Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut: Zugleich ein Beitrag zum Sonderdeliktscharakter von Kriegsverbrechen [1 ed.] 9783428535170, 9783428135172

Seit dem Ende des Kalten Krieges hat mit der Privatisierung von bewaffneten Konflikten in Form des outsourcing militäris

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German Pages 258 Year 2011

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Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut: Zugleich ein Beitrag zum Sonderdeliktscharakter von Kriegsverbrechen [1 ed.]
 9783428535170, 9783428135172

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Beiträge zum Internationalen und Europäischen Strafrecht Studies in International and European Criminal Law and Procedure Band / Volume 9

Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militärund Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut Von Simon Menz

Duncker & Humblot · Berlin

SIMON MENZ

Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut

Beiträge zum Internationalen und Europäischen Strafrecht Studies in International and European Criminal Law and Procedure Herausgegeben von / General editor RiLG Prof. Dr. Kai Ambos

Band / Volume 9

Die Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militärund Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut Zugleich ein Beitrag zum Sonderdeliktscharakter von Kriegsverbrechen

Von Simon Menz

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaften der Philipps-Universität Marburg hat diese Arbeit im Sommersemester 2010 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2011 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Process Media Consult GmbH, Darmstadt Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1867-5271 ISBN 978-3-428-13517-2 (Print) ISBN 978-3-428-53517-0 (E-Book) ISBN 978-3-428-83517-1 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2010 vom Fachbereich Rechtswissenschaften der Philipps-Universität Marburg als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur sind mithin auf dem Stand von Mitte 2010. Zu besonderem und herzlichem Dank bin ich zuvörderst meinem Doktorvater Prof. Dr. Christoph J.M. Safferling für die hervorragende Betreuung der Dissertation verpflichtet. Mein Dank gilt ebenfalls Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Gilbert Gornig für die sehr zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Weiterhin danke ich dem Verlag Duncker & Humblot für die gute Zusammenarbeit und Prof. Dr. Kai Ambos für die Aufnahme meiner Dissertation in die Schriftenreihe „Beiträge zum Internationalen und Europäischen Strafrecht“. Der Fazit-Stiftung und dem Auswärtigen Amt möchte ich ebenfalls für die großzügigen Druckkostenzuschüsse danken. Mein Dank gilt zahlreichen weiteren Personen, die durch viele hilfreiche Diskussionen und Anregungen zum Gelingen dieser Arbeit erheblich beigetragen haben. Hervorzuheben sind dahingehend vor allem die Mitarbeiter des „Lehrstuhl-Teams“ von Prof. Dr. Safferling und des Forschungs- und Dokumentationszentrums Kriegsverbrecherprozesse (ICWC) der Philipps-Universität Marburg. Wolfgang Glöckler hat sich dankenswerterweise die Zeit genommen, um in der ihm eigenen akribischen Art und Weise das Manuskript auf formale Fehler zu überprüfen. Abschließend gebührt der größte Dank meiner Familie, insbesondere meinen Eltern Yvonne und Ulrich Menz, ohne deren große moralische Unterstützung weder mein Studium noch die Promotion in dieser Form möglich gewesen wäre. Dem unerschütterlichen Vertrauen und Rückhalt sowohl in der Vergangenheit als auch der Zukunft gewiss, möchte ich ihnen als kleine Anerkennung diese Arbeit widmen. Wiesbaden, im November 2010

Simon Menz

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 B. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Erstes Kapitel Begriffsbestimmung

26

A. Sicherheitsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 B. Militärunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Zweites Kapitel Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

32

A. Der internationale bewaffnete Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 I. Kombattanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 1. De-iure-Kombattanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 a) Allgemeine Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 b) Zusätzliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 aa) Art. 4 A Abs. 2 GA III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 bb) Änderungen durch das ZP I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 (1) Art. 43 ZP I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 (2) Art. 44 ZP I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 2. De-facto-Kombattanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 a) Personenkategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 aa) Art. 43 Abs. 1 ZP I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 (1) Organisierte Gruppe oder Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

8

Inhaltsverzeichnis (2) Bewaffnet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 (a) Unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . 48 (aa) Feindseligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 (bb) Unmittelbare Teilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 (b) Ausrichtung der PMCs/PSCs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 (aa) Military Provider Firms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 (bb) Private Security Companies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 (cc) Military Consultant Firms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 (dd) Military Support Firms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 bb) Art. 4 A Abs. 2 GA III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 b) Verbindung zu einer Konfliktpartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 aa) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 (1) Bei staatlichen Auftraggebern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 (2) Bei nicht-staatlichen Auftraggebern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 bb) „Faktische Unabhängigkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 c) Verantwortliche Person bzw. Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 aa) Jurisdiktion der Militärgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 bb) Ordentliche Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 d) Unterscheidungszeichen und Waffen offen tragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 bb) Ausnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 e) Einhaltung des Völkerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 II. Zivilisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 1. Grundsätzlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 2. Spezialfall des Art. 4 A Abs. 4 GA III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 III. Söldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 IV. Illegitime oder Quasi-Kombattanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

B. Der nicht-internationale bewaffnete Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 I. Innere Unruhen und Spannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

Inhaltsverzeichnis

9

II. Gemeinsamer Art. 3 GA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 1. Territorialer und parteibezogener Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 2. Abgrenzung zum rein internen Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 III. Art. 1 ZP II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 2. Verhältnis zum gemeinsamen Art. 3 GA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 IV. Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 V. Kombattantenstatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 1. Traditionelles Völkerrechtsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 a) Fehlender Kombattantenstatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 b) Existenz einer zweiten statusrechtlichen Gruppe neben Zivilisten . . . . . . . . 94 2. Art. 8 Abs. 2 lit. e.) ix.) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 a) Auslegung der Norm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 b) Weitere Argumente für die Anerkennung eines Kombattantenstatus . . . . . . . 99 VI. Der Status von privaten Mitarbeitern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 1. Gemeinsamer Art. 3 GA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2. Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut und Art. 1 Abs. 1 ZP II . . . . . . . . . . . . . . . 102 C. Gemischte Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 D. Ergebnis und Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 Drittes Kapitel Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

106

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 I. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 II. Sonderdeliktscharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 1. Begriffserklärung und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2. Wortlaut der Statuten internationaler Straftribunale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 3. Militärhandbücher, Gesetzgebung und nationale Rechtsprechung . . . . . . . . . . . 115 4. Stand der Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

10

Inhaltsverzeichnis 5. Historische Entwicklung des Täterbegriffs in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . 117 a) Nürnberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 aa) Der Hauptkriegsverbrecherprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 (1) Relevante Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 (2) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 bb) Die Nachfolgeprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (1) Die zwölf Nürnberger Nachfolgeprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (2) Weitere Nachfolgeprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 (3) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 (a) Die zwölf Nürnberger Nachfolgeprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 (b) Die anderen relevanten Nachfolgeprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 b) Tokio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 aa) Relevante Urteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 bb) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 c) (Ex-)Jugoslawien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 aa) Der Fall Tadic´ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 bb) Folgeurteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 cc) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 d) Ruanda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 aa) Urteil der Hauptverfahrenskammer im Fall Akayesu . . . . . . . . . . . . . . . . 130 (1) Rechtsausführungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 (2) Folgeurteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 bb) Urteil der Berufungskammer im Fall Akayesu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (1) Rechtsausführungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (2) Folgeurteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 cc) Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 6. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 a) Auslegung des humanitären Völkerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 aa) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 bb) Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 cc) Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 dd) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 b) Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 aa) Situation bei PMCs/PSCs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

Inhaltsverzeichnis

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bb) Auswirkungen auf Beteiligungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 7. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 III. Art. 8 ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 1. Die übergreifenden Voraussetzungen des Art. 8 ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . 146 a) Bewaffneter Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 aa) Internationaler Charakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 bb) Nicht-internationaler Charakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 (1) Art. 8 Abs. 2 lit. d.) und f.) S. 1 ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 (2) Art. 8 Abs. 2 lit. c.) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 (3) Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 (a) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 (b) Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 (c) Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 (d) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 b) Zeitlicher und örtlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 c) Kriegsverbrechen als Teil eines Planes oder einer Politik . . . . . . . . . . . . . . . 159 d) Potentieller Täterkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 aa) Verbindung zu einer Konfliktpartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 bb) Begehungszusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 e) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 aa) Art. 30 ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 bb) Sonderregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 (1) Strafbarkeitserweiterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 (2) Strafbarkeitsverengungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 2. Aktuelle Beispielsfälle aus der Praxis unter Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut . . . . . . . . 169 a) Geschützter Personen- und Objektkreis bei Kriegsverbrechen . . . . . . . . . . . 169 b) Der Skandal von Abu Ghraib . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 aa) Internationaler Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (1) Art. 8 Abs. 2 lit. a.) ii.) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (2) Art. 8 Abs. 2 lit. a.) iii.) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 (3) Art. 8 Abs. 2 lit. a.) vii.) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (4) Art. 8 Abs. 2 lit. b.) xxi.) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (5) Art. 8 Abs. 2 lit. b.) xxii.) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

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Inhaltsverzeichnis bb) Nicht-internationaler Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 (1) Art. 8 Abs. 2 lit. c.) i.) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 (2) Art. 8 Abs. 2 lit. c.) ii.) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 (3) Art. 8 Abs. 2 lit. e.) vi.) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 c) Tötung von Zivilisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 aa) Internationaler Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 (1) Art. 8 Abs. 2 lit. a.) i.) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 (2) Art. 8 Abs. 2 lit. b.) i.) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 bb) Nicht-internationaler Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (1) Art. 8 Abs. 2 lit. c.) i.) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 (2) Art. 8 Abs. 2 lit. e.) i.) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 d) Vortäuschen eines zivilen Status . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 aa) Internationaler Konflikt: Art. 8 Abs. 2 lit. b.) xi.) ICC-Statut . . . . . . . . . 183 bb) Nicht-internationaler Konflikt: Art. 8 Abs. 2 lit. e.) ix.) ICC-Statut . . . . 184 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 3. Jurisdiktion des ICC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 a) Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 aa) „Ratione personae“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 bb) „Ratione materiae“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 cc) „Ratione temporis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 dd) „Ratione loci“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 b) Komplementaritätsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 aa) Mangelnder Wille oder Fähigkeit zu Strafverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . 188 bb) Besondere Schwere der Sache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 c) Amnestien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 aa) De-facto-Amnestie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 bb) De-iure-Amnestie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195

B. Die Verantwortlichkeit der Unternehmen als juristische Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 C. Die Verantwortlichkeit der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 I. Vorgesetztenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 1. Militärische Vorgesetzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

Inhaltsverzeichnis

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2. Zivile Vorgesetzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 a) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 b) Restriktive Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 aa) Anforderungen an die Einrichtung bzw. das Unternehmen . . . . . . . . . . . 203 bb) Tatsächliche Führungsgewalt und Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 c) Art. 28 lit. b.) ii.) ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 II. Pflichtwidriges Unterlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 1. Das Völkerrechtsverbrechen wurde noch nicht begangen . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 2. Das Völkerrechtsverbrechen wurde schon begangen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 3. Erforderlichkeit und Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 a) Konkrete Gegenmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 aa) Die Pflicht zu „verhindern“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 bb) Die Pflicht zu „unterbinden“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 cc) Die Pflicht „vorzulegen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 b) Allgemeine Kontrollpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 III. Kausalzusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 IV. Subjektive Tatseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 1. Militärischer Vorgesetzter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 a) „Had reason to know“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 b) „Should have known“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 2. Zivile Vorgesetzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 3. Nachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 Viertes Kapitel Abschlussbewertung

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A. Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 I. Der völkerrechtliche Status . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 II. Der „Sonderdeliktscharakter“ von Kriegsverbrechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 III. Verantwortlichkeit nach Art. 8 ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

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Inhaltsverzeichnis IV. Haftung der Geschäftsführung nach Art. 28 ICC-Statut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

B. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 Personen- und Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256

Abkürzungsverzeichnis a.A. Abs. AEI AFLR AIV AJIL ALR Alt. AöR Art. ASPI ASR AUILR AVR BCI&CLR bspw. BT-Drs. BYIL bzw. ca. CILJ CJIL CJTL CLF CLJ CLP CSD CW CWRJIL CYIL DJIL&P DJILP E&Z EGMR EILR EJIL ELSA et al. EuGRZ FILJ FLR

andere Ansicht Absatz Annales d ðtudes Internationales Air Force Law Review Advisory Council on International Affairs American Journal of International Law Air Law Review Alternative Archiv des öffentlichen Rechts Artikel Australian Strategic Policy Institute African Security Review American University International Law Review Archiv des Völkerrechts Boston College International&Comparative Law Review beispielsweise Drucksachen des Deutschen Bundestages British Yearbook of International Law beziehungsweise circa Connecticut Journal of International Law Chicago Journal of International Law Columbia Journal of Transitional Law Criminal Law Forum Contract Law Journal Current Legal Problems Conflict, Security and Development Civil Wars Case Western Reserve Journal of International Law Canadian Yearbook of International Law U.C. Davis Journal of International Law&Policy Denver Journal of International Law and Policy Zeitschrift für Entwicklung und Zusammenarbeit Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Emory International Law Review European Journal of International Law European Law Students Association et alii (und andere) Europäische Grundrechte-Zeitschrift Fordham International Law Journal Fordham Law Review

16 FS FW GA I GA II GA III GArch gem. GfBV GJIL grds. GreifRecht GWLR GYIL HA IV HFR HILJ HLKO h.M. HPCR Hrsg. HS. HuV-I HYIL I&CLR I&CLQ ibid. ICC ICJ ICLR ICRC ICTR ICTY IFK IJGLS ILC ILR ILS IMI IMT IMTFE IRRC

Abkürzungsverzeichnis Festschrift Die Friedens-Warte Genfer Abkommen v. 12. August 1949 zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der Streitkräfte im Felde Genfer Abkommen v. 12. August 1949 zur Verbesserung des Loses der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen der Streitkräfte zur See Genfer Abkommen v. 12. August 1949 über die Behandlung der Kriegsgefangenen Goltdammers Archiv für Strafrecht gemäß Gesellschaft für bedrohte Völker Georgetown Journal of International Law grundsätzlich Greifswalder Halbjahresschrift für Rechtswissenschaft George Washington Law Review German Yearbook of International Law Das vierte Haager Abkommen von 1907 Humboldt Forum Recht (Juristische Internet-Zeitschrift der Humboldt-Universität Berlin) Harvard International Law Journal Haager Landkriegsordnung, Anlage zum Abkommen, betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs v. 18. Oktober 1907 herrschende Meinung Program on Humanitarian Policy and Conflict Research at Harvard University Herausgeber Halbsatz Humanitäres Völkerrecht Informationsschriften Hague Yearbook of International Law International&Comparative Law Review (Boston College) International&Comparative Law Quarterly ibidem (ebenda) International Criminal Court International Court of Justice International Criminal Law Review International Committee of the Red Cross International Criminal Tribunal for Rwanda International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement der Landesverteidigungsakademie Wien Indiana Journal of Global Legal Studies International Law Commission International Law Reports International Law Studies Informationsstelle Militarisierung International Military Tribunal (Nürnberger Kriegsverbrechertribunal) International Military Tribunal of the Far East (Internationaler Militärstrafgerichtshof von Tokio) International Review of the Red Cross

Abkürzungsverzeichnis i.V.m. IYHR IYIL JA JC&SL JDI JICJ JLS JMLR Jura KJ LJIL MelbJIL MJIL MLR MPYUNL MUEJL m.w.N. NGO NILR NJ NLR No. NTIR NYIL NYUJIL&P NYULR NZG NZZ ÖJZ ÖMZ PCLJ POI PQIA RCAH RdC RDJ RDPMG Rg Rn. S&F SD SDILJ SIPRI SJIL SLR sowi.news

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in Verbindung mit Israel Yearbook of Human Rights The Italian Yearbook of International Law Juristische Arbeitsblätter Journal of Conflict&Security Law Journal du Droit International Journal of International Criminal Justice Journal of Law and Society John Marshall Law Review Juristische Ausbildung Kritische Justiz Leiden Journal of International Law Melbourne Journal of International Law Miskolc Journal of International Law Military Law Review Max Planck Yearbook of United Nations Law Murdoch University Electronic Journal of Law mit weiteren Nachweisen Non-Governmental Organization (Nichtregierungsorganisation) Netherlands International Law Review Neue Justiz Naval Law Review Number Nordisk Tidsskrift for International Ret Netherlands Yearbook of International Law New York University Journal of International Law and Politics New York University Law Review Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zürcher Zeitung Österreichische Juristen-Zeitung Österreichische Militärische Zeitschrift Public Contract Law Journal Peace Operations Institute The Polish Quaterly of International Affairs Recueil des Cours de l’Acadmie de la Haye Recueil des Cours (de lAcadmie de Droit International) Reports of Judgements and Decisions (Entscheidungssammlung des EGMR) Revue de droit pnal militaire et de droit de la guerre Rechtsgeschichte – Zeitschrift des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte Randnummer Sicherheit und Frieden Security Dialogue San Diego International Law Journal Stockholm International Peace Research Institute Stanford Journal of International Law Sydney Law Review Newsletter des sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr

18 STLR SW&I SWP SZ SZIER u. a. UCHL UN Unesco UNWCC Var. VJIL Vol. W&F WBF WILJ WVK YBWA YIHL YILJ ZaöRV z. B. ZIB ZIF ZIP ZIS ZP I ZP II ZRP ZStW

Abkürzungsverzeichnis Suffolk Transnational Law Review Small Wars and Insurgencies Stiftung Wissenschaft und Politik Süddeutsche Zeitung Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht unter anderem University Centre for International Humanitarian Law United Nations United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization United Nations War Crimes Commission Variante Virginia Journal of International Law Volume Wissenschaft und Frieden Wiener Blätter zur Friedensforschung Wisconsin International Law Journal Wiener Vertragsrechtskonvention Yearbook of World Affairs Yearbook of International Humanitarian Law Yale Journal of International Law Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht zum Beispiel Zeitschrift für Internationale Beziehungen Zeitschrift für Innere Führung Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nichtinternationaler bewaffneter Konflikte v. 8. Juni 1977 Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nichtinternationaler bewaffneter Konflikte v. 8. Juni 1977 Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft

Einleitung A. Problemstellung In den letzten Jahren haben sich folgende Schlagzeilen in der deutschen und internationalen Presse gehäuft und damit partiell auch das Interesse der Öffentlichkeit geweckt: „Die Rückkehr der Söldner“1, „I nuovi mercenari del Pentagono un business da 100 miliardi2, „Das Söldnerunwesen blüht“3, „Les mercenaires mettent le cap sur lAfghanistan“4, „Söldner – Mordsgeschäft“5, „Private Contractors Sought as Guards in Afghanistan“6, „Afghanistan – Taliban töten 15 Mitarbeiter von US Firma“7, „Irak – Private US Sicherheitsfirmen wegen Folter angeklagt“8, „George W. Bush und Blackwater – Schüsse im rechtsfreien Raum“9, „Court Rejects Suit Against CACI Over Abu Ghraib Torture – Contractor Granted Wartime Immunity“10, „Scottish government hires firm accused of torture in Iraq“11, „Blackwater: CIA heuerte Söldner für Terroristenjagd an“12, „Söldner auf der Anklagebank“13, 1 Speckmann, in: NZZ (online), v. 18. April 2008, abrufbar unter: http://www.nzz.ch/ nachrichten/kultur/buchrezensionen/die_rueckkehr_der_soeldner_1.712876.html. 2 Van Buren, in: la Repubblica.it, v. 27. Juli 2003, S. 6, abrufbar unter: http://ricerca.re pubblica.it/repubblica/archivio/repubblica/2003/07/27/nuovi-mercenari-del-pentagono-unbusiness.html. 3 In: Salzburger Nachrichten, v. 13. Februar 2009, abrufbar unter: http://search.salzburg. com/articles/3015426?highlight=S%C3 %B6ldner. 4 Ourdan, in: Le Monde, v. 12. Juni 2009, abrufbar unter: http://www.europe-solidaire.org/ spip.php?article14046. 5 Ciesinger, in: Tagesspiegel (online), v. 17. Mai 2008, abrufbar unter: http://www.tages spiegel.de/magazin/wissen/geschichte/Soeldner;art15504,2532561. 6 Pincus, in: Washington Post, v. 8. Dezember 2008, abrufbar unter: http://www.washing tonpost.com/wp-dyn/content/article/2008/12/07/AR2008120702676.html. 7 In: Focus (online), v. 18. Dez. 2007, abrufbar unter http://www.focus.de/politik/ausland/ afghanistan_aid_230048.html. 8 In: Focus (online), v. 6. Mai 2008, abrufbar unter http://www.focus.de/politik/diverses/ irak-private-us-sicherheitsfirmen-wegen-folter-angeklagt_aid_299800.html. 9 Richter, in: SZ (online), v. 13. Januar 2010, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/ politik/708/499980/text/. 10 Musgrove, in: Washington Post, v. 12. September 2009, abrufbar unter: http://www. washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2009/09/11/AR2009091103285.html. 11 In: heraldscotland, v. 26. Juli 2008, abrufbar unter: http://www.heraldscotland.com/ scottish-government-hires-firm-accused-of-torture-in-iraq-1.829007. 12 In: SZ (online), v. 20. August 2009, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/politik/ 402/484835/text/.

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Einleitung „Tödliche Schüsse – US-Militärs belasten Blackwater-Söldner“14, „La relaxe des employs de Blackwater suscite la colre des autorits irakiennes“15, „British contractor goes on trial over Iraq killings“16, „Privatfirmen blasen zur Piratenjagd“17, „Blackwater Guards Tied to Secret C.I.A. Raids“18, „Söldner der Sicherheit – Deutsche Paramilitärs im Irak“19.

Aber wer sind diese häufig als „Söldner“ oder „Private Contractors“ bezeichneten Akteure und welche Rolle spielen sie in Konfliktregionen wie dem Irak oder Afghanistan? Im Rahmen einer rasant zunehmenden Privatisierung von bewaffneten Konflikten hat sich ein internationaler Markt für private Militär- und Sicherheitsdienstleistungen entwickelt und etabliert.20 Polizeiliche sowie militärische Sicherheitsaufgaben werden vermehrt an private Dienstleister ausgelagert, so dass sich der Raum für private Akteure im Kriegsgeschäft weit geöffnet hat.21 Viele staatliche Armeen sind teilweise schon gar nicht mehr in der Lage ohne die Unterstützung von privaten Firmen ihre Aufträge auszuführen und befinden sich insofern bereits in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis. In begrenztem Maße ist auch Deutschland von diesem Trend der Privatisierung im militärischen Bereich betroffen,22 weshalb auch bei uns auf damit einhergehende Gefahren aufmerksam gemacht wurde. Die Unionsparteien und die SPD sind sich jedenfalls über eine schärfere Regulierung der Aktivitäten von privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen sowohl auf nationaler als auch internationaler

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In: SZ (online), v. 8. Januar 2010, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/politik/ 244/499521/text/. 14 In: Spiegel (online), v. 5. Oktober 2007, abrufbar unter http://www.spiegel.de/politik/ ausland/0,1518,509597,00.html. 15 Bolopion, in: Le Monde, v. 3. Januar 2010. 16 Lando, in: Telegraph.co.uk, v. 21. Januar 2010, abrufbar unter: http://www.telegraph.co. uk/news/worldnews/middleeast/iraq/7045453/British-contractor-goes-on-trial-over-Iraq-kil lings.html. 17 Ankenbrand, in: FAZ (online), v. 5. Dezember 2008, abrufbar unter: http://www.faz.net/ s/RubEC1ACFE1EE274C81BCD3621EF555C83C/Doc~EAB11DF317D87418DB1D4BB76 C99999D8~ATpl~Ecommon~Scontent.html. 18 Risen/Mazzetti, in: New York Times v. 10. Dezember 2009, abrufbar unter: http://www. nytimes.com/2009/12/11/us/politics/11blackwater.html?_r=1. 19 Obermaier, in: SZ (online), v. 6. Juni 2008, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/ politik/743/444481/text/. 20 Epiney/Egbuna-Joss, SZIER 17 (2007), 215; Eine Liste der größten privaten Militär- und Sicherheitsfirmen auf der Welt, abrufbar unter: http://www.jaeger.uni-koeln.de/index. php?id=private_militaerfirmen; vgl. zu den Gründen dieser Entwicklung auch Wulf, Wissenschaft&Frieden, 03/2003, abrufbar unter: http://www.wissenschaft-und-frieden.de/seite. php?artikelID=0250. 21 Dazu Braig, Forum Recht 2006, S. 24 ff., 24; Holmqvist, S. 1 f.; Ortiz, S. 205; Epiney/ Egbuna-Joss, SZIER 17 (2007), 215. 22 Ausführlich hierzu Petersohn, SWP 2006, S. 5 ff.

A. Problemstellung

21

Ebene einig. Dieses Thema wird in Zukunft daher auch den Deutschen Bundestag intensiver beschäftigen.23 Die Verwendung von privaten Militär- und Sicherheitsdienstleistern hat mit dem Ende des „Kalten Krieges“ einen Boom erfahren, und die Nachfrage steigt seither stetig an.24 Mit dem Wegfall der Bedrohungslage durch den Ost-West-Konflikt fehlte nämlich fortan das Bedürfnis einer militärischen Machtdemonstration, und es folgten vermehrt Abrüstungsbemühungen der Großmächte.25 Gleichzeitig entstanden aber neue Bedrohungsszenarien in Form von regionalen Konflikten. Hierdurch entwickelte sich ein neuer Markt für die ausgesonderten Waffensysteme und für die Millionen arbeitslosen Berufsoldaten bzw. militärischen Spezialisten.26 Dieses Umfeld schaffte optimale Rahmenbedingungen für das Wachsen der privaten Militär- und Sicherheitsbranche. Um die vorhandenen personellen Engpässe in den staatlichen Armeen auszugleichen und flexibel auf die „neuen“ Herausforderungen instabiler Krisenregionen reagieren zu können, wurde aus Kostengründen verstärkt auf diese Privatunternehmen zurückgegriffen.27 Gegenwärtig sind die Einsatzgebiete vor allem der Irak und Afghanistan. In Anbetracht der globalen Tätigkeitsfelder der Firmen wurden ihre Dienste aber auch von anderen Ländern wie Ruanda, Uganda, Äthiopien oder Kroatien in Anspruch genommen.28 Es besteht insofern eine steigende Präsenz an privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen in internationalen und nicht-internationalen Konflikten.29 Für die USA waren beispielsweise Anfang 2008 im Irak etwa 182.000 Angestellte von privaten Militär- bzw. Sicherheitsfirmen tätig, ein Kontingent, das die Zahl ihrer regulären Soldaten übersteigt.30 Schätzungen zufolge sind davon aktuell etwa 20.000 bis 30.000 davon bewaffnet.31 Allein für das Unternehmen Kellog Brown&Root (KBR) sind im Irak schon über 50.000 private Mitarbeiter tätig, um für die Streitkräfte logistische Unterstützung zu leisten.32 Die amerikanische

23

Dazu ein Antrag der Abgeordneten Freiherr zu Guttenberg et al., „Nichtstaatliche militärische Sicherheitsunternehmen kontrollieren“, BT Ds. 16/10846, v. 12. November 2008; vgl. auch den Bericht von Blechschmidt, Söldner unter Kontrolle, in: SZ, v. 6./7. Dezember 2008, S. 6. 24 Spearin, SD 39 (2008), 363; Kramer, in: Jäger/Kümmel, S. 43; Maloney, S. 4 ff.; Troxler, S. 8; Stinnett, I&CLR 28 (2005), 211; Donald, S. 8; Kinsey, SW&I 18 (2007), 584, 594; Scoville, GJIL 37 (2006), 541, 542; Donald, S. 8; Blain, The role of private and mercenary armies in international conflict, abrufbar unter: http://www.informationclearinghouse.info/ar ticle3396.htm. 25 Troxler, S. 9 f.; Jones, CILJ 24 (2009), 239, 247. 26 Seidl, S. 25; Kümmel, S&F 25 (2007), 189, 194. 27 Dazu auch näher im 2. Kapitel, A. I. 1. a). 28 Singer, S. 9 ff.; Govern/Bales, FILJ 32 (2008), 55, 64; Gaston, HILJ 49 (2008), 221, 226. 29 Dazu Schaller, in: Jäger/Kümmel, S. 345. 30 Feichtinger/Braumandl, IFK-Aktuell April/2008, S. 4; Maffai, WILJ 26 (2009), 1095, 1097. 31 Ridlon, AFLR 62 (2008), 199, 202; Govern/Bales, FILJ 32 (2008), 55, 64. 32 McCormack, STLR 31 (2007/08), 75, 90.

22

Einleitung

Firma Blackwater bzw. neuerdings Xe Services33 ist ebenfalls eines der größten und bekanntesten Unternehmen seiner Branche, es soll Regierungsaufträge in Höhe von insgesamt 500 Millionen Dollar erhalten haben.34 Das Unternehmen hat auch seine Dienste zur Abwehr der aktuellen Bedrohung durch Piraten am Horn von Afrika angeboten. Durch sie sollen die gefährdeten Frachtschiffe durch militärischen Geleitschutz gesichert werden.35 Von der Öffentlichkeit eher unbemerkt sollen aber auch deutsche Sicherheitsfirmen mit ehemaligen Elitesoldaten und Ex-Polizisten bei bewaffneten Konflikten tätig sein.36 Dieser Trend der Privatisierung birgt erhebliche Gefahren in sich, da die Mitarbeiter dieser Firmen im Spannungsfeld von militärischen Auseinandersetzungen humanitäres Völkerrecht (Kriegsvölkerrecht)37 verletzen können. Aufgrund der Vorkommnisse im Irak, speziell dem „Folterskandal“ von Abu Ghraib, haben sie deshalb schon eine zweifelhafte Berühmtheit erlangt und das Interesse der Allgemeinheit wurde erstmals nachhaltig geweckt.38 In den Skandal waren, von der Öffentlichkeit zunächst eher unbemerkt, auch 18 private Mitarbeiter der Firmen CACI und TITAN als Verhörspezialisten und Übersetzer verwickelt. Zu ihren Aufgaben gehörte neben der Durchführung von Verhören auch die Gefängnissicherheit.39 In der Folge wurden immer neue Ereignisse und Vorfälle publik, bei denen Angestellte von privaten Unternehmen in massive Menschenrechtsverletzungen verwickelt gewesen sein sollen. Es wird zudem von zahlreichen Übergriffen auf Zivilisten berichtet. In diesem Zusammenhang ist vor allem die „Blackwater-Affäre“ in den Fokus des weltweiten Interesses geraten und hatte nicht nur in den USA eine Debatte über den Einsatz dieser Privatunternehmen entfacht. Am 16. September 2007 sollen private Mitarbeiter dieser Firma auf dem Nisour Platz in Bagdad mindestens 17 irakische Zivilisten grundlos durch Schüsse getötet haben.40 Nur wenige Wochen nach diesem Ereignis sollen wie33 Aufgrund der skandalösen Vorfälle und der massiven Kritik in der Öffentlichkeit hat sich das Unternehmen im Februar 2009 umbenannt. 34 Hierzu ein Interview über Blackwater von Kolb, Erst schießen, dann fragen, in: SZ (online), v. 13. Februar 2008, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/,tt3 m1/politik/968/ 432718/text/. 35 Vgl. Was kann gegen die Piraten getan werden?, in: Tagesspiegel v. 15. April 2009; Ankenbrand, Privatfirmen blasen zur Piratenjagd, in: FAZ (online), v. 5. Dezember 2008, abrufbar unter: http://www.faz.net/s/RubEC1ACFE1EE274C81BCD3621EF555C83C/Doc~EA B11DF317D87418DB1D4BB76C99999D8~ATpl~Ecommon~Scontent.html. 36 Dazu Obermaier, Söldner der Sicherheit – Deutsche Paramilitärs im Irak, in: SZ (online), v. 6. Juni 2008, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/politik/743/444481/text/. 37 Der Begriff des Kriegsvölkerrechts ist mit dem des humanitären Völkerrechts (nahezu) synonym, s. hierzu Greenwood, in: Fleck, Nr. 102. 38 Vgl. den Bericht von Koydl, Das Gesicht von Abu Ghraib, in: SZ (online), v. 2. Mai 2005, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/329/52277/; siehe auch Artikel von Babayigit, Die Kriegs-Dienstleister, in: SZ (online), v. 24. 10. 2007, abrufbar unter: http:// www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/562/139273/7/print.html. 39 Azzellini, KJ 2008, 310, 311. 40 Dazu Jury prüft Anklage gegen Blackwater-Wachleute, in: Die Welt (online), v. 20. Nov. 2007, abrufbar unter: http://www.welt.de/politik/article1380552/Jury_prueft_Ankla

A. Problemstellung

23

derum Mitarbeiter von Blackwater zwei irakische Frauen in einem Auto erschossen haben.41 „Verschwörungstheorien“ zufolge soll der Firmengründer Erik Prince im Rahmen einer „Vision christlicher Vorherrschaft“ bewusst Männer in den Irak geschickt habe, die seine Ideologie teilen und jede Möglichkeit nutzen, um Iraker zu töten.42 Aus den beschriebenen Verfehlungen erfolgt zumindest derzeit eine Ablehnung der Vertragsverlängerung für weitere Einsatzaktivitäten im Irak.43 Das Unternehmen wird durch die amerikanische Sicherheitsfirma Triple Canopy ersetzt, das nun die Aufgaben im Irak übernimmt.44 Auch der CIA soll einen (umstrittenen) Vertrag mit Blackwater (Xe Services) über das gezielte Aufspüren und Eliminieren von Al-Qaida-Terroristen gekündigt haben.45 Ob die Mitarbeiter der Ersatzunternehmen weniger Aufsehen erregen werden und sich stärker an die menschenrechtlichen Vorgaben halten, bleibt abzuwarten. Auch in Afghanistan ist kürzlich ein neuer Skandal publik geworden. Privates Sicherheitspersonal der amerikanischen Botschaft soll Sex-Partys in der Hauptstadt Kabul veranstaltet haben. In diesem Zusammenhang soll es auch zu Misshandlungen und Erniedrigungen gekommen sein.46 In den Medien47 und der Literatur48 wird teilweise von Akteuren in einer (völker-) rechtlichen „Grauzone“ gesprochen, da die Mitarbeiter für ihre Gräueltaten bisher

ge_gegen_Blackwater_Wachleute.html; ebenso Rüb, Erst schießen, dann fragen, in: FAZ, v. 19. September 2007, S. 6. 41 Vgl. Private Sicherheitsleute erschießen zwei Frauen, in: Spiegel (online), v. 10. Oktober 2007, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,510482,00.html. 42 Wernicke, Blackwater – Kreuzzügler mit dem Auftrag, Muslime zu töten, in: SZ (online), v. 6. August 2009, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/politik/860/483308/text/. 43 Londono/Mizher, Iraq to Deny New License to Blackwater Security Firm, Washington Post, v. 29. Januar 2009, abrufbar unter: http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/ story/2009/01/28/ST2009012803363.html. 44 Dazu Lee, US replaces Blackwater for some Iraq security, in: Washington Times, v. 1. April 2009. 45 Hierzu Geheimdienst – CIA beendet Vertrag mit Söldnerfirma Blackwater, in: Welt (online), v. 12. Dezember 2009, abrufbar unter: http://www.welt.de/politik/article5509643/ CIA-beendet-Vertrag-mit-Soeldnerfirma-Blackwater.html. 46 Als Reaktion auf diesen Skandal wurden etwa acht Mitarbeiter der ArmorGroup North America entlassen, wohingegen zwei weitere Angestellte von sich aus kündigten. Zudem soll das zuständige Management umgehend ausgetauscht werden, vgl. Embassy Guards in Kabul are fired, in: New York Times, v. 5. September 2009, S. A9; US-Wachleute feierten offenbar Sex-Orgie in Kabul, in: Die Welt (online), v. 4. September 2009, abrufbar unter: http://www. welt.de/politik/article4459888/US-Wachleute-feierten-offenbar-Sex-Orgie-in-Kabul.html. 47 So z. B. Leyendecker, Private Militärfirmen – Krieg als Geschäft, in: SZ (online), v. 13. Januar 2010, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/politik/726/499998/text/; Alexander, Die gemietete Armee, in: Die Welt, v. 3. Mai 2004, S. 4, abrufbar unter: http://www.welt. de/print-welt/article310919/Die_gemietete_Armee.html; ebenso Weber, Bombengeschäft, in: NZZ Folio 9/2006 (Beilage der NZZ) – Thema: Privatisierung, abrufbar unter: http://www. nzzfolio.ch/www/21b625ad-36bc-48ea-b615 – 1c30cd0b472d/showarticle/5c42b74e-f4004422-9b12 – 9a8ff82e6b0b.aspx; Catan, Private Armies March into a Legal Vacuum, in: Financial Times, v. 10 Februar 2005.

24

Einleitung

strafrechtlich kaum zur Verantwortung gezogen werden und somit eine faktische Immunität genießen. Es wird teilweise auch behauptet, dass sie nicht an die Normen des Völker- und Kriegsvölkerrechts gebunden seien.49 In diesem Zusammenhang stellt sich (auch) die Frage, ob Privatpersonen oder Zivilisten überhaupt Kriegsverbrechen begehen können. Der Täterkreis dieses völkerrechtlichen Verbrechens könnte insofern auf bestimmte Personengruppen beschränkt sein. Bisher gab es noch keine Anklage oder ein Verfahren gegen Mitarbeiter von privaten Militär- oder Sicherheitsunternehmen vor einem völkerrechtlichen Strafrechtstribunal oder vor dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag. Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit ist bisher insofern noch von theoretischer Natur, jedoch ist es nicht völlig ausgeschlossen, dass sich der ICC in der Zukunft mit einer derartigen Frage auseinanderzusetzen hat. Nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 lit. c.) bzw. Art. 8 ICC-Statut fallen Kriegsverbrechen jedenfalls grundsätzlich unter die Gerichtsbarkeit des Internationalen Strafgerichtshofs. Die vorliegende Arbeit möchte im Rahmen der aktuellen und praxisrelevanten Fragestellung einer Verantwortlichkeit der Mitarbeiter privater Militär- bzw. Sicherheitsunternehmen nach Art. 8 ICC-Statut auch einen dogmatischen Beitrag zur Aufarbeitung der Struktur sowie Natur von Kriegsverbrechen, insbesondere im Hinblick auf ihren potentiellen Täterkreis, leisten.

B. Gang der Untersuchung In der vorliegenden Arbeit werden nun die Auswirkungen dieser Entwicklungen und die angesprochenen Beispiele von Menschenrechtsverletzungen sowie weitere Vorfälle im Hinblick auf die völkerstrafrechtliche Ebene untersucht. Sie möchte eine Antwort darauf geben, ob und unter welchen Voraussetzungen die Mitarbeiter von privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen für begangene Kriegsverbrechen nach Art. 8 ICC-Statut zur Verantwortung gezogen werden können. Im Rahmen des ersten Kapitels werden durch eine allgemeine Begriffsbestimmung zunächst die Aufgabenbereiche und Tätigkeitsfelder privater Militär- und Sicherheitsfirmen in einem bewaffneten Konflikt näher skizziert. Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit dem völkerrechtlichen Status der Angestellten im humanitären Völkerrecht. Dieses originär völkerrechtliche Problem der Statusfrage könnte sich nämlich auf die völkerrechtliche Strafbarkeit der Mitarbeiter für begangene Kriegs48 Maffai, WILJ 26 (2009), 1095, 1098; Gurka, IMI-Studie 2009/06, S. 4; Mathiopoulos, PQIA 2007, 5, 20; Carney, GWLR 74 (2006), 317, 323; Stinnett, I&CLR 28 (2005), 211; Singer, CJTL 42 (2004), 521, 532; Wulf, S. 203 ff.; Isenberg, BASIC Research Report, Sept. 2004, S. 12; Mysorekar, E&Z 2004, 115; Vernon, PCLJ 33 (2004), 369, 401; Carter, Hired Guns: What to Do About Military Contractors Run Amok, Slate 2004, abrufbar unter: http://www. slate.com/id/2098571. 49 So bspw. Ruf, in: Ruf, S. 78.

B. Gang der Untersuchung

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verbrechen auswirken. Das dritte Kapitel wendet sich dann der eigentlichen Kernfrage, nämlich der individuellen Verantwortlichkeit der privaten Mitarbeiter nach Art. 8 ICC-Statut zu. Einen Schwerpunkt stellt in diesem Zusammenhang die (Vor-)Frage eines „Sonderdeliktscharakters“ von Kriegsverbrechen nach dem derzeitigen völkerrechtlichen Stand dar. Neben dem Wortlaut der Statuten Internationaler Straftribunale, der Staatenpraxis sowie dem Stand der Wissenschaft wird vor allem die historische Entwicklung des Täterbegriffs in der völkerstrafrechtlichen Rechtsprechung in den Fokus der Untersuchung gerückt. Im Rahmen der traditionellen Auslegungsmethoden wird dann schließlich die Frage eines Sonderdeliktscharakters geklärt. Im Anschluss werden die übergreifenden Voraussetzungen des Art. 8 ICC-Statut ausführlich im Hinblick auf die Relevanz für die Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen erläutert sowie einige spezielle prozessuale Aspekte hervorgehoben. Um die praktische Relevanz zu belegen, werden zudem aktuelle Beispiele für begangene Kriegsverbrechen unter Bezugnahme auf Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut illustriert. Weiterhin wird untersucht, ob auch die Geschäftsführung der Unternehmen nach Art. 28 ICC-Statut für Kriegsverbrechen ihrer Angestellten zur Verantwortung gezogen werden kann. Im Abschlusskapitel werden die gewonnen Erkenntnisse zusammengefasst und abschließend auch auf einen möglichen Handlungsbedarf hinsichtlich der völkerstrafrechtlichen Ebene gewürdigt.

Erstes Kapitel

Begriffsbestimmung Vorab gilt es das Begriffspaar „private Militär- und Sicherheitsunternehmen“ näher zu bestimmen und die Rolle dieser Akteure auf internationaler Ebene, insbesondere im Rahmen von bewaffneten Konflikten, zu erläutern. Eine allgemeine völkerrechtliche Begriffsbestimmung oder Definition existiert bisher allerdings nicht. Wie später noch näher aufgezeigt wird,1 trifft auch die Bezeichnung als „Söldner“ auf Grundlage der bestehenden völkerrechtlichen Definitionen in den meisten Fällen nicht zu und wird den komplexen rechtlichen und wirtschaftlichen Dimensionen dieser neuartigen Erscheinungsform nicht gerecht. Auch die Branche selbst distanziert sich aus ökonomischem Eigeninteresse von dem, meist negativ besetzten Begriff des Söldners.2 Erik Prince bezeichnet beispielsweise seine große amerikanische Firma Xe Services als ein „ganz normales“ Unternehmen und möchte nicht mit dem Wort „Söldnerfirma“ in Verbindung gebracht werden.3 Die internationale Lobby der privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen sieht den Schwerpunkt ihres Tätigkeitsfeldes im logistischen und ausbildungsbezogenen Bereich sowie in der Beratung und dem Objektschutz. Entgegen dem Bild, das durch einige Presseberichte suggeriert wird, scheint die Ausführung bzw. Beteiligung an bewaffneten Kampfeinsätzen insofern eher selten zu sein.4 Unabhängig von der eigene Wahrnehmung und Selbstcharakterisierung der Branche gibt es aber auch in der Literatur verschiedene Ansätze, um private Sicherheits- und Militärunternehmen näher definieren zu können. Einigkeit dürfte dahingehend bestehen, dass es sich hierbei um gewinnorientierte private Wirtschaftsunternehmen handelt, die hierarchisch strukturiert und auf Gewinnmaximierung ausgerichtet sind.5 Größe und Struktur variieren allerdings erheblich. Es existieren kleinere Firmen mit Personaldatenbanken, aber auch riesige Kon-

1

Dazu ausführlich 2. Kapitel, A. III. Vgl. hierzu eine Publikation des Peace Operations Institute (POI), eine Unterorganisation des Dachverbandes der privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen „International Peace Operation Association“, Rochester, S. 27 f.; s. auch Wulf, S. 64. 3 So der Gründer von Blackwater in einem Interview mit Hosenball, ”Mercenary” Is a Slanderous Term, in: Newsweek, v. 22. Oktober 2007, abrufbar unter: http://www.newsweek. com/id/43364/page/1. 4 Zu dem Aufgabenspektrum vgl. eine Publikation des POI, Messner/Gracielli, S. 10. 5 Ortiz, S. 205; Binder, S. 14; Seidl, S. 15 f. 2

A. Sicherheitsunternehmen

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zerne, die zehntausende Angestellte beschäftigen.6 Sie bieten eine enorme Bandbreite an militärischen und sicherheitstechnischen Einsatzaufgaben bis hin zu Kampfhandlungen.7 Diese Dienstleistungen werden weltweit angeboten und sowohl von staatlichen als auch nichtstaatlichen Auftraggebern in Form von Einzelpersonen, regionalen oder internationalen Unternehmen in Anspruch genommen.8 Eine eindeutige Abgrenzung zwischen privaten Sicherheitsunternehmen auf der einen und Militärunternehmen auf der anderen Seite ist äußerst schwierig, da sich die Dienstleistungen teilweise überschneiden und die Grenzen fließend sind.9 Grundsätzlich könnte man sie aber folgendermaßen differenzieren bzw. typologisieren:10

A. Sicherheitsunternehmen Die aus dem nationalen Kontext bekannten (westlichen) Sicherheitsunternehmen, sog. Private Security Companies (PSCs), übernehmen in erster Linie präventive polizeiliche und wachdienstliche Funktionen unter Friedensbedingungen.11 Ihre originäre Aufgabe ist insofern, die öffentliche Ordnung zum Beispiel in U-Bahnen oder auf Straßen durch wach- und schutzdienstliche Tätigkeiten, vor allem in Städten mit hoher Kriminalitätsrate, sicherzustellen.12 In letzter Zeit drängen aber auch Sicherheitsfirmen auf den Markt, die vermehrt in Ländern mit brisanten Konfliktsituationen aktiv sind.13 Der Unterschied zu den konventionellen Sicherheitsunternehmen besteht darin, dass ihr Einsatzgebiet und ihr Arbeitsspektrum die Grenze zwischen Sicherungsaufgaben und militärischen Operationen teilweise verwischen. Ihre Dienstleistungen werden in einem grenzüberschreitenden Kontext angeboten und besitzen folglich einen internationalen Charakter. Diese Tätigkeiten können bewaffnet oder unbewaffnet ausgeführt werden,14 sie besitzen allerdings, ebenso wie nationale 6

Gurka, IMI-Studie 2009/06, S. 1. Dazu Kanzleiter, in Azzellini/Kanzleiter, S. 175; Schneiker, in: Förster/Jansen/Kronenbitter, S. 283; Birke, S. 11; Hobe, S. 609; Scheimer, AUILR 24 (2009), 609, 618. 8 Percy, CW 11 (2009), 57, 58; Azzellini, KJ 2008, 310; Kümmel, sowi.news 01/2007, S. 1; Binder, S. 14; Krieger, AöR 44 (2006), 159, 161. 9 Holmqvist, S. 5. 10 Angelehnt an die Definitionen des Schweizer Bundesrates zu den privaten Sicherheitsund Militärfirmen, vom 2. Dezember 2005, S. 630 f.; s. auch Schreier/Caparini, S. 17 ff.; Mair, in: Kurtenbacher/Lock, S. 261; Wulf, S. 59 ff.; Schulz, in: Feichtinger/Braumandl/Kautny, S. 149 f.; OBrien, in: Chesterman, S. 37 f.; Epiney/Egbuna-Joss, SZIER 17 (2007), 215, 218; Mathiopoulos, PQIA 2007, 5; Azzellini, KJ 2008, 310; Percy, CW 11 (2009), 57, 58. 11 Weingartner, ÖMZ 2/2004 (Onlineversion), abrufbar unter: http://www.bmlv.gv.at/omz/ ausgaben/artikel.php?id=188. 12 Wulf, S. 59. 13 Kümmel, ZIB 2005, 141, 148 ff. 14 Renouf, Do Private Security Companies Have a Role in Ensuring the Security of Local Populations and Aid Workers, Online-Aufsatz, abrufbar unter: http://www.strategische-studi en.com/. 7

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1. Kap.: Begriffsbestimmung

Sicherheitsfirmen, eine defensive Ausrichtung, d. h. sie üben in der Regel keinen direkten Einfluss auf den militärischen Einsatzraum aus.15 Hierbei kann es sich z. B. um Personen- oder Objektschutz,16 den Betrieb von Haftanstalten, die Beratung in Angelegenheiten der Sicherheit oder den Verkauf von Sicherheitstechnik handeln.17 Auftraggeber sind oftmals auch die Streitkräfte einer Konfliktpartei. Im Rahmen dieses Angebotsspektrums, insbesondere des Personen- und Objektschutzes, besteht für die Mitarbeiter aber durchaus das erhöhte Risiko in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt zu werden.18 Dies gilt verstärkt bei Aufträgen, die eine unmittelbare räumliche Nähe zum Kampfgeschehen erfordern, oder bei der Bewachung strategisch wichtiger (Militär-)Objekte. Im Unterschied zu Personen, die für eine offensive Beteiligung am Kriegsgeschehen angestellt sind, kämpfen sie aber nur aus Selbstverteidigungsgründen.19 Im Irak und in Afghanistan sind vor allem die amerikanischen Firmen Blackwater und Dyncorp vermehrt in Erscheinung getreten. Dyncorp ist beispielsweise für die Sicherheit des afghanischen Präsidenten Hamid Karzai zuständig, wohingegen Blackwaterdie US-Botschaft in Bagdad sowie den Botschafter Ryan Crocker bewacht hat. Auch der frühere US-Zivilverwalter im Irak, Paul Bremer, wurde von dieser Firma beschützt.20 Britische Sicherheitsunternehmen sind beispielsweise das Unternehmen ArmorGroup, Aegis und Control Risks.21

B. Militärunternehmen Die sog. Private Military Companies (PMCs) bieten hingegen eher offensive Leistungen mit militärischen Elementen an, vor allem im Bereich der Beratung, Logistik und Kampfführung. Sie sind also vorwiegend auf die Erbringung von militärischer 15 Weingartner, ÖMZ 2/2004 (Onlineversion), zu den verschiedenen Dienstleistungen: Wulf, S. 59; es kommt hier allerdings auf den speziellen Auftrag im Einzelfall an. Es gibt auch Sicherheitsunternehmen, die militärische Dienste anbieten und ausführen, die sich auf das Kampfgeschehen beziehen. Abrufbar unter: http://www.bmlv.gv.at/omz/ausgaben/artikel. php?id=188. 16 Hemingway, HuV-I 2006, 129, 130. 17 Elsea/Serafino, S. 6; Mair, in: Kurtenbacher/Lock, S. 261; Epiney/Egbuna-Joss, SZIER 17 (2007), 215. 18 Isenberg, S. 31; Faite, S. 3; Whyte, JLS 30 (2003), 575, 594 f.; Kümmel, S. 14. 19 Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 510; US Secretary of Defence, Anhang zu einem Brief an Ike Skelton v. 4. Mai 2004, Discussion Paper “Private Security Companies Operating in Iraq”, abrufbar unter: http://www.house.gov/skelton/5-4-04_Rumsfeld_letter_on_contractors.pdf. 20 Interview über Blackwater von Kolb, Erst schießen, dann fragen, in: SZ (online) v. 13. Februar 2008, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/,tt3 m1/politik/968/432718/ text/. Vgl. auch Broder&Rohde, State Department Use of Contractors Leaps in 4 Years, in: New York Times v. 24. Oktober 2007, abrufbar unter: http://www.nytimes.com/2007/10/24/wa shington/24contractor.html?pagewanted=1&_r=1. 21 Percy, CW 11 (2009), 57, 58.

B. Militärunternehmen

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Unterstützung im Rahmen von bewaffneten Konflikten spezialisiert.22 Um die verschiedenen Militärunternehmen allerdings näher klassifizieren zu können, ist auf ihre Nähe zu Kampfhandlungen abzustellen.23 Danach sind drei Gruppen zu differenzieren: (1) Military Provider/Fighting Firms beteiligen sich aktiv an militärischen Auseinandersetzungen, indem sie selbst Kampfhandlungen vollziehen oder andere Truppen kommandieren. Sie erbringen ihre Leistungen in unmittelbarer Nähe zum Kampfgeschehen, ihre Tätigkeiten sind also Teil einer gewaltsamen, offensiven Militäroperation.24 Diese Leistungen bieten nur wenige Firmen an: Beispielsweise die Unternehmen Sandline International oder Executive Outcomes oder die russische Rüstungsfirma Sukhoi, die Äthiopien während des Grenzkrieges gegen Eritrea ein Geschwader mit Kampfjets, Piloten und Bodenpersonal im Rahmen eines Leasingvertrages zur Verfügung stellte.25 (2) Military Consultant Firms erbringen hingegen vorwiegend unterstützende Tätigkeiten durch militärische Beratung und das Training von Polizeikräften, militärischen oder paramilitärischen Einheiten.26 Ihre Dienstleistungen werden zwar distanzieren abseits des Gefechtsfeldes durchgeführt, jedoch können diese Firmen Einfluss auf die strategische und taktische Planung von Einsätzen nehmen. Das amerikanische Unternehmen Military Professional Resources Inc. (MPRI) hat beispielsweise 1995 die kroatische Armee in Bezug auf die Armeeführung und moderne Waffenkunde taktisch beraten. Im Anschluss an diese Unterrichtung wurde die Kriegsführung entscheidend umgestellt. Im Laufe der folgenden Militäroperation „Sturm“ in der Krajina Anfang August 1995, zur Rückeroberung des von Serben besetzten Territoriums, wurden daraufhin systematisch Menschenrechtsverletzungen begangen. Ein Zusammenhang zwischen MPRI und „Operation Storm“ konnte nicht endgültig nachgewiesen werden, so dass es auch zu keinem Verfahren gegen Mitarbeiter von MPRI vor dem ICTY kam.27 Das südafrikanische Unternehmen Erinys bildet aktuell beispielsweise Wachpersonal zum Schutz von Ölraffinerien im Irak aus und stellt Ausrüstungsgüter zur Verfügung.28 Die Grenze zwischen nur Training und einer Teilnahme 22 Braig, Forum Recht 2006, S. 24 ff., abrufbar unter: http://www.forum-recht-online.de/ 2006/106/1_06braig.pdf. Bericht des Schweizer Bundesrates zu den privaten Sicherheits- und Militärfirmen, v. 2. Dezember 2005, S. 631. 23 Singer, S. 91 ff. 24 Boemcken, in: Feichtinger/Braumandl/Kautny, S. 57. 25 Dazu Adams, in: Bunker, S. 57; Wulf, W&F 03/2003. 26 Z.B. Military Professional Resources Incorporated (MPRI), Vinnel Corporation, Levdan oder Science Applications International Corporation. 27 Dazu Schimmel, Private Military Companies – im schwarzen Loch des Völker- und Menschenrechts?, Beiträge Nürnberger Menschenrechtszentrum, S. 1, abrufbar unter: http:// www.nmrz.de/wp-content/uploads/2009/10/Schimmel_SchwarzesLochVoelkerrecht.pdf. 28 Percy, CW 11 (2009), 57, 58.

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1. Kap.: Begriffsbestimmung

am Kampfgeschehen kann allerdings fließend sein. Im Zweiten Golfkrieg haben beispielsweise Angestellte der amerikanischen Firma Vinnell Corporation Einheiten der saudischen Nationalgarde, die sie zuvor trainiert hatten, in das Kampfgeschehen begleitet.29 (3) Military Support Firms agieren ebenfalls im Hintergrund und besitzen keinen unmittelbaren Bezug zu Gefechtshandlungen. Ihr Schwerpunkt liegt in Logistikund Unterstützungsfunktionen.30 Zu ihren Aufgaben gehört unter anderem auch der Transport von Truppen oder Gerätschaft ins Krisengebiet, Instandsetzungsmaßnahmen, Übersetzungsdienste, Kommunikation, Verhöraufgaben und der Aufbau militärischer Einrichtungen. Weiterhin bietet auch die Informationskriegsführung ein Tätigkeitsfeld für diese Firmen, obwohl die geheimdienstliche Informationsbeschaffung traditionell eine staatliche Domäne darstellt. Dazu gehört beispielsweise die Boden- und Luftüberwachung oder die Informationsgewinnung durch Gefangenenverhöre31. Ihre Funktion liegt in der Entlastung der (regulären) Streitkräfte, damit sich diese auf ihre Kernkompetenz, also die Kampfführung, konzentrieren können.32 Das Unternehmen Airscan übernimmt z. B. Aufgaben in der Boden- und Luftüberwachung in Lateinamerika, Afrika und Asien. Geheimdienstliche Informationsbeschaffung leisteten hingegen Dyncorp und Pacific A&E im Jugoslawienkrieg.33 Nach Ansicht von Experten sollen bis zu 70 % des US-Intelligence-Budgets für spezielle Dienstleistungen privater Nachrichtendienste verwendet werden.34 Aufgrund ihrer funktionellen Verbindung zu den regulären Truppen und der damit verbundenen physischen Nähe zum Kampfgeschehen sind aber nicht nur die Military Provider Firms, sondern teilweise auch die Military Consultant- und Support Firms einem erhöhten Risiko ausgesetzt, dass sie in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt werden. Dies ist insbesondere bei sich ständig verschiebenden Frontverläufen, bei gezielten Angriffen auf Versorgungs- und Nachschubwege oder bei einer instabilen Gesamtlage der Fall.35 Die vorliegende Untersuchung fokussiert sich auf die privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen, deren Tätigkeitsfeld und Einsatzgebiet sich auf einen bewaffneten

29 Schrader, U.S. Companies Hired to Train Foreign Armies, in: Los Angeles Times, v. 14. April 2002, abrufbar unter: http://articles.latimes.com/2002/apr/14/news/mn-37825; Jones, CILJ 24 (2009), 239, 246. 30 Z. B. Kellog Brown&Root (KBR), Airscan sowie Ronco. 31 In den Folterskandal von Abu Ghraib waren auch Mitarbeiter der Firma CACI Systems und Titan Corporations verwickelt, s. dazu: Zelik, Kriegs-Firmen: Boom-Branche Krieg, abrufbar unter: http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Privatkriege/zelik.html. 32 Takasaki, S. 30. 33 Caparini/Schreier, S. 25. 34 Feichtinger/Braumandl, IFK-Aktuell April/2008, S. 8. 35 Schaller, HuV-I 2006, 51, 55.

B. Militärunternehmen

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Konflikt konzentriert. Sie möchte aufzeigen, ob und unter welchen Voraussetzungen das Völkerstrafrecht einen Beitrag leisten kann, um auf Menschenrechtsverletzungen durch private Akteure in dieser Konfliktart reagieren zu können.

Zweites Kapitel

Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter Bei der rechtlichen Betrachtung der privaten Akteure spielt auch der völkerrechtliche Status der Individuen im Rahmen eines bewaffneten Konflikts eine gravierende Rolle, da hieran unterschiedliche rechtliche Konsequenzen geknüpft sind. Ein solcher könnte sich auch auf die individuelle völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit der Mitarbeiter von PMCs/PSCs auswirken, weshalb eine (vorgezogene) intensive Auseinandersetzung erforderlich ist. Zugleich wird der erwähnten Behauptung nachgegangen, dass sich diese Akteure in einer völkerrechtlichen „Grauzone“ bewegen und gerade deshalb keinem Status eindeutig zugeordnet werden können. Im Hinblick auf diese statusrechtliche Kategorisierung ist zwischen einem internationalen und einem nicht-internationalen bewaffneten Konflikt zu unterscheiden.

A. Der internationale bewaffnete Konflikt Im Rahmen eines internationalen, also grundsätzlich zwischenstaatlichen,1 bewaffneten Konflikts ist die Unterscheidung zwischen Kombattanten und Zivilisten eines der fundamentalen Prinzipien des Kriegsvölkerrechts.2 Diese basiert auf dem traditionellen Verständnis, dass der Krieg kein Verhältnis zwischen privaten Akteuren ist, sondern eine Beziehung zwischen Staaten (Staatenkrieg).3 Folglich wird auch nicht gegen den Soldaten als Individuum Krieg geführt, sondern gegen den Soldaten als Staatsorgan.4 Im Rahmen des völkerrechtlichen Status ist des Weiteren zwischen dem Primär- und dem Sekundärstatus zu differenzieren. Die Kategorisierung als Zivilist oder Kombattant bezeichnet den Primärstatus einer natürlichen Person im bewaffneten internationalen Konflikt.5 Hieraus ergibt sich beispielsweise, dass Zivilpersonen grundsätzlich nicht angegriffen werden dürfen (faktische Immunität) oder welche Konsequenzen es nach sich zieht, wenn ein Zivilist aktiv an Feindselig1 Vgl. hierzu nur ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 15. Juli 1999, para. 84. Werle, Rn. 959; Ambos (2008), § 7 Rn. 236; vgl. auch den gemeinsamen Art. 2 GK. Ausführlicher zur Definition des internationalen bewaffneten Konflikts unter Abschnitt B. 2 Henckaerts, in: Henckaerts/Doswald-Beck, S. 3 ff.; Watkin, S. 8 f.; Dinstein, IYHR 32 (2002), 247; Detter, S. 135; Baxter, in: UNESCU, S. 103 f.; Rogers, S. 7. 3 Krieger, AöR 44 (2006), 159, 166. 4 Rousseau, S. 12 ff.; Maaß, S. 144. 5 Ipsen, in: Schöttler/Hoffmann, S. 136.

A. Der internationale bewaffnete Konflikt

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keiten teilnimmt.6 Der sekundäre Status beschreibt hingegen die Veränderung einer tatsächlichen Situation, indem z. B. der Kombattant in den Händen des Gegners als Kriegsgefangener gilt.7 Diese statusrechtliche Kategorisierung hat demnach Auswirkungen darauf, welchen rechtlichen Bindungen die betroffenen natürlichen Personen unterworfen sind und welche Schutzmechanismen für sie greifen. Um eine Zuordnung vornehmen zu können, sind als Rechtsquellen die Haager Landkriegsordnung von 1907 (HLKO), die vier Genfer Abkommen von 1949 (GA I-IV), das I. Zusatzprotokoll aus dem Jahr 1977 (ZP I) und das geltende Völkergewohnheitsrecht heranzuziehen.8

I. Kombattanten Grundsätzlich sind nur Kombattanten dazu berechtigt, an Feindseligkeiten teilzunehmen, ohne dafür strafrechtlich belangt werden zu können.9 Das sog. Kombattantenprivileg gewährt ihnen eine Immunität vor nationaler Strafverfolgung hinsichtlich kriegerischer Handlungen (z. B. das Töten von Gegnern), sofern diese nicht gegen die Regeln des internationalen bewaffneten Konflikts verstoßen.10 Im Falle einer Gefangennahme genießen sie durch die Gewährung eines Kriegsgefangenenstatus auch speziellen Schutz nach dem GA III und dem ZP I.11 Welche Personengruppen den Status eines Kombattanten für sich in Anspruch nehmen können, wird nun erstmals in Art. 43 Abs. 2 ZP I legaldefiniert. Danach fallen unter diesen Begriff alle Angehörigen der Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei. Wer als Angehöriger der Streitkräfte zu gelten hat, ergibt sich aus dem Personenkreis, der in Art. 43 ZP I, Art. 1 bzw. 2 HLKO und in Art. 4 A, Abs. 1, 2, 3 und 6 GA III aufgeführt ist. Das Sanitäts- und Seelsorgepersonal ist beispielsweise davon ausgenommen. Insgesamt gibt es nach Art. 4 A GA III drei verschiedene Kategorien von Kombattanten: erstens, die Mitglieder der Armee eines Staates (Abs. 1); zweitens, die Angehörigen von Milizen, Freiwilligenkorps und organisierten Widerstandsbewegungen (Abs. 2); drittens, unter bestimmten Bedingungen, die Angehörigen der Zivilbevölkerung (die leve en masse nach Abs. 6). Die letzte Kategorie ist für die Einordnung der Mitarbeiter von privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen eher irrelevant und praxisfern, so dass sich die Erörterung eines Kombattantenstatus auf die beiden ersten Möglichkeiten beschränkt.

