Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland: Band 23 [Reprint 2022 ed.] 9783112666241, 9783112666234


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German Pages 361 [720] Year 1864

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Table of contents :
Reise durch den Altai nach dem Telezker See und dem Abakan
Die epische Voikspoesie der Russen
Filonow's russische Chrestomathie
Geographisch-statistisches Lexicon des Russischen Reichs
Ueber die im Jahre 1862 unter Anführung des Lieutenant Krusenstern unternommene Expedition nach der Mündung des Jenisei
Vorlesungen über Mineralogie
Neuestes Werk über den Buddhismus
Ueber Castrens burätische Sprachlehre
Das Wort Schamane
Uebersicht der russischen Litteratur im J. 1862
Reise durch den Altai nach dem Telezker See und dem Abakan
Die Küsten der Westhälfte des Asiatischen Eismeeres
Vorlesungen über Mineralogie
Ueber die bevorstehende Gründung einer Universität in Sibirien
Das Weisse Meer
Sadko der reiche Kaufherr
Georg August Wallin
Zur russischen Münzenkunde
Die skythischen Königsgräber
Von Schällen und Gesängen die in den Jahren 1717 und 1719 zur Nachtzeit in einigen Kirchen von Nowgorod gehört worden
Alte Urkunde über sibirische Gräberfunde
Der Russische Sagenheld Anika-Woin
Ueber die Kurgane am Flusse Choper
Zwei Briefe des Dichters Puschkin
Untersuchungen der in der Nähe von Moskau nachgewiesenen Lokaleinflüsse auf die Richtungen der Schwere
Aus den Verhandlungen der Russischen Geographischen Gesellschaft
Einige Bemerkungen über den Aufsatz Dyas et Trias ou le nouveau grès rouge (en Russie) etc.
Chiwa im Jahre 1855
Die Scheibaniden von Buchara
Kitai, Kara-Kitai und der Priester Johannes.
Hebräische Inschriften zu Aleppo
Russische Wörter im Finnischen
Ueber Gussstahlfabrikation am Ural.
Russische Bibliographie
Ueber die südrussische (Kleinrussische) Sprache
Geodätische Arbeiten im Kaukasus
Expedition zur Untersuchung des schwarzen Irtysch
Colonisation am Usuri
Nachrichten aus dem Kaukasus
Mikroskopische Analysen des Grundes im Ladoga-See
Tscherkessen, Kosaken und Adeche
Galachows Geschichte der russischen Litteratur
Die Tsckertkowsche Bibliothek in Moskau
Tafeln
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Archiv für wissenschaftliche Kunde von Russland: Band 23 [Reprint 2022 ed.]
 9783112666241, 9783112666234

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Archiv für

wissenschaftliche Kunde von

R u s s 1 a n d. Herausgegeben von

A.

E

in

a

li.

D r e i u n d z w a n z i g s t e r E r s t e s

B a n d .

H e f t .

B e r l i n , Druck und Verlag von Georg Reimer.

1 8 64.

Reise durch den Altai nach dem Telezker See und dem Abakan. Von W i l h e l m

Radioff,

Gymnasiallehrer bei der kaiserlichen Bergschule zu Barnaul in West-Sibirien.

M eine amtliche Stellung verpflichtet mich alljährlich in der Ferienzeit (vom ersten Mai bis letzten August), zu einer wissenschaftlichen Reise, welche genauere Erforschung der Dialecte der verschiedenen talarischen Völkerstämme bezweckt, die das südliche -Sibirien und angränzende Lander bewohnen oder als Nomaden durchziehen. Die von mir gesammelten und noch zu sammelnden Sagen, Märchen und Lieder in Ursprachen sollen Materia) abgeben zum Ausbau der finnischtatarischen Linguistik. Mit den Untersuchungen sprachlicher Art verbinde ich geographische und ethnographische. Höheren Orts wurde mir der Auftrag, in diesem J a h r e das Salair-Gebirge, das Tom-, Mrass- und Lebed-Gebiet in der angegebenen Absicht zu durchreisen und wo möglich an den Telezker See und den Abakan vorzudringen. In wie weit ich diesem Auftrag habe nachkommen können, wird der geneigte Leser aus den Blättern meines Reisetagebuches ersehen. Ich habe die Reise in Briefen beschrieben, weil mir diese Art der äusseren Einkleidung für die Blätter eines Tagebuchs die geeignetste schien und gebe schliesslich noch die Versicherung, dass ich von jeder Uebertreibung mich fern g e halten habe. Ermau's Russ. Archiv. Bd. XXIII. H. 4.

1

2

Historisch-linguistische Wissenschaften.

Erster

Brief.

Jegoriewskji P r o m y s l (Goldwäsche) '), den 12.' Mai 1861. Am 10. Mai verliefs ich Barnaul. Da ich in diesem J a h r e über K u s n e z k in den A l t a i zu gehen g e d a c h t e , so schlug ich die T o m s k i s c h e Poststrasse ein. Die T o m s k i s c h e , K u s n e i k i s c h e und B i i s k i s c h e S t r a s s e führt bei G o u b a (? vielleicht G u b a ) über d e n O b . Die T o m s k i s c h e w e n d e t s i c h gleich nach dem D o r f e G o u b a (16 Werst) nordwestlich; die K u s n e z k i s c h e folgt noch weiter der B i i s k i s c h e n und trennt sich erst drei Stationen später von derselben. Bevor ich nach K u s n e z k ging, gedachte ich aber einige Wochen im B a t s c h a t mich a u f z u h a l t e n , deshalb folgte ich der T o m s k i s c h e n S t r a s s e und ging nach J e g o r i e w s k , einer im S a l a i r i s e h e n Gebirge gelegenen Goldwäsche. E t w a um 6 Uhr passirte ich den O b bei G o u b a . Die Ob-Niederung w a r wie im vorigen J a h r e wieder ü b e r s c h w e m m t und der W e g in derselben sehr beschwerlich. Abends 10 Uhr erreichte ich die nächste Station O s e r k i (29 Werst). Da heller Mondschein w a r und der W e g , wie man mir versicherte, gut sein sollte, fuhr ich weiter. In der Nacht passirte ich die Stationen T a i m e n (22 Werst) und B a r a w l a n k a (24 Werst). Bei B a r a w l a n k a verliefs ich die Poststrasse. Von hier aus begann wieder das Leiden der Seitenwege. Die P f e r d e w a r e n meist schlecht, w u r d e n nur langsam herbeigeschafft und dadurch ein fortwährender Aufenthalt veranlasst. Am 10. legte ich folgende Stationen zurück: S c h m a k o w a (15 Werst). B e r k o w a (25 Werst), M a m o n o w a (15£ Werst), S u j e n g a (22 Werst). Zwischen M a m o n o w a und S u j e n g a w u r d e der Fluss B e i ( B e i d ) auf einer sehr gebrechlichen F ä h r e passirl. ') Dass p r o m y s l jede Art von Industrie bezeichnet haben wir oft bemerkt. In Pommern und wahrscheinlich aucli in anderen ehemals von Slaven bewohnten Gegenden, findet sich derselbe Ortsname und ist bisweilen nur durch das Vorkommen yon Ziegel- oder T ö p f e r thon zu erklären. E.

3

R e i s e dnrch den Altai.

In S u j e n g a musste

waren

4 Stunden

keine P f e r d e zu bekommen und ich

warten,

weshalb

ich

erst

gegen 6 Uhr

Abends das nur 12 W e r s t entfernte J e g o r i e w s k Bis B a r k o w a stens

war das Land fast ganz

mit Fiohtenwald

liger.

besetzt;

Bei M a m o n o w a

erreichte.

flach

und mei-

von hier an wurt!e es h ü g -

nimmt schon die g a n z e Landschaft

einen Gebirgscharakter an, die B e r g e steigen höher und höher auf, aber nirgend

sind

hervorragende Bergkuppen

Der Hauptgebirgszug

dieses

tirischen

zieht

Norden.

Gebirges

zu sehen.

Ausläufers

des

Sa-

sich fast direct von Süden nach

E r ist nur dünn mit Bäumen bewachsen, meist Birke

und T a n n e , gen.

nördlichen

unter denen

nur sehr w e n i g e F i c h t e n

Von der letzten Station S u j e n g a

am Ufer

des Flusses S u j e n g a

entlang

das an demselben Flusse liegt. deutlich,

dass

man

sich

im

schlängelt sich durch B e r g dem r e c h t e n ,

hervorra-

zieht sich der

Weg

bis nach J e g o r i e w s k ,

Von S u j e n g a Gebirge

an sieht man

befindet.

und T h a l e n t l a n g ,

Der

Weg

g e h t bald auf

bald auf dem linken U f e r des F l u s s e s , und ist

häufig nur mit Hemmschuh zu passiren. E h e man nach J e g o r i e w s k

gelangt,

lich bedeutende Bergwellen zu passiren.

sind einige ziem-

S i e sind meist kahl,

nur spärlich mit gelbgrünem Grase bedeckt, und in den V e r tiefungen

lag

noch S c h n e e ;

überhaupt

mangelte

der Land-

schaft noch j e d e Anmuth und F r i s c h e , da die B l ä t t e r an den Bäumen

noch

maller S c h l e i e r

ganz klein waren dieselben

und

umzogen.

nur

wie

ein

dünner

W e n n man den letzten

Bergwall passirt hat, so sieht man plötzlich die S u j e n g a das T h a l durchströmen

und an ihren Ufern

seinen Augen sich ausbreiten.

die G o l d w ä s c h e vor

Die G o l d w ä s c h e besteht wohl

aus 1 0 0 — l ö O Holzhäuschen ohne j e g l i c h e V e r z i e r u n g , einem grofsen Magazin und der W o h n u n g des commandirenden ficiers,

die sich, mit einem kleinen Gärtchen u m g e b e n ,

freundlich

ausnimmt.

In

der

Goldwäsche

wurde

ich

Ofrecht sehr

freundlich empfangen und entschädigte mich reichlich für die schmale K o s t auf der Reise. Die J e g o r i e w s k i s c h e

Goldwäsche

ist

die älteste des l*

Historisoh- linguistische Wissenschaften.

4 ganzen A l t a i .

Im

Anfang der

dreissiger J a h r e

e r s t e n I n g e n i e u r - O f f i c i e r e a u s d e m U r a l in d a s Gebirge geschickt. S u j e n g a Gold. gewesen sein, gearbeitet;

aller E r w a r t e n

jetzt wird aber

eben

Jegoriewsk.

Wider

In d e n e r s t e n J a h r e n so w e n i g

an

fand

der K a s m a , hat

die

man an der

soll sie s e h r e r g i e b i g

an d e r S u j e n g a

In l e t z t e r Z e i l

Offerier a n d e r L i s w i n k a ,

wurden

Salairische

der

nicht mehr

40 Werst

hier

von

commandirende

15 W e r s t von J e g o r i e w s k ,

Gold

a u f g e f u n d e n , leider n i c h t s e h r reich, da auf h u n d e r t P u d E r d e h ö c h s t e n s bis 8 0 D o l i G o l d g e w a s c h e n Am

andern Morgen

gesattelt,

wurden

in

werden.

aller F r ü h e

die P f e r d e

u n d w i r ritten zur G o l d w ä s c h e an der

Liswinka.

D e r C h a r a k t e r des g a n z e n ß e r g z u g e s s c h e i n t d e r s e l b e zu sein, wie

zwischen

Sujenga

und

Jegoriewsk.

Hügelwellen,

b r e i t e T h ä l e r , bald kahle L a n d s t r e c k e n , bald d ü n n e s F i c h t e n - , Birken- und Espengehölz. Entstehen,

daher

ist

D i e G o l d w ä s c h e selbst ist e r s t im

d o r t n u r ein S c h u p p e n z u r A u f b e w a h -

rung: d e r Utensilien e r r i c h t e t . bei d e r G o l d w ä s c h e

W a s die A r b e i t e n b e t r i f f t ,

vorgenommen

werden,

die

so b e s c h r ä n k e n

sie sich noch m e i s t e n t e i l s auf A n l e g u n g eines K a n a l s d e r d a s Wasser jetzt

der

Liswinka

aus

seinem Bette

sind n u r 2 0 0 0 P u d E r d e

schnittsbetrag Arbeitern

ausgewaschen,

5 0 D o l i a u s 100 P u d E r d e

herrschte

letzte U k a s ü b e r

eine

sehr

deren

betrug.

DurchB e i ' den

fröhliche S t i m m u n g ,

da d e r unsere

Kreises durch Rekrutirung aus-

w a r e n mit ihren N a c h k o m m e n z u m

als A r b e i t e r v e r p f l i c h t e t . mielheten Arbeitern

Bis

Die B e r g a r b e i t e r , die bis j e t z t a u s d e n

B e r g b a u e r n des A l t a i s c h e n

alle K r o n a r b e i t e r

soll.

die B e f r e i u n g d e r L e i b e i g e n e n a u c h

B e r g a r b e i t e r betrifft. gehoben w u r d e n ,

leiten

Dienst

J e t z t sollen diese A r b e i t e n von g e -

verrichtet werden

frei s e i n ;

binnen 2 J a h r e n

und

bis z u m 15. Mai a l l e ,

2 0 J a h r e g e d i e n t , bis z u m J a h r e

die

1862 alle, die 1 5 J a h r e

d i e n t ; bis z u m J a h r e 1 8 6 3 alle U e b r i g e n .

über ge-

D a s s die d e m h i e -

sigen K r e i s e b e v o r s t e h e n d e n V e r ä n d e r u n g e n nicht g e r i n g sind, lässt sieht d a r a u s a b n e h m e n ,

d a s s die Z a h l d e r

bis auf e i n i g e h u n d e r t T a u s e n d sich beläuft.

Bergarbeiter

Reise durch den Altai.

5

Da sich der V e r w a l t e r aller G o l d w ä s c h e n , der O b e r s t W hier b e f a n d , so n a h m e n alle jetzt freien B e r g a r b e i t e r (die Alten) feierlichen Abschied. W i r lagen g e r a d e auf d e m Rasen zu einem frugalen Mittagsmahl a u s g e s t r e c k t , als alle Arbeiter sich bei uns v e r s a m m e l t e n und um die Erlaubniss baten, einige Lieder singen zu dürfen. S e c h s bis acht Arbeiter traten vor und s a n g e n unter Begleitung einer Balalaika einen ganzen C y c l u s von Volksliedern. D i e meisten Motive w a r e n traurig, n u r sehr w e n i g e t r u g e n einen fröhlichen C h a r a k t e r . Einige Lieder w a r e n von T ä n z e n z w e i e r Arbeiter begleitet. Der T a n z des sibirischen Russen e r m a n g e l t natürlich der Grazie der italienischen und spanischen T ä n z e , er ist p l u m per, hat aber d e n n o c h einen gewissen Reiz und e r f o r d e r t viele Geschicklichkeit. Gewöhnlich besieht er in einer p a n t o m i m i schen D a r s t e l l u n g zwischen einem L i e b e s p a a r , das bald sich entzweit, bald sich w i e d e r vereinigt. Die s p r ö d e S c h ö n e drehl sich schüchtern nach allen Seiten um, trippelt im Kreise u m h e r , und der feurige Liebhaber umkreist sie in wilden Sprüngen. Die S t i m m e n der S ä n g e r w a r e n rein und klar; sie sangen aus voller S e e l e und man k o n n t e auf ihren Gesichtern lesen, dass der G e s a n g ihnen das gröfste V e r g n ü g e n bereitete. W a s dem an russische Volksgesänge u n g e w ö h n t e n O h r e meist missfallt, sind die vielen hohen K o p f t ö n e , sie sind es a b e r , die dem G e s ä n g e seine Originalität und einen g e w i s s e n Reiz v e r leihen, und diese hohen T ö n e scharf und klar hei vorzubringen ist die höchste Kunst des S ä n g e r s . Am Abend kehrten wir nach J e g o r i e w s k zurück und morgen früh d e n k e ich die G o l d w ä s c h e zu verlassen. Zweiter

Brief. Kusnezk, den 20. Mai 1861.

Seit gestern Morgen bin ich in K u s n e z k , der l a n g w e i ligsten S t a d t die ich j e g e s e h e n habe, und ich w ä r e v o r l a n ger Weile g e s t o r b e n , w e n n ich nicht einen Theil der Zeit

6

Historisch-linguistische

zum S c h r e i b e n tungen

kam

Tage

angewendet

ich n a c h

auszuruhen

träumen Kern

zu

Und mit w e l c h e n hier

d a c h t e ich

erquicken.

Wer

Die

m a n den T o m am rechten

Lage

des

ist

passirt, so führt der W e g

Ufer hinauf.

Hat man

aber

sauern

reizend.

Wenn

die steile

Uferwand

nach einigen W e r s t e n den

so bietet

sich dem

H e i s e n d e n ein

herrliche,

grüne Ebene

dem klaren Wasserstreifen

einige

sich

einen so

Eine weite,

erreicht,

Anblick dar.

Städtchens

Erwar-

mich

hatte

lassen, dass eine so s c h ö n e S c h a a l e

habe.

Kamm

hätte.

Kusnezk,

und

Wissenschaften.

herrlicher wird

von

d e s T o m d u r c h s c h n i t t e n , an d e s s e n

U f e r s i c h die S t a d t , m a n n i g f a l t i g g r u p p i r t , e n t l a n g z i e h t . würdig

b l i c k t von

hinab.

An

der

andern

vielen W i n d u n g e n bei K u s n e z k

der H ö h e Seite

in den

Wege

hinabfuhr, dieses

Altai.

Was

Ehr-

alte C i t a d e l l e auf die

des

die K o n d o r n a

Tom

schlängelt

Stadt

sich

in

d a h i n und e r g i e f s t s i c h d i c h t

Tom.

Als ich so den B e r g schichte

die

auf einem sehr gefährlichen

versetzte

alten

ich

Bollwerkes

könnten

mich

im Geiste

der

in d i e

russischen

diese allen Mauern

steilen

Macht

alles erzählen;

Geim wie

v i e l e K ä m p f e h a b e n s i e m i t a n g e s e h e n ? O f t d r ä n g t e n die w i l den Horden und es,

des S ü d e n s

nur dem Muthe

g e g e n s i e an

und

durch hundertjährigen

Unter

solchen

Gedanken

Kronquartier wurde bärmlich, weiss,

einige

waren

durch

schwarzen Ueberzug

der Kühnheit

diese Horden

langte

ich

in

versehen;

zu

der Zeit

gelang

bändigen.

Kusnezk

Die

leere Z i m m e r ;

den Z a h n

widerstanden,

der K o s a k e n

Kampf

mir a n g e w i e s e n .

niedrige

und s i e

an.

Wohnung

früher

mit

braun-

zwei Stühle

das g a n z e M o b i l i a r a u s .

liche Frau frugalen Nach

und

erquickte

mich,

er-

die W ä n d e einem

und ein S p i e l t i s c h

m i t d r e i B e i n e n , d e r n u r an d i e W a n d g e l e h n t , s t e h e n machten

Ein

war

konnte,

Die Wirthin w a r eine freundden

Hungrigen,

mit

einem

Mahle. Tische

warf

in d e r S t a d t u m h e r .

i c h m i c h in b e s s e r e K l e i d e r

und

ging

Einige B e a m t e , mit denen ich G e s c h ä f t e

h a t t e , f a n d i c h n i c h t z u H a u s e , d a s h e i s s t , s i e w a r e n n i c h t zu sprechen,

da s i e i h r M i t t a g s s c h l ä f c h e n h i e l t e n .

