Verfahren zur Beilegung von Streitfällen zur Verfügung stehen, an denen Verbraucher beteiligt sind und die Fragen im Zusammenhang mit der URL betreffen. Nachteilig ist allerdings, dass das Schlichtungsverfahren nach § 47a TKG kein Schiedsverfahren mit entsprechender Bindungswirkung für die Parteien darstellt, sondern freiwillig erfolgt. Keine der Parteien ist verpflichtet, am Schlichtungsverfahren teilzunehmen. Das Verfahren ist abzuschließen, wenn eine der Parteien die Bereitschaft zur Mitwirkung verweigert3. In diesem Fall bleibt nur der Weg vor die Gerichte. In der Praxis hat das Schlichtungsverfahren mangels Bindungswirkung kaum Relevanz.
380
2.6.2.1 Parteien des Schlichtungsverfahrens Das Schlichtungsverfahren bezieht sich nach seinem Wortlaut auf Streitigkeiten zwischen Teilnehmern und Anbietern von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit. Streitigkeiten zwischen Teilnehmern oder zwischen Anbietern untereinander werden nicht erfasst. Ebenso wenig sind Netzbetreiber nach dem Wortlaut des § 47a TKG parteifähig. Diese können nur als Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit Partei einer Schlichtung sein.
381
Teilnehmer sind gemäß § 3 Nr. 20 TKG natürliche oder juristische Personen, die mit einem Anbieter von Telekommunikationsdiensten einen Vertrag über die Erbringung derartiger Dienste geschlossen haben. Das Bestehen eines Vertragsverhältnisses zwischen Anbieter und Teilnehmer ist damit das konstitutive Merkmal der Teilnehmereigenschaft (siehe oben Rz. 10).
382
Der Anbieterbegriff bezieht sich auf das Anbieten von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit. Telekommunikationsdienste sind nach § 3 Nr. 24 TKG Dienste, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden und ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen (siehe auch Rz. 17). Das Kriterium der Öffentlichkeit ist im TKG dagegen nicht näher definiert. Ein Öffentlichkeitsbezug ist
383
_______________
1 Vgl. zur Vorgängernorm § 35 TKV, Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh § 41, § 35 TKV Rz. 5. 2 Vgl. Begr. zu § 47a TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 27. 3 Vgl. Beck TKG-Komm/Büning/Weißenfels, 3. Aufl, § 47a TKG – E 2005, Rz. 9.
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K Rz. 384
Kundenschutz und Universaldienst
gegeben, wenn nicht nur der Teilnehmer einer geschlossenen Benutzergruppe, sondern jede beliebige natürliche und/oder juristische Person die Telekommunikationsdienste in Anspruch nehmen kann. 2.6.2.2 Antragsbefugnis 384
Die Antragsbefugnis ist nach dem Wortlaut des § 47a Abs. 1 TKG einseitig auf Teilnehmer beschränkt. Faktisch ist aber eine gemeinsame Anrufung der BNetzA durch den Teilnehmer und den Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit erforderlich, da eine Teilnahmeverweigerung des Anbieters zur Folge hat, dass das Schlichtungsverfahren ergebnislos eingestellt wird. Im Fall der Teilnahmeverweigerung kann eine Einigung im Schlichtungsverfahren wegen § 47a Abs. 3 Alt. 3 TKG nicht erreicht werden.
385
Die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens gegen einen Teilnehmer auf Antrag eines Anbieters ist nicht möglich. Anbieter sind auf die üblichen Rechtsschutzmöglichkeiten, z. B. aus dem Gesichtspunkt der Vertragserfüllung oder Vertragsverletzung vor den Zivilgerichten, beschränkt. 2.6.2.3 Streitgegenstand
386
Der Streitgegenstand der Schlichtung ist auf die Verpflichtungen der Anbieter aus den §§ 43a, 45 bis 46 Abs. 2 sowie 84 TKG beschränkt. Der § 43a TKG betrifft die Mindestinformationen, die dem Endnutzer vom Anbieter im Vertrag zur Verfügung zu stellen sind. Die §§ 45 bis 46 Abs. 2 TKG reichen von der Berücksichtigung der Interessen behinderter Menschen (§ 45 TKG) über Abrechnungsfragen (§§ 45f bis 45k TKG) bis zur Pflicht zur Rufnummernübertragung für Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit (§ 46 Abs. 2 TKG). Der § 84 TKG regelt die Verfügbarkeit, Entbündelung und Qualität von Universaldienstleistungen. Erfasst werden somit sämtliche „Kundenrechte“, sowohl bestehende als auch solche, die im Zug des TKG-Änderungsgesetzes 2006 in das TKG aufgenommen werden. 2.6.2.4 Schlichtungsverfahren
387
Die wesentlichen Verfahrensgrundsätze für das Schlichtungsverfahren sind in den Abs. 2 und 3 geregelt. Nach Abs. 2 hört die BNetzA zur Durchführung der Schlichtung den Teilnehmer und den Anbieter an. Sie soll auf eine gütliche Einigung zwischen den Parteien hinwirken. Nach Abs. 3 endet das Schlichtungsverfahren, wenn – –
der Schlichtungsantrag zurückgenommen wird, zwischen den Parteien eine Einigung erzielt wurde und der BNetzA dies mitgeteilt wurde,
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Rz. 390 K
Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG)
– –
die Parteien übereinstimmend erklären, dass sich der Streit erledigt hat, oder die BNetzA dem Endnutzer und dem Anbieter schriftlich mitteilt, dass eine Einigung im Schlichtungsverfahren nicht erreicht werden konnte.
Das Schlichtungsverfahren nach § 47a TKG stellt kein Schiedsverfahren mit entsprechender Bindungswirkung für die Parteien, sondern einen Schlichtungsversuch dar, um im Interesse beider Parteien eine möglichst schnelle und kostengünstige Entscheidung zu erreichen1. Aus der Freiwilligkeit des Verfahrens folgt, dass das Verfahren abzuschließen ist, wenn eine Partei die Bereitschaft zur Mitwirkung verweigert. Da die BNetzA keine nach § 15a Abs. 6 EGZPO anerkannte Gütestelle ist, ist das Ergebnis der Schlichtung nicht vollstreckbar2.
388
2.6.2.5 Verfahrensordnung der BNetzA Die Einzelheiten des Schlichtungsverfahrens regelt die BNetzA nach Abs. 4 in einer Schlichtungsordnung. Die Schlichtungsordnung für die Vorgängernorm § 35 Abs. 1 TKV ist gerade erst Anfang des Jahres 2006 novelliert worden3. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Schlichtungsordnung auch unter dem Regime des neuen § 47a TKG entsprechend Anwendung finden wird.
389
3. Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG) Der dritte Abschnitt dieses Beitags befasst sich mit den Vorschriften zur Missbrauchsbekämpfung bei Mehrwertdiensten. Dem Gesetzgeber ist auch im Rahmen des TKG-Änderungsgesetzes 2006 die Bekämpfung des Missbrauchs bei der Nutzung bestimmter Rufnummern und entgeltpflichtiger Kurzwahlrufnummern ein besonderes Anliegen. Mit den Vorschriften der §§ 66a bis 66f TKG werden daher spezielle Verbraucher schützende Regelungen fortgeschrieben und optimiert. Dies gilt vor allem für die mit den Vorschriften des Gesetzes zur Bekämpfung des Missbrauchs von (0)190er-/(0)900er-Mehrwertdiensterufnummern getroffenen Regelungen, den §§ 43a und b TKG 1996. Nach Ansicht des Gesetzgebers kann nur durch konkrete gesetzliche Vorgaben sichergestellt werden, dass unseriösen Anbietern von Telekommunikationsdienstleistungen Einhalt geboten und gleichzeitig das Vertrauen der Verbraucher in diese Dienste gestärkt wird4. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über die relevanten Normen der _______________
1 Vgl. zur Vorgängernorm § 35 TKV, Beck TKG-Komm/Kerkhoff, 2. Aufl., Anh § 41, § 35 TKV Rz. 5. 2 Vgl. Begr. zu § 47a TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 27. 3 Vgl. Mitteilung Nr. 77/2006, Amtsblatt der BNetzA 2006, S. 700. 4 Vgl. Begr. zur TKG-Novelle 2006, BT-Drucks. 16/2581, S. 21.
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390
K Rz. 391
Kundenschutz und Universaldienst
§§ 66a bis 66l TKG gegeben, einschließlich der Befugnisse der BNetzA nach § 67 TKG. Dabei sollen zunächst die Pflichten im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Mehrwertdiensten erläutert und dann die Regelungen zu deren Durchsetzung kurz angesprochen werden. 3.1 Inkrafttreten der §§ 66a bis 66l TKG (§ 152 Abs. 1 S. 2 TKG) 391
Auf Initiative der früheren Bundesregierung sind die Probleme der Nutzung bestimmter Rufnummern und entgeltpflichtiger Kurzwahlrufnummern bereits mit dem Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs von (0)190er/ (0)900-Mehrwertdiensterufnummern, das am 15.8.2003 in Kraft getreten ist, aufgegriffen worden. Ziel war es, das Angebot von (0)190er-/(0)900-Mehrwertdiensterufnummern transparenter zu gestalten und damit die Rechtsposition der Verbraucher zu verbessern1. Ursprünglich hatte der Gesetzgeber geplant, diese verbraucherrelevanten Regelungen in der aufgrund des § 66 Abs. 4 TKG zu erlassenden Telekommunikations-Nummerierungsverordnung fortzuschreiben2. Die §§ 43a und b TKG 1996 sollten daher gemäß § 152 Abs. 1 S. 2 TKG bis zum Erlass einer Rechtsverordnung nach § 66 Abs. 4 TKG weiterhin Anwendung finden. Mit der Integration der verbraucherschützenden Normen in das TKG ist diese Regelung überflüssig geworden.
392
Der § 152 Abs. 1 S. 2 TKG wurde im Rahmen des TKG-Änderungsgesetzes 2006 geändert und regelt nunmehr, dass die §§ 43a und b TKG 1996 bis zum Inkrafttreten der in Artikel 3 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften (TKG-Änderungsgesetz 2006) genannten Regelungen der §§ 66a bis 66l TKG anwendbar bleiben. Nach Artikel 5 Abs. 2 TKG-Änderungsgesetz 2006 tritt der Artikel 3 und die in ihm geregelten Bestimmungen am ersten Tag des siebten auf die Verkündung des Gesetzes folgenden Monats in Kraft. Das TKG-Änderungsgesetz ist am 23.2.2007 im Bundesgesetzblatt verkündet worden und am 24.2.2007 in Kraft getreten. Das Inkrafttreten der §§ 66a bis 66l TKG einschließlich des § 45l TKG folgt damit zum 1.9.2007; gleichzeitig endet die Anwendbarkeit der §§ 43a und b TKG 19963. 3.2 Pflicht zur Preisangabe (§ 66a TKG)
393
Der § 66a TKG normiert Vorgaben zur Preisangabenpflicht und führt damit die Regelung des früheren § 43b Abs. 1 TKG 1996 fort; sein Anwendungsbereich ist jedoch über Premium-Dienste hinaus auf eine Reihe weiterer _______________
1 Vgl. Begr. zum Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs von (0)190er-/(0)900-Mehrwertdiensterufnummern, BT-Drucks. 15/907, S. 8. 2 Vgl. Begr. zu § 152 Abs. 2 TKG, BR-Drucks. 359/06, S. 55. 3 Siehe oben Rz. 3.
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Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG)
Rz. 394 K
„Mehrwertdienste“ ausgedehnt worden1: Wer gegenüber Endnutzern Premium-Dienste, Auskunftsdienste, Massenverkehrsdienste, GeteilteKosten-Dienste, Neuartige Dienste oder Kurzwahldienste anbietet oder dafür wirbt, ist danach verpflichtet, den für die Inanspruchnahme des Dienstes zu zahlenden Preis einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile anzugeben. Bei zeitabhängigen Entgelten hat die Angabe je Minute, bei zeitunabhängig Entgelten je Inanspruchnahme zu erfolgen. Der Preis ist gut lesbar, deutlich sichtbar und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rufnummer anzugeben. Bei Anzeige der Rufnummer darf die Preisangabe nicht zeitlich kürzer als die Rufnummer angezeigt werden. Auf den Abschluss eines Dauerschuldverhältnisses ist hinzuweisen. Soweit für die Inanspruchnahme eines Dienstes aus den Mobilfunknetzen andere Preise gelten, ist der Festnetzpreis mit dem Hinweis auf die Möglichkeit abweichender Preise für Anrufe aus den Mobilfunknetzen anzugeben. Bei Telefax-Diensten muss zusätzlich die Zahl der zu übermittelnden Seiten angegeben werden. Bei Datendiensten ist, soweit möglich, der Umfang der zu übermittelnden Daten anzugeben, es sei denn, deren Menge hat keine Auswirkung auf die Höhe des Preises für den Endnutzer. Im Einzelnen ergeben sich folgende Pflichten, wobei zunächst auf den Anwendungsbereich der Norm eingegangen werden soll. 3.2.1 Anwendungsbereich Vom Anwendungsbereich der Bestimmung wird sowohl das Anbieten als auch das Bewerben der in S. 1 genannten Dienste erfasst. Hinsichtlich der Terminologie kann auf § 1 Preisangabenverordnung (PAngV) zurückgegriffen werden. Der Begriff des Anbietens umfasst nicht nur Vertragsangebote i. S. d. § 145 BGB, sondern darüber hinaus jede Erklärung, die im Geschäftsverkehr in einem rein tatsächlichen Sinne als Angebot verstanden werden kann. Dies gilt auch, wenn die Erklärung rechtlich unverbindlich ist, solange sie nur gezielt auf den Verkauf einer Ware oder (Dienst-)Leistung gerichtet ist2. In Abgrenzung zum Begriff der Werbung kommt es darauf an, ob die Ankündigung ihrem Inhalt nach so konkret gefasst ist, dass sie nach der Auffassung des Verkehrs den Abschluss eines Geschäfts auch aus Sicht des Kunden ohne weiteres zulässt3. Demgegenüber liegt Werbung vor, wenn noch weitere, ergänzende Angaben und Verhandlungen notwendig sind, um ein Geschäft zum Abschluss zu bringen. Grundsätzlich sind bei bloßer Werbung Preisangaben nicht erforderlich4. Hiervon macht der § 66a TKG eine Ausnahme, da nach seinem Wortlaut eine ausdrückliche Pflicht zur Preisangabe auch bei bloßer Werbung besteht. Der § 66a TKG normiert in Bezug _______________
1 2 3 4
Begr. zu § 66a TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 30. BGH, GRUR 1980, 304 – Effektiver Jahreszins; BGH, GRUR 1982, 493 – Sonnenring. BGH, GRUR 2003, 971 – Telefonischer Auskunftsdienst. Vgl. Köhler in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 1 PAngV Rz. 8.
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394
K Rz. 395
Kundenschutz und Universaldienst
auf die in S. 1 angegebenen Dienste die Pflicht zur Werbung unter Angabe von Preisen. 395
Weitere Voraussetzung des § 66a TKG ist, dass sich die Dienste an Endnutzer i. S. d. § 3 Nr. 8 TKG richten. Endnutzer sind juristische oder natürliche Personen, die weder öffentliche Telekommunikationsnetze betreiben noch Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringen1. Im Einzelnen fallen folgende Dienste in den Anwendungsbereich des § 66a TKG: 3.2.1.1 Premium-Dienste
396
Premium-Dienste sind nach § 3 Nr. 17a TKG Dienste, insbesondere der Rufnummernbereiche (0)190 und (0)900, bei denen über die Telekommunikationsdienstleistung hinaus eine weitere Dienstleistung erbracht wird, die gegenüber dem Anrufer gemeinsam mit der Telekommunikationsdienstleistung abgerechnet wird und die nicht einer anderen Nummernart zuzurechnen sind2. 3.2.1.2 Auskunftsdienste
397
Auskunftsdienste sind nach § 3 Nr. 2a TKG bundesweit jederzeit telefonisch erreichbare Dienste, insbesondere des Rufnummernbereichs 118xy3, die ausschließlich der neutralen Weitergabe von Rufnummer, Name, Anschrift sowie zusätzliche Angaben von Telekommunikationsnutzern dienen. Die Weitervermittlung zu einer erfragten Rufnummer kann Bestandteil des Auskunftsdienstes sein. 3.2.1.3 Massenverkehrsdienste
398
Massenverkehrsdienste sind nach § 3 Nr. 11d TKG Dienste, insbesondere des Rufnummernbereichs (0)1374, die charakterisiert sind durch ein hohes Verkehrsaufkommen in einem oder mehreren kurzen Zeitintervallen mit kurzer Belegungsdauer zu einem Ziel mit begrenzter Abfragekapazität. 3.2.1.4 Geteilte-Kosten-Dienste
399
Geteilte-Kosten-Dienste sind nach § 3 Nr. 10a TKG Dienste, insbesondere des Rufnummernbereichs (0)180, bei deren Inanspruchnahme das für die _______________
1 Zum Endnutzerbegriff siehe oben Rz. 11 ff. 2 Vgl. Zuteilungsregeln für Premium-Rate-Dienste, Vfg. Nr. 37/2004, Amtsblatt der BNetzA 2004, S. 864. 3 Vgl. Zuteilungsregeln für Auskunftsdienste, Vfg. Nr. 23/1997, Amtsblatt der BNetzA 1997, S. 46, geändert durch Vfg. Nr. 12/2004, Amtsblatt der BNetzA 2004, S. 392. 4 Die Zuteilung von MABEZ-Nummern erfolgt auf Antrag im Sinne von Einzelfallentscheidungen, vgl. unter www.bnetza.de.
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Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG)
Rz. 402 K
Verbindung zu entrichtende Entgelt aufgeteilt vom Anrufenden und Angerufenen gezahlt wird. 3.2.1.5 Neuartige Dienste Neuartige Dienste sind nach § 3 Nr. 12 TKG Dienste, insbesondere des Rufnummernbereichs (0)121, bei denen Nummern für einen Zweck verwendet werden, für den kein anderer Rufnummernraum zur Verfügung steht. Dadurch wird im Interesse der Angebotsvielfalt und der Entwicklung neuartiger Dienste eine Art Experimentierklausel für die BNetzA geschaffen, in deren Rahmen solche Dienste zugelassen werden können, ohne dass die bisherigen Nummernbereiche und Zuteilungsregeln geändert werden müssten.
400
3.2.1.6 Kurzwahldienste Kurzwahldienste sind nach § 3 Nr. 11b TKG Dienste, die die Merkmale eines Premium-Dienstes aufweisen, jedoch eine spezielle Nummernart mit kurzen Nummern nutzen2.
401
3.2.2 Inhalt und Gestaltung der Preisangaben Hinsichtlich des Inhalts und der Gestaltung der Preisangabe enthält der § 66a TKG folgende Vorgaben: Der Anbieter bzw. der Werbende hat den für die Inanspruchnahme des Dienstes zu zahlenden Preis zeitabhängig je Minute oder zeitunabhängig je Inanspruchnahme einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile anzugeben. Diese Regelung entspricht im Wesentlichen § 1 PAngV. Danach sind die Preise anzugeben, die einschließlich Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Endpreise). Zusätzliche Angaben wie Verkaufs-, Leistungseinheit oder Gütebezeichnung sind nur anzugeben, soweit dies der allgemeinen Verkehrsauffassung entspricht3. Bei Telekommunikationsdienstleistungen der oben beschriebenen Art ist von einer entsprechenden Verkehrsauffassung auszugehen. Der § 66a TKG stellt insoweit ausdrücklich kar, dass entweder _______________
1 Vgl. Zuteilungsregeln für innovative Dienste¸Vfg. Nr. 28/1999, Amtsblatt der BNetzA 1999, S. 735; geändert mit Vfg Nr. 39/2001, Amtsblatt der BNetzA 2001, S. 2678: Antragsberechtigt sind Unternehmen, die einen innovativen Dienst anbieten wollen und hierfür ein detailliertes Realisierungskonzept vorlegen können. Unternehmen, denen von der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen keine Portierungskennung zugeteilt wurde, sind nur antragsberechtigt, wenn sie über die technische Realisierung des Dienstes einen Vertrag mit einem Netzbetreiber, dem eine Portierungskennung zugeteilt ist, vorlegen können. 2 Zum Begriff des Kurzwahldienstes siehe auch Rz. 281 ff. 3 Vgl. Köhler in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 1 PAngV Rz. 4.
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402
K Rz. 403
Kundenschutz und Universaldienst
der zu zahlende Preis zeitabhängig je Minute oder zeitunabhängig je Inanspruchnahme angegeben werden muss. 403
Die Preisangabe hat gut lesbar, deutlich sichtbar und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rufnummer zu erfolgen. Hinsichtlich der Kriterien gut lesbar und deutlich sichtbar kann auf die Anforderungen an die „drucktechnisch deutlich gestaltete Form“ aus § 355 Abs. 2 S. 1 BGB zurückgegriffen werden. Denn wie bei § 355 BGB kommt auch der Preisangabe nach § 66a TKG eine besondere Warn- und Hinweisfunktion zu Gunsten des Endnutzers zu, die durch eine gut lesbare und deutliche Gestaltung sichergestellt werden soll. Gleichermaßen kann auf die insoweit deckungsgleichen Kriterien des § 1 Abs. 5 PAngV abgestellt werden1. Entsprechend der Rechtsprechung des BGH muss die Preisangabe in nicht zu übersehender Weise gestaltet sein, und zwar durch eine andere Farbe, größere Lettern oder Fettdruck2. Nach der Gesetzesbegründung zu § 66a TKG soll die Preisangabe kontrastreich und in derselben Darstellung wie die Rufnummer erfolgen3. Der Preis muss in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rufnummer angegeben werden. Ob angesichts dieser engen Vorgabe ein „Sternchenhinweis“, wie in § 1 PAngV vorgesehen, ausreicht4, ist zweifelhaft. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Preisangabe direkt hinter der beworbenen Rufnummer erfolgen muss (z. B. (0)900-123456 / 1,50 Euro pro Minute). Bei akustischen Angebots- und Werbemaßnahmen (z. B. Radiowerbung) müssen die Angaben unmittelbar vor oder nach der Rufnummer mitgeteilt werden5.
404
Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Preisangaben in der Werbung kann auf den Verhaltenskodex der Freiwilligen Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste e.V. (FST) verwiesen werden, der sich an den gesetzlichen Vorgaben, unter anderem des früheren § 43 Abs. 1 TKG 1996, orientiert6: – „Die Preisangaben sind in Printmedien gut lesbar und in einer Mindestschriftgröße von 7 Punkt in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rufnummer anzugeben. Bei Plakatwerbung o. ä. erhöht sich die Mindestschriftgröße entsprechend.“ – „In der Fernsehwerbung müssen die Preisangaben gut lesbar und während der Dauer der Einblendung der Rufnummer dargestellt sein. In Deutschland beträgt die Auflösung der Fernsehbilder 768 x 576 Bildpunkte. Bei den Preisangaben ist ein Seitenabstand von jeweils mindestens 50 Bildpunkten, sowie am oberen und unteren Rand ein Abstand von jeweils mindestens 40 Bildpunkten, einzuhalten. Die Mindestschriftgröße beträgt 20 Bildpunkte. Bis zu einer Schriftgröße von 30 Bildpunk_______________
1 Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 1 PAngV Rz. 13. 2 BGH, Urt. v. 24.6.2004, NJW 2004, 3183, CR 2005, 31. 3 Begr. zu § 66a TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 30. 4 Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 1 PAngV Rz. 13. 5 Begr. zu § 43b Abs. 1 TKG 1996, BT-Drucks. 15/907, S. 9. 6 Vgl. Seite 17 des Verhaltenskodex des FST v. 15.9.2005, abrufbar unter www.fstev.de.
1364 | Sörup
Rz. 406 K
Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG)
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ten ist eine groteske (serifenfreie) Schrift mit einem von der Schriftfarbe deutlich abgehobenen Schatten zu verwenden. Die Preisangabe hat in horizontaler Schriftrichtung in unmittelbarem Zusammenhang mit der beworbenen Rufnummer zu erfolgen.“ „Im Teletext müssen die Preisangaben in unmittelbarem Zusammenhang mit der Nummer (auf derselben Videotextseite) vorgehalten werden und sind farblich eindeutig abgesetzt vom Hintergrund zu gestalten.“ „In der Rundfunkwerbung müssen die Preisangaben gut hörbar sein. Bei akustischen Werbemaßnahmen hat die Preisangabe unmittelbar vor oder nach der beworbenen Rufnummer zu erfolgen.“ „Im Internet und weiteren Onlinediensten sind die Preisangaben gut lesbar in unmittelbarem Zusammenhang mit der beworbenen Rufnummer in einer Mindestschriftgröße von 7 Punkt zu platzieren.“ „In SMS-Texten sind die Preisangaben in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rufnummer im laufenden Text ohne Zeilenumbruch anzugeben.“ „Bei der Verwendung von Servicerufnummern als Postkartenalternative ist auch die Nennung des Gesamtpreises pro Anruf zulässig, sofern sicher gestellt ist, dass der angegebene Tarif durch Zwangstrennung eingehalten wird.“ „Bei Fax- und Filediensten sind die Pflichtangaben auf dem ersten Viertel der 1. Faxseite bzw. in der Logon-Zeile in einem vom Inhalt deutlich abgesetzten Teil zu übertragen. Ebenfalls ist auf die Zahl der Seiten bzw. die Größe des Files hinzuweisen (Mindestgröße 12 Punkt).“
3.2.3 Preisanzeige im Fernsehen und in elektronischen Medien Der § 66a TKG enthält allerdings nicht nur Vorgaben zur inhaltlichen Gestaltung der Preisangabe, sondern regelt in seinem S. 3 auch die zeitliche Länge der „Preisangabe“ im Fernsehen oder anderen elektronischen Medien. Die Preisangabe darf danach zeitlich nicht kürzer als die Rufnummer angezeigt werden. Mit dieser Anforderung will der Gesetzgeber auf die in der Bewerbung im Fernsehen zu beobachtende Praxis reagieren, den Preis im Gegensatz zur beworbenen Rufnummer, nur für eine äußerst kurze Zeitspanne einzublenden1.
405
3.2.4 Hinweis auf den Abschluss von Dauerschuldverhältnissen Gemäß § 66a S. 4 TKG ist im Rahmen der Preisangabe auf den Abschluss eines Dauerschuldverhältnisses besonders hinzuweisen, § 66a S. 4 TKG. Was der Gesetzgeber mit dieser isolierten, aus dem Kontext der Preisangabenpflicht gezogenen Bestimmung erreichen will, bleibt unklar. Im Zusammenhang mit der Gesetzesbegründung zu S. 4 wird lediglich darauf hingewiesen, dass nach S. 5 beim Fehlen der Angaben das Dauerschuldverhältnis nicht zustande kommt2. Indes regelt der S. 5 des § 66 a TKG nicht die Rechtsfolge eines fehlenden Hinweises bezüglich des Abschluss eines _______________
1 Vgl. Begr. zu § 66a TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 30. 2 Vgl. Begr. zu § 66a TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 30.
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406
K Rz. 407
Kundenschutz und Universaldienst
Dauerschuldverhältnisses, sondern betrifft die Preisangabepflicht bei abweichenden Preisen von Anrufen aus Mobilfunknetzen (siehe nachfolgend Rz. 407 ff.). Hieraus ist zu schließen, dass der Gesetzgeber auf die ursprünglich geplante Regelung, einem Dauerschuldverhältnis bei fehlendem Hinweis die Wirksamkeit zu versagen, letztlich verzichtet hat1. Ein Verstoß gegen die Hinweispflicht nach S. 4 kann Ansprüche nach § 44 TKG auslösen2. Zudem kann die BNetzA die Einhaltung der Hinweispflicht nach § 126 TKG durchsetzen. 3.2.5 Bestimmungen bei Mobilfunk/Telefaxdiensten/Datendiensten 407
Die Preisangabepflicht des § 66a TKG wird in den Sätzen 5 bis 7 im Hinblick auf die Besonderheiten bei Anrufen aus Mobilfunknetzen, bei Telefaxdiensten sowie Datendiensten näher konkretisiert:
408
Soweit bei der Inanspruchnahme eines Dienstes nach Satz 1 für Anrufe aus den Mobilfunknetzen andere Preise gelten, ist der Festnetzpreis mit dem Hinweis auf die Möglichkeit abweichender Preise für Anrufe aus den Mobilfunknetzen anzugeben. Dies stellt eine inhaltliche Erweiterung gegenüber der früheren Rechtslage bei § 43b TKG 1996 dar. Nach dem Wortlaut ist nicht erforderlich, dass die Preise für Anrufe aus dem Mobilfunknetz konkret angegeben werden. Vielmehr ist der bloße Hinweis ausreichend, dass für Anrufe aus dem Mobilfunknetz abweichende Preise gelten. Wie bereits bei § 43b Abs. 1 TKG 1996 verzichtet der Gesetzgeber somit bewusst auf eine Verpflichtung zur Preisangabe im Mobilfunkbereich. Grund hierfür liegt nach der Gesetzesbegründung zu § 43b TKG 1996 in dem Umstand, dass von den Mobilfunknetzbetreibern für die Inanspruchnahme von Mehrwertrufnummern „regelmäßig unterschiedliche Preise verlangt werden. Die Einbeziehung des Mobilfunkbereichs hätte somit hier zur Folge, dass bei allen Angeboten zur Inanspruchnahme von 0190er-/0900er-Mehrwertdiensterufnummern und entsprechenden Werbemaßnahmen stets Preismargen angegeben werden müssten, deren Gültigkeit in den meisten oder sogar in allen Fällen durch den zur Preisangabe nach Absatz 1 verpflichteten Anbieter der 0190er/0900er-Mehrwertdiensterufnummer aus Unkenntnis nicht hätte sichergestellt werden können. Es hätte somit die Gefahr bestanden, dass die Verbraucher über die Kosten für die Inanspruchnahme von 0190er-/0900er-Mehrwertdiensterufnummern aus dem Mobilfunknetz heraus eher falsch als richtig informiert worden wären3.“
Diese Erwägungen gelten nach wie vor und sind vom Gesetzgeber auch im Rahmen des § 67 Abs. 2 TKG nicht revidiert worden. 409
Bei Telefax-Diensten ist zusätzlich die Zahl der zu übermittelnden Seiten anzugeben. Bei Datendiensten ist zusätzlich, soweit möglich, der Umfang _______________
1 Beck TKG-Komm/Klees, 3. Aufl., § 66a TKG-E 2005, Rz. 25. 2 Zu § 44 TKG siehe Rz. 354 ff. 3 Vgl. Begr. zu § 43b TKG 1996, BT-Drucks. 15/907, S. 9.