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Gasser, S. 81, 146; Bothe, in: Dicke, S. 69. Ipsen, in: Fleck, Vor Nr. 301. 8 Cameron, S. 2; Schaller, in: Jäger/Kümmel, S. 346. 9 Nun ausdrücklich normiert in Art. 43 Abs. 2 ZP I; Ipsen, in: Ipsen, § 68 Rn. 33; Bothe, in: Vitzthum, VIII Rn. 84; Olsolo (2008), S. 105; Kempen/Hillgruber, § 40 Rn. 18. 10 Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 243; Gasser, S. 73 f. 11 Näher dazu: Gasser, S. 74, 99 ff. 7

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

Art. 4 A GA III regelt dem Wortlaut nach zwar nur den Sekundärstatus des Kriegsgefangenen, jedoch setzen einige der aufgeführten Kategorien rechtslogisch voraus, dass die betroffenen Personen vor der Gefangennahme auch den Primärstatus eines Kombattanten besitzen.12 Die Norm differenziert zwischen den Kombattantenstatus de iure (Abs. 1) und de facto (Abs. 2). Neben den Angehörigen der staatlichen Streitkräfte, die in Abs. 1 genannt werden, können gem. Abs. 2 auch Milizen und Freiwilligenkorps sowie organisierte Widerstandsbewegungen einer Konfliktpartei, die nicht in die Streitkräfte eingegliedert sind, unter den Kombattantenbegriff fallen. Voraussetzung ist aber, dass sie einer verantwortlichen Führung unterstehen, ein deutlich erkennbares Unterscheidungszeichen führen, die Waffen offen tragen und bei ihren Operationen die Gesetze und Bräuche des Krieges einhalten. Der Wortlaut des Art. 43 ZP I („Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei“) spricht dafür, dass diese Differenzierung zwischen regulären und irregulären Streitkräften nach Art. 4 A GA III obsolet ist. Folglich wurde ein umfassender Streitkräftebegriff normiert, der beide Formen einschließt. Das Merkmal der „verantwortlichen Führung“ stellt auch eine Anlehnung an Art. 4 A Abs. 2 lit. a.) GA III dar. Zudem bestehen die Streitkräfte gerade aus der Gesamtheit der bewaffneten Verbände, Gruppen und Einheiten, so dass auch die irregulären Truppen (Guerillas) erfasst sein müssen.13 Teilweise wird aber vertreten, dass Art. 43 Abs. 1 ZP I eben nicht die Vorschrift des Art. 4 A Abs. 2 GA III erfasse.14 Aus systematischen Gründen sprechen hiergegen eindeutig Art. 44 Abs. 2 ZP I sowie Art. 44 Abs. 3 ZP I, die sich primär an Guerillas bzw. Partisanen richten.15 Demzufolge müssen diese auch vom Streitkräftebegriff des ZP I umfasst sein. Die Vorschrift des Art. 44 Abs. 6 ZP I führt ebenfalls zu keinem anderen Auslegungsergebnis, da diese Norm die Personengruppe nach Art. 4 A Abs. 4 und 5 GA III berücksichtigt, die nicht aus Kombattanten nach Art. 43 Abs. 2 ZP I besteht, aber dennoch Kriegsgefangenenstatus nach dem GA III besitzt. Diese Norm bezieht sich nur auf den (sekundären) Status des Kriegsgefangenen, nicht auf den Kombattantenstatus. Hieraus folgt also nicht zwangsläufig, dass der Kreis der rechtmäßigen Kombattanten nicht abschließend mit Art. 43 Abs. 2 ZP I festgelegt ist.16 Es wird nur klargestellt, dass Art. 44 ZP I nicht so restriktiv verstanden werden darf, dass nur derjenige Kriegsgefangener sein kann, der zuvor Kombattant war.17 Aus den Unterlagen der Konferenzen zum ZP I geht explizit hervor, dass eine solche Auslegung dem Sinn und Zweck des Art. 43 Abs. 1 ZP I widersprechen würde, der einen umfassenden Streitkräftebegriff, einschließlich der irregulären Streitkräfte, definieren will.18 Es wäre zudem sinnwidrig, ein neues, umfassendes Regelungsregime für 12 13 14 15 16 17 18

Arnold, ZaöRV 63 (2003), 631, 634; Ipsen, in: Schöttler/Hoffmann, S. 146. Roberts, VJIL 26 (1985), 109, 128. So bspw. Kees, S. 177 ff. Dazu näher unter A. I. 2. d). So aber Kees, S. 178. Dazu Götze, S. 429 f. Rosas, S. 262; Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 249.

A. Der internationale bewaffnete Konflikt

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den Kombattantenstatus und die Streitkräfte im ZP I zu schaffen, das sich letztlich nur auf die regulären Streitkräfte bezieht, während die irregulären weiterhin nur in Art. 4 A Abs. 2 GA III geregelt bleiben. Nach Auslegung der Norm beinhaltet Art. 43 Abs. 2 ZP I folglich beide Möglichkeiten zur Erlangung eines Kombattantenstatus, nämlich de iure und de facto.19 Art. 44 ZP I spezifiziert dann die individuellen Rechte und Pflichten des einzelnen Kombattanten. Nach Art. 50 ZP I sind Personen, deren völkerrechtlicher Status nicht exakt festgestellt werden kann, im Zweifelsfall als Zivilpersonen anzusehen. Im Folgenden wird untersucht, ob die Angehörigen von PMCs/PSCs nach Art. 4 A GA III und Art. 43, 44 ZP I tatsächlich als Kombattanten zu qualifizieren sind, wie zunächst aufgrund der teilweisen Bewaffnung oder des militärischen Charakters der Dienstleistungen vermutet werden könnte. Die Veränderungen des ZP I gegenüber den Regelungen des GA III und der HLKO werden herausgearbeitet und erläutert. Vielfach wird nur auf die Rechtslage nach dem GA III und der HLKO abgestellt, aber die Neuerungen durch das ZP I werden nicht näher untersucht. Unterschiede sind vor allem deshalb von Relevanz, da das ICC-Statut das ZP I nicht speziell inkorporiert hat20 und eine unterschiedliche Ratifizierungsdichte hinsichtlich der verschiedenen Rechtsquellen existiert.21 1. De-iure-Kombattanten a) Allgemeine Voraussetzungen Für einen De-iure-Kombattantenstatus gem. Art. 4 A Abs. 1 GA III und Art. 43, 44 ZP I muss eine formelle Eingliederung in die Streitkräfte durch einen staatlichen Hoheitsakt vorliegen. Dies betrifft sowohl die Integration von einzelnen zivilen Mitarbeitern als auch der PMCs/PSCs als Gruppe. Zu den Angehörigen der regulären Streitkräfte gehören nämlich auch die in diese eingegliederten Milizen und Freiwilligenkorps. Ein Beispiel für solche Freikorps bildet die französische Fremdenlegion22

19 Vgl. Kwakwa, S. 90; Olsolo (2008), S. 105; Rosas, S. 262; Ipsen, in: Schöttler/Hoffmann, S. 152; Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 249; Buß, S. 231; Schaller, HuV-I 2006, 51, 52; Dörrmann, IRRC 85 (2003), 45, 46; Winands, S. 37; Roberts, VJIL 26 (1985), 109, 128; Detter, S. 139; Maaß, S. 195; Aldrich, in: Voit, S. 460; Rogers, RDPMG 21 (1982), 201, 218; Hermann, RDPMG 21 (1982), 72, 73; Henckaerts, in: Henckaerts/Doswald-Beck, S. 16; Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 524; Doswald-Beck, in: Chesterman, S. 121; Ipsen, in: Fleck, Nr. 304; Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 514; Döring, S. 96 f. 20 Vgl. auch Byron, JC&SL 6 (2001), 63, 81 f. 21 194 Staaten haben bisher die Genfer Konventionen ratifiziert. Demgegenüber sind es beim ZP I erst 167 Länder. Die USA als ständiges Mitglied des Sicherheitsrates verweigert bis heute ihre Unterschrift. Auch die Türkei, Israel, Indien, Indonesien und Pakistan haben bisher eine Ratifikation abgelehnt. Es existiert zudem eine hohe Zahl an Vorbehalten. Informationen abrufbar, unter: www.icrc.org/ihl.nsf. Dem ZP I fehlt es insofern noch an einer vollständigen politischen und rechtlichen Akzeptanz. 22 Friedrich, S. 92.

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

oder die Gurkha23, die Teil der britischen Armee sind.24 Diese Organisationsentscheidung einer Eingliederung in die regulären Streitkräfte, die aus dem Souveränitätsprinzip erwächst, obliegt allerdings allein dem Staat, das Völkerrecht nimmt hierauf letztlich nur Bezug.25 Insofern sind die jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften und die politischen Strukturen entscheidend.26 Nach dem ZP I müsste gem. Art. 43 Abs. 3 eine Aufnahme von paramilitärischen Gruppierungen oder bewaffneten Polizeiverbänden in die Streitkräfte den anderen Konfliktparteien angezeigt werden. Diese Vorschrift belegt ebenfalls, dass die Eingliederung in einer gewissen offiziellen Form geschehen, d. h. die Widmung zur Vornahme von Feindseligkeiten transparent sein muss.27 Der Staat muss also durch einen Organisationsakt nach eigenem Recht, Art und Umfang seiner Streitkräfte festlegen.28 Auf eine klare Begriffsdefinition der Streitkräfte im Sinne des Art. 4 A Abs. 1 GA III konnte man sich auf den Genfer Konferenzen nicht einigen, so dass auch keine in das Abkommen aufgenommen werden konnte.29 Es existieren allerdings völkergewohnheitsrechtlich anerkannte Mindestbedingungen für die Anerkennung regulärer Streitkräfte. Die Staaten haben zumindest die (völkerrechtliche) Verpflichtung eine Wehrverfassung zu erlassen, in der die Wehrform und das System näher konkretisiert werden. Weiterhin muss sich hieraus der Personenkreis der Streitkraftangehörigen ergeben. Die Legitimation zur Teilnahme an Feindseligkeiten wird dann nach Außen durch Einberufung, Wehrpass oder Soldatenbuch dokumentiert.30 Weiterhin muss den Personen ein fortdauernder Kampf- und Verteidigungsauftrag zugewiesen sein, um eine Unterscheidung zwischen dem militärischen und dem zivilen Bereich gewährleisten zu können. In diesem Zusammenhang ist aber zu beachten, dass der Kampf- bzw. Verteidigungsauftrag alle Tätigkeiten umfasst, die mit den Kampfhandlungen in Verbindung stehen, also auch vorbereitende sowie unterstützende Maßnahmen (Truppenversorgung, Instandsetzung etc.).31 Weiterhin ist noch eine hierarchisch geprägte Kommandostruktur erforderlich. Insofern muss eine Unterordnung unter einen staatlich eingesetzten und verantwortlichen Befehlshaber existieren. Um der völkergewohnheitsrechtlich anerkannten Unterscheidungspflicht32 von der Zivilbevölkerung nachzukommen, besteht 23 Bei den Gurkha handelt es sich um nepalesische Freiwillige, die seit 1816 als Elitebrigaden der Britischen Armee angehören. 24 Yusuf, in: Cassese, S. 113, 117. 25 Buß, S. 200; Levie, ILS 59 (1977), 36; Bosch, ASR 16.4, 34, 38; Persendorfer, Truppendienstheft 6/2006 (Onlineausgabe). 26 Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 236; Cameron, S. 3. 27 Cameron, S. 3; Bothe, in: Dicke, S. 68. 28 Ipsen, in: Fleck, Nr. 307; Knackstedt, RDPMG 4 (1965), 409, 423 f.; Castrn (1966), S. 145; Gasser, S. 73. 29 Buß, S. 200; Weitz, S. 109. 30 Hierzu Schwab, S. 154; Schmid, S. 83 f. 31 Buß, S. 201 f.; Steinkamm, S. 134. 32 Zum gewohnheitsrechtlichen Charakter des Unterscheidungsprinzips: Henckaerts, in: Henckaerts/Doswald-Beck, S. 384 f.

A. Der internationale bewaffnete Konflikt

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für die Angehörigen der regulären Streitkräfte (zumindest für den Einsatz) eine Uniformpflicht, die sich aus Völkergewohnheitsrecht ergibt.33 Letztlich muss noch ein Mindestmaß an Disziplin bestehen und die Beachtung des Kriegsrechts gewährleistet sein.34 Diese Voraussetzungen sind als konstitutive Mindestbedingungen anzusehen, die ein Staat einhalten muss, wenn er reguläre Streitkräfte aufstellt bzw. Verbände in diese eingliedert.35 Meist erfolgt aber gerade kein derartiger formaler Beitritt beispielsweise durch eine Einschreibung aufgrund eines Einberufungsbefehls und damit die Aufnahme einzelner Mitarbeiter oder der PMCs/PSCs als Gruppe in die Streitkräfte. Die sicherheitsbezogenen und militärischen Aufgaben werden vielmehr „nur“ auf vertraglicher Grundlage an Private übertragen. Teilweise wird aber versucht, über die vertraglich festgelegten Aufgaben eine widerlegbare Vermutung für die Eingliederung in die Streitkräfte und damit für die Einordnung als Kombattant zu erreichen, wenn tatsächlich kombattante Aufgaben übertragen werden.36 Das Abstellen auf einen hoheitlichen Eingliederungsakt sei hingegen eine „Förmelei“, da die Ausgestaltung der Vertragsinhalte ebenso in die Entscheidungsmacht des beauftragenden Völkerrechtssubjektes falle.37 Diese Auffassung berücksichtigt jedoch nicht, dass dieser zivilrechtliche Vertrag in den meisten Staaten für eine Integration in die militärische Kommando- und Disziplinarstruktur der Armee gerade nicht ausreicht.38 Wenn das innerstaatliche Recht einen Hoheitsakt fordert, dann wäre es rechtswidrig einen privatrechtlichen Vertrag als „gleichwertigen Ersatz“ durch eine analoge Anwendung des Art. 43 Abs. 3 ZP I ausreichen zu lassen, auch wenn dies vielleicht den praktischen Gegebenheiten eher entsprechen würde.39 Der Staat und das Unternehmen befinden sich dann nämlich nicht in einem Subordinationsverhältnis, sondern sind gleichberechtigte Vertragspartner, da sich die konkrete Rechtsposition im Verhältnis zu den Streitkräften 33

So Ipsen, in: Fleck, Nr. 308; Buß, S. 204; Gasser, S. 77; Schmid, S. 84; Fischer, S. 47; Weitz, S. 141; Nach Ipsen bestätigen sowohl die Materialien der Brüsseler als auch der Haager Konferenz, dass die Uniformierung der Angehörigen von regulären Streitkräften dem geltenden Völkergewohnheitsrecht entspricht, so dass deshalb eine dahingehende explizite Vorschrift für entbehrlich gehalten wurde, vgl. ders., in: Schöttler/Hoffmann, S. 142. Dies bestätigen auch einige Militärhandbücher der Staaten, dazu Henckaerts, in: Henckaerts/Doswald-Beck, S. 385; a.A. Kussbach, WBF 1978, 2, 7; Schwab, S. 158; Steinkamm, S. 144 f. m.w.N. 34 Dazu ausführlich Buß, S. 199 ff., 203; Schwab, S. 162. 35 Steinkamm, S. 125. 36 Dafür Saage-Maaß/Weber, HuV-I 2007, 171, 174. 37 Ibid. 38 Weigelt/Frank, in: Jäger/Kümmel, S. 382; Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 525; Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 523. 39 Das Völkerrecht überlässt es den nationalen Rechtsordnungen ihre Streitkräfte und damit ihre Kombattanten festzulegen. Eine analoge Anwendung des Art. 43 Abs. 3 ZP I auf privatrechtliche Verträge würde den eindeutigen Willen der Staaten somit unterlaufen. Es fehlt insofern schon an einer Regelungslücke, wenn das innerstaatliche Recht explizit einen formalen Hoheitsakt für die Zugehörigkeit zu den Streitkräften fordert. Zudem benutzen die Staaten das Instrument eines Vertrages zur Auslagerung von militärischen und sicherheitstechnischen Aufgaben, wie im Folgenden aufgezeigt wird, sehr bewusst.

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

ausschließlich an den Vorgaben des Vertrages orientiert.40 Für diesen Befund sprechen auch die Entwicklungstendenzen und praktischen Erwägungen im sicherheitstechnischen und militärischen Bereich. Mit dem Ende des Kalten Krieges sank vor allem im Westen das Bedürfnis hinsichtlich einer Demonstration der militärischen Stärke und einer damit verbundenen Expansion der eigenen Streitkräfte.41 Es folgte im Rahmen von Kosteneffizienzerwägungen eine Umstrukturierung und Neuausrichtung des Militärs, das sich fortan auf seine Kernkompetenzen konzentrieren sollte.42 Aufgrund des gesunkenen Bedrohungspotentials kam es im Rahmen der Friedenspolitik zu erheblichen Abrüstungsmaßnahmen. Mit Zunahme der sicherheitspolitischen Bedrohungslage durch Interventionen in innerstaatliche Konflikte und dem verstärkten Kampf gegen den internationalen Terrorismus stießen die personell erheblich dezimierten Armeen der Großmächte aber an ihre Kapazitätsgrenzen. Bei sinkendem Militärbudget war die Konsequenz letztlich der Rückgriff auf private Militär- und Sicherheitsfirmen.43 Diese Option der Privatisierung des Militärs verhindert ein rasantes Ansteigen der Personalkosten, das bei der Maximierung der eigenen Truppenstärke durch formale Eingliederung von „Privatsoldaten“ die Folge wäre. Der Staat vermeidet insofern erhöhte Fortbildungsaufwendungen, Krankenversorgungs- und Rentenansprüchen, der Militärhaushalt wird entlastet.44 Im Rahmen von Kostenminimierungsmaßnahmen ist es deshalb sinnvoll die eigenen Streitkräfte extern zu verstärken, also bestimmte (militärische) Aufgaben durch Vertrag an den Privatsektor auszulagern, so genanntes „outsourcing“.45 Zudem sind die privaten Militär- und Sicherheitsfirmen für ihre Handlungen dem Parlament gegenüber nicht verantwortlich, sondern nur gegenüber ihrem Auftraggeber.46 In den USA müssen viele der abgeschlossenen Verträge – im Gegensatz zu Militäraktionen der US Army – nicht vom US Kongress genehmigt werden und sind somit der demokratischen Kontrolle entzogen.47 Dies macht die „Privatsoldaten“, aufgrund der fehlenden Transparenz bzw. Regulierung und der damit verbundenen Flexibilität, zu attraktiven Handlungsakteuren für den militärischen Bereich.48 Ein weiterer praktischer Grund liegt darin, dass getötete Mitarbeiter von PMCs/PSCs auch nicht in der Gefallenenstatistik der Soldaten auftauchen (müssen), 40 Bothe, in: Dicke, S. 72. Schaller, HuV-I 2006, 51, 52; Weigelt/Frank, in: Jäger/Kümmel, S. 382; vgl. dazu auch US Headquarters Departement of the Army, Contractors on the Battlefield, Field Manual FM 3 – 100.21 (100 – 21), 2003, § 1 – 6. 41 Troxler, S. 9 f. 42 Meyer, in: Gareis, S. 470. 43 Wolf, IJGLS 13 (2006), 315, 317 f.; Birke, S. 17; Kümmel, S&F 25 (2007), 189, 194. 44 Boemcken, in: Feichtinger/Braumandl/Kautny, S. 59; Bina, JMLR 38 (2005), 1237, 1242; Döring, S. 97. 45 Hierzu ausführlich Donald, S. 8; Gasser, HuV-I 2006, 132. 46 Wulf, S. 72; Azzellini, KJ 2008, 310. 47 Aufträge mit einem Volumen von weniger als 50 Millionen Dollar müssen dem US Senat nicht vorgelegt werden, dazu Azzellini, KJ 2008, 310, 315. 48 Jones, CILJ 24 (2009), 239, 242; Doswald-Beck, in: Chesterman, S. 118.

A. Der internationale bewaffnete Konflikt

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was mögliche Rechtfertigungsschwierigkeiten für erlittene Verluste entbehrlich macht und die offiziellen Opferzahlen gering hält.49 Folglich ist die Verleihung des Kombattantenstatus an Angestellte vom PMCs/PSCs somit aufgrund von Ökonomieund Effizienzinteressen moderner Streitkräfte eher die Seltenheit.50 In jedem Fall scheidet eine Qualifizierung als (regulärer) Kombattant dort aus, wo der Staat bzw. das verantwortliche Völkerrechtssubjekt eine formelle Eingliederung in die Streitkräfte für die betreffenden Personen oder Gruppen evident ablehnt.51 Die USAverweigern beispielsweise ihren privaten Auftragnehmern explizit den Kombattantenstatus, indem sie diese zwar ermächtigen, die Streitkräfte zu begleiten, aber ihre fehlende Zugehörigkeit durch spezielle Identitätskarten gem. Art. 4 A Abs. 4 GA III, Art. 13 HLKO dokumentieren.52 b) Zusätzliche Voraussetzungen aa) Art. 4 A Abs. 2 GA III Ob indes noch zusätzliche Voraussetzungen erforderlich sind, wird immer wieder bestritten. Zweifelhaft ist insofern, ob die Angehörigen der regulären Streitkräfte die Voraussetzungen von Art 4 A Abs. 2 GA III erfüllen müssen.53 Hierfür könnte man anführen, dass die Erfüllung dieser Bedingungen zum Schutze der Zivilbevölkerung allge49

Dazu Feichtinger/Braumandl, IFK-Aktuell April/2008, S. 9, wonach seit 2003 schon über 1000 PMC/PSC-Angehörige im Irak getötet wurden; ebenso Petersohn, Politischer Nutzen und rechtliche Gefahren der privaten Militärfirmen, in: Neue Zürcher Zeitung, v. 4. Januar 2008, S. 30; Azzelini, Reisläufer im Zweistromland, in: Gruppe für eine Schweiz ohne Armee, November 2005, abrufbar unter: http://www.gsoa.ch/gsoa/zeitung/124/index.php?id=72. 50 Schaller, SWP 2005, S. 10; Bosch, ASR 16.4, 34, 38; Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 526; vgl. zu den Fällen aus der Praxis: Singer, CJTL 42 (2004), 521, 533 ff.; Zarate, SJIL 34 (1998), 75, 124. Es wurden zumindest Mitarbeiter von Sandline International in Papua Neuguinea als sog. „Special Constables“ in die Streitkräfte eingegliedert, dazu: Frye, FLR 73 (2005), 2607, 2641; Walker/Whyte, I&CLQ 54 (2005), 651, 679. Ebenfalls ist dies bei Angestellten von Executive Outcomes in Sierra Leone der Fall gewesen, dazu: Shearer, S. 49 ff. 51 Schaller, in: Jäger/Kümmel, S. 348. Eine Umdeutung dieser Rechtsposition scheidet aus, da die Eingliederung in die Streitkräfte und die Zuweisung eines Kampf- bzw. Verteidigungsauftrages sich ausschließlich nach dem nationalen Recht bestimmt und allein vom Staat festlegt wird, dazu näher oben unter A. I. 1. a). Andererseits hat diese Einordnung der Mitarbeiter von PMCs/PSCs in Art. 4 A Abs. 4 GA III durch die Konfliktpartei nicht zur Folge, dass diese auch tatsächlich unter diese Personenkategorie fallen. Hierfür müssen sie erst die Voraussetzungen der Norm erfüllen, dazu ausführlich unter A. II. 2. Hierdurch wird aber deutlich gemacht, dass sie zumindest keine Angehörigen der (regulären) Streitkräfte sind. 52 Vgl. US Headquarters Department of the Army, Contractors on the Battlefield, Field Manual FM 3 – 100.21(100 – 21), 2003, § 1 – 21; Joint Chiefs of Staff, Doctrine for Logistic Support of Joint Operations, Joint Pub. 4 – 0, 2008, Chapter II-15 (Operational Contract Support). 53 Dafür Bialke, AFLR 55 (2004), 1, 20; Bosch, ASR 16.4, 34, 38; Mallison/Mallison, CWRJIL 9 (1977), 39, 48.

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

mein erforderlich ist und die Voraussetzungen deshalb konstitutive Wirkung für den Kombattantenstatus haben müssen.54 Im Hinblick auf den Wortlaut des Art 4 A Abs. 1 GA III, der keine weiteren Voraussetzungen enthält, ist eine solche Forderung allerdings abzulehnen. Dies stützt auch eine systematische Auslegung der Norm, da Art. 4 A GA III mit der Unterteilung in Abs. 1 und 2 belegt, dass die gesonderten Voraussetzungen eben nur für die in Abs. 2 aufgeführten Gruppen als konstitutiv gilt. Die regulären Streitkräfte genießen insoweit eine Erfüllungsvermutung hinsichtlich der genannten Legalbedingungen, da die Staaten als originäre Adressaten auch als Garanten des Kriegsvölkerrechts angesehen wurden.55 Die explizite Erwähnung in Art. 4 A Abs. 2 GA III belegt, dass man ihre Beachtung durch die Angehörigen der regulären Streitkräfte unterstellt hat.56 Letztlich kann der Erfüllung der Legalbedingungen aus Abs. 2 deshalb nur deklaratorischer Charakter zukommen.57 Der Kombattantenstatus ergibt sich folglich automatisch aus der Zugehörigkeit zu einem bewaffneten Verband, der die genannten (ungeschriebenen) konstitutiven Voraussetzungen erfüllt und somit als Streitkraft zu qualifizieren ist. Letztlich dürfte dieser Streit aber keine (gravierenden) Konsequenzen für die Praxis haben, da die meisten Staaten über entsprechend zivilisierte Militärgesetze verfügen, so dass die Angehörigen der „regulären“ Streitkräfte im Ergebnis ohnehin die Voraussetzungen in Abs. 2 erfüllen werden.58 Zudem wird dem fundamentalen Unterscheidungsprinzip des Kriegsvölkerrechts durch die erwähnte Uniformierungspflicht für Armeeangehörige Rechnung getragen. Das Auftreten eines Soldaten als Zivilist hat insofern ausnahmsweise auch den Verlust des Kombattantenstatus zur Folge.59 Ansonsten müssen die Angestellten von PMCs/PSCs, die de iure in die „regulären“ Streitkräfte integriert sind, keine weiteren Voraussetzungen im Sinne des Art. 4 A Abs. 2 GA III erfüllen.

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Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 528. Maaß, S. 22; Steinkamm, S. 121; Ferrell, MLR 178 (2003), 94, 101. 56 de Preux, in: Pictet III, S. 71. 57 So auch Meyrowitz, JDI 100 (1973), 875, 919; Arnold, ZaöRV 63 (2003), 631, 636; Götze, S. 109; Steinkamm, S. 121, 125; Dinstein, in: Dinstein, S. 107; Schwab, S. 153; Aldrich, HuV-I 2002, 202, 204 sowie Buß, S. 204, die zudem anführt, dass dies auch ein Grund gewesen sei, weshalb die Delegierten auf der diplomatischen Konferenz darauf bedacht gewesen seien, die Streitkräfte von den Milizen und den Freiwilligenkorps zu trennen. 58 Schwarzenberger, CLP 24 (1971), 257, 267. Vgl. auch die oben aufgeführten ungeschriebenen Voraussetzungen der regulären Streitkräfte. 59 So auch der malaysische Staatsrat, Bin Haji Mohamed Ali et al. v. Public Prosecutor, 29. Juli 1968, Berufungskammer, in: All England Law Reports 1968, 488; ebenso Public Prosecutor v. Koi et. al.,UK Judicial Committee of the Privy Councel, 4. Dez. 1967, Berufungskammer; Draper, BYIL 45 (1971), 173, 182; Levie, ILS 59 (1977), 37; Meron, NTIR 40 (1970), 47, 67; Dinstein, in: Dinstein, S.108; dazu auch Henckaerts, in: Henckaerts/DoswaldBeck, S. 385. 55

A. Der internationale bewaffnete Konflikt

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bb) Änderungen durch das ZP I Einige Neuerungen beinhaltet allerdings das ZP I, das sowohl zusätzliche Voraussetzungen für die regulären Streitkräfte als auch deren Angehörige explizit normiert. (1) Art. 43 ZP I Während die regulären Streitkräfte nach Art. 1 HLKO sowie Art. 4 A Abs. 1 GA III noch als Garanten des Kriegsvölkerrechts angesehen und deshalb keinen weiteren Bedingungen unterworfen wurden, fordert nun Art. 43 Abs. 1 ZP I explizit auch für sie einen gewissen Organisationsgrad und eine verantwortliche Führung. Letztlich decken sich diese Bedingungen zwar nahezu mit den (oben erörterten) ungeschriebenen Voraussetzungen, die jeder Staat für seine Streitkräfte erfüllen muss, jedoch wird ihnen hierdurch erstmals explizit eine konstitutive Wirkung verliehen. Unklar ist hingegen, ob das Erfordernis eines internen Disziplinarsystems zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts nach Art. 43 Abs. 1 S. 2 ZP I ebenfalls ein konstitutives Element für die Eigenschaft einer Streitkraft darstellt60 oder nur deklaratorischen Charakter besitzt.61 Für eine deklaratorische Wirkung spricht die systematische Stellung, da dieses Erfordernis in einem eigenen Satz, also getrennt von den anderen Voraussetzungen, normiert ist. Darin könnte folglich nur eine zusätzliche Pflicht des verantwortlichen Völkerrechtssubjektes zu sehen sein.62 Diese Auslegung sollen zum einen die Protokolle zu den Genfer Konferenzen über die Zusatzprotokolle und zum anderen Art. 44 Abs. 2 ZP I belegen.63 Der Sinn und Zweck der Norm spricht hingegen für einen konstitutiven Charakter. Es soll nämlich die Begehung von Völkerrechtsverletzungen durch die Streitkräfte unterbunden werden. Die Humanisierung des Krieges soll gerade von den Streitkräften gewährleistet werden, so dass für sie die Einhaltung des humanitären Völkerrechts eine essentielle Bedingung darstellen muss. Es sollte insofern nur der Kombattant in den Genuss der Schutzrechte des humanitären Völkerrechts kommen, dessen Streitkraft die Regeln des „ius 60

Die Israelische Delegation war die einzige, die eine schriftliche Erläuterung hierzu verfasst und dafür plädiert hat, dass die Einhaltung der Regeln des Völkerrechts eine konstitutive Voraussetzung für die Qualifikation als Streitkräfte darstellt, hierzu Kwakwa, S. 95 Fn. 50; ebenfalls dafür: de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 43 ZP I Rn. 1675 und Art. 44 ZP I Rn. 1688; Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 233 f.; Green, S. 111 Fn. 44; Niewerth, S. 106 f.; Detter, S. 143; Schaller, HuV-I 2006, 51, 52; Levie, ILS 59 (1977), 52 f.; Gasser, AJIL 81 (1987), 912, 919; Wieczorek, S. 80; Kussbach, WBF 1978, 2, 6 f.; Gasser, S. 72 f.; Prugh, RDPMG 1982, 277, 285; Born, S. 168 f.; Aldrich, in: Voit, S. 460; Faite, S. 6. Diese Auffassung scheint auch die Bundesregierung zu vertreten, s. Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Werner Hoyer et al., hinsichtlich spezifischer Sicherheits- u. Militäraufgaben an nichtstaatliche Stellen, BT-Drs. 15/5824 v. 24. Juni 2005, S. 11 bzw. 15 (Frage 20 a und 31). 61 So Buß, S. 232; Bothe/Ipsen/Partsch, ZaöRV 1978, 1, 32; Maaß, S. 195; Baxter, in: Unesco, S. 107; Weitz, S. 137. 62 Bothe/Ipsen/Partsch, ZaöRV 1978, 1, 32; Kees, S. 176. 63 Roberts, VJIL 26 (1985), 109, 129 f.; Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 238.

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

in bello“ auch tatsächlich respektiert und einhält. Die Annahme einer deklaratorischen Wirkung des Art. 43 Abs. 1 S. 2 ZP I würde aber den Anreiz hierzu nehmen und dem aktuellen Trend, zur weiteren Forcierung einer Einhaltung der Regeln des Kriegsvölkerrechts durch die Kriegsparteien, diametral entgegenlaufen. Die Wertung des Art. 44 Abs. 2 ZP I spricht ebenfalls nicht gegen einen konstitutiven Charakter, da die Norm sich nur auf den einzelnen Kombattanten bezieht.64 Vielmehr kann im Umkehrschluss zu dieser expliziten Ausnahme gefolgert werden, dass zwar ein Verstoß des Einzelnen gegen die Regeln des Völkerrechts den Kombattantenstatus unberührt lässt, dies jedoch gerade nicht für den Verband und dessen Qualifikation als Streitkraft gilt. Die Vorschrift bekräftigt auch explizit, dass „alle Kombattanten verpflichtet sind, die Regeln des in bewaffneten Konflikten anwendbaren Völkerrechts einzuhalten“. Teilweise wird auch dafür plädiert, in Anlehnung an die Rechtslage unter Art. 4 A GA III, einen konstitutiven Charakter des Art. 43 Abs. 1 S. 2 ZP I nur für die irregulären Streitkräfte anzunehmen.65 Der Wortlaut der Norm spricht allerdings gegen eine unterschiedliche Wirkung dieser Voraussetzung, da er sich auf die Streitkräfte insgesamt bezieht, folglich auf eine explizite Unterscheidung zwischen Regulären und Irregulären verzichtet. Diesen Befund stützt auch der Sinn und Zweck, der in der Schaffung eines einheitlichen Streitkräftebegriffs liegt, so dass Reguläre wie Irreguläre den gleichen Voraussetzungen unterworfen werden sollten. Demnach ist es überzeugender Art. 43 Abs. 1 S. 2 ZP I als eine konstitutive Voraussetzung für die Qualifizierung als Streitkraft eines Staates zu verstehen. Für die Einhaltung des Völkerrechts ist eine disziplinarische Grundstruktur innerhalb der Streitkräfte zudem unerlässlich, wobei die Anforderungen an dieses interne Disziplinarsystem später noch näher erläutert werden. Allerdings ist davon auszugehen, dass Streitkräften, welche die geforderte Verbindung zu einer Konfliktpartei mit Völkerrechtssubjektivität aufweisen und einer verantwortlichen Führung unterstehen, aus sach- und rechtslogischen Gründen ohnehin eine disziplinarische Ordnung inhärent ist.66 Hierdurch ergibt sich eine erhebliche Änderung zur Rechtslage nach dem GA III und der HLKO, wo die regulären Streitkräfte noch als Erfüllungsgaranten des Kriegsvölkerrechts angesehen wurden.67 Letztlich obliegt es den Nichtsignatarstaaten des ZP I den Begriff der Streitkräfte nach Art. 4 A Abs. 1 GA III auch in der Zukunft extensiver zu fassen als es nun in Art. 43 Abs. 1 ZP I vorgegeben ist.68

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Dies gibt letztlich auch Solf zu, vgl. ders., in: Bothe/Partsch/Solf, S. 250. So Götze, S. 437 Fn. 1. 66 Ipsen, in: Schöttler/Hoffmann, S. 152; de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 43 ZP I Rn. 1675 a.E. 67 Dazu oben A. I. 1. b) aa). 68 Die Streitkräftedefinition in Art. 43 Abs. 1 ZP I wird man wahrscheinlich noch nicht gänzlich als geltendes Völkergewohnheitsrecht ansehen können. Kritisch sieht dies wohl auch das ICTY vgl. Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 15. Juli 1999, para. 93 Fn. 113; zumindest stellt aber Art. 43 Abs. 1 S. 1 Halbsatz 1 ZP I geltendes Völkergewohnheitsrecht dar, dazu Henckaerts, in: Henckaerts/Doswald-Beck, S. 14. 65

A. Der internationale bewaffnete Konflikt

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(2) Art. 44 ZP I Die Rechte und Pflichten des einzelnen Kombattanten werden hingegen in Art. 44 ZP I geregelt. Abs. 1 bestätigt jedoch nur geltendes Völkergewohnheitsrecht, indem er festlegt, dass ein Kombattant in der Gewalt des Gegners den Kriegsgefangenenstatus erlangt.69 Diese explizite Normierung des Grundsatzes der Ableitung des Sekundärstatus aus dem Primärstatus galt aber auch schon nach Art. 3 S. 2 HLKO und Art. 4 A GA III. Nach Art. 44 Abs. 2 ZP I hat ein Verstoß gegen die Regeln des humanitären Völkerrechts nicht den Verlust des Kombattantenstatus zur Konsequenz. Darin liegt jedoch keine Besserstellung, da dies bis dato auch keine konstitutive Voraussetzung für Angehörige der regulären Streitkräfte war.70 Eine Neuerung bringt allerdings Art. 44 Abs. 3 ZP I, der auf die Unterscheidungspflicht Bezug nimmt. Hiernach haben nun auch die Angehörigen der regulären Streitkräfte explizit die Pflicht sich von der Zivilbevölkerung deutlich erkennbar abzuheben.71 Es wird aber nicht konkretisiert auf welche Weise eine Unterscheidung zu erfolgen hat, so dass es nach dem Wortlaut scheinbar den Kombattanten obliegt, sich durch offenes Tragen der Waffen, durch ein sichtbares Unterscheidungszeichen oder durch eine Uniform von der Zivilbevölkerung abzuheben.72 Obwohl eine grammatikalische Auslegung des Abs. 3 S. 1 eine Gleichstellung von regulären und irregulären Kombattanten nahelegt, ist im systematischen Zusammenhang vor allem Abs. 7 von erheblicher Bedeutung, der auf die allgemeine Uniformtradition der regulären Streitkräfte verweist. Dieser Absatz bezieht sich ausweislich seines Wortlautes auf den gesamten Art. 44 ZP I und damit konsequenterweise auch auf die grundsätzliche Unterscheidungspflicht in Abs. 3 S. 1.73 Folglich wird die allgemeine Unterscheidungspflicht für reguläre Kombattanten dahingehend konkretisiert, dass für sie weiterhin die völkergewohnheitsrechtlich anerkannte Uniformpflicht als konstitutive Voraussetzung des Kombattantenstatus gilt.74 Offen bleibt hingegen deren Umfang. Der Wortlaut des Art. 44 Abs. 7 ZP I „..nicht, die allgemein anerkannte Staatenpraxis… zu ändern“ spricht dafür, dass die zeitlich-räumliche Beschränkung 69

Vgl. nur Ipsen, in: Fleck, Nr. 312. Hierzu oben A. I. 1. b) aa). 71 Nach der oben favorisierten Auslegung gilt Art. 4 A Abs. 2 GA III gerade nicht für die Angehörigen der regulären Streitkräfte, wobei die Unterscheidungspflicht in Form einer völkergewohnheitsrechtlich anerkannten Uniformierungspflicht der Armeeangehörigen letztlich auch nach alter Rechtslage eine konstitutive Voraussetzung für den Kombattantenstatus darstellte. 72 Dazu näher unter A. I. 1. d). 73 Ipsen, in: Fleck, Nr. 308; Fischer, in: Schmidle, S. 174; Green, CYIL 15 (1977), 3, 14; Prugh, RDPMG 1982, 277, 285. 74 Born, S. 170; Hermann, RDPMG 21 (1982), 72, 74; de Preux, in: Sandoz/Swinarski/ Zimmermann, Art. 44 ZP I Rn. 1692; Prugh, RDPMG 21 (1982), 277, 285; Wieczorek, S. 81; Ipsen, in: Fleck, Nr. 308; Skarstedt, RDPMG 21 (1982), 227, 235; Weitz, S. 141; Turner/Norton, AFLR 51 (2001), 1, 50 f. Die Uniformpflicht entfällt bei regulären Kombattanten, die Aufgaben übernehmen, bei denen das Tragen von Zivilkleidung erforderlich ist. Dazu Rosas, S. 349 Fn. 592. 70

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

der Unterscheidungspflicht nach Art. 44 Abs. 3 S. 1 ZP I und die Ausnahmeregelung nach S. 2 nicht auf die Mitglieder regulärer Streitkräfte anzuwenden ist.75 Aus teleologischer Sicht lässt sich jedoch dagegen anführen, dass diese Auslegung das im humanitären Völkerrecht dominierende Reziprozitätsprinzip76 konterkarieren würde,77 wie es beispielsweise auch in der Präambel des ZP I seinen Ausdruck gefunden hat.78 Folglich müssen die Armeeangehörigen ihrer Uniformierungspflicht auch nur während Angriffs- oder Vorbereitungshandlungen nachkommen79 und können in bestimmten Situationen auch nach Art. 44 Abs. 3 S. 2 ZP I von ihrer Unterscheidungspflicht befreit sein.80 Die Ausnahmeregelung wird dennoch in der Praxis vorwiegend für Guerilla-Kämpfer relevant sein.81 Die zusätzlichen Voraussetzungen nach Art. 43 und 44 ZP I werden aber im Rahmen des De-facto-Kombattantenstatus nochmal näher erörtert, da sie sich mit den Legalbedingungen nach Art. 4 A Abs. 2 GA III im Wesentlichen decken. Die gruppenbezogenen Voraussetzungen des Art. 43 ZP I dürften allerdings von den (staatlichen) Armeen, in welche die Mitarbeiter von PMCs/PSCs integriert werden könnten, ohnehin erfüllt werden. c) Zwischenergebnis Es kann somit festgehalten werden, dass ein De-iure-Kombattantenstatus gem. Art. 4 A Abs. 1 GA III bei den Mitarbeitern von PMCs/PSCs, mangels formeller Eingliederung in die regulären Streitkräfte, in den meisten Fällen, ausscheidet.

75 Nach Skarstedt müssen reguläre Truppen ihre Uniformen ausnahmslos tragen, vgl. ders. RDPMG 21 (1982), 227, 236. Maaß vertritt, dass sich nur irreguläre Kombattanten bzw. Partisanen auf die Ausnahmeregelung des Art. 44 Abs. 3 S. 2 ZP I berufen können, vgl. ders. S. 142 f. 76 Dazu Hobe, S. 374 ff. 77 Roberts, VJIL 26 (1985), 109, 129 f., sieht deshalb Art. 44 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Art. 44 Abs. 7 ZP I auch insgesamt als eine diskriminierende Regelung gegenüber den Angehörigen der regulären Streitkräfte an. 78 So auch Ipsen, in: Fleck, Nr. 309. 79 Kussbach, WBF 1978, 2, 7; Götze, S. 434. 80 de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 44 ZP I Rn. 1723, Rn. 1703; Fischer, in; Schmidle, S. 177; Gasser, S. 77. Dies stellt insofern eine Besserstellung zur bisherigen Rechtslage dar, weil die Angehörigen der regulären Streitkräfte zumindest nach völkergewohnheitsrechtlichen Grundsätzen wohl auch eine permanente Unterscheidungs- bzw. Uniformierungspflicht im Dienst hatten, dazu: Kwakwa, S. 97; de Preux, in: Sandoz/Swinarski/ Zimmermann, Art. 44 ZP I Rn. 1692. 81 Ipsen, in: Fleck, Nr. 309; Kussbach, WBF 1978, 2, 7; Aldrich, in: Voit, S. 460; Kwakwa, S. 97; de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 44 ZP I Rn. 1723; Stein/v. Buttlar, Rn. 1250. Dazu näher unten, vgl. A. I. 1. d) bb).

A. Der internationale bewaffnete Konflikt

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2. De-facto-Kombattanten Im Gegensatz zu Abs. 1, der eine formelle Inkorporation in die Streitkräfte voraussetzt, nimmt der Abs. 2 des Art. 4 A GA III auf solche Gruppen Bezug, die zwar für einen Staat kämpfen, aber strukturell unabhängig sind. Hierunter fallen also nur die Angehörigen solcher Organisationen, die nicht von Abs. 1 erfasst sind,82 wie die aufgeführten Milizen, Freiwilligenkorps und die organisierten Widerstandsbewegungen. Ursprung dieser Norm ist die Tätigkeit der Partisanen- und Widerstandsbewegungen während des Zweiten Weltkrieges.83 Durch die Reglung sollte ihnen der Kombattantenstatus auch für Kampfhandlungen auf besetztem Gebiet zugesprochen und damit ihr Verhalten legitimiert werden.84 Es ist nun zu untersuchen, ob die Mitarbeiter von PMCs/PSCs zumindest einen Defacto-Kombattantenstatus über das Vertragsverhältnis mit ihrem Unternehmen erlangen können. Hierfür ist allerdings ein strenger Maßstab anzulegen. Insgesamt müssen sowohl das Unternehmen als auch die Angestellten gem. Art. 4 A Abs. 2 GA III und nach Art. 43, 44 ZP I mehrere Voraussetzungen kumulativ erfüllen. Zunächst muss eine relevante Personenkategorie existieren, die eine Verbindung zu einer Konfliktpartei sowie eine verantwortliche Führung aufweist. Weiterhin müssen die Mitglieder ein deutlich erkennbares Unterscheidungszeichen führen, ihre Waffen offen tragen und bei ihren Operationen die Gesetze und Bräuche des Krieges einhalten. a) Personenkategorien Nach Art. 4 A Abs. 2 GA III und nach Art. 43 ZP I kommen verschiedene Personenkategorien für eine Rechtsstellung als Kombattant in Betracht, die hier relevant sein können. aa) Art. 43 Abs. 1 ZP I Ausgangspunkt bildet zunächst wieder Art. 43 Abs. 2 ZP I, wonach alle Angehörigen der Streitkräfte, mit Ausnahme des Sanitäts- und Seelsorgepersonals, Kombattanten sind.85 Die Definition der Streitkräfte in Art. 43 Abs. 1 ZP I umfasst wiederum sämtliche Formationen, die das bewaffnete Instrument einer Konfliktpartei bilden.86 82 83

Döring, S. 98. Oeter, ZaöRV 1989, 445, 453; Scupin, in: FS Laun, S. 201 ff.; Schwab, S. 172; Provost,

S. 92. 84

de Preux, in: Pictet III, S. 62; Buß, S. 213 ff.; Ipsen, in: Ipsen, § 68 Rn. 36. Die einzigen explizit aufgeführten nichtkombattanten Angehörigen der Streitkräfte sind demnach das Sanitäts- und Seelsorgepersonal aufgrund ihrer humanitären (zivilen) Funktion. Eine ähnliche Regelung wie sie Art. 3 HLKO enthält, existiert im ZP I hingegen nicht mehr. Hieraus wird teilweise geschlossen, dass die ursprüngliche Unterscheidung zwischen Kombattanten und Nichtkombattanten gänzlich aufgegeben wurde. So z. B. Pfanner, IRRC 86 (2004), 93, 113; de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 43 ZP I Rn. 1677. 86 Ipsen, in: Schöttler/Hoffmann, S. 152. 85

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

Nach dieser Vorschrift gibt es insgesamt noch drei verschiedenen Gruppen. Die bewaffneten Verbände sind als Streitkräfte im engeren Sinne zu verstehen.87 Die anderen bewaffneten Gruppen und Einheiten stellen hingegen die Streitkräfte im weiteren Sinne dar. Sie umfassen somit auch, wie oben erörtert, die Milizen, Freiwilligenkorps sowie Widerstandsbewegungen, die von den Streitkräften unabhängig sind. Letztlich verzichtet demnach Art. 43 ZP I gerade auf die Gruppenbezeichnungen aus Art. 4 A Abs. 2 GA III, um auch der modernen Kriegsführung gerecht werden zu können. Die antiquierten Begriffe wurden ohnehin schon mehrfach dahingehend kritisiert, dass ihnen „jeglicher Erkenntniswert“ fehle.88 (1) Organisierte Gruppe oder Einheit Der Begriff der Gruppe oder Einheit wird im ZP I nicht näher präzisiert. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift muss es sich aber um eine Personenmehrheit handeln, die in einem bewaffneten Konflikt auftritt. Weiterhin wird nach Art. 43 ZP I eine gewisse Organisationsstruktur für die Streitkräfte insgesamt vorausgesetzt. Dieses Merkmal wird zwar in Art. 4 A Abs. 2 GA III nur explizit für Widerstandsbewegungen verlangt, jedoch wurde dieses Erfordernis schon nach Art. 1 HLKO stillschweigend vorausgesetzt und gilt völkergewohnheitsrechtlich auch für Milizen und Freiwilligenkorps.89 Es setzt voraus, dass der Kampf einen kollektiven Charakter besitzt und keine Privatkriege durch Einzelkämpfer oder bedeutungslos kleine, strukturlose Gruppen geführt werden.90 Die innere Organisationsstruktur muss demnach eine klare Zuständigkeitsabgrenzung und Verantwortlichkeit, als Grundlage einer loyalen Kampfführung, aufweisen.91 Teilweise wird sogar vertreten, dass schon das Merkmal „organisiert“ ein funktionierendes internes Disziplinarsystem voraussetzt, das die Einhaltung der Regeln des Völkerrechts gewährleistet.92 Der Organisationsgrad von PMCs/PSCs entspricht teilweise nahezu dem der regulären Streitkräfte, da das Personal ohnehin überwiegend aus ehemaligen Militärangehörigen besteht, die hierarchische Organisationsstrukturen gewohnt sind.93 Dies gilt zumindest für die großen, konzernartig strukturierten Unternehmen, die im Irak und in Afghanistan eingesetzt

87 Dazu Maaß, S. 195. Wie schon im Rahmen von Art. 4 A Abs. 1 GA III näher ausgeführt wurde, sind die wenigsten PMCs/PSCs mangels formeller Eingliederung Bestandteil der bewaffneten Verbände, so dass hier maßgeblich nur die anderen bewaffneten Gruppen oder Einheiten in Betracht kommen. 88 Vgl. nur Steinkamm, S. 198; Friedrich, S. 98. Steinkamm hatte schon 1967 in seinem Lehrbuch eine neue Formulierung vorgeschlagen, nämlich „außerordentliche, organisierte Kampftruppen“, vgl. ders., S. 203. 89 Dazu Born, NZWehrr 1979, 56, 58. 90 Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 237; de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 43 ZP I Rn. 1672. 91 Born, NZWehrr 1979, 56, 58; Fischer, S. 43. 92 Born, NZWehrr 1979, 56, 58. 93 Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 530; Weigelt/Frank, in: Jäger/Kümmel, S. 382.

A. Der internationale bewaffnete Konflikt

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werden.94 Sie besitzen eine klare Zuständigkeitsverteilung, ohne die sie nämlich handlungsunfähig wären. Eine gewisse hierarchisch geprägte Organisationsstruktur ist letztlich für jedes große Wirtschaftsunternehmen, wie sie auch PMCs/PSCs repräsentieren, unerlässlich.95 Damit können sie grundsätzlich unter den Begriff der organisierten Gruppe oder Einheit fallen.96 (2) Bewaffnet Schwieriger ist das Merkmal der „Bewaffnung“ zu beurteilen. Mangels näherer Erläuterungen ist der Inhalt des Begriffs durch Auslegung zu ermitteln. Unstreitig dürfte sein, dass diese Bedingung eine Eingrenzung des in Frage kommenden Personenkreises bzw. der Gruppen bezwecken soll.97 Insofern erscheint es nicht sinnvoll jegliche organisierten Verbände, Einheiten oder Gruppen, die in einem bewaffneten Konflikt agieren, auch als bewaffnet anzusehen.98 Der Wortlaut der Norm legt zwar nahe, dass die Mitglieder der Einheiten Waffen tragen müssen. Gegen eine derart restriktive Auslegung lässt sich allerdings anführen, dass sie der Kriegswirklichkeit nicht gerecht wird. Im Zeitalter der modernen Kriegsführung und der immer rasanter zunehmenden Technologisierung sind tragbare Waffen nur noch von untergeordneter Bedeutung. Die Mehrheit der Soldaten ist zudem nicht für das Abfeuern von Waffen, sondern für funktionelle Vorbereitungs- und Unterstützungsleistungen der kämpfenden Verbände zuständig.99 Zudem gibt es auch Armeeangehörige, die per se zivile Aufgaben übernehmen, aber dennoch aus Selbstverteidigungsgründen bewaffnet sind.100 In systematischer Hinsicht ist auch Art. 43 Abs. 2 ZP I zu beachten, der das Kombattantenprivileg enthält. Im Rahmen einer teleologischen Auslegung sollte dieses besondere Berücksichtigung finden. Denn nur den Kombattanten ist es danach erlaubt, unmittelbar an Feindseligkeiten teilzunehmen. Aufgrund der Tatsache, dass nur die Angehörigen der bewaffneten Gruppen oder Einheiten wiederum Kombattan94

Dazu Döring, S. 58 ff., 99. Kinsey (2006), S. 14 f. 96 Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 517; Jones, CILJ 24 (2009), 239, 270. 97 Teilweise wird eine Eingrenzung der in Frage kommenden Gruppen auch im Rahmen des Merkmals „der Verbindung zu einer Konfliktpartei“ erörtert. Dort wird dann problematisiert, ob nur solche Verbände diese Voraussetzung erfüllen, die auf Seiten einer Konfliktpartei „kämpfen“, dazu Gillard, IRRC 88 (2006), 525, 534 f. Sie plädiert dafür, dass hiervon nur die militärischen Kernaufgaben wie z. B. die direkte Kampfbeteiligung erfasst werden, hingegen reine Unterstützungsleistungen ausscheiden. Überzeugender ist es aber das Problem im Rahmen des Merkmals bewaffnet zu erörtern, da dieses zuerst definiert werden muss. 98 Ein Experte versteht unter „organized armed group“ im nicht-internationalen Konflikt jede Gruppe, die in einen Konflikt involviert werden möchte, um militärische Aktionen einer Konfliktpartei zu unterstützen. Vgl. dazu Third Expert Meeting on the Notion of Direct Participation in Hostilities, ICRC, Genf 23 – 25 Okt. 2005, S. 46. Diese Definition erscheint zu weit gefasst, weil dann das Merkmal bewaffnet sinnlos bzw. überflüssig wäre. 99 Steinkamm, S. 134; Buß, S. 201 f.; de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 43 ZP I Rn. 1677; Vollmer, in: Reinfried/Walitschek, S. 22 ff. 100 Wie bspw. Köche oder Postboten, vgl. dazu Niewerth, S. 94. 95

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

tenstatus erlangen können, müssen diese zumindest als bewaffnet angesehen werden. Ansonsten wäre ihr Verhalten als illegal einzustufen, so dass den Angehörigen dieser Verbände der Kombattantenstatus verwehrt bliebe, was letztlich aber dem Sinn und Zweck von Art. 43 ZP I bzw. Art. 4 A Abs. 2 GA III zu wider laufen würde.101 Nur für diejenigen Gruppen oder Einheiten, deren Zielrichtung die tatsächliche Teilnahme an Feindseligkeiten darstellt, ist das Kombattantenprivileg auch sinnvoll. Für alle anderen würde sich die Qualifikation als Kombattant hingegen nachteilig auswirken, da sie dann auch Ziel militärischer Angriffe sein können. Dieser Argumentation wird aber vorgeworfen, dass sie in einen Zirkelschluss münde, weil hierdurch ein faktisches Verhalten zur wesentlichen Voraussetzung der eigenen Rechtmäßigkeit werden würde.102 Der Einwand kann jedenfalls nicht überzeugen, da nicht das faktische Handeln, sondern die bestehende Ausrichtung der organisierten Verbände entscheidend ist.103 Zudem ist die Vornahme von schädigenden Handlungen für sich noch nicht deshalb rechtmäßig, weil die Person einer bewaffneten Einheit angehört. Vielmehr müssen auch die zusätzlichen Voraussetzungen des Art. 43 Abs. 1 ZP I erfüllt sein.104 Folglich ist nun für das Merkmal der Bewaffnung zunächst der Begriff der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten näher zu bestimmen, um dann im Anschluss die jeweilige Ausrichtung der PMCs/PSCs klären zu können. (a) Unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten Dieser Begriff ist bisher unklar und es existiert keine einheitliche Definition. Er ist aber von erheblicher Bedeutung, da seine Auslegung letztlich Auswirkungen auf die rechtlichen Bindungen und den Schutzumfang der betroffenen Personen haben kann, wie Art. 51 Abs. 3, 43 Abs. 2 und Art. 47 Abs. 2 lit. b.) ZP I belegen. Die äußersten Eckpunkte dürften gesteckt sein, allerdings gibt es eine erhebliche Grauzone zwischen den Extrempositionen. (aa) Feindseligkeiten Zunächst gilt es den Begriff der Feindseligkeiten näher zu konturieren. Im kodifizierten humanitären Völkerrecht ist dieser bisher allerdings nicht näher bestimmt. Erster Anknüpfungspunkt könnte hierfür der Terminus „Angriff“ (attack) sein, der in Art. 49 ZP I legaldefiniert ist. Danach wäre jede offensive und defensive Gewaltanwendung erfasst.105 Die reine Wortbedeutung legt allerdings schon nahe, dass attack nur eine Form der Feindseligkeiten darstellt und der Begriff somit noch etwas weiter gefasst sein muss.106 Andererseits wäre die Gleichsetzung mit einem bewaffneten 101 102 103

Döring, S. 99; Niewerth, S. 94; Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 517. So Schaller, HuV-I 2006, 51, 53; Lehnardt, EJIL 19 (2008), 1015, 1017 Fn. 9. Dafür Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 529 Fn. 71; Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 517; Döring,

S. 99. 104 105 106

Niewerth, S. 95. Hierfür plädiert Schaller, HuV-I 2006, 51, 57. Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 303; Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 519 f.

A. Der internationale bewaffnete Konflikt

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Konflikt zu extensiv.107 Dieser besteht nämlich vielmehr aus mehreren Feindseligkeiten, vom Ausbruch des Konflikts bis zu seiner Auflösung.108 Der Terminus Feindseligkeiten setzt allerdings zwingend die Verbindung zu einem bewaffneten Konflikt voraus,109 der entweder internationalen oder nicht-internationalen Charakter besitzt.110 Kriminelles Verhalten ohne diesen Nexus ist demnach nicht erfasst, sondern nur als strafbare Handlungen nach nationalem Recht zu ahnden.111 Weiterhin müssen Kampfhandlungen vorliegen. Darunter ist nicht nur der Einsatz von Waffengewalt zu verstehen, sondern auch andere Maßnahmen, um den Gegner kampfunfähig zu machen. Sinnvoll erscheint es in diesem Zusammenhang für den zeitlichen Rahmen sowohl die Vorbereitung für Kampfhandlungen als auch den anschließenden Rückzug mit einzubeziehen.112 Feindseligkeiten sind demnach Handlungen, die in Verbindung mit einem bewaffneten Konflikt geschehen und deren Sinn und Zweck darin liegt, das Personal oder das Material der gegnerischen Streitkräfte zu beschädigen bzw. zu zerstören.113 Diese Definition ist allerdings nicht so restriktiv zu verstehen, dass Gewalthandlungen gegen die Zivilbevölkerung nicht davon erfasst werden. Vielmehr kann im Umkehrschluss gefolgert werden, dass erst recht auch ein solches Verhalten unter den Begriff der Feindseligkeiten fallen muss.114 (bb) Unmittelbare Teilnahme Die Teilnahme an den Feindseligkeiten muss zudem unmittelbar bzw. direkt sein.115 Das Merkmal der Unmittelbarkeit ist ebenfalls nicht eindeutig definiert. Auch hier scheinen allerdings die äußersten Eckpunkte gesteckt zu sein. Die von 107 Second Expert Meeting on the Notion of Direct Participation in Hostilities, ICRC, Den Haag, 25 – 26 Oktober. 2004, S. 24. Zum Begriff des bewaffneten Konflikts ausführlich im 3. Kapitel, A. III. 1. a). 108 McDonald, S. 15. 109 Ständige Rspr. vgl. nur ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 193; Prosecutor v. Aleksovski, Hauptverfahrenskammer, 25. Juni 1999, para. 45. Zu dieser Voraussetzung auch ausführlich im 3. Kapitel, A. III. 1. d) bb). 110 Quguiner, S. 2; McDonald, S. 15. 111 Ibid. 112 Vgl. CDDH/215/Rev. 1, para. 53; Kees, S. 194; de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 51 ZP I Rn. 1943; Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 302. 113 de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 43 ZP I Rn. 1679; Devivere, KJ 2008, 24, 36; Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 533; v. Lepel, in: FS Dau, S. 138; Niewerth, S. 95; Krieger, AöR 44 (2006), 159, 177; Cameron, IRRC 88 (2006), 573, 588; Quguiner, S. 2; Gillard, in: Alexandra/Baker/Caparini, S. 164; Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage des Abgeordneten Schäfer et al., hinsichtlich des Umgang der Bundesregierung mit Söldnern, Söldnerfirmen, privaten Sicherheits- und Militärdienstleistungsunternehmen, BTDrs. 16/1296 v. 26. April 2006, S. 12 f. (Frage 31). 114 The Public Commitee against Torture in Israel and Palestinian Society for the Protection of Human Rights and the Environment v. The Government of Israel et. al., High Court of Justice, v. 13. Dezember 2006, No. 769/02, para. 33; Schmitz-Elvenich, S. 213; Sossai, IYIL 18 (2008), 89, 100. 115 Die Begriffe direkt und unmittelbar werden synonym verwendet.

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

der gesamten Bevölkerung geleisteten allgemeinen Kriegsanstrengungen sind zumindest als indirekte Teilnahme zu qualifizieren.116 In Kriegssituationen wird die Zivilbevölkerung teilweise insgesamt (von Hausfrauen bis zu Waffenproduzenten etc.) in den Konflikt involviert, exemplarisch hierfür steht der „totale Krieg“ wie er in Deutschland gegen Ende des Zweiten Weltkrieges verordnet wurde. Ihre Einbeziehung würde den Status der Zivilpersonen dauerhaft aufweichen, was aber der statusrechtlichen Kategorisierung (Unterscheidungsprinzip) des Kriegsvölkerrechts zuwiderlaufen würde. Andererseits wäre es aber bei der modernen Kriegsführung praxisfern nur das direkte Betätigen des Abzugs einer Waffe oder das Auslösen sonstiger komplizierter Waffensysteme als unmittelbare Teilnahme anzusehen.117 Es existiert insofern eine Grauzone zwischen diesen beiden Handlungen. Die Unmittelbarkeit von (militärischen) Unterstützungshandlungen bleibt damit eine Frage des jeweiligen Einzelfalls und eine abstrakte Abgrenzung zu mittelbaren Akten kann sich daher schwierig gestalten. In jedem Fall sollten aber solche Unterstützungshandlungen i.S.v. Art. 4 A Abs. 4 und 5 GA III als direkte Teilnahme an Feindseligkeiten ausscheiden, da diese Personen gerade keine Kombattanten sind und ihnen somit eine derartige Berechtigung fehlt. Die statusrechtliche Trennung sollte auch hier gewahrt werden.118 Der Begriff der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten muss demnach an das vorgegebene statusrechtliche System des humanitären Völkerrechts angepasst werden, also sein Inhalt durch die vorhandenen Eckpunkte bestimmt werden. Die Wertung des Art. 4 A Abs. 4 GA III verbietet insofern eine vorschnelle Einordnung von (technischen und logistischen) Unterstützungshandlungen als unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten. Ähnlich wie im Rahmen des (ungeschriebenen) Streitkräftebegriffs,119 muss also unterschieden werden, ob eine genuin kriegerische oder zivile Handlung vorliegt. Beispielsweise sind also Nachschublieferungen mit Munition oder Waffen direkt an die Front als unmittelbare Teilnahme zu qualifizieren, wohingegen Nahrungslieferungen, humanitäre Unterstützung oder die Arbeit in der Rüstungsindustrie nicht erfasst sind.120 Gleichwohl sind z. B. Industrieanlagen legitime militärische Ziele, so dass die Tötung von Zivilisten als Kollateralschaden zulässig sein kann.121 Gegen ein zu weites Verständnis des Begriffs der unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten spricht zudem, dass die Auswirkungen auf den Schutzumfang gravierend sind. Die Kehrseite des Kombattantenstatus ist, dass die 116 Devivere, KJ 2008, 24, 36; Döring, S. 104; de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 43 ZP I Rn. 1679; Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 520; Quguiner, S. 2; Schaller, HuV-I 2006, 51, 58; Wieczorek, S. 44; Third Expert Meeting on the Notion of Direct Participation in Hostilities, ICRC, Genf 23 – 25 Okt. 2005, S. 21; Melzer, S. 335; Rogers, S. 8; Olsolo (2008), S. 109. 117 Guillory, AFLR 51 (2001), 111, 130; Niewerth, S. 96. 118 Eine nähere Auseinandersetzung mit der Personenkategorie aus Art. 4 A Abs. 4 GA III erfolgt unter C. I. 2. b). 119 Dazu oben A. I. 1. a). 120 McDonald, S. 21 f.; Heaton, AFLR 57 (2005), 157, 179 f.; Schüller, S&F 26 (2008), 191, 194. 121 Gasser, in: Fleck, Nr. 519.