Die S t a d t selbst

7

Reise durch den Altai.

ist ohne jegliches L e b e n . Auf den vielen S t r a f s e n b e g e g n e t e n mir nur selten einige B a u e r n oder B ü r g e r in ihren K a f t a n e n , oder auch wohl ein T s c h i n o w n i k ( B e a m t e r ) mit grofser K o karde, meistens a b e r alle Invaliden (die B e s a t z u n g der Citadelle ist eine Invaliden - C o m p a g n i e ) . D i e S t a d t selbst liegt theils auf der H ö h e des U f e r b e r g e s , theils in der n ä c h s t e n N i e d e r u n g des F l u s s e s ; zur u n t e r e n H ä l f t e führt ein ziemlich beschwerlicher W e g hinab. Die einzigen steinernen G e b ä u d e von K u s n e z k sind zwei Kirchen, die Citadelle, und das H a u s eines K a u f m a n n s ; alle ü b r i g e n H ä u s e r sind von Holz o h n e F u n d a m e n t e , meist durch die Zeit a u s ihrer L a g e verruckt. Ich besuchte den M a r k t , einen viereckigen grofsen Platz der von zwei Seiten von den R e i h e n der L ä d e n b e g r ä n z t ist. K u s n e z k ist die älteste S t a d t des A l t a i ; sie w a r viele J a h r e der S c h u t z der nördlicheren russischen B e v ö l k e r u n g . W o h e r sie ihren N a m e n b e k o m m e n h a t , ist nicht r e c h t klar. D a s Volk erzählt, die Riesigen E i n w o h n e r seien g u t e S c h m i e d e ( K u s n e t z i ) g e w e s e n , und d a h e r der N a m e 1 ) . D i e T a t a r e n nennen K u s n e z k A b a T u r a ( V a t e r s t a d t ) , dieser N a m e kommt aber w a h r s c h e i n l i c h vom Flüsschen A b a h e r , d a s weit von Kusnezk in den T o m fällt. J e t z t ist die S t a d t u n bedeutend und verdient wohl nur d e s w e g e n diese Bezeichn u n g , weil sie f r ü h e r eine S t a d t g e w e s e n ist. Handel treibt man w e n i g ; die T a t a r e n sind a r m und der G o l d w ä s c h e n im T o m g e b i e t sind n u r s e h r wenige. D e r fast einzige E r w e r b s z w e i g von K u s n e z k ist der T a b a k , mit dessen Anbau und Z u b e r e i t u n g sich K u s n e z k und alle umliegenden D ö r f e r beschäftigen. Reiche Quellen Kusnezkische Archiv •



zur Geschichte Südsibiriens aufzuweisen haben

mussle

das

u n d ich d a c h t e bei \

') Dass der Verf. nichts von den in der sibirischen Geschichte viel besprochenen Schmiede-Tataren gehört hat, ist zu verwundern. Besäfse er einige geologische Kenntnisse so würde er ausserdem g e wusst haben, dass K u s n e z k in einem höchst s e h e n s w e r t h e n S t e i n k o h l e n b e c k e n liegt, in dem man mit offenen Augen nicht über Langeweile klagen sollte! vgl. in d. Arch. Bd. V. S. 333IT. E.

8

Historisch - linguistische Wissenschaften.

meinem hiesigen Aufenthalt diese ein wenig zu benutzen. Leider hin ich auch dessen b e r a u b t , denn vor wenigen T a gen ist das Landgericht ( S e m s k i S u d ) und das ganze Archiv verbrannt. H e u t e MoTgen habe ich glücklich meine Geschäfte volle n d e t , und da ich nichts besseres anzufangen w u s s t e , ging ich auf den Markt und erstaunte nicht wenig über die hiesige T h e u e r u n g . Das P u d Fleisch (40 Pfd.) kostet 3 — 4 Rubel (in Barnaul 1—2 Rubel). Die B u t t e r der Besmen Pfd.) 70 Kopeken (23 Sgr.) und z w a r K o c h b u t t e r ; das Pud R o g g e n mehl 60 Kop. (20 Sgr. — in Barnaul 30 Kop.); Weizenmehl 90 Kop. (etwa 1 Thlr. — in Barnaul 50 bis 60 Kop.). Die T h e u e r u n g kommt von der Viehseuche des vorigen J a h r e s he). Als ich vom Markte nach H a u s e gekommen war, begann von neuem die lödtliche L a n g e w e i l e u n d ich will nur zufrieden sein, w e n n ich K u s n e z k den R ü c k e n g e w e n d e t habe, will Ihnen aber noch meinen Reisebericht von J e g o r i e w s k bis hierher mitlheilen. Am 13. Mai 10 Uhr Morgens reisten wir von J e g o r i e w s k ab. Unser W i r t h musste zur G o l d w ä s c h e am K a s m a fahren und ich ging deshalb mit i h m , und sendete meinen T a r a n t a s (Reisewagen) auf einem andern W e g e nach Brykan o w a . W i r halten ein herrliches Dreigespann vor unserm kleinen W ä g e l c h e n und unser liebenswürdiger Wirth, welcher ein grofser Pferdeliebhaber ist, bewies in der T h a l die V o r trefflichkeit seiner Pferde, denn schon um 11 Uhr erreichten wir das 20 W e r s t entfernte Dörfchen P o d n i w a j a , hatten nlso in einer S t u n d e 20 W e r s t (fast 3 Meilen) zurückgelegt und zwar auf durchaus nicht ebenem W e g e . Von P o d n i w a j a an w u r d e der W e g schlecht und sumpfig. Das immer noch wellige Land ist dicht mit B ä u m e n bewachsen. Die letzte Hälfte des W e g e s w a r schon flacher. Der Wald bietet hier eine reiche Abwechselung dem Auge dar, die so sehr von der Eintönigkeit sibirischer W ä l d e r abweicht. Alle hier v o r k o m m e n d e n Arten von B ä u m e n finden sich in reicher Zahl v e r t r e t e n ; d u n k e l g r ü n e T a n n e n und Fichten stehen mit den

Reise durch den Altai.

9

fast b r a u n g r ü n e n G e d e r n ( P i n u s cembra), den m a t t g r ü n e n L ä r c h e n b ä u m e n , deren feine Nadeln wie F r a n s e n an den so mächtigen Z w e i g e n h e r a b h ä n g e n , in b u n t e m G e m i s c h d u r c h einander. D a n n wieder L a u b h o l z : B i r k e , E s p e u n d W e i d e , und viele kleine G e b ü s c h e , kurz alles w a s die B a u m v e g e t a lion Sibiriens h e r v o r b r i n g t zeigte sich hier v e r t r e t e n . Man sieht schon dass man sich b e d e u t e n d niedriger als J e g o r i e w s k befindet, denn S c h n e e ist nirgends a n z u t r e f f e n , und die B ä u m e sind schon um vieles dichter belaubt. Dicht vor K a s i n a b r a n n t e der W a l d , dass wir eine g a n z e S t r e c k e im dichten R a u c h f u h r e n . Diese W a l d b r ä n d e richten u n g l a u b liche V e r h e e r u n g e n in den W ä l d e r n Sibiriens a n , oft brennt der W a l d meilenweit a b , a b e r bei der d ü n n e n B e v ö l k e r u n g kann diesem Uebel auf keine W e i s e abgeholfen w e r d e n . Um 2 Uhr erreichten wir K a s m a , eine kleine G o l d wäsche. In diesem J a h r e wird an der K a s m a nicht g e a r beitet, da der E r t r a g zu gering ist. Alle Arbeiter sind zum ü o l d s u c h e n ins S a l a i r i s c h e G e b i r g e a u s g e s c h i c k t . Wir hielten uns hier bis 4 Uhr auf. Auf der Hälfte des W e g e s änderte sich der C h a r a k t e r der L a n d s c h a f t d u r c h a u s n i c h t ; derselbe bunte dichte W a l d ; dieselben ß e r g w e l l e n . Als die Hälfte des W e g e s z u r ü c k g e legt w a r , lichtete sich der W a l d und plötzlich d e h n t e sich vor uns eine weite herrliche E b e n e aus. G r a s r e i c h e u n a b sehbare W i e s e n von vielen Flüsschen d u r c h s c h n i t t e n , und dicht mit D ö r f e r n wie besäet. N i r g e n d s h a b e ich hier so dichte B e v ö l k e r u n g g e s e h e n ; fast alle 2 — 3 W e r s t passirten wir ein D ö r f c h e n und n a c h allen Seiten sahen wir d e r e n mehrere liegen. Um 6 Uhr Abends erreichte ich endlich noch das Dorf B r y k o n o w a (20 W e r s t ) . Hier fand ich die P f e r d e schon a n g e s p a n n t und f u h r deshalb sogleich weiter u n d langte um 10 Uhr in B e d e r o w a (25 W e r s t ) an. Da hier P f e r d e sofort nicht beschafft w e r d e n konnten, m u s s t e ich mich 2 S t u n den aufhalten. Interessant w a r inir w ä h r e n d der Zeit die Unterhaltung mit d e m B a u e r n ä l l e s t e n , der mir so m a n c h e s über die hiesigen Verhältnisse mitlheilte.

10

Historisch-linguistische Wissenschaften. D i e B a u e r n die in d e r E b e n e n ö r d l i c h v o m S a l a i r i s c h e n

G e b i r g e w o h n e n , b e s c h ä f t i g e n sich w e n i g e r mit A c k e r b a u , als mit V i e h z u c h t .

Dies h a t b e s o n d e r s darin s e i n e n G r u n d , d a s s

d a s Vieh

besonders

waldes

ganz

gedeiht,

Waldes,

als

gut

an d e r G l ä n z e

da es hier s o w o h l

auch

des S c h w a r z -

das saftreiche Kraut des

das Steppensalz

in F ü l l e

vorfindet.

vielen J a h r e n t r e i b t d e r g a n z e K r e i s b e d e u t e n d e n und

versorgt

die S t ä d t e B a r n a u l ,

mit Vieh u n d F l e i s c h ,

deshalb

k e r t s t e u n d r e i c h s t e im A l t a i . ist d a s Volk

Tomsk

und

ist d e r K r e i s

Seil

Viehhandel Kusnezk

mit d e r b e v ö l -

S e i t d e m vorigen J a h r e jedoch

hier viel ä r m e r g e w o r d e n ,

da im

vergangenen

H e r b s t e i n e f u r c h t b a r e R i n d e r p e s t fast alle H e e r d e n h i n r a f f t e ; neun Zehntel

alles

Viehes

ist

umgekommen.

Milch ist in d e n hiesigen D ö r f e r n

Fleisch

u n d die B a u e r n leben jetzt m e i s t e n s v o n B r o d u n d Kohl. Stimmung

der Bevölkerung

und

beinahe nicht aufzutreiben,

ist j e t z t e i n e s e h r g ü n s t i g e ,

Die da

sie bald v o n den s c h w e r e n H ü t l e n - A r b e i t e n befreit sein w i r d , „(«ott s e g n e d e n K a i s e r u n s e r n H ü l e r u n d B e s c h ü t z e r ! " man aus

jedem Munde tönen.

Die Leute

hört

k ö n n e n ihr G l ü c k

n o c h g a r n i c h t f a s s e n , u n d f a s t in j e d e m D o r f e b e f r a g t e m a n mich über diesen

Gegenstand.

Die hier w o h n e n d e n T a t a r e n (Teleuten)

w u r d e n mir als

s e h r e h r l i c h e L e u t e g e r ü h m t , mit d e n e n die r u s s i s c h e n B a u e r n gern Geschäfte machen. ihnen,

die

meisten nicht

mit

ihren

E s g ä b e viele t ü c h t i g e A r b e i t e r u n t e r

Familien

w u n d e r t e es m i c h ,

mit V e r a c h t u n g

sprach,

B a u e r n v o n den E i n g e b o r n e n I. In

der

Nacht

im W o h l s t ä n d e

lebten.

Am

dass m a n h i e r v o n d e n T a t a r e n wie

es g e w ö h n l i c h

russische

thun.

T a t a r e n a in U r .

passirte

ich

Bederowa,

Timokowa

(4 W e r s t ) u n d e r r e i c h t e f r ü h a m M o r g e n d a s e r s t e T e l e u t e n dorf

a m Ur.

H ä u s c h e n ab,

Wir

stiegen

in

einem

ziemlich

welches einem reichen, durch seine

keit w e i t b e r ü h m t e n T a t a r e n - K a u f m a n n N i c o l a i gehörte.

Obgleich

wir

die L e u t e

fast m i t t e n in

geräumigen RechtlichSartlajew der N a e h t

Reise dorch den Altai.

11

aus dem S c h l a f e s t ö r t e n , w u r d e ich d e n n o c h mit aufrichtiger Freundlichkeit empfangen, und s u c h t e mir mein W i r t h in j e d e r Weise behülflich zu sein. Das H a u s w a r um vieles gröfser, als die g e w ö h n l i c h e n B a u e r n h ä u s e r . Im u n t e r e n S t o c k w e r k war die V o r r a t h s k a m m e r und die K ü c h e ; im o b e r e n S t o c k werk der durch einen Flur in zwei Theile getheilt w u r d e , waren r e c h t s zwei Z i m m e r , eins das W o h n - und das a n d e r e das S c h l a f z i m m e r des alten S a r t l a j e w ; links ein g e r ä u m i g e s Z i m m e r , das der S o h n des W i r t h s mit seiner Frau und seinen Kindern b e w o h n t e . Die i n n e r e E i n r i c h t u n g der Z i m m e r u n terschied sich w e n i g von denen der B a u e r n . R i n g s u m im Z i m m e r s t a n d e n B ä n k e ; in jedem Z i m m e r ein Bett mit W o i l o c k - M a t r a t z e n , auf denen m e h r e r e S c h l a f p e i z e , deren m a n sich als D e c k e n b e d i e n t e , a u f g e h ä u f t w a r e n . Ein hölzerner T i s c h , r e c h t bunt bemalt,, stand im v o r d e r e n W i n k e l des Zimmers. Bald n a c h meiner A n k u n f t v e r s a m m e l t e sich in meinem Z i m m e r eine g a n z e Gesellschaft von T e l e u t e n . Sie w a r e n alle nach russischem S c h n i t t gekleidet; h o h e S t i e f e l n , weite blau- oder weissleir.ene S c h n u r r h o s e n , ein weisses oder b u n t e s Hemd aus B a u e r l e i n e w a n d , das l ä n g e r als bei den Russen bis über die Knie r e i c h t e , u n d u n t e r den Armen w a r e n grofse rothe oder g e l b e V i e r e c k e eingenäht. S c h a f p e l z e und K a f t a n e von B a u e r n t u c h g a n z nach russischem Schnitte. Die H a a r e lassen alle 3 — 4 Zoll lang w a c h s e n u n d sie ungescheitelt h e r a b h ä n g e n , so dass dieselben die S t i r n e bis zu den Augen bedecken. Auf d e m Kopfe hatten fasl alle beuteiförmige T u c h mützen, u n t e n mit P e l z v e r b r ä m t . D i e Gesichtszüge der meisten zeigten den mongolischen T y p u s , aber nicht so rein wie bei den A l t a j e r n , d e n n einige hatten l a n g e spitzige Gesichter mit w e n i g h e r v o r s t e h e n d e n B a c k e n k n o c h e n . Die H a u t f a r b e ist gelb, bei einigen fast braun, was wohl v o m w e n i g e n Reinigen der H a u t h e r r ü h r e n m a g . Die F a r b e des H a a r e s ist d u r c h g ä n g i g s c h w a r z . Die meisten Individuen sind klein und uniersetzt. Sie b e a n t w o r t e t e n m e i n e F r a g e n mit r ü h m e n s w e r t h e r Offenheit.

Historisch-linguistische Wissenschafte n.

12

D i e F r a u e n t r a g e n l a n g e L e i n w a n d k l e i d e r mit einem G u r t , und Zöpfe

ohne Zierathen;

die v e r h e i r a t h e l e n F r a u e n

meist

D e r g r ö f s t e T h e i l d e r a m Ur w o h n e n d e n T a t a r e n

nennt

Kopftücher. sich n i c h t T e l e n g e t s o n d e r n A t s c h K ü s c h t i m , sie b e h a u p t e n a b e r zu d e r s e l b e n Z e i t mit d e n T e l e u t e n v o m Irtisch eing e w a n d e r t zu sein.

D i e S p r a c h e ist vollständig die der

l e n g e t , a u c h sind i h r e S a g e n u n d L i e d e r V o n den h i e s i g e n T a t a r e n

Te-

dieselben.

ist n i c h t ein einziger g e t a u f t ,

sie h ä n g e n alle d e m S c h a m a n i s m u s an.

Im D o r f e s e l b s t w o h n t

a u c h ein S c h a m a n . A m V o r m i t t a g e v e r v o l l s t ä n d i g t e ich d e n h i s t o r i s c h e n G e s a n g d e s P i T a s u n d d e n G e s a n g P ö s K y r g y s (fünf K i r g i sen), d i e s e r l a u t e t

wörtlich:

Pi Tas, K a r y l y k

undTäminä

w a r e n drei B r ü d e r ; sie

w o l l t e n in d e n K r i e g z i e h e n , als sie in d e n K r i e g ziehen w o l l ten s a n g zu i h n e n i h r e M u l l e r : „In der Nacht hab ich einen Traum gesehen, Lasset ab von dieser F a h r t ; Ein gieriger Rabe mit blutigem Schnabel verdeckt fliegend das Haus. Im Dunkeln hab ich *nen Traum gesehen, Lasset ab von dieser Fahrt. Kin mächtiger Wolf mit schnaubendem Maule schleicht rings um die Thür. Als die S ö h n e

der Mutter W o r t

M u t t e r w e i n e n d a u s ihrer B r u s t Milch sie als Milch (sie!). mit e i n e m S t e i n .

nicht h ö r e n ,

zieht die

und bereitet Käse für

P i T a s w i r f t n a c h d e r B r u s t der M u t t e r D i e M u t t e r singt, ihn v e r f l u c h e n d

Des P i T a s Reitpferd mit gemischtem Haare, wenn er es umwendet, stürze es nieder. Die Jünglinge dieses Volkes, gegen P i T a s mögen sie rasen. Das blutige Geschoss, das bunte Geschoss, durchbohren mög es P i T a s .

Reise durch den Altai.

13

Des K a r y l y k schwarzes Reitpferd wenn er es umwendet, möge es stürzen Die Jünglinge der T e l e n g e t gegen P i T a s mögen sie rasen, Das bunte Geschoss mit der Geierfeder Durchbohren möge es K a r y l y k . T ä l s a r n des T ä m i n ä Reitpferd wenn es ausläuft, mag es stürzen! Die Jünglinge der T e l e n g e t Gegen T ä m i n ä mögen sie rasen, Das bunte Geschoss mit der Geierfeder durchbohren möge es T ä m i n ä . S i e z o g e n in d e n K r i e g ; d a s H e e r ( d e s F e i n d e s ) sie, s i e f l o h e n zuruck.

Auf d e m W e g e s i n g t P i

vertrieb

Tas

Steinige F u h r t , steinige F u h r t , seilt zu, dass ihr das Geröll auseinander scharrt, wenn ilir's Geröll nicht auseinander scharrt, werden Geröll und Knochen zusammen sein. Sandige F u h r t , sandige F u h r t , Seht zu, dass ihr den Sand auseinander scharrt, wenn ihr den Sand nicht auseinander scharrt, wird Sand und Knochen zusammen sein. Alle

drei

starben

dort.

D i e Mutter

w a r t e t e im

als die S ö h n e n i c h t k o m m e n , s i n g t die Mutter Der was Der was

bunte Hengst befruchtet die Heerde, ist's, dass P i T a s nicht z u r ü c k k e h r t ? Adler baut sein Nest, ist's, dass K a r y l y k nicht z u r ü c k k e h r t ?

Der was Der was

schwarze Hengst befruchtet die Heerde, ist's, dass K a r y l y k nicht z u r ü c k k e h r t ? schwarze Vogel baute sein Nest, ist's, dass K a r y l y k nicht z u r ü c k k e h r t ?

T ä I s a r Ii befruchtet die H e e r d e , was ist's, dass T ä m i n ä nicht zurückkehrt?

Hause;

weinend:

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Historisch r linguistische Wissenschaften. Der Geier baute sein Nest, was ist's, dass T ä m i n ä nicht z u r ü c k k e h r t ? D e m Menschen, der P i T a s

gesehn,

will ich des hunten H e n g s t e s H e e r d e g e b e n ; wenn er des bunten H e n g s t e s H e e r d e nicht nimmt, will ich das g e h ö r n t e Vieh ihm g e b e n ; wenn er das g e h ö r n t e Vieh nicht n i m m t , will die f e t t e n S c h a f e ihm g e b e n ; wenn er die fetten Schafe nicht nimmt, will ich mich s e l b s t ihm znr Sclayin g e b e n . D e m Menschen, der K a r y l y k

gesehn,

will ich des s c h w a r z e n H e n g s t e s H e e r d e

geben,

wenn er des s c h w a r z e n H e n g s t e s H e e r d e nicht nimmt, will ich das gehörnte Vieh ihm g e b e n etc. etc. D e m M e n s c h e n , der T ä m i n ä

gesehn,

will ich des T ä l s a r n H e e r d e g e b e n ; wenn er des T ä l s a r n H e e r d e nicht nimmt, will ich das gehörnte Vieh ihm g e b e n , wenn er das etc. etc.