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Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG)
Rz. 411 K
der zu übermittelnden Daten anzugeben, es sei denn, die Menge der zu übermittelnden Daten hat keine Auswirkung auf die Höhe des Preises für den Endnutzer. Diese Pflichten haben sich gegenüber der bisherigen Rechtslage nicht verändert und entsprechen dem früheren § 43b Abs. 1 Satz 4 und 5 TKG 1996, wonach ebenfalls zusätzlich zum Preis je Minute die Zahl der zu übermittelnden Seiten bzw. der Umfang der zu übermittelnden Daten anzugeben war1. 3.3 Pflicht zur Preisansage (§ 66b TKG) Der § 66b TKG geht auf die Preisansagepflicht des § 43b Abs. 2 TKG 1996 zurück, erweitert dessen Anwendungsbereich aber auf die in der Norm im Einzelnen genannten Dienste2. Im Kern der Regelung steht die Plicht der Anbieter, vor Beginn der Entgeltpflichtigkeit dem Endnutzer den für die Inanspruchnahme des Dienstes zu zahlenden Preis anzusagen, wobei die einzelnen Voraussetzungen abhängig vom jeweiligen Dienste variieren. Der § 66b TKG soll wie bereits der § 43a Abs. 2 TKG 1996 eine ausreichende Preistransparenz schaffen und den Verbrauchern die Gelegenheit geben, eine Verbindung noch vor Beginn der Entgeltpflichtigkeit zu unterbrechen3. Die Pflichten nach §§ 66a und 66b TKG bestehen parallel nebeneinander. Ein Anbieter von Mehrwertdiensten, der die Nummern in visuellen Kommunikationsmitteln (z. B. Zeitung, Fernsehen oder Internet etc.) anbietet oder bewirbt, kann sowohl zur Preisangabe nach § 66a TKG verpflichtet sein, als auch – abhängig vom jeweils angebotenen Dienst bzw. der jeweiligen Diensterufnummer – zur Preisansage nach § 66b TKG.
410
Folgende Dienste unterfallen der Preisansagepflicht nach § 66b TKG: Die allgemeine Preisansagepflicht nach Abs. 1 bezieht sich auf sprachgestützte Premium-Dienste, Auskunftsdienste, Kurzwahl-Sprachdienste sowie sprachgestützte Neuartige Dienste. Der Abs. 2 regelt die Besonderheiten bei Massenverkehrsdiensten, der Abs. 3 betrifft die Preisansage im Fall der Weitervermittlung durch einen sprachgestützten Auskunftsdienst, während der Abs. 4 die Befugnis der BNetzA zur Festlegung der Anforderungen für eine Preisansage bei Neuartigen Diensten enthält4. Zentrale Gemeinsamkeit der Dienste ist das Kriterium der „Sprachgestütztheit“. Dieses Kriterium ist in Rückgriff auf die Definition der „Kurzwahl-Sprachdienste“ (§ 3 Nr. 11c TKG) zu bestimmen. Erfasst wird sämtliche Kommunikation, die sprachgestützt, d. h. verbal erfolgt. Hierzu gehört grundsätzlich auch die Kommunikation mit Sprachcomputern (z. B. Ticketreservierung über Telefoncomputer als Premium-Dienst oder elektronische Auskunft), da auch diese
411
_______________
1 2 3 4
Vgl. Begr. zu § 43b TKG 1996, BT-Drucks. 15/907, S. 9. Begr. zu § 66a TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 30. Begr. zu § 43b TKG 1996, BT-Drucks. 15/907, S. 9. Zu den einzelnen Definitionen der Dienste siehe oben Rz. 396 ff.
Sörup | 1367
K Rz. 412
Kundenschutz und Universaldienst
Dienste sprachgestützt, z. B. durch Verwendung von Sprachbefehlen, erbracht werden. 412
Ausgenommen von Preisansagepflicht sind derzeit Call-by-Call-Dienste. Die Bundesregierung wird in diesem Bereich beobachten, ob es zu Missbrauchsfällen kommt und behält sich vor, diese Verpflichtung in ein künftiges Gesetzgebungsverfahren aufzunehmen1. 3.3.1 Allgemeine Preisansagepflicht (§ 66b Abs. 1 TKG)
413
Die Preisansagepflicht des § 66b Abs. 1 S. 1 TKG gilt zunächst nur für sprachgestützte Premium-Dienste. Danach hat derjenige, der den vom Endnutzer zu zahlenden Preis für die Inanspruchnahme dieses Dienstes festlegt, vor Beginn der Entgeltpflichtigkeit dem Endnutzer den für die Inanspruchnahme dieses Dienstes zu zahlenden Preis anzusagen. Die Preisansage muss erkennen lassen, ob der Preis zeitabhängig je Minute oder zeitunabhängig je Datenvolumen oder nach welcher sonstigen Methode der Inanspruchnahme der Preis einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile berechnet wird. Die Preisansagepflicht wird sodann durch die Sätze 4 und 5 des Abs. 1 unter den dort genannten Voraussetzungen auf sprachgestützte Auskunfts- und Kurzwahl-Sprachdienste (Abs. 1 S. 4) sowie sprachgestützte Neuartige Dienste (Abs. 1 S. 5) erweitert (siehe hierzu nachfolgend Rz. 417). 3.3.1.1 Anwendungsbereich
414
Zur Preisansage ist nach dem Wortlaut derjenige verpflichtet, der den vom Endnutzer zu zahlenden Preis für die Inanspruchnahme des Dienstes festlegt. Dies entspricht der bisherigen Rechtslage zu § 43b Abs. 2 TKG 1996 Der Gesetzgeber unterscheidet mit dieser Formulierung zwischen dem sog. „Online-“ und „Offline“-Billing2. Bei „Online“ abgerechneten Diensten liegt die Preishoheit beim Anschluss- bzw. Teilnehmernetzbetreiber. Dies war im Festnetz insbesondere bei Rufnummern in der Gasse 0190-1 bis 0190-9 der Fall3. Im „Offline“-Verfahren liegt demgegenüber die Preishoheit beim Anbieter des Dienstes und beim Verbindungsnetzbetreiber. Dieser legt die Gebühren für den Dienst fest und lässt diesen sodann von einem Netzbetreiber im Netz schalten4. Entscheidend für die Verpflichtung zur Preisansage ist somit, wer die Preishoheit inne hat. Dies kann, je nachdem ob im „Online“- oder „Offline“-Verfahren abgerechnet wird, unterschiedlich zu beurteilen sein (zum Online- und Offline-Billing siehe Teil H. Rz. 345 ff.). _______________
1 Vgl. Begr. zu § 66b TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 30. 2 Vgl. Begr. zu § 43b TKG 1996, BT-Drucks. 15/1126, S. 12. 3 Die (0)190-Rufnummerngasse ist zum 31.12.2005 ausgelaufen und durch die Rufnummerngasse (0)900 ersetzt worden, vgl. Mitteilung Nr. 227/2005, Amtsblatt der BNetzA 2005, S. 1339. 4 Vgl. Tiedemann, K&R 2003, 328 (332).
1368 | Sörup
Rz. 418 K
Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG)
Die Preisansagepflicht gemäß § 66b TKG gilt auch im Mobilfunkbereich. Dies entspricht der bisherigen Rechtslage unter § 43b Abs. 2 TKG 1996. Der für die Einführung der Preisansagepflicht im Mobilfunkbereich zunächst gewährte Übergangszeitraum bis zum 31.7.20041 ist abgelaufen.
415
3.3.1.2 Gestaltung der Preisansage/Dauer/Entgeltpflichtigkeit Vor dem Beginn der Entgeltpflichtigkeit muss dem Endnutzer der für die Inanspruchnahme des Dienstes zu zahlende Preis zeitabhängig je Minute oder zeitunabhängig je Datenvolumen oder sonstiger Inanspruchnahme einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile angesagt werden. Die Preisansage ist spätestens 3 Sekunden vor Beginn der Entgeltpflichtigkeit abzuschließen. Auf den Zeitpunkt des Beginns der Entgeltpflicht muss in der Ansage dabei ausdrücklich hingewiesen werden. Die Zeitspanne von mindestens 3 Sekunden soll dem Verbraucher die Gelegenheit geben, die Verbindung noch vor Beginn der Entgeltpflicht zu unterbrechen2. Ändert sich dieser Preis während der Inanspruchnahme des Dienstes, so ist vor Beginn des neuen Tarifabschnitts der neue Preis entsprechend der Sätze 1 und 2 anzusagen mit der Maßgabe, dass die Ansage auch während der Inanspruchnahme des Dienstes erfolgen kann.
416
3.3.1.3 Erweiterung der Pflicht zur Preisansage auf weitere Dienste Die Preisansagepflicht nach Abs. 1 gilt gemäß Abs. 1 S. 4 auch für sprachgestützte Auskunftsdienste sowie für Kurzwahl-Sprachdienste, jedoch erst ab einem Preis von 2 Euro pro Minute oder pro Inanspruchnahme bei zeitunabhängiger Tarifierung. Dasselbe gilt für sprachgestützte Neuartige Dienste, die ebenfalls erst ab einem Preis von 2 Euro pro Minute oder pro Inanspruchnahme bei zeitunabhängiger Tarifierung der Preisansagepflicht unterfallen, soweit nach Abs. 4 nicht etwas anderes bestimmt ist (siehe hierzu nachfolgend Rz. 422). Bis zum Erreichen der Preisschwelle von jeweils 2 Euro – sei es pro Minute oder pro Inanspruchnahme – besteht demnach keine Preisansagepflicht für die oben genannten Dienste.
417
3.3.2 Sprachgestützte Massenverkehrs-Dienste (§ 66b Abs. 2 TKG) Der § 66b Abs. 2 TKG regelt die Preisansagepflicht in Bezug auf sprachgestützte Massenverkehrsdienste3. Bei der Inanspruchnahme von Rufnummern für solche Dienste hat der Diensteanbieter dem Endnutzer den für die Inanspruchnahme dieser Rufnummer zu zahlenden Preis für Anrufe aus den _______________
1 Vgl. Begr. zu § 43b TKG 1996, BT-Drucks. 15/907, S. 10. 2 Vgl. Begr. zu § 43b TKG 1996, BT-Drucks. 15/907, S. 10. 3 Zum Begriff Massenverkehrs-Dienst siehe Rz. 398; zum Kriterium Sprachgestütztheit siehe Rz. 411.
Sörup | 1369
418
K Rz. 419
Kundenschutz und Universaldienst
Festnetzen, einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile, unmittelbar im Anschluss an die Inanspruchnahme des Dienstes anzusagen. Dieser Preis wird im Rahmen des § 67 Abs. 2 TKG von der BNetzA festgelegt1.
3.3.3 Weitervermittlung über Auskunftsdienste (§ 66b Abs. 3 TKG) 419
Im Fall der Weitervermittlung von Gesprächen durch einen sprachgestützten Auskunftsdienst2 besteht nach Abs. 3 die Pflicht, den Preis für das weiterzuvermittelnde Gespräch anzusagen. Die Preisansage hat durch den jeweiligen Auskunftsdiensteanbieter zu erfolgen. Die Hinweispflicht bezieht sich ausschließlich nur auf den Preis der Weitervermittlung, wie aus der Gesetzesformulierung eindeutig hervorgeht. Weitergehende Preisinformationen kann der Auskunftsdiensteanbieter mangels Kenntnis auch nicht mitteilen. Die Ansage kann während der Inanspruchnahme des sprachgestützten Auskunftsdienstes erfolgen, ist jedoch vor der Weitervermittlung vorzunehmen. Insoweit findet der Abs. 1 S. 3 entsprechende Anwendung. Demnach muss die Ansage nicht unentgeltlich erfolgen. Dies wäre im Fall der Weitervermittlung mit kaum lösbaren technischen Problemen verbunden, da während einer bereits hergestellten entgeltpflichtigen Verbindung ein unentgeltliches Zeitfenster für die Ansage „zwischengeschaltet“ werden müsste. Der technische und finanzielle Aufwand des Anbieters hierfür steht außer Verhältnis zu den mit einer kurzen Ansage des Preises verbundenen geringen „Mehrkosten“ des Endnutzers.
420
Der § 66b Abs. 3 TKG normiert eine (generelle) Verpflichtung zur Preisansage für sprachgestützte Auskunftsdienste im Fall der Weiterleitung, unabhängig davon, zu welcher Rufnummer bzw. zu welchem Dienst weitervermittelt wird. Unter dem Regime des § 43b Abs. 2 TKG 1996 war die Pflicht zur Preisansage noch auf die Vermittlung zu einer 0190er- oder 0900er-Mehrwertdiensterufnummer beschränkt. Der Gesetzgeber hat diese Pflicht nunmehr ausdrücklich auf sämtliche weiterzuvermittelnden Gespräche erweitert. Hierdurch soll – vor dem Hintergrund unterschiedlicher Missbrauchsszenarien – ein höchstmögliches Maß an Preistransparenz geschaffen werden3. Eine derartige Preisansagepflicht ergibt sich aber auch aus der Rechtsprechung zu § 5 UWG (§ 3 UWG a. F.)4. Bei einer Weitervermittlung zu Premium-Diensten sind dabei die Preisobergrenzen des § 66d TKG zu berücksichtigen (vgl. nachfolgend Rz. 432).
_______________
1 Vgl. nachfolgend Rz. 483 ff. 2 Zum Begriff Auskunftsdienst siehe Rz. 397; zum Kriterium Sprachgestütztheit siehe Rz. 411. 3 Vgl. Begr. zu § 66b Abs. 3 TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 30. 4 Vgl. LG München I, Urt. v. 8.11.2001, Az.: 7 O 7688/01.
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Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG)
Rz. 423 K
Im Rahmen der Ansage muss der Preis für Anrufe aus dem Festnetz zeitabhängig je Minute oder zeitunabhängig je Datenvolumen oder sonstiger Inanspruchnahme einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile angegeben werden. Eine Ausnahme von der Preisansagepflicht besteht lediglich im Mobilfunkbereich. Hier reicht der Hinweis, dass abweichende Preise für Anrufe aus dem Mobilfunk möglich sind. Der Hinweis erfordert nicht die Angabe eines konkreten Preises für die Weitervermittlung eines Gesprächs in das Mobilfunknetz (vgl. oben Rz. 407 ff.).
421
3.3.4 Sprachgestützte Neuartige Dienste (§ 66b Abs. 4 TKG) Bei sprachgestützten Neuartigen Diensten1 kann die BNetzA nach Anhörung der Fachkreise und Verbraucherverbände Anforderungen für eine Preisansage festlegen, die von denen des Abs. 1 Satz 5 (siehe oben Rz. 417) abweichen. Dies geschieht, sofern technische Entwicklungen, die diesen Nummernbereich betreffen, ein solches Verfahren erforderlich machen. Die Festlegungen sind von der BNetzA zu veröffentlichen. Der Abs. 4 soll nach der Gesetzesbegründung die Öffnung der Preisansageregelungen für Neuartige Dienste ermöglichen, da in diesem Nummernbereich eine Vielzahl neuer, noch nicht im Einzelnen absehbarer technischer Entwicklungen zu erwarten ist. Starre Regelungen, die besondere technische Entwicklungen auf diesem dynamischen Bereich berücksichtigen, könnten ein Hindernis für die Inanspruchnahme oder für das Angebot Neuartiger Dienste darstellen. Das Verfahren hierfür ist dem des § 67 Abs. 2 TKG nachgebildet2, um eine ausgewogene Lösung unter Beachtung der unterschiedlichen Interessen zu finden3.
422
3.4 Preisanzeige bei Kurzwahl-Datendiensten (§ 66c TKG) Der § 66c TKG regelt die Pflichten zur Preisanzeige bei Kurzwahl-Datendiensten. Kurzwahl-Datendienste sind gemäß § 3 Nr. 11a TKG Kurzwahldienste, die der Übermittlung von nicht sprachgestützten Inhalten mittels Telekommunikation dienen und die keine Teledienste i. S. des Teledienstegesetzes (TDG) oder Mediendienste i. S. des Mediendienste-Staatsvertrages (MdStV) sind. Hierzu zählen nach der Gesetzesbegründung insbesondere SMS- und MMS-Dienste4.
_______________
1 Zum Begriff Neuartige Dienste siehe Rz. 400; zum Kriterium Sprachgestütztheit siehe Rz. 411. 2 Zu § 67 Abs. 2 TKG siehe nachfolgend Rz. 483 ff. 3 Vgl. Begr. zu § 66b Abs. 4 TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 30. 4 Vgl. Begr. zu § 66c TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 31.
Sörup | 1371
423
K Rz. 424
Kundenschutz und Universaldienst
3.4.1 Preisanzeige bei Kurzwahl-Datendiensten 424
Für Kurzwahl-Datendienste hat, außer im Falle des § 45l TKG1, derjenige, der den vom Endnutzer zu zahlenden Preis für die Inanspruchnahme des Dienstes festlegt, die Preisanzeige vorzunehmen. Der für die Inanspruchnahme des Dienstes zu zahlenden Preis ist einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile vor Beginn der Entgeltpflichtigkeit deutlich sichtbar und gut lesbar anzuzeigen. Der Anbieter muss sich vom Endnutzer den Erhalt der Information bestätigen lassen. Die Pflicht zur Preisanzeige besteht erst ab einem Preis von 2 Euro pro Inanspruchnahme. Durch Abs. 1 S. 2 wird der Anwendungsbereich schließlich auf nicht-sprachgestützte Neuartige Dienste erweitert. Auch hier greift die Preisanzeigepflicht erst ab einer Preisgrenze von 2 Euro pro Inanspruchnahme ein. Zu den Ausnahmen von der Preisanzeigepflicht siehe nachfolgend Rz. 429 f.
425
Verpflichtet zur Preisanzeige ist derjenige, der den vom Endnutzer zu zahlenden Preis für die Inanspruchnahme dieses Dienstes festlegt. Dies wird in der Regel der Anbieter des Kurzwahldienstes sein. Aber auch der Netzbetreiber, der Kurzwahldienste eines anderen Anbieters bereitstellt, ist nach § 66c TKG verpflichtet, wenn er die Preise für die Inanspruchnahme festlegt. Zu beachten ist, dass in den Fällen des § 45l TKG eine (gesonderte) Preisanzeige nach § 66c TKG nicht erforderlich ist2. Angesichts der umfassenden Hinweispflichten nach § 45l TKG besteht bei Dauerschuldverhältnissen über Kurzwahldienste kein Bedürfnis für eine derartige Verpflichtung3.
426
Die Preisanzeige muss vor Beginn der Entgeltpflicht erfolgen, deutlich sichtbar und gut lesbar sein4. Der Endnutzer muss den Erhalt der Information bestätigen. Die Nichtbeachtung dieser Anforderungen führt gemäß § 66g Nr. 2 TKG zum Wegfall der Entgeltpflichtigkeit5. Insbesondere die Bestätigung des Endnutzers ist erforderlich, um diese Rechtsfolge zu vermeiden. Die Bereitstellung des entgeltpflichtigen Kurzwahl-Datendienstes kann folglich erst nach Eingang der Bestätigung des Endnutzers erfolgen. Die Bestellung eines Klingeltones über einen Kurzwahldatenienst soll dies nachfolgend verdeutlichen, wobei anzunehmen ist, dass kein Abonnementvertrag i. S. d. § 45l TKG vorliegt.
427
Aus Kundenschutzgesichtspunkten ist von einem „vierstufigen Bestellverfahren“ auszugehen: –
Der Endnutzer bestellt den gewünschten Klingelton beim Anbieter via SMS.
_______________
1 § 45l TKG betrifft Dauerschuldverhältnisse über Kurzwahldienste (sog. Abonnement-Dienste), vgl. Rz. 280 ff. 2 Vgl. Begr. zu § 66c TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 31. 3 Zu den einzelnen Anforderungen des § 45l TKG vgl. Rz. 280 ff. 4 Zu den Kriterien im Einzelnen siehe Rz. 402 ff. 5 Siehe nachfolgend Rz. 478 f.
1372 | Sörup
Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG)
Rz. 430 K
–
Der Anbieter informiert den Endnutzer entsprechend § 66c TKG deutlich sichtbar und in gut lesbarer Weise über den Preis, in der Regel ebenfalls über SMS.
–
Der Endnutzer bestätigt den Erhalt der Preisinformationen via SMS.
–
Der Anbieter übersendet den gewünschten Klingelton an den Endnutzer via SMS/MMS.
Dieses Verfahren mag zwar kompliziert erscheinen, gewährleistet aber die ordnungsgemäße Preisanzeige entsprechend § 66c TKG. Darüber hinaus entspricht es dem sog. Handshake-Verfahren nach § 45l TKG1. Da das Missbrauchspotential einmaliger Kurzwahl-Datendienste gering ist und die Information des Verbrauchers über die Kosten gemäß § 66a TKG sichergestellt ist, stellt sich jedoch die Frage, ob der mit dem Handshake-Verfahren im Bereich einmaliger Dienste verbundene Aufwand einschließlich der damit verbundenen Kosten auf Unternehmensseite verhältnismäßig ist2. Eine fehlende Änderung des § 66c TKG im Gesetzgebungsverfahren lässt allerdings darauf schließen, dass sich der Gesetzgeber (aus Verbraucherschutzgesichtspunkten) bewusst zu der Aufnahme einer solchen Regelung entschlossen hat, trotz des damit verbundenen Aufwands für die Anbieter solcher Dienste.
428
3.4.2 Ausnahme von der Pflicht zur Preisanzeige Von diesen Preisanzeigeverpflichtungen kann gemäß Abs. 2 abgewichen werden, wenn der Dienst im öffentlichen Interesse erbracht wird oder sich der Endkunde vor Inanspruchnahme der Dienstleistung gegenüber dem Verpflichteten nach Abs. 1 durch ein geeignetes Verfahren legitimiert. Die Einzelheiten regelt und veröffentlicht die BNetzA.
429
Mit der Bestimmung ist nach der Gesetzesbegründung eine Verfahrensregelung zur Flexibilisierung der Anforderungen an die Preisanzeige beabsichtigt. Eine Abweichung von der Preisschwelle von 2 Euro ist danach möglich, wenn ein höherpreisiger Dienst im öffentlichen Interesse erbracht wird, wie z. B. das Lösen von Fahrscheinen mittels Kurzmitteilung im öffentlichen Nahverkehr3 oder bei Spenden mittels Kurzmitteilung für gemeinnützige Organisationen. Die BNetzA veröffentlicht eine Liste der Dienste, die im öffentlichen Interesse erbracht werden, bei denen also von Abs. 1 abgewichen werden kann (z. B. keine oder gelockerte Preisanzeigepflicht). Vor dem Hintergrund der dynamischen technischen Entwicklung im Telekommunikationsbereich, aber auch aufgrund besonderer Nutzungsanforderun-
430
_______________
1 Siehe oben Rz. 294. 2 Vgl. Vander, MMR 2005, 429 (433). 3 Handytickets sind inzwischen im öffentlichen Nahverkehr in Osnabrück und Bonn eingeführt, für weitergehende Informationen siehe unter www.myhandyticket.de.
Sörup | 1373
K Rz. 431
Kundenschutz und Universaldienst
gen (z. B. wiederkehrende Nutzungen ohne ein Dauerschuldverhältnis zu sein) soll es das Legitimationsverfahren ermöglichen, die Anforderungen an die Preisanzeige für bestimmte nicht-sprachbasierte Kurzwahldatendienste flexibel zu gestalten1. 3.5 Preishöchstgrenzen (§ 66d TKG) 431
Der § 66d TKG schreibt bestimmte Preishöchstgrenzen für die Nutzung von Premium-Diensten2 vor und stellt damit eine weitere Bedingung für das Angebot solcher Dienste auf. Die Begrenzung der Preise soll, wie bereits bei § 43b Abs. 3 TKG 1996, das finanzielle Risiko im Zusammenhang mit dieser Art von Diensten einschränken3. Bei den angegebenen Preisgrenzen ist zwischen zeitabhängig und zeitunabhängig abgerechneten Diensten zu unterscheiden. Der § 66d TKG ist zudem Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB, so dass bei Verstößen das zugrunde liegende Rechtsgeschäft nichtig ist4. Unklar bleibt allerdings, ob das zugrunde liegende Rechtsgeschäft nur teilweise oder vollständig nichtig ist. In der Regel wird von einer Teilnichtigkeit i. S. d. § 139 BGB auszugehen sein5. Denn bei Verstößen gegen Preisvorschriften wird das Rechtsgeschäft grundsätzlich mit dem zulässigen Preis aufrechterhalten6. Der Anbieter kann daher zumindest einen Zahlungsanspruch in Höhe der Preisobergrenze geltend machen, wenn seine Tarife nicht den Anforderungen von § 66d TKG entsprechen7. 3.5.1 Preis bei zeitabhängig tarifierten Premium-Diensten (§ 66d Abs. 1 TKG)
432
Für zeitabhängig abgerechnete Dienstleistungen darf der Preis höchstens 3 Euro pro Minute betragen, soweit nach der Ausnahmeregelung des Abs. 3 keine abweichenden Preise erhoben werden können (hierzu nachfolgend Rz. 435 f.). Diese Preisobergrenze gilt auch bei einer Weitervermittlung durch einen Auskunftsdienst. Hinsichtlich der Abrechnungstaktung gibt der Abs. 1 schließlich vor, dass bei zeitabhängig tarifierten Diensten die Abrechnung höchstens im Sechzig-Sekunden-Takt erfolgen darf. Ein höherer Abrechnungstakt, alle neunzig oder hundertundzwanzig Sekunden, ist wie bisher unzulässig.
_______________
1 2 3 4 5 6 7
Vgl. Begr. zu § 66c TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 31. Zum Begriff Premium-Dienst siehe oben Rz. 396. Vgl. Begr. zu § 43b Abs. 2 TKG 1996, BT-Drucks. 15/907, S. 10. So auch schon der § 43b Abs. 3 TKG 1996, vgl. BT-Drucks. 15/907, S. 10. Palandt/Heinrichs, § 139 BGB, Rz. 18. Palandt/Heinrichs, § 134 BGB, Rz. 27 m. w. N. So bereits zu § 43b Abs. 3 TKG 1996 Tiedemann, K&R 2003, S. 328 (334).
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Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG)
Rz. 435 K
3.5.2 Preis bei zeitunabhängig tarifierten Premium-Diensten (§ 66d Abs. 2 TKG) Bei zeitunabhängig tarifierten Premium-Diensten darf der Preis für die abgerechneten Dienstleistungen gemäß § 66d Abs. 2 S. 1 TKG höchstens 30 Euro pro Verbindung betragen. Auch dies steht allerdings unter dem Vorbehalt einer abweichenden Regelung nach Abs. 3. Typisches Beispiel für einen zeitunabhängig tarifierten Dienst ist der Erwerb von Fahrkarten im öffentlichen Nahverkehr über Premium-Dienste1.
433
Der Abs. 2 S. 2 regelt hingegen den Fall von sog. kombinierten Tarifen, die sich aus zeitabhängigen und zeitunabhängigen Leistungsbestandteilen zusammensetzen. Eine derartige Kombination von Tarifen ist im Interesse der Angebotsvielfalt grundsätzlich zulässig, soweit die Preistransparenz über eine getrennte Ausweisung der Tarife sichergestellt ist2. Wird der Preis von Dienstleistungen aus zeitabhängigen und zeitunabhängigen Leistungsanteilen gebildet, so müssen diese Preisanteile entweder im Einzelverbindungsnachweis, soweit dieser erteilt wird, getrennt ausgewiesen werden oder das von der BNetzA nach Abs. 3 S. 3 festgelegte (Tarifierungs-)Verfahren eingehalten werden. Die zulässige Preisobergrenze für kombinierte Tarife beträgt 30 Euro je Verbindung, soweit nach Abs. 3 keine abweichenden Preise erhoben werden können.
434
3.5.3 Möglichkeit zur Vereinbarung höherer Preisgrenzen mit dem Kunden Ein Überschreiten der Preisobergrenzen ist nach § 66d Abs. 3 TKG möglich, bedarf aber einer ausdrücklichen Legitimation durch den Kunden. Der Kunde muss die höheren Preise vor Inanspruchnahme der Dienstleistung gegenüber dem Diensteanbieter durch ein geeignetes Verfahren legitimieren (sog. Legitimationsverfahren). Die Festlegung dieses Verfahrens obliegt der BNetzA. Sie kann durch Verfügung im Amtsblatt die Einzelheiten zu zulässigen Verfahren in Bezug auf Tarifierungen sowie zu den Ausnahmen bei kombinierten Tarifen festlegen. Da mit § 66d TKG keine inhaltliche Änderung des bereits nach § 43b TKG 1996 veröffentlichten Legitimationsverfahren zu erwarten ist, kann auf die Festlegung der BNetzA mit Verfügung Nr. 36/2003 zurückgegriffen werden3. Das Legitimationsverfahren sieht im Kern vor, dass der Endnutzer eine Persönliche Identifikationsnummer (PIN) eingeben muss, die er vorher schriftlich bei dem Diensteanbieter beantragt. Lediglich für die kombinierten Tarife ist noch eine Festlegung seitens der BNetzA erforderlich. _______________
1 Handytickets sind inzwischen im öffentlichen Nahverkehr in Osnabrück und Bonn eingeführt, für weitergehende Informationen siehe unter www.myhandy ticket.de. 2 Vgl. Begr. zu § 66d Abs. 2 TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 31. 3 Vfg. Nr. 36/2003, Amtsblatt der BNetzA 2003, S. 831.
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435
K Rz. 436 436
Kundenschutz und Universaldienst
Die BNetzA ist zudem gemäß Abs. 3 S. 3 berechtigt, entsprechend dem Verfahren nach § 67 Abs. 2 TKG von den im Gesetz angegebenen Preishöchstgrenzen abzuweichen, wenn die allgemeine Entwicklung der Preise oder des Marktes dies erforderlich macht. Durch die Formulierung „allgemeine Entwicklung“ wird klargestellt, dass es sich hierbei nicht um ein Substitut des Legitimationsverfahrens handelt. Eine Abweichung kommt nur in Betracht, wenn sich „allgemein“ eine besondere Entwicklung abzeichnet, die ein Handeln nach den Verfahren gemäß § 67 Abs. 2 TKG rechtfertigt1. Durch den Verweis auf § 67 TKG wird ferner klargestellt, dass, vor Festsetzung einer Höchstpreisgrenze durch die BNetzA, die betroffenen Fachkreise einschließlich der Verbraucherseite beteiligt werden müssen2. 3.6 Verbindungstrennung (§ 66e TKG)
437
Danach ist der Diensteanbieter, bei dem die Rufnummer für PremiumDienste oder Kurzwahl-Sprachdienste eingerichtet ist, verpflichtet, jede zeitabhängig abgerechnete Verbindung nach sechzig Minuten zu trennen. Der § 66e TKG schreibt die bisherige Verpflichtung zur Zwangstrennung nach § 43b Abs. 4 TKG 1996 fort, erweitert aber den Anwendungsbereich auf Kurzwahl-Sprachdienste3. Kurzwahl-Sprachdienste sind gemäß § 3 Nr. 11c TKG Kurzwahldienste, bei denen die Kommunikation sprachgestützt erfolgt. Kurzwahldienste wiederum sind gemäß § 3 Nr. 11b TKG Dienste, die die Merkmale eines Premium-Dienstes aufweisen, jedoch eine spezielle Nummernart mit kurzen Nummern nutzen4.
438
Nach dem Wortlaut der Norm ist derjenige Diensteanbieter zur Zwangstrennung verpflichtet, bei dem die Rufnummer eingerichtet ist. Hiermit wird in der Regel der Netzbetreiber gemeint sein, in dessen Netz die Rufnummer geschaltet wurde. Denn letztlich kann nur dieser die Trennung der Verbindung effektiv gewährleisten5. Diensteanbieter ist gemäß § 3 Nr. 6 TKG jeder, der ganz oder teilweise geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt6. Vom Begriff des Diensteanbieters wird damit auch der jeweilige Netzbetreiber erfasst, in dessen Netz die Rufnummer eingerichtet ist, da er im Sinne des § 3 Nr. 6 TKG bei der Erbringung der Dienste durch Bereitstellung der erforderlichen Netzleistungen mitwirkt. _______________
1 2 3 4 5
Vgl. Begr. zu § 66d Abs. 3 TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 31. Zu § 67 Abs. 2 TKG siehe nachfolgend Rz. 483 ff. Vgl. Begr. zu § 66d TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 31. Zu den Begrifflichkeiten siehe auch Rz. 281 ff., 396. Im Gesetzesentwurf zu § 43b Abs. 4 TKG 1996 war ursprünglich noch formuliert, dass der Betreiber des Telekommunikationsnetzes, in dem der Dienst eingerichtet ist, zur Zwangstrennung verpflichtet ist. Diese Verpflichtung wurde erst mit BTDrucks 15/1126 auf Diensteanbieter geändert, ohne dass nachvollziehbar ist, weshalb diese Änderung erfolgte. 6 Vgl. Berl.KommSäcker, § 3 Rz. 8.