A. Der internationale bewaffnete Konflikt

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Kombattanten auch angegriffen werden können. Diese Konsequenz gilt gem. Art. 51 Abs. 3 ZP I auch für Zivilisten, die sich unmittelbar an Feindseligkeiten beteiligen. Bei der Auslegung ist folglich auch ein Ausgleich zwischen dem Schutz der Zivilbevölkerung einerseits und dem berechtigten Interesse an militärischen Reaktionsmöglichkeiten auf die Kriegsführung betreffender Zivilisten andererseits herzustellen. Überzeugend erscheint es deshalb einen zeitlichen und örtlichen Kausalzusammenhang zwischen der Handlung und dem daraus resultierenden Schaden zu verlangen.122 Aufgrund dieser zeitlichen und räumlichen Bedingung scheiden insofern die genannten bloßen mittelbaren Unterstützungshandlungen aus, die in der Regel von Nichtkombattanten vorgenommen werden. Die Schädigung des Feindes muss also ohne wesentliche Zwischenschritte durch die betreffende Handlung erfolgen.123 Eine klare Abgrenzung ist hierdurch zwar auch nicht gewährleistet, aber es können zumindest gewisse Tätigkeiten ausgeschieden werden. Letztlich muss dennoch im jeweiligen Einzelfall geprüft werden, ob eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten vorliegt.124 (b) Ausrichtung der PMCs/PSCs Die Ausrichtung der jeweiligen Mitarbeitergruppen der privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen auf eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten ist nun gesondert zu untersuchen.125 Aufgrund ihrer vertraglichen Bindung ist der genaue Einsatzbereich bzw. das Aufgabenspektrum meist detailliert im Vertrag festgelegt. Die Ausrichtung der einzelnen Unternehmen bzw. deren Einsatzgruppen dürften sich folglich im Einzelfall bestimmen lassen. Entscheidend ist insofern nicht das gesamte Unternehmen, sondern die spezifische Gruppe der Mitarbeiter eines Unternehmens, die in einem konkreten bewaffneten Konflikt zum Einsatz kommt. Auf das gesamte Unternehmen kann nicht generell abgestellt werden, weil die dazugehörigen Angestellten teilweise in unterschiedlichen Aufgabenbereichen und Einsatzfeldern tätig werden. Die genaue Einordnung einer bestimmten Unternehmensgruppe muss folglich im jeweiligen konkreten Einzelfall erfolgen. Im Folgenden werden allerdings im Rahmen einer abstrakten Betrachtung nur die grundsätzlichen Aufgabenbereiche der jeweiligen Unternehmen, unter Heranziehung der oben vorgenommenen Typologisierung, näher betrachtet.

122 Wieczorek, S. 43; Döring, S. 104; de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 43 ZP I Rn. 1679; Devivere, KJ 2008, 24, 36. 123 Niewerth, S. 97 f.; Kees, S. 196. 124 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Hauptverfahrenskammer, 7. Mai 1997, para. 616. 125 Aufgrund der teilweise weitgefächerten Aufgabenfelder ist eine genaue Einordnung des einzelnen Unternehmens kaum möglich, sondern muss im konkreten Einzelfall untersucht werden.

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

(aa) Military Provider Firms Die Military Provider Firms verpflichten sich vertraglich zur Übernahme von Kampfaufträgen, aufgrund ihrer direkten Beteiligung an militärischen Auseinandersetzungen sind sie demnach ein Musterbeispiel für die Ausrichtung auf eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten.126 Das zeitlich-örtliche Merkmal sollte nicht sinnwidrig eng ausgelegt werden, so dass zumindest auch die Bedienung eines örtlich weit entfernten Waffensystems, einer ferngelenkten Rakete oder eines unbemannten, bewaffneten Flugkörpers (Drohne) als unmittelbare Beteiligung zu qualifizieren ist.127 Ihr Aufgabenspektrum erfüllt unzweifelhaft den Begriff des Angriffs gem. Art. 49 ZP I. Hierzu gehört auch die Befreiung von gefangen genommenen Soldaten,128 hingegen nicht eine solche von Zivilisten, da die Geiselnahme von unbeteiligten Zivilpersonen ein Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht darstellt.129 (bb) Private Security Companies Gleiches gilt für die privaten Sicherheitsunternehmen, zu deren Aufgabe der Personen- oder Objektschutz im militärischen Bereich gehört. Der defensive Charakter der Tätigkeit ist hier unerheblich, da das Völkerrecht gem. Art. 49 ZP I nicht zwischen offensiven und defensiven Handlungen unterscheidet.130 Auch bei diesen Aufträgen ist der Einsatz von Waffengewalt zur Verteidigung vertraglich vorgesehen.131 Anders stellt sich die Situation dar, wenn zivile Gebäude wie Schulen, Krankenhäuser etc. bewacht bzw. beschützt werden. Eine Verteidigung dieser Objekte oder der dort befindlichen Zivilpersonen ist hingegen keine direkte Teilnahme an Feindseligkeiten, weil der Angriff hierauf gem. Art. 48 ff., 52 Abs. 2 ZP I als völkerrechtswidrig zu qualifizieren ist.132 Eine Verteidigungshandlung in Notwehr oder zum Schutz der gefährdeten Zivilpersonen ist somit völkerrechtlich legitimiert. Die Bewachung von Gefängnissen dürfte ebenfalls keine direkte Teilnahme an Feindseligkeiten darstellen, weil diese Tätigkeit allein noch keinen unmittelbar schädigenden Effekt für die gegnerische Konfliktpartei besitzt.133 Ebenso wie der Verkauf von Sicherheitstechnik oder die Beratung in Angelegenheiten der Sicherheit. 126 Quguiner, S. 6; Döring, S. 105; Krieger, AöR 44 (2006), 159, 177; Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 536 f. 127 Devivere, KJ 2008, 24, 36; Schaller, HuV-I 2006, 51, 57; Schüller, S&F 26 (2008), 191, 194. 128 Döring, S. 105. 129 Dazu ausführlich Niewerth, S. 99 f. 130 Gillard, IRRC 88 (2006), 525, 540; Niewerth, S. 98; Schaller, HuV-I 2006, 51, 55; Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 518 f.; Cameron, IRRC 88 (2006), 573, 589; McDonald, S. 24; Morgan, CJIL 9 (2008), 213, 222; Melzer, S. 344; Pinzauti, IYIL 17 (2007), 125, 130 Fn. 16; Nevers, SD 40 (2009), 169, 179. 131 Döring, S. 105. 132 Nevers, SD 40 (2009), 169, 179; Faite, S. 8; Pinzauti, IYIL 17 (2007), 125, 130; Schaller, HuV-I 2006, 51, 56 f. 133 Niewerth, S. 101.

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(cc) Military Consultant Firms Die Military Consult Firms erbringen hauptsächlich Dienstleistungen in Bezug auf militärische Beratung und Training von Polizeikräften, militärischen und paramilitärischen Einheiten. In der Regel werden diese Tätigkeiten keine unmittelbaren Konsequenzen für den Gegner haben, wie es bei der Schulung und Ausbildung im Einsatzland der Fall ist.134 Zwischen der Ausbildung und dem tatsächlichen Einsatz liegt eine gewisse Zeitspanne, so dass es hier an der zeitlich-örtlichen Unmittelbarkeit fehlt.135 Bei der allgemeinen strategischen oder taktischen Planung von Kampfeinsätzen fehlt es ebenfalls am Kriterium der Unmittelbarkeit und dem zeitlich-örtlichen Schädigungszusammenhang.136 Auch die taktische Planung zur Durchführung eines konkret bevorstehenden Kampfeinsatzes ist nicht als unmittelbare Teilnahme zu begreifen, da hierdurch alleine noch keine Schädigung des Gegners eintritt.137 Als wesentlicher Zwischenschritt fehlt nämlich noch die maßgebliche militärische Aktion. Zwischen Planung und Umsetzung liegt noch eine erhebliche Zeitspanne. Eine Einbeziehung dieser Vorstufe auf planerischer Vorbereitungsebene würde letztlich die Abgrenzung zu den oben beschriebenen, nur mittelbaren, Teilnahmehandlungen verwischen. Zudem führt die Bestimmung der Frage, wann die Offensive nun kurz bevorsteht und wann nicht, erneut zu Ungewissheit. (dd) Military Support Firms Bei den Military Support Firms liegt hingegen der Schwerpunkt auf Unterstützungs- und Logistikfunktionen. Wie oben dargelegt wurde, lässt sich der Wertung des Art. 4 A Abs. 4 und 5 GA III entnehmen, dass die Übernahme von logistischen und technischen Unterstützungshandlungen per se keine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten darstellt. Der Aufbau von Infrastruktur (Straßen, Gebäuden etc.) und der Transport von Truppen oder Geräten in das Krisengebiet sowie Nahrungslieferungen werden in der Regel abseits des Kampfgeschehens vollzogen, weshalb es somit auch hier grundsätzlich am zeitlich-örtlichen Schädigungszusammenhang fehlt.138 Natürlich gibt es auch Einzelfälle, die andere Bewertung zulassen. Teilweise wird nämlich berichtet, dass aufgrund personeller Engpässe bei militärischen Operationen nur das Küchenpersonal zur Bewachung der Militärbasis zurück-

134 de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 47 ZP I Rn. 1806; Maaß, S. 109; Cassese, ZaöRV 40 (1980), 1, 24; Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 518 f.; Kwakwa, I&CLR 14 (1977), 67, 71; Döring, S. 104; Schmitt bejaht eine direkte Teilnahme nur dann, wenn die taktische Schulung als Vorbereitung für eine kurz bevorstehende Großoffensive geschieht, vgl. ders. CJIL 5 (2005), 511, 514, 545. 135 Niewerth, S. 101. 136 Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 522; Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 545. 137 Eine a.A. vertreten Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 522 und Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 545. 138 Quguiner, S. 6; Maaß, S. 109; Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 544; Cameron, IRRC 88 (2006), 573, 589.

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

bleibt.139 Wenn das Küchenpersonal aus privaten Mitarbeitern besteht, nehmen diese im Falle eines Angriffs auch direkt an Feindseligkeiten teil. Im Endeffekt agieren solche Mitarbeiter dann wie private Sicherheitsunternehmen. Gleiches gilt auch für den Fall, wenn die Unterstützungseinheiten dringend benötigte Munition direkt zu kämpfenden Verbänden an die Front bringen.140 Im April 2003 rettete beispielsweise eine Munitionslieferung des Unternehmens Blackwater den während eines Feuergefechts eingeschlossenen Einheiten in Najaf das Leben und trug zum Erfolg der Mission bei.141 In solchen Situationen ist ein unmittelbarer Schädigungserfolg der Munitionslieferung aufgrund der sofortigen Verwendung zu bejahen, zudem werden die Unterstützungseinheiten an der Front meist selbst in Gefechte verwickelt, um den Nachschubkonvoi zu verteidigen.142 Auch das Programmieren einer Computerattacke zur Informationsgewinnung kann aufgrund der erheblichen Schadenswirkung eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten begründen.143 Die Steuerung von Aufklärungsdrohnen oder -flugzeugen, die ihre Informationen zur direkten Vernichtung des militärischen Zieles weiterleiten, ist ebenfalls als unmittelbare Teilnahme zu qualifizieren. Die Schädigung erfolgt hier nämlich (meist automatisch) im direkten Anschluss an die vorhergehende Informationsgewinnung (Satelliten bzw. Luftbilder etc.) also ohne wesentliche Zwischenschritte. Hier ist der Vergleich zur oben erwähnten Munitionslieferung ins Gefechtsfeld angebracht.144 Hingegen ist dies für das allgemeine Auskundschaften des gegnerischen Terrains zur Informationsgewinnung, mangels zeitlich unmittelbaren Schädigungserfolges, zu verneinen. Es ist somit festzuhalten, dass grundsätzlich nur die Military Provider Firms und die privaten Sicherheitsunternehmen auf eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten ausgerichtet sind und folglich als bewaffnet i.S.d. Art. 43 Abs. 1 ZP I gelten können.145 Folglich ist die Mehrheit der Unternehmen schon aus diesem Grund nicht als Streitkraft nach dem ZP I zu qualifizieren.

139

Dazu Cameron, IRRC 88 (2006), 573, 589. Melzer, S. 344; Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 303. 141 Dazu Priest, Private Guards Repel Attack on U.S. Headquarters, in: Washington Post, v. 6. April 2004, abrufbar unter: http://www.sandline.com/hotlinks/Wash_Post-Private_guards. html. Derartige Einsätze entsprechen allerdings, aufgrund der direkten Kampfbeteiligung, grds. auch eher dem Aufgabenprofil von Military Provider Firms. 142 Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 514, 544; Niewerth, S. 103; Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 522; Schwab, S. 203. 143 First Expert Meeting on the Notion of Direct Participation in Hostilities, ICRC, Den Haag, 2. Juni 2003, S. 5; Schaller, HuV-I 2006, 51, 57; Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 542. 144 McDonalds, S. 23; Schmitt, in: FS Fleck, S. 515. 145 Eine exaktes Bestimmung der Ausrichtung muss natürlich für jedes Unternehmen im Einzelfall vorgenommen werden, da die verschiedenen Unternehmen teilweise auch unterschiedliche Dienstleistungen anbieten und sich die Aufgabenbereiche überschneiden können. 140

A. Der internationale bewaffnete Konflikt

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bb) Art. 4 A Abs. 2 GA III Die Personenkategorien der außerordentlichen Streitkräfte sind nach dem Wortlaut des Art. 4 A Abs. 2 GA III eng gefasst, da hierfür nur Milizen und Freiwilligenkorps sowie Widerstandsbewegungen in Betracht kommen. Dies lässt den Schluss zu, dass nicht jeder Kampfverband, der die vier Legalbedingungen erfüllt, auch zu Kampfhandlungen legitimiert ist. Die Schöpfer der Genfer Konventionen hatten zunächst sicherlich nicht intendiert den Mitarbeitern von großen Privatunternehmen durch Art. 4 A Abs. 2 GA III die Erlangung des Kombattantenstatus zu erleichtern. Der historische Zweck der Vorschrift bestand vielmehr darin, die Befreiungsaktionen von Partisanen in besetzten Gebieten (nachträglich) zu legitimieren.146 Als Personenkategorie der außerordentlichen Streitkräfte kommen jedoch ohnehin für die Mitarbeiter der PMCs/PSCs offensichtlich nur die Freiwilligenkorps in Frage. Weder die Genfer Konventionen noch die Kommentarliteratur liefert aber eine Definition dieses Begriffs, so dass es zunächst schwierig erscheint sie darunter zu fassen.147 Wie die Bezeichnung schon nahe legt, ist aus historischer Sicht der Aspekt der Freiwilligkeit für die Zugehörigkeit zu dieser Gruppe von entscheidender Bedeutung. Der Begriff geht wohl auf den Scharnhorstschen Organisationsplan aus Preußen zurück, wonach das stehende Heer durch die Angliederung von Freiwilligen ergänzt und verstärkt werden sollte.148 Der Aspekt der Freiwilligkeit dürfte bei den Angehörigen von PMCs/PSCs durchaus zu bejahen sein.149 Die Mitgliedschaft in einem Militäroder Sicherheitsunternehmen beruht nämlich nicht auf einer zwangsweisen öffentlich-rechtlichen Einberufung, sondern die Rekrutierung des Personals erfolgt im Rahmen einer privatautonomen Vertragsgestaltung.150 Der Begriff „Korps“ verdeutlicht zudem, dass es sich um einen Zusammenschluss von mehreren Personen handeln muss, dessen Zweck die Durchführung bestimmter gemeinsamer (paramilitärischer) Aktivitäten ist. In Übereinstimmung mit Art. 43 ZP I wird man aber auch hier nicht jede (freiwillig zusammengeschlossene) Personenmehrheit ausreichen lassen, sondern nur solche, die auf eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten ausgerichtet sind. Hierdurch wird auch die entscheidende Abgrenzung zu der Personengruppe nach Art. 4 A Abs. 4 GA III gewahrt.151 Demnach würden auch nach Art. 4 A Abs. 2 GA III grundsätzlich nur die Military Provider Firms und die privaten Sicherheitsunternehmen als relevante Personengruppe in Frage kommen.

146 de Preux, in: Pictet III, S. 52 ff.; Cameron, IRRC 88 (2006), 573, 586; Govern/Bales, FILJ 32 (2008), 55, 71. 147 Ridlon, AFLR 62 (2008), 199, 220. 148 Dazu ausführlicher Steinkamm, S. 108 f. 149 Eine a.A. vertritt hingegen Kees, S. 202. 150 Hierfür spricht auch, dass die französische Fremdenlegion oder die Gurkha als (in die Streitkräfte integrierte) Freikorps angesehen werden. Ihre Rekrutierung erfolgt aber ebenfalls auf vertraglicher Basis, so dass in diesem Punkt kein Unterschied zu PMCs/PSCs besteht. 151 Vgl. hierzu die Ausführungen unter A. II. 2.

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

Aufgrund des unklaren Wortlautes scheint es aber auch möglich dafür zu plädieren, dass es bei Art. 4 A Abs. 2 GA III nur auf die Erfüllung der Legalbedingungen ankommt.152 Hierfür ließe sich anführen, dass nach Sinn und Zweck der Norm der ordnungsgemäße Kampf garantiert werden soll, wohingegen die Art der Organisation nicht das entscheidende Merkmal ist.

b) Verbindung zu einer Konfliktpartei aa) Allgemein Essentielle Grundlage für die Einstufung als Kombattant ist weiterhin, dass eine organschaftliche Zugehörigkeit zu einem als Konfliktpartei beteiligten Völkerrechtssubjekt gegeben ist,153 hierbei muss es sich aber nicht um die „eigene“ Regierung handeln.154 Dieser Konnex zu einer Konfliktpartei ist erforderlich, weil der gemeinsame Art. 2 GK sowie Art. 1 Abs. 3 ZP I, der hierauf verweist, einen Konflikt zwischen den „Hohen Vertragsparteien“ voraussetzt. Die Rückkopplung an eine Vertragspartei ist somit fundamentale Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Konventionen.155 Hierdurch wird auch die völkerrechtliche Verantwortlichkeit im Falle einer Rechtsverletzung sichergestellt.156 Außerdem soll dadurch verhindert werden, dass bewaffnete Gruppen die Kriegssituation ausnutzen, um Privatkriege aus eigenen Motiven zu führen.157 Diese Voraussetzung ist in Art. 4 A Abs. 2 GA III statuiert („zu einer am Konflikt beteiligten Partei gehören“) und wurde auch explizit in die Streitkräftedefinition des Art. 43 Abs. 1 ZP I aufgenommen („die Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei“). Teilweise wird die Formulierung in Art. 43 ZP I gegenüber der in Art. 4 A Abs. 2 GA III als etwas enger gefasst verstanden.158 Letztlich wird aber darauf hingewiesen, dass die Entstehungsgeschichte von Art. 43 ZP I keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Norm eine festere Verbindung fordert als dies nach dem GA III der Fall gewesen ist.159 Eine Erweiterung des Begriffs der Konfliktpartei besteht aber insoweit, als nach Art. 1 Abs. 4 ZP I nunmehr auch nationale Befreiungsbewegungen darunter fallen.160 Entscheidend ist allerdings, von welcher Intensität die Verbindung zu einer Konfliktpartei sein muss. In der Zeit vor dem 20. Jahrhundert herrschte das Prinzip der 152

Friedrich, S. 98; Niewerth, S. 111. de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 43 ZP I Rn. 1681; Bothe/Ipsen/ Partsch, ZaöRV 1978, 1, 32; Schaller, HuV-I 2006, 51, 52; Ipsen, in: Fleck, Nr. 304. 154 Berber, S. 143. 155 Dazu Mallison/Mallison, CWRJIL 9 (1977), 39, 51. 156 Bothe/Ipsen/Partsch, ZaöRV 1978, 1, 32; Weitz, S. 134. 157 Buß, S. 208; Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 237; Kalshoven, RDPMG 11 (1972), 55, 78; Abi-Saab, RCAH 165 (1979), 353, 419. 158 So Rosas, S. 262, 339; Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 237. 159 Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 237; Kwakwa, S. 91 Fn. 32. 160 Born, NZWehrr 1979, 56, 67. 153

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Autorisation vor. Danach war es den Soldaten nicht erlaubt, ohne Autorisation durch die souveräne Gewalt Krieg zu führen.161 Dieses Recht folgte aus der ausschließlichen Entscheidungsgewalt des Souveräns über Krieg und Frieden.162 Dieses traditionelle Erfordernis wurde allerdings im Rahmen der Brüsseler (1874) bzw. Haager (1899/ 1907) Konferenzen abgeschafft.163 Eine formelle Autorisation in Form von Ausweisen oder Papieren ist folglich nicht erforderlich. Überwiegend wird deshalb eine rein faktische Verbindung als ausreichend angesehen.164 Wie diese konkret ausgestaltet sein muss, ist allerdings umstritten. Teilweise wird gefordert, dass sie durch materielle Unterstützung (Nahrung, Munition oder Waffen) oder durch Beratung, Weisungen, Übermittlung von Nachrichten etc. erkennbar ist,165 die Staatsangehörigkeit einer Konfliktpartei wird jedenfalls nicht als ausreichend angesehen.166 Andere nehmen eine eher restriktive Auslegung dieses Merkmals vor und fordern eine Unterordnung unter die Befehle bzw. Anordnungen der Konfliktpartei.167 Nach einem neueren Ansatz soll die nötige Verbindung zur Konfliktpartei über das Recht der Staatenverantwortlichkeit, insbesondere über die Normen der ILC, begründet werden.168 Einen Anknüpfungspunkt für PMCs/PSCs soll vor allem Art. 8 ILC-Entwurf bieten. Insgesamt bestehen allerdings Bedenken, ob die ILC-Normen tatsächlich auch eine Grundlage zur Bestimmung des Merkmals der Zugehörigkeit zu einer Konfliktpartei im Rahmen des Streitkräftebegriffs bieten.169 Das ICTY fordert eine Kontrolle der Konfliktpartei über die Milizen bzw. Freiwilligenkorps sowie eine Art Abhängigkeit und Loyalität dieser Gruppen.170 Entgegen den Ausführungen des ICJ in der NicaraguaEntscheidung sei eine Kontrolle hinsichtlich der konkret in Frage stehenden Einzelhandlung („effective control“)171 aber nicht erforderlich. Es reiche hingegen aus, dass der Staat eine generelle Kontrolle („overall control“) über die Gruppe besitze.172

161

Hierzu de Vattel, S. 368; Ipsen, in: Schöttler/Hoffmann, S. 138. Schmid, S. 17; Buß, S. 74. 163 Buß, S. 158; de Preux, in: Pictet III, S. 59. 164 Schwab, S. 181; Rosas, S. 258; Meyrowitz, JDI 100 (1973), 875, 911; Buß, S. 208; de Preux, in: Pictet III, S. 57; Kwakwa, S. 91; Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 528. 165 So Buß, S. 209; Meyrowitz, JDI 100 (1973), 875, 911; Strebel, ZaöRV 13 (1950/51), 118, 133; Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 237. 166 Abi-Saab, AEI 3 (1972), 93, 110; Buß, S. 208; Schlosser, S. 234. 167 So bspw. der Israelische Militärgerichtshof im sog. „Kassem-Fall“, IYHR 1971, 456, 459; Meron, NTIR 40 (1970), 47, 59 ff. 168 Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 524 ff. 169 Überzeugend hierzu Kees, S. 210 Fn. 160. 170 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 15. Juli 1999, para. 93, 94. 171 So der ICJ, Nicaragua v.USA, 27. Juni 1986, ICJ Reports 1986, para. 115; kürzlich bestätigt in: ICJ, Bosnia and Herzegovina v. Serbia and Montenegro, 26. Februar 2007, ICJ Reports 2007, para. 406. 172 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 15. Juli 1999, para. 137; seitdem ständige Rspr. vgl. nur Prosecutor v. Blasˇkic´, Hauptverfahrenskammer, 3. März 2000, para. 75 ff.; Prosecutor v. Kordic´ and Cˇerkez, Berufungskammer, 17. Dezember 2004, para. 306 ff. 162

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

Ebenso wie der ICJ173 lässt aber auch das ICTY hierfür allerdings eine finanzielle Unterstützung oder Ausrüstung nicht genügen, vielmehr müsse der Staat die militärischen Operationen koordinieren oder die allgemeine Planung unterstützen.174 Auch der ICC scheint (vorerst) dem Ansatz der „overall control“ des ICTY gefolgt zu sein.175 Andere lassen hingegen ausreichen, dass eine Person bzw. Gruppe kämpft, um einer Konfliktpartei zum Siegen zu verhelfen,176 so dass auch ein stillschweigendes Einverständnis genügt.177 Für eine extensive Auslegung spricht jedenfalls, dass bei den Freiwilligenkorps im Sinne des Art. 4 A Abs. 2 GA III schon aufgrund ihrer Unabhängigkeit keine vergleichbar enge Beziehung zu einer Konfliktpartei existiert wie sie die „regulären Streitkräfte“ aufweisen.178 Eine ausdrückliche Erklärung der Verantwortlichkeit für das Verhalten der relevanten Gruppe durch die Konfliktpartei179 ist zwar aus Klarstellungsgründen begrüßenswert, allerdings nicht erforderlich, da dies im Ergebnis einen Rückfall in die Zeiten der Autorisation bedeuten würde.180 Vorzugswürdig erscheint insofern eine konkludente Zustimmung zu fordern, die sich nach Außen in irgendeiner Form durch aktives (faktisches) Verhalten manifestiert.181 Diese kann sich in jeglicher Form von Unterstützungsleistungen äußern. Folglich ist ein ausschließlich einseitiges Verhalten durch die nicht-staatlich organisierten Gruppen durch das Bekämpfen einer gegnerischen Partei nicht ausreichend, weshalb auch das bloße Schweigen nicht als Anerkennung einer Konfliktpartei interpretiert werden darf.182 Dies hätte in der Praxis nämlich die merkwürdige Konsequenz, dass sich die Konfliktpartei umgehend nach Kenntnisnahme von einer auf ihrer Seite kämpfenden Gruppe gegen eine Bindung aussprechen müsste, um eine konkludente Zustimmung durch Schweigen zu vermeiden. Letztlich würde diese Regelung auch zu Unsicherheiten hinsichtlich der statusrechtlichen Einordnung der kämpfenden Gruppen füh173

ICJ, Nicaragua v. USA, 27. Juni 1986, ICJ Reports 1986, para. 115. ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 15. Juli 1999, para. 131. 175 ICC-01/04 – 01/06 – 803, Prosecutor v. Lubanga, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 29. Januar 2007, para. 210. 176 Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 528; Gillard, IRRC 88 (2006), 525, 534; de Preux, in: Pictet III, S. 57; Schwarzenberger, CLP 24 (1971), 257, 270 f., 273; Ridlon, AFLR 62 (2008), 199, 225. 177 Schmid, S. 112; Gillard, IRRC 88 (2006), 525, 534; de Preux, in: Pictet III, S. 57; AbiSaab, RCAH 165 (1979), 353, 419. 178 Mallison/Mallison, CWRJIL 9 (1977), 39, 52. 179 Israelische Militärgerichtshof, „Kassem-Fall“, IYHR 1971, 456, 459; Draper, BYIL 45 (1971), 173, 201; Groh, S. 90. 180 Ablehnend auch Steinkamm, S. 208; Schwab, S. 182; Schwarzenberger, CLP 24 (1971), 257, 270 f., 273. 181 Dafür auch Rosas, S. 258; Friedrich, S. 102; Schwab, S. 182; Steinkamm, S. 207; Roesch, S. 74 f.; Meyrowitz, JDI 100 (1973), 875, 911; Schlosser, S. 234; Buß, S. 209; Kolb/ Hyde, S. 200. 182 Arnold, ZaöRV 63 (2003), 631, 638; Strebel, ZaöRV 13 (1950/51), 118, 133; Buß, S. 209. 174

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ren, da oft schwer feststellbar ist, wann die Konfliktpartei überhaupt positive Kenntnis von der Existenz dieser Gruppen hat. Das Schweigen würde sie zunächst decken und erst eine öffentliche Ablehnung hätte die endgültige Negation der organschaftlichen Zugehörigkeit zur Folge.183 Ob nun eine Verbindung der PMCs/PSCs zu einer Konfliktpartei bejaht werden kann, hängt auch maßgeblich vom jeweiligen Auftraggeber ab. Die vertragliche Anstellung kann nämlich sowohl von staatlicher als auch nicht-staatlicher Seite erfolgen. (1) Bei staatlichen Auftraggebern Bei staatlichen Auftraggebern von PMCs/PSCs ergeben sich im Hinblick auf die organschaftliche Zurechnung zu einem Völkerrechtssubjekt keine größeren Probleme.184 Auch die Befürworter einer restriktiven Auslegung dieses Merkmals dürften hier weitgehend zu einer Bejahung des Merkmals gelangen. Das nach Außen erkennbare Verhalten, welches die Zugehörigkeit zu dem betreffenden Staat dokumentiert, ist die vertragliche Bindung zu den Unternehmen. Hinzu kommen meist noch separate Anweisungen, Nachrichtenübermittlungen oder sonstige Kontakte zwischen dem Staat und den PMCs/PSCs. Solche Mitarbeiter, die spezielle Identitätskarten des US Department of Defense oder eines anderen Verteidigungsministeriums ausgehändigt bekommen, erfüllen aufgrund dieser explizit dokumentierten Zugehörigkeit, ebenfalls unproblematisch das Erfordernis der De-facto-Verbindung.185 In den überwiegenden Fällen wird der staatliche Auftraggeber auch die militärischen Operationen koordinieren oder die allgemeine Planung unterstützen. Zudem stellt die vertragliche Bindung letztlich auch einen gewissen Grad an Abhängigkeit und Loyalität sicher, so dass auch die engeren Anforderungen des ICTY erfüllt sein dürften. (2) Bei nicht-staatlichen Auftraggebern Die Mehrheit der Verträge wird aber mit nicht-staatlichen Auftraggebern geschlossen.186 Ein Engagement liegt dann z. B. seitens nicht-staatlicher Organisationen, (transnationaler) Unternehmen oder sonstiger Privatpersonen vor.187 Die erfor-

183

Steinkamm, S. 207; Buß, S. 209. Zechmeister lehnt die Zugehörigkeit hingegen generell ab, vgl. ders. S. 190. Wie dargelegt, dürfte diese Behauptung so pauschal allerdings nicht ganz richtig sein. 185 Doswald-Beck, in: Chesterman, S. 119. 186 Einer Umfrage zur Folge sollen rund 80 % der Verträge im Vereinigten Königreich mit nicht-staatlichen Auftraggebern geschlossen sein. In den USA soll hingegen der prozentuale Anteil der Verträge mit der Regierung, etwas höher sein. Dazu Gillard, IRRC 88 (2006), 525, 532. Die „International Peace Operation Organization“ als Vertreter der Unternehmensbranche sieht die prozentuale Verteilung der Aufträge von staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren wohl etwas ausgeglichener, vgl. Messner/Gracielli, S. 20 f. 187 Auch Rebellengruppen, Warlords oder Terroristen kommen grundsätzlich als Auftraggeber in Frage. Das Unternehmen Executive Outcomes ist in Angola beispielsweise erst für die Rebellen der UNITA (Uni¼o Nacional para a IndependÞncia Total de Angola) tätig gewesen, 184

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

derliche faktische Verbindung erscheint in diesen Fällen zweifelhaft.188 Die konkludente Zustimmung einer Konfliktpartei, die sich nach außen dokumentiert, wird in den meisten Fällen mangels näheren Kontakts nicht existieren. Häufig engagieren aber die von Staaten beauftragten PMCs/PSCs ihrerseits wiederum andere, sog. Subunternehmen.189 Diese übernehmen dann einzelne Aufgabenbereiche oder tragen für die Sicherheit des Auftraggebers Sorge. Im Falle dieser nicht-staatlichen Auftraggeber ist folglich die Verbindung zu einer (staatlichen) Konfliktpartei ebenfalls schwächer. Aber hier könnte man, trotz einer geringeren Intensität der Verbindung, zumindest eine (mittelbare) Zurechnung zu einem Völkerrechtssubjekt bejahen.190 Hierfür könnte darauf abstellt werden, ob der eigentliche Vertragspartner und der Subunternehmer die Aufträge im Sinne und im Rahmen der Vorgaben des staatlichen Auftraggebers ausführen.191 Es dürfte insofern entscheidend sein, ob die Tätigkeiten des Subunternehmers wesentlich für die Vertragserfüllung des Vertragspartners sind, d. h. beispielsweise die Gewährleistung der Sicherheit für den Vertragspartner, damit dieser seiner vertraglichen Pflicht zum Aufbau der Infrastruktur nachkommen kann.192 Vereinfacht wird eine Zurechnung natürlich in jedem Fall, wenn im Vertrag die Beauftragung bzw. Hinzuziehung eines Subunternehmers z. B. für Sicherheitsdienste gestattet oder sogar explizit vorgesehen ist. Ebenso können Unterstützungshandlungen oder sonstige Kontakte zu dem Subunternehmen durch die Konfliktpartei Klarheit schaffen. Letztlich ist es auch hier eine Frage des Einzelfalls, um beurteilen zu können, ob die erforderliche (konkludente) Zustimmung bejaht werden kann. Insgesamt wird man aber annehmen dürfen, dass die meisten PMCs/PSCs, die von nichtstaatlicher Seite engagiert werden, nicht die geforderte Verbindung zu einer Konfliktpartei aufweisen.193 Die Voraussetzungen der ICTY dürften zumindest in den überwiegenden Konstellationen, mangels Koordinierung und Planung der militärischen Aktivitäten, nicht erfüllt sein. bb) „Faktische Unabhängigkeit“ Teilweise wird behauptet, dass Art. 4 A Abs. 2 GA III noch ein weiteres Merkmal enthält, nämlich eine faktische Unabhängigkeit der genannten Gruppen. Die Möglichkeit der Verleihung eines De-facto-Kombattantenstatus sei nämlich typischerweise, im Gegensatz zu Art. 4 A Abs. 1 GA III, für unabhängige Gruppen geschaffen bevor es 1993 von der Regierung angeworben wurde, dazu Schneiker, in: Förster/Jansen/ Kronenbitter, S. 293. 188 Gänzlich ablehnend: Schaller, HuV-I 2006, 51, 52. 189 Dies ist auch gängige Praxis im Irak, dazu Donald, S. 16; Elsea/Serafino, S. 2 f.; Kinsey, SW&I 18 (2007), 584, 600; Ridlon, AFLR 62 (2008), 199, 221. 190 Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 525 f.; Schimmel, S. 10; Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 528. 191 So Döring, S. 98 f. 192 Sossai, IYIL 18 (2008), 89, 98; Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 528; Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 525. 193 Gillard, IRRC 88 (2006), 525, 534; Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 528.

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worden.194 Dies sei aber bei den privaten Militär- bzw. Sicherheitsunternehmen meistens nicht der Fall, da die Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen gerade in den durch die Streitkräfte angegebenen Dienstleistungen bestehen und sie sich damit faktisch doch in einem Abhängigkeitsverhältnis befinden würden.195 Es soll ihnen insofern an Autonomie für ihre (militärischen) Aktivitäten fehlen. Hiergegen ist allerdings einzuwenden, dass es nahezu unmöglich ist einerseits auf staatlicher Seite zu agieren und andererseits völlig unabhängig von den Streitkräften zu sein. Sinn und Zweck des Art. 4 A Abs. 2 GA III sowie Art. 1 HLKO ist vielmehr die Möglichkeiten zu Erlangung eines Kombattantenstatus zu erweitern. Der Wortlaut der Norm „Mitglieder anderer Milizen…“196 soll nur verdeutlichen, dass ausschließlich solche Gruppen in Betracht kommen, die nicht in die Streitkräfte integriert sind. Diesen Gruppen ist demnach eine rechtliche Unabhängigkeit immanent.197 Hierfür spricht auch die Systematik des Art. 4 A GA III, da der Unterschied zwischen Abs. 1 und den in Abs. 2 genannten Gruppen gerade daraus resultiert, dass sie eben nicht de iure in die regulären Streitkräfte eingebunden sind und deshalb meist auch autonomer agieren können. Eine weitergehende, eigenständige Bedeutung kommt dem Begriff der „Unabhängigkeit“ allerdings nicht zu. Dies würde ansonsten auch zu dem absurden Ergebnis führen, dass es eine dritte Form von Milizen und Freiwilligenkorps gäbe, nämlich solche, die nicht im faktischen Sinne unabhängig sind. Angehörige dieser Gruppen, könnten demnach keinen Kombattantenstatus erlangen, obwohl sie die Legalbedingungen des Art. 4 A Abs. 2 GA III erfüllen.198 Dies würde aber den erwähnten Sinn und Zweck der Norm konterkarieren. Zudem wäre es auch fraglich, welche Intensität oder welchen Grad ein eigenständiges Merkmal der Unabhängigkeit voraussetzen würde. c) Verantwortliche Person bzw. Führung Das in Art. 1 Nr. 1 HLKO und Art. 4 A Abs. 2 lit. a.) GA III normierte Erfordernis einer verantwortlichen Person an der Spitze entspricht letztlich dem nun in Art. 43 Abs. 1 ZP I festgelegten Merkmal. Der einzige Unterschied besteht darin, dass es nicht mehr auf eine für ihre Untergebenen verantwortliche Person, sondern eine der Konfliktpartei verantwortliche Führung ankommt. Diese Änderung berücksichtigt, dass Streitkräfte, vor allem Guerillatruppen, in modernen bewaffneten Konflikten, meist unter einer kollektiven Führung stehen199 und die Befehlsstruktur aus Sicherheitsgründen meist geheim gehalten wird.200 Zum anderen wird durch die Verantwortlichkeit der Führung, für ihre Untergebenen gegenüber der Konfliktpartei, eine 194 195 196 197 198 199 200

de Preux, in: Pictet III, S. 52 ff.; Gillard, IRRC 88 (2006), 525, 534. Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 529; Cameron, IRRC 88 (2006), 573, 585. Hervorhebung durch den Verfasser. Ebenso Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 526; Sossai, IYIL 18 (2008), 89, 93. Vgl. Ridlon, AFLR 62 (2008), 199, 224. Fischer, S. 42; Kwakwa, S. 94; Born, NZWehrr 1979, 56, 67. Kwakwa, S. 93.

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klarstellende Neuerung gegenüber der HLKO und den Genfer Konventionen erreicht. Durch diese Formulierung wird nämlich die völkerrechtliche Verantwortlichkeit der Konfliktpartei hervorgehoben, da nur ein Völkerrechtssubjekt international zur Verantwortung gezogen werden kann.201 Dieses Kriterium soll vor allem sicherstellen, dass die weiteren Bedingungen nach Art. 4 A Abs. 2 lit. b.) – d.) GK III eingehalten werden.202 Die Person an der Spitze bzw. die Führung braucht weder eine besondere Qualifikation zu besitzen, noch muss sie zum Militär gehören.203 Entscheidend ist allerdings, dass sie eine effektive Autorität über ihre Untergebenen besitzt.204 Die Befehlsverantwortlichkeit und -gewalt muss „von Sprosse zu Sprosse“ innerhalb der hierarchischen Struktur springen, so dass ein durchgängiges Weisungsverhältnis existieren muss.205 Diese militärähnliche, mit Befehlsgewalt ausgestattete hierarchische Struktur soll die Disziplin der Kampftruppe gewährleisten, wodurch wiederum die Einhaltung der Gesetze und Gebräuche des Krieges garantiert werden soll.206 Im Rahmen der Verantwortlichkeit haftet die Führung nicht für sämtliche Handlungen ihrer Untergebenen, sondern nur für solche, die sie selbst begangen bzw. befohlen oder trotz Kenntnis und Vermögen nicht verhindert hat.207 aa) Jurisdiktion der Militärgerichtsbarkeit Die entscheidende Frage ist, in welcher Form die Verantwortlichkeit gegenüber der Konfliktpartei gegeben sein muss. Im Rahmen von Art. 4 A Abs. 2 lit. a.) GA III und Art. 1 Nr. 1 HLKO ist es wohl nicht erforderlich gewesen, dass die Mitglieder bzw. die verantwortliche Person der irregulären Truppen dem Militärrecht der Konfliktpartei unterliegen.208 Der Gesetzestext gibt für eine derart enge Auslegung des Merkmals der Verantwortlichkeit zumindest keine Anhaltspunkte.209 Dafür spricht auch, dass die verantwortliche Person gerade nicht in die militärische Hierarchie der Konfliktpartei eingebunden sein muss, sondern auch eine Zivilperson sein kann.210 In Art. 43 Abs. 1 S. 2 ZP I wurde nun aber explizit die Voraussetzung eines internen Disziplinarsystems aufgenommen. In diesem Zusammenhang ist aller201

Ipsen, in: Schöttler/Hoffmann, S. 152. Weitz, S. 137; Mallison/Mallison, CWRJIL 9 (1977), 39, 55. 203 de Preux, in: Pictet III, S. 59; Schmid, S. 120. 204 Schlosser, S. 238. 205 Greifenberg, S. 81; Schmid, S. 121; Steinkamm, S. 212. 206 Schwab, S. 188. 207 Schmid, S. 120; Schlosser, S. 238. Näher zur Vorgesetztenverantwortlichkeit im 3. Kapitel, C. 208 Draper, BYIL 45 (1971), 173, 201 f.; Rosas, S. 339; Kalshoven, RDPMG 11 (1972), 55, 79; Meyrowitz, JDI 100 (1973), 875, 910 f.; a.A. der Israelische Militärgerichtshof im sog. „Kassem-Fall“, der eine Verantwortlichkeit vor einem Militärgericht fordert, abgedruckt in: IYHR 1971, 456. 209 Kalshoven, RDPMG 11 (1972), 55, 79. 210 Rosas, S. 339 f. 202

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dings unklar, welche Anforderungen daran zu stellen sind. Teilweise wird vertreten, dass ein internes Disziplinarsystem traditionell voraussetzt, dass die Personen dem militärischen Disziplinar- und Strafrecht unterliegen.211 Bei einer restriktiven Auslegung könnte man demnach fordern, dass die privaten Mitarbeiter in die militärische Befehlskette bzw. in das Disziplinarsystem der regulären Streitkräfte eingebunden sein müssen.212 Dies ist in der Regel aber nicht der Fall, da nur der Vertrag detailliert ihre Rechte und Pflichten hinsichtlich der Aufgabenerfüllung regelt.213 Die Offiziere der regulären Streitkräfte haben hingegen keine Befehlsgewalt über sie, die Koordination und Führung der Mitarbeiter erfolgt nur im Rahmen der zivilrechtlichen Unternehmensstrukturen.214 Die Ahndung der Verstöße gegen die militärische Disziplin erfolgt zudem grundsätzlich über die speziellen Militärstrafgesetze und Wehrdisziplinarordnungen.215 Die PMCs/PSCs können als private Einheiten jedoch denklogisch kein eigenes Disziplinarsystem errichten, das bei Verstößen (straf-)rechtliche Sanktionen auslöst.216 Zudem sind die Mitarbeiter, mangels Eingliederung in die militärische Hierarchie, meist auch nicht von dem militärischen Disziplinarsystem des anstellenden Staates erfasst.217 Bei der Beantwortung dieser Frage muss maßgeblich der Zweck des Art. 43 ZP I berücksichtigt werden, nämlich die Definition eines umfassenden Begriffs der Streitkräfte. Letztlich erfolgte dies durch eine Fusion des Art. 4 A Abs. 1 und 2 GA III.218 Die Möglichkeit zur Erlangung eines De-facto-Kombattantenstatus sollte hierdurch jedoch nicht geändert oder gar abgeschafft werden. Vielmehr war intendiert, den Begriff der Streitkräfte weiter zu fassen und zu vereinfachen. Hierdurch sollte vermieden werden, dass auf die jeweilige nationale Rechtsordnung rekurriert werden muss, um feststellen zu können, wer tatsächlich Angehöriger der Streitkräfte ist.219 Die Forderung von militärrechtlichen Sanktionsmechanismen würde letztlich doch auf eine for211

de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 43 Rn. 1675; Niewerth, S. 107. So beispielsweise Schimmel, S. 10; Kees, S.208 ff.; Elsea/Serafino, S. 13; hierfür sprach sich auch ein Experte aus, dazu Expert Meeting on Private Military Contarctors: Status and State Responsibility for their actions, organisiert vom UCHL, Genf 29 – 30 Aug. 2005, S. 9 f. 213 Vgh, MJIL 5 (2008), 26, 29; Dunn, S. 25. 214 Wulf, S. 70; Feichtinger/Braumandl, IFK-Aktuell April/2008, S. 14; Saage-Maaß/ Weber, HuV-I 2007, 171, 174; Takasaki, S. 52; Carter, Hired Guns: What to Do About Military Contractors Run Amok, Slate 2004, abrufbar unter: http://www.slate.com/id/2098571; Isenberg, Dogs of War: Are PMCs POWs? In: United Press International, v. 1. August 2008; Vgl. hierzu US Headquarters Departement of the Army, Contractors on the Battlefield, Field Manual FM 3 – 100.21 (100 – 21), 2003, § 1 – 22. 215 Schwab, S 157. 216 Raasveldt, HuV-I 2004, 187, 188; Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 528. 217 Dazu AIV, Employing Private Military Companies – A Question of Responsibility, No. 59, Dezember 2007, S. 16; Bina, JMLR 38 (2005), 1237, 1242; Niewerth, S. 107; Kinsey, SW&I 18 (2007), 584, 603. 218 Dazu siehe oben unter A. I. 219 Expert Meeting on Private Military Contarctors: Status and State Responsibility for their actions, organisiert vom UCHL, Genf 29 – 30 Aug. 2005, S. 10. 212

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melle Eingliederung in die Streitkräfte hinauslaufen, da nur durch nationale Gesetze die Unterwerfung der PMCs/PSCs unter die Befehlsgewalt und das Militärrecht der staatlichen Armee effektiv erreicht werden kann.220 Dies würde aber die Unterscheidung zwischen Abs. 1 und Abs. 2 des Art 4 A GA III nahezu ad absurdum führen. Milizen und Freiwilligenverbände sind aufgrund ihrer Unabhängigkeit grundsätzlich nicht in die Befehlskette und das Disziplinarsystem der Armee eingebunden. Nach obigem Verständnis hätte ihren Angehörigen somit der Kombattantenstatus ebenfalls nicht zugesprochen werden dürfen. Dies nun im Rahmen von Art. 43 ZP I zu fordern, würde dem Sinn und Zweck der Genfer Konventionen, als auch dem des ZP I widersprechen. Die Vorschrift des Art. 43 Abs. 1 S. 2 ZP I soll vor allem deutlich machen, dass für alle Streitkräfte die Einhaltung des Völkerrechts eine konstitutive Voraussetzung darstellt. Das Disziplinarsystem stellt hierfür nur die Modalität der Gewährleistung dar. Die Anforderungen daran sollten aber nicht strenger sein, als unter der Geltung von Art. 4 A Abs. 2 lit. a.) GA III, wo das Erfordernis einer gewissen Disziplin implizit vorausgesetzt wurde. Außerdem spricht auch der Begriff „internes Disziplinarsystem“ dafür, dass nur eine disziplinarische Struktur innerhalb der jeweiligen bewaffneten Gruppe oder Einheit existieren muss, jedoch nicht die Unterwerfung unter das Militärstrafrecht der Konfliktpartei erforderlich ist.221 bb) Ordentliche Gerichtsbarkeit Unabhängig von der speziellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit vor einem Militärgericht, bleibt aber grundsätzlich auch die Möglichkeit der strafrechtlichen Ahndung durch die ordentliche Gerichtsbarkeit.222 Die Schöpfer der Genfer Konventionen sowie der Zusatzprotokolle dürften wohl von einer strafrechtlichen Jurisdiktion über die Mitglieder der bewaffneten Gruppen bzw. Einheiten ausgegangen sein, da ihre Mitglieder typischerweise die gleiche Nationalität besaßen wie der Staat, für den sie kämpften.223 Zudem kann die Verantwortlichkeit der Führung bzw. Person an der Spitze gegenüber der Konfliktpartei nur im (straf-)rechtlichen Sinne zu verstehen sein, damit diese Person(en) unter bestimmten Umständen auch adäquat für das Fehlverhalten ihrer Untergebenen zur Verantwortung gezogen werden kann.224 Die bisherige Praxis im Hinblick auf begangene Menschenrechtverletzungen im Irak und in Afghanistan lassen zwar darauf schließen, dass die privaten Mitarbeiter 220

Doswald-Beck, in: Chesterman, S. 121. Rosas, S. 340. 222 In Deutschland existiert beispielsweise gar keine Militärgerichtsbarkeit, so dass ohnehin die ordentlichen Gerichte zuständig sind. Im Hinblick auf schwere völkerrechtliche Verbrechen ist vor allem das neue Völkerstrafgesetzbuch von erheblicher Bedeutung. Insgesamt bestehen allerdings auch dahingehend Probleme, dass viele private Mitarbeiter nicht die Nationalität des anstellenden Staates besitzen. 223 Doswald-Beck, in: Chesterman, S. 121. 224 Die bestätigt letztlich auch die Rechtsfigur der Vorgesetztenverantwortlichkeit im Völkerstrafrecht, die nun in Art. 28 ICC-Statut normiert ist. Dazu ausführlich im 3. Kapitel, C. 221

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meist weder dem Militärstrafrecht noch der ordentlichen Gerichtsbarkeit des anwerbenden Staates unterliegen.225 Die bestehende (faktische) Immunität ist meist aber nicht nur auf ein fehlendes rechtliches Regelungsregime zurückzuführen, sondern hat auch politische Hintergründe.226 Zudem kann es in der Praxis vorkommen, dass aufgrund des Territorialitäts- und aktiven Personalitätsprinzips mehr als ein Staat die Jurisdiktion zur Strafverfolgung besitzt und daraus Zuständigkeitsprobleme der verschiedenen Staaten resultieren können. Exemplarisch ließe sich hierfür anführen, dass ein PMC/PSC-Mitarbeiter von einem Staat engagiert wird, dessen Nationalität er nicht besitzt, um in einem Drittstaat eingesetzt zu werden, wo er schließlich die strafbare Handlung begeht. Auch Kostengründe und Arbeitsaufwand durch das Einfliegen von Zeugen oder das Übersetzen von Dokumenten für transnationale Ermittlungen können Gründe sein, die die Staaten von der Inanspruchnahme der Gerichtsbarkeit und dem Einleiten von Untersuchungsmaßnahmen abhalten.227 Im Vereinigten Königreich fehlt es beispielsweise an einer umfassenden (strafrechtlichen) Jurisdiktion über die Mitarbeiter der PMCs/PSCs.228 Andererseits sind in den USA neue Regelungen erlassen worden, die gerade die (strafrechtliche) Verantwortlichkeit des privaten Personals gewährleisten sollen,229 wodurch aber trotzdem noch nicht alle Schwierigkeiten gelöst werden konnten.230 225 Carter, Hired Guns: What to Do About Military Contractors Run Amok, Slate 2004, abrufbar unter: http://www.slate.com/id/2098571; Isenberg, Dogs of War: Are PMCs POWs? In: United Press International, v. 1. August 2008; Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 526. 226 Maffai, WILJ 26 (2009), 1095, 1125. Entscheidend für die Frage, ob die Angestellten privater Militär- und Sicherheitsfirmen dem nationalen Militärstrafrecht oder der ordentlichen Gerichtsbarkeit unterliegen, kann aber nicht die tatsächliche Form der Strafverfolgung sein, sondern ob hierfür überhaupt ein anwendbares rechtliches Regelungsregime existiert. Diese Frage einer existenten (umfassenden) strafrechtlichen Jurisdiktion über die PMCs/PSCs muss dann gesondert für die konkrete nationale Rechtsordnung festgestellt werden. 227 Dazu Ryngaert, EJIL 19 (2008), 1035, 1045 f.; van Ginkel, “Reversed complementary jurisdiction: Evading immunity for PMCS or putting an end to de facto immunity”, Conference on privatization of security: Issues of responsibility and democratic control, Clingendael Institute, 23. Mai 2008, abrufbar unter: http://www.clingendael.nl/cscp/events/20080523/ 20080523_cscp_speech_ginkel.pdf. Diese Untätigkeit eines Staates könnte unter Umständen auch in Konflikt mit dem (deutschen) Legalitätsprinzip geraten. Dieser Frage kann allerdings im Rahmen dieser Arbeit nicht näher nachgegangen werden. 228 Dies gilt zumindest für solche Mitarbeiter, die nicht direkt von der britischen Regierung angestellt sind, vgl. dazu Expert Meeting on Private Military Contarctors: Status and State Responsibility for their actions, organisiert vom UCHL, Genf 29 – 30 Aug. 2005, S. 9 und 58 f.; vgl. auch UK Foreign and Commonwealth Office: Private Military Companies: Options for Regulation, London: The Stationary Office, Februar 2002, abrufbar unter: http://www.fco.gov. uk/resources/en/pdf/pdf4/fco_pdf_privatemilitarycompanies. 229 Witte, New Law Could Subject Civilians to Military Trial, in: Washington Post, v. 15. Jan. 2007, abrufbar unter: http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2007/01/ 14/AR2007011400906_pf.html. Von Bedeutung sind hierfür die neuesten Ergänzungen der Special Maritime and Territorial Jurisdiction (durch den USA Patriotic Act), des Uniform Code of Military Justice und des Military Extraterritorial Jurisdiction Act. Hierdurch wurden bisherige Lücken im Rechtssystem geschlossen und sichergestellt, dass nun auch Mitarbeiter von PMCS/PSCs bzw. Zivilisten nach

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Wenn der Entsendestaat weder eine militärische noch eine ordentliche Gerichtsbarkeit über die Mitarbeiter von PMCs/PSCs ausübt, dann fehlt es jedenfalls mangels effektiver rechtlicher Sanktionsmechanismen an dem Merkmal der „Verantwortlichkeit“ gegenüber der Konfliktpartei.231 Der Vertrag zwischen dem Unternehmen und dem Staat kann diese nicht in ausreichender Form begründen.232 d) Unterscheidungszeichen und Waffen offen tragen Eines der wichtigsten Prinzipien des Kriegsvölkerrechts stellt das schon erwähnte, völkergewohnheitsrechtlich anerkannte Unterscheidbarkeitskriterium dar, wonach die Kombattanten die Pflicht haben, sich offenkundig von der nicht kämpfenden Zivilbevölkerung zu unterscheiden.233 Hierdurch sollen auch perfide Kampfmethoden verhindert werden und ein Ausgleich zwischen notwendigen militärischen Operationen einerseits und den Bedürfnissen der Humanität andererseits geschaffen werden.234 aa) Grundsatz Dieser Grundsatz hat in verschiedenen Vorschriften der HLKO und der Genfer Konventionen seinen Ausdruck gefunden. Gem. Art. 4 A Abs. 2 lit. b.) GA III und Art. 1 Nr. 2 HLKO müssen die Angehörigen der Milizen, Freiwilligenkorps und Widerstandsbewegungen ein Unterscheidungszeichen tragen, das sie auch auf größere Distanz ebenso identifizierbar macht, wie die regulären Streitkräfte aufgrund ihrer Uniform und ihres nationalen Hoheitszeichens.235 Art und Umfang dieser Kennzeichamerikanischem Recht (militär-)strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können. Hierzu auch ausführlich Finer, YILJ 33 (2008), S. 259, 261 ff.; Hurst, GWLR 76 (2008), 1308; Morgan, CJIL 9 (2008), 213, 229 ff.; Caparini, in: Alexandra/Baker/Caparini, S. 176 ff.; Elsea/ Serafino, S. 17 ff. Durch die Verurteilung des privaten Verhörspezialisten David Passaro zu 8 Jahren Haft, aufgrund des Todes eines Gefängnisinsassen in Afghanistan, wird dies letztlich bestätigt. Auch ein privater Angestellter aus dem Irak wurde nach amerikanischem Militärrecht verurteilt, dazu Yates, First contractor convicted under U.S. military law in Iraq, in: Reuter, v. 24. Juni 2008. Letztlich ist die Zahl der Verfahren natürlich verschwindend gering, obwohl immer wieder Verfehlungen von privaten Angestellten in der Öffentlichkeit bekannt werden. 230 Chen, BCI&CLR 32 (2009), 101, 106 ff.; Jones, CILJ 24 (2009), 239, 253 ff.; Govern/ Bales, FILJ 32 (2008), 55, 89 ff. 231 Zustimmend auch ein Teil der Experten beim Expert Meeting on Private Military Contarctors: Status and State Responsibility for their actions, organisiert vom UCHL, Genf 29 – 30 Aug. 2005, S. 10 f.; Doswald-Beck, in: Chesterman, S. 121; Sossai, IYIL 18 (2008), 89, 96. 232 Eine andere Auffassung vertreten hingegen Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 528; Döring, S. 97; Weigelt/Frank, in: Jäger/Kümmel, S. 382; Expert Meeting on Private Military Contarctors: Status and State Responsibility for their actions, organisiert vom UCHL, Genf 29 – 30 Aug. 2005, S. 10 f.; s. a. Köhler, S. 82 f. 233 MünchKommStGB/Ambos, Vor § 8 VStGB Rn. 37; Ipsen, in: Ipsen, § 68 Rn. 36 f.; Bindschedler, in: FS Verdross, S. 55; Gasser, S. 76. 234 Götze, S. 115 f.; Draper, BYIL 45 (1971), 173, 202. 235 Ipsen, in: Schöttler/Hoffmann, S. 147; Wieczorek, HuV-I 2002, 88, 92.

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nungspflicht ist allerdings umstritten. Man wird als Uniformersatz zum Schutze der Zivilbevölkerung eine uniformähnliche Bekleidung bzw. eine Teiluniformierung236 oder eine der Uniform vergleichbare Erkennbarkeit verlangen müssen237. Eine Tarnung in der Landschaft ist zwar grundsätzlich erlaubt, also beispielsweise die Ausnutzung der topographischen Bedingungen durch Camouflage, hingegen ist aber die Tarnung als Zivilist nicht zulässig.238 In Bezug auf die ausreichende Erkennbarkeit wird teilweise darauf abgestellt, ob das Kennzeichen für das menschliche Auge ohne Zuhilfenahme von technischen Instrumenten sichtbar ist.239 Es wird insofern von einer Erkennbarkeit bis maximal 50 Meter ausgegangen.240 Überzeugender ist es aber zu verlangen, dass das Unterscheidungszeichen in gleicher Weise erkennbar ist wie die Uniform der regulären Einheiten.241 Umstritten ist weiterhin, ob für irreguläre Kombattanten auch außerhalb ihres Dienstes eine Kennzeichnungspflicht besteht.242 Im engen Zusammenhang mit dem Unterscheidungszeichen steht die Verpflichtung nach Art. 4 A Abs. 2 lit. c.) GA III und Art. 1 Nr. 3 HLKO, also das offene Waffentragen. Dieses Kriterium bezweckt ebenfalls die Unterscheidung von der Zivilbevölkerung, aber auch die Sicherung der ehrlichen Kampfführung.243 Auch hier gibt es Uneinigkeit hinsichtlich der zeitlichen Grenzen dieser Verpflichtung. Man wird hier wohl annehmen müssen, dass die irregulären Kombattanten ihre Waffen immer dann offen führen müssen, wenn dies auch die regulären Einheiten tun würden.244 Dem Gegner muss es ermöglicht werden, den Kombattanten in gleicher Weise zu erkennen, wie ein Mitglied der regulären Streitkräfte.245 Andere fassen hingegen die Voraussetzung des erkennbaren Unterscheidungszeichens und das offene Tragen der Waffen zu einer einzigen Bedingung der „Offenheit“ zusammen.246 Auch das ZP I nennt nicht mehr beide Bedingungen separat, sondern fasst sie nun in Art. 44 Abs. 3 zusammen. Der Wortlaut der Norm spricht mangels näherer Konkretisierung der Unterscheidungspflicht deshalb dafür, dass es den Angehörigen der irregulären Streitkräfte, im Gegensatz zu denen der regulären,247 freigestellt 236

Groh, S. 85. de Preux, in: Pictet III, S. 60; Schlosser, S. 246; Dinstein, IYHR 32 (2002), 247, 256. 238 Draper, BYIL 45 (1971), 173, 202; Meron, NTIR 40 (1970), 47, 62; Dinstein, S.38; Schmid, S. 131; vgl. auch das Perfidieverbot in Art. 37 Abs. 1 lit. c.) ZP I. 239 Bspw. Greenspan, S. 59; Schmid, S. 131; Steinkamm, S. 222. 240 Schmid, S. 131; Schwab, S. 194. 241 Rolin, S. 270; de Preux, in: Pictet III, S. 60; Rosas, S. 345; Castrn (1966), S. 147; Berber, S. 144. 242 Dazu Steinkamm, S. 216. 243 Schmid, S. 133; Steinkamm, S. 224. 244 Ipsen, in: Schöttler/Hofmann, S. 147; Draper, BYIL 45 (1971), 173, 204; Kalshoven, RDPMG 11 (1972), 55, 80; Arnold, ZaöRV 63 (2003), 631, 641. 245 Wieczorek, HuV-I 2002, 88, 92. 246 So z. B. Meron, NTIR 40 (1970), 47, 61; Abi-Saab, AEI 3 (1972), 93, 112. 247 Die Angehörigen der regulären Streitkräfte müssen sich durch die Uniform von der Zivilbevölkerung unterscheiden, dazu oben unter A. I. 1. a). 237

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ist, ob sie sich durch das offene Tragen der Waffen allein oder zusätzlich durch ein bleibendes und von weitem erkennbares Unterscheidungszeichen, durch eine Uniform oder bloßen Uniformteil von der Zivilbevölkerung abheben.248 Das würde bedeuten, dass bereits das Vorliegen eines Unterscheidungsmerkmals zur Erfüllung der Unterscheidungspflicht ausreicht.249 Der offene Wortlaut ist allerdings einer Auslegung zugänglich, um die Modalitäten der Unterscheidungspflicht näher präzisieren zu können. In systematischer Hinsicht ist anzuführen, dass das lediglich offene Tragen der Waffen gem. S. 2 gerade die Ausnahme ist und deshalb die mildere Voraussetzung zum Regelfall darstellt. Folglich muss die Unterscheidung im Grundsatz anders erfolgen, so dass hierfür auf die Regelung nach Art. 4 A Abs. 2 GA III zurückzugreifen ist, wonach sich die irregulären Streitkräfte durch ein deutlich erkennbares Unterscheidungszeichen und durch das offene Tragen der Waffen, von der Zivilbevölkerung abheben müssen.250 Zudem wird gem. Art. 44 Abs. 7 bei den regulären Truppen für die Unterscheidung ebenfalls an ein Kleidungsstück angeknüpft, nämlich das Tragen der Uniform, so dass im Sinne des Reziprozitätsprinzips für die Irregulären eine vergleichbare Pflicht bestehen sollte.251 Das Tragen einer Uniform bzw. einer vergleichbaren Kennzeichnung ist traditionell das Markenzeichen und eine Voraussetzung des Kombattantenstatus.252 Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift, also dem verstärkten Schutz der Zivilbevölkerung, vgl. Art. 44 Abs. 3 HS. 1 ZP I.253 Eine Verstärkung des Schutzes kann aber nicht bedeuten, dass hinter den Anforderungen der alten Rechtslage zurückgeblieben wird. Vielmehr ist neben dem offenen Tragen der Waffen eben auch eine deutliche Unterscheidung durch ein sichtbares Unterscheidungszeichen notwendig, so dass grundsätzlich weiterhin die Anforderungen nach Art. 4 A Abs. 2 lit. b.) und c.) GA III nicht alternativ, sondern kumulativ erfüllt sein müssen. Eine Neuerung besteht aber insoweit, als nun explizit eine zeitliche und räumliche Begrenzung der Unterscheidungspflicht normiert wurde.254 Während überwiegend angenommen wurde, dass die Unterscheidungspflicht nach der HLKO und den Genfer Konventionen eine permanente Erfül-

248 Auf der Diplomatischen Konferenz war es umstritten, ob das Erfordernis des Unterscheidungszeichens bzw. des offenen Waffentragens als kumulative oder alternative Voraussetzung wieder eingeführt werden sollte. Letztlich wurde sich aber einstimmig für die offene Formulierung in Art. 44 Abs. 3 S. 1 ZP I entschieden, dazu Rosas, S. 348 f. 249 Hierfür Born, S. 170; Fischer, in: Schmidle, S. 173; Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 253; Kolb/Hyde, S. 201. 250 Ipsen, in: Fleck, Nr. 304; Jasica, in: Voit, S. 265; de Preux, in: Sandoz/Swinarski/ Zimmermann, Art. 44 ZP I Rn. 1693; Detter, S. 142 f.; Wieczorek lässt eine Unterscheidung durch ein Zeichen oder Kleidungsstück ausreichen, vgl. dies., S. 82; ebenso Cassese, in: Cassese, S. 474. 251 Ebenso Wieczorek, S. 82. 252 Detter, S. 142 m.w.N. 253 Ipsen, in: Fleck, Nr. 308; Wieczorek, S. 82. 254 Kleffner, NILR 54 (2007), 315, 320.

