Archiv für Gartenbau: Band 7, Heft 8 [Reprint 2022 ed.] 9783112654583


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Inhaltsverzeichnis
Redaktionskollegium
Dr. h. c. Karl Foerster 85 Jahre
Das Verhalten der diploiden Form von Fragarfa vesca vär. semperflorens im Vergleich mit der tetraploiden Form hinsichtlich Blüte und Scheinfrucht
Versuche zur Kompostierung von Wirtschaftsabfällen des Gemüsebaues mit verschiedenen Zuschlagstoffen
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Archiv für Gartenbau: Band 7, Heft 8 [Reprint 2022 ed.]
 9783112654583

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DEUTSCHE AKADEMIE DER LANDWIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN ZU BERLIN

ARCHIV FÜR

GARTENBAU

VILBAND • HEFT 8 19S9

AKADEMIE-VERLAG

BERLIN

DEUTSCHE DER

AKADEMIE

LANDWIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN

ZU

ARCHIV FÜR GARTENBAU

VII. B A N D • H E F T 8 19 5 9

AK A D E M I

E - V E R L A G

B E R L I N

BERLIN

INHALTSVERZEICHNIS Seite

G. Pniower: Dr. h. c. Karl Foerster 85 Jahre

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K. Kluge: Das Verhalten der diploiden Form von Fragarfa vesca vär. semperflorens im Vergleich mit der tetraploiden Form hinsichtlich Blüte und Scheinfrucht . . . . 589 E. Batmann: Versuche zur Kompostierung von Wirtschaftsabfällen des Gemüsebaues mit verschiedenen Zuschlagstoffen 607

REDAKTIONSKOLLEGIUM: G. Becker, G. Friedrich, / . Reinhold, H. Rupprecht Herausgeber: Deutsche Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin. Chefredakteur: Prof. Dr. J. Reinhold, Institut für Gartenbau, Großbeeren bei Berlin. Verlag: Akademie-Verlag GmbH., Berlin W 1, Leipziger Str. 3—4,Fernruf 2204 41 , Postscheckkonto: Berlin 35021. Bestellnummer dieses Heftes: 1039/VII/8. Veröffentlicht unter der Lizenz-Nummer ZLN 5005 des Ministeriums für Kultur, Hauptverwaltung Verlags wesen. Herstellung: Druckhaus „Maxim Gorki", Altenburg. Das Archiv für Gartenbau erscheint in einzelnen Heften mit einem Umfang von je 5 Druckbogen. Die Hefte, die innerhalb eines Jahres herauskommen (8 Hefte), bilden einen Band. Das letzte Heft des Bandes enthält Inhalts-, Autoren- und Sachverzeichnis. Es werden nur Manuskripte angenommen, die bisher noch in keiner anderen Form im In- oder Ausland veröffentlicht worden sind. Der Umfang soll nach Möglichkeit 11/« Druckbogen (etwa 35 Schreibmaschinenseiten) nicht überschreiten. Die Autoren erhalten Fahnen- und Umbruchabzüge mit befristeter Terminstellung, bei deren Überschreitung durch den Autor von der Redaktion Imprimatur erteilt wird. In den Fällen, in denen die Lesung durch den Autor (Ausländer) auf sehr große Schwierigkeiten stößt oder sehr zeitraubend wäre, wird die Prüfung durch die Schriftleitung vorgenommen. Das Verfügungsrecht über die im Archiv abgedruckten Arbeiten geht ausschließlich an die Deutsche Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin über. Ein Nachdruck in anderen Zeitschriften oder eine Übersetzung in andere Sprachen darf nur mit Genehmigung der Akademie erfolgen. Kein Teil dieser Zeitschrift darf in irgendeiner Form — durch Fotokopie, Mikrofilm oder irgendein anderes Verfahren — ohne schriftliche Genehmigung der Akademie reproduziert werden. Jeder Autor erhält von der Akademie unentgeltlich 100 Sonderdrucke und ein Honorar von 40 DM für den Druckbogen. Das Honorar schließt auch die Urheberrechte für das Bildmaterial ein. Dissertationen, auch gekürzte bzw. geänderte, werden nicht honoriert. Jeder Arbeit muß vom Autor eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse beigegeben werden. Sofern er in der Lage ist, soll er diese gleich übersetzt in russisch und englisch bzw. in einer dieser Sprachen liefern. Gegebenenfalls wird die Übersetzung in der Akademie vorgenommen. Bezugspreis je Heft (etwa-80 Seiten) 5»— DM.

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere die der Übersetzung. — All rights reserved (including those of translations into foreign languages). No part of this issue may be reproduced in any form, by photoprint, microfilm or any other means, without written permission from the publishers. Printed in Germany.

559 Aus dem Institut für Garten-und Landeskultur der Humboldt-Universität in Berlin (Direktor: Prof. G. PNIOWER)

G E O R G PNIOWER

Dr.h.c. KARL FOERSTER 85 Jahre!* Eingegangen am 5. April 1959

Die Feier des 85. Geburtstages unseres Ehrendoktors, Herrn KARL F O E R S T E R , hat eine besondere Weihe erhalten: Soeben waren wir Zeugen, wie unserem verehrten Jubilar im Auftrag des Präsidenten der Deutschen Demokratischen Republik, WILHELM PIECK, von Herrn Staatssekretär SKODOWSKI der Vaterländische Verdienstorden in Silber angeheftet wurde.

Dr. h. c. Nationalpreisträger Karl Foerster

Wir freuen uns mit Ihnen von ganzem Herzen und beglückwünschen Sie, sehr verehrter Herr Kollege, zu dieser hohen Auszeichnung durch unseren Arbeiterund Bauern-Staat! Diese Ehrung bedeutet mehr als die Anerkennung Ihrer großen fachlichen Leistungen als Gärtner, Pflanzenzüchter und Gartenschriftsteller; sie sieht in Ihrem Lebenswerk auch einen Beitrag zum gesellschaftlichen Fortschritt. Insofern scheint mir der Ort unserer Feier besonders glücklich gewählt. Hier, wo der Hohe Senat zu tagen pflegt, wo das akademische Leben an unserer Alma •) Festrede zu Ehren von Dr. h. c. KARL FOERSTER, Nationalpreisträger. Die Rede wurde anläßlich seines 85. Geburtstages (9. März 1959) im Rahmen der akademischen Festveranstaltung der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin am 7. März 1959 gehalten.

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mater, der größten deutschen Universität, kulminiert, findet die brüderliche Verbundenheit unserer schaffenden Intelligenz mit der Arbeiterklasse und den werktätigen Bauern und Gärtnern oft weithin sichtbaren Ausdruck. Ich erinnere an die Unterzeichnung des Freundschaftsvertrages unserer Universität mit dem Kreis Seelow. Dieses Bündnis ist Sozialismus in Aktion I Es entspricht zugleich einer Maxime von KARL MARX, der an unserer Universität studiert hat. Er hat sie als Schlußthese über FEUERBACH im Jahre 1845 in Brüssel niedergeschrieben (17). Sie ist am Aufgang zu'diesem Saal angeschlagen und lautet: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern I" Auch Ihr gärtnerisches und züchterisches Wirken, Herr Dr. FOERSTER, gilt unentwegt der schöpferischen Veränderung der Natur zugunsten der menschlichen Gesellschaft. Aus tiefer Sympathie für diese Grundtendenz Ihrer Arbeit hat Ihnen unser Dekan, Herr Professor Dr. REINHOLD, namens der Mitglieder des Rates der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät die Büste ALBRECHT THAERs, ein Werk des Bildhauers KLAUS TILKE, überreicht. ALBRECHT THAER, der als erster deutscher Professor der Landwirtschaft an unserer Universität wirkte, war ursprünglich Arzt, bis er fand, „daß es noch eine andere segensreiche Kunst geben müsse, herrlicher, nützlicher, heilender als die Heilkunst". Er meinte damit „gemeinnützliche Arbeiten für die Verbesserung der Landwirthschaft, welche künftig vorzüglich die Landescultur in den preußischen Staaten bezwecken" sollten. REINHOLD wies bereits darauf hin, daß THAER erst über den Gartenbau und die gärtnerische Pflanzenzüchtung zur Landwirtschaft und Tierzüchtung gelangte. Bevor der Altmeister der deutschen Landwirtschaftswissenschaft gleichsam „ein Schaf nach seinem Ideale schnitzen und ihm dann Leben geben" konnte, kreuzte er Nelken, Aurikeln und andere Blumen. Seine Versuchsanlagen in Celle wuchsen schließlich auf 30 Hektar an. „Wer müht sich wohl im Garten dort und mustert jedes Beet?", so begann ein launiges Gedicht, das GOETHE seinem Freund THAER, der inzwischen sein berühmtes Lehr- und Versuchsgut in Möglin begründet hatte, zum Andenken an dessen Gärtnerzeit (21) anläßlich des goldenen Doktorjubiläums widmete. Mit besonderer Freude erfüllt es uns, daß von nun an neben dem zeitgenössischen Porträt ALBRECHT THAERs und den Bildnissen der Nationalpreisträger unseres Lehrkörpers auch Ihr Bild, Herr Dr. FOERSTER, den Sitzungsraum unseres Fakultätsrates schmücken wird. Es stammt aus der Künstlerhand von GOTTFRIED STEIN. Meine Fakultätskollegen haben mich mit der ehrenvollen Aufgabe betraut, hierzu auch Ihr Lebensbild zu entrollen. KARL FOERSTER ist geborener Berliner. Die Eltern stammten allerdings, wie das in unserer Stadt so häufig ist, von „außerhalb": der Vater aus Schlesien, die Mutter aus Mecklenburg. Seine Wiege stand nur wenige Straßenzüge von hier entfernt zwischen Enckeplatz und Lindenstraße. Dort lag die Sternwarte der Akademie der Wissenschaften. Sie war von KARL FRIEDRICH SCHINKEL im klassizistischen Stil inmitten eines großen Parkes erbaut, dessen malerische Zeitlosigkeit und

