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German Pages 371 [744] Year 1851
Archiv für
wissenschaftliche Kunde von
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Herausgegeben von
A.
E r m a n.
N e u n t e r E r s t e s
Band. H e f t .
B e r l i n , Verlag von G. Reimer.
1 8 5 0.
Die Wirksamkeit der Forst-Verwaltung des Ministerium der Krons-Domainen in Russland. (Aus der Petersburger Zeitung, Februar 1850).
JLfie jährlich in russischer Sprache im Druck erscheinenden Jahresberichte des Ministerium der Krons-Domainen, welche die mannigfaltig verzweigte Wirksamkeit dieses Ministerium veröffentlichen, geben uns zum Gesammturtheil über die Forstdomainen-Verwaltung Russlands ein ebenso umfassendes, als gründliches Mittel an die Hand. Aus diesen Berichten ersehen wir nun, dafs, zum Zwecke der Herbeiführung einer wirksameren Forstverwaltung und Forsteinrichtung, im Jahre 1843 ein besonderes Forst-Departement gegründet wurde, welches die bisher in den verschiedenen Departements des Ministerium vereinzelten Forstabtheilungen, sowie die Inspektions-Verwaltung des Förster-Corps in sich vereinigte. Dasselbe hatte sich, um systematisch zu verfahren, die Begränzung und die Vermessung der Domainen-Forste als erste Aufgabe gestellt, weil ohne die Bekanntschaft mit den Gränzen und Gröfsen der Forste keine weitere Mafsregel mit Erfolg einzuleiten und durchzuführen war. — Die sofort vorgenommenen oberflächlichen Vermessungen, wobei die vorhandenen Karlen und Pläne benutzt wurden, ergaben einen Flächeninhalt sämmtlicher Kronsdomainen-Forste von 115 Millionen Desjatinen oder circa 460 Millionen preusErmans Russ. Archiv. Bd. IX. H. 1.
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Industrie lind Handel.
sische Morgen*). In Folge dieser Vermessungen konnten besondere Gouvernements-Forstkarten angefertigt werden, welche die Zahl, Gröfse, L a g e , Entfernung von den Absatzorten, sowie die benutzbaren Flossstrafsen der verschiedenen Forste nachwiesen. Nachdem durch dieses Mittel ein Ueberblick über das ungeheure W a l d m e e r gewonnen w a r , schritt m a n zur Anfertigung einer forstlich-statistischen Beschreibung der W a l d e r , nach einer gleichmäßigen Instruktion, wobei auch eine spezielle Revision der Gränzen bezweckt wurde. Nach derselben sind bis jetzt 24 Millionen Desjatinen W a l d (circa 96 Millionen preufsische Morgen), getheilt in 1490 der wichtigeren Forste, nach ihren Gränzen berichtigt und beschrieben. Die günstigen Erfolge dieser Mafsregel veranlafsten das Ministerium zur G r ü n d u n g einer besonderen Abtheilung für Forstgeometer beim Forstdepartement, und richtete dasselbe dann die Aufmerksamkeit zunächst auf die Herstellung eines wirksamen Fortschutzes, um sowohl den D e f r a u d a t i o n e n , als auch den W a l d b r ä n d e n Schranken zu setzen. Z u diesem Z w e c k e w u r d e n Forstinspektoren angestellt, deren j e d e m mehre Gouvernements mit der Verpflichtung anvertraut w u r d e n , die forstlichen Zustände seines Bezirkes zu ü b e r w a chen. Dieselben stehen unmittelbar unter dem D e p a r t e m e n t , und sind die bei jeder G o u v e r n e m e n t s - F o r s t v e r w a l t u n g angestellten G o u v e r n e m e n t s - F o r s t m e i s t e r ihnen u n tergeordnet. Gleichzeitig sind die W ä l d e r in Forste u n d diese in Beritte und Distrikte gelheilt, und zur B e w a c h u n g der letzteren, wobei die Kronbauern besonders zum Schutz gegen W a l d b r a n d verpflichtet sind, die nöthige Anzahl der W ä c h t e r bestimmt. Aber bei der Nichtachtung des russischen Bauers gegen den W a l d , bei der häufig grofsen E n t f e r n u n g in welcher der zum W ä c h t e r zu wählende B a u e r vom F o r s t e w o h n t e , erwies es sich bald als unumgänglich n ö t h i g , im W a l d e selbst B a u e r n mit ihren Familien unter dem N a m e n *) Diese und die folgenden Angaben in Morgen sind um nabe an 7Proc. zu vermehren, indem eine Desjatine =3 4,2788 Pr. Morgen. K.
D i e Wirksamkeit der F o r s t - V e r w a l t u n g - in Russland.
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„ W a l d w ä c h t e r " anzusiedeln. Solche Ansiedelungen fanden j e doch wieder ihre grofsen Schwierigkeiten. D e r russische B a u e r ist an ein geselliges Leben gewöhnt und verläfst den heimathlichen Heerd u n g e r n ; der Aufbau der erforderlichen G e b ä u d e , sowie die Rodungen zu den Ländereien für die W a l d w ä c h t e r erforderten sehr bedeutende Ausgaben. In B e rücksichtigung dieser Umstände konnte natürlich auch nur in den werthvolleren Waldungen eine solche Einrichtung ausgeführt w e r d e n , wogegen zum Schulze der minder wichtigen W ä l d e r , sowie um gleichzeitig den verabschiedeten und auf unbestimmte Zeil beurlaubten Soldaten ein Mittel zum guten Unterhalte zu bieten, im J a h r e 1846 solche Soldaten als Militair-Waldwächter angestellt w u r d e n , für welche man dann ein kleines Häuschen im W a l d e aufbaute, einen Gemüsegarten d a neben einrichtete und ihnen eine J a h r e s g a g e aussetzte. Diese militairischen W a l d w ä c h l e r slehen unler der Aufsicht besonderer W a l d b e r e i t e r , deren J e d e r mehrere Distrikte bereiten, und revidiren mufs. Eine ähnliche Verlegung der bisherigen W o h n u n g der F ö r s t e r , welche in den ihren Forsten nächstbelegenen Dörfern und Städten wohnten, erwies sich ebenfalls als n o t h w e n d i g , und alljährlich w e r d e n zu diesem Z w e c k e durch besondere O e k o n o m i e - S u m m e n Forsteien (Forsthäuser) in der Mitle der W ä l d e r aufgebaut, welche dem Revierförster die Aufsicht und Bewirthschaftung des ihm anvertrauten W a l des bedeutend erleichtern. Gleichmäfsig mit diesem Fortschritte richtete die Forstv e r w a l t u n g ihr Auge auf die möglichste Vergröfserung der bisher aus den forstlichen Bildungs-Anstalten hervorgegangenen Zahl von F o r s t m ä n n e r , und strebte denselben eine vorzugsweise praktische Richtung zu geben. Bis zum J a h r e 1840 überstiegen die jährlich in den Dienst t r e t e n d e n , forstlich gebildeten Offiziere die Zahl 12 nicht; von der Zeit an aber treten jährlich durchschnittlich 30 Zöglinge aus dem Forstinstitute zu St. P e t e r b u r g in die praktische Lehrforstei zu Lissino ( G o u v e r n e m e n t St. P e t e r s b u r g , Kreis Z a r « k o j e - S e l o ) ü b e r , wo nicht allein der vollständig eingerichtete und regel1*
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Industrie und Handel.
recht b e w i r t s c h a f t e t e , 25000 Desjalinen (100000 preufsische Morgen) haltende Forst, sondern auch alle in gröfster Vollkommenheit betriebenen russischen W a l d g e w e r b e , sowie ein forstliches, naturhistorisches Museum, alle Mittel bieten, um unter Leitung des dortigen forstlich tüchtig gebildeten Direktors und besonderer Lehrer durch tägliche Uebung die nöthigen praktischen Kenntnisse zu erwerben. Ausserdem sind zur Bildung der nöthigen Waldbcreiter in der Nahe von St. Petersburg, Moskau und Grodno sogenannte Jägerschulen angelegt, w o selbst aufser dem Unterrichte in der russischen S p r a c h e , im Rechnen, in der Messkunde upd Planzeichnen, auch die Elemente der F o r s t w i r t s c h a f t theoretisch und praktisch in solchem Umfange gelehrt w e r d e n , wie es die künftige Bestimm u n g der Zöglinge fordert. In solchen Anstalten w e r d e n auch Schüler von Privatbesitzern für eine Pensionssumme von 100 Rubel Silber jährlich aufgenommen. Diese in ihrer Z w e c k mäfsigkeit vielfältig bewährten Jägerschulen verdienen aus dem Berichte des Ministeriums eine besondere Hervorhebung, da sie die wichtige Aufgabe erfüllen: auch unter der niederen Klasse der Bevölkerung den Sinn und die Wichtigkeit des Forstwesens erfolgreich anzubahnen, besonders da die Zahl der Zöglinge sich gegenwärtig schon auf 150 beläuft. Die guten F r ü c h t e einer solchen Saat werden nicht ausbleiben. Damit nun aber auch die in den Lehranstalten forstlich vorgebildeten Forstoffiziere im Verlaufe ihrer praktischen Wirksamkeit einen Anhalt besitzen, welcher denselben als mafsgebend und leitend dienen k ö n n e , so ist ein Handbuch oder sogenanntes vade mecum für dieselben verfafst, welches unter dem Titel „Gedächtnifsbuch" in drei Theilen übersichtlich und leicht verständlich in scharfen Grundzügen die F o r s t gesetze, den W a l d b a u , den Fortschutz, die Forsttaxation, die Forsttechnologie, sowie verschiedene Instruktionen und F o r s t polizeimafsregeln enthält. Ausserdem wird jedem Förster u n entgeltlich das Forstjournal zugeschickt, welches wöchentlich bogenweise erscheint, und ihm über die Fortschritte des Forstwesens im In- und Auslande K u n d e bringt.
Die Wirksamkeit der Forst-Verwaltung; in Russland.
S o vorbereitet und ausgerüstet ist man zur Lösung der Aufgabe, bezüglich der Einführung einer regelrechten W i r t schaft in den Russisch. Wälder geschritten. Im Besitze gehöriger Kenntnisse über die forstlichen Zustände der Waldungen w u r d e es möglich, denjenigen Forsten die volle Wirksamkeit der Verwaltung zuzuwenden, welche in Bezug auf L a g e und Absatz als die wichtigsten zu betrachten sind. In diesen w u r d e nun zuerst, durch eine sich der Fachwerksmethode anschliessende ßetriebsregulirung, der nachhaltige Etat bestimmt, und nach demselben gewirthschaftet. D a d u r c h , sowie durch eine strenge Handhabung des Forstschutzes gelang es nicht allein, diejenigen Mehreinnahmen aus den Wäldern zu erzielen, welche zur D e c k u n g der Unkosten bei der Ausführung so grofsartiger Arbeiten unumgänglich waren und wozu der Staat keine besonderen Mittel angewiesen hatte, sondern auch die Staatseinnahme w u r d e dadurch um ein Bedeutendes gesteigert. Bei dem nunmehr eingeführten regelrechten Betriebe m a c h t e sich indessen der Mangel guter Samendarren zur E r langung des nöthigen S a m e n q u a n t u m s f ü h l b a r , und sofort w u r d e der Aufbau m e h r e r e r zweckentsprechender S a m e n d a r ren veranstaltet, von denen die Bedürfnisse an Nadelholzsamen zur Genüge befriedigt werden können. Diese D a r r e n stehen unter der Aufsicht von Forstmilitairwachen, welche für das Geschäft die gehörige Unterweisung erhalten h a b e n , sowie für das zweckmäfsige Einsammeln, Aufbewahren u n d V e r s e n den des Samens. Ingleichen ist auch für das Forslkultur-Geschäft ein vollständiger Leitfaden veröffentlicht worden. Die Forstverwaltung beschränkte sich jedoch nicht auf die Beschützung und Einrichtung schon vorhandener W ä l d e r ; im Gegentheil sehen w i r , wie diefs aus den Berichten des Ministeriums hervorgeht, die rastlose Thätigkeit derselben auch dem waldarmen Süden des grofsen Reichs zugewendet. „ D i e Bewaldung der S t e p p e n , " eine so häufig versuchte, so vielfältig a n g e r a t h e n e , noch häufiger bezweifelte, und ebenso oft mifslungene U n t e r n e h m u n g , ist mit gröfster Umsicht eingeleitet. Tüchtig gebildeten und f ü r die Lösung ihrer Auf-
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Industrie und Handel.
gäbe begeisterten jungen F o r s t m ä n n e r n , unter denen H e r r v. G r ä f f als guter Botaniker und gebildeter Forstmann bekannt ist, w u r d e die Ausführung des Versuches übertragen. Diese fanden bald die Erfahrung der dortigen deutschen Kolonisten bestätigt: dafs die gröfste Gefahr für das Gedeihen der Anpflanzung in den Steppen in der Schwierigkeit liege, die aus dem Samen erzogenen Pflanzen bis zum dritten Lebensjahre gegen die D ü r r e zu schützen. N u r durch die unermüdlichste mit grofsen Entbehrungen verknüpfte Pflege der Saaten und Pflanzungen auf anfangs kleinen F l ä c h e n , unter deren Schutz und Schatten das fernere Fortschreiten der Waldkultur n u r ausführbar ist, kann hier das vorgesteckte Ziel erreicht w e r den. Mit gerechten Hoffnungen erfüllt es uns zu erfahren, dafs schon im Jekaterinoslaw'schen, Taurischen und C h a r k o w schen Gouvernement, sowie in Bessarabien besondere MusterPflanzgärten angelegt sind und gedeihen. — Die Arbeiten in diesen Pflanzgärten werden durch Arbeiter und Bauernsöhne ausgeführt, welche Letztere unter der Aufsicht oben e r w ä h n ter Förster die Handgriffe beim Kulturgeschäft erlernen, u m nach vollendeten Lehrjahren ähnliche Pflanzgärten in der H e i matli unfern der Dörfer anzulegen. Die Zahl der auf diese W e i s e bis jetzt beschäfligteu Bauernjünglinge beläuft sich auf 6 8 , und soll dieselbe alljährlich vergröfsert werden. Um nun in der Zukunft auch den Einfluss welchen die W ä l d e r auf das Steppenklima üben w e r d e n , vergleichsweise mit der G e g e n w a r t bestimmen zu können, ist bei der Jekaterinoslawischen gröfseren Pflanzschule ein meteorologisches Observatorium errichtet. — In den K a l m y k e n - S t e p p e n des Gouvernements Astrachan hat man gleichfalls eine Waldkultur v o r genommen, und schon sind 154 Desjatinen vermittelst Pflanzung bestockt, welche als das Ergebnifs dreijähriger B e m ü h u n g e n von 1846 bis 1849 keinen Zweifel übrig lassen dafs die Bestückung der vorläufig festgesetzten Fläche von 700 D e sjatinen (circa 2800 preufsische Morgen) in Kurzem erreicht sein wird. — Solche Pflanzungen werden von den nomadisirenden K a l m k y e n , und zwar von 20 Familien zu einer D e -
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Die Wirksamkeit der Forst-Verwaltung in Russland.
sjatine., ausgeführt, was sich ohne Bedrückung dieser leicht erlangen läfst.
Völker
Ebenso hat man im Taurischen Gouvernement die Bindung der Aleschki'schen Flugsandstrecken begonnen, indem man, wie die Berichte nachweisen, seit dem J a h r e 1843, 907 Elesjatinen (circa 3 6 2 8 preufs. Morgen) mit Weiden und P a p pelstecklingen besetzte; ferner bedeutende Saaten ausführte und 905 Millionen Pflänzlinge successive verpflanzte. S o weit die Berichte — aus denen wir nur noch als B e weis der günstigen Resultate welche durch die unermüdliche Thätigkeil der Forstverwaltung erlangt sind, Folgendes theils summarisch, theils vergleichend hinzufügen: 1) YVirthschaftliche Beschreibungen, sowie neue Karten wurden von 1490 Forsten angefertigt, welche eine Fläche von 1 2 2 7 7 7 8 8 Desjatinen (circa 4 9 Millionen preufsische Morgen) einnehmen. 2) Die Gränzberichtigung wurde auf einer Gesammtfläche von 2 4 4 4 6 8 2 2 Desjatinen (circa 97 Millionen preufs. Morgen) ausgeführt. 3) Für den nöthigen Forstschutz wurde durch Ansiedelung von 1057 Familien als beständige Waldwächter und durch Anstellung von 1853 Forstbereitern gesorgt. 4) Der günstige Erfolg solcher Mafsregeln ergiebt sich aus der Vergleichung der früheren Defraudationen und W a l d brände mit den in den letzten J a h r e n Statt gefundenen, indem nämlich: a) im J a h r e 1 8 4 2 : 4 9 1 1 Defraudationsfälle im W e r l h e von 3 8 6 0 0 0 Rbl. Slb. und 7 9 0 Waldbrände im W e r t h e von 4 3 2 0 0 0 Rbl. Slb. vorkamen; b) im J a h r e 1847 dagegen betrug der Werth der Defraudationen nur 1 3 5 8 2 5 Rbl. S l b ; der W e r t h der W a l d brande aber nur 4 7 6 5 2 Rbl. Slb. 5 ) Die Forstlehranstalten lieferten seit 1 8 4 3 : 171 Zöglinge welche als Förster fungiren, und 12 welche als Waldbereiter angestellt sind. 6) 115 Forste mit einem Flächenraume von 2 1 3 8 3 4 1 D e -
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Industrie and Handel.
«jatinen (circa 8533364 preufsische Morgen) sind speziell taxirt und eingerichtet. 7) 15300 Desjatinen Sümpfe und Moore sind entwässert und völlig trocken gelegt. 8) Die in dem Zeiträume von 1843 bis 1847 verbrauchte und selbstgewonnene Samenmenge beläuft sich auf 13366 Pud (534640 Russ. Pfund) und die der versetzten Pflänzlinge auf viele Millionen Stück. 9) Die baaren Forst-Revenuen betrugen im Jahre 1842 752000 Rbl. Slb., wogegen dieselben im J. 1847 auf 1315687 Rbl. Slb. stiegen. 10) Veranschlagt man hingegen die unentgeltlich verabfolgten Holzmassen nach dem Geldwerthe, so beläuft sich der Geldertrag nach der Forsteinnahme des J . 1847 auf 3457922 Rbl. Slb., wogegen die Ausgaben desselben Jahres 887087 Rbl. Slb. betragen, folglich ungefähr 25 pCt. der Gesammteinnahme.
Der Berg Bogdo und der Salz-See Ba^kuntschaz * ) .
I ß ie weite Ebene welche den S ü d - O s t e n des europäischen Russlands etwa vom 50. Grade nördlicher Breite bis zum Kaspischen Meere im S ü d e n , und zwischen dem Uralflufs im Osten und der W o l g a im W e s t e n einnimmt, w a r nach Ansicht einiger Geologen einst das Bette eines Meeres, das, nachdem es verlaufen, unzählige Sandhügel auf dieser E b e n e zurückliefs. Merklich gegen diese Hügel stechen m e h r e r e mehr oder weniger hohe Felsenberge a b , unter denen der grofse Bogdo der höchste ist. Die Kalmyken nennen ihn B o g d o i n - K i u n d e und die Tartaren Karassugun. E r liegt im nördlichen Theile des Gouvernements Astrachan im Kreise J e n o t a j e w s k , 5 5 W e r s t vom linken Ufer der Wolga. Sein Umkreis am Fufse beträgt etwa 7 Werst, seine E r h ö h u n g über dem Meeresspiegel nach Göbels Messung 1035 E. Fufs oder 147 4 /. Sajen. Er ist reich an Höhlen und Schluchten, von denen besonders die gegen Norden liegenden tief und steinig sind. D e r nördliche Abhang ist ausserdem noch besonders steil. D a s Gleiche gilt vom westlichen, an dem ein ziemlich beschwerlicher W e g den Bogdo hinaufführt. Die interessanteste Seite desselben ist die östliche, deren südliche Hälfte sich durch eine Reihe bedeutend schroffer Felsen von der Höhe des Bogdo trennt, *) Nach dem Russ. des Journal des Ministeriums Minist, •winutrennich djel).
des Innern (Jurn.
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Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
w ä h r e n d die nördliche Hälfte durch eine quer liegende tiefe Schlucht in 2 Theile getheilt wird, von denen der niedere einen Y o r b e r g zum Bogdo mit eigener Spitze, schroffen felsigen Abhängen und vielen Höhlen bildet. D e r höhere zieht sich unmerklich zum Gipfel des Bogdo hin. Dieser rundet sich in der Form einer Kuppel ab und ist, die kleinen ihn deckenden Kalksteine abgerechnet, fast ganz kahl. Dies letztere gilt auch von der Spitze des Vorbergs und den einzelnen sich aus den Schluchten heraushebenden Höhen. Die unteren Flächen des Bogdo sind meist mit Grün überzogen, mit Ausnahme derer auf denen sich Lehmboden vorfindet, auf welchem eine rothblühende, dicht wachsende Pflanze wuchert. Die höheren Bergtheile entbehren meist jedes Pflanzenschmuckes. Nur hin und wieder ziert die steinbedeckten kahlen Bergflächen eine hellfarbige Blume. Ist es für den durch die E b e n e den W e g nehmenden Reisenden ein angenehmes Gefühl w e n n sein Blick in der F e r n e die luftigen Höhen des Bogdo erkennt, w e n n die erst schwachen Umrisse immer bestimmter werden und sich endlich derselbe ganz darstellt — so ist es nicht weniger erfreulich wenn man den Gipfel auf dem beschwerlichen P f a d e erstiegen hat und um sich schaut. Die früher so langweilende E b e n e erscheint nun dem Auge nicht weniger wohlthuend als vorhin der B e r g Bogdo, auf dessen Schluchten und Höhen und F e l sen und überraschenden Abwechselungen der Blick des Reisenden nicht ungern weilt. Schon die Aussicht von dein Gipfel des Vorbergs auf dem nördlichen Abhänge ist lohnend, doch in keinem Vergleiche mit der von der Spitze des Bogdo selbst. Nördlich vom Bogdo, V/ z W e r s t von seinem Fufse, findet sich ein gewaltiger Salzsee, der bei Russen und Kirgisen der basskuntschazkische heifst, bei den Kalmyken aber BogdoinDobassu, d. i. Hundskopf *). Er bildet ein verlängertes Oval *) Dieser Name soll von einem Iiande herrühren, der im See umkam, durch das Salzwasser aber gegen Verwesung geschützt, lange in dem-
Der Berg Bogdo und der Salz-See Basskuntscbaz.
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mit einem Längendurchmesser von 9 W e r s t in der Richtung von Norden nach S ü d e n , einein B r e i t e n - D u r c h m e s s e r von 6 W e r s t in der Richtung von Osten n a c h W e s t e n und einem Uinlange von 4 2 W e r s t . — Die meist senkrechten Ufer sind von verschiedener Höhe, im S. und N. von 2 «Sajen, im W . von 4 und von ganz unbedeutender H ö h e im Osten. Die Ufer bildet rüthlicher L e h m , nur das westliche hat stellenweise Gyps. Bei ruhigem nicht zu heissem W e t t e r ist der S e e gewöhnlich voll. D a s W a s s e r hat einen starken Salzgeschinack und die F a r b e des ¡Meeres. Die Tiefe des Sees ist unbedeutend. Sie beträgt im Mittel nur 10 Werschok (17,5 E.Z.). D e r Boden des Sees ist eben, hart wie Stein, und von weisser Farbe. D u r c h das Durchscheinen des hellfarbigen Grundes erscheint auch das W a s s e r bei ruhigem W e t t e r schneeweiss, bei vollkommen reinem Himmel bläulich, bei windigem W e l t e r grünlich und w e n n es regnet stark g r a u schattirt. Die verschiedene Tiefe des Wassers hangt zunächst von den Winden ab. So z. B. staut der Südwind das W a s ser u m mehr als 2 Arschin am nördlichen Ufer und so in gleicher Weise, der N o r d - , Ost- und W e s t w i n d an den entgegengesetzten Ufern. E i g e n t ü m l i c h ist das Getöse welches gehört wird wenn der S e e unruhig ist; zum wenigsten u n t e r scheidet es sich merklich von dem Gelöse in Flüssen und Seen mit süfsem Wasser. Die um den S e e wohnenden R u s sen nennen sein S a l z - W a s s e r Rapa, die T a t a r e n Tusluk. Bei anhaltend trockenem W e l l e r bietet der See eine e i g e n t ü m liche Erscheinung. Sein W a s s e r verschwindet nämlich in kurzer Zeit gänzlich, theils durch Verdunstung, theils durch BilZudung der sich aus ihm ablagernden Salzkryslalle. weilen sind kaum 2 4 S t u n d e n zu diesem H e r g a n g e erforderlich. — Alsdann zeigt sich dem Auge eine aus fester Salzmasse gebildete, völlig e b e n e , schneeweisse F l ä c h e , die mit einer Menge festangewachsener Salzkrystalle bedeckt ist, selben verblieb und sich immer wieder zeigte — besonders bei windigem Wetter. —
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Physikalisch-mathematische W issenschaften.
Diese sind so frisch dafs man an ihrer unlängstigen Entstehung nicht zweifeln kann. Den so ausgetrockneten See zu Fufse zu passiren ist wegen dieser Krystalle, die den Boden uneben und rauh machen, nicht gut möglich; eher noch kann man ihn durchreiten, was Kirgisen und Kalmyken auch zuweilen thun. Ueber die Stärke der den Boden bildenden Salzlage weiss man zwar wenig Bestimmtes, sie muss aber nach den Ergebnissen der von der Regierung eigends zu diesem Zwecke angestellten Untersuchungen ziemlich (?) bedeutend sein. Gegen das südliche Ufer nimmt sie ab, ja unmittelbar in der Nähe desselben ist die Salzschicht nur äusserst dünn. Der Boden besteht hier aus einem grauen oder blaugrauen weichen Lehm von stark salzigem Geschmack, der mit der Tiefe immer mehr zunimmt, so dafs zuletzt der Lehm ganz in eine Salzschicht überzugehen scheint. Um den See Basskuntschaz herum liegen mehrere in der Landessprache „Balki" genannte Bodeneinschnitte oder Schluchten, von denen einige Höhlen und Quellen mit süfsem Wasser enthalten. Besonders bekannt sind eine Schlucht an der östlichen Küste des Sees von den Kirgisen Karassu genannt, d. i. Schwarz-Wasser (wahrscheinlich von dem schmutzigen, wenig salzigen Wasser, womit der Boden dieser Schlucht bedeckt ist) und eine andere 2 Werst vom westlichen Ufer des Sees und 20 vom Bogdo entfernt, die in einer unterirdischen Grotte von 2 Sajen Länge, Höhe und Breite, süfses Wasser enthält. Das basskuntschazkische Salz war früher Gegenstand eines Handels, von dem die um den See wohnenden Kalmyken und Tschernojarzen einen nicht unbedeutenden Gewinn zogen. Jetzt hat die Regierung den Salzbetrieb übernommen. Zu diesem Zwecke befinden sich unmittelbar am See (früher am Ufer der Achtuba) die nöthigen Einrichtungen unter der Aufsicht zweier Salinenbeamten, >denen ein astrachansches Kosaken-Kommando zu W a c h - und anderen Diensten untergeben ist. Wir wollen jetzt noch einige der in diesen Gegenden so zahlreichen Sagen erwähnen, weil sie uns nicht nur am besten
Der Berg Bogdo und der Salz-See Basskuntsehaz.
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in die Anschauungsweise der B e w o h n e r j e n e r noch so w e n i g bekannten Gegenden einführen, sondern auch darthun, welches dort die ursprünglichen Beziehungen zwischen der E r d e und ihren Bewohnern waren. D e r grofse und der kleine Bogdo, welcher letzterer m e h r als 10 W e r s t von jenem entfernt liegt und von Kirgisen u m w o h n t ist, erzählt m a n , existirten in früheren Zeiten nicht. Ihre Entstehung hatte folgende Veranlassung. Einst pilgerten zwei heilige Manner zum B o g d o - O l a (heiligen B e r g ) , der in China liegt, um dort zu beten. Sie hatten dies glücklich vollbracht und dachten an ihre Rückkehr. Dankerfüllten H e r zens beschlossen sie in die Heimalh wenigstens einen kleinen Theil dieser wunderthätigen E r d e mitzunehmen. Sie füllten deshalb jeder einen Beutel mit E r d e von dem grofsen B e r g e , nahmen ihn auf den Rücken und wanderten der Heimath zu. Aber bevor es ihnen vergönnt w a r dieselbe zu erreichen, erlag der Eine der L a s t , die er bisher im frommen Eifer so weit getragen. Er fiel und starb und als die heilige E r d e den Boden berührte, erhob sich ein Berg aus derselben. E s w a r dies der kleine Bogdo im Lande der Kirgisen. Die Kräfte des anderen Reisenden w a r e n gröfser. E r w a n d e r t e weiter und erreichte die G l ä n z e des von den Kalmyken bew o h n t e n Landes, trug die heilige Last noch zehn W e r s t weit e r , w o er sie alsdann, als die Kräfte versagten, ablegen mufste. Da entstand der grofse Bogdo. D e r P i l g e r , noch voll Schmerz und E r m ü d u n g , m u r r t e darüber und stürzte sich dann im Gefühl der R e u e über diese mit seinem heiligen W e r k e so wenig im Einklang stehende S ü n d e von der Höhe des Bogdo auf die Felsen des östlichen Abhanges, welche er weithin mit seinem Blute röthete. Die rothen Blumen, welche denselben Abhang besonders zahlreich schmücken, sind für die Kalmyken noch jetzt s t u m m e Zeugen jenes einst vergossenen Blutes. Sie bewahren desshalb eine heilige Scheu vor dem Gipfel des Bogdo und ersteigen ihn nie. D e r höchste P u n k t bis zu dem sie sich wagen, ist der Schlangenberg, eine E r h ö h u n g auf dem östlichen Abhänge des B o g d o , w o er
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
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sich mit seinem südlichen T h e i l nach W e s t e n wendet. E r h ö h u n g erhebt sich nur 2 Sajen der F o r m
eines Kraters
Name „Schlangenberg" dafs sich
in
gen fänden.
der Zu
Diese
über den B e r g r ü c k e n in
mit trichterförmiger Oeffnung. soll
Vertiefung
von dem Umstände dieser E r h ö h u n g
viel
Schlan-
diesem S c h l a n g e n b e r g wallfahrten
wohner der U m g e g e n d und fernen Länder.
Der
herrühren, die
Be-
Besonders zahl-
reich kommen die P i l g e r von den Ufern der W o l g a , die nach gethanem G e b e t dem B e r g g e i s t kleine Geldmünzen
darbrin-
gen, welche sie unter Steinen verbergen, um sie vor den geldgierigen Blicken der Kirgisen und Kalmyken zu sichern.
Den
B e r g g e i s t betrachten sie als den B e w o h n e r des ihnen heiligen B o g d o , zugleich
aber auch als Urheber des inneren Getöses,
das sich nicht selten auf demselben hören lässt. Auch der S a l z s e e Basskuntschaz ist der Gegenstand m a n nigfaltiger S a g e n .
W i r übergehen diese und theilen hier nur
noch folgende allgemein
verbreitete Erzählung m i t ,
die B e w o h n e r j e n e r
Gegend treffend
etwa
ein
8 Jahren
ritt
Kosak
S c h l u c h t Karassu und gedachte,
welche
charakterisirt. —
durch
die
früher
Vor
erwähnte
da es heifs w a r und er in
der S c h l u c h t W a s s e r b e m e r k t e , sein Pferd daselbst zu tränken.
Er
stieg
ab und liefs es
frei in
K a u m aber w a r das Pferd bis etwa in gekommen,
als plötzlich der
nen
wich
Füfsen
und
die Mitte
ins Man
treten.
desselben unter
sei-
D e r K o s a k eilte sofort
zur Hülfe, überzeugte sich j e d o c h bald ausrichten könnte und lief daher
dafs er allein
wenig
benachbarte D o r f , kam
Stricken — aber das Pferd fand man nicht. verschwunden.
Bassin
schlammige Boden
es versank.
einige L e u t e herbei zu holen.
das
mit S t a n g e n
um und
E s w a r spurlos
N a c h anderthalb Monaten erst w a r d es mit
S a t t e l und Z a u m wunderbarer W e i s e in einem kleinen F l u s s e entdeckt,
welcher sich 5 0 W e r s t von dem Ufer des S e e s in
die Achtuba ergiefst.
Ueber die Schwarz - Erde im südlichen Russland.
U n t e r dieser Aufschrift enthält das Bulletin der Petersburger Akademie der Wissenschaften *) die Ergebnisse einer vom Professor an der Universität zu Jena, E. Schmid, ausgeführten chemischen Analyse der in Russland unter dein Namen S c h w a r z - E r d e —tschernosem — bekannten Bodenart — Ergebnisse, die wenn sie auch keine der im Betreff dieses Gegenstandes schwebenden Fragen zum Abschlüsse bringen, doch als Beitrag zur Physiologie dieser, den Naturforschern wie den Landwirthen gleich interessanten Bodenformation, Beachtung verdienen. Hr. Schmid halte zu seiner Verfügung vier Proben von Schwarz - Erde, die sämmtlich aus dein Gouvernement Orel stammten und welche ihm von Herrn A. Hagen, aus Reval zugeschickt Wären. „Bei mikroskopischer Untersuchung verhalten sich alle vier Proben in gleicher Weise. Sie bestehen zum gröfseren Theile aus unregelmäfsigen, völlig unkrystallinischen Bruchstücken einer farblosen Mineralsubstanz im Durchmesser von *) Bulletin de la classe physico-mathématique. Tome V i l i . Nr. I I , 12. Vergi, aucli in dies. Arch. Bd. I. S . 5 & 4 , Bd. VIII. S. 479, und M a r c h i s on Geology of Russia Bd. I. S. 557.
16
Physikalisch- mathematische Wissenschaften.
höchstens 0"',04, zum kleineren Theile aus braunen Humusflocken. S e h r vereinzelt sind cylindrische oder spitz-konische Stäbchen eingestreut mit theils verbrochenen, theils abgerundeten Enden, mit glatter, welliger, höckeriger bis zackiger Oberfläche, innen mit einer braunen Masse ausgefüllt oder hohl. D e r Querdurchmesser dieser Stäbchen beträgt 0"',004 — 0"',007; ihre Länge ist sehr verschieden. Infusorienresten entsprechen sie durchaus nicht, auch nicht bestimmten Pflanzenorganismen: sie mögen zu E h r e n b e r g ' s Phytolithen gehören." Die Untersuchung der vier Erdproben auf ihren Humusgehalt ergab keinesweges eine so beträchtliche Menge organischer Bestandtheile, als man nach der überaus grofsen Fruchtbarkeit der S c h w a r z - E r d e erwarten konnte. E s wird durch dieses Ergebnifs nur bestätigt, was auch sonst als ziemlich gewifs gilt, dafs nämlich der Grund der dunkeln Farbe und der hohen Ertragsfähigkeit der S c h w a r z - E r d e nicht in ihrem Humusgehalte zu suchen ist. Die in R e d e stehende U n t e r suchung ergab: für die Probe — — —
1 2 3 4
= = = =
12,16$ Humus 8,29 — 5,73 — 8,62 —
d. h. nicht mehr als in guter Kultur stehende Ackerkrumen und Flussmarschboden ganz gewöhnlich enthalten. Mit dem auf diese Weise ermittelten Humusgehalt steigt und fällt, wenn auch nicht in ganz gleichem Verhältnifs der Stickstoffgehalt. Nach der V a r r e n t r a p p s c h e n Methode mit Natronkalk geglüht, entwickelten die vier Bodenarten beträchtliche Mengen von Ammoniak. Die Bodenproben wurden zu diesem Versuche zwischen 100 und 115° Cels. ausgetrocknet Mit Berücksichtigung des Wassergehaltes ergaben sich: im Boden I Stickstoff 0,99$ — — II — 0,45
Ueber die Schwarz-Erde im südlichen Russland.
17
i m B o d e n III S t i c k s t o f f 0 , 3 3 § _
_
IV
—
0,48
In ß e z u g a u f die m i n e r a l i s c h e n arten wird
Bestandtheile der B o d e n -
bemerkt:
„ Z u d e r B e s t i m m n n g der m i n e r a l i s c h e n B e s t a n d t h e i l e d e r Bodenarten wurden
die b e i
haltenen
Glührückstände
hellrothen
Ein Schlämmen
derselben
der B e s t i m m u n g des H u m u s als
Ganzes
konnte nämlich,
mikroskopische Untersuchung
bei der durch die
herausgestellten
Gleichartigkeit,
kein e r s p r i e s l i c h e s R e s u l t a t liefern.
D i e feineren
ren
wohl
Gemenglheile
konnten
schieden werden,
dadurch
er-
genommen.
von
und
gröbe-
einander
a b e r n i c h t specifisch v e r s c h i e d e n e .
ge-
Wollte
m a n das G r ö b e r e : S a n d ,
das F e i n e r e : T h o n n e n n e n , so w ü r -
den b e i d e B e z e i c h n u n g e n
mit i h r e r g e w ö h n l i c h e n
nicht
übereinstimmen.
Auch
die
grösseren
Bedeutung
Mineralbrocken
sind so klein, dafs m a n sie in M a s s e n i c h t S a n d n e n n e n w ü r d e , sondern P u l v e r ;
und
nach
der
Milde dieses
Pulvers,
fehlen
die den S a n d s o n s t s t e t s c o n s t i t u i r e n d e n Q u a r z k ö r n c h e n
ganz.
Auch entwickelt d e r B o d e n beim Anhauchen keinen T h o n g e r u c h . " W i r k ö n n e n hiebei n i c h t u n t e r l a s s e n die B e m e r k u n g „die den
Sand
sonst konstituirenden Quarzkörnchen
h i e r n o c h b e s o n d e r s zu w i e d e r h o l e n ,
fehlen
n i g e n S a n d e s in d e r S c h w a r z e r d e ihr V e r s c h l o s s e n s e i n den
atmosphärischen
scheint ( ? ! ) . e r g a b als
Das
Feuchtigkeits-Niederschlag
von
procentische Z u s a m m e n s e t z u n g der
Thonerde
.
,
.
.
.
Eisenoxyd Manganoxyd
zu
Herrn Schmid angewandte
Kieselerde und Silikate
.
.
.
.
ganz"
da das F e h l e n des k ö r gegen
erklären Verfahren
Gliihrückstände
I
II
III
IV
93,77
94,06
94,85
92,73
1,29
2,39
1,80
1,34
2,70
2,33
2,95
3,14
0,16
0,04
0,01
0,00 1,57
Kohlensaure Kalkerde
.
1,40
0,88
0,43
Kohlensaure Talkerde
.
1,09
0,48
0,38
1,18
0,07
—
—
0,12
0,21
0,27
0,31
0,25
0,08
0,11
0,12
0,10
100,77 100,56 100,85
100,43
Phosphorsäure
.
.
.
Kali Natron Ermans Russ. Archiv. Bd. IX. H. 4.
.
2
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
18
D e r Aufsalz schliefst mit folgender
Bemerkung:
„ V e r g l e i c h t man die Z u s a m m e n s e t z u n g der S c h w a r z e r d e mit derjenigen anderer B o d e n a r t e n ,
so zeichnet sich dieselbe
w e d e r durch einen G e h a l t an solchen S a l z e n aus, die sich in Wasser
sogleich auflösen,
noch
durch
einen R e i c h t h u m
an
Alkalien und alkalischen E r d e n ; an P h o s p h o r s ä u r e und S c h w e felsäure ist sie s o g a r arm.
Die Schwarzerde
kann
also die
E l e m e n t e der Pflanzenaschen w e d e r vorzugsweise rasch, noch v o r z u g s w e i s e reichlich abgeben.
N u r der Humusgehalt ist b e -
trächtlich und zugleich damit der Sticksloffgehalt.
F r a g t man
daher w o r a u f denn eigentlich die ü b e r s c h w ä n g l i c h e und n a c h haltige Fruchtbarkeit
der S c h w a r z e r d e
Aufmerksamkeit zunächst werden.
auf
den
beruhe,
so
mufs
Humusreichthum
die
gelenkt
Allein obgleich der Humus in den gemäfsigten Kli-
maten ein wesentlicher B e s t a n d t e i l des kulturfähigen B o d e n s zu sein scheint, so ist doch seine W i r k u n g eine vorherrschend mechanische.
D e r Humus lockert
den B o d e n
und
befördert
dadurch den Zutritt der Atmosphärilien zur W u r z e l ;
er kann
aufserordentliche Mengen von W a s s e r aufsaugen und hält dieselben
hartnäckig
einem
völligen
zurück,
Ausdorren
so
dafs
weniger
der humusreiche ausgesetzt
ist,
h u m u s a r m e ; endlich kann die bei der l a n g s a m e n des Humus freiwerdende W ä r m e Dagegen
enthält
auch
auch von
der Humus
nicht
Boden als
der
Verwesung
Bedeutung die E l e m e n t e
sein. der
Aschensalze, die der Pflanze nur durch den B o d e n zugeführt w e r d e n k ö n n e n , und wie rialien
wenig er im S t a n d e ist die M a t e -
der organischen Pflanzenbestandtheile zu liefern,
geht
aus den grofsartigen V e r s u c h e n B o u s s i n g a u l t ' s *) über die dem B o d e n während eines vollständigen F r u c h t w e c h s e l s durch die E r n t e n entzogenen
und durch
die
Düngung
gegebenen
Stoffe mit unabweislicher Klarheit hervor. Aus der chemischen Z u s a m m e n s e t z u n g
können
die V o r -
z ü g e der S c h w a r z e r d e w e d e r unmittelbar, noch allein abgeleitet werden.
In F o l g e des Humusgehaltes befindet sie sich in
*) Boussingault. Economie rurale.
T o m . II. Cap. VII.
19
Ceber die Scliwarz-Krde im südlichen Rnssland.
einem Zustande der A u f l o c k e r u n g , lation von Kohlenstoff,
durch w e l c h e die Assimi-
Wasserstoff
Atmosphäre sehr begünstigt
wird.
und S a u e r s t o f f B e i ihrer
den einzelnen Pflanzen nach der T i e f e ein und damit gewissennafsen
weiter
ein vergröfserles
so dafs auf einer F l ä c h e S c h w a r z e r d e
eine
aus
der
Mächtigkeit
ist
Spielraum,
Areal
gestattet,
grüfsere
Anzahl
Pflanzen ebenso üppig gedeiht, als eine kleinere Anzahl Pflanzen auf einer gleichen F l ä c h e anderen
Bodens.
D i e S c h w a r z e r d e pafst in unser S y s t e m der Bodenkunde nicht hinein.
Am meisten stimmt die Z u s a m m e n s e t z u n g ihres
mineralischen Antheils mit
einem T h o n s c h i e f e r
w a g e es nur als eine V e r m u t h u n g
überein.
hinzustellen, dafs
Ich
sie
aus
einer bis zum vollständigen Zerfallen vorgeschrittenen V e r w i t terung eines T h o n s c h i e f e r s entstanden sei.
Diese Vermuthung
könnte allerdings gestützt w e r d e n durch die ausserordentliche Entvvickelung
der
Grauwackengruppe
und durch die vorherrschend gehörigen Glieder.
im
Innern
Russlands
mürbe Beschaffenheit
der
In wie weit aber die zerreiblichen
dazu Grau-
w a c k e n g e s t e i n e R u s s l a n d s eine gleiche Z u s a m m e n s e t z u n g den R u s s i s c h e n T h o n s c h i e f e r n h a b e n ,
mit
und in w e l c h e r B e z i e -
hung das V o r k o m m e n der S c h w a r z - E r d e zu den G r a u w a c k e n gebieten s t e h t , mögen Andere entscheiden. Die
Schwarz-Erde
unterscheidet sich durch
das
Fehlen
der Infusorien v o m Marschboden, durch den strukturlosen H u mus, der keine pflanzlichen F o r m e n erkennen läfst, vom Moorund T o r f b o d e n , durch die Gleichartigkeit seiner Mengung und durch den g e r i n g e n H a r z g e h a l t v o m Heideboden.
Ueber den Gebrauch des sogenannten AneroidBarometer von
A. E r m a n *).
G enaue Vergleichungen des Luft-Druckes an verschiedenen Punkten der Erde sind von anerkanntester Wichtigkeit, sowohl zur Bestimmung von Höhenunterschieden als auch und vorzüglich zur Erweiterung unseres Wissens von den Bewegungen der Atmosphäre. Barometerbeobachtungen an vielen Punkten ihres Weges gehören daher auch zu den gewöhnlichsten Aufgaben die sich wissenschaftliche Reisende stellen. Ihre Bemühungen scheitern aber nur zu oft an der Schwierigkeit des Transportes der 3 Fufs langen, mit Quecksilber gefüllten Glasröhre, welche noch immer ein fast unerlässliches Requisit zu solchen Beobachtungen ausmacht. — Ein jedes tragbarere Surrogat des gewöhnlichen Barometers ist demnach sorgfältig zu beachten, und es wäre in demselben, wenn es die Eigenschaften eines strengen Messinstrumentes besäfse, für die Physik der Erde eines der wesenlichsten Hiilfsmittel gewonnen. *) Nach einer Mittheilung über denselben Gegenstand, die ich vor etwa zwei Jahren der G e o g r a p h i s c h e n G e s e l l s c h a f t gemacht habe,
inPetersburg
weil mir das in Rede stehende Instrument grade bei
denjenigen ausgedehnten und beschwerlichen Landreisen welche diese Gesellschaft zu veranlassen beabsichtigte, anwendbar schien.
E.
Ueber den Gebrauch des sogenannten Aneroid-Barometer.
21
Die bisher angewendeten tragbareren Mittel zur Bestimmung des Luftdruckes (mit alleiniger Ausnahme der auf Beobachtung des Kochpunktes begründeten sogenannten T h e r m o b a r o m e t e r ) setzten alle an die Stelle einer direkten Messung jenes Druckes, die Messung seiner Wirkung auf das Volumen eines elastischen Körpers. Man hat daher immer bei der Anordnung solcher Apparate zu dem ursprünglichen Barometer ein Element hinzugefügt, welches man, seiner Bestimmung zu Folge, die baroskopische Substanz zu nennen hätte. Die M a n o m e t e r , die S y m p i e z o m e t e r und die D i f f e r e n z i a l b a r o m e t e r sind fast identische Anwendungen dieser einfachen Idee, und es ist auch wiederum dieselbe auf der sich Herrn V i d i ' s sogenanntes A n e r o i ' d b a r o m e t e r gründet. Dieser neue Apparat unterscheidet sich jedoch in folgenden zwei, sehr vortheilhaft scheinenden Punkten, von seinen Vorgängern aus eben jener Klasse. 1. Die baroskopische Substanz, die bisher immer eine constante Menge eines Gases über einer abschliefsenden flüssigen Säule gewesen w a r , ist in dem Aneroid-Barometer ein f e s t e r K ö r p e r . Man misst an ihm mittelst eines Fühlhebelapparates die Einsenkungen welche die obere dünnere Wand einer luftdichten und durch Glühung geleerten metallenen Büchse, durch den jedesmaligen Luftdruck erfährt. Man vermeidet auf diese Weise ohne weiteres die Anforderung der T r o c k e n h e i t d e s a b g e s c h l o s s e n e n G a s e s , welche an alle manometrischen Apparate, und zwar meist ohne einen Beweis für ihre vollständige Erfüllung, gestellt werden musste; und man durfte ausserdem erwarten, dafs die Angaben des neuen Instrumentes in einem geringeren Grade als die jener früheren von der nicht immer vollständig bekannten Temperatur des comprimirten Körpers abhangen würden. 2. In allen Apparaten in denen Luft als baroskopische Substanz gebraucht wird, misst man die Volumenänderungen derselben durch ihren Einfluss auf eine Quecksilbersäule die in einer Glasröhre enthalten ist. Man hat also in ihnen den Theil des T o r i c e l l i s c h e n Barometers der seine Tragbarkeit
22
Physikalisch - mathematische Wissenschaften.
erschwert, n u r verkürzt, aber nicht abgeschafft. In dem Anero'id-Barometer w e r d e n dagegen die fraglichen Z u s a m m e n drückungen direkt an einem Zeigerwerke gemessen welches sich, w e n n e s b e i i n T r a n s p o r t e d e s I n s t r u m e n t e s g e h ö r i g a u s g e l ö s t u n d g e k l e m m l w i r d , ebenso ungeändert und daher auch ebenso zuverlässig erhalten liisst, wie die ähnliche Vorrichtung an dem Haarhygrometer *). Diese Vorzüge der neuern Einrichtung würden indessen nur dann erst e r w ä h n u n g s w e r t h und wichtig, wenn man sie mit demjenigen Grade von Genauigkeit verbunden fände, der bei den meisten wissenschaftlichen A n w e n d u n g e n des B a r o meters unerlässlich ist. Z u r Entscheidung über diesen Punkt inusste aber namentlich untersucht werden ob die Elastizität der baroskopischen Substanz des Aneroi'd-Barometers vollkommen genug ist um bei der Wiederkehr gleicher Umstände, auch mit genügender Strenge gleiche Volumina und somit auch gleiche S t ä n d e des messenden Z e i g e r s , herbeizuführen. Diese Untersuchung w a r unter dem doppelten Gesichtspunkt von Veränderungen zu f ü h r e n , die nur den L u f t d r u c k bet r ä f e n , als auch von solchen, die s o w o h l d i e s e r D r u c k als auch die T e m p e r a t u r d e s I n s t r u m e n t e s erleiden. — E s w a r aber auch klar dafs, sobald einmal in diesen beiden Fällen zu Gunsten eines solchen Apparates entschieden wäre, einige vorläufige und ein für allemal auszuführende Versuche hinreichen mussten um eine jede Ablesung an demselben gleichbedeutend zu machen mit einer gleichzeitigen Bestimm u n g des auf 0° T e m p e r a t u r reduzirten B a r o m e t e r s L a n d e s . Die folgenden V e r s u c h e , die ich mit einem Exemplare des sogenannten Anero'id-Instrumentes **) angestellt habe, ver*) E i n e
Vorrichtung zur Auslösung und Befestigung des Zeigerwerkes
fehlte übrigens an allen Exemplaren des Anero'id-Barometers welche icli bisher gesehen habe und man hatte daher diesen den Besitz ihres wesentlichsten Vorzuges erst durch einen, zwar sehr einfachen
aber
auch unerlässlichen Zusatz, zu sichern. **) E s trug die Aufschrift: Barom. Aneroide No. 4 9 2 par Petitpierre ä Berlin.
Ueber den Gebrauch des sogenannten Aneroid-Barometers.
23
anlassen nun in der T h a t dasselbe für ein in vielen Fällen höchst wiinschenswerthes Surrogat eines Quecksilberbarometers zu erklären. W e n n man nämlich mit: B den auf 0° T e m p e r a t u r reduzirten w a h r e n B a r o m e t e r stand, P die gleichzeitige Ablesung an dem Anero'id-Barometer, t dessen T e m p e r a t u r und mit H, a und ß drei von der Beschaffenheit des individuellen Instrumentes abhängige Zahlen bezeichnet, so ist klar, dafs die oben erwähnten Bedingungen der Brauchbarkeit des neuen Instrumentes d a n n und n u r d a n n erfüllt sind, wenn man den Unterschied zwischen j e d e r an ihm geschehenen Ablesung und jedem gleichzeitig ermittelten Barometerstand bei 0° Quecksilbertemperalur, oder die Gröfse: B — P, hinlänglich nahe dem folgenden Ausdrucke entsprechend findet: B — P = (H—P).a — ß.P.t E s ist dann eben der mit den Argumenten P und t berechnete oder aus einer Tafel entnommene W e r t h dieser C o r rection: B — P den man zu jeder Ablesung an dem AneroidBarometer hinzuzufügen hat, um sie in den gesuchten w a h r e n Barometerstand zu verwandeln. Aus der nachfolgenden Beobachtungsreihe (Tafel II) wird man finden, dafs für das hier in R e d e stehende Instrument H = 340,66 P a r . Linien a = 0,1241 und ß = 0,0002343 und daher auch: B—P = (340,66 - P)0,124l — P.t.0,2343.10"3 zu setzen waren. D e r B e t r a g dieser Reduction ist aus Taf. I. zu entnehmen und man bewirkt durch Anbringung derselben an die Zahlen der ersten Spalten von Tafel II, den aus der letzten Spalte eben dieser Tafel ersichtlichen Grad von Uebereinstimmung zwischen den Ablesungen an dem Anero'id-Barometer und den anderweitig ermittelten Barometerständen. D e r letztere erscheint ziemlich g e n ü g e n d , wenn man erwägt,
24
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
dafs das von mir gebrauchte Exemplar des neuen Apparates nur die g a n z e n Vielfachen von der als Linien bezeichneten Einheit a n g a b ; dafs e s , durch die Anordnung seines Zeigers, die Ablesungen nicht gehörig gegen parallaktische Fehler schützte; so wie auch endlich dafs, w ä h r e n d der schnellen Temperaturwechsel denen ich das Instrument aussetzte, die Angaben des äusserlich an ihm angebrachten T h e r m o meters nicht immer genugsam mit der T e m p e r a t u r der ausdehnsamen Metnilfläche in seinem I n n e r n , übereingestimmt haben dürften.
Ueber den Gebrauch des sogenannten Aneroid-Barometers. c©
25
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Beiträge zur Klimatologie des Russischen Reiches.
59
Die Erdtemperaturen die man bei C r a i g l e i t h in jeder der verschiedenen Tiefen an den Rlitlagen der einzelnen T a g e und zwar von 1837,0 bis 1842,0 beobachtet h a t , sind von Herrn Forbes zu Mitteln aus 7tägigen Gruppen vereinigt w o r d e n , von denen das erste zu J a n u a r 0,0 nach astron. R e c h nung gehört. Die auf diese Weise entstandenen Zahlen finden sich auf S. 213 in der mehrgenannten Abhandlung. Es folgen dagegen hier die Mittel aus theils 35tägigen theils 28tägigen G r u p p e n , zu denen ich eben diese Z a h l e n v e r e i n i g t h a b e , die E l e m e n t e die zur R e d u c t i o n dieser Mittel auf die nach g l e i c h e n Z e i t i n t e r v a l l e n e i n g e t r e t e n e n T e m p e r a t u r e n gefühlt haben und die zuletzt genannten T e m p e r a t u r e n selbst. Die Buchstaben d, c und d haben dabei die im Vorhergehenden genannte Bedeutung und zwar s o , dafs die mit dem ersteren bezeichnete Gröfse auch hier wieder die W e r t h e erhielt, die im Mittel für die Periode von 1837,0 bis 1842,0 gellen. Ich habe ausserdem bei eben diesen Reductionen die folgenden hinreichend angenäherten Resultate einer vorläufigen R e c h n u n g gebraucht. F ü r die Beobachtungen in: 3 Engl. Fufs Tiefe 6 Engl. Fufs Tiefe log ß' = 0,8997 A' = 245° 4' loga' = 0,8103 Ä = 233° 16' l o g a " = 9,3101 A" = 79° 50' l o g a " = 9,5037 A" = 63° 10' 12 Engl. Fufs Tiefe 24 Engl. Fufs Tiefe l o g a ' = 0,6315 A' = 2 0 9 M 0 ' l o g a ' = 0 , 2 7 3 9 A' = 162°30' l o g a " = 9,2508 A" = . 29°50' l o g a " = 8,7450 A" = 323° 10»
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go_ !>•„ o^ co, co, > in" t>." t>T i C t C t-T t-~T =
—9,624
JV» =
oder a' = A! = so
wie
9°,837 258°4',0
auch,
wenn
Beobachtete v =
30
m =
= — 0,061
ß =
+ 0,454
a" =
0°,458
A" =
97°41',0
man
die
Gröfse:
45,477 +
0,0465
Berechnete
v —
e setzt die W e r t h e von e:
für: (Ui 0°
11°52',53
Weithe:
M= 2
u = 4
u= 8
+ 2°,16 — 0°,12 — 0°,21
0°,00
+ 0°,02
u = 0
+ 0,52
M= 1
—0,11
— 0,19
— 0,01
—0,09 —0,02 + 0,04
60
— 0,68
+ 0,36
+0,19
+ 0,03
90
—0,04
— 0,28
—0,01
— 0,01
120
+ 0,45
+ 0,19
— 0,21
—0,08
+ 0,04
150
—0,89
—0,11
0,00
+ 0,01
+ 0,07
180
—0,99
+ 0,07
+ 0,17
—0,01
— 0,05 —0,02
210
+ 2,81
+ 0,15
+ 0,40
+ 0,09
240
+ 0,15
-
— 0,15
+ 0,07
—0,01 +
0,52
270
+ 1,41
— 0,46
—0,38
—0,06
300
+ 0,81
+ 0,26
+ 0,21
+ 0,10
—0,05
330
— 0,11
-0,24
-0,01
+ 0,26
+ 0,03
[«*] ==
17,951
=
17,95
0,904 18,08
0,560 22,44
0,102 12,23
0,01
0,022 17,60
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
70 1!.
mit loge-P =
—0,08800
als w a h r s c h e i n l i c h s t e
o d e r pc
Werthe:
=
-2,206
M"
JV =
—9,387
JV" =
M'
oder «' =
9°,643
A> =
—0,032
=
+
a" =
256° 46',6
n =
0
n =
1
u =
9 4 ° 15',5 2
-f 2°,36
+
0",05
— 0°,ll
30
+
—
0,15
— 0,11
60
-1,23
0°
0,39
+0,15
+
0,425 0°,426
A" =
u n d die W e r t h e v o n fiir fit
U°36',62
=
0,04
c: « =
4
0°,00
—
+
0,03
—0,05
+ 0,19
— 0,01
—0,02
120
+
0,16
—0,27
—
150
— 0,97
— 0,09
—0,09
0,10
+
0,04
0,10
+
0,32
180
—
1,25
—
210
+
2,45
—
240
—
0,02
— 0,74
-0,18
270
+
1,61
-
0,38
—
300
+
1,31
+
0,56
330
+ 0,37 =
>0,
95
=
2n,-i0
0,33
0,09 0,00
—0,03 +
+
0,01 0,03
+
0,06
—0,03 0,00
—0,05
+ 0,03
— 0,07
+
+0,27
+ 0,11
+ 0,10
+
1,168
0/135 18,42
0,11
+
0,06
+ 0,15
•23,36
+0°,01
0,02
— 0,19 0,2
8
—
+
90
| n —
0,24 0,090
10,82
0,04
—0,02 +
0,06 0,0.8
22,30
Beiträge zur Klimatologie des Russischen Reiches.
71
III. mit loge-P 0 , 0 9 2 0 0 oder pc = 12°8',33 als wahrscheinlichste W e r t h e : M> = — 1 , 8 7 8 M" = — 0 , 0 3 6 N' = — 9,840 N" = + 0,469 10°,002 a" = 0°,470 • oder a' = A' = 259° 11',6 A" = 9 4 ° 3 7 ' , 0 und die W e r l h e von e: für u = C u = ] u = 2 /ut u = 4 u = 0°
8
+ 1 °,96
— 0°,26
—0°,29
— 0°,0l
+0°,04
30
+ 0,43
— 0,20
—0,23
-0,02
— 0,06
60
-0,96
+ 0,34
— 0,01
+ 0,04
+0,03
90
+ 0,09
+ 0,34
+ 0,01
0,00
+0,09
120
+ 0,67
+ 0,30
—0,17
— 0,07
+0,07
150
— 0,65
+0,05
+ 0,08
+ 0,02
+0,08
180
— 0,75
+ 0,21
+ 0,23
-0,02
—0,07
210
+ 2,94
+ 0,26
+ 0,48
+ 0,11
—0,07
240
+ 0,15
—0,48
—0,12
+ 0,09
—0,06
270
+ 1,24
— 0,52
-0,38
-0,05
—0,03
300
+ 0,55
+0,13
+ 0,12
+0,08
-0,06
330
— 0,40
— 0,42
—0,10
+0,24
+ 0,04
1,239
0,637
0,093
0,042
W = 17,047 9w [«'] = 17,05
24,78
25,48
11,16
33,50
Physikalisch - m a t h e m a t i s c h e Wissenschaften.
72
D i e G e s a m m t s u m m e d e r Q u a d r a t e d e r auf das G e w i c h t 1 reduzirten Fehler
o d e r die G r ö f s e : .£(/(„).je 2 ] b e s i t z t
der N ä h e ihres absoluten th en
von
p in
Minimum
Beziehung
bei g e g e b e n e n
auf die ü b r i g e n
also in Wer-
Veränderlichen
von d e n e n sie a b h ä n g t , f o l g e n d e r e l a t i v e M i n i m u m w e r t h e : loge-P
p
— 0,088
0,20263
95,30
2g(u)
—0,090
0,20723
88,30
—0,092
0,21184
Sie entsprechen bekanntlich dem
|= wenn ß
111,97 Ausdruck:
Q+a(x-p)*
das absolute Minimum der genannten S u m m e und x
d e n j e n i g e n W e r t h v o n p bei dein dieses M i n i m u m u n d w e l c h e r mithin d e r w a h r s c h e i n l i c h s t e E s folgen
a b e r auf diese W e i s e
wahrscheinlichste
als z u s a m m e n g e h ö r i g e
Werthe:
loge-P = p
=
u n d £2
=
—0,08946 0,20597 ^(u)[e2] =
87,17
so w i e a u c h , d u r c h eine W i e d e r h o l u n g d e r o b i g e n mit
diesem
der übrigen
Werthe
vorkommt
ist, b e z e i c h n e n .
von p ,
die
Rechnung
wahrscheinlichsten
Werthe
Constanten: m =
45,776
ß = -f 0,04667
«' =
9°,736 Ä ' =
257° 40',7
a" =
0 ° , 4 5 5 A" =
97°45',5
Die Beobachtungen
in den e i n z e l n e n T i e f e n («), w e r d e n
e n d l i c h d u r c h diese bis auf f o l g e n d e F e h l e r (e) d a r g e s t e l l t , die w i e b i s h e r in F a h r e n h e i t s c l i e n G r a d e n a u s g e d r ü c k t s i n d :
73
Beiträge znr Klimatologie des Russischen Reiches.
Ht
für 11 = 0 u =
0° 30
I
1 | u =
K=
+ 2,27
— 0,03
— 0,14
u =
2
4'
+0,02
— 0,03
+ 0,59
— 0,06
— 0,13
— 0,09
—0,06
60
— 0,96
+ 0,37
+ 0,04
— 0,06
—0,01
90
— 0,09
+ 0,25
0,00
— 0,10
+ 0,04
120
+ 0,36
+ 0,13
— 0,23
—0,11
+ 0,04
150
— 1,02
— 0,19
— 0,04
+ 0,03
+ 0,06
+ 0,10
+ 0,06
— 0,06
ISO
— 1,10
— 0,04
210
+ 2,72
+ 0,09
+ 0,34
+ 0,14
— 0,02
240
+ 0,13
-0,55
— 0,19
+ 0,12
— 0,02
270
+ 1,46
— 0,43
— 0,39
— 0,05
+ 0,01
300
+ 0,93
+ 0,32
+ 0,21
+ 0,11
— 0,05
330
+ 0,02
-0,18
+ 0,04
+ 0,24
+ 0,03
0,890
0,454
0,146
0,018
=
19,226
18,16 17,80 == 19,23 17,54 oder 2 g w \ a * ] = 87, 7.
14,50
Die W e r l h e welche die Gröfse: ¿f(w)[e2] in den einzelnen der 5 Beobachtungsleihen erlangt, nähern sich der Gleichheit genugsam um eine Wiederholung der R e c h n u n g unter einer veränderten Hypothese über jene Gewichte als unnöthig darzustellen. — E s folgt ferner, da hier aus 60 ß e o b a c h t u n g s zahlen, 7 Constanten bestimmt worden sind, für den w a h r scheinlichen Fehler einer B e s t i m m u n g vom Gew i c h t e g der Ausdruck: 0,6745.1/4: t o6.g
=
— \/g und demnächst der w a h r s c h e i n l i c h s t e F e h l e r einer berechneten L u f t t e m p e r a t u r :+0°,87 — — Bodentemperatur in 3 P a r . F . T . : ± 0 ° , 1 9 — — - 6 - - - : + 0°,14 —
—
—
-
12
-
-
-
:+0°,08
—
—
—
- 24 -
-
-
:+0°,03
74
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
der Miltleren Lufttemperatur (m) :+0°,104 der Z u n a h m e der Bodentemperatur für j e 3 P . F . T . : + 0°,0142 des Coefficienlen a' :±0°,053 - Winkel A' :±12',04 - Coeffizienten a" :±0°,053 - Winkel A" :±522',00 wo wiederum der F a h r e n h e i t s e h e Grad als Einheit der T e m p e r a t u r e n und die B o g e n m i n u t e als Einheit der W i n kelgröfsen genommen sind. Neben dem eben bestimmten w a h r s c h e i n l i c h e n F e h l e r der nach unserem Ausdrucke berechneten Lufttemperaturen ist, an den ihnen zu Grunde liegenden Zahlen, ein anderer zu unterscheiden. Ich meine den wahrscheinlichen B e t r a g ihrer Abweichung von j e d e m G e s e t z e welches dieselben an eine jährliche Periodizität gebunden voraussetzt. Ueber diesen erhält man, wie schon früher bemerkt, eine Andeutung, indem man (nach der Tafel auf S. 58) eine jede der der Rechn u n g zu Grunde gelegten Zahlen, mit den 5 einzelnen Beobachtungen zwischen denen sie das Mittel hält, vergleicht, und dann aus den einzelnen W e r t h e n der fraglichen Gröfse deren wahrscheinlichen W e r t h ableitet. Die in diesem weiteren Sinne genommene wahrscheinliche Unsicherheit der L u f t t e m peraturen (die man, zur Unterscheidung von der anderen und insofern man von der jährlichen Periodizität der T e m p e r a t u ren nicht abgeht, deren i n n e r e U n s i c h e r h e i l nennen könnte), ergiebt sich dann zu etwa + 2 ° , 4 indem sie namentlich ±2°,22 oder + 2 ° , 51 b e t r ä g t , j e nachdem man sie aus der ohne Rücksicht auf das Vorzeichen gebildeten S u m m e der Abweichungen der einzeln e n Beobachtungszahlen von den ihnen entsprechenden Mittelwerthen bestimmt, oder aus der S u m m e der Quadrate eben j e n e r Abweichungen. Sie ist aber jedenfalls b e t r ä c h t l i c h g r ö f s e r als die für den wahrscheinlichen Fehler unseres Ausdruckes der T e m p e r a t u r e n erhaltene Angabe und es schliefst
75
Beitrage zur Klimatologie des Rassischen Reiches.
sich
daher
dieser
letztere
an die ihm zu G r u n d e
gelegten
Z a h l e n bereits bis auf Quantitäten, die kleiner sind, als deren innere
Unsicherheit.
W i r haben hieraus den doppelten S c h l u s s z u z i e h e n , dafs: 1) es nicht wesentlich oder erfolgreich ist, u n s e r e n t h e o retischen den
Ausdruck
für die L u f t -
Beobachtungszahlen
und
Erdtemperat.
n o c h vollkommener
anzu-
schliefsen, w e d e r durch Hinzunahme eines derjenigen Glieder denen
von
kürzerer
er n o c h
auch durch
als
halbjähriger P e r i o d e ,
von
eine beliebige Anzahl g e s t a t t e t , n o c h
eine
neue H y p o t h e s e
G e w i c h t e der fünf einzelnen
über
die
relativen
Beobachlungsreihen,
und dafs 2)
die
bisher
geleugnete
Uebereinstimmung
d e r in R e d e s t e h e n d e n N a t u r e r s c h e i n u n g dem
theoretischen
Gesetze,
nunmehr,
g e w ö h n l i c h e n S p r a c h g e b r a u c h e zu F o l g e , f ü r sen zu erklären
mit dem
erwie-
i s t , d . h . für g a n z so w a h r s c h e i n -
lich g e m a c h t , als es die vorhandenen
Beobachtungen
gestatten. N a c h d e m wir nn den E d i n b u r g h e r und Beobachtungen
diesen Z w e c k
unserer
Craigleither
Untersuckung
erreicht
h a b e n , mögen aber liier die R e s u l t a t e derselben n o c h einmal übersichtlich
zusammengestellt
werden.
Der
zur
Rechnung
passendste Ausdruck ist nunmehr, so lange man unter V(U) die in F a h r e n h e i t s c h . Graden g e m e s s e n e T e m p e r a t u r und unter 3M die
in P a r i s e r
Fufsen g e m e s s e n e T i e f e in der sie
v e r s t e h t , so wie unter t die
seit dem Eintritt der
länge:
Anzahl
2 9 5 ° 4 >' verflossene
von
mittleren
vorkommt SonnenSonnen-
tagen: v M — 45°,78 + 0 , 0 4 6 2 2 . « + n.lg ( 0 , 9 6 8 3 8 - 0 , 0 8 9 4 5 7 . « ) . s i n (
i
u i + 2 5 7 0 4 0 ' , 7 — m . ( 1 1 °48',2))
+n.lg.(9,65796—0,126512.ii).sin(2/ut+ W ä h l t man
97°45',5—m.(16°41',5)J
dagegen den P a r i s e r F u f s als Maafseinheit
für
76
Physikalisch- mathematische Wissenschaften.
die Tiefe und den R e a u m u r s c h e n G r a d als T e i n p e r a t u r maafs, so w i r d : »CO = 6°, 125 -f u . 0,0068-17 -j-n.lg.(0,63620—w.0,029S19).sin( i i„ 01 1 00 oo (N
T t< 0 0 0 Ol oT
i-H •O VO oT
co 00 0 » 0 es rC !< © Ol O
? -c o ^Q2 cß u > . c> o 3 OJ e CS •£S .S> w« u „ -3 < 3 g c . S ä > ¡t CJ ^N - 1o s £ 0 «5 < u 3 s < 1 C a ß O l Vi 3 B a)S C ^ 'S C3 -s üo) in ' a 123 vi« s -5 3) OCO o « 0 0> « -3S3 e -o 'S D 'S CJ -o U a > c b- 3 C3 -O -O 3 v*-. 5 S c" s Ö3 -3 ® o aj a> .s a « e o C 3 c 3 3 i ta t: s a b .• u a> -3a> ^ 5b a> ~"3 c &ß £a S 2 3 Ol ^P ^o! * aj e B "H o c cn J•«S Jg < > i a > ~—5 3 c o" £ & 11) N S s II G (U --3m cq " m 3 c C V OS «3 .2 '3 ü .E* • S S'S nj h
Ermaus Russ. Archiv. Bd. IX. H.
CD
""
6
82
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
Tiefe Gewicht O P a r . F. 1 3 20 40 6 12 120 interpolirt, — unter Beibehaltung derselben Einheit, für die Tiefen v o n : die Gewichte 2 Schwed. F. 11,97 - • 22,97 4 6 35,10 10 71,06 deren Verhältnisse sich in der T h a t den Verhältnissen der Zahlen 1, 2, 3 und 6 hinlänglich nähern. Versteht man dann u n t e r : íW(u) die für die Tiefe u a n g e g e b e n e n Mitteltemperatur unter i » ^ und
die für dieselbe Tiefe
angegebenen
W e r t h e für den Coeffizienten und für den constanlen Winkel des wten Gliedes in dem Ausdrucke für die T e m p e r a t u r , so hat man, unter Beibehaltung der bisherigen Bezeichnung für die zu bestimmenden Gröfsen und für die G e w i c h t e , die RechnungsVorschrift zur Ableitung von a und ß: 9( u ) J alu.g(u)]-\-
ßlu2.giu)]
=
[m(u).M.
2°,971 112° 10',53
und ^ [ e 2 ] ^ « ) =
=
A'" =
1 °,033 40°49',52
3,889
und 3) mit log e - P =
9 , 8 8 4 0 0 oder p =
als wahrscheinlichste W e r t h e peratur:
0,26711
in dem Ausdruck der Lufttem-
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
84
o'= 11°, 130 J t - 262° 16',62
a" =
2°,915
A" =
112°30',47
a'" =
und ^ [ e 2 ] .e-XuS"
.sm(ttpt-\-
B^—
lucjn)
in welchen 2 wiederum eine Summe derjenigen analogen Glieder bezeichnet, die man durch Substitution der sogenannten n a t ü r l i c h e n Z a h l e n an die Stelle von n erhält, während die Gröfsen [i und c die oben (S. 41) definirte B e deutung haben und A durch die Gleichung: A=
=
] / y - » . log. 8,967276
gegeben ist. Das in dem analogen Ausdrucke für die ßodentemperatur ( S . 4 1 ) enthaltene Glied: ßu, verschwindet in dem gegenwärtigen Falle, weil für das Grundwasser keine von den oberflächlichen Zuflüssen unabhängige i n n e r e Q u e l l e vorhanden ist. Der Werth: to0 =
W+Z6W.
sin (nftl +
ßM)
welchen der Wassergehalt der an die Oberfläche gränzenden Bodenschicht zu einer beliebigen Zeit (/) besitzt, wird dagegen in allen Fällen sehr leicht und vollständig zu bestimmen sein, in denen man: 1) das in Rede stehende Grundwasser nur allein den atmosphärischen Niederschlägen zuzuschreiben berechtigt ist und 2) für die Gegend in der es sich befindet, sowohl den jährlichen Gang der R e g e n m e n g e ( F ( t ) ) , als auch den der Lufttemperatur (die Function F 0 ) und der Luftfeuchtigkeit (f(t)) kennt.
94
Physikalisch -mathematische Wissenschaften.
Mit Hülfe der beiden letzteren erhält man nämlich, n a c h bekannten physikalischen Vorschriften, einen A u s d r u c k : nr] K ] auszudrückende, wenn [ ] eine der Zeit nach über die Dauer eines Jahres zu erstreckende Summe und w0 den zu u = 0 gehörigen Werth von tv bedeutet. Man kann diese zweite Gränze als die Temperatur eines Gemenges aus allen Niederschlägen hezeichnen, wobei man aber natürlich, wegen der Ungleichzeitigkeit dieser Niederschläge, nicht an eine wirkliche Ausfuhrung ihrer Vermischung zu denken hat, sondern an diejenige ideelle welcher eine absolute Unveränderlichkeit der Temperatur für eine jede der zu verbindenden Wassermengen vorhergegangen wäre. Wir erinnern uns eben dadurch dafs ohne eine vollständige Kenntniss der Function r (S. 102) und des für u = 0 geltenden Spezialwerthes der Function w, die in einer bestimmten Gegend beobachteten Quellentemperaturen nicht einmal mit den Glänzen ihrer Mittelwerthe verglichen werden
108
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
können — während eine R e i h e solcher
zu j e d e r
genaueren
Beobachtungen
Rechenschaft
auch noch
die
über
Kenntniss
der Leitungsconstanten a und y für die W ä r m e und für den W a s s e r g e h a l t ( S . 9 3 ) erfordert wird.
—
Als merkwürdige Bestätigungen dieses letzteren tes
will
ich
zuerst
selbst e i n z e l n e
an einige F ä l l e
Beobachtungen
Resulta-
erinnern in denen
der
man
Quellen-Temperaturen
nicht ohne dasselbe erklären kann. F ü r I r k u z k bei
5 2 ° 16' 2 0 " Br.,
1 1 6 4 P a r . F . üb. d . M . ,
101° 5 9 ' 3 0 " 0 . v. P a r i s habe
ich aus T s c h u k i n ' s
1 0 jährigen B e o b a c h t u n g e n
(von
1 8 2 0 bis 1 8 2 9 ) mit gehöriger B e r ü c k s i c h t i g u n g des Einflusses der T a g e s z e i t e n auf d i e s e l b e n ,
die M i t t l e r e
der L u f t zu — 0 ° , 2 bis 0°,4 *) bestimmt.
Aus
Temperatur einer
anderen
R e i h e , deren R e s u l t a t e sich in der von der British Association h e r a u s g e g e b e n e n S a m m l u n g von T e m p e r a t u r b e o b a c h t u n g e n
be-
finden **) folgt, w e n n man die Einflüsse der t ä g l i c h e n
Va-
riationen
in I r k u z k
und i n B a r n a u l
für dieselbe Gröfse — 0 ° , 0 8
einander gleich
und es ist demnach
von — 0 ° , 2 für die M i t t l e r e Lufttemperatur auf e t w a + 0 ° , 1 5 für sicher zu halten. Temperatur
einer
wasserreichen
die
bei I r k u z k
bis
Ich habe aber nun die
Quelle
ganz in
der
dieses Ortes, im F e b r u a r 1 8 2 9 , bei einer L u f t t e m p e r a t u r — 2 3 ° zu + 3 ° , 0 0 beobachtet f ) . —
setzt,
Angabe
Die M i t t l e r e
Nähe von
Tempera-
tur dieser Quelle ist um mindesten 3 ° , 2 höher als die des B o dens in w e l c h e n sie sich s a m m e l t und ausfliefst, und dennoch ist sie von dem anderen G r ä n z w e r t h e , den wir für sie in der Gröfse: ges
— d . h. in der T e m p e r a t u r e i n e s G e m e n K ] aus allen w ä h r e n d e i n e s J a h r e s herabfallen-
den T a g e w a s s e r n ,
vorausgesehen h a b e n , im
*) Diese und die folgenden Temperaturen
sind
alle in
entgegenReaumurschen
Graden gemessen. **) Report of the Meeting of S c i e n c e , in
the Brit. Assoc. for the advanceinent
1847.