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lungspflicht beinhaltet,255 wird diese nun von Art. 44 Abs. 3 S. 1 ZP I zeitlich eingegrenzt, indem sie nur während einer Attacke256 oder während einer Kriegshandlung zur Vorbereitung einer Attacke gilt. Eine Legaldefinition der Attacke findet sich in Art. 49 Abs. 1 ZP I. Danach ist dieser Begriff extensiv zu verstehen, so dass jede offensive und defensive Gewaltanwendung gegen den Gegner umfasst ist.257 Eine enge Auslegung würde nämlich dem Sinn und Zweck der Vorschrift, dem Schutz der Zivilbevölkerung, diametral entgegenlaufen.258 Im Hinblick auf das Unterscheidbarkeitskriterium könnten sich weitere Bedenken bezüglich einer Qualifizierung der Mitarbeiter von PMCs/PSCs als Kombattanten ergeben. Im Vergleich zu Art. 4 A Abs. 2 GA III erleichtert ihnen Art. 44 Abs. 3 ZP I zumindest ihrer Pflicht zur Unterscheidung von der Zivilbevölkerung nachzukommen, da sie nun ihr Unterscheidungszeichen und ihre Waffen nur bei einem Angriff oder bei einer Kriegshandlung zur Vorbereitung eines Angriffs (offen) tragen müssen. In allen anderen Situationen ist es ihnen demnach gestattet zivile Kleidung zu tragen. Es ist jedoch zu beachten, dass die meisten Mitarbeiter ohnehin keine Waffen tragen259 und auch keine dahingehende Pflicht für Kombattanten existiert260. In Frage kommen insoweit hauptsächlich die Angestellten von PSCs oder von Military Provider Firms. Es ist bisher aber nicht bekannt, dass diese ihre Waffen nicht offen tragen, so dass sie insoweit der Unterscheidungspflicht nach dem ZP I und Art. 4 A Abs. 2 lit. c.) GA III genügen würden.261 In den USA wird es ihnen aber erschwert ihrer Pflicht zum Tragen eines Unterscheidungszeichens nachzukommen, da ihnen teilweise das Tragen von Uniformen untersagt wird.262 Die Politik der Unternehmen ist uneinheitlich und kann bei den Einsätzen in verschiedenen Konfliktsituationen divergieren. Das Unternehmen Dyncorp263 sieht grundsätzlich das Tragen von Unifor255 Hierfür bspw. Aldrich, AJIL 75 (1981), 764, 770; Schlosser, S. 242; Schmid, S. 128; Roesch, S. 75; Kimminich, S. 213; Götze, S. 112; Steinkamm, in: Seidl-Hohenveldern, S. 233; Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 251. 256 In der deutschen Übersetzung wird der Begriff „attack“ als Angriff übersetzt. Die kann aber zu Missverständnissen führen, da nach herkömmlichem Verständnis das Wort „Angriff“ nur die offensive Kampfweise meint, vgl. hierzu Fischer, S. 47. 257 Dazu Buß, S. 234; Kussbach, WBF 1978, 2, 10 Fn. 19; Fischer, S. 47 f.; Wiczorek, S. 81. 258 Kimminich, S. 214. 259 Dies spiegelt auch die dahingehende Politik der meisten Länder wider, vgl. dazu nur US Headquarters Departement of the Army, Contractors on the Battlefield, Field Manual FM 3 – 100.21 (100 – 21), 2003, § 6 – 29. 260 Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 532. 261 Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 530; Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 532; Bosch, ASR 16.4, 34, 39. 262 Vgl. Army Regulation 715 – 9, Contractors Accompanying the Force, 1999, 3 – 3 e (Support Service Contract Limitations). Danach ist es Zivilisten, die den Streitkräften folgen, grundsätzlich nicht gestattet militärische Uniformen zu tragen. Abrufbar unter: http://www. army.mil/usapa/epubs/pdf/r715_9.pdf. Auch die Air Force sieht grds. keine militärische Kleidung für private Mitarbeiter vor, vgl. Turner/Norton, AFLR 51 (2001), 1, 53. 263 Für Dyncorp sind z. B. in Afghanistan ca. 540 Mitarbeiter tätig, um die afghanische Polizei auszubilden, hierzu Stöter, in: Feichtinger/Braumandl/Kautny, S. 261.

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men vor.264 Andererseits wurde aber berichtet, dass ihre Angestellten in Kolumbien Bermudashorts während ihrer Missionen getragen haben sollen.265 Ein anderes bedeutendes Unternehmen, KBR,266 verbietet seinen Mitarbeitern sogar militärische Kleidung zu tragen, um Verwirrung zu vermeiden.267 In der Praxis kommt es anscheinend häufiger vor, dass sie sich gerade nicht sichtbar von der Zivilbevölkerung abheben.268 Beispiele aus Afghanistan und dem Irak belegen, dass die Angestellten vor allem durch ihr „tough guy“ Erscheinungsbild aufgefallen sein sollen, also durch eine eher sportliche Kleidung („Baseball-Cap“, farbige T-Shirts etc.) und kugelsichere Westen.269 Letztlich ist die Einhaltung der Unterscheidungspflicht aber eine Frage des jeweiligen Einzelfalls, die nicht pauschal beurteilt werden kann. bb) Ausnahme Art. 44 Abs. 3 S. 2 ZP I statuiert erstmals eine Ausnahme vom Erfordernis der Unterscheidung von der Zivilbevölkerung. Diese gilt für spezielle Situationen, in denen es dem Kombattanten aufgrund der Natur der Feindseligkeiten nicht möglich ist seiner grundsätzlichen Unterscheidungspflicht nachzukommen. Zur Erlangung des Kombattantenstatus müssen hier deshalb mildere Voraussetzungen erfüllt werden.270 Diese Vorschrift berücksichtigt insofern die Methoden moderner Guerilla- bzw. Partisanen-Kriegsführung.271 Die Delegierten auf der diplomatischen Konferenz zum Zusatzprotokoll wollten den Anwendungsbereich dieser Vorschrift allerdings begrenzen, so dass sie sich schließlich darauf einigten, dass eine Ausnahmesituation vor allem in besetztem Gebiet und in Befreiungskriegen auftreten kann.272 Zumindest 264

Dazu Guillory, AFLR 51 (2001), 111, 129. Dazu Gomez, U.S. Mercenaries in Colombia, in: Columbia Journal, v. 16. Juli 2000, abrufbar unter: http://www.colombiajournal.org/colombia19.htm. 266 Laut Schätzungen beschäftigt diese Firma mehr als 50.000 Mitarbeiter allein im Irak, dazu Lexer, in: Feichtinger/Braumandl/Kautny, S. 248. 267 Isenberg, Dogs of War: Are PMCs POWs?, in: United Press International, v. 1. August 2008. 268 Schmitt, in FS Fleck, S. 516; Anders, S. 50; Gaston, HILJ 49 (2008), 221, 237; Nevers, SD 40 (2009), 169, 176. 269 Rogg, Bagdads Jugend im Söldner-Look, in: NZZ (online), v. 7. Februar 2010, abrufbar unter: http://www.nzz.ch/nachrichten/international/bagdads_jugend_im_soeldner-look_1. 4847047.html; Ridlon, AFLR 62 (2008), 199, 226; Gillard, IRRC 88 (2006), 525, 535; Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 527; Bosch, ASR 16.4, 34, 39; Schimmel, S. 10. 270 Kritisch zu dieser Ausnahmeregelung: vgl. nur de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 44 ZP I Rn. 1707; Kimminich, S. 213; Rosas, S. 353; Cassese, in: Cassese, S. 474; Dinstein, YBWA 1979, 265, 271 f. 271 Ipsen, in: Schöttler/Hoffmann, S. 154; Jasica, in: Voit, S. 460. 272 Dazu Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 253. Diese Auffassung wird auch von dem deutlich überwiegenden Teil der Lit. geteilt: de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 44 ZP I Rn. 1698; Cassese, in: Cassese, S. 474; Kwakwa, S. 99 f.; Gasser, AJIL 81 (1987), 912, 920; 265

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wird man eine vergleichbare Situation fordern müssen. Nach Art. 44 Abs. 3 S. 2 lit. a.) und b.) ZP I haben die (bewaffneten) Kombattanten dennoch die Pflicht, die Waffen unter bestimmten Umständen offen zu tragen.273 Sofern unbewaffnete Kombattanten an einem militärischen Einsatz oder an einem militärischen Aufmarsch vor Beginn einer Attacke teilnehmen, müssen diese sich folglich überhaupt nicht von der Zivilbevölkerung unterscheiden.274 Diese Ausnahmevorschrift wird für die Mitarbeiter von PMCs/PSCs aufgrund ihres begrenzten Anwendungsbereiches auf besetzte Gebiete und in Befreiungskriege, keine größere Bedeutung haben.275 Dennoch erleichtert ihnen das ZP I in diesen speziellen Situationen ihrer Unterscheidungspflicht nachzukommen. Wie erwähnt wird man davon ausgehen können, dass die meisten bewaffneten Mitarbeiter dann auch ihre Waffen offen tragen werden. e) Einhaltung des Völkerrechts Art. 44 Abs. 2 ZP I legt nun explizit fest, dass ein Kombattant, der die Regeln des in bewaffneten Konflikten anwendbaren Völkerrechts verletzt, seinen Kombattantenstatus nicht verliert. Hierin liegt eine klarstellende Neuerung zu Art. 4 A Abs. 2 lit. d.) GA III und Art. 1 Nr. 4 HLKO. Teilweise wurde nämlich vertreten, dass die Einhaltung der Gesetze und Gebräuche des Krieges nicht nur für die Gruppe,276 sondern auch für den einzelnen Irregulären eine konstitutive Voraussetzung des Defacto-Kombattantenstatus darstellt.277 Diese extensive Auslegung nach alter Rechtslage dürfte nun für die Signatarstaaten des ZP I obsolet sein, so dass nur noch ein systematischer Verstoß durch die Gruppe gem. Art. 43 Abs. 1 ZP I zum Verlust des Kombattantenstatus für den Einzelnen führt.278 Im Gegensatz zu Art. 4 A Abs. 2 lit. d.) Born, S. 173; Kwakwa, S. 99; Roberts, VJIL 26 (1985), 109, 133; Oeter, ZaöRV 49 (1989), 445, 458; Henckaerts, in: Henckaerts/Doswald-Beck, S. 388; kritisch hingegen Kalshoven, NYIL 8 (1977), 107, 127. 273 Zu den verschiedenen Auslegungen hinsichtlich der Merkmale „militärischer Einsatz“ in lit. a.), vor allem des „militärischen Aufmarschs“ in lit. b.): Götze, S. 449 ff.; Rogers, RDPMG 21 (1982), 201, 219; Kwakwa, S. 101; Kalshoven, NYIL 8 (1977), 107, 128 f. Die Bundesrepublik Deutschland versteht unter einem „militärischen Aufmarsch“ jede Bewegung in Richtung auf denjenigen Ort, von dem aus eine Attacke durchgeführt werden soll. Diese Interpretationserklärung kommt deshalb besondere Bedeutung zu, weil die Bundesrepublik Urheber des Begriffes „military deployment“ gewesen ist, dazu Ipsen, in: Fleck, Nr. 309; Hermann, RDPMG 21 (1982), 72, 75. 274 Jasica, in: Voit, S. 460. 275 So auch Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 514 Fn. 89. 276 Hierfür aber Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 531; Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 529; Arnold, ZaöRV 63 (2003), 631, 642; Rosas, S. 361; Draper, BYIL 45 (1971), 173, 204; Abi-Saab, RCAH 165 (1979), 353, 421 f.; Meron, NTIR 40 (1970), 47, 65; Steinkamm, S. 226; Schwab, S. 197. 277 So bspw. Greenspan, S. 61; Schmid, S. 121; Schlosser, S. 256. 278 Kwakwa, S. 95; Gasser, AJIL 81 (1987), 912, 919; Weigelt/Frank, in: Jäger/Kümmel, S. 382 f.

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

GA III, der allgemein die Einhaltung der Gesetze und Gebräuche des Krieges forderte, legt nun Art. 43 Abs. 1 S. 2 ZP I explizit die Modalität der Gewährleistung fest, nämlich durch ein internes Disziplinarsystem. Art. 2 lit. b ZP I enthält hierzu nun eine Legaldefinition der „Regeln des in bewaffneten Konflikten anwendbaren Völkerrechts“, welche aber im Ergebnis mit der bisherigen Auslegung der „Gesetze und Gebräuche des Krieges“ übereinstimmt.279 Ob das Erfordernis in Art. 43 Abs. 1 S. 2 ZP I jedoch eine konstitutive Voraussetzung für die (irregulären) Streitkräfte darstellt, ist zwar wie erläutert noch nicht abschließend geklärt, die besseren Gründe sprechen allerdings für eine solche Annahme.280 Letztlich wird man jedoch unabhängig davon feststellen können, dass sich trotz vereinzelter Verstöße keine generelle Missachtung oder systematische Verletzungen des humanitären Völkerrechts durch PMCs/PSCs empirisch nachweisen lassen.281 Die „International Peace Operation Organization“, ein Dachverband von PMCs/PSCs, hat zumindest einen Verhaltenskodex aufgestellt, um seine Mitglieder zur Einhaltung des internationalen Rechts aufzufordern und um diese Bemühungen natürlich auch öffentlich zu dokumentieren.282 Dieser Verhaltenskodex stellt eine freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen dar. Ein Verstoß dagegen löst zwar keine rechtlichen Konsequenzen aus, jedoch droht den Mitgliedern dann ein Ausschluss aus der Organisation sowie eine empfindliche Rufschädigung. 3. Zwischenergebnis Abschließend ist somit festzustellen, dass für jeden Einzelfall eine separate Prüfung hinsichtlich der Frage eines De-iure- oder De-facto-Kombattantenstatus erforderlich ist. In den meisten Fällen wird man diesen aber bei Angestellten von PMCs/ PSCs aus den genannten Gründen verneinen müssen.283

279

Götze, S. 440 Fn. 3; vgl. zur Auslegung auch Partsch, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 54 f. Dazu ausführllich oben unter A. I. 1. b) bb) (1). 281 Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 529; Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 531; Sossai, IYIL 18 (2008), 89, 93; Weigelt/Frank, in: Jäger/Kümmel, S. 383; Green, S. 111 Fn. 54. 282 Abrufbar unter: http://ipoaonline.org/en/standards/code.htm. 283 McDonald, in: Arnold/Hildbrand, S. 226 f.; Ipsen, in: Fleck, Nr. 320; Gasser, S. 82; Cameron, IRRC 88 (2006), 573, 586; Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Werner Hoyer et al., hinsichtlich spezifischer Sicherheits- u. Militäraufgaben an nichtstaatliche Stellen, BT-Drs. 15/5824 v. 24. Juni 2005, S. 13 (Frage 25); AIV, Employing Private Military Companies – A Question of Responsibility, No. 59, Dec. 2007, S. 16; Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 526, 531; Kees, S. 210; Schimmel, S. 10; Gaston, HILJ 49 (2008), 221, 237; Schaller, HuV-I 2006, 51, 58; Doswald-Beck, in: Chesterman, S. 118 ff.; Gillard, IRRC 88 (2006), 525, 536. 280

A. Der internationale bewaffnete Konflikt

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II. Zivilisten 1. Grundsätzlich Der Begriff des Zivilisten ist in Art. 50 ZP I negativ definiert. Danach sind alle natürlichen Personen als Zivilisten anzusehen, die nicht unter eine der Kategorien von Personen in Art. 4 A Abs. 1, 2, 3 und 6, GA III und Art. 43 ZP I fallen, also jede Person, die nicht oder nicht mehr ein Mitglied von Streitkräften ist.284 Das humanitäre Völkerrecht legt den Zivilisten nicht auf, sich als solche ausweisen zu können, sondern verpflichtet die Kombattanten sich von der Zivilbevölkerung zu unterscheiden. Art. 50 Abs. 1 S. 2 ZP I legt weiterhin fest, dass die betreffende Person im Zweifel als Zivilist gilt. Folglich obliegt es den Mitgliedern der Streitkräfte zu ermitteln, ob die betreffende Person tatsächlich diesen Status besitzt, oder Kombattant ist.285 Zivilisten sind im Gegensatz zu Kombattanten nicht zur Beteiligung an Feindseligkeiten berechtigt, dürfen andererseits aber auch nicht Ziel von Angriffen sein, vgl. Art. 51 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 ZP I und Art. 13 Abs. 3 ZP II. Wenn sie allerdings dennoch an Feindseligkeiten teilnehmen, dann verlieren sie diesen Schutz und dürfen folglich temporär militärisch bekämpft werden.286 Dieser völkerrechtliche Primärstatus wird nicht durch kontroverses faktisches Verhalten verändert, indem sie entgegen ihrer Klassifizierung dennoch an Kampfhandlungen teilnehmen, vgl. Art. 51 Abs. 8 ZP I. Diesen Rechtsverstoß zu sanktionieren, ist dann die Aufgabe des nationalen Strafrechts.287 Grundsätzlich besitzen demnach alle Mitarbeiter von PMCs/PSCs, die nicht unter den Begriff des Kombattanten fallen, automatisch den Primärstatus eines Zivilisten.

2. Spezialfall des Art. 4 A Abs. 4 GA III Eine besondere Gruppe stellen die Zivilpersonen nach Art. 4 A Abs. 4 GA III dar, welche die Streitkräfte begleiten ohne Mitglieder derselben zu sein. Sie erhalten von den Streitkräften spezielle Identitätskarten, die sie als ziviles Gefolge ausweisen.288 Aufgrund der aus ihren Aufgaben resultierenden Nähe zum Kampfgeschehen wird ihnen auf sekundärer Ebene der Anspruch auf einen Kriegsgefangenenstatus zugesprochen. Daraus ergibt sich allerdings nicht, dass diese Personen den Primärstatus eines Kombattanten besitzen, vielmehr gelten sie als Zivilisten.289 Die Liste in Art. 4 A Abs. 4 GA III hinsichtlich der in Frage kommenden Personengruppen ist nicht 284 ICTY, Prosecutor v. Blasˇkic´, Hauptverfahrenskammer, 3. März 2000, para. 180; MünchKommStGB/Ambos, Vor § 8 VStGB Rn. 39. 285 Gasser, in: Fleck, Nr. 501; Wieczorek, S. 31. 286 Dörmann, IRRC 85 (2003), 45, 46. 287 Gasser, S. 82; Schaller, in: Jäger/Kümmel, S. 349; Stein/v. Buttlar, Rn. 1251. 288 AIV, Employing Private Military Companies – A Question of Responsibility, No. 59, Dec. 2007, S. 16. 289 Wieczorek, S. 31.

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

abschließend, so dass auch sonstige Zivilpersonen, welche die Streitkräfte begleiten, in Frage kommen.290 Dies indiziert schon der Wortlaut der Norm „wie…“ und die nachfolgende, beispielhafte Aufzählung.291 Namentlich fallen zumindest unter diesen Artikel zivile Angehörige der Luftstreitkräfte, Heereslieferanten (Nachschub, Wartung etc.), Kriegsberichterstatter und Mitglieder von Arbeitseinheiten oder von Diensten, die für die Betreuung der Militärpersonen verantwortlich sind.292 Das zivile Gefolge ist neben den Besatzungen von Handelsschiffen und Zivilluftfahrzeugen nach Art. 4 A Abs. 5 GA III, die einzige Gruppe von Zivilpersonen, die Kriegsgefangenenstatus genießt, ohne Kombattant zu sein.293 Wie oben schon erwähnt wurde,294 werden die meisten Angestellten von PMCs/ PSCs in den USA als Zivilisten nach Art. 4 A Abs. 4 GA III qualifiziert. Ungeklärt ist bisher, ob solche Zivilpersonen ihren Kriegsgefangenenstatus verlieren, wenn sie direkt an Feindseligkeiten teilnehmen.295 Die USA vertritt die Ansicht, dass dies nicht der Fall ist.296 Dafür spricht aus systematischer Sicht, dass Art. 51 Abs. 3 in Teil IV des ZP I geregelt ist und deshalb nur den allgemeinen Schutz vor den Auswirkungen von Feindseligkeiten nach Teil VI, Abschnitt I betreffen könnte, jedoch nicht den Anspruch auf den Kriegsgefangenenstatus, der hingegen in Teil III, Abschnitt 2 des ZP I normiert ist. Andererseits belegt Art. 44 Abs. 6 ZP I, dass noch andere Personenkategorien in Art. 4 A GA III existieren müssen, die den Kriegsgefangenenstatus beanspruchen können, ohne Kombattanten zu sein. Die Personen nach Art. 4 A Abs. 4 GA III sind aber gerade keine Kombattanten und folglich nicht zur Vornahme von Feindseligkeiten berechtigt.297 Außerdem würde es dem System des Art. 4 A GA III widersprechen, wenn diese Zivilpersonen ihren Kriegsgefangenenstatus trotz der Vornahme von Kampfhandlungen behalten könnten, obwohl sie keine entsprechenden Voraussetzungen, wie sie Art. 4 A Abs. 2 und 6 GA III für irreguläre Streitkräfte und die leve en masse aufstellt, erfüllen müssen. Auch teleologische Gründe sprechen dagegen, weil hierdurch auch die Unterscheidung zwischen Kombattanten und Zivilpersonen verwischt und Zivilisten zur Teilnahme an Feind290

de Preux, in: Pictet III, S. 64; Niewerth, S. 141; Gillard, in: Alexandra/Baker/Caparini, S. 163. 291 Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 532; Döring, S. 108; Hemingway, HuV-I 2006, 129, 130; de Preux, in: Pictet III, S. 64. 292 Gasser, S. 75. 293 Ipsen, in: Fleck, Nr. 319. 294 Siehe oben unter A. I. 1. a). 295 Explizit gegen das Behalten des Kriegsgefangenenstatus hat sich auch die Mehrheit der Experten ausgesprochen, dazu Expert Meeting on Private Military Contarctors: Status and State Responsibility for their actions, UCHL, Genf 29 – 30 Aug. 2005, S. 14 f. und Third Expert Meeting on the Notion of Direct Participation in Hostilities, ICRC, Genf 23 – 25 Okt. 2005, S. 80 f. Ebenfalls Heaton, AFLR 57 (2005), 157, 174; Doswald-Beck, in: Chesterman, S. 124; Vernon, CLJ 33 (2004), 369, 406; Dunn, S. 20; Nevers, SD 40 (2009), 169, 173. 296 Vgl. US Department of Defence Instruction No. 1100 of 7 September 2006, S. 19 Fn. 19, abrufbar unter: http://www.dtic.mil/whs/directives/corres/pdf/110022p.pdf. 297 Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 304; Dunn, S. 20; Rosas, S. 302 ff.

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seligkeiten ermutigt würden. Konsequenz dieser Auslegung ist somit auch, dass Personen, die auf eine direkte Teilnahme an Feindseligkeiten ausgerichtet sind, nicht unter Art. 4 A Abs. 4 GA III fallen können und dies somit eine ungeschriebene Voraussetzung der Norm darstellt.298 Hierfür spricht auch der Wortlaut der Vorschrift, da den exemplarisch aufgeführten Personen ebenfalls keine direkte Kampfbeteiligung inhärent ist.299 Nach Art. 4 A Abs. 4 GA III wird eine staatliche Ermächtigung vorausgesetzt, der Besitz einer Identitätskarte ist hierfür nicht konstitutiv, aber er stellt zumindest eine zusätzliche Absicherung und ein Indiz dar.300 Im Hinblick auf die „Ermächtigung“ wird teilweise bezweifelt, dass die bloße Existenz eines Vertrages per se dieses Merkmal erfüllt.301 Überzeugender ist es allerdings die Anforderungen an die Autorisierung durch den Staat nicht zu hoch anzusetzen, sondern einen Vertrag ausreichen zu lassen. Hierdurch wird nämlich hinreichend dokumentiert, dass die Person im „Auftrag“ des Staates für die Streitkräfte tätig ist. Der Wortlaut der Vorschrift könnte weiterhin bedeuten, dass Mitglieder der Streitkräfte physisch präsent sein müssen, da nur so die Zivilisten sie begleiten können. Nach dem Sinn und Zweck der Norm ist aber überzeugender zu verlangen, dass spezielle Aufgaben für die Streitkräfte erfüllt werden, so dass zumindest eine Verbindung zwischen den Mitarbeitern der PMCs/PSCs und den Streitkräften bestehen muss. Die reine Ausführung der vertraglichen Verpflichtungen für den Staat ist dafür nicht ausreichend.302 Grundsätzlich entspricht diese Norm am ehesten dem Status der Mitarbeiter von PMCs. Sie berücksichtigt explizit die Dienste von zivilen Angestellten für die Streitkräfte und die hierfür zivilrechtlich ausgestaltete Vertragssituation. Das humanitäre Völkerrecht kennt nämlich das Problem der Auslagerung von militärischen bzw. quasi-militärischen Aufgaben an private Unternehmen. Diese Vorgehensweise hat es schon immer gegeben.303 Es ist auch sinnvoll, dass die Angestellten Kriegsgefangenenstatus genießen, da sie aufgrund ihrer Verbindung zu den bewaffneten Streitkräften auch erhöhten Risiken in Bezug auf Kollateralschäden ausgesetzt sind.304 Die Mehrzahl der PMCs, die von Staaten beauftragt werden, erfüllen die obigen Voraussetzungen. Hierfür kommen maßgeblich die Angestellten von Military Support Firms in Betracht, da ihr Aufgabenspektrum weitgehend dem der „Heereslieferan298 Cameron, IRRC 88 (2006), 573, 589; McCormack, STLR 31 (2007/08), 75, 85; Döring, S. 109; Expert Meeting on Private Military Contractors: Status and State Responsibility for their actions, UCHL, Genf 29 – 30 August 2005, S. 14. 299 Schmitt, CJIL 5 (2005), 511, 532. 300 de Preux, in: Pictet III, S. 65; Levie, ILS 59 (1977), 62; Gillard, IRRC 88 (2006), 525, 537. Nach dem Wortlaut des Art. 13 HLKO war der Besitz eines Ausweises hingegen noch konstitutiv für den Kriegsgefangenenstatus. 301 Gillard, IRRC 88 (2006), 525, 537. 302 Dazu Expert Meeting on Private Military Contarctors: Status and State Responsibility for their actions, organisiert vom UCHL, Genf 29 – 30 Aug. 2005, S. 14; Doswald-Beck, in: Chesterman, S. 124; Gillard, IRRC 88 (2006), 525, 537. 303 Gasser, HuV-I 2006, 132, 133. 304 Ipsen, in: Fleck, Nr. 319; Weitz, S. 116 f.

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

ten“ entspricht.305 Aber auch die Mitarbeiter von Military Consultant Firms können aufgrund ihrer Beratungs- und Unterstützungstätigkeit als unbenannter Fall ebenfalls unter die Vorschrift fallen. Entscheidendes Ausschlusskriterium bildet letztlich immer die Frage, ob die konkreten Tätigkeiten, die für die Streitkräfte aufgrund einer Autorisierung ausgeführt werden sollen, auf eine unmittelbare Teilnahme am Kampfgeschehen ausgerichtet sind. Ausgenommen sind damit nach obigen Erörterungen jedenfalls die Military Provider Firms und die PSCs.306 Sofern die anderen Mitarbeiter von PMCs, direkt an Feindseligkeiten teilnehmen, besteht das Risiko, dass sie ihren Kriegsgefangenenstatus nach Art. 4 A Abs. 4 GA III verlieren. Wenn bei ihrer Gefangennahme Zweifel über ihren Kriegsgefangenenstatus existieren, dann genießen sie aber gem. Art. 5 Abs. 2 GA III und Art. 45 Abs. 1 ZP I so lange diesen Status, bis er in einem gerichtlichen Verfahren in verbindlicher Weise geklärt wird.307

III. Söldner Eine in ZP I explizit aufgeführte Untergruppe der (illegal kämpfenden) Zivilsten stellen die Söldner dar. Ihnen wird der Status eines Kombattanten und Kriegsgefangenen gem. Art. 47 ZP I verwehrt. Weiterhin können sie schon für die bloße Teilnahme an Feindseligkeiten strafrechtlich verfolgt werden. Es gibt insgesamt noch zwei weitere Kodifikationen, die sich speziell mit der Regulierung bzw. dem Verbot des Söldnertums befassen.308 Das ist zum einen die Konvention zur Eliminierung des Söldnerwesens in Afrika, von der Organisation der Afrikanischen Union vom 3. Juli 1977 (OAU-Konvention)309 und zum anderen das Internationale Übereinkommen gegen die Rekrutierung, den Gebrauch, die Finanzierung und das Training von Söldnern vom 4. Dezember 1989 (UN-Söldnerkonvention)310. Aufgrund der geringen Ratifikationsdichte beider Instrumente und des regional beschränkten Anwendungs305 306 307

Morgan, CJIL 9 (2008), 213, 224; Döring, S. 108. Hierzu näher oben unter A. I. 2. a) aa) (2) (b). Naqvi, IRRC 84 (2002), 571; Gasser, S. 74; Döring, S. 109; Peterke, HuV-I 2002, 143,

147. 308 Art. 47 ZP I enthält im Gegensatz zur UN-Söldnerkonvention aber explizit kein Verbot des Söldnertums, sondern es wird nur der Anreiz, als Söldner aktiv zu sein, verringert. 309 Sie ist allerdings erst 1985 in Kraft getreten. Gem. Art. 2 und 6 lit. c.) dieser Konvention ist das Söldnerwesen für den Fall verboten, dass das Ziel ein bewaffneter Kampf gegen einen Prozess der Selbstbestimmung afrikanischer Völker oder gegen die territoriale Integrität eines anderen Mitgliedsstaates ist. Ein Einsatz von Söldnern z. B. gegen dissidente Gruppen im eigenen Land wäre demnach aber nicht ausgeschlossen. Hierzu: Anders, S. 44; Rabus, in: Hafner et al., S. 535 f. 310 Sie ist allerdings erst 1985 in Kraft getreten. Gem. Art. 2 und 6 lit. c.) dieser Konvention ist das Söldnerwesen für den Fall verboten, dass das Ziel ein bewaffneter Kampf gegen einen Prozess der Selbstbestimmung afrikanischer Völker oder gegen die territoriale Integrität eines anderen Mitgliedsstaates ist. Ein Einsatz von Söldnern z. B. gegen dissidente Gruppen im eigenen Land wäre demnach aber nicht ausgeschlossen. Hierzu: Anders, S. 44; Rabus, in: Hafner et al., S. 535 f.

A. Der internationale bewaffnete Konflikt

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bereiches der OAU-Konvention auf den afrikanischen Raum, ist Art. 47 ZP I jedoch die praktisch bedeutendste Regelung zum Söldnerwesen.311 Die Vorschrift enthält eine detaillierte Definition des Söldners, die mit den Söldnerdefinitionen der OAU- und der UN-Söldnerkonvention ohnehin weitgehend identisch ist.312 Diese Norm stellt im kodifizierten humanitären Völkerrecht ein Novum dar, weil sie nach Abs. 1 allen Personen, die unter den Begriff des Söldners fallen, explizit den Kombattanten- bzw. Kriegsgefangenenstatus aberkennt.313 Weder in der HLKO noch in den GA wurde zuvor explizit auf Söldner Bezug genommen.314 Fraglich erscheint insofern, welche Rechtslage besteht, wenn eine als Söldner geltende Person die Voraussetzungen des Art. 4 A GA III erfüllt, aber der Gewahrsamsstaat kein Signatarstaat des ZP I ist. In diesem Fall würde der Söldner, der die Voraussetzungen des Art. 4 A GA III erfüllt, nach völkervertraglichen Grundsätzen nicht seinen Kombattanten bzw. Kriegsgefangenenstatus verlieren, da das bisherige Kriegsrecht den Söldner tolerierte. Allerdings wird man die Söldnerdefinition des Art. 47 ZP I und dessen Rechtsfolge schon als geltendes Völkergewohnheitsrecht für internationale bewaffnete Konflikte ansehen können.315 Dies dokumentieren zumindest zahlreiche Militärhandbücher, offizielle Stellungsnahmen sowie die Staatenpraxis.316 Auch bei Nichtsignatarstaaten des ZP I gilt insofern, dass ein Söldner weder den Kriegsgefangenennoch den Kombattantenstatus für sich in Anspruch nehmen kann, so dass er auch nach nationalem Recht für seine Teilnahmehandlung bestraft werden kann.317 Vielfach wird behauptet, dass PMCs/PSCs die „Söldner des 21. Jahrhunderts“318 oder „moderne Söldner“ seien.319 Dies erscheint bei näherer (rechtstechnischer) Betrachtung aber als nicht sachgerecht. Um unter den Begriff des Söldners zu fallen,

311

Schaller, HuV-I 2006, 51, 54 Fn. 14; Scoville, GJIL 37 (2006), 541, 553 f. Dazu Ipsen, in Fleck, Nr. 303; Biskup/Heintze, HuV-I 1997, 81, 82; Kees, S. 189. Das ZP I setzt allerdings einen internationalen bewaffneten Konflikt voraus bzw. eine Situation i.S.v. Art. 1 Abs. 4 und ist folglich in einem internen Konflikt nicht anwendbar. Dazu Faite, S. 5; Drews, in: Jäger/Kümmel, S. 333; Scoville, GJIL 37 (2006), 541, 549 f. 313 Dazu Rabus, in: Hafner et al., S. 517 f.; Behnsen, GYIL 46 (2004), 494, 507; Kimminich, S. 225 f.; Fallah, IRRC 88 (2006), 599, 604; kritisch zu Art. 47 ZP I Friedrich, S. 128 ff.; Rabus, in: Hafner et al., S. 526 ff. 314 Govern/Bales, FILJ 32 (2008), 55, 68 f.; Gaston, HILJ 49 (2008), 221, 230. 315 McCormack, STLR 31 (2007/08), 75, 94; a.A. Scheimer, AUILR 24 (2009), 609, 632. 316 Vgl. Henckaerts, in: Henckaerts/Doswald-Beck, S. 391 f. 317 A.A. Wieczorek, S. 132. 318 So bspw. Adams, in: Bunker, S. 55 ff.; Mysorekar, E&Z 2004, 115. 319 Uesseler, S. 9; Kümmel, ZIF 4/2004; Schneckener, S. 34; Azzellini, KJ 2008, 310; ebenso hat Ernesto Bernales Ballesteros, der Sonderbeauftragte der UN zum Einsatz von Söldnern, in seinem Bericht für das Jahr 2002 die Aktivitäten der privaten Sicherheitsfirmen ausdrücklich angesprochen. Genf 10. Jan. 2002, E/CN.4/2002/20; s. auch Roloff/Frankenfeld, Männer für heikle Missionen, in: Hamburger Abendblatt, v. 16. Okt. 2002, abrufbar unter: http://www.abendblatt.de/daten/2002/10/16/81459.html. 312

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

müssen gem. Art. 47 Abs. 2 ZP I insgesamt sechs Tatbestandsmerkmale kumulativ erfüllt sein:320 „Als Söldner gilt, a.) wer im Inland oder Ausland zu dem besonderen Zweck angeworben ist, in einem bewaffneten Konflikt zu kämpfen, b.) wer tatsächlich unmittelbar an Feindseligkeiten teilnimmt, c.) wer an Feindseligkeiten vor allem aus Streben nach persönlichem Gewinn teilnimmt und wer von oder im Namen einer am Konflikt beteiligten Partei tatsächlich die Zusage einer materiellen Vergütung erhalten hat, die wesentlich höher ist als die den Kombattanten der Streitkräfte dieser Partei in vergleichbarem Rang und mit ähnlichen Aufgaben zugesagte oder gezahlte Vergütung, d.) wer weder Staatsangehöriger einer am Konflikt beteiligten Partei ist noch in einem von einer am Konflikt beteiligten Partei kontrollierten Gebiet ansässig ist, e.) wer nicht Angehöriger der Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei ist und f.) wer nicht von einem nicht am Konflikt beteiligten Staat in amtlichem Auftrag als Angehöriger seiner Streitkräfte entsandt worden ist.“

Zunächst ist festzuhalten, dass für die Unternehmen als solche diese Definition nicht relevant ist, da sie nur auf natürliche Personen anwendbar ist.321 Bei Zugrundelegung der genannten Voraussetzungen erscheint es auch als unwahrscheinlich, dass die „private contractors“ unter den Söldnerbegriff fallen. Schon das erste Merkmal, die Anwerbung zu einem konkreten Konflikt, bereitet schon erhebliche Probleme. Dieses Merkmal kann so verstanden werden, dass die Angestellten von PMCs/ PSCs für einen ganz bestimmten Konflikt angeworben sein müssen, da sich traditionell Söldnergruppen ursprünglich immer nur zur Verrichtung eines speziellen Auftrags bilden und nach dessen Erledigung wieder auflösen. Dies würde bedeuten, dass zumindest solche Mitarbeiter, die dauerhaft bei PMCs/PSCs angestellt sind, um verschiedene Aufgaben zu erfüllen und an unterschiedlichen Orten eingesetzt zu werden, nicht als Söldner in Frage kommen.322 Andererseits kann die Art und Weise der Organisation der Söldner nicht das entscheidende Kriterium sein, da der Söldner per definitionem323 ohnehin nur eine natürliche Person sein kann. Die Vermittlerposition des Unternehmens sollte nicht zu einer Umgehung der Vorschrift beitragen. Es kann somit auch als ausreichend angesehen werden, dass das Unternehmen und seine Mitarbeiter für den Kampf in einem bestimmten Konflikt angeworben wer-

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Green, S. 115; Bothe/Ipsen/Partsch, ZaöRV 38 (1978), 1, 38. Dies stützt auch die englischen Fassung des Art. 47 Abs. 2 ZP I, die lautet: „a mercenary is any person who…“; Drews, in: Jäger/Kümmel, S. 334; McDonald, in: Arnold/Hildbrand, S. 224. 322 Shearer, S. 17; Dinstein, S. 51; Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 533; Frye, FLR 73 (2005), 2607, 2657; Anders, S. 41; Kinsey, CSD 5 (2005), 269, 282; Faite, S. 4; Singer, CJTL 42 (2004), 521, 532; Kees, S. 190. 323 Zumindest nach Art. 47 Abs. 2 ZP I. 321

A. Der internationale bewaffnete Konflikt

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den.324 Der Einsatz in einem bewaffneten Konflikt muss zudem Vertragszweck sein. Die Differenzierung zwischen lit. a.) und b.) zeigt, dass „kämpfen“ nicht alle Aktivitäten umfasst, die als direkte Teilnahme an Feindseligkeiten qualifiziert werden können.325 Militärberater, Techniker, Ausbilder oder Personen mit ähnlichen Funktionen sollen jedenfalls vom Söldnerbegriff ausgeschlossen sein.326 Für eine nähere Begriffsbestimmung könnte man auf die Definition der attack von Art. 49 Abs. 1 ZP I zurückgreifen, wonach offensive und defensive Handlungen erfasst werden. Demnach würden auch solche Angestellten von PSCs lit. a.) erfüllen, die Sicherheitsleistungen in bewaffneten Konflikten in Form von Personen- oder Objektschutz ausführen, da diese zumindest zu Verteidigungszwecken kämpfen (sollen).327 Interpretiert man dieses Merkmal restriktiver und sieht darin nur die explizite Anwerbung zu einer offensiven militärischen Beteiligung, dann fallen derartige Sicherheitsdienste hingegen nicht darunter.328 Die Angehörigen der Military Provider Firms329 erfüllen jedenfalls, aufgrund ihrer direkten Beteiligung an Kampfeinsätzen, zweifelsfrei diese Voraussetzung.330 Die weitaus größere Zahl der Angestellten von Military Support Firms wird jedoch nicht zum „Kämpfen“ engagiert, da sie nur logistische und technische Unterstützung leisten; Gleiches gilt für die Mitarbeiter der Military Consultant Firms, die ebenfalls nur Tätigkeiten wie Beratung und Training anbieten.331 Lit. b.) steht in engem Zusammenhang mit lit. a.), da er eine tatsächliche unmittelbare Teilnahme an den Feindseligkeiten verlangt.332 Die Genfer Diplomatische Konferenz bezweckte mit diesem restriktiv formulierten Kriterium ebenfalls einen Ausschluss von Personen, die nur logistische und beratende Tätigkeiten ausüben, da diese typischerweise nicht unmittelbar am Kampfgeschehen teilnehmen.333 Eine weitere Krux stellt die in lit. c.) allein maßgebliche Gewinnmotivation eines Angestellten dar. Diese lässt sich in der Praxis ohne objektive Anhaltspunkte schwer nachweisen und ein derart

324

So auch Krieger, AöR 44 (2006), 159, 171; McCormack, STLR 31 (2007/08), 75, 94; Schimmel, S. 8; Biskup/Heintze, HuV-I 1997, 81, 83. 325 Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 533. 326 Cassese, ZaöRV 40 (1980), 1, 24; Deventer, AJIL 70 (1976), 811, 814; Dinstein, S. 51 f.; Kwakwa, I&CLR 14 (1977), 67, 71. 327 Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 533; Cameron, IRRC 88 (2006), 573, 581; McCormack, STLR 31 (2007/08), 75, 95, 97. 328 So Rothwell, S. 3; Krieger, AöR 44 (2006), 159, 171; Scheimer, AUILR 24 (2009), 609, 625; im Ergebnis auch Cassese, ZaöRV 40 (1980), 1, 24; Deventer, AJIL 70 (1976), 811, 814; Zarate, SJIL 34 (1998), 75, 124. 329 Hierunter fällt allerdings nur ein vergleichsweise kleiner Kreis der Unternehmen siehe oben B. II. 330 Zarate, SJIL 34 (1998), 75, 124. 331 Hierzu Singer, CJTL 42 (2004), 521, 532; Stinnett, I&CLR 28 (2005), 211, 216. 332 Maaß, S. 110; Zu diesem Begriff ausführlich oben unter A. I. 1. a) aa) (2) (a). 333 Shearer, S. 18; de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 47 ZP I Rn. 1806; Walker/Whyte, I&CLQ 54 (2005), 651, 679; Maaß, S. 109. Auch hier kommen nur die Military Provider Firms und die PSCs in Betracht, siehe oben unter A. I. 1. a) aa) (2) (b).

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

subjektives Element widerspricht dem Wesen des humanitären Völkerrechts.334 Zwar sind PMCs/PSCs evident auf Profit ausgelegt, da sich aber Art. 47 ZP I nur an Individuen richtet, ist die Gewinnmotivation der einzelnen Mitarbeiter entscheidend.335 Einige von ihnen erhalten jedoch ein Fixgehalt aufgrund des abgeschlossenen Arbeitsvertrages mit ihrem Unternehmen, so dass die individuelle Gewinnmotivation für einen speziellen Auftrag praktisch schwer nachweisbar sein wird.336 Zudem können sie sich einfach auf ein anderes Motiv berufen, wie z. B. Patriotismus, Religion oder Politik.337 Auch das objektive Element der „Vergütung“ stellt kein wirkliches Korrektiv dar, weil es im Einzelfall schwer nachweisbar ist und Möglichkeiten zum Missbrauch bietet.338 Selbst wenn die vorhergehenden Voraussetzungen erfüllt werden, scheitert es meist an lit. d.) und e.) Diese Bedingungen können nämlich leicht dadurch umgangen werden, dass nur Mitarbeiter mit der Staatsangehörigkeit der jeweiligen Konfliktpartei beauftragt werden,339 die Staatsangehörigkeit zumindest vorübergehend verliehen wird340 oder eine Eingliederung in die Streitkräfte erfolgt.341 Sofern die PMC/PSCs für die Regierung ihres Heimatstaates tätig werden, kommt ebenfalls der Ausschluss nach lit. f.) in Betracht, wenn dieser keine Konfliktpartei ist.342 334 de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 47 ZP I Rn. 1807 ff.; Shearer, S. 18; dazu ebenfalls Henckaerts, in: Henckaerts/Doswald-Beck, S. 393; Cassese, ZaöRV 40 (1980), 1, 25; Bothe/Ipsen/Partsch, ZaöRV 38 (1978), 1, 38; Scoville, GJIL 37 (2006), 541, 556 f. 335 Anders, S. 41. 336 Döring, S. 101; Kinsey, CSD 5 (2005), 269, 282; Kees, S. 189. 337 Dazu Seidl, S. 10; Peterson, Onlineaufsatz zu Privatizing Combat, The New World Order, Center for Public Integrity, abrufbar unter: http://www.publicintegrity.org/bow/report. aspx?aid=148; Gaston, HILJ 49 (2008), 221, 233; Dinstein, S. 51. 338 Götze, S. 471; Maaß, S. 112 ff.; ebenfalls kritisch: Deventer, AJIL 70 (1976), 811, 813; Scoville, GJIL 37 (2006), 541, 556 ff.; Scheimer, AUILR 24 (2009), 609, 627. Grundsätzlich liegt das Gehalt der PMC/PSC-Mitarbeiter aber deutlich über dem Sold der regulären Soldaten, so dass dies tendenziell schon für eine Gewinnmotivation spricht. Zum Fall von Executive Outcomes in Sierra Leone, Biskup/Heintze, HuV-I 1997, 81, 83. Andererseits existieren erhebliche Unterschiede in der Bezahlung, so dass das Gehalt eines privaten Angestellten auch geringer sein kann als das eines regulären Soldaten, vgl. dazu auch Morgan, CJIL 9 (2008), 213, 223. 339 Govern/Bales, FILJ 32 (2008), 55, 84 f. 340 Weingärtner, ÖMZ 2004, 149, 153; Kinsey, CSD 5 (2005), 269, 283. Einigen Angestellten von Sandline International wurde im Jahre 1997 in Papua Neuguinea vorübergehend die Staatsangehörigkeit verliehen, ohne dass ihre vorhergehende zwangläufig verloren ging, dazu Schimmel, S. 8 Fn. 51. 341 Köhler, S. 74 f.; Kwakwa, I&CLR 14 (1977), 67, 72 f.; Kimminich, S. 230; Maaß, S. 119; so geschehen bei Mitarbeitern von Sandline International wiederum in Papua Neuguinea als sog. „Special Constables“, dazu: Frye, FLR 73 (2005), 2607, 2641; Walker/Whyte, I&CLQ 54 (2005), 651, 679. Ebenfalls ist dies bei Executive Outcomes in Sierra Leone der Fall gewesen, dazu: Shearer, S. 49 ff. 342 Hierfür Zarate, SJIL 34 (1998), 75, 124; Maogoto, S. 20. Dies ist beispielsweise in den USA der Fall, wo die die privaten Unternehmen erst eine Lizenz des State Department erhalten müssen, bevor sie ihre Dienstleistungen anbieten können, dazu Kinsey, CSD 5 (2005), 269, 283.

A. Der internationale bewaffnete Konflikt

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Letztlich kann demnach festgestellt werden, dass der Begriff des Söldners so eng gefasst ist, dass er kaum praktische Bedeutung erlangt.343 Überspitzt formuliert es Geoffrey Best, der behauptet, dass jeder, der von dieser Söldnerkonventionen trotzdem erfasst wird, „erschossen werden sollte und sein Anwalt mit ihm“.344 Die Angestellten von PMCs/PSCs werden also nur in den seltenen Fällen als Söldner zu qualifizieren sein.345

IV. Illegitime oder Quasi-Kombattanten In der juristischen Literatur existiert neben den beiden Kategorien des Kombattanten und Zivilisten, ein weiterer statusrechtlicher Begriff, der des illegitimen Kombattanten.346 In der Praxis wurde diese Kategorie vor allem nach den Ereignissen des 11. September und dem anschließenden „Krieg gegen den Terror“ in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Die amerikanische Regierung bezeichnete nämlich die Inhaftierten im Militärstützpunkt Guantnamo Bay als „unlawful combatants“.347 Für diese Stellung zwischen Kombattant und Zivilist wird allerdings eine Vielzahl an verschiedenen Begrifflichkeiten verwendet.348 Von dieser Klassifizierung sind solche Personen umfasst, die mangels Kombattantenstatus völkerrechtlich gerade nicht zur Vornahme von Kampfhandlungen legitimiert sind, aber dennoch unmittelbar

343

So z. B. Ipsen, in: Ipsen, § 68 Rn. 40; Bothe/Ipsen/Partsch, ZaöRV 38 (1978), 1, 38; Kalshoven, NYIL 8 (1977), 107, 135. Dinstein, S. 51. Aber auch die zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffe und kumulativen objektiven, subjektiven, positiven sowie negativen Bedingungen macht diese Vorschrift ineffektiv, so dass die Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich einer nationalen Umsetzung bei der (gleichlautenden) UN-Söldnerkonvention sogar Probleme mit dem Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 2 GG sieht, s. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Schäfer et al., hinsichtlich des Umgangs der Bundesregierung mit Söldnern, Söldnerfirmen, privaten Sicherheits- und Militärdienstleistungsunternehmen, BT-Drs. 16/1296, v. 26. April 2006, S. 6 (Frage 7). Einen Vorschlag für eine neue Definition des Söldners bietet Scoville, GJIL 37 (2006), 541, 563. 344 Best, S. 328; mit derselben Formulierung zitiert Singer einen PMC-Mitarbeiter, in: Singer, S. 238. 345 Aoul/Revil/ Sarrasin/Campbell, S. 17; Zarate, SJIL 34 (1998), 75, 125; Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 533; Singer, CJTL 42 (2004), 521, 534; Maogoto, S. 22; de Wolf, IJGLS 13 (2006), 315, 323; Stinnett, I&CLR 28 (2005), 211, 215 ff.; Frye, FLR 73 (2005), 2607, 2612 ff.; Ridlon, AFLR 62 (2008), 199, 232; Walker/Whyte, I&CLQ 54 (2005), 651, 678, Anders, S. 53; Gaston, HILJ 49 (2008), 221, 233; Scheimer, AUILR 24 (2009), 609, 629. 346 Für die Existenz eines dritten Status z. B. Baxter, in: Unesco, S. 106. 347 Dazu Mast-Kirschning/Werkhäuser, Amerikas Schande, in: Deutsche Welle, v. 10. Jan. 2007, abrufbar unter: http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,2306414,00.html. Der Supreme Court hat am 28. Juni 2004 entschieden, dass den Inhaftierten der Zugang zu den amerikanischen Gerichten gewährt werden muss. Dazu Stuckenberg, JZ 2006, 1142; Peters, Guantnamo Bay: Der Anfang vom Ende der Rechtlosigkeit, in: St. Galler Tagblatt Nr. 153, v. 3. Juli 2004, S. 2, abrufbar unter: http://ius.unibas.ch/fileadmin/user_upload/fe/file/Pe ters_Guantanamo_St._Galler_Tagblatt_04.pdf. 348 Bspw. Unlawful-, illegal- ,unprivileged combatant, unlawful belligerent etc.

82

2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

an Feindseligkeiten teilnehmen.349 Als Präzedenzfall für diese Kategorie wird meist auf die Entscheidung des Supreme Court der USA aus dem Jahre 1942 verwiesen.350 Entgegen der Ausführungen des obersten amerikanischen Gerichtshofes im Fall Ex parte Quirin knüpft die amerikanische Regierung an den Status des illegitimen Kombattanten aber einen Rechtsverlust in Bezug auf seine Grundrechte und den ihm zustehenden Rechtsschutz, so dass für sie die Garantien der Genfer Konventionen oder anderer Internationaler Abkommen nicht gelten. Diese politisch intendierte Ablehnung der Mindestgarantien aus dem gemeinsamen Art. 3 GA, Art. 5 GA IV, Art. 45 III i.V.m. Art. 75 ZP I für Gefangene, um einen rechtsfreien Raum zu schaffen, hält einer rechtlichen Nachprüfung allerdings nicht stand. Es widerspricht dem Wesen des humanitären Völkerrechts, dass einer bestimmten Gruppe von Gefangenen jegliche Rechte abgesprochen werden.351 Darüber hinaus ist die Rechtsfigur des illegalen Kombattanten gänzlich abzulehnen, da das kodifizierte Vertragsrecht eine dritte Gruppe neben den Kombattanten und den Zivilisten nicht kennt.352 Gleiches gilt auch für die vorgeschlagene Einordnung der Zivilisten nach Art. 4 A Abs. 4 GA III als Quasi-Kombattanten,353 um ihnen eine Stellung zwischen Kombattant und Zivilist zu ermöglichen.354 Während der Vertragsverhandlungen zum ZP I wurden entsprechende Entwürfe abgelehnt, die solche Personen aus der Definition des Art. 50 Abs. 1 ZP I ausschlossen, die ohne völkerrechtliche Legitimation an Feindseligkeiten teilnehmen.355 Die Schaffung einer dritten statusrechtlichen Kategorie 349 Dazu Ipsen, in: Ipsen, § 68 Rn. 39; Aldrich, HuV-I 2002, 202, 203 f.; Baxter, BYIL 28 (1951), 323; Arnold, ZaöRV 63 (2003), 631, 643; Dörmann, IRRC 85 (2003), 45, 46. 350 US Supreme Court, Ex parte Quirin et al., v. 31. 7. 1942, abrufbar unter: http://caselaw. lp.findlaw.com/scripts/getcase.pl?court=us&vol=317&invol=1. Kritisch zu dieser Entscheidung Maxwell/Watts, JICJ 5 (2007), 19, 24. Danach hat der Supreme Court die Begriffe Status und Strafbarkeit verwechselt. 351 Gasser, S. 79; Dörmann, IRRC 85 (2003), 45, 73; Garraway, in: Schmitt/Pejic, S. 334; Bothe, in: Vitzthum, VIII Rn. 84. 352 de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 43 ZP I Rn. 1677; Cassese (2005), S. 409; Gasser, S. 79; Niewerth, S. 135; Peterke, HuV-I 2002, 143, 146; Schmitz-Elvenich, S. 211; Devivere, KJ 2008, 31; Boldt, GYIL 47 (2004), 502, 513 Fn. 83; Green, S. 109. Zumindest gibt es den Status des illegitimen Kombattanten nicht. Möglich ist es allerdings diesen Begriff nur als Bezeichnung für (illegal) kämpfende Zivilisten zu benutzen, vgl. Dinstein, S. 29 ff.; Cassese (2005), S. 409. 353 So bspw. Spaight, ALR 9 (1938), 372, 375; Parks, AFLR 32 (1990), 116. Vgl. auch Rogers, S. 8 f. Die Einordnung der Angestellten von PMCs/PSCs als derartige Quasi-Kombattanten hat auch die (ältere) Version des Joint Chiefs of Staff, Doctrine for Logistic Support of Joint Operations, Joint Pub. 4 – 0, 2000 gestützt, wonach sie weder Kombattanten noch Nichtkombattanten seien, dazu Chapter V-12 a (Law of War Status of Contractor Personnel), abrufbar unter: http://www.aschq.army.mil/gc/files/JP4 – 0.pdf. Die neuere Version von 2008 enthält allerdings keine expliziten Hinweise für eine solche Einordnung als Quasi-Kombattant des Personals, abrufbar unter: http://www.dtic.mil/doctrine/jel/new_pubs/jp4_0.pdf. 354 Ebenfalls ablehnend: Guillory, AFLR 51 (2001), 111, 116; Cameron, IRRC 88 (2006), 573, 588; de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 43 ZP I Rn. 1677; Turner/Norton, AFLR 51 (2001), 1, 30. 355 Vgl dazu Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 294.

B. Der nicht-internationale bewaffnete Konflikt

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wurde insofern zurückgewiesen. Der einzige, explizit aufgeführte Spezialfall, der widerrechtlich an Feindseligkeiten teilnehmenden Zivilisten, ist der Söldner. Eine ungeschriebene dritte Gruppe würde auch zu der angesprochenen Frage führen, wie diese Personen rechtlich zu behandeln sind, da das humanitäre Völkerrecht hierfür keine explizite Lösung bietet.356 Eine derartige rechtliche Ungewissheit ist jedoch nicht akzeptabel, so dass letztlich alle Personen, die die Voraussetzungen des Kombattantenstatus nicht erfüllen, als Zivilisten anzusehen sind. Ihre etwaige Teilnahme an Feindseligkeiten bewirkt keine Änderungen an diesem Status. Zudem führt die Bezeichnung illegitimer oder Quasi-Kombattant zu Verwirrung, da diese Person gerade kein Kombattant, sondern eine Zivilperson ist. Folglich ist eine dritte statusrechtliche Kategorie gänzlich abzulehnen. Sofern die Mitarbeiter von PMCs/PSCs aber tatsächlich unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, ohne einen Kombattantenstatus zu besitzen, laufen sie dennoch Gefahr von der gegnerischen Konfliktpartei als unrechtmäßige Kombattanten eingestuft zu werden.

V. Zwischenergebnis In einem internationalen bewaffneten Konflikt sind die Mitarbeiter von PMCs/ PSCs in der Regel nicht als Kombattanten zu qualifizieren, sondern nehmen einen zivilen Status ein. Sofern die Voraussetzungen des Art. 4 A Abs. 4 GA III gegeben sind, genießen sie zwar einen Kriegsgefangenenstatus, sind aber nicht zu einer unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten berechtigt. Die Untergruppe der illegal kämpfenden Zivilsten gem. Art. 47 ZP I scheidet für die PMC/PSC-Angestellten hingegen in den meisten Fällen aus. Die restriktiven Voraussetzungen der Söldnerdefinition werden sie nur in Ausnahmefällen erfüllen. Ein dritter Status in Form eines illegalen oder Quasi-Kombattanten ist dem völkerrechtlichen Regelungsregime fremd und kommt nach richtiger Ansicht deshalb ebenfalls nicht in Frage.

B. Der nicht-internationale bewaffnete Konflikt357 Die Mehrheit der heutigen gewaltsamen Auseinandersetzungen wird im Kontext eines nicht-internationalen bewaffneten Konflikts ausgetragen.358 Im Gegensatz zum symmetrischen Staatenkrieg treffen in dieser Konfliktform vermehrt auch ungleiche Gegner aufeinander. Auf der einen Seite befindet sich nämlich meist der Staat und auf der anderen Seite die waffentechnisch sowie numerisch unterlegenen nicht-staatli356

Behnsen, GYIL 46 (2004), 494, 506; Niewerth, S. 135. Weitere Ausführungen zum nicht-internationalen Konflikt und der Strafbarkeit wegen Kriegsverbrechen in dieser Konfliktart im 3. Kapitel, A. III. 1. a) bb). 358 Dazu Chojnacki/Reisch, S&F 26 (2008), 233, 235; Cottier, in: Erberich et al., S. 183; Kempen/Hillgruber, § 43 Rn. 35. 357

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

chen Gruppen.359 Eine weitere mögliche Konstellation stellt die Auseinandersetzung nur zwischen nicht-staatlichen Gruppen, also ohne Beteiligung des Staates, dar. Aufgrund der häufig existierenden Ressourcen- und Kräfteungleichheit der Akteure werden von der unterlegenen Partei meist unkonventionelle Kampfmethoden wie Guerilla-Taktiken oder terroristische Anschläge bemüht, um sich einer direkten Konfrontation zu entziehen.360 Diese Form der bewaffneten Auseinandersetzung wird deshalb teilweise auch als asymmetrischer Konflikt bezeichnet.361 Ein aktuelles Beispiel hierfür bietet die Intervention der USA und ihrer Verbündeten in Afghanistan, wo die technisch hoch-modernen Koalitionsstreitkräfte den rudimentär ausgerüsteten Taliban gegenüberstehen. Gleiches gilt aber auch für die Auseinandersetzungen auf Sri Lanka oder in Tschetschenien. Das Kriegsrecht fand nach traditionellem Verständnis jedoch nur auf zwischenstaatliche, also grundsätzlich internationale bewaffnete Konflikte, Anwendung.362 Nicht-internationale Konflikte wurden demnach als reine innerstaatlichen Vorgänge und Auseinandersetzungen betrachtet, so dass der Anwendungsbereich des humanitären Völkerrechts nicht eröffnet war.363 Sie wurden, unabhängig von ihrer Intensität oder ihrem geographischen Ausmaß, allein nach dem nationalen Recht des jeweiligen Territorialstaates geregelt.364 Es gab allerdings eine Ausnahme für das Rechtsinstitut der „Anerkennung als kriegsführende Partei“.365 Danach galt das Kriegsvölkerrecht nur dann, wenn die nicht-staatliche Konfliktpartei als kriegsführende Partei vom gegnerischen Staat oder der eigenen Regierung offiziell anerkannt wurde.366 In der Praxis wurde hiervon allerdings selten Gebrauch gemacht, so dass diese subjektive Voraussetzung zur Anwendung des humanitären Völkerrechts in nicht-internationalen Konflikten als nicht ausreichend erachtet wurde.367 Die Genfer Konventionen von 1949 sind das erste vertragliche Instrument, das in Ansätzen diese Konfliktform regelt. Der gemeinsame Art. 3 GA ist dahingehend ein revolutionärer Meilenstein, obwohl er nur einige rudimentäre humanitäre Mindeststandards vorsieht. Erstmals wurde damit ein nicht-internationaler Konflikt anhand von objektiven Kriterien bestimmt, so dass die formale Anerkennung der Aufständischen nicht mehr erforderlich war.368 359

Gasser, S. 43; Scheidle, HFR 2009, 220, 222. Scheidle, HFR 2009, 220, 223. 361 Dazu grundlegend Münkler, S. 13 ff.; siehe auch Freudenberg, S. 172 ff.; Scheidle, HFR 2009, 220 ff. 362 Stein/v. Buttlar, Rn. 1269. Näher zum internationalen Konflikt im 3. Kapitel, A. III. 1. a) aa). 363 Vgl. nur Shaw, S. 1191; Jinks, HILJ 45 (2004), 367, 401; Oeter, MPYUNL 1 (1997), 195, 198. 364 Abi-Saab, in: Unesco, S. 217. 365 Bindschedler, in: FS v.d. Heydte, S. 22; Bothe, in: Vitzthum, VIII Rn. 120; Stein/ v. Buttlar, Rn. 1270; Green, S. 66 f. 366 Lehmler, S. 20 ff. 367 Ipsen, in: Ipsen, Rn. § 65 Rn. 12. 368 Rajower, S. 43. 360

B. Der nicht-internationale bewaffnete Konflikt

85

Mit dem zweiten Zusatzprotokoll wurden weitere Schutzvorschriften zum Schutze der Opfer in nicht-internationalen Konflikten geschaffen, wobei immer noch ein erheblicher Unterschied im Hinblick auf das Schutzniveau im internationalen Konflikt besteht. Auch das ICC-Statut unterscheidet zwischen nicht-internationalen Konflikten mit unterschiedlichen Intensitätsstufen.369 Die nur beschränkte Anwendung des Kriegsrechts auf nicht-internationale Konflikte wird und wurde vielfach scharf kritisiert.370 Obwohl das Internationale Komitee des Roten Kreuzes schon im Jahr 1948 dafür plädiert hat, dass die Genfer Konventionen in allen Arten von bewaffneten Konflikten gelten sollen, konnte sich diese Ansicht bisher leider nicht (vollständig) durchsetzen.371 Im nationalen Konflikt sollte aber sinnvoller Weise zwischen drei verschiedenen Intensitätsstufen differenziert werden, da hierfür jeweils unterschiedliche Anwendungsvoraussetzungen existieren. Dies sind zum einen die bloßen inneren Unruhen und Spannungen, dann der gemeinsame Art. 3 GA und schließlich Art. 1 ZP II. Eine weitere (neue) Intensitätsstufe ist in Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut normiert worden, die es nun in den traditionellen völkervertragsrechtlichen Regelungskontext einzuordnen gilt.372

I. Innere Unruhen und Spannungen Die geringste Intensitätsstufe stellen die bloßen inneren Unruhen oder Spannungen dar. Hierbei handelt es sich um zivile Unruhen (z. B. Demonstrationen oder Revolten), vereinzelte terroristische Aktivitäten, organisierte Gewaltkriminalität oder sporadische Gewaltanwendungen.373 Zur Unterbindung dieser vereinzelten Gewaltausbrüche sind bloße Polizeieinsätze ausreichend, so dass es sich hierbei um einen „internen Konflikt“ handelt, auf den die humanitären Mindeststandards keine Anwendung finden.374 Dies wird auch durch die spätere Normierung von Art. 1 Abs. 2 ZP II bestätigt.375 Diese Norm wurde nämlich explizit mit der Intention eingefügt, die untere Anwendungsschwelle des bewaffneten Konflikts zu definieren 369

Dazu näher unter im 3. Kapitel, A. III. 1. a) bb). Vgl. aus neuester Zeit nur Satzger, § 16 Rn. 60; Werle, Rn. 947; Byron, S. 261 ff.; Schabas, S. 116. 371 Vgl. Siordet, in: Pictet III, S. 30 f. 372 Hierzu auch ausführlich im 3. Kapitel, A. III. 1. a) bb). 373 ICTY, Prosecutor v. Delalic et al., Hauptverfahrenskammer, 16. Nov. 1998, para. 185; Junod, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 1 ZP II Rn. 4474; Hess, S. 98. 374 Vgl. ICRC Opinion Paper, “How is the Term Armed Conflict Defined in International Humanitarian Law?”, März 2008, S. 3, abrufbar unter: http://www.icrc.org / web / eng / site eng0.nsf / htmlall / armed-conflict-article-170308 / $file / Opinion-paper-armed-conflict.pdf; Lopez, NYULR 69 (1994), 916, 928; Gasser, S. 30; Ambos, in: Hasse/Müller/Schneider, S. 339; Zischg, S. 32; Oliveira Pereira, HuV-I 2005, 118, 121; Fuß, S. 88; Provost, S. 247 f.; Moir, S. 101; A.A. Zechmeister, S. 47, der den gemeinsamen Art. 3 GA auch auf innere Unruhen und Spannungen anwenden möchte. 375 Schindler, RdC 163 (1979), 117, 146; Maaß, S. 75. 370

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

und dahingehend einen einheitlichen (negativ formulierten) Anwendungsbereich des gemeinsamen Art. 3 GA und des ZP II zu gewährleisten.376 Hiergegen ließe sich zwar Art. 1 Abs. 1 HS. 1 ZP II anführen, wonach das ZP II die Anwendbarkeit des gemeinsamen Art. 3 GA gerade nicht berühren soll, so dass der bewaffnete Konflikt nach dem ZP II und Art. 3 GA nicht identisch sein könnte.377 In systematischer Hinsicht könnte jedoch entgegenhalten werden, dass sich HS. 1 in Abs. 1 nur auf die positive Definition des bewaffneten Konflikts bezieht und nicht auf Art. 1 Abs. 2 ZP II, da die Negativ-Definition im Grunde der Bestimmung der unteren Anwendungsschwelle des Art. 3 GA entspricht.378 Letztlich wird aber von Art. 8 Abs. 2 lit. d.) und f.) S. 1 ICC-Statut nun explizit der Ausschluss von inneren Unruhen und Spannungen für den Anwendungsbereich des gemeinsamen Art. 3 GA bestätigt. Dies ist auch sinnvoll, da nicht jede Form der Gewaltanwendung als ausreichend erachtet werden kann, sondern schon eine gewisse völkerrechtliche Relevanz (eine Berührung der Interessen der Völkergemeinschaft) existieren muss.379 Die völkerrechtliche Qualifizierung von internen staatlichen Vorgängen stellt nämlich grundsätzlich einen erheblichen Eingriff in die staatliche Souveränität nach Art. 2 Nr. 1 UN-Charta und den völkerrechtlichen Nichteinmischungsgrundsatz (Interventionsverbot) gem. Art. 2 Nr. 1 und 7 UN-Charta dar. Zur Rechtfertigung muss deshalb der Konflikt einen gewissen Intensitätsgrad erreichen, der oberhalb der inneren Unruhen und Spannungen liegt.380 Dieses Konfliktstadium wurde nach dem klassischen Völkerrechtsverständnis als Aufruhr bezeichnet. Hierunter fielen spontane, lokal begrenzte, wenig koordinierte, mit rudimentären militärischen Mitteln geführte und damit meist kurzzeitige Erhebungen.381 Bei dieser Intensitätsstufe gelangte das Völkerrecht ebenfalls nicht zur Anwendung.382

II. Gemeinsamer Art. 3 GA Eine präzise Definition des Anwendungsbereiches vom gemeinsamen Art. 3 GA existiert nicht. Während den Konferenzen zu den Genfer Konventionen konnten sich die Delegierten nicht auf eine Definition des nicht-internationalen Konflikts einigen, da dies letztlich den Anwendungsbereich der Norm eingeschränkt hätte.383 Es blieb insofern der Wissenschaft und der Praxis überlassen den Anwendungsbereich zu präzisieren.384 Hierin wird teilweise auch die Möglichkeit für eine dynamische Interpre376 Junod, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 1 ZP II Rn. 4473; Abi-Saab, in: Unesco, S. 229; Oliveira Pereira, HuV-I 2005, 118, 121. 377 So Partsch, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 628; Hess, S. 104. 378 Dazu gleich unter B. II. 2. 379 Werle, Rn. 954. 380 Zischg, S. 43; Castrn (1966), S. 85; Rajower, S. 44. 381 Castrn (1966), S. 30; Rajower, S. 39. 382 Rajower, S. 40. 383 Castrn (1966), S. 85; Kimminich, S. 105; Rajower, S. 11. 384 Hess, S. 96.