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Rz. 441 K
Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG)
Die Zwangstrennung hat nach einer Verbindungsdauer von sechzig Minuten zu erfolgen. Hiervon kann nach Abs. 2 abgewichen werden, wenn sich der Endnutzer vor der Inanspruchnahme der Dienstleistung gegenüber dem Diensteanbieter durch ein geeignetes Verfahren legitimiert. Die Festlegung des Verfahrens erfolgt durch die BNetzA. Sie kann durch Verfügung im Amtsblatt die Einzelheiten der zulässigen Verfahren zur Verbindungstrennung festlegen. Hinsichtlich der Anforderungen an das Legitimationsverfahren kann wie im Fall des § 66d Abs. 3 TKG auf die Verfügung Nr. 36/2003 der BNetzA verwiesen werden1. Der Abs. 1 S. 2 stellt schließlich klar, dass die Pflicht zur Zwangstrennung auch im Fall der Weitervermittlung zu einer Rufnummer für Premium-Dienste oder für Kurzwahl-Sprachdienste gilt.
439
3.7 Anwählprogramme – Dialer (§ 66f TKG) Mit § 66f TKG wird die bereits in § 43b TKG 1996 vorgesehene Registrierungspflicht von Anwählprogrammen (sog. Dialer) fortgeführt. Dialer sind nach der Legaldefinition in Abs. 1 Anwählprogramme, die Verbindungen zu einer Nummer herstellen, bei denen neben der Telekommunikationsdienstleistung Inhalte abgerechnet werden. Hierdurch wird die Definition des Dialer rufnummernunabhängig gefasst. Die Klarstellung war nach der Gesetzesbegründung erforderlich, um eine Umgehung der gesetzlichen Vorgaben zu verhindern, insbesondere durch eine Verwendung von Rufnummern anderer Dienstarten. Von der Definition werden auch solche Dialer erfasst, die dazu verwendet werden, die Adresse des Nutzers zu ermitteln und diesem eine separate Rechnung zuzusenden2.
440
3.7.1 Zulässigkeit von Dialern Voraussetzung für den zulässigen Betrieb eines Dialers nach § 66f Abs. 1 TKG ist, dass der Dialer vor Inbetriebnahme bei der BNetzA registriert wurde und die von der Behörde vorgegebenen Mindestvoraussetzungen erfüllt. Darüber hinaus muss der Betreiber gegenüber der BNetzA schriftlich versichern, dass keine rechtswidrige Nutzung erfolgt. Dialer dürfen nur über Rufnummern aus einem von der BNetzA zur Verfügung gestellten Nummernbereich angeboten werden. Für kostenpflichtige Dialer hat die BNetzA die Rufnummerngasse (0)9009 zur Verfügung gestellt3. Das Betreiben eines nicht registrierten Dialers neben einem registrierten Dialer unter einer Nummer ist unzulässig. Diese Bestimmung geht auf die Erfahrung zurück, dass in der Vergangenheit unter derselben Rufnummer teilweise registrierte und nicht registrierte Dialer eingesetzt wurden. Die Regelung dient der _______________
1 Siehe Rz. 435 f.; Vfg. Nr. 36/2003, Amtsblatt der BNetzA 2003, S. 831. 2 Vgl. Begr. zu § 66f TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 31. 3 Vfg. Nr. 38/2003, Amtsblatt BNetzA 2003, S. 839.
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K Rz. 442
Kundenschutz und Universaldienst
Transparenz hinsichtlich der ausschließlichen Anwendung registrierter Dialer1. 3.7.2 Registrierung/Vorgaben durch die BNetzA (§ 66f Abs. 2 TKG) 442
Die Registrierung eines Dialers bei der BNetzA setzt die eindeutige Zuordnung des Dialers zu einer bestimmten Zielrufnummer voraus. Denn gemäß § 66f Abs. 2 registriert die BNetzA unter einer Zielrufnummer jeweils nur einen Dialer. Hieraus folgt gleichzeitig, dass der Betrieb mehrerer Dialer unter derselben Zielrufnummer unzulässig ist. Mit der Regelung soll sichergestellt werden, dass bereits anhand der in der Telefonrechnung vorhandenen angewählten Zielrufnummern nachgeprüft werden kann, ob es sich um einen registrierten oder nicht registrierten Dialer handelt2. Änderungen des Dialers führen zu einer neuen Registrierungspflicht. Dies gilt bereits bei geringfügigen Änderungen in der Programmierung des Dialers.
443
Die Einzelheiten des Registrierungsverfahrens einschließlich des Inhalts der abzugebenden schriftlichen Versicherung werden gemäß Abs. 2 S. 2 von der BNetzA geregelt. Sie kann Einzelheiten zur Verwendung des Tarifs für zeitunabhängig abgerechnete Dienstleistungen sowie zur Registrierung von Dialern festlegen, soweit diese Verfahren in gleicher Weise geeignet sind, die Belange des Verbraucherschutzes zu gewährleisten. Die entsprechenden Festlegungen sind durch Verfügung zu veröffentlichen. Die Regelung soll der BNetzA die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen zur Verwendung des Tarifs für zeitunabhängig abgerechnete Dienstleistungen ermöglichen, um den Missbrauch bei der Verwendung solcher Tarife einzudämmen. Insbesondere sollen Fälle verhindert werden, in denen eine nur wenige Sekunden andauernde versehentliche Einwahl schon den Tarif für eine zeitunabhängig abgerechnete Dienstleistung auslöst3. Mit der Ermächtigung nach Abs. 2 wird insgesamt erreicht, dass die BNetzA auf technische Entwicklungen im Interesse der Unternehmen und Verbraucher schnell reagieren kann. In einem dynamischen technikorientierten Telekommunikationsmarkt sind gesetzliche Regelungen deshalb möglichst flexibel durch Konkretisierungsbefugnisse der Behörden zu gestalten4, die als Allgemeinverfügung erlassen werden können5. 3.7.3 Ablehnung der Dialer-Registrierung (§ 66f Abs. 3 TKG)
444
Die BNetzA kann die Registrierung von Dialern ablehnen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller nicht die erforderliche _______________
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Vgl. Begr. zu § 66f Abs. 1 TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 31. Vgl. Begr. zu § 66f Abs. 2 TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 32. Vgl. Begr. zu § 66f Abs. 2 TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 32. Vgl. Begr. zu § 66f Abs. 2 TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 32. Zur Allgemeinverfügung vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfg, § 35 Rz. 102 ff.
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Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG)
Rz. 446 K
Zuverlässigkeit besitzt. Das Kriterium der Zuverlässigkeit ist gewerberechtlich geprägt1. Nach allgemeiner Ansicht ist gewerberechtlich unzuverlässig, wer keine Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft sein Gewerbe ordnungsgemäß ausüben wird2. Die fehlende Zuverlässigkeit ist an bestimmte Tatsachen gebunden. Diese in der Vergangenheit liegenden Tatsachen bilden den gegenwärtigen Erkenntnisstand der Behörde und sind damit Grundlage für die zukunftsgerichtete Entscheidung, ob Unzuverlässigkeit dargetan ist3. Tatsachen sind nur Zustände der Vergangenheit (oder Gegenwart), d. h. es muss sich um bereits realisierte Umstände handeln. Nicht ausreichend ist, dass entsprechende Geschehnisse lediglich einzutreten drohen. Auch weit zurückliegende Tatsachen sind grundsätzlich berücksichtigungsfähig, verlieren aber im Laufe der Zeit an Gewicht. Die Unzuverlässigkeit kann aus Tatsachen gefolgert werden, die vor Beginn der Gewerbeausübung liegen, sofern sie für die Einschätzung des künftigen Verhaltens von Bedeutung sind4. Die Unzuverlässigkeit ist dabei nicht absolut zu beurteilen, sondern mit Blick auf den angebotenen Dienst zu ermitteln5. Die Beurteilung der fehlenden Zuverlässigkeit erfordert die Prognose, ob anhand der Tatsachen aus der Vergangenheit (oder Gegenwart) auf die fehlende Zuverlässigkeit bzw. ein Fehlverhalten in der Zukunft geschlossen werden kann6. Bloße Zweifel an der Zuverlässigkeit oder Vermutungen reichen hierfür ebenso wenig aus7, wie die schlichte Möglichkeit eines Fehlverhaltens8. Andererseits dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit i. S. einer abstrakten Gefahr reicht aus, soweit nach der allgemeinen Lebenserfahrung typischerweise mit einem Fehlverhalten in der Zukunft gerechnet werden muss. Die Wahrscheinlichkeitsfeststellung der Behörde als Element ihrer Prognose ist gerichtlich voll überprüfbar; ein Beurteilungsspielraum der Behörde ist nicht gegeben9.
445
Die erforderliche Zuverlässigkeit ist entsprechend der Regelbeispiele in § 66f Abs. 3 S. 2 TKG insbesondere abzulehnen, wenn der Antragsteller schwerwiegend gegen die Vorschriften des TKG verstoßen oder wiederholt eine Registrierung durch falsche Angaben erwirkt hat. Diese Regelbeispiele gehen auf die bisherigen Erfahrungen der BNetzA zurück. Ein Gesetzesverstoß liegt z. B. auch vor, wenn die BNetzA gegenüber dem Antragsteller
446
_______________
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Vgl. Begr. zu § 66f Abs. 3, BT-Drucks. 16/2581, S. 31. Vgl. BVerwGE 65, 1 f. Vgl. Tettinger/Wank, GewO, 7. Aufl., § 35 GewO Rz. 27. Vgl. Tettinger/Wank, GewO, 7. Aufl., § 35 GewO Rz. 27. BVerwG GewArch 1961, 166. Vgl. Tettinger/Wank, GewO, 7. Aufl., § 35 GewO Rz. 30. Heß in: Friauf, § 35 GewO Rz. 53. Marcks in: Landmann/Rohmer I, GewO, § 35 Rz. 32. Vgl. Tettinger/Wank, GewO, 7. Aufl., § 35 GewO Rz. 26, 31.
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K Rz. 447
Kundenschutz und Universaldienst
bereits mehrfach nach § 67 Abs. 1 TKG tätig geworden ist1. Durch § 67 Abs. 1 TKG soll sichergestellt werden, dass bestimmte unseriöse Anbieter nicht unter einer anderen Registrierung ihre Angebote weiterhin verbreiten können. 447
Die BNetzA teilt ihre Erkenntnisse den für den Vollzug der Gewerbeordnung zuständigen Stellen mit, sofern es an der erforderlichen Zuverlässigkeit des Anbieters fehlt. Es handelt sich nach dem Wortlaut um eine zwingende Pflichtmitteilung, die nicht im Ermessen der BNetzA steht. Eine für die Einräumung eines Ermessensspielraums sprechende Gesetzesformulierung durch Verwendung der Worte „kann“, „soll“, „darf“ oder „ist befugt“ ist nicht gegeben2. 3.8 Auskunftsanspruch/Datenbank für (0)900er-Rufnummern (§ 66h TKG)
448
Der § 66h TKG normiert einen Auskunftsanspruch gegenüber der BNetzA bezüglich des Namens und der ladungsfähigen Anschrift eines Anbieters von Mehrwertdiensten über (0)190er Rufnummern. Der § 66h TKG entspricht damit im Wesentlichen dem früheren § 43a TKG 1996, erweitert aber den Anwendungsbereich neben (0)190er Rufnummern auf die in Abs. 3 genannten Dienste. Ein Auskunftsanspruch besteht nunmehr auch für Massenverkehrsdienste, Auskunftsdienste Geteilte-Kosten-Dienste, Kurzwahldienste oder Neuartige Dienste. Die Pflicht zur Auskunftserteilung ist unterschiedlich ausgestaltet und richtet sich gemäß Abs. 3 nach dem jeweiligen Adressaten der Auskunftspflicht. Abhängig vom jeweiligen Dienst ist die BNetzA, das rechnungserstellende Unternehmen, der Netzbetreiber oder der Zuteilungsempfänger in einem unterschiedlichen Umfang zur Auskunftserteilung verpflichtet. Unverändert bezieht sich die Pflicht zur Einrichtung einer Datenbank bei der BNetzA nur auf (0)900-Rufnummern3. 3.8.1 Auskunftsanspruch bei (0)900-Rufnummern (§ 66h Abs. 1 TKG)
449
Gemäß § 66h Abs. 1 TKG kann jedermann in Schriftform von der BNetzA Auskunft über den Namen und die ladungsfähige Anschrift desjenigen verlangen, der über eine (0)190er- bzw. (0)900er-Rufnummer Dienstleistungen anbietet. Angesichts der Tatsache, dass die (0)190er-Rufnummerngasse zum 31.12.2005 ausgelaufen ist, ist dabei davon auszugehen, dass sich die Auskunftspflicht nach Abs. 1 auch auf (0)900-Rufnummern erstreckt, die die (0)190-Rufnummern abgelöst haben4. _______________
1 Begr. zu § 66f Abs. 3 TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 32; zum Vorgehen nach § 67 Abs. 1 TKG siehe nachfolgend Rz. 486 ff. 2 Vgl. Kopp/Ramsauer, § 40 VwVfG Rz. 41. 3 Eine Datenbank für (0)190er-Rufnummern ist wegen des Auslaufens dieser Rufnummerngasse mit 31.12.2005 überflüssig geworden, vgl. Mitteilung Nr. 227/ 2005, Amtsblatt der BNetzA 2005, S. 1339. 4 Siehe Fn. 3 oben.
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Rz. 453 K
Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG)
3.8.1.1 Antragsberechtigung und Umfang der Auskunftserteilung Nach dem Wortlaut der Norm besteht eine uneingeschränkte Antragsbefugnis für jedermann. Ein berechtigtes Interesse an der Auskunftserteilung muss nicht nachgewiesen werden. Der Antrag erfordert Schriftform i. S. d. § 126 BGB. Der Antragsteller muss seinen Auskunftsantrag eigenhändig durch Namensunterzeichnung oder mittels notariell beglaubigtem Handzeichen unterzeichnen. Die Unterschrift kann zudem nach § 126a BGB durch eine elektronische Signatur ersetzt werden, was aber in der Praxis nur geringe Relevanz hat. Das gesetzliche Schriftformerfordernis entspricht der gegenwärtigen Verwaltungspraxis der BNetzA (formblattgebundenes Auskunftsersuchen). Es soll als Korrektiv für das Fehlen einer Antragsbefugnis sicherstellen, dass Auskunftsersuchen, die bei der Behörde und den betroffenen Unternehmen Aufwendungen und Kosten auslösen, ernsthaft betrieben werden und „Spam-Anfragen“ vermeiden1.
450
Für eine erfolgreiche Auskunftserteilung sind die folgenden Angaben notwendig:
451
– – –
die angewählte(n) (0)190- bzw. (0)900-Mehrwertdiensterufnummer(n), das Datum und die Uhrzeit der Anwahl, der Name, die Anschrift sowie die Telefon- und Faxnummer des Anfragenden.
Nach Abs. 1 ist der Auskunftsanspruch auf Dienstleistungen beschränkt, die in der Rufnummerngasse (0)190 bzw. (0)900 realisiert werden. Auskünfte zu Diensten, die in anderen Rufnummerngassen realisiert werden, können im Rahmen des Abs. 1 nicht verlangt werden. Für andere Rufnummerngassen ist der Abs. 3 geschaffen worden (siehe nachfolgend Rz. 458). Der Auskunftsanspruch bezieht sich auf den Namen und die ladungsfähige Anschrift des Diensteanbieters. Die Auskunft ist innerhalb von zehn Werktagen zu erteilen. Es handelt sich um eine Regelfrist, die bei komplexen oder schwierigen Sachverhalten überschritten werden kann.
452
3.8.1.2 Mitwirkungspflichten der Zuteilungsnehmer/Netzbetreiber Um ihrer Verpflichtung zur Auskunftserteilung nachzukommen, ist die BNetzA auf die Mithilfe der Zuteilungsnehmer bzw. Netzbetreiber angewiesen. Sie ist nach § 66h Abs. 1 S. 3 TKG berechtigt, von ihren Zuteilungsnehmern oder von demjenigen, in dessen Netz die (0)900er-Rufnummer geschaltet ist oder war, Auskunft über die oben genannten Angaben (Name und ladungsfähige Anschrift) zu verlangen. Entgegen dem früheren § 43a TKG 1996a richtet sich der Auskunftsanspruch der BNetzA dabei nicht mehr nur gegen den Zuteilungsnehmer, sondern ist auf den Netzbetreiber erweitert worden, in dessen Netz die Rufnummer geschaltet ist. Mit dieser _______________
1 Vgl. Begr. zu § 66h TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 32.
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K Rz. 454
Kundenschutz und Universaldienst
Regelung soll klargestellt werden, dass auch Netzbetreiber über Rufnummern Auskunft erteilen müssen, die sie nicht selbst zugeteilt haben, sondern die mittels Portierung in ihr Netz gelangt sind1. 454
Die Auskunft an die BNetzA muss vom Zuteilungsnehmer bzw. Netzbetreiber innerhalb von fünf Werktagen ab Eingang der Anfrage bereitgestellt werden. Die Verpflichteten haben die bereitzustellenden Angaben erforderlichenfalls bei ihren Kunden zu erheben und aktuell zu halten. Die Zuteilungsnehmer bzw. Netzbetreiber sind insoweit dafür verantwortlich, dass sie der Anfrage der BNetzA in dem erforderlichen Maße nachkommen können. Zu diesem Zweck müssen sie die erforderlichen Angaben, insbesondere auch Ketten von Nummerninhabern bei ihren Kunden abfragen und aktuell halten. Angaben ausschließlich über den direkten Vertragspartner sind nicht ausreichend2. Die Problematik der Kettenzuteilung bzw. der beliebigen Übertragbarkeit des Nutzungsrechts an der Rufnummer, die Grund für diese Verpflichtung ist, dürfte allerdings bei (0)900-Rufnummern nicht mehr bestehen. Denn im Gegensatz zu den (0)190er-Rufnummern3 ist bei der Rufnummerngasse (0)900 eine rechtsgeschäftliche Übertragung des Nutzungsrechts an der zugeteilten Rufnummer an Dritte ausdrücklich untersagt4. Die Problematik der Kettenzuteilung dürfte sich daher nicht mehr stellen5.
455
Um eine effektive Auskunftserteilung sicherzustellen, erweitert der Satz 6 des Abs. 1 die Auskunftspflicht schließlich auf den folgenden Personenkreis: Danach ist jeder zur Auskunft gegenüber dem Zuteilungsnehmer und/oder gegenüber der BNetzA verpflichtet, der die entsprechende (0)900er-Rufnummer weitergegeben hat oder nutzt. Die Bestimmung entstammt dem früheren § 43a TKG 1996 und betrifft ebenfalls das Problem der Kettenzuteilung. Denn zur Erfüllung seiner Auskunftspflicht ist der Zuteilungsnehmer auf die Mithilfe der Nutzer der (0)190-Rufnummer angewiesen. Die erforderliche Mitwirkung sollte durch den genannten Auskunftsanspruch sichergestellt werden. Ob es einer derartigen Regelung noch bedarf, ist – wie bereits angesprochen – wegen des Auslaufens der (0)190Rufnummerngasse zweifelhaft.
_______________
1 2 3 4
Vgl. Begr. zu § 66h TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 32. So bereits Begr. zu § 43 a TKG 1996, BT-Drucks. 15/0907, S. 9. Vgl. Zuteilungsregeln für (0)190-Rufnummern. Vgl. Regeln für die Zuteilung von (0)900-Rufnummern, Vfg. 37/2004, Amtsblatt der BNetzA 2004, S. 864: Die Nutzung der Rufnummer durch den Zuteilungsnehmer für Kunden im Rahmen einer Dienstleistung bleibt allerdings zulässig. Voraussetzung dafür ist, dass der Zuteilungsnehmer die Einrichtung der Rufnummer bei einem Betreiber eines Telekommunikationsnetzes beauftragt und er somit der Nutzer im Sinne der Zuteilungsregel (Abschnitt 6.1 a) bleibt. 5 Die (0)190er-Rufnummern sind mit dem 31.12.2005 ausgelaufen; vgl. Mitteilung Nr. 227/2005, Amtsblatt der BNetzA 2005, S. 1339.
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Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG)
Rz. 458 K
3.8.2 Datenbank bei (0)900-Rufnummern (§ 66h Abs. 2 TKG) Der § 66h Abs. 2 TKG betrifft die Einrichtung einer Datenbank für (0)900erRufnummern und führt damit die Regelung des früheren § 43a Abs. 2 TKG 1996 fort. Alle zugeteilten (0)900er-Rufnummern sind danach von der BNetzA in einer zentralen Datenbank zu erfassen. Diese Datenbank ist mit Angabe des Namens und der ladungsfähigen Anschrift des Diensteanbieters im Internet zu veröffentlichen. Jedermann kann von der BNetzA Auskunft über die in der Datenbank gespeicherten Daten verlangen.
456
Da die (0)900-Rufnummern einzeln zugeteilt werden und eine abgeleitete Zuteilung unzulässig ist, können die Zuteilungsnehmer unmittelbar in einer zentralen Datenbank bei der BNetzA aufgenommen werden1. Dies erleichtert die Identifikation der Verantwortlichen gegenüber der früheren Situation bei (0)190-Rufnummern erheblich. Die Datenbank ist im Internet zu veröffentlichen, damit die Endnutzer direkt in Erfahrung bringen können, welcher Anbieter sich hinter einer (0)900er-Nummer verbirgt. Die Offenlegung und der einfache Zugang zu den Daten via Internet dient dem Zweck, potentielle Betrüger durch die Aufhebung ihrer Anonymität abzuschrecken2. Die Datenbank kann unter der Homepage der BNetzA (www.bundesnetzagentur.de) im Bereich Telekommunikation, Regulierung Telekommunikation, Nummernverwaltung (0)900 abgerufen werden. Der weiterhin vorgesehene Auskunftsanspruch gegenüber der BNetzA soll Verbrauchern, die nicht über einen Internetzugang verfügen, eine entsprechende Auskunftserteilung ermöglichen. Auskünfte werden telefonisch durch den Verbraucherservice der BNetzA erteilt.
457
3.8.3 Auskunftsanspruch bei anderen Diensten (§ 66h Abs. 3 TKG) Die Erfahrungen seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung des Missbrauchs von 0190er-/0900er-Mehrwertdiensterufnummern haben gezeigt, dass ein Bedarf zur Möglichkeit der Ermittlung des letztverantwortlichen Diensteanbieters auch für die Rufnummerngassen im Bereich Massenverkehrsdienste, Auskunftsdienste, Geteilte-Kosten-Dienste, Kurzwahldienste oder Neuartige Dienste besteht3. Mit einem gegenüber dem § 43a TKG 1996 erweiterten Auskunftsanspruch wird dem Verbraucher im Rahmen des § 66h Abs. 3 TKG mitgeteilt, wo die betreffende Rufnummer geschaltet ist. Er wird hierdurch in die Lage versetzt, sich direkt an den entsprechenden Netzbetreiber zu wenden, um in einem zweiten Schritt zu erfahren, wer sich hinter der Rufnummer verbirgt (sog. Letztverantwortlicher)4. Der Auskunftsanspruch ist in Abhängigkeit vom jeweiligen Adressaten und vom jeweiligen Dienst zum Teil unterschiedlich ausgestaltet: _______________
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Vgl. Begr. zu § 43a Abs. 2 TKG 1996, BT-Drucks. 15/907, S. 9. Vgl. Begr. zu § 43a Abs. 2 TKG 1996, BT-Drucks. 15/907, S. 9. Begr. zu § 66h Abs. 3 TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 32. Vgl. Begr. zu § 66h Abs. 3 TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 32.
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K Rz. 459
Kundenschutz und Universaldienst
3.8.3.1 Auskunft der BNetzA 459
Gemäß § 66h Abs. 3 S. 1 TKG ist die BNetzA verpflichtet, unverzüglich auf schriftliche Anfrage mitzuteilen, in wessen Netz Rufnummern für Massenverkehrsdienste, Auskunftsdienste oder Geteilte-Kosten-Dienste geschaltet sind1. Voraussetzung ist eine schriftliche Antragstellung, die auch hier als Korrektiv für die uneingeschränkte Antragsbefugnis dient (vgl. oben Rz. 450 ff.). Eine konkrete zeitliche Vorgabe für die Auskunftserteilung, wie bei Abs. 1, ist nicht vorgesehen. Die Auskunft muss unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern i. S. d. § 121 BGB erteilt werden2. Sie bezieht sich auf die Mitteilung, in wessen Netz die Rufnummer geschaltet ist. Zu weitergehenden Auskünften ist die BNetzA im Rahmen des Abs. 3 nicht verpflichtet. Der Endnutzer kann weitergehende Informationen sodann vom jeweiligen Netzbetreiber gemäß § 66h Abs. 3 S. 3 TKG einholen (siehe hierzu Rz. 461). 3.8.3.2 Auskunft des rechnungsstellenden Unternehmens
460
Das rechnungsstellende Unternehmen hat gemäß § 66h Abs. 3 S. 2 TKG unverzüglich auf schriftliche Anfrage mitzuteilen, in wessen Netz Kurzwahldienste geschaltet sind. Das Erfordernis einer schriftlichen Anfrage ist auch hier Korrektiv für die uneingeschränkte Antragsbefugnis (vgl. oben Rz. 450 ff.). Der Auskunftsanspruch ist dabei auf Kurzwahldienste beschränkt. Der Grund hierfür besteht in dem Umstand, dass das rechnungsstellende Unternehmen die Auskunft einfacher und mit weniger Aufwand bereitstellen kann als beispielsweise die BNetzA. Denn dem Rechnungssteller wird der Netzbetreiber aufgrund der (Mit-)Abrechnung von dessen Leistungen regelmäßig bekannt sein. Die Auskunft ist auch hier unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern zu erteilen (siehe Rz. 459). 3.8.3.3 Auskunft des Netzbetreibers, in dessen Netz die Rufnummer geschaltet ist
461
Der zentrale Auskunftsanspruch gegen die Netzbetreiber findet sich in § 66h Abs. 3 S. 3 TKG. Hiernach kann jeder, der ein berechtigtes Interesse hat, von demjenigen, in dessen Netz eine Rufnummer für Massenverkehrsdienste, Geteilte-Kosten-Dienste oder für Kurzwahldienste geschaltet ist3, unentgeltlich Auskunft über den Namen und die ladungsfähige Anschrift desjenigen verlangen, der über eine dieser Rufnummern Dienstleistungen anbietet.
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1 Zu den Begrifflichkeiten siehe Rz. 394 ff. 2 Palandt/Heinrichs, § 121 BGB, Rz. 3. 3 Zu den Begrifflichkeiten siehe Rz. 394 ff.
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Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG)
Rz. 465 K
Adressaten der Regelung sind Netzbetreiber, in deren Netz eine Rufnummer für Massenverkehrsdienste, Geteilte-Kostendienste oder Kurzwahldienste geschaltet ist1. Der § 66h Abs. 3 S. 3 TKG ergänzt damit den Auskunftsanspruch nach S. 1 und S. 2. Auf erster Stufe kann der Endnutzer Auskunft von der BNetzA (S. 1) oder vom rechnungserstellenden Unternehmen (S. 2) über den Netzbetreiber, in dessen Netz die Rufnummer für den entsprechenden Dienst geschaltet ist, erhalten. Sodann kann der Endnutzer auf zweiter Stufe vom jeweiligen Netzbetreiber den verantwortlichen Diensteanbieter erfragen.
462
Der Netzbetreiber muss nicht jedem Auskunftsbegehren nachkommen. Voraussetzung für die Pflicht zur Auskunftserteilung ist ein berechtigtes Interesse des Antragstellers. Hinsichtlich der Anforderungen kann auf das bei der Feststellungsklage nach § 43 VwGO erforderliche berechtigte Interesse zurückgegriffen werden. Voraussetzung ist ein als schutzwürdig anzuerkennendes Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art2. Für das Vorliegen eines berechtigten Interesses ist der Antragsteller nach den allgemeinen Regeln darlegungs- und beweisbelastet3. Das Auskunftsbegehren muss zumindest erkennen lassen, ob und wie der Antragsteller durch den Dienst in rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt wurde. Anträge, die nicht mal ansatzweise eine entsprechende Beeinträchtigung erkennen lassen, muss der Netzbetreiber nicht beauskunften. Das Erfordernis des berechtigten Interesses stellt als Antragsbefugnis sicher, dass Auskunftsersuchen, die bei den betroffenen Telekommunikationsunternehmen Aufwendungen und Kosten auslösen, ernsthaft betrieben und „Spam-Anfragen“ vermieden werden (siehe oben bei Rz. 450 ff.).
463
Der Auskunftsanspruch ist auf die in der Norm genannten Dienste beschränkt. Eine Pflicht zur Auskunftserteilung über Rufnummern zu anderen Dienste besteht nach Abs. 3 nicht. Die Auskunft umfasst den Namen und die ladungsfähige Anschrift. Sie ist unentgeltlich zu erteilen und soll innerhalb einer Regelbereitstellungsfrist von 10 Werktagen nach Eingang der schriftlichen Anfrage erfolgen (S. 4). Die Auskunftsverpflichteten haben die Angaben erforderlichenfalls bei ihren Kunden zu erheben und aktuell zu halten (S. 5).
464
3.8.3.4 Auskunftspflicht des Zuteilungsempfängers Mit § 66h Abs. 3 S. 6 TKG wird schließlich ein Auskunftsanspruch gegen den Zuteilungsnehmer einer Rufnummer für Neuartige Dienste normiert. Danach ist jeder, der ein berechtigtes Interesse hat, berechtigt, von demjenigen, dem eine Rufnummer für Neuartige Dienste von der BNetzA zugeteilt _______________
1 Zu den Begrifflichkeiten siehe Rz. 394 ff. 2 Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 43 Rz. 23. 3 Vgl. Thomas/Putzo/Reichold, Vorbem, § 284 ZPO, Rz. 23 ff.
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465
K Rz. 466
Kundenschutz und Universaldienst
worden ist, Auskunft über den Namen und die ladungsfähige Anschrift desjenigen zu verlangen, der über eine dieser Rufnummern Dienstleistungen anbietet. Hinsichtlich des Erfordernisses des berechtigten Interesses kann auf Rz. 461 f. verwiesen werden. Die Auskunft umfasst Namen und ladungsfähige Anschrift und ist unentgeltlich zu erteilen. Allerdings besteht nach dem Wortlaut des S. 6 eine Pflicht zur unverzüglichen Bereitstellung bzw. eine Regelbereitstellungsfrist von 10 Werktagen nicht. Aus Kundenschutzgesichtspunkten ist aber davon auszugehen, dass die Auskunftserteilung nicht im zeitlichen Belieben des Zuteilungsnehmers liegt. Als Orientierung für die Bereitstellung kann hier die Frist von 10 Werktagen nach S. 4 herangezogen werden. Der Zuteilungsnehmer wiederum lässt sich anhand des Verzeichnisses der zugeteilten Rufnummern für innovative Dienste in der Gasse (0)12 auf der Homepage der BNetzA ermitteln1. 3.9 R-Gespräche (§ 66i TKG) 466
Der § 66i TKG enthält Regelungen für den Bereich der sog. R-Gespräche. Der Begriff des R-Gesprächs ist in Abs. 1 legal definiert. Hierunter werden Telefonverbindungen verstanden, bei denen dem Angerufenen das Verbindungsentgelt in Rechnung gestellt wird. Ferner legt der Abs. 1 fest, dass bei R-Gesprächen keine (Aus-)Zahlungen an den Anrufer erfolgen dürfen. Das Angebot von R-Gesprächsdiensten mit einer Zahlung an den Anrufer ist unzulässig. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass ähnlich wie bei Premium-Diensten oder Geteilte-Kosten-Diensten2 anderweitige Dienstleistungen über R-Gespräche abgerechnet werden3. Dies würde zu einer Umgehung der Exklusivität der unterschiedlichen Rufnummernbereiche führen und letztlich die Strukturierung des Nummernraums (§ 66 TKG) beeinträchtigen4. Ohne ein entsprechendes Verbot bestünde zudem die erhöhte Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung von R-Gesprächen durch unseriöse Anbieter.