•J-) Vergl. Reise um die Erde. Histor. B e r . B d . 2. S . 9 0
u. f .
of
Beitrüge zur Klhnatologie des Rnssischen Reiches.
109
g e s e t z t e n S i n n e und zwar um noch beträchtlich w e i t e r e n t f e r n t . Ich h a b e n ä m l i c h g e f u n d e n dafs bei I r k u z k u n d in den übrigen U m g e b u n g e n des B a i k a l , w e n n m a n die M e n g e der einzelnen N i e d e r s c h l ä g e d e m P r o d u k t e a u s d e n Z e i t e n w ä h r e n d d e n e n sie s t a t t f a n d e n u n d a u s d e r j e n i g e n Dampfelastizität p r o p o r t i o n a l setzt, w e l c h e d e r L u f t t e m p e r a t u r in einer mit D ä m p f e n g e s ä t t i g t e n A t m o s p h ä r e entspricht, 0 , 9 1 v o n d e m j ä h r l i c h e n B e t r a g e des a t m o s p h . W a s s e r s v o m April bis z u m S e p t e m b e r , d. h. w ä h r e n d der 6 M o n a t e w e l c h e o h n e F r o s t sind u n d mit einer m i t t l e r e n T e m p e r a t u r v o n -j-9°,96 zur E r d e k o m m e n . N u r die ü b r i g e n 0,09 der g e s a m m t e n W a s s e r m e n g e fallen somit als S c h n e e u n d b e g i n n e n ihr E i n d r i n g e n in d e n B o d e n mit einer T e m p e r a t u r von 0 ° , d. h. mit r = 0. Der z w e i t e G r ä n z w e r l h f ü r die m i t t l e r e Q u e l l e n t e m p e r a t u r o d e r die Gröfse ^ b e t r ä g t K l
somit für Irkuzk + 9°,06,
d. h. er übertrifft die im W i n t e r b e o b a c h t e t e s o g a r u m d a s D o p p e l t e von ihrem U e b e r s c h u s s ü b e r die B o d e n t e m p e r a t u r . A u c h bei K r a s n o j a r k (56° 1' B r . 90° 37' 0 . v. P a r . ) ist die ß o d e n t e m p e r a t u r offenbar nicht g r ö f s e r als f ü r Irkuzk, i n d e m d e r t h e r m i s c h e Einfluss d e n eine g e r i n g e r e H ö h e ü b e r d e m M e e r e u n d die w e s t l i c h e r e L a g e auf die e r s t e r e Gegend a u s ü b e n , durch deren beträchtlich gröfsere B r e i t e überwogen wird. D i e T e m p e r a t u r einer Q u e l l e die in d e r selben (in der B r e i t e v o n K r a s n o j a r s k e t w a 5' Oestl. von d i e ser S t a d t bei d e m D o r f e Basaicha) aus e i n e r W a n d von g r a u e m G r a u w a c k e n k a l k e n t s p r i n g t , f a n d ich d e n n o c h a m 28. J a n u a r bei — 15° L u f t t e m p e r a t u r u u d n a c h A b g r a b u n g eines 3 F u f s dicken G e w ö l b e s a u s g e f r o r e n e m S c h n e e u n d a u s R e i f k r y s t a l l e n w e l c h e s ihren U r s p r u n g b e d e c k t e : + 3°,10 u n d es ist diese B e o b a c h t u n g g r a d e w i e die bei I r k u z k n u r d u r c h das s t a r k e V o r h e r r s c h e n d e r S o i n m e r r e g e n über die
110
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
winterlichen Niederschläge zu erklären, durch welche auch die Krasnojarsker Gegend auszeichnet.
sich
Im Gegensatz zu diesen Erfahrungen schien dagegen bei S a n F r a n z i s c o in C a l i f o r n i e n ( 3 7 ° 4 9 ' B r . 235° 1 5 ' O . v . P . ) die Temperatur einer Quelle die ich im December zu:
+ 8°,5 fand, von der Lufttemperatur für die Beobachtungszeit (etwa 7°,5) auffallend wenig verschieden obgleich sie, ihrer Reichhaltigkeit und der Tiefe ihres Ursprungs zu Folge, im Laufe des J a h r e s wohl nur geringe Veränderungen erleiden konnte. Spätere Erfahrungen über die Bodentemperatur und über die Vertheilung der INiederschlagsmegen durch die einzelnen J a h reszeiten haben indessen diese anscheinende Anomalie vollständig beseitigt, indem sie für die erslere (die M i t t l e r e B o dentemperatur) d. i. für den e i n e n G r ä n z w e r t h d e r m i t t leren Quellentemperatur: + 9°, 27 und für den a n d r e n die Gröfse
Gränzwerth
derselben
oder für
K ] ] .
+ 8°,0 3 ergeben haben *). Man findet hier, zugleich mit einem entschiedenen Vorherrschen der winterlichen Regenmenge, die mittlere Temperatur der Quelle u n t e r die des Bodens gesunken und zwar um eine Quantität die noch bedeutender sein würde, wenn nicht S a n F r a n z i s c o , wie ich es bei einer andern Gelegenheit gezeigt h a b e * * ) , in der K l e i n h e i t d e r V a r i a t i o n e n s e i n e r L u f t t e m p e r a t u r mit tropischen Gegenden übereinstimmte. Als empirische Beweise für die Unvereinbarkeit des jährlichen Verlaufes der Temperaturen einer Quelle mit demselben Gesetze welches sich für die T e m p e r a t u r e n d e s *) Vergl. meine Abhandlung „Ueber das Clima von Ross in Californien" in Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland Bd. 1. S . 5 7 1 . * * ) Ebendaselbst S . 5 6 9 und Bd. VII. S . 6 6 7 u. f.
Beiträge zur Klimatologie des Rassischen Reiches.
111
t r o c k e n e n B o d e n s so vollständig bewährt hat, folgen hier zunächst einige auf K ö n i g s b e r g und mithin auf 54° 4 B r . bei 19° 10' 0 . v. Par. bezügliche Resultate. Nach den von B e s s e l bekannt gemachten Mitfein aus 24 Jahrgängen von Beobachtungen der Lufttemperatur finde ich, wenn man den Einfluss der Beobachtungsstunden den in dem Englischen Observatorium zu T o r o n t o in C a n a d a ermittelten proportional und zwar in demselben Verhältnisse (wie 0,9:1) annimmt, wie den beobachteten Betrag der jährlichen Variationen an beiden Orten *), für K ö n i g s b e r g : V = + 4°,839+8°,384.sin( fit + 267°34',0) -f- 0°,219. sin (2/ut-j- 99°27',7) Die Gröfsen ,u und t haben die mehrgenannte Bedeutung und die letztere ist wieder von J a n . 16,0 an gezählt. Durch Vergleichung dieses Ausdruckes mit den ihm zu Grunde liegenden Beobachtungen ergiebt sich (nach der obigen Bezeichnung) der wahrscheinliche Fehler für m :+0°,I47 — — - a' und o " : + 0 ° , 2 0 8 — — - A' : + 4',20 — - A" : + 27',45 Die Temperaturen (v) einer Quelle, die von der Königsberger Sternwarte nur etwa CK,3 NAV.Iich und somit an einem in Beziehung auf die E i n w i r k u n g der Sonne so gut als identischen Punkte entspringt, habe ich dagegen, nach einjähriger Beobachtung, dem folgenden Ausdruck entsprechend gefunden **): *) Die von B e s s e l bekannt gemachten Königsberger T e m p e r a t u r e n , die man in S c h u m a c h e r s Astr. Nachr. Bd. II. S. 26 iindet, sind arithm. Mittel von Beobachtungen die zu den von Mittag angezählten T a g e s stunden 19", 2 " und 9 " gehörten und die unter der oben angegebenen Voraussetzung anzubringende Correction beträgt z. B. f ü r die aus ihnen geschlossene M i t t l e r e L u f t t e m p e r a t u r : —0",161. **) Vergl. P o g g e n d a r f s Annalen der Physik f ü r 1827.
112
Physikalisch - mathematische Wissenschaften.
v = + 6 ° , 5 8 2 + l ° , 2 9 6 . s i n ( /it + 205°30',2) + O°,096. sin (2nt + 283° 15',3) so wie auch den wahrscheinlichen Fehler für m :+0°,038 — - a' und a " : ± 0 ° , 0 5 3 — — — - A' : ± 2',73 — — - A" :±10',03 Ausser dem beträchtlichen Unterschiede der Mittelwerthe für V und v, welcher auch hier wieder, wie meistens bei höheren Breiten, für ein Ueberwiegen der S o m m e r w a s s e r unter den Beiträgen zu der K ö n i g s b e r g e r Quelle spricht, erkennt man auch leicht eine weit über die möglichen Beobachtungsfehler steigende Abweichung des letzteren Ausdruckes, von der Form welche der erstere den ßodentemperaturen für denselben Ort anweist. Der Betrag der e i n j ä h r i g e n V a r i a t i o n verhält sich nämlich in den Ausdrücken für v und V wie: (0,1546+0,0079): 1 und es müsslen demnach, wenn der erstere den Temperaturen einer trockenen Bodenschicht entsprechen sollte, die mit A' bezeichneten Winkel in beiden Ausdrücken um 107°0'±5°29' verschieden sein (vergl. oben S. 45). Die wirkliche Differenz dieser beiden Winkel beträgt dagegen 62° 3',8 d. h. sie ist von der für die Bodentemperatur zu erwartenden um mehr als das 8fache von dem wahrscheinlichen Fehler dieser letzteren verschieden. — Die S c h w ä c h u n g und die V e r s p ä t u n g welche die halbjährige Variation der Quellentemperatur im Vergleich mit der Variation von gleicher Dauer in der Temperatur der Bodenoberfläche erlitten hat, zeigen sich, sowohl wenn man sie mit den entsprechenden Gröfsen für die Variation von einjähriger Periode als auch unter einander zu verbinden sucht, mit dem Gesetze der Bodentemperatur in noch weit stärkerem Widerspruch als die eben erwähnten. Es könnte indessen d i e s e Abweichung, wenn nicht
Beiträge zur Klimatologie ties Rassischen Reiches.
113
g a n z , so doch zu weit gröfserem Theile als j e n e erstere, durch die w a h r s c h e i n l i c h e n Fehler der dabei in Betracht kommenden Gröfsen erklärt werden, und ich ziehe es daher vor hier schliefslich, mit dem beobachteten T e m p e r a t u r g a n g e für dief Königsberger Quelle, diejenige unter den dortigen Bodentemperaturen (F(„)) zu vergleichen, welche derselben in ihrem variablen Theile möglichst nahe kommt. Es muss diese zugleich für die jener beobachteten Reihe am nächsten siebende "unter a l l e n g e d e n k b a r e n Bodentemperaturen gelten, so lange man den Einfluss den die innere E r d w ä r m e auf beide zu vergleichenden Erscheinungen a u s ü b t , oder nach der obigen Bezeichnung die mit ß multiplizirten Glieder in den Ausdrücken für V und v, als verschwindend betrachtet. — Die entgegengesetzte F r a g e nach derjenigen Bodentemperatur welche sich den Wärmeerscheinungen in der Quelle, bei m e r k l i c h e m Einflüsse der inneren E r d w ä r m e am meisten nähern würden, könnte dagegen nur durch Annahmen über die örtlichen W e r l h e der Gröfsen ß und 7c, d. h. über das Leitungsvermögen der unter und über der in Rede stehenden Erdschicht gelegenen Substanzen beantwortet w e r d e n . W e n n man aber das gegenseitige Verhältniss dieser Gröfsen nicht bis aufs äusserste verschieden von allen bisherigen Erfahrungen, sondern vielmehr dem Mittel der an anderen Orten dafür gefundenen W e r t h e einigermafsen nahe setzt, so ist klar dafs die gesuchte gröfste Annäherung an die T e m p e r a t u r e n der in R e d e stehenden Quelle, einer Bodenschicht zukömmt deren T e m p e r a t u r so gut als v ö l l i g c o n s t a n t und mit der mittleren der Quelle identisch ist. Die z u r ü c k b l e i b e n d e n Ab~ weichungen zwischen dem Gange der beiden zu vergleichenden Erscheinungen sind aber dann, bis auf ganz Unbedeutendes, gleich d e m g e s a m m t e n B e t r a g e d e r p e r i o d i s c h e n G l i e d e r i n d e m A u s d r u c k f ü r v. — F ü r K ö n i g s b e r g wird nun d i e d e r b e o b a c h t e t e n Q u e l l e n t e m p e r a t u r (v), a m n ä c h s t e n s t e h e n d e B o d e n t e m p e r a t u r (F( It )): - Ermans Russ. Archiv. Bd. IX. H. 4.
8
114
Physikalisch-mathematische Wissenschaften,
1) mit ßu = 0 F ( u ) = 4,839-fl°,745.sin( (¿t -f 177°3(J',0) + 0°,242. sin (2i.it -J- 332° 16',9) welches nach der obigen Bezeichnung, zu: loge-P" = —0,68164 gehört. 2) mit ß = 0,0l le= 1,00 oder logerP" — —u.0,04028 d. h. mit Werthen der genannten Gröfsen die man beispielsweise annehmen kann, weil sie zu den am häufigsten vorkommenden zu gehören scheinen: Vw = 6°,582. Es ist diese die zu einer Tiefe von 174 Par. F. gehörige Bodentemperatur welche sich aber von dem ihr gleichen Mittelwerthe der Quellentemperatur an demselben Orte durch vollständige Unveränderlichkeit unterscheidet. Der Coefficient ihrer Variation von einjähriger Periode beträgt in der Thal nur: 0 , 8 . 1 0 - 3 , d.h. erlässt für die genannte, über die übrigen weit überwiegende, Variation nur noch eine Einwirkung auf die H u n d e r t m i l l i o n t e l des Reaumurschen Grades übrig. Die hier zu beweisende Unvereinbarkeit dieser Ausdrücke mit dein beobachteten Gange derjenigen Quellentemperatur, der sich dieselben dennoch unter allen ihnen gleichartigen möglichst nahe anschliefsen, ist für einen jeden derselben gleich einleuchtend, indem die nach ihnen berechneten Werthe von den entsprechenden welche sie darstellen sollten, durchschnittlich und beziehungsweise um + 1 ° , 8 2 und um + 0,°91 d. h. um das 140fache und um das 70fache des wahrscheinlichen Fehlers der beobachteten Werthe abweichen. Es kommt dazu dafs die zweite Annahme, ausser durch die völlig unstatthaften Gröfse und Beschaffenheit der Fehler die sie zurücklässt, noch durch eine anderweitige Erfahrung widerlegt wird. Um die in Rede stehende Königsberger Quelle findet sich nämlich, selbst bis auf beträchtliche Entfernung, keine
Beiträge zur Klimatologie de» Russischen Reiches.
H5
Stelle des Bodens die mehr als 60 P a r . Fufs ü b e r ihrem A u s fluss läge und da dieser ohne merkliche Steigung, in so gut als horizontaler Richtung, erfolgt, so ist es u n m ö g l i c h dafs ihr Wasser bis zu einer Tiefe eingedrungen sei welche der aus jener zweiten Annahme folgenden (174 P. F . ) auch n u r einigermafsen nahe käme. Es sind hier endlich noch die ungewöhnlich zahlreichen und vollständigen Beobachtungen über Quellentemperaturen zu erwähnen, die sich auf die Umgegend von B e r l i n beziehen. Auch für diese sind zwar die Gesetze über die M e n g e d e r N i e d e r s c h l ä g e (w) und über die T e m p e r a t u r e n d e r s e l b e n (?•) noch unbekannt und es ist somit auch für diese Gegend eine erklärende Darstellung der Temperaturvariationen die man in einer Quelle beobachtet hat noch unausführbar. Das Vorhandene reicht aber schon hin, um manche von den oben erwähnten Folgerungen über das gegenseitige V e r halten der Quellen- und Boden-temperaturen, an Beispielen zu veranschaulichen, so wie auch um die durchgreifende Verschiedenheit dieser beiden Erscheinungen für einerlei Ort noch einmal aufs unleugbarste nachzuweisen. Das Stück der Erdoberfläche auf welchem die hier zu erwähnenden Beobachtungsreihen erhalten w u r d e n , schien zu grofs um der mit einer jeden derselben zu vergleichenden T e m peratur der Erdoberfläche denjenigen W e r t h beizulegen den man an einem P u n k t dieses Raumes, und z. B. bei B e r l i n selbst, gefunden hatte. Ich habe deshalb bei dieser Gelegenheit einen Ausdruck gesucht der sich gleichzeitig a l l e n Beobachtungen möglichst anschlösse, die über diese Erscheinung in mäfsiger Entfernung von Berlin gemacht worden sind und welcher somit auch die Abhängigkeiten kennen lehrte, die in dieser Gegend der Erde, zwischen den Constanten in dem Gesetze der Lufttemperaturen u n d zwischen der L ä n g e und B r e i t e der Beobachtungsorte statt finden. Es folgen hier anstatt der beobachteten W e r t h e welche ich dieser Untersuchung zu G r u n d e gelegt habe nur deren U e b e r s c h ü s s e über diejenigen Z a h l e n , die sich aus d e m 8*
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
116
hierniichst zu nennenden analytischen Ausdruck für denselben Ort und dieselbe Zeit ergeben: Ueberschuss der beobachteten über die berechneten LuftTemperaturen für: Berlin Guben Perleberg Neu-Strelitz 52° 31' 51M6' 52° 6' 53° 22' Breite: 11° 3'
12° 19'
9°0'
— 0°,84
—1°,08
— 1 °,36
—1°,17
30
-0,25
+0,21
+ 0,91
+ 1,16
60
— 0,56
+ 0,57
+ 0,33
+0,06
90
— 0,64
+ 0,79
— 0,38
+ 0,54 +0,16
0 . v. P a r . :
10°42'
fit 0°
120
-0,66
+ 0,02
— 0,25
150
— 0,26
— 0,14
-0,58
+ 0,30
180
-0,35
+0,60
+0,02
+ 0,14
210
— 0,38
+0,53
+ 0,74
— 0,07
240
— 0,54
+ 0,16
—0,74
—0,06
270
— 0,51
+ 0,03
— 0,13
+ 1,10
300
— 1,08
+ 0,50
— 0,38
— 0,50
330
-f 0,50
+ 1,65
+ 1,03
+ 1,33
Diese Vergleichung ist, w e n n : V eine der ihr zu Grunde liegenden Temperaturen, q> die Breite des Ortes an dem sie vorkommt, l dessen von Paris an gezählte Oestl. Länge bezeichnen, mit dem Ausdruck:
V = a + a'. sin (fit + A!) + a". sin (2fit + A") geschehen, nachdem noch die in ßogenminuten ten W e r t h e : q> — 52°31' = Jq> l — 1 1 ° 3' = J l gesetzt, und sodann:
ausgedrück-
Beiträge z a r Klimatologie des Russischen Reiches.
a =
7°, 150 — 0,01419. ¿/ge — 0 , 0 0 3 9 7 .
a' =
8°,259 + 0 , 0 1 5 6 0 . ^ + 0 , 0 1 4 9 5 . ^ /
A' = 2 6 7 ° 1 8 ' , 0 — 2 , 1 5 0 a" = A" =
0',357
.^—0,214
+ 0,000-1 l.Jrp
220°3S',2 + 26',45
117
— 0 , 0 0 0 8 9 . AI
.Jq> — 8',04
.Jl
subslituirt worden sind. Aus den eben angeführten Abweichungen dieses Ausdruckes von den ihm zu Grunde gelegten Zahlen ergiebt sich ferner, wenn man berücksichtigt dafs hier 15 Constanten aus 48 Gleichungen bestimmt worden sind, für den wahrs c h e i n l i c h e n F e h l e r eines mit dem Gewichte 1 berechneten W e r t h e s :
± 0°,66
und demnach für den w a h r s c h . F e h l e r einer berechneten Mitteltemperatur: +0°,20. Dieser ist beträchtlich gröfser als man erwartet haben würde, so lange man die angewandten ßeobachtungsreihen nur einzeln behandelte. Da aber eine jede dieser Reihen vor ihrer Benutzung auf gleiche Weise von dem Einflüsse der Tagesstunden auf die unmittelbar angegebenen VVerthe *) befreit und auch im übrigen von so gleichen Gewichte ist wie es hier vorausgesetzt wurde, so dürfte gegen das jetzt ermittelte Maafs für die Unsicherheit ihres Gesammtresultates nichts wesentliches einzuwenden sein. Dieselbe ist übrigens auch an und für sich zu erklären, indem aus der V e r t h e i l u n g der Unterschiede zwischen den berechneten und beobachteten Werthen hervorgeht, dafs sie zu gröfserem Theile denjenigen örtlichen Einflüssen zuzuschreiben ist welche, innerhalb des betrachteten Raumes, noch ausser den mit den Veränderungen der geographischen Coordinaten proportionalen vorkommen. Denn nur diese letzteren konnten hier berücksichtigt werden, * ) Ich
habe
diese ans der Zusammenstellung von Temperatnrbeobacht.
in dem Rep. of the Brit. Association for 1 8 4 7 entnommen.
118
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
während die ersteren als sogenannte z u f ä l l i g e F e h l e r zurückbleiben. E s folgt demnach auch dafs man die R e s u l t a t e des eben erhaltenen Ausdruckes, mit steter Rücksicht auf ihren w a h r s c h e i n 1. F e h l e r , nur innerhalb der Glänzen der ihnen zu Grunde liegenden B e o b a c h t u n g e n anzuwenden hat und noch a u s s e r d e m nur für P u n k t e an denen die T e m p e r a t u r e n nicht durch direkte Messungen bekannt sind. Wo dagegen das letztere der Fall i s t , verdient das Resultat der einzelnen Beobachtungsreihe den V o r z u g vor dem der Verbindung aus m e h r e r e n , weil in j e n e m auch die zufälligen Einflüsse der Oertlichkeit a u f g e n o m m e n sind. Bei B e r l i n selbst und z w a r in einem Abstände von der S t a d t innerhalb welchem die T e m p e r a t u r der Erdoberfläche der bei 52°31'Br. und 11° 3' 0 . v. P . beobachteten wohl ohne weiteres gleichgesetzt werden kann, ist die T e m p e r a t u r (v) einer Q u e l l e (des sogenannten L u i s e n b r u n n e n ) von W a h l e n b e r g und P . E r m a n folgendermafsen beobachtet worden *): V
tut
: 3 0 ° 33' 56 40 74 109 116 132
25 53 48 45
251 4 6 2 8 2 19
7°,575 7,600 7,500 7,450 7,550 7,600 7,700
7,725 Ich habe diesen Beobachtungen ihren U e b e r s c h u s s über diejenigen g e f u g t , w e l c h e sich aus folgendem möglichst nahe angeschlossen habe,
e —0°,008 +0,053 — 0,031 — 0,078 + 0,019 +0,056 — 0,013 + 0,005 unter der Ueberschrift e, T e m p e r a t u r e n (v) hinzuA u s d r u c k , den ich ihnen ergeben:
* ) Vergi. P . E r m a n „ U e b e r die Temperatur der Quellen in der Umgegend von B e r l i n " in Abliamll. der Beri. Akad. d. Wissensch. f. 1831.
Beiträge zur Klimatologie des Rassischen Reiches.
119
v = 7 0 ,623+0 0 ,097sin( i if + i74°12') Es sind in diesem, wenn die Constanten mit den früher angewandten Buchstaben (S. 116 u.a.) bezeichnet werden, der w a h r s c h e i n l i c h e F e h l e r in a : + 0°,017 0°,024 — — — - A' :+14°,0. Die Temperatur der Bodenoberflache über dem Ursprung dieser Quelle beträgt aber entweder: V — 6 6 8 8 - j - 8 ° , 2 5 2 . s i n ( J«( + 267 0 37') - J - 0 1 7 7 . sin (2jtt< -f 209° 2') oder V = 7°, 150+8°,259.sin( frf-|-267° 18,0) -f 0°,375. sin(2^ = + 16' Jl = + 3 8 ' bezüglichen, für welche die H ö h e ü b e r d e m M e e r e wiederum nur um wesentliches von der des Flusslaufes bei B e r lin, d. h. von 100 Par. F . verschieden ist. Diese Beobachtungen sind:
Jq> = + 1 9 ' ^ = + 16' Jl=+ZV Jl = + 3& f.it
Quellentemperatur
78° 20' 134° 31' 2 6 3 ° 36'
7°, 10 7°,24 7°,45
8°,26 8°,34 8°,44
und es folgt aus ihnen und aus den oben angeführten Resultaten für N e u s t a d t , die Q u e l l e n t e m p e r a t u r : v = 7 0 , 2 7 9 + 0 0 , 2 4 2 s i n ( j u < + 213°49',7) die T e m p e r a t u r d e r E r d o b e r f l ä c h e : V = 6°,789+8°,890sin(|ttnaljew Glasperlen, zinnerne Ringe und kleine Spiegel aus; jeder von den Beschenkten gab seine F r e u d e durch Geschrei und Händeklatschen zu erkennen. Hierauf begann man W a f f e n , Verzierungen und F r ü c h t e , als Cocosnüsse, Bananen und Brodfrucht einzutauschen. Unterdessen bewegte sich Ignatjew immer mehr dem Schiffe zu, bis er sich dicht neben demselben befand, und lud sie dann ein, mit ihm an Bord zu g e h e n , aber nichts konnte die Wilden hierzu bewegen. Von allen Sachen die man ihnen zeigte,
Expedition der Sloop Blagonamjerenny.
275
gefielen ihnen die von den Maltosen getragenen Mützen (fura/ki) am besten; die ihnen angebotenen Stücke Eisen warfen sie mit Verachtung über Bord, und erst als man sie mit dem Gebrauch dieses Metalles bekannt machte, steckten sie es sorgfältig zu sich und gaben dann für Messer, Scheeren u n d Nadeln Alles hin, w a s sie nur besafscn. Man schlofs aus diesem U m s t ä n d e , dafs sie noch keinen Verkehr mit Europäern oder mit den anderen Völkerschaften Oceaniens gehabt hatten. Die E i n w o h n e r dieser Inselgruppe sind von hohem W u c h s , castanienbrauner F a r b e und wohl g e b a u t ; sie haben eine malaiische, äufserst u n a n g e n e h m e Physiognomie. Ihre ganze Kleidung besteht aus einem Gürtel uin den L e i b , der aus einer Menge farbiger Bänder eigenen Fabrikats verfertigt ist. Als Waffen gebrauchen sie Keulen und L a n z e n , die mit vieler Kunst aus einer dunklen, schweren Holzart gearbeitet sind. Ihre Böte sind, wie bei allen Völkerschaften dieser Meere, mit Auslegern versehen. Von den Inseln des Blagonamjerenny segelten die beiden Sloops in Gesellschaft bis zur Parallele von 3 1 ° 3 4 ' N . Br., w o sie sich auf Befehl des Capitains W a s i l j e w t r e n n t e n , welcher letztere seinen Cours nach N. W . nahm. Am 1. Juni w a r d der Blagonamjerenny von einem heftigen S t u r m überfallen, der ihm seine Grofs- und Vorbramstengen kostete — ein V e r lust, der jedoch bald ersetzt w u r d e . Am 8. sah man bei T a gesanbruch den ganzen nördlichen Horizont von einer langen Kette h o h e r , wilder Inseln begränzt und dicht vor sich die Insel Amtschitka. Gegen Mittag näherte m a n sich dieser Insel, durchschiffte glücklich die Meerenge und befand sich jetzt im Meere von Kamtschatka. Amtschitka ist niedriger als die übrigen Fuchsinseln; ihre L ä n g e ist von 0 . nach W . etwa 1,5 ihre Breite von N. nach S. 0,75 Meile. Sie besteht aus kahlen, rothen Felsen, auf denen nicht die geringste S p u r von V e g e tation zu erblicken ist. Auf ihren niedrigen Ufern liegen tausendweise die Seehunde und Seebären (lnorskie koty), die sich bei Annäherung eines Fahrzeugs mit Geräusch und Gebrüll, einer den anderen drängend, ins Meer stürzen. Im N o r d -
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Historisch-philologische Wissenschaften,
Westen, sechs Meilen von Amtschitka, bemerkt man die in ihrer Art einzige Siebenkuppen-Insel (Seinisopotschny Ostrow), die ihren Namen von sieben kegelförmigen Yulcanen von fast gleicher Höhe erhalten hat. Drei von diesen Vulcanen rauchen unaufhörlich, und kurz vor Ankunft unserer Reisenden hatte, wie ihnen die Aleuten in Unalaschka erzählten, eine heftige Eruption stattgefunden. Mit dem Eintritt in das Meer von Kamtschatka hatten die beständigen südwestlichen Winde, die bisher die Fahrt des Blagonamjerenny begünstigt hatten, ihn verlassen und waren durch veränderliche, mehr aus Osten und Süd-Osten wehende Lüfte ersetzt worden, welche den Lauf des Schiffes verzögerten, so dafs man erst am 13. Juni die Insel Iwan Bogoslow vor sich sah. Diese Insel stieg im Jahr 1797 nach einem starken Erdbeben und Ausbruch der Vulcane von Umnak und Unalaschka aus dem Meere, indem sie sich mit einemmale bis zu ihrer jetzigen Höhe, d. i. 250 Fufs über der Oberfläche des Oceans, erhob. Da sie noch von Niemandem in der Nähe untersucht worden war, so liefs der Capilain den Cutter ausrüsten und den Lieutenant Lasarew in Begleitung des Naturforschers der Expedition eine Fahrt dahin antreten. Der Cutter segelte so dicht an die Insel heran, dafs man auf der langen, niedrigen, sandigen Erdzunge (koschka) die von ihrer östlichen Spitze fast eine Meile weit ins Meer hinausläuft, hätte landen können, wenn die zahllose Menge Seelöwen, die sich darauf gelagert, dies nicht verhindert hätten. Es ist sehr gefährlich, sich diesen Ungethümen zu nähern, wenn sie sich auf dem Ufer befinden. Der Seelöwe wirft sich auf die Menschen, die ihm den Weg zum Wasser abschneiden wollen, und kann mit seinen scharfen, runden Zähnen leicht mit e i n e m m a l e einen Arm abbeifsen, was vor kurzem einem Tojon aus Unalaschka begegnete. Da Herr Lasarew es unmöglich fand, auf der Erdzunge zu landen, so fuhr er das Ufer entlang, um eine andere hierzu passende Stelle aufzusuchen ; allein überall stieg die Uferwand senkrecht über dem Wasser empor und die Brandung verstattete nicht, sich ihr
Expedition der Sloop Blajonamjerenny.
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zu nähern. Unter diesen Umstünden w a r man genöthigt, sich mit dem zu b e g n ü g e n , was man von dem Cutter aus beobachten konnte. Die Insel hat etwa drei Meilen im U m f a n g und bildet einen einzigen steilen B e r g von thoniger Felsenerde, die stellenweise mit einem dicken Schichte geronnener L a v a bedeckt ist. Auf dem Gipfel befindet sich ein Krater, aus dem eine Rauchwolke aufsteigt. Von dem Pflanzenreiche sieht man hier nichts als Moos. Die Aleuten von Unalaschka und U m n a k kommen oft nach der Insel um Seelöwen zu erleg e n , deren Fleisch und Fett ihnen zur N a h r u n g dient; aus den Gedärmen verfertigen sie ihre Kamleiken, die Z ä h n e g e brauchen sie zur Verzierung ihrer Mützen, die Knochen zu Pfeilen u n d statt des Holzes zum Heizen und die Haut endlich zur Bekleidung ihrer Baidaren. Nach einem elftägigen Aufenthalt zu Illjuljuk auf der Insel Unalaschka ging der Blagonamjerenny am 27. J u n i wieder unter Segel und erreichte am 6. Juli die St. Lorenzinsel, w o man den Schiffskoch, der T a g s zuvor gestorben w a r , begrub und sich dann mit den Eingebornen in einen T a u s c h h a n d e l einliefs. Bei diesen standen jedoch sogar Aexte und eiserne Kessel in geringerem Ansehen, als gemeiner Blättertabak. D a sie dessen N a m e n w u s s t e n , so riefen sie i m m e r : T a b a g o ! T a b a g o ! und gaben dafür Alles hin, w a s sie n u r halten — Wallroiszähne, Waffen, Schlitten und selbst ihre aus Rennthierhäuten verfertigten Parken. D e r Taback wird von ihnen w e der geraucht, noch geschnupft, sondern einfach gegessen, indem sie ihn kauen und verschlucken (?!?). Sie sind von kleinem W u c h s ; ihr Gesicht ist breit, flach, von schmutzig gelber, gleichsam räucheriger F a r b e , mit hervorstehenden Backenknochen, dicken Lippen, breiter Nase und enggeschlitzten Augen. Ihre Kleidung besteht aus einer Parka mit Kaputze, weiten Hosen (brjuki) und Stiefeln von Seehundsfell. Die F r a u e n sind viel weifser u n d hübscher als die Männer, von denen sie sich aber in der T r a c h t fast gar nicht unterscheiden. Sie haben keine anderen Hausthiere als H u n d e von kamtschatischer Race, grofse, zottige T h i e r e mit spitziger Schnauze und aufrecht-
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Historisch -philologische Wissenschaften.
stehenden Ohren, genau denjenigen ähnlich, welche d i e K a m tchadalen des Winters als Vorspann gebrauchen. Rennthiere giebt es auf der Insel nicht; ihre Felle werden von den Einwohnern bei den benachbarten Tschuktschen gegen Wallrofszähne und Jukola eingetauscht. Nachdem unsere Reisenden drei Stunden am Ufer zugebracht halten, stiefsen sie ab, vom Geschrei der Eingebornen begleitet, welche in der Entfernung von einigen Sajen Steine nach den Böten warfen, ohne sie jedoch zu treffen. Da man ihre Geschicklichkeit im Werfen kannte, mit der sie die Möwen im Fluge zu erlegen wissen, so schlofs man, dafs dies durchaus keine feindschaftliche Demonstration, sondern nur ein Abschiedsgruis sei, und segelte ruhig weiter. Die Sloop richtete jetzt ihren Cours nach N. 0 . , um die östliche Spitze zu umfahren. Als man sich am folgenden Tage, den 7. Juli, diesem Vorgebirge näherte, fand man das ganze Meer, so weit es sich übersehen liefs, von dicht zusammengefügten Eisschollen bedeckt, die ein unermefsliches Eisfeld bildeten, an dessen Rändern sich hunderttausende von Wallrossen gelagert hatten; einige von ihnen schwammen um das Eis und näherten sich oft dem Schiffe. Man schoss aus Flinten und Büchsen auf sie, aber ohne Erfolg; die Kugeln prallten von ihrer dicken Haut ab. Ihr Geheul, welches mit dem Brüllen eines wüthenden ^Stiers zu vergleichen ist, war betäubend; einige von ihnen warfen sich von dem Eis ins Wasser, andere hingegen kletterten mit Hülfe ihrer langen Hauzähne auf die Eisschollen hinauf und stürzten mit Wuth auf diejenigen, welche schon dort lagen und sich entweder ins Wasser flüchten mufslen oder die Angreifenden zurücktrieben. Da der Capitain es unmöglich fand, von dieser Seite der Insel aus nach der Berings-Strafse vorzudringen, so liefs er das Schiff wenden und längs dem südlichen Ufer nach dem westlichen Vorgebirge der Insel segeln. Trotz des dichten Nebels wurde dieses umschifft, und am 12. Juli, als die Witterung sich aufklärte, erblickte man die in der Meerenge selbst
Expedition der Sloop Blagonamjcrenny.
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liegenden Gwosdew's Inseln. Nach einer Stunde zeigten sich auch das Oslcap und d;is Cap Prinz von W a l e s ; man durchfuhr die Berings-Strafse und segelte in das Eismeer ein, indem man den Cours nach dem Kotzebue-Sund richtete. Mit g ü n stigem Winde halte man am 13. um 10 Uhr Moigens bereits den Eingang dieser Bai erreicht, fand ihn aber vom Eise gesperrt. D e r Capitain beschloss also der B e r i n g s - S t r a f s e wieder zuzusteuern, um diese zu untersuchen und sich von der Existenz des von Kolzebue entdeckten Eilandes Katmanow zu überzeugen. Als er sich den Gwosdew's Inseln näherte, neben welchen dieses Eiland liegen sollte, w a r auch nicht eine Spur davon zu s e h e n , und er konnte nicht daran zweifeln, dafs Kotzebue und er selbst, der die Reise auf dem Rjurik als erster Lieutenant mitgemacht h a t t e , von einer hier sehr gewöhnlichen E r s c h e i n u n g , der starken Brechung der Lichtstralen die von Wolken am Horizonte k o m m e n , getäuscht worden seien. Nach Verbesserung dieses Irrthums kehrte man nach dem Sunde zurück, mufste jedoch des Eises halber noch einige Zeil in dessen Niihe laviren, bis man am 22. in denselben einlaufen konnte. Kaum hatle man die Anker g e w o r f e n , als sich schon Gäste auf drei grofsen Baidaren einstellten. Sie erstiegen ganz furchtlos das Verdeck und boten Marder- und S e e o t t e r felle gegen A e x t e , eiserne Kessel, Nadeln und Messer, n a mentlich aber gegen W a l l e n , P u l v e r und Blei zum Verkauf; da es aber verboten w a r ihnen letztere Gegenstände zu überlassen, so brachen sie bald den Handel ab und fuhren wieder ans Land. x\uf einer F a h r t , die man einige T a g e später mit der Barkasse nach dem nordöstlichen Theile des KotzebueSundes u n t e r n a h m , lernte man diese Indianer näher kennen, hatte sich jedoch von ihrer Seite keiner sehr freundlichen B e gegnung zu rühmen. Dieses rührte wohl hauptsächlich daher, dafs es ihnen nicht gelang sich mit der von ihnen so g e schätzten Munition zu versehen. Sie nennen sich T a t u i , und wiesen auf die Frage woher sie kämen, nach Süd-Osten, Sie sind grofs, wohl g e b a u t , von angenehmen Gesichtszügen, Ermens Russ. Archiv. Bd. IX. H. 2.
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280
Historiich-philologische Wissenschaften,
und können im Ganzen ein schönes Volk genannt werden. Männer und Frauen tragen die Haare in zwei Zöpfe geflochten; erslere schmücken sich mit Wallrossknochen, welche sie in die an beiden Seiten des Mundes angebrachten D u r c h schnitte stecken; letzleie bemalen sich o b e r - und unterhalb der Augen und verbinden diese Cirkel mit einem über die Nase und das Kinn gezogenen Strich von dunkelblauer F a r b e . Die Reichen haben Kopf- und Halsbänder von grofsen blauen Glasperlen. Sowohl Männer als Weiber kleiden sich, je nach ihrem Vermögen, in Marder- oder R e n n t h i e r - P a r k e , mit Beinkleidern und Stiefeln von Seehundsfell. Am 28. Juli vereinigte sich die Olkrytie wieder mit dem B l a g o n a m j e r e n n y , und am 30. nahmen beide Sloops ihren Cours an Cap Krusenstern vorbei, nach Norden. Schon nach einigen T a g e n aber wurden sie während eines dichten Nebels von einander getrennt, und als sich dieser aufklärte, sah sich der Blagonamjerenny am öden Ufer Amerika's allein. E r w a r unterdessen bis zum 69. Grade der Breite gelangt; oft begegEndlich w a r es neten ihm ganze Felder von dickem Eis. unmöglich, sich noch weiter durchzuwinden, und man machte kehrt, um die Otkrytie wieder aufzusuchen. Bis zum 6. August hatte man täglich um Mitlag Nebel, des Morgens und Abends aber helles W e l t e r , sah jedoch nichts als eine lange, einförmige L a n d z u n g e , die sich einige Meilen weit zwischen den C a p s Lisburne und Mulgrave ausdehnt und auf der sich eine kleine amerikanische Ansiedlung befindet. W ä h r e n d der g a n zen Zeit bemerkte man eine starke S t r ö m u n g von N o r d Osten. Nach einem heftigen S t u r m e , der vom 10. bis zum 12. August w ü t h e t e , traf man am 13. wieder mit der Otkrytie zusammen, und mulste bald darauf bei eintretender Windstille in 6 8 ° 3 4 ' N . Br. vor Anker g e h e n , um nicht durch die Ström u n g nach Süden getrieben zu werden. Um den Eintluss derselben zu messen warf man das L o g a u s , und es ergab sich, dafs sie eine Schnelligkeit von zwei Knoten hatte. Das schöne W e l t e r benutzend, gingen einige Offiziere aut die W a l l -
Expedition der Sloop Blagonamjerenny.
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rossjagd, aber mit sehr geringem Erfolg. Nachdem der C a pitain Schischniarew mit dem Chef der Expedition auf der Otkrytie eine Berathung gehalten, gingen beide Schiffe mit N . W . W i n d unter Segel und steuerten die amerikanische Küste entlang nach Süden. Man hatte in Kronstadt die auseinander genommenen Theile eines flach gebauten einmastigen Fahrzeugs auf den Blagonamjerenny geladen, welches zur Untersuchung und Aufn a h m e des amerikanischen Ufers von der Halbinsel Aljaksa bis zum Cap Prinz von Wales gebraucht werden sollte; diese Theile wollte man in Kamtschatka oder Sitcha zusammensetzen lassen, lim das Boot zur Navigation von 1821 fertig zu halten. F ü r dieses J a h r konnten unsere Reisenden wegen der unübersehbaren Eisfläche, die sich vor ihnen ausdehnte, nicht weiter vorzudringen hoffen und sie wandten sich daher wieder der Berings-Slrafse zu. Die erwähnte lange Erdzunge erhielt von dem Capitain W'asiljew den Namen Cap Golownin, nach dem durch seine Gefangenschaft in J a p a n bekannten russischen Seefahrer. Nach einer stürmischen Fahrt erreichte man am 21. August das O s t c a p , welches sich bei T a g e s a n b r u c h in der ganzen Majestät der wilden Natur darstellte. Die hohen Felsen erheben sich senkrecht, und die W o g e n die sich an ihnen brechen, bringen ein donnerähnliches Getöse hervor, welches je nach der Richtung des Windes in einer Entfernung von 20 Meilen und darüber vernehmlich ist. In den Felsenklüften bemerkte man die S o m m e r - J u r t e n der wandernden Tschuktschen, die sich hier mit dein F a n g e der Seevögel, Seehunde und Fische beschäftigen. Die beiden Sloops steuerten jetzt nach der St. LorenzBai, die in fast gleicher Parallele mit der Insel dieses Namens liegt Man halte die Absicht, hier von den Tschutschken Rennthiere zu kaufen, um der Mannschaft, unter der sich bereits einige S y m p t o m e des Scorbuls zu zeigen begannen, etw a s frische Speise zu verschaffen, da man w e d e r auf U n a laschka noch in N e u - A i c h a n g e l sich damit versehen konnte 19 *
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Historisch -philologische Wissenschaften.
und also bis zur Ankunft in Californien h ä t t e w a r t e n m ü s s e n . Gegen Abend befand man sicli am E i n g a n g der Bai, der aber so von Eis g e s p e r r t w a r dafs m a n nicht einlaufen konnte. In der H o f f n u n g dafs das Eis durch die S t r ö m u n g f o r t g e t r a gen w ü r d e , legte man bis zum Morgen bei; da sich indessen hierzu keine Aussicht zeigte, so segelte m a n weiter. D e r nach der westlichen Spitze der Insel S t . L o r e n z g e richtete C u r s brachte unseren Reisenden diese Insel a m 23. zu Gesicht. D e r Capitain W a s i l j c w befahl dem Commanderndes B l a g o n a m j e r e n n y durch ein Signal, die A u f n a m e der Insel fortzusetzen und sich ihm in Unalaschka wieder anzuschiefsen, w o r a u f er selbst zur U n t e r s u c h u n g der amerikanischen K ü s t e zwischen N o r t o n - S o u n d und Bristol-Bai abging. D a es schon spät am T a g e w a r , so liefs der Capitain S c h i s c h m a r e w w e n den u n d die Sloop u n t e r w e n i g e n Segeln in einiger E n t f e r n u n g v o m U f e r halten. D i e N a c h t , schreibt unser V e r f a s s e r , w a r äufserst finster, w i r lagen bei dem W i n d e auf den linken H a l s , indem wir n u r die gerefften Marssegel, V o r d e r s t e n g e n , S t a g - u n d B e s a m segel auf hatten. N a c h u n s e r e r B e r e c h n u n g befanden w i r uns m e h r nördlich, fast in der Milte der Slrafse zwischen der Insel und dem F e s t l a n d e Asiens, w e s h a l b es erst g e g e n Mitt e r n a c h t nöthig sein w ü r d e , auf den a n d e r e n Hals zu gehen. U m 11 U h r kam der w a c h h a b e n d e B o o t s m a n von d e m Back mit d e r M e l d u n g , dafs sich u n t e r d e m W i n d e das G e r ä u s c h der B r a n d u n g hören lasse. D e r w a c h h a b e n d e L i e u t e n a n t , d e m es bekannt w a r , dafs wir uns um 8 U h r in einer E n t f e r n u n g von m e h r als 30 Meilen von beiden Ufern befanden und seitd e m bei einem G a n g e von drei K n o t e n , nicht ü b e r 9 Meilen g e m a c h t h a t t e n , wollte der Aussage des B o t s m a n n e s zuerst keinen Glauben s c h e n k e n : aber bald w u r d e die B r a n d u n g auch auf den Schanzen h ö r b a r , und d u r c h das nächtliche D u n k e l zeigte sich eine h o h e , finstere Masse mit weifsen Streifen, d. h. dem S c h n e e , der in den Felsenspalten lag. W i r liefsen sogleich w e n d e n und entgingen d a d u r c h der Gefahr. W ä h r e n d dessen w u r d e g a n z dicht am Ufer die Lothlinie ausge-
E x p e d i t i o n rler S l o o p
Rlajonanvjerenny.
283
w o r f e n , ohne jedoch in einer Tiefe von 2 0 0 Sajen finden.
Grund zu
Man sieht hieraus, mit wie genauer Noth
wir ent-
kommen w a r e n , denn wenn es uns unter so wenigen S e g e l n nicht gelungen w ä r e , zu w e n d e n , so hätten wir keine Anker auswerfen können und wären unfehlbar an den Klippen zerschellt.
Man wird fragen, auf welche Al t wir so nahe an die
Insel geriethen?
Unsere Berechnungen waren richtig,
allein
wir wurden durch die aus der Berings-Strafse fliefsende S t r ö mung forlgetrieben.
Ich
habe schon oben der in dem E i s -
meere bemerkten Strömung gedacht, die stets von Nord-Osten Riefst: woher kömmt nun diese Wassermasse, die sich immer in
einer
Richtung
bewegt?
Wir
konnten nur
annehmen,
dafs die amerikanische Küste sich nicht bis zum P o l erstreckt, sondern eine breite Durchfahrt hat, durch w e l c h e sich die G e wässer des Eismeeres und Stille Meer ergiefsen.
des
Leider
sehen wird,
wie
man
Oceans in das
es uns nicht vorbehalten,
von
deren
diese Durchfahrt aufzufinden, überzeugt w a r e n ;
Atlantischen
war
aus dem
stellte uns die Eismauer
Existenz
Verfolg ein
wir
dieser
fest Reise
unüberwindliches
Hinderniss entgegen. D a das stürmische W e l t e r die Aufnahme der S t . L o r e n z Insel nicht gestattete, so richtete der B l a g o n a m j e r e n n y seinen L a u f nach der S t . M a t t h ä u s - I n s e l ,
die sich am 2 6 . August,
Morgens um sechs Uhr, am Horizont zeigte. durch zahllose S c h a a r e n von
Seevögeln:
Ihre Nähe wurde
Seepapageien
Toporki (Lunda arctica), Ary, G a g a r y ( C e p p h u s nalis) und Möwen, angekündigt. und 187° 4 5 ' 4 8 " Ost
oder
septentrio-
S i e liegt in CO 0 1.7 4 8 " N . B r .
von G r e e n w i c h ,
und besteht aus ho-
hen, nackten Felsen, in welchen Millionen der erwähnten V ö gel nisten.
An ihrer Nordspitze befindet sich ein abgesonder-
tes kleines Eiland und an der südlichen ein grofser Fels, der einem wurde.
Sattel ähnlich ist und
von Clerk P i n n a c l e
genannt
D i e Matthäus-Insel selbst, die eine L ä n g e von etwa
6 0 Meilen hat, ist ganz öde und unbewohnt.
D i e Menge von
S e e l ö w e n , Seehunden und S e e b ä r e n , die sich an ihren Ufern lagern,
veranlafste
den ehemaligen
Direktor
der russischen
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Historisch - philologische Wissenschaften.
Colonieen in Amerika, Herrn ß a r a n o w , eine Anzahl Aleuten zur Jagd auf diese Thiere hier anzusiedeln ; allein schon nach drei Jahren musste er das Unternehmen aufgeben, indem in dieser kurzen Zeit mehr als die Hälfte der Colonisten durch die Kalte und den Scorbut umgekommen war. Ausserdem hatten sie noch durch die Eisbären zu leiden, denen in j e d e m Winter mehrere Menschen zum Opfer fielen. Am 3. September ankerte der ß l a g o n a m j e r e n n y wieder im Hafen von Illjuljuk, wo die Olkrytie schon drei T a g e vorher eingetroffen war. Von hier segelten beide Sloops nach Neu-Archangel. W ä h r e n d ihres Aufenthalts in diesem Hauptort der russisch-amerikanischen Niederlassungen liefen auch der S c h o o ner ß a r a n o w , Lieutenant de L i v r o n , aus Ochotsk, und der Dreimaster ß o r o d i n o , Capitain Panaiidin, aus Europa im dortigen Hafen ein. Letzteres der Compagnie gehörige Schiff w a r mit europäischen und chinesischen W a a r e n beladen, die für die Colonieen bestimmt waren und wogegen es in Sitcha R a u c h w e r k in E m p f a n g nehmen sollte. Unterwegs hatte es Manilla besucht, wo bald darauf die Cholera ausbrach. Der Capitain Panaiidin verlor mehrere Seeleute und sogar seinen Schiffsarzt, statt dessen er einen andern in Manilla engagiren mufste, und er eilte die Insel zu verlassen, in der Hoffnung dafs die V e r ä n d e r u n g der Luft dem Uebel ein Ziel setzen w e r d e ; allein auf der Reise nahm die Krankheit noch mehr überhand, und bis zur Ankunft des ßorodino in ¡Neu-Archangel waren bereits dreifsig Menschen gestorben. Von den lünf K r a n k e n , die er damals noch h a t t e , genasen vier und starb einer, womit die Epidemie aufgehört zu haben schien; nach der Rückkehr unserer Reisenden nach Kronstadt erfuhren sie j e d o c h , dafs die Mannschaft des ßorodino auf dem H e i m w e g e von neuem davon ergriffen worden sei. Auf Sitcha w u r d e n zum Glück w e d e r die Einwohner des Landes selbst, noch die Besatzungen der übrigen dort liegenden Schiffe von dieser Seuche angesteckt. In Neu-Archangel w a r auch der neue Ober-Direktor der
285
Expedition der Sloop Blagonamjerenny.
amerikanischen Niederlassungen, Flotten-Capitain M u r a w j e w , mit dem zum Hafencommandeur ernannten Midshipman C h r a m tschenko*), dem Secretair Gribanow und dem Arzte VVolkow a n g e k o m m e n , so dafs eine ziemlich zahlreiche Gesellschaft gebildeter Offiziere sich hier versammelt hatte. Es w u r d e ein L i e b h a b e r - T h e a t e r errichtet, man gab Bälle und Maskeraden, unternahm Ausflüge in der Umgegend des Hafens und nach den heifsen Quellen; allein trotzdem war man froh, als der Augenblick der Abreise von dem unfreundlichen Sitcha hera n n a h t e , wo man in sechs W o c h e n keinen einzigen klaren T a g erlebt h a l t e , indem ein kleiner Regen fast unaufhörlich niederfiel. D e r Lieutenant Ignatjew w u r d e mit einigen Zimmerleuten, einem Schmiede und einem Kalfaterer zurückgelassen, um die Zusammenstellung und Ausrüstung des e r w ä h n ten Fahrzeuges zu besorgen, und am 6. N o v e m b e r gingen beide SIoops nach Californien unter Segel. Es wird um so mehr überflüssig sein, die Bemerkungen unseres russischen G e w ä h r s m a n n e s über Californien wiederz u g e b e n , als dieses Land einige J a h r e früher und später von Kolzebue auf seinen genugsam bekannten Entdeckungsreisen besucht w u r d e und die Beschreibung der damaligen Z u s t ä n d e Californiens mit der seinigen in der Hauptsache übereinstimmt, w ä h r e n d sie beide durch die seitdem vorgegangenen grofsartigen Veränderungen einen nicht' geringen Theil ihres Interesses verloren haben. Aus ähnlichen Gründen lassen wir auch die Schilderung der S a n d w i c h - I n s e l n unberührt, indem wir nur bemerken, dafs es den Capitains Wasiljew und Schischmarew eben so wenig als Cook, Clerk und Vancouver gelang, die angeblich in der Parallele vom 27. Grade Norder Breite liegenden Inseln Rico d'Oro und Rico de Plala aufzufinden, und nehmen den Faden der Erzählung mit ihrer Ankunft in 53° N.Br. am 20. Mai 1821 wieder auf. ') Derselbe machte später zwei Reisen nin die Krde ( 1 8 2 8 bis 1830 nnd 1831
bis 1 8 3 3 )
und entdeckte
mehrere Inselgruppen
als Menschikow, Dmitriew, Löwendal u . s . w .
im Siidmeere,
Leider ist,
so viel wir
w i s s e n , nichts Näheres über diese Expedition bekannt gemacht worden.
286
Historisch - philologische Wissenschaften.
Am genannten T a g e w u r d e der Blagonamjerenny durch einen dichten Nebel von der Otkrytie gelrennt; dies verhinderte ersteren jedoch nicht, seine Fahrt fortzusetzen. Am 24. erblickte man den Berg Edgecoinb und lief am 26. in den Hafen von Neu-Archangel ein, wo die Otkrytie, obgleich ein besserer S e g e l e r , erst vier T a g e später eintraf. Den T a g darauf w u r d e das vom Lieutenant Ignaljew erbaute Fahrzeug von Stapel gelassen und dieser Offizier zum C o m m a n d e u r desselben ernannt, dem noch ein Unteroffizier, ein W u n d a r z t gehiilfe und zehn Matrosen beigegeben wurden. D e r OberDirector der Colonieen, Capitain M u r a w j e w , w a r im Begriff, eine Inspectionsreise nach Kodjak und Unalaschka anzutreten, wozu er das Compagnieschiff Golownin unter dem Befehl des Midshipman Chramlschenko ausrüsten liefs. Herr M u r a w j e w wollte eine Zeitlang auf Kodjak verweilen und unterdessen Chramtschenko auf Untersuchungen nach Norden absenden. D e r Erfolg dieser Expedition ist unserem Verfasser, wie er sagt, unbekannt geblieben. Aucli wir können nichts weiter darüber mittheilen, als das Chramtschenko eine bisher nicht auf den Karten verzeichnete, unbewohnte Insel in 59° 2 8 ' N . B . und 164° 5 8 ' O s t von Greenwich entdeckt hat. Am 10. J u n i segelten beide Sloops von N e u - A r c h a n g e l a b , nachdem der Blagonamjerenny einen auf Sitcha befindlichen K a m t s c h a d a k n und einen Agalachmjuten als Dolmetscher an Bord genommen hatte. Das von der Otkrytie ins Schlepptau genommene Boot des Lieutenants Ignatjew verzögerte die Fahrt nicht w e n i g , so dafs man erst am 25. bei den Fuchsinseln a n k a m , obgleich der Wind fortwährend günstig war. Endlich warf man am 3. Juli zum drittenmal Anker vor dem Dorfe Illjuljuk, wo man einiger Reparaturen halber sechs T a g e verweilen mufsle. Da man sich jetzt wieder nach Norden begab, wo stürmische W i t t e r u n g , Kälte und mancherlei Ungemach bevors t a n d e n , so glaubte der Capitain des Blagonamjerenny nicht mit drei Offizieren ausreichen zu k ö n n e n , weshalb ihm von der Otkrytie der Lieutenant Seleny zugetheilt wurde. W ä h -
Expedition der Sloop Blagonamjerenny.
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rend nun der Capitain Wasiljew einen neuen Versuch u n t e r nahm, längs der amerikanischen Küste nach Nord-Osten vorzudringen, erhielt der Commandern* des Blagonamjerenny folgende Instruction: „Nach der Abfahrt von Unalaschka seinen Curs nach dem von einem Proinyschlennik gesehenen Verklärungs-Eilande (Ostrow Preobrajienia) zu richten und die L a g e desselben zu bestimmen, resp. sich von dessen Existenz zu überzeugen: alsdann die von Cook entdeckte, seitdem aber nicht wieder gefundene Insel Anderson aufzusuchen; ferner die Inseln St. Matthäus und St. Lorenz aufzunehmen und sich endlich zu bemühen, das Eismeer bis zum 19. Juli zu erreichen, dann aber die asiatische Küste entlang zu fahren, um wo m ö g lich eine Durchfahrt nach Westen zu finden." Am 9. Juli ging also die Otkrytie mit dem zur Untersuchung der Bristol-Bai bestimmten, vom Lieutenant Ignatjew commandirlen Boote in nordöstlicher Richtung unter Segel, während der Blagonamjerenny nach W.N.VV. steuerte. Bald verloren sich die beiden Schiffe bei dem sich erhebenden dichten Nebel aus dem Gesichte. Am 13. Juli erreichte der Blagonamjerenny die Stelle, w o auf der Karte die Verklärungs-lnsel angegeben war, n ä m lich 58° 48' N.Br. u. 183° 24' O.v. Gr. Das W e l t e r w a r ziemlich hell und der Horizont klar; gleichwohl w a r von der Spitze des Mastes aus kein Land zu erblicken, weshalb der Capitain sich nicht lange b e d a c h t e , sondern die angebliche Insel vom Angesicht der Erde oder vielmehr des Ocean strich. Man w e n d e t e sich jetzt nach der Anderson's Insel und langte am 15. bei der Stelle a n , die sie auf den Karten einn i m m t , ohne jedoch Land zu erblicken; um vier Uhr N a c h mittags a b e r , als sich der Horizont im S i i d - O s t e n aufklärte, zeigte sich ein hohes Land. D a man sich in diesem A u g e n blick in 62° 56' der Breite und 193° 32' 0 . v. Gr. befand, also mehr als 180 Meilen von der amerikanischen Küste entfernt, so mufste dieses Ufer e n t w e d e r eine neue Entdeckung oder, wenn man einen Irrlhuin in den Berechnungen des C a pitains Cook a n n a h m , die Anderson's Insel sein. U m sich
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Historisch - philologische Wissenschaften
hiervon zu überzeugen, liefs Capitain Schischmarew auf dieses Land zusteuern; da aber das W a s s e r immer seichter zu werden anfing und die Tiefe sich von acht bis auf v i e r S a j e n verminderte, so hielt er alsbald für rathsam, seinen Curs zu ändern und nach der St. L o r e n z - I n s e l zu segeln. Am 21. näherte man sich der westlichen Spitze derselben und nahm bald zehn grofse ß a i d a r e n w a h r , die von der Insel abstiefsen. U m ihnen Zeit zu g e b e n , an das Schiff heranzukommen, w u r d e beigelegt, und es begann ein Tauschhandel, der bis zum Abend fortdauerte. Um die Mannschaft mit frischem Rennlhierfleisch erquicken zu k ö n n e n , liefs der Capitain in die Bai hineinsteuern, und am folgenden T a g e ankerte der Blagonamjerenny einer kleinen Ansiedlung der sesshaflen Tschutkschen gegenüber. Die Bai von St. Lorenz ist ganz offen und w ü r d e zu einem Ankerplatze durchaus nicht geeignet sein, w e n n sich nicht von dem nördlichen Ufer eine niedrige, sandige E r d zunge erstreckte, welche eine kleine Bucht bildet, die gegen den Wellenschlag geschützt ist. Im Inneren der Bai, in nordwestlicher Richtung, liegen zwei kleine Inseln, welche für F a h r z e u g e , die sich eine Zeitlang hier aufhalten oder auch überwintern v/ollen, manche Vortheile darbieten. Das Ufer um die Bai herum ist gröfstentheils hoch und gebirgig; nicht nur die Gipfel, sondern auch die Spalten der Berge sind mit ewigem Schnee bedeckt, und nur in den Niederungen längs dem Ufer sieht man etwas einer Vegetation Aehnliches — ein vergilbtes, trockenes Gras, unter welchem sich nur selten ein gelbes Blümchen bemerkbor macht. Am Ufer der Bai erheben sich die kegelförmigen Jurten der Eingebornen, die, als sie den Blagonamjerenny ansichtig w u r d e n , sogleich in ihre Baidaren sprangen und ganz furchtlos an Bord kamen. Es w a r e n im Ganzen zwölf Mann, unter denen sich der Aelteste der Niederlassung befand. Nachdem der Capitain diese Tschuktschen, oder T s c h a u t s c h e n , wie sie sich selbst nennen, beschenkt halle, bat er den Aeltesten, ihm einige R e n n thiere zu verschaffen; J e n e r versicherte j e d o c h , dafs keine
Expedition der Sloop Blagonamjerenny.
289
von diesen Thieren in der Umgegend seien, indem man sie, aus Mangel an Moos, in das Innere des Landes getrieben habe, und w ü r d e es wenigstens zwölf T a g e dauern, ehe man sie wieder zurückbringen könne. D e r Aelteste, welcher Paigdan hiefs und dem das L e b e n auf der Sloop so wohl gefiel, dafs er mehrere T a g e am Bord blieb, erzählte unter Anderem, dafs er alljährlich nach dem J a h r m a r k t in Ostrownoje *) reise, wo er dieses J a h r viele russische Tojone aus N i / n e - K o l y m s k gesehen habe. Auf die Nachfragen unserer Reisenden über die Möglichkeit, die asiatische Küste entlang zu segeln, antwortete e r , dafs sie nicht weit nach Norden kommen könnten, und als ihm gesagt w u r d e , dafs sie bis N j / n e - K o l y m « k vorzudringen gedächten, lachte er und rief: „Viel Eis, B e r g e von Eis, Ihr w e r d e t nicht durchkommen." Als man am 25. unter Segel ging, erschien ein zweiter Aeltester, mit Namen Leitscheiga, d e r , wie er versicherte, eigens deshalb von der Metschigmensker Bucht hergekommen sei, um die Russen zu besuchen. E r nannte sich einen Sohn des Aelteslen Imlerat, der den Capitain Billings auf seiner Reise durch das Land der Tscluitkschen gegen Ende des vorigen J a h r h u n d e r t s begleitete. Da man hoffte, endlich von ihm die verlangten Rennthiere zu erhalten, so wendete sich der Capitain des Blagonamjerenny mit der Bitte darum an ihn. Leitscheiga erbot sich, ihm jede beliebige Anzahl R e n n thiere zu verschallen, doch könne dies erst in sieben T a g e n geschehen. Z u einem solchen Zeitverlust konnte sich Capitain Schischmarew nicht entschliefsen; er gab also dem T s c h u k t s c h e n - H ä u p t l i n g zu verstehen, dafs er jetzt abreisen müsse, aber in einem Monat oder sechs Wochen selbst nach der Metschigmensker Bucht kommen w e r d e , um Rennthiere einzukaufen, und J e n e r versprach auch, sich zur bestimmten Zeit dort einzufinden. *) Ueber diesen Jahrmarkt vergl. man den Artikel über die Tscliuktsclien aus Litke's Reise um die Krde, in d. Arcli. Bd. III. S. 461 ff.
Historisch-philologische
290
Wissenschaften.
Nach einer durch Windslillen und ungünstige B r i s e n v e r zögerten F a h r t u m s e g e l t e
man erst am 2 8 . das Ostcap.
hieraus sollte die Aufnahme
Von
der asiatischen K ü s t e beginnen,
allein die häufigen N e b e l und unveränderlichen W i n d e waren diesem V o r h a b e n
hinderlich.
Am
1. August
erblickte
man
das Cap 5 e r d z e K a m e n , von w e l c h e m ein ungeheueres Eisfeld sich längs dem U f e r zog und den ganzen Horizont im Norden einnahm.
Man
machte
deshalb
einen
Abstecher
amerikanischen K ü s t e , um sich mit T r e i b h o l z als man sich wieder nach W e s t e n
zu
wandte, war
nach
der
versorgen; der
5erdze
K a m e n zwar n o c h i m m e r mit E i s b e s e t z t , indessen liefs sich im N . W . eine ziemlich geräumige F l ä c h e offenen W a s s e r s s e hen.
Der
Blagonamjerenny
steuerte in dieselbe hinein;
C a n a l ward aber nach und nach i m m e r
zu einer e t w a drei Meilen im D u r c h m e s s e r haltenden S t e l l e (polynja) gelangt w a r ,
versperrte
g e t h ü r m t e E i s den weiteren F o r t g a n g .
der
e n g e r , und als man offenen
das im Norden auf-
An diesem T a g e (den 5.)
w a r die B r e i t e nach Observation 6 9 ° 5 1 ' 4 6 " , die L ä n g e
182°
3 3 ' 2 2 " O . v . G r . , die Declination des C o m p a s s e s 2 8 ° 1 ' 1 5 " 0 .
Das
Eis blieb bis zum 15. u n b e w e g l i c h , und bis dahin blieb auch die S l o o p auf derselben S t e l l e , in der Hoffnung auf eine g ü n stige V e r ä n d e r u n g .
E n d l i c h erhob sich ein frischer W i n d aus
N . N . O . , der, nach N . N . W , ü b e r g e h e n d , die R ä n d e r des E i s e s zu zerbrechen
anfing.
Gegen
Abend verstärkte er s i c h ;
D o n n e r des zertrümmerten E i s e s auf das noch stehende
Eis
w a r betäubend;
gestützte S c h o l l e n
aus dem W a s s e r und fielen krachend freie Meer hinauszukommen, folgt.
Gerade
gebildet; wurde
nach
alle S e g e l
aber immer
nieder.
von gewaltigen
Südosten
hatte
beisetzend, enger von
erhoben
sich
Man eilte Eismassen
ins ver-
sich eine n e u e Oeffnung
schoss
die S l o o p
dem T r e i b e i s
bis sie zuletzt nicht weiter konnte.
der
ungeheure,
vorwärts,
eingeschlossen,
Ihre L a g e fing an kritisch
zu w e r d e n ; der Wind wurde nach Mitternacht s c h w ä c h e r und legte sicli
am E n d e g a n z ;
das
Eis
S e i l e n und drohte sie zu zerdrücken.
umringte
sie
von
allen
Z u m Glück stellte sich
nach vierundzwanzig S t u n d e n ein leichter W i n d aus W . N . W .
Expedition der Stoop Blagonamjerenny.
291
ein, der sich bald in eine frische Brise verwandelte und zu ihrer Befreiung diente. Die Eismassen welche sie gefangen hielten, kamen in Bewegung und öffneten ihr eine Strafse, die sie gegen Abend aus diesem Labyrinth führte. In einiger Entfernung liefs der Capitain beilegen und unter blofsen Stagsegeln eine günstige Conjunctur abwarten. Nachdem es einen ganzen T a g und eine Nacht gestürmt hatte, steuerte man als der Wind sicli legte abermals nach Norden, indem man sich langsam zwischen dem schwimmenden Eise durchwand. W i e fast immer bei nördlichen W i n den, herrschte ein starker Nebel, und es fiel oft ein dichter Schnee, so dafs die wachhabenden Matrosen vollauf damit b e schäftigt waren, ihn vom Verdeck w e g z u f e g e n ; das T h e r m o meter senkte sich bis auf zwei, drei und mehr Grade unter Null. Am 17. August hatte man die Breite von 71° 13' e r reicht, w o eine feste Eismasse sich in der Richtung von S . W . nach N.O. ausdehnte. Die Unmöglichkeit einsehend, weiter gen Norden vorzudringen, liefs der Capitain nunmehr nach der asiatischen Küste wenden, um die Aufnahme des eisfreien Theils derselben fortzusetzen, und bei hellem W e t t e r und leichtem S . W . W i n d e entfernte sich die Sloop allmählig aus der gefährlichen Nachbarschaft der Eisberge. Man w a r noch nicht weit gefahren, als unser Verfasser, der die W a c h e hatte, ein Brüllen am Hintertheil des Schiffes und ein Klirren der Ruderkelle vernahm. Er sah sich um und erblickte einen riesenhaften Eisbären, der sich mit den Vorderfüfsen an der Kelte hielt. D e r Capitain liefs sogleich ein Boot aussetzen, um den Räuber zu fangen, aber von dem Geräusch erschreckt, s c h w a m m er mit einer solchen Schnelligkeit dem Eise z u , dafs man ihm kaum folgen konnte. Man wollte nicht nach ihm schiefsen, aus Furcht, dafs er untersinken w ü r d e , falls man ihn t ö d t e t e , und suchte ihn daher mit Piken zu erlegen; allein jedesmal wenn man ihm zu nahe kam tauchte der Bär mit merkwürdiger Gewandtheit unter und kam erst in weiter Entfernung wieder zum Vorschein. Dieser J a g d inüde, feuerte man endlich mehrere Flinten-
292
Historisch -philologische Wissenschaften.
schüsse auf ihn ab; ob einer von ihnen traf, blieb jedoch u n bekannt, da er von neuem unter das Wasser verschwand und sich nicht wieder auf der Oberfläche zeigte. Als man sich innerhalb fünfzig Meilen vom Ostcap befand, konnte man sich endlich der Küste so weit nähern, um die Aufnahme derselben zu beginnen. Am 23. Morgens, an der Südseite der Gwosdevv's Inseln, traf man nach langer T r e n n u n g wieder mit der Otkrytie z u s a m m e n , die aus der Berings-Strafse hervorkam. D e r Capitain Schischinarew verfügte sich mit einigen seiner Offizieren sogleich an Bord. Die erste F r a g e w a r nach dem auf «Sitcha gebauten B o o t e , welches nicht mehr bei der Olkrytie zu sehen war. Man erfuhr, dafs es schon von Cap N e w e n h a m ab von der Otkrytie getrennt sei, indem man es unter dem Commando des Lieutenants (jetzt Vice-Admirals) Awinovv, dem der Midshipman Hall und der Steuermann K o r g u j e w als Gehülfen beigegeben w u r den, zur Untersuchung der Bristol-Bai abgeschickt h a b e , mit der Vorschrift, sich wo möglich bis zum 27. August im N o r ton-Sound einzufinden, um sich dort mit der Otkrytie zu vereinigen, die jetzt auf der Falli t dahin begriffen war. W ä h r e n d also diese ihren Curs nach S.O. richtete, steuerte der Blagonamjerenny in die Metschigmensker Bucht hinein, u m dort Rennthiere zu h o l e n , deren Bedürfniss sich täglich m e h r herausstellte, indem ein grofser Theil der Mannschaft am Scorbut litt. Einer von den Patienten starb am folgenden T a g e und w a r d am Ufer begraben. Im Augenblick als die Sloop vor Anker ging, kam der unseren Reisenden schon bekannte Leitscheiga an B o r d , mit dem Versprechen, binnen drei T a g e n Rennthiere zu liefern, und als der Capitain ihm nicht glauben wollte, erbot er sich unterdessen als Geifsel auf dem Schiffe zu bleiben und seinen Sohn als Land zu schicken. Am folgenden Abend bekam man auch wirklich sechs Rennthiere und T a g s darauf noch vier, w o f ü r Leitscheiga zwei eiserne Kessel, ein Beil, etwas Tabak, Glasperlen und andere Kleinigkeiten erhielt. Mit dem gewünschten Proviant versehen, segelte man am
Expedition der Sloop Blagonamjerenny.
293
27. nach der St. Lorenzinsel ab und begann ihre Aufnahme am 28., an derselben Stelle, wo man sie im vorigen J a h r e abbrechen mufste. Nachdem man mit der Nordseite fertig w a r , ging man am 29. zum übrigen, südöstlichen Theile der Insel ü b e r , konnte aber des Nebels und der heftigen W i n d e halber erst am 4. September damit anfangen. Am 30. fiel ein höchst trauriges Ereignifs vor. D e r als Dolmetscher angenommene Agalachmjute halte schon längst Anzeichen des Wahnsinns gezeigt; er bildete sich ein, dafs, da er seinen Auftrag nicht erfüllen konnte, indem die Sloop nirgends anhielt w o seine Sprachkenntnisse erforderlich w ä r e n , er eine Sünde begehe und daher sterben müsse. Man musste streng auf ihn Acht geben ; am genannten T a g e wusste er sich während eines heftigen Squalls der Aufsicht zu entziehen und sprang über Bord. Die Jolle w u r d e sogleich ausgesetzt, doch umsonst: er kam nicht wieder zum Vorschein. Am 4. und 5. S e p t e m b e r beendigte man die Untersuchung der St. Lorenzinsel bis zu dem Punkte wo Kotzebue mit dem Rjurik dieselbe abgebrochen h a t t e , und steuerte dann nach der Insel St. Matthäus, welche man am 9. erreichte. Nachdem man einen 6 bis 10 Snjen tiefen Canal zwischen der grofsen und einer kleinen Insel durchschifft und zwei dort befindliche Klippen wegen ihrer Aehnlichkeit mit den an der englischen Küste gelegenen die N e e d l e s g e n a n n t , den Canal selbst aber den N a m e n des Admirals «Sarytschew gegeben h a t t e , segelte man der Bering's-Insel weiter, ohne sie jedoch im Nebel erblicken zu können. Einen ganzen Monat lang hatten unsere Reisenden mit den Elementen gekämpft, als sie am 29. Kamtschatkas ansichtig w u r d e n . Die gigantische, aus rothem Stein bestehende K r o n o k s k a j a - S o p k a stellte sich ihnen zuerst in einer Entfern u n g von 80 Wersten d a r * ) ; die anderen weit niedrigeren ") lieber die| Kronokskaja ( K r o n o z k a j a ) Sopka vergl. Erman's Reise um die Erde Abtlil. I. Bd. 3. S. 301, 411, 524.
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Historisch - philologische Wissenschaften.
Berge wurden nur in einem Abslande von 35 W e r s t e n entdeckt, woran allerdings auch das eintretende Dunkel schuld sein mochte. Die Abhänge waren noch mit Grün bedeckt und erschienen dem von den Anblick starrer Eisflächen ermüdeten Auge als überaus reizend. Am 3. October segelte man in die Bai von Awatscha und am 4. in den Petropaulshafen ein, wo die Otkrytie schon zehn T a g e vorher angekommen war. Von Kamtschatka aus durchschnitten die beiden Sloops noch einmal das Stille M e e r , umschifften das Cap Horn und kehrten nach einer dreijährigen Fahrt im August 1822 glücklich nach Kronstadt zurück.
Ein Russisches Lehrbuch der Ornithologie. Von
Herrn K. K e s s l e r . Professor in Kiew.
U n t e r dem Titel: Russkaja Ornitologia ili rukowodstwo dlja opredjelenija ptiz kotoryja w o d j a t i j a ili wstrjetschajutsja w ' j e wropejskoi Rossii, das heisst Russische Ornithologie oder Anleitung zur Bestimmung der Vögel die im Europäischen Russland leben oder vorkommen. Kiew 1847. 8. S . 4 1 2 und 2 Tafeln hat H e r r K . K e s s l e r , Professor der Zoologie bei der genannten Universität, ein Lehrbuch herausgegeben, welches er als eine erste F r u c h t seiner vieljährigen Bemühungen um den g e nannten Z w e i g der Zoologie betrachtet zu sehen wünscht. E r hat sich auf die Beschreibung der Vögel des E u r o p ä i s c h e n R u s s l a n d s beschränkt, weil er seine Materialien zur Klassification der ausschliefslich in N o r d - A s i e n oder in den Kaukasischen Provinzeu vorkommenden, noch nicht als abgeschlossen betrachtet. Auch sind die Synonimie und die T o pographie der abgehandelten Species aus dem uns vorliegenden Bande ausgeschlossen, und einer Fortsetzung des W e r k e s als Hauplge°;enstände aufbehalten. H e r r n K e s s l e r s Lehrbuch zerfällt dagegen in eine a l l g e m e i n e oder e i n l e i t e n d e und in die e i g e n t l i c h s y s t e Ermans Russ. Archiv. Bd. IX. H. 2.