B. Der nicht-internationale bewaffnete Konflikt

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tation der Norm gesehen, um auch zukünftige völkerrechtliche Entwicklungen berücksichtigen zu können.385 Die Vorschrift sollte jedoch unter humanitären Gesichtspunkten so weit wie möglich ausgelegt werden, da sie nur die absoluten Mindestgarantien festlegt.386 Der Wortlaut der Norm fordert allgemein nur einen bewaffneten Konflikt mit nicht-internationalem Charakter. 1. Territorialer und parteibezogener Anwendungsbereich Im Hinblick auf das Merkmal nicht-international erscheint zunächst die geographische Vorgabe fraglich. Der Wortlaut der Norm legt fest, dass der bewaffnete Konflikt auf dem „Gebiet einer der Hohen Vertragsparteien“ entsteht. Hieraus könnte man auf den ersten Blick den Schluss ziehen, dass nur solche Konflikte erfasst werden, die innerhalb eines Staatsgebietes stattfinden.387 Die Schöpfer der Genfer Konventionen waren nämlich maßgeblich geprägt von den klassischen Bürgerkriegskonstellationen (wie z. B. dem Spanischen Bürgerkrieg), wo sich die Kampfhandlungen innerhalb eines staatlichen Territoriums vollzogen haben.388 Mit dem internationalen Terrorismus bzw. der organisierten, grenzüberschreitenden Gewalt Privater ist aber auch eine andere (neue) Konstellation in den Vordergrund getreten, die eine transnationale Dimension aufweist.389 Im Anschluss an einen Terrorakt kann es nämlich zu einer militärischen Verfolgung von Personen auf einem fremden Staatsgebiet, mit Einverständnis der dortigen Regierung, kommen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob dieser grenzüberschreitende Sachverhalt der Eröffnung des Anwendungsbereichs von Art. 3 GA entgegenstehen könnte. Der Wortlaut der Norm spricht jedenfalls nicht dafür. Im Kontrast zu Art. 1 Abs. 1 ZP II werden die Konfliktparteien nicht genannt, und es wird auch nicht explizit verlangt, dass der Konflikt „im Hoheitsgebiet einer Hohen Vertragspartei“ stattfindet,390 sondern er muss dort eben nur entstehen. Das Merkmal nicht-international macht nur deutlich, das interne Konflikte, also allein innere Unruhen und Spannungen, und internationale Konflikte nicht von der Norm erfasst sind. Eine Umgehung der humanitären Mindeststandards unter Berufung auf den transnationalen Charakter einer militärischen Operation, würde auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift diametral entgegenlaufen.391 Wie ein385

Kimminich, S. 105. Siordet, in: Pictet III, S. 36; Castrn (1966), S. 85; Melzer, S. 253; Verhoeven, S. 8 f. 387 So z. B. Behnsen, GYIL 46 (2004), 494, 524; Moir, S. 31; Schmitt, in: FS Fleck, S. 523; Fuß, S. 56; Kreß, in: Hankel, S. 366. 388 Vgl. Moir, S. 18 ff. 389 Im Hinblick auf Kriegsverbrechen nach dem ICC-Statut vgl. Zimmermann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 262. 390 Nach dem klaren Wortlaut des Art. 1 Abs. 1 ZP II muss nämlich der nicht-internationale Konflikt „…im Hoheitsgebiet einer Hohen Vertragspartei“ zwischen deren Streitkräften und abtrünnigen Streitkräften oder anderen bewaffneten Gruppen stattfinden“ (Hervorhebung durch den Verfasser). Näher hierzu unter B. III. 1. 391 Schaller, SWP 2007, S. 15; Jinks, YILJ 28 (2003), 1, 41. 386

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

gangs ausgeführt wurde, wollten die Schöpfer der Genfer Konventionen gerade einen weiten Anwendungsbereich des gemeinsamen Art. 3 GA gewährleisten und haben auch den Begriff „Bürgerkrieg“ nicht explizit in die Vorschrift aufgenommen.392 Im Vordergrund steht gerade der Schutz des Individuums. Es macht dahingehend keinen qualitativen Unterschied, ob die Regierung des Aufenthaltsstaates der Terrororganisation gegen diese Waffengewalt einsetzt oder dies einem Drittstaat gestattet. In jedem Fall müssen die Mindestgarantien gelten und ein rechtsfreier Raum vermieden werden.393 Weiterhin sind der Vorschrift auch keine Anhaltspunkte über die Konfliktakteure zu entnehmen. Der Konflikt muss zwar „auf dem Gebiet einer der hohen Vertragsparteien“ entstehen, allerdings muss diese nicht zwangsläufig in die bewaffneten Auseinandersetzungen involviert sein. Anknüpfend an die vorhergehenden Ausführungen zum Schutzzweck der Norm ergibt sich somit, dass sich im Gegensatz zu Art. 1 ZP II394 die Auseinandersetzungen auch nur zwischen nicht-staatlichen Gruppen vollziehen können.395 Abschließend kann somit festgestellt werden, dass der gemeinsame Art. 3 GA als Auffangtatbestand in allen Arten von bewaffneten Konflikten anwendbar ist, die nicht vom gemeinsamen Art. 2 GA erfasst werden.396 Dies wird letztlich auch durch die Rechtsprechung des ICJ397 als auch des ICTY398 bestätigt, wonach die Bestimmungen des gemeinsamen Art. 3 GA völkergewohnheitsrechtlichen Charakter besitzen. Entscheidend ist damit vielmehr wie der rein interne Konflikt abzugrenzen ist. 2. Abgrenzung zum rein internen Konflikt Es bietet sich hierfür eine Negativdefinition an, so dass alle Konflikte in den Anwendungsbereich der Norm fallen, die nicht bloß als innere Unruhen und Spannungen qualifiziert werden können. Wie die Terminologie „bewaffneter Konflikt“ schon andeutet, kann die Abgrenzung zum rein internen Konflikt aber letztlich nur über die Intensität der Kampfhandlungen und damit zusammenhängend die Organisation

392

So auch der US Supreme Court, Hamdam v. Rumsfeld, 29. Juni 2006, S. 67 f. Wieczorek, S. 197; Schmitz-Elvenich, S. 185. Die grundsätzliche Einbeziehung von transnationaler Gewalt privater Organisationen in den Anwendungsbereich des gemeinsamen Art. 3 GA ist aber nur dann zu bejahen, wenn auch ein bewaffneter Konflikt vorliegt. Dazu gleich unter B. II. 2. 394 Dazu gleich näher unter B. III. 1. 395 Junod, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 1 ZP II Rn. 4461; Solf, in: Bothe/ Partsch/Solf, S. 627; Schmitz-Elvenich, S. 183; Stewart, IRRC 85 (2003), 313, 319; Moir, S. 39; Greenwood, in: Fleck, Nr. 211; Gasser, S. 61. 396 US Supreme Court, Hamdam v. Rumsfeld, 29. Juni 2006, S. 67 f.; Jinks, YILJ 28 (2003), 1, 41; Kretzmer, EJIL 16 (2005), 171, 195; Schmitz-Elvenich, S. 187. 397 ICJ, Nicaragua v. USA, 27. Juni 1986, ICJ Reports 1986, para. 218. 398 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Okt. 1995, para. 102. 393

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der Konfliktparteien vorgenommen werden.399 Die Feststellung des Intensitätsgrades muss auf Grundlage von objektiven Anhaltspunkten geschehen. Die subjektive Einschätzung der Konfliktparteien ist insofern irrelevant, da ansonsten die Gefahr einer Umgehung der humanitären Mindeststandards besteht, was wiederum den Opferschutz konterkariert.400 Die Auseinandersetzungen müssen demnach ein gewisses Niveau erreichen, so dass normale Polizeieinsätze und Konflikte in denen lediglich unorganisierte und unkoordinierte Einzelgruppen aktiv sind, nicht vom Anwendungsbereich des gemeinsamen Art. 3 GA erfasst sind.401 Diese Konfliktintensität ist mit dem Begriff des Aufstandes vergleichbar. Die Aufständischen besitzen zwar nur eine rudimentäre Organisation und Struktur, aber die Auseinandersetzungen erstrecken sich auf große Teile des Landes, sind zeitlich ausgedehnter und der Einsatz der staatlichen Streitkräfte zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung ist notwendig.402 Allerdings ist der Einsatz der Armee nur ein wichtiges Indiz der Intensität, es kann nämlich auch sein, dass ein Staat nur über eine relativ geringe Anzahl an Polizeikräften verfügt und deshalb auch schon bei kleineren Unruhen gezwungen ist, die Armee einzusetzen. Umgekehrt kann ein Staat auch verhältnismäßig viele Polizeikräfte besitzen und damit den Einsatz der Armee umgehen.403 Eine abschließende und umfassende (positive) Definition des Anwendungsbereichs von Art. 3 GA existiert demnach nicht. Entscheidende Indizien für die Intensität des Konflikts sind aber die Organisation der Konfliktparteien, die Zahl der Opfer, die territoriale und zeitliche Ausdehnung der Kampfhandlungen und der Einsatz der regulären Streitkräfte, weil die Polizei nicht in der Lage ist, die öffentliche Ordnung wiederherzustellen.404 Gleichwohl bleibt es eine Frage des Einzelfalls, die Intensität des Konflikts zu bestimmen und eine Abgrenzung zu den bloßen inneren Unruhen und Spannungen zu ziehen.

III. Art. 1 ZP II Die höchste Anwendungsschwelle besitzt der nicht-internationale Konflikt gem. Art. 1 Abs. 1 ZP II. Dieses Protokoll findet nur Anwendung in Konflikten mit hoher Intensitätsstufe.

399 ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. Sept. 1998, para. 620; Schindler, RdC 163 (1979), 117, 147; Gasser, S. 61 f.; Cryer et al., S. 284; Bothe, in: Vitzthum, VIII Rn. 123; Zahar/Sluiter, S. 118. 400 ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. Sept. 1998, para. 624; Zimmermann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 272; Ambos (2008), § 7 Rn. 231. 401 Verhoeven, S. 8; Zischg, S. 32; Hess, S. 26; Gasser, S. 61; Vit, IRRC 91 (2009), 69, 76; Schindler, RdC 163 (1979), 117, 147. 402 Siordet, in: Pictet III, S. 37; Zimmermann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 272; Lombardi, S. 79 f. 403 Vgl. Bindschedler, in: FS v.d. Heydte, S. 26 f.; Frowein, in: FS Schindler, S. 220. Zudem verfügen einige kleinere Staaten wie beispielsweise Island über gar keine eigene Armee. 404 Arnold, S. 116.

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

1. Anwendungsbereich Das Zusatzprotokoll ist danach nur anwendbar, wenn es sich um einen bewaffneten Konflikt zwischen Streitkräften und abtrünnigen Streitkräften oder anderen organisierten Gruppen im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei handelt. Die nicht-staatliche Konfliktpartei muss unter einer verantwortlichen Führung stehen und einen gewissen Organisationsgrad aufweisen. Weiterhin muss sie einen bestimmten Teil des nationalen Hoheitsgebietes der Vertragspartei kontrollieren, um anhaltende, koordinierte Kampfhandlungen durchführen und die Bestimmungen des ZP anwenden zu können. Der Anwendungsbereich des ZP II ist folglich enger als der des gemeinsamen Art. 3 GA.405 Einerseits sind bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlichen bewaffneten Gruppen nicht erfasst, da explizit die Regierungstruppen in die Auseinandersetzung involviert sein müssen. Andererseits werden auch solche Situationen ausgeschlossen, in denen die Aufständischen nicht die geforderte (spezielle) territoriale Kontrolle besitzen. In den modernen „Guerilla-Kriegen“ ist aber die Kontrolle über ein Gebiet nicht der entscheidende Faktor, da diese schnell wechseln kann und Guerillas auch ohne definitive Gebietskontrolle operieren können.406 Teilweise kann auch die Besetzung von wenigen, aber infrastrukturell wertvollen Punkten ausreichend sein.407 Weiterhin lässt sich dieses Kriterium im Einzelfall schwer bestimmen, wenn die Auseinandersetzungen über das gesamte Territorium verstreut sind. Nach dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 1 ZP II muss der nicht-internationale Konflikt auch „…im Hoheitsgebiet einer Hohen Vertragspartei“408 stattfinden, so dass die erwähnten transnationalen Konflikte schon aufgrund dieser geographischen Vorgabe und einer dahingehend geforderten territorialen Kontrolle nicht in den Anwendungsbereich des Protokolls fallen.409 Letztlich werden somit vom Anwendungsbereich des Art. 1 Abs. 1 ZP II nur wenige Formen von innerstaatlichen Konflikten erfasst, wie beispielsweise die klassischen Bürgerkriegskonstellationen in Spanien von 1936 – 39 oder in El Salvador während der 80er Jahre.410

405 ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. Sept. 1998, para. 618; Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 623; Schindler, RdC 163 (1979), 117, 148 f.; Cullen, MLR 183 (2005), 66, 92; Spieker, LJIL 13 (2000), 395, 407; Schindler, in: FS Schaufelberger, S. 108; Moir, S. 101. 406 Provost, S. 264; Hess, S. 103; Abi-Saab, in: Unesco, S. 228; König, S. 381; Zimmermann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 351; Werle, Rn. 953; vgl. auch Moir, S. 106; a.A. Gasser, S 63. 407 Zischg, S. 36; Fuß, S. 87. 408 Hervorhebung durch den Verfasser. 409 Folglich wird die Auseinandersetzung zwischen einem Staat und einer transnationalen Gruppe auf dem Territorium eines Drittstaates nicht erfasst, vgl. Sassli, S. 13; Schmitz-Elvenich, S. 182. 410 Provost, S. 264.

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2. Verhältnis zum gemeinsamen Art. 3 GA Nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 1 Abs.1 ZP II wird der gemeinsame Art. 3 GA nur „weiterentwickelt und ergänzt, ohne die bestehenden Voraussetzungen für seine Anwendung zu ändern…“.411 Folglich existieren nach dem humanitären Völkerrecht zwei Kategorien des nicht-internationalen Konflikts. Zum einen die Konflikte mit hoher Intensität, wo die qualifizierenden (positiv normierten) Voraussetzungen des ZP II vorliegen und dessen weitergehende Schutzrechte greifen. In dieser Konstellation ist der Anwendungsbereich des gemeinsamen Art. 3 GA automatisch auch erfüllt. Zum anderen gibt es auch solche bewaffnete Auseinandersetzungen von geringerer Intensität, in denen nur der gemeinsame Art. 3 GA zur Anwendung gelangt.412 Letztlich kann aber festgehalten werden, dass der gemeinsame Art. 3 GA, die geringste Anwendungsschwelle für das humanitäre Völkerrecht besitzt.413

IV. Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut In das Römische Statut wurde nun eine neue (völkervertragsrechtliche) Anwendungsschwelle für den nicht-internationalen Konflikt aufgenommen.414 Danach muss ein lang anhaltender bewaffneter Konflikt (protracted armed conflict) zwischen den staatlichen Behörden und organisierten bewaffneten Gruppen oder zwischen solchen Gruppen vorliegen, der im Hoheitsgebiet eines Staates stattfindet. Die Einordnung dieser Definition im Hinblick auf die bisherigen völkervertragsrechtlichen Regelungen zum nicht-internationalen Konflikt gilt es nun etwas näher zu betrachten. Sicherlich ist sie nicht so restriktiv zu verstehen wie die Formulierung in Art. 1 Abs. 1 ZP II.415 Es ist jedoch zu erkennen, dass sie in modifizierter Form daran angelehnt ist. In der Voraussetzung „organisierte bewaffnete Gruppen“ ist letztlich auch das Merkmal der „verantwortlichen Führung“ von Art. 1 Abs. 1 ZP II enthalten, da diese gewissermaßen nur den Organisationsgrad zum Ausdruck bringt.416 Auch die temporale Bedingung des lang anhaltenden Konflikts findet sich im ZP II in Form der

411

Bindschedler, in: FS v.d. Heydte, S. 22; Lehmler, S. 43; Sassoli/Bouvier, S. 110. Ambos, in: Hasse/Müller/Schneider, S. 339; Gasser, S. 63; Ipsen, in: Ipsen, § 65 Rn. 16; Schindler, RdC 163 (1979), 117, 149; Jinks, YILJ 28 (2003), 1, 27; Moir, S. 102; Provost, S. 261. 413 Jinks, YILJ 28 (2003), 1, 27. 414 Bothe, in: FS Tomuschat, S. 75; Provost, S. 268 f.; Vit, IRRC 91 (2009), 69, 83; Weber, HuV-I 2009, 75, 83; Oliveira Pereira, HuV-I 2005, 118, 122 f. Ausführlich zu der Frage, ob sich diese Definition nach Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut auch auf den Anwendungsbereich des gemeinsamen Art. 3 GA bezieht im 3. Kapitel, A. III. 1. a) bb) (3). 415 ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 234; Kreß, IYHR 30 (2001), 103, 119 ff.; Zimmermann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 347. 416 Bothe, in: Cassese/Gaeta/Jones, S. 423; La Haye, S. 183 Fn. 71; a.A. Kim, S. 193. 412

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„anhaltende(n), koordinierte(n) Kampfhandlungen“ wieder.417 Die Definition in Art. 1 Abs. 1 ZP II wurde allerdings in zwei entscheidenden Punkten nicht übernommen. Zum einen wurde die nicht mehr zeitgemäße und kritisierte Voraussetzung der speziellen territorialen Kontrolle aufgegeben. Und zum anderen werden damit auch solche innerstaatlichen Konflikte einbezogen, die nur zwischen organisierten bewaffneten Gruppen ohne Beteiligung der Regierungsstreitkräfte stattfinden.418 Der Sinn und Zweck dieser Erweiterung liegt darin, dass auch solche Situationen vom Kriegsvölkerstrafrecht erfasst werden, in denen der Staat zwar nicht mehr das Gewaltmonopol besitzt (sog. „failed State“)419, aber eine vergleichbare Konfliktintensität existiert wie bei einem bewaffneten Konflikt zwischen einem Staat und aufständischen Gruppen.420 Nach dieser Definition müssen auch nicht zwangsläufig die regulären Streitkräfte in den Konflikt involviert sein, sondern die Beteiligung von „staatlichen Behörden“ (z. B. auch Polizeikräften) ist ausreichend. Damit ist der Einsatz der Armee im Gegensatz zu Art. 1 Abs. 1 ZP II nicht das entscheidende Kriterium, so dass einer Umgehung der humanitären Vorschriften durch den massiven Einsatz von Polizeikräften von vorneherein entgegengetreten wird. Weiterhin müssen die bewaffneten Auseinandersetzungen, wie bei Art. 1 Abs. 1 ZP II, „…im Hoheitsgebiet eines Staates“421 stattfinden, weshalb die Einbeziehung von transnationaler Gewalt Privater in den Anwendungsbereich der Vorschrift wohl ebenfalls ausscheidet. Die Vorschrift des Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut dürften insofern zwischen den Anforderungen des ZP II und denen des gemeinsamen Art. 3 GA liegen.422

V. Kombattantenstatus Von entscheidender Bedeutung ist die Frage, ob auch im nicht-internationalen Konflikt eine vergleichbare statusrechtliche Zuordnung im Sinne von Zivilisten und Kombattanten bzw. Personen, die unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, existiert. 1. Traditionelles Völkerrechtsverständnis a) Fehlender Kombattantenstatus Nach dem traditionellen Völkerrecht existiert im nicht-internationalen Konflikt die grundsätzliche Differenzierung zwischen Kombattanten und Zivilisten nicht, 417

Zimmermann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 348; Ambos (2008), § 7 Rn. 234. Vgl. auch ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Okt. 1995, para. 70; Boelaert-Suominen, LJIL 13 (2000), 619, 633; Zimmermann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 350. 419 Ausführlich zum Begriff der „failed“ bzw. „failing states“ Schröder, S. 56 ff. 420 Ambos (2008), § 7 Rn. 232. 421 Hervorhebung durch den Verfasser. 422 So auch Sassoli/Bouvier, S. 110; Provost, S. 268 f.; Ambos (2008), § 7 Rn. 232. 418

B. Der nicht-internationale bewaffnete Konflikt

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da es an der Regelung eines Kombattantenstatus fehlt.423 Dies hat seinen Grund darin, dass es sich bei derartigen Konflikten meist um Bürgerkriegssituationen handelt und die Staaten aus nationalen Souveränitätsgesichtspunkten nicht gewillt sind, den Aufständischen das Kombattanten- und Kriegsgefangenenprivileg zu gewähren.424 Konsequenz der Gewährung eines Kombattantenprivilegs wäre nämlich, dass die Aufständischen nicht für die Waffengewalt gegen die Regierung im nationalen Bereich bestraft werden dürften, sondern nur für Verstöße gegen das Kriegsrecht.425 Aus Sicht der Staaten würde hierdurch aber ihr Gewaltmonopol untergraben und Zivilisten ermutigt, bewaffneten aufständischen Gruppen beizutreten.426 Statusrechtliche Vorschriften zur Legitimierung von bewaffneten Schädigungshandlungen (Kombattantenprivileg) durch eine nicht-staatliche Konfliktpartei, bestehen demnach grundsätzlich nicht.427 Die Sanktionierung eines entsprechenden Verhaltens der nicht-staatlichen Akteure richtet sich dann nach der nationalen Rechtsordnung, insbesondere dem nationalen Strafrecht.428 Folglich erwähnen die für diese Konfliktform relevanten Kodifikationen, nämlich der gemeinsame Art. 3 GA und das ZP II von 1977, den Begriff des Kombattanten auch nicht explizit.429 Zu beachten ist außerdem, dass für den nicht-internationalen Konflikt keine vergleichbare Regelung zu Art. 47 ZP I im ZP II existiert, so dass es für Söldneraktivitäten kein Verbot oder eine sonstige Regulierung gibt.430

423 Nevers, SD 40 (2009), 169, 172; Kleffner, NILR 54 (2007), 315, 321; Faite, S. 6; Gasser, S. 78; Wyss, S. 127; Bothe, in: Vitzthum, VIII Rn. 125; Devivere, KJ 2008, 24, 32; DoswaldBeck, in: Chesterman, S. 129; Ambos (2008), § 7 Rn. 240 Fn. 1028; Henckaerts, in: Henckaerts/ Doswald-Beck, S. 12. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Schäfer et al., hinsichtlich des Umgang der Bundesregierung mit Söldnern, Söldnerfirmen, privaten Sicherheits- und Militärdienstleistungsunternehmen, BT-Drs. 16/1296 v. 26. April 2006, S. 13 (Frage 31); vgl. auch BVerwG 10 C 24.08, v. 24. Nov. 2009, para. 43. 424 MünchKommStGB/Ambos, Vor § 8 VStGB Rn. 38; Kretzmer, EJIL 16 (2005), 171,197; Bothe, in: Dicke, S. 72; Schaller, SWP 2007, S. 13. 425 Lopez, NYULR 69 (1994), 916, 930. 426 Kleffner, NILR 54 (2007), 315, 322. 427 Junod, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Vorb. ZP II Rn. 4397 u. 4363; Hess, S. 105; Maaß, S. 77; Peterke, HuV-I 2002, 143, 146; Hankel, in: Hankel, S. 443; Oeter, in FS Bothe, S. 517; Schmitt, in: Arnold/Qunivet, S. 544; Rogers, in: Gutmann/Rieff, S. 85. 428 Maaß, S. 77; Bothe, in: Vitzthum, VIII Rn. 124; Schaller, HuV-I 2006, 51, 55. 429 Stewart, IRRC 85 (2003), 313, 320; Melzer, S. 323. Im Entwurf für das ZP II war allerdings noch der Terminus des Kombattanten enthalten, dazu Jasica, in: Voit, S. 255; Bothe, in: Dicke, S. 74. 430 Dazu auch Henckaerts, in: Henckaerts/Doswald-Beck, S. 395. Die UN-Söldnerkonvention ist zwar gem. Art. 1 Abs. 2 der Konvention nicht auf einen (internationalen) bewaffneten Konflikt beschränkt, es ergeben sich aber letztlich die gleichen Probleme wie bei Art. 47 ZP I, da die Regelung nahezu identisch ist. Die OAU-Konvention ist hingegen regional auf den afrikanischen Raum begrenzt. Dazu insgesamt Döring, S. 24 ff.; Maaß, S 1 ff.; Biskup/Heintze, HuV-I 1997, 81.

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

b) Existenz einer zweiten statusrechtlichen Gruppe neben Zivilisten Die Unterscheidung zwischen Personen, die aktiv an Feindseligkeiten teilnehmen und solchen, die dies nicht tun (Zivilisten), ist aber auch im nicht-internationalen Konflikt als geltendes Gewohnheitsrecht zu betrachten.431 Dies lässt sich dem gemeinsamen Art. 3 und Art. 4 GA sowie Art. 1 und 13 Abs. 3 ZP II entnehmen.432 Neben den explizit genannten Zivilpersonen muss demnach noch eine andere statusrechtliche Gruppe existieren. Aufgrund der beschriebenen Unterschiede zwischen dem internationalen und dem nicht-internationalen Konflikt, vor allem des fehlenden Kombattanten- bzw. Kriegsgefangenenprivilegs, wird deshalb im Sinne der Rechtsklarheit überwiegend nicht der Begriff „Kombattant“, sondern der des „Kämpfers“ (fighter) gewählt.433 Vergleichbar zum internationalen Konflikt könnte man somit den Zivilisten negativ definieren, so dass dies jede Person ist, die nicht unter den Begriff des „Kämpfers“ fällt. Entscheidend ist nun aber, wie der Status des „Kämpfers“ zu bestimmen ist. Dies könnte jede Person sein, die direkt an Feindseligkeiten teilnimmt, unabhängig von der Mitgliedschaft in einer Organisation.434 Dagegen spricht allerdings, dass nach dem traditionellen Unterscheidungsprinzip der Status des Zivilisten und des Kombattanten zwei feststehende, sich ausschließende Kategorien bilden, so dass keine Person zugleich Kombattant als auch Zivilist sein kann.435 Zudem behalten Zivilisten ihren Status auch dann, wenn sie direkt an Feindseligkeiten teilnehmen, sie verlieren nur ihren Schutz gegen militärische Angriffe, vgl. Art. 51 Abs. 3 ZP I und Art. 13 Abs. 3 ZP II. Diese grundsätzliche statusrechtliche Systematik ist auch auf den nicht-internationalen Konflikt zu übertragen, so dass die statusrechtliche Einordnung nicht aufgrund des faktischen Verhaltens erfolgen sollte. Es besteht nämlich ein qualitativer Unterschied zwischen Personen, die nur gelegentlich und unkoordiniert an Kampfhandlungen teilnehmen und solchen, die dauerhaft in eine militärische Organisation mit hierarchischer Struktur integriert sind und als deren Mitglied systematisch an einem Konflikt teilnehmen.436 Weiterhin findet das Protokoll gem. Art. 1 ZP II nur bei bewaffneten Konflikten zwischen Streitkräften einer Vertragspartei und abtrünnigen Streitkräften oder anderen organisierten bewaff431 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Okt. 1995, para. 100 ff.; Junod, in: Sandoz/Swinarsk/ Zimmermann, Art. 13 Rn. 4761; Henckaerts, in: Henckaerts/DoswaldBeck, S. 5 f. 432 Dörmann, S. 478. 433 Boas/Bischoff/Reid (2008), S. 241 Fn. 132; Döring, S. 94; Peterke, HuV-I 2002, 143, 146; Bothe, in: Dicke, S. 72; Devivere, KJ 2008, 24, 33; vgl. San Remo Manual on the Protection of Victims of Non-International Armed Conflicts, International Institute of Humanitarian Law, 2004, Art. 106; abrufbar unter: https://portfolio.du.edu/portfolio/getportfoliofi le?uid=54715. 434 Hierfür plädierte ein Experte beim Second Expert Meeting on the Notion of Direct Participation in Hostilities, ICRC, Den Haag 25 – 26 Okt. 2004, S. 17; hierfür wohl auch Watkin, S. 66; Dörrmann, S. 478. 435 Vgl. Melzer, S. 324. 436 Schaller, SWP 2007, S. 21.

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neten Gruppen Anwendung.437 Die Auseinandersetzungen vollziehen sich somit grundsätzlich nur zwischen den genannten Gruppen, so dass hierdurch auch eine Abgrenzung zu den in Art. 13 ZP II bezeichneten Personen vorgenommen wird.438 Die Begriffe „(abtrünnige) Streitkräfte“ oder „andere(n) organisierte(n) bewaffnete(n) Gruppen“ „unter einer verantwortlichen Führung“ in Art. 1 Abs. 1 ZP II sind identisch mit der gewählten Terminologie in Art. 43 ZP I.439 In einem ursprünglichen Entwurf des ZP II war auch eine Definition des Zivilisten enthalten, wonach darunter jede Person fiel, die nicht Mitglied der Streitkräfte oder einer organisierten bewaffneten Gruppe ist.440 Aus dem Umkehrschluss zu dieser Definition folgt somit ebenfalls, dass die Angehörigen dieser genannten Gruppen einer anderen statusrechtlichen Gruppe angehören müssen, so dass sich hieraus eine Bestimmung dieses Status, entwickeln lässt.441 Letztlich ist demnach auch im nicht-internationalen Konflikt die Mitgliedschaft in einer Organisation eine essentielle Voraussetzung, um den völkerrechtlichen Status als „Kämpfer“ zu erlangen.442 Im Gegensatz zu den Zivilisten nach Art. 13 Abs. 3 ZP II, die ihren Schutz vor Angriffen nur solange verlieren, wie sie unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen,443sind die „Kämpfer“ für die gesamte Zeit der Zugehörigkeit zu ihrer Organisation Angriffsobjekt.444 Die Mitgliedschaft in der Organisation bleibt solange bestehen, bis eine Entlassung, Vertragsauflösung oder 437 Nach dem Wortlaut bedeutet dies, dass ein bewaffneter Konflikt zwischen zwei oder mehr nicht-staatlichen Gruppen nicht vom Anwendungsbereich des Protokolls erfasst ist, dazu Abi-Saab, in: Unesco, S. 229. Die Norm setzt also auf der einen Seite den Staat mit seiner Militärorganisation voraus und auf der anderen Seite einen nicht-staatlichen Verband, der ebenfalls einen gewissen Grad an administrativer Organisation (verantwortliche Führung) besitzt, vgl. Bothe, in: Dicke, S. 78. 438 Third Expert Meeting on the Notion of Direct Participation in Hostilities, ICRC, Genf 23 – 25 Okt. 2005, S. 43; Devivere, KJ 2008, 24, 34. 439 Henckaerts, in: Henckaerts/Doswald-Beck, S. 19. 440 Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 671. 441 So auch Junod, in: Sandoz/Swinarsk/ Zimmermann, Art. 13 Rn. 4789, wonach die Angehörigen dieser Gruppen jederzeit angegriffen werden können; Kretzmer, EJIL 16 (2005), 171, 198, der Autor benutzt allerdings nicht den Begriff des „Kämpfers“, sondern den des Kombattanten. 442 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Hauptverfahrenskammer, 7. Mai 1997, para. 639; Bothe, in: Dicke, S. 79 f.; Devivere, KJ 2008, 24, 33. Zivilisten sind demnach alle Personen, die nicht Mitglieder der genannten Organisation sind, so auch Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 672; Melzer, S. 328. Im San Remo Manual sind hingegen nach Art. 106 auch Zivilisten, die direkt an Feindseligkeiten teilnehmen, als „Kämpfer“ anzusehen, vgl. San Remo Manual on the Protection of Victims of Non-International Armed Conflicts, International Institute of Humanitarian Law, 2004, abrufbar unter: https://portfolio.du.edu/portfolio/getportfoliofile?uid =54715. 443 Die grds. Immunität von Zivilisten gegenüber militärischen Angriffen gilt auch schon aus gewohnheitsrechtlichen Grundsätzen, vgl. Henckaerts, in: Henckaerts/Doswald-Beck, S. 3. Dazu auch ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Okt. 1995, para. 100 ff. Dies bestätigt letztlich auch die Liste der Kriegsverbrechen im nicht-internationalen Konflikt in Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut, so auch Bothe, in: Dicke, S. 72 ff. 444 Junod, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Vorb. ZP II Rn. 4397; Kretzmer, EJIL 16 (2005), 171,198; Doswald-Beck, in: Chesterman, S. 130.

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

Ähnliches erfolgt.445 Das Abstandnehmen von Kampfhandlungen hat diese Wirkung jedenfalls noch nicht. Der Begriff der Streitkräfte ist extensiv zu verstehen, so dass hierunter alle im nationalen Recht vorgesehenen bewaffneten Einheiten fallen.446 Letztlich dürften dahingehend aber die gleichen Voraussetzungen gelten wie im internationalen Konflikt nach Art. 43 Abs. 1 ZP I.447 Die Aufständischen müssen ebenfalls einen gewissen Organisationsgrad und eine verantwortliche Führung besitzen. Dies soll aber nicht notwendigerweise bedeuten, dass eine den regulären Streitkräften vergleichbare hierarchische Befehlsstruktur bestehen muss.448 Vielmehr müssen die Gruppen verantwortliche Organe besitzen sowie eine organisierte und disziplinarisch geprägte Struktur aufweisen.449 Bei der Interpretation dieser Merkmale dürfte aber ebenfalls eine gewisse Orientierung an Art. 43 ZP I sinnvoll sein.450 Problematisch ist aber die Unterscheidung zwischen diesen „Kämpfern“ und Zivilpersonen, da die staatlichen Streitkräfte teilweise über keine genauen Informationen verfügen, wie die aufständischen Gruppen organisiert sind und wer ihnen angehört.451 Im Hinblick auf die äußerliche Dokumentation der Zugehörigkeit zu einer Organisation sollten im Grunde die (gelockerten) Anforderungen des Art. 44 Abs. 3 ZP I (analog) gelten. Bei den staatlichen Streitkräften dürfte insofern die Unterscheidung aufgrund der Uniform gewährleistet sein und die aufständischen Gruppen sollten sich durch ein vergleichbares Unterscheidungszeichen von der übrigen Zivilbevölkerung abheben. Im nicht-internationalen Konflikt (vor allem bei Guerillakriegen) kann allerdings die Ausnahme nach Art. 44 Abs. 3 S. 2 ZP I Bedeutung erlangen, weil dort die Situation oft einem besetzten Gebiet oder der Situation in Befreiungskriegen vergleichbar ist. Die Aufständischen müssten dann zumindest während jedes militärischen Einsatzes die Waffen offen tragen und während eines militärischen Aufmarsches, solange sie für den Gegner sichtbar sind.452 Eine Unterscheidungspflicht im nicht-internationalen Konflikt wird auch durch Art. 8 Abs. 2 lit. e.) ix.) ICC-Statut bestätigt. Die Norm sanktioniert nämlich perfide Tötungshandlungen, also auch das Vortäuschen eines zi-

445

Vgl. Bothe, in: Dicke, S. 80; Schaller, SWP 2009, S. 5. ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. Sept. 1998, para. 625; Prosecutor v. Musema, Hauptverfahrenskammer, 27. Jan. 2000, para. 256; Junod, in: Sandoz/ Swinarski/Zimmermann, Art. 1 Rn. 4462; Ambos (2008), § 7 Rn. 232. 447 Official Records, Bd. X, CDDH/I/238/Rev/I, S. 94; Partsch, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 625; Wyss, S. 127 f.; Devivere, KJ 2008, 24, 33 f.; Bothe, in: Dicke, S. 79. 448 So ICTR, Prosecutor v. Musema, Hauptverfahrenskammer, 27. Jan. 2000, para. 257; Junod, in: Sandoz/Swinarski/ Zimmermann, Art. 1 Rn. 4463; Ambos (2008), § 7 Rn. 232. 449 Partsch, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 626; Verhoeven, S. 10; Maaß, S. 75; Hess, S. 101; Zechmeister, S. 103. 450 Für die “abtrünnigen Streitkräfte” dürften schließlich auch die gleichen Bedingungen gelten wie für die Streitkräfte der Regierungsseite. 451 Schaller, SWP 2007, S. 22. 452 Werle, Rn. 1185; Bothe, in: Dicke, S. 80. 446

B. Der nicht-internationale bewaffnete Konflikt

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vilen Status, um dann aufgrund des Überraschungseffektes einen gegnerischen Kombattanten töten zu können.453 Abschließend kann somit festgehalten werden, dass es nach traditionellem Völkerrechtsverständnis zwar keinen Kombattantenstatus gibt, jedoch lässt sich aus dem Unterscheidungsgrundsatz neben den Zivilisten eine weitere statusrechtliche Gruppe entwickeln, die als „Kämpfer“ bezeichnet werden kann. Um diesen völkerrechtlichen Status zu erlangen, ist auch im nicht-internationalen Konflikt die Mitgliedschaft in einer (militärischen) Organisation eine zwingende Voraussetzung.454 2. Art. 8 Abs. 2 lit. e.) ix.) ICC-Statut Anknüpfend an die vorhergehenden Ausführungen erscheint es nun fraglich, ob nicht doch eine Entwicklung erkennbar ist, die es ermöglicht einen Kombattantenstatus für den nicht-internationalen Konflikt anzunehmen. Demnach wären die Mitglieder einer (militärischen) Organisation nicht nur „Kämpfer“, sondern Kombattanten im rechtlichen Sinne. Dies mag zwar nach traditionellem Völkerrechtsverständnis befremdlich wirken, allerdings sprechen doch einige Argumente dafür, dass dies sowohl gegenwärtig, aber auch vor allem in der Zukunft Bestand haben wird. Das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofes (ICC) in Den Haag ist der Höhepunkt einer neuen völker(straf)rechtlichen Entwicklung, vor allem im Hinblick auf den nicht-internationalen Konflikt.455 In jüngster Zeit hat nämlich eine immer intensiver werdende Annäherung zwischen den Regeln des internationalen und des nicht-internationalen Konflikts stattgefunden, die maßgeblich durch die Rechtssprechung der Ad-hoc-Tribunale für Ruanda und das ehemalige Jugoslawien geprägt wurde.456 Eine völlige Assimilierung der beiden Konfliktarten hat bisher zwar, sowohl nach Völkervertragsrecht als auch nach Völkergewohnheitsrecht, (noch) nicht stattgefunden,457 aber die Unterschiede wurden marginalisiert. Dies wird letztlich auch durch Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut bestätigt, der im Rahmen der 453

Zimmermann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 116 u. 331; Schaller, SWP 2007, S. 23. Dazu auch näher im 3. Kapitel, A. III. 2. d) bb). 454 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Hauptverfahrenskammer, 7. Mai 1997, para. 639; Bothe, in: Dicke, S. 79 f.; Schaller, SWP 2009, S. 5; Devivere, KJ 2008, 24, 33. Zivilisten sind demnach alle Personen, die nicht Mitglieder der genannten Organisation sind, so auch Solf, in: Bothe/ Partsch/Solf, S. 672; Melzer, S. 328. Im San Remo Manual sind hingegen nach Art. 106 auch Zivilisten, die direkt an Feindseligkeiten teilnehmen, als „Kämpfer“ anzusehen, vgl. San Remo Manual on the Protection of Victims of Non-International Armed Conflicts, International Institute of Humanitarian Law, 2004, abrufbar unter: https://portfolio.du.edu/portfolio/getport foliofile?uid=54715. 455 Auf die Bedeutung dieses Statuts und die völkerstrafrechtliche Entwicklung bzw. auf den heutigen Stand, wird im 3. Kapitel noch näher eingegangen. 456 Werle, S. 394; Watkin, S. 65; Zegveld, S. 77 f.; Dugard, IYHR 28 (1996), 91, 92 f. Maßgeblich hierfür vor allem ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Okt. 1995. 457 Fleck, in: Fleck, Nr. 1215.

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

Kriegsverbrechenstatbestände (immer noch) zwischen internationalen und nicht-internationalen Konflikten differenziert. Die Liste der Kriegsverbrechenstatbestände im nicht-internationalen Konflikt wurde aber erweitert und an die des internationalen angenähert. Nachdem weder die Genfer Konventionen noch das ZP II den Begriff des Kombattanten erwähnten, wurde nun mit Art. 8 Abs. 2 lit. e.) ix.) ICC-Statut erstmals in einer bindenden Völkerrechtsquelle zum nicht-internationalen Konflikt der Terminus „combatant adversary“ benutzt. Diese Norm könnte Ausdruck eines grundlegenden Wandels der Staaten in Bezug auf ihre Haltung hinsichtlich der Anerkennung eines Kombattantenstatus im nicht-internationalen Konflikt sein. a) Auslegung der Norm Unklar ist allerdings, wie dieser Begriff auszulegen ist und ob er tatsächlich im gleichen rechtlichen Sinne zu verstehen ist wie im internationalen Konflikt. In der französischen Fassung heißt es „adversaire combatant“. Vergleichbar zur Englischen wird der Begriff „combatant“ insofern als Adjektiv gebraucht, so dass er eher einen „kämpfenden“ Gegner meint und nicht das Nomen Kombattant im rechtstechnischen Sinne. Teilweise wird hieraus der Schluss gezogen, dass gerade nicht der Begriff „enemy combatant“ benutzt wurde, um den Eindruck zu vermeiden, dass im nicht-internationalen Konflikt der Status des Kombattanten existiert. Gemeint seien nur solche Personen, die auf Seiten des Gegners kämpfen.458 Die deutsche Fassung benutzt allerdings den Terminus „gegnerische Kombattanten“. Auch die russische und spanische Übersetzung verwendet den Begriff Kombattant als Nomen.459 Merkwürdigerweise wird zudem in der parallelen Vorschrift für den internationalen Konflikt [Art. 8 Abs. 2 lit. b.) xi.) ICC-Statut] die Formulierung „individuals belonging to the hostile nation or army“ bzw. „Angehörige(n) des feindliches Volkes oder Heeres“ gewählt und der Begriff Kombattant vermieden. Insofern ist es erstaunlich, dass nicht auch für den nicht-internationalen Konflikt diese Bezeichnung oder zumindest eine ähnliche übernommen wird, sondern der Begriff Kombattant bzw. combatant benutzt wird.460 Es wäre eine Vielzahl von sprachlichen Formulierungen denkbar gewesen, um den Terminus combatant sowohl als Adjektiv als auch als Nomen zu vermeiden.461 Dies hätte dem bisherigen Völkervertragsrecht entsprochen und Unklarheiten oder Fehlinterpretationen vorgebeugt. Im Entwurf für das ZP II war ebenfalls noch der Terminus des Kombattanten enthalten, jedoch wurde damals konsequenterweise dieser Begriff nicht beibehalten, um mögliche Spekulationen über einen Kombattantenstatus im nicht-internationalen Konflikt erst gar nicht aufkommen zu lassen.462 Der Terminus des Kombattanten ist nämlich in gewisser Weise rechtstechnisch typisiert, weil 458 So Zimmermann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 332; Moir, in: Bassiouni, S. 350; Sayapin, HuV-I 2008, 130, 132. 459 Vgl. Sayapin, HuV-I 2008, 130, 132. 460 Dies stellt auch Dörmann fest, vgl. ders., S. 478. 461 Beispielsweise der Begriff fighter, member of opposing armed group oder nur adversary. 462 Dazu Jasica, in: Voit, S. 255; Bothe, in: Dicke, S. 74.

B. Der nicht-internationale bewaffnete Konflikt

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er fest mit der Zuerkennung des Kriegsgefangenen- und Kombattantenprivilegs verbunden ist. Die Auswirkungen und das Verständnis seiner Normierung in Art. 8 Abs. 2 lit. e.) ix.) ICC-Statut war den Staaten also wohl bewusst, was auf eine Abkehr vom bisherigen Stand des Völkerrechts schließen lässt. Dies wird auch vom Sinn und Zweck der Vorschrift gestützt. Es wird nämlich die Strafbarkeit der Perfidie im nicht-internationalen Konflikt normiert und den „Kämpfern“ damit (erstmals) eine Unterscheidungspflicht auferlegt. Im Sinne des Reziprozitätsprinzips wäre es aber kaum vertretbar, wenn aus dieser (Unterscheidungs-) Pflicht kein weitergehendes kombattantes Schutzrecht folgt. Zudem weisen die Konflikte nach. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut eine Intensitätsstufe auf, die mit internationalen annähernd vergleichbar ist. Die nicht-staatlichen Konfliktparteien dürften hier eine ähnliche Organisation und militärische Stärke aufweisen wie der involvierte Staat, da der Konflikt nicht über einen längeren Zeitraum andauern würde, wenn eine Konfliktpartei erheblich unterlegen ist. Nach dem Völkergewohnheitsrecht sind die Unterschiede zwischen internationalen und nicht-internationalen Konflikten geringer geworden. Dies wird auch durch die Liste der Kriegsverbrechen in Art. 8 Abs. 2 lit. e.) ICC-Statut belegt, welche mit der parallelen Vorschrift aus dem internationalen Konflikt (fast) vergleichbar ist, vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. b.) ICC-Statut.463 Letztlich bezeichnet auch der ICC die, im Rahmen eines nicht-internationalen Konflikts, in die bewaffneten Auseinandersetzungen verwickelten Personen als combatants.464 Eine Auslegung führt demnach zu dem Ergebnis, dass zumindest in den nationalen Konflikten nach Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut und damit auch dem ZP II465 ebenfalls ein Kombattantenstatus existiert.466 Die oben als „Kämpfer“ bezeichneten Angehörigen der Konfliktparteien können folglich vom Kombattantenund Kriegsgefangenenprivileg profitieren.

b) Weitere Argumente für die Anerkennung eines Kombattantenstatus Für die Anerkennung eines Kombattantenstatus im nicht-internationalen Konflikt mit einer vergleichbaren Intensitätsstufe zum internationalen Konflikt, sprechen auch weitere Argumente. Bei der Interpretation des humanitären Völkerrechts sollten auch die gegenwärtigen völkerrechtlichen Entwicklungen berücksichtigt werden. Die Tatsache, dass weder der gemeinsame Art. 3 GA von 1949 noch das ZP II von 1977 den Terminus Kombattant erwähnen, ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass diese Regelungsinstrumente auch viele Jahre vor der Ausdehnung der völkerstraf463

Vgl. Boelaert-Suominen, JC&SL 5 (2000), 63, 101; Dörmann, IRRC 83 (2001), 461,

483. 464 Vgl. ICC-01/05 – 01/08, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, 10. Juni 2008, para. 50 u. 70 ff. 465 Wie oben dargelegt, normiert das ZP II letztlich noch höhere Anforderung an den Konflikt als Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut, so dass damit erst recht auch bei dieser Konfliktintensität ein Kombattantenstatus existieren muss (argumentum maiore ad minus). 466 In diese Richtung auch Safferling/Kirsch, JA 2010, 81, 83.

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

rechtlichen Verantwortlichkeit von Kriegsverbrechen auf den nicht-internationalen Konflikt geschaffen wurden. Sie entsprechen insofern nicht mehr ganz dem heutigen Zeitgeist, da damals der Souveränitätsgedanke noch maßgeblicheren Vorrang vor dem humanitären Schutzgedanken besaß. Demnach war zu diesem Zeitpunkt auch schwer vorstellbar, dass Kriegsverbrechen im nationalen Konflikt (völkerrechtlich) strafbar sein können. Der humanitäre Schutzzweck bzw. menschenrechtliche Aspekte haben dahingehend allerdings den Souveränitätsgedanken überlagert und eine neue völkerstrafrechtliche Entwicklung begründet. Die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit von nicht-staatlichen Akteuren in einem (nicht-internationalem) bewaffneten Konflikt, sollte im Gegenzug auch die Möglichkeit zur Erlangung eines Kombattantenstatus für die Mitglieder bewaffneter, organisierter Gruppen nach sich ziehen. Ein staatliches Gewaltmonopol existiert bei einer derart hohen Konfliktintensität ohnehin meist nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr. Für beide Konfliktparteien ist es insofern vorteilhaft, wenn die jeweiligen „Kämpfer“ den Kriegsgefangenenstatus erhalten. Letztlich wird die Zuerkennung eines Kombattantenstatus im nicht-internationalen Konflikt auch durch die Tadic-Entscheidung des ICTY und das deutsche Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) gestützt, wonach der internationale mit dem nicht-internationalen Konflikt sogar gleichgestellt wird.467 Im Tadic-Fall hat die Hauptverfahrenskammer explizit solche Personen, die Mitglied in einer Art „Widerstands-Gruppe“ im nicht-internationalen Konflikt sind, als keine Nicht-Kombattanten bezeichnet.468 Dies lässt nur einen Umkehrschluss zu, dass nämlich Mitglieder einer derartigen organisierten bewaffneten Gruppe als Kombattanten zu qualifizieren sind.469 Eine statusrechtliche Differenzierung durch die Unterscheidungspflicht zwischen Kombattanten und Zivilisten, schützt letztere auch vor militärischen Angriffen.470 Der nicht-staatlichen Partei wird hierdurch auch ein Anreiz zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts gegeben, der ansonsten mangels Gegenleistung fehlen 467 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Okt. 1995, para. 96 ff., 116 ff.; §§ 8 ff. VStGB. Hierzu auch im 3. Kapitel, III. 468 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Hauptverfahrenskammer, 7. Mai 1997, para. 639. 469 Melzer, S. 325. 470 Ein (aktuelles) Beispiel bildet der (umstrittene) Luftangriff auf zwei Tanklaster am 4. September 2009 in Afghanistan, der von Oberst Klein angeordnet wurde und bei dem auch einige Zivilisten getötet wurden. Die Unterscheidung zwischen Taliban-Kämpfern einerseits und Zivilpersonen andererseits ist für die Rechtmäßigkeit der Aktion von entscheidender Bedeutung. Vgl. zu einem möglichen Strafverfahren wegen Kriegsverbrechen Müller, Luftangriff in Kundus – Die Truppe braucht Klarheit, in: FAZ (online) v. 6. Nov. 2009, abrufbar unter: http://www.faz.net/s/Rub7FC5BF30C45B402F96E964EF8CE790E1/Doc~E1318FC32946 B4494AD1C16DA39F35E93~ATpl~Ecommon~Scontent.html. Im Rahmen eines Interviews zur Würdigung des Luftangriffs in Kunduz unter völkerstrafrechtlichen Gesichtspunkten bezeichnet Ambos die bewaffneten Kämpfer auf Seiten der Taliban als „De-facto-Kombattanten“, vgl. ders., ”Verdacht auf Kriegsverbrechen”, in: taz (online) v. 4. November 2009, abrufbar unter http://www.taz.de/1/politik/asien/artikel/1/%5Cverdacht-eines-kriegsverbrechens%5C/; siehe auch MünchKommStGB/Ambos, Vor § 8 VStGB Rn. 40. Diese Bezeichnung ist von ihm entweder missverständlich gewählt worden oder er spricht sich ebenfalls dafür aus, dass (nun) im nicht-internationalen Konflikt auch der Status des Kombattanten existiert. Zum Begriff des De-facto-Kombattanten näher unter A. I. 2.

B. Der nicht-internationale bewaffnete Konflikt

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würde.471 Die nicht-staatliche Konfliktpartei versucht nämlich meist ihre waffentechnische und numerische Unterlegenheit durch eine gezielte Missachtung des humanitären Völkerrechts auszugleichen, wodurch sie noch brutaler und unberechenbarer vorgehen kann.472 Zudem werden die Aufständischen auch nicht so schnell aufgeben, wenn sie ohnehin als gewöhnliche Kriminelle behandelt und bestraft werden.473 Diese Anreizfunktion zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts war auch den Schöpfern des ZP II bewusst, weshalb Art. 6 Abs. 5 ZP II den Appell an die Konfliktparteien richtet, die schädigenden Kampfhandlungen weitgehend zu amnestieren, d. h. letztlich den nicht-staatlichen Akteuren de facto ein Kombattantenprivileg zuzuerkennen.474 Allerdings sind die Wirkungen dieses unverbindlichen Appells wohl eher zweifelhaft. Die oben dargelegte Ansicht, dass hinsichtlich eines Schutzverlustes für die Angehörigen der aufständischen organisierten, bewaffneten Gruppen von einem Kombattantenstatus ausgegangen, aber im Gegenzug kein Kombattantenprivileg anerkannt wird, ist aus reziprozitären Gründen nicht haltbar. Die Beschneidung des Schutzes der Zivilbevölkerung muss konsequenterweise auch eine Ausweitung der Rechte zur Folge haben.475 Hierdurch wird auch die merkwürdige Konstellation verhindert, dass den Angehörigen der staatlichen Streitkräfte im Sinne des Reziprozitätsprinzips und mangels Kombattantenstatus, ebenfalls die kombattanten Schutzrechte abgesprochen werden müssen.476 Dies wäre nämlich die logische Konsequenz des fehlenden Kombattantenstatus im nicht-internationalen Konflikt, auch wenn der Verband letztlich die Voraussetzungen des Art. 43 ZP I erfüllt. Diese unbefriedigende Situation ist aber nicht akzeptabel. Die gegenwärtige völkerrechtliche Entwicklung, wonach zum Schutz der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts in den Hoheitsbereich der Staaten eingegriffen wird, sollte auch konsequent für die Anerkennung eines Kombattantenstatus im nicht-internationalen Konflikt mit gewisser Intensität zu Ende geführt werden.477 Hierdurch wird auch die Quantität und Qualität der modernen nicht-internationalen Konflikte adäquat berücksichtigt. Auch in den (problematischen) gemischten Konflikten478 wird durch diese statusrechtliche Systematik Klarheit geschaffen

471

Kleffner, NILR 54 (2007), 315, 323. Hankel, in: Hankel, S. 418. 473 Cameron, in: Engdahl/Wrange, S. 47. 474 Kreß, in: Hankel, S. 331; Oeter, MPYUNL 1 (1997), 195, 209; Sassli, S. 31. 475 Ebenso Devivere, KJ 2008, 24, 46. 476 Bothe, in: Vitzthum, VIII Rn. 124; Eide, in: Unesco, S. 248 f.; Faite, S. 6; Schaller, HuV-I 2006, 51, 54; Gasser, S. 108; a.A. Döring, S. 94, der den Angehörigen der staatlichen Streitkräfte die Schutzrechte des Kombattanten zubilligt; ebenso Watkin, S. 65; Henckaerts, in: Henckaerts/Doswald-Beck, S. 11; Nevers, SD 40 (2009), 169, 182. 477 Zumindest für die Einführung einer „speziellen Kategorie von Kämpfern im Recht des nichtinternationalen bewaffneten Konflikts“ Schaller, SWP 2007, S. 29. 478 Dazu gleich unter C. 472

102

2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

und interessengerechte Ergebnisse erzielt.479 Die aktuelle Situation in Afghanistan, speziell auch die Diskussion um den von Oberst Klein angeordneten Militärschlag gegen Taliban-Kämpfer wegen eines entführten Tanklasters, zeigt u. a. auch das Bedürfnis der Praxis nach einer statusrechtlichen Systematik. Die Frage über die Rechtmäßigkeit einer gezielten Tötung von Taliban-Kämpfern wäre beantwortet, wenn man ihnen den Kombattantenstatus zuerkennen würde.480 Dies würde auch die Rechtsunsicherheit der (deutschen) Soldaten vermeiden und letztlich dem Schutz aller Beteiligten dienen. Die Souveränität der Staaten wird hingegen bei rein internen Konflikten (vgl. Art. 1 Abs. 2 ZP II) und bei geringerem Intensitätsgrad nach Art. 3 GA nicht angetastet.

VI. Der Status von privaten Mitarbeitern Im Hinblick auf den völkerrechtlichen Status der Mitarbeiter von privaten Militärund Sicherheitsunternehmen im nicht-internationalen Konflikt ist demnach zwischen zwei verschiedenen Konfliktstufen zu differenzieren.

1. Gemeinsamer Art. 3 GA Bei den Konflikten im Sinne des gemeinsamen Art. 3 GA existiert die Unterscheidung zwischen Kombattanten und Zivilisten nicht, weshalb auch kein Kombattantenstatus angenommen werden kann. Unabhängig von ihrem vertraglichen Auftraggeber können die Mitarbeiter insofern nur die Mindestgarantien des gemeinsamen Art. 3 GA und der Art. 4 – 6 ZP II für sich in Anspruch nehmen.481

2. Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut und Art. 1 Abs. 1 ZP II Anders stellt sich die Situation bei der Konfliktintensität nach Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut und Art. 1 Abs. 1 ZP II dar. Im Rahmen dieser nicht-internationalen Konflikte ist von der Existenz eines Kombattantenstatus auszugehen, so dass die (wenigen) Mitarbeiter von privaten Sicherheits- und Militärunternehmen, die tatsächlich in die regulären Streitkräfte integriert oder De-facto-Kombattanten sind, folglich von den Privilegien des Kombattantenstatus profitieren können. Sollten die privaten Kräf479 Ansonsten könnte in dieser Konfliktform die merkwürdige Konstellation eintreten, dass ein Mitglied der Streitkräfte gegenüber einer Konfliktpartei den Kombattantenstatus für sich in Anspruch nehmen kann, wohingegen ein Mitglied einer anderen Konfliktpartei nicht von diesem Privileg profitieren kann. Dies würde nämlich davon abhängen, welche Konfliktform (international oder nicht-international) zwischen den jeweiligen Konfliktparteien gelten. 480 Zur Zulässigkeit von gezielten Tötungen duch die Bundeswehr Bothe, Krieg oder nicht – Was darf die Bundeswehr in Afghanistan?, in: SZ, v. 15. Dez. 2009, S. 13. 481 Fleck, in: Fleck, Nr. 1215; Kempen/Hillgruber, § 43 Rn. 35; Gasser, HuV-I 2006, 132, 135; Schaller, HuV-I 2006, 51, 54; Stein/v. Buttlar, Rn. 1281.

C. Gemischte Konflikte

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te auf Seiten von nicht-staatlichen Gruppen agieren, haben sie nur einen Anspruch auf das Kriegsgefangenenprivileg, wenn sie Mitglied in einer bewaffneten und organisierten Gruppe sind. Bei der Frage, ob es sich bei den PMCs/PSCs unter Umständen auch um eine eigene organisierte, bewaffnete Gruppe auf Seiten der Aufständischen handelt, ergeben sich letztlich die gleichen Probleme wie bei Art. 43 ZP I und Art. 4 A Abs. 2 GA III. Auch hier wird man analog zu Art. 43 ZP I davon ausgehen können, dass nur die Military Provider Firms und die PSCs überhaupt unter den Begriff der bewaffneten Gruppe fallen können, da nur sie auf eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten ausgerichtet sind. Bei dem Merkmal der verantwortlichen Führung nach Art. 1 ZP II ergeben sich somit ähnliche Probleme wie bei der Erörterung des Merkmals im Rahmen von Art. 43 ZP I. Nach dem ZP II dürften die Anforderungen zur Erfüllung dieses Merkmals aber eher geringer sein. Die Zuordnung der Mitarbeiter zu der Kategorie des Kombattanten oder des Zivilisten hängt demnach im nichtinternationalen Konflikt ebenfalls von der Zugehörigkeit zu einer Organisation ab, die entweder eine Streitkraft oder eine andere organisierte, bewaffnete Gruppe darstellt. Die Frage einer Mitgliedschaft ist dann im Einzelfall für die betreffenden Mitarbeiter zu klären, um somit eine statusrechtliche Zuordnung vornehmen zu können. Eine vertragliche Bindung an die Seite der Aufständischen sollte allerdings für eine Mitgliedschaft als ausreichend erachtet werden. In jedem Fall scheidet eine Zugehörigkeit dann aus, wenn ein Engagement von Einzelpersonen oder Privatunternehmen aus privaten Interessen vorliegt. Hinsichtlich des Unterscheidbarkeitskriteriums ergeben sich die gleichen Probleme wie im internationalen Konflikt, da zumindest die (gelockerten) Voraussetzungen des Art. 44 Abs. 3 S. 2 ZP I erfüllt werden müssen. Folglich können die Angestellten von PMCs/PSCs auch im nicht-internationalen Konflikt vom Kombattantenstatus profitieren, wenn sie einer der genannten Organisationen angehören und die Voraussetzungen der Art. 43, 44 ZP I erfüllen; aufgrund der beschriebenen Probleme482 werden sie mehrheitlich aber wie im internationalen bewaffneten Konflikt als Zivilisten zu qualifizieren sein.

C. Gemischte Konflikte In der Praxis kommt es häufig auch zu sog. gemischten bewaffneten Konflikten.483 Diese Konfliktform beinhaltet allerdings keine speziellen Probleme im Hinblick auf die statusrechtliche Einordnung der Mitarbeiter von PMCs/PSCs. Folglich wird auf sie nur in der gebotenen Kürze eingegangen. Gemischte Konflikte können entstehen, wenn ein ausländischer Staat mit Hilfe seiner Streitkräfte sich in einen nicht-internationalen Konflikt interveniert, während 482

Letztlich stellen sich bei der Erfüllung der verschiedenen Voraussetzungen demnach die gleichen Probleme wie im internationalen bewaffneten Konflikt, weshalb an dieser Stelle nur nach oben verwiesen werden kann. 483 Vgl. den Angola- oder Jugoslawien-Konflikt. Ein aktuelles Beispiel bildet Afghanistan.