467
Um den mit R-Gesprächen teilweise verbundenen Belästigungen bereits im Vorfeld zu begegnen, sieht der Abs. 2 zudem die Einführung einer zentralen Sperrliste für R-Gespräche bei der BNetzA vor. In diese Liste können sich Endkunden mit ihrer Rufnummer eintragen lassen, wenn sie keine R-Gespräche wünschen. Die Anbieter von R-Gesprächsdiensten sind dazu verpflichtet, die in der Liste eingetragenen Rufnummern für eingehende R-Gespräche zu sperren. Zu diesem Zweck stellt die BNetzA die Liste zum Abruf bereit. Der Teilnehmer muss sich nur einmal auf die Liste setzen lassen, um bei allen Anbietern für R-Gespräche gesperrt zu werden. Das heißt, er kann _______________
1 Siehe Homepage der BNetzA unter www.bundesnetzagentur.de, Nummernverwaltung, Rufnummerngasse (0)12. 2 Zu den Begriffen siehe unter Rz. 396 ff. 3 Vgl. Begr. zu § 66i TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 32. 4 Vgl. Beck TKG-Komm/Büning/Weißenfels, 3.Aufl., § 66 TKG, Rz. 9.
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Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG)
Rz. 470 K
dann generell keine R-Gespräche mehr empfangen. Die Regelung ist nach der Gesetzesbegründung notwendig, da einerseits viele Beschwerden zu R-Gesprächen eingehen, andererseits R-Gespräche im Zusammenhang mit den sog. Basis-Telefonen ihre Berechtigung haben1. Basis-Telefone sind rudimentär ausgestattete öffentliche Telefonstellen, die die bisher bekannten „Telefonhäuschen“ als öffentliche Telefonstellen ablösen2. Gerade bei öffentlichen Telefonstellen besteht ein Bedürfnis nach R-Gesprächen. Hierdurch wird sichergestellt, dass auch ohne entsprechende Zahlungsmittel Gespräche über öffentliche Telefonstellen geführt werden können. Mit der Aufnahme der Rufnummer in die Sperr-Liste können die Endkunden ihren Anbieter von Telekommunikationsdiensten beauftragen. Der § 66i Abs. 2 TKG gewährt den Endkunden insoweit einen gesetzlichen Anspruch gegen ihren jeweiligen Anbieter. Die Aufnahme in die Liste hat unentgeltlich zu erfolgen. Der Anbieter kann für die Weiterleitung des Sperrbegehrens an die BNetzA also kein Entgelt erheben. Etwas anderes gilt für die Löschung von der Liste. Dies kann nach Abs. 2 S. 3 kostenpflichtig sein. Das Entgelt hierfür muss aus Kundenschutzgesichtspunkten jedoch angemessen sein und sich an dem tatsächlich entstandenen Aufwand orientieren. Ist der Endnutzer in der Sperrliste eingetragen, erhält er aber dennoch R-Gespräche, ist er gemäß § 66g Ziffer 6 TKG zu einer Zahlung der Verbindungsentgelte nicht verpflichtet (siehe nachfolgend Rz. 478 ff.). Die Darlegungs- und Beweislast für eine Eintragung in der Sperrliste trägt der Endnutzer; zu Beweiszwecken wird er sich auf den Eintrag in der Sperrliste bei der BNetzA berufen können3.
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3.10 Rufnummerübermittlung (§ 66j TKG) Der § 66j TKG soll die Authentizität der über das Zeichengabeprotokoll übermittelten Anrufernummer sicherstellen4. Die Vorschrift dient damit dem Schutz vor einem Missbrauch des Zeichengabekanals bzw. des Zeichengabeprotokolls bei der Herstellung von Verbindungen.
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Zum besseren Verständnis der Vorschrift soll zunächst die Funktionsweise und Aufgabe des Zeichengabeprotokolls kurz skizziert werden: Im Rahmen des Zeichengabeprotokolls wird zum Zwecke des Aufbaus einer Telefonverbindung die Rufnummer des Anrufers an den angerufenen Anschluss übermittelt. Die Rufnummer wird dabei in aller Regel vom anrufernahen Anbieter von Telekommunikationsdiensten erzeugt, der die Verbindungen aufbaut. Sie kann aber auch vom Anrufer selbst vorgegeben werden. Die so übermittelte Rufnummer wird für Abrechnungszwecke, zur Rufnummernanzeige beim Angerufenen und im Zusammenhang mit der öffentlichen
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Vgl. Begr. zu § 66i TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 32. Vgl. Mitteilung Nr. 195/2000, Amtsblatt der BNetzA 2000, S. 1042. Beck TKG-Komm/Klees, 3. Aufl., § 66i TKG-E 2005 Rz. 21. Vgl. Begr. zu § 66j TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 32.
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K Rz. 471
Kundenschutz und Universaldienst
Sicherheit (Notruf, Fangschaltungen und mittelbar für Auskunftsersuchen und Überwachungsmaßnahmen) benötigt. Im Rahmen des Zeichengabeprotokolls besteht nun die Möglichkeit, die Anrufernummer zu manipulieren oder eine weitere Rufnummer (Generische Nummer) an den Angerufenen zu übermitteln1. Diese Möglichkeit wurde in der Vergangenheit vielfach dazu genutzt, dem Angerufenen eine „falsche“ Anrufernummer vorzuspiegeln. Der § 66j TKG zielt darauf ab, dieser Missbrauchsmöglichkeit einen Riegel vorzuschieben. 3.10.1 Authentizität der übermittelten Anrufernummer 471
Die Regelung soll sog. Ping- bzw. Lock-Anrufe verhindern2. Bei Ping-Anrufen wird die Verbindung nach einmaligem Klingeln automatisch unterbrochen. Im Telefon des Angerufenen wird als Anrufer eine Mehrwertdienstenummer hinterlassen, obwohl der Anruf von einer anderen Rufnummer aus getätigt wurde. Ziel ist es, den Endnutzer zu einem Rückruf der teuren Mehrwertdienste-Rufnummer zu provozieren. Diese Vorgehensweise setzt technisch eine Verfälschung des Zeichengabeprotokolls voraus, in dem die tatsächliche (wahre) Anrufernummer durch eine (falsche) Anrufernummer ersetzt wird3. Neben diesen Ping-Anrufen sind aber auch MissbrauchsSzenarien im Zusammenhang mit der Abrechnung von Diensten und im Zusammenhang mit der öffentlichen Sicherheit möglich, die ebenfalls an der Übermittlung einer verfälschten Rufnummer durch Veränderung des Zeichengabeprotokolls ansetzen4.
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Angesichts der vielfältigen Missbrauchsmöglichkeiten müssen Anbieter von Telekommunikationsdiensten sicherstellen, dass beim Verbindungsaufbau als „Anrufernummer“ eine vollständige national signifikante Rufnummer übermittelt und als solche gekennzeichnet wird. Die Rufnummer muss dem Teilnehmer für den Dienst zugeteilt sein, im Rahmen dessen die Verbindung aufgebaut wird. Der § 66j Abs. 1 S. 3 TKG stellt ferner klar, dass deutsche Rufnummern für Auskunftsdienste, Massenverkehrsdienste, Neuartige Dienste oder Premium-Dienste sowie Nummern für Kurzwahlsprachdienste nicht als Rufnummer im Zeichengabeprotokoll übermittelt werden dürfen. An der Verbindung beteiligten Anbietern ist es untersagt, übermittelte Rufnummern zu verändern (§ 66j Abs. 1 S. 4 TKG).
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Durch die Regelung werden automatisierte Rückrufbitten zu PremiumDiensterufnummern ebenso unzulässig, wie Identitätsdiebstahl und Tarifverschleierung5. In der Rufnummernanzeige dürfen nur solche Rufnum_______________
1 Begr. zu § 66j TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 32. 2 Vgl. Begr. zu § 66j TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 32. 3 Beispiel für einen typischen Sachverhalt bei VG Köln, Urt. v. 28.1.2005 – Az.: 11 K 3734/04. 4 Vgl. Begr. zu § 66j TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 32. 5 Vgl. Begr. zu § 66j TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 32.
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Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG)
Rz. 474 K
mern angezeigt werden, die für Dienste bereitgestellt sind, die abgehende Verbindungen ins Telefonnetz ermöglichen. Rufnummern für Auskunftsdienste, Massenverkehrsdienste, Neuartige Dienste, Premium-Dienste oder Kurzwahlsprachdienste gehören nicht zu diesen Diensten und dürfen als Anruferkennung im Zeichengabeprotokoll nicht verwandt werden. Die Einhaltung des § 66j TKG kann die BNetzA nach § 67 Abs. 1 TKG durchsetzen1. Ob der § 66j TKG darüber hinaus als Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB qualifiziert werden kann, muss angesichts des Wortlauts der Norm bezweifelt werden. Es fehlt insoweit an Anhaltspunkten, die für den Charakter als Verbotsgesetz sprechen2. Da der Missbrauch des Zeichengabeprotokolls aber in der Regel mit der Verwirklichung des strafrechtlichen Betrugstatbestandes nach § 263 StGB einhergeht, insbesondere bei Ping-Anrufen, ist das durch die provozierte Anwahl der teuren Rufnummern zu Stande kommende Rechtsgeschäft zumindest wegen des Verstoßes gegen ein Strafgesetz nach § 134 BGB nichtig3. Daneben stehen dem Endnutzer Schadensersatzansprüche nach § 823 BGB zur Seite. 3.10.2 Ausnahme für Kurzwahldienste Auf Initiative des Bundesrates hat der Gesetzgeber Kurzwahldienste von dem Übermittlungsverbot nach Abs. 1 S. 2 ausdrücklich ausgenommen4. Dies erfolgt im Hinblick auf die Verfahren nach § 45l Abs. 3 TKG und § 66c Abs. 1 S. 1 TKG (sog. Handshake-Verfahren, siehe oben Rz. 294 und Rz. 428). Denn durch die Übermittlung einer anderen als der zunächst vom Teilnehmer angewählten Kurzwahlnummer würde es dem Kunden in unverhältnismäßiger Weise erschwert, die erhaltenen Informationen dem angefragten Dienst zuzuordnen und sie letztlich zu bestätigten5. Die Ausnahme wurde in den neuen Abs. 2 aufgenommen, sie ist allerdings unglücklich formuliert. Teilnehmer dürfen danach weitere Rufnummern nur aufsetzen und in das öffentliche Telefonnetz übermitteln, wenn sie ein Nutzungsrecht an der entsprechenden Rufnummer haben. Deutsche Rufnummern für Auskunftsdienste, Massenverkehrsdienste, Neuartige Dienste oder Premium-Dienste sowie Nummern für Kurzwahlsprachdienste dürfen von Teilnehmern nicht als zusätzliche Rufnummern aufgesetzt werden und in das öffentliche Telefonnetz übermittelt werden. Aus dieser generalisierenden Formulierung soll sich im Umkehrschluss ergeben, dass insbesondere Kurzwahldienste als Absenderkennung übermittelt werden dürfen. _______________
1 Zu § 67 Abs. 1 TKG vgl. nachfolgend Rz. 486 ff. 2 Zu den Voraussetzungen eines Verbotsgesetzes vgl. Palandt/Heinrichs, § 134 BGB, Rz. 6 f. 3 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 134 BGB Rz. 24. 4 Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 359/06 (Beschluss), S. 15, Punkt 22. 5 Vgl. Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses, zu § 66j TKG, BT-Drucks. 16/3635, S. 53.
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K Rz. 475
Kundenschutz und Universaldienst
3.11 Internationaler entgeltfreier Telefondienst (§ 66k TKG) 475
Der § 66k TKG bestimmt, dass Anrufe bei (00)800er-Rufnummern für den Anrufer unentgeltlich sein müssen. Die Erhebung eines Entgeltes für die Inanspruchnahme eines Endgerätes bleibt unbenommen. Die Regelung setzt gemäß § 66 Abs. 2 TKG die Empfehlung der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) für internationale Freephonedienste in nationales Recht um (ITU-Empfehlung E.169). Hierdurch wird die entgeltfreie Erreichbarkeit dieser Nummernressource im Inland gewährleistet1. 3.12 Durchsetzung der Bestimmungen/Befugnisse der BNetzA
476
Um eine effektive Umsetzung und Durchsetzung der §§ 66a bis 66k TKG in der Praxis zu gewährleisten, sieht das TKG eine Reihe von Regelungen und Maßnahmen vor, die besondere Ermächtigungen und Befugnisse zu Gunsten der BNetzA normieren. Relevant ist insbesondere das Umgehungsverbot nach § 66l TKG, der Wegfall des Entgeltanspruchs nach § 66g TKG bei Nichteinhaltung der §§ 66a bis 66k TKG sowie die Berechtigung der BNetzA, die Endkundenpreise bei Mehrwertdiensten festzulegen. Hinzu kommt die generelle Ermächtigung der BNetzA nach § 67 Abs. 1 TKG, Anordnungen und andere geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und der von ihr erteilten Bedingungen über die Zuteilung von Nummern sicherzustellen. 3.12.1 Umgehungsverbot (§ 66l TKG)
477
Der § 66l TKG legt fest, dass die Vorschriften der §§ 66a bis 66k auch Anwendung finden, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden sollen. Die Regelung ist angesichts der vielfältigen Missbrauchsmöglichkeiten, die immer neue Varianten und Ausgestaltungen hervorbringen, gerechtfertigt. Das Umgehungsverbot entspricht dem § 306a BGB2. Eine Umgehung liegt vor, wenn eine vom Gesetz verbotene Regelung bei gleicher Interessenlage durch eine andere rechtliche Gestaltung erreicht werden soll, diese Gestaltung objektiv aber nur den Sinn haben kann, dem gesetzlichen Verbot zu entgehen3. Nach der Gesetzesbegründung ist eine Umgehung insbesondere dann anzunehmen, wenn Dienste entgegen ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung nach den Zuteilungsregeln genutzt werden4. 3.12.2 Wegfall des Entgeltanspruchs (§ 66g TKG)
478
Der § 66g TKG regelt wie bereits der § 43b Abs. 2 S. 5 TKG 1996 den Wegfall des Entgeltanspruches, wenn Kundenschutzvorgaben nicht eingehalten _______________
1 2 3 4
Vgl. Begr. zu § 66k TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 33. Vgl. Begr. zu § 66l TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 33. Vgl. Palandt/Heinrichs, § 306a BGB, Rz. 2. Vgl. Begr. zu § 66l TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 33.
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Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG)
Rz. 481 K
werden. Der Anspruch entfällt nicht nur, wenn der Kunde vor dem Beginn des Dienstes nicht ordnungsgemäß über den Preis informiert wurde (§ 66b TKG), sondern auch bei Verstößen gegen die §§ 66c bis 66i TKG. Die Vorschrift fasst zum Zweck der besseren Übersicht alle Fälle des Wegfalls des Entgeltanspruches zusammen1. Der Endnutzer ist zur Zahlung eines Entgeltes nicht verpflichtet, wenn und soweit –
(Nr. 1) nach Maßgabe des § 66b Abs. 1 TKG nicht vor Beginn der Inanspruchnahme oder nach Maßgabe des § 66b Abs. 2, 3 und 4 TKG nicht während der Inanspruchnahme des Dienstes über den erhobenen Preis informiert wurde,
–
(Nr. 2) nach Maßgabe des § 66c TKG nicht vor Beginn der Inanspruchnahme über den erhobenen Preis informiert wurde und keine Bestätigung des Endnutzers erfolgte,
–
(Nr. 3) nach Maßgabe des § 66d TKG die Preishöchstgrenzen nicht eingehalten wurden oder gegen die Verfahren zu Tarifierungen nach § 66d Abs. 2 Satz 2 und 3 verstoßen wurde,
–
(Nr. 4) nach Maßgabe des § 66e TKG die zeitliche Obergrenze zur Verbindungstrennung nicht eingehalten wurde,
–
(Nr. 5) Dialer entgegen § 66f Abs. 1 und 2 TKG betrieben wurden,
–
(Nr. 6) nach Maßgabe des § 66i Abs. 1 Satz 2 TKG R-Gesprächsdienste mit Zahlungen an den Anrufer angeboten werden, oder
–
(Nr. 7) nach Maßgabe des § 66i Abs. 2 TKG ein Tag nach Eintrag in die Sperr-Liste ein R-Gespräch zum gesperrten Anschluss erfolgt.
Die Regelung stellt eine wirksame Maßnahme zur Durchsetzung der gesetzlichen Kundenschutzvorschriften der §§ 66b bis 66i TKG dar, in dem sie verhindert, dass fragwürdige Anbieter aus ihrer Praxis auch noch Gewinn ziehen. Hat der Endnutzer trotz des Wegfalls des Entgeltanspruchs gezahlt, stehen ihm gegen den Anbieter Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß §§ 812 ff. BGB zu, da es wegen der Rechtsfolge des § 66g TKG am Rechtsgrund für die Zahlung fehlt.
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3.12.3 Auskunftsanspruch der BNetzA (§ 67 Abs. 1 S. 2 und 3 TKG) Im Rahmen des TKG-Änderungsgesetzes 2006 wurde der § 67 Abs. 1 TKG um eine ausdrückliche Ermächtigung der BNetzA zur Einholung von Auskünften erweitert. Dies wird für notwendig erachtet, um der BNetzA einen effektiven Vollzug des Gesetzes im Rahmen des § 67 TKG zu ermöglichen. Gleichzeitig wird die datenschutzrechtliche Zulässigkeit derartiger Auskunftsbegehren sichergestellt. Nach der Gesetzesbegründung hat die Praxis insoweit gezeigt, _______________
1 Vgl. Begr. zu § 66g TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 32.
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K Rz. 482
Kundenschutz und Universaldienst
„dass die Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage für die BNetzA zur Ermittlung von personenbezogenen Daten wie Namen und Anschrift von Nummernnutzern erforderlich ist. Im Zuge der Missbrauchsbekämpfung, bei allgemeinen Maßnahmen im Bereich der Nummerierung sowie im Regelgeschäft der Nummernverwaltung ist es vielfach erforderlich, dass die BNetzA gegenüber Nummerninhabern oder Nummernnutzern nach § 67 TKG und damit zum Vollzug des Gesetzes sowie zur Gebührenerhebung tätig wird. Bei Rufnummern, die abgeleitet zugeteilt werden, wie z. B. im Ortsnetzbereich, verfügt die BNetzA jedoch nicht über Name und Anschrift der Nummernnutzer bzw. Nummerninhaber. Um diese Informationen zu erlangen, bedarf es einer Rechtgrundlage mit einem hinreichend klaren Hinweis in der Vorschrift, dass sie auch die Abfrage personenbezogener Daten Dritter umfasst“1.
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Der § 67 Abs. 1 S. 2 TKG ermächtigt die BNetzA, die Betreiber von öffentlichen Telekommunikationsnetzen2 und die Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit3 zu verpflichten, Auskünfte zu personenbezogenen Daten wie Name und ladungsfähige Anschrift von Nummerninhabern und Nummernnutzern zu erteilen, soweit dies für den Vollzug des TKG, aufgrund des TKG ergangener Verordnungen oder auferlegter Bedingungen erforderlich ist. Das Auskunftsverlangen steht unter dem Vorbehalt, dass die Daten dem Unternehmen bekannt sind. Insbesondere kann die BNetzA Auskünfte zu personenbezogenen Daten verlangen, die für die einzelfallbezogene Überprüfung von Verpflichtungen erforderlich sind, wenn der Behörde eine Beschwerde vorliegt oder sie aus anderen Gründen eine Verletzung annimmt oder sie von Amts wegen Ermittlungen durchführt. Der S. 3 sieht vor, dass andere Regelungen von dieser Auskunftspflicht unberührt bleiben. 3.12.4 Festlegung von Preisen durch die BNetzA (§ 67 Abs. 2 TKG)
483
Der im Rahmen des TKG-Änderungsgesetzes 2006 neu eingeführte Abs. 2 des § 67 TKG ermächtigt die BNetzA, im Interesse der Preistransparenz von Amts wegen einheitliche Preise festzulegen. Voraussetzung ist, dass unterschiedliche Preise am Markt bestehen, weil der Teilnehmernetzbetreiber die Tarifhoheit hat (so z. B. bei (0)137er, (0)180er-Rufnummern). Durch die Regelung soll sichergestellt werden, dass dem Kunden bei Festnetzverbindungen ein bestimmter Preis angesagt werden kann4.
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Soweit für Premium-Dienste, Massenverkehrsdienste, Geteilte-KostenDienste oder Neuartige Dienste5 die Tarifhoheit bei dem Anbieter liegt, der den Teilnehmeranschluss bereitstellt6, und deshalb unterschiedliche Entgel_______________
1 Vgl. Begr. zu § 67 TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 27. 2 Zum Begriff des Betreibers eines Telekommunikationsnetzes vgl. oben Rz. 338 f. 3 Zum Begriff des Anbieters eines Telekommunikationsdienstes für die Öffentlichkeit vgl. oben Rz. 341 ff. 4 Vgl. Begr. zu § 67 Abs. 2 TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 27. 5 Zu den Begrifflichkeiten siehe oben unter Rz. 394 ff. 6 Siehe hierzu auch Rz. 414 f.
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Missbrauch von Mehrwertdiensten (§§ 66a bis 66l TKG)
Rz. 487 K
te für Anrufe aus den Festnetzen gelten würden, ist die BNetzA gemäß § 67 Abs. 2 TKG ermächtigt, den Preis für Anrufe aus den Festnetzen von Amts wegen festzulegen. Die Festlegung erfordert eine Anhörung der betroffenen Unternehmen, Fachkreise und Verbraucherverbände und muss zum Zwecke einer einheitlichen Preisangabe und Preisansage nach den §§ 66a und 66b TKG jeweils bezogen auf bestimmte Nummernbereiche oder Nummernteilbereiche erforderlich sein. Im Übrigen hat die BNetzA sicherzustellen, dass ausreichend frei tarifierbare Nummernbereiche oder Nummernteilbereiche verbleiben. Die festzulegenden Preise haben sich an den im Markt angebotenen Preisen für Anrufe aus den Festnetzen zu orientieren und sind in regelmäßigen Abständen zu überprüfen. Die festzulegenden Preise sind von der BNetzA zu veröffentlichen. Die Bestimmungen der §§ 16 bis 26 TKG bleiben von der Regelung unberührt. Die Gesetzesbegründung führt hierzu aus:
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„(…) Durch das Erfordernis der Beteiligung der Fachkreise und der Verbraucherverbände bei Festsetzung der Preise soll sichergestellt werden, dass den Belangen der Betroffenen Branche und der Verbraucherseite ausreichend und angemessen Rechnung getragen wird. Die Bundesnetzagentur orientiert sich bei der Preisfestsetzung an den Marktpreisen und der Zweckbestimmung der einzelnen Rufnummer (z. B. „GeteilteKosten.Dienste“). (…) Durch den Hinweis auf die Regelungen der §§ 16 bis 26 TKG wird gleichzeitig klargestellt, dass Fragen der Zugangsregulierung nicht Gegenstand dieser Regelung sind“1.
Es bleibt im Einzelnen abzuwarten, wann und wie die BNetzA das Verfahren nach § 67 Abs. 2 TKG nach dem Inkrafttreten des TKG-Änderungsgesetzes 2006 durchführen wird. 3.12.5 Maßnahmen der BNetzA nach § 67 Abs. 1 S. 1 TKG Im Rahmen der Nummernverwaltung ist die BNetzA gemäß § 67 Abs. 1 S. 1 TKG befugt, Anordnungen und andere geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und der von ihr erteilten Bedingungen über die Zuteilung von Nummern sicherzustellen. Nach S. 2 (wird im Rahmen des TKG-Änderungsgesetzes 2006 zu S. 4) kann die BNetzA bei Nichterfüllung von gesetzlichen oder behördlich auferlegten Verpflichtungen die rechtswidrig genutzte Nummer entziehen. Sie soll nach Satz 3 (wird im Rahmen des TKG-Änderungsgesetzes 2006 zu Satz 5) ferner im Fall der gesicherten Kenntnis von der rechtswidrigen Nutzung einer Rufnummer gegenüber dem Netzbetreiber, in dessen Netz die Nummer geschaltet ist, die Abschaltung der Rufnummer anordnen.
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Die Vorschrift ermöglicht der BNetzA die oben genannten Kundenschutzregeln der §§ 66a bis 66k TKG effektiv durchzusetzen. Sie kann gegen jeg-
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1 Vgl. Begr. zu § 67 Abs. 2 TKG, BT-Drucks. 16/2581, S. 32.
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K Rz. 488
Kundenschutz und Universaldienst
liche Verstöße bei der Nummernnutzung geeignete Maßnahmen treffen1. Von dieser Ermächtigung hat die Behörde in der Vergangenheit bereits mehrfach Gebrauch gemacht, wobei in den meisten Fällen ein Verstoß gegen das UWG oder gegen die §§ 43 a ff. TKG 1996 als gesetzliche Vorschriften im Raum standen. Neben der Entziehung der Rufnummer aufgrund des § 67 Abs. 1 S. 2 TKG kommt darüber hinaus ein Widerruf der Nummernzuteilung bzw. der Dialer-Registrierung gemäß §§ 48, 49 VwVfG in Betracht wegen Verstoßes gegen die Zuteilungs- oder Registrierungspflichten. Die Gerichte haben in diesem Zusammenhang bereits den Widerruf einer Nummernzuteilung o. ä. Maßnahmen2, Rücknahme einer Dialerregistrierung3 bis hin zum Verbot einer bestimmten Geschäftspraxis bzw. eines bestimmten Geschäftsmodells durch die BNetzA für zulässig erachtet4.
4. Universaldienst 488
Der Universaldienst dient der Gewährleistung einer flächendeckenden und ausreichenden Grundversorgung der Bevölkerung mit Telekommunikationsdienstleistungen. Die Universaldienstleistungspflicht ist sowohl grundrechtlich in Art. 87f Abs. 1 GG verankert als auch Gegenstand der RRL und der URL5. Durch den mit der Universaldienstpflicht verbundenen Infrastrukturauftrag soll verhindert werden, dass sich der Staat im Zuge der Privatisierung vollkommen aus dem Versorgungsauftrag zurückzieht und die Telekommunikation dem freien Spiel des Marktes überlässt6. Der Grundversorgungsauftrag als staatliche Leistungsgewähr zielt nicht auf eine optimale Infrastruktur ab, sondern bezweckt eine angemessene (Qualität), ausreichende (Quantität) und flächendeckende Bereitstellung von Telekommunikationsdienstleistungen zu erschwinglichen Preisen. Der verfassungsrechtliche Grundversorgungsauftrag ist im TKG als Regulierungsziel in § 2 Abs. 2 Nr. 5 TKG niedergelegt und in den §§ 78 ff. TKG näher konkretisiert worden. In der Praxis ist die Pflicht zur Erbringung eines Universaldienstes bisher nicht relevant geworden. Die BNetzA hat weder auf Basis des TKG 1996 noch auf Basis des neuen TKG ein Auferlegungsverfahren eingeleitet oder festgestellt, dass eine ausreichende Grundversorgung nicht (mehr) _______________
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Vgl. Begr. zu § 67 Abs. 1 TKG, BT-Drucks. 15/2316, S. 83. Für Ortsnetzrufnummern vgl. VG Köln, Urt. v. 3.3.2006 – Az.: 11 K 4217/05. Vgl. VG Köln, Urt. v. 18.3.2005, Az.: 11 K 7198/04. Vgl. VG Köln, Beschl. v. 29.6.2006 – Az.: 11 L 765/05. Vgl. Art. 1 Abs. 2 URL, wonach die URL ein Mindestangebot an Diensten mit definierter Qualität festlegt, zu denen alle Endnutzer (…) zu einem erschwinglichen Preis und unter Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen Zugang haben müssen. Der Art. 8 Abs. 4 lit. a) RRL beschränkt sich darauf, den „Zugang zum Universaldienst“ als regulatorische Aufgabe zu benennen und verweist sodann wegen der näheren Ausgestaltung auf die URL. 6 Gersdorf in: v. Mangoldt/Kein/Starck, Das Bonner Grundgesetz, Art. 87 f. Abs. 1 GG Rz. 49 ff.; Sachs/Windthorst, Art. 87 f., GG, Rz. 8.
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Universaldienst
Rz. 491 K
gewährleistet sei. Angesichts der eher geringen praktischen Bedeutung beschränkt sich die nachfolgende Darstellung auf die wesentlichen Grundzüge des Rechts der Universaldienstleistungen1. 4.1 Universaldienstleistungen (§ 78 TKG) Universaldienstleistungen stellen nach § 78 Abs. 1 TKG ein Mindestangebot an Diensten für die Öffentlichkeit dar, für die eine bestimmte Qualität festgelegt ist und deren Erbringung für die Öffentlichkeit als Grundversorgung unabdingbar geworden ist. Allen Endnutzern muss unabhängig von ihrem Wohn- oder Geschäftsort zu einem erschwinglichen Preis Zugang zu diesen Diensten gewährt werden. Die Legaldefinition der „Universaldienstleistung“ enthält damit die einfachgesetzliche Umsetzung des verfassungsrechtlichen Infrastrukturauftrags des Art. 87f Abs. 1 GG und dient gleichzeitig der Umsetzung von wesentlichen Teilen der URL2.
489
Der § 78 Abs. 2 TKG bestimmt im Einzelnen, welche Leistungen der Universaldienstpflicht unterliegen können. Es handelt sich um folgende Leistungen:
490
–
(Nr. 1) Anschluss an ein öffentliches Telefonnetz an einem festen Standort und Zugang zu öffentlichen Telefondiensten an festen Standorten;
–
(Nr. 2) Verfügbarkeit eines von der BNetzA gebilligten gedruckten öffentlichen Teilnehmerverzeichnisses (§ 104 TKG), das dem allgemeinen Bedarf entspricht und regelmäßig mindestens einmal jährlich aktualisiert wird;
–
(Nr. 3) Verfügbarkeit mindestens eines umfassenden öffentlichen Telefonauskunftsdienstes, auch für Nutzer öffentlicher Münz- und Kartentelefone, einschließlich der Netzkennzahl von Teilnehmern und ausländischer Anschlussinhaber;
–
(Nr. 4) flächendeckende Bereitstellung von öffentlichen Münz- oder Kartentelefonen3 an allgemeinen und jederzeit für jedermann zugänglichen Standorten entsprechend dem allgemeinen Bedarf;
–
(Nr. 5) Möglichkeit, von allen öffentlichen Münz- und Kartentelefonen unentgeltlich und ohne Verwendung eines Zahlungsmittels Notrufe mit den Nummern 112 und 110 durchzuführen.