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P h y s i k a l i s c h - mathematische Wissenschaften.
m a t i s c h e Abtheilung. In der ersicren w e r d e n die vorzüglichsten anatomischen Charaktere der Vögel und sodann die H a u p t m o m e n l e ihrer Lebensart oder ihres Verhaltens gegen die Aussenwelt abgehandelt, namentlich aber das Anatomische (S. 1 b. 50) in den üblichen Abschnitten über die äusseren B e deckungen, das Skelet, die Muskeln, das N e r v e n s y s t e m , die Gefühlsorgane, die E r n ä h r u n g s - und Verdauungsorgane, die O r g a n e des Blutumlaufes, die A t h m u n g s - und S t i m m w e r k zeuge, die H a r n - und andere Secretionsorgane und die Geschlechtswerkzeuge. D a s Capitel von der Lebensart (S. 51 bis 95) behandelt nacheinander: die B e w e g u n g , die E r n ä h r u n g , die geschlechtlichen und die Verwandschal'ts-Verhältnisse, die Entwicklung und Mauser und die Z ü g e der Vögel. D e r Verfasser hat in diesen Abhandlungen, wohl in Folge des geringen Umfanges auf den er sie beschränken m u s s t e , die E r w ä h n u n g der noch achwebenden Fragen aus diesem Theile der Wissenschaft vermieden und vielmehr nur Thatsachen zur Sprache gebracht, die bereits allgemein anerkannt sind und bei denen es, weil sie in den meisten ähnlichen W e r k e n aufgezählt w e r d e n , keiner Beziehung auf besondere Autoritäten bedurfte. Es wird daher auch in dieser Abtheilung des Buches nur e i n e Beobachtung als dem Verfasser eigenlhiimlich e r w ä h n t , und zwar in dem Capitel von den Fainilienbeziehungen der Vögel, in welchem die, n u r in dieser Thierklasse vorkommende, Fürsorge der m ä n n l i c h e n Individuen für die junge Generation abgehandelt, und zum Beweise derselben unter anderen folgende a n ziehende Thatsache angeführt w i r d : „ich bin einmal Augenzeuge eines Ereignisses gewesen, welches die ällerliche Theiln a h m e der Vögel für ihre J u n g e n recht schlagend bevviefs. Auf einer kleinen Bucht des Flusses Wokscha w u r d e eine März-Ente (A. Boschas) mit ihren noch nicht flüggen J u n g e n so vollständig von J ä g e r n umstellt, dafs der Untergang der ganzen Familie unvermeidlich schien. Plötzlich und gegen ihre Gewohnheit verliefs nun die Mutter ihre Brut, als ob sie deren hoffnungslose L a g e eingesehen hätte und flog davon.
Hin Russisches Lehrbuch der Ornithologie.
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E s w a r e n aber kaum fünf Minuten vergangen und erst zwei J u n g e getödtet, als sie zurückkehrte und zwar in Begleitung des Erpel. Dieser fing nun an sich vor den Jägern auf dem W a s s e r herumzutreiben und wussle so geschickt ihre Aufmerksamkeit in Anspruch zu n e h m e n , dafs unterdessen die Ente mit den J u n g e n unvermerkt bis zum Ausgange der Bucht vordringen und demnächst den Fluss erreichen konnte, auf dem jede Verfolgung fruchtlos war." W i r wollen als ein dem vorliegenden W e r k e e i g e n t ü m liches Resultat, aus demselben das Verzeichniss der 387 Arten von Vögeln, die im Europäischen Russland nachgewiesen sind, und der Trivialnamen, die man ihnen beigelegt hat, mittheilen, lassen aber zuvor das Wesentlichste über die äusseren Kennzeichen die Herr Kessler seiner Classification zu G r u n d e gelegt hat und über die von ihm vorgeschlagene Russische Nomenclatur, nach seinen eigenen Angaben auf S. 99 bis 130 des in Rede stehenden Bandes, folgen. „Die Anzahl der beobachteten und beschriebenen Arten von Vögeln dürfte sich jetzt wohl auf 7000 belaufen. Es giebt jedoch kein W e r k in welchem die Beschreibungen derselben vereinigt w ä r e n , sondern nur theils ornithologische F a u n e n einzelner L ä n d e r , theils Monographien von einzelnen Familien oder Gattungen. Auch finden sich viele Bestimmungen neuer Arten nur noch in Reiseberichten oder in Zeitschriften und es sind endlich viele von ihnen ohne die gehörige Umsicht und Gründlichkeit abgefafst. D u r c h alle diese Umsläude wird eine genügende und vollständige Klassification der Vögel bedeutend erschwert. Es kommt aber hierzu noch, dafs zu einer guten Klassification der Arten eine tiefe Kenntniss der gesammten Organisation einer jeden von ihnen gehörte, während uns bis jetzt eine solche Kenntniss sogar für viele Familien und G a t t u n g e n , die nur ausserhalb Europa vorkommen, vollständig fehlen. So w a r man bis vor kurzem noch allgemein der Ansicht dafs alle Singvögel eine ihnen e i g e n t ü m l i c h e und überall gleiche Anordnung des u n t e r e n K e h l k o p f e s oder des sogenannten S i n g a p p a r a t e s be20*
298
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
säfsen. D i e seit 1845 bekannt g e w o r d e n e n U n t e r s u c h u n g e n von J . M ü l l e r haben aber die Falschheit dieser Ansicht n a c h gewiesen, indem vielmehr bei vielen ausländischen Singvögeln der u n t e r e Kehlkopf ganz a n d e r s , als bei den Europäischen gebaut ist. S o bleiben denn auch alle systematischen E i n t e i l u n g e n der Vögel, unter denen die von L i n n é , L a t h a m , Dumeril, 1 i g e r , Cuvier, Viellot, Temmink, Blainv i l l e , N i t s c h und S u n d e v a l am bekanntesten g e w o r d e n sind, n o c h äusserst unvollkommen. F ü r den besonderen Z w e c k des g e g e n w ä r t i g e n W e r k e s habe ich mich der C u v i e r s c h e n Classification a m nächsten angeschlossen, dieselbe aber d e n n o c h in soweit a b g e ä n d e r t , dafs sie zur ausschliefslichen Bestimm u n g der Europäischen Vögel passender g e w o r d e n i s t , von denen es nicht m e h r als 4 0 0 Arten giebt." „Ich theile demnach die Klasse der Vögel in fünf Abtheilungen : I. Accipitres sen R a p t a t o r e s , Russ. chischtschnyja ptizy, d. h. R a u b v ö g e l . II. P a s s e r e s sen I n s e s s o r e s , Russ. w o r o b i n y j a ili n a s j e d nyja ptizy, d. h. Sperlingsartige oder Sitzvögel. II. Gallinae sen Rasores, Russ. Kurinyja ptizy, d. h. H ü h nerartige Vögel. IV. Grallae seu Grallatores, Russ. Golenastyje ili Bolotnyja ptizy, d. h. langgeschiente oder S u m p f - V ö g e l . V . N a t a t o r e s sen P a l m i p e d e s , Russ. W o d j a n y j a ptizy, d. h. W a s s e r v ö g e l . „Diese Abtheilungen lassen sich auf folgende W e i s e charakterisiren u n d gliedern: I. A c c i p i t r e s . Sie unterscheiden sich a m leichtesten v o n allen übrigen durch den B a u des S c h n a b e l s und der F ü f s e . Ihr S c h n a b e l ist stark, kurz und seitlich z u s a m m e n gedrückt. D e r Oberkiefer ist nach unten g e b o g e n , umfasst den Unterkiefer u n d ist zu einem spitzen Haken von verschiedener L ä n g e ausgezogen. E r ist gegen seinen U r s p r u n g mit einer W a c h s h a u t bekleidet, in der die Nasenlöcher liegen u n d w e l c h e bisweilen mit borslenartigen F e d e r c h e n , w e l c h e die
Ein Rassisches Lehrbuch der Ornithologie.
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B a s i s des S c h n a b e l s u m g e h e n , bedeckt ist. I h r e F ü f s e sind kräftig, mit starken Muskeln v e r s e h e n und z u m m i n d e s t e n bis z u m F u f s g e l e n k befiedert. G e w ö h n l i c h ist s o g a r a u c h dieses G e l e n k u n d bisweilen sind die Z e h e n selbst bis zu den N ä geln mit kleinen F e d e r n besetzt. Auf d e m n a c k t e n T h e i l e i h r e r F u f s g e l e n k e u n d i h r e r Z e h e n sitzen h o r n i g e S c h l i p p e n o d e r Schilder. S i e h a b e n i m m e r v i e r in einerlei E b e n e lieg e n d e Z e h e n , von denen drei n a c h v o r n e u n d der vierte n a c h h i n t e n g e w a n d t sind. An den v o r d e r e n Z e h e n findet m a n oft, z w i s c h e n d e m m i t t l e r e n u n d ä u s s e r n , und bisweilen a u c h z w i s c h e n d e m mittleren und i n n e r e n eine kleine häutige V e r b i n d u n g . D i e ersten G l i e d e r d e r Z e h e n sind viel k ü r z e r als die f o l g e n d e n u n d die Z e h e n s o m i t z u m k r ä f t i g e n G r e i f e n g e e i g n e t . Ihre N ä g e l sind meist l a n g , seitlich z u s a m m e n g e d r ü c k t u n d zugespitzt — a u c h sind die an d e m h i n t e r e n u n d an d e n i n n e r e n Z e h e n b e findlichen die l ä n g s t e n . Ihr Kopf u n d ihre A u g e n sind grofs, ihr H a l s k u r z u n d die F l ü g e l lang. Ihre F e d e r n s t e h e n in so s c h m a l e n R e i h e n dafs sie b e t r ä c h t l i c h e u n b e f i e d e r t e S t r e i f e n z w i s c h e n sich lassen. D i e R ü c k e n r e i h e ist z w i s c h e n d e n S c h u l t e r n g e g a b e l t u n d hört d a n n auf u n d die z w e i H ä l f t e n d e r B r u s t - u n d B a u c h r e i h e e n t f e r n e n sich w e i t von e i n a n d e r . S i e h a b e n i m m e r 10 g r ö f s e r e S c h w u n g f e d e r n u n d meistens 12 bisweilen a b e r a u c h 14 S t e u e r f e d e r n . — Man u n t e r s c h e i d e t die A b t h e i l u n g d e r R a u b v ö g e l , n a c h d e r Z e i t die sie z u m B e u l e m a c h e n v e r w e n d e n , in T a g e s R a u b v ö g e l und n ä c h t l i c h e R a u b v ö g e l . Die T a g e s r a u b v ö g e l h a b e n die Augen an den S e i t e n des Kopfes, die W a c h s h a u t unbefiedert, den i n n e r e n Z e h e n nicht n a c h h i n t e n d r e h b a r u n d einen u m f a n g r e i c h e n Kropf. I h r e F l ü g e l sind m e h r o d e r w e n i g e r zugespitzt u n d die F e d e r n d e r S c h i e n b e i n e so l a n g , dafs sie einen T h e i l des F u f s g e l e n k e s b e d e c k e n . Die M ü n d u n g i h r e r S c h w a n z d r ü s e ist mit kleinen F e d e r n besetzt. E s ist f e r n e r charakteristisch f ü r die T a g e s - R a u b v ö g e l , dafs das M ä n n c h e n oft beträchtlich, u n d bisweilen s o g a r u m ein Viertel, kleiner ist als das W e i b c h e n u n d dafs bei ihnen a u c h in d e r B e k l e i d u n g beider G e s c h l e c h t e r U n t e r s c h i e d e v o r k o m -
Physikalisch-mathematische
300
Wissenschaften.
men, w e l c h e bei der A r t e n b c s l i m m u n g sind.
sorgfällig zu beachten
D i e Unterabiheilung der T a g e s - R a u b v ö g e l wird
lich noch
in zwei Familien
der B e t r a c h t u n g Interesse sind.
unterschieden,
der Europäischen
Gallungen
aber bei
von
geringem
Es wird demnach hier die genannte
theilung ohne weiteres in G a t t u n g e n gleichen getrennt w e r d e n . (Russ. S o w y )
gewöhn-
welche
haben
Unterab-
und zwar in 13 der-
D i e N a c h t r a u b v ö g e l oder E u l e n
nach
vorne gekehrte A u g e n ,
eine
mit
borstenartigen F e d e r c h e n bedeckte W a c h s h a u t , einen rückwärts drehbaren äusseren Z e h e n und einen w e n i g entwickelten Kropf. Ihre grofsen G e h ö r l ö c h e r sind mit steifen zugerundelen F e d e r n besetzt, welche
oft einen um das ganze
Halbkreis bilden.
Ihre grofsen
äusseren R a n d e fein ausgezackt. drüse ist nackt.
—
Gesicht reichenden
Schwungfedern
sind an
dem
D i e ¡Mündung ihrer S c h w a n z -
W i r haben 7 Galtungen
derselben
auf-
zuzählen. II.
Passeres
oder sperlingsartige V ö g e l .
In dieser A b -
theilung werden nahe die Hälfte aller beschriebnen w e l c h e von
denen der übrigen
vereinigt,
Klassen z w a r g e n u g s a m
ge-
trennt, dennoch aber auch unter einander so verschieden sind, dafs
man kaum einige
ihnen
allen gemein
genugsam
wären,
constante
auffindet.
unzählig verschiedene G e s t a l t e n ,
Charaktere,
die
Ihre S c h n ä b e l zeigen
denn wenn sie auch
immer
konisch oder pyramidal sind, so unterscheiden sie sich bei den den verschiedenen Arten bis aufs äusserste durch ihre L ä n g e , ihre B r e i t e ,
und die bald eingedrückte, bald c o n v e x e G e s t a l t
ihrer S e i t e n w ä n d e . ihre N a s e n l ö c h e r ,
Sie
haben
keine
Wachshaut
und
die stets nahe an der B a s i s des S c h n a b e l s
liegen, sind bisweilen ganz offen, öfter aber mit borstenartigen F e d e r c h e n bedeckt. Länge,
—
Ihre B e i n e sind theils von
mäfsiger
theils sehr kurz, auch haben sie fast i m m e r gänzlich
befiederte Schienbeine,
während ihre F ü f s e und Z e h e n meist
n a c k t , in seltenen Fällen aber auch mit kleinen hornähnlichen Federn
besetzt
Vorderseite
sind.
—
mit hornigen
aber mit länglichen
Die Füfse
sind
Queerschildern,
Hornplatten die z w e i
meistens an der
an
der
Unterseite
Längenreihen
bil-
E i n Russisches Lehrbuch d e r Ornithologie.
301
d e n , b e d e c k t . Man findet a b e r a n s t a t t dieser B e d e c k u n g e n a u c h an d e r V o r d e r s e i t e einen z u s a m m e n h a n g e n d e n h o r n i g e n S c h a f t u n d hinten kleine S c h i l d e r o d e r S c h u p p e n . S i e h a b e n m e i s t e n s v i e r in einer E b n e g e l e g e n e Z e h e n , von d e n e n g e w ö h n l i c h drei n a c h v o r n e und der vierte nach hinten g e w e n det sind. Bisweilen sind sie j e d o c h a u c h p a a r w e i s n a c h v o r n e u n d n a c h hinten und in einigen seltenen Fällen s o g a r alle v i e r n a c h v o r n e g e k e h r t . Die v o r d e r e n Z e h e n u n d b e s o n d e r s d e r m i t t l e r e u n d ä u s s e r e sind s e h r oft an der Basis v e r w a c h s e n , bisweilen a b e r a u c h g a n z g e l r e n n t o d e r n u r d u r c h schwache Zwischenhäute verbunden. Das Längenverhältniss d e s ersten zu den folgenden Z e h e n g l i e d e r n variirt ebenfalls aufs b e d e u t e n d s t e , w i e w o h l das e r s t e ö f t e r als eines der folg e n d e n am K ü r z e s t e n ist* — Die s p e r l i n g s a r t i g e n V ö g e l h a b e n f e r n e r einen kleinen K o p f , einen kurzen H a l s u n d d e n S c h w a n z u n d die F l ü g e l vollständig entwickelt. Ihre F e d e r r e i h e n sind schmal u n d die Z w i s c h e n r ä u m e z w i s c h e n d e n s e l ben o h n e F l a u m . D i e R u c k e n r e i h e e r w e i t e r t sich m e h r o d e r w e n i g e r z w i s c h e n den S c h u l t e r n u n d e n t h ä l t oft eine u n b e fiederte Stelle. D i e z w e i H ä l f t e n der B r u s t - u n d B a u c h r e i h e e n t f e r n e n sich stark von e i n a n d e r . S i e h a b e n g e w ö h n l i c h 9 o d e r 10 grofse S c h w u n g f e d e r n u n d e n t w e d e r 10 o d e r h ä u f i g e r 12 S t e u e r f e d e r n . D i e S c h w a n z d r ü s e ist kahl u n d a u c h s e l t e n an i h r e r M ü n d u n g mit kleinen F e d e r n b e d e c k t D i e in E u r o p a v o r k o m m e n d e n V ö g e l dieser A b t h e i l u n g l a s s e n sich füglich in den z w e i U n t e r a b t h e i l u n g e n d e r p a s s e r e s anomali, R u s s . o d n o g o l o s y j a , d. h. e i n t ö n i g e u n d p a s s e r e s melodosi, R u s s . p j e w t s c h y j a w o r o b . pt., d. h. S i n g v ö g e l u n t e r b r i n g e n . " F ü r die e r s t e dieser U n t e r a b t h e i l u n g e n variiren die e b e n g e n a n n t e n ä u s s e r e n K e n n z e i c h e n fast z w i s c h e n denselben G r ä n z e n , w i e f ü r die G e s a m m t a b t h e i l u n g d e r sie a n g e h ö r t , u n d es bleibt d a h e r als d u r c h g r e i f e n d n u r d e r e i n f a c h e r e B a u i h r e s u n t e r e n K e h l k o p f e s . E s sind hier 9 G a t t u n g e n a u s dieser U n t e r a b t e i l u n g a u f z u z ä h l e n , w e l c h e v e r m ö g e i h r e r b e t r ä c h t l i c h e n V e r s c h i e d e n h e i t e n fast f ü r e b e n s o viele F a m i lien g e l t e n k ö n n e n . Die s i n g e n d e n sperlingsartigen
302
Physikalisch -mathematische Wissenschaften.
V ö g e l haben i m m e r drei nach vorne und eine nach hinten gewandte Z e h e , von denen die mittlere vordere stets mit den äusseren vorderen an der Basis verbunden ist. Ihre ersten Zehenglieder sind immer kürzer als die letzten, und ihre Hinterzehe hat immer den längsten Nagel. Sie haben ohne Ausnahme 12 Steuerfedern und niemals eine befiederte Mündung der Schwanzdrüse. Alle Europäischen Arten dieser Unterabiheilung besitzen den sogenannten Singapparat, d. h. fünf oder sechs Muskelpaare am unteren Kehlkopf, welche ihnen zu mannichfaltigerer Modulation der Stimme dienen. Die 36 Gattungen die wir aus dieser Unterabtheilung aufzuzählen h a b e n , gehen so unmerklich in einander über, dafs eine Sonderung in Familien kaum rathsam ist. III. Die R a s o r e s oder Hühnerartigen Vögel haben immer einen Schnabel der kürzer ist als der Kopf, aber bald dick und stark, bald dünn und schwach. Die aufgetriebene Spitze desselben ist immer h a r t , die Basis aber bisweilen weich oder mit einer W a c h s h a u t versehen. Die Nasenlöcher sind von oben mit einer convexen weichen Haut oder einem knorpligen Deckel überzogen. Ihre Beine sind niedrig, muskulös und stark, meistens mit Federn auf dem Schienbein und bisweilen auch auf dem Fufsgelenk und den Zehen. Wenn das Schienbein unbefiedert ist, so sieht man auf seiner Vorderseite eine Bedeckung mit Schildern von verschiedener Gröfse. Die hühnerartigen Vögel haben immer .drei nach vorne gekehrte Z e h e n , die entweder ganz frei oder an der Basis durch kleine Zwischenhäute vereinigt sind. Die Hinterzehe liegt theils in einerlei Ebene mit den vorderen, theils weit über ihnen am Fufsgelenk. Bisweilen fehlt sie auch gänzlich. Die e r s t e n Z e h e n g l i e d e r s i n d l ä n g e r a l s d i e f o l g e n d e n . Die Nägel breit und stumpf. Die Federreihen sind bei dieser Abtheilung breiter als bei den beiden vorherg e h e n d e n , doch bleiben auch bei dieser die Zwischenräume zwischen jenen Reihen theils k a h l , theils nur mit wenigen Flaumfedern besetzt. Die Rückenreihe ist meistens zwischen den Schultern gegabelt, doch vereinigen sich ihre beiden
Ein Russisches Lehrbuch der Ornithologie.
Zweige
weiter
nach
hinten
längliche federlose S t e l l e . Bauchreihe
und umschliefsen Die zwei Hälften
303
demnach
sind auf der B r u s t so b r e i t , dafs sie nur
e n g e n , unbefiederten Z w i s c h e n r a u m
umfassen,
Brustknochen
B a u c h e nähern
entspricht.
Auf dem
eine
der B r u s t -
und einen
welcher
dem
sie sich
wieder und vereinigen sich meistens zu einer einfachen telreihe.
Man findet an den Vögeln
Mil-
dieser Abtheilung theils
10, theils 11 grofse S c h w u n g f e d e r n , und von 12 bis 2 0 S t e u e r federn.
D i e Mündung der S c h w a n z d r ü s e ist theils kahl, theils
mit einigen w e i c h e n F e d e r c h e n
bedeckt.
—
der hühnerartigen V ö g e l zerfällt, wie die
D i e Abtheilung
vorhergehenden, in
zwei Unterabtheilungen, nämlich in die t a u b e n a r t i g e n , U a s o r e s c o l u m b i n i , und die eigentlichen Hühner R a s .
galli-
nacei. Die t a u b e n a r t i g e n
läng-
V ö g e l haben einen schmalen
l i c h e n , an der B a s i s w e i c h e n S c h n a b e l und mit einer dicken, weichen Haut bedeckte ¡Nasenlöcher.
Ihre vier Z e h e n liegen
in einer E b e n e und die vorderen sind gänzlich frei. gel sind lang und zugespitzt.
S i e haben
1 2 bis
Ihre F l ü 14
federn und eine kahle Mündung der S c h w a n z d r ü s e . E u r o p ä i s c h e n Vögeln gehört nur die e i n e
SteuerVon
Gattung
den
coluinba
zu dieser Unterabiheilung. D i e e i g e n t l i c h e n H ü h n e r haben kurze, dicke und harte S c h n ä b e l , die bisweilen versehen sind.
an der W u r z e l
Ihr Oberkiefer ist mehr
gen und über den unteren übergreifend.
mit einer W a c h s h a u t oder
weniger
gebo-
D i e Nasenöffnungen
sind mit einem knorpligen D e c k e l versehen.
Die Vorderzehen
sind an der B a s i s durch kleine Z w i s c h e n h ä u t e verbunden und die hintere, die meistens beträchtlich höher steht als die v o r d e m , ist weit kürzer als d i e s e ;
bisweilen
fehlt sie s o g a r
Man findet dagegen häufig und besonders bei einen S p o r n liche Hühner
an
dem S c h i e n b e i n .
sind
kurz
und
Die
Flügel
zugerundet.
gänzlich.
den Männchen, Die
der Zahl
eigentihrer
Steuerfedern wechselt von 14 bis 2 0 und die Mündung ihrer S c h w a n z d r ü s e ist mit einigen F e d e r c h e n
besetzt.
W i r haben
5 Gattungen aus dieser Unterabiheilung aufzuzählen.
304
Physikalisch-mathematische
Wissenschaften.
IV. Die G r a l l n t o r e s oder W a d e r haben einen äusserst verschieden geformten Schnabel, doch ist dieser meistens auffallend durch seine L ä n g e , welche oft die des Kopfes bedeutend übertrifft. Im Uebrigen findet man ihn bald dick und hart, bald dünn und weich, bei gewissen Arten von der Seite stark zusammengedrückt, bei andren entweder aufgetrieben oder völlig grade. Die Nasenlöcher sind gewöhnlich länglich und von hinten und von oben mit einer weichen Hautdecke überzogen. Ihre Beine sind meist hoch und bisweilen auch sehr hoch in Folge bedeutender L ä n g e des Schienbein und des Fufsbeines. Das Schienbein ist nie vollständig befiedert und vielmehr oft von seiner Milte bis zu seinem U n t e r - E n d e nackt. Das Fufsbein ist mit hornigen Schildern oder S c h u p pen bedeckt. Drei Zehen sind nach vorne gerichtet und von einander getrennt, oder doch nur an ihrer W u r z e l durch kleine Zwischenhäute verbunden — ausserdem aber bisweilen mit seitlichen Hautlappen ihrer ganzen L ä n g e nach besetzt. D i e Hinterzehe steht meistens höher als die drei vorderen und ist stets klein. Bisweilen fehlt sie auch gänzlich. Die ersten Zehgelenke sind bis auf seltene Ausnahmen länger als die letzten. Die Nägel sind meistens klein und seitlich zusammengedrückt. — Bei den Snmpfvögeln ist ferner der Kopf, klein der Hals aber von einer der das Schienbeines entsprechenden Länge. Ihre Flügel sind oft zugespitzt und ihr S c h w a n z ist kurz. Die Federreihen sind gewöhnlich schmal, die Zwischenräume zwischen denselben aber mit Flaumfederchen besetzt. Die Rückenreihe enthält fast immer eine kleine unbefiederte Unterbrechung. Die Zahl der grofsen S c h w u n g federn beträgt 10, oder wiewohl seltner, auch 11, und die der Steuerfedern variirt zwischen 10 und 26, (die letztere bei S c o l o p a x s t e n o p t e r a ) . Die Mündung der Schwanzdrüse ist mit Federclien besetzt — bisweilen fehlt aber auch diese D r ü s e gänzlich. — Das Gefieder ist meistens übereinstimmend bei beiden Geschlechtern, bisweilen aber aucb beim Männchen w ä h r e n d des Frühjahrs mit glänzenden Verschönerungen versehen. Vermöge der Uebergänge die von der Abtheilung
Ein Rassisches Lehrbach der Ornithologie.
305
der W a d e r , einerseits zu der der Hühnervögel und von der a n deren zu der der W a s s e r v ö g e l stattfinden, zerfällt dieselbe in viele F a m i l i e n ,
zwischen denen aber dennoch nur so g e r i n g e
Unterschiede stattfinden, dafs man ihre G e s a m m t h e i t auch als eine ununterbrochene
Reihe
von Gattungen betrachten
kann.
V o n diesen sind hier 3 5 aufzuzählen. V. bel
Die W a s s e r v ö g e l
zeigt
auch
oder N a t a t o r e s .
bei diesen
so
keine allgemein gültige Charakteristik E r ist meistens
sehr breit,
in
sehr stark seitlich comprimirt plattet. lichen
anderen
versehen.
Die
gezogen Fällen
oder s o g a r
D i e S p i t z e des Oberkiefers Nagel
Schna-
und
merkt
auch
vollständig
abge-
ist oft mit einein
deut-
NasenölTnungen
sind
meistens (sie!).
sind sie aber auch so eng dafs man sie kaum
oder
Röhrchen.
befinden
sich
auch
in
vorragenden
be-
knorpligen
S i e liegen bald an der Basis des S c h n a b e l s , bald
m e h r oder w e n i g e r nach vorne. stets kurzen B e i n e .
Uebereinstimmend
überzogen.
D a s Fufsbein
den B e d e c k u n g e n ist
unbefiedert
hornigen Schildern oder Schuppen v e r s e h e n . beträchtlicher B r e i t e , comprimirt.
sind
die
D a s S c h i e n b e i n ist meistens nach hinten
gekehrt und m e h r oder w e n i g e r von Bauches
nicht
jedoch
länglich mit einer weichen Haut überzogen und offen Bisweilen
dafs
desselben möglich ist.
bedeutend in die L ä n g e
selten ausserdem
Der
verschiedene G e s t a l t e n ,
des
und mit
E s ist bald von
bald auch iin Gegentheil von der S e i t e
D i e drei vorderen Z e h e n
sind durch S c h w i m m -
häute verbunden oder mit b r e i t e n , seitlichen
Hautauswüchsen
versehen.
und steht höher
Die
Hinterzehe ist oft sehr klein
als die übrigen, fehlt
auch
bisweilen
gänzlich.
Bei
einigen
ist sie nach vorne gekehrt und mit den vorderen Z e h e n durch eine breite Z w i s c h e n h a u t verbunden. der sind
nur um
weniges länger als
D i e ersteren Z e h e n g l i e die letzteren
und die
Nägel kurz, breit und bald stumpf, bald zugeschärft, — K o p f ist bei den W a s s e r v ö g e l n sehr lang.
D i e Flügel
klein (?),
der Hals
sind meistens s c h m a l
trächtlich l a n g , theils sehr kurz.
aber
Der
bisweilen theils
be-
D e r S c h w a n z ist bisweilen
ziemlich lang, häufiger aber sehr kurz, auch fehlt er bisweilen
306
Physikalisch- mathematische Wissenschaften.
gänzlich. Die F e d e r r e i h e n s i n d s e h r b r e i t , so dafs sie fast den ganzen Körper bedecken uud nur schmale Zwischenräume umschliefsen, welche ausserdem mit Flaumfedern besetzt sind. Die Zahl der grofsen Schwungfedern beträgt 25 bis 50, die der Steuerfedern 10 bis 3 0 , auch ist die letztere nicht selten u n g r a d e . Die Schwanzdriise ist umfangreich und hat eine mit kleinen Federn besetzte Mündung. Die Männchen dieser Abtheilung sind oft gröfser und schöner befiedert als die Weibchen, und die J u n g e n werden oft erst im zweiten oder dritten J a h r e mit den älteren Vögel übereinstimmend. Die Familien der Wasservögel sind besser geschieden als die der Wasservögel. Im Europäischen Russland sind von Gattungen dieser Abiheilung 20 zu unterscheiden."
Ueber die Trivialnamen die in dem folgenden Verzeichniss den lateinischen Benennungen der einzelnen Species zu j e zweien hinzugefügt sind, bemerkt Herr K e s s l e r , dafs j e desmal nur der eine, und zwar bald der g e n e r i s c h e bald der s p e z i f i s c h e , schon an und für sich üblich gewesen, der andere aber von ihm, zur Vervollständigung einer systematischen Terminologie, hinzugefügt worden ist. E r hat ferner, in den häufigen Fällen, in denen ein und dieselbe Spezies in verschiedenen Gegenden von Russland unter verschiedenen Trivialnamen bekannt ist, den am w e i t e s t e n v e r b r e i t e t e n beizubehalten gesucht, gesteht a b e r , dafs dieser Theil seiner Arbeit noch beträchtlicher Vervollständigungen und A b ä n d e r u n g e n , durch Mitarbeiter in den verschiedenen Gegenden von Russland, bedarf.
Ein Rassisches Lehrbuch der Ornithologie.
307
V e r z e i c h n i s s d e r im E u r o p ä i s c h e n R u s s l a n d v o r k o m m e n d e n Arten von Vögeln und der T r i v i a l namen derselben.
Tages - Raubvögel. Cathartes Percnopterus, L. Sterwjatnik jeltolizy. Vultur cinereus, L. Sip sjery. — bjelogolovvy. — fulvus, L. Gypaetus barbatus, L. Jagnjatnik borodasty. Haliaetus Albicilla, ßriss. Orlan Bielochwost. — Leucorypha Pall. — Dolgochwost. Aquila Chrysaetus, L. Orel Cholsan. — nobilis, Pall. — ßerkut. — imperialis, Bechst. — Mogilnik. — clanga, Pall. — Karagu/. — naevia, Briss. — Krikun. Buteo Lagopus, Brünn. Sarytsch Konjuch. — vulgaris, Bechst. — Äarp. Pernis apivorus, L. Myschelowka ptschelojadnaja. Circaetus gallicus, Gm. Kratschun golubonogji. Pandion Haliaetus, L. Skopa rjetschnaja. Falco candicans, Gm. Sokol Kretschet. — sacer, Gm. — Balaban. — peregrinus, Briss. — Sapsan. — Subuteo, L. — Tscheglok. — Aesalon, Gm. — Derbnik. — vesperlinus, L. — Kobez. — Cenchris, Naum. — krasny. — Pustelga. — Tinnunculus, L. Astur palumbarius L. Jastreb Teterevvjatnik. — Nisus, L. — Perepeljatnik. Milvus niger, ßriss. Korschun tscherny. — regalis, Briss. — Kanja.
308
Physikalisch— mathematische Wissenschaften.
Circus cyaneus, L. Lun polewoi. — cineraceus, Mont. — Jngowoi. — rufus, L. — kainyschewy. Nacht-Raubvogel. Aegolius brachyotus, Forst. S o w a bolotnaja. — Otus, L. — uschataja. Ulula barbata, Pali. Nejasyt kamennaja, — uralensis, Pali. — Uralskaja. — Aluco, L. — sjeraja. S t r y x flammea, L. »Sippucha j e l t a j a . Nyctale Tengmalmi, Gm. «Sytscb rutschnoi. Surnia noclua Retz. Sirin domowy. — passernia, L. — kroscheslny. — funerea, Lath. — jastrebiny. — nyctea, L. — b/ely. Bubo inaximus, Retz. Filin Pugatsch. Ephialtes Scops, L. Kanjuk Ijesnoi. Eintönige sperlingsartige Vögel. Cuculus canorus, L. Kukuschka wjeschtschaja. Iynx Torquilla, L. Wertigolowka Tikun. Picus viridis, L. Djatel seleny. — canus, Gm. — «jedoi. — Martius, L. — Jelna. — leuconotus, Bchst.— bjelospinny. — major, L. — obyknowenny. — medius, L. — wertljawy. — minor, L. — maly. — tridactylus, L. — trechperstny. Coracias Garrula, L. Siwoworonka Kraska. Upupa Epops, L. Udol Pustosclika. Alcedo rudis, L. Simorodok bjely. — Ispida, L. — goluboi.
Ein Rassisches Lehrbuch der Ornithologie.
309
Merops persica, Pall. Schtschurka selenaja. Apiaster, L. — solotaja. — Caprimulgus europaeus, L. Kosodoi Polunoschnik. Cypselus Melua, L. S tri/ karnenny. — murarius, Meyer. — baschenny. Singende Sperlingsartige Vögel. Hirundo urbica, L. Lastotschka Stri/ok. — riparia, L. semljanaja. — gornaja. rupestris, L. kamennaja. alpestris, Pall. — Kosatka. — rustica, L. Mucholowska sjeraja. Muscicapa grisola, L. — Peslruschka. — atricapilla, L. albicollis, T e m m . — bjeloscheika. Excubitor, B. Sorokopud sjery. Lanius — minor, L. — maly. — collurio, L. — Julan. Saxicola Rubetra, L. Tschekan lugowoi. Rubicola, L. — — tschernochwosty. Poputschik. Oenanthe, L. — — — Pljasun. Saltatrix, Mén. — — Kamenka. Stapazina, L. — — leucomela, Pall. — Pleschanka. Solowei wostolschny. Lusciola Philomela, Bechst. Luscinia, — — sapadny. — caligata, Lichl. — Talovvka. Calliope, Pall. — Krasnoscheika. — — suecica, L. — VVarakuschka. — Rubecula, L. — Malinowka. — Phoenicurus, L. — Gorichwostka. Erythaea, L. — tschernogrudka. — Slawka sadovvaja. Sylvia horlensis, Penn. — peslrogrudka. — Nisoria, Bechst. — cinerea, Briss. — polewaja. — atricapilla, Briss. — tschernotschapolschnaja.
310
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
Sylvia curruca, Lath. Slawka Pere«mjeschka. — subalpina, Bonelli. — prigornaja. — melanocephala, Gm. — tschernogolowaja. Ficedula Hypolasis, L. Pjenotschka sadowaja. Sibilatrix, Bechst. — Ijesnaja. — — Trochilus, L. — obyknowennaja. — rufa, Lath. malaja. — Regulus ignicapillus, Brehm. Korolek krasnowolosy. cristatus, Koch. — — jf'eltovvolosy. — Proregulus, Pall. — skromny. Salicaria fluviatilis, Meyer. Kamyschevvka rjeltschnaja. — turdoides, Meyer. drosdowidnaja. — — arundinacea, Lath. — trostnikowaja. palustris, Bechst. — — bolotnaja.j — Locustella, Lath. — prjetliwaja. — — phragmitis, Bechst. Kamyschewaja. — cariceti, Naum. — wertjlawaja. — pribrejnaja. — Celti, Morm. — familiaris, Men. — rutschnaja. Accentor montanellus, Pall. Sawiruschka gornaja. — Ijesnaja. — mod ula ris, L . Drosd kamenny. T u r d u s saxatilis, L. — orjechowy. iliacus, L . — — pjewtschji. — musicus, L. — tschernosoby. — fuscatus, Pall. — torquatus, Pall. — bjelosoby. — Rjabinnik. — pilaris, L. — Derjaba. — viscivorus, L. — pallidus, Lath. — jelty. — Merula, L. — tscherny. Oriolus Galbula, L. Iwolga krikliwaja. Motacilla alba, L. Trjesoguschka bjelaja. tschernaja. lugubris, T e m n . sjeraja. Boarula, L. citreola, Pall, jeltogolowaja. flava, L. Jeltaja.
Ein Rassisches Lehrbach der Ornithologie.
Anthus aquaticus, Bechst. Schtschewrina w o d j a n a j a . — pratensis, Bechst. — lugowaja. Cervinus, Pall. — Ijesnaja. — — arboreus, Bechst. — drewesnaja. — campestris, Bechst. — polewaja. Cinclus aqualicus, Briss. Oljapka wodjanaja. Merula rosea, Bliss. Schrikun kamenny. Sturnus vulgaris, L. Skworez obyknowenny. Tichodroma muraria, L. Stjenolas krasnokryly. Certhia familiaris, L. Pischtschucha Svvertschok. Troglodytes parvulus, Koch. Krapiwnik Lasutschik. Sitta europaea, L. Popolsen Jamschtschik. — uralensis, Licht. — Uralskji. P a r u s barbatus, Briss. Siniza Borodavvka. — caudatus, L. — dolgochvvostaja. — pendulinus, L. — R e m es. — crislatus L. — chochlataja. — Sibiricus, Gm. — Sibirskaja. — palustris, L. — kamyschewaja. — ater, L. — tschernaja. — major, L. — Kusnetschik. — Lasorewka. — coeruleus, L. — cyanus, Pall. — Knjasek. Bombycilla garrula, L. •Swiristel chochluschka. Garrulus intaustus, L. Soika Ron/a. glandarius, L. — Kukscha. — Nucifraga Caryocatactes, L. Orjechowka pestraja. Pica cyana, Pall. Soroka siwaja. — europaea, Cuv. — jevvropeiskaja. Corvus monedula, L. W o r o n a Galka. — Corone, L. — tsechrnaja. — Cornix, L. — sjeraja. — Corax, L. — Woron. — frugilegus, L. — Grätsch. P y r r h o c o r a x alpinus, Vieil). Kluschiza Alpjiskaja. — GracuUis, L. — G rion. Ermans Russ. Archiv. Bd. IX. H. 2.
21
312
Physikalisch- mathematische Wissenschaften.
Loxia Pytiopsittacus, Bechst. Kiest Äosnowik. — Curvirostea, L. — jelowik. — bjelokryly. — leucoptera, Gm. Coccothraustes vulgaris, Gm. Dubonos obyknowenny. Pyrrhula caudata, Pall. 5nigir dolgochwosty. — vulgaris, Briss. — obyknowenny. — Schtschur. — Enucleator, L. — rosea, Pall. — rosowy. — erythrina, Pall. — krasny. Passer domesticus, L. Worobei domaschny. montanus, L. — polewoi. — —- Petronia, L. — kamenny. Fringilla spinus, L. Wjurok Tschij. — Carduelis, L. Schtscheglönok. — — Linaria, L. — Tschetschötka. cannabina, L. — — Konopljanka. — flavirostris, L. — jeltono«. — Chloris, L. — selenuschka. — sjablik. — coelebs, L. — nastojaschlschji. — Montifringilla, L. — nivalis, Briss. — gorny. Emberiza melanocephala, Scop. Strenatka tschernogolowaja. — aureola, Pai). — Ischernolizaja. — sadowaja. — hortulana, L. — ow«janka. — citrinella, L. — ogorodnaja. — Cirlus, K. — Prosjanka. — miliario, L. — Duratschok. — Cia, L. — polewoi. — rustica, Pu[l. — bjeloschapotsch— pithyornus, Pall. naja. — kamyschewaja. — Schoeniclus, L. — bolotnaja. — pyrrhyloides, Pall. — worobjinaja. — passerina, Pall. Plectrophanes nivalis, L. Punotschka Podoro/nik. Laplandskaja. — lapponica, L. —
Ein Rassisches Lehrbuch der Ornithologie.
Alauda — — — — — — —
alpestris, L. sibirica, Gm. brachydactyla, Leisl. Calandra, L. tatarica, Pali. arvensis, L. arborea, L . cristala, L.
Jaworonek — — — — — — —
snjejny. «ibirskji. maly. stepnoi. tscherny. poJewoi. ljesnoi. chochlaty.
Taubenartige Vögel. Columba — — — —
Palumbus, L. Golub Oenas, Gm. — livia, Briss. — T u r t u r , L. — aegyptiaca, T e m m . —
Wjachir. klinduch. polewoi. Gorliza. Jegipetskji.
Eigentliche Hühnervögel. T e t r a o albus, Gm. T e t e r e w bjely. — alpinus, Nils. — g°rny— Urogallus, L. — gluchoi. — Tetrix, L. — tscherny. — Bonasia, L. — Rjabtschik. Phasianus colchicus, L. Fasan Mad/arskji P e r d i x rubra, Briss. Kuropatka krasnaja. — saxatilis, Meyer. — kamennaja. — cinerea, Briss. — «jeraja. Colurnix dactylisonans, Meyer. Perepelka jewropeiskaja. Pterocles Alchata, L. Riabok gorny. — arenaria, Pali. — stepnoi. Wader. Otis tarda, L. D r o c h w a Dudok. — T e t r a x , L. — Strepet. — Houbara, Gm. — krasotka. Cursorius europaeus, Lath. Birgun jewropeiskja. Glareola pratincola, L. Tirkuschka lugowaja. 21 *
313
314
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
Glareola melanoptera, Nordm. Tirkuschka stepnaja. Oedicnemus crepitans, Teram. Avvdotka jewropeiskaja. Hoplopterus spinosus, L. Schiponosez tschernogrudy. Charadrius pluvialis, L. R/anka «Siwka. helveticus, Briss. — Tules. — Aegialetes morinellus. L. Sujök glupy. — caspius, Pali. — Kaspjiskji. — cantianus, Lath. — primorskji. curonicus, Pali. — rjelschnoi. — — Hiaticula, L. — Galstuschnik. Vanellus cristalus, Meyer. Pigoliza Tschibus. — Keptuschka. — gregarius, Pali. Kamnescharka sjewernaja. Strepsilas Interpres, L. Kriwok morskoi. Haemotopus ostralogus, L. Chodiilolschnik Akatka. Hypsilates himanlopus, L. Schilokljuwka jewropeiskaja. Recurvirostra Avocetta, L. Ulit bolschoi. T o t a n u s glottis, L. stagnatilis, Gechst. — prudowoi. — — tjömny. — fuscus, Briss. — nastojaschtschji. Calidris, L. — — bololny. — Glareola, L. — Trawnik. — ochropus, L. Beregowik sjery. Actitis hypoleucus, L. Phalaropus cinereus, Briss Plawuntschik kruglonosy. rufescens, Briss. — ploskonosy. — Machetes pugnax, L. T u r u c h l a n Pjetuschok. Calidris arenaria, L. Pestschanka morskaja. Tringa canuta, L. Pesotschnik sjewerny. — maritima, Briss. — morskoi. — subarrjuata, Güld. •— kriwonosy. — alpina, L. — pestrosoby. — Temminckii, Leisl. — Temminka. — minuta, Leisl. — maly. Limicola pygmaea, Lath. Grjasowik kroschetschny. Limosa cinerea, Güld. «Sukalen Morodunka. — melanura, Leisl. — tschernochwosty.
Ein Rassisches Lehrbuch der Ornithologie.
315
Limosa rufa, Briss. Sukalen kra«ny. Scolopax Gallinula, L . Bekas Slutschik. Gallinago, L. — ßaraschek. — — major, L. — Düppel. — rusticóla, L. — Slomka. Numenius Phaeopus, L. Kulik naslojaschtschji. — arquata, L. — kotrus. Ibis Falcinellus, L. Ibis korowaika. Grus Leucogeranus, PalJ. J u r a w l bjely. — Antigone, L. — tscherny. s er — j y— cinerea, Bechsl. — Virgo, L. — maly. Ardea cinerea, L. T s c h e p u r a Zaplja. — purpurea, L. — krasnaja. — alba, L. — bjelaja. — Garzetta, L. — Nu/da. — Nycticorax, L . — Kwakvva. — Wyp. — stellaris, L. — minuta, L. — Woltschok. — comata, Pall. — kosmataja. Ciconia nigra, L. Aist tscherny. — alba, L. — bjely. Tantalus Ibis, L. Kljuwatsch krasnolizy. Platalea leucorodia, L. Kolpiza Lopaten. Phoenicopterus roseus, Pall. Flamingo krasny. C r e x pratensis, Bechst. Korostel Dergatsch. Porzana Marvetla, Priss. Kurotschka wodjanaja. — minuta, Pall. — malaja. Pallus aquaticus, L. Pastuschok wodjanoi. Gallinula chloropus, L . Kamyschnik selenonogji. Porphyrio hyacinthinus, T e m m . Porphyronosez giazintowy. Fúlica atra, L . Lysucha tschernaja. Schwimmvögel. Podiceps cristatus, L. — rubricollis, L.
Nyrez Tschomga. — Krasnoscheika.
316
Physikalisch - m a t h e m a t i s c h e Wissenschaften.
Nyrez rogaty. Podiceps crislatus, Lath. — Poganka. — auritus, Gm. — maly. — minor, L . Gagara polosataja. Colymbus arcticus, L . — tschernogolowaja. — torquatus, Brünn. — Krasnosobaja. — septemtrionalis, L. Uria Lomvia, Brünn. Kaira tonkonoaaja. — tolstonosaja. — Arra, Pali. — Svvistun. — Giylla, Cuv. Ljurik maly. Mergulus Alle, Vieill. Lunda arctica, Pali. Toporik sjevverny. glacialis, Leach. — ledovvity. — Alca torda, L. Tschistik obyknowenny. — Pica, L. — maly. Sula ßassana, Briss. Oluscha Glupysch. Pelecanus Onocrotalus, L. Baba rosowaja. — crispus, Bechst. — kudrjawaja. Carbo cormoranus, L. Baklan bolschoi. — chochlaly. — graculus, L. — maly. — pygmaeus, Pall. Krochal bolschoi. IMergus merganser, L. — diinnonosy. — serrator, L. — Lutok. — albellus, L . Gagka Normota. Somateria mollissina, L . — Grebenuschka. — spectabilis, L. Nyrok swirok. Fuligula fusca, L. — Singa. — nigra, L. — Sawka. — mersa, Pall. — Gogol. — clangula, L . — Morjanka. — glacialis, L. — Kamenuschka. — histrionica, L . — Stellera. — Slelleri, Pall. Tschernet. — cristata, Steph. — — «orovvoi. — marila, L. bjeloglasy. — Nyroca, Giild. — — krasnogolowy. — ferina, L .
Ein Russisches Lehrbuch dei Ornithologie.
Fuligula rufina, Pali. Nyrok Krasnonoiy. Anas Penelope, L. Utka Svvischtsch. — Querquedula, L. — — Tschirok. — streperà, L. — — Polucha. — acuta, L. — — Schilochwost. — ßoschas, L. — Krjakwa. — Crecca, L. — Tschiranka. — glocitans, Pali. — Moklok. — angustirostris, M. — — uskonosaja. — clypeata, L . — «Soksun. — — — Tadorna, L. — Pjeganka. — rutila, Pall. —- karagatka. Anser Bermela, L. Gus Nemok. — leueopsis, Bechst. Tschugaika. — rubicollis, Pali. Tschakwoi. — minutus, N a u m . maly. bjeloloby. — albifrons, Bechst. pjöstronosy. — intermedius, N a u m . paschenny. — segetum, Bechst. polewoi. — arvensis, Brehm. Gumennik. — cinereus, Meyer, bjely. hyperboreus, Pali, Sterna — — — — — — — — Larus — — — —
caspia, Pall. Kratschka Tschegrawa. morskaja. macrura, Naum. malaja. minuta, L. pjöstronosaja. cantiaca, Gm. rjetschnaja. hirundo, L. tschernonosaja. anglica, Mont. hybrida, Pall. bjeloschtschokaja. lissipes, Pall. swjetlokrylaja. nigra, L. tschernaja. minutus Pali. Tschaika malaja. ridibundus, L. — obyknowennaja. melanocephalus, Nitsch. — tschernogolowaja. — Rybolow. Ichthyaëlus, Pall. — trechpalaja. tridaetylus, L.
318
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
Larus eburneus, Gm. Tschaika bjelaja. — glaucus, Brünn. — poljarnaja. — canus, L. — sisaja. — argentatus, Brün. — «erebristaja. — cachinnans, Pali. — Chochotunja. fuscus, L. — — Seljdelovv. — marinus, L. — mor«kaja. Lestris Catarractes, L. Pomornik bolschoi. — — «redniji. Pomarina, Temm. — parasitica, Brünn. — tschujejadny maly. Cephus, Brünn. — — Procellaria glacialis, L. Burewjestnik ledowity. Thalassidroma pelagica, L. Katschurka malaja.
Bin Rassisches Leliilmcli der Ornithologie.
319
Herr Kessler hat dem vorstehenden allgemeinen Verzeichnis^ noch ein auf die Umgegend von Kiew (50° 27' ßr., 28° 13' 0 . v. P.) bezügliches hinzugefügt. E r giebl aber dieses nicht für vollständig a u s , sondern nur als dermaliges Ergebniss seiner eignen Erfahrungen. D e r Nutzen dieser Arbeit wird besonders erhöht durch die mit ihr verbundne Unterscheidung der betreffenden Vögelarten in: 1. diejenigen die bei Kiew völlig ansässig sind, 2. die daselbst b r ü t e n , zum Winter aber nach w ä r m e ren Gegenden ziehen, 3. die daselbst nur im Winter gesehen w e r d e n und den S o m m e r in kälteren Gegenden verleben, 4. diejenigen welche die genannte Gegend nur beim Durchzug, im F r ü h j a h r und im Herbst, berühren und 5. welche daselbst n u r selten und in Folge zufälliger Ereignisse vorkommen. Es folgen dann endlich zwei Arten die H e r r Kessler bisher nur von Kremenez (50° 6' Br. 23° 2 2 ' 0 . v. P.) erhalten hat, u n d über deren Verbleiben in der dortigen Gegend noch nichts näheres bekannt ist. W i r haben zur leichteren Uebersicht, diese einzelnen Klassen von Vögeln abgesondert, während sie in dem Russischen W e r k e nur durch Buchstaben unterschieden w e r d e n , die ihren N a m e n in dem allgemeinen Verzeichnisse angehängt sind. Zweifel über die Identität der Species sind durch ? angedeutet. Man bemerkt schon hier manche wichtige Unterschiede, im Vergleich mit Orten die im westlichen E u r o p a unter gleicher Breite liegen, wie z. B. dafs die Waldschnepfe (Scolopax rusticula) bei K i e w zu den am O r t e brütenden, in Deutschland aber überall nur zu den zweimal durchziehenden Vögeln gehört.
320
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
V e r z e i c h n i s s d e r bei K i e w b e o b a c h t e t e n V ö g e l .
I.
A n s ä s s i g e (37). Raubvögel.
Haliaetus albicilla. Astur palumbarius. — Nisus. Ulula Aluco. Nyctale Tengmaltni. Surmia noctua. Bubo maximus.
Corvus Cornix. Corax. — Pyrrhula erythrina Passer domesticus. Fringilla carduelis. — Linaria. — cannabina. Emberiza citrinella. Alauda cristata. Hühnervögel.
Sperlingsartige. Picus canus. — Martius. — leuconolus. — major. Regulus ignicapillus. cristatus. — Certhia familiaris. Sitta uralensis. Parus caudatus. — cristatus. — palustris. — ater? — major. — coeruleus. Garrulus glandarius. Pica caudata. Corvus Monedula.
Tetrao — — Perdix
Urogallus. Tetrix. Bonasia. cinerea. Wader.
fehlen. Schwimmvögel, fehlen.
II. B r ü t e n d e d i e im W i n t e r f o r t z i e h e n (115). Raubvögel. Buteo vulgaris.
Kin Russisches Lehrbach der Ornithologie.
Pernis apivorus. Circaëtus gallicus? Pandion Haliaètus. Falco peregrinus. Subuteo. — aesalon. — — vespertinus. — tinnunculus. Milvus ater. Circus cyaneus. — cineraceus. — rufus. Aegolius brachyotus. — Otus.
Sperlingsartige. Cuculus canorus. Iynx Torquilla. Picus inedius. — minor. Coracias garrula. U p u p a Epops. Alcedo Ispida. Merops apiaster. Capritnulgus europaeus. Cypselus murarius. Hirundo urbica. — riparia. — rustica. Muscícapa grisola. — atricapilla. Lanius minor. — Colurio. Saxícola rubetra. — oenanlhe.
Lusciola Philomela. — Suecica. rubecula. — — Phoenicurus. Sylvia hortensis. — Nísoria. — cinerea. — atricapilla. Ficedula Trochilus. Hypolais. — — sibilatrix. — rufa. Salicaria fluvialis. — turdoides. — phragmitis. — cariceli. T u r d u s musicus. — pilaris. — Merula. Oriolus Galbula. Motacilla alba. — flava. Anthus arboreus. S t u r n u s vulgaris. Troglodytes parvulus. P a r u s pendulinus. Bombycilla garrula. Corvus frugilegus. P a s s e r mon tan us. Fringilla spinus. — chloris. — coelebs. Emberiza hortulana. — Schoeniclus. Alauda arvensis. — arborea.
322
Physikalisch - n
Hühn e rvögel. Columba — — Coturnix
palumbus. Oenas. Turtur. daclylisonans. W a d e r.
Otis Tarda. Aegialites Curonicus. Vanellus cristatus. Hypsibates Himantopus. Totanus Glareola. — ochropus. — Calidris. Actitis hypoleucus. Machetes pugnax. Limosa melanura. Scolopax major. — Gallinago. — ruslicula. Numenius Phaeopus. — arquata. Grus cinerea. Ardea cinerea. — stellaris. — minuta. Ciconia alba. Crex pratensis. Porzana Marvelta. Gallínula chloropus. Fúlica atra.
sehe Wissenschaften.
Fuligula cristata. — Nyroca. ferina. — Anas Penelope. — Querquedula. — streperà. — acuta. — Crecca. — Boschas. — clypeata. Sterna Hirundo. — minuta. — fissipes. nigra. — Larus ridibundus.
III.
N u r im W i n t e r k o m m e n d e (7). Raubvögel.
Buteo lagopus. Sperling'sartig Picus viridis? Pyrrhula vulgaris. Plectrophanes nivalis. Alauda alpestris. Hühnervögel, fehlen.
S c h w i m m v ögel. Podiceps cristatus. — auritus.
Wader. fehlen.
Ein Rassisches
ch «1er Ornithologie.
Schwimmvögel. Mergus Merganser. Fuligula Clangula.
IV. Zweimal durchziehende diedaselbst nicht b r ü t e n (24 bis 33)*). Raubvögel, fehlen. Sperlingsartige. Lanius Excubitor? Accentor modularis? T u r d u s iliacus. — viscivorus. Motacilla B o a r u l a ? Anthus pratensis. Nucifraga caryocatactes. Loxia pytiopsiltacus. Coccothraustes vulgaris. P y r r h u l a vulgaris. Fringilla Montifringilla. Hühnervögel,
323
W a d e r. Charadrius pluvialis. — helveticus. T o t a n u s stagnatilis. — glottis. Tringa alpina. Scolopax gallinula. Rallus aquaticus. Schwimmvögel. Colymbus arcticus. Mergus Serrator. albellus. — Fuligula Marila. Anser (variae Species?).
V.
Zufällig vorkomm e n d e (8). Raubvögel.
Aquila C h r y s a e t u s ? Sp erlingsartige. Muscícapa albicollis. Saxícola Rubicola. Lusciola Luscinia.
fehlen. *) Je nach der Zahl der d u r c h z i e h e n d e n Gänsearten. Der Uebers.
324
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
Hühnervögel, fehlen. W a d e r. Ardea Nyclicorax. Ciconia nigra.
N u r bei K r e m e n e z sind bis j e t z t g e s e h e n w o r d e n : Sperlngarlige: Cinclus aquaticus. Wader:
Schwimmvögel. Pelecanus Onocrotalus. Larus argentatus.
Porzana
rainuta.
Beitrag zur Naturgeschichte und Anatomie der Russischen Tarantel. Von
Herrn K. K e s s l e r . Professor
in
Kiew.
(Hierzu Taf. I).
D as Vorkommen der grolsen russischen Tarantel (Lycosa singoriensis Laxmann) in hiesiger Gegend, hat mir Veranlassung zur Bearbeitung der Monographie dieser Spinne gegeben. Im Laufe des kommenden Sommers hoffe ich damit fertig zu werden und will daher hier vorläufig nur einige Bemerkungen über die Gattung Lycosa im Allgemeinen, nebst einzelnen Notizen über die Lebensweise und den inneren Bau der erwähnten grofsen Art, geben. 1. Allgemeine Bemerkungen über die Gattung Lycosa. Die Gattung Lycosa ist bekanntlich eine der zahlreichsten unter den eigentlichen Spinnen. Sie enthält schon jetzt gegen 100 Arten, obgleich ausser den europäischen fast nur noch einige amerikanische von Abbot und nordafrikanische von Savigny, Koch (M. Wagner) und Lucas beschrieben worden sind. Lucas hat im Verlaufe weniger Sommer in Algerien 24 Arten aus der Gattung Lycosa zusammengebracht *), von de*) Exploration scientifique de l'Algérie etc. culés, par Lucas.
Histoire des animaux arti-
326
Industrie und Handel.
nen 20 bis jetzt nur in NordalVika gefanden worden und 16 vollkommen neu w a r e n . Man kann also voraussetzen dass die Zahl der Arten noch sehr bedeutend anschwellen wird. D a ausserdem die Gattung Lycosa Spinnen von sehr verschiedener Gröfse und Lebensart enthält, so ist schon mehrfach der Versuch gemacht w o r d e n , dieselbe in untergeordnete Sippen e i n z u t e i l e n , oder selbst in mehrere selbstsländige Gattungen zu zerfallen. So, zum Beispiel, theilt Walckenaer die Gattung Lycosa in drei Familien und die erste Familie wiederum in sieben Racen ein *); Koch unterscheidet in derselben Gattung sieben S i p p e n : Arctosa, T r o c h o s a , T a r a n t u l a , Aulonia, P o t a mia, Leimonia und P a r d o s a , die er als Untergattungen oder auch als eigne Gattungen angesehen haben will. Walckenaer und Koch berücksichtigen bei ihrer Eintheilung vorzüglich die Stellung der Augen, die Ruckenzeichnung, die Gröfse und die Lebensweise der einzelnen Arten. Doch muss ich gestehen dafs mir sowohl die einen, als auch die anderen der vorgeschlagenen Sippen ungenügend geschienen haben. Sie sind durchaus nicht scharf genug von einander abgegränzt und man bleibt daher bei vielen Arten im Zweifel, zu welcher Sippe sie gerechnet w e r d e n sollen. Am wenigsten kann ich zugeben, dass die Gattung Lycosa auf die von Koch angegebene W e i s e in selbstständige Gattungen zerfällt werden Die U e b e r einstimmung in der ganzen äusseren und inneren Bildung der verschiedenen Arten ist zu grofs, als dafs sie dergestalt von einander gerissen w e r d e n dürften. Am Natürlichsten noch erscheint mir die Eintheilung der Gattung Lycosa in zwei Untergattungen, von welchen die eine die gröfseren, unter dem N a m e n der Taranteln bekannten Arten (Tarantulae, T a r a n l u loides und Tarantulinae W a l c k e n a e r s ) , die andere hingegen alle übrigen, kleineren Arten enthalten w ü r d e . Die eigentlichen Taranteln sind namentlich alle sehr nahe mit einander
*) D i e Errichtung von Familien nicht z u l ä s s i g ,
innerhalb einer Gattung
weil dadurch die Confusion
in
ist durchaus
der ohnehin
schon
schon schwankenden zoologischen Systematik nur yergröfsert wird.
Beitrag znr Naturgeschichte und Anatomie der Russ. Tarantel.
327
verwandt. Sie bewohnen Höhlen in der E r d e , welche sie selbst anfertigen, gehen vorzüglich in der D ä m m e r u n g auf R a u b aus, zeigen dieselben Verhältnisse in der relativen Stellung und Gröfse der A u g e n , besitzen eine ähnliche R ü c k e n zeichnung u. s. w. Ich habe im vergangenen S o m m e r , wo ich anfing mich mit Vorliebe mit den Spinnen zu beschäftigen, ungefähr 10 Arten der Gattung Lycosa in der Umgegend Kiews gesammelt. Es sind dies namentlich folgende: 1. Lycosa singoriensis L a x m . 2. inquilina Koch *). — 3. — trucidatoria Walck. 4. — Agretyca Walck. 5. — v o r a x Walck. 6. — miniata Koch. 7. — piratica Clerck. — piscatoria Clerck. 8. 9. — saccata L. 10. Eine oder zwei n e u e Arten. — Noch mehrere andere Arten werden sich bei fortgesetzten Nachforschungen ohne Zweifel vorfinden und ich behalte mir daher vor später ein ausführliches Verzeichniss derselben, nebst der Beschreibung der mir als neu erschienenen Arten, zu liefern. Doch kann ich nicht unterlassen schon hier darauf aufmerksam zu m a c h e n , dass die geographische Verbreitung der Spinnen in Russland manchen eigenthümlichen G e setzen unterworfen zu sein scheint, welche den für das westl. Europa gültigen widersprechen. So finden wir in dem grossen Walckenaerschen S p i n n e n w e r k e **) folgende S ä t z e : „ C e r taines espèces d'Aranéides, remarquables par leur taille et par leurs couleurs, pourraient servir à apprécier la température moyenne d'une grande contrée," und w e i t e r : „ L a présence de *) Ich halte mit Koch die L. inquilina für eine von der Walckenaerschen L. Tarentulina verschiedene Art. **) .¡Histoire naturelle des Insectes aptères (Suites à Buffon). T . I. p. 164. Ermaas Russ. Archiv. Bd. IX. H. 3. 22
328
Physikalisch - mathemathische Wissenschaften,
la g r a n d e T a r a n t u l e dans la Pouille est un indice certain, q u e les contrees meridionales de l'Italie sont les plus c h a u d e s de l ' E u r o p e . " N u n aber k o m m e n bei Kiew, unter dem 5 1 . B r e i tengrade, bei einer initiieren J a h r e s t e m p e r a t u r von k a u m 6 ° R . die grossen Arten Lycosa singoriensis und L y c o s a inquilina vor, und namentlich ist e r s t e r e , w e l c h e an Gröfse keiner a n deren europäischen T a r a n t e l s p i n n e n a c h s t e h t , sogar ziemlich häufig. Offenbar kann also die mittlere J a h r e s t e m p e r a t u r u n d a u c h selbst die mittlere S o m m e r t e m p e r a t u r (von 13° R.) nicht als allein m a f s g e b e n d für die V e r b r e i t u n g derselben a n g e n o m m e n w e r d e n , sondern es müssen noch a n d e r e F a k t o r e n dabei berücksichtigt w e r d e n . U e b e r h a u p t ist die russische T a r a n t e l u n g e m e i n weit verbreitet. Sie b e w o h n t nicht n u r das g a n z e a u s g e d e h n t e S t e p p e n g e b i e t des europäischen südlichen R u s s lands, von K r e m e n e z bis Z a r i z y n , sondern geht tief bis n a c h Sibirien hinein, durch die Songorei bis Ustkainenogorsk a m I r l y s c h , u n d ist auch in Grusien überall häufig. F a s t alle russische R e i s e n d e , w i e L a x m a n n , L e p e c h i n , G e o r g i , Falk, Güldenstädt, Gmelin, P a l l a s , K l a p r o t h , E v e r s m a n n und E i c h w a l d e r w ä h n e n derselben. D a b e i ist es m e r k w ü r d i g dass bis jetzt, so viel mir b e k a n n t , noch keine ordentliche Abbildung derselben existirt. Z u m ersten Male w u r d e dieselbe von L a x m a n n in den Novis C o m m e n t . Acad. scient. P e t r o p . T . X I V . 1 7 7 0 , u n t e r d e m N a m e n A r a n e a singoriensis *) beschrieben u n d abgebildet. D o c h ist die B e s c h r e i b u n g sehr u n g e n ü g e n d u n d die Abbildung vollkommen missrathen. Z w e i weitere A b bildungen davon, u n t e r der B e n e n n u n g L y c o s a Latreillii, b e finden sich in dem A r a c h n i d e n w e r k e von H a h n K o c h , die e r s t e T . I. Fig. 74 ist ganz unkenntlich, die zweite T . V . F i g . 4 0 6 ist schon bedeutend besser, doch ist die R ü c k e n z e i c h n u n g d e r selben auch hier d u r c h a u s nicht g e n a u . D i e von Krynicki citirte Abbildung**) Lycosa rossica, F i s c h e r , O r y c t o g r . PI. VI, h a b e ich nicht auffinden können. ") Von Eichwald in L. songarensis umgeändert. **) Arachnographiae Kossicae decas prima, n. 10. kauer Naturf. Gesellsch.
Im Bulletin der Mos-
Beitrag zur Naturgeschichte und Anatomie der Russ. Tarantel.
II.
329
Ueber die Lebensweise der russischen Tarantel.
Bei Kiew wird die russische Tarantel, so viel mir bekannt ist, nirgends in gröfserer Zahl angetroffen, kömmt aber vereinzelt fast überall, sowohl in der Stadt selbst, als auch in deren nächsten Umgebung vor. Es sind mir mehrere Individuen gebracht worden, die im Inneren der Häuser gefangen worden waren, und ich selbst habe einmal eine im zoologischen Laboratorium der Universität gefunden. Man begegnet ihr in Gärten, auf Feldern und kahlen Sandhügeln; auch muss sie an den Dnjeprufern nicht selten sein, da ich zweimal alte, ausgewachsene Thiere im Magen von grofsen Flussfröschen gefunden habe. Oefters habe ich lebende Taranteln Monate lang* im Zimmer gehalten und dabei Gelegenheit gehabt einige interessante Beobachtungen über die Lebensweise derselben zu machen, welche ich hier mittheilen will. Eine jede Tarantel wurde gewöhnlich abgesondert in ein grofses Glas gethan, das bis zur Höhe von 2 bis 3 Zoll mit Erde angefüllt und oben mit einem siebförmig durchlöcherten Papierbogen zugebunden war. Zur Nahrung für dieselben wurden täglich 10 bis 20 Fliegen in das Glas geworfen und auf diese Weise manche in Verlaufe von 3 bis 5 Monaten am Leben erhalten. Die meisten Taranteln wurden mir im Mai und im Juni gebracht und blieben bis zu Ende des September oder selbst bis gegen die Mitte des October am Leben. Vor dem Tode wurden sie stets sehr matt, nahmen keine Nahrung mehr an und blieben die letzten Tage über fast ganz unbeweglich. Dabei ist es auffallend, dafs keine alte Tarantel je den Versuch machte, sich in die Erde einzugraben; nur jüngere Thiere pflegten dies zuweilen zu thun, ohne jedoch eigentliche Gänge oder Höhlen anzulegen. Die Ursache davon könnte vielleicht in der zu grofsen Trockenheit der niemals von mir angefeuchteten Erde enthalten sein; doch widerspricht einer solchen Annahme zum Theile die Erscheinung, dafs eine Tarantuline (Lycosa inquilina), die ich im ver22*
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Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
gangenen Herbste ganz in den nämlichen Verhältnissen gefangen hielt, sich sogleich eine schräg in die E r d e hinabgehende Höhle mit zwei Ausgängen verfertigte *). W e n n ich Papierdulen oder Schneckengehäuse in das Glas that, so gingen die Taranteln wohl bisweilen in dieselben hinein, w ä h l ten diese fertigen Höhlungen aber nie zu ihrer bleibenden Wohnung. Z u verschiedenen Malen habe ich den Kampf zwischen zwei Taranteln beobachtet, der jedoch in meiner Gegenwart immer ohne entschiedenen Ausgang blieb. Nachdem die beiden Gegner mehrmals versucht hatten, einander mit den Füfsen 4u p a c k e n , gingen sie stets auseinander und verhielten sich längere £eit ganz ruhig; erst am anderen Morgen fand ich dann gewöhnlich die eine T a r a n t e l , wahrscheinlich in Folge eines erneuerten nächtlichen K a m p f e s , todt da liegen. Nie w a r eine bedeutende Verletzung an dein getödteten Thiere zu bemerken und ich glaube d a h e r , dafs Leon Dufour sich wohl zu energisch ausgedrückt haben m a g , wenn er bei der Beschreibung des Kampfes zwischen zwei spanischen T a r a n teln (Lycosa narbonnensis) sagt**): l'une déchira à l'autre le crâne et la dévora. Noch mehr übertrieben scheinen mir die W o r t e G e o r g i s f ) : „ S p e r r t man mehrere Taranteln in ein Glas, so fressen die stärkeren die s c h w ä c h e r e n , bis endlich n u r eine nachbleibt." Die Fresswerkzeuge der Spinnen sind gar nicht so eingerichtet, dass sie einander auffressen oder überhaupt feste Theile verschlucken könnten. Sie nähren sich *) Ich nuiss ausserdem b e m e r k e n , dafs die erwähnte Tarantuline länger als
die eigentlichen Taranteln an) L e b e n b l i e b ,
auch
nämlich bis
g e g e n das Rnde des Monats December.
Als ich einmal ihre Höhle,
in welche sie sich
von oben
zurückgezogen hatte,
aufdeckte,
fand
ich sie in einer stark zusammengekauerten Stellung! die Fiifse waren so nach oben z u s a m m e n g e b o g e n ,
dafs sie über dem Vorderleibe in
einem Mittelpunkte zusammenstiefsen. **) Observations sur la Tarentule etc. Annales des se. naturelles.
T . III.
1 8 3 5 . p. 107. -¡-) G e o g r a p h i s c h - p h y s i k a l i s c h e
und
naturhistorische
R u s s . Reichs. T . III. Vol. 7. p. 2 1 7 2 .
Beschreibung
des
Beitrag zur Naturgeschichte und Anatomie der Russ. Tarantel.
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ausschliefslich von den Säften der von ihnen gefangenen Insekten. Nie hat eine der von mir beobachteten Taranteln die ihr vorgeworfenen Fliegen zerstückelt, sondern immer n u r ausgepresst. Sie ergreift dieselben mit den T a s t e r n , tödtet sie durch einen Stich der Gifthaken und bringt sie dann zwischen die Oberlippe und die Basalglieder der Kinnbacken. Die ausgepresste Flüssigkeit strömt an der behaarten Oberlippe hinab zur Mundöffnung. Anderseits scheinen auch die Kinnladen dazu zu dienen, den auszupressenden Körper fester an die Lippe und die Mundöffnung anzudrücken. T o d t e Fliegen wurden von nieinen Taranteln nie angenommen, sondern n u r lebende. Um ihnen das Ergreifen der Fliegen zu erleichtern, gebrauchte ich gesvöhnlich die Vorsicht, denselben vorläufig einen Flügel abzureissen. Meist gewöhnten sich die Taranteln sehr bald an ihre Gefangenschaft und w e n n ich des Morgens kam, um ihnen Fliegen in das Glas zu thun, so w u r den sie schnell munter und hielten sich ordentlich bereit, die erste Fliege in E m p f a n g zu nehmen. Doch muss ich gesteh e n , dass ich nicht den Muth hatte um den Versuch zu machen, sie unmittelbar aus der H a n d zu füttern, wie das Leon Dufour gethan. D e r Mittheilung werth scheinen mir noch folgende zwei Beobachtungen: Am 11. J u n i 1843 erhielt ich eine weibliche Tarantel, welche ich in einen chemische Glaskolben setzte. Einige T a g e später w u r d e mir eine zweite Tarantel g e b r a c h t , und zwar ebenfalls ein W e i b c h e n , das seinen Eiersack an den unteren Spinnwarzen befestigt bei sich trug. Indem ich diese T a r a n tel zu der vorigen in den Kolben hineinthun wollte, ward der Eiersack losgerissen und fiel auf den Boden des Kolben, auf die daselbst befindliche Erdschicht. Beide Taranteln stürzten sich sogleich auf den Sack, umklammerten denselben mit den Vorderfüfsen und suchten ihn einander zu entreissen. Nachdem der Kampf einige Zeil gedauert hatte, machte ich den Versuch etwas Cigarrenrauch in den Kolben zu blasen. Die eine Tarantel floh auch wirklich in den entferntesten Winkel
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Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
des Kolbenhalses, die andere hingegen, die rechte Mutter, rührte sich nicht von der Stelle und gelangte auf diese Weise wieder in den Besitz ihres Eiersackes. Am folgenden Morgen war die erste Tarantel, die übrigens auch ein wenig kleiner war als die zweite, todt; diese letztere hingegen befand sich vollkommen unversehrt und hatte ihren Sack wieder an die Spinnwarzen befestigt. Im Spätherbste des vergangenen Jahres setzte ich eine halbwüchsige männliche Tarantel in ein Glas, worin sich eine weibliche befand, die den Tag vorher gestorben war. Da die alle Tarantel sich vor ihrem Tode in eine Papierdute zurückgezogen hatte, so wurde sie nicht sogleich von der jungen bemerkt und diese fing an munter umherzulaufen. Bald aber kam sie zufällig ganz nahe an die todte Tarantel heran und erblickte dieselbe. Mit wahrem Entsetzen fuhr sie zurück und blieb wohl einige Minuten ganz unbeweglich auf der Seite, mit aufgehobenen Vorderfüfsen liegen. Endlich schien sie durch die starre Lage der Todten etwas beruhigt zu w e r d e n ; sie bewegte sich wieder langsam und vorsichtig vorwärts und wagte es sogar dieselbe mit ihren Vorderfüfsen leise zu berühren. Nachdem sie sich auf diese Weise von der Leblosigkeit der Alten überzeugt hatte, wurde sie wieder ganz munter und bekümmerte sich nicht weiter um dieselbe. Da ich mehrere Mal alte weibliche Taranteln bekommen habe, die entweder ihren Eiersack bei sich hatten oder welche die schon ausgekrochene junge Brut auf dem Rücken trugen, so ist es mir möglich gewesen, das Wachsthum und Familienleben der Jungen zu verfolgen. Manche merkwürdige Erscheinung in dieser Beziehung bietet die Geschichte jener Tarantel dar, von welcher schon oben die Rede hinsichtlich des Kampfes um die Behauptung ihres Eiersackes war. Dieses Thier wurde mir am 14. Juni gebracht. Bald darauf machte ich eine kleine Reise, von welcher ich erst am 1. Juli zurückkehrte. Ich fand, dass während meiner Abwesenheit die Jungen aus dem Sacke herausgeschlupft waren
Beitrag zur Naturgeschichte und Anatomie der Rnss. Tarantel. 3 3 3
und in mehreren Schichten den Hinterleib der Mutter besetzt hielten. Nach der Aussage des Dieners dem die F ü t t e r u n g der Tarantel anvertraut g e w e s e n , hatten die J u n g e n n a m e n t lich am 26. Juni den Eiersack verlassen. Es mochten deren 250 bis 300 vorhanden sein, die kaum 1"' in der L ä n g e maisen. Die ersten T a g e über blieben sie fast ganz unbeweglich, doch schon am 3. Juli fingen einige von ihnen an sich zu rühren und den Rücken der Mutter, wenn auch fürs erste nur auf kurze Zeit, zu verlassen. Bald folgten alle übrigen diesem Beispiele. Sie zerstreuten sich am T a g e durch den ganze Kolben, in welchem sie eingeschlossen waren, kehrten aber regelmäfsig jeden Abend und ausserdem auch bei trüber Witterung immer wieder alle auf den Hinterleib der Alten zurück. In kurzer Zeit hatten sie mit vereinten Kräften im oberen Theile des Kolben ein unregelmäfsiges, weitmaschiges Netz angefertigt; dennoch blieben sie anscheinend ganz ohne Nahrung, da sie die hineingeworfenen Fliegen durchaus nicht anzugreifen wagten, selbst w e n n dieselben in dem Netze hängen blieben. Eine Ausnahme davon machten einige j u n g e T h i e r e , die sich fast beständig an den Mundtheilen der Alten aufhielten und Antheil an der Aufsaugung des von derselben ausgepresslen Fliegensaftes zu nehmen schienen. Auch w u c h sen diese bevorzugten jungen Spinnen merklich rascher, als ihre übrigen Geschwister. Nie wurden sie von der Alten beschädigt, indem dieselbe bei der Ergreifung der Fliegen stets mit der gröfsten Vorsicht zu W e r k e ging. Im Ganzen w a r das W a c h s t h u m der jungen Taranteln ein sehr langsames und allmälig starben die Meisten von ihnen w e g . Bis zum 1. August w a r e n von der ganzen Zahl nur noch 6 5 übrig, welche die L ä n g e von 2"' bis 2,"'5 erreicht hatten; wenige maisen 3"', und nur eine einzige, welche sich fast nie von den Fresswerkzeugen der Alten entfernt halte, 3'",5. Die Rückenzeichnung der grölseren j u n g e n Thiere w a r schon ganz deutlich zu sehen und stimmte vollkommen mit der Rückenzeichnung der Alten überein. Noch immer aber halte keine der J u n g e n den Muth selbstständig eine Fliege
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Physikalisch -mathematische Wissenschaften.
anzugreifen, obgleich ich öfters bemerkte, dafs sie sich mit den von der Alten getödleten Fliegen zu schaffen machten und daran zu saugen schienen. Auch diente der Hinterleib der Mutter, denselben noch fortwährend zum zeitweiligen Z u fluchtsorte, besonders den kleineren von ihnen. Im Verlaufe des Zeitraumes vom 1. August bis zum 11. September gingen allmählig auch die noch übrigen jungen Spinnen zu Grunde, mit Ausnahme einer einzigen, der gröfsten, deren schon E r w ä h n u n g geschah. Diese von der Mutter gleichsam mit besonderer Sorgsamkeit aufgefütterte j u n g e T a rantel blieb bis zum W i n t e r am L e b e n , länger als die Alte selbst, welche schon am 26. September starb. Sie nahm nach dem T o d e der Alten die Gewohnheit an, sich öfters in die E r d e einzuscharren, ohne sich jedoch ein ordentliches Loch darin anzulegen; auch blieb sie immer nur wenige T a g e in der E r d e und kam dann wieder auf die Oberfläche heraus. Bis zu den ersten T a g e n des D e c e m b e r , w o sie ebenfalls mit T o d e abging, hatte sie ungefähr die halbe Gröfse eines völlig ausgewachsenen Thieres erreicht. Später ist es mir nie wieder geglückt ein Tarantelweibchen mit Eiersack zu bekommen, wohl aber habe ich in v e r schiedenen J a h r e n im Verlaufe der Monate Mai und Juni T a ranteln erhalten, welche ihre ganze Familie auf dem R ü c k e n trugen. Sehr günstig für die Entwickelung der Taranteln scheint namentlich der durch seine ausserordentliche Trockenheit bezeichnete S o m m e r des letztverflossenen Jahres g e w e s e n zu sein. Schon am 12. Mai brachte man mir eine alte weibliche Tarantel nebst ihrer Familie, und dann bis zum 27. Mai noch drei andere T a r a n t e l - W e i b c h e n , welche ebenfalls ihre B r u t auf dem Rücken hatten, obgleich meislentheils schon ein beträchtlicher Theil der J u n g e n verloren gegangen w a r , ehe sie in meine Hände kamen. Auch hörte ich damals, dass bald hier, bald dort in der Stadt eine Tarantel getödtet w o r den sei. J e d e Tarantelfamilie bekam bei mir stets ihr besonderes Glas und w u r d e regelmäfsig und reichlich mit Fliegen v e r -
Beitrag zur Naturgeschichte und Anatomie der Ross. Tarantel.