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2. Kap.: Der völkerrechtliche Status der Mitarbeiter

einer zwischenstaatlichen Auseinandersetzung noch zusätzlich ein innerstaatlicher Konflikt auf Seiten einer Konfliktpartei entsteht oder ein Vielvölkerstaat zerbricht.484 Ein völkerrechtliches Regelungsregime wurde für diese Konfliktart bisher nicht geschaffen, so dass die dogmatische Einordnung unklar ist.485 Teilweise wird aus Gründen der Klarheit und Praktikabilität davon ausgegangen, dass ein nationaler Konflikt durch die Intervention eines Staates insgesamt internationalisiert wird.486 Für alle Konfliktparteien würde damit das Recht des internationalen Konflikts gelten. Diese Lösung widerspricht allerdings der bisherigen Staatenpraxis.487 Überzeugender erscheint es deshalb mit der herrschenden Komponententheorie den Konflikt nach vier verschiedenen Rechtsverhältnissen zu differenzieren.488 Danach gelten im Verhältnis zwischen den Aufständischen und der Regierung stets die Regeln des nicht-internationalen Konflikts, also der gemeinsame Art. 3 GA bzw. das ZP II. Gleiches gilt, wenn ein Drittstaat zu Gunsten der Regierung interveniert, da er dann als deren Vertreter zu betrachten ist.489 Hingegen gilt das Recht des internationalen Konflikts, wenn der Drittstaat zu Gunsten der Aufständischen interveniert, da es sich dann bei den Auseinandersetzungen zwischen dem intervenierenden Drittstaat und den Regierungsstreitkräften um einen zwischenstaatlichen Konflikt handelt. Durch diese (militärische) Intervention wird damit praktisch der nicht-internationale Konflikt internationalisiert.490 Im Verhältnis zwischen auf beiden Seiten intervenierenden Drittstaaten gilt hingegen das Recht des internationalen Konflikts, da sich dort zwei Staaten gegenüberstehen. Es können demnach innerhalb eines Gebietes mehrere Teilkonflikte mit unterschiedlichem Charakter ausgetragen werden.491 Für die völkerrechtliche Einordnung der privaten Angestellten ist insofern jeder Teilkonflikt gesondert zu betrachten. Aufgrund der oben vertretenen Anerkennung des Kombattantenstatus auch für den nicht-internationalen Konflikt nach Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut und Art. 1 Abs. 1 ZP II dürften dahingehend aber keine gravierenden Unterschiede zwischen den einzelnen Teilkonflikten bestehen. 484

Vgl. Hess, S. 143; Rajower, S. 30; Schaller, SWP 2007, S. 12. Bothe, in: Vitzthum, VIII Rn. 126; Schindler, in: FS Schaufelberger, S. 110. 486 Vgl. Dinstein, S. 14 f.; Rajower, 32 f.; Byron, JC&SL 6 (2001), 63, 82 f.; wohl auch Spies, HuV-I 2009, 137, 140 Fn. 32. 487 Zechmeister, S. 114; Lehmler, S. 47; Bothe, in: Vitzthum, VIII Rn. 126. 488 Schindler, in: FS Schaufelberger, S. 110; Hess, S. 285; Bothe, in: Vitzthum, VIII Rn. 126; Gasser, S. 65; Zechmeister, S. 114; Moir, S. 47. 489 Zur Qualifikation des Afghanistan-Konflikts als „nicht-international“ aufgrund der Beteiligung der ausländischen Streitkräfte auf Seiten der Regierung vgl. auch MünchKommStGB/Ambos, Vor §§ 8 ff. VStGB Rn. 32; Safferling/Kirsch, JA 2010, 81, 82 f.; Kreß, Afghanistan – „Da gilt Kriegsrecht“, in: Spiegel 40/2009, S. 26; Spies vertritt hingegen, dass im Norden Afghanistans schon gar kein „bewaffneter Konflikt“ existiere, vgl. dies., HuV-I 2009, S. 137, 140. 490 Insgesamt kritisch zur Internationalisierung eines bewaffneten Konflikts hingegen Stewart, IRRC 85 (2003), 313. 491 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Okt. 1995, para. 76; ICJ, Nicaragua v. USA, 27. Juni 1986, ICJ Reports 1986, para. 219; Bothe, ZaöRV 37 (1977), 572, 590 f. 485

D. Ergebnis und Konsequenzen

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D. Ergebnis und Konsequenzen Die eingangs erwähnten Vorwürfe im Hinblick auf eine völkerrechtliche „Grauzone“, in der sich die Mitarbeiter von PMCs/PSCs bewegen, treffen folglich, zumindest hinsichtlich des völkerrechtlichen Status, nicht zu. Die Ausführungen haben zwar gezeigt, dass grundsätzlich erhebliche Unterschiede zwischen den (regulären) Soldaten der Streitkräfte und diesen privaten Akteuren existieren. Das geltende humanitäre Völkerrecht bietet aber eine ausreichende Grundlage, um im Einzelfall eine eindeutige statusrechtliche Einordnung im Rahmen bewaffneter Konflikte gewährleisten zu können. Sowohl für den internationalen als auch für den nicht-internationalen bewaffneten Konflikt ist dahingehend festzuhalten, dass die überwiegende Anzahl der Mitarbeiter von PMCs/PSCs den Status eines Zivilisten einnehmen. Sie können deshalb grundsätzlich für eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten nach dem nationalen Strafrecht zur Verantwortung gezogen werden. Im Hinblick auf die nicht-internationalen Konflikte nach dem gemeinsamen Art. 3 GA ist zu konstatieren, dass dort der Status des Kombattanten nicht existiert, so dass die privaten Mitarbeiter ohnehin keine kombattanten Schutzrechte genießen können. Ob sich diese statusrechtliche Qualifizierung auf eine mögliche völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit auswirken kann, ist Gegenstand des nun folgenden Kapitels.

Drittes Kapitel

Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit „For the first time, four of the most powerful nations have agreed not only upon the principles of liability for war crimes of persecution, but also upon the principle of individual responsibility for the crime of attacking the international peace.“1

Dieses Zitat von Robert H. Jackson, dem Chefankläger im ersten Prozess von Nürnberg und Mitgestalter des Londoner Viermächte-Abkommens vom 8. August 1945, bringt die herausragende (historische) und revolutionäre Bedeutung der Nürnberger Grundsätze für die Entwicklung des Völkerstrafrechts zum Ausdruck. Nachdem eine strafrechtliche Aufarbeitung der Gräueltaten des Ersten Weltkrieges in nur begrenztem Umfang stattgefunden hat,2 stellt das Statut des Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg ein wegweisendes Fundament des Völkerstrafrechts dar,3 man kann es auch als seine „Geburtsstunde“4 bezeichnen. Mit dem IMT wurde erstmals ein „internationales“ Strafgericht5 geschaffen, das (bestimmte) Verstöße gegen das Völkerrecht durch Individuen unmittelbar strafrechtlich sanktioniert.6 Der traditionelle staatliche Souveränitätsbereich wurde dahingehend massiv zurückgedrängt.7 Die Immunität staatlicher Funktionsträger wurde als unbeachtlich erklärt, da der völkerrechtliche Grundsatz „par in parem non habet iudicium“ vor internationalen Gerichten keine Anwendung finde.8 Trotz der verübten völkerrechtlichen Kritik9 wurden die Nürnberger Prinzipien auch in zahlreichen Nachfolgeprozessen bestätigt und 1 Statement von Robert H. Jackson vom 12. August 1945 zum Londoner Viermächte-Abkommen, abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, Trial of the Major War Criminals Before the International Military Tribunal. Nuremberg, The Blue Series, Vol. 1, S. 223. 2 Ausführlich zur historischen Entwicklung des Völkerstrafrechts Ahlbrecht, S. 8 ff; Mangold, S. 5 ff.; König, S. 38 ff.; Damgaard, S. 11 ff.; siehe auch Safferling, Rg 14 (2009), 148, 150 f. 3 Ambos (2008), § 6 Rn. 11 f. 4 Gropengießer, in: Eser/Kreicker, S. 142; Werle, Rn. 14; Nill-Theobald, ZStW 108 (1996), 229, 231; Kempen/Hillgruber, § 58 Rn. 10. 5 Zur diffizilen Frage, ob es sich beim IMT genau genommen um ein internationales Besatzungsgericht oder ein völkerrechtliches Strafgericht handelt, vgl. nur Ahlbrecht, in: Hasse/ Müller/Schneider, S. 365 ff. 6 Tomuschat, FW 70 (1995), 143, 144 f.; Doehring, Rn. 1148. 7 Safferling, Rg 14 (2009), 148, 150; Gornig, NJ 1992, 4, 13. 8 Vgl. Art. 7 IMT-Statut und nun auch Art. 27 Abs. 1 ICC-Statut; Werle, Rn. 609 ff.; Jeschek, JICJ 2 (2004), 38, 43 f. 9 Vgl. hierzu nur Grewe, S. 7 ff.; Jeschek, S. 296 ff.

3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

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konturiert. Auf der Grundlage des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 wurden weitere Verfahren vor nationalen Militärgerichten in den vier Besatzungszonen durchgeführt. Auch die Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) bestätigte am 11. Dezember 1946 die Nürnberger Grundsätze des Völkerstrafrechts.10 Zudem wurde 1946 in Tokio der Internationale Militärgerichtshof für den Fernen Osten nach dem Vorbild des IMT errichtet, um die japanischen Hauptkriegsverbrecher ebenfalls zur Verantwortung zu ziehen. Weiterhin verkörpern bedeutende internationale Verträge wie die HLKO, die Genfer Konventionen inklusive der Zusatzprotokolle und die Völkermordkonvention von 1948 das gewohnheitsrechtlich anerkannte Völkerstrafrecht. Die Nürnberger Prinzipien sind demnach als geltendes Völkerstrafrecht anerkannt.11 Nach jahrzehntelanger Unterbrechung der völkerstrafrechtlichen Praxis wurde dann mit den, durch den Sicherheitsrat der UN auf Grundlage von Kapitel VII der UN-Charta eingesetzten, Ad hoc-Tribunalen für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda erneut an die Nürnberger Prinzipien angeknüpft. Die Statuten der beiden Tribunale bestätigen die völkergewohnheitsrechtliche Geltung des Völkerstrafrechts, so dass hieran keine Bedenken mehr bestehen dürften.12 Den bisherigen Höhepunkt der Entwicklung des Völkerstrafrechts bildet nun die Errichtung des ständigen Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag (ICC). Mit dem In-Kraft-Treten des Römischen Statuts am 1. Juli 2002 können Einzelpersonen, die Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord begangen haben, unmittelbar vor dem Internationalen Strafgerichtshof zur Verantwortung gezogen werden. Die im Nürnberger Statut aufgestellten internationalen Kernverbrechen haben folglich ihren Niederschlag gefunden und damit bis heute Bestand. Mit dem ICC existiert aber erstmals eine internationale Strafgerichtsbarkeit, die von der überwiegenden Mehrheit der Staaten getragen wird, was die überwältigende Zustimmung der anwesenden Regierungsdelegationen auf der Staatenkonferenz eindrucksvoll dokumentiert.13 Im Gegensatz zu den Ad-hoc-Tribunalen wurde der ICC somit nicht durch eine Resolution des Sicherheitsrates der UN eingesetzt, sondern basiert auf einem völkerrechtlichen Vertrag, der von fast zwei Drittel der Mitgliedstaaten der UN gestützt wird.14 Seine Errichtung kann insofern durchaus als eine neue Epoche des Völkerstrafrechts bezeichnet werden.15 Letztlich ist festzuhalten, dass ein Kernbestand an Menschenrechten existiert, deren Schutz auch Vorrang vor der Souveränität der Staaten besitzt und die Verwirklichung eines Kernverbrechenstatbestandes die individuelle strafrechtliche Verant-

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UN-Vollversammlung Res. 1/95 vom 11. Dez. 1946. Werle, ZStW 109 (1997), 808, 813; Engelhart, Jura 2004, 734, 737. 12 Ambos, AVR 37 (1999), 318, 342 ff. Auch wenn dies nicht ganz unumstritten ist, vgl. dazu Ahlbrecht, S. 246 ff. und 319 ff. 13 Eikel, in: Juristische Zeitgeschichte NRW, Bd. 16, S. 211; Hobe, S. 270; Jeschek, JICJ 2 (2004), 38, 39. 14 Ahlbrecht, S. 360. 15 Blanke/Molitor, AVR 39 (2001), 142, 169; Hermsdörfer, JR 2001, 6. 11

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

wortlichkeit zur Folge hat. Dieser Grundsatz dürfte heute weltweit Anerkennung gefunden haben.

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen Im Gegensatz zum Recht der internationalen Staatenverantwortlichkeit liegt der Fokus im Völkerstrafrecht ausschließlich auf der direkten strafrechtlichen Sanktionierung von individuellem Fehlverhalten. Eine Gemeinsamkeit dieser beiden Regelungsbereiche existiert aber dahingehend, dass sie die Beachtung und Durchsetzung des Völkerrechts bezwecken. Der fundamentale Unterschied ergibt sich jedoch aus dem Adressatenkreis und damit der Rechtsfolge einer Völkerrechtsverletzung. Das Recht der Staatenverantwortlichkeit zielt auf die Wiederherstellung eines völkerrechtskonformen Zustandes ab, wohingegen das Völkerstrafrecht einen poenalen Charakter besitzt.16 Die grundsätzliche Abgrenzung dieser beiden Regelungsbereiche schließt allerdings nicht aus, dass ein Sachverhalt sowohl die Verantwortlichkeit eines Staates als auch zugleich die völkerrechtliche Strafbarkeit der Einzelpersonen nach sich zieht.17 Als Teilgebiet des Völkerrechts kommen für die Entstehung von völkerrechtlichen Straftatbeständen grundsätzlich sämtliche in Art. 38 des ICJ-Statuts aufgeführten Rechtsquellen in Betracht.18 Von besonderer Bedeutung sind zum einen internationale Verträge wie die HLKO, die GA inklusive der ZP und die Völkermordkonvention von 1948.19 Der bedeutendste völkerrechtliche Vertrag stellt nun das ICC-Statut mit den ergänzenden „Verbrechenselementen“ (Elements of Crimes) sowie der Verfahrensordnung dar. Zum anderen nimmt das Völkergewohnheitsrecht eine zentrale Rolle ein, das auch maßgeblich durch die Rechtsprechung nationaler, vor allem internationaler Gerichte geprägt wird. Hierzu gehören vor allem die nach dem Zweiten Weltkrieg errichteten Militärgerichte in Nürnberg und Tokio, sowie die Ad-hoc-Tribunale für Ex-Jugoslawien und Ruanda. Die gerichtlichen Entscheidungen haben somit einen enormen Einfluss auf die Entwicklung des humanitären Völkerrechts ausgeübt und fungieren vor allem als wichtige Rechtserkenntnisquelle20 im Sinne von Art. 38 Abs. 1 lit. d.) ICJ-Statut, faktisch vielleicht sogar als eigene Rechtsquelle21 des Völkerstrafrechts.22 16

Vgl. dazu Stein/v. Buttlar, Rn. 1167; Schweisfurth, 16. Kapitel Rn. 2. Der Völkermord in Ex-Jugoslawien beschäftigte nicht nur das ICTY sondern auch den ICJ (vgl. das Urteil im Verfahren Bosnia and Herzegovina v. Serbia and Montenegro vom 26. Febr. 2007, ICJ Reports 2007, para. 172 f., 386 ff.). 18 Stuckenberg, GArch 2007, 80, 83; Ambos (2008), § 5 Rn. 1; Engelhart, Jura 2004, 734, 735; Satzger, § 15 Rn. 2. 19 König, S. 209 f. 20 So die h.M. Heintschel v. Heinegg, in: Ipsen, § 9 Rn. 2; Stuckenberg, GArch 2007, 80, 99; Werle, Rn. 134; Cassese (2008), S. 26. 21 Vogel, ZStW 114 (2002), 403, 418; Heinsch, S. 375, 381. 22 Zur besonderen Bedeutung der Rechtsprechung internationaler Gerichte s. unten A II. 5. 17

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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Zu beachten ist allerdings, dass nicht jede, sondern nur bestimmte Verletzungen des Völkerrechts eine individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit unmittelbar nach Völkerrecht auslösen. Hierfür müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen muss die Vorschrift individuell vorwerfbares Unrecht normieren sowie als Rechtsfolge eine Strafandrohung vorsehen. Zweitens muss diese Norm ein Bestandteil der Völkerrechtsordnung sein und letztlich muss die Strafbarkeit der natürlichen Personen unabhängig von der staatlichen Transformation des Tatbestandes in die nationale Rechtsordnung existieren.23 Folglich fallen unter den Begriff des Völkerstrafrechts alle Normen des Völkerrechts, die unmittelbar individuelle Strafbarkeit begründen, ausschließen oder in anderer Weise regeln.24 Nach einem extensiven Verständnis werden hingegen alle Straftatbestände erfasst, die auf das Völkerrecht zurückzuführen sind und internationale Interessen schützen.25 Hiernach werden somit auch solche Normen vom Völkerstrafrecht erfasst, deren Strafbarkeit erst durch die Transformation in die nationale Rechtsordnung begründet wird. Ein derart weites Verständnis dieses Begriffs ist letztlich aber abzulehnen, da die unmittelbare Durchgriffswirkung auf den Einzelnen aufgrund völkerrechtlicher Straftatbestände prägend für das Völkerstrafrecht ist. Die Verfolgungs- bzw. Bestrafungsmöglichkeit der Völkergemeinschaft muss unabhängig von einem nationalen Transformationsakt existieren, andernfalls handelt es sich letztlich um nationales Strafrecht.26 Die bloßen Bestrafungspflichten der Staaten für völkerrechtswidriges Verhalten von Einzelpersonen aufgrund von völkerrechtlichen Verträgen, wie sie beispielsweise die Genfer Konventionen statuieren, sind insofern nicht mehr vom Begriff des Völkerstrafrechts umfasst. Die nationalen Strafgerichte entscheiden dann nämlich, bei erfolgter Transformation, auf der Grundlage des nationalen Rechts. Diese Rechtsnatur wird auch nicht durch die Umsetzung völkerrechtlicher Vorgaben verändert.27 In diesem Kapitel fokussiert sich die Untersuchung ausschließlich auf die individuelle Verantwortlichkeit nach Art. 8 ICC-Statut. Die Kriegsverbrechen dürften aber auch für die Praxis das relevanteste Völkerrechtsverbrechen im Hinblick auf den Einsatz von PMCs/PSCs in Konfliktgebieten sein, da die überwiegende Zahl an Menschenrechtsverletzungen durch die einzelnen Mitarbeiter nicht in einem systematischen Gesamtkontext geschehen, sondern auf einem individuellen, persönlichen Tatantrieb entgegen den Vorgaben des Auftraggebers basieren.28 Es wird im Folgenden 23

Safferling, JA 2000, 164, 165; Jeschek, S. 9, 206 ff.; Schweisfurth, 16. Kapitel Rn. 5; Cottier, in: Erberich et al., S. 187; Roggemann, S. 53, 59; Kempen/Hillgruber, § 57 Rn. 4; Eisele, JA 2000, 424; Satzger, § 12 Rn. 1; Ipsen, in: Ipsen, § 42 Rn. 1; Gornig, NJ 1992, 4, 6. 24 Werle, Rn. 81; Mangold, S. 39; Ambos (2008), § 5 Rn. 1; Engelhart, Jura 2004, 734, 735; Stein/v. Buttlar, Rn. 1163; Kempen/Hillgruber, § 56 Rn. 1; Augustin, S. 85; Triffterer, in: Hankel/Stuby, S. 172. 25 Oehler, Rn. 395; Schröder, in: Vitzthum, VII Rn. 40. 26 Vgl. dazu Mangold, S. 45. 27 Kempen/Hillgruber, § 56 Rn. 1. 28 Die Verwirklichung der speziellen Tatbestandsvoraussetzungen nach Art. 6 (Zerstörungsabsicht einer bestimmten Gruppe) und Art. 7 („ausgedehnter oder systematischer An-

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

deshalb intensiv der eingangs erwähnten These nachgegangen, dass sich die Mitarbeiter von PMCs/PSCs in einem rechtlichen Vakuum bewegen29 und nicht an das Kriegsvölkerrecht gebunden sind30, weshalb für sie eine völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen ausscheiden könnte. Bevor allerdings auf die (übergreifenden) Voraussetzungen des Art. 8 ICC-Statut eingegangen wird, gilt es zunächst den Terminus „Kriegsverbrechen“ näher zu konturieren.31 Des Weiteren wird als Schwerpunkt die (Vor-)Frage nach einem potentiellen Täterkreis dieses Völkerrechtsverbrechens diskutiert. Möglicherweise ist dieser eingeschränkt und die Verbotstatbestände richten sich nur an eine bestimmte Personengruppe, so dass eine Begehung gerade nicht von „jedermann“ möglich ist. In diesem Zusammenhang muss geklärt werden, ob und gegebenenfalls wie sich die im zweiten Kapitel erörterten Unterschiede zwischen den Soldaten der staatlichen Armeen und PMC/PSC-Angehörigen auf völkerstrafrechtlicher Ebene auswirken. Im Anschluss können die gewonnen Erkenntnisse zum derzeitigen völker(gewohnheits)rechtlichen Stand bei der Auslegung des Art. 8 ICC-Statut besser Berücksichtigung finden.

I. Begriffsbestimmung Kriegsverbrechen gehören zu den sog. „core crimes“, also zu dem speziellen Kernbestand an Verbrechen, welche die höchsten Werte der internationalen Staatengemeinschaft schützen.32 Unter Zugrundelegung eines extensiven Verständnisses könnte man hierunter alle Verstöße im Rahmen eines bewaffneten Konflikts bzw. generell Verletzungen des humanitären Völkerrechts, unabhängig von ihrer Strafbarkeit, fassen.33 Überzeugender ist allerdings, vor allem im Hinblick auf Art. 8 ICC-Statut, eine restriktivere, völkerstrafrechtlich geprägte Definition des Begriffs. Danach werden nur solche Verstöße gegen das Kriegsvölkerrecht erfasst, die eine unmittel-

griff“) ICC-Statut durch einzelne Mitarbeiter ist zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich. Hierzu Köhler, S. 141 ff. 29 Raasveldt, HuV-I 2004, 187, 188; Singer, CJTL 42 (2004), 521, 532; Catan, Private Armies March into a Legal Vacuum, in: Financial Times, v. 10 Febr. 2005; Broder/Risen. Armed Guards in Iraq Occupy a Legal Limbo, in: New York Times, v. 20. Sept. 2007, abrufbar unter: http://www.nytimes.com/2007/09/20/world/middleeast/20blackwater.html. 30 So bspw. Ruf, in: Ruf, S. 78. 31 Die historische Entwicklung von Kriegsverbrechen wird an dieser Stelle hingegen nicht dargestellt, sondern nur auf andere Werke verwiesen, vgl. Benoit, NLR 53 (2006), 259; Werle, Rn. 901 ff.; Abi Saab, in: Yee/Tieya, S. 100 ff. Auf spezielle Kriegsverbrechenstatbestände wird vor allem unter A. III. 2. näher eingegangen. 32 Vgl. nur Stein/v. Buttlar, Rn. 1164; Stahn, EuGRZ 1998, 577, 582; Zimmermann, ZaöRV 58 (1998), 47, 48. 33 So US Army Military Manual, The Law of Land Warfare (1956), § 499, FM 27 – 10; Pilloud, in: Pictet I, S. 351.

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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bare Verantwortlichkeit nach dem Völkerrecht auslösen.34 In Betracht kommen sowohl völkergewohnheitsrechtliche als auch völkervertragsrechtliche Regeln, die zum „corpus“ des humanitären Völkerrechts gehören.35 Dies bestätigen auch die Statuten des IMT (Art. 6 b), des ICTY (Art. 2 bzw. 3) und des ICTR (Art.4). Die dort aufgeführten (nicht abschließenden) Tatbestände resultieren allesamt aus dem humanitären Völkerrecht. Kriegsverbrechen sind zudem nicht nur auf internationale bewaffnete Konflikte beschränkt, sondern können auch in einem nicht-internationalen Kontext verübt werden.36 Das ICTY hat vier Voraussetzungen aufgestellt, um zu ermitteln, ob ein völkerstrafrechtlich relevanter Verstoß gegen das Kriegsvölkerrecht vorliegt:37 (1) Zunächst muss überhaupt eine Regel des humanitären Völkerrechts verletzt worden sein. Diese Voraussetzung bringt die Akzessorietät der Kriegsverbrechen zum humanitären Völkerrecht zum Ausdruck. (2) Weiterhin muss die Regel entweder zum Völkergewohnheits- oder Völkervertragsrecht gehören. (3) Die dritte Voraussetzung belegt, dass nicht jeder Verstoß strafbar ist, sondern nur besonders „schwere Verletzungen“.38 Art. 85 Abs. 5 ZP I bestätigt dies, indem die grave breaches explizit als Kriegsverbrechen bezeichnet werden.39 Der Unrechtsgehalt muss folglich ein strafwürdiges Ausmaß erreichen, d. h. die verletzte Regel muss bedeutende Rechtsgüter schützen und die Konsequenzen des Verstoßes müssen für das Opfer gravierend sein.40 Die Schwere einer Verletzung ist allerdings nicht leicht zu bestimmen. Die Berufungskammer nennt exemplarisch den Diebstahl eines Laibes Brot durch einen Kombattanten.41 Diese Handlung verstößt zwar gegen Art. 46 Abs. 1 HLKO, jedoch werden hierdurch nicht die Interessen der internationalen Staatengemeinschaft (schwerwiegend) berührt, auch wenn die Tat im Rahmen eines bewaffneten Konflikts begangen wurde. 34 Ambos (2008), § 7 Rn. 224; Werle, Rn. 900; Abi Saab, in: Yee/Tieya, S. 112; Cottier, in: Erberich et al., S. 193; vgl. auch ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Okt. 1995, para. 94. 35 Cassese (2008), S. 81; Shaw, S. 433; im Hinblick auf das Völkervertragsrecht sind vor allem die Regelungen der GA, ZP I bzw. II und die HLKO von besonderer Bedeutung, hierzu oben unter A. 36 Dazu näher unter A. II. 5. d) und III. 1. a) bb). 37 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Okt. 1995, para. 94. Diese Entscheidung betrifft zwar vorwiegend die Zuständigkeit des ICTY, jedoch sind die Ausführungen auch für das (materielle) Völkerstrafrecht von besonderer Bedeutung. Letztlich setzt nämlich die Zuständigkeit für gewisse Verbrechen zwangsläufig auch deren Existenz voraus, vgl. hierzu Werle, Rn. 933. 38 Sog. „grave breaches“; vgl. auch Art. 49 und 50 GA I; Art. 50 und 51 GA II; Art. 129 und 130 GA III; Art. 146 und 147 GA IV sowie Art. 85 ZP I. 39 Ambos, in: Hasse/Müller/Schneider, S. 329; Winands, S. 16. 40 König, S. 280; Nill-Theobald, S. 46; Meron, EJIL 9 (1998), 18, 24. 41 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Okt. 1995, para. 94.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

Im Hinblick auf die Einordnung als erhebliche Verletzungen des humanitären Völkerrechts ist vor allem der Schutzzweck der in Rede stehenden Norm von entscheidender Bedeutung. Die gravierende Verletzung von Individualrechtsgütern, wie der körperlichen Integrität einer Person oder deren Lebensgefährdung, ist beispielsweise als hinreichend schwer zu charakterisieren.42 (4) Die letzte Voraussetzung resultiert aus der Völkerrechtsordnung selbst, die ursprünglich nur die Staaten als Adressaten verpflichtete. Folglich muss die verletzte Regel – eine vertraglich oder gewohnheitsrechtlich – begründete individuelle völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit zur Folge haben. Es ist deshalb erforderlich, dass neben der Existenz der verletzten Norm im Völkerrecht auch eine sekundäre Regel, meist aus dem Völkergewohnheitsrecht, gefunden wird, welche genau diese spezielle rechtliche Konsequenz im Falle ihrer Verletzung festlegt.43 Eine Strafbarkeit kann allerdings nur dann die Folge sein, wenn die verletzte Norm inhaltlich auch Einzelpersonen Verhaltenspflichten auferlegt. Indizien hierfür bieten die nationalen Rechtsordnungen, die Rechtsprechung durch innerstaatliche Gerichte sowie Resolutionen des Sicherheitsrates der UN.44 Die vorstehenden Ausführungen lassen schon das enge Verhältnis zwischen Völkerstrafrecht und dem humanitären Völkerrecht bei Kriegsverbrechen erkennen. Das ICC-Statut ist der erste Versuch dieses Völkerrechtsverbrechen umfassend zu definieren.45 In Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut sind eine Reihe von Kriegsverbrechenstatbeständen sowohl für den internationalen als auch für den nicht-internationalen Konflikt enthalten, welche aufgrund ihrer (überwiegend) völkergewohnheitsrechtlichen Anerkennung eine gute Orientierung bieten dürften.

II. Sonderdeliktscharakter Das Führen von bewaffneten bzw. kriegerischen Auseinandersetzungen ist sicherlich schon so alt wie die Menschheit selbst, allerdings haben sich die modernen Kriege verändert. Mit der massiven Zunahme von privater Gewalt z. B. durch den globalen Terrorismus und der sukzessiv ansteigenden Präsenz von privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen in bewaffneten Konflikten, stellt sich verstärkt die zentrale Frage der völker(straf)rechtlichen Bindung dieser Privatakteure. Sind sie überhaupt Adressaten des Kriegsvölkerstrafrechts und damit potentielle Täter von Kriegsverbrechen? Aus historischer Sicht ist zumindest darauf hinzuweisen, dass nach traditionellem Verständnis der Krieg nicht als Verhältnis zwischen privaten Akteuren betrachtet 42

Werle, Rn. 936. Abi-Saab, in: Yee, S. 112. 44 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Okt. 1995, para. 130 ff.; Prosecutor v. Galic´, Berufungskammer, 30. Nov. 2006, para. 91 ff. 45 Bothe, in: Cassese/Gaeta/Jones, S. 381; Damgaard, S. 65; Dinstein, S. 230. 43

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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wurde, sondern eine Beziehung zwischen Staaten darstellte (Staatenkrieg).46 Daraus resultierte auch das fundamentale Unterscheidungsprinzip des Kriegsvölkerrechts, also die Differenzierung zwischen Kombattanten und Zivilisten. Folglich wurde auch nicht gegen den Soldaten als Individuum Krieg geführt, sondern gegen den Soldaten als Staatsorgan.47 Gegner war insofern nur der Staat und seine Organe, wozu auch die Streitkräfte gehörten, die Zivilbevölkerung wurde hingegen ausgenommen. Die Kombattanten galten folglich als verlängerter Arm des Staates und die bewaffneten Auseinandersetzungen vollzogen sich grundsätzlich auch nur zwischen diesen staatlichen Handlungsakteuren, weshalb sie der ausschließliche Adressat des humanitären Völkerrechts sein könnten. Spätestens mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges hat aber eine rasante Entwicklung im völkerrechtlichen Bereich stattgefunden und mit der „Geburtsstunde“ des Völkerstrafrechts in Nürnberg wurde das Individuum immer mehr als Träger von Rechten und Pflichten in den Fokus gerückt. Die Ausweitung der völkerstrafrechtlichen Verantwortlichkeit auf nicht-internationale bewaffnete Konflikte ist beispielsweise eine gravierende Veränderung, die den grundlegenden Wandel und die Abkehr vom traditionellen Verständnis eindrucksvoll dokumentiert. Unter Berücksichtigung dieses Entwicklungsprozesses und einer damit verbundenen Untersuchung der maßgeblichen völkerrechtlichen Quellen, soll nun der Adressatenkreis des Kriegsvölkerstrafrechts geklärt werden. Auf die bemerkenswerte Feststellung einer Hauptverfahrenskammer des ICTR soll dahingehend zumindest schon vorweg verwiesen werden. Sie sieht nämlich den Sinn und Zweck der vier Genfer Konventionen sowie der beiden Zusatzprotokolle primär darin, die (möglichen) Opfer in bewaffneten Konflikten zu schützen. Folglich seien die genannten Abkommen auch hauptsächlich an diejenigen gerichtet, die für den Ausbruch des Konflikts verantwortlich oder auf andere Weise mit dem Kampfgeschehen verbunden sind, was in den meisten Fällen Kommandanten, Kombattanten und andere Mitglieder der Streitkräfte sind.48 Hieran anknüpfend stellt sich insofern die Frage, ob Kriegsverbrechen einen Sonderdeliktscharakter besitzen. 1. Begriffserklärung und Bedeutung Unter dem Begriff des Sonderdelikts wird nach herrschender Meinung im deutschen Strafrecht eine Strafnorm verstanden, die bereits im gesetzlichen Tatbestand den Täterkreis einschränkt.49 Im Gegensatz zu Allgemeindelikten kann hierdurch gerade nicht „jedermann“ tauglicher Täter des Delikts sein, sondern nur eine bestimmte

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Krieger, AöR 44 (2006), 159, 166. Rousseau, S. 12 ff.; Maaß, S. 144. 48 ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. September 1998, para. 630 ff., in dieser Entscheidung wurde erstmals explizit die Frage des Täterkreises aufgeworfen. Dazu aber näher unter A. II. 5. d) aa). 49 Jeschek/Weigend, § 26 II 6; Roxin, § 10 Rn. 129 ff. (er bevorzugt allerdings den Begriff „Pflichtdelikt“); Wessels/Beulke, Rn. 39. 47

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

Personengruppe.50 Es handelt sich insofern um Straftaten, die täterschaftlich nur von Personen mit speziellen Tätermerkmalen begangen werden können, wie es beispielsweise bei Amtsdelikten oder der Untreue der Fall ist.51 Die dogmatische Eingrenzung des potentiellen Täterkreises eines Delikts ist aber auch dem Völkerstrafrecht nicht völlig fremd.52 Das völkerrechtliche Verbrechen des Angriffskrieges wird vereinzelt beispielsweise als umfassendes Sonderdelikt bezeichnet,53 da es nur staatliche Führungspersonen begehen können.54 Der Sonderdeliktscharakter von Kriegsverbrechen soll im Folgenden unter zwei verschiedenen Aspekten näher beleuchtet werden. Zum einen, ob generell nur Kombattanten Täter von Kriegsverbrechen sein können. Zum anderen soll untersucht werden, ob Zivilisten nur unter bestimmten Voraussetzungen als Täter in Frage kommen, d. h. dass sie eine staatliche Funktion ausüben müssen oder zumindest einen Konnex zu einer Konfliktpartei aufweisen. Diese rechtliche Konstruktion/Fiktion einer Zurechnung ist vor allem aus dem Völkerrecht, speziell im Recht der Staatenverantwortlichkeit, bekannt. Hierdurch wird die Verbindung zwischen dem Verhalten einer natürlichen Person und dem Staat hergestellt, so dass sie als eigene Handlungen des Staates gelten.55 Das Erfordernis der Verbindung zu einer Konfliktpartei stellt, wie oben ausführlich dargelegt wurde, aber auch eine Grundvoraussetzung dar, um überhaupt den Kombattantenstatus nach Art. 4 A Abs. 2 GA III und Art. 43 ZP I erlangen zu können. Diese Wertung könnte insofern auch für die individuelle völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit bei Kriegsverbrechen gelten. Diese Frage hat nicht nur eine wissenschaftliche Bedeutung, sondern kann auch in der Praxis von erheblicher Relevanz sein. Die verstärkte Präsenz von Zivilpersonen in bewaffneten Konflikten aufgrund des zunehmenden Einsatzes von privaten Militärbzw. Sicherheitsdienstleistern, aber auch die steigende Zahl an terroristischen Aktivitäten, lässt diese Frage virulent werden und verlangt nach einer Lösung. Wie im zweiten Kapitel dargelegt wurde, sind die meisten privaten Angestellten völkerrechtlich als Zivilisten zu qualifizieren, weshalb sie generell aus dem tauglichen Täterkreis von Kriegsverbrechen herausfallen könnten. Darüber hinaus werden ihre Dienste auch vielfach von nicht-staatlichen Akteuren in Anspruch genommen.56 Es ist insofern nicht unwahrscheinlich, dass sie an bewaffneten Konflikten teilnehmen ohne eine Verbindung zu einer Konfliktpartei aufzuweisen. Beispielsweise werden bewaffnete Mitarbeiter von PSCs zum Schutz von Ölpipelines und Raffinerien oder NGOs 50

Ibid.; Langer, S. 352. Vgl. §§ 331 ff. und § 266 StGB. 52 Siehe hierzu Triffterer, in: Hankel/Stuby, S. 230 ff. 53 So Kreß, ZStW 115 (2003), 294, 334 f.; vgl. auch das “Discussion paper proposed by the Chairman” zum Verbrechen der Aggression nach dem ICC-Statut v. 16. Januar 2007, S. 3, abrufbar unter: http://www.iccnow.org/documents/ICC_ASP5_SWGCA_070116_eng.pdf. 54 Hierzu Werle, Rn. 1308; Ambos (2008), § 7 Rn. 257. 55 Vgl. nur Griebel, S. 10 f.; Schöder, in: Vitzthum, VII Rn. 14. 56 Dazu im 2. Kapitel, A. I. 2. b) aa) (2). 51

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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eingesetzt.57 Zudem lassen die meisten westlichen Unternehmen ihre Mitarbeiter im Irak auch durch private Sicherheitsdienste schützen.58 Im Rahmen dieser Tätigkeiten kann es aber durchaus auch zur Verwirklichung von Kriegsverbrechenstatbeständen kommen.59 Im Hinblick auf die Frage eines möglichen Sonderdeliktscharakters von Kriegsverbrechen werden im Folgenden die wichtigsten Quellen des Völkerstrafrechts, wie der Wortlaut der Statuten Internationaler Straftribunale, die nationale Gesetzgebung bzw. Rechtsprechung, Militärhandbücher, der Stand der Wissenschaft und insbesondere die historische Entwicklung des Täterbegriffs in der (internationalen) Rechtsprechung, näher untersucht. 2. Wortlaut der Statuten internationaler Straftribunale Weder die Statuten von Nürnberg und Tokio noch der Ad-hoc-Tribunale von (Ex-) Jugoslawien und Ruanda enthalten explizit Anhaltspunkte zur Eingrenzung des Täterkreises bei Kriegsverbrechen. Es wird den Tribunalen nur die Befugnis zur strafrechtlichen Verfolgung von „Personen“ (persons) erteilt, die spezielle völkerrechtlichen Verstöße begangen haben (vgl. Art. 2 und 3 ICTY-Statut sowie Art. 4 ICTR-Statut). Dies können natürlich sowohl Kombattanten als auch Zivilisten sein. Die Auslegung der weit gefassten Kriegsverbrechenstatbestände blieb allerdings auch bewusst der Rechtsprechung der jeweiligen Gerichte überlassen. 3. Militärhandbücher, Gesetzgebung und nationale Rechtsprechung Die Staatenpraxis in Form von Gesetzgebung, Militärhandbüchern und der nationalen Rechtsprechung60 indiziert zumindest, dass sowohl Kombattanten als auch Zivilisten Kriegsverbrechen begehen können.61 In den nationalen (Militär-)Strafgesetzen wird der Täterkreis häufig nicht auf die Angehörigen der Streitkräfte beschränkt, sondern „jede Person“ (every person) als tauglicher Täter von Kriegsverbrechen an57 Cameron, IRRC 88 (2006), 573, 591; Sossai, IYIL 18 (2008), 89, 106; Leidel, Sicherheitsfirmen boomen im Irak, in: DW-World.de, v. 23. Dez. 2003, abrufbar unter: http://www. dw-world.de/dw/article/0,2144,1066474,00.html.; Goldenberg, US soldiers family brings legal action against British private security firm, in: Guardian, v. 30. Okt. 2007, abrufbar unter: http://www.guardian.co.uk/world/2007/oct/30/iraq.usa1. 58 Gebauer, Verschollen im Entführungs-Dreieck, in: Spiegel (online), v. 24. Januar 2006, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,397136,00.html. 59 Zu Beispielen aus der Praxis unter A. III. 2. 60 Vgl. z. B. Swiss Military Court of Cassation, Prosecutor v. Niyonteze, 27. April 2001, para. 9; US District Court, Central District California, Leo Handel Case, 31. Jan. 1985. Zu den relevanten Nachkriegsverfahren auf Grundlage von KRG Nr. 10 näher unter A. II. 5. a) bb). 61 Dazu insgesamt Doswald-Beck, in: Henckaerts/Doswald-Beck, S. 573. Als Nachweis für die Staatenpraxis kommen grundsätzlich die Akte jeder Staatsgewalt in Betracht, vgl. Heintschel v. Heinegg, in: Ipsen, § 16 Rn. 16 ff.; Kreß, ZStW 111 (1999), 597, 601.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

gesehen.62 Teilweise werden Zivilisten aber auch explizit als Täter aufgeführt.63 Gleiches gilt für die Militärhandbücher. Auch dort werden partiell Zivilisten ausdrücklich in den Täterkreis einbezogen64 oder der Täterkreis wird zumindest nicht näher eingegrenzt65. Die Staatenpraxis indiziert folglich, dass grundsätzlich sowohl Kombattanten als auch Zivilpersonen Kriegsverbrechen begehen können. Dies schließt allerdings nicht zwingend aus, dass Zivilisten nur unter bestimmten Voraussetzungen als Täter in Frage kommen können. Zu berücksichtigen ist auch, dass sich Militärstrafgesetze und -handbücher maßgeblich an die Mitglieder der Streitkräfte richten, weshalb dort in der Regel keine (expliziten) Regeln für Zivilpersonen getroffen werden. Zudem ist auch möglich, dass nach nationalem Strafrecht jede Handlung eines Zivilisten, die einen Kriegsverbrechenstatbestand erfüllt, bestraft wird, wohingegen der Täterkreis auf völkerstrafrechtlicher Ebene enger gezogen wird.66

4. Stand der Wissenschaft Die Wissenschaft hat früher teilweise noch argumentiert, dass nur Militärpersonen oder andere militärische Organe eines kriegsführenden Staates Kriegsverbrechen begehen können, Zivilisten hingegen nicht.67 Die heute herrschende Meinung in der Literatur sieht jedenfalls, meist allerdings ohne nähere Begründung, „jedermann“ als tauglichen Täter von Kriegsverbrechen an.68 Es wird diesbezüglich hauptsächlich 62 Das VStGB grenzt beispielsweise den Täterkreis bei Kriegsverbrechen nicht explizit ein, vgl. §§ 8 – 12 VStGB. Gem. Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 des Crimes against Humanity and War Crimes Act von Kanada (Stand 29. Juni 2000) kann „jede Person“ (every person) Kriegsverbrechen begehen. Nach Kapitel 18 sec. 2401 US War Crimes Act (Stand 1996) muss der Täter entweder Mitglied der amerikanischen Streitkräfte oder Staatsangehöriger der USA sein. 63 Nach Art. 3 Nr. 9 des Schweizer Militärstrafgesetzes (MStG/Stand 1. März 2009) unterstehen auch Zivilpersonen, die sich der „Verletzung des Völkerrechts im Falle bewaffneter Konflikte“ schuldig machen, dem Militärstrafrecht, siehe auch Art. 109 MStG. 64 Vgl. UK, The Law of War on Land being Part III of the Manual of Military Law, § 624 (Stand 1958); US, Armys Field Manual 27 – 10, The Law of Land Warfare (1976), § 499; Neuseeland, Interim Law of Armed Conflict Manual, DM 112,Defence Force, Headquarters (1994), § 1701 (1). 65 Kanada, Law of Armed Conflict at the Operational and Tactical Level (2001), S. 16 – 2 ff.; Australien, Manual on Law of Armed conflict, Australian Defence Force, Headquarters (1994), § 1312; Südafrika, Law of Armed Conflict Military Manual (1996), § 35; Schweiz, Lois et coutumes de la guerre, Rglement 51.7/II f (1987), Art. 191. 66 Arnold, S. 132; Lehnardt, EJIL 19 (2008), 1015, 1019 Fn. 17. 67 Vgl. Hoffmann, S. 61 f.; Berber, S. 240; Castrn (1954), S. 86; Kunz, S. 36. 68 Vgl. nur Ambos (2008), § 7 Rn. 240; Werle, Rn. 842 f.; Winands, S. 13; Cassese (2008), S. 83; Cryer et al., S. 286; Dinstein, in: Dinstein/Tabory, S. 4; Henckaerts/Doswald-Beck, S. 573; Kittichaisaree, S. 133 f.; Dörmann, S. 35; Olsolo (2008), S. 52; Schaller, SWP 2009, S. 8; Gillard, IRRC 88 (2006), 525, 541 f.; Cameron, IRRC 88 (2006), 573, 594; Sossai, IYIL 18 (2008), 89, 113 Fn. 112. Nach Delbrück und Wolfrum können Täter von Kriegsverbrechen im

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auf die Nürnberger (Nachfolge-)Prozesse und die Rechtsprechung der Ad-hoc-Tribunale rekurriert, in denen teilweise auch Zivilisten wegen Kriegsverbrechen verurteilt wurden.69 Es erscheint allerdings fragwürdig, ob die Nürnberger Urteile in dieser Hinsicht einen geeigneten Präzedenzfall bieten, da dort die Besonderheit des „totalen Krieges“ eine entscheidende Rolle gespielt hat. Die Frage, ob für die Einbeziehung von Zivilpersonen aber zumindest gewisse Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wird hingegen nur vereinzelt thematisiert und ist bisher noch unklar.70 Es kann nämlich angezweifelt werden, dass auch solche (Zivil-)Personen Täter von Kriegsverbrechen sein können, die keine Verbindung (Konnex) zu einer Konfliktpartei aufweisen.71 Hier könnte ein internationales Bedürfnis zur Stigmatisierung solcher Taten als Kriegsverbrechen fehlen und damit die Ahndung dieser Fälle eine Aufgabe des nationalen Strafrechts bleiben. Teilweise wird allerdings auch diskutiert, ob bei Völkerrechtsverbrechen grundsätzlich eine Zurechnung der Einzeltat zu einem Kollektiv notwendig ist.72 In der Literatur und Rechtsprechung wird der maßgebliche Filter bei Kriegsverbrechen aber überwiegend nur über das Bezugsmerkmal des Zusammenhangs der Tat mit dem bewaffneten Konflikt (Begehungszusammenhang)73 konstruiert. Diese Voraussetzung sollte originär allerdings nicht als Tätereingrenzung fungieren, sondern nur als Abgrenzungskriterium zu „gewöhnlichen“ Straftaten, die gerade nicht unter den Begriff des Kriegsverbrechens fallen sollen. 5. Historische Entwicklung des Täterbegriffs in der Rechtsprechung Die Entscheidungen internationaler Gerichte gelten nicht als subsidiäre Rechtsquelle nach Art. 38 Abs. 1 lit. d.) ICJ-Statut, sondern besitzen im Völkerstrafrecht eine besondere Bedeutung. Die Ad-hoc-Tribunale für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda beziehen sich bei ihren Entscheidungen häufig maßgeblich auf die eigene74 sowie die Rechtsprechung des jeweils anderen Gerichtshofes75 und auf die Nürn-

nicht-internationalen Konflikt nur solche Personen sein, „die in den sich bekämpfenden Gruppierungen integriert sind“, vgl. Dahm/Delbrück/Wolfrum, S. 1070. 69 Hierzu ausführlich unter A. II. 5. 70 Provost, S. 75 ff.; Lehnardt, EJIL 19 (2008), 1015, 1018; Sassoli/Bouvier, S. 267; McDonald, in: Arnold/Hildbrand, S. 232; Arnold, YIHL 5 (2002), 344, 352; Pinzauti, IYIL 17 (2007), 125, 132 Fn. 19. 71 So z. B. Arnold, YIHL 5 (2002), 344 ff.; Schröder, S. 165; Wolny, S. 168 ff.; Bothe in: Cassese/Gaeta/Jones, S. 388; Zegveld, S. 105; Jeschek, S. 10 f. Diese Auffassung hat auch Fenrick in der 1. Aufl. des Kommentars von Otto Triffterer (Hrsg.) vertreten, vgl. ders., in: Triffterer (1999), Art. 8 Rn. 2. 72 Vgl. hierzu Mohr, in: Hankel/Stuby, S. 403; Berster, S. 256 ff.; Schlösser, S. 21 ff., 27. 73 Hierzu ausführlich unter A. III. 1. d) bb). 74 Vgl. nur ICTY, Prosecutor v. Blasˇkic´, Hauptverfahrenskammer, 3. März 2000, para. 239. 75 Beispielsweise ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Berufungskammer, 1. Juni 2001, para. 439.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

berger bzw. Tokioter (Nachfolge-)Prozesse76.77 Diese Selbstreferenz mag zwar unter methodologischen Gesichtspunkten im Hinblick auf die Ermittlung des zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Tat geltenden Völkergewohnheitsrechts bedenklich sein,78 unterstreicht letztlich aber die exponierte Stellung dieser Tribunale. Insgesamt wird man der Rechtsprechung der internationalen (Straf-)Gerichte zumindest ein normatives Eigengewicht bei der Begründung von Völkergewohnheitsrecht zusprechen können.79 Dies belegt in gewissem Maße auch Art. 21 Abs. 2 ICC-Statut, wonach der ICC seine Entscheidungen auf „Rechtsgrundsätze und Rechtsnormen entsprechend seiner Auslegung in früheren Entscheidungen“ stützen kann.80 Darüber hinaus wird er aber auch auf die „Vorarbeiten“ der Ad-hoc-Tribunale rekurrieren und diese als (wichtige) Auslegungshilfe für seine Entscheidungsfindung heranziehen.81 Dies dürfte vor allem für die Interpretation (materieller) völkerstrafrechtlicher Normen gelten.82 Eine Antwort auf die Frage nach dem potentiellen Täterkreis von Kriegsverbrechen ist somit auch in der Judikatur des IMT, der Nürnberger bzw. Tokioter Nachfolgeprozesse und der UN Ad-hoc-Tribunale zu suchen.

a) Nürnberg Den Ausgangspunkt der Rechtsprechungsauswertung bezüglich der Verurteilung von Zivilpersonen wegen Kriegsverbrechen bildet der sog. Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess, da er einen (ersten) Meilenstein für die Entwicklung des Völkerstrafrechts darstellt.83 Nürnberg gilt grundsätzlich als die Wiege des Völkerstrafrechts, da dort zum ersten Mal (spezielle) Verstöße gegen das Völkerrecht durch Einzelpersonen unmittelbar strafrechtlich sanktioniert wurden. In Art. 6 lit. b.) IMT-Statut wurde auch erstmals der Tatbestand der Kriegsverbrechen als Verletzung der Gesetze und Gebräuche des Krieges definiert und exemplarisch einige Verstöße aufge76 Exemplarisch hierzu ICTR, Prosecutor v. Musema, Hauptverfahrenskammer, 27. Januar 2000, para. 269 ff.; Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. Sept. 1998, para. 633. 77 So explizit z. B. ICTY, Prosecutor v. Stakic´, Hauptverfahrenskammer, 31. Juli 2003, para. 414. 78 Zu Recht kritisch Burghardt, S. 47. 79 Ambos (2004), S. 49; Vogel, ZStW 114 (2002), 403, 418; Kreß, ZStW 111 (1999), 597, 603. 80 ICC-02/04 – 01/05, Prosecutor v. Kony et al., Berufungskammer, Sondervotum (separate opinion) von Richter Pikis, 4. Febr. 2008, para. 9; Heinsch, S. 335; Bitti, in: Stahn/Sluiter, S. 292 f.; Jia, in: Yee/Tieya, S. 95. 81 Vgl. Nerlich, in: Stahn/Sluiter, S. 313 f.; Damgaard, S. 55. 82 Hierzu bspw. ICC-01/04 – 01/07 – 717, Prosecutor v. Katanga&Chui, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 30. September 2008, para. 314; ICC-01/ 04 – 01/06 – 803, Prosecutor v. Lubanga, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 29. Jan. 2007, para. 275 ff. 83 Vgl. zur Bedeutung des Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozesses für das moderne Völkerstrafrecht Safferling, Rg 14 (2009), 148.

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führt.84 Auf Grundlage dieser Norm wurden zudem einige Privatpersonen wegen Kriegsverbrechen verurteilt. Nach dem Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher kam es in den vier Besatzungszonen aber auch zur Durchführung von nationalen Strafverfahren gegen deutsche Kriegsverbrecher vor speziellen Militärgerichten. Dies geschah auf Basis des Kontrollratsgesetzes Nr. 10, welches weitgehend die materiell-rechtlichen Grundlagen aus dem IMT-Statut übernahm, andererseits entwickelte es diese zum Teil auch erheblich fort.85 Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang den zwölf sog. Nürnberger Nachfolgeprozessen vor amerikanischen Militärgerichten in Nürnberg zu. Problematisch ist allerdings, inwieweit der Rechtsprechung unter dem Kontrollratsgesetz Nr. 10 ein internationaler Charakter zukommt. Formell betrachtet könnte die Judikatur wohl eher als Besatzungs- und nicht als Völkerrechtsprechung zu qualifizieren sein.86 Unabhängig von dieser Frage haben diese Verfahren letztlich zumindest aber eine Bedeutung bei der Rechtsfindung erlangt, die vergleichbar mit der internationalen Rechtsprechung ist.87 Im Folgenden werden deshalb die relevanten Entscheidungen des Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozesses sowie der Nachfolgeprozesse im Hinblick auf den Täterkreis von Kriegsverbrechen untersucht und analysiert. aa) Der Hauptkriegsverbrecherprozess (1) Relevante Verfahren Im Rahmen des Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozesses wurde eine Reihe von Führungspersönlichkeiten des nationalsozialistischen Regimes verurteilt, insbesondere wegen Kriegsverbrechen, der Ermordung bzw. Misshandlung der Bevölkerung in den besetzten Gebieten und von Kriegsgefangenen, sowie wegen Deportationen, der Verhängung von Zwangsarbeit und der Duldung oder Anordnung wirtschaftlicher Ausplünderung. Neben den Mitgliedern der Schutzstaffel (SS), der Kriegsmarine und der Wehrmacht wurden aber auch Mitglieder der Regierung, trotz ihres eindeutigen zivilen Status, verurteilt. Hierzu gehören die Reichsminister Alfred Rosenberg,88 Joachim von Ribbentropp,89 Wilhelm Frick,90 Walther Funk,91 Albert Speer,92 84

Dahm/Delbrück/Wolfrum, S. 1054; Gornig, NJ 1992, 4, 9. Dazu Hassel, S. 96 f. 86 Jeschek, S. 156; Kreß, ZStW 111 (1999), 597, 604; Safferling, Rg 14 (2009), 148, 150; a.A. Berster, S. 96 f. 87 Ähnlich wie die Rechtsprechung des IMT und des IMTFE fungierten sie für die Ad-hocStrafgerichtshöfe zumindest als subsidiäre Rechtsquelle des Völkergewohnheitsrechts und als Interpretationshilfe, überzeugend hierzu Burghardt, S. 46, 50 ff.; Werle, Rn. 168; vgl. nur ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Berufungskammer, 20. Februar 2001, para. 262 f.; Prosecutor v. Stakic´, Hauptverfahrenskammer, 31. Juli 2003, para. 414. 88 1941 wurde er zum Reichsminister für die besetzten Ostgebiete (Baltikum, Weißrussland und Ukraine) ernannt. 89 1938 löste er seinen Vorgänger Konstantin Freiherr von Neurath ab und bekleidete das Amt des Reichsaußenministers. 85

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

Artur Seyß-Inquart93 sowie Constantin von Neurath94. Ebenso wurden die „ParteiGrößen“ Rudolf Hess als Hitlers Stellvertreter in der NSDAP sowie Martin Bormann als Reichsleiter und Chef der Parteikanzlei wegen Kriegsverbrechen zur Verantwortung gezogen. Auch Fritz Sauckel erfuhr als Gauleiter von Thüringen und Reichsbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz die gleiche Behandlung. (2) Analyse Bei allen im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess verurteilten Personen handelte es sich um Staatsfunktionäre, die somit eine enge Verbindung zum NS-Regime besaßen. Sie waren letztlich somit allesamt De-iure-Staatsorgane des Dritten Reiches. Vertreter der Privatwirtschaft wurden hingegen nicht abgeurteilt, sondern nur die wirtschaftspolitisch verantwortlichen Minister Walther Funk und Albert Speer; Hjalmar Schacht wurde hingegen freigesprochen, war allerdings auch nicht wegen Kriegsverbrechen angeklagt.95 bb) Die Nachfolgeprozesse (1) Die zwölf Nürnberger Nachfolgeprozesse Bei den Nürnberger Nachfolgeprozessen hat jedes der zwölf Verfahren eine bestimmte Gruppe von Tätern in den Blick genommen. Ziel dieser Prozesse war „die Kontinuität zwischen der politischen Spitze des NS-Regimes und seinen Trägerschichten nicht nur durch Ausschaltung und durch die Aufhebung der nationalsozialistischen Diskriminierungs- und Repressionsnormen herbeizuführen, sondern den Bruch mit der Terrorordnung vor allem durch die Ahndung der Staatsverbrechen zu markieren“.96 „Sie boten einen Querschnitt durch zwölf Jahre nationalsozialistischer Politik, Diplomatie und Wirtschaft“,97 da sich die Prozesse gegen die Funktionseliten des Dritten Reiches, welche die unterschiedlichsten Berufssparten repräsentierten, richteten. Neben den Akademikern in Gestalt von Juristen98 und Ärzten99 90

Von 1933 – 43 Reichsinnenminister. 1938 folgte er seinem Vorgänger Hjalmar Schacht auf den Posten des Reichswirtschaftsministers und war von 1939 – 45 Präsident der Reichsbank. 92 Neben seiner Tätigkeit als Architekt von Adolf Hitler wurde er 1943 als Reichsrüstungsminister berufen. 93 1940 wurde er von Hitler als Reichsminister für die besetzten Niederlande eingesetzt. 94 Neben Joachim von Ribbentropp war er auch Reichsaußenminister und wurde 1939 der Reichsprotektor für Böhmen und Mähren. 95 Der ursprünglich vorgesehene Prozess gegen Gustav Krupp von Bohlen und Halbach musste nämlich wegen seiner Verhandlungsunfähigkeit abgebrochen werden. 96 Perels, in: zur Mühlen/v. Klewitz, S. 17; in diese Richtung auch Jeßberger, JZ 2009, 924, 930. 97 Benz, S. 139. 98 In dem sog. Juristenprozess waren aber vor allem Mitarbeiter des Reichsjustizministeriums, also Regierungsbeamte, angeklagt. 91

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wurden auch Führungspersonen aus Staat bzw. Partei100 wegen Kriegsverbrechen verurteilt. Eine besondere Bedeutung besitzen allerdings die Prozesse gegen das Management der Industriekonzerne Krupp,101 Flick,102 und IG-Farben103. Bei diesen Angeklagten handelte es sich nämlich eindeutig um reine Privatpersonen, die im Gegensatz zu allen anderen Angeklagten (formell) keine staatliche oder hoheitliche Funktion im NS-Regime ausfüllten.104 Den deshalb erhobenen Vorwurf, dass das Völkerrecht eine Materie sei, die vollkommen außerhalb des Arbeitsbereiches, des Interesses und der Kenntnis von Privatpersonen stehe, qualifizierte das US Militärgericht im Flick-Prozess allerdings als unzutreffend. Das Völkerrecht sei bindend für jeden Bürger ebenso wie innerstaatliches Recht. Handlungen, die als strafbar anzusehen sind, wenn sie von einem Regierungsbeamten begangen werden, seien auch strafbar, wenn sie von einer Privatperson begangen worden sind. Der Unterschied in der Schuld bestehe nur dem Grade, aber nicht dem Grunde nach. Die Beschränkung der Verantwortlichkeit auf öffentliche Beamte sei nicht gerechtfertigt.105 Im Prozess gegen den Großindustriellen Krupp zog das Gericht ähnliche Schlussfolgerungen. Die Gesetze und Gebräuche des Krieges würden Privatpersonen nicht weniger binden als Regierungsbeamte und Militärangehörige. Im Falle einer Verletzung könne zwar ein Unterschied im Hinblick auf das Ausmaß der Schuld, abhängig von den Tatumständen, nicht jedoch in der Tatsache der Schuld existieren.106 (2) Weitere Nachfolgeprozesse Die Strafbarkeit von Zivilpersonen wurde auch durch andere Militärgerichte in den verschiedenen Besatzungszonen bestätigt. Vor einem britischen Militärgericht in Hamburg wurden beispielsweise die Zulieferer des Zyklon B Gases, die von der 99

Der Ärzteprozess fand vom 9. Dezember 1946 bis zum 20. August 1947 statt. Zu beachten ist allerdings, dass es sich bei den Verurteilten nicht um unabhängige Ärzte handelte, sondern sie waren alle Mitglieder der SS oder Wehrmacht und damit Vertreter der staatlich medizinischen Dienste. 100 Zu nennen ist dahingehend vor allem der sog. Wilhelmstraßen-Prozess vom 15. September 1947 bis zum 10. April 1948, der sich gegen hochrangige Mitglieder des Auswärtigen Amtes (v. Weizsäcker et al.), anderer Ministerien und weiterer nationalsozialistischer Dienststellen richtete. Im Rahmen dieses Prozesses wurde auch Karl Rasche, damaliges Vorstandsmitglied und -sprecher der Dresdner Bank, wegen „Plünderungsaktivitäten“ in den annektierten Gebieten der Tschechoslowakei und den Niederlanden verurteilt. Dazu Kastner, in: FS Stöckel, S. 499. 101 Dieser Prozess fand vom 8. Dezember 1947 bis zum 31. Juli 1948 statt. 102 Das Verfahren dauerte vom 18. April bis zum 22. Dez. 1947. 103 Der IG-Farben-Prozess fand vom 14. Aug. 1947 bis zum 30. Juli 1948 statt. 104 Die Verfahren gegen Flick, IG-Farben und Krupp basierten insofern auf einem überaus extensivem Verständnis von völkerstrafrechtlicher Verantwortlichkeit, rückblickend dahingehend kritisch Gausmann, in: Juristische Zeitgeschichte NRW, Bd. 16, S. 50; Maguire, S. 186. 105 United States v. Flick et al. („Flick Trial“), Fall 5, abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, The Green Series, Vol. 6, S. 1192. 106 United States v. Krupp et al. („Krupp Trial“), Fall 10, abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, The Green Series, Vol. 9, S. 1375.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

Verwendung des Gases zu Tötungszwecken in Konzentrationslagern wussten, wegen Teilnahme an Kriegsverbrechen verurteilt („Zyklon B Case“).107 Das Gericht führte dahingehend aus, dass die Gesetze und Gebräuche des Krieges nicht nur Kombattanten und Staatsbedienstete binden, sondern jeden, der in der Position sei, ihre Verletzung zu unterstützen.108 In Essen wurden ebenfalls von einem britischen Militärgericht deutsche Zivilisten wegen der Misshandlung und Tötung von alliierten Kriegsgefangenen zur Verantwortung gezogen („Essen Lynching Case“).109 Weiterhin wurde das Personal eines zivilen Sanatoriums für die Ermordung mehrerer Hundert polnischer und sowjetischer Staatsangehöriger wegen Kriegsverbrechen von einer amerikanischen Militärkommission in Wiesbaden verurteilt („Hadamar Trial“).110 Die Angeklagten seien zwar keine Mitglieder der deutschen Streitkräfte gewesen, sondern Personal einer zivilen Institution. Die Vorschriften über die Gesetze und Gebräuche des Krieges würden jedoch nicht nur Kombattanten und Staatsbedienstete binden, sondern auch Zivilisten, und solche Zivilisten, die strafbare Handlungen gegenüber Staatsangehörigen des Gegners begehen, könnten ebenfalls für Kriegsverbrechen zur Verantwortung gezogen werden.111 Vor französischen Militärgerichten fanden ebenfalls Verfahren gegen Industrielle statt, wobei vor allem das Verfahren gegen Hermann und Ernst Röchling et al. hervorzuheben ist.112 (3) Analyse Die genannte Judikatur ist zumindest in einem Punkt deutlich und einheitlich, und zwar darin, dass der völkerrechtliche Status einer Zivilperson grundsätzlich nicht von dem potentiellen Täterkreis der Kriegsverbrecher ausgeschlossen ist. Eine Vielzahl der verurteilten Personen besaß keine Rechtsstellung als Kombattant, sondern war in verschiedener Art und Weise in die nationalsozialistische Führungsebene eingegliedert. Zudem wurde die Verantwortlichkeit auch nicht auf Staatsfunktionäre beschränkt, sondern auf Privatpersonen erweitert. Dies bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht zwingend, dass jede Zivil- oder Privatperson auch Täter von Kriegsverbrechen sein kann. Ob ihre Einbeziehung nur unter bestimmten Voraussetzungen zu erfolgen hat, wird nämlich nicht explizit diskutiert. Im Hinblick auf die Verbindung des 107 United Kingdom v. Tesch et al. („Zyklon B Case“), abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, Vol. 1, S. 93 ff. 108 United Kingdom v. Tesch et al. („Zyklon B Case“), abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, Vol. 1, S. 103. 109 United Kingdom v. Heyer et al. („Essen Lynching Case“), abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, Vol. 1, S. 88 ff. 110 United States v. Klein et al. („Hadamar Trial“), abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, Vol. 1, S. 46 ff. 111 United States v. Klein et al. („Hadamar Trial“), abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, Vol. 1, S. 54. 112 Vgl. The Government Commissioner of the General Tribunal of the Military Government for the French Zone of Occupation v. Roechling et al. („Roechling Case“), abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, Vol. XIV, Appendix B, S. 1061 ff.