N a c h Tische m a c h t e ich einen S p a z i e r g a n g durch das D o r f . Es zieht sich wohl drei W e r s t a m r e c h t e n Ufer des U r entlang. Am östlichen E n d e desselben w o h n e n zehn r a s sische F a m i l i e n , die amtlich den T a t a r e n zugezählt w e r d e n und dieselben Abgaben wie diese bezahlen. (Die hiesigen T a t a r e n zahlen ihre Abgaben in G e l d , nicht in Fellwerk). Die hier w o h n e n d e n R u s s e n s t a m m e n ursprünglich von T a t a r e n ab (sie!), und v e r s t e h e n dennoch m e r k w ü r d i g e r Weise, obgleich sie von J u g e n d auf mit T a t a r e n z u s a m m e n w o h n e n , nicht ein W o r t tatarisch; aus ihren Gesichtszügen ist j e d e S p u r des mongolischen Typus verschwunden. In der westlichen H ä l f t e des D o r f e s stehen e t w a 2 5 H ä u ser, w o r i n T a t a r e n w o h n e n , von diesen sind n u r 5 — 6 n a c h Art d e r russischen B a u e r n h ä u s e r a u s Holz g e b a u t , der Rest ist aus B r e t t e r n und F l e c h t w e r k und mit E r d e b e w o r f e n . D i e s e H ä u s e r sind im S o m m e r kühl und im W i n t e r leicht zu h e i z e n ; sie sind a u c h leicht zu e r b a u e n . V o n a u s s e n

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R e i s e durci) den Altai.

sehen sie z w a r s e h r hässlicb u n d n i e d r i g aus, da sie sich halb unter der E r d e befinden, das I n n e r e m a c h t aber einen s e h r a n g e n e h m e n E i n d r u c k . Sie sind rein g e w e i s s t , u n d der F u f s boden ist von g l a t t g e s t a m p f t e m T h o n . Von der inneren E i n richtung ist wenig zu s a g e n , da sie sich v o n d e r , der russischen B a u e r n s t u b e n nicht u n t e r s c h e i d e t . D e r einzige CJebelstand dieser H ä u s e r ist, dass ein a n h a l t e n d e r R e g e n j e d e s m a l starke R e p a r a t u r e n e r f o r d e r t (nölhig m a c h t ? ) . Im D o r f e traf ich den K a m ( S c h a m a n ) . Er führte mich in sein H a u s , das a b e r so e n g u n d unheimlich a u s s a h , dass ich es hier nicht l a n g e a u s h a l t e n konnte. Ein kleines Z i m m e r war g a n z mit S a c h e n v o l l g e p f r o p f t , ein halbes D u t z e n d s c h m u t z i g e r , halbnackter Kinder wälzte sich auf der E r d e u m h e r ; auf dem B e t t e und H ä n g e b o d e n lagen einige s c h m u t z i g e W e i b e r und die A t m o s p h ä r e w a r so d i c k , dass das A l h m e n fast unmöglich w a r . D e r S c h a m a n zeigte mir seine Z a u b e r t r o m mel, die von der der Altajer b e d e u t e n d a b w e i c h t . Am N a c h m i t t a g e schrieb ich einige G e s ä n g e und Mährchen auf. E t w a um 4 Uhr kam der K a m zu mir. N a c h d e m ich ihn mit B r a n n t w e i n b e w i r t h e t , w u r d e er sehr g e s p r ä c h i g und dictirte mir einen G e s a n g beim Opfer. D i e U e b e r s e l z u n g davon l a u t e t w ö r t l i c h : D e r du dich o b e n befindest, H i m m e l A b y j a s D a s Grüne auf der E r d e hast hervorgerufen, Am B a u m e die Blätter hast hervorgerufen, Am S c h e n k e l das F l e i s c h hast wachsen lassen, Auf dem K o p f e die Haare hast h e r v o r g e r u f e n , D u Schöpfer des G e s c h a f f e n e n , Du Himmel des B e r e i t e t e n , Himmel, der du die S t e r n e h e r v o r g e b r a c h t ! Ihr s e c h s z i g Herren, die der Vater erhoben, D u Ü l g ö n P i , der du die Mutter e r h o b e n , Du S c h ö p f e r des G e s c h a f f e n e n , D u H i m m e l «¡es B e r e i t e t e n , Du H i m m e l der du die Sterne hervorgerufen. M ö g e G o t t Vieh g e b e n . M ö g e Gott B r o d g e b e n . M ö g e Gott dem Hause ein Haupt g e b e n

Kam

16

Historisch - linguistische Wissenschaften. Du Schöpfer der Geschaffenen, Du Himmel der Bereiteten! Vom weisen Vater bitte ich, Gieb deinen Segen mein V a t e r ! Helfe mein V a t e r ! Im Hause meinem Haupte! In der Heerde meinem Vieh! Vor dir verneige ich mich. Gott möge seinen Segen geben! Du Schöpfer des Geschaffenen! Du Himmel der Bereiteten!

Dieser K a m

ist

ein

ganz verständiger

Mann,

seinen Glauben von ganz anderer S e i l e zeigte.

der mir

E r sagte mir,

dass er sich nicht die geringste Macht über G e i s t e r ,

Krank-

heiten u. s. w. zutraue; sein Schamanisiren sei nur ein G e b e t , eine Fürbilte bei dein Herrn der W e l t ,

dem G o t t ,

der alles

geschaffen habe, und das Opfer sei nur ein Z e i c h e n der D e muth und der Ergebenheit die man Gott bezeuge, indem man ihm sein Eigenthum opfere.

Die Geister, die er anrufe, seien

nur Fürbilter bei dem Höchsten.

Bei dieser Gelegenheil sagte

er mir als B e w e i s seiner Worte umstehendes S c h a m a n e n g e b e l . Von den mythischen S a g e n des S c h a m a n i s m u s wollte er mir nichts m i t l h e i l e n ; Alles was ich von ihm erfahren konnte, war F o l g e n d e s :

Der höchste Gott

und pflege, sei Ü l g ö n der A r l i k die

ihnen

Ülgön

2

).

Ulgön

zur S e i t e

seien

der Alles geschaffen habe

oder Adam (!) '). und A r l i k stehen.

Die

haben

D a s böse Princip sei beide ihre Helden,

vornehmsten Helden

die erwähnten 6 0 Helden.

die Erhabensten M a n d i s c h i r e , M a i T e n e , S a l j i m a k Pajan

3

des

Unter diesen seien und

).

') Ü l g ö n heisst in tatar-türkischer Sprache s. v. a. grofs, vornehm. 5

) Dieser Name, das mongolische A r l i k , bedeutet auch bei den bud-

3

) M a n d i s c h i r e ist ohne Zweifel der verdorbene Name des Buddhas

dhagläubigen Mongolen den Fürsten der Unterwelt. M a nd s ch u s r i .

Seil.

Man sieht dass die Schamanen auch buddhistische

Genien in ihr Pantheon einlassen

Sch.

17

Reise durch den Altai.

S p ä t e r h i n ging der K a m mit mir im D o r f e u m h e r u n d zeigte mir eine Opferstelle. D a s Fell des O p f e r t h i e r e s h ä n g t nicht, wie bei den Altajern, an einer langen S t a n g e , s o n d e r n es ist zwischen zwei S t a n g e n in sitzender S t e l l u n g auf d e m Gerüste aufgestellt. Auch die T e l e u t e n w e i h e n d e m Gott n u r das Fell, das Fleisch essen sie selbst. Götzenbilder, s a g t e der K a m , hätten sie nicht, bei j e d e m Hause a b e r sei eine E h r e n s t e l l e der Gottheit g e w e i h t . Er zeigte mir hierauf, wie bei j e d e m H a u s e m e h r e r e kleine B i r kenstämine aufgestellt w a r e n , an denen H a s e n f e l l e hingen. Dieses Hasenfell darf nicht e h e r a b g e n o m m e n w e r d e n , als bis es zu faulen beginnt, dann w i r d ein n e u e s (und z w a r ein Winlerpelz) an neuen B i r k e n s t ä m m e n aufgestellt. Z w e i m a l im J a h r e , im F r ü h l i n g und im Herbst, wird hier dem V a t e r der E r d e und des H i m m e l s ( U l g ö n ) ein O p f e r gebracht, indem m a n das Fell mit Milch bespritzt. Am 14. M o r g e n s verliefs ich das T a t a r e n d o r f am O r und fuhr zum D o r f e S o l k o i (10 W e r s t ) . D e r W e g w a r g u t , n u r die Passage ü b e r den U r gefährlich, da die B r ü c k e sehr s c h a d haft, fast g a n z eingestürzt ist. S o l k o i ist ein grofses und reiches T a l a r e n d o r f ; es besteht aus m e h r als 6 0 Holzhäusern und 5 — 6 H ä u s e r n aus Flechtwerk. Da mich das U n g e z i e f e r in meinen vorigen Quartieren zu s e h r gequält, und s c h ö n e s w a r m e s W e t t e r w a r , liefs ich mein Zelt a u f s c h l a g e n , obgleich einige H ä u s e r von Aussen ziemlich reinlich schienen. In S o l k o i w o h n e n zur Hälfte A l s e h K ä s t i m zur Hälfte T e l e n g e t ; g e t a u f t e T a t a r e n sind sehr w e n i g e . S i e beschäftigen sich, wie die T a t a r e n am U r , mit A c k e r b a u u n d Viehzucht. In S o l k o i w o h n t ein Baschlyk (Saisan) u n d zwei S c h a m a n e n ; die beiden L e t z t e r e n waren aber so b e t r u n k e n , dass ich nicht das G e r i n g s t e von ihnen erfahren konnte. Ich hielt mich in S o l k o i bis zum 16. Abends auf, fand hier reiche Ausbeute und vervollständigte das Lied von K a n g r a P i , von A k K ö b ö k , u n d schrieb mehrere Märchen, G e s ä n g e und S a g e n auf. Von diesen S a Eriuac's ftuss. Archiv. Bd. XXIII. H. 4.

2

18

Historisch -linguistische Wissenschaften.

gen will ich nur eine mittheilen, die den Oirot-Fürsten S c h ü n ü betrifft, der nach Russland flüchtete. K o n g o d o i war der Oirot-Fürst. Dieser Fürst nahm zwei F r a u e n ; von der ersten Frau w u r d e ihm ein Sohn geboren; der Name dieses Sohnes w a r S c h ü n ü . Nachdem diese Frau gestorben, nahm K o n g o d o i eine andere. Von der zweiten Frau wurden ein Mädchen und drei Söhne geboren; A m y r - S a n a , T ä m i r - S a n a und K a l d a n - T s c h ä r ü waren die N a m e n der Söline. S c h ü n ü ging allein j a g e n ; er schoss einen rothen Fuchs und brachte ihn seinem Vater. Darauf ging A m y r - S a n a , T ä m i r - S a n a und K a l d a n T s c h ä r ü alle drei ebenfalls jagen; sie schössen nichts, sondern kamen leer zurück. S c h ü n ü ritt wiederum aus, um einen Tiger zu schiefsen. S c h ü n ü schoss einen Tiger, band ihn an einen Baum und kehrte zurück. Die drei Brüder gingen darauf auch aus, um einen Tiger zu schiefsen; sie sahen den an den Baum gebundenen Tiger und schössen darnach; obgleich sie schössen, fiel er nicht um. Als sie dort hin kamen, wars ein angebundener Tiger. A m y r - S a n a sagte: diesen angebundenen Tiger wollen wir nicht nehmen, S c h ü n ü wird sehr zanken. Als sie von dort nach Hause zurückgekehrt waren, sagten sie zu ihrem Vater: „Ach Vater! da sieh gut zu! du gieb nicht zu, dass dein ältester Sohn auf die Jagd geht, er ist ein schlechter Mensch, er wird dich tödten!" D e r Vater stimmte seinen drei Söhnen bei, und sie gedachten, ihn zu tödten. Sie machen S c h ü n ü betrunken, dem Betrunkenen rissen sie beide Schulterblätter aus, gruben ein Loch von 60 Faden in der Erde und stiefsen den S c h ü n ü hinein. Nach einiger Zeit kamen drei L e u t e , mit drei eisernen Bogen kamen sie. Diese drei Leute sagten zum Kongodoi: „ W e r mit diesen Bogen schiefst, dem werden wir Tribut zahlen, wenn Kongodoi nicht schiefsen kann, so zahle er uns den Tribut". Die drei Söhne konnten den eisernen Bogen nicht h e b e n , konnten nicht schiefsen, fürchteten sich und s a g t e n : „man uiuss nach S c h ü n ü sehen. Z u m S c h ü n ü

Reise durch den Altai. r i t t e n sie, n a h m e n ihn a u s d e m L o c h e ;

19 S c h i i n ü lebte noch.

J e t z t f r e u t e n sie sich, s c h l a c h t e t e n e i n e j u n g e S t u t e , Branntwein meinen

und

afsen F l e i s c h .

eigenen

Bogen

Schünü

holen".

Er

sagte:

brachte

tranken

Ich w e r d e

ihn.

Schünü

s c h o s s s e i n e n B o g e n ab, z e r s c h o s s die e i s e r n e S c h w e l l e s e i n e s Vaters. Bogen und

Jetzt

sagte er:

brachten sie;

sagte:

„Nehmt

macht euch fort".

Bringt

mir

Schünü doch

doch j e n e B o g e n !

s p a n n t e alle d r e i ,

diese

lächerlichen

die

schoss ab

Dinger

und

D i e drei M ä n n e r k e h r t e n j e t z t zinspflichtig

zurück. Amyr-Sana,

Tämir-Sana,

einten

sich u n d

ritten f o r t ,

ritten

sehr schnell.

erfrieren.

nach.

verSie

zurückgelegt,

Auf d e m W e g e traf er s i e ; j e t z t

e i n e K ä l t e h e r v o r , u n d liefs sie in d e r K ä l t e

S i e blieben auf d e m W e g e .

an und s a m m e l t e er auf

sie d e n h a l b e n W e g

Als

folgte i h n e n S c h ü n ü brachte S c h ü n ü

Kaldan-Tschärü

u m den T r i b u t e i n z u h o l e n .

d e n T r i b u t ein.

dem W e g e

Schünü

kam

vorher

Als e r z u r ü c k k e h r t e ,

drei M e n s c h e n .

Von

diesen s a g t e

traf

einer:

„ V o n d e i n e m V a t e r h a b e ich dir B r a n n t w e i n g e b r a c h t , t r i n k e ! " der

zweite Mensch

Branntwein; Schünü

giefse

sagte:

„Du

diesen

Branntwein

Schiinü

trinke den

nicht

Hunden

den hin!"

g o s s den B r a n n t w e i n d e m H u n d e hin, als d e r H u n d

ihn g e t r u n k e n , s t a r b er. Darauf kehrte S c h ü n ü

n i c h t z u r ü c k , s o n d e r n b e g a b sich

zur J u r t e seines Onkels A j a k k y ; dieser gab ihm seine T o c h ter.

Schünü

heirathete

diese

und

wohnte

daselbst.

A j a k k y alt g e w o r d e n , s a g t e er z u m S c h ü n ü :

„Du

Als

gebiete

m e i n e m V o l k e , ich s e l b s t bin alt g e w o r d e n u n d k a n n es nicht mehr regieren".

Als S c h ü n ü

ten s e i n e U n t e r t h a n e n :

so d a s Volk b e h e r r s c h t e ,

Dieser S c h ü n ü

g e r , e r soll n i c h t u n s e r H a u p t s e i n . flüchtete dessen

er,

sag-

ist ein N i c h t s w ü r d i -

Als S c h ü n ü

dies h ö r t e ,

b e g a b sich z u m R u s s e n - F ü r s t e n u n d w o h n t e in

Lande.

Eines

Tages

zerschoss

er

die

6 7 P f e r d e n d e s w e i s s e n C z a r s mit e i n e m P f e i l e .

Köpfe

von

Die R u s s e n

s a g t e n : W a s f ü r e i n e n M e n s c h e n d u l d e s t du, dieser z e r s c h o s s die H ä l s e

der P f e r d e ?

Der

Kaiser

b e z a h l t e die P f e r d e u n d 2*

20

Historisch-linguistische Wissenschaften.

s p r a c h : „ D i e s e n Menschen r ü h r t mir nicht a n ! m ö g e K r a s n o s c h o k o f f sein.

Sein N a m e

E s w u r d e n mir hier m e h r e r e G e g e n s t ä n d e g e z e i g t , die T e l e u t e n von i h r e n V o r f a h r e n e r e r b t h a t t e n .

die

1) Eine M ä n n e r m ü t z e . 2) Eine F r a u e n m ü t z e . 3) O h r ringe aus Silber. 4) B o g e n und Pfeile. 5) E i n e Zobelmiitze. Die ersten beiden Mützen w a r e n a u s s c h w a r z e m T u c h mit L a m m f e l l besetzt und g e f ü t t e r t . Die Z o b e l m ü l z e (K is p ö r i k ) , w a r a u s r o t h e m T u c h mit G o l d t r e s s e n besetzt und mit Z o b e l v e r b r ä m t , z u m G e b r a u c h der F r a u e n an F e i e r t a g e n . Diese Mützen und O h r r i n g e w e r d e n noch an F e i e r t a g e n g e t r a g e n . D e r B o g e n bestand aus vier S c h i c h t e n ; eine Schicht H o r n , d a n n eine S c h i c h t Holz, darauf eine S c h i c h t a u s S e h n e n , und zu oberst Birkenrinde. Die Pfeile w a r e n mit eisernen Spitzen. D i e O h r r i n g e sind von Silber sehr zierlich g e a r b e i t e t und fast alle W e i b e r t r a g e n n o c h dieselben. Als m a n ein w e n i g Z u t r a u e n zu mir g e f a s s l h a t t e , fing m a n a n , mir seine N o t h zu klagen. Auf die persönlichen K l a g e n k o n n t e ich, da es nicht m e i n e s A m t e s w a r , dieselben zu s c h l i c h t e n , nicht eingehen u n d v e r w i e s die betreffenden P e r s o n e n an d a s K r e i s g e r i c h t , d a g e g e n halle ich in F o l g e dieser U n t e r h a l t u n g den N u t z e n , dass ich m e h r e r e s nicht u n i n t e r e s s a n t e s ü b e r die hiesigen V e r h ä l t n i s s e e r f u h r . Die T a t a r e n blicken voll Neid auf die A n s i e d e l u n g e n der russischen B a u e r n in der E b e n e . V o r 5 0 J a h r e n , s a g t e n sie, w a r e n hier n u r sehr w e n i g e D ö r f e r , u n d das g a n z e Land g e h ö r t e uns. J e t z t sind überall D ö r f e r , der T a l a r e n w e r d e n von J a h r zu J a h r w e n i g e r , und das Land wird uns fast zug e m e s s e n . V e r g e b e n s s u c h t e ich ihnen zu verdeutlichen, dass das L a n d des hiesigen Kreises der K r o n e g e h ö r e , und dass sie d a r ü b e r zu v e r f ü g e n habe. Ich erzählte i h n e n , w i e in m e i n e r H e i m a t h es gar kein u n b e b a u t e s L a n d gäbe, und auch hier noch die d o p p e l t e Z a h l von Menschen w o h n e n k ö n n e ; indess w a r e n sie von i h r e r Meinung nicht a b z u b r i n g e n .

Reise durch den Altai. Recht

deullich zeigen

die C i v i l i s a t i o n muss.

die T e l e u l e n

sich selbst

und

Alle B e m ü h u n g e n sich

das Volk

den Einzelnen nomadisirende bau

und

Leben

leben

Ueberlieferungen

sich selbst.

weniger auf;

jetzt,

die

dass

entwickeln

Eingebornen

«Sibi-

vielen P u n k t e n gescheitert.

durch

immer

hiesiger Gegend, durch Noth

der K r o n e ,

r i e n s zu c i v i l i s i r e n , sind an bildet

zwar

21

wurde,

sie b a u t e n

obgleich

Hier

Als d e s L a n d e s hörte

bei

für

ihnen

Häuser, trieben

das

Acker-

s i e in a l l e n G e b r ä u c h e n

den

i h r e r V ä t e r h u l d i g e n , g a n z w i e die r u s s i s c h e n

Bauern. S e i t einigen J a h r e n gehört,

sie w e r d e n

hat

jetzt

die E r b l i c h k e i t d e r S a i s a n e

a u f drei J a h r e

officiell S t a r s c h i n a ( A e l t e s t e ) . g e s e t z t , dass sie die A b g a b e n zu e r l e g e n h a b e n . nenden

Teleuten

Letztere sehr

und sie die F e l l e , Trotzdem

sind

zufrieden.



sie

Der

sie

mit

fragten

n i c h t in F e l l e n , s o n d e r n in G e l d da

hier

abzuliefern,

erst

diesen

ob

zu i h n e n K o s a k e n

schicken

Ich versicherte ihnen waren

serst schädlich,

Baschlyk

dass

Schandy. Wasilii

es.

Die

sehr

dieser

man

A n g a b e , und

erfreut.