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sorgt. Dennoch starben die J u n g e n immer bedeutend rascher weg, als das erste Mal, so dafs gewöhnlich schon nach dem Verlaufe von vier bis fünf Wochen keine von ihnen mehr am Leben war. Sie verstanden es nicht, sich an der Beute der Alten zu betheiligen und da sie auch auf eigene Faust keine lebende Fliege anzurühren wagten, so schienen sie ganz ohne N a h r u n g zu bleiben. Auffallend w a r es mir j e d o c h , dass ich zwischen dem Haufen der lebenden jungen Spinnen öfters leere Hüllen fand, die fast ganz das Aussehen boten, als seien sie durch H ä u t u n g abgestreift w o r d e n . Da nun aber eine so frühe H ä u t u n g der J u n g e n in anderen Fällen nicht von mir beobachtet worden ist, so w ä r e es vielleicht möglich, dafs die erwähnten leeren Hüllen von jungen Taranteln herrührten, die von ihren Geschwistern getödtet und ausgesaugt worden waren. Eine höchst sonderbare Erscheinung, die noch der Aufklärung bedarf, besteht darin, dafs die alten Tarantelweibchen, nachdem ihnen die J u n g e n weggestorben w a r e n , öfters einen neuen Eiersack, welcher zum Theile oder auch vollständig mit Eiern angefüllt w a r , verfertigten. Die merkwürdigste Beobachtung in dieser Beziehung machte ich an der Tarantel, welche ich am 12. Mai 1848 erhalten hatte und welche bis zur Mitte des October bei mir in Gefangenschaft lebte. Als sie mir gebracht w u r d e , befanden sich auf dem Rücken d e r selben 200 bis 250 J u n g e , die bis zu den ersten T a g e n des Juni alle zu Grunde gingen. Am 8. Juni fand ich dass diese T a r a n t e l während der vorhergehenden Nacht einen Sack producirt hatte, welcher an ihren unteren Spinnwarzen befestigt w a r und ganz die Gröfse und das Aussehen eines g e w ö h n lichen Eiersackes hatte. D e r Hinterleib des Thieres w a r dabei bedeutend zusammengeschrumpft, so dafs er dem S a c k e an U m f a n g nachstand. Am 18. J u n i w u r d e der Sack von der Tarantel abgeworfen, doch liefs ich ihn unversehrt liegen, um zu sehen, w a s dabei heraus kommen würde. Am 4. Juli bem e r k t e ich, dafs meine Tarantel abermals einen Sack an den Spinnwarzen h e r u m t r u g , der vollkommen dem ersten glich,
Physikalisch- mathematische Wissenschaften.
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doch nicht ganz angefüllt w a r ; auch w u r d e dieser zweite Sack schon am folgenden T a g e von ihr abgestreift. Am 26. Juli nahm ich beide Säcke aus dem Glase heraus und öffnete dieselben. Im ersten w a r e n 4 2 0 , im zweiten 225 vollkommen ausgebildete Eier enthalten, von welchen die zunächst an der Oberfläche gelegenen schon ganz eingetrocknet, die übrigen aber noch frisch geblieben waren. Sollten die Taranteln im Freien vielleicht wirklich zwei Brüten im Verlaufe des S o m m e r s m a c h e n ? Unmöglich scheint es mir nicht, wenigstens in einzelnen Fällen. D e r Umstand, dafs ich Tarantelweibchen mit ganz kleinen J u n g e n sowohl in den T a g e n des Mai, als auch in den letzten T a g e n des J u n i erhalten habe, scheint ebenfalls darauf hinzuweisen. Auch glaube i c h , dafs die jungen Taranteln im Freien den Rücken der Mutter schon nach 5 bis 6 Wochen gänzlich verlassen und selbstsländig werden. Doch mögen bis dahin immer die meisten zu G r u n d e gehen und dadurch der grofsen V e r m e h r u n g derselben Gränzen gesetzt werden. III.
Z u r Anatomie der Russischen Tarantel.
Die Anatomie der Arachniden ist immer noch sehr m a n gelhaft bekannt, trotz der Arbeiten, die von so ausgezeichneten F o r s c h e r n , wie T r e v i r a n u s , Meckel, J o h a n n e s Müller, Brandt und a n d e r n , auf diesem Felde unternommen worden sind. Man braucht nur einen Blick in die besten der n e u e ren zootomischen Handbücher von S t r a u s s - D ü r k h e i m , Owen, Rudolf W a g n e r (Frey und Leuckart) und Siebold zu thun, u m sich davon zu überzeugen. Namentlich lassen die Untersuchungen über den inneren Bau der eigentlichen Spinnen, die doch überall verbreitet und leicht zugänglich sind, noch Vieles zu wünschen übrig. Auch sind solche Untersuchungen wirklich mit grofsen Schwierigkeiten verbunden, theils w e g e n der Weichheit der einzelnen Theile, theils wegen der starken Entwicklung der Muskeln im Vorderleibe und des sogenannten Fettkörpers im Hinterleibe, w o d u r c h alle übrigen Organe
Beitrag zur Naturgeschichte und Anatomie der Rass. Tarantel.
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mehr oder minder versteckt werden und schwer bioszulegen sind. Beifolgende Bemerkungen über die Muskulatur und die Verdauungsorgane unserer grofsen Tarantelspinne, Lycosa singoriensis, werden hoffentlich dazu beitragen den inneren B a u der Spinnen im Allgemeinen näher kennen zu lernen. W e n n dieselben noch nicht in allen Stücken vollkommen genügend ausgefallen sind, so liegt die Schuld hauptsächlich daran, dafs ich zu meinen Untersuchungen fast nur solche Thiere benutzen konnte, die schon längere Zeit in Weingeist gelegen h a t t e n ; bei denselben aber kleben die meisten Organe fest an einander und sind sehr leicht zerreissbar. Noch glaube ich vorausschicken zu müssen, dafs von den über die eigentlichen Spinnen veröffentlichten anatomischen Schriften mir folgende zu Gebote gestanden haben und mit den Ergebnissen meiner Untersuchungen verglichen w o r den sind. G. R. Treviranus. Ueber den inneren B a u der Arachniden. Nürnberg. 1812. 4. G. R. Treviranus und L. G. Trevianus. Vermischte Schriften anatomischen und physiologischen Inhalts. 3 Vol. 4. Bremen. 1820. Lyonet. Recherches sur l'Anatomie et les Métamorphoses de différentes espèces d'Insectes. 2. Vol. 4. Paris. 1832. Brandt. Anatomie der Kreuzspinne, in der Medicinischen Zoologie von B r a n d t und Ratzeburg. II. Band. B e r lin. 1833. Brandt. Recherches sur l'anatomie des Araignées. Annales des sciences naturelles. T. XIII. 1840. Duges. Recherches sur les Aranéides. Annales des sciences naturelles. T . VI. 1836. Grube. Einige Resultate aus Untersuchungen über die Anatomie der Araneiden. Müllers Archiv für Anatomie und Physiologie. 1843. W a s m a n n . Beiträge zur Anatomie der Spinnen. Abhandlungen des naturwiss, Vereins in Hamburg. ThI. I.
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Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
1846. Dieses W e r k habe ich erst vor kurzem erhallen. E s enthält ziemlich ausführliche Untersuchungen über das Muskelsystem, die V e r d a u u n g s - und Spinnorgane der Gattung Mygale, mit welchen die meinigen in vielen Stücken übereinstimmen. Blanchard und Pappenheim. Kleinere Mitlheilungen über die Blutgefiifse und die Lungensäcke der S p i n n e n , in den Comptes rendus für 1848. Endlich muss ich noch der hübschen Abhandlung des H r n . Dr. Kittary über den anatomischen Bau der Solpuga ¡erwähn e n , welche in dem Bulletin der Moskauer Naturf. Gesellschaft im vergangenen J a h r e in deutscher Uebersetzung gedruckt worden ist. Dieselbe vervollständigt bedeutend die von Blanchard mitgetheilten Notizen über dasselbe genus (Comptes rendus, 1845, T . X X I . N. 25) und behandelt zwar einen von den eigentlichen Spinnen verschiedenen T y p u s , weist aber die nahe Verwandtschaft der Solpugen mit den Araneen nach. Höchst merkwürdig ist namentlich die grofse Uebereinstiminung in der Muskulatur des Hinterleibes in den zwei erwähnten Ordnungen der Spinnenartigen Thiere. 1.
D e r Bruslknorpei.
Ich bezeichne als Brustknorpel einen i n n e r e n , skeletartigen Theil des Brustkastens, auf welchen sich der Saugmagen stützt und von welchem zu gleicher Zeit zahlreiche Muskeln ihren Ursprung nehmen. Es scheint dieser Theil allen eigentlichen Spinnen zuzukommen; auch ist er schon von T r e v i r a nus und Lyonet (sternum), und neuerdings von W a s m a n n beschrieben und abgebildet worden, doch immer noch nicht g e nügend bekannt. D e r Brustknorpel liegt fast genau in der Mitte der Brusthöhle, welche er in zwei Hälften, eine obere und eine untere scheidet. Er ist ziemlich h a r t , von faserknorpeliger T e x t u r und hat die Gestalt einer länglichen, ziemlich breiten, nach hinten abgerundeten und zugespitzten, horizontalen Platte.
Beitrag zur Naturgeschichte und Anatomie der Russ. Tarantel.
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Sein vorderer Rand enthält eine tiefe Ausbuchtung und läuft jederseits in eine schmale, gerade nach vorne g e w a n d t e S e h n e a u s ; sein hinteres zugespitztes Ende geht ebenfalls in eine schmale Sehne über. Durch die beiden vorderen Sehnen, an welche sich Muskelbündel ansetzen, wird der Brustknorpel an die vordere Leibeswand, durch die hintere S e h n e hingegen an den R a n d des Bauchstiels befestigt. Die seitlichen R ä n d e r des Brustknorpels sind merklich verdickt und bieten zwei Reihen sehniger Fortsätze d a r , eine obere und eine untere. In jeder Reibe stehen, in fast ganz gleichen Zwischenräumen, vier solcher Fortsätze, doch sind die oberen bedeutend mehr entwickelt, als die unteren. Die oberen Fortsätze dienen platten, dreieckigen Muskeln zum Ansalze, welche gleich vertikalen Q u e r w ä n d e n zwischen den oberen Brustmuskeln hindurch zur Brustdecke treten und sich mit ihrem breiten, oberen E n d e an die leistenförmigen Vorragungen derselben anheften. Die unteren, bedeutend kürzeren Fortsätze des B r u s t knorpels geben ebenfalls besonderen Muskeln den Ursprung, welche zwischen den unteren Brustmuskeln hin zum R a n d e der Bodenplatte des Brustkastens verlaufen. Ausser allen bisher erwähnten sehnigen Fortsätzen des Brustknorpels giebt es deren noch zwei, welche von der oberen Fläche desselben abgehen. Sie stehen hart am R a n d e des Brustknorpels, zwischen den mittleren, seitlichen Fortsätzen, und gehen wie jene in platte dreieckige Muskeln über. Diese Muskeln begeben sich unter dem Ringmagen w e g zu dem centralen hornigen Fortsatze der Brustdecke und befestigen sich an demselben mit ihrem breiten Ende. D e r centrale Fortsatz der Brustdecke hat hier die Gestalt einer hohen, viereckigen Längsleiste, welche in die vom Ringmagen gebildete Grube hineinragt. Offenbar dient eine solche Vorrichtung dazu, den Brustknorpel fest in seiner relativen L a g e zu erhalten; jedoch mögen seine oberen dreieckigen Muskeln ihm ausserdem einen D r u c k auf den ihm aufgelagerten R i n g m a g e n ausüben lassen. Die obere Fläche des Brustknorpels ist in der Mitte, der
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Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
Länge nach, flach muldenförmig ausgehölt, um den Saugmagen nebst dessen Quermuskeln aufzunehmen. Die untere Fläche ist ebenfalls concav, enthält aber einen ansehnlichen, mittleren, der Länge nach verlaufenden, leistenartigen Vorsprung, welcher zwei starken Muskeln zum Ansätze dient, die in den Bauchsliel hineintreten. Ausserdem wird die untere Fläche des Knorpels durch geringere, stralförmig, von der Mitte zum Rande gehende Leisten jederseits in vier Fächer gelheilt. In diesen Fächern kommen die unteren Brustmuskeln, welche ihren Ursprung vom Brustknorpel nehmen, zu liegen. 2.
Das Muskelsystem.
Das Muskelsystem der Spinnen ist sehr stark entwickelt und erklärt die ungewöhnliche Kraft und Behendigkeit dieser Thiere. Die einzelnen Muskelfasern zeichnen sich durch ihre vollkommen deutliche Querstreifung aus und bilden bald kurze pyramidale oder platte Bündel, bald cylindrische Stränge von verschiedener Länge. Das ganze Muskelsystem zerfällt, in Uebereinstimmung mit der Körperbildung der Spinnen, in zwei Hälften, das Muskelsystem des Vorder-Leibes und das Muskelsystem des Hinterleibes. Das Muskelsystem des Vorderleibes besteht aus einem centralen und einem peripherischen Theile. Zu den peripherischen Muskeln rechne ich diejenigen, welche im Inneren der Mundtheile und der Extremitäten gelegen sind. Am stärksten entwickelt von ihnen sind die inneren Kinnbackenmuskeln. Sie bestehen aus mehreren kurzen, sehr dicken Bündeln, welche das Wurzelglied der Kinnbacken ganz ausfüllen, Yon dessen Wänden und hinterem Rande ihren Ursprung nehmen und sich an die Basis des Klauengliedes ansetzen. Andere kurze Muskelbündel nehmen den inneren Raum der wulstigen Oberlippe ein und befestigen sich mit ihrem vorderen Ende hauptsächlich an einein kleinen, harten Fortsatze, welche von dein der Oberlippe oben eingefügten Hornplättchen in die Höhlung der Lippe hineinragt. Weitere Muskelstränge befinden sich in den Kinnladen, in
Beitrag zur Naturgeschichte und Anatomie der RUM. Tarantel.
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den Palpen und in den Extremitäten. Dabei ist zu bemerken, dafs jedes einzelne Glied der Palpen und der Extremitäten seine eignen Beuger und Strecker besitzt, die in dem zunächst vorhergehenden Gliede ihren Anfang nehmen. S o viel ich habe sehen können, giebt es keine Muskeln, die sich durch mehrere oder auch nur durch zwei Glieder erstreckten. D e r centrale Theil des Muskelsystems im Vorderleibe zerfällt in eine vordere und eine hintere Partie. Die vordere Partie wird hauptsächlich von den äusseren Muskeln der Kinnbacken und der Kinnladen gebildet und nimmt die durch eine Einschnürung schon äusserlich angedeutete, vordere Abtheilung der Brusthöhle, den Kopfraum ein. Die äusseren Kinnbackenmuskeln sind alle pyramidenförmig; mit ihrer Basis setzen sie sich an die Kopfdecke a n , mit ihrer sehnenartig verlängerten Spitze hingegen befestigen sie sich an dem hinteren Rande des Wurzelgliedes der Kinnbacken. Ich habe deren 5 Paar unterscheiden können. Die am meisten nach vornen, in einer R e i h e , gelegenen zwei Paar befestigen sich am oberen Rande der Kinnbacke; darauf folgen zwei andere, ebenfalls in einer Reihe gelegene P a a r e , von welchen sich die inneren an den oberen und äusseren Winkel der Kinnbacken, an die sogenannten Angeln anheften, die äusseren hingegen an dem äusseren Rande der Kinnbacken inseriren; die Muskeln des hintersten Paares endlich gehen an den inneren Rand der Kinnbacken. Gleich hinter und unter den Muskeln der Kinnbacken liegen diejenigen der Kinnladen. E s sind deren mehrere hintereinander gelegene P a a r e vorhanden, welche die ganze Breite des Vorderleibes einnehmen. Mit ihrem breiten, oberen Ende setzen sie sich an die eingeschnürte Stelle der Brusldecke an, mit ihrem verschmälerten, unteren Ende hingegen an den hinteren Rand der Kinnladen. Ausserdem giebt es in dem Kopfraume noch zwei platte, viereckige Muskeln, welche in vertikaler Richtung zwischen den mittleren, vorderen Kinnbackenmuskeln emporsteigen und dieselben gleich einer Scheidewand von einander trennen.
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Physikalisch- mathematische Wissenschaften.
Diese beiden Muskeln nehmen ihren U r s p r u n g theils von dem nach innen vorragenden Theile der Mundhöhle, theils von den vorderen, sehnigen Bändern des Brustknorpels und setzen sich o b e n , in der Mittellinie zwischen den vier grofsen, hinteren Augen, an die Kopfdecke an. J e d e r Muskel besteht fast n u r aus einer einzigen Schicht vertikaler Muskelfasern und beide Muskeln sind ziemlich fest an einander geheftet. Sie scheinen vorzüglich zum Schutze und zur Erhaltung der r e lativen L a g e der A u g e n n e r v e n , welche zwischen ihnen hindurch ihren Verlauf n e h m e n , zu dienen: wesshalb ich ihnen auch die B e n e n n u n g Augennervenmuskeln beilegen möchte. Die h i n t e r e , centrale Muskelpartie des Vorderleibes wird von den eigentlichen Brustmuskeln gebildet. Alle B r u s t muskeln verlaufen stralenförmig vom Mittelpunkte der B r u s t höhle zu deren Peripherie, wo sie sich vorzüglich an den Basalgliedern der Extremitäten inseriren. Es giebt deren zwei Schichten, eine obere und eine untere. D i e oberen Brustmuskeln haben alle die Gestalt platter, dreieckiger Pyramiden, welche sich mit ihrer breiten Basis an die Brustdecke anlehnen, mit ihrer nach unten gewandten Spitze hingegen zum Grunde der Extremitäten begeben. D u r c h die platten oberen Muskeln des Brustknorpels w e r d e n sie j e derseits in vier Abtheilungen geschieden, welche den vier E x tremitäten entsprechen. Die beiden vordersten Abtheilungen w e r d e n von den Kinnladenmuskeln begränzt, die zwei hintersten Abtheilungen durch zwei schmale Muskelstränge von einander g e t r e n n t , welche in der Mittellinie, über dem Brustdarmrohre h i n , zum Bauchstiele verlaufen. In der Mitte des Brustkastens werden die oberen Brustmuskeln durch eine längliche, schmale G r u b e , in welche der centrale, hornige Fortsatz der Brustdecke hineingeht, in zwei Hälften, eine rechte und eine linke, von einander geschieden. Diese Grube wird vorne und hinten von den beiden Strängen des S a u g magenhebemuskels, von dem später ausführlicher die R e d e sein wird, begränzt. In der Mitte der Grube sieht man j e n e beiden platten Muskeln des Brustknorpels, welche zu dem
Beitrag zur Naturgeschichte und Anatomie der Russ. Tarantel.
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centralen Fortsatze der Brustdecke treten, zum Vorscheine kommen. Die oberen Brustmuskeln nebst den hinteren Kinnbackenmuskeln bedeckeu vollkommen den Ringmagen mit allen seinen Theilen. Oeffnet man daher den Brustkasten von oben, durch vorsichtige Ablösung der Brustdecke, so erscheint er ganz mit Muskeln ausgefüllt und erst nach deren Entfernung oder Verschiebung werden die von denselben überlagerten Eingeweide sichtbar. Die unteren Brustmuskeln nehmen ihren Ursprung von der unteren Fläche des Brustknorpels und verlaufen von da in Gestalt strahlenförmiger, dicker Stränge zum Grunde der Extremitäten. Auf denselben sind die blinden Fortsätze des Ringmagens aufgelagert; auch zerfallen sie jederseils, gleich den oberen Brustmuskeln, in vier Abtheilungen, welche den einzelnen Füfsen entsprechen. Von dem leistenförmigen, unteren Längsfortsatze des Brustknorpels gehen mehrere starke Muskelstränge gerade nach hinten unter dem Brustdarmrohre hin. Zum Theile befestigen sie sich an dem Rande des Bauchstiels, zum Theile aber auch treten sie durch den Bauchstiel hindurch in den Hinterleib über und vermitteln auf diese Weise eine Verbindung zwischen den Muskelsystemen der beiden grofsen Leibesabtheilungen. Das Muskelsystem des Hinterleibes zeigt eine höchst merkwürdige und kunstreiche Anordnung, indem es berechnet zu sein scheint, diesen weichen Körperlheil einerseits in allen Richtungen zu stützen und anderseits denselben mit gewaltiger Kraft zusammenzupressen. Man hat am Muskelsysleme des Hinterleibes zwei Theile zu unterscheiden: erstens eine muskulöse Haut, welche fast den ganzen Hinterleib sackartig einschliefst, und zweitens starke, cylindrische Muskelstränge, welche den Hinterleib in verschiedenen Richtungen durchsetzen und zu einem ziemlich complicirten Gerüste zusammengefügt sind. Die muskulöse Haut des Hinterleibes ist schon bei verschiedenen Spinnen von Treviranus, Brandt, Duges und Wasmann ziemlich genau beschrieben worden, so Ermans Russ. Archiv. Bd. IX, H. 2.
23
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Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
dafs ich fürs erste deren Angaben nichts von Wichtigkeit hinzuzufügen habe. Ich wende mich daher sogleich zu der ausführlichen Beschreibung des inneren Muskelgerüstes, das noch nicht genügend erforscht worden ist. Die Grundlage des im Hinterleibe angebrachten Muskelgerüstes bilden zwei starke, einander ziemlich parallele Stränge, welche den Hinterleib der ganzen Länge nach, vom Bauchstiele an bis zur Afteröffnung, durchsetzen. Da sie nahe an der Bauchfläche verlaufen, so nenne ich sie Bauchstränge. Jeder Bauchstrang wird vorne aus mehreren Muskelbündeln zusammengesetzt. Das eine dieser Bündel kömmt aus dem Bauchstiele hervor und ist eine Fortsetzung des Mnskels, welcher vom unteren Fortsatze des Brustknorpels nach hinten abgeht. Ein zweites Bündel nimmt seinen Ursprung von der oberen, hornigen Platte des Bauchstieles; ein drittes, schwächeres endlich von dem äusseren Rande des Bauchstieles. Ebenso zerfällt jeder Bauchstrang gegen das hintere Ende hin wieder in mehrere Bündel, welche sich zum Theile an die hintere Leibeswand ansetzen, zum Theile in die Spinnwarzen hineintreten. Jeder Bauchstrang ist durch zwei kurze, dicke, in viele kleine Partieen gespaltene Muskelbündel an die Bauchwand des Hinterleibes angeheftet. Auch bemerkt man an der äusseren Bauchfläche, nach vorsichtiger Abschabung der Haare, zwei Reihen von vertieften Punkten, welche die Anheftungsstellen der einzelnen kleinen Muskelpartien bezeichnen. Ausserdem sind die beiden Bauchstränge, etwas vor dem ersten Drittel ihrer Länge, durch einen muskulösen cylindrischen Querbalken mit einander verbunden. Gleich vor diesem Querbalken liegt die Geschlechtsöffnung. Neben jedem Bauchstrange zieht sich an der inneren Seite ein Bündel zarter Nervenfäden hin, welche sich allmälig an die umliegenden Organe vertheilen. In mehr oder minder genauer Verbindung mit den beiden Bauchmuskelsträngen des Hinterleibes stehen folgende Muskeln: a. Drei Paar Rückenmuskeln. Die vorderen Rücken-
Beitrag zur Naturgeschichte und Anatomie der Russ. Tarantel.
muskeln
befestigen
Hornplatte Richtung,
sich,
neben
des B a u c h s t i e l s
den
Bauchsträngen,
und steigen
von
da in
fast g e n a u über den B a u c h s t r ä n g e n ,
deren Drittel des R ü c k e n s empor.
an
345
der
schräger
zu dem v o r -
D i e mittleren und hinteren
Rückenmuskeln kommen aus den B a u c h s t r ä n g e n selbst h e r v o r und gehen von denselben
vertikal zum
Rücken
hinauf.
Die
vorderen Rückenmuskeln sind die stärksten, doch stehen ihnen die mittleren nur wenig an D i c k e n a c h ; hingegen sind die hinteren. keln
an
durch
der D e c k e
kleine,
Räume
dünner
D i e Inserlionsstellen dieser Mus-
des Hinterleibes
vertiefte N a r b e n
zwischen
bedeutend
sind
schon
bezeichnet.
äusserlich
Millen
den R ü c k e n m u s k e l p a a r e n
in
dem
liegt das l a n g g e -
dehnte Herz. b.
Zwei P a a r Lungenmuskeln.
muskeln nehnten ihren
Ursprung
P l a t t e des B a u c h s t i e l s , nach
Die
vorderen
Lungen-
ebenfalls von der hornigen
aussen
von den
Bauchsträngen.
S i e entfernen sich von den B a u c h s t r ä n g e n unter einem s c h a r fen W i n k e l ,
indem sie in s c h r ä g e r ,
nach
aussen etwas
steigender R i c h t u n g das vordere D r i t t e l der B a u c h h ö h l e
auf-
durch-
setzen und sich an der äusseren W a n d derselben, gleich über den L u n g e n s p a l t e n
befestigen.
D i e hinteren
Lungenmuskeln
kommen unter einem rechten W i n k e l aus den h e r v o r und bilden kens,
gleichsam
durch w e l c h e n j e n e
bunden
werden.
Sie
Bauchsträngen
eine F o r t s e t z u n g
beiden S l r ä n g e
inseriren
sich
an der
dicht neben den vorderen L u n g e n m u s k e l n .
des Q u e r b a l -
mit einander v e r Bauchwandung
D i e gemeinschaft-
lichen Insertionstellen der vorderen und hinleren L u n g e n m u s keln sind äusserlich durch ansehnlich liefe, ovale N a r b e n b e zeichnet,
w e l c h e über und etwas
g e l e g e n sind. Lungenmuskeln ich b e m e r k e n , denselben
Sowohl haben
hinter den
die v o r d e r e n , w i e eine bedeutende
Lungenspalten
auch
Stärke.
die
dafs die B e n e n n u n g L u n g e n m u s k e l n ,
beigelegt
worden,
einzig und allein
hinteren
Noch muss ihre
welche relative
L a g e andeuten soll, nicht ihre W i r k u n g , ü b e r die ich mir noch keinen ganz klaren Begriff habe m a c h e n können. c.
Z w e i P a a r Spinndrüsenmuskeln.
D i e vorderen S p i n n -
23 *
346
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
drüsenmuskeln nehmen ihren Anfang von den Bauchsträngen an derselben Stelle, wo die mittleren Rückenmuskeln von denselben abgehen. Sie w e n d e n sich unter einem scharfen W i n kel nach aussen und hinten und befestigen sich weit hinten an der äusseren Bauchwandung. An der nämlichen Stelle inseriren sich auch die hinteren Spinndrüsenmuskeln, welche von dem hinteren E n d e der Bauchstränge nach aussen und vorne verlaufen; doch sind diese Insertionsstellen äusserlich nur durch schwache Vertiefungen angedeutet. Die Spinndrüsenmuskeln umfassen den von den Spinndrüsen eingenommenen R a u m der Bauchhöhle und mögen, nebst den hinteren Bündeln der Bauchstränge einen bedeutenden Einfluss auf die Producirung des Spinngewebes ausüben. d. Ein P a a r Geschlechtsöffnungsmuskeln. Es sind dies zwei ziemlich starke Muskelstränge, welche unter der vorderen Abiheilung der grofsen Bauchstränge versteckt liegen. Mit ihrem vorderen E n d e befestigen sie sich an dem äusseren R a n d e des Bauchstiels, mit ihrem hinteren E n d e dagegen an einem höckerartigen Vorsprunge der Bauchwand etwas vor und neben der Gcschlechtsöffnung, zu deren E r w e i t e r u n g sie zu dienen scheinen. Eine nähere Verbindung derselben mit den Bauchsträngen findet nicht statt. 3.
D i e Verdauungsorgane.
Ich beschränke mich hier auf die Beschreibung der im Vorderleibe gelegenen Theile der V e r d a u u n g s o r g a n e , welche bis jetzt vorzugsweise meine Aufmerksamkeit in Anspruch gen o m m e n haben. Es sind dies namentlich folgende T h e i l e : die Mundhöhle, die Speiseröhre, der S a u g m a g e n , der R i n g magen nebst seinen blinden Fortsätzen und das B r u s t darmrohr. Die Mundöffnung hat die F o r m einer schmalen Q u e r spalte, welche zwischen der dicken, fleischigen, behaarten Oberlippe und der hornigen, viereckigen Unterlippe angebracht ist. Sie führt in eine niedrige, längliche Mundhöhle, welche von den beiden L i p p e n , die ziemlich weit vorragen und seit-
Beitrag zur Naturg«scbicfate und Anatomie der Ras«. Tarantel.
347
lieh mit einander verwachsen sind, umfasst wird. Die innere Wandung der Mundhöhle wird von länglich-ovalen, vorne zugerundeten, dünnen, hornigen Platten, einer oberen und einer unleren, gebildet. Die obere Platte, welcher die B e n e n nung Gaumenplatte zukommen möchte, nimmt den ganzen unteren Umkreis der Oberlippe ein. Sie hat einen wulstigen, verdickten Rand und wird der ganzen Länge nach durch eine mittlere Leiste, in zwei Hälften, eine rechte und eine linke, getheilt. Diese Längsleisle ist nach vorne pfeilförmig augesptzt, an ihrem hinteren, breiteren Ende ausgeschweift und erscheint, bei mäfsiger Vergröfserung, an beiden Seiten stumpf gezähnelt. D i e untere Platte der Mundhöhle, welche man etwa als Zungenplatte bezeichnen könnte, ist der Unterlippe eingefügt und reicht nicht ganz bis zu deren vorderem Rande. S i e hat eine weniger consistente T e x t u r als die Gaumenplatte, und ist hinten von der länglichen Schlundöffnung, welche unter der hinteren Hälfte der IGaumenleiste liegt, durchbohrt. Am hinteren Ende der Mundhöhle sind beide Platten durch eine gerade Quernaht mit einander verbunden und auf diese W e i s e ist die Höhle gänzlich abgeschlossen. Die von der SchlundöfTnung beginnende Speiseröhre ist •bogenförmig gebogen, indem sie sich Anfangs auf den Grund der Brusthöhle hinabsenkt und dann durch das grofse Brustganglion hindurch zum Saugmagen emporsteigt. Sie ist seitlich zusammengedrückt und besteht aus zwei harten, hornig e n , rinnenförmigen Stücken, die oben durch eine Naht »n «inander geheftet sind, unten dagegen etwas von einander abstehen und nur durch eine dünne Haut verbunden sind. Diese beiden rinnenförmigen Stücke sind den hinteren Zacken d e r Gaumenleiste genau angefügt und bestehen aus zusammengelötheten Halbringen, die besonders in der hinteren Hälfte der Speiseröhre noch sehr deutlich zu erkennen sind. Die Haut, welche unterwärts die beiden harnigen Rinnen der Speiseröhre verbindet, bildet an der Schlundöffnung einen trichterförmigen Sack. Die Verbindung der Speiseröhre mit
348
Physikalisch- mathematische Wissenschaften.
dem auf sie folgenden S a u g m a g e n geschieht durch einen kurzen häutigen Hals. D e r S a u g m a g e n ruht auf dem Brustknorpel und hat einen ganz e i g e n t ü m l i c h e n Bau. Er besteht aus zwei nahe an einander gestellten, viereckigen, vertikalen hornigen Blättern. Am unteren Rande sind diese beiden Blätter etwas mehr aus einander gerückt und durch eine dünne, fallige Haut mit einander verbunden. Am oberen R a n d e hingegen ist jedes Blatt unter einem stumpfen Winkel nach aussen umgeschlagen und dann wieder bis zur Mittellinie zurückgebogen, wo beide Blätter unmittelbar zusammengeheftet sind. Auf diese Art entsteht oben jederseits eine breite, halbeiförmige Falte und der ganze S a u g m a g e n erhält von oben g e s e h e n , eine eiförmige, mit dem zugespitzten Ende nach hinten blickende Gestalt. Eine miniere, rinnenförmige Vertiefung auf der oberen Fläche des Magens entspricht der Naht zwischen den beiden Blättern desselben und ist äusserlich von einer dünnen H a u t überkleidet. Ein Querschnitt des S a u g m a g e n s bietet die F o r m eines dreischenkligen Sternes d a r , an welchem jedoch der untere, vertikale Schenkel etwas länger ist, als die beiden oberen, seitlichen Schenkel. An den S a u g m a g e n setzen sich äusserlich mehrere starke Muskeln an. Z w e i ziemlich dicke Schichten von queren Muskelfasern treten von dem Brustknorpel an d.ie vertikalen Blätter des S a u g m a g e n s und erfüllen die ganze obere Vertiefung des Brustknorpels, zu beiden Seiten des Magens. Diese beiden seitlichen Muskeln des S a u g m a g e n s dienen augenscheinlich dazu seine zwei vertikalen Blätter weiter von einander zu ziehen, den inneren R a u m zwischen ihnen breiter zu machen. Ausserdem giebt es noch einen zweischenkeligen Hebemuskel des S a u g m a g e n s , welcher sich an die H a u t , womit die obere Fläche desselben überkleidet ist, ansetzt. Dieser Muskel besteht aus zwei starken S t r ä n g e n , welche unten in der Mittellinie des Saugmagens mit einander verbunden sind, mit ihren oberen Enden dagegen von einander weichen und den centralen Fortsatz der Brustdecke umfassen, so dass sich
Beitrag'zur Naturgeschichte und Anatomie der Ross. Tarantel. 3 4 9
der eine S t r a n g unmittelbar vor j e n e m Fortsatze, der a n d e r e hinter demselben an die ß r u s t d e c k e befestigt. D e r v o r d e r e S t r a n g ist fast vollkommen cylindrisch, der hintere hingegen seitlich zusammengedrückt, so dafs sein Durchschnitt ein längliches Oval bildet. Ohne Zweifel hat der Hebemuskel den Z w e c k die obere W a n d des Saugmagens emporzuhalten und emporzuheben, um dadurch die Räumlichkeit des Magens, besonders die Räumlichkeit von dessen seillichen, oberen S c h e n keln zu vergröfsern. Von dem hinteren E n d e des S a u g m a g e n s beginnt die häutige, vollkommen grade Brustdarmröhre, die in den Bauchstiel hineingeht und durch denselben in die Bauchhöhle hinübertritt. In den Anfang der D a r m r ö h r e mündet jederseits ein grofser, dünn häutiger, e i g e n t ü m l i c h gestalteter Blindm a g e n aus. Beide Blindmagen erstrecken sich nach vorne und umfassen den S a u g m a g e n , indem sie an dessen vorderem E n d e zusammenstofsen, in Gestalt eines Ringes, w o h e r ihnen auch gemeinschaftlich der N a m e Ringmagen beigelegt w o r d e n ist. Freilich glaubte man f r ü h e r , dafs sie vorne gänzlich zusammenflössen und also wirklich einen vollständigen Ring mit ununterbrochener innerer Höhlung bildeten, doch möchte dies nach meinen U n t e r s u c h u n g e n , die mit dem Erfahrungen von Grube vollkommen übereinstimmen, schwerlich je der Fall sein. — J e d e r der beiden Blindmagen hat übrigens ganz die Gestalt eines Halbringes und ist auf der c o n v e x e n , äusseren Seite mit vier fingerartigen Fortsätzen versehen. D e r rechte Blindmagen erweitert sich an seinem vorderen E n d e bedeutend und bildet hier einen grofsen, blasenförmigen Sack, w e l cher fast ganz die tiefe, vordere Ausbuchtung des Brustknorpels ausfüllt und sowohl die Speiseröhre, als auch das Brustganglion verdeckt. D a s vordere Ende des linken Blindmagens ist dagegen nur wenig erweitert und fest an den Sack des rechten Blindmagens angeheftet. Immer aber bleiben die beiden Blindmagen durch eine Z w i s c h e n w a n d vollkommen von einander geschieden und zuweilen ist es mir sogar gelungen,
350
Physikalisch- mathematische Wissenschaften.
den linken Blindmagen ganz von dem rechten abzulösen. Merkwürdig ist es dass der linke Blindmagen, gleichsam zur Herstellung des Gleichgewichtes zwischen den beiden Magenhälften, an seinem hinteren Ende eine Verlängerung darbietet, welche in Gestalt eines ovalen Sackes auf dem Brustdarmrohre zu liegen kömmt und so den S a u g m a g e n nach hinten begränzt. Dieser hintere Sack des linken Blindmagens entspricht vollkommen dem vorderen Sacke des rechten Blindmagens, nur ist er um vieles kleiner als jener. Die Gröfse des vorderen Magensackes ist übrigens nicht conslant, sondern bei den verschiedenen Individuen merklichen V e r änderungen unterworfen. Von dem hinteren Magensacke ist noch zu bemerken, dafs er nicht unmittelbar auf dem D a r m rohre aufliegt, sondern durch die A o r t a , die unter ihm w e g zum S a u g m a g e n verläuft, von demselben geschieden wird. Beide Blindmagen besitzen, wie schon e r w ä h n t worden ist, vier fingerförmig« Fortsätze, weiche den vier Fufspaaren entsprechen. J e d e r einzelne Fortsatz verläuft in Gestalt einer zylindrischen Röhre zwischen zwei oberen Brustmuskeln, von denen er zu gleicher Zeit gänzlich verdeckt wird, bis zu dem Basalgliede der ihm entsprechenden Extremität. Daselbst biegt er sich nach unten um und erweitert sich zu einem länglichen S c h l a u c h e , d e r besonders weit nach der inneren Seile hin ausgezogen ist, so dafs er sich zwischen den u n t e r e n Brustmuskeln hin bis zum Brustganglion erstreckt. J e d e r Fortsailz hat auf diese Weise die Gestalt eines etwas gebogen e n Hammers oder vielmehr die Form eines chemischen Kolben, dessen langer, cylindrischer Hals sich in den Ringmagen einsenkt. Weitere Verzweigungen der Magenfortsätze, wie solche Wasmann bei der Gattung Mygale w a h r g e n o m m e n , habe ich nicht auffinden können, sondern das schlauchförmige E n d e derselben schien mir immer vollkommen abgeschlossen zu s«in. Da der Ringmagen auf den Quermuskeln des Saugmagens aufgelagert und meist wulstig aufgetrieben ist, so entsteht eine mittlere, ovale, ziemlich tiefe G r u b e , deren Boden von der
Beitrag zur Naturgeschichte und Anatomie der Rasa. Tarantel.
351
oberen W a n d des Saugmagens gebildet wird und in welche der Hebemuskel des Saugmagens hineintritt. S o erklärt sich die frühere Annahme von einem durchbohrten Magen bei den Spinnen. Zu verschiedenen Malen habe ich den Ringmagen aufgeblasen oder mit Quecksilber und anderen Flüssigkeiten injicirt. Immer bestätigte es sich in solchen Fällen, das zwischen den beiden denselben zusammensetzenden Blindmagen am vordem Ende durchaus keine Communication stattfinde, wohl aber am hinteren Ende durch die Darmröhre hindurch. Das Quecksilber sammelte sich gewöhnlich tropfenweise in den Schläuchen der seitlichen Fortsätze, welche dann leicht von ihm zerrissen wurden. E s bleibt mir zuletzt noch zu erwähnen, dafs ich öfters im vorderen grofsen Sacke des rechten ßlindmagens kleine, verschieden geformte, weisse Steinchen gefunden habe. D i e gröfsten darunter erreichten ungefähr die Länge einer halben Linie. D i e chemische Analyse derselben ergab, das sie aus kohlensaurem, in einem organischen Gewebe abgelagerten Kalke bestanden. 4.
Die Giftdrüsen.
Die beiden Giftdrüsen haben die Gestalt länglicher Schläuche, welche in der vorderen Abtheilung der Brusthöhle, gleich unter den Kinnbacken, zu den beiden Seiten der vertikalen Augenmuskelwand liegen. S i e sind in den verschiedenen Individuen bedeutenden Gröfsenverschiedenheiten unterworfen. Bald reichen sie nur bis zum vorderen grofsen Magensacke, wo dann ihr hinteres an den S a c k anstofsendes Ende nach innen eingestülpt zu sein pflegt, bald gehen sie unter dem ¡Magensacke weg bis zum vorderen ausgebuchteten Rande des Brustknorpels, wobei sie einander kreuzen. Immer erscheinen sie mehr oder minder spiralförmig gewunden und bei einiger Vergröfserung auch schräge gestreift. Bei stärkerer Vergröfserung ergiebt sich, dafs die schrägen Streifen von
352
Physikalisch - mathemathische Wissenschaften.
Muskelfasern h e r r ü h r e n , die spiralförmig u m jeden Schlauch herumlaufen. Schneidet man weiter ein Stück vom Schlauche ab und reinigt es von seinem weichen Inhalte, so erweist sich, dafs die äufsere W a n d des Schlauches ganz von einer einfachen Schichte spiralförmig verlaufender Muskelfasern, die durch eine dünne, vollkommen durchsichtige Haut mit einander verbunden sind, gebildet wird. An diesen spiralförmigen Muskelfasern sind die charakteristischen Querstriche auf das schönste sichtbar. D e r innere R a u m einer jeden Drüse ist mit einem äufserst zarten G e w e b e , von welchem das Gift abgesondert wird, angefüllt. Doch ist es mir bis jetzt nicht gelungen, von der feineren T e x t u r und der Anordnung dieses Gewebes eine genügende Anschauung zu bekommen. Ebenso w a r es mir nicht möglich, die feineren Verzweigungen des Nerven, w e l cher vom Brustganglion an jede Giftdrüse abgeht, zu verfolgen. Das vordere zugespitzte E n d e jeder D r ü s e geht in einen dünnen häutigen Ausführungsgang über, der zwischen den inneren Kinnbackenmuskeln hindurch in das hornige Klauenglied der Kinnbacken übertritt und auf der convexen Seite desselben, hart an der Spitze, mit einer kleinen, ovalen Oeffnung nach aussen ausmündet. Die e i g e n t ü m l i c h e Muskelbekleidung der Giftdrüsen macht eine rasche und kräftige Ausspritzung des Giftes möglich. Doch weist die verschiedene Entwickelung der Giftdrüsen bei den verschiedenen Individuen darauf hin, dafs der Biss der Tarantelspinnen nicht immer eine gleiche Wirkung haben mag.
Beitrag zur Naturgeschichte and Anatomie der R o t s . Tarantel.
353
Erklärung der Tafel.
F i g . 1.
Der Brustknorpel, von oben gesehen, in der Mitte muldenförmig ausgehöhlt. nana. Die oberen, seitlichen Fortsätze mit den von ihnen ausgehenden dreieckigen Muskeln. Ib. Die beiden sehnigen Fortsätze der oberen F l ä c h e , welche zwei dreieckigen Muskeln zum Ansätze dienen, die unter den Blindmagen weg zum centralen F o r t s a t z e der Brustdecke treten.
F i g . 2.
Der Brustknorpel, von unten gesehen. cc. Vordere Fortsätze. d. Hinterer Fortsatz. eeee. Die unteren seitlichen F o r t s ä t z e des Brustknorpels mit den von denselben abgehenden Muskeln. f . Der untere leistenförmige Vorsprang des Brastknorpels, von dem seitlich niedrige Leisten a b g e h e n , welche die untere Fläche in F ä c h e r zur Aufnahme der unteren Brustfufsmuskeln theilen.
F i g . 3.
Seitenansicht des Brustknorpels. Die Buchstaben haben dieselbe Bedeutung wie in den beiden vorhergehenden F i g u r e n . F i g . 4 und 5. Ansicht des Muskelsystems des Vorderleibes, nach Ablösung d e r Brustdecke. tutitit. Zwei P a a r Muskeln, welche sich am oberen Rande der Kinnbacken befestigen. hb. Ein P a a r Muskeln, welche sich an den Angeln der Kinnbacken befestigen. cc.
Ein P a a r Muskeln, welche sich an den äusseren Rand Kinnbacken ansetzen. dd. Gin P a a r Muskeln, welche sich an den inneren Rand Kinnbacken ansetzen. ee. Die Muskeln der Kinnladen. ffff. Die oberen Brustmuskeln. ggg.
der der
Die dreieckigen Muskeln des Brustknorpels, welche zwischen den oberen Brustmuskeln hindurch z a r Brastdecke treten.
354
Industrie und Handel.
Der vordere nnd der hintere Strang des Hebemuskels des Saugmagens. fe. Die Augennervenmuskeln. V. Die vorderen vier Augen. Fig. 6. Längendurchschnitt der Kopfabtheilung des Vorderleibes, um die Lage der Augennervenmuskeln zu erläutern. Augennervenmuskel. b. Vordere Sack des rechten Blindmagens. c. Kinnbacke. Fig. 7. Muskelsystem des Hinterleibes, von oben gosehea. aa. Die beiden Hauptbauchstränge, a'. Bin Bündel des rechten Bauchstranges, welches aus dem Bauchstiele hervortritt. hb. Vordere Rückenmuskeln, b'b'. Mittlere Rückenmuskeln. b"b". Hintere Rückenmuskeln. Alle Rückenmuskeln sind nach Aussen umgelegt, ec. Vordere Lungenmuskeln. dd. Hintere Lungenmuskeln. e. Querbalken, durch welchen die beiden Hauptbauchmuskeln mit* einander verbunden werden. ff. Vordere Spinndrüsenmuskeln. gg. Hintere Spinndrüsenmuskeln. n. Das linke Nervenbündel des Hinterleibes, p. Die hornige Platte des Bauchstiels. o. After. ss. Obere Spinnwarzen. s"s". Mittlere Spinnwarzen. Fig. 8. Der vordere Theil desselben Muskelsystems, von oben gesehen. a a ' a " . Die drei Meskelbündel, aus welchen der Hauptbauchstrang zusammengesetzt wird. Das obere Bündel a ist auf die Seite geschoben, wodurch die beiden anderen Bündel sichtbar werden, von denen das stärkere a' aus dem Bauchstiele hervorkömmt, das schwächere a " von der Seiteuwand des Bauchstiels seinen Ursprung nimmt. Ich. Geschlechtsöifnungen. hh'.
Fig. 9.
Muskelsystem des Hinterleibes, von der Seite gesehen. aa. Hanptbauchstrang. «'. Das untere Bündel des Bauchstranges. W. Die beiden in kleine Partieen zerfallenen Muskelbiindel, durch welche jeder Bauchstrang an die untere Wandung des Hinterleibes befestigt wird. b. Vorderer Rückenmuskel. b'. Mittlerer Rückcnmu&kel. b". Hinterer Rückenmuskel. c. Vorderer Lungenmuskel, d. Hinterer Lungenmuskel. e. Verbindungsstrang der Hanptbauchmuskeln.
Beitrag zur Naturgeschichte und Anatomie der Russ. Tarantel.
355
f. k. p.
Fig. Fig.
Fig.
Fig.
Fig.
Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig.
Vorderer Spinndrüsenmuskel. g. Hinterer Spinndrüsenmuskel. Geschlechtsöffnungsmuskel. Hornige Platte des Banchstiels. o. After, s. Obere S p i n n warze. s'. Untere Spinnwarze. 10. Hornige Platte des Banchstiels. 11. Die Mundhöhle, geöffnet durch die Zurtickbiegung der G a u m e n platte. it. Die Gaumenplatte. h. Die Zungenplatte mit der Schlundöflnung o. c. Die Unterlippe. 12. Die Gaumenplatte, hei starker Vergröfserung. f. Die mittlere Leiste der Gaumenplatte. /f. Deren hintere Fortsätze, an welche sich die Speiseröhre anlegt. 13. Die Speiseröhre nebst dem Saugmagen. an. Die Speiseröhre, b. Deren vordere, h ä u t i g e , trichterförmige Erweiterung, c. der Saugmagen. 14. Kin Stück der Speiseröhre, stärker yergröfsert, von der Seite gesehen. n. Horniger Theil der Speiseröhre. 6. Häutiger Theil derselben. 15. Ein Stück der Speiseröhre, von oben gesehen. 16. Durchschnitt der Speiseröhre. 17. Der Saugmagen, nebst dem hinteren E n d e der Speiseröhre, von oben gesehen. 18. Durchschnitt des Saugmagens. 19. Durchschnitt des Saugmagens, nebst dessen Muskeln. h. Hebemuskel des Saugmagens. />'. Die beiden Muskeln des Brustknorpels, welche sich an den centralen Fortsatz der Brustdecke ansetzen.
F i g . 21.
Die Blindmagen, von oben gesehen. a. Der linke Blindmagen. «'. Der rechte Blindmagen. 6. Der vordere grofse Sack des rechten Blindmagens. g. Der hintere Sack des linken Blindmagens. cc, c'c', c " c " , e " V " . Die seitlichen Ausläufer der Blindmagen, dd, d'd', d"d", d"'d"'.
356
Physikalisch* mathematische Wissenschaften. D i e schlauchartigen E r w e i t e r u n g e n Saugmagen,
F i g . 22.
der Ausläufer,
« . Das Brustdarmohr.
te.
Der
b. D e r
vor-
o. D i e A o r t a .
D e r Blindmagen, von der S e i t e gesehen. it.
D e r linke Blindmagen,
y. Dessen hinterer S a c k .
d e r e Sack des rechten Blindmagens.
Ausläufer d. linkeu Blindmagens u. dd'd"d"' artige
Rnden.
« . Das Brustdarmrohr.
D i e beiden S t r ä n g e
des
D i e seitlichen
cc'cc"cc"'.
Hebemuskels
deren schlauch-
o. D i e
Aorta,
hh'.
des Sauginagens,
m.
D e r linke Muskel des Brustknorpels, welcher sich an den centralen F o r t s a t z der Brustdecke ansetzt. F i g . 23.
Das schlauchförmig e r w e i t e r t e E n d e eines Ausläufers des Blind-
F i g . 24.
D i e Giftdrüsen, in natürlicher L a g e .
magens.
aa.
Die Giftdrüsen,
deren
es sich
vorderen
legt.
an den
I. Die
hinteres Ende eingestülpt i s t , Sack
c
des
rechten
indem
Blindmagens
Augennerrentnuskeln.
F i g . 25.
E i n e Giftdrüse, bei g e r i n g e r
F i g . 26.
Das hintere E n d e einer Giftdrüse, bei sehr starker V e r g r ö f s e r u n g .
Vergröfserung.
F i g . 27.
Das Klauenglied einer K i n n b a c k e ,
an dem
die Mündung o
entsprechenden Giftdrüse sichtbar ist.
G e d r u c k t bei G . R e i m e r .
der
il. Jdenc's ï û . Kirnst Jnst. Berlin..
Archiv für
wissenschaftliche Kunde von
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Herausgegeben von A>
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11.
B a n d . l i e f t .
B e r l i n , Verlag von G. Reiiner.
1 8 50.
Ein nachgelassenes Werk von Lomonojow *). R u s s l a n d ist mit Recht slolz auf L o m o n o s o w , den Fischersohn von Cholmogory, der sich allein durch die Kraft seines Genies emporschwang und sowohl in der Literatur als den Wissenschaften für seine Zeit Grofses leistete. Man kann j e doch behaupten dafs dieser aufserordenlliche Mann noch i m mer nicht nach seinem vollen W e r t h e geschätzt w i r d , indem man bald den Dichter, bald den Gelehrten in ihm gesehen hat, nicht aber den allumfassenden, unermüdlich thätigen Geist, der sich mit gleichem Eifer und gleicher Leichtigkeit den verschiedenartigsten Gegenständen z u w a n d t e , sich mit philologischen und physikalischen Untersuchungen, Künsten und W i s senschaften, Staatseinrichlungen und Handelsprojecten beschäftigte und daher w e d e r ausschliefslich D i c h t e r , noch ausschliefslich Gelehrter sein konnte. J a , der ganze Umfang seiner Thätigkeit ist noch heute nicht völlig bekannt, da viele von seinen Schriften in den Archiven schlummern oder sich in Privalhänden befinden. Namentlich ist die Familie R a jewskji im Besitz von vielen solchen Manuscripten. Die einzige Tochter Lomonosow's w a r mit Konstantinow, dem Bibliothekar der Akademie der Wissenschaften, verheirathet und die einzige T o c h t e r Konstantinow's mit dem General Rajewskji, einem der Helden des J a h r s 1812. Dieser, dem das Andenken des Grofsvalers seiner Gemahlin t h e u e r , sammelte emsig Alles w a s sich auf ihn bezog und hinterliefs es seiner Tochter, *) Nach einer Recension in den Otetschestwennya Sapiski. Ermans Russ. Archiv. Bd. IX. H. 3. 24
358
Allgemein Literarisches.
der Generalin Orlow. Ein Theil dieser Handschriften w u r d e von Herrn Weltmann herausgegeben; was aus den übrigen geworden ist, können wir nicht sagen. Unterdessen verwischt die Zeit ein Denkmal Lomonosow's nach dem anderen, und was noch vor zehn Jahren hatte gerettet werden können, ist jetzt vielleicht unwiederbringlich verloren. U m so gröfsere Anerkennung verdient das Marine-Ministerium für die Herausgabe eines W e r k e s von L o m o n o s o w , das bisher ganz unbekannt geblieben war *). Wir begreifen nur nicht, w a r u m ihm nicht ein im fünften Bande der M e m o i r e n d e s h y d r o g r a p h i s c h e n D e p a r t e m e n t s (Sapiski h y drographitscheskago Departamenta) befindlicher Artikel vorgedruckt w u r d e , der die ganze Geschichte jener Schrift enthält und ohne den sie in manchen Punkten unverständlich sein würde. Ihre Entstehung verdankte sie einer Idee L o m o n o sow's, dafs es möglich sei in der Breite von Spitzbergen eine Durchfahrt durch das Eismeer nach der Beringsstrafse und der Küste von Kamtschatka zu finden. Da er nie einen Gedanken h e g t e , ohne dafs er ihn zu verwirklichen suchte, so arbeitete er den Entwurf zu einer Expedition aus, um besagte Durchfahrt zu entdecken und vermittelst derselben eine näh e r e Verbindung mit Ostindien herzustellen. Diesen Entwurf legte er am 20. September 1763 Seiner Hoheit dem GeneralAdmiral P a u l Peti owitsch vor, der ihn der russischen FlottenCoinmission zur Beurtheilung übergab, und dies ist die Schrift welche jetzt veröffentlicht wird, nachdem man sie in dem Haupt-Marine-Archiv unter den Papieren des ehemaligen P r ä sidenten der Admiralität Grafen Iwan Tschernyschew aufgefunden. Lomonosow behauptet, dafs im 80. Breitengrade das P o larmeer in den Sommermonaten eisfrei sein müsse, und zwar aus folgenden G r ü n d e n : ]) Die häufig an den Ufern des Eismeeres und bei Spitzbergen bemerkten Nordlichter beweisen, *) Sotscliincnie Lomonosowa, isdano ot Hydrographitscheskago Depc. Morskago Minis terstwa. St. Petersb., 1847.
Ein nachgelassenes Werk von Lomonosow.
359
nach seiner (Lomonosow's) Theorie der Electricität (!), das V o r handensein eines offenen Meers (?) 2) d. Gewässer des Oceans haben im Allgemeinen eine Strömung von Osten nach W e s t e n , nehmen aber an der Westküste Spitzbergen^ eine Richtung nach N o r d e n : „folglich befindet sich jenseits ein grofses Meer in den Polar-Regionen;" 3) nach Analogie der L a g e der verschiedenen Continente unserer Erdkugel kann man schliefsen dafs am Nordpol Land ist und dafs dieses L a n d , im G e g e n satz zu der niedrigen abschüssigen Küste Sibiriens, hoch und gebirgig sein m u s s ; 4) dergleichen Länder haben keine grofse F l ü s s e , und es dürfte sich hieraus folgern lassen, dafs sich dort nicht so viel Eis ansetzt als an den sibirischen U f e r n ; 5) das Eis des Polarmeeres nimmt nach ungefährer B e r e c h nung den zwölften Theil dieses ganzen Meeres ein oder, wenn man ein Festland am Nordpol annimmt, den zehnten Theil desselben, „so dafs hinreichender R a u m zur Schiüfahrt n o r d wärts bis nach J a p a n und Ostindien bleibt;" 6) dieses Eis treibt, nach den im Weifsen Meere herrschenden Winden, im F r ü h j a h r gen Norden und im S o m m e r gen S ü d e n , und wird zugleich durch die östliche S t r ö m u n g nach Westert gedrängt, „folglich muss um die Mitte und gegen Ende des Junimonat» der nördliche Ocean zwischen N o w a j a Semlja und Spitzbergen offen und eisfrei sein, und dieses offene Meer muss sich weit hin nach Osten erstrecken, zum wenigsten 1000 Werst, n ä m lich im 80. Grade der Breite, e t w a 600 W e r s t von der sibirischen Küste." Die russische F l o t t e n - C o m m i s s i o n sammelte alle ihr zu Gebote stehende, auf den ihr vorgelegten E n t w u r f bezügliche Nachrichten, in Folge deren L o m o n o s o w denselben etwas m o dificirte, w a s den Inhalt der beiden angehängten Zusätze (pribawlenija) bildet. Unterdessen trieb er die Mitglieder der Commission, die, wie es scheint, seine Ansichten theilten, zum Handeln an, und der Entwurf erhielt die allerhöchste Bestätigung. Es w u r d e Befehl erlassen: eine Expedition auszurüsten, um durch den nördlichen Ocean nach Kamtschatka vorzudringen, dieselbe aber höchst geheim zu halten, fürs erste sogar
24*
360
Allgemein Literarisches.
vor dem Senat, und sie offiziell eine Expedition zur E r n e u e r u n g des Wallfischfanges und anderer Fischerei zu nennen. Z u m Chef des Unternehmens w a r d der Capitain-Commandeur W a silji Jakowlewitsch T s c h i t s c h a g o w auserkoren, der sich später als Admiral im schwedischen Kriege (1788 bis 1790) hervorthat. E r ging am 9. (20.) Mai 1765 mit drei Schiffen ins Meer, aber seine erste Reise w a r erfolglos. Die Admiralität gab ihm ihre Unzufriedenheit zu erkennen und sandte ihn im folgenden J a h r e mit neuen Mitteln versehen aus; doch auch diesmal kehrte er u n v e r r i c h t e t e r s a c h e zurück, w a s übrigens sehr natürlich w a r , indem die D u r c h f a h r t , von der L o monosow t r ä u m t e , noch heule trotz öfterer Versuche nicht entdeckt ist. D e r Urheber des Planes w a r inzwischen noch vor der ersten Reise Tschitschagow's gestorben, und die ganze Sache blieb ein Geheimnifs, augenscheinlich darum, weil man sich derselben als einer misslungenen Unternehmung schämte*). Keiner von LomonoÄOw's Biographen hat das Mindeste von diesem Projecte gewufst, welches jetzt zum erstenmal im D r u c k erscheint und die umfassende Kenntnisse und mannigfaltige Thätigkeit dieses aufserordentlichen Mannes beweist. *) In den von Pallas herausgegebenen „neuen nordischen Beiträgen" findet man einen Berieht über die beiden Expeditionen Tschitschagow's. D. Cebers.
Von einigen neuen Arbeiten der Moskauer Naturforschenden Gesellschaft * ) . Geologie und Palaeographisches. Erdbeben
am
Altai.
H err B o j a r s c h i n o w beschreibt zwei Erdstöfse welche im October 1846 im südlichen Theile des Altaischen Hiittenbezjrkes stattfanden. Sie w a r e n am fühlbarsten in Syrjanowsk, w o sich Herr 13. damals befand, und in allen am linken Ufer d e r Buchtarpia gelegenen Ortschaften. D e r e r s t e , der sich Ootbr 2 f ) um 2 U 20' NachmiHags ereignete, dauerte in /Syrjanowsk etwa 1 Minute lang und äusserte sich in dem Orte durch Klirren der Fensterscheiben und andren Gerälhes in den H ä u s e r n , durch das Umstürzen von' aufgestapeltem Holz und dergleichen, so wie auch durch ein, von dem genannten G e klirr verschiedenes, anfangs zunehmendes und dann wieder abnehmendes Getöse, welches auch von P e r s o n e n die sich zu P f e r d e auf freiem Felde befanden, gehört wurde. — In der Syrjanowsker Grube haben Arbeiter die sich in verschiedenen (aber nicht näher angegebenen) Tiefen befanden, dasselbe Getöse „ziemlich stark, jedoch dumpf" v e r n o m m e n und die dar*) N a c h dem Bulletin de la S o c . Imp. des Naturalistes de Moscou, ann. 1847 a 1850. **) Bulletin 1847. Nr. I. p. 229. •f) E s
ist hier wahrscheinlich
Octbr. 1 4 z u lesen,
nach a l t e m
Styl
gerechnet und daher E.
362
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
auf folgende Erschütterung stark gefühlt. Beschädigungen sind weder unter noch über der Erde vorgekommen. In dem an der Chinesischen Gränze westlich vom Telezker See g e legenen Landstrich und namentlich in dem Dorfe Sennoi ist an demselben T a g e ein Erdstofs, „ z u Anfang der vierten S t u n d e , " also mit Rücksicht auf den Längenunterschied der beiden Orte, wohl kaum später als in Syrjanowsk beobachtet worden. Die höchst wahrscheinliche Gleichzeitigkeit beider Ereignisse kann indessen aus diesen Angaben nicht vollständig nachgewiesen w e r d e n , denn beide sind wohl um so weniger auf genauen Zeitbestimmungen b e g r ü n d e t , als bei keiner derselben gesagt wird, ob sie M i t t l e r e oder etwa w a h r e S o n n e n z e i t ausdrücke.' Ein zweiter Erdstofs ereignete sich zu Äyrjanowsk in demselben J a h r e Octbr. 9 (21?) um 4 Uhr Morgens. E r w a r von noch kürzerer Dauer aber ebenfalls in den Gruben fühlbar. — D a g e g e n sollen zwei spätere Erscheinungen dieser Art, die sich respektive zu S m e j e w Novbr. 10 (22?) und zu Barnaul Novbr. 13 (25?) 5» 5' N. M . ereigneten, bei Syrjanowsk nicht fühlbar gewesen sein. Herr ß . erinnert bei dieser Gelegenheit an ähnliche Ereignisse die am Altai vorkamen. 1761 Novbr. 28, 8U 14' N. M. bei der jetzigen K o lywaner Schleiffabrik. 1771 F e b r u a r 1 8 , 8" V. M. vorzüglich auf den sogenannten K o l y w a n e r und Kusnezker MilitairHnien, so wie auch 1822 und 1829 an nicht näher angegebenen T a g e n . Im letzteren J a h r e haben die von Dr. G e b l e r beschriebenen Erdstöfse in «Susun zwei W o c h e n gedauert und in Barnaul bedeutende Zerstörungen angerichtet. Es versteht sich aber wohl nngesagt und obgleich Herr B. hiervon nichts erwähnt, dafs die bedeutenden Lücken in seinem Verzeichniss von Erdbeben am Altai, z. B. die 50jährige nach dem J a h r e 1771, nur von dem Mangel an Berichterstattern herrühren. Diese Ereignisse scheinen vielmehr in jener Gegend keinesw e g s selten, wenn auch nicht so häufig wie in der Umgegend des Baikal 2 ), *) Vergl. über diese Erman Reise um die Erde, Abtlil. I. Bd. 2. S. 179.
Von einigen nenen A r b e i t e n der Moskauer Natarf. Gesellscsaft.
E i n E x p l o s i o n s k r a t e r auf der I n s e l
363
Oesel*).
In einer Geschichte von Oesel, die der als Botaniker bekannte Dr. L u c e herausgegeben hat (unter dein Titel: Beitrag zur ältesten Geschichte der Insel Oesel. P e r n a u 1827), befindet sich auf p . 2 0 folgende wichtige B e s c h r e i b u n g : dafs die Insel durch eine Feuer-Eruption auf dem Boden des Meeres emporgehoben sein soll, ist mir unwahrscheinlich, obgleich der Krater dicht an dem W o h n h a u s e des Gutes Sali beweist, dafs eine Feuer-Explosion auch hier nicht unmöglich ist. D e r Krater besteht aus einem, mehrere Faden hohen runden Hügel den ein stehender See umfliefst **). Er ist auf der Südseite a u s w ä r t s , inwendig aber ringsum, mit L a u b w a l d bewachsen und inwendig viel steiler als auswendig. Alle Flötzmassen die inwendig hervorklaffen (?), befinden sich in einer schrägen aufrechten Stellung, ein Beweiss dafs sie von unten nach oben und von innen nach aussen in diese Stellung g e drängt worden sind. In der übrigens ganz flachen Gegend umher, finden sich auf der Oberfläche grofse Massen Flötz, ganz mit denen die sich im Krater zeigen, gleich, welche offenbar aus diesem Krater ausgeworfen sind. D e r K r a t e r enthält klares Wasser und zwar so tief, dafs ich vor 5 0 J a h r e n eine 3 Faden lange Stange auf die Spitze stellte und mit allen meinen Kräften hinunterstiefs, nach mehreren Sekunden sie herausschiefsend wieder ergriff, die Spitze besah und nicht fand dafs sie den S c h l a m m des Bodens berührt hatte. Seit diesen 50 J a h r e n (bis 1827) hat sich aber der Boden so sehr gehoben, dafs der See fast alle S o m m e r austrocknet. Es w a r diefs also eine einmalige Explosion von unterirdischem F e u e r ohne weitere Folgen. E t w a s ganz Aehnliches sah ich 1775 oder 1781 im Hannoverschen am Fufse des K ü l f b e r g e s , wo sich durch eine Explosion von unterirdischem F e u e r ein *) Bullet. 1849. Nr. III. p. 2 0 4 — 2 3 1 . **) Soll wolil heissen: . 4 9 4 . * * ) KbenilaseÜist S . ,r»02.
'20 W e r s t
von O r e l ,
Cuv. bei
Voll einigen neuen Ai heilen ilei Moskauer
welchem
jährlich
Mammut-
durch
die
Naturf. Gesellschaft.
Friihjahrsw;isser
und Hhinocerosknochen ausgespült
377
viele werden
sollen. 2 ) Einen Stoiszahn von E l e p h a s mamonteus, Cuv., aus den angeschwemmten
Ufern der T s c h o n a .
3 ) E i n e n Slofszahn desselben T h i e r e s , und 4 ) ein Hirsch - Geweih w e l c h e s zu C e r v u s Alces fossilis, H. v. Meyer, zu gehören scheint. Die
beiden
letzteren sind
(ein Zufluss des D o n ,
an
den Quellen
der
So«wa
der bei etwa 5 2 ° , 8 B r . , 3 4 ° , 1 O . v. P .
entspringt. E . ) gefunden
worden.
D i e s e Oerllichkeit die zu
dem Distrikte von Maloarchangelsk gehört, soll an getrennten aber
unversehrten
Knochen
ausserordentlich reich s e i n ,
der
eben
und H e r r
erwähnten
Vierfüiser
Borissjak
vennulhet
demnach dafs man, durch e t w a s angelegentliche g e n ^ auch v o l l s t ä n d i g e S k e l e t t s S i e l i e g t , wie unter anderen
auch
Nachgrabun-
in derselben finden würde. die geognostische
Karle
zu B a n d I. dieses Archives angiebt, n a h e an der G r ä n z e eines Kreidebezirkes mit einein tertiären.
Kouillier
und
Wosinskji's
schen Kenntniss Unter
dem T i t e l :
Beiträge
der Moskauer
zur
„ e t u d e s progressives
des environs de M o s c o u "
Geologi-
Gegend4). sur la
haben H e r r l i o u i l i i e r
Geologie und
Wo-
s i n s k j i bis j e t z t 9 P l a t t e n mit Abbildungen von etwa 116 Arten von V e r s t e i n e r u n g e n n e u , theils
bekannt g e m a c h t ,
die
bei Moskau oder in den angränzenden
theils
ganz
Provinzen
von Simbirsk, R j a s a n u. a. erst j e t z t gefunden w o r d e n , theils endlich von ihnen g e n a u e r g e s e h e n worden sind als es früheren B e s c h r e i b e r n mit den ihnen zu G e b o t e stehenden piaren gelungen war. nung dieser T a f e l n
Exem-
D i e H e r a u s g e b e r haben bei der Anord-
und des zugehörigen beschreibenden
und
kritischen T e x t e s , keine systematische Ordnung, sondern wohl •) Bullet. J84(j. No. Jl., 1 8 4 7 . No. II., 1 8 4 8 . No. I ,
1 8 4 9 . No. I. IbäO. I.
37S
Pliysikalisch-matliematische Wissenschaften.
nur diejenige befolgt, in der ihnen die abgehandelten G e g e n stände zugekommen sind. D i e Benutzung ihrer sehr dankenswerthen Arbeit wird aber durch diesen Umstand kaum erschwert, da in derselben bis jetzt, ausser zwei Pflanzenabdrücke einem Fischzahne und vier bis fünf Echinodermen aus den Gattungen Cidaris und Pentacrinites, nur Mollusken und unter diesen sehr vorzugsweise Cephalopoden und Brachiopoden beschrieben werden. — Wir beschränken uns hier auf eine Anführung der abgebildeten S p e c i e s , durch welche die früheren Verzeichnisse der Moskauer Fossilien in d. Aich. B d . V S . 4 5 2 u. 4 6 2 ergänzt werden. V e r z e i c h n i s s der von H e r r n R o u i l l i e r und sinskji abgebildeten Versteinerungen.
Wo-
T a f e l . I. Ammonites cordatus, S . Rjasan A. Lamberti, S . var. flexicoslatus, Phill. Rjasan A. alternans, Buch, var. ovalis, Q u e n s t . Moskau J u r a Abth. 3. A. alternans, Buch, var. c o m p r e s s u s , daselbst. A. Henleyi, S o w . (?) Simbirsk. A. sp. daselbst. A. Brodiei, S . (?) Rjasan. A. Williamsoni, Phill. daselbst. T a f e l II. A. Tscheflkini, d'Orb. A. Herveyi, S . A. Lamberti, S., var. pinguis, Q u e n s t . A. polymorphus, var. mixtus, Q u e n s t . A. macrocephalus, Schi, juvenis L a m n a PhilJipsii, Rouillier und Wosinskji, Z ä h n e Moskau J u r a . T h r a c i a laevigata, Phill. desgl. Ammonites biplex, S., var. laevis. desgl. Cyprina laevis, Rouill. und W o s . desgl.
Rjasan. daselbst. «Simbirsk. daselbst. daselbst. Abthl. Abthl. Abthl. Abthl.
3. 1. 2. 1.
Von einigen neuen Arbeiten der Moskauer Naturi. Gesellschaff.
P h o l a d o m y a canalicuta, Roein. Cardium concinuum, Buch Cardita sp. Astarte ovata, Pliill. Terebratula pentatoma, Fischer 1'. Fischeri, Rouill. (nicht d'Orh.) S a n g u i n o l a r i a elegans, Phill. T e r e b r a t u l a bidens, Phill. T . Fischeri, varielas.
379
? Moskau J u r a . desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl.
Al.thl. Alitili. Abthl. Ablhl. Ahlhl. Abthl. Ablhl. Ablhl.
1. 1. 2. 1. 2. 3. 2. 2.
T a f e l III. T u r r i l e l l a J a s i k o w i a n a , Rouill. Cerilhium a s p e r u m , Rouill.
«Simbirsk.
T u r r i l e l l a Kircevviana, Rouill. T . F a h r e n k o h l i i , Rouill. B u c c i n u m K e y s e r l i n g » , Rouill. B. laeve, Rouill. Rostellaria trifida, Phill. Apiocrinites r o l u n d a t u s , P a r k . P e n t a c r i n i t e s basaltiformis, Mill. P e c t e n lens, S . P . Decheni, Roemer T u r b o E i c h w a l d i a n u s , Rouill. T . bipartitus, Rouill. A c t e o n e l o n g a t a , Rouill. A. cincta, Rouill. A. laevigata, Rouill. Cidarites s p a t h u l a l u s , A n e r b . Spalangites carinatus, Leske C i d a r i t e s Agassizii, R o e m e r C. i l o r i g e m m a , Phill. T u r b o Jasikovianus, d'Orb. T . P u s c h i a n u s , d'Orb. M a c q u a r l i a dubia, Rouill. u n d W o s . Anomia jurensis, R o e m e r . Avicula sp.
«Simbirsk. Moskau J u r a . desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl.
Ablhl. Abthl. Abthl. Ablhl.
3. 3. 3. 3.
Abthl. Abthl. Ablhl. Abthl. Abthl. Ablhl. Ablhl. Abthl. Abthl. Abthl. Abthl. Abthl. Ablhl. Ablhl. Abthl. Abthl. Abthl. Abthl.
3. 3. 3. 3. 3. 1. 1. 1. 3. 1. 3. 2. 2. 2. 2. 2. 2. 3.
380
Physikalisch- mathematische Wissenschaften.
Avicula sígnala, Rouill. und Wos. Peten spathulalus, Roem.
Moskau Jura. Ablhl. 3. Ablhf. 3. desgl.
Tafel IV. Buchia (Aucella, Keyserl.) mosquensis, Fischeri (spec.) B. Pallasii, Keyserl. (spec.) B. Bronnii, Rouill. und Wos. Avicula ovalis, Phill. (?) Lima Phillipsii, d'Orb. L. rigida, S. Lima, Spec. Cucullaea sígnala, Rouill. C. rudis, Rouill. C. cancellata, varíelas, Sow. C. elongata, Sow. Nucula Iacryma, Sow. Cucullaea gracilis, Rouill. Astarte cordiformis, Desh. Cucullaea oblonga, Mill. (?)
desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl.