Den allgemeinen Bedarf an Universaldienstleistungen stellt die BNetzA im Verfahren nach § 78 Abs. 4 TKG fest. Die Bedarfsfeststellung orientiert sich an den Bedürfnissen der Endnutzer, insbesondere hinsichtlich der geogra_______________
1 Ausführliche Kommentierung Berl.Komm/Mager, §§ 78 ff.; Beck TKG-Komm/ Cornils, 3. Aufl., §§ 78 ff. TKG. 2 Vgl. Berl.Komm/Mager, § 78 TKG, Rz. 4. 3 Vgl. Kriterien der BNetzA zur Sicherstellung einer flächendeckenden Bereitstellung von öffentlichen Telefonstellen, Mitteilung Nr. 136/2002 im Amtsblatt der BNetzA 2002, S. 400.
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K Rz. 492
Kundenschutz und Universaldienst
phischen Versorgung, der Zahl der Telefone, der Zugänglichkeit und der Dienstequalität1. 4.2 Verpflichtung zur Erbringung eines Universaldienstes 492
Die Auferlegung einer Pflicht zur Erbringung von Universaldienstleistungen vollzieht sich in zwei Verfahrensschritten. Zunächst ist eine Feststellung nach § 80 TKG erforderlich, dass eine Universaldienstleistung nicht ausreichend am Markt erbracht ist, bevor die BNetzA im Rahmen des § 81 TKG einem oder mehreren Unternehmen die Erbringung der Universaldienstleistung auferlegen kann2. Aus Verhältnismäßigkeitsgründen sind dabei die abgestuften Verfahrensvorgaben des § 81 TKG (freiwillige Erbringung, Ausschreibung, Auferlegung) einzuhalten. Der Kreis der möglichen Adressaten ergibt sich aus § 80 TKG. 4.2.1 Verpflichtung zur Erbringung des Universaldienstes (§ 80 TKG)
493
Voraussetzung für die Auferlegung ist, dass eine Universaldienstleistung nach § 78 TKG durch den Markt nicht ausreichend und angemessen erbracht wird oder zu besorgen ist, dass eine solche Versorgung (in Zukunft) nicht gewährleistet sein wird (sog. Unterversorgungstatbestand)3. Ist dies der Fall, ist jeder Anbieter, der auf dem jeweiligen sachlich relevanten Markt tätig ist und einen Anteil von mindestens 4 Prozent des Gesamtumsatzes dieses Marktes im Geltungsbereich dieses Gesetzes auf sich vereint oder auf dem räumlich relevanten Markt über eine beträchtliche Marktmacht verfügt, verpflichtet, dazu beizutragen, dass der Universaldienst erbracht werden kann.
494
Der § 80 TKG normiert damit die grundlegenden Voraussetzungen, bei deren Vorliegen das europarechtlich und verfassungsrechtlich verankerte Gewährleistungsregime in der Praxis ausgelöst wird. Die Rechtsfolge, zur Erbringung des Universaldienstes beizutragen, bleibt dabei abstrakt-generell. Das eigentliche Verfahren und die Befugnisse der BNetzA zur Auferlegung einer Universaldienstleistungsverpflichtung sind erst in den folgenden Bestimmungen geregelt4. Die tatsächliche Auferlegung eines Universaldienstes durch die BNetzA erfolgt aufgrund des § 81 TKG (hierzu Rz. 496 f.).
_______________
1 Im Einzelnen siehe Beck TKG-Komm/Cornils, 3. Aufl., § 78 TKG Rz. 45 f. 2 Vgl. auch Überblick zur Auferlegung eines Universaldienstes bei Schütz, Kommunikationsrecht, Rz. 532. 3 Zum Unterversorgungstatbestand im Einzelnen Beck TKG-Komm/Cornils, 3. Aufl., § 80 TKG Rz. 10 ff. 4 Vgl. Berl.Komm/Mager, § 80, Rz. 1; Beck TKG-Komm/Cornils, 3. Aufl., § 80 TKG Rz. 7 ff.
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Universaldienst
Rz. 497 K
Mögliche Adressaten der Universaldienstverpflichtung sind Anbieter, die auf dem jeweils sachlich relevanten Markt entweder einen Marktanteil von mindestens 4 % des Gesamtumsatzes dieses Marktes aufweisen oder auf dem räumlich relevanten Markt über beträchtliche Marktmacht verfügen1. Die sachliche Marktabgrenzung wird im Wesentlichen bereits durch die Definition der unterschiedlichen Universaldienste vorgenommen2. Darüber hinaus kann auf die Empfehlungen der Kommission zur Marktabgrenzung zurückgegriffen werden3. Die räumliche Marktabgrenzung hingegen erfolgt in Bezug auf eine gegebenenfalls nur räumlich begrenzte Unterversorgung. Die Abgrenzung ist nicht auf die räumliche Ausdehnung der Unterversorgung zu beschränken. Der räumliche Markt muss vielmehr einen besonderen Nähebezug haben zu dem Umkreis desjenigen Ortes, in dem die Unterversorgung auftritt oder droht4. Bei einer zu engen räumlichen Marktabgrenzung (beschränkt auf das Gebiet der Unterversorgung) besteht die Gefahr, dass ein Anbieter für die Bereitstellung der Universaldienstleistung nicht ermittelt werden kann5.
495
4.2.2 Auferlegung des Universaldienstes durch die BNetzA (§ 81 TKG) Die Auferlegung eines Universaldienstes durch die BNetzA gemäß § 81 TKG vollzieht sich wie folgt: Die BNetzA veröffentlicht nach Abs. 1 zunächst die Feststellung, auf welchem sachlich und räumlich relevanten Markt oder an welchem Ort eine Universaldienstleistung nicht angemessen oder ausreichend erbracht wird oder eine Unterversorgung zu befürchten ist. Sie kündigt im Rahmen der Veröffentlichung gleichzeitig an, nach den Vorschriften der §§ 81 bis 87 TKG vorzugehen, sofern sich innerhalb von einem Monat ab der Veröffentlichung kein Unternehmen bereit erklärt, den Universaldienst ohne Ausgleich zu erbringen.
496
Erklärt sich kein Unternehmen zur Erbringung der Universaldienstleistung bereit, hört die BNetzA in Vorbereitung ihrer Verpflichtungsentscheidung die für eine Auferlegung in Betracht kommenden Unternehmen an und entscheidet die Behörde sodann in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens, ob und inwieweit sie eines oder mehrere dieser Unternehmen verpflichten will, die Universaldienstleistung zu erbringen6. Im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung hat die BNetzA nach § 81 Abs. 2 S. 2 TKG zu berück-
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_______________
1 Zu den möglichen Adressatenkreis im Einzelnen Berl.Komm/Mager, § 80, Rz. 14 ff. 2 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 2 der Empfehlung der Kommission v. 11.2.2003, Amtblatt der EU 2003, Reihe L, S. 45 ff. 3 Empfehlung der Kommission zur Marktabgrenzung, Amtblatt der EU 2003, Reihe L, S. 45 ff. 4 Vgl. Beck TKG-Komm/Cornils, 3. Aufl., § 80 TKG Rz. 41 ff. 5 Vgl. Berl.Komm/Mager, § 80 TKG Rz. 19. 6 Zum Umfang der Ermessensausübung siehe Berl.Komm/Mager, § 81 TKG, Rz. 16 f.; Beck TKG-Komm/Cornils/Schütz, 3. Aufl., § 81 TKG Rz. 19 f.
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K Rz. 498
Kundenschutz und Universaldienst
sichtigen, dass durch die Verpflichtung die betroffenen Unternehmen gegenüber anderen Unternehmen nicht unbillig benachteiligt werden1. 498
Ist eine kostendeckende Erbringung des Universaldienstes nicht zu erwarten, hat die BNetzA die zu erbringende Universaldienstleistung gemäß den Abs. 3 und 4 zunächst auszuschreiben2, bevor sie das die Verpflichtung zur Erbringung des Universaldienstes auferlegt. Erst wenn durch das Ausschreibungsverfahren kein geeigneter Bewerber ermittelt werden konnte, darf die BNetzA das nach Abs. 2 bestimmte Unternehmen gemäß Abs. 5 verpflichten, die Universaldienstleistung nach Maßgabe des Gesetzes zu erbringen.
4.2.3 Finanzieller Ausgleich für Erbringung des Universaldienstes (§§ 82, 83 TKG) 499
Das verpflichtete Unternehmen erhält nach § 82 TKG einen finanziellen Ausgleich für die Erbringung des Universaldienstes. Der Umfang bzw. die Berechnung des Ausgleichs richtet sich danach, ob das Unternehmen die Universaldienstleistung im Rahmen einer Ausschreibung nach § 81 Abs. 3 TKG (freiwillig) erbringt, oder gemäß § 81 Abs. 5 TKG zur Erbringung verpflichtet wurde. Im Fall der Ausschreibung bestimmt sich der Ausgleich gemäß § 82 Abs. 1 TKG nach dem Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens. Im Fall der Auferlegung ermittelt die BNetzA den Ausgleich aus der Differenz zwischen den Kosten des verpflichteten Unternehmens für den Betrieb ohne Universaldienstleistung und den Kosten für den Betrieb unter Einhaltung der Universaldienstverpflichtung. Dieser Ausgleich wird allerdings nur gewährt, wenn die BNetzA nach § 81 Abs. 3 TKG feststellt, dass die ermittelten Kosten eine unzumutbare Belastung für das verpflichtete Unternehmen darstellen3.
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Die Finanzierung des Ausgleichs wird durch die Abgabepflicht in § 83 TKG sichergestellt, die sog. Universaldienstleistungsabgabe. Gewährt die BNetzA einen Ausgleich nach § 82 TKG, trägt jedes Unternehmen, das zur Erbringung des Universaldienstes nach § 80 TKG verpflichtet werden kann, zu diesem Ausgleich durch eine Universaldienstleistungsabgabe bei. Der Anteil bemisst sich nach dem Verhältnis des Umsatzes des jeweiligen Unternehmens zu der Summe des Umsatzes aller auf dem sachlich relevanten Markt tätigen Unternehmen, die zur Erbringung des Universaldienstes nach § 80 TKG verpflichtet werden können. Kann von einem abgabepflichtigen Unternehmen die Abgabe nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den
_______________
1 Zum Benachteiligungsverbot Beck TKG-Komm/Cornils/Schütz, 3. Aufl., § 81 TKG Rz. 19 f. 2 Zu den Einzelheiten siehe Berl.Komm/Mager, § 81 TKG, Rz. 19 f. 3 Beck TKG-Komm/Cornils/Schütz, 3. Aufl., § 81 TKG Rz. 24 ff.
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Universaldienst
Rz. 504 K
übrigen Verpflichteten nach dem Verhältnis ihrer Anteile zueinander zu leisten1. 4.3 Inhaltliche Ausgestaltung des Universaldienstes Die inhaltlichen Anforderungen an den Universaldienst ergeben sich im Wesentlichen aus den §§ 79, 84 und 86 TKG. Der § 79 TKG konkretisiert das Kriterium der Erschwinglichkeit des Dienstes und legt eine Preishöchstgrenze für Universaldienste fest. Der § 84 TKG enthält Regelungen zur Verfügbarkeit, Entbündelung und Qualität der Universaldienstleistungen, während der § 86 TKG die Möglichkeit vorsieht, die Erbringung der Universaldienstleistung von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen.
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4.3.1 Erschwinglichkeit der Preise (§ 79 TKG) Der Preis für die Universaldienstleistung nach § 78 Abs. 2 Nr. 1 TKG (Anschluss an ein öffentliches Telefonnetz an einem festen Standort und Zugang zu öffentlichen Telefondiensten an festen Standorten) gilt als erschwinglich, wenn er den realen Preis der Telefondienstleistungen nicht übersteigt, die von einem Privathaushalt außerhalb von Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern zum 1. Januar 1998 durchschnittlich nachgefragt wurden. Die zu diesem Zeitpunkt erzielten Leistungsqualitäten einschließlich Lieferfristen und die bis zum 31.12 des jeweiligen Vor-Vorjahres festgestellten Produktivitätsfortschritte werden berücksichtigt. Ausgangspunkt für die Preisberechnung ist die Durchschnittsrechung eines Privathaushalts außerhalb von Ballungsgebieten zum Zeitpunkt der Liberalisierung abzüglich eines Abschlags für Produktivitätsfortschritte, der von der BNetzA im Rahmen der Entgeltregulierung festgesetzt werden2.
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Hinsichtlich der Berechnung der Erschwinglichkeit bei den übrigen Universaldienstleistungen (§ 78 Abs. 2 Nr. 2 bis Nr. 5 TKG) wird auf den Tatbestand des § 28 TKG verwiesen. Danach sind insbesondere solche Preise nicht mehr erschwinglich, die nur aufgrund des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung bzw. aufgrund der Stellung als Anbieter von Universaldienstleistungen verlangt werden können3.
503
4.3.2 Verfügbarkeit, Entbündelung und Qualität (§ 84 TKG) Der § 84 TKG enthält Vorgaben, die sich unmittelbar auf das Angebot von Universaldiensten gegenüber Endnutzers auswirken. Nach Abs. 1 haben _______________
1 Zu den Einzelheiten der Abgabepflicht vgl. Berl.Komm/Mager, § 83 TKG; Beck TKG-Komm/Cornils/Schütz, 3. Aufl., § 83 TKG. 2 Vgl. Berl.Komm/Mager, § 79 TKG, Rz. 10; Beck TKG-Komm/Cornils/Schütz, 3. Aufl., § 79 TKG. 3 Beck TKG-Komm/Cornils/Schütz, 3. Aufl., § 79 Rz. 8 ff.
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504
K Rz. 505
Kundenschutz und Universaldienst
Endnutzer gegen Unternehmen, die Universaldienstleistungen erbringen, im Rahmen des Gesetzes und der Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen Anspruch darauf, dass diese Leistungen auch erbracht werden. Der Abs. 1 normiert zu Gunsten der Endnutzer damit einen Kontrahierungszwang zum Abschluss eines Vertrages, der die Erbringung von Universaldienstleistungen zum Gegenstand hat1. 505
Der Abs. 2 regelt das Gebot der Entbündelung. Danach haben Unternehmen Universaldienstleistungen so zu gestalten, dass Endnutzer nicht für Einrichtungen oder Dienste zahlen müssen, die nicht notwendig oder für den beantragten Dienst nicht erforderlich sind. Hierdurch soll verhindert werden, dass der Endnutzer mehr Leistungen abnehmen muss, als die Universaldienstleistung i. S. einer Grundversorgung nach § 78 TKG erfordert2.
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Der Abs. 3 beinhaltet schließlich Informations- und Veröffentlichungspflichten, um eine hinreichende Qualität der Universaldienstleistung sicherzustellen. Unternehmen, die Universaldienstleistungen erbringen, haben der BNetzA auf Anfrage angemessene und aktuelle Informationen über ihre Leistungen bei der Bereitstellung des Universaldienstes mitzuteilen und zu veröffentlichen. Bezüglich des Inhalts solcher Informationen verweist § 84 Abs. 3 S. 2 TKG auf die Qualitätsparameter in Anhang III der URL3. Die Regelung korrespondiert insoweit mit der Veröffentlichungspflicht nach § 45n TKG4. 4.3.3 Erbringung gegen Sicherheitsleistung des Endkunden (§ 86 TKG)
507
Nach § 86 TKG sind Anbieter von Telekommunikationsdiensten für die Öffentlichkeit, die nach § 81 TKG zur Erbringung von Universaldienstleistungen verpflichtet sind, berechtigt, Universaldienstleistungen an den Endnutzer von einer Sicherheitsleistung in angemessener Höhe abhängig zu machen. Voraussetzung ist, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Endnutzer seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt. Das gleiche gilt für Unternehmen, die Leistungen nach § 150 Abs. 9 TKG erbringen.
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Die Vorschrift will für den Anbieter einen Ausgleich für das Risiko des Zahlungsverzugs bzw. der fehlenden Kreditwürdigkeit des Endnutzers auf der einen Seite und der Pflicht zur Bereitstellung der Universaldienstleistung auf der anderen Seite schaffen. Denn der Anbieter ist selbst in Fällen _______________
1 Vgl. Schütz, Kommunikationsrecht, Rz. 530; Berl.Komm/Mager, § 84 TKG, Rz. 10; umfassend Wolf, Der Kontrahierungszwang im deutschen Telekommunikationsrecht, 2001. 2 Vgl. Berl.Komm/Mager, § 84 TKG, Rz. 11 f.; Beck TKG-Komm/Cornils, 3. Aufl., § 84 TKG Rz. 15 ff. 3 Zum Inhalt von Anhang III URL vgl. oben Rz. 28. 4 Zu § 45n TKG siehe oben Rz. 23 ff.
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Rz. 510 K
Allgemeine Geschäftsbedingungen und Kundenschutzvorgaben des TKG
fehlender Kreditwürdigkeit zum Abschluss eines Vertrages über die Universaldienstleistung nach § 84 Abs. 1 TKG verpflichtet und muss die Universaldienstleistung insbesondere auch bei Zahlungsverzug etc. aufrechterhalten1. Als angemessene Sicherheit gilt nach Abs. 2 ein Betrag in Höhe des Bereitstellungspreises zuzüglich des sechsfachen Grundpreises. Eine Anforderung höherer Beiträge ist gegenüber dem Endnutzer anhand der Umstände des Einzelfalls zu begründen. Die Sicherungsmittel (Bürgschaftserklärung/ Hinterlegung von Geld) ergeben sich aus § 86 Abs. 1 S. 2 TKG. Die Sicherheitsleistung ist unverzüglich zurückzugeben oder zu verrechnen, sobald die Voraussetzungen für die Stellung der Sicherheit weggefallen sind2.
5. Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Kundenschutzvorgaben des TKG Allgemeine Geschäftsbedingungen und Kundenschutzvorgaben des TKG
Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist ein weiterer zentraler Bestandteil des Kundenschutzes im Bereich der Telekommunikation. Zum einen soll es die Verbraucher vor missbräuchlichen und unangemessenen Klauseln in Formularverträgen schützen3, zum anderen werden die Kundenschutzvorgaben des TKG in der Regel durch Allgemeine Geschäftsbedingungen umgesetzt. Telekommunikationsdienstleistungen stellen standardisierte Produkte für den Massenverkehr dar, die ohne die Verwendung von Formularverträgen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht bewältigt werden können. Die Vereinheitlichung der Vertragsbeziehungen, die damit verbundene Rationalisierung des Vertragsabschlusses sowie die Vereinheitlichung der Vertragsabwicklung (einheitliche Bereitstellungszeiten, Verfügbarkeit, Haftung, Gewährleistung u. ä.) wären ohne Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht denkbar4. Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist in den §§ 305 bis 310 BGB geregelt. Zentrale Vorschriften sind die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB sowie die Klauselverbote mit und ohne Wertungsmöglichkeit nach §§ 308, 309 BGB. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die gebräuchlichsten Klauseln und AGB-rechtlichen Fragestellungen, die bei Verträgen über Telekommunikationsdienstleistungen relevant werden können.
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5.1 Allgemeine Grundlagen Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß § 305 Abs. 1 BGB für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Ver_______________
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Vgl. Berl.Komm/Mager, § 86 TKG, Rz. 1. Beck TKG-Komm/Cornils/Schütz, 3. Aufl., § 86 TKG Rz. 7 ff. Vgl. Palandt/Heinrichs, Überbl v § 305 BGB, Rz. 7. Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10 Aufl., Einl. Rz. 4.
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K Rz. 511
Kundenschutz und Universaldienst
trages stellt. Gleichgültig ist dabei, ob die Bedingungen äußerlich einen gesonderten Bestandteil des Vertrages bilden oder in der Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden. Ebenso ist unerheblich, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat1. Im Bereich der allgemeinen Grundlagen ist aus Sicht der Vertragspraxis die Frage der wirksamen Einbeziehung der AGB, die Besonderheiten bei Verbraucherverträgen sowie die Anwendbarkeit im unternehmerischen Geschäftsverkehr relevant. Hierauf beschränkt sich die nachfolgende Darstellung der allgemeinen Grundlagen. 5.1.1 Einbeziehung von AGB 511
Die Frage der wirksamen Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen richtet sich nach § 305 Abs. 2 BGB, es sei denn, die vereinfachten Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305a BGB finden Anwendung2. Grundsätzlich muss der Vertragspartner bei Vertragsschluss vom Verwender ausdrücklich oder durch einen deutlich sichtbaren Aushang auf die AGB hingewiesen worden sein und sich mit deren Geltung einverstanden erklärt haben. Gleichzeitig muss der Vertragspartner vor Abschluss des Vertrages die Möglichkeit erhalten haben, von dem Inhalt der AGB in zumutbarer Weise Kenntnis zu erlangen. 5.1.1.1 Grundsätzliche Einbeziehungsvoraussetzungen in der Praxis
512
Für die wirksame Einbeziehung der AGB ist ein ausdrücklicher Hinweis des Verwenders erforderlich, dass der Vertrag unter Verwendung seiner AGB geschlossen werden soll. Der Hinweis kann schriftlich oder mündlich erfolgen. In der Regel ist er in dem vom Verwender vorformulierten Auftragsformular enthalten. Wegen der geforderten Ausdrücklichkeit muss er aber so angeordnet und gestaltet sein, dass er von einem Durchschnittskunden auch bei flüchtiger Betrachtung nicht übersehen werden kann3. Nicht ausreichend ist ein verstreckter oder widersprüchlicher Hinweis oder der bloße Abdruck der AGB auf der Vertragsrückseite4. Der ausdrückliche Hinweis ist auch dann erforderlich, wenn die Verwendung von AGB verkehrs- oder branchenüblich ist5. Der Hinweis muss bei Vertragsschluss gegeben werden, d. h. im Zusammenhang mit der Erklärung, die zum Abschluss des konkreten Vertrages führt. Der Hinweis auf einen vor dem Zustandekommen des Vertrages zu ziehenden Parkschein kann ausreichend sein6. Ist ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter _______________
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Im Einzelnen Palandt/Heinrichs, Kommentierung zu § 305 BGB. Siehe Rz. 518 ff.; Palandt/Heinrichs, § 305a BGB, Rz. 1 ff. BGH, NJW-RR 1987, 113. Vgl. Palandt/Heinrichs, § 305 BGB, Rz. 29. Vgl. Palandt/Heinrichs, § 305 BGB, Rz. 30. LG Frankfurt am Main, NJW-RR 1988, 955.
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Allgemeine Geschäftsbedingungen und Kundenschutzvorgaben des TKG
Rz. 515 K
unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich, genügt ausnahmsweise ein deutlich sichtbarer Aushang am Orte des Vertragsschlusses, der auf die Geltung von AGB hinweist1. Im Bereich der Telekommunikation ist dies vor allem bei Internet-Cafes bzw. Callshops relevant. Der Verwender muss dem Kunden die zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme bei Vertragschluss verschaffen. Bei einem Vertragsschluss unter Anwesenden muss der Verwender die AGB vorlegen oder die Vorlage anbieten2. Bei einem ausdrücklichen Hinweis auf die AGB genügt, dass die AGB zur Einsicht in den Geschäftsräumen aushängen oder ausliegen. Bei einem Vertragschluss unter Abwesenden kann die erforderliche Kenntnisnahme dagegen nur durch Übersendung der vollständigen AGB erfüllt werden3.
513
Bei Angeboten via Internet muss der Verwender darauf hinweisen, dass AGB in den Vertrag einbezogen werden sollen. Die bloße Einblendung der AGB genügt nur, wenn sie dem Kunden eine kritische Prüfung der Geschäftsbedingungen erlaubt4. Umfangreiche Klauselwerke können über den Bildschirm nicht mehr in zumutbarer Weise zur Kenntnis genommen werden5. Dies ist nur möglich, wenn der Kunde die Möglichkeit hat, die AGB herunterzuladen, lokal zu speichern und/oder auszudrucken6. Beim Vertragsschluss im Internet sind zudem die Vorschriften zum Fernabsatz (§ 312b BGB) sowie die Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr (§ 312e BGB) zu berücksichtigen.
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Zur Verschaffung einer zumutbaren Möglichkeit der Kenntnisnahme gehört ferner, dass der AGB-Text dem Kunden in verständlicher und lesbarer Form zugänglich gemacht wird. Für die Verständlichkeit ist erforderlich, dass ein rechtsunkundiger Durchschnittskunde in der Lage ist, den Regelungsinhalt der AGB zu verstehen; dabei sind je nach Geschäftsart und Kundenkreis durchaus auch gruppentypische Differenzierungen möglich7. Zur Verständlichkeit gehört ein Mindestmaß an Übersichtlichkeit und ein im Verhältnis zur Bedeutung des Geschäfts verhältnismäßiger Umfang des AGB-Klauselwerks8. Die AGB müssen für eine Durchschnittskunden gut lesbar sein. Der Bereich des Zumutbaren wird erst dann überschritten, wenn die AGB wegen Art oder Größe des Schriftbilds nur mit Mühe zu entziffern sind9. Nur Regelungen, die diesem Transparenzgebot entsprechen, werden Vertrags-
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Vgl. Palandt/Heinrichs, § 305 BGB, Rz. 31 a. E. LG Anspach, NJW-RR 1990, 564. Palandt/Heinrichs, § 305 BGB, Rz. 35. OLG Köln, NJW-RR 1998, 1277 (sieben Bildschirmseiten noch zumutbar). Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 305 Rz. 149a m. w. N. Palandt/Heinrichs, § 305 BGB, Rz. 38; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, 10. Aufl., § 305 BGB Rz. 149a. 7 Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 305 Rz. 151 m. w. N. 8 Palandt/Heinrichs, § 305 BGB, Rz. 39. 9 Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 305 Rz. 154 m. w. N.
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K Rz. 516
Kundenschutz und Universaldienst
inhalt. Die Einbeziehung unklarer oder für einen Durchschnittskunden unverständliche Klauselwerke oder Regelungen scheitert bereits an § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB1. 516
Weitere Voraussetzung einer wirksamen Einbeziehung ist das Einverständnis des Kunden mit der Geltung der AGB. Eine ausdrückliche Zustimmung ist nicht erforderlich, eine konkludente Annahme der AGB ist ausreichend. Die Annahme ist in der Regel zu bejahen, wenn es nach vorheriger Erfüllung der Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB zum Vertragsschluss kommt. Ist der Kunde mit der Geltung der AGB nicht einverstanden, so muss er dies im Regelfall ausdrücklich erklären2. 5.1.1.2 Einbeziehung bei Verträgen über Telefondienste
517
Verträge über die Erbringung von Telefondienstleistungen werden meist unter der Verwendung von vorgedruckten Auftragsformularen der Anbieter geschlossen. Der Endnutzer erhält vom Anbieter ein entsprechendes Auftragsformular, auf dem sich ein deutlicher, den Anforderungen des § 305 Abs. 2 Nr. 1 genügender Hinweis auf die Einbeziehung der AGB findet. Zudem sind die AGB dem Auftragsformular im Regelfall bereits beigefügt, so dass hierdurch auch eine zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme i. S. d. § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB sichergestellt ist. Bei der Bereitstellung entsprechender Vertragsunterlagen handelt es sich in aller Regel noch nicht um ein rechtstechnisch verbindliches Angebot des Anbieters, sondern um eine unverbindliche „invitatio ad offerendum“3. Unter Verwendung des Auftragsformulars unterbreitet erst der Endnutzer dem Anbieter sodann ein Angebot auf Abschluss eines Vertrages über die Erbringung des von ihm gewünschten Telefondienstes. Durch diese, in der Regel vorbehaltslose Angebotsunterbreitung, erklärt sich der Endnutzer zumindest konkludent mit der Geltung der AGB des Anbieters einverstanden. Der Vertragsschluss kommt mit der Annahmeerklärung durch den Anbieter zustande, die häufig ebenfalls konkludent mit Bereitstellung und/oder Erbringung der vereinbarten Leistung erfolgt. Ist das Angebot des Kunden zumindest konkludent auf die Einbeziehung der AGB des Verwenders gerichtet und hatte der Kunde die zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme, ist dem Erfordernis eines ausdrücklichen Hinweises genügt4. Die AGB werden wirksam in das Vertragsverhältnis einbezogen.
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1 Palandt/Heinrichs, § 305 BGB, Rz. 41; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, 10. Aufl., § 305 Rz. 150. 2 Palandt/Heinrichs, § 305 BGB, Rz. 43; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, 10. Aufl., § 305 Rz. 161. 3 Siehe hierzu auch Rz. 538. 4 Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 305 Rz. 132 und 156.
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Allgemeine Geschäftsbedingungen und Kundenschutzvorgaben des TKG
Rz. 519 K
5.1.1.3 Erleichterte Einbeziehung – Ausnahmetatbestand § 305a Nr. 2 lit. b. BGB Bei Verträgen über Telekommunikationsdienstleistungen, die unter unmittelbarer Verwendung von Fernkommunikationsmitteln und während der Erbringung einer Telekommunikationsdienstleistung in einem Mal erbracht werden, kann gemäß § 305a Nr. 2 lit. b) BGB von den Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB abgewichen werden. Die entscheidenden Voraussetzungen für eine erleichterte Einbeziehung sind, dass –
die Dienstleistung unmittelbar in einem Mal durch den Einsatz der Fernkommunikationsmittel erbracht wird, und
–
die Kenntnisverschaffung der AGB nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, und
–
die entsprechenden AGB im Amtsblatt der BNetzA veröffentlicht und in den Geschäftsstellen des Kunden zur Einsichtnahme bereitliegen.
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Die Tatsache allein, dass es sich bei dem Erbringen von Telekommunikationsdienstleistungen um ein Massengeschäft handelt, rechtfertigt keine generelle Ausnahme von den Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB1. Die erste Voraussetzung liegt nach der Begründung zu § 305a Nr. 2 lit. b BGB nicht nur bei Vertragsschlüssen im sog. Call-by-Call-Verfahren vor, also beim Fehlen einer Dauerverbindung des Telefonkunden mit dem jeweiligen Anbieter von Telekommunikationsdiensten, sondern auch bei Verträgen über sog. Mehrwert- und Informationsdienste, bei denen die – jeweils einmalige, mit der Telefonverbindung zeitlich zusammenfallende – Gegenleistung des AGB-Verwenders in der Erbringung bestimmter Dienste oder Auskünfte besteht2. In derartigen Fällen wird vermutet, dass die zweite Voraussetzung (unverhältnismäßige Schwierigkeit eines Zugänglichmachens der AGB) aufgrund von Art und Gegenstand des Vertragsschlusses ebenfalls gegeben ist3. Weitere Voraussetzung für die erleichterte Einbeziehung gemäß § 305a Nr. 2 BGB ist, wie bereits angesprochen, dass der Anbieter die von ihm verwendeten AGB im Amtsblatt der BNetzA veröffentlicht und auch in seinen Geschäftsstellen zur Einsichtnahme durch den Kunden bereithält4. Der § 305a Nr. 2 BGB privilegiert im Gegensatz zur seiner Vorgängerregelung § 23 AGBG allerdings nicht mehr jede AGB von Anbietern von Telekommunikationsdienstleistungen, die im Amtsblatt veröffentlicht sind. Die Regelung ist entsprechend Nr. 2 lit. b auf Dienstleistungen beschränkt, die unmittelbar durch Einsatz von Fernkommunikationsmitteln und während _______________
1 BT-Drucks. 14/6040, S. 152; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 305a BGB Rz. 13. 2 Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 305a BGB Rz. 15. 3 BT-Drucks. 14/6040, S. 155. 4 Im Einzelnen bei Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 305a BGB Rz. 16 ff.