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Stille mit der von allen Seiten heranbrandenden Häuserflut des rasch wachsenden Berlins seltsam kontrastierte. Dazu der maßstäbliche Abstand zwischen der kleinen Welt der Blumenbeete des Parkes und der Unendlichkeit des kosmischen Raumes, die der Refraktor der Sternwarte sinnfällig machte. Welch mannigfaltige Einflüsse konnten von dieser an Gegensätzen und Spannungen so reichen Umwelt auf empfängliche Gemüter ausstrahlen, besonders auf heranwachsende junge Menschen! Wie mochte diese Atmosphäre auf die 5 Geschwister F O E R S T E R — 3 Brüder und 2 Schwestern — gewirkt haben? Der Vater unseres Geburtstagskindes, Professor Dr. WILHELM FOERSTER, dem die Leitung, der Sternwarte oblag, hat darüber in seinen Lebenserinnerungen gesprochen (11). KARL F O E R S T E R selbst schreibt von seiner Kindheit unter anderem folgendes: „An einer reizenden geborgenen Stelle des großen Sternwartegartens lagen unsere Kindergärten, mit Buchsbaumwegen oder Himbeerhecken gegeneinander abgegrenzt ... . Die Gärtchen trugen viel dazu bei, uns verwundert fühlen zu lassen, wie verschieden wir alle waren . . . Schade um jede im eigenen Kindheitsgärtchen nicht erlebte Blütenpflanze; denn diese Kindheitsgefühle leben unbegrenzt weiter und liefern mitbauende Kräfte an der Glücksbeziehung zu jener Pflanzenart" (15). Ein ander Mal erinnert er sich: „Im Garten ließen wir neberj unseren Blumen im Wasserbecken kleine Schiffe schwimmen und so schwankte ich in meinen Phantasiewünschen der Berufswahl lange genug zwischen Gärtner und Handelskapitän hin. Ein alter seefahrender Verwandter klärte meine Phantasievorstellung zugunsten des Gartens, weil er noch größerer Gartenfreund als Meeresfreund war. Aber man muß ja seinen eigentlichen Beruf erst innerhalb des Berufes entdecken. Nach dumpfen, tastenden Zwischenjahren geriet ich in schönen Waldgebirgen ganz in den Bann des Wechselgesprächs zwischen Vordergrund, Blume, Landschaft und Jahreszeit. . . Ich sah mich also eines Tages auf dem Umweg über die wilde Natur dem Blütenstaudenreich verschworen . . . Eine größere Selbstverständlichkeit, als die Wahl der Staude zum Lebensberuf konnte es späterhin für mich gar nicht geben . . . " (7) Der junge KARL F O E R S T E R war, wie sein Vater berichtete, hoch aufgeschossen und von zarter Gesundheit. Deshalb kamen ihm die Strapazen der Gärtnerlehre in Schwerin und des Studiums in Wildpark hart an. Dabei bildete nach den Worten des Vaters „die eigentümlich intensive Beschäftigung mit den Werken der deutschen Dichter, Denker und Maler sowie mit der deutschen Landschaftsnatur" sein zweites Ich. „Es ist der Geist, der sich den Körper baut." Dieses Wort SCHILLERs scheint mir auf unseren Jubilar, der heute so frisch und heiter bei uns weilt, fast buchstäblich zuzutreffen. Er hat, wie die Kurve seines Wirkens beweist, mit zunehmenden Lebensjahren Kraftströme akkumuliert, die an fachlicher Dynamik und auch an menschlicher Wärmestrahlung nichts zu wünschen übrig lassen. KARL F O E R S T E R ist damit zugleich ein lebender Beweis für die Unsinnigkeit der beispielsweise von GUMPLOWICZ postulierten „Moral vernünftiger Resignation", gegen die „entsagungsvolle Unterordnung des Menschen unter die (angeblich G. P.) einzig und allein die Geschichte beherrschenden Naturgesetze". In diesem Zusammenhang erhebt sich für uns die Frage nach der sozialen Determiniertheit des Phänomens KARL F O E R S T E R . Ich glaube sagen zu dürfen, daß die

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Persönlichkeit KARL FOERSTERs zu einem wesentlichen Teil aus seiner sozialen Sphäre, insbesondere aus seinen Familienverhältnissen, resultiert. Hierzu bitte ich, mir einige nähere Hinweise zu gestatten, zumal sie auch in Beziehung zur Geschichte unserer Universität stehen und zum Teil mit unserem Gedenken an die 100. Wiederkehr des Todestages ALEXANDER VON HUMBOLDTs zusammenfallen.

Das Geburtshaus Karl Foersters in Berlin, Enckeplatz (einstige Sternwarte der Akademie der Wissenschaften)

KARL FOERSTER stammt aus einer gebildeten, vielseitig interessierten Bürgerfamilie, die sich jedoch nicht im Schöngeistigen spreizte und opportunistisch vom Strom der Konvention treiben ließ. Sie war frei von jenem fatalen teutonischen Herrenhochmut, der sich beispielsweise in den Worten des Antimarxisten und Antisemiten HEINRICH VON TREITSCHKE so anmaßend offenbarte: „Keine Kultur ohne Dienstboten." In der Familie FOERSTER suchte man sich vielmehr mit den Problemen der Zeit, mit der Kehrseite der Konjunktur, insbesondere mit kulturellen und sozialen Mißständen ehrlich und ernst auseinanderzusetzen. Freilich geschah das nicht dialektisch, nicht revolutionär, sondern unter der idealistischen Vorstellung, man könne beispielsweise die von MARX und ENGELS analysierten Krisenerscheinungen und die doppelte Moral der kapitalistischen Gesellschaft gleichsam versöhnlerisch durch Entfachung einer sogenannten „Ethischen Bewegung" überwinden. Der heutige Erkenntnisstand der Gesellschaftswissenschaft ermächtigt uns zu der Feststellung, daß diesen und ähnlichen Bemühungen ein durchgreifender Erfolg

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versagt bleiben mußte, weil sie nicht zu den Wurzeln des Übels vordrangen. Man kann ihren Verfechtern jedoch nicht Aufrichtigkeit und Bekennermut absprechen. Hierfür hat der ältere Bruder unseres Jubilars ein überzeugendes Beispiel gegeben.Als Redakteur der Zeitschrift „Ethische Kultur" wandte er sich mit scharfen Worten gegen den Kaiser, der die Arbeiterpartei als „eine hochverräterische Schar und eine Rotte von Menschen" bezeichnet hatte, „die nicht wert seien, den Namen Deutscher zu tragen". Er prangerte auch das berüchtigte Sozialistengesetz an, wofür er in den Kasematten von Weichselmünde eingekerkert wurde. Besonders klar und eindrucksvoll wurde das soziale Gewissen der Familie FOERSTER durch den Vater unseres Jubilars verkörpert. Schon als Assistent an der Sternwarte hatte er eine ausgeprägte politische Meinung. Als ihn eines Tages sein väterlicher Freund und Vorgesetzter, Professor Dr. ENCKE, zum Wahlmann für die Konservativen vorschlug, lehnte "er zu dessen Überraschung mit dem Hinweis ab, er sei überzeugter Demokrat. ENCKE und seine politischen Freunde verschrieben sich einen Ersatzmann, von dem man sich größere Gefügigkeit erhoffte. Mit sichtlicher Genugtuung hat WILHELM FOERSTER später berichtet, daß sich dieser Ersatzmann als noch rabiaterer Demokrat entpuppte* als er selbst einer war. Der Öffentlichkeit stellte FOERSTER unter anderem die Frage: „Millionen werden zur Errichtung von Heilstätten gegeben — warum soll da nichts übrig sein für die materielle und geistige Konsolidierung der sozialen Reform, welche die sozialen Ursachen der Krankheiten, nämlich schlechte Wohnung, Unterernährung und Überarbeit, zu beseitigen strebt? Millioneft werden heute gestiftet für kirchliche Macht und Größe — lebt diese Opferwilligkeit nur unter den Kirchengläubigen und ist für einen Hort des freien Gedankens nichts zu haben?" (11) Als Wissenschafter suchte der Vater unseres Geburtstagskindes nicht nur in die Tiefe, sondern auch in die Breite zu. wirken. Er wandte sich gegen den akademischen Dünkel und gegen das Bilduiigsmonopol der herrschenden Oberschicht. Viele Professoren hielten es damals noch unter ihrer Würde, mit der Wissenschaft zum Volk zu gehen. WILHELM FOERSTER tat dagegen wie ALEXANDER VON HUMBOLDT, der bereits in den Jahren 1827/29 in der Singakademie zu Berlin seine berühmten öffentlichen Vorträge über die physische Weltbeschreibung gehalten hatte. So hielt denn WILHELM FOERSTER an gleicher Stelle regelmäßig populärwissenschaftliche Vorträge, besonders über KEPLER und die Harmonie der Sphären. Es focht ihn nicht an, daß seine rückständigen Kollegen hämisch bemerkten, er sei kein Akademiker, sondern ein Singakademiker. WILHELM FOERSTER bekannte sich auch gern zu seinen musischen Neigungen, die seine malerisch begabte Gattin teilte. Er betonte, daß er bei seinen Vorlesungen als Ordinarius für Astronomie an der Philosophischen Fakultät unserer Universität nicht nur mathematisch, sondern oft auch musisch geschwelgt habe, so etwa, wenn er über die Weltharmonie im Sinne PLATOs und KEPLERs sprach. Während der Amtsperiode 1884/85 war der Vater unseres KARL FOERSTER Dekan unserer Philosophischen Fakultät und schließlich 1891/92 Rektor unserer Universität. Auch bei der Ausübung seiner akademischen Amtsgeschäfte machte er kein Hehl aus seiner fortschrittlichen Einstellung. Er trat zum Beispiel für eine stärkere Selbstverwaltung der Studentenschaft ein und wandte sich gegen die

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„atavistischen Gewohnheiten" der Korpsstudenten, worunter er besonders da« Saufen und Duellieren verstand. Es sei, so sagte er, nicht mehr tragbar, dieser Minderheit eine führende Rolle in der Studentenschaft zuzubilligen. In vielen Aussagen KARL FOERSTERs tritt die von seinem Vater mutig vorgelebte soziale Gesinnung deutlich zutage. Auch sein Weltgefühl scheint durch den Vater starke Impulse erhalten zu haben, die der Sohn in seiner spezifischen und bestrickenden Weise verarbeitete. Diese Impulse deuten auf ALEXANDER VON HUMBOLDT zurück, dem WILHELM FOERSTER noch in dessen letzten Lebensjahren bei der Bearbeitung des „Kosmos" in physikalischen und astronomischen Fragen zur Seite gestanden hatte. FOERSTER schilderte begeistert das feurige Temperament des greisen HUMBOLDT. Er sprach von der Fülle seines Erde und Himmel umfassenden Geisteslebens, von einem Hymnus auf die großen Fernen des Denkens, welches die Lehre von der Erhaltung der Kraft damals eben zu entschleiern begann. HUMBOLDT schenkte WILHELM FOERSTER das Barometer, das er zu Höhenmessungen benutzt hatte, als er im Jahre 1802 gemeinsam mit dem berühmten Botaniker AIMÉ BONPLAND den Chimborazo bestieg. Dieses Barometer hängt heute im Arbeitszimmer unseres KARL FOERSTER. Als im Jahre 1883 die von REINHOLD BEGAS geschaffenen Denkmale der Brüder V. HUMBOLDT vor unserer Universität enthüllt wurden, hielt WILHELM FOERSTER die Festrede auf ALEXANDER VON HUMBOLDT, während der Sprachforscher STEINTHAL WILHELM VON HUMBOLDT ehrte. KARL FOERSTER war damals 9 Jahre alt: Er hat von seinem Vater nicht nur das Barometer geerbt, sondern, wie bereits angedeutet, auch Gedankengänge, die an ALEXANDER VON HUMBOLDT und andere große bürgerliche Denker und Naturforscher erinnern. Sie suchten den Idealismus der Klassikerzeit mit der in rascher Entwicklung begriffenen Naturwissenschaft zu vereinigen und auf die soziale Sphäre auszudehnen. Hier ein Wort des Vaters, das meiner Meinung nach diese Geistesrichtung erkennen läßt: „Der Aufblick zu den Himmelserscheinungen als Anfang des Verständnisses derselben erhebt unsere Seele über manches Beengende und Trennende im Leben. Er stärkt in uns das Gemeinschaftsgefühl der Erdenwelt... er trägt hier dazu bei, die verschiedenen Rassen und Völker einander zu nähern und eine freundliche, verständnisvolle und zweckmäßige Organisation des Zusammenlebens auf der ganzen Erde mit weiser, gerechter Verteilung ihres Gesamthaushaltes zu fördern." Wer die Schriften KARL FOERSTERs zur Hand nimmt, etwa sein Buch „Vom großen Welt- und Gartenspiel", wird unschwer die Geistesverwandtschaft mit seinem Vater und dessen Kreis herauslesen können. Allerdings ist seine Freude am Wort, sind seine oft überschwenglichen, zuweilen das Paradoxe streifenden Formulierungen und seine über das Gärtnerisch-Fachliche zielenden Gedanken von amusischen und spezialistisch . beengten Menschen manchmal als Phantasterei mißdeutet worden. Gewiß, über einige seiner Ansichten kann man geteilter Meinung sein, zum Beispiel darüber, ob es auch eine „vorwärts gerichtete Romantik" gebe. Ich glaube, das war einmal. Die Zeit der Romantik und damit der durch ein Neben- und Ineinander metaphysischer und psychologischer Spekulationen geformten Weltan-