Abthl. Ablhl. Abthl. Abthl. Ablhl. Ablhl. Ablhl. Abthl. Abthl. Abthl. Ablhl. Ablhl. Ablhl. Ablhl. Abthl.
I. 2. 3. 3. 2. 2. 2. 2. 2. 3. 3. 3. 3. 3.
desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl. desgl.
Abthl. Ablhl. Ablhl. Ablhl. Abthl. Abthl. Abthl. Abthl. Abthl. Abthl.
3. 3. 3. 2. 3. 2. 2. 2. 2. 2.
1.
Tafel Y. Astarte cordiformis, Desh. A. minima, Phill. Lucina lineata, S. Puschia (Astarte) planala, Sow. (sp.) Lucina Frearsiana, Rouill. L. lineata, Phill., var. pinguis Astarte Panderi, Rouill. und Wos. Cyprina Cancriniana, d'Orb. Ostrea duriuscula, Phill. Oslrea Charaschowiensis, Rouill u. Wos. Tafel VI. Lamna Phillipsii, Rouill. «nd
Wos., Zähne desgl.
Ablhl. 2.
Von einigen neuen Arbeiten der Moskaner Natnrf. Gesellschaft.
381
Terebratula (Rhynchonella) triplicata, Phill. (6 Varietäten) Moskau Jura. Abllil. 3. Terebratula furcillata, Theodori desgl. Abtlil. 3 . T . scabra, Fisch. T . luna, Fisch. T . bullala, S o w .
desgl.
Ablhl. 2.
T . perovalis, Sow. desgl. T . (Rhynchonella) Fischeri, Rouill. (nicht
Abthl. 2,
d'Orb.) T . pentatomn, Fisch.
desgl. desgl.
Ablhl. 3. Ablhl. 1.
Turbo Meyendorfii, d'Orb, var. secundaria, Rouill. und Wos. desgl. T . Puschianus, d'Orb, variel. secundaria,
Abthl. 2.
Tafel VII.
Rouill. und W o s .
desgl.
Abthl. 2.
T . Panderianus, Rouill. und W o s . desgl. Pleurotomaria Orbigniana, Rouill. u. Wos. desgl. Trochus moniliteclus, Phill. desgl. Buccinum Keyserlingianum, Rouill. desgl. Murex Puschianus, Rouill. und W o s . desgl. Panopaea Orbigniana, Rouill. und W o s . (Pholadomya dilatata, Keyserl. (?) desgl.
Abthl. Ablhl. Abthl. Abthl. Abthl.
Opis lunulata, S . (sp.) desgl. Astarte ovata, Phill. desgl. A. ovoides, Buch (sp.) desgl. A. Panderi, Rouill. desgl. A. retrotracta, Rouill. und Wos. (A. oblusa, Keyserl.) (?) desgl.
Abthl. Abthl. Abthl. Abthl.
2. 2. 3. 3. 3.
Ablhl. 3. 2. 2. 2. 2.
Ablhl. 3.
Tafel VIII. Puschia planala, S . (sp.)
desgl.
desgl. Lucina lyrata, Phill. Cyprina Choroschowiensis, Rouill u. Wos. desgl. desgl. C. Cancriniana, d'Orb Cucullaea elegans, Fisch, (sp.) desgl.
Ablhl. Ablhl. Abthl. Abthl. Ablhl.
3. 3. 2. 2. 2.
382
Physikalisch -mathematische Wissenschaften.
Moskau Jura. C. concinna, Buch (nicht Phill.) desgl. C. producta, Rouill. und Wos. desgl. C. compressiuscula, Rouill. und W o s . desgl. C. Schuvowskiji, Rouill. und Wos. Pinna Hartmanni, Ziet. desgl. Pecten spathulatus, Roem. desgl. Oslrea Charoschowiensis, Rouill. desgl. 0 . producta, Rouill. und Wos. desgl. 0 . duriuscula, Phill. desgl.
Abthl. Abthl. Abthl. Abthl. Abthl. Abthl. Abthl. Abthl. Abthl.
2 2 2 2 2 3 2 3 2
Tafel IX. Gryphaea signala, Rouill. Cidarites elegans, Rouill. C. subelegans, Rouill. C. spiniger, Rouill. Von Terebratula Fischeri, die jetzt wieder als Rhynchonella Fischeri, Rouillier aufgeführt wird, 9 Zeichnungen, die Altersverschiedenheiten und sonstige Modificationen der Species darstellen. Pecopteris Auerbachiana, Rouill. Cyradites Brongniarti, Roem. Von wichtigeren geognoslischen Beiträgen sind endlich noch die Untersuchungen einiger in Russland vorkommenden Mineralien von Herrn B. H e r r m a n n in Moskau zu erwähn e n " ) und z w a r : 1.
U e b e r den S t i l b i t im I l m e n g e b i r g e .
Nachdem bisher von Uralischen Fossilien aus dem Z e o lith-Geschlechte nur Analcim oder W ü r f e l - Z e o l i t h vom Blagodat bei Kuschwa, bekannt w a r , hat man neuerdings auch Stilblit, in der nahe beiMiask, in denIlmenschen Bergen gelegenen sogenannten Phenakitgrube bemerkt. E r bildet daselbst, *) Bullet. 1849. No. I. S. 318.
Von einigen n e u e n A r b e i t e n
der Moskauer Natnrf. Gesellschaft. 3 8 3
in Begleitung von Phenakit und Topas, kleine G a n g t r ü m m e r im Schriftgranit. — Herr H e r r a i a n n hat ihn nur in biischel- und garbenförmigen Massen erhalten, die theils farblos, Iheils bläulich und von geringerem Glänze sind als das gleichnamige Fossil von anderen Fundorten. Seine Harle beträgt 3,5 bis 4,0. Sein spez. Gewicht 2,19. Er ist gepulvert aber ungeglüht vollständig in Salzsäure löslich und besieht aus: 0,5631 Kieselerde 0,1625 T h o n e r d e 0,0766 Kalk 0 0100 S Eisenoxydul und ' l Manganoxydul 0,0103 Natron 0,1775 Wasser eine Zusammensetzung welche der anderweitig nen Formel des S t i l b i t e s :
angenomme-
RSi 3 + ÄISi 3 + 6 H sehr genau entspricht. 2.
Ueber das Vorkommen von Chrysolith lischen Talkschiefer.
im
Ura-
D a s in Rede stehende Fossil findet sich im Jekatrinburger Distrikte, bei dem südlich von Sisserlsk gelegnen Berge und S e e Itkul, und mithin nahe bei dem F u n d o r t e des Kämmererit und Rhodochrom. Es bildet eckige, bisweilen faustgrofse Stücke in einem Talk, der den dortigen Chloritschiefer durchsetzt. Die auf der Oberfläche stark gestreiften und z e r klüfteten Massen desselben springen beim Zerschlagen in B r u c h stücke deren Form auf verschied. Blätterdurchg. schliefsen lässt. Kleine Stücke sind glasglänzend, durchsichtig, olivengrün und von kleinmuschligem Bruch. Nachdem Herr B a r b o t t es aufgefunden h a t t e , w u r d e dieses Mineral von H e r r n R o m a n o w s k j i für e i g e n t ü m l i c h gehalten und G l i n k i t genannt (vergl. in dies. Aich. Bd. VIII. S. 139). H e r r B e c k erkannte aber bei näherer Untersuchung, dafs es die Zusammensetzung
384
Physikalisch-mathematische
Wissenschaften.
tles Chrysolith besitze und eben damit stimmt auch l l e r n i H e r r i n a n n s Analyse, welche in der Gewichtseinheit desselben nachweist: 0,4004 Kieselerde 0,1758 Eisenoxydul 0,0010 Nickeloxydul 0,4260 Talkerde. Die Uebereinstimmung dieses Resultates mit der für den C h r y s o l i t h allgemein angenommenen F o r m e l :
lasst keinen Zweifel, dafs hier in der T h a t , wenn auch zum erslenmale, in melamorphischen Gesteinen, ein Fossil gefunden ist, welches bisher als charakteristisch für vulkanische Produkte gegolten hat. U e b e r den s o g e n a n n t e n
Ratowkit.
D e r R a t o w k i t findet sich eingelagert in dem Dolomit, der bei dem Flüsschen R a t o w k a in dem zum Moskauer Gouvernement gehörigen Distrikt von W e r e j a ansteht. E r ist von schmutzig violblauer F a r b e , braust stark mit verdünnter Salzsäure, durch welche der in ihm enthaltene kohlensaure Kalk zersetzt und gelöst wird. D a s Ungelöste sondert sich durch Schlämmen in Leiten und in ein sandiges violblaues Pulver. Das letztere entwickelt, wenn man es mit concentrirter Schwefelsäure behandelt, viele Flusssäure und lässt als Rückstand schwefelsauren Kalk der keine S p u r von Posphorsäure enthält. — D e r R a t o w k i t ist demnach ein Gemenge aus pulverförmigem blauen Flussspath und Mergel. Den von J o h n untersuchten Proben dieses Minerals w a r eine beträchtliche Menge blauer Eisenerde beigemengt und die Beschaffenheit desselben ist demnach gewiss nicht conslant.
Von einigen neuen Arbeiten der M o s k a u e r N a t u r i . G e s e l l s c h a f t .
385
Zoologie. Einige Beiträge
z u r i M a n i m a l o g i e und O r n i t h o l o g i e
des R u s s i s c h e n
R e i c h e s v o n D r . E . E v e r s m a n n *).
D e r Verf. hat bereits ähnliche Beiträge in folgenden Abhandlungen geliefert: Addenda ad cel. Pallasii Zoograph. R o s s o - A s i a t i c , Gel. Schriften der Kasan. Univcrs.
Fascic. I.
in
1835.
F a s c i c . II. 1841. Fascic. Iii. 1 8 4 3 . Zoologische Erinnerungen aus den südwestlichen V o r gebirgen des Ural.
Im Bulletin der Petersburger Aka-
demie der Wissensch. M i t t e i l u n g e n über einige neue und über weniger g e kannte Sdugethiere Russl. Bull. d. naturf. Gesellsch. zu Moskau 1840. Nr. I. B e i der gegenwärtigen Arbeit, von der hier nur ein summarischer Auszug gegeben Eversmann
theils
werden k a n n , beabsichtigte
Materialien
zu einer
dereinstigen
Herr voll-
ständigen Fauna zu liefern, theils künftige S a m m l e r auf T h i e ren aufmerksam zu m a c h e n , verdienen, w e l c h e Reisenden hin
die eine genaue
sich a b e r , vermöge
entziehen oder doch
gehören namentlich
nur
Untersuchung
ihrer L e b e n s a r t , dem
zufällig darbieten.
die kleineren unterirdischen
Da-
Säuge-
thiere, und die kleineren V ö g e l welche von den Eingebornen kaum beachtet oder doch n i c h t , wie die gröfseren, mit einem bestimmten derselben
¡Namen belegt werden. wird
dem
Reisenden
Die eigene
noch
besonders
Aufsuchung erschwert,
wenn sie, wie z. B. die S i l v i e n , einander so ähnlich
sehen,
dals man sie in der Hand haben rnuss um sie zu unterscheiden. *) B u l l e t . 1 8 4 8 . No. 1. |>. 1 8 6 .
Physikalisch-mathemathische
386
I. Die Von
der
S ä u g e t h i e r e. Gattung
Gattung D i p u s
Rosso-Asiatica,
Wissenschaften.
D i p u s.
hatte Pallas in
der Zoograph.
drei S p e c i e s aufgestellt (denn die vierte von
ihm unter demselben Gattungsnamen erwähnte, gehört zu M e riones).
D i e im J a h r e 1821 — 1 8 2 2 von E v e r s m a n n
in der
Kirgisensteppe g e s a m m e l t e n Materialien, w e l c h e er dem B e r liner Museum ü b e r g a b , haben fert.
darauf drei
In den letzten 2 5 J a h r e n
neue Arten g e l i e -
hat man zwar ebenfalls n e u e
Arten aufzustellen versucht, aber alles dazu benutzte hat sich, in Herrn B r a n d t ' s rietäten an
Monographie
der Gattung Dipus, als V a -
die früher bekannten S p e c i e s anschliefsen
D i e Z a h l der Arten schien hat nun Herr E v e r s m a n n
demnach
erschöpft
und
die Charaktere einer
n e u e n , an einem B a l g e e r k a n n t ,
lassen. dennoch
siebenten
den er aus dem
Altaischen
Hüttenbezirke und namentlich aus den Steppen an der oberen T s c h u j a , in der N ä h e der Chinesischen G r ä n z e , erhalten hat. E r benennt und bestimmt sie folgendermafsen: D i p u s s a 11 a t o r. D . pedibus posticis p e n t a d a c t y l i s ; dentibus primoribus bus p a g i n a a n t i c a l a e v i g a t a ;
a u r i c n l i s longitndine
superiori-
capitis;
vexil-
l.ie caudalis basi a l b a , a p i c e n i g r o , tibiis tarsisqne posticis n i g r i c a n t i b u s : p a g i n a antica alba.
V o n den zwei Arten D . j a c u l u s , Pall. und D . Acontion, Pall. die gleichfalls 5 Zehen an den Hinterfüfsen haben, unterscheidet
sich
die
Verlheilung
neue auf den
der Haarfarbe
ersten an
Blick
durch
umgekehrte
der S c h w a n z f a h n e
m e h r e r e Einzelheiten der Gestalt und F ä r b u n g ,
und durch
wegen
deren
w i r auf Herrn Eversmanns Z e i c h n u n g und B e s c h r e i b u n g
ver-
w e i s e n müssen. D i e bisher nur
aus der südlicheren Kirgisen S t e p p e von
Herrn Eversmann mitgebrachte S p e c i e s Dipus lagopus, Licht_ hat man j e t z t durch
Professor
rymschen
S t e p p e zwischen
erhalten.
Sie
Wagner
auch aus der N a -
dem Uralflusse
und der
Wolga
ist in dieser s o g a r keineswegs selten, zugleich
Von einigen neuen Arbeiten der Moskauer Naturi. Gesellschaft. 3 8 7
mil: D. jaculus, Pall., D. Acontion, Pall und D. telum, Licht., w a r aber den früheren wissenschaftlichen Reisenden entgangen. Die G a t t u n g
Mus.
Aus derselben Steppe und zwar aus dem südlich von den Äamarischen Schilfseen gelegenen Distrikt derselben, hat ebenfalls Herr W a g n e r eine kleine Maus g e b r a c h t , die Herr E versmann folgendermafsen als eine n e u e S p c c i e s charaklerisirt: M u s W a g n e ri. M. su[>ra caudaque g r i s e o - f u s c u s , sublus abrupte C a n d i d u s ; auriculis majusculis; yerruca hallucari lainnata; cauda quam corpus breviore.
D e m M. s y l v a t i c u s , L., kommt sie in der F ä r b u n g am n ä c h s t e n , ist aber etwa viermal kleiner als dieser, ja sogar kleiner als M. m i n u t u s , Pall. und also eins der kleinsten Säugethiere. D e r Nagel an der D a u m e n w a r z e ist bei dieser neuen Art ganz deutlich. Ihr S c h w a n z hat 19 bis 20 Wirbel und etwa 130 Schuppenringe. Die Nägel aller Z e h e n sind weiss. Die Gattung
Meriones*).
Die Thiere dieser Gattung haben in denjenigen unbewohnten sandigen, lehmigen oder mergligen Gegenden der südli*) Bekanntlich sind die nahe verwandten Gattungen Dipus, Gerbillus und Meriones
durch C u v i e r
von einander
folgendermafsen
geschieden
worden : Dipus,
2
G m e l . , Zahnformel: Schneidez. —-, Backzhn.
£ D i e Backzähne einfach
mit warziger
Krone.
4 4
r ——
ä
Sehr
, 18.
3
vorsprin-
g e n d e Backenknochen.
2 , Barkz. G e r b i l l u s , Desm., Zahnf.: Schneidez. — D i e Backzähne einfach, mit warziger Krone. g e n d e Backenknochen.
3- —3 1
6 .
Nicht vorsprin-
388
Physikalisch - mathematische Wissenschaften.
chen S l c p p e n , in denen die Reisenden bisher selten verweilt haben, und sie fehlen deshalb in den meisten Museen. P a l l a s hatte von ihnen die zwei Species Meriones tamaricinus und M. meridianus aufgestellt. Bei seiner Bucharischen Reise fand E v e r s m a n n eine dritte die Prof. L i c h t e n s i e in als M. o p i m u s beschrieben hat. Nach P a l l a s sollen die von ihm aufgestellten zwei Arten die Steppen am Kaspischen Meere, zwischen der unteren Wolga und dem Uralfluss, bewohnen. Aus diesen hat aber nun Herr E v e r s m a n n nie andere als M. m e r i d i a n u s und seinen M. o p i m u s erhalten — w ä h r e n d ihm M. t a m a r i c i n u s n u r aus den Songorischen Steppen mehrmals zukam. Er h ä l t , weil durch diesen Umstand eine Unsicherheit über die vorgenannten Species wahrscheinlich wird, folgende B e m e r kungen für erwünscht: M e r i o n e s o p i m u s unterscheidet sich durch zwei Rinnen (sulei) in den Vorderzähnen vor den beiden übrigen, mit n u r einer Rinne in diesen Zähnen versehenen, Arten. Herr E v e r s m a n n kennt ihn aus drei verschiedenen Gegenden: aus den Steppen am nördlichen Ufer des Aralsees, von den verwitterten Mergelhügeln des Ustjurt oder der hohen Steppe zwischen dem Kaspischen Meere und dem Aral, und aus der Gegend von Saratschik, von welcher P a l l a s M. tamaricinus angiebt. D e n in der letzteren Gegend lebenden M. opimus hat er eben deshalb auch (Bull. 1840. Nr. 1.) als M. tamaricinus aufgeführt, jedoch mit der Bemerkung dafs derselbe durch die zwei R i n n e n an seinen Voiderzähnen von der P a l l a s schen Beschreibung abweiche. F ü r M. opimus erkannte er ihn damals nicht, weil Herr Lichtenslein in seiner Charakterisirung dieser Species jene E i g e n t ü m l i c h k e i t der Zähne nicht Meriones,
Iiiig. und C u v i e r ,
4—4 Backzhn. - — - , i)—< j
Zahnformel: Schneidezähne
—, a
18.
D i e Backzähne zusammengesetzt, mit S - f ö r m i g e n Vorragungen.
K.
Von einigen
n e u e n A r b e i t e n der M o s k a u e r
Natur/. Gesellschaft.
389
genannt, er selbst aber n a c h Abgabe seiner S a m m l u n g an das B e r l i n e r M u s e u m , kein E x e m p l a r des fraglichen halten
halte.
So
gleichungen im
hat er sich denn
Berliner Museum,
Thieres
erst durch spätere
beVer-
von der Identität des
M.
opimus der ß u c h a r i s c h e n R e i s e , mit dem aus der G e g e n d von S a r a l s c h i k überzeugt. M. t a m a r i c i n u s und M. m e r i d i a n u s zeigen sich, w e n n man sie selbst sieht, weit verschiedener, als es ihre kaum v o n einander abweichenden B e s c h r e i b u n g e n vermuthcn lassen, bei denen s o g a r der geringelte S c h w a n z des ersteren nicht stichhaltig ist.
M. tamaricinus hat, bei sehr constanten D i m e n s i o -
nen, ein drei bis viermal gröfseres V o l u m e n als M. meridianus. Seine Färbung
w a r , bei g e g e n 2 0 verglichenen
Exemplaren,
s e h r beständig, und z w a r auf dem B a u c h weiss, auf dem R ü k ken
schmutzig
rolhbraun
H o f u m die Augen.
und sie
Die
bildete einen
Bauchhaare
blaugraue B a s i s —
von den R ü c k e n h a a r e n
Unterende
drei V i e r t e l
Farbe
bis
auf
wird a b e r durch
vollständig
verdeckt.
der
Länge
die r o t h b r a u n e
Die
weisslichen
sind rein w e i s s , ist dagegen blaugrau;
des
Hinterfúfse sind
übrigen an
Sohlen
hat.
das diese
Viertel
den
Sohlen
braun, auf der Oberseite w e i s s , w ä h r e n d M. meridianos behaarte
ohne
weiss
M. tamaricinus ist zwar g r ö f s e r , a b e r
k e i n e s w e g s , w i e man gesagt h a t , p l u m p e r
als M. meridia-
nus, auch fehlte ferner bei allen untersuchten E x e m p l a r e n der ersten S p e c i e s der ihr zugeschriebene g e r i n g e l t e ganz spurlos.
Herr Eversmann
c h e r nur durch E i n t r o c k n u n g nen
man
die
Schwanz
meint dafs vielleicht ein sol-
an B ä l g e n h e r v o r t r e t e , bei d e -
Wirbelknochen
in
den
Schwänzen
gelassen
habe und es ist D i e s e s um so möglicher, da alle vorhandene B e s c h r e i b u n g sich auf das einzige E x e m p l a r
welches
Pallas
erhallen halte, beziehen. D i e H a a r e der O b e r s e i t e des S c h w a n zes sind mit B r a u n untermengt. braun.
D i e S c h w a h z s p i t z e ist ganz
—
Aus der K a s p i s c h c n S t e p p e , zwischen der unleren W o l g a und dem Urnlfluss, hat nun H e r r E v e r s m a n n
ein Individuum
derselben G a l l u n g erhalten, w e l c h e s zwar dem M. meridianus E r m a n s R u s s . Archiv. Bd. IX. II. 3 .
2Í)
390
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
sehr ähnlich, vielleicht aber doch spezifisch verschieden von ihm sein dürfte. E r beschreibt es vorläufig unter einem eigenen N a m e n , um spätere Beobachter darauf aufmerksam zu machen, wie folgt: Meriones fulvus. M. notaeo caudaque tota fulvis concoloribus, gastraeo
pedibus-
que candidis; aurictilis dimidio capite brevioribus.
E r ist noch etwas kleiner wie M. meridianus und verhält sich übrigens zu ihm wie die folgende Zusammenstellung zeigt: M. fulvus. M. meridianus. Rückenseite durchweg lebhaft rostgelb.
Rückenseite h e l l g e l b ,
mit
Beimen-
g u n g -viele* braunen und braunschwarzen Haarspitzen.
Die Haare sind an der Basis b l a u grau. die Haare ihrer
ganzen L ä n g e nach weiss. der
sind an der Basis Maus-
grau.
Bauchseite w e i s s ; Schwanz
D i e Haare
durchweg,
Spitze,
mit Kinscliluss
Bauchseite w e i s s ; die H a a r e an der Basis blaugrau. S c h w a n z Mass rofhlichgelb mit y i e -
Ton lebhaftem roth-
len
schwarzbraunen Haaren
gelb, nech etwas lebhafter als der
der
Rückenseite
Rücken. Krallen an allen Zehen weiss.
und
mit
auf ganz
brauner Spitze. Krallen an allen Zehen
hornbrann.
Auch hat M. fulvus, so weit das trockne Exemplar zu sehen zuliefe, weit dünnere und schlankere Hinterfüfse wie M. m e ridianus und etwas kleinere Ohren als dieser. A r c t o m y s ß o b a c , Schreb. kommt am T a i b a g a t a i - G e birge *) von gelber Farbe mit schwarzen oder schwärzlichen Flecken v o r , während die Individuen vom Ural mit denen j e n e Songorischen sonst völlig übereinstimmen, wohl bisweilen ganz schwarz aber nie gefleckt sind. O v i s A r g a l i . V o n dem Songorischen Gebirge Alatau**) hat Herr Eversmann ein E x e m p l a r eines wilden Schafes erhalten, welches dem 0 . Argali zwar sehr ähnlich, aber durch kleinere Hörner so wie auch durch rostgelbe F ä r b u n g des *) Vergl. in dies. Arch. Bd. III. S. 145 u. f. **) Daselbst S. 1 4 6 und die zugehörige Karte.
Von
einigen
neuen Arbeiten
der Moskauer N a t u r f . G e s e l l s c h a f t .
391
Gesäfses, welches bei 0 . A r g a l i weiss ist, von ihm u n t e r schieden scheint. Die Horner sind bei diesem ( m ä n n l i c h e n ? ) Individuum nur etwa doppelt so grols als bei den weiblichen von 0 . Argali. Man könnte nun dasselbe für ein J u n g e s und somit den vermeintlichen Unterschied nur für scheinbar halten, wenn nicht die dortigen Kirgisen erklärt h ä t t e n , dais j e nes Schaf, welches sie K u l d j a nennen, überhaupt nicht grösser w e r d e als der in Rede stehende Balg. C e r v u s E l a p h u s , L. Herr E v e r s m a n n macht von neuem auf die in Europa nicht vorkommende Gröfse des R o t h - oder E d e l - H i r s c h e s am Altai a u f m e r k s a m * ) , n a c h d e m er sich durch den Besitz eines von dorther stammenden E x e m p l a r e s überzeugt hatte, dafs die Spezies desselben mit der verglichenen Europäischen in der T h a t so identisch sei, wie es schon Pallas behauptete. E r hat seitdeqi auch ein P a a r Geweihe des Edelhirsches erhallen, die ein Baschkir am südlichen Ural in den Wäldern am oberen Laufe der Sakmara gefunden hat und hält diese Thatsache für den e r s t e n B e w e i s s des dortigen V o r k o m m e n s der genannten Species. Die Angabe von Herrn M a l g i n (in d. Archive B d . V. S. 509) dafs R o t h - oder Edelhirsche (Russisch M a r a l i ) sogar in den Norduralischen Wäldern bei K u s c h w a zwar selten geschossen w ü r d e n , aber häufig vorkämen, scheint ihm daher entgangen zu sein. M o s c h u s m o s c h i f e r im Altai dürfte nach Herrn E v e r s mann von dem Tibetischen deswegen spezifisch verschieden sein, weil der Moschusbeutel des letzteren bis zu 30 Mal theurer bezahlt wird als der Altaische. F e l i s an S e r v a l i n a , Jardine. In den felsigen Schluchten des Ustjurt oder der hohen Steppe zwischen dem Kaspi sehen Meere und dem Aralsee, wird den Antilopen (A. Saiga und A. subgutturosa, Pallas) von dreien K a t z e n - A r t e n n a c h gestellt. Es sind Felis j u b a t a , Pall., F. C a t o l y n x , Pall. und eine dritte die übereinstimmen w ü r d e mit F . Servalina so wie *) V e r g l . i n «lies. A i c h . B d . V. S . 1 5 9 , B d . I X , S . 2 4 5 .
26 *
392
Physikalisch-mathematische
Wissensehaften.
diese von Jardine (tlie naturalist's Iibrary. Mammnlia Vol. II.) abgebildet und beschrieben wird — wenn sie sich nichl von ihr beträchtlich durch g r ö l s e r e K ö r p e r l ä n g e und auch durch das Verhältniss der Länge ihres Schwanzes zu der des übrigen Körpers unterschiede. Herr Eversmann hat ein Individuum von der Russ. Art ein halbes J a h r lang lebendig im Käfig gehalten; nachdem es sich auf dem Usljurt mit einer Vordertatze in einer Falle gefangen hatte. Diese Katze blieb bis man sie tödtete, ausserordentlich wild, indem sie so fürchterlich schnaufte und mit den Zähnen fletschte, dafs man F u r c h t hatte sich ihrem Käfig zu näheren. Ihre Dimensionen betrugen: von der Schnautze bis zur Schwanzwurzel etwa 27 Pariser Zoll. L ä n g e des Schwanzes 11 Pariser Zoll. 2 Pariser Zoll. — d e r Ohren etwas unter Ihre Ohren w a r e n ziemlich spitz mit einem kürzen H a a r pinsel versehen. D e r Körper ziemlich plump gebaut, mit 1 bis 1,25 Zoll langem Haar besetzt. D e r Schwanz dünn und schmächtig. Die F ä r b u n g oberhalb hellgelblichbraun und durch eingemengte schwarze H a a r e von schmutzigem Ansehn. Ausserdem überall mit schwarzen oder schwärzliehen Flecken v. rundlicher, länglicher oder queerer (?) und nicht sehr scharfer Umgränzung. — Auf dem Bauche weisslich ohne Flecken. Kehle, K i n n , der Rand des Oberkiefers und ein Kreiss um das Auge rein weiss. Auf jeder W a n g e zwei schwarze Längsstreifen; der untere auf weissem Grunde, grade und mit dem Rande des Oberkiefer parallel, vom Nasenflügel bis zu 1,25 Zoll hinter den Mundwinkel; der obere geht von dem hinteren Augenwinkel, nachdem er sich etwas abwärts gebeugt hat, bis nahe an den E n d p u n k t des unteren Streifen. Die Ohren sind inwendig weiss und auf der Aussenseile gelblich schwarz behaart. D e r Pinsel an ihrer Spitze ist ganz schwarz. An der Oberseite des Kopfes sind so viele schwarzc Haare eingemischt dafs
Von einigen neuen Aibeiten der Moskauer Naturf. Gesellschaft. 3 ( J 3
sie sehr dunkel seheinl, während auf dem Scheitel und auf dein Hinterkopfe die schwarzen Haare zu Längsflecken vereinigt sind, die auf dem Ilinterhalse deutlicher werden und vier fast regelmäfsige Reihen bilden. Auf den Seiten des Halses befinden sich blassere Querflecke, auf dem Kücken länglich runde, sehr bestimmt a b g e g r ä n z l e , an den Seiten des Körpers dagegen wieder blasse in die Queere ausgedehnte, die endlich in der N ä h e des B a u c h e s ganz verschwinden. — D i e V o r d e r - und H i n l e r - S c h e n k e l sind ebenfalls mit Q u e e r flecken besetzt, w e l c h e zuin Theil in undeutliche Binden zusammenfliefsen. D i e Innenseite der Vorderbeine hat ungefähr in ihrer Milte einen ziemlich deutlichen schwarzen Queerslreifcn. Die Sohlen sind schwarzbraun behaart und der sehr dünne S c h w a n z hat auf gelblichem Grunde unregelmäfsige schwarze Flecken, die stellenweise 2u undeutlichen Queerbinden zusammenfließen. D i e s e s zeigt sich namentlich g e g e n die Spitze. N a c h der A u s s a g e der Kirgisen soll diese Katzenart auf dem Ustjurt nicht selten s e i n , während Jardine nur Indien als Vaterland der Felis Servalina angiebt.
II. V ö g e l . Tagesraubvögel. Herr Eversmann bemerkt zuerst dafs am südlichen Ural und in den angränzenden G e g e n d e n zwar nur Raubvögelarten vorkommen die auch im übrigen Europa bekannt sind, j e d o c h w e i t zahlreicher als in den westlichen Ländern. Geier die früher und namentlich von Pallas am Südlichen Ural ganz übersehen worden w a r e n , scheinen sich jetzt daselbst von Jahr zu Jahr zu vermehren. E s sind Vultur cinereus, T e m m . und V . fulvus, Brisson, w e l c h e durch die beständig daselbst herrschende Viehseuche eine reichliche Nahrung erhalten und von denen man oft 2 0 bis 3 0 Stück an einem Aase sieht. V. c i n e r e u s ist noch häufiger als der andere. Es wird von
394
Physikalisch - mathematische Wissenschaften.
dort auch nofch eine Geierart erwähnt, die ganz weiss und ungefähr von der Gröfse der beiden andern sein soll, welche aber Herr E v e r s m a n n bis jetzt noch nicht zur genaueren Vergleichung erhalten hat. Aquila imperialis, Bechst. (A. Chrysaetos, Pall.) ist am südl. Ural häufiger als Aq. Chrysaetos, Lin. (Aq. nobilis, Pall. Aq. fulvus, Naum.). Ersterer findet sich auch an den südlicheren Vorbergen des Altai und in den angrenzenden gebirgigen Steppen — während er im Kasanischen und am nördlichen Ural fehlt, wo doch A. Chrysaetos noch häufig vorkömmt. A. imperialis nistet in der Tiähe der D ö r f e r , in den Gehölzen von Populus alba, P . nigra, P. tremula und Salix fragilis, var. alba. Er geht eben so leicht auf Aas wie A. naevia, Briss. ist weniger edel als A. Chrysaetos, Lin. und wird zur J a g d weit weniger benutzt als dieser. Die Unterscheidung von A. imperialis und A. Chrysaetos ist übrigens nicht so leicht wie gewöhnlich angegeben wird. Herr Eversmann führt m e h r e r e , wie es scheint charakteristische, Geschlechtsund Altersunterschiede für die erstere Species an. A. naevia, Briss (A. clanga, Pall.) ist am Ural bis zu 56° Breite überall häufig, fehlt aber im Kasanischen, weil er öde und waldige Gebirgsgegenden Hebt. E r ist zur J a g d u n brauchbar und auf Aas ebenso begierig wie Dohlen und Krähen. Am Ural scheinen von dieser Art zwei Varietäten v o r z u k o m m e n , die bis jetzt trotz vieler Mühe nur durch ihre F ä r b u n g und durch eine verschiedene Breite der Firste des Schnabels zu unterscheiden gewesen sind. Vielleicht ist der scheinbare Artenunterschied nur ein Altersunterschied, j e d e n falls sind aber an der Diagnose dieses Vogels, die man in den besten Handbüchern findet, manche wesentliche P u n k t e nach H e r r n Eversmanns sehr ausführlicher Beschreibung desselben zu ändern. — Er nistet auf Bäumen nicht sehr hoch über der Erde, an einsamen waldigen Stellen der Flussufer. Dafs er sich auch von Fischen nähre hat N a u m a n n mit Unrecht bezweifelt, denn Herr Eversmann hat in einem Neste desselben
Von einigen neuen Arbeiten der Moskauer Natarf. Gesellschaft.
395
und in dessen Umgebungen viele Gräthen und andere Fischreste gefunden. Seine Eier haben einen schmutzig weissen Grund mit rostrothen und rostbraunen zum Theil vorragenden Flecken und verwaschenen Stellen — welche am stumpfen Ende die Grundfarbe gänzlich verdrängen. A. leucorypha, Pall., hat Herr E v e r s m a n n nur einmal aus der Songorei erhalten, und mit Pallas Beschreibung vollkommen übereinstimmend gefunden. A. albicilla, ß r i s s . , ist an der W o l g a und Kama überall in unglaublicher Menge v o r h a n d e n , auch am Uralflusse, so weit dessen Ufer noch mit Pappelgehölzen besetzt sind, nicht selten. In den Vorbergen des Ural wird er aber n u r halb so grofs als an der W o l g a , und an dieser findet man n u r äusserst selten die j u n g e n Vögel dieser Species, welche Brisson und Pallas als A. ossifraga beschrieben haben. A. albicilla überwintert in Russland theils in der N ä h e der D ö r f e r , theils an Stellen der W o l g a die nicht zufrieren. V o n der Gattung Falco linden sich alle Europäischen Arten auch am Ural. Falco carcdicans und F. Gyrfalco, Lin., halten sich n u r an h ö h e r e n , felsigen urtd freien Stellen des S ü d * Ural. An dem Unterschiede der beiden Arten wird von den Falkenkennern der dortigen Gegend nicht gezweifelt. Der erstere ist ein prächtiger Vogel, weit gvöfser als F. Gyrfalco, und wird von den nomadischen J ä g e r n , bei denen ihn Herr E. lebend gesehen hat, sehr theuer bezahlt. F . lanarius, L., Pall., ist häufig im Ural und den angränzenden S t e p p e n , in denen der Songarei und auf den Vorbergen des Altai, auch findet man i h n , wiewohl weniger häufig, im Kasanischen und an der unteren W o l g a . Seine Gröfse ist sehr veränderlich und macht ihn, w e n n sie beträchtlich wird, den J u n g e n von F. Gyrfalco so ähnlich, dafs er sich fast nur durch die Anordnung der Farben auf dem S c h w ä n z e von ihnen unterscheidet. F . peregrinus, Briss., ist in gebirgigen sowohl wie in bew a l d e t e n , ebenen Gegenden nicht selten. Eine s c h w a r z e
396
P h y s i k a l i s c h - m a t h e m a t i s c h e Wissenschaften.
Abart desselben ist im Kasanischen unter dein Namen T s c h e r nja bekannt. F. subbuteos, L., ist in den Vorgebirgen und angrenzenden Steppen des Ural und des Altai sehr häufig. Man sieht von ihm meist ein P a a r zusammenfliegen und erkennt ihn an seinem gewandten Fluge und an der beständigen Thätigkeit und Verwegenheit mit der er seine Jagden ausführt. Herr Eversmann hat ihn einst einen kleinen Vögel bis in das F e n sler eines Wagens, der eben durch die Steppe fuhr, verfolgen sehen. Im Orenburgischen nennt man ihn ßielogorlik, d. h. den Weisskehligen. F. Aesalon, L., Gm., lebt im S o m m e r in den südlicheren Steppen und nur im Herbst, nach der Getraideärndte, in den südlichen Vorgebirgen des Ural. Er ist der kleinste der dortigen Falken und zugleich der schnellste Flieger. F. vespertinus, L . , F. Cenchris, N a u m . und F. linnuncuIus, L., sind überall und besonders in den nördlichen Steppen sebr häufig. Sie hälten sich lange an einerlei Stelle in der Luft, u m eine Maus, eine grofse Grille oder dergleichen zu b e lauern. Alle drei sind zur Jagd untauglich und w e r d e n deshalb durch denselben Russischen N a m e n : Pustolga (von pustoi, leer oder unnütz) bezeichnet. •Paftdion: häliaetoS, L . , ist an den gröfseren Bächen und Teichen des südlichen Ural nicht selten, an denen man ihn aus der Luft, mit dem Kopfe voraus, unter das W a s s e r stürzen und meist mit einem mächtigen Fische in den F ä n g e n w i e d e r hervorkommen sieht. Die Baschkiren nennen ihn Timir Ternak, d. h. die eiserne Kralle. Pernis apivorus, L., fehlt im Kasanischen und geht nicht weit nach Norden, findet sich aber sonst überall in den S t e p pen und auf den breiten Ebenen der Vorberge. Buteo vulgaris, Bechst., in den Gebirgen und Vorbergen des Ural, so wie auch überall im Kasanischen häufig. Buteo lagopus, B r ü n n c h . , bewohnt vorzüglich Steppen und ist nicht häufig, kommt aber auch im Kasanischen vor. Milvus regalis, Briss , kommt nur in den südwestlichen
Von einigen neuen A r b e i t e n der M o s k a u e r Nattirf. G e s e l l s c h a f t .
Distrikten
von
G e g e n d von
Russland
Orenburg
den Uralischen
397
vor und fehlt daher s o w o h l in d e r
als a u c h , und noch entschiedener in
Distrikten.
Milvus niger, Briss., ist im östlichen Russland und in S i birien der gemeinste R a u b v o g e l ;
fast
jedes Dorf
wird
den
S o m m e r über von einem oder einigen P a a r e n dieser Art g e brandschatzt.
Im K a s a n i s c h e n
zeigen sie
sich erst um
die
Mitte des April, in südlicheren Distriklen aber schon zu e i n e r sehr frühen J a h r e s z e i t . Herr Eversmann
erwähnt einiger
Abweichungen
welche
das Gefieder dieser S p e c i e s von N a u m a n n ' s B e s c h r e i b u n g
des-
selben zeigt. Astur p a l u m b a r i u s ,
L . , oder der H ü h n e r h a b i c h t , ist sehr
häufig in allen bewaldeten G e g e n d e n des E u r o p ä i s c h e n
Russ-
lands und Sibiriens, in denen e r auch den W i n t e r über bleibt, und sich in der Nahe der Ortschaften von den T a u b e n nährt, welche
überall in M e n g e
vorhanden
sind.
E r ist einer
der
beliebtesten J a g d f a l k e n , weil er leicht abzurichten und überall leicht zu haben ist. liche Gröfse.
Alte Individuen
erreichen eine b e t r ä c h t -
An diesen findet sich auch oft eine ausgezeich-
net schöne F ä r b u n g , w e l c h e a b e r Herrn E v e r s m a n n nicht einer besonderen R a c e
zuzugehören
sondern vielmehr den alten
scheint, wie P a l l a s v e r m u t h e t e
Wcibchen.
Astur Nisus, L . , ist noch häufiger als A. palumbarius und wird, eben
so w i e dieser, zur J a g d g e b r a u c h t ,
Wachteln.
Z u diesem E n d e werden die J u n g e n den S o m m e r
aber nur auf
über aufgefüttert, abgerichtet und den Herbst über g e b r a u c h t ; zu Anfang
des W i n t e r s
man im nächsten
aber schon
Frühjahr
erhalten kann und es
wieder
von ihnen w i e d e r
genommenen
nach dem es Männchen
weil
beliebig
viele
daher nicht der Mühe w e r l h h ä l t ,
m e h r e r e Monate lang ohne B e n u t z u n g den Nestern
entlassen,
Jungen
zu füttern.
haben,
wahrscheinlich
oder W e i b c h e n s i n d , Die
je
eine sehr ver-
schiedene Gröfse, w e l c h e sich auch beim ferneren sen in dem Verhällniss von 1 : 2 erhält.
sie
D i e aus
Auswach-
kleineren
den verworfen und zur J a g d nur die gröfseren gezogen.
werAuch
398
P h y s i k a l i s c h - mathematische Wissenschaften.
er bleibt den W i n t e r über selbst in den nördlichen Gegenden in denen er sich, wie A. palumbarius, von T a u b e n nährt, obgleich Pallas glaubte, dafs er nach Süden auswandere. Circus c y a n e u s , L . , ist in F e l d - und Steppengegenden eben so gemein wie Milvus niger. Iin Winter wird er durch den S c h n e e allmählig nach Süden getrieben, so dals man ihn, wenn man im Spätherbst aus dem Gebirge zurückkehrt, in den schneebedeckten Gegenden vergebens sucht, an der Glänze der schneefreien aber sogleich wieder findet. Circus a e r u g i n o s u s , L . , ist häufig in den südlichen V o r gebirgen des Ural und in den mit Flüssen oder Seen v e r s e henen Theilen der S t e p p e n , dagegen seltener an der W o l g a und sehr selten im Kasanischen. Er findet sich auch in der Songorei und nach Osten bis in die südlichen Vorgebirge des Altai und an den N o o r Saisan. — Kirgisen und Baschkiren gebrauchen ihn zur E n t e n j a g d , obgleich diese Anwendbarkeit von den zoologischen Schriftstellern nicht erwähnt wird. Circus cinereus, Montagu., fehlt im Norden, geht aber in den südlicheren Steppen ostwärts bis an den Noor-Saisan. A1 a u J a. Auch aus dieser Gattung scheinen in den östlichen Steppen einige bisher übersehene Arten vorzukommen. H e r r E v e r s m a n n nennt zuerst eine Lerche, die er aus der Songorei erhalten hat und welche der A. Pispolelta, Pall. z w a r nahe steht, aber dennoch von ihr spezifisch verschieden scheint. E r benennt und charakterisirt sie folgendermafsen: Alauda
longipennis.
A. s u p r a g r i s e a , f u s c o l i t u r a t a , vitta siiperciliari albida p r a e c i s a ; s u b t n s a v i s ( s i c ! ) alba, p e c t o r e h y p o c h o n d r i i s q u e dilute f u s c o ind u t i s ; alis c a u d a p a u l o b r e v i o r i b u s ; p e d i b u s debilibus.
N u r halb so grofs als A. Pispolelta. Diese letztere hat H e r r .Eversmann niemals aus den östlichen Steppen erhalten,
Von einigen neuen Arbeiten der Moskauer Naturi. Gesellschaft.
399
w ä h r e n d sie v o m K a s p i s c h e n Meere n o r d w ä r t s bis e t w a s j e n seits I n d e r s k u n d o s t w ä r t s bis zum Aralsee Millionenweise v o r k ö m m t . S i e b e w o h n t d o r t die ödesten S t e p p e n d e r e n L e h m boden fast n u r einige einzeln s t e h e n d e Artemisicn trägt. In den f r u c h t b a r e r e n S t e p p e n ist A. arvensis, L . eben so h ä u f i g u n d auf d e r U e b e r g n n g s f o r m zwischen diesen G e g e n d e n b e i d e S p e c i e s z u s a m m e n . A. tatarica, Poll, k o m m t gleichzeitig v o r , w i e w o h l häufiger in salzigen Distrikten. A. l e u c o p t e r a , P a l l . liebt b e w a c h s e n e , k r ä u t e r r e i c h e F l ä c h e n u n d A n h ö h e n in d e n Steppen. S i e g e h t n o r d w ä r t s bis O r e n b u r g u n d ist a u c h utn Ilezk n o c h s e h r häufig. A. a l p e s t r i s , L . , b e w o h n t u n g e f ä h r dieselben G e g e n d e n , j e d o c h m e h r auf s c h w a r z e m g r a s r e i c h e n B o d e n , w ä h r e n d A. l e u c o p t e r a L e h m b o d e n vorzieht. A. a l pestris g e h t a u c h w e i t e r n a c h N o r d e n bis in die V o r g e birge des U r a l . E s k o m m e n v o n dieser z w e i V a r i e t ä t e n vor. Ein G e b i r g s v o g e l ist sie nicht, obgleich ihr N a m e darauf h i n d e u t e t , d e n n a u c h in d e m Altaischen Bezirke, w o sie ebenfalla häufig i s t , b e w o h n t sie n u r die S t e p p e n g e g e n d e n z w i s c h e n den V o r b e r g e n . A. C a l a n d r a , L., b e w o h n t u n g e f ä h r dieselben G e g e n d e n w i e A. tatarica. B e i d e g e h e n n o r d w ä r t s nie ü b e r I n d e r s k hinaus, o d e r d o c h nicht w ä h r e n d der B e g a t t u n g s - u n d B r u t z e i t . I m W i n t e r h a l t e n s i e s i c h mit a n d e r e n Arten der L e r c h e n g a l l u n g in S a l z s t e p p e n , auf d e n e n d e r S c h n e e n i c h t l i e g e n bleibt u n d n ä h r e n sich von d e n S a m e n der S a l z k r ä u t e r ; so auf d e m W e g e n a c h B u c h a r a , bei d e m F l ü s s c h e n K u w a n d j u r u n d an d e n A l a k u l - S e e n , w o sie d a n n u n g e h e u r e S c h w ä r m e bilden. A. cristata, L . , g e h t nicht bis z u m Uralflusse u n d ü b e r s c h r e i t e t w a h r s c h e i n l i c h nicht e i n m a l die W o l g a , an d e r e n r e c h t e m U f e r sie doch a u f w ä r t s bis S a r a t o w s e h r häufig ist. Aus d e m südlichen Altai, a u s d e r G e g e n d des h ö c h s t g e l e g e n e n D o r f e s U i m o n , h a t H e r r E v e r s m a n n eine Fringilla e r h a l t e n , die er f o l g e n d e r m a ß e n als eine n e u e Species. aufführt:
400
Physikalisch -mathematische Wissenschaften.
Fringilla
altaica.
F . rostro crasso c o n i c o ; gastraeo fusco-cinereo, concolore, notaeo f u s c o - l i t u r a t o , capite leviter ferruginoso; rectriciMis
nigricanti-
bus concoloribus, tectricibus caudae stiperioribus apice lato albo.
Männchen und D e r Schnabel und Vogel am nächsten deutend kleiner als tifringilla, L.
Weibchen zeigen keine Verschiedenheit. auch andere Kennzeichen bringen diesen an Passer avetous, Pall. E r ist aber bedieser und nicht gröfser als Fringilla m o n -
Eine S y l v i a die H e r r Evevsmann in seinen Addendis Fase. III. p. 12 als neu unter dem N a m e n S. s c i t a beschrieben halte, findet sich jetzt identisch mit S. c a l i g a t a , Licht. Lichtenstein halte nämlich ein Exemplar dieses Vogels, welches unter den von Eversmanns Bucharischer Reise herslammenden Naturalien nach Berlin gekommen w a r , wegen seiner gestiefelten Füfse ( p e d e s c a l i g a t i ) zu den Nachtigallen g e zogen. Eversmanns S. s c i t a ist aber ein ächter Rohrsänger ( S a l i c a r i a , Selby), denn sie hat getäfeile Läufe und man konnte sie daher nicht unter den Nachtigallen suchen. Das E x e m p l a r des Berliner Museum ist übrigens, wie sich H e r r E v e r s m a n n überzeugt hat, mit dem von ihm als neu beschriebenen identisch, obgleich die Täfelung der T a r s e n etwas verwachsen und ausgeglättet ist, wie es auch bei anderen R o h r sängern vorkommt und da der N a m e n caligata auf dasselbe ebenso wenig passt wie auf die später erhaltenen Exemplare, so scheint die neue Bezeichnung Silvia scita beibehalten w e r den zu müssen. Die von Herrn Lichtenslein gemachte und später von Blasius und Keiserling wiederholte Vergleichung dieses Vogels mit M o t a c i l l a s a l i c a r i a , Pall. ( Z o o g r . p . 4 9 2 ) scheint gleichfalls unpassend, indem diese letztere wohl nichts anderes ist als Salicaria arundinacea, ganz übereinstimmend mit dem ihr von Pallas selbst beigegebenen C i t a t : C u r r u c a a r u n d i n a c e a , Briss. Z u diesem Ausspruch berechtigt unter andrem und vorzüglich der Umstand, dafs die von Pallas beschriebene Salicaria arundinacea an allen Flussufern des Euro-
Von einigen neuen Arbeiten der Moskauer Natnrf. Gesellschaft.
401
päischen Russlands und «Sibiriens vorkommt, während die Silvia scila gar nicht so häufig ist und sich, besonders in kleinem Gesträuch, sehr verborgen hält. Herr Eversmann hat sie bis jetzt nur in den s ü d l i c h e n Vorbergen des U r a l g e funden. —
Die E n t o m o l o g i e u. A r a c l i n i d o l o g i e sind auch in den letzten Jahren von vielen Mitgl. des Mosk. Naturforscherv. mit einem Eifer behandelt worden, für welchen die Schriften dieser Gesellschaft längst bekannt sind. W i r haben uns hier n u r auf ein Verzeichniss der Arbeiten dieser Art zu beschränken welche meist die entomologische Systematik betreffen und eben deshalb auch im westlichen Europa der Aufmerksamkeit der gleich Beschäftigten nicht zu entgehen pflegen. Ueber einige russische Oedcmeriden von D r . F. K o l c n a t i . Mit 1 Taf. (Bulletin 1847. No. 1, No. 3.) Beiträge zur Dipterologre Russlands von B. A. G i m m e r t h a l . (B. 1847. No. 3.) Verzeichniss der im Altaischen Hütten bezirke beobachteten Käfer mit Bemerkungen und Beschreibungen von D r . F. G e h l e r . (B. 1847. No. 2, No. 4 ; B. 1S48. N o . 2 . ) Enumeration und Beschreibungen der Rüsselkäfer, welche die Barone M. C h a u d o i r und A. G o t s c h im Kaukasus und in Transkaukasien gesammelt h a b e n , von J . H. H o c h h u t h . (B. 1847. N o . 2 , ) N o t e sur le genre Agra et descriptions de plusieurs especes nouvelles par le Bar. M. d e C h a u d o i r . (B. 1847. No. 3.) Lepidoptera quaedam nova Rossiae et Sibiriae indigena descripsit et delineavit Dr. L. E v e r s m a n n ; acced. tab. G. (B. 1S47. No. 3.) Mémoire sur la famille des Carabiques par le Bar. M. d e C h a u d o i r . (B. 1848. No. 1.) D e Mutillis nonnullis rossicis auclore J. B a e r ; acced. tab 1. (B. 1848. No. 1.)
Physikalisch-maUiematbisclie Wissenschaften.
402 Synopsis
aller
bisher in
Europa
entdeckten
Arten
der
Gattung Corisa von F . X . F i e b e r . Mit 1 T a f e l . ( B . 1 8 4 8 . N o . 2 . ) N o t e sur
la G l y c i a
virgata
m. par V . M o t s c h o u i s k y .
et le g e n r e
Blechrus
( B . 1 8 4 9 . No. 1.)
Kritische B e u r l h e i l u n g von E r i c h s o n s Naturgeschichte der Insecten Deutschlands
und von
einigen
anderen
entomologi-
schen Schriften, mit besonderer Berücksichtigung der in R u s s land vorkommenden Arten, von M o t s c h u l s k y . ( B . 1849. No. 1 ; B . 1 8 5 0 . N o . 1.) D i e S t a p h y l i n e n - F a u n a des Kaukasus und T r a n s k a u k a s i e n s bearbeitet von J . H. I l o c h h u l h .
(B. 1S49
N o t e sur deux araignées venimeuses
No. 1.)
de la R u s s i e m é r i -
dionale, que l'on croit être le T c h i m des K a l m o u k s , par V . Motschouisky.
( B . 1 8 4 9 . No. 1.)
Insectes coléoptères de la S i b é r i e orientale, n o u v e a u x ou peu connus décrits par le C o m t e
de M a n n e r h e i m .
(Bull.
1 8 4 9 . No. 1.) Coléoptères r e ç u s d'un V o y a g e de M. H a n d s c h u h
dans
le midi de l'Espagne, énumérés et suivis de notes par V. d e Molschonlsky.
( B . 1S49. No. 3.)
L e p i d o p t e r e n - V e r z e i c h n i s s für die U m g e g e n d von P e t e r s burg von J . H. F i x s e n .
( B . 1 8 4 9 . No. 3.)
F a u n a hymenopterologica w o l g o - u r a l e n s i s . E. E vers mann. Orthoptères
Auctore D r .
( B . 1 8 4 9 . No. 4.) observés
dans les S t e p p e s des Kirgises
Mrs. le P r o f e s s e u r P . W a g n e r
et
le D o c t e u r K i t t a r y
par en
1 8 4 6 . décrits et déterminés par M. K i t t a r y a y e c 2 planches. ( B . 1 8 4 9 . No. 4.) Beitrag
zur Naturgeschichte und Anatomie der Gattung
L y c o s a von Herrn K e s s 1 e r in K i e w mit 1 T a f e l .
( V e r g l . in
dies. A i c h . Bd. I X . S . 3 2 3 . ) Nachricht über die K ä f e r s a m m l u n g des Grafen G. M n i s z e k von H. H o c h h u t h .
( B . 1849. N o . 4.)
Von einigen neuen Arbeiten der Moskauer Naturf. Gesellschaft.
403
Aus der G r u p p e der gliederlosen Thiere (Gostrozoa auet.) haben auch in Russland wiederum M o l l u s k e n und I n f u s o r i e n die Aufmerksamkeit vorzugsweise in Anspruch g e nommen. Herr J . « S i e m a s c h k o verzeichnet in einem mit 3 Tafeln begleiteten Beitrag zur Kenntniss der Conchilien Russlands*) gegen 150 Species, von denen ein Drittheil zu den zweischaligen Gattungen: Ostrea, Peclen, Mytilus, Anodonta, Unio, Cardium (mit den Eichwald'schen U n t e r g a l t u n g e n : Didacna, Monodaena und Adacna), Donax, Teilina, Petricola, Lucina, Cyclas, Mactra, Venus und Mya, die übrigen zu den einschaligen: Columbella, Cerithium, Melanopsis, B u c c i n u m , T r o chus, Monodonta, Valvata, Cyclostoina, Paludina, Lithoclypus, Liltorina, Nerilina, L i m n a e u s , P h y s a , P l a norbis, Succinea, Bulimus, A c h a l i n a , Clausilia, P u p a , "Vertigo, Helix, Vilrina, Ancylus u. Calyptraea gehören. Die Aufenthaltsorte der verzeichneten Species, welche H e r r S. theils aus der Ostsee und den Nord-Russischen P r o vinzen, theils aus dem Schwarzen Meere und deren U m g e bungen zu einer Sammlung vereinigt, und demnächst mit Sicherheit bestimmt h a t , sind sorgfältig angegeben und aus der U m g e g e n d von P e t e r s b u r g 6 für neu gehaltene Arten unter den N a m e n : Paludina decollata, Limnaeus Karpinskii, Achatina minima, Clausilia Eichwaldi, Cl. Kolenatii und Mytilus albus beschrieben. Das Ganze soll als eine Forlsetzung der Russ. Conchiliographie von Eichwald und Krynicki (Mosk. Bulletin 1836. No. 9. 1837. No. 2) und zugleich als P r o d r o m u s einer gröfseren Arbeit über denselben Gegenstand dienen. Herr S j e m a s c h k o bittet ihn bei dieser durch Einsendung von Mollusken zu unterstützen, in einem A u f r u f a n a l l e N a ' ) Bullet. 1847. N o . IV. p. 513.
401
Physikalisch-mathematische
Wissenschaften.
t u r f o r s c h e r u n d R e i s e n d e i n R u s s l a n d , den er gleichfalls der Moskauer Nalurf. Gesellschaft übergeben hat *). Eine
Uebersicht
der L a n d -
und
Livlands von D r . S c h r e n c k * * ) , nisse von 7 7 A r t e n ,
welche
Süfswasser-Mollusken
besieht in einem
von
dem
Verzeich-
V e r f a s s e r im
eines S o m m e r s beobachtet und g e s a m m e l t wurden. diesem Aufsatze sind den B e n e n n u n g e n
Laufe
Auch in
der meisten
Species
keine D i a g n o s e n hinzugefügt, dagegen aber die, etwa ebenso brauchbaren, Citate der Schriften nach denen die B e s t i m m u n g derselben gelungen ist.
Nilssons
historia
S u e c i a e hat sich dabei als vortreffliche Molluskenfauna wahrt. —
die der Livländischen
molluscoruin
B e s c h r e i b u n g einer
sehr ähnlich i s t ,
N u r für die beobachteten N a c h t s c h n e c k e n
L i t e r a t u r die Herrn
Schrenck
in D o r p a t
zu
be-
w a r die
G e b o t e stand,
nicht ausreichend und er hat deshalb die Arten derselben die er nicht unterzubringen v e r m o c h t e ,
einstweilen
Namen
über
beschrieben.
Der
Angabe
unter
neuen
die F u n d ö r t e r
der
einzelnen Arten, sind auch anziehende B e m e r k u n g e n über die L e b e n s a r t derselben und bisweilen
über den Einfluss
g e r Verhältnisse auf ihr A e u s s e r e s hinzugefügt.
zufalli-
Helix
po-
m a t i a die in Livland in der N ä h e einiger ehemaligen K l o s t e r gärlen vorkömmt, wird sowohl von dem jetzigen w i e von früheren Beschreibelii
für e i n e nicht
spät für die K ü c h e n
eingeborne,
der M ö n c h e importirte
sondern
und
erst
gezüchtete
Art erklärt. Herr G. F i s c h e r
hält eine ihm von S a n J a g o in S ü d -
Amerika zugekommene S c h n e c k e ,
w e l c h e der G a t t u n g liuli-
mus am nächsten steht, von dieser dennoch verschieden, und hat
sie demnach einem neuen
richtiger C h e i l o n o p s i s w e l c h e er folgendermafsen
Genus:
Chilonopsis
von yellog die
Lippe)
(oder
zugeiheilt,
charakterisirtf):
T e s t a t u r r i t a , spiris Septem c o n v e x i s ; i i m b i l i c a t a ; apertura e l o n -
* ) ü i i l l e t . 1 8 4 7 . No. I . * * ) D a s e l b s t 1 S 4 S . N o . I. -;-) Daselbst 1 ^ 1 8 . No. 1.
Von einigen neuen Arbeiten der Moskauer Naturf. Gesellschaft.
405
g a t a , angustata i n a e q u a l i , columella valde d i l a t a t a , intus e t i n f r a s i n u a t a , extus m a r g i n a t a , basi canalem coecum cum labio d e x t r o intuinido extus triplicato
formante.
Die ihm vorliegende Species nennt und beschreibt er folgendermafsen: Chilonopsis Cli.
turrita
Septem
spirata,
sulcata. spiris
convexis longitudinaliter s u l -
catis,
mit Hinzufügung der, offenbar durch Druckfehler entstellten, Angaben über die Dimensionen: Höhe 6 Millimeter, Durchmesser der ersten Windung: 3 0 Millimeter! E s ist wahrscheinlich 6 0 anstatt 6 zu lesen. Herr M i d d e n d o r f f nennt in einem langen Aufsalze unter dem T i t e l : Grundriss
für
eine G e s c h i c h t e der graphie Russlands*)
Malakozoo-
gegen 4 0 Schriftsteller welche, in einer noch weit gröfseren Anzahl von W e r k e n , während des letzten Jahrhunderts von Mollusken gehandelt haben, die irgendwo in Russland oder in Nord-Asien vorkommen. Die Anzahl der durch sie bekannt gewordenen Thierarten ist jedoch keineswegs so grofs, wie man beim Anblick einer so voluminösen Literatur erwarten sollte. Zunächst wohl weil sehr wenige der aufgezählten Naturforscher und Reisenden sich ausschliefslich, oder auch nur vorzugsweise, mit Conchilien beschäftigt, die übrigen aber nur einige zufällige Beobachtungen gelegentlich mitgetheilt haben. Sodann weil selbst von diesen Beobachtungen noch viele, bei genauer Sichtung, eliminirt werden, indem sie theils absichtliche Wiederholungen von schon früher Gesagtem enthalten, theils, nach Ausgleichung der Synonimien, auf dergleichen zurückkommen. Herr M i d d e n d o r f f hält trotz dieser Umstände die bisherigen Untersuchungen schon für ausreichend, *) B u l l e t . 1 8 4 9 . N r . I. p. 2 1 5 . Ermans Russ. Archiv. Bd. IX. H. 3 .
27
Physikalisch - m a t h e m a t i s c h e
406
um von der s c h e i n b a r e n F a u n a an Mollusken
Wissenschaften.
Armulli der R u s s i s c h - A s i a t i s c h e n
auf eine w i r k l i c h e
zu schliefsen.
Er
vcriuulhet dafs der gröfsle T h e i l von Nord-Asien, ebenso wie das E u r o p ä i s c h e Russland, an L a n d - und S i i f s w a s s e r - C o n c h i lien, nicht m e h r als einen Auszug aus der N o r d - E u r o p ä i s c h e n Mollusken-Fauna
enthalte. —
eine v o m S c h w a r z e n M e e r e
A u s g e n o m m e n sei davon nur über den A r a l - S e e , und w a h r -
scheinlich von da über den Altai, durch T r a n s b a i k a l i c n bis an den grofsen Ocean reichende Z o n e . —
Auch
die M e e r e auf
dem in R e d e stehenden S t ü c k e der Erdoberfläche seien ganz so arm an Mollusken, wie es schon G m e l i n Meere, P a l l a s
von dem S c h w a r z e n
v o m Kaspischen
Meere an
den
Küsten
der K r y m , so wie auch S t e l l e r , M e r c k und T i l e s i u s
vom
Grofsen Ocean an den •Sibirischen und K a m l s c h a t i s c h c n Küsten behauptet haben.
S o habe Herr M. selbst, in neuerer Z e i t aus
dem E i s m e e r e zwischen Lappland und der Mündung des Obj nur Arten erhalten, die aus den westlicheren T h e i l e n desselben Meeres von
bekannt
diesen
sind und zwar
letzteren.
nur
eine
geringe
Zahl
D e r F i n n i s c h e Meerbusen
sei
Mollusken w e i l ä r m e r als der B o l h n i s c h e , und ebenso
an
finde
sich iin S c h w a r z e n Meere aus dieser T h i e r k l a s s e nichts anderes, als ein kleiner T h e i l der im Mittelländischen Meere lebenden Arien, und in dem Kaspischen und Aralsee sogar, Iiis auf drei Arten, nur ein Auszug aus der schon so kleinen kenfauna des S c h w a r z e n Meeres.
Mollus-
H e r r Middendorf! habe fer-
n e r im Ochozker Meer auch an der Mündung des Ud und bei den
Schanlarischcn
Inseln
zwar
zur
Ilälfte
eigenlhümliche
Concliilien gefunden, j e d o c h in ebenso geringer Z a h l wie frühere
Beobachter
an dessen
nördlicheren
Küsten bei Ochozk
und man könne endlich mit vieler Wahrscheinlichkeit ähnlichen Mangel
auch an
den K a m l s c h a t i s c h c n
einen
Küsten,
ja
von da, längs der Aleutischen Inseln, bis zur K ü s t e von A m e rika v o r h e r s a g e n ! —
W e n n Jsich
diese Aussprüche
bestätig-
ten, so w ä r e es fast das Kürzeste dafs man mit einem S c h l a g e J
O
alle L ä n d e r und Meere die nördlich von etwa 5 5 ° B r e i t e liegen, für arm an Mollusken erklärte, um dann nachträglich nur
Von einigen n e u e n A r b e i t e n der Moskauer N a t a r f . Gesellschaft.
e t w a eine Hälfte Europa
des Atlantischen Meeres und das
als Ausnahmen
407
westliche
von dieser R e g e l zu nennen.
dürfen indessen nicht v e r h e h l e n ,
Wir
dafs dieses allgemeine
Re-
sultat von einer thalsächlichen B e g r ü n d u n g noch äusserst e n t fernt scheint, w e n n man, an einer andren S t e l l e von Hrn. Middendorfs Aufsatz, m e h r im Einzelnen angegeben und w o
findet,
man sich denn nun eigentlich in Russland
lebenden Mollusken beschäftigt hat.
L a n d - und
b e w o h n e r aus dieser T h i e r k l a s s e sind etwas
wi e
mit
den
Süfswasser-
anhaltender
nur
bei P e t e r s b u r g von Herrn S j e m a s c h k o , in Livland von H e r r n S c h r e n c k , so wie einigen
Reisenden
nur E i c h w a l d
auch in der K r y m und am K a u k a s u s beachtet worden.
an den Kaspischen
See-Conchilien
Küsten,
Herr
von
haben
Middendorf
aber an den Europäischen Küsten des E i s m e e r s und bei U d s koi am Ochozker Meere gesucht. D e n F a n g mit dem S c h l e p p netz, der jetzt in den westlichen Meeren, auf V e r a n l a s s u n g der ßriltischen
wissenschaftlichen
G e s e l l s c h a l t , mit so
ausseror-
dentlichem E r f o l g e geübt w i r d , hat aber selbst an j e n e n drei bevorzugten P u n k t e n noch N i e m a n d
versucht.
Gelegentliche
N a c h w e i s u n g e n einzelner S p e c i e s sind ausserdem für Litthauen, für die U m g e g e n d
von
Sitcha vorhanden.
Allem übrigen, und somit dein Ural, dem
Barnaul,
für K a m t s c h a t k a
und
für
Baikal, dein T e l e z k e r und einem H e e r von anderen L a n d s e e n , dem trockenen L a n d e und den Flüssen auf e t w a einem Achtel der E r d o b e r f l ä c h e , dem Asiatischen
E i s m e e r e und dem nörd-
lichen V i e r t e l des groisen O c e a n s kann man dagegen den B e sitz von Mollusken überhaupt, oder auch von ihnen e i g e n t ü m lichen F o r m e n d e r s e l b e n ,
d e s w e g e n noch k e i n e s w e g s abspre-
chen, weil man in ihnen n o c h nicht einmal angefangen hat, zu suchen.
D i e jetzigen Conchiliologen in R u s s l a n d haben unter
diesen Umständen zu dankenswerthen Arbeiten und E n t d e c k u n gen
wahrlich G e l e g e n h e i t g e n u g , g r a d e deshalb scheint
für sie die Z e i t der allgemeinen Abschlüsse
aber
und der Aufstel-
lung von Endresultaten noch lange nicht g e k o m m e n .
27"
408
Physikalisch - mathematische Wissenschaften.
Ueber
die B i l d u n g u n d E n t w i c k e l u n g d e s E m b r y o b e i G a s t e r o p o d e n *). Unter diesem Titel hat Herr N. A. W a r n e c k in Petersburg mikroskopische Untersuchungen über die Veränderungen bekannt gemacht, welche die Eier der Gattungen L i m n a e u s und L i i n a x , zwischen der Befruchtung und der Vollendung einer zelligen Struktur oder des embryonalen Gewebes in dem Dotter, erleiden. D e r Verfasser hat an Schnecken der beiden genannten Gattungen, von denen er eine grofse Anzahl im Zimmer hielt, auch die für hermaphroditisch gellende B e g a t tung, das Laichen und die gesammle Entwickelung des Eies beobachtet. In dem vorliegenden Aufsalze übergeht er aber die beiden ersten Prozesse, weil ihm noch einige Data über dieselben fehlen, und behandelt auch von dem dritten oder der Entwicklung des Eies, n u r die genannte Periode. Diese ist nämlich, wie Herr W a r n e c k in einer Einleitung bemerkt, von den Physiologen die sich während der letzten 3 0 J a h r e mit der Geschichte des Schneckeneies beschäftigt h a b e n , viel zu wenig beachtet worden. Gerade bei den Gasleropodcn lässt sich aber dieser Theil der Untersuchung leicht ausführen. Die Eier der angewendeten Arten von Limnaeus und L i m a x sind nämlich so klein, dafs man bei 250maliger V e r gröfserung hoch ihren ganzen Dolter im Felde des Mikroskopes behält und somit den Zusammenhang und die Veränderungen seiner Theile stets vollständig auffassen kann. — D e r Verfasser versucht sodann die B e d e u t u n g seiner dermaligen Arbeit noch mehr im Einzelnen zu erläutern. E r sagt dafs er bei seinen Untersuchungen über die Z e u g u n g der S c h n e c k e n s o w o h l von z w i t t e r h a f t e r B i l d u n g a l s v o n g e t r e n n t e n G e s c h l e c h t e r n , nach einander die folgenden Gegenstände zu behandeln gedachte: 1) den Bau der Geschlechtslheile und zwar a. der weiblichen, *) Bullet. 1850. No. I.
Von einigen neuen Arbeiten dei Moskauer Naturi. Gesellschaft.
409
b. der männlichen; 2) die Entstehung des Embryo welche zerfallt in: a. Entwicklung des Dotter, b. Entwicklung des Sainen, c. Vorgänge bei der Begattung oder die Einwirkung des Sperma auf den Dotier und deren Folgen, d. die Bildung der übrigen Theile des Eies und namentlich des Eiweiss, der Hüllen desselben und der Eisäcke und das Laichen. Die Entwicklung des Embryo welche zerfällt i n : 1. Periode. Entwicklung des befruchteten Eies. D e r F u r c h u n g s p r o z e s s oder die V o r b e r e i t u n g d e s G e w e b e s z u r E n t w i c k l u n g der Org a n e des Do tlers. Vom Beginne des Furchungsprozesses *) bis zur E r scheinung des inneren Dottersackes und demnächst bis zum Anfange der Bildung der Organe des Embryo. 2. Periode. Entwicklung der Theile des Embryo. Von der Erscheinung des ersten Organes des inneren Dottersackes bis zur vollkommenen Entwicklung aller Systeme von Organen des Thieres. Durch frühere Arbeiten schienen aber folgende Ansichten bereits erwiesen: 1) Zum Uebergange des Dotters in den Embryo ist die Befruchtung unumgänglich nöthig. 2) Die Befruchtung besteht in der materiellen Einwirkung des Samen auf den Dotter. 3) Diese Einwirkung reicht nur bis zu unendlich kleinen Entfernungen und es muss daher der Same, vermittelst seiner Spermazoida, in Berührung mit der Dottermasse treten. 4) In Folge der Befruchtung bilden sich zuerst die Elementarorgane des Embryo, d. h. die Zellen. *) Die Abgränzung
dieses
Herganges
vorhergehenden im Widerspruch.
scheint
aber
mit der des nächst
410
Physikalisch-mathematische
Wissenschaften.
5 ) D i e Z e l l e n nehmen verschiedene F o r m e n a n , gruppiren sich zu zusammengesetzten Organen des E m b r y o und bilden auf diese W e i s e seinen K ö r p e r . Und so
w a r es denn eine bestimmtere F a s s u n g des u n -
ter 4, genannten
Ausspruches,
Aufsatz liefern sollte. ten des schon von
welche
der
uns
vorliegende
E r schildert demnächst alle früheren
Beobachtern
chungsprozesses und man findet in ihm namentlich Gestalten beschrieben
Einzelhei-
sogenannten
gegen
und ( a u f 4 T a f e l n mit e t w a 1 1 0
sauberen Z e i c h n u n g e n ) a b g e b i l d e t , w e l c h e n a e u s - und das der L i m a x - A r t e n W i r beschränken
das E i
n a c h einander
uns hier zunächst auf die
der
ihm beobachteten T h a l s a c h e n
am E n d e
50 sehr
Lim-
annehmen. Mittheilung
der concentrirteren F o r m , in w e l c h e r H e r r W a r n e c k die von
Fur-
selbst
seiner
Ab-
handlung zusammenfasst: D e m Ansehn n a c h sind der (so eben) befruchtete D o t t e r und
der
wohl
unbefruchtete
durchaus
aber in ihrem Verhalten
n i c h t zu unterscheiden
gegen Wasser.
rührung mit diesem, z e r t h e i l e n
sich nämlich die K ö r n c h e n
aus denen der u n b e f r u c h t e t e
Dotter
eine
Die
Veränderung
durchaus
zu
erleiden.
—
B e i der B e -
besteht, ohne
dem
Anscheine
gleichen K ö r n c h e n des befruchteten D o t t e r
sonst nach
werden
dagegen von dem W a s s e r augenblicklich dahin verändert, dafs sie sich vergröfsern und dann w i e d u r c h s i c h t i g e
Bläschen
erscheinen. N a c h d e m hierdurch erwiesen w a r , dafs 1) die D o t t e r m a s s e nach der B e f r u c h t u n g chemisch
ver-
ändert ist, hatte man a . die B e f r u c h t u n g selbst für einen chemischen P r o zess zu halten, w e l c h e r b. in dem befruchteten E i e g e w i s s e V e r ä n d e r u n g e n bedingt,
die zur ferneren E n t w i c k l u n g des E m -
bryo nothwendig sind *). *) Aucli diejenigen S ä t z e , die lins keine bestimmte Vorstellung sind h i e r w ö r t l i c h
citirt.
erwecken
Von einigen neuen A r b e i t e n «¡er M o s k a u e r iVitinf. G e s e l l s c h a f t . 4 1 1
E s ist n o c h nicht a u s g e m a c h t m i s c h e n P r o z e s s e bestellen.
w o r d e n , w o r i n diese c h e -
2) D i e c h e m i s c h e n P r o z e s s e v e r ä n d e r n sicli zugleich mit der weiter f o r t s c h r e i t e n d e n E n t w i c k l u n g des Embryo. 3) D i e F u r c h u n g s k u g e l n entstellen d u r c h A b s c h n ü r u n g o d e r T h e i l u n g ; zuerst theilt sich d e r g a n z e D o t t e r u n d s p ä t e r die F u r c h u n g s k u g e l n i m m e r in z w e i T h e i l e u n d d a h e r ist: 4) D e r F u r c h u n g s p r o z e s s ein totaler.
im D o t t e r
der
Gasteropoden
5) Die F u r c h u n g s k u g e l n h a b e n k e i n e h e t e r o g e n e Hülles t a t t d e r s e l b e n sind sie an d e r O b e r f l ä c h e von einer ä u s s e r s t d ü n n e n S c h i c h t dichten S c h l e i m e s b e d e c k t ; sie sind also von e i n e r S c h l e i m h ü l l e u m g e b e n . (i) D i e F u r c h u n g s k u g e l n sind w a h r e Z e l l e n . 7) In j e d e m S t a d i u m des F u r c h u n g s p r o z e s s e s entstellen n u r vier F u r c h u n g s k u g e l n , d. h. die T h e i l u n g g e h t n i c h t in einer g e o m e t r i s c h e n s o n d e r n in einer arithmetischen P r o g r e s s i o n v o r sich. 8) D i e B i l d u n g d e r n e u e n D o t t e r k u g e l n a u s den allen, richtet sich n a c h d e m Alter d e r F u r c h u n g s k u g e l n . 9) D i e G r ö f s c der F u r c h u n g s k u g e l n ist v o m dritten S t a d i u m an v e r s c h i e d e n . 10) D i e K e r n e ( n u c l e i ) der F u r c h u n g s k u g e l n v e r m e h r e n sich d u r c h T h e i l u n g u n d sind im e n t w i c k e l t e n Z u s t a n d e nichts a n d e r e s als B l ä s c h e n , deren H ü l l e viel dichter ist als die H ü l l e der F u r c h u n g s k u g e l n . 11) D a s K e r n k ü r p e r c h e n (nueleolus) bildet keinen w e s e n t lichen T h e i l eines j e d e n K e r n e s w ä h r e n d der E n t w i c k l u n g d e s s e l b e n ; die K e r n e e n t w i c k e l n sich a u c h , g e g e n K ö l l i k e r ' s Ansicht, o h n e K e r n k ö r p e r c h e n . 12) D e r g a n z e F u r c h u n g s p r o z e s s zerfällt in eine gewisse A n z a h l von S t a d i e n . 13) J e d e s S t a d i u m zerfällt in z w e i H ä l f t e n , w e l c h e durch c h e m i s c h e P r o z e s s e charnkterisirl w e r d e n .
412
Physikalisch-mathematische
Wissenschaften.