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der Erbringung einer Telekommunikationsdienstleistung in einem Mal erbracht werden1. Die amtliche Begründung sieht in der bloßen Tatsache, dass ein Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen ein Massengeschäft betreibt, keinen Grund, auf die Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB zu verzichten. Auch die Veröffentlichung im Amtsblatt rechtfertige eine allgemeine Ausnahme nicht, da den Kunden das Amtsblatt regelmäßig nicht zur Verfügung stehe und ihm ein Aufsuchen der Geschäftsstellen des Verwenders nicht zuzumuten sei2. Anbieter, die die Tatbestandsvoraussetzungen des § 305a Nr. 2 lit. b) BGB nicht erfüllen, müssen ihre Kunden anschreiben und ihnen die AGB übersenden3. 520
Bezüglich der Möglichkeit der Einsichtnahme der AGB in den Geschäftsstellen des Verwenders ist anzumerken, dass der Begriff „Geschäftsstelle“ weit zu verstehen ist und alle diejenigen Orte umfasst, an denen der Anbieter regelmäßig Rechtsgeschäfte mit seinen Kunden abschließt4. Zur Frage was unter dem Begriff „AGB bereithalten“ zu verstehen ist, hat sich der BGH zur Vorgängerregelung des § 23 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) AGBG dahingehend geäußert, dass eine Einbeziehung nicht schon daran scheitert, dass im konkreten Fall in einer5 Geschäftsstelle kein Exemplar der AGB zur Verfügung gestanden habe6. Vielmehr sei es als ausreichend zu erachten, dass der Anbieter die „erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen“ dafür getroffen habe, dass eine flächendeckende Versorgung der Geschäftsstellen mit den AGB erreicht worden sei7. Diese Entscheidung blieb nicht ohne Kritik8. Ob die Rechtsprechung des BGH auch auf die neue Rechtslage übertragbar ist, muss von den Gerichten erst noch entschieden werden. Zwar mag für eine solche Übertragbarkeit die weiterhin unveränderte Interessenlage des Telekommunikationsanbieters sprechen. Doch die Intention des Gesetzgebers, der die Einbeziehungsvoraussetzungen für AGB in der Telekommunikationsbranche gegenüber der Vorgängerregelung bewusst verschärft hat, steht im deutlichen Widerspruch hierzu. Folglich ist eine Präjudizwirkung der genannten Entscheidung fraglich9.
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Palandt/Heinrichs, § 305a BGB, Rz. 1. BT-Drucks. 14/6040, S. 152. Struck, MMR 2002, 601. Schulz, CR 1998, 213 (215). In dem zugrunde liegenden Sachverhalt konnte sogar auf Nachfrage hin in drei Geschäftsstellen kein Exemplar der AGB zur Verfügung gestellt werden. BGH, NJW 1998, 3188. BGH, NJW 1998, 3188 (3190). Siehe beispielsweise: Michalski/Bauriedl, CR 1998, 657. Kritisch zur Entscheidung des BGH: v. Westphalen, NJW 2002, 12 (15), der zudem auf den Wortlaut der Vorschrift („bereitgehaltene AGB“) als zusätzliches Argument verweist.
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Allgemeine Geschäftsbedingungen und Kundenschutzvorgaben des TKG
5.1.1.4 Erleichterte Einbeziehung nach dem früheren § 23 AGBG Die nach § 23 Abs. 1 Nr. 1a AGBG bestehende Möglichkeit einer erleichterten Einbeziehung von AGB ist mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz entfallen. Danach fand der § 2 AGBG (Einbeziehung von AGB in den Vertrag, nunmehr § 305 Abs. 2 BGB) keine Anwendung auf die AGB und Entgelte für Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit, sofern diese mit ihrem Wortlaut im Amtsblatt der BNetzA veröffentlicht wurden und bei den Geschäftsstellen der Anbieter zur Einsichtnahme bereitlagen. Der Gesetzgeber begründet den Wegfall dieser Privilegierung im Kern mit dem Grundsatz der Gleichberechtigung gegenüber anderen Branchen, die fernmündliche Massengeschäfte nur unter den engen Einbeziehungsvoraussetzungen des bisherigen § 2 AGBG abschließen konnten. Die Veröffentlichung der AGB im Amtsblatt der Regulierungsbehörde rechtfertige die bisherige Privilegierung nicht mehr. Für den Kunden bedeute die bloße Veröffentlichung im Amtsblatt einen erheblichen Verlust an Transparenz, da ihm in aller Regel das Amtblatt der Regulierungsbehörde nicht zur Verfügung stehe. Die Geschäftsstellen seines Anbieters würde der Kunde normalerweise nicht aufsuchen, da zumeist eine telefonische, briefliche oder elektronische Kommunikation ausreichend sei1. Eine erleichterte Einbeziehung bei Telekommunikationsdienstleistungen ist daher nur noch in den engen Voraussetzungen des § 305a Nr. 2b BGB möglich (siehe oben).
521
5.1.2 Besonderheiten bei Verbraucherverträge Bei Verträgen mit Verbrauchern ist der § 310 Abs. 3 BGB zu beachten. Verbraucher ist gemäß § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Juristische Personen werden vom Verbraucherbegriff nicht erfasst2 und unterfallen nicht in den Schutzbereich des § 310 Abs. 3 BGB3. Die Darlegungs- und Beweislast für die Verbrauchereigenschaft, d. h. des weder gewerblichen noch selbstständigen beruflichen Berufszwecks, obliegt dem Kunden, der sich auf das Eingreifen von § 310 Abs. 3 BGB beruft4. Die Vorschrift sieht folgende Verbraucher schützende Erleichterungen vor:
522
5.1.2.1 Fiktion einer Vielzahl von Verwendungen (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB) Der § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB fingiert, dass AGB vom Unternehmer gestellt worden sind, es sei denn, der Verbraucher hat diese in den Vertrag eingeführt. Die Nr. 1 betrifft damit das Tatbestandsmerkmal des Stellens nach _______________
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BT-Drucks. 14/6040, S. 152. Palandt/Heinrichs, § 13 BGB, Rz. 2. Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 310 BGB Rz. 56. Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 310 BGB Rz. 64.
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Kundenschutz und Universaldienst
§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB ohne aber in der Praxis besondere Bedeutung zu erlangen. Denn in aller Regel handelt es sich bei den zwischen Unternehmern und Verbrauchern geschlossenen Verträgen ohnehin um AGB i. S. v. § 305 Abs. 1 BGB, die vom Unternehmen gestellt werden, so dass das AGB-Recht auch ohne die Sondervorschrift des § 310 Abs. 3 BGB auf sie Anwendung finden würde. Eine eigenständige Bedeutung erlangt der § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB nur durch seine Erweiterung auf sog. Drittbedingungen. Hierunter werden AGB verstanden, die nicht auf Verlangen des Verwenders, sondern auf Vorschlag eines Dritten (z. B. eines Notars oder Maklers) Vertragsinhalt geworden sind1. Derartige Bedingungen führen zum Eingreifen des AGBRechts unabhängig davon, ob der Vorschlag zur Einbeziehung der vorformulierten Bedingungen vom Unternehmer oder aber von einem ohne seine Veranlassung bzw. seinem Auftrag tätigen Dritten ausgegangen ist, dessen Handeln ihm ohne die Fiktion von Nr. 1 nicht zuzurechnen wäre2. 5.1.2.2 Vorformulierte Einzelverträge (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB) 524
Der § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB regelt, dass die wesentlichen Schutzvorschriften des AGB-Rechts (§§ 305c Abs. 2, 306, 307 bis 309 BGB) im Bereich der Verbraucherverträge selbst dann Anwendung finden, wenn vorformulierte Vertragsbedingungen nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Die Vorschrift erweitert somit den Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle und sonstiger Vorschriften des AGBRechts auf vorformulierte Einzelverträge, in dem sie auf das Merkmal der Vielzahl verzichtet3. Vorformulierung setzt voraus, dass dem Verbraucher vor Abschluss des Vertrags an Stelle einer gemeinsam ausgehandelten Fassung ein ganz oder in Teilen einseitig vorformulierter Entwurf von Vertragsbedingungen vorgelegt wird, auf den sich die Parteien sodann verständigen. Ausreichend ist, dass die Vertragsbedingungen nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind. Das Tatbestandsmerkmal einer fehlenden Einflussmöglichkeit ergibt sich typischerweise aus der Vorformulierung4. Allerdings dürfen hieran nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden. Für das Bestehen einer ausreichenden Einflussmöglichkeit des Verbrauchers genügt die vom Unternehmen ausdrücklich oder konkludent signalisierte, ernsthaft gemeinte Bereitschaft, auf Änderungswünsche des Verbrauchers einzugehen, auch wenn der Verbraucher hiervon keinen Gebrauch macht5. Die Darlegungs- und Beweislast für die Vorformulierung und die fehlende Ein-
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1 2 3 4 5
Vgl. Palandt/Heinrichs, § 310 BGB, Rz. 12. Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 310 BGB Rz. 69. Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 310 BGB Rz. 79. Palandt/Heinrichs, § 310 BGB, Rz. 17. Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 310 BGB Rz. 85.
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Allgemeine Geschäftsbedingungen und Kundenschutzvorgaben des TKG
flussmöglichkeit trifft den Verbraucher, der sich zu seinem Schutz auf das Eingreifen von § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB beruft1. 5.1.2.3 Modifikation der Inhaltskontrolle (§ 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB) Der § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB modifiziert die Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB. Danach sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. Die Inhaltskontrolle von Verbraucherverträgen wird hierdurch über die nach § 307 BGB vorherrschende generell-abstrakte Beurteilung2 hinaus auf bestimmte konkret-individuelle Umstände ausgedehnt3. Beispiele für berücksichtigungsfähige Begleitumstände ergeben sich aus Erwägungsgrund 16 der Richtlinie 93/13/EWG4. Danach ist besonders zu berücksichtigen, „welches Kräfteverhältnis zwischen den Verhandlungspositionen der Parteien bestand, ob auf den Verbraucher in irgendeiner Weise eingewirkt wurde, seine Zustimmung zu der Klausel zu geben, und ob die Güter oder Dienstleistungen auf eine Sonderbestellung des Verbrauchers hin verkauft bzw. erbracht wurden“. Die Prüfung der Umstände wirkt sich dabei nicht nur zugunsten der Verbraucher, sondern auch zugunsten der Klausel-Verwender aus. Sie kann Bedenken gegen eine Klausel so verstärken, dass diese der Inhaltskontrolle nicht standhält; sie kann Bedenken aber auch so abschwächen, dass eine Anwendung des § 307 BGB entfällt5. Der § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB gilt nach seinem Wortlaut für die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB. Daneben können die Begleitumstände aber auch bei der Anwendung der unbestimmten Rechtsbegriffe des § 308 BGB berücksichtigt werden, nicht aber im Rahmen des § 309 BGB6. Die Darlegungsund Beweislast für die Umstände, die für eine Unwirksamkeit der Klausel sprechen, obliegt auch hier dem Verbraucher7.
525
5.1.3 Verwendung von AGB im Unternehmensverkehr Gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen ist das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur eingeschränkt anwendbar. Nach _______________
1 Palandt/Heinrichs, § 310 BGB, Rz. 17; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, § 310 BGB Rz. 89. 2 Palandt/Heinrichs, § 307 BGB, Rz. 4. 3 Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 310 BGB Rz. 93; Palandt/Heinrichs, § 310 BGB, Rz. 19. 4 Vgl. Richtlinie 93/13/EWG v. 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen. 5 Vgl. OLG Frankfurt am Main noch zu § 24a Nr. 3 AGBG, NJW-RR 2001, 780 (781); Palandt/Heinrichs, § 310 BGB, Rz. 21; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, § 307 BGB Rz. 410 ff. 6 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 310 BGB, Rz. 20. 7 Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 BGB, Rz. 412.
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Kundenschutz und Universaldienst
§ 310 Abs. 1 BGB unterliegen die AGB nicht den strengen Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 und 3 BGB, zum andern finden die Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen nicht uneingeschränkt Anwendung. Der S. 2 des § 310 Abs. 1 BGB schreibt allerdings vor, dass die Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB im Verhältnis zwischen Unternehmen zumindest im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB berücksichtigt werden müssen. Hieraus ergibt sich, dass die Wertungen der Klauselverbote nach §§ 308, 309 BGB auch im Unternehmensverkehr relevant sein können. Allerdings sind die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessen zu berücksichtigen. Der § 310 Abs. 1 BGB bezweckt eine Flexibilisierung für den kaufmännischen und sonstigen unternehmerischen Geschäftsverkehr in Bezug auf die Verwendung von AGB1. Unternehmer ist gemäß § 14 BGB jede natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen Tätigkeit handelt2. 5.1.3.1 Vereinfachte Einbeziehungsvoraussetzungen 527
Auch im kaufmännischen und sonstigen unternehmerischen Bereich bedarf die Einbeziehung der AGB einer – ausdrücklichen oder stillschweigenden – rechtsgeschäftlichen Vereinbarung der Vertragspartner. Diese Vereinbarung ist allerdings von den besonderen Anforderungen des § 305 Abs. 2 und 3 BGB befreit. Nachfolgend ein kurzer, keinesfalls vollständiger Überblick über Einbeziehungsfragen von AGB im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen3:
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Eine wirksame Einbeziehung kann selbst dann vorliegen, wenn die AGB dem für den Vertragsschluss maßgeblichen Schreiben nicht beigefügt waren und der Kunde den Inhalt der AGB nicht kennt. Allerdings gilt dann, dass der Verwender dem anderen Teil ermöglichen muss, vom Inhalt der AGB in zumutbarer Weise Kenntnis zu erlangen, indem er die AGB auf Wunsch übersendet. Der Verwender der AGB muss in dem für den Vertragsschluss maßgeblichen Schreiben auf die Möglichkeit der Übersendung hinweisen4.
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Die Einbeziehung durch schlüssiges Verhalten erfordert, dass der Verwender erkennbar auf seine AGB verweist und der Vertragspartner ihrer Geltung nicht widerspricht; auch der Widerspruch kann konkludent erfolgen, etwa durch Bezugnahme auf eigene AGB’s. Die Verweisung muss das Klausel_______________
1 Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10 Aufl., § 310 BGB, Rz. 8. 2 Zu den Einzelheiten des Unternehmerbegriffs Palandt/Heinrichs, § 14 BGB; zu den Begriff der juristischen Person des öffentlichen Rechts bzw. des öffentlich-rechtlichen Sondervermögens siehe bei Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 310 BGB, Rz. 24. 3 Siehe auch Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 BGB Rz. 169 ff. 4 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 305 BGB, Rz. 51, 54.
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Allgemeine Geschäftsbedingungen und Kundenschutzvorgaben des TKG
Rz. 531 K
werk klar und unzweideutig bezeichnen, damit der andere Teil in die Lage versetzt wird, sich vom Inhalt der AGB Kenntnis zu verschaffen. Der Hinweis auf AGB muss grundsätzlich während der Verhandlung über den konkreten Vertrag erfolgen. Ein Hinweis bei früheren Geschäften oder auf frühere Rechnungen reicht grundsätzlich nicht aus. Ebenso ist der Hinweis auf Schriftstücke, die nach Vertragsschluss eingehen, nicht ausreichend; Ausnahme bildet hier das kaufmännische Bestätigungsschreiben. Bei ständigen Geschäftsverbindungen, die eine gewisse Häufigkeit von Verträgen voraussetzt, können AGB durch wiederholten, z. B. für den flüchtigen Leser ohne weiteres erkennbaren Hinweis, z. B. in Rechnungen oder Ähnlichem, Vertragsbestandteil werden1. Ebenso sind kaufmännische Bestätigungsschreiben wegen ihrer konstitutiven Wirkung ein ausreichender Einbeziehungstatbestand. Verweisen sie auf AGB, so werden diese mangels Widerspruch auch dann Vertragsinhalt, wenn sie nicht Gegenstand der Vertragsverhandlungen oder nicht beigefügt waren. Es gilt aber der Grundsatz, dass erhebliche Abweichungen vom mündlichen Vertragsinhalt nicht gedeckt sind und die konstitutive Wirkung des Bestätigungsschreibens entfallen lassen. Dies ergibt sich aus dem Vorrang der Individualvereinbarung (§ 305b BGB)2.
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5.1.3.2 Eingeschränkte Inhaltskontrolle im geschäftlichen Verkehr Im geschäftlichen Verkehr ist die Inhaltskontrolle gemäß § 310 Abs. 1 BGB allein auf die Generalklausel des § 307 BGB in Verbindung mit § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB beschränkt. Da diese Vorschriften nicht den Zweck verfolgen, die Schutzmaßstäbe der §§ 305 ff. BGB zu reduzieren, sondern die Anwendbarkeit des AGB-Rechts für den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern nur flexibler gestalten wollen, sind die Wertungen und Grundgedanken der §§ 308, 309 BGB als gesetzliche Wertungen im Rahmen des § 307 BGB zu berücksichtigen3. Als Indiz für eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners sind die Klauselverbote der §§ 308 und 309 BGB auch im Geschäftsverkehr mit Unternehmen heranzuziehen4. Erhebliche Abweichungen von diesen Bestimmungen halten der Inhaltskontrolle nur stand, wenn sie im Hinblick auf besondere Bedürfnisse des kaufmännischen Geschäftsverkehr bzw. des betreffenden gewerblichen oder beruflichen Geschäftsbereichs angemessen sind5. Die Zulässigkeit abweichender Klauseln kann nur im Einzelfall und anhand einer inzwischen umfangreichen Recht-
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Im Einzelnen Palandt/Heinrichs, § 305 BGB, Rz. 52. Palandt/Heinrichs, § 305 BGB, Rz. 53. Bamberger/Roth/Becker, § 310 BGB, Rz. 3. Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 310 BGB Rz. 27 m. w. N. BGH, NJW 1984, 1750.
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Kundenschutz und Universaldienst
sprechung entschieden werden1. Auch bei der Gestaltung von AGB, die ausschließlich für den Geschäftsverkehr mit Unternehmen bestimmt sind, empfiehlt es sich, die Grundwertungen der Klauselverbote in §§ 308, 309 BGB zu beachten. 5.2 Vorgaben durch das TKG bei der AGB-Gestaltung 532
Bei der Verwendung und Gestaltung von AGB für Telekommunikationsdienstleistungen sind die Kundenschutzvorgaben und Veröffentlichungspflichten des TKG zu berücksichtigen. Dies betrifft insbesondere die mit dem TKG-Änderungsgesetzes 2006 aufgenommenen Informationspflichten, in erster Linie den § 43a TKG sowie den § 45n TKG. Diese Normen verpflichten Anbieter zur Bereitstellung von Informationen gegenüber Endnutzern, die bereits heute typischerweise Regelungsgegenstand von AGB bzw. einer Leistungsbeschreibung sind. Den Informationspflichten kann auch künftig durch die Bereitstellung entsprechend gestalteter AGB nachgekommen werden. 5.2.1 Mindestvertragsinhalt (§ 43 a TKG)
533
Der § 43a TKG legt fest, welche Informationen dem Teilnehmer im Rahmen eines Vertrages zur Verfügung gestellt werden müssen. Es handelt sich um folgende Angaben: –
Angabe des Namens, der ladungsfähigen Anschrift, bei juristischen Personen Angabe der Rechtsform, der Sitz sowie das zuständige Registergericht;
–
Leistungen und die wichtigsten technischen Leistungsdaten der angebotenen Telekommunikationsdienste;
–
Voraussichtliche Dauer bis zur Bereitstellung eines Anschlusses;
–
Wartungs- und Entstördienste;
–
Einzelheiten zu den Preisen;
–
Fundstelle eines allgemein zugänglichen, vollständigen und gültigen Preisverzeichnisses des Anbieters;
–
Vertragslaufzeit;
–
die Voraussetzungen für die Verlängerung und Beendigung des Bezugs einzelner Dienste und des gesamten Vertragsverhältnisses;
–
etwaige Entschädigungs- und Erstattungsregelungen für den Fall, dass er die wichtigsten technischen Leistungsdaten der zu erbringenden Dienste nicht eingehalten werden; sowie
_______________
1 Überblick bei Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 310 BGB, Rz. 28 sowie Einzelkommentierung bei den Klauselverboten nach §§ 308, 309 BGB.
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Allgemeine Geschäftsbedingungen und Kundenschutzvorgaben des TKG
–
Rz. 535 K
die praktisch erforderlichen Schritte zur Einleitung eines außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahrens.
Eine Ausnahme von dem Mindestvertragsinhalt besteht nach S. 2 gegenüber Teilnehmern, die keine Verbraucher sind und mit denen der Anbieter eine Individualvereinbarung getroffen hat. Das Gesetz stellt dabei auf den Verbraucherbegriff des § 13 BGB ab. Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Juristische Personen sind von Verbraucherbegriff ausgenommen1. Bei Firmen- bzw. Geschäftskunden besteht daher in der Regel die Möglichkeit, von den Vorgaben des § 43a TKG per Individualvereinbarung abzuweichen (vgl. oben Rz. 522).
534
5.2.2 Veröffentlichungspflichten (§ 45n TKG) Darüber hinaus sind die Veröffentlichungspflichten des § 45n TKG zu berücksichtigen, die sich teilweise mit den Vorgaben des § 43a TKG decken. Im Einzelnen sind folgende Informationen zu veröffentlichen: –
Angabe des Namens, der ladungsfähigen Anschrift, bei juristischen Personen Angabe der Rechtsform, der Sitz sowie das zuständige Registergericht;
–
die einzelnen von ihm angebotenen Dienste und Dienstmerkmale für den öffentlichen Telefondienst sowie Wartungsdienste einschließlich der Angabe, ob die Entgelte für Dienste gegenüber den Endnutzern einzeln oder wie sie im einzelnen zusammen mit anderen Diensten berechnet werden;
–
Einzelheiten über die Preise der angebotenen Dienste, Dienstmerkmale und Wartungsdienste einschließlich etwaiger besonderer Preise für bestimmte Endnutzegruppen;
–
Einzelheiten über seine Entschädigungs- und Erstattungsregelungen und deren Handhabung;
–
seine allgemeinen Geschäftsbedingungen und die von ihm angebotene Mindestvertragslaufzeit;
–
allgemeine und anbieterbezogene Informationen über Verfahren zur Streitbeilegung; sowie
–
Informationen über grundlegende Rechte der Endnutzer für Telekommunikationsdienste, insbesondere • zu Einzelverbindungsnachweisen; • zu beschränkten und für den Endnutzer kostenlosen Sperren abgehender Verbindungen;
_______________
1 Palandt/Heinrichs, § 13 BGB Rz. 2.
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K Rz. 536
Kundenschutz und Universaldienst
• zur Nutzung öffentlicher Telefonnetze gegen Vorauszahlung; • zur Verteilung der Kosten für einen Netzanschluss auf einen längeren Zeitraum; • zu den Folgen von Zahlungsverzug für mögliche Sperren; und • zu den Dienstemerkmalen Tonwahl- und Mehrfrequenzwahlverfahren und Anzeige der Rufnummer des Anrufers. 536
Die Anbieter können grundsätzlich frei entscheiden, wo und wie sie die oben genannten Informationen veröffentlichen. Insbesondere besteht keine Verpflichtung zu einer Veröffentlichung im Amtsblatt der Regulierungsbehörde, zumal die erleichterte Einbeziehung nach § 23 Abs. 2 Nr. 1 a AGBG im Wege einer Veröffentlichung der AGB im Amtsblatt der BNetzA mit der Schuldrechtsreform entfallen ist (siehe oben Rz. 521). Erfolgt die Veröffentlichung nicht auch im Amtsblatt, hat der Anbieter gemäß § 45n Abs. 1 S. 2 TKG den Ort der Veröffentlichung der BNetzA zumindest mitzuteilen (zu den Einzelheiten siehe Rz. 23 ff.). 5.3 Typische Klauseln Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Endnutzerverträgen
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Im nachfolgenden Abschnitt werden einige typische Klauseln Allgemeiner Geschäftsbedingungen aus Endnutzerverträgen über Telekommunikationsleistungen behandelt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei der Gestaltung von AGB häufig ein modularer Aufbau gewählt wird. In Bezug auf Telekommunikationsdienstleistungen findet sich in der Praxis häufig eine Trennung zwischen den AGB, der Leistungsbeschreibung sowie den Datenschutzbestimmungen. In den AGB sind vertragliche Regelungen niedergelegt. Die Leistungsbeschreibung enthält Regelungen bezüglich der im Einzelnen angebotenen Dienstleistungen, während die Datenschutzbestimmungen Regelungen und Informationen zur Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten etc. aufweisen. Diese Trennung nach unterschiedlichen Regelungsmaterien hat den Vorteil, dass bei Änderungen nicht die kompletten AGB überarbeitet und „neu“ in das Vertragsverhältnis einbezogen werden müssen. Im Einzelnen sind nachfolgende Klauseln typischerweise von Interesse: 5.3.1 Vertragsabschlussklauseln
538
Vertragsabschlußklauseln legen im Allgemeinen die notwendigen Schritte für einen Vertragsschluss zwischen den Parteien fest. Oftmals werden nur die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 145 ff. BGB konkretisiert. Im klassischen Festnetz- und Mobilfunkbereich finden sich häufig Vertragsabschlussklauseln, wonach der Vertrag aufgrund eines schriftlichen Antrags des Kunden unter Verwendung des hierfür vorgesehenen Auftragsformulars und der anschließenden Annahme durch den Anbieter der Leistung zustan1414 | Sörup
Allgemeine Geschäftsbedingungen und Kundenschutzvorgaben des TKG
Rz. 539 K
de kommt. Die Annahme kann ausdrücklich im Rahmen einer Auftragsbestätigung oder durch Bereitstellung der vereinbarten Dienste durch den Anbieter erfolgen. In dieser Konstellation stellt die Bereitstellung des Auftragsformulars und der sonstigen Vertragsunterlagen durch den Anbieter kein bindendes Vertragsangebot i. S. d. § 145 BGB, sondern lediglich eine unverbindliche „invitatio ad offerendum“ dar1. Bei Telekommunikationsdiensten, die im Wege der Betreiber(vor)auswahl im Einzelwahlverfahren (sog. Call-by-Call) bereitgestellt werden, besteht keine generelle, sondern nur eine einzelfallbezogene Leistungsbeziehung, die auf die jeweils herzustellende Verbindung beschränkt ist. Anknüpfungspunkt für den Vertragsschluss kann hier nur die Anwahl der Netzbetreiberkennzahl durch den Kunden und die Durchschaltung bzw. Herstellung der Verbindung durch den Anbieter sein. Vertragsabschlussklauseln im Bereich Call-by-Call sehen daher meistens vor, dass der Vertrag durch Vorwahl der Netzbetreiberkennzahl (010xy) durch den Kunden und Herstellung der Verbindung durch den Anbieter zustande kommt. Die Einbeziehung der AGB bei Call-by-CallLeistungen erfolgt nach § 305a Nr. 1 lit. b BGB (vgl. oben Rz. 518 ff.). Aus AGB-rechtlicher Sicht sind Vertragsabschlussklauseln somit zumeist unproblematisch. Die Annahme durch den Endnutzer kann wegen des Fehlens besondere Formvorschriften durch ausdrückliche als auch durch konkludente Willenserklärung erfolgen. Besonderes Augenmerk ist jedoch auf die Vereinbarung von Fristen für die Annahme des Angebots zu legen. Derartige Regelungen müssen sich an § 308 Nr. 1 BGB messen lassen. D. h. die mit dem Kunden vereinbarte Bindungsfrist an das Angebot darf keine unangemessen lange Frist darstellen. Umstritten ist allerdings, was unter einer solchen unangemessen langen Annahmefrist bei Telefondienstverträgen zu verstehen ist. Manche Autoren gehen hier von einem Monat2 aus, während andere wiederum dem Anbieter maximal eine Woche3 Zeit geben wollen. Ob eine Bindungsfrist angemessen ist oder nicht, bestimmt sich grundsätzlich nach dem Inhalt und der wirtschaftlichen Bedeutung des Vertrages unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen und der Verkehrsanschauung4. So beträgt die Höchstfrist beispielsweise bei Alltagsgeschäften in der Regel maximal zwei Wochen5, bei Darlehensanträgen hingegen einen Monat6. Insbesondere die zuletzt genannte Frist bei Darlehensanträgen stellt das Hauptargument der Befürworter einer einmonatigen Bindungsfrist auch bei Telefondienstverträgen _______________
1 Vgl. Bamberger/Roth/Eckert, § 145 BGB, Rz. 41 ff.; Palandt/Heinrichs, § 145 BGB, Rz. 2. 2 Eckert in: Schuster, Vertragshandbuch Telemedia, S. 501; Schöpflin, BB 1997, 106; Imping, CR 1999, 425. 3 Kropf/Harder in: Spindler, Vertragsrecht TK-Anbieter, Teil V, Rz. 7. 4 Vgl. statt aller: Palandt/Heinrichs, § 308 BGB, Rz. 3. 5 OLG Naumburg, MDR 1998, 854; Bamberger/Roth/Becker, § 308 Nr. 1 BGB, Rz. 8 m. w. N. 6 BGH, NJW 1988, 2106.
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K Rz. 540
Kundenschutz und Universaldienst
dar1. So sei die Situation des Darlehensgebers durchaus vergleichbar mit der Lage des Telekommunikationsanbieters, da sich beide durch die Verwendung der Vertragsabschlußklausel eine bestimmte Annahmefrist verschaffen möchten, um die zeitintensive Bonitätsprüfung des Kunden durchführen zu können. Diese identische Interessenlage müsse sich folglich auch in der Bemessung der Bindungsfristen widerspiegeln. Diese Argumentation mag zwar einleuchten, da die Bonitätsprüfung ein grundsätzliches Interesse des Anbieters an einer Verlängerung der gesetzlichen Annahmefrist des § 147 Abs. 1 BGB begründen kann. Doch auf der anderen Seite besitzt auch der Kunde ein Bedürfnis nach Rechtssicherheit und möchte wissen, ob der Vertrag nun zu Stande gekommen ist oder nicht. Ferner weist das Ergebnis der Bonitätsprüfung im Fall eines Darlehensvertrages einen weitaus unmittelbareren Bezug zur Hauptleistungspflicht des Verwenders auf als beim Abschluss eines Telefondienstvertrages. Aus diesen Gründen ist es mehr als zweifelhaft, ob man von einer vergleichbaren Situation und somit auch von einer Übertragbarkeit der Bindungsfrist ausgehen kann. Im Zweifel dürfte die maximale Annahmefrist kürzer zu bemessen sein und sollte zwei Wochen nicht überschreiten2. 5.3.2 Leistungsbeschreibung 540
Leistungsbeschreibende Klauseln sind gleich mit mehreren AGB-rechtlichen Fragestellungen verbunden. Einigkeit besteht zunächst darüber, dass Klauseln, die lediglich Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen, ohne dabei von den gesetzlich geltenden Vorschriften abzuweichen, der Inhaltskontrolle entzogen sind3. Gemäß § 307 Abs. 3 BGB sind nur solche in AGB aufgestellten Bestimmungen der Inhaltskontrolle unterworfen, durch die von einer Rechtsvorschrift abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Dasselbe gilt für rein deklaratorische Klauseln, die lediglich den Inhalt gesetzlicher Vorschriften wiedergeben. Als Begründung für diese Beschränkung der AGB-Kontrolle wird ausgeführt, dass der Kunde seine Aufmerksamkeit bei Vertragsschluss in aller Regel auf die Hauptleistung und den dafür zu zahlenden Preis richtet4. Aus seiner zustimmenden Willenserklärung lässt sich daher schließen, dass der Kunde mit dem Umfang der vertraglich erworbenen primären Leistungspflichten einverstanden ist. Auch vor dem Hintergrund des im bürgerlichen Rechts vorherrschenden Prinzips der Privatautonomie besteht keine Schutzbedürf_______________
1 Eckert in: Schuster, Vertragshandbuch Telemedia, S. 501; Schöpflin, BB 1997, 106; Imping, CR 1999, 425. 2 So auch: Hahn, MMR 1999, 251; Bornhofen, K&R 1999, 500; von Westphalen/ Grote/Pohle, Telefondienstvertrag, S. 185; im Ergebnis zustimmend: Fuchs in: Spindler, Vertragsrecht TK-Anbieter, Teil IV Rz. 124. 3 Fuchs in: Ulmer/Brandener/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 BGB, Rz. 37; OLG München, Urt. v. 21.9.2006 – Az. 29 U 2612/06. 4 BGHZ 95, 362 (370).