Die

des

äusan

Satzungen. e r r e i c h t e i c h den

fand

hier

fast v o m Dorfes

ein

waren

mir irgend

Mein W i r t h

mir

etwas

12 W e r s t

entfern-

bei d e m

früheren

mich

Morgen

fand N i e m a n d , der zeigte

sie

Verbreitung

die L e u t e im Halten

Ich quartierte

ein,

Wetter; Leute

befohlen

und sie zur T a u f e zwingen w ü r d e .

reinliches

und r i c h t e t e m i c h g a n z wohnlich ein. schlechtes

vor der T a u f e .

der Z a a r

lassen m ü s s t e n , und dass

sie befestigen

1 6 . A b e n d s spät

ten U l u s

nicht

ist d e r V e r b r e i t u n g d e s C h r i s t e n l h u m s denn

ihre ihnen überlieferten Am

ist

müssten.

durchaus

die T e l e u t e n

die U n w a h r h e i t

über diese Mittheilung

solcher Gerüchte

kaufen

Gewohnheitsthier.

es wahr sei,

h a b e , d a s s s i e sich a l l e t a u f e n

woh-

wenig Wild

Anordnungen

M e n s c h ist ein

mich,

heissen

A n o r d n u n g ist für die h i e r

G a n z besondere Angst haben Sie

und

Z u gleicher Zeit w u r d e fest-

vortheilhaft,

um

gewählt

auf-

Tages bis z u m

auf

dem

Zimmerchen

darauf war sehr Abend Felde,

hätte mittheilen

regnete und

ich

können.

die S o n n t a g s k l e i d e r seiner F r a u ;

sie

22

Historisch-Linguistische Wissenschaften.

waren

ganz

eigenthümlichen Schnitts u n d ,

w i e er m i r v e r -

sicherte, genau nach Art der Vorfahren gearbeitet. stickereien

davon

sollten

ererbt

sein.

Viele

Die G o l d -

der

reicheren

F r a u e n sollen d i e s e l b e K l e i d u n g noch j e t z t a n F e i e r t a g e n gleich mit den Z o b e l m ü t z e n t r a g e n . einem seidenen

f a s t bis zu d e n K n ö c h e l n r e i c h e n d e n

kleide mit k u r z e n A e r m e l n u n d mit Gold g e s t i c k t e m und Kragen. denen

ich

D e r Brustlatz

sechs

sehr

alte

ist

Unter-

Brustlatz

besetzt,

mit K n ö p f e n

fand.

Ueber diesem

unter

Unterkleide

t r ä g t m a n eine bis a n die K n i e r e i c h e n d e J a c k e von ben Z e u g e , wie das Unterkleid.

zu-

Das Costüm besteht aus

demsel-

D i e A e r m e l des O b e r k l e i d e s

r e i c h e n bis zur H a n d w u r z e l , sind e n g u n d a n s c h l i e f s e n d , u n d überhaupt näht.

findet

m a n an den K l e i d e r n n i r g e n d s F a l t e n

ange-

D e r K r a g e n d i e s e r O b e r j a c k e ist e t w a drei Z o l l breit

u n d r e i c h t bis ü b e r die B r u s t ;

er ist a u s s c h w a r z e m

mit S e i d e u n d G o l d b o r t e n b e s e t z t , gen

zwei

seidene

Quasten

mit

und

Plüsch,

an j e d e m E n d e h ä n -

Goldschnüren.

Die

Gold-

s c h n i i r e w a r e n s e h r alt. An W a f f e n f a n d ich hier 1) e i n e n K ö c h e r a u s L e d e r , d a s Gestelle w a r cherte,

v o n Holz.

auf d e r B r u s t ,

Man t r ä g t i h n , den Riemen

2) E i n e n g u t e r h a l t e n e n P f e i l ;

w i e m a n mir v e r s i -

ü b e r d e n Hals g e h ä n g t .

das Eisen und der Pfeilstock

w a r e n in e i n e r g e l b e n E l f e n b e i n k u g e l b e f e s t i g t ; die E l f e n b e i n kugel w a r

durchlöchert.

Der Götterstätte

bei d e n H ä u s e r n

als in den f r ü h e r b e s u c h t e n D ö r f e r n .

ist hier

eine a n d e r e ,

E s ist eine R e i h e von

e t w a 1 0 — 1 5 B i r k e n s t ä m m e n , die mit vielen w e i s s e n B ä n d e r n b e h ä n g t sind. Am 17. n a c h T i s c h e

verliefs

ich

den U l u s

u n d w a n d t e m i c h d e m U l u A i l ( g r o f s e s D o r f ) zu. Ail

ist

dörfer, zählt.

jedenfalls

das

g r ö f s t e Dorf

da es ü b e r 100 H o l z h ä u s e r I c h s t i e g im H a u s e des

aller hiesigen und etwa

nen gelernt hatte, ab. sehr freundlich.

Der U l u Teleuten-

20 Erdjurten

Baschtyk N i k o l a i ,

v o r drei J a h r e n bei m e i n e r D u r c h r e i s e

Schandy

d e n ich

d u r c h dies D o r f k e n -

E r e m p f i n g m i c h als a l t e n

S p ä t e r h i n e r s u c h t e ich i h n ,

Bekannten

mir die S ä n g e r

Reise durch den Altai.

23

des Dorfes kommen zu lassen, worauf er bereitwillig einging und etwa 20 derselben rufen liefs. Diese Leute waren willfähriger, als ich es irgendwo gefunden h a b e ; dies benutzend arbeitete ich mit ihrer Hülfe bis spät in die Nacht und am andern T a g e bis nach Tische. Hier vervollständigte ich besonders die historischen Lieder Ak K ö b ö k , S a k t y B a i , die fünf Kirgisen, und zeichnete ein Mährchen auf. Die Sprache dieser T e l e u t e n ist vollständig dieselbe, wie die der T e l e u t e n des A l t a i ( M u i t u , U l a t u etc.), es sind hier nur mehrere russische Wörter eingedrungen. Ausser den hier schon genannten Teleutendörfern befinden sich in der Umgegend noch eine ganze Anzahl kleinerer Dörfchen ( S c h a r l u O c h s o l ) die sich fast bis zum T o m s k i s c h e n S a w o d (Kusnezk) hinziehen. Nach Aussage der Eingebornen ist die ganze Steppe dicht mit Teleutenstämmen wie besäet g e w e s e n , die unter Anführung des M a m y l und B a l y k aus den I r t i s c h - E b e n e n hier einwanderten. Ein Theil derselben ist verrusst und lebt jetzt noch als J a s s a k - B a u e r n , ein anderer Theil dagegen ist in den A l t a i ( M u i t u , U l a l u , S c h a m a l ) ausgewandert, und der Rest nach T o m s k und M i n u s i n s k gezogen. Jetzt sind wohl nur höchstens ein paar Tausend Teleuten hier ansässig. Früher waren die hier wohnenden T e l e u t e n in vier Saisanschaften getheilt, die jelzt in Woloste verwandelt sind. Die hier vorkommenden Geschlechtsnamen sind: a) T e l e u t e n : 1) T o r o , 2) O t s c h u , 3) M ä r k i t (alt M y r k y t ) , 4) Ak T u m a t , 5) K a n a T u m a t , 6) T s c h o r o s , 7) S a r t , 8) K y p t s c h a k , 9) N a i m a n , 10) T ö l ö s , 11) T o r g u l , 12) M u n d u s , 13) K o t s c h k o r - M u n d u s , 14) T o t o s c h , 15) P u r u t , 16) T s c h a l m a n . b) A t s c h - K ä s c h t i m 1) J u l y , 2) T ö r t Ai (vier Hermeline), 3) T s c h ü n g ü s Ang. Die Saisanwürde war früher erblich. Die Geschlechter derselben w a r e n :

24

Historisch -linguistische Wissenschaften.

1. S a i s a n s c h a f l (Atsch-Käschtim) J u t y 2. (Telengel) Tschoros 3. Totosch 4. Tschalman. E i g e n t h u m s z e i c h e n haben die T e l e u t e n g e s c h l e c h l e r nicht aufzuweisen. Es fiel mir a u f , d a s s , obgleich die T e l e u t e n sich m e r k w ü r d i g w e n i g d e m russischen Einflüsse e r g e b e n h a b e n , doch die meisten Individuen dieses Völkchens russische N a m e n tragen. D a r a n ist a b e r , w i e ich erfahren h a b e , die s o n d e r b a r e N a m e n g e b u n g der Kinder S c h u l d . W e n n ein Kind g e boren i s t , so erhält es nämlich den N a m e n desjenigen Mens c h e n , w e l c h e r zuerst das Z i m m e r der W ö c h n e r i n betritt '). Ist das n e u g e b o r e n e Kind ein Knabe, so giebt der zuerst eint r e t e n d e Mann d e m K i n d e seinen N a m e n , ist es ein Mädchen, so die zuerst in das W o c h e n z i m m e r e i n t r e t e n d e F r a u . Eine a n d e r e sehr m e r k w ü r d i g e Sitte ist das f r ü h e V e r heirathen der K n a b e n . G e w ö h n l i c h n i m m t der V a t e r f ü r seinen oft n u r 8 J a h r alten S o h n eine F r a u ins Haus, dies ist nicht ein kleines K i n d , s o n d e r n ein e r w a c h s e n e s Mädchen. Diese S c h w i e g e r t o c h t e r arbeitet im H a u s e u n d besorgt alles für i h r e n Mann. Gefällt d e m S o h n e , w e n n er e r w a c h s e n ist, seine F r a u nicht, so kann er sie zurückschicken, der g e z a h l t e Kalym g e h t a b e r v e r l o r e n . D i e T e l e u t e n versichern indess, dass sie sich eines solchen Falles nicht entsinnen könnten. Die Hochzeitsfeierlichkeiten selbst b e s t e h e n wohl meist im Essen und T r i n k e n ; die einzige C e r e m o n i e ist das S e g n e n der S c h w i e g e r t o c h t e r bei der G ö t t e r s t ä t t e u n d das H e r u m f ü h r e n d e s B r a u t p a a r e s im Dorfe, w o sie b e s c h e n k t w e r d e n . W i e bei den A l t a j e r n , k ö n n e n sich P e r s o n e n , G e s c h l e c h t s n a m e n f ü h r e n , nicht h e i r a t h e n .

die einen

D a s s die T e l e u t e n ihre Leichen auf B ä u m e n bestatten sollen, wie Pallas s a g t , h a b e ich n i r g e n d s bestätigt g e f u n d e n . ') Sind denn die Besucher Teleutischer Wöchnerinnen Russen?

grölstentheils

25

R e i s e durch den Altai.

Alle T e l e u t e n b e h a u p t e n , dass sie die Leichen in d e r E r d e bestallen und leugnen auf das Bestimmteste, dass der e r w ä h n t e G e b r a u c h bei ihren V ä t e r n j e m a l s s t a t t g e f u n d e n hat. Als von den V ä t e r n e r e r b t e S a c h e n w u r d e n mir g e z e i g t : 1) eine a n d e r e Art O h r r i n g e , 2) eine M a l a k a i g e n a n n t e P e l z m ü t z e , 3) ein Oberkleid der M ä n n e r aus gelbrothem W o l l e n zeug mit s c h w a r z e n S c h n ü r e n u n d silbernen Knöpfen besetzt. Dasselbe wird ü b e r dem H e m d e g e t r a g e n , ist ohne A e r m e l und K r a g e n und der R ü c k e n glatt u n d o h n e Besatz. An den Vorderschöfsen sind zwei T a s c h e n . Die T e l e u t e n n a n n t e n dies Kleidungsstück K a m s a l (Kamisol) oder K ü s m ö . D a s g e w ö h n l i c h e musikalische I n s t r u m e n t , T s c h ö r t m ä g e n a n n t , ist dasselbe w i e bei den A l t a j e r n , es ist roh a u s Holz gearbeitet und der R e s o n a n z b o d e n aus Füllenfell; die Saiten a u s nicht g e d r e h t e m P f e r d e h a a r . Z u m S c h l u s s will ich n o c h d a s j e n i g e , w a s ich von dem gröfsten aller historischen G e s ä n g e — die S a g e des Ak Köbök — erfahren habe, wörtlich miltheilen.

Ak 1.

Des Ak K ö b ö k

Köbök.

gesprochenes

Wort,

ein Wort das man in die T a s c h e steckt, für den H ö r e n d e n ein w i c h t i g W o r t für B ö s e N i c h t h ö r e n d e ein u n t a u g l i c h e s Wort. 2.

D e s K ö b ö k Herren g e s p r o c h e n e s Wort, ein W o r t das man ansieht und e i n s t e c k t , für die Wissenden ein bekanntes Wort, für die B ö s e n U n w i s s e n d e n ein untauglich

3.

Köbök Kobök

Wort.

durchschreitet den S e e

macht den Weg über den kahlen Berg. Wenn ein vortrefflicherer Mann als K ö b ö k geboren würde er eine Brücke über das Meer machen.

A k K ö b ö k singt im Leibe seiner M u l l e r : 4.

Unter dem Ufer hast du den W e g gemacht, verbergend hast du den K ö b ö k

vollendet,

würde,

26

Historisch - linguistische Wissenschaften. u n t e r dem Wasser hast du den Weg gemacht unehelich hast da den K ö b ö k vollendet. 5.

Die breite Seide dreimal a b r e i s s e n d , bereite mir die Windeln, das Rindenholz d r e i m a l biegend bereite mir die Wiege.

6.

Die dicke Seide dreimal abreissend bereite mir die Windeln, das Birkenholz dreimal liiegend bereite mir die W i e g e . D i e Mutter

singt:

7.

Die b r e i t e Seide dreimal abreissend, bereite ich die Windeln und w a r t e , das Rindenholz dreimal biegend bereite ich die Wiege und warte.

8.

Die dicke Seide dreimal abreissend, bereite ich die Windeln und warte, das Birkenholz dreimal biegend b e r e i t e ich die Wiege und warte. Ak

9.

Köbök

singl:

Von H a a r s e i d e reisse die Windeln; vierzig Ammen versammle, von f e s t e r Seide reisse Windeln neun Ammen versammle. D i e Mutter v e r s a m m e l t e

Windeln. Ak

Einen Sohn

Köbök.

gebar

die A m m e n ; sie,

seinen

riss a u s S e i d e Namen

nannte

E i n e n T a g b l i e b d e r K n a b e in d e r W i e g e ,

z w e i t e n T a g e zerbrach er seine W i e g e u n d stand a u f ' ) . w i l l F i s c h e f a n g e n , s a g t e er. dem W e g e

die sie am Ich

E r g i n g a u f d e n F i s c h f a n g , auf

traf e r d e n K ö d ö n

Pi.

Ködön

Pi sagte:

Wo-

') D e r finnische Sagenheld K u l l e r w o z e r s p r e n g t am dritten T a g e nach seiner G e b u r t die Windeln in die man ihn gewickelt h a t : Kaiewala, R u n o 31, V. 55—60. Sch.

Reise durch den Altai.

27

hin gehst du mein K i n d ? D e r K n a b e a n t w o r t e t e : W o h i n soll ich g e h e n , ich will F i s c h e fangen g e h e n . K o d o n P i s a g t e : W i e heisst du d e n n ? W i e soll ich h e i s s e n , ich heisse A k K ö b ö k . K o d o n P i s a g t e : Ich dachte dich, w i e die S a h n e der Milch ( K ö b ü k , S a h n e ) einzugiefsen und zu trinken. Ak K ö b ö k s a g t e : W i e heisst d u ? K ö d ö n P i s a g t e : Ich heisse K ö d ö n P i . A k K ö b ö k s a g t e : „ D e s Viehes Hintertheil (Ködön der H re) m ö c h t e ich e s s e n , dich des Menschen Hintertheil esse ich nicht". Von d o r t ging A k K ö b ö k und fing F i s c h e ; er n a h m sie und k e h r t e zurück. K ö d ö n P i k e h r t e a u c h z u r ü c k . In seinem H a u s e lag ein f r ü h e r g e b o r n e r S o h n M a n g y t noch in der W i e g e . Als K ö d ö n P i z u r ü c k g e k e h r t w a r , zankte er seinen S o h n a u s : „ H a s t du keine S c h a m , du liegst noch, A k K ö b ö k hat seine W i e g e z e r b r o c h e n u n d geht schon. A k K ö b ö k s a n g in seinem H a u s e : 10.

Fünf und zwanzig Künstler versammelt, verfertigt die Spitze meiner Lanze! fället fünf und zwanzig Bäume, verfertigt den Schaft meiner Lanze.

11.

Fünf und verfertigt schneidet verfertigt

vierzig Künstler versammelt, die Scheide meines Schwertes, ab fünf und vierzig Hörner den Griff meines Schwertes!

Als man die L a n z e und das S c h w e r t verfertigt h a l t e , hatte Ak K ö b ö k noch kein P f e r d . A k K ö b ö k ging deshalb zu seinem Onkel u n d bat von ihm ein P f e r d . Sein Onkel gab ihm ein P f e r d . A k K ö b ö k s e g n e t e seinen Onkel. 12.

Im Frühling und Herbst das Vieh scheerend, mögest du viele Füllen haben, im Frühling und Herbst das Vieh scheerend, mögest du viele Füllen haben.

A k K ö b ö k bestieg das g e g e b e n e P f e r d und ritt fort. Auf der E b e n e stieg er v o m P f e r d e und zog mit dem S c h w ä n z e

28

Historisch - linguistische Wissenschafton.

ihm die Haut ab, selbst

lief

Fleisch

zog,

ohne

Haut

die V ö g e l

seinem Onkel,

z o g und behielt die H a u t , davon.

gefressen.

bat

wieder

Auf Ak

um

der

Köbök

ein

ging

Pferd.

i h m kein P f e r d , d a h e r f l u c h l e i h m A k 13.

Ebene

das Pferd haben

sein

wieder

Sein Onkel

zu gab

Köbök:

Die Pferdeschlinge fassend, möge der Dieb in dein Vieh einfallen! den Schweif der P f e r d e packend möge der Wolf in dein Vieh einfallen.

D e r W o l f und der D i e b ergriffen g e m ä f s d e m F l u c h e des Ak K ö b ö k Köbök

das Vieh

zum

ein P f e r d .

lödteten es.

Als

und g i n g n i c h t w e i t e r :

daher

preist A k

Von den wogenden Häuptern des Grases ernährt, bist da geboren K y z y l U r auf fünf und dreissig Weideplätzen dich erquickend bist du geboren K y z y l Ü r .

15.

Von bist auf bist

16.

Der K y z y l U r ist muthig, wie geschnittenes Schilf ist sein Ohr, auf dem Grase ist sein Huf, wie geschnittenes Schilf ist sein Ohr.

17.

In seinem Ohr ist eine Quelle, Sclaven leeren sie nicht trinkend, an seinem Schweife ist Perlmutterschnur für alle Mädchen ist es zu viel.

Das

Ak legte Kö-

Pferd.

14.

umher. Jahren

und

Als dieses aus dem Hofe heraus g e g a n g e n ,

es sich nieder b ö k sein

des Onkels

dritten M a l e k a m , g a b i h m der O n k e l w i e d e r u m

den wogenden Häuptern des Grases ernährt, du geboren K y z y l U r fünf und fünfzig Weideplätzen dich erquickend du geboren K y z y l Ür.

Pferd In

lief

jetzt

allen Ländern

kehrte

weiter. hielt

Darauf er

sich

er n a c h H a u s e zurück.

ritt auf.

A l s er

Köbök Nach

viel vielen

zurückgekehrt

R e i s e durch den Alta

29

war, pries er seinen Vogel (Jagdfalken) und seine Waffen und sang: 18.

Des hast das hast

Elennthier-Kopfes hartes Eisen du z e r s c h m e t t e r t , o F a l k e ! z u s a m m e n g e s c h m i e d e t e feste Eisen du z e r t r e t e n o F a l k e !

19.

Im Schoofse der weissen E b e n e hast du dich g e n ä h r t , o F a l k e ! unter den weissen Wolken hast du genistet, o F a l k e !

20.

Im Schoofse der blauen E b e n e hast du dich g e n ä h r t , o F a l k e ! über den blauen Wolken hast du genistet, o F a l k e !

21.

Aus bist Von bist

22.

Aus fünt und vierzig Baumstämmen bist du verfertigt, o mein S c h w e r t g r i l f !

fünf und dreissig Baumstämmen du v e r f e r t i g t , o mein S p e e r s c h a f t ! fünf und dreissig versammelten K ü n s t l e r n du geschmiedet, o meine S p e e r s p i t z e !

von fünf und vierzig versammelten Künstlern bist du geschmiedet, du S c h w e r t k l i n g e ! 23.