Ueber die Slruktur des Laiches und der einzelnen Eier, enthält Herrn VVarnecks Aufsatz unter anderen folgende B e merkungen : D i e Eier der im Wasser lebenden Mollusken sind, wie die von anderen Wasserlhieren, durch eine schleimartige S u b stanz verbunden und das Ansehn ihres Laiches variirt je nach der verschiedenen (Vertheilung u n d ) Beschaffenheit dieser Substanz. So ist der Laich wurmförmig bei den (meisten) Arten der Gattung L i m n a e u s , kürzer und mehr oval bei den eierlegenden Paludinen und bei Limnaeus stagnalioides, schildförmig bei Planorbis. Bei den Landschnecken sind dagegen die Eier ganz frei oder mit ihren Enden nach Art einer P e r lenschnur aneinander gereiht. — N u r der Laich von Limnaeus und Limax soll hier näher beschrieben werden. Die Eier der erstgenannten Gattung sind durch den zugehörigen Schleim nicht allein verbunden, sondern auch von einer dicken Schicht desselben, wie von einem Sacke, eingeschlcssen. Die chemischen Eigenschaften des Schleimes sind von denen des Eiweiss im Innern des Eies verschieden, wie es schon D u m o r t i e r bemerkt hat. Die Einwirkung von einer mit Schwefelsäure versetzten Zuckerlösung färbt das Eiweiss schön karminroth, lässt aber den Schleim ungefärbt. Bei dem Austritt des Laiches aus dem Eileiter enthält jedoch die äusserste Schicht des Schleimes Eiweisskörner, die ihr ein milchiges Ansehn geben. Diese werden nach einiger Zeit von dem W a s s e r aufgelöst und das Ganze wird durchsichtig und man u n t e r scheidet dann sowohl die Dolterkugeln im Innern als auch den zur Verbindung der Eier dienenden flüssigeren Theil des Schleimes, von dem immer dichter w e r d e n d e n , welcher die sackartige Hiille ausmacht und auch zum Anheften des Laiches an allerhand feste Körper und unter anderen auch an das Gehäuse anderer Schnecken dient. Das Ei selbst ist bei den Limnaeus-Arlen an einem Ende etwas zugespitzt und besteht aus dem Eiweiss, dessen Hülle und dem Dotter. Die Hülle des Eiweiss erscheint, selbst bei den stärksten Vergröfserungen, als eine einfache Membran,
Von einigen n e u e n Arbeiten der M o s k a u e r N a t u r i . G e s e l l s c h a f t .
413
w e l c h e durch Zerdrückung des Eies gespalten wird und sich dann auch durch ihre Unauflöslichkeil im W a s s e r s o w o h l als in E s s i g s ä u r e unterscheidet.
D a s E i w e i s s selbst ist so d u r c h -
sichtig und dünnflüssig, dafs seine Auflösung, die durch den Zusatz von W a s s e r
erfolgt,
kautn
auffällt.
Kugelförmig und Kanariengelb gefärbt. Membran,
sondern
nur von
E s ist nicht gelungen
Der
Dotter
ist
E r ist nicht von einer
einer Schleimschicht,
umgeben.
diese S c h i c h t von der übrigen D o t t e r -
substanz abzusondern.
D i e s e letztere
quillt aber w e n n man
den D o t t e r drückt, zuerst nur an einer geplatzten S t e l l e h e r vor.
D a s U e b r i g e bleibt noch Kugelförmig und erfährt
bei fortdauerndem D r u c k e eine g l e i c h m ä ß i g e Limax nur
agrestis
des N a c h t s
ist
eine
der L a n d s c h n e c k e n
auf F r a f s ausgehen.
erst
Zertheilung. welche
B e i P e t e r s b u r g ist sie
im F r ü h j a h r und S o m m e r äusserst selten und man findet dann nur am Abende, n a c h einem R e g e n , hin und wieder ein E x e m plar derselben.
Z u E n d e des Herbstes
giebt es dagegen
in
den G e m ü s e g ä r t e n der U m g e g e n d , in denen sie sich vorzüglich von Kohlblättern n ä h r e n , eine Schnecken. Beneden
von
die F o r m
ungeheure M e n g e dieser
S i e legen ihren L a i c h , der, w i e auch schon van derselben
von kleinen
Nachtfröste.
S p e c i e s in Holland Haufen
besitzt,
beobachtet
hat,
bis zum Eintritt
der
Man findet ihn dann in den F u r c h e n zwischen
Kohlbeeten, wo
die H a u f e n ,
von denen
ein j e d e r von
einem Individuum h e r r ü h r t , zwischen E r d k l u m p e n einer D e c k e von abgefallenen B l ä t t e r n liegen.
nur
und unter
L i m a x agrestis
laicht, auch in der Gefangenschaft, nur w e n n man ihr ausser reichlicher Nahrung auch bietet.
Sie
begatten
E i e r am folgenden
Gelegenheit
zum V e r k r i e c h e n
dar-
sich dann in der N a c h t und legen ihre Morgen
oder
doch
am
nächsten
Tage.
D i e s e E i e r sind weisslich, zu Anfang e t w a s trübe und dabei noch einmal so grofs als die E i e r der L i m n a e e n und P l a n o r ben, obgleich die T h i e r e von manchen Arten der ersteren G a t tung ( z . B . von L i m n a e u s als die von L i m a x agrestis.
stagnatilis)
doppelt so grofs sind
Physikalisch-inatlieinathische Wissenschaften.
III
D i e m i k r o s k o p i s c h e A n s i c h t z e i g t in d e m Ei v o n
Limax
a g r e s t i s: 1) d e n k u g e l f ö r m i g e n D o t t e r , d e r in d e m suspendirt Schleim
und
nur
umgeben
mit
ist.
vielen S a m e n f ä d e n Umrisse
kaum
flüssigen
einer Schicht von Herr
W.
umgeben
hat
ihn
oft von
gefunden,
zu unterscheiden
Eiweiss
dichterem dafs
waren.
Er
so
seine folgert
h i e r a u s , dafs d i e B e f r u c h t u n g d e s E i e s v o r d e r B i l d u n g der Hülle des Eiweisses erfolgt und mithin nicht, w i e Siebold
a n g i e b t , bei d e m r e c e p t a c u l u m
seminis,
s o n d e r n viel f r ü h e r u n d z u m T h e i l s c h o n i m A n f a n g e der Eileiter,
in w e l c h e m H e r r W . a u c h s c h o n
malozoa bemerkt
2) D a s E i w e i s s , w e l c h e s kere
Lage
Sper-
hat. u m den D o t t e r eine weit
als in d e m
Ei
der
Limnacn
stär-
bildet.
Es
v e r d i c k t s i c h bei d e r B e r ü h r u n g m i t W a s s e r u n d sich d a n n in d e u t l i c h a b g e g r ä n z t e F ä d e n 3) E i n e M e m b r a n ,
die m a n
dem Eiweiss bemerkt
noch
tet
erscheint. Analogon
später
Van
ausziehen.
a u s s e r d e m D o t t e r in
u n d w e l c h e f a s t bei j e d e m
dividuum verschieden gewunden ein
lässt
Beneden
der C h a l a z a
und
hatte der
diese
zuerst
Vogcleier
aber, w e g e n ihrer variablen Gestalt, unter des D o t t e r s
sich w i e d e r
erklärt.
Herr
für die erstere A n s i c h t ,
W.
entortille weit gröfser
des Dotters.
Ausserdem
ist
als d i e
sind a u c h
den In-
entscheidet
weil der
a u c h im Eierstocke ohne m e m b r a n ö s e H ü l l e filament
für
gehalten,
N a m e n f i l a m e n t e n t o r t i l l e , f ü r ein z e r r i s s e n e s tesrument
In-
zusammengefal-
Dotter
und
das
Oberfläche
die F a l t e n
dieser
M e m b r a n e so b e s c h a f f e n „ a l s o b s i c h d i e s e l b e u m i r gend einen K ö r p e r
gewunden habe"
und
man
findet
e n d l i c h v o n i h r s t e t s n u r e i n E x e m p l a r in d e n E i e r n , welche mehre Dotter enthalten. Chalaza
der
Vogeleier scheint
Dieses Analogon der Gattung
der
Limax
e i g e n t h ü m l i c h , o d e r ist d o c h b i s h e r w e d e r in d e n E i e r n
Von e i n i g e n n e u e n A r b e i t e n
dui' M o s k a u e r N a t u r i . G e s e l l s c h a f t .
415
der S i i f s w a s s e r s c h n e c k e n , n o c h in d e n e n d e r S e e m u s c h e l n zu b e m e r k e n g e w e s e n . 4) D i e U m h ü l l u n g d e s E i w e i s s c s . Z u n ä c h s t u m d a s E i w e i s s l i e g t , in Gestalt e i n e r z a r t e n H a u t , die i n c i u b r a n a albuminis interna. Man b e m e r k t sie am d e u t l i c h s t e n , w e n n m a n die ä u s s e r e S c h a l e z e r s c h n e i d e t u n d d a s E i z w i s c h e n z w e i Glastafeln c o m p r i m i r t . D i e i n n e r e I l ü l l e bildet d a n n viele L ä n g s - u n d Q u e e r fallen und m a n sieht ü b e r ihr die z w e i C o n t u r e n e i n e r zweiten w e i t dickeren H a u t , w e l c h e gleichfalls d u r c h sichtig u n d s t r u k t u r l o s die ä u s s e r s t e H ü l l e des E i w e i s s e s ( m e m b r a n a albuminis p r i m a r i a s e u e x t e r n a ) ausmacht. N o c h w e i t e r n a c h a u s s e n folirt a b e r auf O
diese eine S c h i c h t zähen S c h l e i m e s , w e l c h e r c o n s i s l e n ter ist als das E i w e i s s selbst u n d den g a n z e n R a u m v o n d e r m e m b r a n a e x t e r n a bis z u r ä u s s e r e n E i e r schale e i n n i m m t . G e g e n diese letztere hin w i r d j e n e r S c h l e i m i m m e r z ä h e r u n d e r l e i c h t e r t d a d u r c h die D u r c h s c h n e i d u n g d e r E i e r s c h a l e , die B l o f s l e g u n g des E i e s u n d die B e o b a c h t u n g d e s D o t t e r . Die äussere E i e r s c h a l e besteht endlich aus einem s e h r dicken S y s t e m e c o n c e n l r i s c h e r S c h i c h t e n . D i e ä u s s e r s t e von diesen h a t eine höckerige Oberfläche, auf w e l c h e r m a n a u c h K r y s t a l l e v o n k o h l e n s a u r e m Kalk b e m e r k t , die s t e l l e n w e i s e zu D r u s e n vereinigt sind. — D a s E i selbst ist bisweilen k u g e l f ö r m i g u n d s o n s t v o n o v a l e m L ä n g s s c h n i t t . A u s s e r d e m bildet a b e r m e i s t e n s eine ä u s s e r e S c h i c h t s e i n e r S c h a l e theils an einem E n d e , theils a u c h an beiden einen spitzigen F o r l s a l z , v e r m ö g e dessen d e r Z u s a m m e n h a n g der einzelnen E i e r , so w i e d e r von a u f g e r e i h ten P e r l e n , stattfindet. D i e E i e r von o v a l e m L ä n g s s c h n i t t h a ben oft eine G r ö f s e , w e l c h e die initiiere u m m e h r als zweim a l übertrifft. Sie sind d o p p e l t , d. h. m a n sieht in ihrer ä u s s e r e n I l ü l l e z w e i vollständige I n d i v i d u e n , in denen a u c h die H ü l l e n des Eiweisses g e l r e n n t sind, mit i h r e r s t u m p f e n Basis an e i n a n d e r gelegt.
416
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
Mehrere Dotterkugeln und in Folge davon mehrere Embryonen, kommen ausnahmweise in einem Ei, sowohl von Limax als auch von Liinnaeus vor. In einzelnen Eiern der letzteren Gattung glaubt Herr W a r n e c k bis zu 70 Dotterkugeln gezählt zu haben. Was die Struktur des Laiches der Landschnecken betrifft, so zeigt sie sich, trotz mehrerer äusseren Verschiedenheiten, doch sehr analog mit der des Laiches der Lymnaeen und Planorben. Die Eier von Limax sind nämlich ebenfalls von einer gemeinsamen äusseren Hülle umgeben, welche aber aus concentrischen Schichten zu bestehen scheint und einen reihenarligen Zusammenhang der Eier bewirkt. Ausserdem ist bei Limax jedes einzelne Ei von derjenigen Schleimschicht umgeben, welche den Raum zwischen der ersten Eiweisshülle und der Eierschale einnimmt, während die Limnaeen-Eier nur alle gemeinschaftlich von dem Schleime eingeschlossen sind. Die Uebereinstimmung der inneren Theile in den Eiern der verschiedenen Gasleropoden ist eine Folge der gleichartigen Bildung ihrer weiblichen Geschlechtstheile. Diese bestehen aus mehreren Drüsen, denen man bisher, ohne gehörige Rücksicht auf die Zusammensetzung des Eies, eine falsche Bedeutung zugeschrieben hat. Der Dotter ist eine Zelle derjenigen Drüse, die der E i e r s t o c k genannt wird und ebenso sind auch die übrigen Theile des Eies Zellen, die in den verschiedenen Theilen des Eileiters und Uterus entstehen und verschiedene Substanzen absondern. Diese Substanzen werden dann von denjenigen Zellen verarbeitet, welche sich aus einer Zelle des Dotters entwickeln und demnächst den Embryo bilden. —
Resultate von mikroskopischen Beobachtungen über I n f u s o r i e n haben die Herren E i c h w a l d , G r o s und C z e r n a y in den in Rede stehenden Bänden bekannt gemacht. Der erstere in zwei Aufsätzen unter der Ueberschrift:
Von einigen neuen Arbeiten der Moskauer Natnrf. Gesellschaft.
Erster
Nachtrag
zur I n f u s o r i e n k u n d e Mit 2 Tafeln *).
417
Russlands.
und Zweiter Nachtrag
zur Infusorienkunde Russlands. Mit 1 Tafel **). E s w e r d e n in denselben die mikroskopischen Thierformen beschrieben, die Herr E i c h w a l d in der Ostsee und in einigen ihr nahe gelegenen Flussmündungen und Teichen g e f u n den hat und zwar respektive bei K a u g e r n , nahe 7 Meilen westlich von Riga, und bei Reval. F ü r die Umgegend von P e t e r s b u r g halte derselbe Beobachter bekanntlich schon früher eine ähnliche Arbeit, unter dem Titel einer Infusorienkunde Russlands, geliefert t ) . Dieser Titel dürfte aber wohl etwas zu viel versprochen haben, denn die neueren Beiträge e r w ä h nen viele Species, die bisher w e d e r in j e n e m a l l g e m e i n e r e n W e r k e von Herrn E i c h w a l d , noch a u c h , wie es ihm scheint, in irgend einem andren beschrieben w a r e n . F ü r die Nomenclatur dieses Theiles der Naturbeschreibung sind d e m nach abermals einige Z u w ä c h s e gewonnen und ausserdem auch wieder eine Aussicht auf den fast mafslosen Umfang welcher derselben bevorsteht. — So ähnlich nämlich alle physikalischen Bedingungen an den zwei Küstenstrichen der Ostsee scheinen, an denen H e r r E i c h w a l d beobachtete, so bemerkt man dennoch unter 212 von Kaugern u n d 194 von Reval beschriebenen Arten von Infusorien, nur 5 5 Uebereinst m m u n gen gegen 296 n u r an einem der beiden Orte gesehene Arten. Man hat hiernach e n t w e d e r a n z u n e h m e n , dafs die mikroskopischen F a u n e n zweier benachbarten Küstenstriche desselben Wasserbeckens in der T h a t aufs äusserste von einander abweichen, oder dafs gegen 200 Species n u r eine fast verschwindende Aliquote einer j e d e n dieser F a u n e n ausmachen • ) Bullet. 1847. No. IV. *•) Daselbst 1849. No. It. t ) Daselbst 1844.
Physikalisch - mathematische
418
und eben d e s h a l b ü b e r d e n
Wissenschaften.
Grad ihrer
noch durchaus nicht zu e i n e m
Urlheil
scheint uns, als würde man die zweite ersleren vorziehen.
B e i d e kommen
Aehnlichkeit
berechtigen.
Es
dieser Annahmen der
aber
darin überein,
dafs
sie die Zahl der Al len von Infusorien, die in der Ostsee, und zwar nur in der N ä h e unvergleichlich Recht
des S t r a n d e s derselben
vorkommen,
g r ö f s e r a l s 4 0 0 erscheinen lassen.
im G e g e n s a l z zu diesen fast erschreckenden
Er-
weiterungen der mikrographischen S y s t e m a t i k , hat H e r r G r o s ein äusserst wirksames Mittel zur R é d u c t i o n gekündigt.
W i r meinen
primitiver Erzeugung
die F ä l l e
derselben
von f r e i w i l l i g e r
und von M e t a m o r p h o s e n
llieils an E i n g e w e i d e w ü r m e r n
anoder
die er
und Iheils an Infusorien b e o b -
achtet zu haben glaubt und v e r m ö g e deren er sich berechtigt hält, mikroskopische T h i e r e und P f l a n z e n ,
die nicht blofs als
verschiedene S p e c i e s , sondern auch als verschiedene Gattungen und Familien aufgezählt worden
s i n d , fur blofse U e b e r -
gangsformen oder zufällige Umbildungen
einer einzelnen A r t
zu erklären ! — Man findet Behauptungen w e l c h e dieser Ansicht
entspre-
chen, in den Aufsätzen des genannten B e o b a c h t e r s unter den Ueberschriften: D e la génération spontanée
ou primitive en g é n é -
ral et en particulier des Helminthes, a v e c 2 planches"). Fragment
d'helminlhologie
et de physiologie
mi-
croscopique, avec 2 planches **). Vorzüglich aber in einem B r i e f e an die Moskauer N a t u r forsch. G e s e l l s c h a f t ! ) , aus w e l c h e m hier einige Auszüge folgen.
D e r Verfasser
erklärt
zuerst, dafs die
Entdeckungen,
w e l c h e er ankündigt, nun endlich die f e h l e n d e n der zwischen
dem P f l a n z e n -
und T h i e r r e i c h e
somit, d e f i n i t i v und ohne W i d e r r e d e ,
* ) IJulIot. I S 4 7 . No. IV. * * ) Daselbst I S 4 9 . N o . I I . -¡-) D a s e l b s t 1 8 4 9 .
No.H.
Mittelglie-
darbieten und
eine von den
aus-
Von einigen neuen A r b e i t e n der M o s k a u e r
gezeichnetsten lösen.
Physiologen
Ausserdem
würden
Naturi. Gesellschaft.
vergeblich aber
angegriffene
diese
419
Aufgabe
Entdeckungen
auch
zum gänzlichen Umsturz der massenhaften Literatur v e r a n l a s s e n , durch w e l c h e man bisher die Infusorien haben glaubt.
beschrieben zu
H e r r G. erinnert sodann an einige schon frü-
her bekannte F ä l l e , in denen bestimmte T h i e r e eine von ihnen durchaus verschiedene Nachkommenschaft liefern.
S o sei es,
wie er im J . 1 8 4 5 nachgewiesen habe, mit V o l v o x tor
und
globa-
so entstehe auch ( n a c h den T h a l s a c h e n in
eben angeführten minlhen)
eine
Aufsatz
Taenia
die man in einer
über primitive
aus
gewissen
seinem
Z e u g u n g bei
kernführenden
Llel-
Blasen,
der P a n c r e a s ähnlichen D r ü s e der
Sepia
(oflicinalis?) finde. — D i e neuen B e o b a c h t u n g e n beziehen sich auf eine könne.
Euglena, Es
sei
die
man
etwa
Euglena
aber ganz unnütz, sich
den spezifischen N a m e n
zu b e l a s t e n ,
viridis
nennen
das Gedächtniss mit
welche
die Infusorien-
beschreiber grade denjenigen F o r m e n beigelegt haben, die sie eben
zeichnen
konnten.
Denn
R e c h t würde man n o c h ferner
mit
Arten derselben aufstellen können. ner Gröfse seien nämlich sen fähig und erzeugten Gestalt.
demselben
Scheine
von
eine ganz zahllose Menge von E u g l e n e n von verschiede-
der mannichfaltigsten
Metamorpho-
dadurch T h i e r e von verschiedenster
S i e seien Urzellen
(des p r o l o c e l l u l e s ) und
bildeten
eben deshalb, j e nach Umständen, durch mannichfallige U e b e r g ä n g e einerseits beliebige Arten der G a t t u n g e n : Navicula,
Coleps,
Aclinophrys,
Vorlicella,
Monas,
Aslasia, Nassula, K e r o n e , A m o e b a e a , C o n f e r v a , Muscus, Z y g n e m a u. v. a. und
andererseits
alle R o t a l o r i e n und Systoliden.
sogar wahrscheinlich, nen
entstehen
könne,
dafs j e d e s und w e n n
Infusorium
Ja
es
sei
aus den E u g l e -
auch für einige
ausserdem noch ein andrer Ursprung v o r k o m m e ,
derselben so b e w e i s e
dies grade die in R e d e stehende l l e t e r o g e n e i l ä t der Zeugung. Herr G. verspricht später zehn T a f e l n kannt zu m a c h e n ,
mit Z e i c h n u n g e n
w e l c h e den ¡Mechanismus j e n e r
malion ohne weiteres veranschaulichen sollen.
be-
Transfor-
E r beschränkt
420
Physikalisch-mathematische
Wissenschaften.
sich demnächst auf folgende vorläufige Angaben über denselben. Wie viele mit ihnen mehr oder veniger verwandte Infusorien, so spalten sich auch die Euglenen in gleiche Theile, deren Zahl von 2 bis zu 64 beträgt, je nach der Gröfse des Individuums, dem Grade seiner Vesiculation, und seiner Anregung durch Licht und Wärme. Sie umgeben sich meist mit einer puppenähnlichen Schleimhülle, ehe sie diese Spaltung vollziehen; auch erfahren sie immer unter einer solchen Hülle ihre zahlreichen Transformationen. So geschehe es dafs das ganze Thier kugelförmig werde ohne sich zu spalten, und dabei eine Entfärbung seiner grünen Blasenräume(vesicules)*) erfahre. Es erzeuge dann bald die verschiedensten Arten von Actrinophrys, welche aber nichts anderes seien als die mit Wimpern versehene Euglenische Membrane, bald V o r l i c e l l e n , die, je nach dem Volumen und dem materiellen Gehalt der Euglenen, sehr verschieden ausfallen. Ebenso entstehen A m o e b a e e n und C o ^ e p s a r t e n aus den Euglenen, wenn diese noch anderen brütenden Einflüssen ausgesetzt werden (!!) Spalte sich dagegen das Thier, nachdem es sich mit seiner Puppe umgeben hat, so sähe man aus ihm „wie in einem Kaleidoscop" Astasien, Monaden, Naviculn, Desmidien u. v. a. hervorgehen. Noch andere Blasen die durch 3 oder 5fache Theilung der Euglenen entstanden sind und welche dann (wie es übrigens immer mit mehr oder weniger Deutlichkeit der Fall sei) einen Kern enthalten, bilden C o n f e r v e n und diese werden ihrerseits zu, keineswegs mikroskopischen, Z e l l e n - M o o s e n ! ! So versichert dann auch Herr G. dafs er in Petersburg gegen Ende Juni „ T h i e r e g e s ä e t " und am 18. August, als er eben von dort abreisen musste, bereits P f l a n z e n v o n 13 M i l l i m e t e r Länge aus denselben erzielt habe. — Der Entstehung von Conferven aus Euglenen, entspricht auch, im*) Herrn G r o s Brief enthält Iiier noch einige gradezn sinnlose Worte die,
vielleicht in F o l g e
von Druckfehlern,
quand s e s vésicules vertes se
folgemlerinafsen
lauten:
décolorent, en pressant par la g o m m e
de décoloration des feuilles, il produit etc. etc.
Von einigen neuen Arbeiten der Moskauer Naturi. Gesellschaft.
421
mer nach Herrn G.'s Angabe, ein Hervorgehen von Individuen dieser letzteren Art aus den Internodien der Conferven — und dennoch gehen die neuen Entdeckungen noch ungleich weiter. Bisweilen sähe man nämlich die Euglene in ihrer Schleimhülle sich winden ohne dafs sie sich spalte. Sie verwandele sich dann in ein Ei, d . h . w e r d e animalischer, indem sich die grüne Füllung ihrer Blasenräume entfärbe, bis dafs man e n d lich einen wohl ausgebildeten Dotter mit zwei oder öfter mit drei Membranen vor sich habe, aus welchem später, je nach der Gröfse und Struktur der Euglene und der Art ihrer W i n dung die mannichfaltigsten Rotatorien entstehen. — Freilich können sich diese von Euglenen abstammenden Rotatorien noch fernerhin durch Eier fortpflanzen, aber man sähe diese in ihrem eignen Körper und unterscheide sie demnach leicht von jenen anderen Eiern in welche sich Euglenen v e r w a n delt haben!! Im allgemeinen seien die grofsen Arten der Euglenen animalisirter, d. h. Proteinhaitiger, als die kleinen und sie können eben deshalb, im Vergleich mit den kleinen, den Stoff zu höher organisirten Thieren hergeben. W e n n sie sich v e r w a n deln wollten, so kämen sie meistens in Menge an die Oberfläche des Wassers und an dieser entscheide der W i n d über die Art ihrer Nachkommenschaft, denn es bedürfe nur der kleinsten B e w e g u n g um aus ihnen e i n g a n z v e r s c h i e d e n e s T h i e r z u e r z e u g e n (!!). Die schleimigen P u p p e n , welche sie zurücklassen, bilden oft auf stehenden Wassern einen ziemlich dicken Ueberzug von zelliger oder netzartiger Anordnung. S o weit Herr G r o s — dessen Schilderungen wohl noch, bis auf weiteres, mit denjenigen Gestalten verglichen w e r d e n dürften, unter denen sich einem T r ä u m e n d e n die Gegenstände darstellen, die er vor seinem Einschlafen gesehen hat. Eine p a r t i e l l e R e d u c t i o n der mikroskopischen Systematik ist für jetzt offenbar wahrscheinlicher als deren gänzlicher Umsturz. — Ermans Russ. Archiv. Bd. IX. H. 3.
28
422
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
Herr C z e r n a i ist ebenfalls dieser Ansicht, indem er in einer M o n o g r a p h i e d e s E s s i g ä l c h e n , mit 1 Tafel*), die Species Vibrio aceti und V. fluvialilis zwar zu einer einzigen zusammenzieht, von dieser aber nach einander die Anatomie, die Ernährung, die Reproduction, die Bewegung, die Wohnorte, die Krankheiten und die Sitten mit einer Sorgfalt schildert, welche sich für Thiere, „deren Beschaffenheit vom Winde abhängt," kaum noch lohnen würde. —
Von Botanischen Abhandlungen enthalten die in Rede stehenden Bände zuerst von Herrn T u r t s c h a n i n o w zwei Fortsetzungen seiner F l o r a B a i c a l e n s i D a h u r i c a s e u d e s c r i p t i o p l a n t a r u m in r e g i o n i b u s e i s et t r a n s b a i c a l e n s i b u s et in D a h u r i a s p o n l e n a s c e n t i u m **). Es ist diese bekanntlich die Frucht einer fast zwanzigjährigen Arbeit, durch welche nun aber auch die Vegetation in einem der schönsten Distrikte von N o r d - A s i e n ebenso genau bekannt wird, wie die eines West-Europäischen Landstriches; sodann von demselben Verfasser: d e c a d e s t e r t i a , q u a r t a , q u i n l a et s e x t a g e n e r u m ( p l a n t a r u m ) a d h u c n o n d e s c r i p t o r u m f ) , welche sich zu kleinerem Theil auf Pflanzen beziehen die Herr K i r i l o w in den nördlichen Provinzen von China gesammelt hat, im Uebrigen aber auf Sendungen aus Heu-Holland, Brasilien und andren schon früher vielfach untersuchten Ländern. Herr J e l j e s n o w hat über die Entwicklung des Pollen und dessen Einwirkung auf das Ovulum während der Bildung des Embryo bei L a r i x E u r o p a e a , 2 Tafeln mit Abbildungen und eine Beschreibung seiner Beobachtungen bekannt gemacht f f ) , von denen er die Resultate folgendermafsen zusammenfasse *) Bullet. 1849. No. III. *+) Daselbst 1846. N o . II; 1847. N o . III; 1848. N o . II; 1849. No. IV. f ) Daselbst 1847. N o . I ; 1848. N o . I I , 1 8 4 9 . N o . III. f f ) Daselbst 1S47. N o . IV.
Von einigen neuen Arbeiten der Moskauer Natorf. Gesellschaft. 4 2 3
1) Bei Larix Europaea ist es die dritte Haut des Pollen, die sich^ nach A b s t r e i f u n g der beiden äusseren, zum Schlauche ausbildet. Es findet sich immer noch eine v i e r t e Haut, welche das Material zur Bildung des Embryo (fovilla) enthält. 2) Die Mündung jedes corpusculum (Embryoführenden Körperchen) ist durch eine Zelle geschlossen, deren OefTnung vor dem Pollenschlauche liegt. 3) Das Ende des Schlauches dringt in das Innere des corpusculum, erreicht aber nicht dessen Boden, sondern erhalt sich in einem gewissen Abstände von der Mündung, in welchem man dasselbe noch nach der Bildung des Embryo erkennen kann. 4) Jedes corpusculum wird durch ein eignes Pollenkorn befruchtet. 5) Das Rudiment des Embryo oder das von Schleiden sogenannte Embryokügelchen, ist nicht eine unmittelbare Fortsetzung des Pollenschlauches oder der dritten Haut des Pollen. 6) Die Gruppe von Zellen welche das Ende des f u n i c u l u s einnimmt, bildet sich nicht am Boden des Embryokügelchen. 7) Der Embryo entsteht im Inneren des corpusculum. Er tritt nur durch Verlängerung des funiculus in das en.dospermatische Gewebe.
Wir haben schliefslich auch zwei physikalische Aufsätze zu erwähnen, welche der Moskauer Nalurf. Gesellschaft von Herrn G. S c h w e i z e r mitgetheilt wurden. Der eine enthält: „Notizen über den von ihm 1849 April 11 entdeckten Cometen"*), welche man bereits in dem entsprechenden Bande von S c h u m a c h e r s A s t r o n o m i s c h e n N a c h r i c h t e n mit *) Bullet. 1849. No.II. 28*
424
Physikalisch -mathematische Wissenschaften.
den nöthigen Beobachtungen an anderen Orten vereinigt findet. — Auf die zweite Notiz desselben Verfassers über einen 1849 November 25 beobachteten H a l o ' ) werden wir dagegen in der Fortsetzung dieses Archives zurückkommen. — *) Bullet. 1850. No. I.
Zur Statistik von Moskau. (Aas den Otetschestwennya Sapiski).
3 1 ach dem „Olschot" des Ober-Polizeimeisters von Moskau für 1846 betrug die Bevölkerung der Stadt in diesem Jahre 366093 Personen. Mehr als ein Drittel der ganzen Einwohnerzahl (125812) bestand aus Bauern, von denen über die Hälfte (69172) Leibeigene von Privatpersonen und ungefähr der dritte Theil (40375) Kronbauern waren. Zu ihnen mufs man noch 62187 Hausbedienten (dworowye ljudi), 2517 freie Ackerbauer und 1498 Fuhrleute (jamschtschiki) rechnen, im Ganzen also 192014 Köpfe oder weit mehr als die Hälfte der Gesammtbevölkerung. Wenn wir ferner 68840 Bürger, 13789 Handwerker, 130 Einhöfler (odnodworzy), 9437 Freigelassene, 1085 bei den Fabriken, Manufacturen und Hospitälern angestellte Personen, 22334 verabschiedete oder beurlaubte Soldaten und 11674 Soldatenfrauen in diese Kategorie aufnehmen, so erhalten wir für die untere Klasse der Moskauer Bevölkerung eine Tolalzahl von 319305 Seelen. Die übrigen Stände (heilen sich folgendermafsen ein: Personen unbestimmten Standes (rasnolschinzy) 6520, Kaufleute dritter Gilde 12159, Kaufleute zweiter und erster Gilde und Ehrenbürger 3272, Geistlichkeit (1521 Kloster- und 4879 Weltgeislliche) 6400, persönlicher Adel 9401, Erbadel 8583 — im Ganzen 46335 Seelen oder fast nur der achte Theil der G esammlbevölkerung.
426
Industrie und Handel.
Um jedoch das Verhältniss der niederen Klassen zur mittleren und höheren zu bestimmen, mufs auch ihre Eintheilung nach Geschlecht und Alter berücksichtigt werden. Bei letzleren stand sich die Zahl der männlichen und weiblichen Personen ziemlich gleich: mit Ausschlufs der Klostergeistlichkeit kamen auf 13002 erwachsene Miinner 11952 Frauen, und unter 19860 Kindern befanden sich 9812 männlichen, 10048 weiblichen Geschlechts. W a s aber die unteren Klassen betrifft, so ist diese Gleichmäfsigkeit nur bei den Bürgern, Handwerkern und Freigelassenen zu finden. Es kamen nämlich unter ihnen auf 36176 erwachsene Männer 31141 Frauen und von 24781 Kindern waren 12082 Knaben und 12709 Mädchen. Der Rest der Bevölkerung bestand aus 134131 erwachsenen Männern, 70711 Weibern, 11853 Knaben und 11015 Mädchen und war in folgender Weise zusammengesetzt: Privatleibeigne 48569 Männer, 17207 Weiber, 3396 Kinder 2809 — 10225 — Kronbauern 27423 — Hausgesinde mit 12214 — 3848 — Pässen 24012 — Soldatenfrauen 11595 — 79 — mit . . . . • • • Hausgesinde bei 5732 — ihren Herrsch.^ . 9663 — 7018 .-rDiese letzten Ziffern sind besonders merkwürdig; 22413 Hausbedienten leben bei ihren Herrschaften, von denen höchstens 2200 Familien vorhanden sind. Auf jedes „Herrenhaus" kann man daher im Durchschnitt mehr als 10 Domestiken rechnen. In den siebzig Gerichts- und Verwaltungsbehörden befinden sich etwa 4390 Personen im Dienst. Die s c h w a r z e oder Klostergeistlichkeit zählt in den 10 Mannsklöstern 606 erwachsene und 92 minderjährige, in den 7 Frauenklöstern 754 erwachsene und 79 minderjährige Glieder. 1141 w e i f s e oder Weltgeistliche der orthodoxen Kirche (mit Weibern und Kindern 4833 Köpfe) verrichten den Gottesdienst in den 5 Kathedralen und 252 Kirchen.
Zur Statistik von Moskau.
427
Die Thätigkeit des Handeisslandes, der mit Einschluss der Bürger und Handwerker wenigstens 98000 Personen (gegen 35000 Familien) in sich schliefst, läfst sich aus folgenden Angaben beurtheilen: In 479 Fabriken betrug der Werth der im genannten J a h r e producirten Waaren 20581813 Silberrubel; in 162 Sawoden wurden für 3689255 S. R., und in 2564 Werkstätten für 3955393 S. R. Artikel verschiedener Gattung verarbeitet. Der eigentliche Handel ward in 413 Magazinen und 7353 Läden geführt, und in ersteren Waaren zum Belauf von 8217430 S. R., in letzteren von 22291439 S. R. verkauft. Man kann demnach auf 35000 zum Handelsslande gehörige Familien annähernd gegen 11000 Besitzer von Fabriken, Sawoden, verschiedenen Anstalten, Magazinen und Läden rechnen. Die Fabriken, Sawoden und Werkstätten beschäftigen 58651 Arbeiter und 2905 Arbeiterinnen. , Fuhrleute (iswoschtschiki) giebt es in Moskau 19480; im Dienste bei ihrer E r b herrschaft stehen, wie schon bemerkt, 22413 Personen. Bei dem übrigen wohlhabenden Theile der Bevölkerung (mitAusschlufs des Erbadels) als: persönlicher Adel, Rasnotschinzen, Weltgeistlichkeit, Ehrenbürger und Kaufmannschaft, im Ganzen ungefähr 10700 Familien, kann das Gesinde auf nicht unter 40000 Köpfe angeschlagen w e r d e n , so dafs nach dieser Berechnung mehr als der sechste Theil der Bevölkerung von Moskau zur dienenden Klasse gehört. An Viehsland gab es in Moskau 25159 Pferde, 95 Ochsen, 14 Stiere, 4465 Kühe, 496 Kälber, 337 Hammel, 208 Schafe, 303 Böcke, 278 Ziegen, 758 Schweine, in Allem 32013 Stück. Die Einwohner leben in 17419 Privathäusern, von denen nur 5529 von Stein sind. Man zählt 455 Krongebäude, darunter 4 Paläste und 9 Kasernen. Die Zahl der gröfseren Strafsen beträgt 9 7 , die der kleineren 137, der Gassen (pereülki) 513, der Plätze 54 (aufser vier grofsen F e l d e r n ) , von welchen 41 als Märkte benutzt werden. Es giebt 68 deutsche und 150 russische Bäckereien, und 27 Condilorläden, in welchen 19646 P u d Backwerk für 91735 S. R. verkauft werden. In 288 Wirthshäusern, Restaurationen und Garküchen wurden
428
Industrie and Handel.
197130 P f u n d T h e e und 38047 P u d Z u c k e r zum W e r t h e von 827035 S. R . consumirt, von anderen V o r r ä t h e n aber f ü r 514540 S. R. Ausserdem verkaufte man starke Getränke in 600 Kellern, Schenken und ähnlichen Localen. Die öffentliche Reinlichkeit wird durch 5 städtische und 30 Privat-Badeanstalten befördert, w e l c h e im L a u f e des J a h r s 1846 von 3847544 P e r s o n e n besucht w u r d e n . Ohne daher die Flussbäder im S o m m e r und die grofse Anzahl der h ä u s lichen Badestuben in B e t r a c h t zu ziehen, findet es sich, dafs j e d e r Moskauer im Durchschnitt zehnmal des J a h r s ins Bad geht. — V o n den öffentlichen V e r g n ü g u n g s - Anstalten w u r d e n die T h e a t e r von 201016 P e r s o n e n b e s u c h t , so dafs w e n n w i r auch a n n ä h m e n , dafs keiner von den B e w o h n e r n Moskau's m e h r als einmal im J a h r ins T h e a t e r g e h t , es unter 366093 Menschen 164187 giebt, die gar nicht hineinkommen. D a es jedoch nicht glaublich i s t , dafs von den 27776 K ö p f e n , aus denen der Adel, die E h r e n b ü r g e r u n d die K a u f m a n n s c h a f t der beiden ersten Gilden bestehen, ein jeder im Durchschnitt w e niger als fünfmal jährlich das T h e a t e r b e s u c h t , so ergiebt es sich, dafs von den übrigen E i n w o h n e r n 63036 n u r einmal u n d 275281 niemals im T h e a t e r w a r e n . In den Conzerten des adligen Vereins (Blagorodnoje «Sobranie) fanden sich 870D Z u hörer u n d Z u h ö r e r i n n e n ein. Auf den Bällen und Maskeraden dieses Vereins und des grofsen T h e a t e r s w a r e n 26594 P e r s o n e n gegenwärtig. Im Kaufmanns-Verein (Kupetscheskoje «Sobranie) an den gewöhnlichen T a g e n 51576, auf den Bällen und Maskeraden 4 9 3 3 ; in den Clubs (dem englischen, adligen und deutschen) und im Vauxhall 213278 P e r s o n e n . Endlich lustwandelten die E i n w o h n e r von Moskau auf 19 B o u l e v a r d s und in 5 öffentlichen G ä r t e n , nahmen Theil an 3 0 Volksfesten, 17 W e t t r e n n e n und 16 W e t t l ä u f e n . An vielen P u n k t e n der Hauptstadt fanden Kunstreiter- und Seiltänzer-Vorstellungen statt. In 9 5 A r m e n h ä u s e r ( b o g a d e l n j a ) w u r d e n im genannten J a h r e 7178 alterschwache und v e r s t ü m m e l t e L e u t e verpflegt.
Z u r Statistik von M o s k a u .
429
In 56 Krankenhäuser, die mit 5298 Bellen versehen sind, w u r den 41959 Patienten aufgenommen ; von je 9 Einwohnern w a r mithin e i n e r im Hospital. Aerzte giebt es 323 oder 1 auf 1133 E i n w o h n e r , Hebammen 128 oder 1 auf 804 mannbare Frauenzimmer. Unter 38829 Kindern männlichen und 33841 weiblichen Geschlechts, die in Moskau aufwachsen, besuchten nur 10666 Knaben und 3093 Mädchen die verschiedenen Unterrichtsanstalten. Die Zahl dieser Institute beläufl sich auf 105, darunter 94 Primairschulen mit 1703 Schüler und 905 Schülerinnen. Es giebt in Moskau 8 P r i v a l - und 8 K r ö n - D r u c k e r e i e n , so wie 2 8 Buchhandlungen mit russischen und 7 mit ausländischen Büchern. W a s den sittlichen Z u s t a n d der Hauptstadt betrifft, so wurden im L a u f e des Jahrs, 2387 V e r b r e c h e n begangen, w e g e n deren 21526 Personen von der Polizei zur Haft gebracht w u r d e n . Diese Verbrechen zerfielen in folgende Kategorieen: Gegen die Person — Mordthalen 5, versuchte Todtschläge 6 , Vergiftungen 4 , körperliche Verletzungen 10, H a n d e l mit Rekruten 3 , Aneignung von Leibeigenen 1, persönliche Angriffe 121 — in Allem 150. Gegen das Eigenthum — Kirchenraub 1, Slrafsenraub 2, Mordbrennerei 6 , Verdacht der Mordbrennerei 5 , betrügerischer Diebstahl 365, Hausdiebstahl 6 4 5 , Verdacht des Diebstahls 2 3 , Pferdediebstahl 12, Fälschung 3 0 , Mifsbrauch des Amts 19, W u c h e r 1 — in Allem 1106. Gegen polizeiliche Verordnungen — Anfertigung untergeschobener Akten 5 7 , Passlosigkeit und Landstreicherei 496, Ungehorsam gegen die Anordnung der Vorgesetzten 17, B e herbergung von Entlaufenen 3 6 , unerlaubter Schank (kortschemstwo) 3 6 , Contrebande 18, R u h e s t ö r u n g 5 , Annahme von falschen Nainen 2 , Verlust von Documenten 1", Vorzeigung falscher Pässe 21, Anfertigung falscher Pässe 9 , Nichtablieferung von Pässen 1 , Nichlergrcifung eines bestimmten
430
Industrie und Hände).
Gewerbes in der gesetzlichen Zeit 3, zum viertenmal bemerkte Einlassung von Leuten in Wirthshäusern in unanständiger Kleidung 1, Flucht von Arrestanten 5 , Verletzung des Handelsgesetzes 21 — in Allem 730. Gegen die Sittlichkeit — Nothzucht und Gewalt 5 , unnatürliche Laster 7, Castration 3, Aussetzung von Kindern 12, Unzucht und Ehebruch 2 2 , Beleidigung der väterlichen Gewalt 20, Verbrechen gegen die Familie 5 — in Allem 74. Ausserdem wurden Untersuchungen eingeleitet: wegen Selbstmord 20, Versuch zum Selbstmord 1, plötzliche Todesfälle 2 4 6 , Ertränkungen 8 , Falschmünzerei 9 , verschiedene andere Fälle 4 1 — in Allem 305. W e g e n V e r g e h e n wurden zur polizeilichen Haft gebracht : Gegen die Person — Schlägereien, Streitigkeiten und Beleidigungen: 1909 Männer und 301 Weiber. Gegen das Eigenthum — beabsichtigter Diebstahl, Verkauf von gestohlenen Sachen und Hehlerei: 1970 Männer u n d 408 Weiber, Betrug: 102 Männer und 10 Weiber, Nichtbezahlung des Fahrgeldes an Droschkenkutscher: 13 Männer. In Allem 2085 Männer und 418 Weiber. Gegen polizeiliche Verordnungen — Aufnahme von unbekannten Leuten zur U e b e r n a c h t u n g : 4 8 Männer und 8 Weiber, Passlosigkeit aus V e r s e h e n : 8 6 0 M . und 241 VV., Unrechtzeitige Vorzeigung von P ä s s e n : 72 M. und 12 W . , Obdachlosigkeit: 19 M. und 7 W . , Vagabondiren: 354 M. und 184 W . , Bettelei: 1694 M. und 1508 W., Ausgiefsung von U n e i nigkeiten auf die Strafse: 10 M., Absicht eine öffentliche Unanständigkeit zu begehen: 2 M. und 14 W . , beabsichtigtes Orljanka-Spiel: 8 M., Fahren obne Scheine: 8 M., schnelles F a h r e n : 10 M., unanständige H a n d l u n g e n : 3 M. und 3 W., Annahme verschiedener Namen aus Muthwillen: 6 M., Unanständigkeiten auf öffentlicher Strafse begangen: 7 M. — in Allem 32Ö0 Männer und 2065 Weiber. Gegen die Sittlichkeit — wegen Trunkenheit: 6105 Männer und 1319 W e i b e r !
Zur S t a t i s t i k von M o s k a u .
E n d l i c h verfielen
431
n o c h den Händen der Polizei:
wegen
R o h h e i t und U n g e h o r s a m 1 9 0 9 P e r s o n e n männlichen und 3 0 1 weiblichen Geschlechts, w e g e n anderer unwichtiger 4 7 3 männl. und 7 3 w e i b l . , nach männl.,
dem W i l l e n
auf die B i t t e der Herrschaft
Vergehen
der Aeltern
1 2 4 3 männl. und
5
247
weibl., auf die B i t t e der W i r t h e 6 7 9 männl. und 110 weibl. D i e R u h e und Ordnung in der S t a d t Moskau wird durch 4 0 Militair-Hauptwachen
und 3 6 4 S c h i l d w a c h e n ( b u d k i ) ,
wie aufserdem durch 3 8 6 Polizeiwachen gesichert.
der B e a m t e n und des P e r s o n a l s der Stadlpolizei beläuft auf 3 7 2 6 Mann.
so
Die Zahl sich
Uinanez's Reise nach dem Sinai.
V er Verfasser, dessen Reisewerk im gegenwärtigen J a h r e erschienen *), w a r Mitglied einer Commission, die 1842 nach Aegypten abgeschickt wurde, um Quarantaine-Beobachtungen zu machen. Er benutzte seine von Berufsarbeiten freie Zeit zu mehreren Abstechern von Alexandrien nach dem Süden u n d O s t e n , beschrieb aber, wie schon der Titel seines Buches ergiebt, nur seine Reise nach der Halbinsel des Sinai. Doch sind einige Zugaben angehängt, die mehr oder weniger Aegypten und Palästina betreffen und die Herr Umanez schon früher in verschiedenen Zeitschriften drucken liefs. Bekanntlich versieht man unter „Halbinsel des Sinai" den R a u m zwischen zwei Busen des Rothen Meeres, welche von den Orlen Sues und Akaba ihre Namen haben. Die Karten dieser Landstrecke sind bis jetzt alle sehr wenig zuverlässig. Im Norden ist sie von der W ü s t e B e d i e t - e l - T i c h , einer der grauenvollsten Einöden des Morgenlandes, eingenommen: im Süden und an den Küsten der Golfe, von Gruppen Urgebirg, das auf unseren Karten den allgemeinen N a m e n des „sinaitischen Gebirges" führt. Diese Berge bilden m e h r e r e , vom Mittelpunkte der Halbinsel aus in verschiedenen Richtungen auseinander laufende K e t t e n : die nördlichste und zugleich längste derselben hat ihren N a m e n c l - T i c h von der angrän*) I ' o j é s d k a
na S i n a i .
S t . - P . 1850. Zwei Tlieile.
U m a n e z ' s R e i s e nach dem S i n a i .
433
zenden Wüste. Die Uebrigen werden verschiedentlich benannt. Zwischen dieser Kette und einem Winkel der Halbinsel liegt der Hauptknoten aller Höhenzüge, der schon iin hohen Alterthum Horeb und Sinai hiefs. Hier befinden sich auch die höchsten Gipfel: der Mosesberg, Katharinenberg, u. s. w . Messungen auf die man keinesweges sich verlassen kann, haben für diese Gipfel eine Höhe von 7000 bis 8 0 0 0 Fufs über dem Spiegel des Rothen Meeres ergeben, während doch die Vegetation derselben, soviel uns bekannt, einer sul> chen Höhe nicht entsprechend ist. Das griechische Kloster auf dem Sinai ist von einer Menge europäischer Reisenden, darunter sehr geschätzte Namen, besucht worden. Demohnerachtet ist seine Geschichte bis heute sehr dunkel und dürftig. Entweder haben die ungebildeten Mönche sie vergessen, oder das arme und immer unglückliche Kloster hat in der That nur sehr wenig Denkwürdiges erlebt. Drei in der Umgegend nomadisirende B e duinenstämme sind gegen eine gewisse Abgabe vom Kloster selbst und von Reisenden die dahin kommen, seine Beschützer, wie einst skylhische Stämme in der Nachbarschaft des Schwarzen Meeres für Schutzherren der griechischen Colonieen galten, die abwechselnd Schutz und Bedrückung von ihnen erfuhren. Das Kloster des Sinai erfreut sich übrigens verschiedner Freiheiten und Privilegien, welche ihm nachbarliche muhammedanische Fürsten aus Achtung vor der Heiligkeit des Ortes erlheilten, und verwahrt sogar einen Schutzbrief, den ihm der Gründer des Islam (Muhammed) selber gegeben haben soll (!). Es bedarf gar keiner Erinnerung, dafs die Aechtheit dieses Schreibens mehr als zweifelhaft ist; doch mag der rohe Beduine zuweilen daran glauben. Von Kahira bis zum Kloster des Sinai beträgt die Entfernung etwa 4 0 0 Werst. Hat inan die Hauptstadt Aegyptens auf dem grofsen und wohlbekannten Karawanenwege, den auch die alljährlich nach Mekka reisenden Pilger ziehen, verlassen, so muss man um den Golf von Sues biegen. Von Sues aus geht der W e g südwärts, theils am Ufer des Golfes, theils
434
Historisch -philologische
Wissenschaften.
in geringer Entfernung durch Hochthäler sich w i n d e n d , die zum Meere abfallen. Unser W a n d e r e r schlug diesen W e g ein. Auf der Reise von Kahira bis Sues beschäftigen ihn Fragen über die ältere und die jetzt projectirle Verbindung des Nils mit dem Rothen Meere, d . h . den ehemaligen Canal und die heutige Eisenbahn. Durch Triebsand und mehr oder minder unfruchtbare Thäler an der Ostseite des Golfes von Sues gelangt der Reisende endlich in das weite Thal R a c h a , welches Ueberlieferungen zufolge der Ort w a r , wo die Israeliten vor dem Horeb oder Sinai sich versammelten. Ist man auf dieser abschüssigen und von hohem Steingebirg eingeschlossenen Ebene ziemlich hoch gestiegen, so gelangt man in die Kluft Schuaib, welche allmälig sich verengend, noch ein W e r s t höher führt. An der engsten Stelle dieser Kluft erhebt sich das Kloster des Sinai. Auf einem, mit Steinen die von den Bergen herabgerollt, übersäeten Pfade, nahten Herr U m a n e z , seine Reisegefährten und ihre Kameele dieser viereckigen Anhäufung von Gebäuden, die eine hohe Mauer umzieht. An den zwei vorderen Ecken w e h ten zwei Flaggen, die russische Handelsflagge und die von Jerusalem. Vor dem Kloster, längs der §chlucht und des W e g e s , liegt ein Garten von ungefähr drei Desjatinen Landes *). D a s lebhafte Grün von Weinreben, italiänischen P a p peln, Charruben (Johannisbrod) und anderen ß ä u m e n entzückt in einer solchen Oede den Blick des Reisenden, der auf seinem ganzen W e g e keine ähnliche Vegetation gesehen hat. E s ist aber sehr zu v e r w u n d e r n , dafs ein solcher Pflanzenw u c h s gerade hier möglich, in einer Höhe, die 5000 pariser Fufs betragen soll und beinahe dem Simplon gleich ist, wo doch nur T a n n e n , Preusselbeeren und Moos gedeihen, wo nicht einmal der Kohl, den die Mönche des zur Aufnahme von Gästen bestimmten Hauses mit grofser Mühe ziehen, völlig reif wird **). D e r Garten liegt etwa 50 Klafter vom Kloster, *) Kine Desjatine ist gleich 2 0 0 Quadrat-Saj'enen; ein Sajen aber gleich 7 F u f s englisch. **) D e r Verf. übersieht hier, dafs die kalte R e g i o n in der weit südliche-
Umanez's Reise nach dem Sinai.
435
und die Communication bildet ein mit zwei eisernen T h ü r e n verwahrter unterirdischer Gang. D a s Kloster ist längs der Schlucht auf einem steilen Abhang erbaut und kehrt seine Hauptfa^ade dem nordöstlich belegenen Berge der heiligen Epistemia zu. Vorn ist ein tiefes, mit Steinen eingefasstes Bassin, in das man bisweilen Wasser, zum Besten der Ankömmlinge, einlässt. Z u ihrem eigenen Gebrauche haben die Mönche B r u n n e n , welche auch dieses Bassin mit Wasser versorgen. Als die Kameele den Schatten der Klostermauern erreicht hatten, knieten sie ohne Nöthigung nieder und gaben durch ihr klagliches Geschrei zu erkennen, dass die Zeit des Absteigens da sei. T h o r e w a r e n an der Mauer nicht zu sehen, aber sechs Klafter über dem Boden befand sich ein geraümiges F e n s t e r , aus welchem Gestalten in schwarzer Kleidung und Kaputzen hinabschauten. Am Obertheil eines hölzernen Wetterdachs vor dem Fenster w a r eine Rolle befestigt, von welcher das E n d e eines dicken Seiles herabhing. Mittelst dieses Seiles kommt man ins Kloster. W e n n die Mönche ihre Gäste von fern erblicken, so stekken sie gewöhnlich, alä Zeichen der Freude, eine F a h n e auf. D e r Zutritt ins Kloster ist übrigens n u r gestattet, wenn die Gäste ein Empfehlungsschreiben des Priors z u K a h i r a a u f w e i sen können. Diese Regel wird seit alter Zeit beobachtet. Niebuhr halte (im J a h r e 1762) kein solches Schreiben und w u r d e daher nicht eingelassen. Eben dieses Schicksal traf den russischen Fufsreisenden Grigorji Barakji, der zwei T a g e unter den Mauern des Klosters verweilte. Man kam Herrn Umanez mit der F r a g e entgegen, ob er mit einer schriftlichen Empfehlung aus D/owania, d. i. aus dem sinaitischen Klosterhofe zu -Kahira, versehen sei. E r verneinte dies. „Alsdann können wir euch nicht einlassen," entgegnete der Mönch von oben. Herr U. schwieg eine Minute, und rief dann, dass er zwar ein Schreiben habe, dafs es aber weit hervorzulangen ren Breite des Sinai doch nicht so weit abwärts reichen kann wie in den Alpen.
A. d. Uebers.
436
Historisch - p h i l o l o g i s c h e Wissenschaften.
sei; er w ü r d e es abgeben w e n n sie ihn hinaufgezogen hallen. „Ohne Empfehlungsschreiben dürfen wir euch nicht aufnehmen," w a r die Antwort. Da H e r r U. solche Entschlossenheit sah, zeigte er endlich zwei Briefe, den einen vom Erzbischof aus Constantinopel und den anderen voin Prior aus Kahira. Sogleich liefsen sie das Seil hinab, um zuvörderst die Certificate zu bekommen. Eine Minute später liefsen sie es wieder hinab, um das Reisegerälh in E m p f a n g zu nehmen. Endlich, als ein Theil des Geräthes oben w a r , kam ein anderes, neues und viermal dickeres Seil für den Gast herunter. Am Ende dieses Seiles w a r eine Schlinge, in welcher Herr U. Platz n a h m und sich mit den Händen fest anklammerte. Jetzt w a n den sie ihn empor. U m nicht mit den Knieen an die Mauer zu schlagen, musste er sich etwas von derselben abstofsen, bis er unter das Wetterdach und zum Fenster gekommen war. Die Schlinge blieb an der Rolle fest, und Herr U. schaukelte sich da oben wie ein Waarenballen an der Segelstange, wenn das Schiff befrachtet wird. Einer der Mönche stemmte die eine Hand auf die Fensterbekleidung, griff mit der anderen behutsam nach der Schlinge, und zog sie zu sich heran. Im selben Augenblick liefs das Seil an der Rolle etwas nach, u n d im nächsten Augenblick befand sich der Gast innerhalb des Fensters und umgeben von sechsen der ehrenwerthen Mönche, die ihn froh bewillkommten. Einer derselben, ein schöngewachsener und stattlicher Mann mit der edelsten Gesichtsbildung und langem schneeweissem Barte, reichte Herrn U., die erbrochenen aber noch nicht durchgelesenen Empfehlungsbriefe in der linken Hand haltend, mit grofser Freundlichkeit seine Rechte, umarmte und küsste ihn dreimal, wie einen lange E r w a r t e t e n , und lud ihn ein, ihm zu folgen. Dieser e h r w ü r dige Mönch war der Vorsteher ( I g u m e n ) des Klosters, P a t e r Nikanor. In gleicher Linie mit dem Fensler befand sich ein kleiner freier Platz, aus welchem eine kleine T r e p p e von einigen S t u fen weiter führte. Alle die inneren Klostergebäude erscheinen beinahe in gleicher Linie mit dem Fensler. In dem kleinen
U m a n e z ' s R e i s e nacli dem Sinai.
437
L l o f r a u m ist e i n e g r o f s e S p i l l e e r r i c h t e t , u m die sich ein s c h w e b e n d e L e i t e r d i e n e n d e s Seil w i n d e t .
als
Einer der Mönche
h a t die A u f s i c h t ü b e r d i e s e S p i l l e u n d ist mit m e h r e r e n
Sei-
len u n d L e i n e n v o n v e r s c h i e d n e r
Um
aber
F e u c h t i g k e i t zu s c h ü t z e n , ist ein W e t t e r d a c h
dar-
diese
vor
Dicke versehen.
über. D u r c h enge und g e w u n d e n e G a n g e gelangen wir, anfangs eine sanfte Abdachung hinunter gehend und dann etwas aufw ä r t s s t e i g e n d , e n d l i c h in den v o r n e h m s t e n
H o f , w o die B e -
h a u s u n g e n des Igumen, seines Schriftführers und einer grofsen Anzahl
Mönche,
das für
Gäste
das G e m a c h bestimmte
zu S i t z u n g e n
L o c a l sich
der Synode
befinden.
und
D e r Hof
ist
l ä n g l i c h , m i t S t e i n p l a t t e n g e p f l a s t e r t , u n d a n allen S e i t e n v o n Gebäuden
verschiedner
Gröfse und
Bauart
umgeben,
w e l c h e n die Z i n n e n d e r K l o s t e r m a u e r n sich e r h e b e n .
hinter Ein im
Hofe erbauter schöner Brunnen wird von alten W e i n r e b e n einem hölzernen Geländer überschattet.
Mauern und der Horeb selber, welcher das Kloster noch 700 Fufs ü b e r r a g t , ihren Raum.
Ringsherum
Schatten
herrscht
beinahe
wahre
n u r das Geräusch von Schritten
an
A u s s e r d e m w e r f e n die über
um
den ganzen
Todtenslille; man
und das eintönige
hört
Rauschen
des reinen hellen B r u n n e n w a s s e r s , welches mittelst unterirdischer R ö h r e n aus den Bergquellen hierher geleitet wird. Igumen führte unseren
Reisenden
in die z w e i t e E t a g e d e s f ü r G ä s t e
rechts eine T r e p p e bestimmten Flügels,
Der hinan wel-
c h e r a n die d e m H o r e b n ä c h s t e M a u e r sich a n l e h n t . D i e Aufnahmezimmer sind der Vorderseite des
Brunnens
g e l s l ä u f t eine b r e i t e G a l l e r i e , Gemaches
öffnen.
dem
Hofe und zwar
zugewendet.
gerade
L ä n g s des F l ü -
auf die sich die T h ü r e n j e d e s
Die Gemächer haben
sehr wenig
Raum,
sind a b e r a n s t ä n d i g u n d ü p p i g i m o r i e n t a l i s c h e n S t i l e a u s g e schmückt.
D e r B o d e n ist m i t T e p p i c h e n b e l e g t u n d u m die
W ä n d e stehen niedrige Diwane ziger Stuhl.
mit P o l s t e r n ,
a b e r kein e i n -
Im vorderen Winkel vor dem Heiligenbilde
brennt
eine L a m p e , u n d o b e n a n d e r W a n d ist ein S i m s mit allerlei Büchern
religiösen
Inhalts
E r m a n s Russ. Archiv. Bd. IX. H. 3.
in
französischer
und 29
englischer
438
Historisch • philologische Wissenschaften.
Sprache für die Missionare der Bibelgesellschaften angebracht. In der Gallerie stehen mehrere hölzerne Stühle von verschiedenem Kaliber, darunter ein altmodischer Lehnstuhl mit Schnitzarbeit, der ohne Zweifel schon ein P a a r J a h r h u n d e r t e existirt. Auf diesen liisst man den geeintesten Gast niedersitzen. Hr. U. hatte die F r e u d e , mit zwei Mönchen aus Bulgarien und einem Eingebornen 'aus Odessa russisch sprechen zu können. Das Viereck, welches die umgebende Mauer bildet, hat ungefähr 120 Schritt in der Länge und 100 in der Breite. Die Höhe der Mauern ist nicht überall dieselbe und richtet sich nach der ungleichen Oberfläche des Ortes. Die vordere Mauer scheint die höchste zu sein; die Winkel springen v o r ; einige derselben sind abgerundet, ähnlich den Eckthürmen der Festungen. An einer oder zwei Stellen sind kleine Kanonen aufgepflanzt. Am T h u n n e der westlichen Ecke befindet sich die W o h n u n g des Verwalters. Dieser hat- die Aussicht auf die Ebene Racha mit dem W e g e von Sues, und auf den Klostergarten. Z u m Schulze des letzteren und des oben erw ä h n t e n unterirdischen Ganges vor Ueherfällen der Araber, steht im Fenster seiner Zelle eine der Kanonen. Den unteren Theil der Mauern und besonders der T h ü r m e bilden sehr grofse Steine von regelmäfsiger Form und kalkartiger N a t u r ; doch befinden sich hin und wieder auch Granitsteine unter ihnen. D e r ganze übrige Theil der Mauer nach oben ist aus Steinen von geringerer Gröfse erbaut. Die Mauern haben gleiche Farbe mit dem Sande der W ü s t e , ausser was neu angebaut oder umgebaut ist, denn dies unterscheidet sich durch seine weisse Farbe. Z u der Zeit, als die Franzosen in Aegypten waren, stürzte ein Theil der östlichen Mauer ein, w u r d e aber auf General Klebers B e fehl sofort restaurirt, zu welchem Z w e c k e man Steinmetzen aus Kahira schickte. Die Mönche sagten Herrn U . , dafs im Gebirge nicht selten Erdstöfse erfolgten die das ganze Gebäude erschütterten; nur der vornehmste T e m p e l und insonderheit die Stelle des „brennenden Busches" blieben vollkommen ruhig. Ausser dem grofsen F e n s t e r , welches den Ein-
Uinanez's R e i s e n a c h dem
Sinai.
439
gang zum K l o s t e r a u s m a c h t , giebt es an verschiedenen
Stel-
len des Obertheils der Mauern noch kleine F e n s t e r n und e n g e Schiefsscharten, die einem düsteren, im Obertheil der Mauern angelegten Corridor L i c h t geben. An d e r , dem Garten zugewendeten westlichen Mauer ist eine geräumige
mit
blinde P f o r t e ,
grofsen Steinen
verbaut,
w e l c h e , zu m e h r e r e r F e s t i g k e i t , innerhalb noch einen Haufen kleinerer S t e i n e als V o r l a g e haben. sich au der F e s l u n g s m a u e r
Ihr gegenüber
des K l o s t e r s
befindet
eine andere P f o r t e ,
ebenfalls blind, und nur mit drei sehr grofsen und regelmäfsigen Steinen v e r b a u t ,
die man r e c h t geschickt in diese O e f f -
nung eingekeilt
D i e s e beiden
hat.
Eingänge
sind dem E r z -
bischof allein vorbehalten. D e r letzte E r z b i s c h o f w e l c h e r im K l o s t e r g e w o h n t , hiefs Cyrillus.
Er
starb 1 7 6 0 .
S e i t d e m hat man
es als
zweck-
mäfsiger anerkannt, dass dieser hohe Geistliche und sein S t a t t halter nicht h i e r , sondern um den räuberischen
anderswo ihre B e h a u s u n g
haben,
und unmäfsigen F o r d e r u n g e n der
ber bei s e i n e r B e f ö r d e r u n g
zu dieser W ü r d e
zug ins K l o s t e r auszuweichen.
Ara-
und beim E i n -
W e n n der E i n z u g S t a t t finden
soll, wird die P f o r t e geöffnet (d. h. von den sie
ausfüllenden
S t e i n e n frei gemacht) ; man entfernt aber alle A r a b e r die dem Erzbischof
das
Geleite
geben;
denn bei solcher G e l e g e n h e i t
s a m m e l n sich ihrer Hunderte, um ein herkömmliches G e s c h e n k zu empfangen. Pforte
S o b a l d der E r z b i s c h o f herein i s t ,
wieder verstopft.
Das Geschäft,
wird
die
die S t e i n e von die-
s e m E i n g a n g w e g z u w ä l z e n , haben die drei geehrtesten Araber der sinaitischen Niederlassung, w e l c h e zugleich des Erzbischofs vornehmste nen
Leibwächter
sind.
In dieser
sie eine Zeitlang im K l o s t e r
Eigenschaft
und erhalten
woh-
Bewirthung
und r e i c h e G e s c h e n k e von demselben. D e r von den K l o s l e n n a u e r n e i n g e s c h l o s s e n e R a u m ist in 9 oder 1 0 H ö f e von theilt;
verschiedner Gröfse
diese Höfe stehen
durch e n g e ,
dene Gärige und C o r r i d o r e ,
w e l c h e ob
und F o r m
labyrinthisch
eingegewun-
der Unebenheit
B o d e n s bald a u f w ä r t s , bald abwärts g e h e n ,
mit
einander
29*
des in
440
Historisch - p h i l o l o g i s c h e Wissenschaften.
Verbindung. Rings um die Höfe und längs der Durchgänge stehen Gebäude von verschiedner Gröfse und Bauart. Zu den oberen Stockwerken fuhren hölzerne oder steinerne Treppen, die ausserhalb angebracht sind.; von diesen führen Gänge in andere Gebäude und wieder zu Treppen. W e n n man nur einmal durch das Ganze gegangen ist, so hat es seine Schwierigkeit, sich den Plan aller dieser Gebäude im Kopfe zu bilden. In zweien oder dreien Höfen ziehen die Mönche Weinreben, Blumen und B ä u m e ; im Hofe des grofsen Tempels aber wachsen zwei schöne Cypressen, von denen eine die Klostermauern überragt und aus der Ferne gesehen wird. In allen Theilen des Gebäudes hat man künstlich hineingeleiteles Wasser die Fülle; das beste sollen der „Mosesbrunnen" und der vom „brennenden Busche" geben. Beide befinden sich im niedrigsten Theile des Klosters, nahe dem grofsen Tempel, und stehen verinuthlich unter einander in unterirdischer Verbindung. Der Mosesbrunnen heisst darum so, weil man (vollkommen irrig) annimmt, dass Moses hier die erste Bekanntschaft mit den Töchtern seines nachmaligen Schwähers Jithro gemacht habe. Er befindet sich am Flügel des Tempels zur linken Seite. Die schönste Zierde des Klosters ist der grofse Tempel, seine Cathedrale, welcher zum Gedächtnisse der Verklärung des Herren errichtet worden; wenigstens meint also der jetzige Erzbischof Constantius, und gründet seine Meinung auf die musivische Darstellung dieser neutestamentlichen Begebenheit am Altargewölbe. Das Kloster wird gewöhnlich nach der heiligen Katharina benannt, deren Gebeine hier ruhen. Dagegen sagt Procopius von Cäsarea, welcher im J a h r h u n derte der Erbauung des Klosters lebte, diese Kirche sei zu Ehren der heiligen Jungfrau erbaut worden. Die Cathedrale steht in einem besonderen Hofe nahe der nordöstlichen Mauer. Sie hat die Form eines Parallelogramms, ist 18 Sajen (126 engl. Fufs) lang und 10 Sajen (70 engl. F.) breit. D e r Bau ist einfach, fest und massiv. Durch zwei Reihen ganz granitner, jetzt aber überweisster Säulen mit
U m a n e z ' s R e i s e nacli «lern S i n a i .
441
mit Knäufen verschiedner Ordnungen wird sie in drei Theile getheilt. An jeder Seite stehen 7 Säulen. Den Mönchen zufolge sind die Säulen weiss angestrichen w o r d e n , um dem ebenfalls geweisslen T e m p e l ein freundlicheres Ansehen zu geben. Ihre Höhe beträgt 3 Sajien (21 engl. F.). Oben an den Säulen hangen heilige Bilder, alle Heiligen des Kalenders darstellend, und unten verwahrt man in denselben Reliquien. Die von den Säulen unterstützte Decke ist mit goldenen S t e r nen auf dunkelblauem Grunde geschmückt, und mitten unter den Sternen befindet sich das Bild des Allerhalters. Dicke queerlaufende Pfeile, welche die Säulen von oben befestigen, und S p a r r e n , auf denen ein mit Bleiplatten gedecktes konisches D a c h ruht, gehören in die Zeiten der ersten Erbauung. D e r Marmorboden ist kunstreich gearbeitet und wird sehr rein gehalten; aus regelmäfsigen Stücken verschiedenfarbigen Marmors sind Figuren, Kreise und Vierecke mit unzählbaren V e r zierungen zusammengesetzt, die streng symmetrisch und nach schönem Muster geordnet sind. An den Seiten des Tempels, innerhalb an der Mauer, befinden sich Plätze für die Mönche. An einer der Säulen in einiger Entfernung vom Altare, steht ein reichgeschmückter Lehnstuhl aus Nussbaumholz, mit Schnitzarbeit und V e r g o l d u n g , mit grofsen Adlern an beiden S e i t e n , und einem Baldachin, der von zwei Engeln gehalten wird. Am innern Theil der Lehne hat ein gewisser Cornaro das Kloster abgebildet und die Verklärung Christi dargestellt. Z w e i Reihen grofser Fenstern geben dem T e m p e l schöne B e leuchtung. Am östlichen Theile befindetsich ein gewölbter Alkov, in welchem der Altar steht. Dieser Alkov rückt so weit vor, dass die beiden vordersten Tempelsäulen noch innerhalb desselben stehen. Die Mauer, welche den Altar von dem übrigen T e m p e l abtrennt, ist in byzantinischem Geschmacke mit einigen Reihen von Bildern in geschnitzten Rahmen geschmückt. Oben über der heiligen Pforte befindet sich ein grofses Crucifix aus Cypressenholz. Vergoldung ist, wo es n u r irgend möglich war, in reichem Mafse angewendet. D a s untere Stockwerk der
442
Historisch - philologische Wissenschaften.
Mauer überkleiden viereckige Marmorplalten mit Darstellungen allerlei biblischer Begebenheiten. D e r Altar ist um einige Stufen über den Boden erhöht, l i e b e r einem marmornen Thronsitze ruht auf vier Säulen und in F o r m einer Krone, eine Kuppel mit verschiedenen Bildern auf Plättchen aus P e r l mutter und Schildkrötenschalen. Von den grofsen Ikonen an beiden Seiten des Portals stellt das eine den Erlöser auf einem T h r o n e sitzend d a r , das andere die Mutter Gottes mit den vier Propheten D a v i d , Salomon, J e s a j a s und Daniel, welche die Geburt Christi geweissagt haben. V o r fast allen Bildern sind L a m p e n angebracht und in der Mitte der Kirche hangen fünf silberne und krystallene Kronleuchter. Die meisten L e u c h t e r , L a m p e n und eine Menge anderer zum Gottesdienst gehöriger Dinge sind aus reinem Silber und tragen den russischen Stempel. An den Mauern befinden sich viele Heiligenbilder in ziemlich kostbaren, aber sehr einfachen Rahmen. Im Innern der Altarwölbung haben sich alte musivische Bilder erhalten. Hier sieht man die Verklärung des H e r r e n : in der Mitte steht der Erlöser, zu seiner Rechten Elias, zur Linken Moses; unten im V o r g r u n d e liegen J o h a n n e s , P e t r u s und Jacobus, von Staunen hingerissen und von dem himmlischen Glänze geblendet. Ein Theil der Mauer von dem Altargewölbe bis zur D e c k e stellt gleichfalls musivische Figuren dar. Ueber der Wölbung selbst befinden sich z w e i , durch eine enge Scheidewand getrennte F e n s t e r n ; an beiden Seiten derselben ist Moses dargestellt, einmal vor dem brennenden Busche, das andere Mal mit den Gesetztafeln. Z u den Füfsen beider Figuren s c h w e ben zwei Cherubim. W e i t e r unten, an den Seiten der_VVölbung, bemerkt man zwei Medaillone mit Bildnissen der G r ü n der des Klosters, Kaisers Justinian und seiner Gemahlin Theodora. D i e Gebeine der heil. Katharina v e r w a h r t ein kleiner S a r g aus cararischem Marmor mit erhabener Bildnerei. D e r m a r m o r n e Deckel läfst sich abheben. Ueber dem Sarge ist
Umanez's Iìeisc natii ilem Sinai.
443
ein m a r m o r n e r Baldachin nebst Kuppel angebracht und auf einer, in die Mauer vor demselben eingefugten polirten Marmortafel ist das Bildniss der Märtyrerin zu schauen. V o r dieser Tafel und über dem Sarge hangen sieben Lampen die man nie verlöschen liisst. Die Gebeine bestehen aus Schädel und H ä n d e n ; an dem Schädel ist eine mit verschiedenfarbigen Steinen besetzte goldne Krone befestigt, und an den Fingerknochen stecken einige einfache goldne Ringe. Die Reliquien liegen in einem kostbaren Präsenlirteller und dieser steht in Baumwolle, mit welcher drei Viertheile des Raumes ausgefüllt sind. Bei Eröffnung des Sarges verbreitete sich der Wolilgeruch von Rosenöl im ganzen T e m p e l . Die Zarin Katharina Aleksjeewna, Peters I. S c h w e s t e r , schickte einen grofsen silbernen und vergoldeten Sarg hierher; dieser wird unter den Kostbarkeiten des Klosters a u f b e w a h r t , und man zeigte unserem Reisenden nur den Deckel, auf welchem die Heilige in Relief und nach grofsem Mafsstabe dargestellt ist. Ausser dem gewölbten Alkov des Hochaltars giebt es im T e m p e l neun Capellen, von welchen sechs an den Seiten (an jeder drei), und zwei in einer Reihe mit dem Altare befindlich. D u r c h die beiden letzteren k o m m t man in die neunte Capelle, hinter dem Altare selber. Diese ist der heiligste Ort im ganzen Kloster, der Ort des brennenden Busches, wo der H e r r den Mose rief und ihm zum ersten Male sagte: „Ich bin der Gott deiner Väter." D e r „ M o s e s b r u n n e n " befindet sich an der linken Seite des Tempels, an einem Flügel, aus welchem eine besondere T h ü r e zu demselben führt. D e r Brunnen ist immer voll W a s ser, das seinem R a n d e sehr n a h e steht. Die Bibliothek beherbergt ein nicht grofses Gemach mit W a n d b r e t t e r n . Die Bücher liegen in grofser Unordnung, stellenweise sogar in Haufen. D e r ansehnlichste Theil sind Handschriften, von denen viele eine stattliche Dicke haben. Alle diese Handschriften sind in griechischer und arabischer Sprache und die Verfasser der meisten — Kirchenväter. Die arabi-, sehen Manuscripte bieten nichts besonders merkwürdiges.
Historisch-philologische
444
Die gedruckten griechischen hier fast g a r nicht.
Wissenschaften.
B ü c h e r sind a l t ; n e u e giebt
H e r r LJ. b e m e r k t ,
seien schlechte L i e b h a b e r
die jetzigen
von B ü c h e r n ,
es
Mönche
wie überhaupt vorn
L e s e n , und bekümmern sich sehr wenig um ihre Bibliothek. Nachdem
unser
Wanderer
Klosters b e s e h e n , w ü n s c h t e steigen.
er
alle auf
Merkwürdigkeiten
den Gipfel
Man muss zu diesem Z w e c k e durch eine Kluft hinan,
auf einem P f a d e , den gröfstentheils ausgehauene Stufen den.
des
des Sinai zu
Drei
Mönche und einige A r a b e r begleiteten
bil-
Herrn U .
als F ü h r e r und erzählten ihm die auf Oertlichkeiten sich b e ziehenden S a g e n .