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tigkeit des Kunden, so dass Abreden über den unmittelbaren Vertragsgegenstand grundsätzlich keiner Inhaltskontrolle unterliegen1. Überdies fehlte es an einem tauglichen normativen Maßstab, weshalb eine Inhaltskontrolle in der Praxis schlicht nicht durchführbar wäre2. Gleichwohl ist das in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kodifizierte Transparenzgebot auch auf reine Leistungsbeschreibungen anzuwenden, so dass dem Verwender gewisse Grenzen gesetzt sind3. Dies stellt § 307 Abs. 3 S. 2 BGB durch seinen Verweis auf § 307 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BGB ausdrücklich klar. Bei der Gestaltung von Leistungsbeschreibungsklauseln ist daher darauf achten, dass die Leistungsbeschreibung hinreichend klar und verständlich ist und den Anforderungen des Transparenzgebotes gerecht wird. Maßstab der Transparenz ist der Verständnishorizont des typischen Vertragspartners, d. h. die Verständnismöglichkeit und die Erwartungen des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden, wobei regelmäßig zwischen unternehmerischen Geschäftsverkehr und Verkehr mit Verbrauchern differenziert wird4. Gerade im Bereich der Telekommunikation kann bei einer Vielzahl von technischen und fachspezifischen Begriffen und Erklärungen im Einzelfall die erforderliche Verständnismöglichkeit für den Kunden fehlen.
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Einer umfassenden Inhaltskontrolle sind demgegenüber Klauseln unterworfen, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, abändern oder modifizieren5. In der Praxis bestehen erhebliche Schwierigkeiten, die leistungsbeschreibende Klauseln von Klauseln zu unterscheiden, die in einschränkender, abändernder oder modifizierender Weise auf die Hauptleistungspflicht einwirken. Eine Abgrenzung kann am sinnvollsten anhand einer wettbewerbs- und marktkonformen Betrachtung der jeweiligen Klausel geleistet werden. Danach bleiben diejenigen charakteristischen Merkmale und Leistungspflichten kontrollfrei, welche die „Identität des Produkts“ als Gegenstand des Wettbewerbs am Markt begründen. Dies sind zunächst die wesentlichen Leistungscharakteristika i. S. d. „essentialia negotii“. Darüber hinaus sind aber auch diejenigen Regelungen einzubeziehen, die nach den Gegebenheiten des betroffenen Marktes typischerweise eine erhebliche Bedeutung für den konkreten Vertragsabschluss des Kunden haben6. Diese
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1 BGHZ 95, 362; 100, 158; 106, 42; 146, 138; 147, 354; Palandt/Heinrichs, § 307 BGB, Rz. 54; MüKo/Basedow, § 307 BGB, Rz. 12; Bamberger/Roth/Schmidt, Vor § 307 BGB, Rz. 1. 2 MüKo/Basedow, § 307 BGB, Rz. 1. 3 Fuchs in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 BGB Rz. 324; MüKo/Basedow, § 307 BGB, Rz. 20; Palandt/Heinrichs, § 307 BGB, Rz. 55; Bamberger/Roth/Schmidt, § 307 BGB, Rz. 55. 4 Fuchs in: Ulmer/Brandener/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 BGB, Rz. 344 ff. 5 Ständige Rechtsprechung des BGH, siehe zuletzt: BGH, NJW 2001, 1934 (1935) m. w. N.; MüKo/Basedow, § 307 BGB, Rz. 12; Bamberger/Roth/Schmidt, § 307 BGB, Rz. 49. 6 Fuchs in: Ulmer/Brandener/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 BGB, Rz. 53.
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bleiben mit Ausnahme der Transparenzpflichten (siehe oben Rz. 541) kontrollfrei. 5.3.2.1 Telekommunikationsverträge 543
Um bei Telekommunikationsverträgen eine derartige Differenzierung der verwendeten Klauseln vorzunehmen und dem Leitbildcharakter der gesetzlichen Vorschriften1 Rechnung zu tragen, bedarf es der Klärung, welche Art von Leistungen der Anbieter dem Kunden eigentlich schuldet. Entscheidendes Kriterium hierfür ist die vertragstypologische Einordnung des Telekommunikationsvertrages. Bei Festnetz-, Mobilfunk- und Access-ProviderVertrag handelt es sich vertragstypologisch nach überwiegender Meinung um einen Dienstvertrag2, so dass der Anbieter keiner umfassenden werkvertraglichen Erfolgshaftung unterliegt. Mangels eines gesetzlich geregelten Leitbilds des Telekommunikationsvertrages ist es aus Anbietersicht sinnvoll, den genauen Gegenstand der vertraglichen Leistungspflichten festzulegen. Hierdurch kann bereits im Vorfeld ein möglicher Streit über Leistungspflichten etc. vermieden werden. Ebenso macht dies der Leistungswettbewerb mit anderen Anbietern notwendig. 5.3.2.2 Leistungsbeschreibungs-/Verfügbarkeitsklauseln
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Leistungsbeschreibungsklauseln im Bereich der Telekommunikation sind den unvermeidlichen Einschränkungen der Funktionsfähigkeit der verfügbaren Netze geschuldet3. Gegenstand der vertraglichen Hauptleistungspflicht ist das Zurverfügungstellen eines möglichst gut funktionierenden Systems, dessen Belastbarkeit sich an der durchschnittlichen Auslastung orientieren kann4. Bei der Formulierung von Leistungsbeschreibungsklauseln ist diese Tatsache angemessen zu berücksichtigen, wobei der Anbieter auf eine präzise Formulierung der Klausel achten sollte, da sie ansonsten leicht als Haftungs- oder Gewährleistungsausschluss mit der Folge der potentiellen Unwirksamkeit gedeutet werden könnte5.
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Ein gängiges Mittel zur Konkretisierung der Leistungspflichten stellen die so genannten Verfügbarkeitsklauseln dar, wodurch die Erreichbarkeit des Systems prozentual ausgedrückt wird. Derartige Klauseln waren zeitweise
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1 Siehe § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. 2 Zur Einordnung als Dienstvertrag siehe bei Eckert in: Schuster, Vertragshandbuch Telemedia, S. 498 m. w. N. 3 Imping in: Spindler, Vertragsrecht TK-Anbieter, Teil VI Rz. 63; spricht insofern von einer Anpassung der Leistungspflicht des Anbieters an das technisch und wirtschaftlich Machbare. 4 Schneider, Verträge über Internet-Access, S. 188; Wischmann, MMR 2000, 461 (465). 5 Spindler, CR 2004, 203 (207).
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umstritten1. Sie werden mittlerweile als zulässig erachtet, solange sie sich im Rahmen des Verkehrsüblichen bewegen2. Auch dürfen die Klauseln durch Verwendung ingenieurwissenschaftlicher Begriffe nicht derart kompliziert sein, dass sich ihr Inhalt einem verständigen Leser nicht mehr eröffnet3. Eine Klausel, die lediglich eine Verfügbarkeit unter Verwendung eines bestimmten Prozentsatzes angibt, erfüllt diese Voraussetzung unstreitig4. Im Bereich der alltäglichen Nutzung darf die Verfügbarkeit 95 % nicht unterschreiten5. Gleichwohl kann sich aus der Parteivereinbarung, beispielsweise bei Abschluss eines Vertrages über ein redundantes Backbone-Netz, durchaus auch die Verpflichtung zur Einhaltung einer höheren Verfügbarkeit ergeben. Die Zeitspanne, auf die sich die angegebene Verfügbarkeit bezieht, sollte grundsätzlich relativ kurz bemessen sein, damit der Kunde nicht erst nach einer längeren Wartefrist erkennen kann, ob ihm Gewährleistungsansprüche zustehen oder nicht6. In der Regel bietet es sich an, die Verfügbarkeit bezogen auf einen Monat zu vereinbaren7.
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5.3.2.3 Besonderheiten im Mobilfunk Bei Mobilfunkleistungen bereitet die Leistungsbeschreibung in Abgrenzung zu einer der Inhaltskontrolle unterliegenden Einschränkung oder Modifikation des Leistungsversprechens besondere Schwierigkeiten. Im Fall des Mobilfunks kann die Verbindung bzw. Erreichbarkeit des Kunden aus den verschiedensten Gründen nicht lückenlos sichergestellt werden. Zu nennen sind hier technische Gegebenheiten (Netzausbau, Kapazitätsgrenzen etc.), aber auch nicht beherrschbare Naturereignisse (atmosphärische Störungen, Sturm, Unwetter), die zu einer Beeinträchtigung der Erreichbarkeit führen können. Anders als im Festnetzbereich finden sich im Mobilfunkbereich daher kaum prozentuale Verfügbarkeitsklauseln. Die Mobilfunknetzbetreiber weisen vielmehr nur auf eine gegebenenfalls eingeschränkte Verfügbarkeit der Mobilfunkleistungen aus den oben genannten Gründen hin8. Sofern die Kunden über die möglichen Einschränkungen vor Vertragsschluss hinreichend deutlich informiert und aufgeklärt wurden, sind derartige Klauseln AGB-rechtlich zulässig. Eine unangemessene Verkürzung der Leistung wird _______________
1 Siehe beispielsweise Biletzki, VuR 1999, 34 (37) und OLG Köln, CI 1999, 135, die hierin einen Verstoß gegen das Transparenzgebot sehen. 2 Schmitz, MMR 2001, 150 und Eckert in: Schuster, Vertragshandbuch Telemedia, S. 510 halten ca. 97 % für angemessen, während beispielsweise Schneider (Verträge über Internet-Access, S. 185) von 95 bis 99 % ausgeht. 3 Spindler in: Spindler, Vertragsrecht Internet-Provider, Teil IV, Rz. 76. 4 Spindler in: Spindler, Vertragsrecht Internet-Provider, Teil IV, Rz. 76. 5 Siehe Fn. 2. 6 Spindler, CR 2004, 203 (208). 7 Schumacher, CR 2006, 229 (231). 8 Z. B. AGB der E-Plus Service GmbH & Co. KG (Punkt 3.7); Ziffer 4 der Leistungsbeschreibung für Vodafone D2-Dienstleistungen, die allerdings auch eine mittlere Verfügbarkeit von 97 % angibt.
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bei entsprechender Aufklärung zu verneinen sein. Zudem stellen die Merkmale Netzabdeckung und Sprachqualität wesentliche Produkteigenschaften von Mobilfunknetzen dar und dürften einer Inhaltskontrolle nicht unterliegen1. 5.3.3 Verfallklauseln 548
Sogenannte Verfallklauseln finden sich vor allem im Bereich der PrepaidProdukte und Calling-Cards. Sie regeln, dass ein vom Kunden vorausbezahltes Guthaben nach dem Ablauf einer bestimmten Zeit verfällt. Derartige Klauseln sind unwirksam. Der Anspruch des Kunden auf die vollständige Inanspruchnahme vorausbezahlter Leistungen wird einer Beschränkung unterworfen, die das Prinzip der Äquivalenz zwischen Leistung und Gegenleistung erheblich beeinträchtigt. Hierin liegt eine unzulässige Abweichung von Rechtvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 BGB2. Von dem Gebrauch derartiger Klauseln ist abzuraten. 5.3.4 Bonitäts- und Rücktrittklauseln
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Die Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen sind in der Regel vorleistungspflichtig. Dies gilt insbesondere für die Erbringung der Verbindungsleistungen. Erst am Ende des vertraglich vereinbarten Abrechnungszeitraums, der in der Praxis meistens einen Monat beträgt, werden dem Kunden die angefallenen Gesprächskosten in Rechnung gestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt kann der Kunde beliebig viele Gespräche führen und somit auch Rechnungsbeträge erzeugen, die seine Zahlungsfähigkeit übersteigen. Der Telekommunikationsanbieter trägt das Insolvenzrisiko des Kunden. Um dieses Risiko abzumildern, ist der Anbieter verständlicherweise bestrebt, nur mit kreditwürdigen Kunden Verträge abzuschließen. Zur Überprüfung der Kreditwürdigkeit bedient er sich der Einholung einer sog. SCHUFA-Auskunft, Kreditauskünften von Wirtschaftsdiensten (z. B. Bürgel oder Creditreform) und – in Grenzen – auch der Einholung einer Auskunft bei der Bank des Kunden. 5.3.4.1 Überblick der datenschutzrechtlichen Anforderungen
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Die Einholung einer SCHUFA-Auskunft o. ä. erfordert datenschutzrechtlich die Einwilligung des Kunden3. Die Ermächtigung zur Einholung von Aus_______________
1 Ausführlich bei Fuchs in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 BGB, Rz. 62 ff., 355. 2 Vgl. BGH, MMR 2001, 806 (808); OLG München, Urt. v. 22.6.2006, Az.: 29 U 2294/06, Vorinstanz LG München, Urt. v. 26.1.2006, CR 2006, 332 f.; zu Verfallklauseln bei Calling Cards OLG Nürnberg, Urt. v. 8.4.2003 – Az.: 3 U 3262/02. 3 Simitis, Kommentar zum BDSG, 6. Aufl., § 4a, Rz. 5 sowie zu § 28, Rz. 95.
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künften aufgrund einer Bonitätsklausel in AGB reicht hierfür nicht aus1. Erforderlich ist eine ausdrückliche Einwilligung des Kunden, die den Anforderungen des § 4a BDSG entsprechen muss. Die Bonitätsklausel muss mit einer ausdrücklichen Einwilligungserteilung des Kunden verbunden werden, die im Rahmen des Auftragsformulars vorgesehen werden kann. Die Einwilligung des Kunden ist dabei auf die „Weitergabe“ und „Verarbeitung“ persönlicher Daten an Auskunfteien zum Zwecke der Beauskunftung über die Kundenbonität gerichtet. Der vorgesehene Zweck der Datennutzung (§ 4a Abs. 1 S. 1 BDSG) muss hinreichend erkennbar sein2. Das Schriftformerfordernis des § 4a Abs. 1 S. 3 BDSG ist bei den in der Praxis verwendeten schriftlichen Auftragsformularen regelmäßig gewahrt. Bei einer elektronischen Auftragserteilung kann auch die datenschutzrechtliche Einwilligung elektronisch erteilt werden3. Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen abgegeben werden, so ist sie im jeweiligen Schriftstück besonders hervorzuheben. Die Einwilligung darf nicht in einem Erklärungspaket eingebunden werden4, sondern muss von den übrigen Erklärungen deutlich abgehoben sein5. Zudem muss die Erklärung drucktechnisch so konzipiert sein, dass die Aufmerksamkeit der Betroffenen gezielt auf die geforderte Einwilligung in die Verarbeitung ihrer Daten – hier die Beauskunftung über die Bonität – gelenkt wird. Dazu gehört eine Gestaltung, die es dem Kunden erlaubt, klar zu erkennen, womit er sich einverstanden erklären soll6. Die Einwilligungserklärung kann durch einen gesonderten, drucktechnisch hervorgehobenen Absatz erfolgen, der vom Kunden gesondert zu unterzeichnen ist. Dieser Absatz muss ausdrücklich den Zweck der Einwilligung sowie aus Gründen der Transparenz die verwendeten Auskunfteien erkennen lassen. 5.3.4.2 AGB-rechtliche Zulässigkeit Abgesehen von dem Erfordernis einer datenschutzrechtlichen Einwilligung beurteilt sich die rechtliche Zulässigkeit einer Bonitätsklausel anhand der allgemeinen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB. Grundsätzlich bestehen keine AGB-rechtlichen Bedenken gegen die Gültigkeit einer solchen Klausel7. Aus Gründen der Transparenz müssen jedoch die eingesetzten Auskunfteien einschließlich deren Adressen und Kontaktinformationen in der Klausel ausdrücklich benannt werden. Der Telekommunikationsanbieter hat im Fall seiner Vorleistungspflicht, wie oben aufgezeigt, ein berech_______________
1 Simitis, Kommentar zum BDSG, 6. Aufl., § 4a, Rz. 41; OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.12.2006 – Az. I-10 U 69/06. 2 Zur AGB-rechtlichen Gestaltung LG Bonn, Urt. v. 31.10.2006 – Az. 11 O 66/06. 3 Zu den Voraussetzungen Simitis, Kommentar zum BDSG, 6. Aufl., § 4a, Rz. 41. 4 LG Stuttgart, DuD 1999, 297 (299). 5 Siehe LG Bonn, Urt. v. 31.10.2006 – Az. 11 O 66/06. 6 Simitis, Kommentar zum BDSG, § 4a, S. 351 Rz. 40 ff. 7 Hahn, MMR 1999, 254; von Westphalen/Grote/Pohle, Telefondienstvertrag, S. 150; BGH, NJW 2003, 1240; Schmitz in: Schuster, Vertragshandbuch Telemedia, S. 159; Schöpflin, BB 1997, 106 (107), Bornhofen, K&R 1999, 500.
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tigtes Interesse an der Erhebung und Nutzung der personenbezogenen Daten des Kunden zum Zwecke der Bonitätsprüfung. 552
Zweifelhaft kann jedoch sein, wie weit der Auskunftsanspruch des Telekommunikationsanbieters im Einzelfall reicht, d. h. welche Daten er tatsächlich anfordern darf. So hatte der BGH über eine Klausel zu urteilen, die den Telekommunikationsanbieter zur Einholung von Auskünften über ECund Kreditkarten des Kunden bei dessen Bank ermächtigte1. Im Ergebnis erkannte der BGH auch hier ein berechtigtes Interesse des Telekommunikationsanbieters bezüglich dieser Informationen an, da eine gültige EC- oder Kreditkarte ein erhebliches Indiz für die positive Beurteilung der Kreditwürdigkeit des Kontoinhabers sei. Dieser Auskunft könne neben den allgemein gehaltenen sonstigen SCHUFA- und Bankauskünften durchaus ein eigener Stellenwert zukommen2.
5.3.4.3 Sonderkündigungsrecht bei fehlender Bonität 553
Da die Bonitätsabfrage in der Regel einen nicht unerheblichen Zeitraum in Anspruch nimmt und sowohl der Kunde als auch der Anbieter ein Interesse daran haben, den Vertrag zügig abzuschließen, werden Telekommunikationsverträge zumeist schon vor Erhalt der Bonitätsauskunft abgeschlossen. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass der Anbieter einen kreditunwürdigen Kunden als Vertragspartner erhält, was mit der Bonitätsabfrage gerade verhindert werden soll. Vor diesem Hintergrund wird oftmals eine zusätzliche Klausel in die AGB aufgenommen, die ein außerordentliches Kündigungsrecht für den Fall vorsieht, dass sich aus der Bonitätsauskunft die Kreditunwürdigkeit des Kunden ergibt. Zu beachten ist dabei, dass in der Kündigungsklausel ein deutlicher Bezug auf die Bonitätsklausel vorgenommen wird. Fehlt ein derartiger Verweis und wird er stattdessen durch ein befristetes außerordentliches Kündigungsrecht bei erheblichen Zweifeln an der Kreditwürdigkeit des Kunden ersetzt, so ist die Klausel nach einem Urteil des OLG Düsseldorfs wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) nichtig3. Für den Kunden sei nicht klar erkennbar, anhand welcher Maßstäbe seine Kreditwürdigkeit geprüft werde und unter welchen Voraussetzungen begründete Zweifel an seiner Kreditwürdigkeit und somit ein Rücktrittsrecht des Anbieters bestünden4. Gleichzeitig deutet das OLG Düsseldorf an, dass bei einer Bezugnahme auf die Bonitätsklausel, die Klausel „wohl bestimmt genug“ sei, da in diesen Fällen _______________
1 BGH, NJW 2003, 1237; siehe hierzu die Anmerkungen von: Weigel, LMK 2003, S. 58–59; Hensen, EWiR 2003, 463 f.; Schöpflin, WuB IV A § 307 BGB 2002, 2.03; Vahle, DSB 2003, Nr. 9, 17. 2 BGH, NJW 2003, 1237 (1240). 3 OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 374. 4 OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 374.
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feststehe, anhand welcher Kriterien sich die Prüfung der Kreditwürdigkeit ergebe1. 5.3.5 (Mindest-)Laufzeitklauseln Unter einer (Mindest-)Laufzeitklausel versteht man eine Regelung, die den Kunden für eine bestimmte Mindestlaufzeit an den Telefondienstvertrag bindet. Darüber hinaus enthält sie oftmals Bedingungen für die Verlängerung des Vertrages. Während derartige Klauseln bei Festnetzverträgen in der Regel keine größere Rolle spielen, da diese Verträge zumeist ordentlich kündbar sind, kommt ihnen bei Mobilfunkverträgen eine bedeutendere Rolle zu. Im Mobilfunkbereich werden die meisten Verträge mit einer Mindestvertragslaufzeit von 2 Jahren mit anschließender Verlängerung um 6 Monate bzw. 1 Jahr geschlossen, unter Ausschluss einer vorherigen ordentlichen Kündigungsmöglichkeit. Kürzere Vertragslaufzeiten (z. B. 6 Monate bis zu 1 Jahr) haben sich erst in letzter Zeit durchgesetzt und sind Ergebnis des stärkeren Wettbewerbs, gerade in den Jahren 2005 und 2006.
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Bezüglich der AGB-rechtlichen Kontrolle von (Mindest-)Laufzeitklauseln sind die Vorgaben des § 309 Nr. 9 lit. a) bis c) BGB zu beachten. Danach sind bei Werklieferungs-, Werk- und Dienstverträgen Klauseln unwirksam, die einen Vertragspartner länger als zwei Jahre an den Vertrag binden, eine stillschweigende Verlängerung für mehr als ein Jahr vorsehen, oder eine längere Kündigungsfrist als drei Monate vor Ablauf der im Vertrag vereinbarten oder stillschweigend verlängerten Vertragsdauer beinhalten. Aufgrund der Einordnung des Telefondienstvertrags als Dienstvertrag2 sind die Regelungen des § 309 Nr. 9 lit. a) bis c) BGB einschlägig und stellen die Grenzen des rechtlich Zulässigen dar.
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In Bezug auf die allgemeine Inhaltskontrolle von Laufzeitklauseln gemäß § 307 Abs. 1 BGB ist anzumerken, dass bei Einhaltung der in § 309 Nr. 9 lit. a) bis c) BGB genannten gesetzlichen Fristen (Vertragsdauer max. 2 Jahre, Verlängerung max. 1 Jahr, Kündigungsfrist max 3. Monate) eine unangemessene Benachteiligung ausscheidet. Von Telefondienstverträgen gehen im Vergleich zu anderen Dauerschuldverhältnissen keine besonderen Gefahren aus, die die Annahme einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden bei Einhaltung dieser Fristen rechtfertigen würden. Im Gegenteil kann vom Kunden verlangt werden, dass er von Anfang an entscheidet, ob er sich für zwei Jahre an den Vertrag, und die damit häufig verbundenen günstigeren Tarife, binden möchte oder ob er die Flexibilität von Prepaid-Karten bevorzugt. Zudem hat der Mobilfunkanbieter ein berechtigtes Interesse an einer gewissen Mindestlaufzeit, da der Vertragsabschluss einen mit nicht un-
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1 OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 374. 2 Zur Einordnung als Dienstvertrag siehe Eckert in: Schuster, Vertragshandbuch Telemedia, S. 498 m. w. N.
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erheblichen Kosten verbundenen Aufwand erfordert (Bonitätsprüfung, Freischaltung der Karte, Einrichtung der Mailbox, Veranlassung des Lastschrifteinzugs, etc.). Eine Mindestvertragslaufzeit von 2 Jahren ist AGB-rechtlich nicht zu beanstanden. 5.3.6 Fälligkeitsklauseln 557
Bei der Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen entstehen verschiedene Vergütungsansprüche des Anbieters. Üblicherweise werden einmalige Anschluss- oder Aktivierungsgebühren, monatliche Grundgebühren und Verbindungsentgelte unterschieden. Fälligkeitsklauseln finden in erster Linie hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung der Verbindungsentgelte Anwendung. Der Anbieter verknüpft die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs mit dem Zugang der Rechnung beim Kunden, wobei oftmals auch ein verbindlicher Zahlungstermin, z. B. spätestens 30 Tage nach Rechnungszugang, festgelegt wird.
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Die Fälligkeit eines Anspruchs ist nicht nur Voraussetzung dafür, dass der Gläubiger die Leistung vom Schuldner einfordern kann, sondern kann auch Einfluss auf den Beginn der Verjährung haben. Wann der Anspruch des Telekommunikationsanbieters im Grundsatz fällig wird, bestimmt sich nach vertragsrechtlichen Einordnung des Telefonvertrags. Folgt man der Einordnung als Dienstvertrag, hat die Vergütung gemäß § 614 S. 1 BGB erst nach Verrichtung der Dienste zu erfolgen1. Inwiefern die Fälligkeit eines Anspruches zusätzlich zu dieser gesetzlichen Regelung von der Erstellung einer Rechnung abhängig gemacht und damit auch der Beginn der Verjährungsfrist beeinflusst werden kann, ist umstritten. Gegen die Zulässigkeit einer solchen formularmäßigen Vereinbarung wird angeführt, dass eine Klausel, die es in das Belieben des Verwenders stellt, wann die Verjährungsfrist in Gang gesetzt wird, wesentlichen Grundgedanken des BGB zuwiderlaufe. Aus Gründen des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit sei es generell notwendig, dass der Gläubiger seinen Anspruch möglichst zeitnah geltend machen müsse, da er ansonsten Gefahr laufe, dass sich der Schuldner nach Ablauf der gesetzlichen Frist auf die Einrede der Verjährung berufen könne. Dass der Gläubiger den Beginn der Verjährungsfrist nach eigenem Ermessen faktisch festlegen könne, sei hiermit nicht vereinbar2. Auf der anderen Seite wird vertreten, dass derartige Klauseln zu keiner unangemessenen Benachteiligung führten, sondern lediglich einen Ausdruck des Prinzips zur Leistung Zug-um-Zug darstellten. Daher seien Fälligkeits_______________
1 Bei einer Typisierung als Werkvertrag würde der Anspruch gemäß §§ 641 Abs. 1 S. 1, 646 BGB bei Vollendung des Werkes fällig, während bei einem Überwiegen der mietvertraglichen Elemente die Vergütung gemäß § 556b Abs. 1 BGB spätestens am dritten Werktag der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten wäre. 2 OLG Stuttgart, NJW-RR 1994, 17 (18); Hahn, MMR 1999, 586 (587); Fuchs in: Spindler, Vertragsrecht TK-Anbieter, Teil IV, Rz. 139.
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klauseln aus AGB-rechtlicher Sicht gänzlich unproblematisch1. Es sei vielmehr empfehlenswert, die genaue Fälligkeit der Forderung zu regeln, da eine Zahlungsverpflichtung des Kunden vor Kenntnisnahme des Rechnungsbetrags problematisch sei und ein Bedürfnis nach Rechtssicherheit über den Zeitpunkt der Zahlungsverpflichtung und seine rechtlichen Konsequenzen (z. B. Verzug) bestehe. Dieser letzteren Auffassung ist zu folgen. Das Bestimmen des Rechnungszugangs als zusätzliche Fälligkeitsvoraussetzung per Parteivereinbarung wurde von den Gerichten grundsätzlich als zulässig erachtet, wobei eine solche Vereinbarung sogar konkludent getroffen werden kann2. Auch dürfte das Interesse des Anbieters an einer zeitnahen Durchsetzung seines Anspruchs der Gefahr einer Manipulation des Verjährungsbeginns entgegenstehen, was sich auch in der äußerst geringen Anzahl von Gerichtsverfahren widerspiegelt, die eine Fälligkeitsklausel zum Gegenstand haben. Von einer unangemessenen Benachteiligung durch die Klausel kann im Ergebnis nicht ausgegangen werden. 5.3.7 Vorfälligkeitsklauseln Vorfälligkeitsklauseln berechtigen den Anbieter, im Falle des Zahlungsverzugs oder der Verschlechterung der Kreditwürdigkeit des Kunden, sämtliche Forderungen sofort fällig zu stellen. An die AGB-rechtliche Wirksamkeit solcher Klauseln stellt die Rechtsprechung hohe Anforderungen. So hat das OLG Düsseldorf beispielsweise eine Vorfälligkeitsklausel für unwirksam erklärt, die es dem Anbieter ermöglichte, selbst bei Zahlungsverzug mit geringfügigen Beträgen sämtliche offenen Forderungen sofort fällig zu stellen3. Nach Auffassung des OLG dürfen die Voraussetzungen für den Eintritt der sofortigen Fälligkeit nicht hinter den Anforderungen an eine Kündigung zurückbleiben, sondern müssen derart schwerwiegend sein, dass sie ohne Rücksicht auf den konkreten Einzelfall auch eine automatische Vertragsbeendigung rechtfertigen. Im Ergebnis griff das Gericht auf die Grundsätze des BGH zu Vorfälligkeitsklauseln in Ratenkreditverträgen zurück4. Bei der Verwendung von Vorfälligkeitsklauseln ist daher besonderes Augenmerk auf die Formulierung der genauen Bedingungen für den Eintritt der sofortigen Fälligkeit zu legen. Die Mindestvoraussetzungen dürfen keinesfalls unter denen der Kündigungsvoraussetzungen (siehe unter Rz. 581 ff.) liegen, um einer Inhaltskontrolle Stand zu halten.
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1 Kropf/Harder in: Spindler, Vertragsrecht TK-Anbieter, Teil V, Rz. 127; Eckert in: Schuster, Vertragshandbuch Telemedia, S. 514. 2 BGH, NJW-RR 1989, 148; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1999, 527. 3 OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 374 (376). 4 BGHZ 95, 362 (372 f.).