Im dunkeln Schwarzwalde der die Sonne nicht sieht bist du geschnitten, mein P e i t s c h e n s t i e l ! von versammelten S i l b e r a r b e i t e r n a u s g e l e g t bist du, mein P e i t s c h e n s t i e l !

24.

Im dunkeln S c h w a r z w a l d e der den Mond nicht sieht bist du geschnitten, mein P e i t s c h e n s t i e l ! von versammelten G o l d a r b e i t e r n bist du ausgelegt, mein Peitschenstiel!

25.

Aus dem L e d e r des beschnittenen Ochsen bist du sechsfach geflochten, o P e i t s c h e n r i e m e n ! aus dem sap j a p a ^ vierjährigen Ochsen bist du vierfach geflochten, o P e i t s c h e n r i e m e n !

30

Historisch - linguistische Wissenschaften. A k K ö b ö k hatte einen Bruder.

Z u s e i n e m Bruder s a g t e

Ak K ö b ö k :

„Lass uns in den Krieg ziehen"; beide ritten in

den

Auf

Krieg.

dem

Wege

fürchtete

sich

der

Bruder

und sang: 26.

Wenn es grofse Flocken schneiet wird yiel schneien, mein K ö b ö k ? der jüngst gekommene Gesandte wird er sterben, mein K ö b ö k ?

27.

Wenn der Schnee herabwirbelt wird yiel schneien, mein K ö b ö k ? der heute gekommene Gesandte wird er sterben, mein K ö b ö k ?

28.

Wie was Wie was

Geklirr tönt es mir, bedeutet das, mein K ö b ö k ? Schneeflocken flimmert es mir, bedeutet das, mein K ö b ö k ?

29.

Wie was Wie was

Gerassel tönt bedeutet das, Schneewirbel bedeutet das,

Köbök

es mir, mein K ö b ö k ? flimmert es mir, mein K ö b ö k ?

antwortet s e i n e m

Bruder:

30.

Was wie ein Geklirr dir tönt, ist es nicht ein blitzendes Schwert? Was wie Schneeflocken flimmert ist es nicht eines Pferdes Mähne?

31.

Was dir wie Gerassel tönt ist es nicht ein Brustbarnisch? Was dir wie Schneeflocken schimmert, ist es nicht ein Pferdeschweif?

W i e d e r u m ritten sie ; w i e d e r u m fürchtete sich der Bruder und s a n g : 32.

In der grofsen Steppe ist schwer zu reiten, wer wird uns anführen, mein K ö b ö k ?

31

Reise durch den Altai. Wenn der Schalen immer mehr werden, wer wird sie austrinken, mein K ö b ö k ? 33.

Die grofse F u h r t ist schwer zu durchreiten, wer wird uns anführen, mein K ö b ö k ? Wenn der Schalen immer mehr werden, wer wird sie leeren, mein K ö b ö k ?

Ak K ö b ö k

singt:

34.

Was ist das Schnellste unter den Läufern, ist etwas schneller als die Antilope? Wenn die Antilope ermattend still hält, wird ihn überflügeln der K y z y l Ü r !

35.

Was ist das flüchtigste unter den Vögeln, ist ein flüchtigerer Vogel als der Rabe ? Wenn der Rabe ermattet und still hält, wird ihn überflügeln der K y z y l Ü r !

J e t z t bittet d e r B r u d e r d e n A k 36.

An den F u f s der Doppel-Birke binde dein Packpferd, mein K ö b ö k . Wenn du dein Packpferd angebunden, entlasse mich, A k K ö b ö k .

37.

An den F u f s der gespaltenen Birke binde dein Pferd, mein K ö b ö k . Wenn du dein Pferd angebunden, entlasse mich, Ak K ö b ö k .

Köbök

entlässt

entfliehen will, s i n g t zutn 38.

nicht

seinen Bruder.

packt K ö b ö k

den Zügel

Als

sein

Bruder

seines Pferdes und

Pferde: Auf deinem Wege dorthin mögen sechszig Menschen stürzen! Auf deinem Wege hierher mögen fünfzig Menschen stürzen!

D a s Pferd sich

Köbök:

in d e n

hört d i e S t i m m e

Krieg.

Der Bruder

des A k K ö b ö k wollte

und

sich z w i s c h e n

stürzt zwei

32

Historisch -linguistische Wissenschaften.

grofsen Bäumen aufhalten und packt die beiden Bäume mit beiden Händen, reisst aber beide Bäume mit der Wurzel heraus und das Pferd dringt in den Krieg. 39.

Auf seinem W e g e dorthin stürzen sechszig Menschen. Auf seinem W e g e hierher s t ü r z e n fünfzig Menschen.

J e U t ging K ö b ö k selbst in den Krieg, tödtele das zurückgebliebene Heer, und kehrte zurück auf seinem Schimmel. Sein Pferd halle vierzig Wunden, K ö b ö k selbst hatte dreissig W u n d e n . Auf dem W e g e tra^ er auf ein Dorf, >die Töchter des Dorfes singen und preisen den Ak K ö b ö k : 40.

Des weissen Schimmels Schritte seine Schritte kommen zu uns. Des A k K ö b ö k F r ö h l i c h k e i t seine F r ö h l i c h k e i t kommt zu uns.

41.

Des blauen Schimmels Schritte seine Schritte kommen zu uns. Des K ö k K ö b ö k F r ö h l i c h k e i t seine F r ö h l i c h k e i t k o m m t z u u n s !

42.

Ak K ö b ö k deinen Schimmel binde an den goldnen P f a h l ! Komme, o A k K ö b ö k ! U e b e r n a c h t e bei uns, A k K ö b ö k !

43.

K ö k K ö b ö k deinen blauen Schimmel binde an den silbernen P f a h l ! K ö k K ö b ö k o komme, U e b e r n a c h t e bei uns K ö k K ö b ö k .

Ak K ö b ö k übernachtete daselbst; nachdem er übernachtet stand er am Morgen auf stieg zu Pferde und sang zurückkehrend: 44.

Wo des P f e r d e s Pflock eingeschlagen, dort ist die Stelle des Pflockes. Wo des Mannes Zügel g e h a l t e n d o r t ist die Stelle des Zügels.

33

Reise durch den Altai.

E r ritt, und r i t t , k a m n a c h H a u s e zurück. In seinem D o r f e w a r seine einzige j ü n g e r e S c h w e s t e r n i c h t , mit d e m S o h n e des K ö d ö n P i , mit M a n g y t h a t t e sie sich v e r m ä h l t . K ö b ö k P i w u r d e zornig. N a c h dem D o r f e des M a n g y t ging e r , u m seine j ü n g e r e S c h w e s t e r zu holen g i n g er. S e i n e S c h w e s t e r erblickte den K ö b ö k und s a n g : •45.

Des weissen Schimmels Lauf sein Lauf kommt zu uns. Des fröhlichen K ö b ö k s Fröhlichkeit seine Fröhlichkeit kommt nicht.

ifi.

Des blauen Schimmels Lauf sein Lauf kommt zu uns. Des schönen K ö b ö k s Fröhlichkeit, seine Fröhlichkeit kommt nicht.

47.

Den goldnen Teller mit Speisen bereite, erwarte den K ö b ö k ! Den silbernen Teller mit Speisen bereite, erwarte den K ö b ö k !

Mangyt kam jetzt dem K ö b ö k e n t g e g e n und erstach das P f e r d d e s Ak K ö b ö k . Köbök s a g t e : „ D u v e r s i e h s t g u t zu s t e c h e n " und s c h l u g dem Mangyt den Kopf ab. D a r a u f n a h m K ö b ö k seine S c h w e s t e r u n d k e h r t e nach H a u s e zurück. Als er n a c h H a u s e z u r ü c k g e k e h r t w a r , v e r w a n d e l t e er sich in einen Koch und ging w i e d e r fort. K ö d ö n P i (des M a n g y t s V a t e r ) s u c h t e den A k K ö b ö k u n d b e g e g n e t e ihm auf d e m W e g e ; da f r a g t e er i h n : „ H a s t du den K ö b ö k g e s e h e n ? " K ö b ö k s a g t e : „ j a , ich h a b e ihn g e s e h e n , w i e a b e r w i r s t du ihn t ö d l e n ? K ö b ö k s List ist grofs". W i e ist d e n n seine L i s t ? f r a g t e K ö d ö n P i . K ö b ö k s a g t e : Ich will dir des K ö b ö k s List lehren. Da s a g t e A k K ö b ö k : „steige auf die Spitze des B e r g e s , ich will schiefsen, du f a n g e mit den Z ä h n e n m e i nen Pfeil auf!" K ö b ö k schoss, des K ö d ö n Z ä h n e z e r s c h m e t terte er. K ö b ö k f r a g t e : „ H a s t du's g e l e r n t ? " K o d o n s a g t e : J a ! ich hab's g e l e r n t . Brman's Russ. Archiv. Bd. XXIll. H. ].

3

Historisch-linguistische Wissenschaften.

34

Wiederum

suchte

Kodon

Pi

den

P i fragte:

Köbök,

wiederum

trafen sich beide.

Kodon

„ H a s t du den

gesehen?" K ö b ö k

s a g t e : „ J a ich h a b e ihn g e s e h e n , e r ist in

den S e e g e g a n g e n , da g e h auch h i n e i n ! " K ö d ö n Als er hinein g e g a n g e n , liefs

den K ö d ö n

Ködön Hast

Pi

du

einfrieren,

liegt im S e e .

nun

meine List

brachte

des

Köbök List

liels

und

e r ihn frieren,

sagte: Jetzt komm heraus! gelernt?

so s a g e n d

ging hinein.

Kälte hervor,

drei T a g e

Köböks

ist g r o f s ! "

Köbök

Köbök

schnitt

Ich bin

Köbök,

e r des K ö d ö n

Pi

K o p f ab.

Dritter

Brief.

Ulus T o s a m Mras den 2 8 . M a i . / 9 . Kusnezk hatte,

wie S i e

aus

meinem

letzten B r i e f e e r -

s e h e n haben w e i d e n ,

s e h r w e n i g Anziehendes

ich w a r froh

es im K ü c k e n hatte.

als ich

Juni.

für mich und

Meinen

Tarantas

inusste ich in der S t a d t z u r ü c k l a s s e n , da d e r W e g n u r n o c h eine

sehr

kurze S t r e c k e

zu W a g e n

s t e l l t e m i r d a h e r auf d e r P o s t

passirbar war.

zwei möglichst

kleine

Ich b e Bauer-

T e l e g e n und in diesen verliefs ich a m '21. M a i / 2 . J u n i M o r g e n s die S t a d t . II.

Tataren

im

Tom-Gebiet.

D e r W e g führte zuerst in die T o m - N i e d e r u n g hinab und schlängelte

sich

vom Flusse

wohl

fernt, in dieser N i e d e r u n g entlang. dichtem

Gestrüpp

durchschnitten.

bedeckt

und

ein

bis z w e i W e r s t

ent-

D i e g a n z e E b e n e ist mit

von

vielen

kleinen

Bächen

D e r W e g w a r s c h l e c h t und k o n n t e nur l a n g -

s a m passirt w e r d e n , denn bald w a r d e r B o d e n mit s t e i n i g e m Gerölle bedeckt,

bald so s u m p f i g ,

d a s s die R ä d e r im

Sumpf

s t e c k e n b l i e b e n ; a m u n b e q u e m s t e n sind die vielen B ä c h e und W a s s e r r i n n e n zu d u r c h f a h r e n , da an den Ufern d e r W e g wöhnlich

sehr

steil abfällt.

Nachdem

wir 12 W e r s t

g e l e g t , e r r e i c h t e n wir w i e d e r u m den T o m ,

ge-

zurück-

der hier a u f e i n e r

Reise durch den Altai. F ä h r e passirt w e r d e n rnusste. halbe W e r s t

von d e m s e l b e n

35

Am j e n s e i t i g e n U f e r e t w a e i n e entfernt,

liegt

das D o r f

AHa-

ina n o w a . D e r W a s s e r s t a n d des T o m Aussage

der B a u e r n

war

es

w a r s e h r h o c h , und nach der unmöglich,

zu W a g e n

weiter

v o r z u d r i n g e n , es m u s s t e d e s h a l b mein G e p ä c k a u f z w e i B o o t e geladen werden Tom

und

Die Boote bis

w i r setzten den W e g zu W a s s e r ,

den

s t r o m a u f w ä r t s , fort.

12 Fufs

der russischen B a u e r n

lang

und

B a u m s t a m m (Pappel)

gearbeitet

in l a n g e S p i t z e n aus.

sind h i e r u n g e f ä h r

IJ! Fufs breit.

einem

und laufen an beiden

Enden

wird

von

sind

10

aus

Jedes Boot

Sie

zwei

Menschen

f o r t b e w e g t , die es mit l a n g e n S t a n g e n am seichten Ufer e n t lang stofsen.

D e r K u d e r bedient

eine Untiefe k o m m t , ren

oder

wenn

man man

sich nur d a n n , den

Fluss

wenn

durchfah-

muss. Der T o m

ist a u f d e m g a n z e n W e g e ziemlich breit und

liegen in ihm viele mit W e i d e n g e s t r ü p p b e d e c k t e Inseln.

Am

linken Ufer

Ge-

ist

durchgängig Niederung

büsch b e w a c h s e n ;

und mit dickem

am r e c h t e n U f e r zieht sich eine

ununter-

b r o c h e n e H ü g e l k e t t e e n t l a n g , die dicht mit T a n n e n und B i r k e n b e w a c h s e n i s t , und nur s e h r selten bricht das G e s t e i n stein) durch und wird Das

Fahren

(Sand-

sichtbar.

zu W a s s e r

ist

durchaus

nicht

angenehm,

man k o m m t nur s e h r l a n g s a m fort und die Hitze ist auf d e m W a s s e r unerträglich.

D i e Ausdauer der F ä h r l e u t e ist zu b e -

w u n d e r n , die diese u n u n t e r b r o c h e n e A n s t r e n g u n g s t u n d e n l a n g aushalten

können.

reichten w i r das

Abends

wird g e w ö h n l i c h P r o t o k a an e i n e m

kurz

vor

Dorf B e s r u k o w a

Sonnenuntergang

Dieses Dorf

(Flussarm) genannt,

weil es sich

bedeutenden Arme

des T o i n

befindet.

in eine r u s s i s c h e und in eine t a t a r i s c h e H ä l f t e ; u n g e f ä h r eine h a l b e W e r s t w e i t e r Da

es

ziemlich

spät

er-

(25 Werst).

Es

zerfällt

l e t z t e r e liegt

stromaufwärts.

geworden,

so b e s c h l o s s ich

hier

zu ü b e r n a c h t e n , natürlich in dem t a t a r i s c h e n T h e i l e des D o r fes.

Die t a t a r i s c h e Hälfte desselben m a c h t einen j ä m m e r l i c h e n 3*

Historisch-linguistische

36 Eindruck;

sie

bestellt

Wissenschaften.

aus 2 0 — 2 5

kleinen

halb zerfallenen

Holzhiillen von halb zerstörten Zäunen u m g e b e n .

Die Häuser

stehen unregelmäfsig durcheinander und der freie R a u m zwischen ihnen ist fufshoch

mit Kolh bedeckt.

Fast vor j e d e m

Hause brannte ein F e u e r , an w e l c h e m ein Kessel mit S p e i s e n kochte.

Kund um das F e u e r safsen zerlumpte Männer, W e i b e r

und Kinder Aeltesten

bunt durcheinander.

(Starschina

und

Ich ging

in das Haus

tatar. Paschlyk)

nächsten T a g die P f e r d e zu bestellen. w a r fast das schlechteste im Dorfe.

um

mir

D a s Haus des Paschlyk S e i n e Kleidung war zer-

rissen und hing nur in Fetzen um seinen Körper. Kopf hatte er anstatt Taschentuch treter

Um seinen

der Mütze ein zerrissenes

gewunden.

Dieser P a s c h l y k ,

des ganzen D o r f e s ,

des

für den

ein

schmutziges wahrer

Ver-

berief die Gemeinde zu s i c h ,

über die Gestellung der Pferde zu berathen.

um

Es dauerte nicht

eine Viertelstunde,

so waren alle männlichen Einwohner des

Dorfes versammelt.

In der Milte der Versammlung auf einem

Pfahle halte der P a s c h l y k Platz g e n o m m e n dieser Höhe

auf seine

Unterthanen

stolz

und schaute von herab.

Die

Ver-

sammlung selbst umsste auf den Z u s c h a u e r einen ganz eigent ü m l i c h e n Eindruck machen.

S i e bestand

wohl aus 6 0 — 8 0

Menschen in den verschiedenartigsten Kostümen (Lumpen) der Welt-

Männer in W e i b e r r ö c k e n ; hall) nackte Weiber in Män-

nerröcken ; mützen,

Männer

mit

Kopftüchern;

Weiber

kurz alle möglichen Variationen,

fünf G e g e n s t ä n d e n : berkleidern

mit

Männer-

die zwischen den

H o c k , H o s e , Mütze, Kopftuch und W e i -

stattfinden

konnten.

Die

Versammlung

gerieth

bei der R e d e des Paschlyk in Aufruhr; heftiges Geschrei von allen S e i t e n .

Jemehr

mehr brüllte

das Volk.

der P a s c h l y k Ruhe g e b o t , E s entstand

um

eine stundenlange

batte, keiner will einen Zoll breit weichen.

desto De-

Jeder Zuschauer

hätte denken m ü s s e n , dass es sich um das W o h l des ganzen D o r f e s h a n d l e , wenn er die Heftigkeit des Streites mit angesehen hätte, und alles geschah nur um drei Pferde und zwei B ö t e , die sie für g e w ö h n l i c h e Fuhrgelder mir für einige S t u n den

stellen

mussten.

D e r Streit

wurde

in

einem

Gemisch

Heise durch den Altai.

37

a u s T a t a r i s c h u n d Russisch g e f ü h r t , wie ü b e r h a u p t die hiesigen T a t a r e n ein Gemisch von Russisch und T a t a r i s c h reden. N a c h s t u n d e n l a n g e m G e z a n k e w a r m a n endlich so w e i t g e k o m m e n , dass sich die friedliche V e r s a m m l u n g in ein S c h l a c h t feld v e r w a n d e l n wollte. Da riss mir endlich die G e d u l d ; mit S t e n t o r s t i m m e stellte ich die R u h e w i e d e r her, befahl, sich zu vereinigen und mir für die N a c h t ein Q u a r t i e r a n z u w e i s e n . D a s letztere w a r nicht so leicht, und w i e d e r u m drohten h e f tige D e b a t t e n l o s z u b r e c h e n , w e n n mir nicht ein T a t a r (der reichste d e s Dorfes) sein H a u s für die N a c h t e i n g e r ä u m t hätte. J e t z t w u r d e n meine S a c h e n in das H a u s g e b r a c h t , und ich selbst b e g a b mich dorthin, uin mein A b e n d e s s e n e i n z u n e h m e n . D a s H a u s , das beste des D o r f e s , bestand a u s zwei g a n z kleinen Ziimmerchen. D a s eine w u r d e von d e m S o h n e des Hausbesitzers, und seiner F a m i l i e , das a n d e r e vom H a u s b e sitzer selbst b e w o h n t . D e r E i g e n t h ü i n e r r ä u m t e mir sein eigenes Z i m m e r ein. Ein grol'ser russischer O f e n , einige B r e t t e r , auf denen die K ü c h e n g e r ä t h e a u f g e s t a p e l t w a r e n , eine B a n k , ein Tisch und das B e l l m a c h t e n das g a n z e A m e u b l e m e n t des Z i m m e r s a u s , diese w e n i g e n S a c h e n füllten a b e r das kleine Z i m m e r so a n , dass kaum R a u m z u m Aufstellen m e i n e s B e t t e s v o r h a n d e n w a r . Im Z i m m e r h e r r s c h t e eine u n e r t r ä g l i c h e H i t z e , denn der Ofen w a r stark geheizt. Das g a n z e H a u s stank nach dem, f ü r europäische N a s e n u n e r t r ä g lichen B ä r e n k n o b l a u c h (Albuin u r s i n u m ) , der Lieblingsspeise der hiesigen T a t a r e n . D e r G e s t a n k im Z i m m e r w a r so stark dass ich g e z w u n g e n war die F e n s t e r , die nicht geöffnet w e r den k o n n t e n , ausheben zu lassen. K a u m h a l t e ich mich ein w e n i g häuslich eingerichtet, so kamen auch schon die a n g e s e h e n s t e n T a t a r e n des Dorfes mit dem P a s e h l y k in mein Z i m m e r , um mich n ä h e r in A u g e n schein zu n e h m e n und in w e n i g e n Augenblicken w a r das Z i m m e r g e d r ä n g t voller Menschen. Von der A t m o s p h ä r e die sich nun hier e n t w i c k e l t e , k a n n man sich keinen Begriff m a c h e n , denn zu dem a n g e n e h m e n G e r ü c h e der Kalba (Albuin ursinuin) gesellten sich n o c h viele a n d e r e W o h l g e r ü c h e , als

Historisch - linguistische Wissenschaften.