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schauung scheint mir im wesentlichen überwunden, vor allem durch den wissenschaftlichen Sozialismus und die Naturwissenschaften. Nach dem Gesetz des Beharrungsvermögens ist die Romantik — ganz ähnlich übrigens wie der Klassizismus — noch manchenorts in Bewegung, zum Teil mit künstlicher Nachhilfe. So mag sie bisweilen noch echte Dynamik vortäuschen. Doch warum nicht SCHWIND, SPITZWEG, LUDWIG RICHTER, POUSSIN oder RUIDSAEL? Weshalb nicht WEBER, SCHUMANN, PFITZNER, LISZT oder CHOPIN? Warum nicht AUGUST-FRIEDRICH und WILHELM SCHLEGEL, nicht NOVALIS, SCHLEIERMACHER, BYRON, PUSCHKIN und wie sie alle heißen? Sie haben Großes geleistet. Ihre Werke sind unvergängliche Bausteine und schimmernde Patina der Kulturgeschichte, vor denen der wissenschaftlich orientierte Mensch des sozialistischen Zeitalters gern und ehrerbietig den Hut zieht. Aber ihre treibende Kraft scheint mir dahin; sie ist kontemplativem, abge-, klärtem Genießen gewichen. In unserer realistischen, an sozialen Kräften, exaktem Wissen und folglich auch an schöpferischen Möglichkeiten soviel reicheren Zeit scheint mir eine romantische Weltanschauung absurd. Romantik ist keine gespannte Triebfeder mehr für sinnvolles und fruchtbares Handeln. Nur in kleinen Mengen genossen, gleichsam als süße Nachspeise nahrhafter Mahlzeit — lies: einer aus der Einsicht in die soziale Notwendigkeit geborenen und daher ökonomisch gesteuerten Entwicklung — scheint mir aktive Romantik noch tragbar und bekömmlich. Die jüngste deutsche Vergangenheit zwingt meines Erachtens zu der Folgerung, daß Romantik als Grundzug der Lebens- und Umweltbetrachtung, somit auch der Garten- und Landeskultur, verfehlt ist und fortan verheerend wirken würde (20, 22, 23). AUGUST GRISEBACH, ein Kulturhistoriker, der sich besonders der Geschichte des Gartens angenommen hat, sagte, die Romantik sei „etwas Romanhaftes, Fabelhaftes, Wunderbares, Phantastisches, etwas was die Einbildung beschäftigt". Er fügte hinzu: „Anstelle der realistischen Betrachtung der sichtbaren Welt tritt eine ideologische (,idealistische' würde ich sagen; G. P.). Welchen Gewinn auch Musik und Dichtung aus der Romantik geschöpft haben; für die bildende Kunst bedeutet sie ein Verhängnis." GRISEBACH mahnte seine Leser an die „schöpferischen Instinkte "der Vorfahren, „lebte doch auch das Sehnsuchtsgefilde der Menschheit, der Garten Eden, in ihrer Vorstellung als ein formal angelegter Lustgarten". Er stellte schließlich fest: „Dem Romantiker fehlt jenes klare Gefühl künstlerischer Selbstherrlichkeit der Natur gegenüber. Er glaubt ihr Wesen tiefer zu begreifen, indem er sich ihr empfindsam hingibt" (14). Man kann KARL FOERSTER sicherlich nicht passives Naturgefühl vorwerfen. Trotz mancher umstrittenen Äußerung bleibt somit doch alles in allem die Tatsache bestehen, daß er „kein Träumer, sondern ein Traumverwirklicher" ist. Das hat er durch seine großen gärtnerischen, insbesondere züchterischen Leistungen zur Genüge bewiesen. Mit ihnen hat er das Wort seines Vaters wahr gemacht: „Wir sind nach dem Zeugnis der Kulturgeschichte dazu berufen, die brutale natürliche Entwicklung zu läutern und zu veredeln." Diese These deckt sich mit der Philosophie des dialektischen Materialismus, obwohl sie vielleicht mit einer idealistischen Weltanschauung gepaart war, die

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d?r wissenschaftlichen Deutbarkeit unseres Weltbildes noch Zweifel entgegenbrachte und ihr aus Gefühlsgründen vielleicht sogar Grenzen zu setzen bereit war. Herr Staatssekretär Dr. GIRNUS hat einmal mit Bezug auf die Große Sozialistische Oktoberrevolution von der „Befreiungsstunde des prometheischen Geistes" gesprochen (12), wobei er sagte, daß „der Mensch sich mit vollem Recht als die Krönung und den höchsten Maßstab der. Natur betrachte". GORKI- sprach davon, daß „sich jede Arbeit geradenwegs in die Kunst verwandeln müsse, das Land zu verändern, es durch das Wort, durch die Tat und durch die Gegenstände zu verschönern". ENGELS sagte in seiner „Dialektik der Natur": „Durch künstliche Züchtung werden Pflanzen wie Tiere unter der Hand des Menschen in einer Weise verändert, daß sie nicht wiederzuerkennen sind . . . Erdoberfläche, Klima, Vegetation, Fauna, die Menschen selbst haben sich unendlich verändert und das alles durch menschliche Tätigkeit. . ." Diese Worte charakterisieren auch die Tendenz der Lebensarbeit unseres Jubilars. Bevor wir uns seinen schöpferischen Leistungen als Gärtner, Pflanzenzüchter und Schriftsteller zuwenden, müssen wir noch eine Lücke in seiner Lebensbeschreibung schließen. Wir hatten von seiner Jugendzeit im Park der Sternwarte, von seiner Lehre und seinem Studium gesprochen. 1903 trat sein Vater altershalber von der Sternwarte zurück, wo die Familie 34 glückliche Jahre durchlebt hatte. Bald darauf schlug das Häusermeer Berlins über der grünen Insel am Enckeplatz zusammen. Wie zur Erinnerung daran, daß dort einer unserer populärsten zeitgenössischen'Gärtner aufwuchs, entstand nebenan — wenn ich nicht irre zum Teil noch auf einem Zipfel ehemaligen Sternwartegeländes — die Lindenhalle", der größte und bunteste Umschlagplatz für Blumen, Pflanzen und Gartendinge in Berlin, ein beliebter Treffpunkt der Berliner Gärtnerschaft. Die Familie FOERSTER mietete dann im Vorort Westend ein Gartengelände, das, wie aus den Notizen des Vaters wörtlich hervorgeht, „eine geeignete Stätte der berufsmäßigen Wirksamkeit für meinen Sohn Karl darstellte, dessen ganze Geistesrichtung nach einer Wirksamkeit auf solchem freien Versuchsfelde und auch nach einer daran zu knüpfenden schriftstellerischen Tätigkeit verlangte". Die Mutter nahm nach den Worten des Vaters ebenfalls starken Anteil an diesem Wandel. „Ihre ungewöhnliche Begabung als Malerin . . . widmete sie jetzt auch der Blumenwelt, die in der Staudengärtnerei meines Sohnes in immer größerer Fülle und Eigenart erstand. Ihre farbenstrahlenden Blumenbilder förderten ihn . . . in der mannigfaltigsten Weise und auch für mich wurde der ganze Betrieb von hohem Interesse durch die weiten Horizonte, welche sich ihm dabei für die Kultivierung akklimatisierter ausdauernder Blütengewächse und auch mir für die Verwertung experimenteller Glasdachtechriik eröffneten. Dieser Gärtnereibetrieb wird von ihm jetzt unter den günstigsten Bedingungen in Bornim bei Potsdam-Sanssouci fortgesetzt werden" (11). KARL FOERSTER ist seinen Eltern für ihre Liebe und die verständnisvolleFörderung seiner beruflichen und menschlichen Anliegen tief dankbar geblieben. Architekt OTTO BARTNING, dessen Ableben wir seit einigen Tagen betrauern, schrieb in seinem Geleitwort zu einem Bändchen KARL FOERSTERscher Aphorismen: „Selten hat ein Sohn seinen Eltern so zarte Denkmale gesetzt (gibt es denn zarte Denkmale?). Ja, bei dir gibt es solche verrückten Sachen. Du hast von ihnen er-

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zählt, in deinen Schriften verstreut. Soll man's zusammenraffen? — Nein, der tiefere Sinn deiner Kunst liegt ja gerade in deinem Streuen" (9). So lesen wir denn bei KARL FOERSTER: „Wenn wir mit unserem ganzen inneren Leben und Weben vorwärts kommen wollen, dann haben auch sie teil daran, die geliebten Schatten" (5). Mit unseren Gedanken in Bornim angelangt, wollen wir uns nun FOERSTERs züchterischer Arbeit, die sich dort so großartig entfaltet hat, zuwenden. Sie gilt fast ausschließlich den Gartenstauden. KARL FOERSTERs Züchtungs- und Auslesemethoden bewegen sich nach Auffassung unseres Ordinarius für Zierpflanzenbau, H. RUPPRECHT, im wesentlichen auf der gleichen Linie wie die des großen sowjetischen Gärtners und Züchters IWAN WLADIMIROWITSCH MITSCHURIN, dem die Sowjetunion über 300 neue Obstsorten verdankt. KARL FOERSTER hat seit 1912 bis heute 234 neue Staudensorten gezüchtet. Außerdem führte er bisher 56 Stauderr- und Gräserarten bzw. Unterarten und auch einige Gehölzarten ein, so daß er das „Reich der winterharten Dauerpflanzen" bisher um 290 wertvolle Neuerscheinungen bereichert hat. Diese Neuerscheinungen sind, wie REINHOLD in seiner Würdigung KARL FOERSTERs in der Zeitschrift „Der Deutsche Gartenbau" sagt, durch das „selektionierende Fegefeuer" gegangen. RUPPRECHT bestätigt die Gediegenheit und unbestechliche Sorgfalt, die KARL FOERSTER bei seiner Züchtungsarbeit walten läßt (26). FOERSTER selbst spricht von dem „Enttäuschungsfilter fünfjähriger Dauerbeobachtung" bei der Auslese seiner Staudensämlinge. Oft hat er die kritische Auslese auf weit längere Zeiträume ausgedehnt, bei Helenium zum Beispiel auf zehn Jahre und mehr. Als eine erste Liebe bezeichnet KARL FOERSTER die Monarda dydima. Doch seine tiefste züchterische Leidenschaft entflammte sich am R i t t e r s p o r n . MARGOT SCHUBERT schrieb dazu (27): „Im kulturhistorischen Steckbrief des Gartenrittersporns steht zu lesen, daß dieses Hahnenfußgewächs bereits Mitte des 16. Jahrhunderts aus Kleinasien nach Mitteleuropa kam. . . Aber während die Tulpe und manche andere ausländische Zierpflanze bald nach ihrer Einführung zur kunjunkturumwitterten Modeblume wurde. . . blieb der Rittersporn mehr oder weniger im Hintergrund. Über 300 Jahre hat er auf seine große Zeit warten müssen. Sie kam, als KARL FOERSTER diese blaueste und größte aller blauen Blumen gewissermaßen neu entwickelte und sie vor nun länger als einem halben Jahrhundert zum Herzstück seiner Arbeit erkor." KARL FOERSTER verteidigte seine Vorliebe für den Rittersporn gegen den „Klub der Ahnungslosen", wie er sich ausdrückte, mit den Worten: „Wenn es 6000 Narzissensorten, 4000 Irissorten, 3000 Dahliensorten und 6000 Rosensorten gibt, dann darf's doch wöhl auch 100 Ritterspornsorten geben, die immerhin eine Farbsendung haben, die völlig einzigartig ist" (10). In seinem bereits klassisch gewordenen Staudenbuch „Vom Blütengarten der Zukunft" hat KARL FOERSTER unter dem Kapitel „Die blaue Stunde" einiges über seine Auslesemethoden und Züchtungsziele beim Rittersporn verraten: „Alljährlich haben wir bei mir aus 20000—30000 Sämlingen von Ritterspornen etwa 3 allerbeste und 50 beste Pflanzen ausgewählt und 5 Jahre lang beobachtet, ob sie