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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Täters zu einer Konfliktpartei ist es deshalb erforderlich, einige Urteile etwas näher zu beleuchten. (a) Die zwölf Nürnberger Nachfolgeprozesse Im Rahmen der zwölf Nürnberger Nachfolgeprozesse wurden neben den Repräsentanten des Staates, zum Beispiel Offiziere, Regierungsmitglieder, Parteifunktionäre, Verwaltungsbeamte, Richter und Ärzten, nun erstmals auch Privatpersonen aus der Wirtschaft als Kriegsverbrecher verurteilt. Dabei standen die Prozesse von Industriellen im besonderen Fokus der Öffentlichkeit. Es stellte sich damit erstmals explizit die Frage, ob diese Privatpersonen überhaupt Adressaten des Völker(straf)rechts sein können. Wie oben dargelegt wurde, hat das Gericht diese Frage grundsätzlich bejaht und eine Eingrenzung des Täterkreises auf Staatsträger abgelehnt. Damit wird allerdings nicht generell ausgeschlossen, dass der Täter von Kriegsverbrechen eine „irgendwie geartete“ Verbindung zu einer Konfliktpartei besitzen muss. Einerseits wurde bei den Prozessen von Industriellen zwar explizit nur ein Bezug der Tat zum Kriegsbetrieb („relation to war operations“) vorausgesetzt.113 Andererseits legte die Anklage aber auch gesteigerten Wert darauf, die Verbindung zwischen den Unternehmern und dem nationalsozialistischen Regime zu darzulegen.114 Alle Angeklagten waren entweder Mitglieder in der NSDAP, in Organisationen wie der SS oder hatten eine sonstige (intensive) Verbindung zum Dritten Reich.115 Auch in den jeweiligen Urteilen wird diese spezielle Beziehung der Angeklagten und der Unternehmen hervorgehoben.116 Im Rahmen des Kriegswirtschaftsprogramms wurden den Großindustriellen beispielsweise die Zwangsarbeiter staatlich zugewiesen. Die Logistik des Sklavenarbeitsprogramms sowie die Beschaffung der Arbeits113

United States v. Flick et al. („Flick Trial“), Fall 5, abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, The Green Series, Vol. 6, S. 1194; United States v. Krauch et al. („The I.G. Farben Case“), Fall 6, abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, The Green Series, Vol. 7, S. 50 ff.; United States v. Krupp et al. („Krupp Trial“), Fall 10, abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, The Green Series, Vol. 9, S. 29. 114 Vgl. dazu die Ausführungen in den jeweiligen Anklageschriften: United States v. Flick et al. („Flick Trial“), Fall 5, abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, The Green Series, Vol. 6, S. 18 f.; 23 ff., 43; United States v. Krauch et al. („The I.G. Farben Case“), Fall 6, abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, The Green Series, Vol. 7, S. 17 ff.; United States v. Krupp et al. („Krupp Trial“), Fall 10, abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, The Green Series, Vol. 9, S. 34 f. 115 United States v. Flick et al. („Flick Trial“), Fall 5, abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, The Green Series, Vol. 6, S. 11 f.; United States v. Krauch et al. („The I.G. Farben Case“), Fall 6, abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, The Green Series, Vol. 7, S. 11 ff.; United States v. Krupp et al. („Krupp Trial“), Fall 10, abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, The Green Series, Vol. 9, S. 8 f. 116 United States v. Flick et al. („Flick Trial“), Fall 5, abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, The Green Series, Vol. 6, S. 1222; United States v. Krauch et al. („The I.G. Farben Case“), Fall 6, abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, The Green Series, Vol. 8, S. 1088 ff.; United States v. Krupp et al. („Krupp Trial“), Fall 10, abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, The Green Series, Vol. 9, S. 1339 ff., 1445 ff.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

kräfte wurden vom Staat vorgenommen und kontrolliert.117 Es existierten zudem Regelungen, welche die wirtschaftliche Kriegsführung legalisierten und die Nähe der Industriellen zum nationalsozialistischen Regime belegen.118 Bei den Wirtschaftsprozessen ging es gerade auch um die Verflechtung der deutschen Industrie mit dem NS-Staat und ihrem erheblichen Beitrag zur schnellen Aufrüstung des deutschen Reiches.119 (b) Die anderen relevanten Nachfolgeprozesse Im Zyklon B Case bestand offensichtlich auch ein enger Kontakt zwischen den Akteuren und dem Dritten Reich, da die Angeklagten mit der Lieferung des Gases von der SS bzw. Wehrmacht beauftragt wurden. Auch die Tötungen im zivilen Sanatorium von Hadamar erfolgten in Übereinstimmung mit einer Verfügung von Adolf Hitler, nach der „Geisteskranke“ in solchen Institutionen unter bestimmten (undefinierten) Bedingungen getötet werden konnten.120 Zudem kamen die Insassen des Sanatoriums von anderen Institutionen und Lagern in Deutschland und in den besetzten Gebieten.121 Problematischer ist hingegen die spontane Tötung von Alliierten Fliegern durch Zivilisten, exemplarisch der Essen Lynching Case. Dort liegt zwar ebenfalls eine Verbindung zwischen den Tätern und den deutschen Streitkräften vor, da diese den Vollzug der Taten letztlich angestachelt haben. Die Anweisung des Hauptmann Heyer, die drei britischen Flieger zu Verhörzwecken zum nächstgelegenen Luftwaffenstützpunkt zu bringen, wurde extra lautstark verkündet, damit sich die bei der Kaserne anwesende Menschenmenge darauf einstellen konnte. Im Anschluss wurden die Gefangenen absichtlich durch eine belebte Straße Essens geführt und die Eskorte sollte nicht einschreiten, wenn Zivilisten die Gefangenen belästigen.122 Die Verbindung zum Nazi-Regime erscheint dahingehend jedoch als eher schwach ausgeprägt und es ist zweifelhaft, ob das Verhalten der Menschenmenge tatsächlich als Kriegsverbrechen qualifiziert werden sollte. Der Ankläger plädierte anscheinend dafür, die betreffenden Zivilpersonen „nur“ wegen Mordes oder Totschlags nach nationalem Recht zu bestrafen, auch wenn ihm das Gericht nicht folgte.123 Die Quali117

Wagner, S. 210 ff.; Plumpe, S. 627 f.; Jung, S. 198; die exakten Modalitäten der „Rekrutierung“ der Zwangsarbeiter wird teilweise allerdings unterschiedlich beurteilt, dazu Stefanski, S. 71 ff. 118 Vgl. Jeschek, S. 10. 119 Bank, in: Reginbogin/Safferling, S. 182; Jeßberger, JZ 2009, 924, 930. 120 United States v. Klein et al. („Hadamar Trial“), abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, Vol. 1, S. 48. 121 United States v. Klein et al. („Hadamar Trial“), abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, Vol. 1, S. 47. 122 United Kingdom v. Heyer et al. („Essen Lynching Case“), abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, Vol. 1, S. 89. 123 “The Prosecutor pointed out that the charge alleged that the accused were concerned in the killing of the three British airmen. That was the wording of the charge, but, the Prosecutor added, for the purpose of this trial he would invite the Court to take the view that this was a charge of murder and of nothing other than murder. The allegation would be that all these seven

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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fizierung spontaner Tötungen von Kriegsgefangenen durch Zivilisten als Kriegsverbrechen wurde aber durch weitere Nachfolgeprozesse bestätigt.124 Im Hinblick auf diese Gewalthandlungen ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass sie mit der Politik Hitlers sowie des Propagandaministers Goebbels korrespondierten, der die deutsche Bevölkerung dazu ermutigte, ihren Ärger über die massiven Bombardements, durch gezielte Racheakte an gefangenen alliierten Fliegern zu „entladen“.125 Dieses Vorgehen wurde von der deutschen Konfliktpartei somit nicht nur geduldet, sondern sogar (aktiv) gefordert und entsprach somit der Politik des Nazi-Regimes. Die aufgeführten Fälle belegen insofern auch die Einbindung der Zivilbevölkerung in die Verbrechen des Dritten Reiches. Die Handlungen der angeklagten Personen entsprachen allesamt der Politik und den Vorgaben der (deutschen) Konfliktpartei. Die Besonderheit dieses „totalen Krieges“ ist insofern eine (potentielle) Erklärung dafür, dass in den Prozessen nicht explizit eine Verbindung des Täters zur Konfliktpartei gefordert wurde. Die (amerikanischen) Ankläger legten nämlich maßgeblich diese Prämisse zugrunde, dass die gesamte deutsche Gesellschaft einschließlich der Zivilbevölkerung in den Krieg einbezogen wurde und somit alle Deutschen gleichsam Teilnehmer waren.126 Die grundsätzliche Differenzierung zwischen Zivilbevölkerung und den Streitkräften bzw. dem Nazi-Regime wurde insofern weitgehend eingeebnet. Daran anknüpfend konnte der Kriegsbezug und die Verbindung des Täters zur Konfliktpartei mehr oder weniger unterstellt werden. Insgesamt kann aus diesen Fällen aber zumindest der Schluss gezogen werden, dass nur solche Personen als Kriegsverbrecher auf der Ebene des Völkerstrafrechts zur Verantwortung gezogen wurden, die auch eine Verbindung zu einer Konfliktpartei besitzen oder deren Handlungen der Politik bzw. Zielen der Konfliktpartei entsprachen. LetztGermans in the dock were guilty either as an accessory before the fact or as principals in the murder of the three British airmen.”, vgl. United Kingdom v. Heyer et al. („Essen Lynching Case“), abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, Vol. 1, S. 91. 124 Vgl. einen ähnlichen Fall: Case. no. 12 – 489, United States v. Goebell et al. („Borkum Island case”), Survey of the Trials of War Crimes held at Dachau, Germany, v. 15 September 1948, S. 2 – 3. Es hat insgesamt eine Vielzahl von Verfahren stattgefunden, in denen alliierte Flieger die Opfer waren. Allein vor britischen Militärgerichten ist dies bei 92 Verfahren der Fall gewesen, vgl. hierzu Hassel, S. 213 ff. 125 In einer „Führerweisung“ v. 21. Mai 1944 waren auf Befehl von Adolf Hitler unter bestimmten Umständen „abgeschossene feindliche Flieger ohne Standgericht zu erschießen“, zudem sollten diese Piloten nicht mehr vor der Wut des deutschen Volkes beschützt werden. Der Chef der Parteikanzlei Bormann gab am 30. Mai 1944 auch ein geheimes Rundschreiben an alle NS-Gau und Kreisleiter (Nr. 125/44) heraus, wonach bei derartigen Handlungen von „polizeilicher und strafrechtlicher Verfolgung“ abgesehen werden soll. Nach dem sog. „Terrorfliegerbefehl“ des OKW v. 9. Juli 1944 wurden den Wehrmachtsangehörigen auch Schutzmaßnahmen zugunsten alliierter Flieger untersagt, vgl. hierzu Grimm, S. 80; Berster, S. 36 f.; Kloth, Kriegsverbrechen – Systematischer Mord, in: Spiegel 47/2001, S. 48 ff. 126 Die Anklage ging von einem „Gesamtverbrechenssystem“ bzw. einem „Programm“ aus, dazu Jung, S. 47 f.; Jeßberger, JZ 2009, 924, 928 f. Exemplarisch ist die Verstrickung der „Wehrwirtschaft“ mit dem NS-System, weshalb die Industriellen auch keine „gewöhnlichen“ Privatpersonen mehr darstellten. Zu dem unterstellten Kriegsbezug in den Zwangsarbeiterprozessen vgl. auch Safferling, NJW 2000, 1922, 1924.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

lich liefern hierzu weder der Hauptkriegsverbrecherprozess noch die (Nürnberger) Nachfolgeprozesse ein konkretes Gegenbeispiel. Zivilpersonen ohne jeglichen Kontakt zum nationalsozialistischen Regime wurden erst gar nicht angeklagt. b) Tokio Das in Nürnberg angewandte Völkerstrafrecht wurde auch durch den Prozess gegen die japanischen Kriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof für den Fernen Osten in Tokio (IMTFE) bestätigt. Das Nürnberger Statut diente als Vorlage für das IMTFE-Statut, so dass sich letztlich auch weitgehend die gleichen Rechtsfragen ergaben.127 Bei den Prozessen wurden neben japanischen Generälen auch Mitglieder der Regierung wegen Kriegsverbrechen verurteilt.128 aa) Relevante Urteile Im Hinblick auf die Verurteilungen von Zivilpersonen wegen Kriegsverbrechen sind eigentlich nur zwei Tokioter Angeklagte von besonderer Bedeutung. Zu nennen ist zum einen der Außenminister Hirota Ko¯ki. Er wurde wegen des Massakers von Nanking, bei dem Zivilisten sowie Kriegsgefangene getötet und viele Frauen systematisch vergewaltigt wurden, auf Basis der Vorgesetztenverantwortlichkeit129 zur Verantwortung gezogen.130 Zum anderen wurde Shigemitsu Mamoru, der verschiedene Botschafter-Posten innehatte, bevor er japanischer Außenminister im Zweiten Weltkrieg gewesen ist, ebenfalls wegen Kriegsverbrechen verurteilt.131 bb) Analyse Die Tokioter Prozesse knüpfen letztlich konsequent an das Urteil des Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozesses an. Auch hier wurde die Verantwortung für Kriegsverbrechen nicht auf Mitglieder des Militärs beschränkt, sondern es wurden ebenfalls hochrangige Politiker als Kriegsverbrecher verurteilt. Erwähnenswert ist dahingehend allerdings, dass Richter Röling in einem Sondervotum132 im Fall Hirota Ko¯ki genau dies kritisiert und ausgeführt hat, dass ein Tribunal vorsichtig sein sollte, zivile Regierungsmitglieder für das Verhalten der Streitkräfte auf dem Schlachtfeld verantwortlich zu machen.133 Bemerkenswert ist weiterhin, dass vergleichbare Prozesse gegen Unternehmer oder Industrielle wie bei den Nürnberger Nachfolgeprozessen 127 128 129 130 131 132 133

Grewe, in: FS Doehring, S. 233. Werle, Rn. 30. Zu dieser Rechtsfigur näher unter C. Dazu Röling/Rüters, S. 982 ff. Vgl. Osten, S. 50. Das Sondervotum ist abgedruckt in Röling/Rüter, S. 1041 ff. Röling/Rüter, S. 1127.

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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nicht stattgefunden haben. Neue Erkenntnisse über die umstrittene Gruppe der bloßen Privatpersonen liefern die Tokioter Prozesse insofern nicht. Bekräftigt wurden aber die Rechtsfindungen der Nürnberger Urteile hinsichtlich der Strafbarkeit von Zivilpersonen mit staatlicher Funktion. Rückschlüsse hinsichtlich der Frage des Erfordernisses einer Verbindung des Täters zu einer Konfliktpartei können nur insoweit erfolgen, dass Personen ohne diesen „Link“ erst gar nicht angeklagt wurden. c) (Ex-)Jugoslawien Nach dem Stillstand der (direkten) Durchsetzungspraxis erfuhr das Völkerstrafrecht mit der Errichtung des ICTY im Jahre 1993 eine Renaissance. Nahezu 50 Jahre nach den Nürnberger und Tokioter Prozessen wurde damit erstmals wieder ein Internationales Straftribunal zur Ahndung von schweren Verletzungen des humanitären Völkerrechts gegründet. Als Rechtsgrundlage diente allerdings kein völkerrechtlicher Vertrag, sondern eine Resolution des Sicherheitsrates nach Kapitel VII der UN-Charta.134 Nach Art. 2 und 3 ICTY-Statut war das Tribunal (natürlich) auch für die Verfolgung von Kriegsverbrechen zuständig. Vor dem ICTY haben bisher allerdings keine Verfahren gegen Privatpersonen stattgefunden. Alle angeklagten Personen waren entweder als Militärs oder hochrangige Politiker in die Streitkräfte eines Staates oder in andere bewaffnete Gruppen eingebunden, die (direkten) Einfluss auf das Kampfgeschehen genommen haben. Es ist deshalb zu untersuchen, ob sich einigen Entscheidungen dennoch Ausführungen zum Täterkreis von Kriegsverbrechen entnehmen lassen. aa) Der Fall Tadic´ In den bedeutenden Tadic´-Entscheidungen des ICTY haben die Strafkammern an keiner Stelle explizit den potentiellen Täterkreis bei Kriegsverbrechen näher diskutiert, geschweige denn eine Eingrenzung desselbigen vorgenommen. „Jede Person“ könne Kriegsverbrechen begehen, so dass sowohl Kombattanten als auch Zivilisten potentielle Täter seien.135 Das entscheidende Merkmal in diesem Zusammenhang ist aber, dass ein Nexus zwischen der Tat und dem bewaffneten Konflikt existiert.136 Es sei weiterhin nicht erforderlich, dass die Konfliktpartei die betreffenden Handlungen

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UN Sicherheitsratsresolution 827 (1993). „Violations of the laws or customs of war are commonly referred to as ,war crimes. They can be defined as crimes committed by any person in violation of recognized obligations under rules derived from conventional or customary law applicable to the parties to the conflict.“ Vgl. ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Hauptverfahrenskammer, 10. August 1995, para. 61. 136 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Oktober 1995, para. 70; Prosecutor v. Tadic´, Hauptverfahrenskammer, 7. Mai 1997, para. 573; Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 15. Juli 1999, para. 84. 135

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

angeordnet oder geduldet hat.137 Der Täter müsse auch nicht in der Absicht gehandelt haben den Zielen einer Konfliktpartei zu dienen.138 Im Rahmen der Diskussion der Internationalisierung von nicht-internationalen Konflikten hat sich die Berufungskammer allerdings auch dem Problemkomplex von De-facto-Staatsorganen gewidmet.139 In einer Fußnote des Urteils merkt die Kammer dahingehend an, dass diese Frage auch für eine individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit von Personen, die eine schwere Verletzung der Genfer Konventionen begehen, relevant sein kann.140 Dies könnte dahingehend verstanden werden, dass eben nur Täter mit einer derartigen De-facto-Verbindung zu einer Konfliktpartei Kriegsverbrechen begehen können. bb) Folgeurteile In den nachfolgenden Urteilen des ICTY wurde grundsätzlich ebenfalls keine Eingrenzung des Täterkreises vorgenommen. Die Beschränkung auf das Erfordernis einer „Verbindung der Tat zum bewaffneten Konflikt“ wurde bestätigt und entspricht nun der ständigen Rechtsprechung.141 Es gibt allerdings eine Ausnahme bzw. Abweichung. Im Fall Kunarac et al. hat sich die Hauptverfahrenskammer auch mit einer Eingrenzung des Täterkreises auseinandergesetzt und letztlich eine Verbindung des Täters zu einer Konfliktpartei gefordert.142 Im Furundzˇija-Fall hat die Kammer zumindest den funktionalen Zusammenhang der Tat mit dem bewaffneten Konflikt mit dem Argument bejaht, dass der Täter ein „active combatant“ gewesen ist und sein Verhalten letztlich der gängigen Praxis der Konfliktpartei entsprach.143 cc) Analyse Die Rechtsprechung der Strafkammern des ICTY verfolgt grundsätzlich eine einheitliche Linie. Entscheidendes Kriterium bei den Kriegsverbrechen ist die Verbindung der Einzeltat mit dem bewaffneten Konflikt, wohingegen eine Eingrenzung des Täterkreises nur ein einziges Mal diskutiert wurde. Die vagen Andeutungen 137

ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Hauptverfahrenskammer, 7. Mai 1997, para. 573; ebenso Prosecutor v. Blasˇkic´, Hauptverfahrenskammer, 3. März 2000, para. 70. 138 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Oktober 1995, para. 70. 139 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 15. Juli 1999, para. 144. 140 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 15. Juli 1999, para. 144 Fn. 175. 141 Vgl. nur ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. Nov. 1998, para. 193; Prosecutor v. Blasˇkic´, Hauptverfahrenskammer, 3. März 2000, para. 70; Prosecutor v. Kordic´ and Cˇerkez, 26. Febr. 2001, Hauptverfahrenskammer, para. 32; Prosecutor v. Kunarac et al., Berufungskammer, 12. Juni 2002, para. 55; Prosecutor v. Halilovic, Hauptverfahrenskammer, 16. November 2005, para. 28; Prosecutor v. Haradinaj et al., Hauptverfahrenskammer, 3. April 2008, para. 61. 142 Vgl. ICTY, Prosecutor v. Kunarac et al., Hauptverfahrenskammer, 22. Febr. 2001, para. 407. Diese Auffassung vertrat auch die Anklage im Fall Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. Nov. 1998, para. 286. 143 ICTY, Prosecutor v. Furundzˇija, Hauptverfahrenskammer, 10. Dez. 1998, para. 65.

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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der Berufungskammer im Fall Tadic´ haben insofern (leider) keine Konkretisierung erfahren und liefern damit keinen nachhaltigen Erkenntniswert. In diesem Kontext ist allerdings auch zu beachten, dass bei den maßgeblichen Entscheidungen des ICTY ausschließlich (hohe) Militärangehörige und Politiker angeklagt waren, weshalb eine Auseinandersetzung mit dem potentiellen Täterkreis auch nicht unbedingt erforderlich war. Die Ausführungen der Hauptverfahrenskammer im Fall Kunarac et al. basieren hingegen eindeutig auf der brisanten Entscheidung des ICTR im Fall Akayesu.144 Erstaunlicherweise haben sich andere Verfahrensammern des ICTY allerdings nicht auf diese Entscheidung bezogen, sondern diese unbeachtet gelassen. Insgesamt kann somit festgehalten werden, dass die Rechtsprechung des ICTY keine substantiellen Anhaltpunkte für eine Eingrenzung des Täterkreises bei Kriegsverbrechen liefert, so dass grundsätzlich Kombattanten und Zivilpersonen als Täter in Betracht kommen. d) Ruanda Das zweite Ad-hoc-Strafgericht, das ebenfalls auf Basis eine Sicherheitsratsresolution nach Kapitel VII der UN-Charta errichtet wurde,145 stellt das Ruanda-Tribunal dar. Ihm kommt eine revolutionäre Bedeutung im völker(straf)rechtlichen Bereich zu. Bis zu dessen Gründung wurde nämlich die Strafbarkeit von Kriegsverbrechen im nicht-internationalen Konflikt überwiegend abgelehnt, da dies einen Verstoß gegen das Interventionsverbot nach Art. 2 Nr. 1 und 7 UN-Charta bedeuten würde.146 Nach Art. 4 ICTR-Statut wurde somit erstmals einem internationalem Gericht die Zuständigkeit für Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht im Rahmen eines nicht-internationalen bewaffneten Konflikts, in Gestalt des gemeinsamen Art. 3 GA und des ZP II, eingeräumt.147 Dieser entscheidende Schritt wurde relativ schnell auch durch die Ausführungen des ICTY im Fall Tadic´ zur Angleichung von nicht-internationalen und internationalen Konflikten gestützt.148 Hieraus folgt zugleich auch, dass nicht nur staatliche, sondern eben auch nicht-staatliche Akteure für Kriegsverbrechen zur Verantwortung gezogen werden können.149 Den Dreh- und Angelpunkt bei der Frage des Täterkreises von Kriegsverbrechen bilden die Urteile der Hauptverfahrens- und Berufungskammer des ICTR im Fall 144

Hierzu gleich ausführlicher unter A. II. 5. d) aa). UN Sicherheitsratsresolution 955 (1994). 146 Vgl. nur Schröder, S. 153; Cottier, in: Erberich et al., S. 184 m.w.N. 147 Vgl. nur Boed, CLF 13 (2002), 293, 299; Cameron, in: Engdahl/Wrange, S. 48. 148 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Okt. 1995, para. 119 ff. 149 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Okt. 1995, para. 70; Ambos (2004), S. 53; Zegveld, S. 152. Art. 8 ICC-Statut differenziert ebenfalls nicht zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren. Dies bestätigt auch die Definition in Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICCStatut („… zwischen solchen Gruppen…“). Bezeichnend ist dahingehend, dass der erste Angeklagte vor dem ICC, Thomas Lubanga, der Anführer einer Rebellengruppe gewesen ist. Insgesamt zur Rolle von nicht-staatlichen Akteuren im Völkerstrafrecht vgl. Zellweger/Koller, in: Breitenmoser et al., S. 1619 ff.; Dickinson, in: Bassiouni, S. 362 ff. 145

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

Akayesu, wo es unter anderem um die Strafbarkeit eines ruandischen Bürgermeisters wegen Kriegsverbrechen ging. aa) Urteil der Hauptverfahrenskammer im Fall Akayesu Nachdem das ICTY nur auf die Frage des geschützten Personenkreises im Sinne von Art. 4 GA eingegangen war, ist die Hauptverfahrenskammer des ICTR erstaunlicherweise die erste Strafkammer, die sich auch mit dem potentiellen Täterkreis intensiv auseinandergesetzt hat. (1) Rechtsausführungen Die Hauptverfahrenskammer beschäftigt sich zunächst mit dem Sinn und Zweck der Genfer Konventionen und der zwei Zusatzprotokolle. Demnach seien diese Verträge hauptsächlich deshalb angenommen worden, um Opfer und auch potentielle Opfer von bewaffneten Konflikten zu schützen. Weiterhin führt die Kammer aus, dass sie sich deshalb auch an diejenigen richten, die für den Ausbruch des Konflikts verantwortlich oder auf andere Weise mit dem Kampfgeschehen verbunden sind. In der Regel seien dies Kommandanten, Kombattanten oder andere Mitglieder der Streitkräfte.150 Im Hinblick auf den umfassend schützenden und humanitären Zweck der Regelungswerke dürfe der Täterkreis, der durch den gemeinsamen Art. 3 GA und das ZP II gebunden sei, nicht zu restriktiv ausgelegt werden. Folglich seien hiervon alle Personen innerhalb der Streitkräfte unter der militärischen Führung der kriegsführenden Parteien umfasst oder Individuen, die rechtmäßig beauftragt wurden, wie z. B. Beamte, staatliche Vertreter oder Personen, die auf andere Weise staatliche Autorität besitzen oder de facto die Regierung repräsentieren, um die Kriegsanstrengungen zu unterstützen oder auszuführen.151 Die Strafbarkeit von Zivilisten für Kriegsverbrechen sei spätestens seit den Tokioter Prozessen anerkannt. Auch andere Nachkriegsprozesse würden bestätigen, dass Zivilisten Täter von Kriegsverbrechen sein können, sofern sie eine Verbindung zu einer Konfliktpartei aufweisen. Diese Auslegung stünde auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Genfer Konventionen und der Zusatzprotokolle, nämlich Kriegsopfer vor Gräueltaten zu schützen.152 (2) Folgeurteile Diese Rechtsansicht der Hauptverfahrenskammer im Fall Akayesu wurde in einigen nachfolgenden Urteilen grundsätzlich bestätigt. Offen blieb allerdings, welche

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ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. Sept. 1998, para. 630. ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. September 1998, para. 631. 152 ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. Septemberstandstand 1998, para. 633. 151

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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Personen „de facto die Regierung repräsentieren“153. Einigkeit bestand zumindest insoweit, dass Zivilisten im Hinblick auf den humanitären Zeck der Genfer Konventionen und des ZP II in den potentiellen Täterkreis einbezogen werden sollen.154 Die Frage, unter welchen Umständen dies der Fall ist, wurde allerdings unterschiedlich beantwortet. Im Fall Kayishema und Ruzindana weist die Strafkammer darauf hin, dass bei Tätern, die nicht direkt zu den Streitkräften gehören, nur dann eine individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen nach dem ZP II bestünde, wenn sie eine Verbindung zu den Streitkräften besitzen.155 Die Hauptverfahrenskammer im Rutaganda-Fall führt dahingehend präzisierend aus, dass der Täter grundsätzlich nach dem gemeinsamen Art. 3 GA zu einer Konfliktpartei gehören, wohingegen er nach dem ZP II entweder ein Mitglied der Streitkräfte der Regierung oder der Aufständischen sein muss.156 Jedoch solle der Täterkreis so weit wie möglich ausgelegt werden. Letztlich wiederholt die Kammer deshalb die entsprechenden Ausführungen aus dem Akayesu-Urteil, wonach eine individuelle Verantwortlichkeit von Zivilisten dann gegeben sei, wenn sie eine Verbindung zu einer Konfliktpartei aufweisen.157 Unter Bezugnahme auf die vorhergehenden Entscheidungen wurde die beschriebene Eingrenzung des Täterkreises grundsätzlich auch in dem Fall Musema übernommen.158 Die Hauptverfahrenskammer fordert jedoch ebenso wie im Fall Rutaganda nicht die Verbindung des Täters zu den Streitkräften, sondern lässt vielmehr generell den Konnex zu einer Konfliktpartei ausreichen.159 Um dies zum Ausdruck zu bringen, rekurriert sie maßgeblich auf spezielle Nachkriegsprozesse.160 Musema, den Direktor einer (semi-)staatlichen Teefabrik, sah sie somit als tauglichen Täter im Sinne des gemeinsamen Art. 3 GA und dem ZP II an.161

153 „… or de facto representing the Government …“, vgl. ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. September 1998, para. 631. 154 ICTR, Prosecutor v. Kayishema&Ruzindana, Hauptverfahrenskammer, 21. Mai 1999, para. 176; Prosecutor v. Rutaganda, Hauptverfahrenskammer, 6. Dez. 1999, para. 97; Prosecutor v. Musema, Hauptverfahrenskammer, 27. Jan. 2000, para. 274. 155 ICTR, Prosecutor v. Kayishema&Ruzindana, Hauptverfahrenskammer, 21. Mai 1999, para. 175. 156 ICTR, Prosecutor v. Rutaganda, Hauptverfahrenskammer, 6. Dezember 1999, para. 96. 157 ICTR, Prosecutor v. Rutaganda, Hauptverfahrenskammer, 6. Dezember 1999, para. 98. 158 ICTR, Prosecutor v. Musema, Hauptverfahrenskammer, 27. Januar 2000, para. 266. 159 ICTR, Prosecutor v. Musema, Hauptverfahrenskammer, 27. Januar 2000, para. 274. 160 ICTR, Prosecutor v. Musema, Hauptverfahrenskammer, 27. Januar 2000, para. 269 ff. 161 ICTR, Prosecutor v. Musema, Hauptverfahrenskammer, 27. Januar 2000, para. 275.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

bb) Urteil der Berufungskammer im Fall Akayesu Die Berufungskammer des ICTR im Fall Akayesu vertrat hingegen eine abweichende Ansicht und qualifizierte die Ausführungen der Hauptverfahrenskammer zum eingeschränkten Täterkreis als „Rechtsirrtum“.162 (1) Rechtsausführungen Die Berufungskammer stellt zunächst im Rahmen einer grammatikalischen Auslegung fest, dass weder Art. 4 ICTR-Statut in Verbindung mit Art. 1 und 5 ICTR-Statut, noch der gemeinsame Art. 3 GA Anhaltspunkte geben, dass der Täter eine Verbindung zu einer Konfliktpartei besitzen muss.163 Weiterhin würde auch die Rechtsprechung des ICTY keine Einschränkung des Täterkreises indizieren.164 Entgegen den Ausführungen der Hauptverfahrenskammer würde eine solche Restriktion dem Sinn und Zweck des gemeinsamen Art. 3 GA auch gerade diametral entgegenlaufen. Der humanitäre Mindestschutz, den die Norm für die Opfer gewährleiste, setze gerade voraus, dass jeder der hiergegen verstößt, effektiv bestraft wird. Das humanitäre Völkerrecht würde geschwächt und in Frage gestellt, wenn bestimmte Personen von ihrer individuellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit für eine Verletzung des gemeinsamen Art. 3 GA nur deshalb entbunden wären, weil sie nicht zu einer spezifischen Täterkategorie gehören.165 Letztlich folge aus dem Erfordernis, dass die Tat eine enge Verbindung zu dem bewaffneten Konflikt aufweisen muss, dass der Täter in den meisten Fällen auch einen Nexus zu einer Konfliktpartei besitzt. Dies sei aber weder eine notwendige Voraussetzung des gemeinsamen Art. 3 GA noch des Art. 4 ICTR-Statut.166 (2) Folgeurteile Nach dem Machtwort der Akayesu-Berufungskammer wurde im Fall Bagilishema die Frage nach einem speziellen Täterkreis beim gemeinsamen Art. 3 GA und dem ZP II überhaupt nicht mehr diskutiert.167 Die Hauptverfahrenskammer im Semanza-Fall spricht das Problem hingegen kurz an, folgt schließlich aber dem Urteil der Berufungskammer im Akayesu-Fall.168 Ebenso verfährt auch die Kammer im Fall Kamuhanda.169 162 „… the Trial Chamber erred on a point of law in restricting the application of common Article 3 to a certain category of persons …“, vgl. ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Berufungskammer, 1. Juni 2001, para. 445. 163 ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Berufungskammer, 1. Juni 2001, para. 435, 437. 164 ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Berufungskammer, 1. Juni 2001, para. 439. 165 ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Berufungskammer, 1. Juni 2001, para. 443. 166 ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Berufungskammer, 1. Juni 2001, para. 444. 167 ICTR, Prosecutor v. Bagilishema, Hauptverfahrenskammer, 7. Juni 2001, para. 103 f. 168 ICTR, Prosecutor v. Semanza, Hauptverfahrenskammer, 15. Mai 2003, para. 358 ff. 169 ICTR, Prosecutor v. Kamuhanda, Hauptverfahrenskammer, 22. Jan. 2004, para. 725 ff.

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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cc) Analyse Die genannten Entscheidungen des ICTR beschäftigen sich erstmals explizit mit dem Täterkreis von Kriegsverbrechen. Dies ist vor allem im Hinblick darauf bemerkenswert, dass der zugrunde liegende Konflikt keinen internationalen, sondern gerade einen nicht-internationalen Charakter besaß. Die grundsätzliche Differenzierung zwischen Kombattanten und Zivilisten existierte (zu diesem Zeitpunkt) in dieser Konfliktart nämlich gerade nicht. Dennoch setze sich das Tribunal damit auseinander, ob und unter welchen Bedingungen auch Zivilisten, welche originär nicht am Kampfgeschehen teilnehmen, als Täter in Betracht kommen können. Diese dogmatische Frage, die von den Hauptverfahrenskammern des ICTR aufgeworfen wurde, wird teilweise aus „systematischer Sicht“ als eine weitere Spezifizierung des „Nexus-Erfordernisses“170 angesehen.171 Eine derartige Einordnung entspricht jedoch nicht ganz der Intention der Hauptverfahrenskammern, da diese mit dem potentiellen Täterkreis eine eigenständige Voraussetzung neben dem „Nexus-Erfordernis“ schaffen wollten.172 Im Gegensatz zum Erfordernis eines speziellen Begehungszusammenhangs bezieht sich dieses Eingrenzungskriterium nicht auf die Tat, sondern auf die Person. Der Täter kann nämlich auch eine Verbindung zu einer Konfliktpartei besitzen, jedoch fehlt der Zusammenhang der Einzeltat zum bewaffneten Konflikt oder umgekehrt. Die Voraussetzungen sind somit unabhängig voneinander bzw. die eine bedingt nicht automatisch die andere. Auch wenn der Effekt zwischen beiden „Nexus-Erfordernissen“ ähnlich ist, besitzt die Frage einer Begrenzung des Täterkreises nicht nur eine rein dogmatische Bedeutung. Die genauen Umstände, unter denen ein Zusammenhang der Einzeltat mit dem bewaffneten Konflikt angenommen werden kann, sind zwar noch nicht abschließend geklärt, Kriegsverbrechen im Rahmen von Gefechtssituationen dürften jedoch unstreitig erfasst sein.173 In eine solche Gefechtssituation können aber auch Personen verwickelt sein, die gerade keine Verbindung zu einer Konfliktpartei besitzen. In einem solchen Fall würde die (zusätzliche) Tätereingrenzung beispielsweise einen entscheidenden Unterschied machen, da diese Täter gerade nicht völkerstrafrechtlich wegen Kriegsverbrechen belangt werden könnten. Auffallend ist, dass die Rechtsfindungen der Hauptverfahrenskammer im Fall Akayesu zum Täterkreis, trotz der teilweise verübten Kritik in der Literatur,174 zu170

Mit diesem Begriff ist die Verbindung der Tat mit dem bewaffneten Konflikt gemeint, sog. Begehungszusammenhang. 171 So Kreß, IYHR 30 (2001), 103, 123. Auch Werle sieht die Beziehung des Täters zur Konfliktpartei nur als eine Voraussetzung an, welche den Zusammenhang der Tat mit dem bewaffneten Konflikt begründet, vgl. ders., Rn. 973. 172 Dies ergibt sich daraus, dass in den jeweiligen Entscheidungen der Zusammenhang der Tat mit dem bewaffneten Konflikt als zusätzliche (separate) Voraussetzung geprüft wurde, vgl. ICTR, Prosecutor v. Kayishema&Ruzindana, Hauptverfahrenskammer, 21. Mai 1999, para. 185; Prosecutor v. Rutaganda, Hauptverfahrenskammer, 6. Dezember 1999, para. 104; Prosecutor v. Musema, Hauptverfahrenskammer, 27. Januar 2000, para. 260. 173 Ausführlicher zum „Begehungszusammenhang“ unter A. III. 1. d) bb). 174 Spieker, LJIL 13 (2000), 395, 415 ff.; Obote-Odora, MUEJL 8 (2001), para. 48, 110 ff.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

nächst bei den Richtern des ICTR Anklang gefunden haben und in vier weiteren Entscheidungen übernommen wurden. Erwähnenswert ist auch, dass das schweizerische Militärkassationsgericht bei einem nahezu identischen Sachverhalt zum AkayesuFall die Ausführungen der Hauptverfahrenskammer zum Täterkreis bei Kriegsverbrechen als überzeugend ansah und diesem Ansatz folgte.175 Nach der Entscheidung der Berufungskammer hatte sich die Frage des Täterkreises allerdings erledigt und wurde nicht mehr aufgeworfen. Abschließend lässt sich anhand der Entscheidungen des ICTR festhalten, dass über die grundsätzliche Strafbarkeit von Zivilisten für Kriegsverbrechen im nicht-internationalen Konflikt Einigkeit besteht. Das diskutierte Problem, ob der Täter aber eine Verbindung zu einer Konfliktpartei aufweisen muss, wurde von den Kammern zunächst unterschiedlich beurteilt, letztlich aber eine (explizite) Eingrenzung des Täterkreises abgelehnt. 6. Fazit Es kann zunächst festgehalten werden, dass eine konsistente Rechtsprechung hinsichtlich einer Täterqualität von Zivilpersonen bei Kriegsverbrechen vorliegt, die auch durch andere völker(straf)rechtliche Quellen gestützt wird. Dies erscheint auch sachgerecht und überzeugend, da es keinen Grund gibt, warum beispielsweise Regierungsmitglieder bzw. staatliche Funktionsträger aus dem Täterkreis ausgeschlossen werden sollten. Sie besitzen meist Schlüsselpositionen und können mit ihren Anordnungen maßgeblichen Einfluss auf das Kampfgeschehen und damit die Einhaltung des humanitären Völkerrechts nehmen. Aufgrund ihrer Funktion besitzen sie eine größere Verantwortung als der einfache Soldat auf dem Schlachtfeld. Dies belegt letztlich die damit verbundene Schöpfung der Vorgesetztenverantwortlichkeit, auf deren Grundlage auch Politiker und Regierungsmitglieder mit zivilem Status wegen Kriegsverbrechen verurteilt werden konnten, vgl. nun auch Art. 28 lit. b.) ICC-Statut.176 Schwieriger ist hingegen die Frage zu beurteilen, ob eine Eingrenzung des Täterkreises zumindest durch das Erfordernis einer Verbindung der Zivilperson zu einer Konfliktpartei erreicht werden sollte. Weder die angeführten völkerrechtlichen Quellen noch die untersuchte Judikatur lassen dahingehend ein einheitliches Bild erkennen, weshalb von einem festen völkergewohnheitsrechtlichen Stand kaum ausgegangen werden kann. Nach der Entscheidung der Berufungskammer im Fall Akayesu wurde das Problem zumindest nicht mehr diskutiert und scheint sich für die Ad-hoc-Tribunale erledigt zu haben. Dies sollte jedoch einer kritischen Bewertung dieser Frage im Hinblick auf das (geltende) Völker(straf)recht nicht entgegenstehen.

175

Vgl. Swiss Military Court of Cassation, Prosecutor v. Niyonteze, 27. April 2001, para. 9

d.). 176 Siehe hierzu nur die oben angesprochenen Nürnberger und Tokioter Kriegsverbrecherprozesse gegen Zivilpersonen. Zu Art. 28 ICC-Statut aber ausführlich unter C.

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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a) Auslegung des humanitären Völkerrechts Es ist nun im Rahmen der (traditionellen) Auslegungsmethoden für völkerrechtliche Verträge nach Art. 31 WVK zu klären, ob die Hauptverfahrenskammer des ICTR im Fall Akayesu tatsächlich einem „Rechtsirrtum“ unterlegen ist, weil sie eine Verbindung des Täters zu einer Konfliktpartei gefordert hat. In dieser Hinsicht ist nochmals darauf hinzuweisen, dass ihre Ausführungen bis zur Entscheidung der Berufungskammer durch vier weitere Entscheidungen der Hauptverfahrenskammern des ICTR und in einer Entscheidung des ICTY (scheinbar unreflektiert) übernommen wurden. Aufgrund der (strengen) Akzessorietät der Kriegsverbrechen zum humanitären Völkerrecht,177 muss das Kriegsvölkerstrafrecht verbotsnormkonform – im Lichte der Primärregeln des Völkerrechts – ausgelegt werden. Hierfür müssen folglich die maßgeblichen völkerrechtlichen Quellen wie die HLKO, die Genfer Konventionen sowie die Zusatzprotokolle untersucht werden. Im Hinblick auf den Adressatenkreis des Kriegsvölkerrechts sind dahingehend die folgenden Normen von besonderer Bedeutung: Für den internationalen Konflikt sind dies maßgeblich der gemeinsame Art. 1 und 2 GA sowie Art. 1 ZP I (Anwendungsbereich). Weiterhin die Regelungen über den Kombattantenstatus in Gestalt des Art. 1 HLKO (Begriff des „Heeres“), Art. 4 A GA III (Kriegsgefangenenstatus) und Art. 43 (Streitkräfte) bzw. Art. 44 (Kombattanten- und Kriegsgefangene) ZP I. Für den nicht-internationalen Konflikt sind hingegen der gemeinsame Art. 3 GA und Art. 1 bzw. 2 ZP II (Anwendungsbereich) relevant. aa) Wortlaut Die Berufungskammer im Fall Akayesu trägt vor, dass der Wortlaut der Normen keine Anhaltspunkte für einen eingeschränkten Täterkreis gebe. Nach dem gemeinsamen Art. 1 und 2 GA sind die „Hohen Vertragsparteien“ die Verpflichteten der Genfer Konventionen. Aus Art. 1 Abs. 1 ZP I ergibt sich explizit, dass jede Konfliktpartei im internationalen bewaffneten Konflikt das anwendbare Völkerrecht einzuhalten hat.178 Der gemeinsame Art. 3 GA verpflichtet ebenfalls nur die „am Konflikt beteiligten Parteien“ zur Einhaltung der aufgeführten Bestimmungen im nicht-internationalen Konflikt. Art. 1 Abs. 1 ZP II konkretisiert dahingehend die Anforderungen an die nicht-staatliche Partei im Hinblick auf ihren Organisationsgrad. Art. 2 Abs. 1 ZP II erstreckt zudem den persönlichen Anwendungsbereich des Protokolls „auf alle Personen …, die von einem bewaffneten Konflikt betroffen sind“. Der Wortlaut der aufgeführten Normen schränkt zwar den Täterkreis nicht explizit ein, aber er belegt, dass nur die Konfliktparteien und damit maßgeblich deren Repräsentanten durch das humanitäre Völkerrecht gebunden sind. Im internationalen Konflikt sind das nach dem gemeinsamen Art. 2 GA nur die Hohen Vertragsparteien (Staaten) und im nicht-internationalen Konflikt nach dem gemeinsamen 177 Vgl. Satzger, § 16 Rn. 53; Ambos (2008), § 7 Rn. 242; Werle, Rn. 174; Schröder, in: Vitzthum, VII Rn. 53 Fn. 212. 178 Ipsen, in: Fleck, Nr. 304.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

Art. 3 GA und dem Art. 1 Abs. 1 ZP II der Staat und bewaffnete Gruppen mit einem bestimmten Organisationsgrad,179 weshalb folgerichtig auch nur deren Mitglieder für Verstöße völkerstrafrechtlich verantwortlich sein dürften.180 Ob der Täter damit eine bestimmte Verbindung zu einer am Konflikt beteiligten Partei aufweisen muss, lässt sich somit auf Grundlage des Wortlautes nicht abschließend ermitteln. bb) Historie Die (vorbereitenden) Materialien zu der HLKO, den Genfer Konventionen sowie den Zusatzprotokollen geben keine (explizite) Auskunft zu der Frage, ob die Vertragsstaaten nur die Kombattanten oder auch Zivilpersonen durch die Handlungsgeboteund verbote verpflichtet wollten. Die (allgemeine) historische Entwicklung und Entstehungsgeschichte zeigt aber, dass das Kriegsvölkerrecht ursprünglich von den Staaten geschaffen wurde, um die Kriegsführung zu regulieren. Dieser Bereich obliegt aber traditionell den Kombattanten der Streitkräfte, da sie im Rahmen der bewaffneten Auseinandersetzungen als verlängerter Arm des Staates fungieren. Sie sind demnach die (primären) Adressaten von Beschränkungen der Kampfmittel bzw. -methoden durch die HLKO.181 Die Genfer Konventionen von 1864 und 1929 bezweckten deshalb zunächst auch nur den Schutz verwundeter und kranker Kombattanten, sowie die Behandlung von Kriegsgefangenen.182 In der Folge wurde das Genfer Recht zwar durch die Genfer Abkommen I-IV und die Zusatzprotokolle I und II noch weiterentwickelt und verfeinert, aber trotzdem richten sich diese Instrumente maßgeblich an die unmittelbar am Kampfgeschehen teilnehmenden Kombattanten.183 Hieraus resultiert letztlich auch die statusrechtliche Differenzierung zwischen Kombattanten und Zivilisten sowie das Kombattantenprivileg. Die (friedliche) Zivilbevölkerung bildet das Gegenstück zu den kämpfenden Streitkräften der Nationen und wurde deshalb grundsätzlich nicht als Adressat einer Beschränkung der Kampfesführung betrachtet. Sie werden im Gegensatz zu Kombattanten nicht für den Krieg ausgebildet, erhalten demnach auch keine Belehrung bzw. Unterrichtung darüber, welche Kriegsregeln von ihnen einzuhalten sind. Das Kriegsvölkerrecht hat sich demnach als ein System von Regeln zwischen Kombattanten entwickelt.184

179 Vgl. hierzu die Ausführungen im 2. Kapitel, B. II. 2. und III. 1. sowie IV. Zu der diffizilen Begründung für eine Bindung nicht-staatlicher Konfliktparteien durch das humanitäre Völkerrecht, ausführlich Schröder, S. 111 ff. 180 Schröder, S. 165. 181 Vgl. nur v. Knieriem, S. 384 f. 182 Satzger, § 16 Rn. 54. 183 ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. Sept. 1998, para. 630; König, S. 183; Doehring, Rn. 251; Arnold, S. 131; Lehnardt, EJIL 19 (2008), 1015, 1017. 184 So auch Safferling, NZWehrr 1998, 177, 187.

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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Die historische Entwicklung und Entstehungsgeschichte legt somit nahe, dass ursprünglich nur die Kombattanten durch das Kriegsvölkerrecht verpflichtet werden sollten. cc) Systematik Die Entstehungsgeschichte der humanitär-rechtlichen Normen wird auch durch eine systematische Auslegung gestützt. In dieser Hinsicht sind vor allem Art. 4 A Abs. 2 GA III sowie Art. 43, 44 ZP I von besonderer Bedeutung. Die Vorschriften erfordern nämlich (explizit) die Verbindung zu einer Konfliktpartei, um den Kombattanten bzw. Kriegsgefangenenstatus erlangen zu können. Folglich könnte man daraus schließen, dass Personen ohne diese Verbindung gerade nicht an das humanitäre Völkerrecht gebunden und ihre Verstöße nach nationalem Recht zu sanktionieren sind. Dagegen lässt sich allerdings anführen, dass diese Normen, ihrem Wortlaut nach, nur Rechte verleihen und es deshalb zweifelhaft sein könnte, ob diese Vorschrift auch als Argument für die Verpflichtungen bestimmter Individuen herangezogen werden kann.185 Andererseits gehen diese Normen unmittelbar aus Art. 1 HLKO hervor.186 Nach dieser Vorschrift gelten die „Gesetze, die Rechte und die Pflichten des Krieges nicht nur für das Heer, sondern auch für die Milizen und Freiwilligenkorps“.187 Hieraus ist zu entnehmen, dass bei einer formalistischen Betrachtung nur die beschriebenen Personengruppen, mit Verbindung zu einer Konfliktpartei, Berechtigte und Verpflichtete des Kriegsrechts sind. Nach Art. 3 HA IV ist die Kriegspartei für alle Handlungen verantwortlich, „die von den zu ihrer bewaffneten Macht gehörenden Personen begangen werden“. Die völkerrechtliche Verantwortlichkeit der Kriegspartei erstreckt sich insofern zunächst auch nur auf die Handlungen ihrer Streitkräfte oder allgemeiner, ihrer Beauftragten.188 Art. 29 GA IV und Art. 91 S. 2 ZP I belegen allerdings, dass der Konfliktpartei neben den Streitkräften auch das Verhalten von Staatsorganen zugerechnet wird, worunter beispielsweise auch Beamte, Richter, Paramilitärs und Polizei-Einheiten fallen.189 Zudem werden Personen erfasst, die zwar keine Staatsorgane sind, aber im staatlichen Auftrag handeln.190 Die Regelungen bieten somit auch einen Anknüpfungspunkt für Verurteilungen von Unternehmern, Richtern, Parteifunktionären sowie Ärzten, wie sie im Rahmen der Nürnberger Nachfolgeprozesse und der erwähnten Verfahren gegen Zivilpersonen vor dem ICTR stattfanden. Diese Normen sprechen aber dafür, dass Zivilisten ohne jegliche Verbindung zu einer Konfliktpartei, und damit ohne völkerrechtliche Rückkoppelung zu einer Kriegspartei, keine Kriegsverbrechen begehen können. 185 186 187 188 189 190

Lehnardt, EJIL 19 (2008), 1015, 1019 Fn. 18. Draper, BYIL 45 (1971), 173, 187; Ipsen, in: Schöttler/Hoffmann, S. 147; 152 ff. Hervorhebung durch den Verfasser. Provost, S. 75. Uhler, in: Pictet IV, S. 211 f. Dazu Ipsen, in: Ipsen, § 40 Rn. 10 ff.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

dd) Teleologische Auslegung Aus teleologischen Gesichtspunkten wird zunächst angeführt, dass Sinn und Zweck des humanitären Völkerrechts der Schutz der Individuen ist und dieser Schutzzweck zum Interesse der Opfer in bewaffneten Konflikten weit ausgelegt werden müsse.191 Dies komme für den nicht-internationalen Konflikt auch beim gemeinsamen Art. 3 GA zum Ausdruck, der zumindest die Gewährleistung von humanitären Mindeststandards bezwecke. Folglich sollte jede Verletzung des humanitären Völkerrechts effektiv geahndet werden, wer auch immer der Täter ist.192 Im Hinblick auf diese These muss jedoch kritisch hinterfragt werden, wer eigentlich in bewaffneten Konflikten als „Opfer“ anzusehen ist. Diese Frage hängt aber offenbar mit der Frage nach dem Täterkreis zusammen. Der Hinweis auf den Schutz der Opfer hilft insofern nicht entscheidend weiter, solange nicht schlüssig dargelegt werden kann, wie der Begriff des „Opfers“ zu definieren ist. Teilweise wird auch vorgebracht, dass es im nicht-internationalen Konflikt schwierig sein kann, eine spezielle Bindung des Täters an eine Konfliktpartei nachzuweisen, da klare Kommandostrukturen fehlen können.193 Dieser Einwand überzeugt allerdings ebenfalls nicht, da ein gewisses Mindestmaß an Kommandostrukturen für den nicht-internationalen Konflikt eine Grundvoraussetzung bildet. Zu berücksichtigen ist hingegen, dass seit Nürnberg das Prinzip der individuellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit gilt. Das Völkerstrafrecht richtet sich im Gegensatz zu dem Völkerrecht insofern gerade nicht an Staaten, sondern verpflichtet die Einzelnen zur Einhaltung der humanitären Bestimmungen. Die (neueren) völkerrechtlichen Entwicklungen mit Beginn der Nürnberger Prozesse zeigen, dass durch den Schutz der Menschenrechte das Individuum stärker in den Vordergrund gerückt wird. Die traditionelle Mediatisierung des Einzelnen durch den Staat scheint mehr und mehr überwunden und das Individuum erlangt (partielle) Völkerrechtssubjektivität.194 Es ist insofern eine immer größer werdende Annäherung vom humanitären Völkerrecht an die Menschenrechte erkennbar, um eine effektiven Schutz der beteiligten Personen zu gewährleisten.195 Der Tatbestand könnte insofern im Vordergrund stehen und nicht der Täter. Weiterhin sollten auch der technische Wandel und die Entwicklung von den traditionellen Staatenkriegen hin zu innerstaatlichen Konflikten eine angemessene Berücksichtigung finden. Zudem kann eingewendet werden, dass durch das Erfordernis der Verbindung zu einer Konfliktpartei vor allem Taten, die in anarchischen Konfliktsituationen begangen werden, von einer völkerstrafrechtlichen Ahndung ausgenommen wären.196 Deshalb wird teilweise auch dafür plädiert, dass jede Person, welche die tatsächliche Fähigkeit und Möglich-

191 192 193 194 195 196

Behnsen, GYIL 46 (2004), 494, 516; Boed, CLF 13 (2002), 293, 316. ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Berufungskammer, 1. Juni 2001, para. 443. Heinsch, S. 127. Gornig, NJ 1992, 4, 14; König, S. 180 ff. Vgl. Heintze, in: FS Fleck, S. 263 ff.; Garraway, in: FS Fleck, S. 137. Sassoli/Bouvier, S. 267.

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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keit besitzt, das humanitäre Völkerrecht zu verletzten, dafür auch individuell völkerstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden sollte.197 Eine gewisse Begrenzung des Täterkreises auf Personen, die eine Verbindung zu einer Konfliktpartei aufweisen, läuft dem Schutzzweck des humanitären Völkerrechts allerdings nicht entgegen, sondern entspricht ihm unter Wahrung des völkerrechtlichen Zurechnungskriteriums einer völkerstrafrechtlich relevanten Handlung. Die Rückkopplung an eine Vertragspartei ist nämlich eine fundamentale Voraussetzung für die Anwendbarkeit der völkerrechtlichen Konventionen.198 Die Anforderungen der Hauptverfahrenskammer im Fall Akayesu erscheinen deshalb als nicht zu restriktiv, sondern garantieren eine effektive und sinnvolle völkerstrafrechtliche Verfolgung von Kriegsverstößen, um Kriegsopfer vor Gräueltaten zu schützen.199 Unter Berücksichtigung der modernen Entwicklung des Völkerrechts, spielt natürlich ebenfalls die Anerkennung einer (partiellen) Völkerrechtssubjektivität von Individuen durch das Völkerstrafrecht eine gewichtige Rolle.200 Zu berücksichtigen ist dahingehend vor allem, dass die Einbeziehung von Zivilpersonen in den Kreis der Verpflichteten des Kriegsvölker(straf)- rechts nur durch eine extensive Auslegung der humanitär-rechtlichen Normen möglich ist, da nach traditionellem Verständnis (zumindest nach der HLKO) primär die Kombattanten an bestimmte Kriegsführungsverbote gebunden werden sollten. Diese Erweiterung ist allerdings sinnvoll und sachgerecht, da auch Zivilpersonen wie Regierungsmitglieder oder andere Vorgesetzte mit ihrer Weisungsbefugnis einen erheblichen Einfluss auf das Kampfgeschehen nehmen können und damit eine Schlüsselposition besitzen.201 Wie beispielsweise die Industriellenprozesse nach dem Zweiten Weltkrieg zeigen, können aber auch Privatpersonen eng mit der Kriegsmaschinerie verbunden sein und damit (staatlich unterstützte) Kriegsverbrechen begehen. Speziell in nicht-internationalen Konflikten sind es auf nicht-staatlicher Seite zudem oft Personen mit zivilem Status,202 die sich an den Kampfhandlungen beteiligen und gegebenenfalls Kriegsverbrechen begehen. Sicherlich kann es auch gewisse Schwierigkeiten geben in nicht-internationalen Konflikten den Bezug des Täters zu einer Konfliktpartei nachzuweisen oder in archaischen Konfliktsituationen sind Personen involviert, die keine Konfliktpartei darstellen und deren Verhalten somit völkerstrafrechtlich nicht sanktionierbar ist. Dies sollte aller197

Spieker, LJIL 13 (2000), 395, 417. Dazu Mallison/Mallison, CWRJIL 9 (1977), 39, 51. 199 So auch der Swiss Military Court of Cassation, Prosecutor v. Niyonteze, 27. April 2001, para. 9 lit. d.). 200 Die Herleitung von völkerrechtlichen Pflichten des Einzelnen ist allerdings durchaus problematisch und nur in bestimmten Fällen nachweisbar, vgl. Hailbronner, in: Vitzthum, III Rn. 22; Epping, in: Ipsen, § 7 Rn. 4. 201 Die Verantwortlichkeit von zivilen Vorgesetzten für Kriegsverbrechen wird letztlich auch durch Art. 28 lit. b.) ICC-Statut bekräftigt. 202 Dies gilt vor allem dann, wenn man, entgegen der vom Verfasser vertretenen Ansicht, den nicht-staatlichen Akteuren im nicht-internationalen Konflikt grundsätzlich die Zuerkennung eines Kombattantenstatus verweigert. Hierzu aber schon ausführlich im 2. Kapitel, B. V. 2. 198

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

dings nicht dazu führen, dass das völkerrechtliche System aufgrund von Utilitätserwägungen aus seinen Angeln gehoben wird. Nach dem traditionellen Völkerrecht waren nur die Staaten die Adressaten von völkerrechtlichen Verpflichtungen.203 Die Herleitung einer unmittelbaren völkerstrafrechtlichen Verantwortlichkeit aus kriegsvölkerrechtlichen Regelungen bereitet unter Zugrundelegung einer rein grammatikalischen Auslegung deshalb per se schon gewisse Schwierigkeiten,204 die sich wohl maßgeblich nur durch völkergewohnheitsrechtliche Erwägungen überwinden lassen.205 Die Besonderheit von Kriegsverbrechen besteht, im Gegensatz zu den Verbrechen gegen die Menschlichkeit und dem Völkermord, eben gerade in der strengen Akzessorietät zum humanitären Völkerrecht, die einer völligen Loslösung von fundamentalen völkerrechtlichen Grundsätzen entgegensteht. Das charakteristische Element ist, dass ein bewaffneter Konflikt zwischen zwei oder mehreren Konfliktparteien ausgetragen wird und die von den Angehörigen verübten Verbrechen aufgrund des kollektiven Zusammenhangs eine besondere Erheblichkeit aufweisen. Die Staatengemeinschaft wird erst dadurch als Ganzes tangiert, dass die Angehörigen der am Konflikt beteiligten Parteien bestimmte Kriegsverstöße begehen. Das Verhalten von unabhängigen Privatpersonen ist hingegen grundsätzlich nicht von internationalem Belang, da (nur) die Auseinandersetzung zwischen den Kriegsparteien humanisiert werden soll. Bei den traditionellen Staaten-Kriegen war insofern immer eine völkerrechtliche Zurechnung zum Staat als Kriegspartei notwendig. Die individuelle Handlung darf keine Einzelerscheinung sein, sondern muss der Kriegspartei als ihr Werk zurechenbar sein, weil sie sich in ihre Art und Weise der Kriegsführung einfügt. Versteht man den gesteigerten Unrechtsgehalt von Kriegsverbrechen in der Erschütterung des Grundvertrauens in die Friedensbereitschaft der Staaten, so wird deutlich, dass dies nicht durch Exzesse einzelner Täter möglich ist, sondern erst durch den Rückhalt der jeweiligen Konfliktpartei.206 Zu keiner abweichenden Beurteilung führt es, wenn das erhöhte Unrecht bei Kriegsverbrechen in der überwältigende Stärke des Staates oder nicht-staatlichen Kollektivs einerseits und der Hilflosigkeit bzw.