38

d e r b e t ä u b e n d e G e r u c h d e s u n g e r e i n i g t e n B r a n n t w e i n s u. s. w . , da die H ä l f t e m e i n e r G ä s t e b e t r u n k e n w a r .

Unter den

ange-

g e b e n e n U m s t ä n d e n w a r ich g e z w u n g e n d e n B e s u c h d a d u r c h a b z u k ü r z e n d a s s ich einen g r o f s e n T h e i l d e r m i c h den

aus

dem

Zimmer

jagte.

Mit

einigen

Besuchen-

älteren

Tataren

p l a u d e r t e ich n o c h ein W e i l c h e n u n d e r f u h r m a n c h e s I n t e r e s s a n t e ü b e r die h i e s i g e n

Verhältnisse.

D i e hier w o h n e n d e n T a t a r e n

leben

N a c h b a r e n in u n u n t e r b r o c h e n e r F e h d e ,

mit i h r e n r u s s i s c h e n weil diese sie,

Aussage der Tataren, fortwährend beeinträchtigen.

nach

Ackerbau

u n d V i e h z u c h t t r e i b e n sie w e n i g u n d b e s c h ä f t i g e n sich h a u p t s ä c h l i c h mit d e m F i s c h f a n g .

S i e sind f a s t g a n z v e r r u s s t , h a -

b e n K l e i d u n g , Religion, L e b e n s w e i s e u n d z u m T h e i l a u c h die S p r a c h e der Russen a n g e n o m m e n

und

m a c h e n auf d e n

Rei-

s e n d e n z u e r s t einen fast w i d e r l i c h e n E i n d r u c k , da sie von d e r Civilisation a n s c h e i n e n d n u r d a s L a s t e r h a f t e a n g e n o m m e n h a b e n , w e n n m a n sie a b e r n ä h e r k e n n e n l e r n t , s i e h t m a n

bald,

d a s s sie die k i n d l i c h e E i n f a l t d e r N a t u r k i n d e r n o c h n i c h t v e r loren haben

und

dass

die Civilisation

ihr I n n e r e s

noch nicht ganz zerstört hat.

Alle sind

nur

von

sehr

geringe Kenntnisse

durchaus

getauft, haben

den L e h r e n des

aber

Christen-

thums. Am 22.

verliefs

ich

Protoka.

Meine S a c h e n

wurden

zu B o o t f o r t g e s c h a f f t , ich s e l b s t

a b e r s e t z t e m e i n e R e i s e zu

P f e r d e auf d e m L a n d w e g e

Bis z u m F l ü s s c h e n

bas

an

dem

ein

(6 W e r s t v o n P r o t o k a eben

und

fort.

g r o l s e s r u s s i s c h e s Dorf

das Land

gleichen

PodoNamens

e n t f e r n t ) liegt, w a r d e r W e g g u t u n d

mit

herrlichen Wiesengründen

d a g e g e n f ü h r t e von P o d o b a s

bedeckt,

aus, der W e g durch sumpfiges

G e s t r ü p p , w o die P f e r d e oft bis z u m B a u c h e e i n s a n k e n , w a r m i t h i n d e r W e g so s c h l e c h t , d a s s w i r d a s D o r f obgleich Stunden

die E n t f e r n u n g erreichen

nur 2 Werst

betrug,

erst

und

Balby, nach

konnten.

D a s T a t a r e n d o r f B a l b y ist viel r e i n l i c h e r u n d n e t t e r g e b a u t als P r o t o k a .

D i e H ä u s e r sind g r ö f s e r u n d in

bessenn

Z u s t a n d e ; die Z ä u n e s t e h e n g r a d e u n d schlielsen bei einigen

Reise durci) den Altai. Häusern Gemüsegärten

ein.

D a s Dorf

ist

t o k a d e n n ich z ä h l t e n u r 15 G e h ö f t e . Dorfes Da

sind

ebenfalls

die S p r a c h e

fast

der

W ö r t e r n v e r s e t z t ist

ganz

für

kleiner

verrusst

mich

als

Pro-

D i e B e w o h n e r dieses

hiesigen T a t a r e n und

39

und

alle

stark, mit

von

getauft.

russischen

keinem

besonderen

I n t e r e s s e w a r , so hielt ich mich hier w e i t e r n i c h t a u f , s o n d e r n selzte nach

einer halben S t u n d e

zu W a s s e r fort. bequem,

Das Boot das

es ist kleiner

schen Boote

und

meinen W e g

von hier aus

wir bestiegen

w a r sehr un-

u n d l e i c h t e r g e a r b e i t e t als die r u s s i -

die n u r s e h r d ü n n e n W ä n d e w e r d e n

Querslöcke zusammengehalten. ist s e h r u n b e q u e m ,

durch

D a s S i l z e n in d i e s e n B o o t e n

m a n m u s s sich z w i s c h e n die S t ö c k e e i n -

klemmen und kann den Unterkörper dann durchaus nicht bewegen. Das T o m - U f e r

an

dem wir

entlang fuhren

hat seinen

C h a r a k t e r im G a n z e n n i c h t v e r ä n d e r t , n u r die H ü g e l a m r e c h t e n U f e r sind h ö h e r u n d h ä u f i g S a n d s t e i n - F e l s e n . von der M r a s s - M ü n d u n g reichten

ungefähr

Nicht weil

d u r c h f u h r e n w i r den T o m

um 2 Uhr

das am

und er-

rechten Ufer liegende

T a t a r e n d o r f P r a s P ü l t ä r i n d ö an d e r M r a s s - M ü n d u n g 7 W e r s t von

Palby. III.

Tataren

Dies Tatarendorf früheren;

ist

am

Mrass.

bedeutend

grölser

als

die

beiden

es b e s t e h t a u s e t w a vierzig kleinen G e h ö f t e n ,

die

sich auf d e m h o h e n Ufer, eine v i e r t e l W e r s t v o m F l u s s e e n t fernt, entlang ziehen.

Die E b e n e

a m F l u s s - U f e r (das F l u s s -

thal) ist h i e r ziemlich breit und mit h e r r l i c h e m R a s e n b e d e c k t . I c h liefs

inein Z e l t

dicht

am Flusse

aufschlagen,

denn der

A u f e n t h a l t in T a t a r e n h ä u s e r n w a r m i r a m P r o t o k a worden. mein Zelt

versammelt.

Im A e u s s e r n u n t e r s c h e i d e n den T a t a r e n getauft

verleidet

Bald nach meiner Ankunft w a r das halbe Dorf um

nicht

und haben

aber etwas

von

den

russische

entfernter

von

sich die d a s Dorf

bewohnen-

früher beschriebenen;

alle sind

Kleidung a n g e n o m m e n , den

russischen Dörfern

da sie wohnen,

Historisch-linguistische Wissenschaften.

40 so h a t

sich

ihre S p r a c h e

reiner

von V e r m i s c h u n g

d i e g r ö f s e r e H ä l f t e , b e s o n d e r s die F r a u e n ,

erhalten;

sprechen nur

Ta-

tarisch. Der Haupterwerbzvveig der Fischfang,

d e r B e w o h n e r dieser G e g e n d ist

der hier sehr

l o h n e n d sein soll.

und Kinder stricken N e t z e und Dieser Handelsartikel Bedeutung,

da

wird

tausende

Die

Frauen

v e r k a u f e n sie n a c h K u s n e z k .

sehr

von

gesucht

und

Faden (Sajen)

angefertigt und verkauft werden.

ist a u c h

von

Nelzzeug

hier

D i e s N e l z z e u g ist u n g l a u b -

lich billig, d e r F a d e n (7 Fufs) 5 F u f s b r e i t e s N e l z z e u g

koslet

n u r 12 K o p e k e n . Im H e r b s t e , w e n n die M ä n n e r

auf

Wild

geben,

helle

Gattung),

der

die J a g d . besonders

erste S c h n e e gefallen ist, E s soll

Eichhörnchen,

Feuennarder;

gehen

hier in d e r G e g e n d

seltener

Zobel sind

viel

(schlechtere

Hermelin

und

Fuchs. V i e h z u c h t w i r d hier w e n i g g e t r i e b e n (ich k o n n t e n u r mit M ü h e ein w e n i g Milch e r h a l t e n , bis 3 0 K ü h e v o r h a n d e n sind). zucht

hier sehr g e r i n g ,

VViesenland

da im g a n z e n D o r f e n u r 2 0 Der

Grund,

dass

die

m a g wohl darin liegen,

in d e r N ä h e

des Dorfes m a n g e l t ,

Vieh-

d a s s es a n die

Wiesen-

l ä n d e r zu w e i t a b g e l e g e n sind u n d im W i n t e r so h o h e r S c h n e e fällt, d a s s d a s Vieh bei so u n g ü n s t i g e r W i t t e r u n g keine N a h r u n g finden k a n n . Der

Getreidebau

beschränkt

sich

auf

den

Anbau

der

G e r s l e , i n d e s s ist a u c h d i e s e r so g e r i n g , d a s s sie nicht e i n m a l genug

für

Fehlende

ihren von

eigenen

Lebensbedarf

russischen B a u e r n

gewinnen

gegen

Fische

und

das

eintauschen

müssen. Im S o m m e r

sind

ihre Lieblingsspeise.

Kandyk-Wurzeln Da

alle T a t a r e n

und

Bärenknoblauch

nach

Bärenknoblauch

r o c h e n u n d ich d i e s e n w i d e r l i c h e n G e r u c h f a s t n i c h t konnte,

rielh man

mir

selbst

d a v o n zu e s s e n

ertragen

u n d inan b e -

h a u p t e t e , d a s s ich ihn d a n n n i c h t m e h r w i d e r l i c h finden w ü r d e ; dies Mittel e r w i e s sich a u c h als g a n z Meine H a u p t b e s c h ä f t i g u n g

hier

praktisch. im D o r f e

bestand

darin,

Reise durch den Altai.

41

den hiesigen Dialect lexicalisch zu u n t e r s u c h e n , w a s mir mit Hülfe meines vollständigen T e l e u l i s c h e n L e x i c o n s sehr g u t gelang. Die D i a l e c t v e r s c h i e d e n h e i t e n sind s e h r bedeutend und bestehen zum T h e i l im G e b r a u c h a n d e r e r W ö r t e r , z u m T h e i l in einem b e s t i m m t e n L a u t w e c h s e l . Im Ganzen k a n n m a n s a g e n , dass der hier von mir u n t e r s u c h t e Dialect in der Mitte z w i s c h e n d e m Altaischen und d e m Koibalischen steht, vielleicht L e t z t e r e m n o c h e t w a s näher. Am Abend des folgenden T a g e s verliefs ich das Dorf P r a s P ü l t ä r i n d ö , f u h r den T o m noch eine S t r e c k e aufw ä r t s und d u r c h f u h r ihn g r a d e der M r a s s - M ü n d u n g g e g e n über. Die Ufer des M r a s s sind a n f a n g s niedrig und mit dichtein G e b ü s c h b e w a c h s e n , n a c h einigen W e r s t a b e r beginnt das r e c h t e Ufer sich in kleinen H ü g e l w e l l e n zu e r h e b e n und steigt i m m e r h ö h e r u n d h ö h e r auf. N a c h einer F a h r t von 6 W e r s t e r r e i c h t e n wir bei v o l l k o m m e n e r Dunkelheit das Dorf K r a s k j a k ( K y s y l j a r , r o t h e s Ufer). Am Ufer h a l t e n sich fast alle E i n w o h n e r v e r s a m m e l t . Ein riesiges F e u e r w a r hier a n g e z ü n d e t , so dass das g a n z e Dorf und das g e g e n ü b e r l i e g e n d e Ufer mit grell r o t h e m S c h e i n e e r l e u c h t e t w a r , und sich derselbe in l a n g e n rollten Streifen im Flusse brach. Man sah dass das Holz hier billig sein m u s s t e , denn das F e u e r glich einem w o h l 5 Fufs hoch a u f g e t h ü r m t e n S c h e i t e r h a u f e n . Als wir am Ufer a n g e k o m m e n , w a r alle W e l t uns behülflich u n sere S a c h e n aus d e m Boote in unser Q u a r t i e r zu bringen. J e d e r n a h m ein P ä c k c h e n und zu seiner S e i l e schritt ein a n d e r e r mit einem b r e n n e n d e n Holzslück, so dass wir gleichsam in einem F a c k e l z u g e ins Dorf einzogen. Mir leuchtete mein W i r t h , ein j u n g e r , in einen T u c h r o c k gekleideter Mann, vor, der in einem sehr g u t e n Russisch mir v e r s i c h e r t e , dass es ihm unendliche F r e u d e m a c h e , mich bei sich a u f n e h m e n zu können. D a s H a u s , in d e m m a n mich e i n q u a r t i e r t e w a r grofs und ganz nach Art russischer B a u e r n h ä u s e r eingerichtet. Aus d e r ganzen E i n r i c h t u n g suh man auf den ersten Blick, dass hier W o h l s t a n d h e r r s c h t e . D a s Z i m m e r w a r mit O e l f a r b e a n g e -

Historisch - linguistische Wissenschaften.

42 strichen

und

meubiirt.

reichlich

Zwischen

mehrere

mit

Fufsboden

Blech

war

mit

Stühlen

und

der Hinterwand beschlagene

einigen

und

Kasten

dem

Schränken

Ofen

aufgestellt

mit T j ü m e n s c h e n T e p p i c h e n

waren

und

bedeckt.

der Mein

W i r t h b r a c h t e Alles w a s er im H a u s e h a t t e , u m mich zu bew i r t h e n , T h e e , f r i s c h e n H o n i g , B r o d , B u t t e r , E i e r , Milch, C e dernüsse und Fische,

s o d a s s ich h i e r

in e i n e m

s c h w e l g t e , d e n ich mir n i c h t h a t t e t r ä u m e n Am anderen Morgen selbe besteht

Ueberflusse

lassen.

s a h ich m i c h i m D o r f e u m .

aus zwei Theilen,

der eine

der andere ungefähr 2 Werst weiter kleinen Flüsschen belegen.

am M r a s s

nach Norden

Dasselbst,

an e i n e m

D i e H ä u s e r sind meist s e h r grofs

u n d mit a l l e m n ö t h i g e n A n b a u , a l s : S t ä l l e n , S p e i c h e r e t c . v e r sehen.

Der giöfsere Theil

der A n w o h n e r

s c h ä f t i g e n sich mit d e m H a n d e l ;

sie

dieses D o r f e s be-

fahren sowohl

Waaren

als a u c h Vieh u n d P f e r d e zu d e n T a t a r e n a m o b e r e n M r a s s und

der Keichthum

Vorlheil

den

sie

der ganzen Ansiedelung

aus

dem Handel

w o h n e r s o l l e n sich s c h o n

ziehen.

zeugt

für den

Einige der

ein n i c h t u n b e d e u t e n d e s

Ein-

Vermögen

g e s a m m e l t h a b e n u n d alle W a a r e n , mit d e n e n sie hier H a n d e l treiben, direkt vom Irbitschen J a h r m a r k t herholen.

Die nicht

H a n d e l treibenden B e w o h n e r treiben Ackerbau und Fischfang. D i e V i e h z u c h t ist hier n i c h t u n b e d e u t e n d , da die E b e n e s e h r h e u r e i c h ist u n d a u c h w e g e n d e s A c k e r b a u e s m e h r Vieh g e halten w e r d e n

muss.

L e i d e r ist mit d e m g e r i n g e n F o r t s c h r i t t a u c h d a s

Laster

d e s T r u n k e s hier s e h r e i n g e d r u n g e n , u n d ich h a t t e h e u t e G e legenheit,

dies selbst

bemerken,

bei den a n g e s e h e n s t e n E i n w o h n e r n

die a u s V e r a n l a s s u n g

vom Morgen

bis z u m A b e n d

n i c h t auf d e n B e i n e n s t e h e n Auch

zur

so b e t r u n k e n w a r e n ,

dass sie

konnten.

hier s e t z t e ich mit E r f o l g m e i n e l e x i c a l i s c h e n

grammatischen

Untersuchungen

Sprachproben konnte

zu

Feier meiner Ankunft,

fort.

Aufzeichnungen

ich n i c h t m a c h e n , da die h i e r

und von

wohnen-

den T a t a r e n ihre Mährchen und Sagen schon längst vergessen haben.

Ich verliels

deshalb

schon

a m 26. M a i / 7 . J u n i d a s

Reise durch den Altai.

43

Dorf und fuhr auf dem Mrass weiter a u f w ä r t s , so dass ich im Laufe des Nachmittags das Dorf S y b y r g y erreichte. Im Vergleich zu dem Dorle K r a s k j a k ist hier schon ein mächtiger Unterschied zu erkennen. S y b y r g y ist zwar kein kleines D o r f , denn es hat etwa 40 Häuser die aus Balken gezimmert sind, diese beünden sich aber in einem so jämmerlichen Zustande, dass sie fast das Ansehen von Ruinen eines zerstörten Dorfes haben. Die Dächer der Häuser sind alle aus Birkenrinde und ihre innere Einrichtung ist noch schlechter und schmutziger als am P r o t o k a . Die Kleidung dieser Tataren besteht in Hemden und Hosen aus sehr grobem selbst gefertigten Hanfgespinnste und in Filzröcken statt der Pelze. Die Frauen tragen meist nur lange bis zu den Knöcheln reichende Hemden. In den Physiognomien dieser Leute herrscht kein durchgehender Typus wie bei den Altajern und Teleuten, es herrscht hier ein buntes Durcheinander. D e r eine hat ein rein mongolisches Gesicht, ein anderer blondes Haar und rein europäische (russische) Gesichtszüge, meistens sieht man aber, besonders bei den Frauen, breite runde Gesichter mit hervortretendem Unterkiefer, aufgeworfenen Lippen, eine schmale Stirn und lange schmale nur sehr wenig schiefliegende Augen. Die Hauptbeschäftigung dieser Leute ist der Fischfang; Ackerbau und Viehzucht wird nur sehr wenig betrieben, da das Land hier schon sehr bergig und der Schnee im Winter sehr hoch liegt. Sehr richtig sagt ein Allajisches Sprichwort: Palyk angdagan paibas Tiibtinilögii kurgabas. Wer Fische fängt wird nicht reich Was auf dem Boden liegt wird nicht trocken ').

Das Sprichwort bewahrheitet sich recht, da die Leute hier bei ihrem Fischfang fast v e r h u n g e r n , und nicht so viel erwerben um ihre Blölse bedecken zu können. Im Sommer

') Diese Verse würden in osmanisch - türkischer Sprache so lauten: B a l y k a w l a j a n b a i o l m a s , D i b d e k i s c h e j k o r u o l m a s . Seh.

Historisch-linguistische

44

Wissenschaften.

g e h l es noch, aber wenn

der lange

ginnt

dann

das

Leiden;

nicht genug

wer

Mehl e i n g e t a u s c h t h a t ,

hungrig schlafen legen

sein,

gedörrtes

denn

die

werden

dann

be-

seine

Fische

d e r m u s s s i c h oft

genug

verhungern,

hier

ge-

m u s s die e i n f a c h e

und F i s c h e , sehr alt;

w o h n t h i e r i m O r t e ein G r e i s d e r 1 0 2 J a h r rüstig

für

Trotzdem

Gerstenmehl

Leute

kömmt,

und Fälle, dass L e u t e

h ö r e n n i c h t zu d e n S e l t e n h e i t e n . Nahrung,

Winler

im S o m m e r

ganz

gesund

unter

anderen

und n o c h s e h r

alt

ist.

I c h liefs grünen

am

Uler

des

Mrass,

auf

einem sehr

Hasenplatz mein Zelt aufschlagen

versammeile

sich auch hier die g a n z e m ä n n l i c h e B e v ö l k e r u n g ,

w a s ich gern

sah,

terstützte.

Nach

vergebens,

selbst

anderes

schönen

und wie g e w ö h n l i c h

da e s m i c h bei m e i n e n historischen der

mittheilen

Niehls habe sich

als

vorerwähnte dass

bei i h n e n

er

Greis

immer

verändert

und

unich

mir

nichts

gewohnt

hätte.

als d e r G l a u b e

aus Birkenrinde, aus Holz erbaut habe. mit dem Fischfang beschädigt

sehr

forschte

konnte

hier

H ä u s e r die m a n s e i t e i n i g e n J a h r z e l u i d e n

alles unverändert geblieben.