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5.3.8 Lastschriftklauseln 560
Bei Zahlungsklauseln spielen insbesondere Lastschriftklauseln eine bedeutende Rolle. Durch sie wird der Telekommunikationsanbieter als Gläubiger ermächtigt, den in der Rechnung ausgewiesenen Betrag als Lastschrift bei der Bank des Kunden einzureichen. Das Verfahren vereinfacht die Zahlungsweise und bringt für beide Parteien Vorteile mit sich. Im Einzelnen: 5.3.8.1 Vor- und Nachteile aus Anbietersicht
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Der organisatorische Aufwand für den Telekommunikationsanbieter ist beim Lastschriftverfahren wesentlich geringer als beispielsweise im Überweisungsverfahren. Der Anbieter muss nicht abwarten bis der Kunde die Überweisung einreicht, den Zahlungseingang überwachen und gegebenenfalls die Zahlung anmahnen. Er kann die Lastschrift vielmehr so frühzeitig einreichen, dass er bei Fälligkeit das Geld umgehend erhält. Hieraus ergeben sich Liquiditätsvorteile. Der Telekommunikationsanbieter weiß genau, wann die Außenstände eingehen und er über die zu fordernden Geldbeträge verfügen kann1. Für den Anbieter liegt der Nachteil des Lastschriftverfahrens darin, dass der Kunde als Schuldner einer Abbuchung jederzeit mit der Folge widersprechen kann, dass die Bank, unabhängig von der Begründetheit des Widerspruchs, zur Rückgängigmachung der betreffenden Buchung verpflichtet ist. Ein derartiger Widerruf wäre beim Überweisungsverfahren nur innerhalb des zeitlich begrenzten Rahmens des § 676a Abs. 4 BGB möglich2. Dieser Nachteil entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als wenig gewichtig. Ein Kunde, der eine berechtigte Abbuchung widerruft, wäre ebenso wenig im Überweisungsferfahren zu einer Zahlung bereit, so dass die einzige Gefahr für den Telekommunikationsanbieter darin besteht, dass er über einen Geldbetrag verfügt, dessen Überweisung später widerrufen wird und er nun unfreiwillig einer erhöhten Zinszahlungspflicht ausgesetzt ist3. Zudem erfolgen solche Widersprüche der Kunden erfahrungsgemäß äußerst selten4. 5.3.8.2 Vor- und Nachteile aus Kundensicht
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Für den Kunden bedeutet die Teilnahme am Lastschriftverkehr ebenfalls eine Arbeitserleichterung. Er muss nicht auf jede Rechnung mit einer Überweisung reagieren. Gleichzeitig wird das Risiko beseitigt, dass der Kunde durch eigene Nachlässigkeit in Zahlungsverzug gerät. Aufgrund seines umfassenden Widerspruchrechts läuft der Kontoinhaber zudem nicht Gefahr, unberechtigten Abbuchungen wehrlos ausgesetzt zu sein. Jedoch ergeben _______________
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van Gelder in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrecht, Band 1, § 56 S. 1169 Rz. 59. Vgl. Palandt/Sprau, § 676a BGB Rz. 12 ff. van Gelder in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrecht, Band 1, § 56 S. 1169 Rz. 63. van Gelder in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrecht, Band 1, § 56 S. 1169 Rz. 60.
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Allgemeine Geschäftsbedingungen und Kundenschutzvorgaben des TKG
Rz. 563 K
sich gewisse Nachteile für den Kunden bezüglich seiner Disponibilität, die eine starke AGB-rechtliche Relevanz aufweisen. So kann der Kunde sein Geld nicht kurzfristig im „sanktionslosen Zeitraum“ zurückhalten und anderweitig einsetzen. Er ist mithin in seiner Liquidität beeinträchtigt1. Diese Einschränkung der Dispositionsfreiheit ist bei der Überprüfung von Lastschriftklauseln im Rahmen des § 307 Abs. 1 BGB relevant. So wurde die Beeinträchtigung des Kunden, über sein Kontoguthaben frei zu verfügen, mitunter als Anlass genommen, Lastschriftklauseln für unwirksam zu erklären2. Demgegenüber geht die wohl herrschende Meinung von der Zulässigkeit derartiger Klauseln aus, wenn auch unter der Voraussetzung, dass dem Kunden eine andere Möglichkeit der Zahlung – auch gegen Aufpreis – zugestanden werden muss3. 5.3.8.3 Rechtsprechung des BGH Der BGH hat in einer jüngeren Entscheidung strengere Kriterien dafür aufgestellt, unter welchen Voraussetzungen eine Lastschriftklausel zulässig ist4. So sei insbesondere eine mindestens fünf Werktage andauernde Frist zwischen dem Zugang der Rechnung und der Abbuchung des fälligen Betrags notwendig, um dem Kunden ausreichend Zeit zu geben, die Rechnung zu überprüfen und gegebenenfalls für Deckung auf seinem Konto zu sorgen5. Mit seiner Entscheidung wendet sich der BGH gegen die teilweise vertretene Auffassung, dass eine derartige Mindestfrist für die Zulässigkeit der Lastschriftklausel nicht notwendig sei. Dies wird mit dem Argument vertreten, dass die anfallenden Kosten für den Kunden aufgrund seines Anrufverhaltens abschätzbar seien, so dass er rechtzeitig für die notwendige Deckung des Kontos sorgen könne6. Dem entgegnet der BGH, dass der Kunde zwar in der Tat die Höhe seiner Telefonrechnung durch sein Anrufverhalten steuern könne. Doch es wäre lebensfremd, allein aus dieser Tatsache zu schließen, dass der Kunde die konkrete Höhe der Telefonrechnung hinreichend deutlich vor Augen hätte7. Vielmehr könne die Telefonrechnung etwa bei urlaubsbedingten Auslandsaufenthalten oder der Anwahl von _______________
1 van Gelder in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrecht, Band 1, § 56 S. 1170 Rz. 66. 2 LG Düsseldorf, NJW-RR 1996, 308 (309); Hahn, MMR 1999, 586 (588); Munz in: von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Telekommunikationsverträge (Stand: Dezember 1999), Rz. 37. 3 OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 374 (377 f.); Fuchs in: Spindler, Vertragsrecht TKAnbieter, Teil IV, Rz. 136; Kropf/Harder in: Spindler Vertragsrecht TK-Anbieter, Teil V, Rz. 130 ff.; Imping in: Spindler Vertragsrecht TK-Anbieter, Teil VI, Rz. 33; von Westphalen/Grote/Pohle, Telefondienstvertrag, S. 110 f.; Schöpflin, BB 1997, 106 (110). 4 BGH, NJW 2003, 1237. 5 BGH, NJW 2003, 1237 (1239). 6 von Westphalen/Grote/Pohle, Telefondienstvertrag, S. 110 f.; Schöpflin, BB 1997, 106 (110). 7 BGH, NJW 2003, 1237 (1239).
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K Rz. 564
Kundenschutz und Universaldienst
Mehrwertdiensterufnummern in ihrer Höhe deutlich variieren. Zudem werde ein Telefon im Einklang mit den Vertragsbedingungen oftmals neben dem Vertragspartner auch von anderen Personen (Angehörigen, etc.) genutzt, was ebenfalls der Voraussehbarkeit der Rechnungshöhe entgegenstehe und zu erheblichen Unsicherheiten führe. Der Möglichkeit des Widerspruchs gegen eine Kontobelastung, verbunden mit dem Verlangen der Gutschrift des abgebuchten Betrags, spricht der BGH die volle Kompensationswirkung für die entstehenden Nachteile ab. Ein Kunde könne durchaus ein Interesse daran haben, schon die Abbuchung des zu Unrecht in Rechnung gestellten Betrags zu verhindern. Gerade ein weniger vermögender Kunde laufe ansonsten Gefahr, sein Konto gegebenenfalls erheblich zu überziehen, wenn er seine Kontoentwicklung nicht ständig beobachte und deshalb nicht sofort Widerspruch gegen eine unrichtige Belastungsbuchung erhebe. 564
Die Entscheidung überzeugt weitestgehend, da das o. g. Fristerfordernis einen angemessenen Ausgleich zwischen den Anbieter- und Kundeninteressen bildet. In der Praxis wird der Rechnungsbetrag ohnehin erst nach einigen Tagen eingezogen. Für die meisten Beteiligten dürften sich daher keine nennenswerten Änderungen ergeben, wenn Lastschriftklauseln aufgrund des Urteils zukünftig durch entsprechende Prüfungsfristen ergänzt werden1. Zudem führt der BGH zutreffend aus, dass die hiermit verbundene zusätzliche Kostenbelastung aufgrund der Tatsache, dass die Anbieter durch den Ausschluss des erheblich kostenintensiveren Barzahlungsverfahrens in hohem Maße profitieren, durchaus gerechtfertig ist. Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass durch die Abweichung von § 271 Abs. 1 BGB dem Schuldner auf Kosten des Gläubigers faktisch ein Kredit gewährt werden würde. Es geht vielmehr darum, die Auswirkungen von Lastschriftklauseln auf die Dispositionsfreiheit des Kunden zu begrenzen. Für den Fall, dass der Kunde am Lastschriftverfahren nicht teilnimmt, kann der Verwender ein Zusatzentgelt für die administrative Abwicklung im Wege des Barzahlungsverfahrens verlangen2. Angesichts der BGH-Entscheidung ist bei der Gestaltung von Lastschriftklauseln zukünftig darauf zu achten, dass zwischen Zugang der Rechnung beim Kunden und der Abbuchung des fälligen Betrages eine mindestens fünf Werktage andauernde Prüffrist vorgesehen wird. 5.3.9 Preisanpassungsklauseln
565
Preisanpassungsklauseln ermöglichen dem Verwender formularmäßig den zuvor vereinbarten Preis nachträglich zu verändern oder veränderten Bedingungen anzupassen3. Bisher hat sich die Rechtsprechung mehrheitlich bei Reiseverträgen und Stromlieferverträgen mit Preisanpassungsklauseln be_______________
1 So auch: Schöpflin, WuB IV A § 307 (2002) 2.03, 550. 2 So das OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 374. 3 Fuchs in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307, Rz. 180.
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Allgemeine Geschäftsbedingungen und Kundenschutzvorgaben des TKG
Rz. 567 K
schäftigt. Veränderungen der Marktbedingungen machen es aber auch für Telekommunikationsanbieter oftmals erforderlich, ihre vereinbarten Preise der neuen Situation anzupassen, um so bei langfristigen Vertragsverhältnissen das Gleichgewicht von Preis und Leistung zu wahren1. Preisanpassungsklauseln sind unter den Wirksamkeitsvoraussetzungen des BGB grundsätzlich zulässig. Sie ergänzen das dispositive Recht. Der § 309 Abs. 1 Nr. 1 BGB (kurzfristige Preiserhöhungen) ist in diesem Zusammenhang nicht anwendbar, da Telekommunikationsverträge Dauerschuldverhältnisse sind. Die Grenzen der Gestaltung von Preisanpassungsklauseln ergeben sich aus § 307 BGB, d. h. die Klauseln müssen die Interessen des Verwenders als auch des Vertragspartners angemessen berücksichtigen. Der Kundenschutz spielt somit eine entscheidende Rolle bei der Frage der Wirksamkeit entsprechender Klauseln. Nach § 307 Abs. 1 BGB ist eine Preisanpassungsklausel unwirksam, wenn sie entgegen den Geboten von Treu und Glauben den Vertragspartner unangemessen benachteiligt. Sie darf nicht zu einer ausschließlichen oder überwiegenden Wahrung der Verwenderinteressen führen2. Nach der Rechtsprechung des BGH liegt eine unangemessenen Benachteiligung vor, „wenn die Preisanpassungsklausel dem Verwender ermöglicht, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerung hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne jede Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen“3. Dies entspricht dem Grundgedanken, dass Preisanpassungsklauseln allein dazu dienen das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung zu wahren. Eine Änderung des Gleichgewichts darf mit ihnen nicht verbunden sein. Um eine Erzielung von zusätzlichem Gewinn auszuschließen, muss die Preisanpassungsklausel die Erhöhungsvoraussetzungen konkret benennen4. Der Kunde muss in die Lage versetzt werden, die Preiserhöhung auf ihre Berechtigung hin zu überprüfen, damit für den Verwender nicht ein praktisch unkontrollierbarer Preiserhöhungsspielraum besteht.
566
Die Preisanpassungsklausel muss ferner dem in der Rechtsprechung anerkannten und nunmehr in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kodifizierten Transparenzgebot Rechnung tragen. Für die Wirksamkeit der Klausel kommt es entscheidend darauf an, dass sie klar und verständlich gefasst ist. Das Transparenzgebot schützt den Kunden vor dem Gebrauch ungenauer Tatbestände, oder ungenauer Rechtsfolgen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen5. Aus diesen Gründen muss der Vertragspartner den Umfang möglicher Preissteigerungen bereits bei Vertragsschluss aus der Formulierung der Klausel
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BGH, NJW-RR 2005, 1717. BGH, NJW-RR 2005, 1717. BGH, NJW-RR 2005, 1717; BGH, NJW 1990, 115 (116) m. w. N. BGH, NJW 1990, 115; Imping in: Spindler, Vertragsrecht der TK-Anbieter, 2000, Teil VI, Rz. 28. 5 BGH, NJW-RR 2005, 1717.
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K Rz. 568
Kundenschutz und Universaldienst
erkennen und die Berechtigung einer Preiserhöhung an der Klausel selbst messen und überprüfen können1. Die Kopplung an betriebsinterne Berechnungsgrößen, die der Kunde weder kennen noch mit zumutbaren Mitteln in Erfahrung bringen kann, ist ausgeschlossen2. 568
An die Konkretisierung der Erhöhungsvoraussetzungen werden hohe Anforderungen gestellt, die der Verwender der Preisanpassungsklausel oft nicht erfüllen kann oder will3. Aus diesem Grund besteht die Verpflichtung zur Konkretisierung nur im Rahmen des Möglichen. Ist eine Konkretisierung nicht möglich oder nicht gewollt, muss zum Schutz des Endnutzers zumindest ein Kündigungsrecht eingeräumt werden, das die mangelnde Konkretisierung der Preiserhöhungskriterien ausgleichen kann4. Dieser Gestaltungsmöglichkeit wird teilweise widersprochen: Das Kündigungsrecht stelle eine absolute Ausnahme dar. Nur wenn es dem Verwender ausnahmsweise nicht zumutbar sei, die Kostenfaktoren und die Voraussetzungen ihrer Veränderungen in die Klausel aufzunehmen, dürfe er sich auf eine einfache Änderungsklausel mit Lösungsrecht zurückziehen5. Im Hinblick auf die unklare Rechtslage empfiehlt es sich, Preisanpassungsklauseln möglichst präzise zu fassen und die benennbaren Bestandteile, die zu einer Preisänderung führen können, in der Klausel ausdrücklich aufzuführen. Die Klauseln sollten zudem mit einem entsprechenden Kündigungsrecht für „Konkretisierungslücken“ abgesichert werden. Gegebenenfalls bietet sich eine abgestufte Preiserhöhungsklausel an.
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Die dargelegten Grundzüge korrespondieren mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben des Art. 20 Abs. 4 URL. Danach haben die Teilnehmer das Recht, bei der Bekanntgabe beabsichtigter Änderungen der Vertragsbedingungen den Vertrag ohne Zahlung von Vertragsstrafen zu lösen. Zu solchen Vertragsbedingungen gehören auch die Preise. Die Änderungen müssen dem Kunden/Endnutzer mindestens einen Monat vorher angekündigt worden sein. Eine ausdrückliche Umsetzung dieser Vorgaben durch den deutschen Gesetzgeber ist bisher nicht erfolgt. Die Anforderungen der URL entsprechen aber weitestgehend den durch die höchstrichterliche Rechtsprechung und das BGB vorgegebenen Kriterien für die Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln, was insbesondere auch für das in Art. 20 Abs. 4 URL vorgesehene Kündigungsrecht im Fall der Nichtannahme von Vertrags-/Preisänderungen durch den Kunden gilt (siehe oben). In Bezug auf die Vorgaben des Art. 20 Abs. 4 URL ist damit allein die einmonatige Ankündigungsfrist bei der Durchführung von Vertrags-/Preisänderungen gesondert zu beachten. _______________
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BGH, NJW 2003, 507 (509); LG München I, Urt. v. 23.2.2006 – Az. 12 O 17192/05. BGH, NJW-RR 2005, 1717. v. Westphalen, Vertragsrecht, 21 Preisanpassungsklauseln, Rz. 25 f. v. Westphalen, Vertragsrecht, 21 Preisanpassungsklauseln, Rz. 26, m. w. N.; OLG München, Urt. v. 21.9.2006 – Az. 29 U 2612/06. 5 Hensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 309 Nr. 1, Rz. 18.
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Allgemeine Geschäftsbedingungen und Kundenschutzvorgaben des TKG
Rz. 571 K
Um die Abwicklung der Preiserhöhung zu vereinfachen und unnötigen Schriftverkehr zu vermeiden, besteht die Möglichkeit, dass der Kunde die Preiserhöhung mittels einer Einwilligungsfiktion annimmt. Grundsätzlich ist Schweigen keine Willenserklärung und entfaltet keine rechtliche Wirkung. Im Wege einer vertraglichen Einwilligungsfiktion kann aber ein beredetes Schweigen vereinbart werden. Die Zulässigkeit einer solchen Klausel richtet sich nach § 308 Nr. 5 BGB: Zunächst muss dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt werden. Lässt der Kunde diese Erklärungsfrist ungenutzt verstreichen, fingiert die Klausel, dass das Unterlassen eines Widerspruches als Einwilligung des Kunden zur Preiserhöhung gilt. Der Verwender muss den Vertragspartner jedoch bei Beginn der Frist auf die Bedeutung seines Verhaltens besonders hinweisen. Wann eine Frist von angemessener Dauer eingeräumt ist, lässt sich nur am Einzelfall entscheiden. Die Rechtsprechung lässt je nach Konstellation eine Frist von zwei bis zwölf Wochen genügen.1 In der Regel sollte eine Frist von sechs Wochen den Anforderungen des § 308 Nr. 5 BGB entsprechen. In Anlehnung an die Mindesteinwendungsfrist von acht Wochen nach § 45i TKG ist aber zu empfehlen, hier ebenfalls eine Frist von acht Wochen vorzusehen. Der erforderliche Hinweis lässt sich gut mit der Anzeige der Preisanpassung verbinden. Zu beachten ist aber, dass sich der Verwender bereits in der Klausel verpflichten muss, einen entsprechenden Hinweis zu erteilen. Der spätere Hinweis allein genügt nicht. Unterlässt der Anbieter den konkreten Hinweis, obwohl er eine entsprechende Verpflichtung in den AGB aufgenommen hatte, so bleibt die Klausel wirksam und nur die konkrete Erklärungsfiktion tritt nicht ein2.
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5.3.10 Datenverarbeitungs- und Datenschutzklauseln Telekommunikationsanbieter haben aus den verschiedensten Gründen ein Interesse daran, die personenbezogenen Daten ihrer Kunden zu erheben, zu verarbeiten und/oder zu nutzen. Nicht zuletzt werden Kundendaten zu Abrechnungszwecken, zur Bereitstellung von Dienstleistungen, zur Werbung, Marktforschung oder Beratung benötigt. Um einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Anbieter und den datenschutzrechtlichen Belangen der Teilnehmer zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber eine Reihe von Vorschriften geschaffen, die diesen Zielkonflikt im Sinne des Datenschutzes regeln. So dürfen beispielsweise die in § 96 Abs. 1 TKG angesprochenen Verkehrsdaten3, die im Rahmen der vertraglichen Nutzung des Anschlusses anfallen, für eine ordnungsgemäße Abrechnung des Entgelts genutzt, grundsätzlich aber nicht zum Zwecke der Vermarktung oder _______________
1 MüKo/Basedow zu § 308 Nr. 5 BGB, Rz. 12 m. w. N. 2 MüKo/Basedow zu § 308 Nr. 5 BGB, Rz. 13. 3 Verkehrsdaten sind Daten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (vgl. § 3 Nr. 30 TKG). Hierzu gehören insbesondere die Verbindungsdaten des Teilnehmers.
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K Rz. 572
Kundenschutz und Universaldienst
bedarfsgerechten Gestaltung von Telekommunikationsleistungen eingesetzt werden1. Eine ähnliche Regelung findet sich in § 95 TKG in Bezug auf Bestandsdaten2. Die Verwendung personenbezogener Kundendaten zum Zwecke der Werbung oder Beratung ist grundsätzlich nur mit Einwilligung des Kunden möglich3. Lediglich bei einer bestehenden Kundenbeziehung darf der Anbieter bei rechtmäßiger Kenntnis von Rufnummer oder Postadresse (einschließlich E-Mail), diese gemäß § 95 Abs. 2 S. 2 TKG auch ohne Einwilligung des Teilnehmers zur Beratung, zur Werbung für eigene Angebote und zur Marktforschung verwenden, es sei denn, der Teilnehmer hat einer solchen Verwendung widersprochen (sog. Opt-out-Lösung)4. In allen anderen Fällen ist – wie im Fall der Bonitäts- und Rücktrittsklauseln – eine den Voraussetzungen des § 4a BDSG entsprechende Einwilligung des Kunden erforderlich. Diese Einwilligung kann nicht im Rahmen einer AGBrechtlichen Regelung eingeholt werden, sondern erfordert eine ausdrückliche, gesonderte Erklärung des Kunden5. 572
Vor dem Hintergrund der vielfältigen gesetzlichen Vorgaben haben Datenverarbeitungs- und Datenschutzklauseln in AGB die Aufgabe, den Kunden über seine Datenschutzrechte aufzuklären. Insbesondere ist eine Konkretisierung der zu speichernden Daten (Bestands- und Verkehrsdaten) sowie ein Hinweis auf die (Höchst-)Speicherfristen vorzunehmen, da die Rechtsprechung eine Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot für unwirksam erachtet hat, die den Anbieter zur Speicherung der Bestandsdaten ermächtigt, ohne genau zu sagen, um welche Daten es sich hierbei handeln soll6. Es dürfe nicht sein, dass der Anbieter bestimmen könne, was Bestandsdaten sein sollen und was nicht. Auch der bloße Verweis auf die gesetzlichen Vorschriften wird zur Konkretisierung wohl nicht ausreichen, da ein rechtlich nicht vorgebildeter Kunde aus einem derartigen Verweis keinen Rückschluss auf den tatsächlichen Umfang eines solchen Speicherungsrechts ziehen kann. Angesichts dieser Rechtsprechung ist zu empfehlen, eine detaillierte Datenschutzklausel in die AGB aufzunehmen. Durch
_______________
1 Vgl. Teil H, Rz. 225 ff. 2 Bestandsdaten sind Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste erhoben werden (vgl. § 3 Nr. 3 TKG). Hiervon wird typischerweise Name, Adresse, Telefonnummer erfasst. 3 Siehe § 95 TKG (Werbung und Marktforschung), § 104 TKG (Teilnehmerverzeichnis), § 105 TKG (Auskunftserteilung). 4 Die Verwendung der Rufnummer oder Postadresse nach § 95 Abs. 2 TKG ist nur zulässig, wenn der Teilnehmer bei der Erhebung oder der erstmaligen Speicherung der Rufnummer oder Adresse deutlich sichtbar und gut lesbar darauf hingewiesen wird, dass er der Versendung weiterer Nachrichten jederzeit schriftlich oder elektronisch widersprechen kann (§ 95 Abs. 3 TKG). 5 Zu den Anforderungen des § 4a BDSG siehe oben bei Rz. 550. 6 OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 374; OLG Köln, CI 1999, 135.
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Allgemeine Geschäftsbedingungen und Kundenschutzvorgaben des TKG
Rz. 575 K
eine solche Klausel kommt der Anbieter gleichzeitig seiner Informationspflicht nach § 93 TKG nach1. Im Rahmen der Klausel kann der Kunde darüber hinaus auf sein Recht zur Aufnahme in ein öffentliches Teilnehmerverzeichnis und die damit verbundenen Rechte und Pflichten informiert werden. Der Kunde kann gemäß §§ 104 TKG, 45m TKG beantragen, dass sein Name, seine Anschrift und zusätzliche Angaben, wie Beruf, Branche und Art des Anschlusses in ein öffentliches Verzeichnis aufgenommen werden. Hierbei darf der Teilnehmer auch darüber bestimmen, welche persönlichen Angaben in das Verzeichnis aufgenommen werden sollen und welche nicht. Ebenso dürfen Mitbenutzer des Anschlusses in das Verzeichnis (mit)eingetragen werden2. Das Recht des Kunden, über den Inhalt des Eintrags zu bestimmen, darf durch die AGB nicht beschränkt werden. Darüber hinaus darf gemäß § 105 Abs. 1 TKG nur Auskunft über die in den Verzeichnissen enthaltenen Rufnummern erteilt werden. Der Teilnehmer muss gemäß § 105 Abs. 2 TKG darüber belehrt werden, dass er der Weitergabe seiner Rufnummer über Auskunftsdienste widersprechen kann. Über die Rufnummer hinausgehende Auskünfte dürfen nur erteilt werden, wenn der Teilnehmer in eine weitergehende Beauskunftung eingewilligt hat bzw. nach Hinweis durch seinen Diensteanbieter nicht von seiner Widerspruchsmöglichkeit Gebrauch gemacht hat.
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Im Rahmen einer Datenschutzklausel sollte der Kunde über die oben genannten Datenschutzrechte aufgeklärt werden. Dies betrifft: die Arten der erhobenen Daten (Bestandsdaten, Verkehrsdaten), Speicherfristen, sein Wahlrecht bezüglich des Speicherumfangs bei Verkehrsdaten nach § 97 Abs. 4 TKG (sofortige Löschung, vollständige Speicherung, verkürzte Speicherung), der Umfang der Datennutzung zum Zwecke der Werbung und Marktforschung sowie seine Rechte im Bereich Aufnahme in ein Teilnehmerverzeichnis und Auskunftsdienste. Schließlich ist der Kunde darauf hinzuweisen, dass er eine einmal erteilte Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann.
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5.3.11 Haftungsklauseln Wie jedes marktwirtschaftlich agierende Unternehmen haben auch Telekommunikationsanbieter ein berechtigtes Interesse daran, ihre Haftung durch eine entsprechende Gestaltung der von ihnen verwendeten AGB zu minimieren. Um dies zu erreichen, wird besonderes Augenmerk auf haftungsbegrenzende Klauseln gelegt. Fraglich ist jedoch, ob für eine derartige Haftungsbegrenzung überhaupt ausreichend Spielraum besteht. Dies gilt nicht zuletzt angesichts der Haftungsbeschränkung in § 44a TKG, wonach die Haftung des Anbieters bei nicht vorsätzlich verursachten Vermögens_______________
1 Vgl. Teil L, Rz. 165 ff. 2 Im Einzelnen bei Rz. 296 ff.
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K Rz. 576
Kundenschutz und Universaldienst
schäden auf höchstens 12.500 Euro je Endnutzer und maximal auf 10 Millionen Euro gegenüber der Gesamtheit der Geschädigten begrenzt ist1. Von dieser Regelung kann aufgrund des § 47b TKG nicht zum Nachteil des Kunden abgewichen werden2. Lediglich bei Endnutzern, die keine Verbraucher sind, besteht gemäß § 44a S. 4 TKG die Möglichkeit, die Höhe der Haftung durch einzelvertragliche Vereinbarung (abweichend) zu regeln3. Bei Endnutzern, die Verbraucher sind, ist demgegenüber eine für den Kunden nachteilige weitere Begrenzung der Haftung für nicht vorsätzlich begangene Vermögensschäden wegen § 47b TKG ausgeschlossen. Von § 44a TKG abweichende Haftungsregelungen in AGB sind unwirksam. Ein Ausschluss bzw. eine Begrenzung der Haftung über den in § 44a TKG vorgegebenen (Mindest-)Rahmen hinaus ist in AGB nicht möglich. Soweit in Verträgen/ AGB der Wortlaut des § 44a TKG wiedergegeben wird, handelt es sich um eine bloß deklaratorische Wiederholung von Gesetzesrecht, die nicht unbedingt erforderlich ist, da § 44a TKG als halbzwingendes Gesetzesrecht unabhängig einer vertraglichen Inbezugnahme Anwendung findet (vgl. Rz. 43 f.). Aus Gründen der Transparenz und Kundenfreundlichkeit macht ein solcher Hinweis aber durchaus Sinn. 576
Hinsichtlich der Kompensation von Personen- und Sachschäden schweigt der § 44a TKG, so dass es insoweit bei den allgemeinen Regelungen bleibt. Aus AGB-rechtlicher Sicht ist insbesondere § 309 Nr. 7 lit. a) BGB zu beachten, wonach eine Haftung wegen Personenschäden aufgrund einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung generell nicht ausgeschlossen werden kann. Ebenfalls unzulässig ist gemäß § 309 Nr. 7 lit. b) BGB der Ausschluss der Haftung für sonstige Schäden, d. h. Vermögens- und Sachschäden, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung beruhen. Im Umkehrschluss darf aus dieser Vorschrift jedoch nicht gefolgert werden, dass ein Ausschluss der Haftung für leicht fahrlässige Pflichtverletzungen jederzeit zulässig wäre4. Vielmehr ist die leicht fahrlässige Verletzung von vertragswesentlichen Pflichten aus dem Anwendungsbereich des § 309 Nr. 7 BGB nicht ausgenommen. Folglich kann der Anbieter seine Haftung für leicht fahrlässig verursachte Vermögens- oder Sachschäden nur ausschließen, sofern keine vertragswesentliche Pflicht betroffen ist5. Auch bei der Haftungsbeschränkung für Erfüllungsgehilfen besteht für den Telekommunikationsanbieter ein relativ geringer Spielraum. So wurde beispielsweise eine Klausel, nach der der Anbieter für Schäden, die dem Kunden im Zusammenhang mit der Nutzung ausländischer Netze entsteht, nur in dem Umfang haftet, wie der ausländische Netzbetreiber ihm gegenüber wegen _______________
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Zu § 44a TKG siehe oben Rz. 33 ff. Zu § 47b TKG siehe oben Rz. 12 ff. Siehe bei § 44a TKG unter Rz. 43 ff. BGH, NJW 1993, 335. Im Einzelnen bei Christensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 309 Nr. 7 BGB, Rz. 32 ff.
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Allgemeine Geschäftsbedingungen und Kundenschutzvorgaben des TKG
Rz. 579 K
Verstoß gegen § 309 Nr. 7 lit. b) BGB für unwirksam erklärt: Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Haftung des ausländischen Netzbetreibers aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Regelungen (auch) für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen oder begrenzt ist. Das OLG Düsseldorf ist daher von einer unzulässigen Haftungsbegrenzung für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten des Erfüllungsgehilfen ausgegangen1. Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Möglichkeiten des Telekommunikationsanbieters, seine vertragliche Haftung durch AGB zu beschränken, begrenzt sind. Lediglich für leicht fahrlässig verursachte Schäden besteht die Möglichkeit, die Haftung einzugrenzen (siehe oben). Bei sonstigen Vermögensschäden ist die gesetzlich vorgesehene Haftungsbeschränkung des § 44a TKG zu berücksichtigen.
577
5.3.12 Pauschalierter Schadensersatz In AGB finden sich häufig Regelungen zu pauschalierten Schadensersatzleistungen, die die Geltendmachung und Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen erleichtern sollen. Dies kommt sowohl dem Verwender als auch dem Kunden zu gute, da im Einzelfall der Streit über die Schadenshöhe vermieden oder jedenfalls vermindert werden kann2. Derartige Vereinbarungen sind allerdings nur in den Grenzen des § 309 Nr. 5 BGB zulässig. Danach ist die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs auf Schadensersatz oder auf den Ersatz einer Wertminderung unwirksam, wenn –
(a) die Pauschale den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt, oder
–
(b) dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale.
Eine Pauschalabrede ist demnach unwirksam, wenn die Pauschale höher ist, als nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwarten (§ 309 Nr. 5a BGB). Der Verwender hat sich hierfür an dem branchentypischen Durchschnittsschaden (und der im Durchschnitt der Fälle eintretenden Wertminderung) zu orientieren3. Individuelle Besonderheiten können keine Berücksichtigung bei der Bemessung der Pauschale finden. Im Streit obliegt es nach der Rechsprechung des BGH dem Verwender, darzulegen und zu beweisen, dass seine Pauschale dem typischen Schadensumfang entspricht4. _______________
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OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 374 (375). Hensen in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 309 Nr. 5 BGB Rz. 10. BGH, NJW 1984, 2093. Palandt/Heinrichs, § 309 BGB, Rz. 29; kritisch hierzu Hensen in: Ulmer/Brandner/ Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 309 Nr. 5 BGB, Rz. 17.
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K Rz. 580 580
Kundenschutz und Universaldienst
Eine Schadenspauschalisierung setzt zudem voraus, dass dem Kunden ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden (eine Wertminderung) sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale. Hieraus ist bereits abzulesen, dass der Kunde die Darlegungs- und Beweislast für die