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windsicher, genügend mehltaufrei sind und ob sie wesentliche Schönheitsfortschritte darstellen." Nach einem kräftigen Regensturm hätte von 208 ausgewählten, erfolgversprechenden Sämlingen nur noch einer aufrecht gestanden. Er wurde wegen der Leuchtkraft seiner Blüten „Fernzünder" genannt. Auch auf die Verlängerung der Blühdauer und die „Unschmackhaftigkeit gegen Ungeziefer" legte FOERSTER bei der züchterischen Bearbeitung des Rittersporns und anderer Stauden stets besonderen Wert. Seine Urteile sind scharf und unerbittlich, aber auch von seltener Anschaulichkeit und Überzeugungskraft. Die „schwarzen Schafe" unter seinen Ritterspornen unterscheidet er nach Strohfeuersorten, Sonnenrmeiern, Lückenrisplern, Rostkranken, häßlichen Verblühern, Wegelagerern und Ker^enknickern. Je nach dem Grad ihrer Mehltauanfälligkeit spricht er von Mehlsäcken oder Mällerburschen. Selbst seine überzeugtesten Freunde und Mitarbeiter setzten manchmal Zweifel in die Erreichbarkeit der von FOERSTER eisern angestrebten Mehltauresistenz beim Gartenrittersporn. So entstand das Witzwort: „Emporgehungert und emporgedürstet, der Mehltau, der wird weggebürstet!" Daß der Mehltau bei vielen'FOERSTERschen Ritterspornsorten nicht weggebürstet, sondern tatsächlich weggezüchtet worden ist, ist heute eine feststehende, von der Fachwelt mit größter Hochachtung quittierte Tatsache. Dieser Erfolg ist zutiefst der Mentalität unseres KARL FOERSTER zuzuschreiben. „Skepsis beruht immer auf Unbeweglichkeit und vorzeitigem Abbruch der Gedanken- und Erfahrungsreihen" sagt er. „Nur immer weg vom ewig Gestrigen und hin zum Schönheitswagnis." Die FOERSTERschen Rittersporne haben zahlreiche höchste Wertzeugnisse im In- und Ausland erhalten. Nach langjährigen Prüfungen wurde in Weihenstephan im Jahre 1953 ein Standard-Rittersporn-Sortiment zusammengestellt. Es enthält 17 Sorten mit dem Prädikat „vorzüglich" und 15Sorten mit dem Prädikat,,anerkannt". In der ersten Kategorie befinden sich 13, in der zweiten 12 Sorten von KARL FOERSTER. Zu den teilweise weltbekannten Ritterspornen von KARL FOERSTER gehören Tempelgong, Drachenkopf, Perlmutterbaum, Flötensolo, Tropennacht, Wassermann, Kirchenfenster, Finsteraarhorn, Gletscherwasser, En^ianturm und Traumulus. Dieser hat sich, wie KARL FOERSTER behauptet, selbst getauft. „Gute Nacht" ist seine einzige noch mehltaubehaftete Sorte, die aber so viele Vorzüge hat, daß ihr dieser Nachteil von FOERSTER vorerst verziehen wird. Ein weiteres Lieblingskind unseres Jubilars ist der Phlox p a n i c u l a t a . Bei ihm hat er besonders auf klare Farben, Regenfestigkeit, Farbbeständigkeit bei Hitze und Dürre, gute Blütenhaltung und Beseitigung des Vertrocknens der Knospen hingearbeitet. KARL FOERSTER hat bisher 57 neue Phlox-Sorten gezüchtet, von denen 16 Wertzeugnisse erhielten. Bei der Beurteilung in den Sichtungsgärten von Weihenstephan, Hamburg und Stuttgart wurden 5 Foerster-Sorten höchst bewertet und 8 mit Vollempfehlung versehen. Zu seinen bekanntesten Sorten gehören: Eva Foerster, Dorffreude, Fesselballon, Puderquaste, Landhoch^eit, Kirmesländler, Leuchtqualle, Septemberschnee.

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Zum Thema „Phlox" bemerktFOERSTERunter anderem: „Aufregende Staudenphloxe gibt's auch noch nicht allzulange auf der Welt, einige wenige Ausnahmen abgerechnet. . . Der wilde Staudenphlox, der vor etwa zweihundert Jahren mit seinem gebrechlichen Wachstum und seinen kleinen blauroten Blütenbällen aus dem Indianerland auch nach Deutschland kam, ist ja in das Zeitalter seiner außerordentlichen Kraft- und Schönheitsentwicklung erst seit fünfundzwanzig Jahren getreten! . . . Das Damals hat das Heute emporgehoben" (8). Das Kleeblatt seiner Lieblinge wird durch H e l e n i u m a u t u m n a l e vervollständigt. Als wichtigste Zuchtziele gelten ihm hier Winterhärte, Windfestigkeit, allgemeine Haltung, Flächigkeit des Blütenstandes, Verlängerung der Blütezeit, Farbbeständigkeit und Dürreresistenz. Zu den wertvollsten Foerstersorten gehören hier: Altgoldriese, Mahagoni, Biedermeier, Rubinkuppel, Goldlack^werg, Septemberfuchs und Karneol. Die 18 Bornimer Heleniumsorten sind unbestritten die besten in Deutschland. 8 von ihnen erhielten besondere Wertzeugnisse. Auch der Gattung A s t e r hat FOERSTER starke Beachtung geschenkt. Er züchtete von ihr 27 Sorten^ von denen 11 hohe Wertzeugnisse erhalten haben. Zu den bekanntesten gehören bei der Subspecies dumosus hybridus die Sorten Blaubuchs, Schnee^icklein, Rosenelf-, bei novi-belgii die Sorten Blaue Nachhut, Rosenquars^, Weißer Elefant-, bei novae-angliae Abendsonne, Roter Turm. In seinem „Garten als Zauberschlüssel" hat FOERSTER dem Astern-Fortschritt ein besonderes Kapitel gewidmet, das in Abwandlung einer bekannten Losung die Überschrift trägt: „Per astera ad astra Staudenastern, die der Enttäuschungsfilter übrigläßt". Auch bei der Gattung C h r y s a n t h e m u m , von der man sagt, daß ihr die älteste Gartenblume der Welt entstamme, hat KARL FOERSTER durch Züchtung und Auslese viele Neuheiten geschaffen. Besonders erwähnt seien bei der Species indicum die Sorten Golden Rehauge, Herbstbrokat, Granatschopf-, bei koreanum die Sorten Bron^estern, Rotwild, Schneebündel-, bei rubellum die Sorte Septemberrose. FOERSTER hat auch etwa 20 anonyme Chrysanthemum aus ihrem Dornröschenschlaf auf alten Friedhöfen, in Bauerngärten und an anderen Stellen geweckt. Er hat sie gesammelt, ausgelesen, teilweise mit Namen versehen und dann den Gärtnern und Gartenfreunden zugeführt. Unter diesen Findelkindern sind die hervorragenden indicum-Sorten Altgold und Novembersonne. Bei C a m p a n u l a c a r p a t h i c a hat FOERSTER 4 Sorten geschaffen, von denen Blaumeise und Zmrgmöve Wertzeugnisse erhielten. Die letztere zeichnet sich durch ungewöhnliche Blühdauer und guten Aufbau aus. Sie zeigt nach F o er st er keine „Altersunordnung". D e m L u p i n u s p o l y p h y l l u s hat FOERSTER 17 neue Sorten abgerungen, die sich durch Haltung und „schönes Verblühen" auszeichnen. Am bekanntesten sind seine Sorten Rosenturm, Buntscheck und Prunkstück. Bei S o l i d a g o h y b r i d a züchtete FOERSTER 5 Sorten, besonders auf Schnittblumenwert und Ausläuferarmut. Hervorgehoben seien Goldfichte, Schwefelgeysir und Goldjunge, die kaum noch Ausläufer treiben.

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Auch P a p a v e r Orientale fehlt nicht in den Bornimer Züchtungsquartieren. 6 neue Sorten, davon 3 mit Wertzeugnis, gingen aus ihnen hervor. Die bekanntesten sind Branddirektor und Rosenpokal. Sie erfreuen durch aufrechte Blütenstiele und schöne Haltung der Blütenblätter. Schließlich hat FOERSTER auch die Y u c c a f i l a m e n t o s a , die ja strenggenommen ein Gehölz ist, züchterisch bearbeitet und die neuen Sorten wie gewöhnlich mit treffenden Namen versehen. Ich nenne Schellenbaum und Rosenglocke. < Von dem hochverdienten Gärtner und Züchter ALEXANDER STEFFEN, der ebenfalls Ehrendoktor unserer Fakultät ist — KARL FOERSTER war mit ihm bereits in der Lehre zusammen — .übernahm er nach dem Kriege Iris barbata-Sämlinge, die er besonders unter dem Gesichtspunkt der Winterhärte und Blühdauer auslas. So entstanden unter anderen die bekannten Sorten Goldfackel und Schneekönigin. Andere Iris-Sämlinge übernahm er von SCHWARZ. Von ihnen stammen die bekannten Sorten Feuervogel, Golddickicht und Elfenbeinkönigin. FOERSTER bemüht .sich, weitere schöne Iris-Sorten durch Selektion zu schaffen. Seit etwa 20 Jahren hat er auch dem „Weltwanderer Gras" sein Interesse zugewendet und ihm zu größerer Popularität in unseren Gärten verholfen. Er sagt: „Amerika ist das Land des Maises und des Weizens, Afrika ein Land der Hirse, Ostasien ist auf Reiskultur ausgerichtet, Europa auf vielerlei Getreidebau. Das alles reicht mit seinen Anfängen überall in die Abgründe unvordenklicher Zeiten. Lassen wir nunmehr den Scheinwerfer weiter über ganz andere Gräserreiche strahlen, unabhängig davon, ob sie nur - in mittelbarer Segensbeziehung zu unserem Dasein oder auch in unmittelbarem Nutzverhältnis zu uns stehen." FOERSTER spricht von dem „großen Welthintergrund" der Gräser, von denen er bisher unter dem Motto „Gräßlich, ein Garten ohne Gräser!" 10 verschiedene Arten bzw. Unterarten in unseren Gärten heimisch gemacht hat. Unter seinen Einführungen ist auch die Gattung Miscanthus vertreten. FOERSTER meint, man habe sie vielleicht deshalb so benannt, weil sie immer „mißkannt" wurde. Ihrer Subspecies sacchariflorus robustus gab er die anschauliche Bezeichnung Silberfahnengras. Vor 2 Jahren hat er das schöne, auch in wissenschaftlicher Hinsicht anregende Buch geschrieben: „Einzug der Gräser und Farne in die Gärten". FOERSTERs Bezeichnungen, insbesondere seine Pflanzennamen, sind treffend, klangvoll und einprägsam. Dieses begriffliche Gestalten ergänzt seine Veredlungsarbeit an der Pflanze. Es verstärkt die Brücke zur Gartenkultur und trägt dazu bei, die Farbigkeit des Kulturgeschehens verständlicher und sichtbarer zu machen und so das Lebensgefühl der Menschen, auch der nicht unmittelbar am Garten beteiligten, zu steigern. „Die Doppelarbeit am Wort und an den Gartenpflanzen verlangt", wie FOERSTER sagt, „nach ungewohnten Methoden der Gründlichkeit und Ausdauer". FOERSTER strebt schon seit Jahren die Umbenennung gewisser Gartenpflanzen an. Tatsächlich sind ja manche deutsche Pflanzennamen ziemlich nichtssagend oder sogar irreführend. Er nennt das einen „erstaunlichen Mangel an Heimatsinn und feinstem geistigen Ordnungsbedürfnis". Auch der botanischen Nomenklatur der Gartengewächse wünscht FOERSTER eine sinngemäße Reform. Bei diesen erfreulichen und wichtigen Bemühungen ging