Arbeilen

Ueberlieferungen

und

die

an S t e l l e d e r H ü l l e n Immer hätte man sich

w ä r e in d i e s e r

Beziehung

Ihre S p r a c h e w ä r e ebenfalls noch

dieselbe. Was

den G l a u b e n

dem Namen christlichen zen

muss

ihnen Sehr

Religion

zu singen

kam

man

und

heiss,

betriff!, so sind sie n u r nichts anderes von der

gelauft w i r d , sich

jedesmal araka,

mir entgegen

das

nur sehr wenige,

darauf, und

sals ich

geringste Ruhe

am 2 7 . ,

schrieb

die S o n n e den ganzen

zu g ö n n e n ,

gebe.

und z e i g t e s i c h verstand

Kusnezk

berühmter

gereist.

Der T a g

gerade

sehr

Mährchen

i c h den g a n z e n

Mährchen. brannte

bekreuAnkunft

Wein)

ein a n d e r e r

W e i s e nach

mir diclirlen

bei s e i n e r rolher

N u r ein e i n z i g e r u n l e r i h n e n

dem Sänger

trotzdem

(Kysyl

war unglücklicher

Tages hend

als dass man

Abendmahl

freundlich

mittheiiend.

von

und w i s s e n

und dass der Priester

das

Sänger

dieser T a t a r e n

nach Christen

Tag

die

war

auf mein

glüZelt;

T a g und s c h r i e b , o h n e mir denn

i c h d u r f t e die

die

Gelegenheit

Reise «lurcli den Altai.

45

nicht vorbeigehen lassen. Der S c h w e i s s rann uns (mir sowohl als dem Sänger) in dicken Tropfen von der Stirne und nur gutes Zusprechen und von Zeit zu Zeit ein Gläschen Branntwein (der hier alle Herzen gewinnt) vermochte den Sänger bei guter Laune zu erhalten. Zuerst sang er mit Begleitung einer Balalaika recitirend und die Töne scharf durch die Kehle gurgelnd, da aber dies das Aufschreiben sehr erschwerte, so legte er sein Instrument bei S e i l e w e n n er eine Abtheilung gesungen hatte und wiederholte die Worte langsam und deutlich. Ich schrie!) hier zwei ziemlich bedeutende Mährchen auf von denen ich Ihnen eins in der Liebersetzung mittheilen will. Der'Jüngling.

'

1.

Kiiist war ein Jüngling, einen Vater h a t t e er n i c h t ; eine M u t t e r h a t t e er nicht; er war eine Waise.

5.

Ohne Kleidung war er, nackt, zum Essen hatte er keine Speise. J e n e r Jüngling hatte eine Schwägerin, sie war ohne Mann, eine Wittwe. Seine S c h w ä g e r i n n ä h r t e den Jüngling.

10.

Der Jüngling ging N a c h t s umher, die S c h w ä g e r i n sagte zu i h m : „ W i e w e r d e n wir l e b e n ? sagte s i e . " „ „ I c h werde auf die J a g d g e h n ! sagte e r . " " Der Jüngling ging auf die Jagd.

15.

N e u n Hirschen b e g e g n e t e er, er schoss, t ö d t e t e a l l e ; d e r Jüngling nahm diese, legte sie auf seine S c h u l t e r : ihr F e l l zogen sie a b .

20.

Aus i h r e n F e l l e n machten sie Pelze. Ihr Fleisch afsen sie, und w u r d e n satt. Der Jüngling s p r i c h t : Zum Besteigen brauch* ich ein Pferd.

46

Historisch -linguistische Wissenschaften. 25.

„Ich habe kein P f e r d ! " Der Jüngling schläft; als er aufgestanden, geht er zur Thür hinaus. An der Thür steht ein Pferd.

30.

Ohne Sattel, ohne Zaum. Das Pferd spricht: „Bist dn gesund, Jüngling?" „Wirst du mich besteigen?"

35.

Der Jüngling spricht: „Wie soll ich dich nicht besteigen? dich muss man besteigen." Das Pferd kommt zum Jüngling. Der Jüngling besteigt es.

40.

Ohne Sattel, ohne Zaum, bestieg er es. Die F r a u weint, jammert und spricht:

45.

llesteig's nicht, das Pferd wird dich tödten. „ D u hast keinen Sattel! du hast keinen Zaum. Wie wirst du es h a l t e n ? " Der Jüngling bestieg es, nahm Abschied.

50.

Ritt f o r t ; er ritt, er ritt, war er viel geritten, war er wenig geritten? Zu des Meeres Ufer kam er, an dem Ufer steht eine schöne Birke.

55.

Der Jüngling sieht sie. Sein Pferd spricht: Hier ist ein schöner Baum, hier lass uns übernachten. Das Pferd blieb dort stehen.

Reise dorch den Altai. 60.

Der und Als die das

Jüngling stieg vom Pferde, schlief dort, er aufwachte war der Morgen angebrochen; Sonne kam hervor, Pferd stand auch da,

65.

mit Sattel und Zaum steht es da. Der Jüngling stand auf, begrüsste es, freute sich. Der Jüngling spricht: Uns hat wohl Gott geholfen.

70.

„Als keine Speise da war, „wurde uns gute Speise; „als keine Kleidung da war, „wurde uns gute Kleidung; „als kein Pferd da war,

75.

„wurde uns ein P f e r d ; „als kein Sattel und Zaum da war, „wurde uns ein guter Sattel und Zaum." Der Jüngling weint: „Einen Vater habe ich nicht;

80.

„eine Mutter habe ich nicht, „mich zu benennen ist kein Mensch: „wer soll mir den Namen g e b e n ? " Das Pferd spricht: „ G o t t wird dir den Namen geben."

85.

Der Jüngling fragte: „Wo ist der G o t t ? „Wenn er hier wäre würde er mir einen Namen geben." Das Pferd spricht:

90.

„Besteige mich schnell! „lass uns reiten!" E r stieg auf's Pferd, fünf Faden ritt er, da rief ihm zur Liebe ein Mensch:

47

48

Historisch-linguistische Wissenschaften. 95.

„Halt Jüngling! reite nicht Jüngling!" Der Jüngling hielt still, als er zum Baume schaut, safs dort auf der Birkenspitze,

100.

ein weissköpfiger Alter. „Halt Jüngling, spricht er, „ich will (leinen Namen nennen. „Sei A i m a n g y s . " A i r a a n g y s fragt:

105.

Was für ein Mensch bist du? der mir den Namen gab. Der Alte spricht: „Was soll ich für ein Mensch s e i n ? " Der Gott Schöpfer bin ich.

110.

„Kinem Menschen ohne Vater, „habe ich jetzt einen Namen gegeben. „Deinen Vater hat ein Held getödtet. „Alles Vieh hat er fortgetrieben, „alles Volk hat er fortgetrieben.

115.

„Deine Kraft mag zu gering sein, „wenn du hingehst möchtest du sterben." A i m a n g y s sagte: Meinem Vieh und meinem Volke will ich folgen, mag ich auch sterben.

120.

Ich stehe allein da; wenn ich auch sterbe weint Niemand. Das Pferd bestieg er, ritt fort, ritt er viel, ritt er wenig?

125.

Sah er, sah e r ; ein hoher Berg zeigte sich. Zu diesem Berge kam er, sein Pferd weinte. „ O mein Pferd! sagte er,

Reise durch den Altai. 130.

was weinest d u ? sagte er." Das Pferd spricht: „Ich weine. „Deines Vaters Todtengebeine „sind zum Berge geworden,

135.

„deshalb weine ich." A i m a n g y s begriisste den Berg, ritt weiter; ob viel geritten, ob wenig geritten, zeigte sich ein Volk.

140.

Viel Vieh, viel Volk. A i m a n g y s sieht zu. Des A i m a n g y s Vaters Volk und Vieh war dort.

145.

Eines Hauses Thür erreichte er, viele Helden waren da, bezahlten jenem Tribut, jener nimmt ihn. A i m a n g y s spricht:

150.

„Das ist ein starker Mann, „seinen Namen will icli fragen; „wie hat er seinen Vater g e t ö d t e t ? " Vom Pferde stieg er, ins Haus trat er,

155.

dort lag der Held. „Wie gehts F r e u n d ? sagte er, „wessen Kind bist du d e n n ? " A i m a n g y s spricht: „Du hast meinen Vater getödtet.

160.

„Wie ist dein N a m e ? " „„Mein N a m e , " " sagt er, „„ist der T s c h ä k P ö r g ä n mit rothem Pferde."" Aimangys f r a g t : „meinen Vater

Erinan's R u s s . Archiv. Bd.XXIII. U. 1.

4

Historisch - linguistische Wissenschaften. 165.

„weshalb hast du ihn g e t ö d t e t ? " T s c h ä k P ö r g ä n sagt: „Als dein Vater mir nicht Tribut gezahlt, tödtete ich ihn. „Dein Volk ist hier, „dein Volk ist hier.

170.

„Wenn du willst nimm es zurück, „damit wir Freunde sind, ,,damit wir uns nicht tödten." Aimangys spricht: „ D u hast meinen Vater getödtet,

175.

„ j e t z t werde ich dich tödten, „dein Vieh fortrühren, „dein Volk will ich fortführen." T s c h ä k P ö r g ä n sagt: „Ich habe eine jüngere Schwester,

180.

„diese heirathe, „lass uns nur nicht tödten." A i m a n g y s sagt: „nein! „wir wollen uns tödten." A i m a n g y s schlug nach ihm

185.

sie rangen sie kämpften mit Pfeilen schössen sie sich, tödten konnten sie sich nicht, lange hielten sie sicli fest.

190.

Des T s c h ä k P ö r g ä n Schwester: „haltet ein! „ich werde Aimangys zum Gatten nehmen! sagte sie." Aimangys sah das Mädchen, begehrte sie für sich.

195.

Der Kampf hielt inne, ins Haus traten sie, Speise aisen sie, satt wurden sie; auch das Volk wurde satt.

Reise durch den Altai. 200.

Branntwein tranken sie, Vieli tödteten sie, Fleisch afsen sie. Jetzt sprach T s c h ä k P ö r g ä n : „Iii A i m a n g y s ,

205.

„du „ich „ich „Ks „du

210.

A i m a n g y s und T s c h ä k P ö r g ä n stiegen zu Pferde, ritten, ob wenig geritten, ob viel geritten, gelangten sie zu jenem Weibe. Das Weib kam ihnen entgegen.

215.

Des Weibes Name war K a a K a r unendlich ri«l Vieli hatte sie, unendlich viel Volk hatte sie. Das Weib sprach:

nahmst «in Weib habe keines muss doch eins nehmen. giebt wohl ein Mädchen, geh freien!"

„ T s c h ä k P ü r g ä n , dich nehm* ich nicht, 220.

„lass uns im Kampf erproben, „wenn du mich bezwingst, „so nehme ich dich, „wenn ich dich bezwinge „$o tödte ich dich."

225.

Beide traten hervor, kämpften, schlugen sich, schössen sich, weinten mit einander, konnten sich aber nicht tödten. Nach vielen Jahren

230.

unterlag T s c h ä k P ö r g ä n . A i m a n g y s trat hervor, fasste siel) mit dem Mädchen, sie kämpften, hielten sich, schlugen und schössen sich,

51

52

Historisch -linguistische Wissenschaften. 235.

weinten mit einander, konnten sich aber nicht tödten. Nach sieben Jahren unterlag A i m a n g y s dem Mädchen. Da kam T s c l i ä k P ö r g ä n ,

240.

Lass uns im Kampf erproben, sagt er, A i m a n g y s ging bei Seite, T s c h ä k P ö r g ä n fasste sich mit dem Mädchen sie rangen, hielten sich, schlugen und schössen sich.

245.

Wieder hielten sie sich drei Jahre. Nach drei Jahren sagte T s c h ä k P ö r g ä n : „IVIeine Kraft ist grofs gewesen, , j e t z t kann ich ein Weib nicht tödten."

250.

Wieder fassten sie sich. Das Weib wurde besiegt und sagte: „Meine Kraft ist zu gering, „ich will dich heirathen!" Jetzt war die Hochzeit

255.

Ihre Häupter werden vereinigt, Vieh schlachteten sie, Branntwein tranken sie, viel tranken sie, wohl sieben Tage tranken sie.

260.

Die Hochzeit ging zu Ende, hörte auf. T s c h ä k P ö r g ä n sagt: „Wir müssen zurückkehren." Ihr Vieh und Volk trieben sie fort.

265.

Alle drei kehrten zurück. Ob viel geritten, ob wenig geritten, ihre Jurte erreichten sie. A i m a n g y s sah des T s c h ä k P ö r g ä n Jurte, vor der T h ü r stand ein schwarzes Pferd.

Reise durch den Altai. 270.

„Haltet liier an! „ich will nachsehen, sagte er, „wer gekommen, will ich nachsehen." T s c h ä k P ö r g ä n blieb mit seinem Weibe zurück. A i m a n g y s kam zur Thür.

275.

Vom Pferde stieg er, sein Pferd band er an, ins Haus trat er. Ein Held sitzt da, wie gehts mein Freund A i m a n g y s , sagt er,

280.

„die mir bestimmte Frau „hast du genommen!" A i m a n g y s fragte: „Wie lieisst du ? „Wer ist dein Vater?"

285.

Der Held sprach: „Kinen Vater habe ich nicht, „eine Mutter habe ich nicht „ A l t y n Ä r g ä k mit mond-schwarzem Pferde „ist mein Name."

290.

A i m a n g y s sagt: „Mein Weib gebe ich nicht, „lass uns kämpfend sehen „wessen Kraft stärker „der möge das Weib nehmen."

300.

Sie fassten siel), rangen, schlugen und schössen, obs wenig war, obs viel war, des A i m a n g y s Kraft reichte nicht hin. A i m a n g y s weint.

305.

A l t y n Ä r g ä k kann ihn nicht tödten. A i m a n g y s sagt: Tödte mich schnell! du nimm mein Weib! wenn du mich nicht tödtest,

53

54

Historisch -linguistische Wissenschaften. 310.

so kannst du mein Weib nicht nehmen. Wie viel er auch schlägt, A i m a n g y s stirbt nicht. T s c h ä k P ö r g ä n kam und sprach: „tödte ihn nicht!"

315.

Mich tödten? Sie kämpften, packten sich, drei Jahre vergingen, T s c h ä k P ö r g ä n starb. Wieder kam A i m a n g y s ,

320.

wieder kämpften sie, mit Pfeilen schössen sie, die Schwerter schwangen sie. Wieder reichte des A i m a n g y s Kraft nicht aus, den A i m a n g y s konnte er nicht tödten.

325.

A i m a n g y s sagte: „ T ö d t e mich! „nimm mein Weib." Wieder kann er ihn nicht tödten. In dieser Zeit

330.

kamen zwei Sänger, sie sangen: „ T ö d t e t nicht A i m a n g y s , „an seiner Stelle tödtet uns, „sangen und sangen.''

335.

A l t y n Ä r g ä k wurde zum Felsen. Auch sein Pferd wurde zum Felsen. Zu diesem Menschen ging A i m a n g y s , grüsste und fragte: „Woher seid ihr gekommen?" „Wir sind deines Vaters Unterthanen, sagte er."

340.

Was seid ihr für L e u t e ? fragte er." „Ohne Vater, ohne Mutter „Menschen ohne Bedeutung, wir sind deine Gefährten." Den T s c h ä k P ö r g ä n machten sie lebendig.

Heise durch den Allai. 345.

Ins Haus traten sie, Speise assen sie, Vieh tödteten sie, das Fleisch assen sie, Branntwein tranken sie, weinten zusammen,

350.

sangen zusammen, drei Tage feierten sie. Das Mahl endete. A i m a n g y s sagte: „Ich raass zurückkehren."

355.

Sein Vieh nahm e r ; sein Volk nahm er, ob es wenig war, ob lange. A i m a n g y s erreichte sein Haus. In seiner Jurte sass seine Schwägerin.

360.

Sie begriissten sich, Speise assen sie, ein Mahl hielten sie, Fleisch kochten und assen sie. Das Volk wurde satt.

365.

Des A i m a n g y s Weib gab den Armen Kleidung. Jetzt lebten sie in Ruhe; reisten nicht mehr umher, ritten nicht mehr aus.

55

(Fortsetzung folgt.) nm. Dem Herrn Verfasser würden wir zu noch gröfserem Danke verpflichtet sein, wenn er von diesem überaus langstieligen Mährchen nur eine Inhaltsanzeige in gedrängter Kürze und allenfalls einige Strophen als Probe, d e n t ü r k i s c h e n T e x t h i n z u f ü g e n d , mitgetheilt hätte.

Die epische Voikspoesie der Russen1).

S e l b s t ä n d i g e T h i e r f a b e l n aus nlter Z e i t besitzt die r u s s i s c h e N a t i o n nicht. W a s die Altvordern d e r Russen in e p i s c h e r Hinsicht h e r v o r g e b r a c h t h a b e n , zerfällt in die drei G a t t u n g e n S k a s k a , B y l i n a und L e g e n d e . D i e » S k a s k a o d e r das Mährchen enthüllt u n s eine g e r ä u m i g e W e l t b ü h n e . Meinungen und U e b e r l i e f e r u n g e n w e l c h e m a n in den S k a s k a ' s findet, s p r e c h e n f ü r ein vorhistorisches D a s e i n der S l a w i s c h e n S t ä m m e ; personificirte E l e m e n t e , w a h r s a g e n d e Vögel und T h i e r e , Z a u b e r und C e r e i n o n i e , m y s t i s c h e R ä t h s e l , T r ä u m e und Vorzeichen — Alles w a r Motiv zur H e r a u s b i l d u n g eines M a h r c h e n - E p o s , w e l c h e s so fesselnd ist ob s e i n e r j u g e n d l i c h e n N a i v e t ä t , ob der w a r m e n L i e b e zur N a t u r u n d ü b e r w ä l t i g e n d e n Macht des W u n d e r b a r e n . D i e v o l k s t ü m l i c h e n Skaska's der R u s s e n vereinigen alles E i g e n t ü m l i c h e der epischen P o e s i e : sie v e r k ü n d e n die gleiche u n n a c h a h m l i c h e Kunst j e d e n G e g e n s t a n d und j e d e E r s c h e i n u n g n a c h d e m E i n d r u c k e zu malen den sie auf die S e e l e d e s Menschen h e r v o r g e b r a c h t ; sie haben d e n s e l b e n klaren und r u h i g e n T o n , dieselbe U m s t ä n d l i c h k e i t in der W i e d e r h o l u n g g e w ö h n l i c h e r E p i t h e t e u n d ' A u s d r ü c k e , ja g a n z e r B e s c h r e i b u n g e n und S c h i l d e r u n g e n . ') Nacli einem Artikel der neuen R u s s k u j a C h r i s t o i n a t i j a

1863.

Die epische Volkspoesie der

Wie

alle

volksthiiinlichen

Schöpfungen,

•Skaska's R e i n h e i t und A u f r i c h t i g k e i t ;

57

Küssen.

so

athiuen

mit k i n d l i c h e r

und e i n e r S c h l i c h t h e i t die z u w e i l e n ans R o h e s t r e i f t , g e n s i e e h r l i c h e Offenheit, und e r z ä h l e n g a n z o h n e Ironie

oder

falsche

Ernpiindelei.

Wir

S k a s k a ' s der ä l t e s t e n G e s t a l t u n g .

die

Naivetüt vereini-

versteckte

sprechen

von

In i h r e r s p a t e r e n

den

Entwick-

l u n g fügt s i c h a u c h d i e s e Art V o l k s p o e s i e n e u e n , d u r c h

wei-

tere sociale Entwicklung

erzeugten

wird

ein

gefügiges

des

und

verliert

Schöpfung kleinste

Werkzeug ihr

eines

Volkshuinors

uranfüngliches ganzen

vorsatzliche

Anforderungen; und

treuherziges

Volkes

duldet

Abweichung

sie

sie

der

Satyre,

Wesen. jedoch

vom Guten

Als

nie

und

die

Wahren;

sie v e r l a n g t Z ü c h t i g u n g a l l e r U n w a h r h e i t und l ä s s t das über

die B o s h e i t

triumphiren.