In einer gewissen H ö h e über dem K l o s t e r
steht die kleine K i r c h e „ M a r i a V e r k ü n d i g u n g " : ohne
Stuccatur
mit
flachem
Dache,
vier
ohne alle
Mauern
Zierrathen
und Heiligenbilder im Innern, mit einigen Säulen und U e b e r bleibseln
einer S c h e i d e w a n d ,
w e l c h e vormals den Altar von
dem übrigen T h c i l der K i r c h e absonderte.
B e i n a h e im nämli-
chen Zustande fand H e r r U. alle über das G e b i r g e zerstreuten K i r c h e n u n b e w o h n t e r K l ö s t e r , die er an diesem und dem folgenden T a g e sah.
E i n e A u s n a h m e m a c h t e nur eine K i r c h e im
K l o s t e r der „Vierzig M ä r t y r e r " , w e i l dieses K l o s t e r b e w o h n t und mit Mauern umzogen ist.
E i n e r wahrscheinlich übertreibenden
S a g e zufolge lebten einst g e g e n 6 0 0 0 M ö n c h e in diesen B e r g e n . Ueber
der K i r c h e
„ M a r i a V e r k ü n d i g u n g " verengt
die Kluft n o c h m e h r und der P f a d Kamme zwischen
des B e r g r ü c k e n s senkrechten
wird steiler.
Nach
sich dem
zu wird sie nur n o c h eine S p a l t e
Granitfelsen.
Hier
befindet sich
eine
e n g e überwölbte Oeffnung oder P f o r t e im B e r g e , die nur für einen D u r c h g e h e n d e n R a u m h a t ; j e n s e i t derselben und e t w a 5 0 Sajen
weiter ist eine andere ähnliche P f o r t e ,
dem K a m m e des Horeb.
g e r , die schaarenweise hierherkamen zu ersteigen, eine ganze W o c h e Mönche
und
auf
liefsen
nur
um die heiligen Gipfel
im K l o s t e r f a s t e n ,
und das heilige Abendmahl einnehmen. standen
gerade
In früheren Z e i l e n mussten die P i l beichten
Oben an den Pforten
diejenigen
hindurchgehen,
w e l c h e von dem I g u m e n eine B e s c h e i n i g u n g darüber aufweisen k o n n t e n , dafs sie diesen frommen Geschäften
sich unter-
Umanez's Reise nach dem
Sinai.
445
zogen. Nach sechstägigem Fasten und Gebele erlaubte man den Erwiililteslen, hinanzusteigen; an der ersten Pforte erwartete sie ein Geistlicher zur Beichte und an der zweiten ein Priester in vollständigem Ornate mit dem heiligen Abendmahl. Geistlicher Gesang, brennende Fackeln und Räucherung unter freiem Himmel vollendeten die Feierlichkeit, und wenn nun der Theilnehmer über die Schwelle des D u r c h gangs trat, so mag man sich vorstellen, was für Regungen in dieser Minute seine Brust erfüllten. Auf die letzte Pforte zuschreitend, erblickt man in ihrem Rahmen nur den blauen Himmel. Auf dem ganzen W e g e vom Kloster bis hierher, bemerkte Herr U. nicht die leiseste Spur von Leben, kein Fleckchen E r d e , wo Pflanzen sich anhängen könnten. Ueberall thürmen sich Steine über Steine, ein Felsen lastet auf dem anderen, ein Absturz ist dem anderen vorgeschoben. Aus der letzten Pforte tretend, finden wir uns wie in eine andere Welt versetzt. Ein gewaltiges Bergpanorama liegt vor unseren Augen ausgebreitet. Aber die merkwürdigsten Gegenstände sind zwei ungeheuere Pike, die vom Kamme aus zum Himmel hin ansteigen und denen der Horeb gleichsam als Sockel dient. Sie heissen der Mosesberg und der Katharinenberg. In dieser auf 6700 pariser Fufs geschätzten Höhe ist ein kleines Stück L a n d , von einer Mauer umgeben, mit frischem Grün und einer schönen Cypresse, in deren Schatten man ausruhen kann. Im vorigen Jahrhundert wuchsen hier sogar drei Olivenbäume. Daneben steht die Kirche des heiligen Elias, mit der Capelle des heiligen Elisa. In der Kirche zeigt man den Ort, wo der P r o p h e t , vor seinen Feinden flüchtig, die es auf sein Leben abgesehen hatten, nach vierzigtägiger Wanderung auf den heiligen Berg eine ziemlich geraume Zeit verweilte. In der Nähe der Kirche sieht man die T r ü m m e r eines alten Gebäudes, das eine Moschee gewesen sein soll. Nahe denselben ist auch ein Felsen mit arabischen Inschriften. Von diesem Orte bis zum Gipfel des D j e b e l - Mu«a oder
446
Historisch-philologische
Wissenschaften.
M o s e s b e r g e s ist n o c h eine S t u n d e W e g e s , ebensoviel w i e vom K l o s t e r bis h i e r h e r ; a b e r d e r M a r s c h w i l d n u n viel l a n g s a mer und beschwerlicher. U n s e r e R e i s e n d e n k l i m m t e n in S c l n v e i s s g e b a d e t u n d v o r E r s c h ö p f u n g k e u c h e n d hinan. G l e i c h w o h l g i n g e n e h e m a l s feierliche Z ü g e bis auf den Gipfel d e s P i k , u n d n o c h j e t z t ist auf d e m H i n a n s t e i g eine N i s c h e im F e l s e n , in w e l c h e m a n bei s o l c h e r G e l e g e n h e i t die Heilig e n b i l d e r stellte. D e n Gipfel bilden z w e i o d e r drei u n g e h e u e r e z u s a m m e n s t o f s e n d e G r a n i t f e l s e n , auf d e n e n eine u n r e g e h n ä f s i g e und u n gleiche P l a t t e von 105 englischen Fufs im D u r c h m e s s e r sich a u s b r e i t e t . D e r südöstliche T h e i l der P l a t t e ist e t w a s erhöht u n d ü b e r h ä n g t den A b g r u n d . D e r Stein ist an dieser Stelle r o t h e r Granit, a b e r von der S o n n e g e s c h w ä r z t , u n d sieht von u n t e n w i e g e r ä u c h e r t aus. D e r n o r d w e s t l i c h e T h e i l besteht a u s g r a u e m Granit. D i e H ö h e des Gipfels ( ü b e r d e m Meere) b e t r ä g t n a c h R ü p p e l 7 0 3 5 p a r i s e r Fufs, n a c h R u s s e g g e r 7096, n a c h A n d e r e n w i e d e r e t w a s w e n i g e r als 7000. Man m u s s a b e r w i s s e n , dafs alle diese M e s s u n g e n mit B a r o m e t e r n gem a c h t s i n d , d e r e n G e n a u i g k e i t grofsen Z w e i f e l n unterliegt. D e r östliche F e l s e n mit s e i n e r G r o t t e f ü h r t den N a m e n Mosesfelsen." H i e r soll G o t t d e m Mose befohlen h a b e n , die S t i f t s h ü t t e u n d die B u n d e s l a d e zu z i m m e r n , u n d hier empfing e r a u c h angeblich die Gesetzlafeln. D e r F e l s e n ist mit vielen a r a b i s c h e n , griechischen und a r m e n i s c h e n Inschriften bedeckt. Gleich hinter ihm liegen die T r ü m m e r eines G e b ä u des, d a s augenscheinlich von geschickten H ä n d e n e r b a u t w a r . E s soll eine römisch-katholische Kirche g e w e s e n sein. D a n e ben s t e h e n die vollständig e r h a l t e n e n M a u e r n einer n o c h j e t z t existirenden griechischen Kirche, von e i n f a c h s t e r B a u a r t . Sie ist n a c h Einigen v o n d e r Kaiserin H e l e n e , n a c h A n d e r e n v o n Justinian g e g r ü n d e t . D a s G e b ä u d e h ä n g t w i e ein S c h w a l b e n n e s t , u n d z w a r so dicht über d e m A b g r u n d e , dafs die Alt a r m a u e r mit d e m s e l b e n eine g e n a u s e n k r e c h t e Linie bildet. E i n e n n o c h m a l e r i s c h e r e n Ort k a n n m a n sich k a u m vorstellen. Im O s t e n u n d S ü d e n breitet sich eine W e l l v o n F e l s e n u n d
Uinanez's Heise nach ilem
Spitzgipfeln aus.
Sinai.
447
N e b e n der Kirclic steht eine M o s c h e e ,
die
auch n o c h ganz erhalten ist, sogar mit der äusseren und i n n e ren S l u c c a l u r . —
Gleich hinter der Moschee ist eine g i o f s e
natürliche Cisterne, voll des frischesten, reinsten und kältesten Wassers,
das vom
Regen
und S c h n e e
zurückbleibt.
Auch
diese Cisterne wird nach Moses benainst. D i e übrigen Gipfel, w e l c h e fast alle niedriger sind als der D j e b e l - M u s a , scheinen, von hier aus g e s e h e n , unter sich beinahe gleiche Höhe zu haben und einander sehr nahe zu s t e hen. von
N u r der S t . Katharinenpik beherrscht diese ganze Masse Felsenhäuptern;
aber der W e g
des Horeb ist etwas weit.
dahin über den
N a c h d e m Hr. U m a n e z
mehr oder w e n i g e r zerstörte K i r c h e n , Capellen angesehen h a t t e , b e s u c h t e alle B e s c h w e r d e n
des E r k l e t t e r n s
mannhaft überwindend. trischen
Messungen
der D / e b e l - M u s a .
er auch j e n e n fast
und Clausen
berühmten
Jothrechter
1000
Am nördlichen
pariser Fufs Rande
Gipfel,
Abhänge
D e r Katharinenberg ist nach
noch volle
Kamm
verschiedne
barome-
höher
des Gipfels
eine kleine Capelle aus unverkitteten S t e i n e n .
als sieht
E i n e unbedeu-
tende H e r v o r r a g u n g auf der Gipfelplatte hat ungefähr die F o r men eines menschlichen
Körpers.
Die S a g e will, dass man
eben hier den K ö r p e r der heil. Katharina gefunden
und dass
die Hervorragung selbst seitdem sich gebildet habe.
Die Ca-
pelle ist erst unlängst und sehr wenig dauerhaft Wind
erbaut;
der
streicht h i n d u r c h , T h ü r e n sind keine v o r h a n d e n , und
das platte D a c h
liegt auf unbehauenen
ken sind mit Inschriften in verschiednen
Balken.
Diese
europäischen
BalSpra-
c h e n , hauptsächlich in englischer, übersäet, besonders der eine. Ein Blicken.
riesiges P a n o r a m a Beinahe
enthüllt
sich von hier
aus
den
die ganze Halbinsel ist zu ü b e r s e h e n , als
läge sie auf der flachen Hand. Inseln liegt zu den Füfsen
Das
R o t h e Meer mit seinen
des B e s c h a u e r s ,
und die beiden
Golfe sind ihm wie zwei Arme e n t g e g e n g e s t r e c k t .
V o n die-
sen W a s s e r a r m e n umschlungen erhebt die Halbinsel sicli stufenweise höher und höher bis zu den beiden P i k s .
Die klei-
nen, an verschiednen Stellen der Gestade ausgestreuten Eilande
448
Historisch - philologische Wissenschaften.
erscheinen wie Nebelflecken die über dem Meere schweben. Der arabische Busen zeigt sich näher als der von Sues, weil an der einen Seite Bergketten, an der anderen aber ganz offne Niederungen liegen. Hin und wieder erblickt man im Blau des Meeres kleine weisse Fleckchen, deren Bewegung allein sie als Fahrzeuge erkennen lässt. Weit im Meere zeichnete sich scharf ein fortrückender schwarzer Streifen: es war die Dampffregalte, welche von Bombay oder Calcutta nach Sues abgeht. Hinter dem Golfe des letzteren Ortes erscheinen noch Berge am Horizont. Diesseit des Golfes breitet sich zwischen ihm und dem Horeb, und längs eines grofsen Theils der Küste, eine Sandebene-, in der Milte ihrer Ausdehnung und am Gestade selber, schimmert T o r , die vornehmste Stadl der Halbinsel. Die letzten Seiten des ersten Bandes seines Werkes widmet Herr U. einer Beurlheilung der projectirten Vereinigung beider Meere durch einen Canal oder eine Eisenbahn. — Im zweiten Bande ist die Rückreise vom Sinai beschrieben; ferner macht der Verfasser Bemerkungen über das Manna und andere Gegenstände der biblischen Archäologie. Endlich kommen diejenigen Abhandlungen, die Herr U. „Fragmente über Aegypten und das Heilige Land" überschrieben hat. (Bibl. d l j a T s c h t e n i a ) .
Nachricht von der Kaiserlichen Oeffentlichen Bibliothek zu St. Petersburg. Von
N. 1\1 in zl o f f , Dr. Iin „ h ^ m o o >-i
Wissenschaften.
Tf f » (N T— 0 0 o l N O l O O > C O O >
O o o O Li
CO o d cq^ o ^ cq^ oq^ ^ — 0 4 a o a > O i O ) 0 > o i Li
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i-t l > i i
sich dichter in Nebel hüllte, beschlofs man wieder aufzubrec h e n , uin vielleicht zwischen den Felsen Schutz gegen das Gewilter zu finden. Auf der Mitte des Abhanges angekommen, überzeugten sich die Reisenden, dafs sie an diesem l ' a g e nicht weiter aufsteigen könnten. Die Leute waren erschöpft und erfroren, der Schnee schnitt ihnen scharf ins Gesicht und der Sturm erschwerte das Ziehen der mit den Instrumenten bepackten Schlitten, wovon der eine gegen 7 Pud, der andere 5 P u d geladen halte. Man beschlofs Halt zu machen. Aber w o ? Nirgends bot der steile Fels auch nur soviel Fläche dar, als zur Aufschlagung eines Zeltes erforderlich gewesen. Obrist Chodsko liefs bei dieser Lage der D i n g e , um 5 U h r Nachmittags die Leute zu dem bei T a s c h - K i l i i a verlassenen L a g e r zurückkehren, wo für alle Fälle ein Zelt aufgeschlagen geblieben w a r , blieb aber selbst mit allen Offizieren und 2 Kosaken auf einem kaum 3 Schritt langen und 1 % Schritt breiten Plätzchen zurück, das unter dem Pfeifen des Sturmes und bei dem reichlich fallenden Schnee 6 Menschen zum Nachtlager dienen sollte. W i e ein Knaul festzusammengekauert, mit einer kaum zureichenden Decke und einem Leder bedeckt, das zum Verpacken des Universal-Instrumentes bei Regenwetter diente, harrte Chodsko und seine Geführten dem Morgen entgegen. Mittlerweile wuchs die Gewalt des Sturmes fortwährend; von Zeit zu Zeit durchrifs er die um den B e r g lagernde dicke Wolkendecke und zeigte beim halben Lichte des Mondes den Augen der Reisenden bald ein Stück des Araxes-Thales, bald den Kleinen Ararat, dessen Spitze schon zu Füfsen der L a gernden ragte, bald endlich die tiefen, dunkeln Abgründe, die den ungastlichen Zufluchtsort auf einer Höhe, die die Höhe des M o n t - B l a n c weit überstieg, von allen Seiten umgaben. Das Maafs des Ungemachs vollzumachen, brach gegen 10 Uhr Abends ein starkes Gewitter aus; der durchdringende Schein der Blitze und das furchtbare Hollen des Donners liefs es den Reisenden nicht zweifelhaft, dais sie sich unmittelbar iin Heerde des Gewitters befanden. J e d e s Aufleuchten
l'lijsikaliscli-malhfinatisclie Wissenschaften. der Elektrizität erhellte die Luft nicht, wie das gewöhnlich ist, mit einem Zickzack, sondern füllte den ganzen Raum mit einem blendenden r o t h - und weifslichen Lichtscheine. Der D o n n e r folgte fast jedesmal unmittelbar auf den Blitz und rief ein langhallendes tausendstimmiges Echo hinter den zahllosen Felsen wach. Gegen 12 Uhr endlich liefs das Gewitter nach, der Schnee aber überschüttete die Reisenden noch fort, so dafs diejenigen, die auf ihrer Lagerstätte geblieben, 3 bis 4 englische Zoll hoch damit bedeckt waren. Endlich brach der sehnlichst herbeigewünschte Morgen a n , ohne jedoch grofse Erleichterung zu bringen; die Spitze des Grofsen Ararat zeigte sich zwar rein, aber unter dem Kleinen Ararat breitete-sich, so weit das Auge reichte, noch ein weites N e b e l m e e r , aus welchem mit Aufgang der Sonne D ä m p f e immer dichter und dichter und endlich so massenhaft aufstiegen, dafs die Reisenden aufs Neue von undurchdringlichen Nebeln umhüllt waren und mit S c h n e e überschüttet w u r d e n . Gegeii 3 Uhr Mittags heiterte sich der Himmel etwas auf, ohne dafs der W i n d nachliefs. Die L a g e Chodsko's und seiner Gefährten w u r d e in dem Grade unerträglich, dafs sie höher zu steigen beschlossen in der Hoffnung, hinter den Felsen eine reine Stelle anzutreffen, wo sie ihr Zelt aufschlagen könnten. Hinter dem dritten Felsrücken endlich fand man eine solche Stelle und hier w u r d e Halt gemacht. Man befand sich unmittelbar unter dem eigentlichen Gipfel, bis zu welchem die Entfernung den Reisenden kaum noch 200 Schritte zu betragen schien. Da der durchdringende Wind und die Müdigkeit der Mannschaft ein weiteres Vordringen unmöglich machten, wurden auf einem Platze, der ebener als die andern erschien, der aber immer noch eine Neigung von nicht w e niger als 30° oder 40° halte, mit der gröl'sten Kraftanstrengung zwei Zelte befestigt. Hier verweilte die Expedition 3 Nächte und 2 Tage, d. h. den 3., 4. und 5. August, während welcher Zeit, mit Ausnahme weniger Pausen, der S t u r m fortraste unter beständigem Schnee- und Hagelfall. D e r Sonnenuntergang am 5. August gab den Reisenden
B e s t e i g u n g îles G r o i s e n
Ararat.
Hoffnung, dais der Sturm aufliörcn w e i d e und wirklich legte er sich am Morgen des 6. vollständig; alle Zacken des Grofsen Ararat erglänzten hell und nur die fernen Spitzen des K a r a bag und die breiten Terrassen des S o w a l a n , die sichtbar am östlichen Horizont hervortraten, erschienen von leichtem G e wölke umkränzt. Obrist Chodsko beschlofs an diesen Morgen jedenfalls den Gipfel zu besteigen und einen Platz zur Aufstellung der Instrumente und zum L a g e r aufzusuchen. U m 3/4 auf 9 brach er mil den Kosaken auf und betrat um 9 Uhr den Gipfel. Eine Viertelstunde später kam auch Staatsrath Chanykow an, begleitet vom Capitain des G e n e r a l - S t a b e s Uslar und Herrn T o k a r e w . H e r r Moritz w a r mit dem S t a b s - C a p i t a i n Alexand r o w im Lager, behufs Anstellung barometrischer Beobachtung e n , zurückgeblieben. Die Reisenden richteten sich auf der hier gefundenen ziemlich breiten Fläche, die nach den Messungen Chanykows 1132 Schritt in der Länge mafs, ein, so gut es gehen wollte. Von den drei Zacken, die hier emporragen, w u r d e die erste bald erstiegen, desgleichen die zweite, die H e r r Abich im J a h r e 1845 besucht hat. Zu ihrer nicht g e ringen V e r w u n d e r u n g sahen die Reisenden von dieser Spitze vor sich einen dritten Gipfel, bedeutend höher als die beiden übrigen, einen selbstsländigen Berg, der von ihnen durch eine tiefe, schwer zu übersteigende Kluft getrennt war. Mit Hülfe der Soldaten w u r d e indefs auch dieses Hindernifs ü b e r w u n d e n und um 10 Uhr Morgens standen Chodsko, Chanykow und ihre Gefährten auf der höchsten Spitze des Ararat, die bis jetzt nur Parrot und S p a s k i , jedoch von einer anderen Seite, erstiegen haben. Ihr erstes Geschäft w a r die Aufrichtung des Kreuzes, das der Kosak D o c h n o w dem Simon abgenommen und vollends den Berg hinaufgetragen hatte. E r übernahm auch die Befestigung dieses Symbols des christlichen Glaubens auf der dazu bestimmten Stelle und als das Kreuz aufgerichtet stand auf dem heiligen B e r g e , enlblöfsten alle Anwesenden und darunter auch ein Muselmann, der persische Unterlhan N o u -
Pliysikaliscli-inatheinatisclic Wissenschaften. m s - A l i , das H a u p t zum G e b e t e . lung trat besorgend
Chodsko es
mit
möchte
d e r aufs N e u e
wind einen f e r n e r e n Aufenthalt lich m a c h e n .
N a c h d i e s e r feierlichen H a n d -
seiner Begleitung
den
sich
Rückweg
erhebende
an,
Sturm-
a u f d e m B e r g e zu b e s c h w e r -
D a s Herabsteigen
von
der
S p i t z e des Grofsen
A r a r a t w a r des schlüpfrigen und a b s c h ü s s i g e n T e r r a i n s
wegen
äufserst b e s c h w e r l i c h ; ein k l e i n e r F e h l t r i t t und d e r H e r a b s t u r z in die s c h n e e g e f i i l l t e meidlich.
Schlucht
von T a s c h - K i l i s a w a r
unver-
Mit Hülfe der A l p e n s t e d i e n und bei der s o r g s a m e n
Unterstützung
der Soldaten
ohne Unfall v o r
sich.
S t e l l e ; Capitain
Uslar
ging das H e r a b s t e i g e n
Gegen
Mittag
war
und H e r r T o k a r e w
man
indessen
an O r t und
stiegen
weiter
in
die T i e f e , S t a a t s r a t h C h a n y k o w , die H e r r n Moritz und A l e x a n drow
blieben
beim ü b r i s t e n C h o d s k o
in der A b s i c h t ,
n o c h m a l s zum Gipfel h i n a n z u k l i m m e n ,
dort
bringen und eine R e i h e von B e o b a c h t u n g e n B a r o m e t e r und P s y c h r o m e t e r a n z u s t e l l e n .
a m 7.
die N a c h t
zuzu-
am T h e r m o m e t e r , Als a m d a r a u f fol-
g e n d e n T a g e das W e t t e r sich günstig anliefs, stiegen sie o h n e grofse Schwierigkeiten
Gipfel
hinan, wo
sie
fanden.
Nachdem
am
8 . die b e a b s i c h t i g t e n B e o b a c h t u n g e n stündlich w i e d e r h o l t
wa-
ihr Z e l t von S c h n e e
wiederum
halb
zum
verschüttet
r e n , stiegen an diesem T a g e die H e r r e n C h a n y k o w
und M o -
ritz in o'/j S t u n d e ins u n t e r e L a g e r hinab und a m 9 . bis d a r - B u l a c k , w o sie w i e d e r u m eine R e i h e von
Sa-
Beobachtungen
ausführten, die mit den v o m Obristen C h o d s k o , der oben g e blieben, a n g e s t e l l t e n k o r r e s p o n d i r t e n . behalten Aufnahme
nach im
Aralych, Hause
des
wo
Am 11. k a m m a n w o h l -
die g e n a n n t e n
Obrislen
Herren
Chreschtschatizki
gastfreie fanden,
der auf alle e r d e n k l i c h e W e i s e durch R a t h und T h a t bei d e m U n t e r n e h m e n sich betheiligt h a t t e . bis zum 12. A u g u s t
Obrisl Chodsko
auf dem Gipfel,
nachdem
verweilte
e r zuvor
den
e r k r a n k t e n S t a b s - C a p i t a i n Alexandrovv und das g r o l s e U n i v e r s a l - I n s t r u m e n t , das bis^ oben hinauf zu b r i n g e n n i c h t
gelungen
war,
von
hinabgeschickt,
und b r a c h t e
dort s ä m m t l i c h e
ihm
b e a b s i c h t i g t e n M e s s u n g e n in g e w ü n s c h t e r W e i s e zum S c h l ü s s e . U m 3 U h r Mittags
dieses T a g e s
trat
auch e r ,
begleitet
von
Besteigung des (ìi'ofspn Aranti.
(515
dem Kommando und dem Dollmelscher Scliarojan, der bei den meteorologischen Beobachtungen ihm treffliche Dienste geleistet, seinen Rückzug an und traf am 14. August wohlbehalten in Aralych ein. Schliefslich ist noch zu erwähnen, dafs Chodsko nach dem Schlüsse seiner Arbeiten an der Stelle, wo die Beobachtungen ausgeführt waren, eine Pyramide aus Schnee über einen Faden hoch errichten liefs, auf welcher ein Kreuz errichtet wurde, das eine kupferne Tafel mit einer russischen Inschrift folgenden Inhalts trägt: Am 6. (18.) August des Jahres 1850. Unter der gesegneten Regierung des Kaisers Nikolai I., während der Stalthalterschaft im Kaukasus des Fürsten M. I. W o ronzow haben den Grofsen Ararat bestiegen: der Chef der Triangulirung Obrisl Chodsko, N. VV. Chanykow, P. N. Alexandrow, Ar. F. Moritz, I. P. Scharojan und 60 Mann Soldaten.
Die Otetschejtwennyja Saphki.
V on diesem J o u r n a l , welches sich unter der Leitung des Herrn K r a j e w s k j i durch die Mannigfaltigkeit seines Inhalts auszeichnet, liegen uns jetzt die neun ersten Monatshefte für das J a h r 1850 v o r , die jedoch eher den N a m e n ß ä n d e verdienen, da sie alle von dreissig bis vierzig und mehr D r u c k bogen umfassen. E s i s t den 0 t e t s c h e s t w e n n y j a S a p i s k i oft und nicht ohne Grund vorgeworfen w o r d e n , dafs sie, ihres Titels ungeachtet, sich mehr mit dem Ausland als mit dem „Vaterlande" beschäftigen. So ist auch hier die erste, der schönwissenschaftlichen Literatur gewidmete Abtheilung fast ausschliefslich mit Uebersetzungen englischer R o m a n e angefüllt. Auf eine (ziemlich schwache und ungenaue) Version der „Pickwick Papers" von Dickens, folgen Thackeray's „ V a nity Fair" und Bulwer's „Caxtons", eine Auswahl, die man, wenn die einheimischen Quellen doch einmal spärlich fliefsen, nicht anders als glücklich nennen kann. Von den Originalproducten hat uns die „Alte" (Staruschka), vom Grafen S o l l o g u b , am meisten angesprochen, obwohl der Charakter der alten Gräfin eine Reminiscenz aus Puschkin's „ P i q u e - D a m e " zu sein scheint. D e n Grafen Sollogub lernen wir auch als Lustspieldichter durch das Vaudeville: „ U n g l ü c k durch ein zärtliches Herz (Bjedä ot nje/nago serdza) kennen, das zwar an grofser Unwahrscheinlichkeit laborirt, ¡aber einige recht
Die Otetscliestwennyja Sapiski.
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drastische BühneneiTecte darbielei. S o l o w ' s „Hose von Kolonna" ist eine ins Sentimentale spielende Erzälilung, die ganz wider die Gewohnheit der russischen Novellisten, welche trübe Calastrophen lieben, mit einer glücklichen Heiralh und allgemeiner Zufriedenheit endet. In jene Categorie gehört hingegen das T a g e b u c h eines überflüssigen Menschen ( D n e w nik lischnago tschelowjeka), von T u r g e n j e w , in welchem ein Unglückssohn, der nach einem verfehlten Dasein an einer langsamen Auszehrung stirbt, in seinen letzten Stunden die Geschichte eines qualvollen Lebens niederschreibt. H e r r B e r n e t rätli uns in einer Novelle, nicht „nach dem iiufseren Schein zu urlheilen", und erzählt als Beleg, wie ein edelmüthiger Graf eine älternlose Waise unter seinen Schutz nimmt und wie die böse W e l t dieser wohlthätigen Handlung eine falsche D e u t u n g giebt, ihnen beiden das Leben sauer macht und so lange verfolgt, bis der arme, noch dazu von hoffnungsloser Liebe zu seiner schönen Pflegebefohlenen geplagte Graf darüber zu Grunde gehl. In der z w e i t e n Abtheilung, welche die Ueberschrift: Wissenschaften und Künste t r ä g t , aber dieser Bezeichnung nicht immer streng entspricht, verdienen die „Memoiren Andrei Timofejewitsch B o l o t o w ' s " besondere Aufmerksamkeit. D e r Verfasser w a r gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts als gebildeter Agronom und Pomolog in Russland bekannt. E r w u r d e im J a h r 1738 im Gouvernement T u l a geboren und verlebte die ersten J a h r e seines Lebens mit seinem Vater, welcher Oberst eines I n f a n t e r i e - R e g i m e n t s w a r , in Liefland und Finnland. Nach dem T o d e desselben trat er in seinem 17. J a h r in Kriegsdienste, machte den Feldzug von 1757 in Preufsen mit, w a r unter P e t e r III. Adjutant des G e n e r a l - P o lizeimeisters Baron Korff, eines Lieblings dieses unglücklichen F ü r s t e n , und nahm bald darauf seinen Abschied, um allen Lockungen des Ehrgeizes entsagend den Rest seiner Laufbahn in der Ruhe des Landlebens zuzubringen. In seiner Heimath verheirathete er sich und verlebte s i e b z i g J a h r e im Schoofse des Familienglücks und in nicht glänzenden, aber nützlichen
Allgemein Literarisches.
Beschäftigungen. Er starb am 4. October (a. St.) 1833, drei Tage vor seinem 95. Geburtstage. Unter den von ihm herausgegebenen Schriften ist das „ökonomische Magazin" erwähnenswerlh, welches von 1780 bis 1790 in besonderen Beilagen zu der Moskauer Zeitung erschien und bis zu vierzig Bänden anwuchs*). Ausserdem hinterliefs er eine bedeutende Anzahl Manuscripte, zu denen auch seine Memoiren in 39 Heften gehören, die von ihm mit eigener Hand ins Reine geschrieben sind. Zwei Fragmente derselben, über den Neubau des VVinterpalastes im Jahr 1762 und über die Schlacht von Grofs-Jägerndorf, wurden im J. L839 in dem Syn O t e t s c h e s t w a veröffentlicht; erst jetzt aber erschien sie vollständig und können in der That als einer der wichtigsten Beiträge zur Kenntnifs einer Periode der russischen Geschichte betrachtet werden, wofür die einheimischen Historiker fast nichts gethan halten und deren innerstes Leben uns hier in eben so naiven als plastischen Zügen vorgeführt wird. Unter den Original-Artikeln dieses Abschnitts bemerken wir noch die Abhandlungen: über den Einfluss der Nalurverhältnisse des Russischen Reichs auf seine Geschichte, vom Professor 6 ' o l o w j e w , über die historische Bedeutung von Plato's Symposion, von B a s i s t o w , und über Aristophanes, v o n O r d y n s k j i ; endlich eine hauptsächlich nach Bessel, Struve und Herschel bearbeitete Darstellung der astronomischen Entdekkungen der Gegenwart, von C h o t i n s k j i . Der Titel der d r i t t e n Abtheilung: Chronik der Gegenwart für Russland (sowreménnaja chronika Rosaii), verspricht mehr als durch ihren Inhalt gerechtfertigt wird, da er sich fast ganz auf die Alittheilung officieller Nachrichten, Regierungs-Verordnungen u. s. w. beschränkt. Etwas reichhaltiger ist die v i e r t e , die sich mit der Landw i r t s c h a f t und dem Gewerblleiss beschäftigt. Doch haben *) Von ihm rühren wahrscheinlich auch „Sistematitscheskoje kurzen,
auf
die in Storch und Adelung's
obosrénije literatiiry w' Rossii"
Experimenten
gegründeten
i i h e r K l e c t r i c i t ä t , v o n A. B o l o t o w
verzeichneten
Bemerkungen
(S. F., 1803. S.) her.
Die Otetscliestwennyja Sapiski.
auch die liier eingerückten Aufsätze, von denen S a b l o z k j i ' s „ l a n d w i r t s c h a f t l i c h e Aphorismen" der bedeutendste sein mag, m e i s t e n t e i l s nur ein locales Interesse. Die interessantesten Abschnitte des J o u r n a l s sind für uns der f ü n f t e und s e c h s t e , welche der Kritik gewidmet sind, indem jener ausführliche Analysen ä l t e r e r und n e u e r e r russischer W e r k e giebt, letzterer aber kurze Recensionen aller Schriften miltheill, die im Verlauf jedes Monats im ganzen Umfang des russischen Reiches erscheinen. J e n e r beginnt mit einer Uebersicht des Zuwachses der russischen Literatur im J a h r 1849, aus der wir Folgendes e n t n e h m e n : „ D i e erste Stelle unter den schönwissenschaftlichen P r o d u c t e n des J a h r s nimmt ohne Zweifel J u k o w i k j i ' s Uebersetzung der Odyssee ein, obwohl sie keinesweges die unermefsliche B e d e u t u n g hat, die ihr von Gogol zugeschrieben w i r d , der sie in einer von dem Moskwitjanin veröffentlichten enthusiastischen Epistel begrüfste. Eine unparteiische W ü r d i g u n g ist ihr in den OteIschesUvennyja Sapiski durch die Philologen L a w r o w s k j i und Ordynskji zu Theil geworden. N ä c h s t d e m mufs als die w i c h tigste Bereicherung unserer Literatur die von dem Buchhändler Herrn S i n i r d i n unternommene v o l l s t ä n d i g e S a m m l u n g d e r r u s s i s c h e n A u t o r e n (Polnoje «obranie «otschinenji russkich awtorow) betrachtet werden. Das Studium der vaterländischen Schriflkunde ist stets eine anziehende und lehrreiche Beschäftigung, und bei dem Mangel an neuen E r scheinungen von h e r v o r r a g e n d e r Wichtigkeit, erhält dasselbe ein noch gröfseres Interesse. E s ist n u r zu w ü n s c h e n , dafs der Herausgeber in seinem gemeinnützigen Unternehmen vom Publicum gebührend unterstutzt w e r d e n möge. Eine ähnliche Arbeit hat Herr P e r e w l j e s s k j i in Moskau begonnen. E r giebt die auserwählten Schriften der bekanntesten russischen Autoren (isbrannyja sotschinenija iswjestnjeischich russkich awtorow) heraus, mit Beifügung von kritischen Anmerkungen, Lebensbeschreibungen der einzelnen Schriftsteller, bibliographischen Nachrichten über die verschiedenen Ausgaben ihrer W e r k e 11. s. w. Sonst hat dieses J a h r in belletristischer HinErmans Uuss. Archiv. lid. IX. H. i .
/\ [
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sieht eine höchst ärmliche Ausbeule geliefert: von Romanen sind nur S a g o s k i n ' s „Russen im Anfang des achtzehnten Jahrhunderts," und von Gedichten R a i t s c h ' s „Areta" zu nennen. Die bemerkenswertheren Producte haben sich in die Journale geflüchtet; zu diesen gehören der „ T r a u m Oblomow'i," Fragment eines noch ungedruckten Romans von G o n t s e h a r o w , drei neue Erzählungen eines Jägers (rasskasy ochotnika) von T u r g e n j e w , die Novellen: der Irrthum (oschibka), von E u g e n i a T u r , und Warinka, von Mad. A wd e j e w a , und die Gedichte von F e t l i , D m i t r i e w , B e r g , M e i und Mad. J a d o w s k a j a ; ferner die Romane: Tschudodjéi, von W e l t m a n n , der in demselben der Richtung treu geblieben ist, die er schon im „Koschtschei" und „Swjatoslawitsch" verfolgte, — drei Welttheile (tri strany swjeta), von N e k r a s o w und - S t a n i z k j i , eine Nachahmung der vielbändigen Biicherspeculationcn der Herren Dumas und Compagnie, und Julie, von D r u / i n in. „Von den Uebersetzungen ist die wichtigste die sechzehnte Lieferung (wypusk) von S h a k s p e a r e , enthaltend Othello, bearbeitet von H e r r n K e t s c h e r , der mit edlem Eifer die Aufgabe verfolgt, dem russischen Publicum die Dichtungen des genialen Britten in guten Uebertragungen vorzuführen. Fielding's „Tom Jones" hat an H e r r n K r o n e b e r g einen trefflichen Uebersetzer gefunden. Herr K. K o s s o w i l s c h gab im Moskwitjanin den ersten Act des indischen Drama's Vasantasena, eine verdienstliche Arbeit, die von der Lesewell und der Kritik mit gleicher Kälte aufgenommen wurde. Ausserdem fuhren wir noch die Uebersetzungen von Chaleaubriand's „Mémoires d'outre tombe," von Lamartine's Bekenntnissen und dessen „Raphael" an, von denen besonders die letztere sich durch Treue und Eleganz auszeichnet. „Fürst «Soltykow hat eine interessante Beschreibung seiner Reise nach Persien herausgegeben, und läfst (im Moskwitjanin) eben so merkwürdige Briefe über Indien drucken "). *) Wahrscheinlich dasselbe W e r k ,
welches
unlängst in Paris unter «lein
T i t e l : Lettres sur l'Inde, par le Prince Alexis Soltykoif, erschienen ist.
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Die Otetscliestwcnnyja Sapiski.
Die R e i s e - B e m e r k u n g e n (putewyja samjetki) von T. Tsch. gewähren eine angeneiime Leclure; sie verrathen viel Gefühl, welches sich jedoch stels in elegischer Form äufsert. Im Fache der Linguistik und Literarhislorie nimmt B i l j a r s k j i ' s Abhandlung: die Schicksale der Kirchensprache (Sudby zerkownago jasyka) einen Ehrenplatz ein und ist von der Akademie der Wissenschaften des Deinidow'schen Preises gewürdigt worden. Dann folgen: die russischen Volkssprichwörter und Parabeln (prittschi), von S n e g i r e w ; das Leben des Metropoliten Piaton, nach seinen eigenen Aufzeichnungen; die Grammatik der isländischen Sprache, von dem Protohierei S a b i n i n ; die Sammlung ukrainischer Lieder, v o n M a k s i m o w i t s c h , lind eine treffliche Untersuchung über das Leben und die Schriften des heiligen Demetrius, Metropoliten von Rostow, von dem Professor an dem geistlichen Seminarium zu Mockau A. W. G c i r s k j i . Herr S e l e n e z k j i hat eine Geschichte der russischen Literatur, für Studirende, geschrieben, die dem bisherigen Mangel an Hülfsbüchern dieser Art abhilft. Herr Galachow gab in dem dritten Bande der vierten Auflage seiner Russischen Chrestomathie sehr umständliche und treffende Charakteristiken der bedeutendsten vaterländischen Schriftsteller. S t a r t s c h e w s k j i ' s Biographie Karamsin's dagegen ist eine ziemlich unkritische und oft verfehlte Compilation alles dessen, was über das Leben und die Werke des berühmten Historiographen veröffentlicht worden. „Die Arbeiten im Fache der russischen Geschichte können in drei Cathegorien-getheilt worden: 1) Sammlungen von historischen Materialien, 2) kritische Untersuchungen und 3) pragmatische Geschichtsdarstellungen. Von ersteren verdienen Beachtung: der 2. Band von S a c h a r o w ' s Sagen des russischen Volkes (Skasanija russkago naroda), die Memoiren der Odessaer Gesellschaft für Geschichte und Alterthümer, das Jahrbuch (Wremennik) der Gesellschaft für russische Geschichtc und Alterthümer in Moskau, drei Lieferungen der „Alterthümer des russischen Reichs," der vierte Band der Chronikensammhing, welcher die Chroniken von Nowgorod und 11 *
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P s k o w in sich schliefst, die Memoiren der archäologisch-numismatischen Gesellschaft etc. Die kritischen Arbeiten sind im Vergleich von geringerer Wichtigkeit; man kann sagen, dafs sie mit dem Reichthum der zu T a g e geförderten neuen Thatsachen nicht Schritt halten. N e n n e n s w e r t h sind: K ö h n e ' s Untersuchungen über die Geschichte und Allerthümer des Taurischen Chersones, N e b o l s i n ' s Untersuchung über die Eroberung von «Sibirien, S o l o w j e w ' s Synopsis der Ereignisse in Russland von dem T o d e des Zaren T h e o d o r Joannowilsch bis zur Thronbesteigung des Hauses R o m a n o w , W e n e l i n ' s kritische Untersuchungen über die Geschichte der Bolgaren, zwei Abhandlungen über die L e d e r m ü n z e n und die „Russknja P r a w d a " von R a t s c h e n o w s k j i , und einig« andere. Am allerärmsten ist die dritte Klasse; 'zu ihr gehören die Geschichte der russischen Kirche, von P l a t o w , Bischof von R i g a , die Geschichte der Seelen in der russischen Kirche, von I g n a t i u s , Erzbischof von W o r o n e j , die Mythen der slawischen Heidenzeit, v o n D m i t r j i S c h e p p i n g , und einige neue Lchrbücher (utschebniki). „Im Gebiete der klassischen Philologie ist fast nichts ans Licht getreten, mit Ausnahme eines russisch - lateinischen Lexicons und eines Wörterbuchs zu sechs Gesängen der O d y s s e e , unter Aufsicht des Herrn I g n . K o s s o w i t s c h von den Schülern desselben verfertigt, dem sich eine Antikritik auf die Bemerkungen der Otetsch. Sapiski über das russischDagegen griechische Lexicon dieses Gelehrten anschliefst. wurden die Naturwissenschaften, sonst eins der ain schwächsten vertretenen Fächer der russischen scientifischen Literatur, im verflossenen J a h r e durch mehrere verdienstvolle W e r k e bereichert. Herr A n n e n k o w gab eine Moskauer Flora heraus, von der bis jetzt zwei Cenlurien erschienen sind *), Herr S i m a s c h k o eine russische Fauna, und Herr D a h l eine „ B o tanik," die sich zwar durch schönen Styl, lebhafte Darstellung und andere Vorzüge empfiehlt, aber leider nach etwas ver*) Vergl. Band VIII. S . 6 9 6 ff. dieses Archivs.
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icblen Muslern bearbeitet ist. Ein brauchbares, obwohl unvollständiges Handbuch der Naturgeschichte hat Mad. D a r a g a n geliefert. Die Mineralogie, Geognosie und Geologie werden hauptsächlicli in d e n i G o r n y J u r n a l behandelt; ausserdem theilte die Biblioleka dla Tschtenija einen beachtenswerten Aufsatz von S. K u t o r g a : Geologische Skizze der Strafse nach Iinatra, mit. Der L a n d w i r t s c h a f t sind eine Menge Journale gewidmet, die zum Theil von der Regierung, zum Theil von Gesellschaften oder Privatpersonen herausgegeben werden. „Mathematische Schriften erschienen im Ganzen vierzehn, wovon nur drei eigentlich gelehrten Inhalts, die übrigen aber blofse Lehrbücher für höhere oder niedere Unterrichtsanstallen waren. Die ersteren sind: die Anleitung zur Variationsrechnung, von B r u n , eine Theorie der Gleichungen, von T s c h e ' b y s c h e w , und die allgemeine Metrologie des verstorbenen P e t r u s c h e w s k j i . Hierzu mufs man noch die Arbeiten russischer Mathematiker nehmen, die in den Memoiren der Petersburger Akademie ihren Platz finden. Nach den Vorlesungen des Akademikers Oslrogradskji hat auch Herr B e r e n s seinen „Curaus derDifferenzialrechnung" zusammengestellt. Von den Lehrbüchern hat man nicht weniger als drei, ein arithmetisches, ein geometrisches und ein algebraisches, dem Herrn B o l m a n n zu verdanken, der in dieser Beziehung eitie ungewöhnliche Fruchtbarkeit entwickelt und dessen Arbeiten man äll«rdings als einen Fortschritt gegen die bisher garigbaren Werke der Herren Kusmin und Memorskji anerkennen muss. Ferner verdienen Mi c h e I so n ' s „geometrische Aufgaben für Mädchen" und als Guriosum die im Moskwitjanin eingerückten „Regeln des Kartenspiels, auf mathematische Berechnung gegründet, für Laien in der Mathematik," Bemerkung. Letztere, welche später auch als besondere Flugschrift herauskamen, können als ein gelungener Versuch betrachtet werden, den mathematischen Calcul, ohne Nachlheil für die Wissenschaft, auf populaire, allgemein zugängliche Gegenstände anzuwenden.
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„Eben diese Popularität ist eine der Haupteigenschaften der astronomischen Schriften des Herrn C h o t i n s k j i , unter dessen Rédaction „die N a t u r mit ihren Geheimnissen und Reichthümern" (Priroda s' jejà tainstwami i bogatstwami) erscheint, die zu den besten Producten des vorigen Jahres zählt. In dieselbe Cathegorie gehören Stöckhardt's Lehrbuch der Chemie, übersetzt von A l e x . M a k s i m o w i t s c h , und die Vorlesungen über die allgemeine Chemie von Professor H e i m a n n in Moskau. D e n Uebergang zu den speciell gelehrten Werken bildet Wille's Anleitung zur chemischen Analyse, übersetzt von S t a h l . Ein vollständiger Cursus der Chemie fehlt aber immer noch in Russland, indem das W e r k des Hrn. Schtscheglovv schon zu veraltet ist und das des Herrn Hess n u r für Anfänger W e r t h hat. Von J o u r n a l - A r t i k e l n bemerken wir zwei im «Sowremennik mitgelheilte: über V u l c a n e , von P e r e v v o s c h t s c h i k o w , und Alexander von Humboldt und sein Kosmos, v o n F r o l o w . Letzterer verdient, wie Alles was von Herrn F r o l o w h e r r ü h r t , besondere E r w ä h n u n g . Obwohl der Verfasser nichts Eigenes giebt, so mufs man doch gestehen, dafs er fremde Arbeiten so geschickt zu benutzen und zusammenzustellen weifs, dafs sie den Charakter eines Originalwerkes erhalten. An der in R e d e stehenden Abhandlung w ä r e allerdings Manches auszusetzen, und zwar zuerst der Titel. Man kann wohl s a g e n : N e w t o n und seine„Principia," L a g r a n g e und seine „Mécanique analytique," Laplace und seine „Mécanique céleste," aber „Humboldt und sein Kosmos" zu s a g e n , ist Unsinn. Sollte wirklich der Kosmos das Alpha u n d Omega unserer heutigen Kenntnisse, die Krone aller Leistungen Humboldt's sein? Hätten diejenigen denn so ganz Unrecht, welche vielmehr den Kosmos eines der schwächsten Producte seines berühmten Verfassers zu nennen w a g e n ? W ä r e die Behauptung ganz u n g e g r ü n d e t , dafs die Idee des Kosmos (ohne davon zu reden, dafs sie nicht neu ist) keinesweges glücklich ausgeführt worden und dafs andere Gelehrte der Jetztzeit sie viel weiter verfolgt haben, als sie von H u m boldt entwickelt w i r d ? Die Antwort auf diese Fragen wird
Die Otetäcliestwennyja $aj>i«ki.
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man vermuthlich in den späteren Artikeln des Herrn F r o l o w finden, wo er sich w e i t l ä u f i g e r über den Kosmos auszusprechen hat. D e r .Sowremennik enthielt ferner eine „Skizze der stufenmäfsigen Entwicklung unsrer Kenntnisse von der Electricitiil," nach einem Vortrage des Berliner Professor D o v e . Dieser Autor macht so viel von sich r e d e n , dafs man auf seinen Aufsatz begierig w u r d e ; leider ist er jedoch äufserst schlecht. D e r einzige Eindruck den er zurückläfst, ist, dafs vielen Deutschen die Kunst populär zu schreiben versagt worden. D e r Verfasser kann auch die Franzosen nicht leiden, welche nach seiner Meinung den Fehler haben, sich die Ehrö aller Entdeckungen anzumafsen. U m sich an ihnen zu rächen spielt er ihnen aber einen ähnlichen Streich und beweist, auf seine W e i s e , dafs die Franzosen nichts für die Physik gethan h a b e n , sondern Alles die Seinen. In dem Moskwitjanin befindet sich eine Dissertation von W e l t m a n n : die Meteorologie in ihrer A n w e n d u n g auf die Botanik, den Ackerbau, das F o r s t w e s e n , die Geologie, die öffentlichen Arbeiten, die Hygiäne und die Medicin, aus welcher der L e s e r unter Anderem erf ä h r t , dafs der Mensch, nach der Ueberzeugung des Herrn W e l t m a n n , das unreinste Geschöpf auf der E r d e ist und mit seinem Hauch die ganze W e l t , die ganze Atmosphäre, das ganze Pflanzen- und Thierreich ansteckt! „ D e r Mittelpunkt der geographischen und statistischen Thätigkeit in Russland ist ohne W i d e r r e d e die g e o g r a p h i s c h e G e s e l l s c h a f t . Die von ihr herausgegebenen Memoiren (Sapiski) und geographischen Nachrichten (geographitscheskija iswjestija) zogen mit Hecht die Aufmerksamkeit des Publicums auf sich. W e n n in der kurzen Zeit ihres B e stehens die Wirksamkeit der Gesellschaft noch nicht den Umfang hat annehmen können, den sie sich v o r g e s e t z t , so Kerdienl doch das, w a s sie schon geleistet h a t , die vollste Anerkennung, und wenn sie die giofsarligen von ihr begonnenen Unternehmungen durchführt, so werden diese in der Geschichte der russischen geographischen Literatur Epoche machen. Herr L e w s c h i n z. B. bereitet einen landwirth-
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schädlichen Alias von Russland vor, K o p p e n eine Karte des europäischen Russlands, S t a k e n b e r g eine hydrographische Karte des russischen Reichs. Fügt man dem noch hinzu, dafs die Gesellschaft sich zur Herausgabe einer Uebersicht des inneren Handels von Russlands und eines statistischen Collectaneums (sbornik) anschickt, dafs unter ihrem Schulze die Verificirung der Provinzial-Allasse, die Sammlung statistischer und geographischer Notizen über Russland, die Bearbeitung der geographischen Terminologie unternommen wird und verschiedene Expeditionen zur Entscheidung wichtiger Fragen vor sich gehen, so kann man schon einen Begriff fassen v o n ' d e r nützlichen Thätigkeit dieses Vereins und von den Hoffnungen, die er für die Zukunft giebt." — Zwei längere Artikel des k r i t i s c h e n Abschnitts d e r O l e tschestwennyja Snpiski sind den von Smirdin neu herausgegebenen Werken des Dramatikers J a k o v v ß o r i s o w i t s c h K n j a ^ ' n i n (f 1791) gewidmet. Es werden darin seine Trauerspiele „Dido," „die Milde des Titus," „Rosslaw," „Wladisan," „Wladimir und Jaropolk" und „Sophonisba," nebst den Lustspielen „der Prahler" und „die Sonderlinge" besprochen und nachgewiesen, dafs sie meistens genaue, obwohl nicht immer sehr glückliche Copien französischer Originale sind. Sogar in den Stücken, deren Helden russische oder slawische Namen tragen, sind die fremden Muster nicht zu verkennen: „Wladimir und Jaropolk" ist der „Andromaque" von Racine, „Wladisan" zum Theil der „Merope," zum Theil der „Zaire" von Voltaire nachgeahmt. Wir wissen es jedoch nicht zu erklären, warum der Kritiker das Trauerspiel „Wadim" ganz übergangen hat, welches doch von Wojeikow in seinem Lehrgedichte „Iskusstwa i naüki" als das beste Werk Knjajnin's gepriesen wird *). Die übrigen Artikel des kritischen Abschnitts beschäftigen sich mit der oben erwähnten J u k o w s k j i s c h c n Version der *) S'kakoju siloju natscliertau Knjajninyni Nowogoroelskji Brut i Cesar welitscliawy etc.
Die Otetschoslwennyja Sapi«ki. Odyssee (13. bis 24. Gesang), den Gcdiclilen des Herrn Feth, die zum Theil aus Originalarbeilen, zum Theil aus höchst gelungenen Nachbildungen Gölhe's und Heine's bestehen, der Geschichte des südwestlichen Russlands von ihren ersten Anfängen bis zum 14. Jahrhundert, von K l e w a n o w , die als ein sehr ungenügendes Machwerk bezeichnet wird, der weit beachtenswerteren Abhandlung des Hrn. P a w l o w über die historische Bedeutung der Regierung Boris Godunow's, den „Mythen des slawischen Heidenthums" von S c h e p p i n g , der Murchisonschen geologischen Beschreibung Russlands, nach der von dem Obersten im Berg-Ingenieurcorps Herrn A l e x . O s e r s k j i , angefertigten und mit Zusätzen versehenen Uebersetzung, und endlich mit den fünfzehn Bänden der von den Herfen B a e r und H e l r n e r s e n (deutsch) herausgegebenen „Beiträge zur Kenntniis des russischen Reichs und der angrenzenden Länder Asiens." Die s e c h s t e Abtheilung des Journals stattet Bericht ab über 149 im Jahr 1850 erschienene neue Originalwerke, 16 neue Uebersetzungen, 17 neue Auflagen älterer W e r k e , 22 Fortsetzungen früher begonnener und 38 periodische Schriften. Die s i e f r e n t e j einer kritischen Uebersicht der hervorragendsten Erzeugnisse der ausländischen Literatur gewidmete Abtheilung ist ungemein dürftig ausgefallen, was um so mehr Wunder nimmt, als wir uns aus früheren Jahrgängen der Otetsch. Sapiski erinnern, dafs gerade dieses Fach mit grofser Sorgfalt bearbeitet wurde. Desto reichhaltiger ist der a c h t e und letzte Abschnitt, «Smjes (Mannigfaltiges) überschrieben, in welchem sich Auszüge aus russischen und ausländischen Zeitschriften, dramaturgische und musikalische Novitäten, Berichte über die Sitzungen der gelehrten Gesellschaften u. s. w. befinden, und aus dem wir uns einige Mitteilungen vorbehalten. —
Versuche zur Entsilberung der Altaischen Erze nach Becquerels Methode*).
-Wl achdem Herr Becquerel selbst mit einigen eben nach Paris gesandten Proben von Altaischen Erzen, Entsilberungsversuche nach der von ihm vorgeschlagenen Methode angestellt halle, wurden die Herren < S o k o l o w s k j i , A i d a r o w und J o s s e beauftragt, sich an Ort und Stelle mit der Fortsetzung dieser Versuche zu beschäftigen. Sie sollten das neue Verfahren namentlich auf die schwer schmelzbaren und nur wenig goldhaltigen Erze der Krjukower und Tscherepanower Grube anwenden **). Herr Becquerels Bericht über seine Resultate war zwar keineswegs klar, indessen konnte man aus demselben doch ersehen: 1) dafs man die Kohlensäure aus denjenigen Erzen, die kohlensaure Salze enthalten, vor der Anwendung seiner Methode entfernen müsse (?!). So hat er bei der von ihm versuchten Bearbeitung der Syrjanower Erze, welche k o h l e n s a u r e s B l e i , k o h l e n s a u r e s K u p f e r und k o h l e n s a u r e s Z i n k enlhallen, diese Salze zuvor mit Schwefelsäure zersetzt f ) . Im Verlaufe seiner *) N a c h einem Russischen Aufsatz im Gorny Jurnal 1850. N o . 1. " ) Vergl. in d. Archive E d . VII. S. 23. f ) Dafs dies aber geschah um die Kohlensäure zu entfernen, ist keinesw e g s wahrscheinlich,
da ja ein viel näherer Grund zu
dem Zusatz
Versuche zur Kntsilbcriing der Altaiscben E r z e .
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Abhandlung sagt er freilich, dafs man anstatt dessen, die kohlensauren Verbindungen auch durch eine schwache Röstung zerlegen könne; er giebt indessen selbst zu, dafs dann die folgenden Operationen weniger zuverlässig seien. Die gleichfalls von ihm erwähnte Anwendung von Holzessig anstatt der Schwefelsäure, scheint er nicht versucht zu haben. 2) Der zweite Theil des Prozesses besteht in der Verwandlung des Silbers der Erze in C h l o r s i l b e r . Er bewirkt diese, indem er zu dem Erze Kochsalz und geröstete Eisenkiese oder andere Schwefelverbindungen zusetzt, welche bei der Auflösung in Sulfate übergehen und dann das Kochsalz zerlegen und dessen Chlor auf das Silber in den Erzen wirksam machen; 3) die dritte Operation oder die sogenannte electrische Abscheidung des Silbers, hat Herr Becquerel gar nicht beschrieben. Er begnügt sich mit der Angabe, dafs man zu derselben E i s e n und r e g u l i n i s c h e S i l b e r m a s s e n gebrauche, welche aber nicht durchaus verloren gingen. IVlan sieht hieraus, dafs die zwei ersten Theile des sogenannten neuen Verfahrens nichts weiter sind, als die unter dem Namen der Amerikanischen bekannte „ n a s s e A m a l g a m a z i o n , " und dafs Herr B. demnächst, anstatt der in Amerika gebräuchlichen Ausziehung des Silbers durch Quecksilber, unter Mitwirkung von Kupfer oder Eisen, dasselbe an dem positiven Pol einer galvanischen Säule niederschlägt und zwar zugleich mit den anderen aufgelösten Metallen. Die Anordnung der Säule bleibt in dem Französischen Berichte gleichfalls unerwähnt. Es war schon vor langer Zeit versucht worden, in den Altaischen Hütten die eigentliche Amalgamazion, anstatt der jetzt üblichen Bearbeitung der dortigen Erze, einzuführen. Man beauftragte namentlich die Herren V ö l k n e r und Savon Schwefelsäure in der Erhaltung des Schwefelsauren Kupfers und andrer Sulfate lag. D. Ueljers.
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Physikalisch - mathematische Wissenschaften.
k o l o v v s k j i mit dahin gehürigen Versuchen, nachdem sie aul Reisen ausserhalb Russlands die nölhigen Erfahrungen gesammeil hallen. Der Bericht, den sie schon 1834 über diese Versuche abstatteten, bestätigte indessen nur die frühere Ansicht, dafs man. Gold und Silber zugleich nicht mit Hülfe von Quecksilber ausziehen könne und es wurde demnach nicht weiter an Amalgamazion der Altaischen Erze gedacht. Herrn Becquerels Versuche beweisen nun, dafs auch seine neue Methode nicht ausreicht, um das Gold zugleich mit dem Silber zu gewinnen. Der Grund hiervon ist auch völlig klar, da der galvanische Strom nur aufgelöste Metallsalze zerlegt. Die concentrirte Kochsalzlösung welche, besonders wenn Chloreisen und Chlorkupfer gegenwärtig sind, das Chlorsilber vollständig aufnimmt, wirkt aber durchaus nicht auf das Gold und Herr Becquerel musste daher dieses in den zerlegten Rückständen des Erzes behalten. Das Silber aus den jetzt geförderten Altaischen Erzen enthält 0,040 bis 0,045 Gold, welches man doch unmöglich wegen anderweitiger Vortheile der Becquerelschen Methode verloren geben kann *). Es giebt freilich am Altai auch goldarme Erze, aber selbst unter den ärmsten enthalten die Salairsker und die Tscherepanower doch noch gegen 0,01 Gold, denn die Krjukower E r z e , welche zu gröfserein Theil aus Chlorsilber bestehen und fast ganz Goldfrei sind, werden jetzt nicht mehr gewonnen. Herr «Sokolowskji suchte dem erhaltenen Auftrage durch Versuche im Kleinen zu geniigen, bei denen er namentlich die goldärmeren und schwer schmelzbaren Tscherepanower Erze nach jener Becquerelschen Methode behandelte. Er nahm e i n Pfund des zu zerlegenden Erzes, unterwarf es den von Becquerel verlangten Vorbereitungen (Zerkleinerung?), zersetzte die etwa in demselben vorhandenen hohlensauren Salze mit Schwefelsäure und mengte dann das Ganze in Ge*) Die Geldwerthe des Gold- und Silbergehaltes der Altaischen Erze wären nacli dieser Angabe etwa im Verhiiltitfss von 2 : 3 . D. Uebers.
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Physikalisch- mathematische
Wissenschaften.
nach einigen Tagen bemerkbar wurde. Er bestand dann aber auch aus Silber, dem nur sehr wenig Blei und Kupfer beigemengt war. W e n n man dagegen Säure als flüssigen Leiter gebrauchte, so entstand an dem Poldrath sehr schnell ein Niederschlag von E i s e n , Z i n k und etwas M a n g a n , welche sich sogleich wieder zu weisslichen oder bräunlichen Flocken oxydirten, während sich an dem Ende des Drathes Blei und Kupfer mit nur äusserst geringer Beimengung von Silber in metallischem Zustande erhielten. Bei starker Wirkung der Säule reduzirten sich also (auch) die elektro- positiveren Metalle und bei schneller Wirkung derselben ( n u r ) die mehr elektro-negativen. Herr Sokolowskji hält zwar die fragliche Angelegenheit durch seine Versuche noch keineswegs für erledigt. Er ist aber doch überzeugt, dafs man die Becquerelsche Methode auf diejenigen Altaischen Erze anwenden könnte, welche entweder gar kein Gold enthalten oder doch nur eine so geringe Menge desselben, dafs ihr gänzlicher Verlust durch anderweitige Vortheile der neuen Entsilberungsmethode ersetzt würde. Auch müsste m a n , selbst wenn etwa dergleichen jetzt noch nicht beachtete Erze in dem genannten Hüttenbezirke vorkämen, den dabei anzuwendenden elektrischen Strom auf weit wohlfeilere Weise zu erzeugen suchen, als es bisher durch die gewöhnlicheren galvanischen Apparate gelingt.
Bemerkungen
über die Entsilberungsversuche am Altai. Von
H e r r n P . H e r l er.
D i e vorstehende Beschreibung der Versuche des Herrn S o kolowskji giebt über die, unseres Wissens n a c h , noch nichl gehörige bekannte Becquerelsche Enlsilberungsmelhodc nur w e n i g Aufschluss, indem durch dieselbe nicht einmal die Theorie des Prozesses klar w i r d , und daher noch weniger dessen praktische Anwendbarkeit im Grofsen beurtheilt w e r den kann. Das Verfahren welches auf den Altaischen Hütten versucht w u r d e , weicht aber ausserdem auch in dem allerwesentlichsten P u n k t e von derjenigen Vorstellung ab, welche wir uns bisher, w e n n auch nach unvollständigen Andeutung e n , von der Absicht des Französischen Physiker zu bilden hatten — Bei näherer Betrachtung sind nämlich Herrn Sokolowskjis Versuche, wie der Berichterstatter selbst sagt, nichts anderes als eine Bildung von Chlorsilber, nach den Prinzipien der amerikanischen Amalgamazion, die nur durch besondere V e r hältnisse bedingt, gegenwärtig noch in Mexiko und P e r u betrieben wird, von der aber sonst die bedeutenden Nachtheile, wie vor allem die ungeheure Langsamkeit, den neueren Silbergewinnungsmelhoden gegenüber allgemein anerkannt sind. IJm das Chlorsilber, welches durch Behandlung der Erze mit
634
Physikalisch- mathematische
Magistrat
unil
concentrirler
Wissenschaften.
Kochsalzlauge
gebildet
letzterer aufgelöst i s t , zu r e d u z i r e n , bediente nächst am Altai des galvanischen S t r o m s .
und
in
man sich dem-
U n t e r den vielen
Miltein mit w e l c h e n derselbe Z w e c k erreicht w e r d e n konnte, w a r dies offenbar das ungünstigste, da nach Hrn. S o k o l o w s k j i s eigener A n g a b e , neben dem S i l b e r alle übrigen in der L ö s u n g befindlichen Metalle ausgefällt w u r d e n , während bei
Anwen-
dung eines positiveren, in der elektrischen R e i h e aber dem S i l b e r nahestehenden Metalls wie z. B . Kupfer, das c r s l e r e vollständig frei von fremden B e i m e n g u n g e n zu erhalten g e w e s e n w ä r e . D a s ungünstige R e s u l t a t der V e r s u c h e beweist die U n a n w e n d barkeit der befolgten Methode und zeigt dafs sie wohl s c h w e r lich in dieser W e i s e von Hrn. B e c q u e r e l kann.
vorgeschlagen
sein
—
W i r d hingegen nicht erst nach erfolgter Zersetzung, sondern w ä h r e n d
der Digestion
nes mit der K u p f e r l a u g e der
der E r z e oder des S t e i -
resp. E i s e n o x y d h a i t i g e n
galvanische
Strom
durch die Masse
Salzgeleitet;
so müssen, unseres E r a c h t e n s n a c h , bei weitem günstigere R e sultate
erlangt werden.
Die
kleinste Quantität
Chlorsilber,
nämlich, die sich durch gegenseitige Z e r s e t z u n g des K o c h s a l z e s , schwefelsauren
Kupferoxyds
und S c h w e f e l s i l b e r s
wird im status nascendi von dem S t r o m zerlegt.
bildet,
Silber schei-
det sich regulinisch am negativen P o l a u s , w ä h r e n d das
frei
w e r d e n d e Chlor sich mit neuen T h e i l e n Silbers in den u n z e r setzlen E r z e n verbindet.
D u r c h die sofortige Z e r s e t z u n g des
vorhandenen Chlorsilbers würde die S a l z l a u g e stets im S t a n d e erhalten,
das sich bildende Silbersalz aufzulösen.
W e i s e wild ein
Auf diese
und dieselbe Menge C h l o r s u c c e s s i v e
an
beliebige Quantitäten S i l b e r gebunden, und diese in einer und derselben L a u g e aufgelöst.
Durch
die E i n w i r k u n g des S t r o -
mes werden alle c h e m i s c h e Zersetzungen begünstigt, so dafs die Entsilberung in unvergleichlich kürzerer Z e i t als ohne A n w e n d u n g desselben entstehen mufs. In wie weit die P r a x i s die V o r l h e i l e der B e c q u e r e l s c h e n Methode bestätigt,
w e l c h e nach
dieser B e t r a c h t u n g die aller
Vcrsuclie zur Entsilberong der AltaiscLen E r z e .
635
übrigen überwiegen würden, mufs dennoch erst die Anwendung im Grofsen beweisen. Eine bedeutende Schwierigkeit über welche Herr Sokolowskji sich beklagt, nämlich dafs mit dem Silber zugleich alle andere in der Auflösung befindliche Metalle ausgeschieden werden, scheint schwer zu beseitigen, denn die zunächst liegende Anwendung eines sehr schwachen Stromes beschleunigt in der T h a t den Prozess so wenig, dafs auch Scheerer in seinem Lehrbuch der Metallurgie S . 5 1 angiebt: bei den Versuchen die er mit dem Hrn. Ziervogel auf der Goltesbelohnungs Hütte angestellt haben, sei der Kupferstein nach mehreren Tilgen nicht vollständig entsilbert gewesen. Ueber die Reinheit des Silbers sagt er nichts, wonach es wohl seinen Anforderungen entsprochen haben dürfte. Schliefslich bleibt uns an dem russischen Bericht noch ein Punkt unklar, nämlich die grofse Wichtigkeil, welche der B e richterstatter auf die Austreibung der Kohlensäure aus den Erzen legt, welche unserer Meinung nach, dem Prozess durchaus nicht nachtheilig sein kann. Wird sie durch Schwefelsäure ersetzt, so hat man freilich den Vorlhcil, das so erhaltene schwefelsaure Kupferoxyd als Magislral benutzen zu können, dagegen erscheint aber die vorgeschlagene Anwendung von Essigsaure mehr als räthselhaft.
Ermans Russ. Archiv, lid. IX. 11. h.
42
Ueber verschiedene Versuche zur Gewinnung des Goldes in den Jekatrinburger Werken. Nach dem Russischen des
Herrn
A v v d j e j evv *).
D as Gold wird an den meisten seiner Fundorte durch Saig e r u n g gewonnen, welche, je nach der Beschaffenheit der begleitenden Massen, ein blofses Auswaschen ist, oder auf eine Zerkleinerung oder Z e r p o c h u n g folgt. Dieser vorläufigen Operation werden namentlich die Goldführenden Erze u n t e r w o r fen und am Ural hat man dieselbe auch auf die Goldseifen oder L a g e r von Goldschutt a n g e w e n d e t , als man anfing sich mit dergleichen zu beschäftigen. Es w u r d e indessen bald b e m e r k t , dafs für diese L a g e r die N a t u r selbst, nicht allein die Zerkleinerung besorgt h a t , sondern auch eine T r e n n u n g oder Sortirung des Produktes in grobes und feines. Man fing daher an auch bei diesen Massen, grade so wie bei den zerpochten Erzen, das Gold von den tauben Theilen durch eine, auf die beträchtlichen Dichtigkeitsunterschiede derselben gegründete, Schlemmung oder W ä s c h e zu trennen. Eine wesentliche Unvollkommenheit dieses Verfahrens rührt davon h e r , dafs ihrem mechanischen Prinzipe bei der rohen Ausführung im Grossen allerlei Hindernisse enlgegen•) Gornv ./urnal 1850. No. 1.
Versuche zur Gewinnung des Goldes in den Jckatrinb. Werken. 6 3 7
treten. D e r hierdurch entstehende Verlust an Gold Jiifst sich, wenn man Schutt v e r w ä s c h t , nicht genau bestimmen, weil dann das Auszubringende nicht gleichmäfsig durch das T a u b e vertheilt ist. Man kann indessen wohl annehmen, dafs man aus Schuttlagern nie mehr als e i n D r i l l h e i l ihres Goldgehaltes gewinnt und dafs somit das Doppelle dieses Gewinnes verloren oder doch auf die Halden 'geworfen wird. Es versteht sich ausserdem, dafs dieser Verlust um so gröfser wird, j e feiner das auszuwaschende Gold ist, und so erhält man dann in der T h a t aus den Erzen *) nur 0,1 ihres Goldgehaltes und vernachlässigt mithin n e u n m a l so viel als man ausbringt. — In diesem Falle wird die schon an sich vorhandene und sehr störende F e i n h e i t d e s G o l d e s durch das Zerpochen noch vermehrt (?). Bei der natürlichen Bildung der Schuttlager ist aber Aehnliches v o r g e k o m m e n , und zum Beweise davon findet man in beträchtlichem Abstände von den u r sprünglichen Stätten des Uralischen Schuttes ein offenbar aus ihm stammendes Gold so fein vertheilt, dafs man es kaum auf dem Waschherd zurück halten kann. Man hat j e U t angefangen die ausserordentliche Unvollsländigkeit der mechanischen Goldausbringung einzusehen und wird demnächst zu deren Ersatz durch vollkommenere durch den auch am Ural nahe bevorstehenden Mangel an u n b e r ü h r t e n G o l d s e i f e n aufgefordert. Schon jetzt hat man in den Jekalrinb. W e r k e n die Halden von früheren Wäschen, ein zweites Mal mit etwas mehr Sorgfalt auf die Herde gebracht und in denselben nicht blofs einzelne Goldkörner von mehr als 0,01 Russischen P f u n d e n g e f u n d e n , sondern auch durchschnittlich in jenen Massen, wenn sie von Erzen herstammten, einen Goldgehalt von einem Z w e i m i l l i o n t h e i l bis zu einem N e u n h u n d e r t l a u s e n d t h e i l und w e n n sie von Goldsanden *) Es sind hier wohl im Besonderen die von Beresow und Pyschminsk im Jekatrinburger Distrikt des Mittleren Ural g e m e i n t , über welche ii. A. in diesem Archive Bd. II. S. 530, ¿>44 zu vergleichen ist. D. Uebers.
42*
638
Physikalisch - mathematische Wissenschaften.
übrig geblieben w a r e n , von einem D r e i m i l l i o n t h e i l ihres Gewichtes *). Durch diese neu g e w o n n e n e Quantität durfte aber der Gesammtgehalt jener Massen noch keineswegs für erschöpft gelten, und man w a r daher schon seit langer Zeit auf die V e r w e n d u n g der Amalgamazion zu einer vollständigeren Ausbringung der dortigen Goldrückstände bedacht. D e r ehemalige Uralische Berginspektor A c h t e h a t , schon vor 4 0 Jahren, einige dahin gehörige Versuche angestellt, deren Erfolge aber nicht bekannt sind, während H e r r T s c h a d o w vorzüglich eine Verbindung der W ä s c h e und der Amalgamirung zu einer einzigen Operation versuchte und zu diesem Z w e c k e einige sinnreiche Apparate angab, die Herren C h w o s c h t s c h i n s k j i und Y V a r w i n s k j i aber verschiedene Amalgamazionsverfahren auf zurückgesetzte Schliche anwendeten. — In den letzten Jahren hat auch Herr Becquerel aus Paris der Russ. Regierung eine Abhandlung über den Goldgehalt der Erze und S c h u l l m a s s e n , nebst verschiedenen Vorschlägen zur Ausbringung desselben übersandt, und der Verfasser des vorliegenden Aufsatzes, dem dieselbe zur Beurtheilung übergeben wurde, hat in Folge davon die grofsen Vorlheile der Amalgamazion erkannt und empfohlen. Er w u r d e demnächst seit 1844 mit den gehörigen Versuchen beauftragt und hat nun über die Resultate zu berichten, zu denen ihn dieselben während fünf J a h ren geführt haben. Er fand wenig nutzbare Vorarbeiten, weil sich ausserhalb Russlands bisher nur wenige Techniker mit der Goldamalgamazion beschäftigt haben (?). — Die jetzt bestehenden Amalgamirwerke sind vielmehr fast ausschliefslich zur Silbergewinnung bestimmt, bei welcher der mechanische Frozess *) stets mit einem chemischen verbunden ist. Man *) M a n m u s s also von N e u n h u n d e r t t a u s e n d P f u n d e n bis zu Dreimillionen P f u n d e n b e w e g e n und v e r w a s c h e n , um I P f u n d Gold o d e r g e g e n 43K Thaler zu gewinnen.
D. Uebers.
**) Der Verf. v e r s t e h t u n t e r diesem o f f e n b a r die d i r e k t e E i n w i r k u n g des Q u e c k s i l b e r s auf regulinisches Metall, welche man a b e r doch n u r g r a d e
Versuche zur Gewinnung des GoMcs in den Jekatrinb, Werken.
639
beginnt überall mit der Erzeugung von Silberverbindungen, die in einer mitwirkenden Flüssigkeit auflösbar sind. So ist die Sächsische Amalgamazion eine zweifache Zerlegung des Chlorsilbers durch das Quecksilber und des Chlorquecksilbers durch Eisen. Das Gold ist dagegen, wegen seiner geringen Verwandtschaft zum Sauerstoff, zur Bildung von auflösliclien Salzen nur wenig und nur auf eine Weise geeignet, welche im Grofsen kaum anwendbar scheint. Der Verfasser hat sich demnach vorzüglich bemüht, die Berührungsfläche zwischen dem Golde und dem Quecksilber möglichst zu vergröfsern und zwar, indem er (die allgemein bekannten) Amalgamirfässer anwandle. In diesen wird das Quecksilber zertheilt und jene Oberfläche wohl auf das Millionfache vergröfsert. Es kommt dann nur darauf an durch eine angemessene Umdrehungsgeschwindigkeit das Quecksilber verkleinert zu erhalten, so wie auch, wenn man Erze anwendet, das in Eisenkiesen äusserst fein eingesprengte Gold vollständiger blofs zu legen, als es durch die gewöhnliche Pocharbeit geschehen war. Die sogenannten Schliche wurden deshalb nun g e r ö s t e t und z e r m a h l e n . Herr A w d j e j e w hat zuerst Goldsand in einem Fasse bearbeitet, welches nur 5 Pud desselben fasste, den Gebrauch von ähnlichen aber zu umständlich für die Arbeit im Grofsen gefunden. Die nächsten Versuche wurden mit Fässern von den Dimensionen der in Freiberg üblichen angestellt, gaben aber sehr ungünstige Resultate und man entschloss sich demnach endlich, mit weit besserem Erfolge, zum Gebrauch von Fässern, welche 10 Pud Sand hielten und in ihrer Gestalt mit den zuerst versuchten kleineren übereinkamen. Man ersah hierbei namentlich, dafs es vorlheilhaft ist, die Fässer länger und von kleinerem Durchmesser zu machen, als die Freiberger. H e r r A . entschied sich für folgende Dimensionen: 63 Zoll Länge bei einem Durchmesser von 19,25 Zoll am so viel wie eine j e d e chemische Verbindung, eine mechanische n e n nen kann.
D, Uebers.
640
Physikalisch - mathematische Wissenschaften.