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allerdings sein bildnerisches Temperament manchmal mit ihm durch, was ihm dann freilich gelinde Vorwürfe eintrug (16). Tir hat jedoch völlig recht, daß viele deutsche und wissenschaftliche Pflanzennamen -an Anschaulichkeit zu wünschen übrig lassen. Sie dienen somit nicht im erstrebenswerten Maße zur Verbreitung und Vertiefung von Pflanzenkenntnissen und zur Verständigung zwischen Praxis und Wissenschaft. In den praktischen Anwendungsbereichen der Botanik — nicht nur im Gartenbau — kann man deshalb zuweilen dem Verdacht begegnen, Nomenklatur würde um ihrer selbst willen getrieben. Man kritisiert besonders die fraglos manchmal willkürlich anmutende Kom-

Delphinium cultorum Voss ,Berghimmel', Züchtung von KARL FOERSTER plizierung botanischer Bezeichnungen, wie etwa die Umbenennung der bekannten Dianthus caesius SM. in die unaussprechliche Dianthus gratiapolitanus VILL. Besonders das nomenklatorische Schaukelspiel mit bewährten „Gebrauchsgehölzen" begegnet begreiflichem Kopfschütteln. So wurden bekanntlich nach unerforschlichem Ratschluß Hoher Kongresse Picea excelsa LINK in Picea abies (L.) KARST, und Quercus rubra DUROI in Quercus borealis maxima (MARSH.) ASHE umgetauft. Man fragt z. B. auch, wieso es bei ein und derselben Gattung Artnamen verschiedenen Geschlechtes gibt, so bei der Gattung Gleditsia die „männliche" Art „triacanthos L." und die „weibliche" Art „macracantha DESF.". Für den Praktiker und „angewandten" Wissenschaftler ist es kein Trost, daß das Dickicht der botanischen Nomenklatur aus Elementen vieler Sprachen besteht. Also nicht nur aus dem Griechischen und Lateinischen, sondern auch aus gräzisierten und

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latinisierten Wörtern lebender Sprachen, z. B. bei „Maba" aus dem Malaischen. Dadurch sind begrifflich unklare Wortbildungen und — entsprechend der zweierlei griechischen und lateinischen Grammatik — auch verschiedene Ableitungen möglich und philologisch zulässig. Diese Sachlage wird noch dadurch verwickelt, daß die Species entweder durch ein Adjektivum, z. B. oxyacanthoides, oder durch ein attributives Substantivum, und zwar im Nominativ, z. B. pseudo-platanus oder auch im Genitiv, z. B. novae-angliae ausgedrückt werden dürfen. Die Philologie scheint aber auch hinsichtlich der Grammatik nicht engherzig zu sein. Sie hat beispielsweise nichts dagegen, daß der deutsche Eigenname „Pfitzer" bei dessen Patenkind als Juniperus chinensis pfit^eriana wiederkehrt, obwohl das entsprechende Adjektivum nach lateinischer Grammatik doch pfitsgrana und die Pflanze überdies nach den neuesten Regeln der Nomenklatur Juniperus chinensis ,Pötzer' genannt werden müßte 1 Doch laßt uns zurückkehren zum Ausgangspunkt unserer schwermütigen Betrachtung, zu KARL FOERSTERs dankenswertem Appell an Heimatsinn und Ordnungsbedürfnis. „Die wunderbarsten Nachbarpflanzen sind", so sagt er, „Paeonien, Feuerlilien, Tigerlilien, Weiße Margueriten, manche Phloxe, Edeljasmin und vor allen Dingen die Rosen, Lysimachien und viele Astilben" (10). Manche von FOERSTER/vorgeschlagenen Pflanzenzusammenstellungen gehören heute zum festen Repertoire der Gartengestaltung, wie etwa die Benachbarung von Iris, Mohn und Lupine. . Bei seinen Bemühungen um die möglichst wirkungs- und sinnvolle Verwendung der Pflanzen berührt er sich weitgehend mit den Gartenarchitekten. Er denkt an die Wirkung von Licht und Schatten, an die Macht, der Farbe bei Raumeindrücken und an ähnliches mehr. So sagt er zum Beispiel: „Wer nicht im Blütengarten mit wohlberechnetem Schattenwurf arbeitet, schon deswegen auch mit allem Oben und Unten, verschwendet die feinsten Kräfte des Lichts gegenüber dem Rittersporn. Dann erst, auf guter Licht- und Raumbühne, wird man ... bei jeder Pflanze Zeuge der vollen ,BühnenWirksamkeit' in Tau, Licht und Schatten ... werden." KARL FOERSTER sprudelt förmlich über von solchen Gedanken. „Für große Staudenastern muß man Räume verschwenden; die Zwischenräume können ja noch anderweit benutzt werden." Und mit leichtem Vorwurf gegen uns Gartenarchitekten: „Die raumwirkenden Kräfte der Blütenpflanze ... sind von den Raumaposteln noch gar nicht ebenbürtig mit andern Raumbildnern des Gartens erkannt und genutzt worden." An anderer Stelle bemerkt er: „Farbe und Reiz des Raumes treten in neue Verbindung miteinander; daher gehen uns diese aus Farbe gebauten Räume seltsam nahe. - " Er spricht von Stauden mit Bühnenwirksamkeit, von schmerzlosem Rasenersat%, Mammutstauden, derbsten Stauden für dumpfen Schatten, von Dörrgemüse für brandige Böschungen und von Fugenfüllern. Auch für die Pflanzen hinter Mauern und Glas schlägt sein Herz. Er hat den Zimmerhelden ein Loblied gesungen und damit ihre Volkstümlichkeit erhöht. Folgerichtig geht FOERSTER den „Sortenpuritanern" energisch zu Leibe; sein Schlachtruf lautet: „Den Geist dämpfet nicht!" Er ist sich dabei stets bewußt, daß das praktische Beispiel am überzeugendsten ist.

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Deshalb machte er schon im Jahre 1917 den Vorschlag, in verschiedenen Städten, also auch unter verschiedenen äußeren Bedingungen, sogenannte Schau- und Sicht u n g s g ä r t e n zu schaffen. Sie sollen Laien und Fachleuten die Möglichkeit geben, sich eigene Urteile über die Wertigkeit der Gartenpflanzen, insbesondere der Sorten zu bilden. „Nur das Gericht der langjährigen Dauersichtung in mehrererlei Gärten und in Vergleichsbeobachtung mit allen ähnlichen kann genügend erweisen, ob eine Pflanze zum klassischen deutschen Gartengut zu rechnen ist oder nicht", sagt F O E R S T E R mit vollem Recht. „Die Sichtungsarbeit wird nachgerade ebenso wichtig wie die Züchtungsarbeit." Der erste deutsche Schau- und Sichtungsgarten wurde auf der Freundschaftsinsel in Potsdam angelegt und nach dem Kriege wesentlich ausgebaut. Ihm folgten ähnliche Anlagen in Burg, Erfurt, Hamburg, Weihenstephan, Hannover, Stuttgart und anderen Städten, zum Teil in Verbindung mit bereits bestehenden Anschauungsgärten, darunter auch Botanischen Gärten. So hat KARL F O E R S T E R auch die Gartengestaltung wesentlich gefördert. Eine kaum wägbare Zahl von Menschen hat erst durch ihn, vor allem durch seine anschaulichen, von Begeisterung und reichem Wissen erfüllten Schriften, zum Garten hingefunden. Es ist nicht zuviel gesagt, daß er in Deutschland dem Gartengefühl unserer Zeit, das anderwärts zum Teil bereits wesentlich früher entwickelt war, mit zum Durchbruch verholfen hat. F O E R S T E R kennt seine Gartenpappenheimer. Das zeigt sein Artikel „Blumengärten für intelligente Faule", den er im Jahre 1924 schrieb und der noch heute in vieler Munde ist. Dort heißt es: „Was hat nun der Gartenkünstler zu bedenken, wenn ein Grundstücks- oder Gartenbesitzer an ihn herantritt mit der Bitte: ,Mach' mir einen netten herzhaften Blumengarten, der urwüchsig und bodenständig genug ist, um nicht ewig an ihm herumpusseln zu müssen!' Ist seine Intelligenz seiner Faulheit ebenbürtig, so wird er zu dem Gartenkünstler sagen: ,Mach' mir einen Garten, in dem die Jahreszeiten zu stärkstem Ausdruck kommen, in dem man sich die Farben nicht aus allen Ecken zusammenbetteln muß . . . Mach' mir einen Garten, der mich weder in die Uferlosigkeit und Einseitigkeit eines bloßen Naturgartens noch in das Gefängnis eines bloßen regelmäßigen Gartens einspinntI'" (3). Aus eigener Erfahrung mußte ich bekennen, daß KARL F O E R S T E R die Erwartung an den Garten „oft derart aufgeputscht hat, daß der Gartenarchitekt alle seine Mittel zum schöpferischen Widerstand aufbieten mußte" (24) . KARL F O E R S T E R drohte schließlich zum Gefangenen seiner eigenen Propaganda für bessere Gärten zu werden. Um sich des Ansturms der „Intelligenten Faulen" und allerlei anderer, von ihm infizierter Gartensüchtiger zu erwehren, tat er sich mit einer Arbeitsgemeinschaft von Gartenarchitekten zusammen. Dieses kollektive Zusammenwirken hat eine große Zahl recht erfreulicher Gärten gezeitigt und auch im Sinne der Vorkämpfer des Volksgartens — ich denke dabei besonders an den deutschen Altmeister P E T E R JOSEPH LENNfi - , der Mehrung und Verbesserung des öffentlichen Grüns zur Freude und Erholung des Volkes Vorschub geleistet. In vielen schönen Grünanlagen, die in unserer Republik großenteils mit Hilfe des Nationalen Aufbauwerks in den letzten Jahren geschaffen wurden: an Kinderkrippen, Schulen und Sanatorien, in den Pionierrepubliken, Sport- und Kulturparken, auf Stadtplätzen und Dorfangern, in unseren großen Ausstellungen Markkleeberg und 40 Archiv für Gartenbau VII/8