Unglück,

Arinuth,

Gute

Verwaist-

h e i t e r w e c k e n i m m e r die T h e i l n a h i n e des V o l k e s ; d a h e r g a n z e Reihen

von

Skaska's

Stiefmüttern gegen liche

Vorliebe

die

Lieblosigkeit

ihre Stiefkinder,

derselben

zu i h r e n

D i e s e r C h a r a c t e r der S t i e f m u t t e r Hinweisungen

und

den

und die h ö c h s t eigenen

ist

auf das p a t r i a r c h a l i s c h e L e b e n

volle B e w a h r h e i t u n g

in

der

jungen weiblichen

Wesens

in

strafen.

bedeutsamsten

und e r h a l t s e i n e

alten B e d e u t u n g

s e i n s und in den H o c h z e i t s l i e d e r n

verderb-

Kindern

eine der

von

Hass

des

Verwaist-

w e l c h e das S c h i c k s a l e i n e s

einer

für

sie

fremden

Familie

beklagen. Das Gefühl

die s i t t l i c h e S e i t e der Liebe

und

auf die e n g e n G r ä n z e n beim A n b l i c k

eines

der Menschheit,

sondern

E s spricht

verwundeten Baumes.

sich

Vogels,

eines von d e r M e e r e s w e l l e

s c h e s , eines k r a n k e n

so s e h r

beschränkt

ganze vielgestaltige Natur. Thiers,

des M e n s c h e n

des Mitleidens

dagegen

unterliegt

nicht

u m f a s s t die

gleichmäfsig eines

In d i e s e m

aus

hungernden

ans Ufer g e w o r f e n e n

Fi-

Allem ist viel R ü h -

r e n d e s . . . . S i t t l i c h e S t ä r k e r e t t e t die W a i s e stellung;

erhebende sich

vor j e d e r Nach-

die S t i e f m u t t e r ob i h r e s

Hasses

u n d i h r e r B o s h e i t e i n e r S t r a f e die d u r c h i h r e e i g e n e n K i n d e r über sie k o m m t ,

denn d i e s e

hat die blinde L i e b e d e r

v e r d o r b e n , stolz, h a r t h e r z i g und r a c h s ü c h t i g

gemacht.

Mutter

58

Historisch-linguistische Wissenschaften. V o n s o l c h e m S t a n d p u n k t e b e t r a c h t e t , w i r d u n s die R o l l e

des

jüngsten

von

drei in e i n e r S k a s k a

handelnden

besonders interessant.

Die i n e i s t e n V o l k s m ä h r c h e n

damit

drei S ö h n e h a t ,

dass

ein V a t e r

von

Brüdern beginnen

d e n e n die z w e i

ä l t e r e n k l u g g e n a n n t w e r d e n in d e r j e n i g e n B e d e u t u n g w e l c h e dieses W o r t auf dein B a s a r i r d i s c h e r E i t e l k e i t e r h ä l t , w o j e d e r n u r an s e i n e für d u m m ,

persönlichen Interessen weil h e r z l o s e

denkt;

d e r j ü n g s t e gilt

praktische Klugheit ihm

gebricht:

er ist t r e u h e r z i g , s a n f t m ü t h i g , t h c i l n e h i n e n d an f r e m d e m Leiden

bis z u r V e r a c h t u n g

eigener Gefahr

u n d aller

Vorlheile.

D i e S k a s k a ist j e d o c h i m m e r auf S e i t e n d e r sittlichen

Wahr-

h e i t , u n d i h r e r f e s t e n U e b e r z e u g u n g g e i n ä f s m ü s s e n die T r e u herzigkeit, immer

Sanlliuuth,

den Sieg

u n d d a s Mitleid d e s j ü n g s t e n

davontragen.

Augenscheinlich

Bruders

erkennt

die

e p i s c h e P o e s i e als w a h r h a f t v e r n ü n f t i g n u r d a s G u t e , u n d als wahrhaft unvernünftig das Schlechte.

In d e m M ä h r c h e n „ d a s

T h i e r N o r k a " m a c h e n sich drei B r ü d e r auf den W e g , d i e s e s wunderbare Thier bevor.

zu s u c h e n ;

Die älteren B r ü d e r

Schwäche

und machen

men los;

viele Gefahren

stehen

ihnen

offenbaren ihre ganze

moralische

sich v o n d e m m ü h s e l i g e n

Unterneh-

als a b e r d e r j ü n g s t e

mit s e i n e r K ü h n h e i t

alle G e -

f a h r e n b e s i e g t , da w o l l e n sie d a s v o n i h m E r r u n g e n e a n sich reissen

und

trachten

sogar

nach

seinem Leben.

Auf

dem

R ü c k w e g e a u s d e r u n t e r i r d i s c h e n W e l t ist er e b e n im Begriff, a n d e m n i e d e r g e l a s s e n e n S e i l e w i e d e r in die H e i m a l h hinauf z u k l i m m e n ; a b e r die B r ü d e r s c h n e i d e n d a s S e i l a b u n d r a u b e n i h m so die l e t z t e H o f f n u n g d e r R ü c k k e h r .

In d i e s e r N o t h

r e t t e t ihn j e n e g r o f s a r t i g e L i e b e die s e l b s t n a c h e i n e r so bittern Täuschung

im H e r z e n

r i n g s t e V e r h ä r t u n g zulässt. geblieben, wandert

beweint

weiter.

und Regen

strömt

Unwetter Schulz

der

Da

des Unglücklichen

jüngste Bruder

erhebt

sich

hernieder. unter

nicht

die

ge-

Im unterirdischen Reiche z u r ü c k -

einem

sein S c h i c k s a l

ein S t u r m ,

Der Jüngling Baume;

Blitze

und

zucken

sucht vor dem

da s i e h t

er

w i e in

e i n e m N e s t auf d e m B a u m e kleine V ö g e l sitzen die v o m H e g e n g a n z d u r c h n ä s s t sind.

V o n Mitleid e r g r i f f e n zieht er sein

D i e epische Volkspoesie der R u s s e n .

59

Kleid aus und bedeckt die Vöglein. Bald koininl ein Vogel von solcher Gröfse, dass er den T a g verdunkelt, herbei geflogen. Er sieht seine Kleinen zugedeckt, bedankt sich dafür bei dein Jüngling und sagt: „Verlange von mir was du willst!" D a n n trägt er ihn auf seinen mächtigen Flügeln ins Russische Land. Ein in vielen Skaska's figurirendes Wesen ist die J a g a B a b a oder B a b a - J a g a . Man schildert sie als eine ntissgestaltete Greisin; auch werden solche Greisinnen im geineinen Leben öfter J a g a gescholten. Sie hat Knochenfüfse, einen Kopf wie eine Mörserkeule, und liegt diagonal in ihrem S t ü b c h e n , mit der Nase an der Stubendecke. Wenn eine Bäuerin während der „zwölf Nächte" 1 ) als Baba-Jaga auftritt, muss ihr Gesicht möglichst runziich und ihre Z ä h n e müssen schwarz sein. Oft ist von drei Schwestern des Namens die R e d e , und sie werden zwar als streitsüchtig, aber zugleich als dienstwillig dargestellt, gern klugen Rath ertheilend und mit ihren übernatürlichen Kräften Hülfe leistend. Sie weissagen dem Helden der Skaska was ihm bevorsteht; sie geben ihm ein Knäuelchen das, sich fortwälzend, den W e g in geheimnissvolle Regionen zeigt, oder ein wunderbares Pferd, Stiefel die von selber gehen und andere Wunderdinge. Aus den Spielen zur Zeit der „zwölf Nächte" darf man schliessen dass die Baba-Jaga im Räthselrathen Meisterin ist. Die Jaga wohnt im W a l d e , in einem auf Hühnerbeinen stehenden Häuslein, das auf Verlangen sein Hintertheil dem W a l d e und sein Vordertheil dem Ankömmling zukehrt. Sie fährt oder fliegt zu den Orgien der Hexen und Zauberer in eisernem Mörser, den sie mit einer Stampfe antreibt, mit einem Ofenwisch die Spuren verwehend, wie die Hexen thun wenn sie auf Ofengabeln fliegen. D e m Glauben der Weissrussen zufolge treibt die J a g a mit feurigem Besen die Luftgeisler an welche ihren Mörser in B e w e g u n g setzen. Wenn

') D. Ii. und (6) dcp = cos ip = J. Vermöge der Gleichungen (5) und (6) kann man sowohl wenn X und Y gegeben sind, die Zuwächse dcp und dX berechnen, welche die astronomische Breite und Länge durch jene Kräfte erhalten — als auch aus beobachteten dcp und dX, auf J und und von diesen auf die Kräfte .AT und T schliefsen. — Es mögen nun dcp und dX respektive die Ablenkung des Bleilothes in Breite und in Länge genannt werden-

U n t e r s u c h u n g e n d e r n a c h g e w i e s e n e n L o k a l e i n f l ü s s e etc. Die und

Beobachtungen

Längen

bestimmt Linien

und

Winkeln,

Höhen

und

Azimuten.

Lokalanziehung aber

auf

auszuscliliefsen

die

muss

sämmllich

Wirkung

auf

der

lässt die die

Um

dieses

zu

eben

gebrauchten

dem

wirklichen

') D i e i n

Um unter

diejenigen

tliun Zenit

der Geodäsie

b

und

haben

dem

dem

Einfluss Beobach-

beziehen,

welche

und

den

Ho-

würden.

der Verfasser

zwischen

(£'),

ungeändert'), letzteren

genannten

dargestellt

Breiten

von:

den Meridian

bezeichnet

Dreiecke

den

Ebenen

Lokalattraction

rizont des B e o b a c h t u n g s o r t e s

Messungen

ersteren

zweiten.

man

die g e o d ä t i s c h e n

sind

b) sie wirkt tungen

denen

a)

Eine

ohne

aus

werden,

425

in

dem

so

n o r m a l e n Z e n i t (£),

Pole

(P)

noch

gebräuchlichen Winkelinstrumente

den

sind j e t z t

bekanntlich ohne A u s n a h m e so e i n g e r i c h t e t dass sie zwischen zweien Punkten,

s u n d s' an d e r H i m m e l s k u g e l ,

den Winkel a n g e b e n d en

die sie enthaltenden Vertikalkreise am Z e n i t einschliefsen u n d welcher auch d e r j e n i g e ist den Länge einer Seite

aus

der

die trigonometrische Berechnung schon

der

bekannten Länge einer anderen

Seite, für welche die analoge Winkelgröfse ebenfalls gemessen voraussetzt.

In sofern

nun der Verfasser

unter

d i e s e r A r t sowie von a u f d e m T e r r a i n o d e r ge od ä t i s c h e n L i n i e n

a, von

ist,

Winkeln

gemessenen

Basen

s p r i c h t , i s t es n i c h t s t r e n g r i c h t i g

s i e fiir u n a b h ä n g i g von L o k a l a n z i e h u n g e n

zu e r k l ä r e n ,

denn beim

Stattfinden einer solchen, messen die geodätischen Instrumente den Winkel heit

a n s t a t t des Winkels sfs' d e r

der Schwere

eingetreten

sein

bei n o r m a l e r Beschaffen-

würde. — Auch

ist

zwischen

z w e i e n E n d p u n k t e n e i n e r Basis d i e z u allen S c h w e r r i c h t u n g e n s e n k rechte Linie nicht von

streng gleicher Länge

gen das eine Mal Normalen

wenn diese Richtun-

eines Kllipsoides

und d a s a n d e r e M a l

Normalen einer wellenartig von demselben abweichenden Oberfläche sind.

Verschwindend

k ö n n e n d a h e r d i e E i n f l ü s s e von

Lokalattrac-

t i o n e n auf d i e , u n t e r a g e n a n n t e n , M e s s u n g s r e s u l t a t e n u r in s o f e r n g e n a n n t w e r d e n , als k l e i n v o r a u s g e s e t z t e A b w e i c h u n g e n d e r w i r k lichen S c h w e r r i c h t u n g e n von den n o r m a l e n , zweiter Ordnung n u n g „auf

die

auf sie e i n e n

Einfluss

a u s ü b e n lind d a g e g e n e i n e n v o n e r s t e r

Polhöhen,

Längen

und

absoluten

mute. E r m a n ' s l i u s s . A r c h i v . B d . XXIII. II. 3 .

OrdAziK.

28

Physikalisch-mathematische

426

Wissenschaften.

Winkel mit 180°—•»/>'. — W e r d e n d a n n ferner für irgend einen mit s an der Himmelskugel bezeichneten P u n k t : = 90° — /»', P%s == A', = 90° — h, PCs = A g e setzt, d. Ii. seine H ö h e und sein A z i m u t so wie man sie beobachtet unter h' und A' und so wie sie ohne Lokalatlraction sein w ü r d e n unter h und A v e r s t a n d e n , so erhält man streng:

(7)

/cos(gp-|-r>

'—2Ö—

A

_

~

n

.

/# ( • •

gesetzt, so kann man für die Gleichungen (20) und (21) auch schreiben:

B e a c h t e t man dann dass

+ Oow)>

D(i}1) —

respektive und der Reihe nach nur von

von F ( I ) ; ) , von

und von H ( i j ) a b h ä n g e n , so lassen Coefficienlen bestimmen. Durch eine der ähnliche Ableitung erhält man namentlich:

sich diese vier vorhergehenden

Untersuchungen der nachgewiesenen Lokaleinüüsse etc.

i'+l).E0,n=

C(iJ) +

+

447

.c o ^ m f f l

y+i

3 '

0 j'+i 0"'+ 1 ) . G ( W =

Dm

.

2\u0J)

+

+



?

(27)

%-7))cos

( / + l ) . / / f , y ) = ^ ( D ^ - D ^ ) sin

(

Ä

und sodann mit Hülfe

der Gleichungen (26) die Constanten:

AiAj,

A,Bj,

Ii; üj,

des

Potenziales

A0 Bj

Bi Aj,

eingehende

die in der Reihe

rechnen,

kann

man

die

zweite

parallelen Schnittes

worden sind.

Ausnahme

für JC0 ausfallen.

W e r t h e von r „ anwenden, y-Axe

d. h. alle in die E n t w i c k l u n g mit

der

von A0 Aj

und

Um diese zu be-

Gleichungen (18)

auf

die an Punkten irgend eines der des ßeobachtungsfeldes gemessen

Dabei erleichtert

es die Rechnung',

wenn die

Bezeichnungen: (2j+l)7T

— A Aj. —^—

— A(/)

+ A

= LU)





eingeführt werden. E s bleibt noch zu zeigen, auf w e l c h e W e i s e die Gröfsen X

und Y

auf die Horizontalebene durch die Mitte des B e o b -

achtungsfeldes reduzirt werden können. Nach dem Maclaurinschen S a t z e werden, unter Vernachlässigung des Quadrates von

-i? ,

r r

z:

sdXs dz •

= +

29*

Physikalisch-mathematische

448 n

Da

,

/

aber

-p

dV

dX _ dz

dZ djc

(wegen

A =

T

Wissenschaften.

dVs

dV

w

dT dz

dZ dy

r = ^ u n d Z = - ^ )

die G l e i c h u n g e n :

slalt

finden,.

so kann

man

ansiall

der vorhergehenden

auch

schreiben:

Vernachlässigt man die e r s t e P o t e n z

von z in Z,

so kann

diese letztere Funktion einer eben solchen Reihe von Gliedern wie wir für Ä 0 können

die

bestimmt nach x

angenommen

haben,

numerischen

werden.

Difierenzirt

und nach y,

gleich

Werthe

so erhält

gesetzt und es

ihrer

man

Constauten

darauf diese R e i h e

man die (nach der Gleichung

( 2 8 ) zur Reduction erforderten) W e r t h e der Function

(S>und O Nachdem

bis hierher Herrn S l u d s k j i s

Entwickelungen

möglichst wortgetreu wiedergegeben worden sind, haben wir über den letzten T h e i l derselben F o l g e n d e s zu bemerken. Als der Verfasser weiter von X

und Y

bereits

sie

gewesen

der

Horizontalebene

erschien

sein

uns diese

oben

die beobachteten

auf dasjenige

würden durch

reduzirt

wenn

alle

einen

derselben

Annahme in sofern

Werthe

annahm,

ßeobachtungsorte

was in

gelegen hätten,

ungerechtfertigt,

als

sie erforderte dass man die eigentliche Endabsicht der ganzen Arbeit ( d i e K e n n l n i s s

des P o t e n t i a l e s )

erlangt oder sich ihr doch Untersuchung

bedurfte,

in einem Grade

genähert

über die fragliche Reduction

mit

hätte.

e n t w e d e r schon der der näheren

Die

Erörterungen

denen Herr < $ l u d « k j i den

zweiten Abschnitt seiner weiihvollen Abhandlung

abschliefst

Untersuchungen der nachgewiesenen Lokaleinflüsse etc.

449

haben diese Bedenken nicht vollständig beseitigt. Es zeigt sich vielmehr auch jetzt dass die nur als V o r b e r e i t u n g der beobachteten W e r t h e von X und Y genannte Operation nicht nur eine ganz ebenso mühsame Rechnung verlangt wie die nachherige Anwendung dieser Werthe, sondern auch als ganz unerlässlich die Anstellung e i n e r g r o f s e n Z a h l v o n P e n d e 1 b eo b a c h t u n g e n , welche aber, soweit wir aus dem Vorschlage des Verfassers ersehen, zur Vervollständigung der beabsichtigten Kenntniss des Potenziales nur in dieser secundaren Weise benutzt werden sollen. Die Beobachtungsreihen die, nach der bisher gebrauchten Bezeichnung, für ein System von Punkten in dem Wirkungskreise der s t ö r e n d e n M a s s e die üröfsen d(p — J , dl. coscp = d, und

ergeben

ha-

ben, enthalten aber f o r m e l l g e n o m m e n alles Nölhige um V als Function von dreien zu einander rechtwinkligen Coordinalen darzustellen und um dann die W i r k u n g d e r s t ö r e n d e n M a s s e auf j e d e n a u s s e r h a l b d e r s e l b e n g e l e g e n e n P u n k t d e s K a u n i e s berechnen zu können. In der Mehrheil der Fälle, obgleich nicht in allen, dürften nun freilich die Werthe der Verlikalcoordinate (z) an den der Beobachtung zugänglichen Punkten, der Gleichheit zu nahe bleiben um dass man der Lösung des Problemes die eben genannte höchste Allgemeinheit lassen könnte ohne befürchten zu müssen dass die Zuverlässigkeit dieser Lösung leide. Die von dem Verfasser vorgeschlagene Beschränkung des gesuchten Ausdruckes für V auf alle Punkte einer Horizontalebene für die man zum Beispiel 2 = 0 setzen kann, beseitigt die genannte Gefahr. Sie scheint aber nicht das einzige Mittel zu diesem Zwecke da man auch, etwas allgemeiner, einen Ausdruck für V suchen könnte, der noch die e r s t e oder die z w e i e r s t e n Potenzen von z enthielte und der demnach nicht blofs bei völligem Verschwinden dieser Coordínate sondern auch bei denjenigen k l e i n e n Werthen derselben welche die an den Beobnchlungsorlen vorgekommenen z nicht übertreffen, den Anziehungs-Erscheinungen genügen würde. Wel

450

Physikalisch-mathematische Wissenschaften.

chen von diesen beiden Wegen man aber auch einschlagen möge, so darf doch nie übersehen werden dass das gesuchte Potenzial eine j e d e d e r d r e i C o m p o n e n t e n der von der störenden Masse ausgeübten Attraction gleich gut darzustellen habe. Man darf daher auch bei der Bestimmung der in V eingehenden Constanten weder die aus den P o l h ö h e n v e r g l e i c h u n g e n hervorgehenden Werthe von J oder X ausschliefslich oder vorzugsweise benutzen, noch auch dieselben in Verbindung mit den aus den L ä n g e n b e s t i m m u n g e n folgenden oder Y. — Es müssen vielmehr endlich auch die Resultate der P e n d e l b e o b a c h t u n g e n vermöge ihrer

dV aus Z = — hervorgehenden Bedeutung ein eben so vollständiges Stimmrecht bei der Ermittelung von V erhallen wie die beiden anderen Klassen von Beobachtungen. Hr. Ä l u d s k j i hat diese eben so klare als praktisch wichtige Sachlage nicht deutlich genug hervorgehoben, indem er vielmehr zu rathen scheint, dass man von den Resultaten der Längenbestimmungen (den Y) nur eine kleine Aliquote der vorhandenen in die Rechnung aufnehme, die R e s u l t a t e d e r P e n d e l b e o b a c h t u n g e n (die Z) aber wie schon gesagt nur in soweit benutze als es eine nöthige Reduction der Horizontalcomponenten (X und Y) erfordert. Es ist nicht zu bezweifeln dass der Verfasser bei einer praktischen Anwendung des von ihm vorgeschlagenen Verfahrens die eben genannte Erweiterung desselben nicht unterlassen haben würde. Für jetzt mag es aber wohl die Unvollständigkeit der über die M o s k a u e r Lokalaltraction vorliegenden Daten, d. h. die Beschränkung derselben auf Werthe von d(p und auf die daraus folgenden X (vergl. in d. Archiv Bd. XXII. S.