Ende und 2 1 Zoll in der Mitte des Fasses. In der Pyschminsker Hütte *) sind seit Mai 1 8 4 8 , 3 2 solcher Fässer in Wirks'amkeit. Man überzeugte sich auch bald, dafs der Erfolg der Arbeit durch Hinzufügung von Eisenspähnen und Schwefelsäure in allen Fällen verbessert wird, und blieb daher ein für alle mal bei dieser Anordnung. Die Säure und das Eisen scheinen hier eine sehr zusammengesetzte Wirkung auszuüben, vorzugsweise aber wohl so, dafs das Kupfer, welches in den Schlichen oder Erzpulvern oxydirt enthalten ist, von dein Eisen reduzirt und demnächst vom Quecksilber aufgenommen wird. Es wurden bei den in Rede stehenden Versuchen von sogenannter Englischer Schwefelsäure bis zu von dem Gewicht der Schliche und ein ebenso grofses Gewicht Eisen angewendet. D e r Gang der Operation besteht immer darin, dafs man in das Fass zuerst eine dem Gehalte desselben entsprechende Menge der zu amalgamirenden Masse legt und dann nach einander Quecksilber, Eisen und W a s s e r bis zu gänzlicher Füllung des Fasses, und endlich die Schwefelsäure. Man schliefst dann die Fässer und dreht sie mindestens 18 Mal in der Minute um ihre A x e * * ) . Durch diese Bewegung wird das Quecksilber zertheilt und zugleich der Angriff des Goldes eingeleitet. Sie dauert 18 Stunden, nach welchen man die Geschwindigkeit 3 Stunden lang auf 8 bis 12 Umdrehungen in der Minute herabsetzt. Während dieser zweiten Periode soll sich das Quecksilber sammeln, der Angriff auf das Gold aber fortdauern. D i e übrigen 3 Stunden eines jeden T a g e s werden zur Ausleerung f ) und zur neuen Füllung der Fässer gebraucht. Von * ) 6 Werst ONO. von Beresow. * * ) Der Verf. hat vergessen
D. Debers.
anzugeben, ob diese Axe senkrecht
horizontal gestellt wird.
f ) Nach näheren Angaben über d a s A n s e h n d e s A m a l g a m s , d e s s e n T r e n n u n g von
oder
D . Uebers. dem ü b e r s c h ü s s i g e n
über
Queksilber,
s o w i e ü b e r d i e e n d l i c h e A b s c h c i d u n g d e s G o l d e s , sucht
Versuche zur Gewinnung des Goldes in den Jekatrinb, Werken. 6 4 1
Quecksilber wird zwischen £ und ^V des Gewichtes der Schliche oder Sande zugesetzt und man richtet sich dabei nach dem Korne und der sonstigen Beschaffenheit (?) des zu Bearbeitenden. Das freie Quecksilber und das Amalgam, welches man von dem Sande umwickelt findet, wird auf einem Waschherde ausgewaschen, von dem es gut ist, das Kopfstück mit einem angequickten Kupferblech zu bedecken. Goldarmes Material, wie z. B. die verworfenen Sande, die man schon zweimal durchgewaschen hatte, wurden, ehe man sie der Amalgamazion unterwarf, zu einem g r a u e n S c h l i c h (?) verwaschen, den man dann röstete und zermahlte. Zu dergleichen zermahlenen Massen wurde auch immer mehr Quecksilber, als zu anderen, gesetzt. Es wurden endlich auch einige später zu erwähnende Versuche angestellt, bei denen man die Schliche mit Kochsalz röstete. Diese haben, wie vorherzusehen, im Vergleich mit den übrigen, ein Silberhaltigeres Gold geliefert. Die nun näher zu erwähnenden Resultate beziehen sich auf folgende Massen, welche nacheinander der Amalgamazion unterworfen wurden: I. E r z e und zwar: 1) vollständig, 2) frische Schliche, 3) alle verworfene Schliche, 4) dieselben concentrirt, 5) das sogenannte Gefäll. II. S a n d e und zwar; 1) vollständig, "2) verworfene, 3) gröbere Gerolle, 4) sogenanntes Gefäll, 5) schwarzer Schlich. man vergebens sowohl an dieser Stelle wie an jeder andren des R u s sischen Aufsatzes, welcher doch weit unwesentlichere Nebennmstände sehr weitläufig behandelt.
K.
642
Physikalisch - mathematische Wissenschaften.
Die Erze enthalten das Gold in zweierlei Weisen, welche hier blofs als grobe und feine Einsprengung unterschieden werden mögen. Das grob eingesprengte Gold findet sich in den an den Gängen gelegenen Massen (Salbändern?) und namentlich in Quarz, Eisenocher u. a. Das fein eingesprengte in den Eisenkiesen den aus ihnen entstandenen Brauneisensteinen und im Bleiglanz. Es ist für das unbewaffnete Auge unbemerkbar. Von diesen beiden Arien des Goldes geht (bei der gewöhnlichen Wäsche) so viel verloren, dafs aus Erzen, die nach Proben im Laboratorium bis zu Tr^inr ihres Gewichtes oder sogar in noch höherem Mafse aus Gold bestehen, doch nur von nnnnnr bis xsVinnr desselben Gewichtes gewonnen wird. Das mikroskopische Gold lässt sich nämlich durch blofse Schlämmung ebenso wenig gewinnen, wie man auf einem Waschherde dasjenige Gold zurückhalten könnte, welches man nur eben erst aus einer diluirlen Auflösung gefällt hätte. W a s nun die Produkte der Zerpochung betrifft, so sammelt sich das gröbste Gold in den Pochkasten, das von mittlerer Gröfse bleibt, auf dem Waschherde und in dem Sumpfe desselben, während das mikroskopische Iheils in die Flüsse geführt wird, theils sich mit dem G e f ä l l e niederschlägt*). Bis zu einem bestimmten Grade der Feinheit kann das Gold vollständig auf Waschherden gesammelt werden, wie man sich durch direkte Versuche überzeugen kann. Mengt man von etwas feinerem Golde ein bestimmtes Gewicht mit dem 192000fachen (100 Pud auf 2 Solotnik) an Letten, so erhält man es durch die Wäsche nicht mehr vollständig zurück — und ebenso verhält es sich, mehr oder weniger nach Mafsgabe der Einsprengung, mit dem Golde aus den zerpochten Erzen. Dasjenige welches in die Bäche gelangt und erst von ihnen als sogenanntes Gefälle abgesetzt wird, kann auch *) Eine Beschreibung der hier gemeinten Pochwerke von Pyschminsk und Beresowk bei Jekatrinburg, iindet sich in E r m a n s Reise um die Erde u. s. w. Ablhl. I. Bd. 1. S. 397 u. f. D. Uebers.
V e r s u c h e zur G e w i n n u n g des G o l d e s in d e n Jekatrinb. W e r k e n .
643
durch Amalgamazion kaum wieder gewonnen werden, weil es sich durch keinerlei Schlämmung von der grofsen Menge feiner erdiger Substanzen, mit denen es sich niedergeschlagen hat sondern Iasst. Auch mit eigentlich v o l l s t ä n d i g e n E r zen sind keine Amalgamazionsversuche gemacht worden, denn da man dieselben doch immer erst zerpochen musste, so wurden ihnen vor der Behandlung mit Quecksilber, auch immer erst durch eine Wäsche dasjenige Zehntel oder Achtel ihres Goldes entzogen, welches man auf diesem Wege gewinnen kann. Der sogenannte E r z s c h i i c h , d. h. der Rückstand auf dem Waschherd und in dem Sumpfe desselben, ist ebenfalls nur selten der Amalgamazion unterworfen worden, weil man denselben schon früher einmal (wieder) ausgewaschen und dann auf die Halden geführt hatte. Z w e i einzelne Versuche mit diesem Produkte haben jedoch folgende Resultate ergeben. Das erste Mal lieferten 80 Pud desselben, die ohne Röstung und ohne Zermahlung amalgamirt wurden 3,2 Solotnik, d. h. wsTiir ihres Gewichtes an Gold, und das andere Mal wurden aus 100 Pud 2,24 Solotnik Gold oder TTTVITT ihres Gewichtes gewonnen. Die a l t e n v e r w o r f e n e n E r z s c h l i c h e zeigen, wenn man sie ohne Vorbereitung der Amalgamazion unterwirft, nur einen Goldgehalt von T W Ü ^ T T bis z u TWÖTTTT- Einige Versuche die mit demselben Produkte angestellt wurden, nachdem man es geröstet und zermahlen halte, gaben indessen weit bessere Resultate und man hat deshalb auch zur Röstung derselben, einen eigenen Ofen, nach dem Muster des in der Mansfeldischen Gottesbelohnungs Hütte üblichen angelegt. Die Zermahlungl nach der Röstung erfolgt auf einer gewöhnlichen Mehlmühle. Herr A w d j e j e w lässt hier eine tabellarische Zusammenstellung der Resultate von 26 einzelnen Amalgamazionen solcher alten Erzschliche folgen. Das Gesammtgewicht derselben betrug 13164 Pud (zu 35,032 Preuss. Pfd.) und man hat aus diesen in Allem: 0,10925 Pud Gold und: 0,02794 Pud Silber
644
Physikalisch - mathematische Wissenschaften.
gewonnen, mithin an : G o l d TnnrV-s* Silber T T T W ihres Gewichtes. — Die auf einmal behandelten Portionen des Rohmaterials haben zwischen sehr weiten Glänzen, und namentlich von 55 Pud bis zu 1160 Pud variirt, so wie auch der Goldgehalt von ysknr bis zu der Silbergehalt von bis zu Tmrhnnr Zwischen der Gröfse der behandelten Massen und dem aus der Ausbringung geschlossenen Gold- und Silbergehall derselben, ist durchaus keine Abhängigkeit zu bemerken, aus der etwa auf besseres Gelingen der Gearbeitung von kleineren Portionen zu schliefsen wäre. HerrAwdjejew erklärt vielmehr jene Unterschiede im s c h e i n b a r e n Gehalte zunächst durch entsprechende in dem w a h r e n Gehalte des verarbeiteten Materials, indem dasselbe von Halden entnommen wurde, die sich allmälig aus dem Abfall von sehr verschiedenartigen Erzen gebildet hatten. Man habe demgemäls auch, durch genaue Zerlegungen im Kleinen, die einzelnen Theile dieser Aufschüttungen von sehr verschiedenen Werthen gefunden, und es komme dazu noch der Umstand, dafs die Oberfläche durch die Atmosphärilien zersetzt, so wie auch durch den Regen geschlämmt und somil theils zur Amalgamazion geeigneter *), theils auch gradezu Gold- und Silberreicher geworden sei. Ausserdem soll auch durch die Amalgamazion a u s e i n e r l e i V e r b i n d u n g bald mehr, bald weniger Gold gewonnen werden, je nach gewissen Nebenumständen, die noch nicht genugsam bekannt und deshalb auch nicht gehörig anzuordnen seien. — Namentlich bleibe in dem Quecksilber, welches man durch Ziegenleder presse, bald mehr, bald weniger von dem Amalgame, von dem man es trennen will, aufgelöst und es sei oft vorgekommen, dafs eine Quantität Quecksilber an
") Weshalb dieser Unterschied nicht durch die Röstnng und Zermahlung ausgeglichen wird, ist doch wohl kaum einzusehen. D. (Jebers.
Versuche zur Gewinnung des Goldes in den Jekatrinb. Werken.
645
dem T a g e , an dem sie aus dem Amalgamirfasse gelassen worden war, beim Durchpressen nur wenig Amalgam und demgemäfs auch wenig Gold gegeben, und dennoch an einein folgenden T a g e auf dieselbe Weise behandelt, einen weit beträchtlicheren Goldgehalt gezeigt habe. HerrAwdjejew glaubt, dafs die Temperatur des Quecksilbers von Einfluss auf die Menge von Amalgam, die es zurückhält, sein könne, indem sich vielleicht, ausser der bekannten einatomigen Verbindung von Gold und Quecksilber, noch eine andere in Quecksilber lösliche bilde. — Von dem Golde, welches auf die in Rede stehende W e i s e aus alten Erzschlichen gewonnen wurde, kostete jeder Solotnik 1,25 Rubel*). Man hoffte diese Kosten zu vermindern, indem man das zu amalgamirende Material zuvor durch eine Schläinmung concentrirte, die auf Waschherden von Knaben vollzogen wurde. Man erhält durch diese von 1 0 0 Pud a l t e r S c h l i c h e , 8 bis 12 Pud sogenannten grauen oder schwarzgrauen, welcher darauf auf die früher erwähnte Weise geröstet, zermahlen und mit Quecksilber behandelt wurde. Die Resultate von 17 Versuchen dieser Art, sind in dem vorliegenden Aufsatze zu einer Tabelle zusammengestellt, von der hier das Wesentlichere folgt. E s wurden in Allem veramalgamirt: „von g r a u e n E r z s c h l i c h e n 15880 Pud"**) * ) Mitbin 1 Russisches Pfund 1 2 0 Rubel und 1 P r e n s s . Pfund 147,7 P r . T h a l e r . Das letztere ist etwa 4 3 7 , 7 P r . T h a l e r werth und die Amalgamazionskosten yon dem in Rede stehenden G o l d e ,
betragen daher etwas
ü b e r e i n D r i t t e l von dessen Werth.
D . Uefcers.
* * ) S o steht wörtlich in dem Russischen Aufsatz. nächst der sogenannte g r a u e S c h l i c h Material,
aus welchem
er d u r c h
E s wäre aber dem-
kaum goldhaltiger als das
Abschlemmung
yon
etwa
N e u n - Z e h n t e l d e s G a n z e n , gewonnen wurde, und das für verbessert ausgegebene Verfahren, bewirkte ganz im Gegentheil, einen durch m e h r A r b e i t h e r b e i g e f ü h r t e n 0,9 des v o r h a n d e n e n S. 648.
Goldes
und
Verlust Silbers!?.
von
nahe
an
Vergl. unten D. üebers.
Physikalisch - m a t h e m a t i s c h e Wissenschaften.
und daraus erhalten 0,17312 Pud Gold 0,06185 Pud Silber oder an Gold des Gesammtgewicliles an Silber i T 6 y i T — Die mit einem Male verarbeiteten Quantitäten des Rohmaterials, welche durchschnittlich 934 Pud betrugen, variirlen von 285 bis zu 1865 P u d , so wie auch das aus ihnen ausgebrachte Gold zwischen mfrinj- und und Silber — tttzt¡r " - r s l ^ r ihres Gewichtes. — Herr A w d j e j e w fügt noch hinzu, dafs von dem auf diese Weise gewonnenen Golde jeder Solotnik 2 Rubel Silber (mithin l,6mal soviel als bei der früheren Bearbeitung oder etwa 0,54 seines Werthes) gekostet habe. Man versuchte demnächst die g r a u e n S c h l i c h e mit K o c h s a l z zu rösten und gelangte zu folgenden Vergleichungen: Nach Röstung wurden amalgam. Pud
330 480 280 885 510
ohne Salz wurden und daraus erhalten : von der Gewichtseinheit amalgam. Pud an Silber an Gold
0,0000152 0,0000081 0,0000425 0,0000111 0,0000193
0,0000022 0,0000027 0,0000031 0,0000089 0,0000031
2485 *) 0,0000125 0,0000050
1245
0,0000205 0,0000109 0,0000144 0,0000187 0,0000273
0,0000050 0,0000023 0,0000062 0,0000187 0,0000054
0,0000199 0,0000060
oder v o n
oder von
2485 0,03181 Pud Pud RohmaGold. terial.
280 230 240 100 425
mit Salz nnd daraus erhalten von der Gewichtseinheit an Silber an Gold
0,01242 Pud Silber.
*) Im Original stellt 2455.
1245 0,02476 Pud Pud Gold. Rohmaterial.
0,04747 Pud Silber.
D. Uebers.
Versuche zur Gewinnung des Goldes in den Jekatrinb. Werken. 6 4 7
D e r Salzzusatz übte hiernach einen sehr günstigen E i n fluss auf den Erfolg der Amalgamazion und w u r d e deshalb auch noch bei der Bearbeitung von 27 anderen Portionen Schlich, die zusammen 19124 P u d wogen, beibehalten, obgleich die beträchtlichen Kosten dieses Verfahrens (welche mehr als 2 S. Rubel von jedem Solotnik Golde *) betrugen) eine V e r einfachung wünschen lieisen. J e n e 19124 P u d der sogenannten g r a u e n S c h l i c h e lieferten zusammen 0,24216 P u d Gold und 0,13175 P u d Silber' oder in Theilen ihres Gewichtes 0,0000127 = T i i T 7 J Gold 0,0000069 = ,-jVtttti Silber. Die alten Erzschliche, aus denen die jetzigen Halden (bei Beresowsk und Pyschminsk (?) d. Uebers.) bestehen, g a ben durch Auswaschung durchschnittlich n u r Tsrüinrir und in seltenen Fällen bis zu TnroVmr ihres Gewichtes an Silberhaltigem Golde und dagegen durch Amalgamazion so viel mehr, wie man aus folgender Zusammenstellung ersieht: Es wurden erhalten: durch Auswaschung durch Amalgamazion ans altem Legirtes Silberhalt. aus altem Silberhaltiges Schlich Gold Gold Schlich Gold Pud Pud Pud Pud Pud 0,28776 0,20941 311000 3820 0,03906 1
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1
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Herr A w d j e j e w kommt an dieser Stelle seines Berichtes zu dem Schlüsse, dafs die für vorlheilhaft gehaltene Aus*) d. Ii. mehr als 238 Thaler von jedem Preuss. Pfund G o l d oder m e h r als 5 4 V r o c e n t von dem Werthe desselben! Ks ist zu bedauern, dafs der Verfasser die Kntstohung dieser Kosten nicht näher nachgewiesen hat, und daher nur zu vermuthen, dafs der Verlust an Quecksilber den gröberen Theil derselben, die Feuerung und die Rüstung der bearbeiteten Massen das Uebrige ausgemacht haben. 1). Uebers.
G48
P h y s i k a l i s c h - m a t h e m a t i s c h e Wissenschaften.
waschung des grauen Schliches aus dem unmittelbar auf den Halden gefundenen, höchst unvortheilhaft sein (s. oben S. 645 Anmerkung), indem, w e g e n der Feinheit des Goldstaubes in diesem letzteren, das Abgeschlemmte genau ebenso goldhaltig sei als das Zurückbleibende (und die zur Verbesserung bestimmte Operation somit nichts anderes als ein, noch dazu mühsames, Fortwerfen von des vorhandenen Goldes, d. Uebers.). Ganz unzweifelhaft seien d a g e g e n , wie schon einmal bemerkt, die Vorlheile der Rüstung mit Kochsalz, obgleich man die c h e m i s c h e n H e r g ä n g e , d i e s i e b e w i r k e , n o c h nicht kenne. Die 20 W e r s t Die E r t e der B l a g o d a t e r Grube. von den Beresowern entfernte, und seit vielen J a h r e n aufgegebene ß l a g o d a t e r Grube baut auf E r z e , die den Beresowern ähnlich, aber von einem härteren Mittel umgeben und daher schwerer zu bearbeiten sind. Die Gangmasse selbst besteht auch aus mannichfaltigen Fossilien, unter denen S c h w e felverbindungen die vorzugsweise goldhaltigen sind. So namentlich Schwefelkies und ßleiglanz, ausserdem aber Verbindungen von Arsenik und Schwefel mit Kupfer und wahrscheinlich auch mit Silber. Die dortigen E r z e enthalten nämlich Gold und Silber zusammen. Sie w u r d e n ehemals, als man sie in grofsen Massen förderte, wie die Blagodater Halden beweisen, durch Zerpochung (und V e r w a s c h u n g ) auf Gold benutzt. Später schienen die reicheren Nester erschöpft aber der Bleiglanz, der auf den Halden liegt, enthält nach jetzigen Analysen nicht weniger als Gold und Silber, und zwar mehr von dem letzteren als vom ersteren. Man kann näherungsweise annehmen, dafs in j e n e m Gange 5 Mal mehr Silber als Gold v o r k o m m t , wonach denn auch die Blagodater G r u b e eher für ein Silberwerk gelten muss. Eben deshalb w ü r d e man aber auch die Erze derselben nicht mehr durch Z e r p o c h u n g zu benutzen h a b e n , sondern könnte sie vielmehr nach gehöriger Ausklaubung v e r s c h m e l z e n . — Herr Awdjejew hat dergleichen Erze mit Salz geröstet, zermahlen und
Versuche zur Gewinnung des Goldes in den Jekatrinb. Werken.
649
mit den hiernächst angegebenen (höchst verschiedenartigen) Erfolgen veralgamirt: von den Blagodater Erzen wurden
und g a b e n : Gold
Silber
Pud
Pud
Pud
50 100 200 100 150
0,00208 0,00075 0,00070 0,00475 0,00109
0,00104 0,00829 0,01539 0,00818 0,00327
0,0000416 0,0000075 0,0000070 0,0000475 0,0000075
0,0000228 0,0000829 0,0001539 0,0000818 0,0000218
500
0,00937
0,03617
0,0000187
0,0000723
veralgamirt
oder von der Gewichtseinheit: Gold
Silber
D e r im Durchschnitt aus diesen Versuchen folgende Gehalt, beträgt, seinem W e r t h e nach u n d nach der üblichen Ann a h m e über den Goldwerth, so viel als 0,00036 Silber in der Gewichtseinheit *), und da die Altaischen Silbererze bei einem auf gleiche Weise berechneten Gehalte von 0,00042 Silber, mit n a h e an 200 Prozent reinen Gewinns verschmolzen w e r den, so ist klar, dafs die Blagodater Grube in hohem Maafse verdient, wieder aufgenommen zu werden und dafs ihr Betrieb, in Folge der Fortschritte der Metallurgie, jetzt noch weit einträglicher sein w ü r d e als vor 50 J a h r e n . Versuche über den Silber- und Goldgehalt des dortigen Bleiglanzes haben zu folgenden, ebenfalls erwähnungswerthen, Resultaten g e f ü h r t : 1) Ein Stück aus der Petro-Michailower Grube, von einem N e s t e , in welchem ehemals ausgezeichnete Stufen von Silberhaltigem Golde vorgekommen sind, enthielt auf die Gewichtseinheil: 0,00130 Silberhall. Goldes 2) Ein anderes Stück von derselben Grube desgl. 0,00065 Der Verfasser sagt 1 Solotnik 37 Doli im P u d welches dem Obigen entspricht, zugleich aber z e i g t , vom Golde zum Silber =
dafs er das Verliältniss der WVrtlie
15,4:1 g e n o m m e n hat. D. Uebers.
G50
Physikalisch-mathematische Wissenschaften.
3) E i n S t ü c k v o n d e m S c h u t t e des M o s t o w e r L a g e r desgl. 0 , 0 0 0 1 1 Gold u n d 0 , 0 0 0 7 6 Silber D a s zuletzt g e n a n n t e S t ü c k lieferte, w e n n m a n den W e r t h seines G o l d g e h a l t e s auf den des Silbers r e d u z i r t , so viel als: 0 , 0 0 2 4 4 Silber v o n d e r G e w i c h t s e i n h e i t u n d ist d a h e r allerdings s c h m e l z w ü r d i g . E s ist zu b e d a u e r n , dafs m a n diesen Bleiglanz nicht f r ü h e r b e a r b e i t e t h a t , d e n n a u c h j e t z t , w o sich d a v o n H u n d e r t t a u s e n d e v o n P u d e n a n g e h ä u f t h a b e n , h a t die .dortige B e h ö r d e b e s c h l o s s e n , ihn n i c h t zu v e r w e n d e n . Man soll ihn v i e l m e h r f ü r die Z u k u n f t a u f h e b e n „ w e i l e r d u r c h Z e r p o c h u n g (und A b s c h l ä m m u n g ( ? ! ) n u r ä u s s e r s t w e n i g Gold g e g e b e n hat." D e r V e r f a s s e r schlägt d a g e g e n v o r , 1000 P u d j e n e s E r z e s mit reichen (Blei-) Erzen „ v o n den G ä n g e n ' zu s c h m e l zen, die m a n sich d u r c h einige A u s k l a u b u n g v e r s c h a f f e n k ö n n e ; d e n n ein solcher V e r s u c h w ü r d e n i c h t s k o s t e n , w ä h r e n d es allerdings nicht o h n e beträchtliche U n k o s t e n a b g e h e , w e n n m a n d a s Blei (zum Abtreiben d e s S i l b e r s ? ) k a u f e n m ü s s e . Die Sande. D i e oberflächlichen L a g e r die m a n v e r w ä s c h t , v e r d a n k e n ihren G o l d g e h a l t d e m zerfallenen A u s g e h e n d e n d e r j e n i g e n (?) G ä n g e , auf w e l c h e j e t z t n o c h g e b a u t w i r d . S i e m ü s s e n d e s h a l b g r ö b e r e s G o l d e n t h a l t e n als diese letzteren. N u r d e r g l e i c h e n g r ö b e r e s Gold h a t sich in d e n V e r t i e f u n g e n a b g e s e t z t , w e l c h e w ä h r e n d einer f r ü h e r e n P e riode die S c h u t t m a s s e n des G e b i r g e s a u f n a h m e n , w ä h r e n d d e r feine G o l d s t a u b a u s d e m s e l b e n S c h u t t e erst s p ä t e r v o n d e n W a s s e r n , die sich ü b e r die s c h o n g e e b n e t e r e E r d o b e r f l ä c h e ausbreiteten, bis auf beträchtliche E n t f e r n u n g e n v e r f ü h r t w u r d e . E b e n d a d u r c h e n t s t a n d e n die a r m e n Goldseifen w e l c h e den U r a l bis auf A b s t ä n d e n v o n m e h r als 100 W e r s t u m g e b e n . E s erklärt sich h i e r d u r c h von v o r n e herein w e s h a l b m a n a u s den W a s c h r ü c k s t ä n d e n v o n d e n (reichern) S c h u t t l a g e r n , d u r c h A m a l g a m a z i o n n u r s e h r w e n i g Gold a u s b r i n g t , u m so m e h r , da sich a u c h a n d e r w e i t i g e r g e b e n h a t , dafs a r m e P r o d u k t e
Versuche zur Gewinnung des Goldes in den Jckatrinb. Werken. 6 5 1
durch den Verquickungsprozess nur weit unvollständiger ausgezogen werden als reiche. So haben denn auch 100 Pud Sand-Abfall von dem sogenannten Nikolai Schuttlager durch Amalgamazion nur
0,0000018 ihres Gewichtes an Silberhaltigem Golde und das sogenannte Gefäll von derselben Wäsche gar kein Gold gegeben; so wie auch ferner: 100 Pud Sand-Abfall aus dem Elias-Lager: 0,0000013 ihres Gewichtes an Silberhaltigem Golde und das sogenannte Gefäll von demselben ebenfalls gar kein Gold. Die Verwalter des Werch-Neivvaer Hüttenbezirkes wurden durch Nachrichten über Herrn Avvdjejews Amalgamazionsversuche, zur Anwendung eines ähnlichen Verfahrens auf ihre Gold-Sände veranlasst. Sie liefsen dieselben zu diesem Ende vor der Einschüttung in die Quecksilberfässer rösten, pochen und sogar zerniahlen. Der demnächst bei ihnen aufgekommene Glaube an äusserst günstige Resultate dieses Verfahrens, erklärte sich aber durch einen Rechnungsfehler, als Herr Awdjejew selbst mit neuen Versuchen in der Mjednorudjaner Hülle, wo man jene Resultate erhalten haben wollte, beauftragt wurde. Ueber die Erfolge dieser neuen Amalgamazion der Mjednorjudjaner Sände und über eine vergleichungsweise angestellte Auswaschung derselben, enthält der uns vorliegende Aufsatz folgende wesentlichere Angaben: Zur Röstung und Verkleinerung in 6 einzelnen Portionen abgegeben 600 Pud Sand davon zur Amalgamazion übrig behalten 487 und aus diesen ausgebracht: 0,000260 Pud Gold 0,000017 Pud Silber oder von der Gewichtseinheit Sand: E r m a n s B u s s . Archiv. Bd. IX. H. i .
43
052
Physikalisch -mathematische Wissenschaften.
0,000000433 Gold = „ n d n n r Gold 0,000000029 Silber = "STTsWro Silber *). Mit denselben Sanden erhielt man dagegen durch Auswaschung folgende Resultate: Zum Waschen gegeben 530 Pud davon erhalten 0,000296 Pud Gold 0,000023 Pud Silber mithin von der Gewichtseinheit des verwaschenen Sandes: 0,000000558 Gold = TT^Tnr97
gen Gründen: erstens versiehl H C I T Tremaux nicht zu schiessen, wie alle die mich auf meiner Reise begleitet haben, bezeugen können; zweitens halle er auch kein Gewehr. Unser Arzt lieh ihm zwar ein Paar Mal das seinige, allein seitdem Herr Tremaux einem unserer Leute eine ganze Ladung Hagel in den Rockschoofs und einige Schroote ins Bein befördert, wurde ihm diese unschuldige Beschäftigung versagt. Zum Schlüsse zählt Herr Tremaux seine reichen Sammlungen für verschiedene Fächer der Naturgeschichte auf, und fügt hinzu, dafs er einige Dutzend Exemplare dieser Gegenstände von seiner Reise mitgebracht. Verdient diese geringe Zahl von Exemplaren einer Erwähnung, wenn Herr Zenkowski und zum Theil ich selbst, von naturhislorischen Gegenständen mehr als 1000 Exemplare jeder Art mitgebracht haben? Hr. Tremaux besafs in der That einige ausgestopfte Vögel, aber es waren sämmtlich verdorbene und von Herrn Zenkowski verworfene Exemplare. Dieser letzlere hatte bekanntlich einen Mann vom Fache bei sich, der ein guter Jäger und zugleich ein geschickter Ausstopfer war. Der zweite Aufsatz (im April-Hefte 1850) ist mit Angriffen gegen die Russen angefüllt. Herr Tremaux geht in seinem Zorne gegen mich so weit, dafs er, aufser Stande die Enldekkung des goldhaltigen Sandes im Sudan in Abrede zu stellen, behauptet, ich hätte bei dieser Entdeckung viel den Türken zu verdanken und namentlich einem Goldwäscher, der mich begleitete. Ich weifs nicht womit ein Bursche der mein Diener war und den ich an Stelle und Ort, in Ermangelung sachkundigerer Leute, zum Goldwaschen brauchte, sich Hrn. Tremaux Wohlwollen erworben haben mag; sehe übrigens auch keine Notwendigkeit ihm diese Ehre streitig zu machen. Weiterhin sagt Hr. Tremaux, dafs diese Sandschichten gleichwohl nicht so reichhaltig sind, wie die in Kalifornien. Niemand behauptet das Gegentheil. Ich übergehe mit Stillschweigen Manches andere was keine besondere Erwähnung verdient, wie z. ß . , dafs Herr Tremaux sich als Vertheidiger seines Landsmannes d'Abbadie ankündigt, dem er dessenungeachtet
Allgemein
Literarisches.
gleich auf der nächsten Seile in allen Dingen widerspricht, und zwar ohne es im entferntesten selbst zu ahnen. E r liefert hierdurch den Beweis, dafs er die letzten Briefe des Hin» d'Abbadie nicht einmal gelesen und keine Kenntnifs von dem gerechten Lobe h a t , das ich diesem Reisenden unmöglich vorenthalten konnte. H e r r T r e m a u x zürnt mir zumal defshalb, weil ich mich nicht dazu verstanden ihm Soldaten aus unserm Geleite zu seinen Ausflügen abzutreten. Dies w ä r e jedoch vollkommen unnütz gewesen, sowohl für Herrn T r e m a u x als auch für die Wissenschaft. Aber auch abgesehen hiervon, frage ich: w e r an meiner Stelle w ü r d e sich in einer Gegend, die, wie H e r r T r e m a u x selbst s a g t , voll von Gefahren ist, entschlossen haben, das Schicksal der Soldaten einem Manne anzuvertrauen, d e r , um nicht mehr zu s a g e n , noch so wenig in der Welt gelebt h a t , um das Leben dieser Leute Preis zu g e b e n , mit der Aussicht seine eigene Ehre blofs zu stellen in den Augen der W e l t wie des verstorbenen Vice-Königs, der mir mit uneingeschränktem Vertrauen diese Leute überantwortet hatte, m i r . einem Christen und der ihm so wenig bekannt w a r ? Ich gestehe, dafs ich mich lieber den bittren Anschuldigungen des Herrn T r e m a u x aussetzen mochte. Es- würde mir peinlicher gewesen sein einen unzufriedenen Blick des verstorbenen Vice-Köuigs zu ertragen, wenn ich einen solchen verdient gehabt hätte. Herr T r e m a u x versichert ferner, dafs ich in meinem W e r k e behauptet an E l e p h a n t e n - und Slraufsenjagden Theil genommen zu haben. Dies ist nun eine blofse Erfindung von ihm, welche ich mich schäme anführen zu müssen. Im Gegentheile habe ich wiederholentlich g e s a g t , dafs ich k e i n e n Elephanten gesehn und ebensowenig einen Straufs. Herrn T r e m a u x sind diese Thiere heerdenweise aufgestofsen, aber das ganze D e t a c h e m e n t lachte über seine Erzählungen und behandelte sie als Fabeln. Ich habe von Straufsen- und Elephantenjagden nur wie von Dingen gesprochen, die mir sehr häufig erzählt worden. W e n n Herrn T r e m a u x Aufsatz zu
Widerlegung des französischen Reisenden Tremaux.
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denjenigen Arbeiten gehörte, die bis ins Einzelne beurtheilt zu werden verdienen, so könnte ich noch die F r a g e n aufw e r f e n : wie er es a n g e f a n g e n , von den Eingebornen E r k u n digungen einzuziehen, da ich allein doch Dolmetscher hatte, und zwar auch nicht einmal zu jeder Zeit? W i e will H e r r T r e m a u x beweisen, dafs ich einige Ortsnamen unrichtig g e schrieben, w ä h r e n d zwei in Deutschland erzogene Araber u m mich w a r e n , die mir alle nöthigen Aufschlüsse ebensogut wie die Eingebornen geben konnten und mit welchen H e r r T r e m a u x , der nur Französisch versteht, auf keine Weise im Stande w a r zu verkehren? W i e stellte er es ferner an, w a n n er zum Kampfe mit L ö w e n und Krokodilen a u s z o g , um sich aus dem Lager zu entfernen, da dieses doch in Kriegszustand erklärt w a r ? Ich komme zur Hauptanschuldigung. Herr T r e m a u x will dafs wir nur den lOten Breitengrad erreicht haben. Zwar sagt er in seinem ersten Aufsatze, dafs er in unserer Begleitung seine Karle bis zum 9len Grade fortführte; doch das hindert ihn in seinem zweiten Aufsatze nicht, uns n u r bis zum lOten Grade vordringen zu lassen. Und welche Beweise giebt uns Herr T r e m a u x d a f ü r ? Er erklärt im v o r a u s , dafs man in dieser Hinsicht w e d e r unsern Berichten noch den Versicherungen der T ü r k e n , die uns begleiteten, Glauben beimessen darf. Folglich soll man nur Herrn T r e m a u x Glauben s c h e n k e n ? Auf Grund welcher Bürgschaft? Er halte kein Instrument zu irgend einer Beobachtung bei sich, nicht einmal ein T h e r m o m e t e r . E r stützt sich auf kein Ergebnifs, n u r auf Cailliaud's astronomische Bestimmung von S i n g h e ; und w ä r e er wenigstens dabei geblieben, diese als Grundlage anzunehmen, so hätten wir uns, aus Ehrfurcht vor dem Gedächtnisse eines in so hohem Grade unternehmenden Reisenden wie Cailliaud, damit b e g n ü g t ; aber Herr T r e m a u x hat nicht gew u f s t , oder nicht wissen wollen, dafs es zwei Singhe giebt, und da ilun zufällig nicht das von Cailliaud bestimmte in den Wurf g e k o m m e n , ist in seinen Untersuchungen eine schreckliche V e r w i r r u n g entstanden. Die Vergleichung der OrtsanE r m a n s R u s s . Archiv, Bd. IX. H. 4.
46
700
Allgemein Literarisches.
gaben, welche verschiedene als Autoritäten anzusehende Reisende geliefert und die ich zum Belege meiner eigenen Bestimmungen angeführt und auf der Karte verzeichnet habe, würde allein schon hinreichen die Behauptungen Herin Tremaux zu widerlegen, die weder in Frankreich noch in RussIand Autorität haben. Aber das ist nicht genug. Kacane, dessen Lage zweimal, und ein drittes Mal nach meiner Rückkehr, ausgemittelt worden, befindet sich unter dem 9. Breitengrade und einigen Minuten (die ich hier nicht näher angebe, weil sich in den verschiedenen Bestimmungen eine, wiewohl unbedeutende, Abweichung ergiebt). Von Kacane aus haben wir, nach Herrn Tremaux eigener Berechnung, fünf Tagemärsche gemacht. Lassen wir nun alle astronomische Berechnung beiseite und beschränken wir uns auf das einfachste Mittel: wenn man 25 Werst auf den Tag rechnet, und sogar noch etwas weniger, in Berücksichtigung der Biegungen des Flusses dem wir folgten, so bleibt immer etwas mehr oder weniger als ein Grad übrig, den wir in grader Linie südwärts zurückgelegt. Demnach konnte ich mit vollem Rechte sagen, dafs wir bis gegen den 8. Breitegrad gelangt sind, wie ich es auch in sehr deutlichen Ausdrücken gesagt habe."
Die Russische Geographische Gesellschaft*).
I n der Sitzung vom 30. November 1850 **) überreichte Herr J a k o b W l a d i m i r o w i t s c h C h a n y k o w eine von ihm im Auftrage der Geogr. Gesellschaft angefertigte Karte, die den Aral-See mit dessen Umgebungen, so wie auch das Chanat von Chiwa darstellt, und welche zur Erläuterung eines Aufsatzes von Herrn M a k s c h e j e w über den Aral und von Hrn. D a n i l e w s k j i über Chiwa bestimmt ist. Er nannte die Quellen, die er zur Anfertigung dieser Karte benutzt habe, und sprach dabei zuerst von den politischen Verhältnissen in den dargestellten Gegenden seit dem 13. Jahrhundert, von deren Verbindungen mit Russland lind von der wachsenden commerziellen Wichtigkeit, welche das mittlere Asien und besonders Chiwa erlangen, seitdem sich die SO.-lieh vom Ural wohnenden Russen mehr und mehr zu städtischem und cultivirterem Leben bequemen. Es folgten darauf historische und kritische Betrachtungen über die verschiednen Karten die *) Die Abhandluugen der Kaiserl. Geogr. Gesellschaft in P e t e r s b u r g sind mir leider in den letzten Jahren weder unter den Büchern zugekomm e n , die zum Behuf der Kedaction dieses Archives eingesandt werden, noch auch in Folge der Ernennung zu ihrem Mitgliede, mit der mich dieselbe beehrt hat. Wir müssen uns daher über ihre Arbeiten auf die obigen Angaben aus den, meist sehr dürftigen, Berichten b e schränken, welche Russische Zeitungen enthalten. K. **) Nach neuem Styl, wie auch die folgenden Daten.
46*
702
Physikalisch - mathematische Wissenschaften.
man vom A r a l - S e e und von Chivva besitze. Es wurden dabei viele derselben vorgelegt, die durch ihr beträchtliches Alter Interesse erregten und auch die neuesten besprochen, w e l c h e von N i k o l a i W l a d i m i r o w i t s c h C h a n y k o w , von Z i m m e r m a n n und von B a s i n e r herrühren. „Demnächst besichtigte der Grofsfürst K o n s t a n t i n N i k o l a j e w i t s c h , als Präsident der Ges , einen lebensgrofsen Gliedermann. Er soll mit der vollständigen Kleidung und Bewaffnung eines Tscherkessen versehen werden, welche sich in dem Ethnographischen Museum befinden, auch ist sein Kopf durch einen Petersburger Künstler, N a m e n s H e i s e r , dem Tscherkessischen T y p u s sehr sorgfältig nachgebildet worden." Endlich berichtete H e r r H e l m e r s e n über geologische und verwandte Untersuchungen, welche er während des laufenden J a h r e s angestellt h a t t e , lim passende Linien für ein trigonometrisches Nivellement der mittleren Distrikte des E u r o päischen Russland auszusuchen. Diese Operation selbst soll im nächsten J a h r e vollzogen werden. In der am 4. J a n u a r 185i gehaltenen Sitzung derselben Gesellschaft machte wiederum Herr J . W . C h a n y k o w den 60 anwesenden Mitgliedern die Mittheilung, dafs er angefangen habe diejenigen Materialien zu einer Beschreibung des Nordwestlichen Theiles von Mittel-Asien zu ordnen und zu bearbeiten, an denen er seit 12 J a h r e n sammelte. E r zeigte auch eine von ihm entworfene Karle desselben Stückes der Erdoberfläche, auf welcher die zuverlässig aufgenommenen Theile von den mangelhaft beschriebenen unterschieden sind. H e r r - S a w i t s c h las sodann eine Abhandlung über n e u e Höhenbestimmungen in Transkaukasien, und über die dabei ermittelten Beträge der terrestrischen R e f r a c t i o n , nach den Beobachtungen des Oberst C h o d s k o . Die Höhen der H a u p t punkte des Kaukasus und Ararat sind zwar nicht durch g l e i c h z e i t i g e aber doch g e g e n s e i t i g e Messungen von Zenitdistanzen *) ermittelt worden. Die Gleichzeitigkeit konnte *) Vergl. in H. Archive B.l. I. S. 726.
703
Die Russische Geographische Gesellschaft.
man nicht herbeiführen, weil die Beobachtungen auf den beschneiten Gipfeln, schwer zu ersteigender, zu langem Aufenthalte nicht geeigneter und weit von einander entfernter Berge angestellt wurden. D a aber in Gebirgsländern der Coeffizient der Stralenberechnung weit geringeren Wechseln unterliege *), als in E b n e n , und da ausserdem von Herrn C h o d s k o und dessen Gehülfen die Höhenwinkel nur geinessen wurden, w ä h rend die Gegenstände ruhig erschienen (d. h. kein sogenanntes Flimmern stattfand), so seien ihre Resultate dennoch sehr zuverlässig. Ueber den Betrag der Stralenbrechung haben diese Beobachtungen die schon früher gemachte W a h r n e h m u n g bestätigt, dafs derselbe, unter sonst gleichen Umständen, continuirlich abnehme, während sich „ d e r eine u n d der andere der von einander gesehene Funkten von der Meeresoberfläche entfernen." Die Abhängigkeit dieser Einwirkung auf die Lichtstralen von der T e m p e r a t u r und von dem D r u c k e der L u f t habe man leider, aus Mangel an T h e r m o m e t e r n und Barometern, nicht bestimmen können. — Herr C h o d s k o hat auch den Niveauunterschied zwischen dem Kaspischen und Schwarzen Meere von neuem untersucht, und das Resultat der im J a h r e 1836 von der Petersburger Akademie der Wissenschaften ausgerüsteten Expedition vollkommen bestätigt **). In der Sitzung der Russischen Geographischen Gesellschaft vom 5. Februar 1851, übergab H e r r J . W . C h a n y k o w ein von ihm zusammengestelltes und dem Druck übergebenes Verzeichniss der Längen und Breiten, welche zwischen 34° und 54° N. Breite bei 43° bis 82° 0 . v. P . durch astronomische Mittel bestimmt worden sind. E s fanden sich daselbst 117 Bestimmungen der Breite allein und 352 von Breite und L a n g e zugleich. Auf wie viele Punkte sich diese Bestimmun*) Sollte wohl richtiger Iltissen: der Coeffizient der Brechung für Lichtstralen, welche Orte v o n b e t r ä c h t l i c h e m H ö h e n u n t e r s c h i e d e v e r b i n d e n — denn in den Thälern der Gebirgsländer erleidet die Stralenbrechung sogar sehr starke Veränderungen.
K. **) Vcrgl. in d. Arcli. Bd. I. S. 726 u. f.
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Physikalisch - mathematische Wissenschaften.
gen beziehen, wird nicht angeführt, wohl aber, dafs für mehrere P u n k t e von verschiedenen Beobachtern Angaben vorhanden sind. — Herr J . W . C h a n y k o w zeigte ausserdem eine von ihm entworfene Karte des Sees Issyk-Kul und der angränzenden G e g e n d e n , welche von 40° bis 48° N. Breite bei 66° bis 82° 0 . v. Paris reicht und demnach die Südlichen B e sitzungen der Sibirischen Kirgisen, Kokan, den nördlichen Theil des Chinesischen Turkestan und einen Theil der westlichen Mongolei, d. h. die von den Buruten oder den sogenannten S c h w a r z e n oder Felsen-Kirgisen eingenommenen Landstriche darstellt. — H e r r J . J . S r e s n e w s k j i las Bemerkungen über seine Materialien zur „Geographie der Russischen Sprache." Nach D a r l e g u n g seiner Ansichten über die Geographie der Sprachen überhaupt und nach A n w e n d u n g derselben auf die der Russischen, besprach der Verfasser zunächst diejenigen Fälle, in denen er die in gewissen Distrikten vorhandenen dialektischen Eigcnthümlichkeilen aus Berichten dort angesessener Personen kennen gelernt habe. Dergleichen Berichte sollen der Geographischen Gesellschaft zu gröfserein Theil von Russischen B a u e r n eingesandt worden sein (!) und H e r r S r e s n e w s k j i sagt mit R e c h t , man müsse es b e w u n d e r n , dafs dem Scharfsinn und der Anstelligkeit dieser L e u t e , viele feine B e m e r kungen nicht entgangen seien, welche den jetzigen Anforderungen dev S p r a c h w i s s e n s c h a f t a u f s v o l l s t ä n d i g s t e g e n ü g e n *). H e r r N. J . N a d e j d i n gab eine kurze Uebersicht von „der mythischen Periode der Russischen Volksgeographie"**). E r begann mit Auseinandersetzung des Begriffes, den sich die alten Russen von der E r d e überhaupt gemacht halten und zeigte sodann, wie sie allmählig das Meer und die Gesammt*) N a c h solcher allgemein gehaltenen Ankündigung kanntmachung wünscht.
jener
Bemerkungen
selbst
bleibt
nur die B e -
aufs äusserste
er-
D. Uebers.
**) Ks ist wohl g e m e i n t : der geographischen Vorstellungen des Russischen Volkes ?
D . Uebers.
Die Russische Geographische Gesellschaft.
705
geslalt der ihnen zugänglichen Sliicke der Erdoberfläche kennen gelernt haben. Zugleich machte er aufmerksam auf die Wichtigkeit von geographischen Details, welche in den alten Volkssagen vorkämen. Zum Schluss wurde der Versammlung ein neuer Iebensgrofser Gliedermann übergeben. Er soll mit der vollständigen Kleidung eines Gurier versehen werden, welche das Ethnographische Museum der Gesellschaft von ihrem Ehrenmitgliede Fürsten M. S. W o r o n z o w , erhalten hat. Die vortreffliche Ausführung dieser Figur fand die Anerkennung des hohen Vorsitzenden der Gesellschaft.
Ein Chinesisches Examen in Kjachta*}.
JLF ie Russische Kaufmannschaft in dem Handelsflecken Kjachta hat bekanntlich schon längst in demselben eine Schule zur E r l e r n u n g der Chinesischen Umgangssprache gegründet. Eine P r ü f u n g der Zöglinge dieses Institutes wird alljährlich am letzten Sonntage vor dem ( R u s s i s c h e n ) Weihnachtsfeiertage abgehalten und fiel somit auch in diesem J a h r e auf den 29. D e c e m b e r **). V o r den ähnlichen in früheren J a h r e n zeichnete sich aber die diesmalige Feierlichkeit dadurch a u s , dafs der Dsargulschei von Maimaischen, die ihm untergeordneten B e a m t e n und mehrere Chinesische Kaufleute derselben beiwohnten. Man halte sich zuerst mit der P r ü f u n g der j ü n g e ren Zöglinge beschäftigt und deren Fortschritte sehr befriedigend gefunden. Bei der unverhofften Ankunft der Zuhörer aus dem Reiche der Milte, w u r d e aber zu einem E x a m e n der in den Chinesischen Studien gereifteren Schüler, deren Entlassung bevorstand, geschrillen. Sie bewährten ihre Kenntniss in der Syntax, schrieben verschiedene Dictate mit den hieroglyphischen Chinesischen Characteren, und zeigten sodann, in wechselseitigen Unterhaltungen, ihre Fertigkeit in der Chinesischen Umgangssprache. Die W e n d u n g e n und Z u s a m m e n fügung ihrer Reden und die Richtigkeit ihrer Aussprache w u r -
*) Nacli einem in der Komertssclieskaja gasela abgedruckten Briefe aua Kjaclita von 1850 Jan. 9 n, St. **) N . St.
Hin C h i n e s i s c h e s l i x a t n e n in K j a c l i t a .
707
den von den höchst u r t e i l s f ä h i g e n Besuchern allgemein g e lobt. D e r Herr Dsargutschei begnügte sich aber hiermit keineswegs. Er machte sich vielmehr selbst an das W e r k , indem er die Zöglinge in seiner Muttersprache anredete und befragte und sie auch viele, erst auf der Stelle geschriebene, hieroglyphische Zeichen lesen liefs. Die Gründlichkeit seiner Fragen w a r für die Z u h ö r e r um so anziehender, da sie mit dem übereinstimmte, was alle Augenzeugen von der Strenge solcher E x a m e n bei den Chinesen berichtet haben. D a s Ganze endete übrigens zur allgemeinen Befriedigung. Die Schüler a n t w o r teten den Chinesen in sehr unbefangener Weise und machten sich ihnen auch hinlänglich verständlich, und es erhielten demnach die Verdienstvolleren nicht blofs die üblichen BelobungsP a t e n t e und Geschenke an B ü c h e r n , sondern auch von dem Dsargutschei getrocknete Chinesische F r ü c h t e und Confekte, die er mit sich von Maimatschen gebracht hatte. — Es m a g bei dieser Gelegenheit bemerkt w e r d e n , dafs aus derselben Schule schon früher junge Männer hervorgegangen sind, welche der Pekiner Umgangssprache und sogar des San Siner Dialektes vollkommen mächtig waren. Chinesen, die von Pekin nach Kjachta kamen und welche in ihrem Vaterlande eine sehr sorgfältige Erziehung genossen hallen, haben dieses vielfältig anerkannt.
Verbesserungen des Odessaer Hafen *). D er Odessaer Hafen hatle schon 1843 durch Herrn A n d r o so w s Anlage, eine von der ursprünglichen durchaus verschiedene Gestalt gewonnen. Es wurden damals namentlich ausgeführt: eine Mole die sich an die sogenannten Peresypschen Sandbänke anschliefst, ein Abzugs-Kanal und ein Werftplatz. Herrn A n d r o « o w s Mole bezweckte den Schulz des Hafens gegen die Versandung von Seiten der Perasypschen ßänke, 60 wie auch gegen die bisherigen Anschwemmungen durch das Wasser, welches aus der Wojennaja Balka herabkommt. Man konnte demnächst durch Ausbaggerung den Anker-Raum gewinnen, den die jährlich wachsende Zahl der ankommenden Schiffe erforderte. Nun schien aber noch ein ähnlicher Schutz des Hafens gegen Anschwemmungen, von seiner Nordostseile erwünscht und es wurde daher vorgeschlagen, die A n d r o « o w e r Mole von Peresyp aus gegen die sogenannte KriegsMole zu verlängern. An dieser letzteren sollte eine Einfahrt von 30 Sajen Breite bleiben, so dass man dereinst durch einen Ergänzungsdainm ein Bassin bilden könnte, in welchem die Schiffe bei Stürme gesichert wären. Man verdankt diesen Plan dem verstorbenen Wasserbaumeister B. E. v o n d e r F l i e f s . Die Ausführung der neuen Arbeit ist aber seitdem, zu Anfang 1849, unter Leitung der Hrn. A p o s l o l und K r u g *) Odesükji W j e s t n i k 1831 J a n . 18. N. S t .
Verbesserungen des Odessaer Hafen.
709
begonnen und mit einem, unter Wasser befindlichen Roslwerk im November 1850 vollendet worden. Dieser D a m m misst längs seiner Axe 144 Sajenen. Er ist 4 «Sq/enen breit, ragt um 1 Sajen über das Wasser und gränzt an seinem Ende bei der Einfahrt in den Hafen an 14 Engl. Fufs tiefes Fahrwasser. In architektonischer Hinsicht ist derselbe sehr bemerkenswert!], indem das zugehörige Rostwerk bei niedrigem Wasserstande, um 1 Fufs unter dem RIeereshorizonte liegt, und so eingerichtet ist, dafs man in der Folge den Uber dem Wasser gelegenen Theil der Mole erneuern und namentlich durch einen Holz- oder Steinbau ersetzen kann. Die Anlage dieses D a m mes hat mit Inbegriff der genannten Subslructionen 113308 Silberrubel gekostet.
Bericht der Russisch-Amerikanischen Handelscompagnie für das Jahr 1849 bis 1850.
Jim J a h r e 1849 betrugen für die Kussisch-Amerikanische Compagnie die Einnahme 717965,65 Silber-Rubel die Ausgaben in den Colonien und in Russland 593918,35 der Ueberschuss der Einnahme 124047,30 Silber-Rubel. Dieser wurde verwendet zur Auszahlung einer Dividende von 15 S . - R . auf jede A c t i e " ) , zur Einverleibung von 10 Procent desselben in das Reservekapital und von 0,5 Procent in ein Kapital für die Armen. — Zur Versorgung der Colonien wurden im J a h r e 1849 direkt nach denselben, an die Faktorei auf Ajan, oder nach Kamtschatka, theils zur S e e , theils durch «Sibirien abgefertigt an Russischen und Englischen Manufakturwaaren, Vorräthen und andren Materialien für 180122,55 S . - R . im J a h r e 1850 aber an Russischen Waaren für 76519,59 S . - R . " ) . * ) D e r primitive W e r t h
dieser A c t i e n
betrug 150 S . - R .
a b e r j e t z t zu e t w a 2 7 0 S . - R . verkauft.
Sie
weiden
D . Uebers.
* * ) V o n dem l e t z t e r e n P o s t e n ist nicht wohl e i n z u s e h e n , bis zu welchem Zeitpunkt
er gelten
sollte,
da
der vorliegende
dem S c h l ü s s e des J a h r e s 1 8 5 0 abgefasst wurde.
Bericht bereits D. U e b e r s .
vor
Rcricht der R u s s i s c h - A m e r i k a n i s c h e n
Handclsrompagnie.
711
Z u Anfang des J a h r e s 1850 befanden sich in den Colonien im S o l d e der Compagnie ein Stabs-Offizier und drei Ober-Offiziere der Kaiserl. Marine, ein desgleichen vom B e r g ingenieurcorps, vier C i v i l - B e a m t e , 28 Kirchliche und zusammen 697 Beamte. Die eigenntliche Bevölkerung der Colonien betrug zur selben Zeit 9091 Menschen beiderlei Geschlechts und 7,vvar: Russen 485 Kreolen 1636 Aleuten 4084 Kenaien 2078 Tschugatschen 1711 Kurilen 97 *) In N e u - A r c h a n g e l s k wohnten von diesen, an Russen, Aleuten und Kreolen: 959 Menschen. Die Schiffe der Colonial-Flolille sind folgendermaisen verwendet w o r d e n : Das Schiff S c h e l e c h o w (ein dreimastiges eichenes Schiff von 234 T o n n e n , welches 1849 in San Franzisko gekauft wurde) ging, geführt von dem Russischen Schiffer K l i n k o w s l r ö m , am 14. November 1 8 4 9 " ) nach San Franzisco in C a lifornien mit einer Ladung von Colonie-Produkten und Russischen Manufakturwaaren, die entweder dort verkauft w e r d e n sollten oder auf den Sandwichsinseln. Bei diesen sollte das Schiff auf der Rückreise angehn, um Salz für die Colonie zu holen. D e r S c h e l e c h o v v genügte diesen Aufträgen mit g u tem Erfolge und kam am 21. Mai 1850 wohlbehalten nach Neu-Archangelsk zurück. D a s Schiff K n j a s M e n s c h i k o w , welches am 5. J a n u a r 1849 unter Führung des Marine-Lieutenants R u d a k o w nach Californien und nach den Sandwichsinseln auslief, kam am 11. Juli 1849 nach Archangelsk zurück. V o m 19. Juli bis zum 29. August ging dasselbe Schiff, unter Leitung des Russischen Schiffer P a w l o v v , mit dem Hauptverwaller der Colonien *) S o s t e h t im R u s s . ; obgleich d i e S u m m e dieser Z a h l e n 10091 b e t r ä g t . " ) D i e s e und die folgenden D a t e n sind nach n e u e m S t y l .
712
Industrie und H a n d e l .
nach Unalaschka, den Pribylow-Inseln und nach Kadjnk, zur Besichtigung dieser Gegenden. Die Brigg G r o f s f ü r s t K o n s t a n t i n wurde unter Führung des Russischen Schiffer H ä r d e r vom 28. Marz bis zum 2 8 . Juli 1 8 4 9 , zu einem für die Compagnie erwünschten Preise, an die Hudsonsbai-Compagnie vermiethet, welche durch dieselbe Häuser und andere Lasten aus der, von den Engländern aufgegebenen S t a c h i n e r - F a c l o r e i , nach der VancooverInsel bringen liefs. Die Brigg B a i k a l , geführt von dein Marine-Steuermann B e n s e m a n n , unter Oberaufsicht des Marine-Lieutenant R o s e nb e r g , wurde am 8. April 1849 zu einer Kreuzfahrt bei den Inseln des Aichaer-Bezirkes, gegen fremde YVallGschfänger ausgesandt. Die Brigg führte ausserdem Vorrälhe nach den Inseln des Atchaer-Bezirkes, auch hatte ihre Mannschaft in Petropawlowsk ein Compagnie-Magazin aufzuführen, welches man auf Sitcha vorgerichtet hatte. S i e kehrte am 2 9 . September 1849 nach Sitcha zurück. Die Brigg O c h o z k , geführt von dem Russischen Schififer L i n d e n b e r g wurde am 28. April 1849 nach Petropawlowsk abgesandt, mit einer Ladung von Waaren und Vorräthen, die auf Kamtschatka verkauft werden sollten, so wie auch mit den jährlichen Vorräthen für die Kurilischen Inseln und zur Abführung der Pelzwaaren von diesen Inseln nach dem Ajaner-Hafen. V o n Ajan wurde die Brigg O c h o z k abermals nach Kamtschatka mit Waaren und Vorräthen abgesandt, welche von dort durch Sibirien weiter gingen — und sie kehrte darauf am 29. September 1819 wohlbehalten nach NeuArchangelsk zurück. Die Brigg P r o m y s e l , geführt von dem Russischen Schiff e r N i k o l a i K a s c h e w a r o w , fuhr vom 20. Juni bis 8. October 1849 mit den jährlichen Lebensmitteln, Waaren und Vorräthen nach den Inseln Pribylow, Unga und Unalaschka und nach der Michail-Redute. Von dort führte sie die seit einem J a h r e angesammelten Pelzwaaren nach Neu-Archangelsk. Der
Schoner
Tungus
wurde
unter
dem
Russischen
Bericht der Russisch -Amerikanischen
Handelscompagnie.
713
Schiffer I w a n K a s c h e w a r o w , am l . M a i 1849 nach Kadjak abgefertigt mit Vorrälhen und W a a r e n für den dortigen Inselbezirk und kehrte ain 19. Oclober 1849 mit dem E r t r a g e der Kadjaker Pelzjagd, während des verflossenen S o m m e r zurück. Am 27. October w u r d e er unter derselben Führung mit E r gänzungsvorrälhen und zur Ueberwinterung noch einmal nach Kadjak geschickt u n d kam von dort am 22. April 1850 mit dem E r t r a g e der Winterjagd des Kadjaker Bezirkes nach N e u Archangelsk. Die D a m p f b o t e N i k o l a i und B a r a n o w besorgten die Hafengeschäfte, indem sie namentlich e i n - und auslaufende Schiffe bugsirten, so wie auch Flösse nach N e u - A r c h a n g e l s k und nach den Sägemühlen und Transportschiffe mit Bohlen und andrem bearbeiteten Holze führten. D e r Dampfer Nikolai ging ausserdem in die Koloschen Strafsen zum Handel mit den Koloschen, und zu geognostischen Untersuchungen über die dortigen Steinkohlenschichten. In Neu-Archangelsk erfolgte am 30. Mai 1850 durch den Bischof I n n o c e n t i u s die Einweihung einer seit 1847 im Bau begriffenen neuen H a u p t - K i r c h e , unter dem N a m e n des Heil. Erzfeldherrn (Archistrategen) M i c h a i l . Ausserdem w u r d e n im Laufe des J a h r e s 1849 vier zweistöckige, zerlegbare H ä u ser gebaut von 2 8 bis 32 Fufs Länge bei 22 bis 30 F. Breite. Drei davon w u r d e n zum Verkauf nach Californien geschickt und eins nach Kamtschatka, um daselbst dem Geschäftsführer der Compagnie als W o h n u n g und W a a r e n l a g e r zu dienen. Die Knaben- und die Mädchenschule in Neu-Archangelsk halte im J a h r e 1850 eine j e d e 39 Zöglinge, und das dortige S e m i n a r : 2 8 desgleichen, unter denen 5 zu den Urbewohnern gehörten. In Neu-Archangelsk betrugen im Laufe des J a h r e s 1849 die Zahl d e r Geburten 28, der Todesfälle 23. In das dortige Krankenhaus wurden aufgenommen 022 Personen, von denen 6 starben, so wie auch in das P a w l o w e r Krankenhaus auf Kadjak 288 Personen, von denen 8 starben. Die J a g d der Pelzthiere w a r während des J a h r e s 1849
714
Industrie und Handel.
in allen Bezirken der Colonien sehr ergiebig. Von See-Oltern lieferten die meisten: eine Aleuten-Abtheilung, die bei Unga und bei Sanacha und den S e m e n o w s Inseln jagte und eine zweite von Atcha^ auf der Insel Atta. In den übrigen Zweigen erreichte die J a g d ihren früheren Umfang, mit Ausnahme der Erlegung von Wallrossen, welche 1849 ihre gewöhnlichen Lagerplätze nur in kleiner Zahl und zu einer für die J a g d höchst ungünstigen Zeit, besuchten. Die Schonung der Füchse auf Kadjak im J a h r e 1848, und der Polarfüchse auf den Komandorskie ostrowa seit 1847, hat so günstig auf die Vermehr u n g dieser Species gewirkt, dafs man mit dem Beginn von 1850 wieder zu deren Erlegung schreiten kann. Im J a h r e 1849 wurden bei dem Hafen von Neu-Archangelsk und namentlich an der Kotlejanower Bucht, bedeutende Kalksteinschichten g e f u n d e n , welche sich sehr gut brennen lassen. Bisher w a r es daselbst so schwer sich Mörtel zu verschaffen, dafs Steinbauten vorzüglich deshalb unterblieben. Ueber die auswärtigen Verbindungen der Colonien, belichtet der Hauptverwalter zunächst, dafs er iin Dec. 1848, als man auf Sitcha die Entdeckung des Goldschuttes in C a lifornien erfuhr und das darauf erfolgte Steigen aller dortigen P r e i s e , eine L a d u n g verschiedener W a a r e n dahin abgefertigt habe. Der Verkauf derselben gab einen Reingewinn von 125000 Pap. R. Dieselbe Expedition halte auch zutn Zweck, die Forderung an Herrn S u i t e r wegen der von ihm übernommenen Colonie Ross einzukassiren, und man erhielt von ihm die Hälfte seiner Schuld, d. h. 15000 Piaster. D e r auf demselben Schiffe abgesandte B e r g - I n g e n i e u r D o r o s c h i n w a r beauftragt, in Californien v e r s u c h s w e i s e G o l d z u w a s c h e n . E s wurden ihm zu diesem Z w e c k e 4 Russen und 6 Kaljuschen als Arbeiter, so wie auch Lebensmittel für diese Mannschaft und zur Deckung der übrigen Kosten verkaufbare W a a r e n mitgegeben. Herr D o r o s c h i n hat an dem Flusse J u b a vom 10. Februar bis zum 28. April 1849 waschen lassen, musste aber an dein zuletzt genannten
Bericht iler Russisch - Amerikanischen
Handelscoinpagnie.
7|5
T a g e damit aulhören, weil, wie er berichtet, das Steigen des Flusses, welches durch Schneeschmelzen im Gebirge erfolgte, sowohl die Arbeiten als auch den Aufenthalt in der dortigen Gegend unmöglich gemacht habe. Es wurden von den Arbeitern der Compagnie 9700 P u d Sand verwaschen und daraus 11,55 P f u n d Gold gewonnen. Die Kosten für den T r a n s port und die Unterhaltung der Mannschaft wurden durch die von ihnen verkauften W a a r e n reichlich getragen. Von dem Gesammlerlrag dieser Expedition w u r d e n somit alle Kosten derselben gedeckt, für 110000 P. R. ein dreimastiges eichenes Schiff gekauft, und ausserdem nach N e u - A r c h a n gelsk verschiedene Gold- und Silbermünzen zum W e r l h e von 39300 P a p . Rub. und 157,609 P f u n d Waschgold gebracht. D a s letztere ist im J a h r e 1850 mit dem Schiffe Sitcha, nach dessen Reise um die Erde, an die Direction der Compagnie gelangt und in dem Petersburger Münzhofe z u : 128,8468 P f u n d reines Gold und 16,1669 P f u n d reines Silber verschmolzen worden. Die Direction hat für die letzteren 44220,54 S i l b e r - R u b e l eingenommen. Man erfuhr zugleich, dafs Californien auch in der Folge für die W a a r e n der Compagnie einen guten Markt abgeben k ö n n e , wenn man nur einen dort ansässigen Agenten besiifse, und dadurch j e d e Uebereilung beim Absätze vermiede. Man beschlofs deshalb, den Ehrenbürger und ehemaligen B e a m ten der Compagnie, K o s t r o m i i i n o w , der schon früher lange in Californien gelebt hatte, wieder in Dienst zu nehmen, auch ist derselbe von Petersburg aus mit dem Compagnieschiffe, welches im S o m m e r 1850 um die Erde nach den Colonien fuhr, dahin abgereist. Die Handelsexpeditionen nach den Sandwichs-Inseln hatten ähnliche Erfolge wie in früheren Jahren. Es wurden dabei ausser den üblichen Hölzern und Holzwaaren, auch E r m a n s Russ. Archiv. Bd. IX. H. 4.
47
716
Industrie und
Handel.
verschiedene Russische Fabrikate zum Verkaufe ausgeführt und dagegen von den Inseln zurückgebracht, ausser Salz, Melasse-Zucker und andren Nahrungsmitteln, eine Portion fertiger Kleider, Zeuge und einige andere Waaren, die man bisher aus England verschrieben hatte. Die Beziehung des Salzes von den Sandwichs-Inseln wird, selbst bei dem jetzigen Zustande von Californien und nach Annahme eines Russischen Agenten in diesem Lande, für die Compagnie von Wichtigkeit bleiben. Sie ist durch einen Traktat gesichert. Dem diesjährigen Berichte der Russisch-AmerikanischenHandelskompagnie ist eine, nach den neusten Aufnahmen entworfene, Merkatorsche Karle der Westküste von «Sitcha, zwischen dem Morgebirge Ommena und dem Klokatschew-Sunde, beigegeben.
Ueher das Californische Goldvorkommen. Nach dem Russischen von
Herrn D o r o s c h i n *).
D er Verf. erinnert zuerst an die bekannte (und mehr oder weniger naturgemäfse) Zusammenfassung der Californischen Berge in die drei Kelten oder Systeme, nämlich: 1) die r o c k y m o u n t a i n s , welche die Wasserscheide zwischen beiden Oceanen bilden, 2) das am Oregon als C a s c a d e m o u n t a i n s und in Californien als Sierra Nevada bekannte, nächst westlichere System, dem er dort ein nahe nördliches Streichen zuschreibt und 3) den c o a s t r ä n g e , dessenIlauptrichtung, seinem N a men gemäfs, mit der der Westküste des Continents zusammenfalle. Die damals (1849) als vorzüglich Goldhaltig bekannten Thäler sind Querthäler des westlicheren Abhanges der Sierra Nevada, welche von Zuflüssen eingenommen werden, die von Rechts in den San Joaquim, besonders aber von Links in den Sacramento münden. Zu den letzteren gehören die damals ergiebigsten Thäler, welche der American Fork (Rio de los Americanos), sowie dessen Quellflüsse der North Fork, Middle *) Wir entnehmen die obigen Notizen, als Krgiinznng zu dem vorstehenden Jahresbericht der Amerikanischen Compagnie (oben S. 710), aus einem längeren Kussischen Aufsätze in dum G o r n y , / u r n a l 1850. No. 2.
47*
718
Physikalisch -mathematische Wissenschaften.
F o r k und S o u t h F o r k e i n n e h m e n , und ferner die T h ä l e r
des
F e a t h e r R i v e r (Rio de las plumas) und die von deren Q u e l l flüssen, B e a r R i v e r und J u b a ,
eingenommenen *).
Von
den
Seitenthälern zu dem des S a n J o a q u i m hatte man bereits Goldhaltig gefunden: die des R . de los C o s u m n e s , de los Mukelemnes, de las Caballeras und des Stanislausflusses. dem aber
hatte
man
schon damals in dein
Goldreich e r k a n n t : d i e B e r g e b e i B o d e g a mals der
Russisch-Amerikanischen
hörigen, Berge
Ausser-
coast ränge für und die,
ehe-
Compagnie
ge-
b e i R o s s * * ) , so wie ferner die U m g e b u n -
gen der Mission S a n t a Clara, in denen auch auf Q u e c k s i l b e r gebaut w i r d , die südlicheren K ü s t e n b e r g e L o s Angelos u n d , n a c h 1849
nach
San
bis nach der S t a d t
den V e r s i c h e r u n g e n
Franzisco
zurückgekehrten
der im
Herbst
Goldsucher,
vor
allen den Oesllicheren Abhang der S i e r r a Nevada. N a c h einer B e s c h r e i b u n g der Gesteine um S a n Franzisco, die mit der von uns g e g e b e n e n
(in diesem A r c h i v e B d . VII.
S . 7 1 4 u. f.) sehr gut übereinstimmt,
sagt H e r r
dafs er im S a c r a m e n t o t h a l e , von dessen bis zum F e d e r f l u s s e , flusse
aufwärts
nur T h o n wände bemerkt — am F e d e r -
selbst aber erst nahe bei der Mündung des J u b a in den-
selben
ein e t w a s höheres Ufer gefunden h a b e , w e l c h e s
Flusssand besiehe. len
Doroschin,
Mündung
oberhalb
Meilen
seiner M ü n d u n g ,
oberhalb
aus
A m J u b a selbst finde man sodann, 8 Meiderselben,
wurden die ersten
wellenförmige Hügel und 18
anstehenden
Waschversuche
Diorit.
gemacht.
Die
Dort
minera-
l o g i s c h e Beschaffenheit dieses Gesteines wird nicht b e s c h r i e b e n , sondern nur g e s a g t ,
dafs es theils g e m e i n e r
* ) Vergl. unsere Karte von Califbrnien
Diorit
zu diesem Archive Band VII.
T a f e l IV. * * ) Somit in der T h a t diejenigen G e s t e i n e , von denen wir dieses nach eignen Erfahrungen für
besonders
wahrscheinlich
sem Archive Bd. VII. S . 5 7 0 und S . 7 1 4 u. f. cherung des Aktionäre:
Vorstandes
Die
erklärten in diedamalige
der Amerikanischen Compagnie
dafs die B e r g e
an
Versideren
um Boss selbst, ganz taub seien,
dagegen schon jetzt aufs glänzendste widerlegt.
E.
ist
U e b e r das Californisclie G o l d r o r k o m m e n .
719
sei, theils einerseits in Dioritporpliyr und von der anderen in Dioritschiefer übergehe. Auch wird daran erinnert, dafs dasselbe den Abhang desjenigen Gebirgssystemes ausmache, dessen Axe, nach Capt. F r e m o n t , aus Granit besteht. Die bearbeitbaren Goldlager finden sich im J u b a l h a l e (wie in allen übrigen) nur in T h a l w e i t u n g e n , in denen sich Schutt von den minder steilen und vom Flusse entfernteren Bergen sammeln konnte. N u r in dieser Beziehung kann man seine Verbreitung eine n e s l a r t i g e nennen — nicht aber w e g e n irgend welcher Abhängigkeit zwischen seinein Vorkommen und der Entfernung der Punkte, von der Mündung oder von der Quelle des Flusses. In dergleichen Weitungen des Jubathales bildet der sogenannte Goldsand meist eine 1,5 Fufs mächtige Schicht, in welcher Quarzkörner in einem eisenrolhen, thonigen Mittel, mit vielen Geschieben und Gerollen gemengt sind. (Dafs dieses Lager sehr viel Magneteisenkörnchen enthalte, wird erst s p ä t e r , bei Beschreibung der W ä s c h e n , vielfältig erwähnt.) Ueber dieser Goldfuhrenden Schicht liegt vveifser Quarzsand mit Geschieben, von zum Theil bedeutendem U m f a n g e , und auf diesem eine 1 bis 3 Fufs dicke Torf(?)decke *). An a n dren Stellen findet sich a u c h , wiewohl von geringerer Mächtigkeit, eine ganz unbedeckte graue Schlich- (oder Goldsand) Schicht. — J e n e sowohl wie diese, ruhen auf D i o r i t - T r ü m m e r n , welcher erst in einiger Tiefe derb auftritt. W i e a m Ural und am A l t a i , sei auch hier g r a d e dieses Ges t e i n als d e r G o l d b r i n g e r zu b e t r a c h t e n . Herr D o r o s c h i n bespricht demnächst die Verfahrungsarten und die Apparate, die er bei den Californischen Goldwäschen in A n w e n d u n g gesehen hat. — W i r übergehen diese Angaben, da sie sich auf Dinge beziehen die ohne Zweifel seither ausserordentlich vervollkommnet worden sind und
*) H i e r d ü r f t e wohl Idols K ä s e n - o d e r D a i m n e r d e g e m e i n t , und von d e m , an Sibirische Verhältnisse
g e w ö h n t e n , B e s c h r e i h e r mit dein ihm g e -
l ä u f i g e r e n N a m e n belegt w o r d e n sein.
720
Physikalisch - mathematische Wissenschaften.
vvelchc ausserdem sämmllich den Anschauungen oder Beschreibungen der Seifenwerke in andern Ländern nachgebildet wurden. Ausser den Wäschen an der Juba, erwähnt der Verfasser auch einige der schon damals in Aufnahme gekommenen d r y d i g g i n g s oder trockenen Gräbereien, die man an mehreren Wasserscheiden, und i. B. zwischen dem Rio de los Cosumnes und de los Americanos betrieb, und von denen das Goldführende Material theils 4 Meilen weit auf Saumlhieren zum Wasser geführt, theils nur während der Regenzeit (in diesem Archive Bd. VII. S. 672) verwaschen wurde. Man erfährt nur dafs es theils fette, theils magere, thonige Sände waren, die man ihres starken Goldgehaltes wegen, dieser mühsameren Bearbeiturtg unterwarf. Ueber die sonstigen Fossilien in diesen und in den übrigen Schutllagern, beobachtet Herr D. ein vollkommenes Stillschweigen und schliefst dagegen seinen Bericht mit Bemerkungen über die Herkunft der Goldsucher, ihre ihm wunderbaren Freiheiten, über den ihm auffallenden Mangel an Gefängnissen und andrem polizeilichen Hülfsmitteln und über ähnliche Umstände, welche theils, an und für sich klare, Folgen der Verfassung der Vereinigten Staaten, theils aus anderweitigen Beschreibungen, schon weit gründlicher bekannt sind.
Die Goldgewinnung am Ural und in «Sibirien im Jahre 1 8 4 9 * ) . sind im Jahre 1849 an Gold gewonnen worden: in den Uralischen Wasch- und Amalgamir-Werken 342,04801 Pud in den Nertschinsker Waschwerken 24,38307 in den übrigen W e s t - und Ost-«Sibirischen Waschwerken 1222,87728 oder zusammen an Waschgold in Russland 1589,30836 Pud aus den Altaischen und Nerlschinsker Silbererzen wurden ausgeschieden 44,74727 Pud so dafs die Russ. Gesammt-Ausbeute im Jahre 1849 1634,05563 Pud Gold betragen hat. Es ist somit wiederum gegen das nächst vorhergehende Jahr eine V e r m i n d e r u n g d e s G e s a m m t e r t r a g e s um 134 t 420 Pud und eine Verminderung des Ertrages der Sibirischen Wäschen um 142,070 Pud erfolgt. — Die Zahlen welche die Gesainmterträge während 11 Jahren ausdrücken, bilden nunmehr folgende seltsame Reihe: *) Vergl. in diesem Archive Bd. Vif. S. 3 5 8 , VIII. S. 7 0 0 u. a. O.
Physikalisch -mathematische Wissenschafton.
722 die g e s a beute
m m
^
e
Goldaus-
in R u s s l a n d :
Zuwächse Pud
Pud
im Jahre 1839
529,8
+
1840
584,0
-j-105,8
54,2
1841
690,2
+289,7
1842
979,9
-j-315,0
1843
1294,9
-j-
47,1
1844
1342,0
+
29,8
1845
1371,8
+350,9
1846
1722,7
1847
1825,9
—
-j-103,2
1848
1768,5
—134,4
1848
1634,1
57,4
Gedruckt bei G. Keimer.
Ermatt. ArcJur - Bri'.JX
Fi,,. /.
J
2
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