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Erfurt und bei vielen anderen Einrichtungen zum Wohle des Volkes haben häufig FOERSTERsche Staudensorten und Pflan2ungsideen Anwendung gefunden. Schade, daß unser Jubilar nicht WILLEM VAN VLOTEN begegnet ist, der mit ihm in vieler Hinsicht eines Sinnes war, VAN VLOTEN schrieb:. „Ganz daheim kann sich der Mensch auf die Dauer nur in einer Landschaft fühlen, wo Natur und Geist eins geworden sind. Und diese landschaftliche Einswerdung existiert, wenigstens in kleinen Formaten. Es gibt Erdenflecke, wo der Raum von Menschengeist gestaltet und die Vegetation durch Menschenkunst veredelt, dennoch ihre Natürlichkeit gewahrt haben. Diese Kulturplätze heißen Gärten" (29). In gleichem Sinne sprach FOERSTER aus seiner fundierten Kenntnis um die landeskulturelle Sendung des Gärtners, daß die Welt „tausendmal hoffnungsreicher, auch ... viel zugänglicher für jede Art von Begärtnerung" ist. Er ließ es auch hier nicht bei allgemeinen Erklärungen bewenden, sondern nahm konkret und im einzelnen Stellung. So veröffentlichte er in kritischer Situation „schlichtende Gedanken" zur Frage der Bodenständigkeit der Pflanzen. Es war in der Zeit des „Dritten Reiches", als einige Leute, die übrigens den Krieg recht gut überstanden haben, analog der militanten Romantik von „Blut und Boden" gleichsam den Arierparagraphen auch auf unsere Pflanzenwelt ausdehnen wollten. Sie begannen in der Landschaft auf „Fremdpflanzen" Jagd zu machen, wodurch zugleich der Garten zwangsläufig zum Ghetto hinabgewürdigt wurde (18,19). FOERSTER sagte: „Die Frage, ,was ist bodenständig im Garten', ist schon falsch und zeigt, daß der Fragende noch nicht recht bodenständig in der Welt ist. Vor allem ist ein Bodenständigkeitsbegriff auf Grund althergebrachter Gewöhnung ein für allemal abzulehnen, wenn wir die Welt nicht künstlich verarmen lassen wollen; denn wenn man junghergebrachten Pflanzen, die immerhin schon Gelegenheit hatten, ihre Kraft der Bodenständigkeit zu beweisen, nicht genügend Möglichkeiten gewährt, sich einzubürgern und althergebracht zu werden, dann säßen wir eben nur auf ein paar alten Wildpflanzen herum." In diesem Zusammenhang verwies FOERSTER auf die Einbürgerung und Volkstümlichkeit von Flieder und Roßkastanie; er setzte hinzu: „Wenn wir . . . erst das Zustandekommen einer uralten Bodenständigkeitspatina abwarten wollen, dann knebeln wir ja die schöne Weltentwicklung." (6) KARL FOERSTER ist also offensichtlich kein „Landschaftsanwalt", kein; Milieufatalist, obwohl auch er vielleicht dem verspäteten Sophismus solcher Leute manchmal aufgesessen ist. Seine Taten charakterisieren ihn als einen Anwalt der kulturwilligen menschlichen Gesellschaft. So ist er sachlich und moralisch befugt zu erklären: „Wir Gartenmenschen und drängenden Helfer zum Gartenfortschritt und zur Durchdringung unserer Welt mit edelsten Pflanzenschätzen fühlen uns nicht als freundliche Luxusanhängsel der Kultur, sondern als Miterfüller der innersten Sendung des Menschenwesens." Es wäre reizvoll, dem umfangreichen literarischen Werk unseres Geburtstagskindes eine besondere Betrachtung zu widmen. Ich muß mich aus verständlichen Gründen auch im folgenden auf Zitate und Anmerkungen beschränken. Im übrigen sind z. Z. im Foyer unseres Fakultätsgebäudes in der Invalidenstraße die von KARL

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FOERSTER verfaßten Bücher und ein Teil seiner Aufsätze ausgestellt. Gehet also hin und sehet selbst. Und vor allem: Lest, lestl Lernt und genießtI REINHOLD hat mitgeteilt (25), daß KARL FOERSTER bisher insgesamt 26 Bücher geschrieben hat, die in einer Gesamtauflage von 525000 Stück erschienen sind.* Doch damit ist das Wirkungsquantum seiner Schriftstellerei noch nicht erschöpfend gekennzeichnet. Neben seinen Büchern hat er hunderte von Aufsätzen verfaßt, die ebenfalls zum Teil stärksten Widerhall fanden. So hat er beispielsweise auf seinen Aufsatz „Blumenwälder im märkischen Gartensande", der etwa 1910 erschienen ist, nicht weniger als 1100 Zuschriften erhalten. Das dürfte wohl zu den Rekorden in der deutschen Gartenliteratur gehören. „Weiß der Himmel", sagt FOERSTER, „wie man in die Schreiberei von mittlerweile 26 Büchern hineingekommen ist. Wieder hat der Zauber der Jahreszeiten im Garten und außer dem Garten mein Schreibwerk in den Himmel gehoben. Das Unaussprechliche macht mich redselig." Dann spricht er davon, wieviel Überwindung es ihn oft gekostet hat, sein Schaffen im Züchtungsquartier mit literarischer Arbeit zu vertauschen. >,Am schwersten war es", so sagt er, „aus schönem Nachmittagslicht des Gartens für viele Stunden in das Schreibzimmer zurückzukehren, um andere in den Nachmittagssonnenschein zu locken." KARL FOERSTER zählt folgende Bücher zu seinen gelungensten: „Der Steingarten der Sieben Jahreszeiten" „Neuer Glanz des Gartenjahres" „Einzug der Gräser und Farne in die Gärten" „Gartenfreude wie noch nie — Kleines Gartenärgerlexikon." Eine besonders bemerkenswerte Kulturtat war die Herausgabe der künstlerisch gestalteten Zeitschrift „ G a r t e n s c h ö n h e i t " . KARL FOERSTER hat sie gemeinsam mit seinem Schwager OSKAR KÜHL unter Mitarbeit des Dendrologen CAMILLO SCHNEIDER im Jahre 1920 begründet. Diese Zeitschrift leitete eine neue Entwicklung des gärtnerischen Zeitschriftenwesens ein; sie ist bis heute unübertroffen geblieben. In der Nazizeit wurde sie „gleichgeschaltet" und ging dann leider ein. Auch die Pflanzenkataloge der Gärtnerei KARL FOERSTER waren alles andere als trockene Sach- und Preisregister. FOERSTER hat ihrer sprachlichen und bildlichen Gestaltung große Sorgfalt gewidmet und dabei neue Wege beschritten, zum Beispiel bei Verwendung von Farbfotos. So wurden die FOERSTERschen Kataloge gesuchte Gartenliteratur. Der neue FOERSTER-Katalog für 1959/60 wird in wenigen Tagen erscheinen und das Gesagte bestätigen. Er enthält wiederum eine Fülle wertvoller Hinweise zur erfolgreichen Verwendung 'edler Gartenpflanzen, insbesondere Stauden. Daneben hat KARL FOERSTER wie schon früher in Vorbemerkungen und Fußnoten Gedanken Raum gegeben, die charakteristisch für die geistigen Strömungen im Bereich der Gartenkultur unserer Zeit sind. FOERSTERs Gedanken tragen dazu bei, die Zeiger des gartenkulturellen Fortschritts in Gang zu halten trotz mancher harziger Rückstände im Getriebe wie ein konservativer Naturalismus und der Formalismus. Wir lesen im neuen KARL-FOERSTER-Katalog unter anderem: „Keine Pflanze der Welt hat einen solchen Hang zum Blühen und Nachblühen wie der Mensch. An •Ein Verzeichnis der Foersterschen Bücher und wichtigsten Aufsätze ist als Anhang hier beigefügt. 40»

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den Pflanzen liebt er das gleiche." Und dann: „Wer mit seinem Garten schon zufrieden ist, verdient ihn nicht.".An anderer Stelle heißt es: „Die Großstadtbewohner haben es satt, auf städtischen Plätzen immer auf die unveränderten Prachtbeete zu starren, — sie wollen dort auch gern den Wechsel der Wochen und Monate gespiegelt sehen." Auch an subtilen Einzelheiten haftet FOERSTERs kundiger Blick. So sagt er zum Beispiel mit Bezug auf die Farbgebung im Garten : „Jede Farbe lebt im Tiefsten von gewissen Nachbarfarben" und „Blau ist die Farbe der ewigen Hoffnung. Blau macht ,froher' als andere Farben." Charakteristisch für seine tiefe Aufgeschlossenheit dem Fortschritt gegenüber, für seinen festen Glauben an die fortwährende Bereicherung der Garten- und Menschheitskultur sind seine Worte: „Man kann nie spät genug geboren sein." Im Zusammenhang mit dem literarischen Schaffen KARL FOERSTERs verdient Frau EVA FOERSTER, die zu unserer großen Freude heute bei uns weilt, besondere Erwähnung. Im Jahre 1927 wurde sie die Gattin und Lebenskameradin unseres Jubilars und seine beste und sensibelste Mitarbeiterin. Frau FOERSTER stammt aus einer Musikerfamilie und ist selbst hochmusikalisch. Ihre musische Begabung, ihr persönlicher Charme und die liebevolle Fürsorge, mit der sie ihren Gatten umgibt, haben sein Lebenswerk zweifellos wesentlich gefördert. Frau FOERSTER nahm an der Gestaltung der Kataloge zunehmenden Anteil. Seit 1945 hat sie alle Manuskripte ihres Mannes nach seinem Diktat aufgenommen und die Korrekturen gelesen. Sie hat ihm auch beim Quellenstudium, beim Exzerpieren, bei der Pflege und Entwicklung seiner weltweiten Korrespondenz und seiner weitgespannten fachlichen und menschlichen Beziehungen unermüdlich und verständnisvoll beigestanden. Es freut uns, daß auch Fräulein MARIANNE FOERSTER, die Tochter von KARL und EVA FOERSTER, heute hier ist. Sie hat bei ihrem Vater in Bornim die Gärtnerei erlernt und ist über mehrere Stationen zur Gartengestaltung gelangt. Wir sprachen davon, daß unser Geburtstagskind schon durch Vater und Mutter mit den Musen verbunden war. So müssen wir, um seiner Persönlichkeit gerecht zu. werden, auch dem Poeten KARL FOERSTER einige Worte widmen. RENÉ SCHICKELE schrieb 1924 in seinem Aufsatz „Das Blumenjahr": „Findet sich einmal unter den Gärtnern ... ein Dichter, so kann es nicht fehlen, daß er außerordentlich Schönes zu erzählen weiß. Ein solches Wunder ist KARL FOERSTER in Bornim bei Potsdam" (7). RUDOLF BORCHARDT hat in seinem nachgelassenen Werk „Der leidenschaftliche Gärtner" Gedanken Ausdruck gegeben, die auf seinen Freund KARL FOERSTER gemünzt zu sein scheinen: „Im Dichter stellt sich die ursprüngliche Empfindlichkeit und Gegenwirkung des Menschen, sein naives Uralter, in jedem Jahrtausend neu wieder her. Ob man das Verhalten des Menschen zur Form der Blume aus seinen ältesten Urkunden abliest oder aus den Gedichten EDNA MILLAYS, macht für die Einsicht keinen Unterschied" (1). BORCHARDT fügte hinzu: „Der menschliche Geist ist der Blume verwandter als dem Tiere und hat sich immer so empfunden. Dieser Umstand allein erklärt es, daß die Vegetationsmetapher die gesamte menschliche Sprache durchädert und das heimliche Gerüst aller ihrer Bildlichkeit ist" (1).

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In FOERSTERs Lyrik ist die Vegetation nicht nur metaphorisch verwendet, sie bildet vielmehr ihren eigentlichen Gegenstand, ihr vielfältig und schillernd abgewandeltes Grundthema. Hier einige Sätze aus seinem „Garten als Zauberschlüssel"; sie könnten heut' in der Morgenfrühe entstanden sein, als wir uns in Bornim auf den Weg zu dieser Feier machten: „Undenklich früh im Jahre lockte mich bei allererster Vorfrühlingswärme leiser, kaum glaublicher Amselgesang in einen fremden Gartenhof ... Die Töne stiegen wie Wasser aus einer Quelle im Halse herauf und wurden oben zu leisen Strahlen und Fluten, denen das Ohr kaum traute ... Am Fuß des Wasserbeckens aus uraltem Sandstein ... lagen die Knospenkugeln der Pestwurz wie grüne Haselnüsse ... Unter den rosa Seidelbaststräuchern ... blüht ein Busch immer 3 Wochen früher als alle anderen Seidelbastbrüder; vor der Südwand des Hauses duften Hyazinthen ... und mischen ihre frisch erwärmten Düfte oft noch mit feuchter Luft schmelzenden Schnees; dunkel weggetaute Fußstapfen im Märzschnee führen auf vollblühende Krokushänge z u . . . " An anderer Stelle fügt er hinzu: „Heute ist der Vorfrühling eine Gartenzeit, deren volle Ausschöpfung wahre Gartenfreunde nur ungern missen, zumal sie wissen, daß in uns selbst Frühling nur dann zum Sommer, Sommer nur zum Herbst und Herbst nur zum Winter wahrhaft durchreift, wenn wir das junge Jahr schon in den ersten Anfängen und Präludien der langen, wechselreichen Frühwochen durchleben" (4). Auch im Sattel des Pegasus blieb KARL FOERSTER immer Gärtner, irdischer Realität bewußt. So war er auch'umgekehrt bei seiner züchterischen Arbeit an der Pflanze niemals ein von tierischem Ernst besessener Nur-Fachmann, sondern ein wahrhaft beschwingter Gärtner, einer von jenen, die unser tschechischer Freund KAREL CAPEK in seinem reizenden Büchlein „Das Jahr des Gärtners" abgebildet hat. Dort heißt es, daß der Gärtner ein Produkt der Kultur und keinesfalls einer natürlichen Entwicklung sei. „Wäre er nämlich", meint ÖAPEK, „von Natur aus entstanden, so sähe er anders aus. Vor allem hätte er Beine wie ein Käfer und besäße Flügel, einerseits der Schönheit wegen, andererseits, um über seinen Beeten schweben zu können." Ich weiß nicht, ob Sie sich noch, verehrter Herr FOERSTER, an unser Zusammensein in Hamburg 1951 erinnern. Sie, GÜNTHER BICKERICH und ich besuchten die schöne Ausstellung „Planten un Blomen". Wir liefen und hockten dort stundenlang zwischen den Phloxen herum: Sie unser Mentor, BICKERICH eifrig notierend, und ich mit der Kamera. Es ist Ihnen tatsächlich gelungen, uns abgebrühte Gartenleute aus unserer — wie Sie es nennen — „mittelauwarmkühlen" Gelassenheit zur Weißglut Ihrer Begeisterung zu treiben. ÖAPEK nennt solche erhitzten Leute „Blumisten". Er sagt: „Es gibt Delphinisten, die Rittersporne züchten, es gibt Rosenfanatiker oder Rosarianer, die nur mit Madame Druschki, Madame Herriot, Madame Caroline Testout und anderen Persönlichkeiten Umgang pflegen, deren Seelen als Rosen weiterleben. Es gibt phantastische Phloxisten oder Philophloxisten, die im August, wenn die Flammenblume blüht, laut die Chrysanthemanen verhöhnen, was ihnen diese dann im Oktober, wenn das Chrysanthemum indicum blüht, wieder heimzahlen. Man trifft melancholische Asternisten, die die Spätastern allen Freuden des Lebens vorziehen. Die wildesten aller leidenschaftlichen sind jedoch, von den Kaktusnarren abgesehen, die Dahlienzüchter oder Georgianer" (2).

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Beiläufig bemerkt; Selbst FOERSTER gingen die Georgianer manchmal über die Hutschnur. Angesichts der wachsenden Fülle immer schönerer Dahlienneuheiten hat er einmal resigniert das Sortenhäufchen von „Anno Tobak" zurückgeseufzt, obwohl er der wuchernden Vielfalt dieser „zweiten Volksblume" kulturelle Dynamik bescheinigt hat: „Tomaten-und Dahlien lächeln sich verstohlen zu, Landsleute aus Montezumas Reich, etwa 100 Jahre bei uns. Alexander von Humboldt sandte 1803 Dahliensamen an die Botanischen Gärten von Berlin und Paris..Daraus ging zu einem großen Teil der ungeheure Reigen herbstlicher Blumengesichter hervor, der immer mehr Menschen auf beiden Seiten der Erde in Bewegung bringt . . . " (4). Doch zurück zu den Phloxen in Hamburg! KARL FOERSTER, der große Philophloxist und Polyblumist war dort ganz in seinem Element. Wie ein Ramses ragte er aus dem Gewoge der Farben und Düfte vor uns auf. So drängten sich schließlich die Worte über meine Lippen: „Sie haben völlig recht, Herr FOERSTER, ,Das Leben ohne Phlox ist ein Irrtum!'" „Was", schrie er mich an, „ein Irrtum? Nein. Ein Wahnsinn!" Ist er also vielleicht doch ein Phantast? Nein und abermals nein! Zunächst hat er in eigener Sache versichert: „Ich unterscheide zwei Arten der Begeisterung, die naive und die kritische — und ich bin natürlich der letzteren verschworen, die bekanntlich viel größere Freuden bereitet." Sodann sei ÄLBRECHT THAER angerufen. Selbst dieser kühle Verstandesmensch bezeichnete sich, ohne rot zu werden, in seiner Gärtnerzeit beharrlich als „Blumist". Symptome von Eudämonismus? Schon möglich; denn dieser merkwürdig vernunftgeborene Glückseligkeitsdrang der Aufklärungszeit befiel ganz unterschiedlich geartete Naturen. Sein Virus nistete sowohl in den geschliffenen Sentenzen des Skeptikers VOLTAIRE, als auch im „Zurück zur Natur" von dessem philosophischen Antipoden, im„Geheul dieses Wilden" JEAN JACQUES ROUSSEAU. Es tat auch dem Wirken jener bedeutenden Gärtner keinen Abbruch, die sich die Überwindung des Natur- und Gartenaberglaubens ä la PARACELSUS und MIZALDUS zum Ziel gesetzt hatten. Ich erinnere an die Schriften „Kluger und sorgfältiger Gärtner" (1737) von LUDWIG PHILIPP KRAUSE und „Vermischte Ab-, handlungen über Landwirtschaft und Gärtnerei (1768) von GOTTLlEB RAMMELT. Doch wozu Analogien? Lassen wir im Sinne der Schau- und Sichtungsgärten den Augenschein sprechen! BICKERICH und ich wollten nach unserem Phloxerlebnis mit KARL FOERSTER der Insel Helgoland einen Besuch abstatten. Nach langen Kriegs- und Nachkriegsjahren begannen dort wieder ziviles Leben und die Arbeit in der biologischen Station aufzukeimen. Wir fuhren also nach Cuxhaven hinaus und vertrauten uns bei der „Alten Liebe" einem stark verkleinerten Ozeanriesen an. Kaum daß wir in See gestochen, erhob sich ein großer Wind. Die Wellen schlugen höher und höher. Nun wurde uns erst so recht bewußt, wie gut KARL FOERSTER in seiner Jugend beraten war, als sein Onkel zu ihm sagte: Werde nicht Seefahrer, sondern Gärtner! Bei Feuerschiff Elbe II würde es auch unserm Käptn' zu bunt; er ließ beidrehen. Da geschah es: BICKERICHs Buch mit den vielen Phlöxnotizen ging über Bord, sei es, weil wir bisher dem zürnenden Neptun standhaft den üblichen Tribut verweigert hatten oder auch deshalb, weil in dem Buch Phloxsorten wie U n d i n e , L e u c h t q u a l l e und K o r a l l e verzeichnet standen. „Halb zog man es, halb sank es hin." Es

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kehrte jedoch nicht zurück, wie weiland der Ring des Polykrates. Das war in gewissem Sinn unser Glück. Daheim gelang es uns nur sehr unvollkommen, die Phloxsorten an Hand der Farbfilme zu bestimmen. So traten wir an einem tristen Novembertag zerknirscht vor den Philophloxisten von Bornim. Dort schmolz unsere Skepsis vollends und endgültig dahin. KARL FOERSTERs „kritische Begeisterung" ließ nicht nur Sorte um Sorte namentlich auferstehen, sondern auch die Sonne und Wärme des Hamburger Sommertages. Trotz seiner ungewöhnlichen Individualität ist KARL FOERSTER kein Einzelgänger, sondern ein ausgesprochen sozial gearteter Mensch. Er bekennt: „Der Mensch möchte doch auf allen Lebensgängen aus seinem einzelgängerischen Leben erlöst werden, um auf diese Weise erst recht zu sich selbst zu kommen." Dieses Wollen unterstellt er auch den erklärten Gartenliebhabern, wenn er sagt: „Die leidenschaftlichsten Gartenfreunde sind heute keine beschaulichen Sonderlinge und Einsiedler..., sondern Menschen, die ganz im Leben und gleichzeitig mit der Natur auf Du und Du stehen" (4). Auch VAN VLOTEN warnte davor, im Garten von Gnaden seiner Illusionen zu leben und sich im Weichlich-Sentimentalen zu verlieren. „Es treibt", so fügte er hinzu, „in unserer sozialisierenden Zeit ja selbst den hartgesottensten Individualisten fürs Gesamtwohl zu wirken — auf meine allerpersönlichste Art sozial mich zu betätigen und durch Vereindringlichung und Vertiefung des zeitgenössischen, etwas oberflächlichen Behagens am Garten das nationale Einkommen an Lebensfreude zu erhöhen" (29).

Staatssekretär Skodowski (Ministerium für Land- und Forstwirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik) beglückwünscht Dr. h. c. Karl Foerster zur Verleihung des Vaterländischen Verdienstordens

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Immer wieder — in. Büchern, in Aufsätzen und Gesprächen — klingt KARL FOERSTERs soziales Bewußtsein, das Zugehörigkeitsgefühl zu seinen Mitmenschen an. Am unmittelbarsten bei der Arbeit in seiner Gärtnerei, bei seinem Umgang mit den Gärtnern und Arbeitern des Betriebes, an die er ja auch in seinen Schriften oft gedacht hat. So ist es verständlich, daß der Kreis seiner Freunde aus allen Schichten der Bevölkerung in beiden deutschen Staaten und, auch im Ausland unübersehbar groß ist. Es ist hier unmöglich, die Namen der Menschen, auch nur der speziellen gärtnerischen Fachkollegen aufzuzählen, die dem Lebenswerk KARL FOERSTERs besonders nahe gekommen sind. Zu seinen ersten Mitarbeitern in Bornim gehörte EMIL PUSCH, der später in Werder eine kleine, aber für Kenner wirklich delikate Gärtnerei winterharter Gartenpflanzen begründete. EMIL PUSCH wird in der Fachwelt sehr geschätzt. Er hat meines Erachtens nur einen Fehler: seine übergroße.Bescheidenheit. Mit vielen Gärtnern des In- und Auslandes steht KARL FOERSTER in Erfahrungsaustausch. Viele von ihnen sind inzwischen dahingegangen. Zu ihnen zählen der von uns bereits genannte ALEXANDER STEFFEN und der Dendrologe CAMILLO SCHNEIDER. Noch ein anderer unvergeßlicher Fachkollege kreuzte FOERSTERs Weg: GEORG ARENDS, berühmt unter anderem durch seine Züchtungen bei Astilbe, Saxífraga, Prímula und auch Phlox. Wir verneigen uns im Gedenken an diese großen deutschen Gärtner, mit denen einige von uns noch engeren persönlichen Kontakt hatten. Unserem Jubilar wurde vom Schicksal nichts geschenkt. Er hatte oft gegen Krankheit, Enttäuschung und wirtschaftliche Sorgen zu kämpfen. Dpch „Schmerzen, Krankheiten und dergleichen brauche ich, um immer wieder meinen inneren Schwerpunkt zu finden", gesteht er. Als im Zuge der Braunen Pest der verbrecherische Hitler krieg die Welt erschütterte, war auch KARL FOERSTERs Lebenswerk bedroht. Aber er verlor nicht den Mut, getreu seiner Devise: „Ich bleibe unter allen Umständen rasender, unheilbarer Optimist; doch ist meine Zuversicht auch nicht nur so angeflogen." Während das Gespenst des Hungers in Deutschland umging, zog er statt Stauden Gemüsepflanzen heran. Auf den Beeten, wo die Eliten seiner Züchtungen gestanden hatten, wuchsen nun Kohlköpfe und Salat. So half er trotz vorgerückten Alters wie alle unsere Gärtner tatkräftig mit, dem Volke Nahrung zu schaffen. Dabei ließ er jedoch sein Lebensziel nie aus den Augen. Er vergaß nicht, einen eisernen Bestand an Staudenmutterpflanzen zu sichern und so nebenbei mit ihnen zu experimentieren. Bereits im Jahre 1945 setzte sich die Sowjetische Akademie der Wissenschaften, Abteilung Botanik, für KARL FOERSTER ein. Unseren sowjetischen Freunden ist es zu danken, daß der Betrieb KARL FOERSTERs alsbald zum „Forschungs- und Züchtungsbetrieb" erklärt wurde. Damit war die elementare Grundlage der FOERSTERschen Züchtungsarbeit gesichert. Inzwischen hatte er auch in KARL- HOFER einen Mann gefunden, der uneigennützig und ohne seine Kräfte zu schonen beim Wiederaufbau des Betriebes leitend mitwirkte und damit wesentlich dazu beigetragen hat, die pflanzliche und landschaftsgärtnerische Produktion des Betriebes zu steigern und die materiellen Voraussetzungen für die Züchtungsarbeit KARL FOERSTERs zu verbessern.

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Noch mehrere Jahre nach dem Krieg stand in Bornim der Gemüsebau im Vordergrund. Doch auch das Gemüse bietet nach FOERSTERs Meinung ästhetische 5,0). Sie war bei beiden Ploidiestufen gleich hoch. Ein deutlicher Unterschied zwischen diploid und tetraploid ist allerdings bei der Form der Kronenblätter festzustellen (Abb. 6). Das Kronenblatt einer Blüte der

Abb. 6. Blüten der diploiden (rechts) und tetraploiden (links) Form (in cm, Vergr, l,5fach).

tetraploiden Form ist breiter als das einer diploiden. Markant ist bei den Diploiden die etwas mehr ausgezogene Ansatzstelle, welche den lockeren Aufbau der Blüte bestimmt. Bei den Tetraploiden ist diese Stelle ganz kurz und kaum ausgebildet, so daß die Kronenblätter zu Uberdeckung neigen. S t a u b b l ä t t e r : Unterschiede konnten auch beim Merkmal Antherenzahl (einschließlich Staminodien) festgestellt werden ( ^ = 18,76; (Va = 16,96; P % < 0,1). Es zeigte sich eine deutliche Abnahme der Antherenzahl von diploid zu tetraploid. Aber es konnte keine Blüte gefunden werden, wo nur Staminodien vorhanden .waren. Pollen Die teilweise unvollkommene Ausbildung der Antheren ließ Funktionsmangel beim Pollen vermuten. Es wurden daher neben Pollenkeimproben auch Auszähl u n g e n der P o l l e n nach i h r e r F ä r b b a r k e i t durchgeführt. Zu diesem Zweck wurden sie mit Carminessigsäure .wenige Sekunden gefärbt. J e nach Färbintensität konnte der Pollen in zwei Klassen eingeteilt werden. Die gut ausgebildeten, wahrscheinlich keimfähigen Körner färbten sich gleichmäßig rot und die verkümmerten

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blieben schwach rot bis farblos. Danach schwankte der Anteil der intensiv färbbaren Pollenkörner bei diploid zwischen 70 und 80% und bei tetraploid zwischen 40 und 70%. P o l l e n k e i m u n g : Auch die intensiv färbbaren Körner schienen nicht alle funktionsfähig zu sein, denn bei den Tetraploiden lagen die Keimprozente weit unter den oben erwähnten Zahlen. Die Tabelle 3 zeigt einen großen Unterschied zwischen diploid und tetraploid. Zusatz von arteigenen Narben erhöhte die Keimfähigkeit der Pollen tetraploider Tabelle 3 Pollenkeimprüfung in Rübenzucker gesamt diploid tetraploid tetraploid (mit Narbe)

Pollenzahl färbbar

färbbar %

10% 51,01 1,91

933 1243

749 690

80,28 55,55

587

289

49,23

Keimfähigkeit 15%+Bor 20% 77,86 3,37





4,54 1,09 —

Herkunft nicht. Die wenigen keimenden Pollen bei Narbenzusatz wuchsen auch nicht zur Narbe hin, wie man das hätte vermuten können. P o l l e n s c h l a u c h w a c h s t u m im Griffel: Die Pollenschläuche der Tetraploiden waren in künstlichem Keimmedium kürzer und gedrungener. Diese Tatsache veranlaßte uns zu einer Prüfung ihrer Funktionsfähigkeit im Griffelgewebe nach der Methode von KOBEL und STEINEGGER (1934) mit Baumwollblau. Nach den Beobachtungen ist kaum mit wesentlichen Störungen im Pollenschlauchwachstum zu rechnen. Die Schnelligkeit des Pollenschlauchwachstums wurde von uns nicht geprüft. Die Möglichkeit, daß hier Unterschiede zwischen den beiden Ploidiestufen auftreten, ist nicht ausgeschlossen. Nüsse Wie bei anderen Pflanzenarten war zu erwarten, daß auch bei der Monatserdbeere mit Verdopplung der Chromosomenzahl sich das Tausendkorngewicht (TKG) vergrößerte. Deshalb wurde von beiden Ploidiestufen das TKG ermittelt. Die in der Tabelle 4 angegebenen Werte anderer Pflanzenarten sind aus Arbeiten von SCHWATabelle 4 Tau sendkorngewicht diploider und tetraploider Pflanzen Pflanzenart Frag. vesca var. semperflorens Lepidium sativum Brassica rapa var. oleifera Sinapis alba L.

Tausendkorngewicht in g diploid

tetraploid

0,33

0,64

1,85

2,43

2,98 4,47

4,62 8,71

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KLUGE, Das Verhalten der diploiden Form von Fragaria vesca var. semperflorens

N I T Z (1941, 1948) entnommen. Man sieht daraus, daß mit steigender Polyploidiestufe eine Zunahme der Nußgröße verbunden ist. Das T K G bei Garteüerdbeeren (oktoploid) schwankte zwischen 0,6 und 0,7 g. Zur P r ü f u n g des K e i m v e r l a u f e s diente die diploide Form von Frag, vesca var. silvestris (Walderdbeere) und die tetraploide Form von Frag, vesca var. semperflorens (Februar bis März 1954 je 100 Nüsse, 2 Wiederholungen, bei 18 bis 20° C in aqua dest. auf Fließpapier in Petrischalen)! Aus Abbildung 7 ist zu ersehen, daß die Diploiden eine viel höhere Keimfähigkeit besaßen als die Tetraplosoiden. Die Nüsse der tetraploiden Form i0keimten etwas früher als die der diploiden 30 Form, doch war der Keimverlauf bei letzteren viel besser, so daß diese am ioin Ende eine 60%ige Keimfähigkeit gegenta über 2 4 % bei den Tetraploiden aufwie22.2. 26.2. 2.3. 6.3. 10.3. u.3. m.3.22.3.26.3. 303i9Si sen. Zu einem anderen Zeitpunkt konnte Abb. 7. Keimverlauf (in Prozent) der Nüsse auch der Keimverlauf der diploiden Form von Frag, vesca var. silvestris (2n) und Frag, von Frag, vesca var. semperflorens gevesca var. semperflorens (4n). p r ü f t w e r d e n . D i e Keimprozente lagen mit 4 5 % im März, 4 0 % im April bis Mai und 4 0 % im Juni 1954 noch weit über der tetraploiden Form. Die A n z a h l der a u s g e b i l d e t e n N ü s s e j e S c h e i n f r u c h t ließ ebenfalls Unterschiede zwischen den Ploidiestufen vermuten. Jede ausgereifte Scheinfrucht wurde auf Fließpapier zerdrückt, getrocknet und anschließend die Nüsse gezählt. Die Scheinfrüchte wurden entsprechend ihrer Lage an der Infloreszenz bestimmten Ordnungen zugeteilt. Dabei gehörte eine zuerst ausgebildete Blüte oder Scheinfrucht der 1. Ordnung an. Da zwischen den Ordnungen innerhalb einer Infloreszenz noch Unterschiede möglich waren, sind diese Werte getrennt aufgezeichnet worden. Tabelle 5 Mittelwerte der Nußzahl je Scheinfrucht, getrennt nach Ploidiestufe, Ordnungen und Jahren 2n 1. Ordnung 2. Ordnung 3. Ordnung

121,8 107,2 84.1

1953

4n

2n

38,3 42,2 41,0

86,1 76,4 70,3

1954

4n 30,4 26,0 26,1

Eine statistische Analyse erfolgte nur, wenn je Pflanze und Ordnung mindestens 10 Scheinfrüchte vorhanden waren. Eine Prüfung auf Signifikanz der Unterschiede zwischen den Formen, Jahren und Ordnungen mit Varianz zwischen den Pflanzen als Testkriterium ist nur berechtigt, wenn diese Varianz größer ist, als innerhalb der Pflanzen. Auf Grund der hohen VariationsTcoeffizienten innerhalb der Pflanzen ließ sich eine Entscheidung darüber

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nicht ohne weiteres fällen. Es machte sich daher ein spezieller Test notwendig, der in allen Fällen eine größere Varianz zwischen den Pflanzen ergab. Die Differenzen zwischen diploid und tetraploid waren in beiden Jahren, 1953 und 1954, sehr hoch (Tab. 6a). Vergleicht man nun die Werte innerhalb der einzelnen Formen und Ordnungen von Jahr zu Jahr, so sind bei den Diploiden gesicherte Unterschiede in der 1. und 2. Ordnung vorhanden (Tab. 6 b). Bei der tetraploiden Tabelle 6 Differenzen zwischen Ploidiestufen, Jahren und Ordnungen der Nußzahl je Scheinfrucht (bei P % < 5,0 Fettdruck) a) Zwischen Ploidiestufen (2n—4n) Jahre

|

Ordnungen

1953

|

1954

1.

2.

3.

1.

2.

83,5

65,0

43,1

55,7

50,4

3.

1.

3. |

44,2

b) Zwischen Jahren (1953— 1954) Ploidiestufen | Ordnungen

2n

1. 35,7

4n

2. |

30,8

|

13,8

|

2.

7,9

|

16,2

3. |

14,9

c) Zwischen Ordnungen (1—2,1—3,2—3) 1953

Jahre

1954

Ploidiestufe

2n

4n

2n

4n

1-2 1-3 2-3

14,6 37,7 23,1

3,9 2,7 1,2

9,7 15,8 6,1

4,4 4,3 0,1

Form ist die Differenz in der 1. Ordnung nicht signifikant. Die Ursache, weshalb im Jahre 1954 weniger Nüsse pro Scheinfrucht ausgebildet wurden, ist vielleicht in der kühlen Witterung zu suchen. Während der Entwicklungsperiode im Juli lagen die Temperaturen unter dem langjährigen Mittel. Ebenso verhält es sich mit der Sonnenscheindauer (Abb. 8). Dies wird einen gewissen Einfluß auf die Bestäubungsmöglichkeit gehabt haben. Betrachtet man nun die Anzahl der Nüsse je Scheinfrucht innerhalb einer Form und innerhalb eines Jahres, so ist nur bei diploid eine deutliche Abnahme von der 1. zur 3. Ordnung in beiden Jahren festzustellen (Tab. 5 und 6c). Bei den Tetraploiden tritt diese Tendenz überhaupt nicht in Erscheinung. Scheinfrucht Es wurden Beginn und Verlauf der Ernte, Gesamtzahl der ausgebildeten Scheinfrüchte und ihre Größe ermittelt. Entsprechend dem unterschiedlichen Blühbeginn zwischen diploid und tetraploid war. auch der Erntebeginn verschieden. Während dieser Tag bei allen Diploiden auf den 9. Juni 1954 fiel, schwankte der Termin bei

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KLUGE, Das Verhalten der diploidenForm von Fxdgaria vesca var. semperflorens

den Tetraploiden zwischen dem 14. und 21. Juni. Aus dem Jahre 1953 liegen nur die Termine für den Erntebeginn vor. Aber auch hier waren zwischen den beiden Formen bis zu 14 Tage Unterschied. Ähnlich der Entwicklung der Infloreszenzen verlief auch