203

Ipsen, in: Ipsen, § 67 Rn. 1 ff.; Cerone, SDILJ 10 (2009), 335, 340. Teilweise wurde deshalb vertreten, dass sich eine völkerrechtliche Verpflichtung des Einzelnen nach den Vorschriften der HLKO jedenfalls nicht direkt herleiten lasse, vgl. v. Knieriem, S. 67 ff.; Kalshoven, in: Kalshoven/Zegveld, S. 80. Der Wortlaut der Genfer Konventionen („grave breaches“ Vorschriften) spricht ebenfalls eher gegen eine unmittelbare völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit, da die Staaten nur dazu verpflichtet werden, entsprechende Strafvorschriften zu erlassen und Verfolgungsmaßnahmen einzuleiten, dazu Ambos (2008), § 6 Rn. 19; Boas/Bischoff/Reid (2008), S. 225; Lüder, in: FS Fleck, S. 376; Simma/ Paulus, AJIL 93 (1999), 302, 310 f. Die Vorschriften zum nicht-internationalen Konflikt in Gestalt des gemeinsamen Art. 3 GA und dem ZP II enthalten ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine strafrechtliche Verantwortlichkeit im Falle einer Verletzung, Moir, in: Doria et al., S. 612 f. Eine klarstellende Veränderung trifft für den internationalen Konflikt allerdings Art. 85 Abs. 5 ZP I, wonach „schwere Verletzungen dieser Übereinkünfte als Kriegsverbrechen“ gelten. 205 Diese Problematik wurde im Rahmen eines Rückwirkungsverbotes schon vom IMT in Nürnberg ausführlich erörtert, vgl. nur Ahlbrecht, S. 84 f. 206 In diesem Sinne auf Grundlage der kantischen Rechtslehre Gierhake, S. 284. 204

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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Schwäche des Individuums andererseits, gesehen wird.207 Der funktionelle Zusammenhang zwischen der Tat und dem bewaffneten Konflikt ist als alleiniges Kriterium insofern nicht ausreichend, um dem kollektiven Charakter der Kriegsverbrechen gerecht zu werden.208 Grundvoraussetzung ist, dass der Täter eine Verbindung zu einer der beteiligten Konfliktparteien als Kollektiv besitzt. Dies wird auch nicht durch die neueren Entwicklungen im Hinblick auf innerstaatliche Konflikte konterkariert. Bei nicht-internationalen bewaffneten Konflikten wird nur eine Ausnahme von dem Grundsatz gemacht, dass der Staat der zentrale Akteur des (humanitären) Völkerrechts ist. Er hat dort nämlich sein Gewaltmonopol verloren, weshalb das klassische Staatsgebilde nach der Drei-Elementenlehre in dieser Konfliktform nicht mehr existiert. In einer solchen Situation ist ein völkerrechtlicher Systembruch die einzige Möglichkeit, um zum Schutze der Menschenrechte auf die privatisierte Gewalt reagieren zu können. Diesen Schritt hat die Völkergemeinschaft neben dem gemeinsamen Art. 3 GAvor allem mit dem ZP II vollzogen, wonach durch Art. 1 Abs. 1 ZP II explizit die Pflichtenträgerschaft über Staaten hinaus auch auf organisierte, bewaffnete Gruppen erweitert wurde. Im Hinblick auf das individuelle völkerstrafrechtliche Verhalten der Angehörigen dieser Gruppen hat die Rechtssprechung des ICTY209 und vor allem des ICTR210 diese Entwicklung in der Folge vorangetrieben und die ursprünglich staatsadressierten humanitären Pflichten auch auf nicht-staatliche Akteure ausgedehnt.211 Dieses Rechtsverständnis wird letztlich auch durch Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut („… zwischen solchen Gruppen…“) bestätigt.212 Folglich sind nach dem modernen Völkerstrafrecht in dieser Konfliktart zwar auch die nicht-staatlichen Akteure an die dort anwendbaren Verbotstatbestände gebunden.213 Diese Erweiterung des Adressatenkreises humanitärer Pflichten hat jedoch nicht zur Folge, dass nun jede Zivilperson für ihr Verhalten völkerstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden soll. Vielmehr tritt in nicht-internationalen bewaffneten Konflikten die nicht-staatliche Konfliktpartei als staatsähnliches Gebilde in die völkerrechtliche Pflichtenstellung ein und ist damit (ebenfalls) Zurechnungs207

So Berster, S. 257. Zum Unterschied zwischen dem Erfordernis des Begehungszusammenhangs und der Verbindung zu einer Konfliktpartei schon näher unter A. II. 5. d) cc). 209 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Okt. 1995, para. 70. 210 Einigkeit besteht zumindest dahingehend, dass sich grundsätzlich auch nicht-staatliche Akteure indviduell völkerstraferchtlich zu verantworten haben, vgl. ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. September 1998, para. 633; Prosecutor v. Musema, Hauptverfahrenskammer, 27. Jan. 2000, para. 266; Prosecutor v. Akayesu, Berufungskammer, 1. Juni 2001, para. 445. 211 Cerone, SDILJ 10 (2009), 335, 346. 212 Art. 8 ICC-Statut differenziert insgesamt nicht zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren. Bezeichnend ist dahingehend, dass der erste Angeklagte vor dem ICC, Thomas Lubanga, der Anführer einer Rebellengruppe gewesen ist. Insgesamt zur Rolle von nichtstaatlichen Akteuren im Völkerstrafrecht vgl. Zellweger/Koller, in: Breitenmoser et al., S. 1619 ff.; Dickinson, in: Bassiouni, S. 362 ff. 213 Vgl. Ambos (2004), S. 53; Cerone, SDILJ 10 (2009), 335, 355 f. 208

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

objekt individueller Handlungen. Folglich muss auch in dieser Konfliktsituation, parallel zum internationalen Konflikt, eine Verbindung des Täters zu einer (nicht-staatlichen) Konfliktpartei existieren. Es besteht kein Bedürfnis einen Zivilisten, der ohne Bezug zu den Kriegsparteien an einem bewaffneten Konflikt teilnimmt und gewisse Verbrechenstatbestände verwirklicht, als „Kriegsverbrecher“ zu stigmatisieren. Es fehlt in diesen Fällen insgesamt an einem gesteigerten Unrechtsgehalt der Tat. Diese Taten sind gewöhnliche Straftaten, die jederzeit, völlig unabhängig von einem bewaffneten Konflikt, begangen werden können.214 Für die Ahndung dieses (kriminellen) Verhaltens ist nämlich grundsätzlich die nationale Strafgerichtsbarkeit die sachgerechtere Instanz, welche die Verstöße ebenfalls (effektiv) sanktionieren kann. Es kann ohnehin, schon aus praktischen Gründen, nicht die Aufgabe des Völkerstrafrechts sein, jede Person, die einen Kriegsverbrechenstatbestand verwirklicht, zu bestrafen. Letztlich würde hierdurch auch eine Abgrenzung zu den „gewöhnlichen“ Straftaten nach nationalem Recht aufgehoben. Jenes braucht diesen staatlichen bzw. den Bezug zu einer Konfliktpartei nämlich gerade nicht, so dass dort nur das Verhalten des Täters von Bedeutung ist.

b) Konsequenzen Die Untersuchung hat folglich ergeben, dass der zivile Status einer Person grundsätzlich nicht von einer völkerstrafrechtlichen Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen entbindet. Entscheidend ist vielmehr, dass der Täter eine Verbindung zu einer Konfliktpartei besitzt. Klärungsbedürftig ist hingegen die Frage, wer hierfür konkret als Bezugsobjekt in Frage kommt und in welcher Form der Konnex bestehen muss. Die Vorverfahrenskammer des ICTR im Fall Kayishema und Ruzindana hat eine Verbindung zu den Streitkräften für erforderlich gehalten.215 Diese Auslegung erscheint allerdings als zu restriktiv, da die Streitkräfte selbst nur ein Organ der Konfliktpartei bilden bzw. diese repräsentieren. In Übereinstimmung mit der oben dargestellten (überwiegenden) völkerstrafrechtlichen Rechtsprechung ist vielmehr ausreichend, dass eine Verbindung zur Konfliktpartei insgesamt vorliegt, so dass jedes Organ bzw. jeder ihrer Repräsentanten als Bezugsobjekt in Betracht kommt. Dies wird dem völkerrechtlichen Zurechnungskriterium hinlänglich gerecht. Wie oben im Rahmen des Kombattantenstatus schon näher ausgeführt wurde,216 ist dahingehend eine De-facto-Verbindung ausreichend. Zu berücksichtigen ist, dass die Voraussetzungen an diese Verbindung nicht zu hoch angelegt werden sollten, da hier die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Einzelnen und gerade nicht die Verantwortlichkeit des Staates (Recht der Staatenverantwortlichkeit) im Fokus steht. Bei der Zugehörigkeit zu einer speziellen (Täter-)Gruppe ist die Verbindung indiziert. Der Wertung des 214

Es kann aber dennoch der enge Zusammenhang der Einzeltat mit dem bewaffneten Konflikt erfüllt sein, weil der Täter beispielsweise im Rahmen einer Gefechtssituation handelt. 215 ICTR, Prosecutor v. Kayishema&Ruzindana, Hauptverfahrenskammer, 21. Mai 1999, para. 175. 216 2. Kapitel, A. I. 2. b) aa).

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Art. 29 GA IV lässt sich entnehmen, dass dies beispielsweise bei Staatsträgern, wie Beamten und Richtern, evident der Fall ist. Hierzu gehören natürlich auch die Kombattanten im internationalen (vgl. Art. 3 S. 2 HA IV und Art. 91 S. 2 ZP I) sowie im nicht-internationalen Konflikt, also auch solche, die der nicht-staatlichen Konfliktpartei angehören.217 Bei paramilitärischen Einheiten und Gruppen ist zumindest eine konkludente Zustimmung der Konfliktpartei für das Verhalten der Person oder Personengruppe, die sich nach außen in irgendeiner Form durch aktives (faktisches) Verhalten manifestiert, ausreichend.218 Der Täter tritt in diesen Konstellationen im weitesten Sinne als ein Organ des Staates in Erscheinung. Im Gegensatz zu den genannten Personenmehrheiten sind die Taten von einzelnen Zivilpersonen, die (formal) nicht als Repräsentanten einer Konfliktpartei anzusehen sind, problematischer zu beurteilen. Bei ihnen kann sich die Verbindung zur Konfliktpartei nicht schon durch ihre formale Position oder die Zugehörigkeit zu einer speziellen Personengruppe ergeben. Gleichwohl existieren Fälle, in denen eine Konfliktpartei den Tatentschluss für eine konkrete Einzeltat hervorruft, das Verbrechen erst ermöglicht, fördert oder erleichtert (vgl. den erörterten Essen Lynching Case).219 Nach deutscher Strafrechtsdogmatik wären dies quasi Fälle einer Anstiftungs- oder Beihilfesituation, wodurch die nötige Verbindung im Einzelfall dann hergestellt wird.220 In diesen Fällen bedient sich die Konfliktpartei somit Dritter, um sie in ihre (verbrecherische) Politik miteinzubeziehen.221 aa) Situation bei PMCs/PSCs Im Hinblick auf die Mitarbeiter von PMCs/PSCs ist allerdings die vertragliche Bindung des Unternehmens an eine (staatliche oder nicht-staatliche) Konfliktpartei in jedem Fall als ausreichend anzusehen. Hierdurch wird dokumentiert, dass zwischen beiden eine Beziehung besteht und damit eine völker(straf)rechtliche Zurechnung gewährleistet wird. Sofern sie allerdings von nicht-staatlichen Akteuren engagiert werden, die selbst keine Konfliktpartei sind, fehlt es an der erforderlichen Defacto-Verbindung. Von Splittergruppen, Einzelpersonen oder (Wirtschafts-)Unternehmen engagierte private Mitarbeiter können insofern keine Kriegsverbrechen be-

217 Im internationalen Konflikt ist die Verbindung zu einer Konfliktpartei ohnehin eine zwingende Voraussetzung zur Erlangung des Kombattantenstatus. Nach der oben vertretenen Auffassung besitzen aber auch die Angehörigen der nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen bzw. Einheiten im nicht-internationalen Konflikt einen Kombattantenstatus, sofern sie die hierfür erforderlichen Bedingungen erfüllen. Dazu ausführlich im 2. Kapitel, B. V. 2. 218 Hierzu ausführlich im Rahmen des Kombattantenstatus im 2. Kapitel, A. I. 2. b) aa). 219 Berster bezeichnet diese Situation als „Versagung von Rechtsschutz“, vgl. ders., S. 259. Er fordert zudem bei allen völkerrechtlichen Verbrechen eine Zurechnung der Einzeltat zu einem Kollektiv. 220 Exemplarisch hierfür stehen die Angriffe von deutschen Zivilisten auf alliierte Flieger im Zweiten Weltkrieg (Essen-Lynching-Case) oder auch die Machenschaften der deutschen Großindustriellen (Industriellenprozesse). 221 Berster, S. 259.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

gehen, sondern ihr Verhalten ist dann an der jeweiligen nationalen Strafrechtsordnung zu messen. bb) Auswirkungen auf Beteiligungsformen Von maßgeblicher Bedeutung ist nun, wie sich dieser „Sonderdeliktscharakter“ von Kriegsverbrechen auf mögliche Beteiligungsformen auswirkt. Bei konsequenter Fortführung der dargelegten Argumentationskette muss er aber der völkerstrafrechtlichen Verantwortlichkeit aller Personen entgegenstehen, die keine Verbindung zu einer Konfliktpartei besitzen. Der Begriff „Täter“ ist somit nicht im (deutschen) rechtstechnischen Sinne zu verstehen, sondern umfasst auch „Teilnehmer“ an der Tat. Folglich sind durch den Sonderdeliktscharakter jegliche strafbare Beteiligungsformen, die nun erstmals detaillierter in Art. 25 Abs. 3 ICC-Statut geregelt sind,222 ausgeschlossen. Gleiches gilt damit natürlich auch für die spezielle Rechtsfigur der Vorgesetztenverantwortlichkeit,223 vgl. Art. 28 ICC-Statut. 7. Zwischenergebnis Bevor nun auf die einzelnen Voraussetzungen einer individuellen völkerstrafrechtlichen Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen nach Art. 8 ICC-Statut eingegangen wird, kann zumindest eine wichtige Erkenntnis konstatiert werden. Durch eine intensive Analyse der verschiedenen völker(straf)rechtlichen Quellen und einer Auslegung der Normen des humanitären Völkerrechts konnte ermittelt werden, dass bei Kriegsverbrechen eine Einschränkung des Täterkreises existiert. Sie besitzen insofern einen „Sonderdeliktscharakter“, weil als Täter oder Beteiligte nur solche Personen in Betracht kommen, die eine Verbindung zu einer Konfliktpartei aufweisen.

III. Art. 8 ICC-Statut Im folgenden Abschnitt wird nun die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit der Angestellten von PMCs/PSCs nach Art. 8 ICC-Statut in den Fokus der Untersuchung gerückt. Mit Aufnahme der Tätigkeit des ICC stellt diese Vorschrift nämlich die praktisch relevanteste Sanktionsnorm für Kriegsverbrechen dar. Hingegen besitzen die Tribunale in Jugoslawien und in Ruanda in naher Zukunft für die Praxis nur noch historische Bedeutung. Ursprünglich sollten zwar alle Verfahren bis 2010 beendet und ihre Tätigkeit eingestellt werden,224 jedoch hat sich dieses (ehrgeizige) Ziel als utopisch 222

Zur strittigen Frage, ob in Art. 25 ICC-Statut dennoch das (formale) Einheitstäterprinzip normiert oder nach verschiedenen Beteiligungsformen differenziert wird, vgl. nur Ambos (2008), § 7 Rn. 13; Werle, Rn. 408 ff. 223 Hierzu ausführlich unter C. 224 Nerlich, in: Hankel, S. 59.

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erwiesen, weshalb sich die Einstellung der Tätigkeit unter Berücksichtigung des aktuellen Standes noch um ein paar Jahre verschieben dürfte. Bei diesen Ad-hoc-Tribunalen handelt es sich aber dennoch lediglich um temporär beschränkte Gerichte, mit regional begrenztem Jurisdiktionsbereich,225 die nach Abschluss der Verfahren wieder aufgelöst werden.226 Mit dem ICC wurde nun aber eine permanente Instanz für die strafrechtliche Aburteilung von Individuen wegen Verstößen gegen internationale Straftatbestände geschaffen. Er soll zukünftig die strafrechtliche Aufarbeitung von (schweren) Menschenrechtsverletzungen durch regionale Ad-hoc-Gerichte ersetzen. Die im Römer Statut genannten völkerrechtlichen Kriegsverbrechenstatbestände reflektieren weitgehend das geltende Völkergewohnheitsrecht.227 Dies wird man vor allem aufgrund der Spruchpraxis des ICTYund des ICTR sowie der überwältigenden Zustimmung auf der Staatenkonferenz in Rom annehmen können. Die Systematik der Tatbestandsgruppen in Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut basiert auf dem traditionellen sog. „two box approach“. Es wird insofern (immer noch) zwischen Kriegsverbrechen im internationalen und solchen im nicht-internationalen Konflikt differenziert, weil einige Staaten Angst um ihren Souveränitätsverlust hatten.228 Die Rechtsprechung der Ad-hoc-Tribunale deutet zumindest an, dass eine derartige Dichotomie der Konfliktarten nicht erforderlich ist, da völkergewohnheitsrechtlich anerkannte Regeln des humanitären Völkerrechts existieren, die für den internationalen und nicht-internationalen bewaffneten Konflikte gleichermaßen gelten.229 Die systematische Trennung der beiden Konfliktarten wird deshalb teilweise als „kaum noch gerechtfertigt“230 bzw. „antiquiert“231 kritisiert.232 Das VStGB hat beispielsweise den two box approach nicht übernommen, sondern eine andere systematische, am Rechtsgut orientierte Anordnung der Tatbestände vorgenommen. Bis auf §§ 8 Abs. 3, 9 Abs. 2 und 11 Abs. 3 VStGB, bei denen der Gesetzgeber den völkergewohnheitsrechtlichen Charakter in Bürgerkriegen nicht feststellen konnte, gelten die Kriegsverbrechenstatbestände aber unabhängig von der Konfliktart.233 Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut ist letztlich ebenfalls durch die zwei Achsen des humanitären Völkerrechts234 geprägt, also durch das Genfer und Haager Recht. Die vier Unterabschnitte der Vorschrift differenzieren aber folgendermaßen: Art. 8 Abs. 2 lit. a.) ICC-Statut normiert die schweren Verletzungen der Genfer Abkommen, wohingegen in lit. b.) die anderen 225

Vgl. Art. 1 ICTY-Statut und Art. 1 ICTR-Statut. Doehring, Rn. 1148; Nerlich, in: Hankel, S. 58; Kirsch, S. 85. 227 Cottier, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 4; Werle, Rn. 948. 228 Werle/Nerlich, HuV-I 2002, 124, 127; Olsolo (2008), S. 54. 229 Vgl. dazu nur ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Okt. 1995, para. 96 ff., 116 ff.; sowie Prosecutor v. Strugar, Berufungskammer, 22. Nov. 2002, para. 9 ff.; ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. Sept. 1998, para. 611 ff. 230 Satzger, § 16 Rn. 60. 231 Werle, Rn. 947. 232 Kritisch auch Schabas, S. 116; Cassese (2008), S. 94; Weber, HuV-I 2009, 75, 82. 233 Engelhart, Jura 2004, 734, 743; Werle/Nerlich, HuV-I 2002, 124, 127. 234 Vgl. Heinsch, S. 43; Kelker, GreifRecht 3 (2008), 21, 22. 226

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schweren Verstöße gegen Gesetze und Gebräuche des Krieges geregelt werden. Die beiden anderen Unterabschnitte betreffen den nicht-internationalen Konflikt. In lit. c.) werden die Tatbestände aufgeführt, die im gemeinsamen Art. 3 GA enthalten sind und in lit. e.) wird auf die anderen schweren Verstöße der Gesetze und Bräuche im bewaffneten Konflikt rekurriert, die im nicht-internationalen Konflikt anwendbar sind. Die Liste der „anderen schweren Verletzungen“ in lit. b.) und e.) setzt sich aus verschiedenen Quellen zusammen, die als Völkergewohnheitsrecht anerkannt sind, inklusive des Genfer und Haager Rechts.235 Erfreulich ist, dass zumindest die Strafbarkeit von Kriegsverbrechen im nicht-internationalen Konflikt explizit vorgesehen ist. Die dahingehende Weiterentwicklung des Völkerstrafrechts ist maßgeblich, neben der Tadic´-Entscheidung des ICTY,236 von dem ICTR-Statut und der darauf basierenden Rechtsprechung des Ad-hoc-Tribunals geprägt.237 Bedauerlicherweise ist die Liste der Kriegsverbrechen im nicht-internationalen Konflikt etwas kürzer als im internationalen Konflikt. Das ICC-Statut trägt der völkergewohnheitsrechtlichen Entwicklung insofern nicht in vollem Umfang Rechnung, vor allem im Hinblick auf die verbotenen Kampfmittel bzw. Kampfmethoden nach Haager Recht.238 Trotz der erwähnten weitgehenden Annäherung zwischen den beiden Konfliktarten konnten sich die Staaten somit zwar nicht zu einer vollständigen Assimilierung durchringen, allerdings wurden die Unterschiede weiter marginalisiert.239 Die Liste der Kriegsverbrechen in Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut ist allerdings, sowohl für den internationalen als auch für den nicht-internationalen Konflikt, als enumerative Aufzählung zu verstehen.240 Die detaillierte (abschließende) Beschreibung der einzelnen Tatbestände nimmt insofern etwas die Möglichkeit für eine dynamische oder evolutive Interpretation von Kriegsverbrechenstatbeständen, um möglichen neueren Entwicklungen Rechnung tragen zu können.241 Andererseits muss aber berücksichtigt werden, dass eine offene Formulierung oder nicht abschließende Regelung der Kriegsverbrechenstatbestände immer das Risiko in sich birgt in Konflikt mit dem Bestimmtheitsgrundsatz zu geraten.

1. Die übergreifenden Voraussetzungen des Art. 8 ICC-Statut Aufgrund der Akzessorietät der Kriegsverbrechen zum humanitären Völkerrecht existieren, neben den speziellen Voraussetzungen des jeweiligen Kriegsverbrechenstatbestandes nach Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut, allgemeine völkergewohnheitsrechtlich 235

Cryer et al., S. 289. Dazu ausführlich oben unter A. II. 5. c) aa). 237 de Beco, ICLR 8 (2008), 319, 323. 238 Cottier, in: ELSA, S. 178; Nerlich, in: Hankel, S. 69 f.; Engelhart, Jura 2004, 742, 735; Werle, Rn. 942; de Beco, ICLR 8 (2008), 319, 324; La Haye, S. 142. 239 Askin, CLF 10 (1999), 33, 57; Tomuschat, FW 73 (1998), 335, 340. 240 Vgl. Dahm/Delbrück/Wolfrum, S. 1054; Condorelli, in: Politi/Nesi, S. 112; Ambos (2008), § 7 Rn. 227; Zegveld, S. 102; de Beco, ICLR 8 (2008), 319, 324. 241 Schabas, S. 117. 236

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anerkannte Voraussetzungen, die für die Anwendbarkeit des Kriegsvölkerstrafrechts generell erforderlich sind. In diesem Zusammenhang gilt es auch zu untersuchen, ob die Kriegsverbrechen im Römischen Statut ebenfalls als „Sonderdelikt“ qualifiziert werden oder ob dort eine abweichende Regelung getroffen wurde. a) Bewaffneter Konflikt Die erste fundamentale Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Kriegsvölkerstrafrechts bildet die Existenz eines bewaffneten Konflikts. Kriegsverbrechen können, anders als Verbrechen gegen die Menschlichkeit, somit nur in „Kriegszeiten“ begangen werden. Die Aufnahme des Terminus bewaffneter Konflikt ist allerdings neueren Ursprungs und lässt sich historisch mit den Veränderungen durch das Kriegsverhütungsrecht erklären. Bis zum Abschluss des „Briand-Kellog-Paktes“ am 27. August 1928 galt der Krieg als legitimes Mittel der Staaten („Lehre vom gerechten Krieg“).242 Bis dato existierte insofern die strikte Unterscheidung zwischen Krieg und Frieden, so dass das Kriegsvölkerrecht auch nur im Falle eines Kriegszustandes Anwendung gefunden hat. Für das Eintreten dieses Kriegszustandes bedurfte es allerdings der formellen Kriegserklärung eines Staates gegenüber einem anderen Staat (formaler Kriegsbegriff).243 Dieser völkerrechtliche Zustand des „ius ad bellum“ wurde durch den „Briand-Kellog-Paktes“ erstmals verändert. In Art. 1 des Paktes wurde der Krieg als Mittel zur Lösung internationaler Streitfälle nun ausdrücklich verurteilt und festgelegt, dass die Staaten auf dieses Instrument der Politik verzichten sollen. Auch die Vereinten Nationen haben später den (Angriffs-)Krieg grundsätzlich als völkerrechtswidrig erklärt, was das umfassende Gewaltverbot in Art. 2 Ziffer 4 der UNCharta dokumentiert.244 Seit 1945 führen nun die Staaten, aufgrund der beschriebenen Ächtung des Krieges, vermehrt bewaffnete Auseinandersetzungen, ohne den förmlichen Kriegszustand untereinander eintreten zu lassen.245 Völkervertragsrechtliche Regelungen, die explizit auf einen Kriegszustand abstellen, wären demnach nicht anwendbar gewesen und hätten keine Wirkung entfalten können. Im Hinblick auf diese Entwicklung und um eine effektive Anwendung der Normen des humanitären Völkerrechts zu gewährleisten, wurde in den Kodifikationen nach dem Zweiten Weltkrieg zusätzlich der funktionale Terminus „bewaffneter Konflikt“ verwendet.246

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Hierzu Ziegler, AVR 42 (2004), 271, 273 ff.; Berber, S. 27 ff. Schwenck, in: FS Lange, S. 102. 244 Vgl. hierzu nur Bothe, in: Vitzthum, VIII Rn. 9 ff. 245 Lohbeck, S. 12; Ipsen, in: Ipsen, § 65 Rn. 5 f. 246 Moritz, NZWehrr 8 (1966), 145, 148; Arnold, S. 113; Hess, S. 21. Vgl. nur den gemeinsamen Art. 2 und 3 GA oder die Zusatzprotokolle zu den Genfer Konventionen (z. B. Art. 1 ZP I; Art. 1 ZP II), die durchgängig nur den Begriff des bewaffneten Konflikts benutzen. 243

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Eine Definition dieses Begriffs findet sich aber weder in den Genfer oder Haager Abkommen, noch in anderen völkerrechtlichen Dokumenten.247 Auch das ICC-Statut und die dazugehörigen Verbrechenselementen bieten keine Definition. Der ICC kann jedoch nach Art. 21 ICC-Statut unter Heranziehung der genannten Rechtsquellen den Begriff näher konkretisieren.248 Dem gemeinsamen Art. 2 Abs. 1 GA lässt sich zumindest entnehmen, dass der „erklärte Krieg“ eine Untergruppe des bewaffneten Konflikts darstellt. Letztlich erlangt der formale Kriegsbegriff im Hinblick auf eine völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit deshalb nur dann eine eigenständige Bedeutung, wenn zwar ein Krieg erklärt wurde, aber (noch) keine bewaffneten Auseinandersetzungen stattgefunden haben.249 Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt insofern auf der Bestimmung des Terminus „bewaffneter Konflikt“. Einen ersten definitorischen Ansatzpunkt liefert die Entscheidung der Berufungskammer des ICTY, die sich im Rahmen des Jugoslawienkonflikts intensiver mit dem Begriff eines bewaffneten Konfliktes beschäftigt hat. Sie gelangte zu folgender Definition: „… an armed conflict exists whenever there is a resort to armed force between States or protracted armed violence between governmental authorities and organized armed groups or between such groups within a State.“250

Danach ist zwischen einem bewaffneten Konflikt mit internationalem und einem mit nicht-internationalen Charakter zu differenzieren, da hieran unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft sind. Zudem hebt diese Definition hervor, dass das Merkmal „bewaffnet“ voraussetzt, dass von den staatlichen oder nicht-staatlichen Kontrahenten Waffengewalt eingesetzt wird.251 Folglich werden nur schädigende Aktivitäten in Form des Waffeneinsatzes umfasst.252 Dies ist beispielsweise bei propagandistischen Handlungen, Spionage oder wirtschaftlichen Sanktionen gegeben. Ebenso wird die bloße Drohung mit Waffengewalt nicht als ausreichend betrachtet, da es tatsächlich zum Einsatz von schädigender Waffentechnik gekommen sein muss.253 Einzige Ausnahme bildet zum einen der erwähnte Fall der formellen Kriegserklärung, 247

Safferling, JA 2000, 164, 166; Greenwood, MPYUNL 2 (1998), 97, 114. ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 218. 249 Werle, Rn. 822 f. 250 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Okt. 1995, para. 70. 251 Ständige Rspr. des ICTY vgl. nur Prosecutor v. Blasˇkic´, Hauptverfahrenskammer, 3. März 2000, para. 63; Prosecutor v. Limaj, Hauptverfahrenskammer, 30. Nov. 2005, para. 84; Prosecutor v. Delic´, Hauptverfahrenskammer, 15. Sept. 2008, para. 40 sowie ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. September 1998, para. 620; Prosecutor v. Rutaganda, Hauptverfahrenskammer, 6. Dez. 1999, para. 92; ICC-01/04 – 01/06 – 803, Prosecutor v. Lubanga, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 29. Januar 2007, para. 233; MünchKommStGB/Ambos, Vor §§ 8 ff. VStGB Rn. 22; Kempen/Hillgruber, § 40 Rn. 12; Ipsen, in: Ipsen, § 66 Rn. 4; Stein/v. Buttlar, Rn. 1216. 252 Ipsen, in: FS Menzel, S. 419. 253 Vgl. Stein/v. Buttlar, Rn. 1216. 248

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ohne dass Kampfhandlungen folgen. Zum anderen gelten die Genfer Konventionen gem. Art. 2 Abs. 2 GA auch bei einer teilweisen oder vollständigen Besetzung eines Staates, die auf keinen bewaffneten Widerstand stößt. Schwieriger ist hingegen die Frage zu beurteilen, wann ein internationaler bzw. nicht-internationaler Konflikt vorliegt.254 aa) Internationaler Charakter Das Römische Statut und die Verbrechenselemente benutzen zwar den Begriff „internationaler bewaffneter Konflikt“ [vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. b.) ICC-Statut], definieren ihn jedoch nicht. Der Kommentar des IKRK zu den Genfer Konventionen bietet hingegen folgende Begriffsbestimmung:255 „Any difference arising between two States and leading to the intervention of members of the armed forces is an armed conflict within the meaning of Art. 2, even if one of the parties denies the existence of a state of war. It makes no difference how long the conflict lasts, or how much slaughter takes place.“

Sie entspricht im Wesentlichen auch dem ersten Halbsatz der zuvor erläuterten Definition des ICTY zum bewaffneten Konflikt. Der klassische Fall eines internationalen Konflikts stellt damit die bewaffnete Auseinandersetzung zwischen zwei oder mehr Staaten dar, was letztlich dem „Krieg“ im traditionellen Sinne entspricht.256 Insgesamt liegt ein internationaler bewaffneter Konflikt immer dann vor, wenn ein Staat unmittelbar Waffengewalt gegen den völkerrechtlich geschützten Bereich eines anderen Staates bzw. eines Völkerrechtssubjektes einsetzt.257 Die Definition des IKRK zeigt zudem, dass die Intensität oder Dauer des Konflikts unerheblich ist.258 Das humanitäre Völkerrecht und damit auch das Kriegsvölkerstrafrecht sind somit schon beim „ersten Schuss“ bzw. feindlichen Akt anwendbar.259 Für eine derart niedrige An254 Zur historischen Entwicklung der rechtlichen Differenzierung zwischen internationalen und nicht-internationalen bewaffneten Konflikten Bartels, IRRC 91 (2009), 35. 255 Siordet, in: Pictet III, S. 23. 256 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 15. Juli 1999, para. 84; Greenwood, in: Fleck, Nr. 202; Bindschedler, in: FS v.d. Heydte, S. 25; Ambos, in: Hasse/Müller/Schneider, S. 331. 257 ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 223; ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 15. Juli 1999, para. 84; Ipsen, in: Ipsen, § 66 Rn. 11; Heintschel v. Heinegg, AVR 41 (2003), 272, 274; Greenwood, in: Fleck, Nr. 202; Mangold, S. 83; Schaller, SWP 2007, S. 11; Peterson, S. 205. 258 Ebenso ICC-01/04 – 01/06 – 803, Prosecutor v. Lubanga, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 29. Jan. 2007, para. 209; vgl. auch Ambos (2008), § 7 Rn. 230; Born/Buzatu, S&F 26 (2008), 185, 186; de Beco, ICLR 8 (2008), 319, 323. 259 Werle, Rn. 951; Stein/v. Buttlar, Rn. 1216; Schindler, RdC 163 (1979), 117, 131; Ipsen, in: Ipsen, § 66 Rn. 7; Lehmler, S. 33; Kolb/Hyde, S. 101; Ambos (2008), § 7 Rn. 233; Heintschel v. Heinegg, AVR 41 (2003), 272, 274; etwas restriktiver Greenwood, der kleinere

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wendungsschwelle sprechen vor allem teleologische Gründe, damit alle Situationen erfasst sind, in denen das humanitäre Völkerrecht den Opfern von bewaffneten Auseinandersetzungen Schutz bieten kann.260 Unter systematischen Gesichtspunkten lässt sich zudem Art. 2 Abs. 2 GA anführen, wonach auch nicht die Intensität der Gewaltanwendung für die Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts maßgebend ist, sondern allein der Umstand, dass Personen der Herrschaftsgewalt einer fremden Konfliktpartei ausgesetzt sind.261 Entscheidend ist aber, dass die Waffengewalt einer Konfliktpartei als Völkerrechtssubjekt zurechenbar ist, die Anwendung von Gewalt durch Einzelpersonen oder Personengruppen ist hingegen nicht ausreichend.262 Die neueren Entwicklungen, vor allem die Zunahme von transnationaler Gewalt Privater (z. B. durch Terrorakte), haben dahingehend (erneut) das Problem der Zurechnung dieser Gewaltakte zu einem Staat aufgeworfen.263 Diese wäre nämlich erforderlich, um einen internationalen bewaffneten Konflikt bejahen zu können und damit die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit dieser privaten Akteure für Kriegsverbrechen zu gewährleisten. Es gibt allerdings auch die Möglichkeit, dass ein nicht-internationaler Konflikt (teilweise) internationalisiert wird.264 Dies kann zum einen bei der militärischen Intervention durch Entsendung eigener Truppen eines Drittstaates (zugunsten der Aufständischen) der Fall sein.265 Die Unterstützung der aufständischen Gruppen kann aber auch in anderer Form geschehen, z. B. durch materielle Unterstützung mittels Waffen oder anderem militärischen Material.266 Die Frage, wann sich der Drittstaat die Handlungen dieser (Privat-)Personen zurechnen lassen muss, die nicht de iure als seine Organe, sondern nur de facto mit ihm verbunden sind,267 hängt von der der Auslegung des (oben erörterten) Merkmals der Zugehörigkeit zur Konfliktpartei nach Art. 4 A Abs. 2 GA III ab.268 Wenn beispielsweise Drittstaaten selbst PMCs/PSCs zur Unterstützung der Aufständischen entsenden oder solche, die auf Seiten der Aufständischen in einem nicht-internationalen Konflikt kämpfen, in anderer nach außen erkennbaren Form unterstützen, kann dies eine Internationalisierung des Konflikts zu Folge haben.269 Das Merkmal „international“ ist zudem nicht äquiGrenzscharmützel oder Zwischenfälle auf Hoher See nicht ausreichen lässt, ders., in: Fleck, Nr. 202; ebenso Safferling, JA 2000, 164, 166. 260 Provost, S. 250; Bredt, S. 267; Kolb/Hyde, S. 101. 261 Vgl. auch Art. 5 GA I, Art. 12 Abs. 2 GA II, Art. 4 A und Art. 5 Abs. 1 GA III sowie Art. 4 Abs. 1 GA IV. Überzeugend hierzu insgesamt Bredt, S. 266 ff. 262 Greenwood, in: Fleck, Nr. 202; Ipsen, in: Ipsen, § 66 Rn. 7. 263 Ausführlich hierzu Kreß, in: Hankel, S. 323 ff.; Kretzmer, EJIL 16 (2005), 171,189 ff. 264 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 15. Juli 1999, para. 84; ICC-01/04 – 01/ 06 – 803, Prosecutor v. Lubanga, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 29. Jan. 2007, para. 205 ff. 265 Dazu schon unter 2. Kapitel, A. I. 2. b) aa). 266 Gasser, S. 64. 267 Sassoli/Bouvier, S. 109. 268 Hierzu ausführlich im 2. Kapitel, A. I. 2. b) aa). 269 Zur Internationalisierung eines nicht-internationalen Konflikts durch die Intervention eines Drittstaates (sog. gemischte Konflikte), vgl. 2. Kapitel, C.

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valent mit dem Begriff „zwischenstaatlich“, so dass auch andere, atypische Formen von internationalen Konflikten existieren. Entscheidendes Kriterium ist vielmehr die völkerrechtliche Qualität der Konfliktparteien. Die nationalen Befreiungskriege, die in Ausübung des Selbstbestimmungsrechts geführt werden, sind nun explizit gem. Art. 1 Abs. 4 ZP I ebenfalls einbezogen, obwohl sie eigentlich eine innerstaatliche Auseinandersetzung sind.270 Aufgrund der Akzessorietät der Kriegsverbrechen zum humanitären Völkerrecht sollte diese Einordnung als internationaler Konflikt parallel auch für das Kriegsvölkerstrafrecht bzw. das ICC-Statut gelten. Das Völkerstrafrecht dient letztlich nämlich nur zur effektiven Durchsetzung der Einhaltung des Kriegsvölkerrechts.271 Daneben werden auch lokale „de-facto-Regime“272 von Aufständischen, die als Konfliktpartei anerkannt wurden, erfasst.273 Das humanitäre Völkerrecht ist aber auch anwendbar, wenn internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen gegen einen Staat mit Waffengewalt vorgehen. Sie handeln dann nämlich als selbständiges Völkerrechtssubjekt.274 bb) Nicht-internationaler Charakter Im Gegensatz zum internationalen, wird der nicht-internationale Charakter eines Konflikts im ICC-Statut näher definiert. Hierfür wurden die (oben beschriebenen) unterschiedlichen Intensitätsstufen eines nationalen Konflikts übernommen. Im nichtinternationalen Konflikt wird zudem, parallel zum internationalen, weiterhin an der Unterscheidung zwischen Verstößen gegen das Genfer Recht [Art. 8 Abs. 2 lit. c.) ICC-Statut] und Verstößen gegen die Gesetze bzw. Gebräuche im nicht-internationalen Konflikt [Art. 8 Abs. 2 lit. e.) ICC-Statut] festgehalten, was die Normierung in eigenen Unterabschnitten dokumentiert. Die unterschiedlichen Anwendungsschwellen, insbesondere das Verhältnis zwischen lit. f.) S. 2 und lit. c.) des Art. 8 Abs. 2 ICCStatut soll im folgenden Abschnitt etwas näher untersucht werden. (1) Art. 8 Abs. 2 lit. d.) und f.) S. 1 ICC-Statut Nach Art. 8 Abs. 2 lit. d.) und f.) S. 1 ICC-Statut werden in Anlehnung an Art. 1 Abs. 2 ZP II die schon erwähnten „inneren Unruhen und Spannungen“275 nicht als bewaffnete Konflikte qualifiziert.276 Im Hinblick auf lit. d.) ist zu bemerken, dass nun erstmals explizit eine negative Definition vom Anwendungsbereich des gemeinsamen Art. 3 GA völkervertraglich normiert wurde. Wie allerdings oben schon dargelegt, wurde der Ausschluss des Art. 1 Abs. 2 ZP II überwiegend auch auf den gemein270 271 272 273 274 275 276

Kolb/Hyde, S. 201; Gasser, S. 65 f.; Lehmler, S. 44 f. Vgl. dazu nur Zimmermann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 251 f.; Werle, Rn. 961. Ausführlich zu diesem Begriff Verdross/Simma, § 404 ff. Heilbronner, in: Vitzthum, III Rn. 39; Zischg, S. 37; Rajower, S. 26. Ipsen, in: FS Menzel, S. 408; Gasser, S. 67. Dazu schon im 2. Kapitel, B. I. Graditzky, DJIL&P 5 (1999), 199, 209.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

samen Art. 3 GA angewendet. Art. 8 Abs. 2 lit. d.) und f.) S. 1 ICC-Statut besitzen insofern eher einen deklaratorischen Charakter.277 Die Normen grenzen explizit die nicht-internationalen bewaffneten von den rein internen Konflikten ab und bestimmen (negativ) die unterste Anwendungsschwelle des bewaffneten Konflikts. Durch diesen Ausschluss können Kriegsverbrechen, die im Kontext eines bloßen internen Konflikts geschehen, folglich nicht berücksichtigt bzw. vom ICC verfolgt werden. Einige PMCs/PSCs werden aber auch gerade in instabilen politischen Systemen als Ordnungsgaranten eingesetzt. Es ist in solchen Krisenregionen fragwürdig, ob schwere Menschenrechtsverletzungen überhaupt durch nationale Gerichte sanktioniert werden,278 so dass insofern ein rechtsfreier Raum bzw. eine faktische strafrechtliche Immunität die missliebige Konsequenz sein kann. Der verstärkte Einsatz von Sicherheitskräften bzw. privaten Akteuren kann zudem auch die Intensität des Konflikts verschleiern, da ein Einsatz der staatlichen Streitkräfte zur Wiederherstellung der inneren Ordnung auf eine stärke Intensität hinweist als der (massive) Einsatz von privaten Sicherheitsdiensten.279 Andererseits obliegt es eben den Staaten im Rahmen ihrer Souveränität bestimmte kriminelle Handlungen in derartigen internen Konflikt, deren Intensität gerade keine völkerrechtliche Relevanz entwickelt, selbst zu verfolgen und zu sanktionieren. Wenn bei einer Tat allerdings die speziellen Voraussetzungen eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit gem. Art. 7 ICC-Statut gegeben sein sollten, dann wäre grundsätzlich auch bei bloßen inneren Unruhen und Spannungen eine Sanktionierung des Verhaltens auf völkerstrafrechtlicher Ebene möglich. (2) Art. 8 Abs. 2 lit. c.) ICC-Statut Die Kriegsverbrechenstatbestände in Art. 8 Abs. 2 lit. c.) ICC-Statut sind exakt den Gewährleistungen aus dem gemeinsamen Art. 3 GA entnommen.280 Die Anwendung des grave breaches Systems der Genfer Konventionen auf den nicht-internationalen Konflikt konnte sich insofern nicht durchsetzen.281 Letztlich wurden deshalb nur die humanitären Mindeststandards in das Römische Statut inkorporiert, weshalb auch (nur) die oben ausgeführte Anwendungsschwelle des nicht-internationalen Konflikts nach dem gemeinsamen Art. 3 GA erfüllt sein muss.282

277

Zimmermann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 300; Werle, Rn. 953; König, S. 354. Eine mangelhafte Strafverfolgung kann beispielsweise auf politischen oder „finanziellen“ Gründen beruhen. 279 Auch wenn der Einsatz der Armee natürlich nur ein Indiz für die Intensität darstellt, siehe oben 2. Kapitel, B. II. 2. 280 Boelaert-Suominen, JC&SL 5 (2000), 63, 87. 281 Ablehnend schon ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Oktober 1995, para. 80; Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 317. 282 Zur Anwendungsschwelle des gemeinsamen Art. 3 GA im 2. Kapitel, B. II. 278

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(3) Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut Die höchste Anwendungsschwelle besitzt der „lang anhaltende“ (protracted) bewaffnete Konflikt nach Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut, der sich entweder zwischen Regierungstruppen und Aufständischen oder nur zwischen einzelnen bewaffneten Gruppen vollzieht. Die Auslegung der Norm wird allerdings kontrovers diskutiert. Im Rahmen der Darstellung der verschiedenen völkervertragsrechtlichen Regelungen wurde die Definition in Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut als neue Anwendungsschwelle bezeichnet.283 Dies wäre allerdings nur dann zu bejahen, wenn sich Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut nicht auf Art. 8 Abs. 2 lit. c.) bzw. d.) ICC-Statut bezieht.284 Diese Behauptung einer zweiten Anwendungsschwelle des nicht-internationalen Konflikts neben dem gemeinsamen Art. 3 GA soll nun durch eine Interpretation der Vorschrift anhand der traditionellen Auslegungsmethoden argumentativ gestützt werden. (a) Wortlaut Zunächst gilt es, den Wortlaut näher zu untersuchen. Dieser spricht dafür, dass die Bedingung des lang anhaltenden Konflikts nur auf lit. e.) und gerade nicht auf lit. c.) bzw. d.) des Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut anwendbar ist. „Er findet Anwendung…“ kann sich systematisch und denklogisch nur auf den vorhergehenden Satz beziehen, also „Absatz 2 Buchstabe e…“. Auch die Formulierung „andere schwere Verstöße“ belegt, dass es gerade zwei verschiedene Formen von schweren Verstößen im nicht-internationalen Konflikt gibt, nämlich solche gegen den gemeinsamen Art. 3 GA und solche gegen die „Gesetze und Gebräuche“. Lit. c.) ist insofern gerade kein Unterabschnitt zu lit. e.).285 Hier spiegelt sich parallel zum internationalen Konflikt nur die Differenzierung zwischen „Genfer-“ und „Haager Recht“ wider. Die Liste der „Gesetze und Gebräuche des Krieges“ ist letztlich, trotz der etwas geringeren Anzahl an Tatbeständen, die parallele Vorschrift des „Haager Rechts“ in lit. b.). (b) Historie Eine historische Auslegung stützt ebenfalls, dass Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut nicht auf den gemeinsamen Art. 3 GA bezieht. Einige Delegationen forderten nämlich einen höhere Anwendungsschwelle für alle Tatbestände, die nicht dem gemeinsamen Art. 3 GA entnommen sind.286 Ursprünglich wollten die Staaten deshalb, vor allem auf Drängen einiger arabischer Staaten, die Definition des Art. 1 Abs. 1

283

Vgl. oben 2. Kapitel, B. IV. Hierfür Werle, Rn. 954; Cryer et al., S. 284; Cullen, JC&SL 12 (2008), 419 ff.; Kreß, IYHR 30 (2001), 103, 118 f.; Dahm/Delbrück/Wolfrum, S. 1069; Schabas, S.131; La Haye, S. 142; wohl auch Satzger, § 16 Rn. 61; vgl. zudem BVerwG 10 C 24.08, v. 24. November 2009, para. 33. 285 So aber Cullen, JC&SL 12 (2008), 419, 443. 286 Graditzky, DJIL&P 5 (1999), 199, 209. 284

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

ZP II für Art. 8 Abs. 2 lit. e.) ICC-Statut verwenden.287 Dies erscheint zunächst als logische Konsequenz, da die dort aufgeführten Tatbestände maßgeblich aus dem ZP II stammen.288 Andere Staaten empfanden die Definition im ZP II aufgrund der beschriebenen Schwächen allerdings als zu restriktiv, so dass als Kompromisslösung von Sierra Leone die nun normierte Definition vorgeschlagen wurde.289 Eine Erstreckung der Definition des Art. 1 Abs. 1 ZP II auf den gemeinsamen Art. 3 GA kann allerdings nicht ernsthaft intendiert gewesen sein, da dies eine Abkehr vom (bisherigen) Völkervertragsrecht, der Staatenpraxis und dem wissenschaftlichen Verständnis bedeutet hätte. Aufgrund der beschriebenen Schwächen bzw. der zu restriktiven Definition des ZP II,290 wurde dann die jetzige Definition des Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut gewählt. Folglich sollte sich diese auch nicht auf lit. c.) bzw. d.) erstrecken. (c) Systematik Dieses Ergebnis wird auch durch die Systematik gestützt, da diese erhöhte Anforderung direkt im Anschluss an lit. e.) normiert wurde; lit. d.) enthält hingegen keine weiteren Einschränkungen bezüglich lit. c.).291 Die Aufzählung der Kriegsverbrechenstatbestände in lit. c.) ist zudem begrenzt auf die Vorgaben des gemeinsamen Art. 3 GA. Hingegen ist die Liste in lit. e.) umfangreicher und (nahezu) vergleichbar mit der Liste der Kriegsverbrechen im internationalen Konflikt. Hätte man die Bedingung des „langanhaltenden Konflikts“ auch auf den gemeinsamen Art. 3 GA beziehen wollen, dann hätte man sie auch in lit. d.) als Satz 2 normiert. Wenn die einzige Konfliktstufe unter dem „protracted armed conflict“ die „inneren Unruhen und Spannungen“ wären, dann wäre deren Nennung zudem überflüssig gewesen und die Verstöße gegen Art. 3 GA hätte man nicht in einem separaten Absatz normieren müssen. Der rein interne Konflikt wäre dann nämlich doppelt definiert. Zum einen durch lit. d.) und f.) und zum anderen durch die Definition in lit. f.) S. 2.292 (d) Teleologische Auslegung Unter teleologischen Gesichtspunkten könnte für eine Erstreckung auf den gemeinsamen Art. 3 GA allerdings sprechen, dass hierdurch eine einheitliche Definition des nicht-internationalen Konflikts gewährleistet würde.293 Weiterhin ist die Formulierung im Römischen Statut letztlich auch offensichtlich an die Tadic´-Formel des 287

Robinson/v. Hebel, YIHL 2 (1999), 193, 201; Cullen, JC&SL 12 (2008), 419, 427 f.; Willmott, MelbJIL 5 (2004), 22 (Onlinepublikation); Graditzky, DJIL&P 5 (1999), 199, 209. 288 Dahm/Delbrück/Wolfrum, S. 1067; Boas/Bischoff/Reid (2008), S. 292; Zimmermann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 303 ff.; Bothe, in: Cassese/Gaeta/Jones, S. 420. 289 UN. Doc. A/CONF.183/C.1/SR.35, para. 8, die relevante Passage ist abgedruckt bei Cullen, JC&SL 12 (2008), 419, 432 f.; dazu auch Robinson/v. Hebel, YIHL 2 (1999), 193, 205. 290 Hierzu ausführlich 2. Kapitel, B. III. 291 Zimmermann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 274; Jinks, YILJ 28 (2003), 1, 29. 292 Vgl. Dahm/Delbrück/Wolfrum, S. 1068 f. 293 Cullen, JC&SL 12 (2008), 419, 445; Werle, Rn. 954.

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ICTY angelehnt.294 Die Definition der „protracted armed violence“ wurde aber auch für den Anwendungsbereich des nicht-internationalen Konflikts gem. Art. 3 GA entwickelt.295 Das ICTR hat diese Definition des ICTYauf die Anwendbarkeit des Art. 4 ICTR-Statut, also Verletzungen des gemeinsamen Art. 3 GA und des ZP II, zwar grundsätzlich übertragen.296 Es hat letztendlich aber für die Abgrenzung zum rein internen Konflikt die Intensität des Konflikts und die Organisation der Konfliktparteien herangezogen,297 wohingegen die Tadic´-Formel wohl primär in zeitlicher Hinsicht zu verstehen ist.298 Zudem wurde die erhöhte Anwendungsschwelle des ZP II betont.299 Im Hinblickt auf Art. 8 Abs. 2 lit. e.) ICC-Statut ist außerdem zu bedenken, dass zuvor, im Gegensatz zu Art. 3 GA, keine völkervertrags- oder völkergewohnheitsrechtliche Regelung existierte, welche die Gesetze und Gebräuche im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt geregelt hätte.300 Es wurde deshalb eine neue Definition mit einer höheren Anwendungsschwelle geschaffen, damit auch die Regeln der HLKO im nicht-internationalen Konflikt Anwendung finden können. Die Ausdehnung der Straftatbestände im nicht-internationalen Konflikt wird nur dahingehend gerechtfertigt, dass gerade eine andere Intensitätsstufe als beim gemeinsamen Art. 3 GA vorliegt. Die strenge Unterteilung in Genfer und Haager Recht, entgegen der Intention des ICTY im Fall Tadic´, spricht ebenfalls für diese unterschiedlichen Anwendungsvoraussetzungen. Abschließend ist auch entscheidend, dass Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut sich auf einen „protracted armed conflict“ und gerade nicht auf „protracted armed violence“ bezieht. Diese Veränderung belegt ebenfalls, dass es sich um eine neue, eigenständige Anwendungsschwelle handelt. Diese unterschiedliche Formulierung kann deshalb von Sierra Leone nur bewusst gewählt worden sein,301 weshalb sie auch nicht als reines redaktionelles Versehen gewertet werden sollte.302 Es ist nämlich ein entscheidender Unterschied, ob nur die einzelnen Gewalt294 Cullen, MLR 183 (2005), 66, 102; Bothe, in: Cassese/Gaeta/Jones, S. 423; Jinks, YILJ 28 (2003), 1, 29. 295 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Oktober 1995, para. 134; McCormack, STLR 31 (2007/08), 75, 87; La Haye, S. 320. 296 Vgl. nur ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. September 1998, para. 619. 297 ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. September 1998, para. 620; Prosecutor v. Rutaganda, Hauptverfahrenskammer, 6. Dez. 1999, para. 93; Kreß, CLF 13 (2002), 409, 418. 298 Moir, S. 43. Auch wenn das ICTY ebenfalls die Organisation der Konfliktparteien und die Intensität des Konflikts heranzieht. Teilweise wird das zeitliche Kriterium („protracted“) aber dahingehend verstanden, dass es häufig ein Indiz für die Intensität des Konflikts sei, vgl. Werle, Rn. 954. 299 ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. September 1998, para. 618 ff. u. 628 ff.; Prosecutor v. Rutaganda, Hauptverfahrenskammer, 6. Dez. 1999, para. 91 ff. 300 Dazu Cassese (2008), S. 96 f. 301 Dem „Kompromissvorschlag“ von Sierra Leone sind dahingehend keine näheren Ausführungen zu entnehmen. 302 So aber Kreß, IYHR 30 (2001), 103, 118; Cryer et al., S. 284; Heinsch, S. 250.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

tätigkeiten zwischen den Akteuren lang andauern müssen oder ob der gesamte bewaffnete Konflikt eine gewisse Dauer aufweisen muss. Hierfür dürfte es nämlich erforderlich sein, dass die bewaffneten Gruppen ein gesteigertes Maß an Organisation sowie logistische und operative Fähigkeiten besitzen, um militärische Operationen über eine längere Zeitspanne ausführen und planen zu können.303 Andererseits müssen die militärischen Auseinandersetzungen zwischen den Konfliktparteien – im Gegensatz zur „protracted armed violence“ – aber nicht ununterbrochen stattfinden, sondern der gesamte Konflikt muss von längerer Dauer sein.304 In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass die jetzige Formulierung nur eine Kompromisslösung zu Art. 1 ZP II darstellt. Die Anwendungsschwelle für die Regeln der HLKO bzw. des ZP II sollte deshalb höher sein als jene für den gemeinsamen Art. 3 GA, der eben nur gewisse Mindestgarantien festlegt. Zudem scheint eine derartige Einschränkung des Anwendungsbereichs von Art. 3 GA nicht gerechtfertigt. Konsequenz dieser Auslegung wäre, dass die Norm bei kurzen, aber intensiven bewaffneten Auseinandersetzungen, nicht mehr anwendbar wäre.305 Dies würde aber dem telos der Vorschrift entgegenstehen, da den Opfern von nicht-internationalen bewaffneten Konflikten gerade ein gewisser Mindeststandard gewährleistet werden soll.306 Dies bestätigt ebenfalls eine Einschätzung der Interamerikanischen Menschenrechtskommission, die im Fall Juan Carlos Abella den gemeinsamen Art. 3 GA für anwendbar hielt, obwohl sich die gewaltsamen Auseinandersetzungen lediglich über 30 Stunden gedauert haben. Entscheidend war nicht die zeitliche Dimension, sondern die Intensität des Konflikts.307 Mit dieser Auslegung ist auch ein Gleichlauf zum Anwendungsregime des internationalen Konflikts nach Art. 8 Abs. 2 lit. a.) ICC-Statut gewährleistet, da dort letztlich auch die speziellen Anwendungsvoraussetzungen der jeweiligen Genfer Konvention erfüllt sein müssen. Eine etwas offenere Definition des Anwendungsbereiches vom gemeinsamen Art. 3 GA eröffnet auch die von den Schöpfern der Genfer Konventionen intendierte Möglichkeit zur Berücksichtigung der völkerrechtlichen Entwicklungen (z. B. die erwähnten transnationalen bewaffneten Konflikte)308.

303 ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 234; ICC-01/04 – 01/06 – 803, Prosecutor v. Lubanga, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 29. Jan. 2007, para. 234; Olsolo (2008), S. 31. 304 Zimmermann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 348. 305 Kritisch dahingehend auch Ambos (2008), § 7 Rn. 234; Quguiner, IRRC 850 (2003), 271, 281; Sassli, S. 7. 306 Verhoeven, S. 9; Ambos (2008), § 7 Rn. 234. 307 In Argentinien stürmten 1989 etwa. 40 Anhänger der Oppositionsbewegung eine Infanteriekaserne in La Tablada, einem Vorort der Hauptstadt Buenos Aires. Die Auseinandersetzungen dauerten nur 30 Stunden, es waren allerdings 3500 Polizeikräfte im Einsatz, die durch das Militär unterstützt wurden. Es wurden zudem Panzer, Artillerie und die Luftwaffe eingesetzt, vgl. Report No. 55/97, Case No. 11.137, Juan Carlos Abella, para. 155 f. 308 Dazu 2. Kapitel, B. II. 2.

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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Die Auslegung führt letztlich zu dem Ergebnis, dass sich Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut nicht auf Art. 8 Abs. 2 lit. c.) bzw. d.) ICC-Statut bezieht.309 Folglich existiert eine (weitere) Intensitätsabstufung zwischen dem gemeinsamen Art. 3 GA und einem „protracted armed conflict“. Letztlich bleibt aber abzuwarten, ob der ICC künftig dieses Auslegungsergebnis bestätigt oder letztlich doch eine einheitliche Definition des nicht-internationalen Konflikts nach Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut annimmt. Eine praktische Relevanz würde sich für den ICC allerdings nur dann ergeben, wenn tatsächlich ein Konflikt vorliegt, der nicht die geforderte Dauer, aber die ausreichende Intensität für den gemeinsamen Art. 3 GA aufweist.310 Sofern allerdings die Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut vorliegen, dürften in aller Regel auch die (geringeren) Anwendungsvoraussetzungen nach lit. c.) erfüllt sein.311 b) Zeitlicher und örtlicher Anwendungsbereich Der geographische und zeitliche Anwendungsbereich des humanitären Völkerrechts ist extensiv auszulegen. Es ist nicht erforderlich, dass die Kriegsverbrechen in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Kriegsgeschehen oder während der Kampfhandlungen stattfinden.312 Zu beachten ist allerdings, dass es spezielle Kriegsverbrechen gibt, die nur im Rahmen von militärischen Auseinandersetzungen begangen 309 Im Ergebnis zumindest zustimmend Ambos (2008), § 7 Rn. 234; Zimmermann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 274; Arsanjani, AJIL 93 (1999), 22, 35; Bothe, in: Cassese/Gaeta/Jones, S. 423; Quguiner, IRRC 850 (2003), 271, 280 (Fn. 29, 30); Jinks, YILJ 28 (2003), 1, 29; Oliveira Pereira, HuV-I 2005, 118, 122; Condorelli, in: Politi/Nesi, S. 112; Provost, S. 268 f.; de Beco, ICLR 8 (2008), 319, 324. 310 So auch ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 234. In dieser Entscheidung macht die Vorverfahrenskammer aber deutlich, dass sie grundsätzlich dazu tendiert, bei Art. 8 Abs. 2 lit. f.) ICC-Statut eine höhere Anwendungsschwelle als bei Art. 8 Abs. 2 lit. d.) ICC-Statut anzunehmen. Aufgrund der Zeitspanne von fünf Monaten ist im konkreten Fall aber ohnehin auch die „höhere“ Anwendungsschwelle gegeben, weshalb schließlich diese Frage offen gelassen wird. 311 Deshalb gibt auch die Entscheidung der Vorverfahrenskammer des ICC im Lubanga-Fall keine Anhaltspunkte für eine einheitliche Definition des nicht-internationalen Konflikts nach Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut, vgl. ICC-01/04 – 01/06 – 803, Prosecutor v. Lubanga, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 29. Januar 2007, para. 229 – 237. Teilweise wird die Entscheidung aber auch dahingehend verstanden, dass sie die These einer Normierung von zwei verschiedenen Arten nicht-internationaler Konflikte nach Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut bestätgt, vgl. Vit, IRRC 91 (2009), 69, 82; zu einer absolut gegenteiligen Interpretation der Entscheidung gelangen hingegen Schabas, S. 131; Cullen, JC&SL 12 (2008), 419, 420. 312 ICC-01/04 – 01/07 – 717, Prosecutor v. Katanga&Chui, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 30. September 2008, para. 380; ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Oktober 1995, para. 70; Prosecutor v. Boskoski u.Tarculovski, Hauptverfahrenskammer, 10. Juli 2008, para. 293; ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. September 1998, para. 635 f.; Prosecutor v. Rutaganda, Hauptverfahrenskammer, 6. Dezember 1999, para. 91 ff.; Zahar/Sluiter, S. 118; Spieker, LJIL 13 (2000), 395, 399.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

werden können.313 Es ist ausreichend, dass das Vorliegen eines bewaffneten Konfliktes (international oder nicht-international) für den Teil eines speziellen territorialen Abschnitts mit Wirkung für alle anderen Teile dieses Gebietes festgestellt wird.314 Das humanitäre Völkerrecht gilt damit grundsätzlich ab Beginn der bewaffneten Auseinandersetzungen bis zu deren Ende durch einen Friedensschluss bzw. bei nicht-internationalen Konflikten bis zur friedlichen Beilegung des Konflikts in dem gesamten Gebiet, unabhängig davon, ob tatsächlich überall Kampfhandlungen vorgenommen werden.315 Tathandlungen, die zeitlich deutlich nach den letzten bewaffneten Auseinandersetzungen vorgenommen werden, dürften nicht mehr erfasst sein. Einen Spezialfall bildet hingegen die Existenz eines Besatzungsregimes (vgl. auch Art. 42 HLKO), wo es beispielsweise auch mehrere Monate nach Ende der letzten Kampfhandlungen zu Kriegsverbrechen kommen kann. Nach dem gemeinsamen Art. 2 Abs. 2 GA und den Verbrechenselementen316 ist diese Situation aber einem bewaffneten Konflikt gleichgestellt, weshalb auch hier aufgrund der Akzessorietät zum humanitären Völkerrecht das Kriegsvölkerstrafrecht Anwendung finden sollte. Nach dem eindeutigen Wortlaut (Abs. 2: „auf keinen bewaffneten Widerstand stößt“) und der Systematik (Unterteilung in Abs. 1 und 2) des gemeinsamen Art. 2 GA gilt dies auch für die Situation, in denen der Besatzung kein bewaffneter Konflikt vorausgegangen ist.317 Die Anwendung der Genfer Konventionen muss natürlich aber „erst recht“ auch für den Übergang eines bewaffneten Konflikts in ein Besatzungsregime gelten (argumentum a fortiori). Die Anwendung des humanitären Völkerrechts in Besatzungssituationen trägt vor allem dem Schutz der Zivilbevölkerung, aber auch (potentieller) Kriegsgefangener Rechnung. Die Besatzungsmacht könnte nämlich beispielsweise aus Sicherheitsinteressen die Angehörigen der gegnerischen Streitkräfte internieren. In einer solchen Situation ist es aber von besonderer Bedeutung, dass diesen Internierten auch der Kriegsgefangenenstatus gewährt wird.318 Diese Wertung lässt sich auch Art. 3 lit. b.) ZP I entnehmen, wonach nicht entscheidend ist, dass die Kampfhandlungen unterbrochen oder beendet sind, sondern dass huma313

Vgl. Olsolo (2008), S. 52 Fn. 177; Werle, Rn. 970. Ambos (2008), § 7 Rn. 235. 315 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Oktober 1995, para. 70; Prosecutor v. Kunarac et al., Berufungskammer, 12. Juni 2002, para. 57, 64; Prosecutor v. Delic´, Hauptverfahrenskammer, 15. September 2008, para. 40; ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. September 1998, para. 619; Zimmermann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 241. 316 Vgl. Art. 8 (2) (a) Fn. 34 Elements of Crimes. Hiernach wird allerdings die Besetzung, entgegen dem Wortlaut des Art. 2 Abs. 2 GA, unter den Begriff des bewaffneten Konflikts gefasst und nicht als eigene von den Genfer Koventionen erfasste Situation verstanden. Bei der rechtlichen Einordnung der militärischen Besetzung dürfte es sich allerdings nicht nur „um eine terminolgische Frage ohne sachliche Konsequenzen“ handeln. Sie könnte sich nämlich bei Art. 8 Abs. 2 lit. b.) ICC-Statut auswirken, der nämlich, zumindest seinem Wortlaut nach, nur bei einem „internationalen bewaffneten Konflikt“ anwendbar ist, vgl. Weber, HuV-I 2009, 75, 82; a.A. Werle, Rn. 957; Kreß, CLF 13 (2002), 409, 414. 317 Kritisch hingegen MünchKommStGB/Zimmermann/Geiß, § 8 VStGB Rn. 118. 318 Siordet, in: Pictet III, S. 23. 314

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nitäre Schutzvorschriften gelten.319 Unklar ist aber, ob Kriegsverbrechen während eines Besatzungsregimes320 nur nach lit. a.)321 oder auch nach lit. b.) des Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut strafbar sind. Der ICC scheint zumindest eine Strafbarkeit auch bei Verstößen gegen die „im internationalen bewaffneten Konflikt anwendbaren Gesetze und Gebräuche“ anzunehmen und damit (anscheinend) die militärische Besetzung als Sonderfall eines internationalen bewaffneten Konflikts zu begreifen.322 Folglich steht weder der zeitliche noch der geographische Aspekt dem Anwendungsbereich von Kriegsverbrechen entgegen, wenn es beispielsweise zu Übergriffen durch Mitarbeiter von Sicherheitsdiensten auf Zivilisten im Rahmen eines bewaffneten Konflikts oder Besatzungsregimes kommt (Blackwater-Affäre) oder wie im Fall von Abu Ghraib zu Folterungen bzw. Misshandlungen in abgelegenen Gefängnissen.323 Demnach kommen nicht nur Kriegsverbrechenstatbestände für PMCs/ PSCs-Angehörige in Betracht, die während oder bei Kampfhandlungen begangen werden, sondern auch solche, die abseits des Kriegsgeschehens oder bei einer kurzeitigen Waffenruhe geschehen. Die typischen Fälle der Auslagerung von Objekt- und Personenschutz an private Dienstleister, vor allem auch bei Gefangenenlagern oder Kasernen, werden insofern auch unproblematisch erfasst. c) Kriegsverbrechen als Teil eines Planes oder einer Politik Art. 8 Abs. 1 ICC-Statut enthält neben dem allgemeinen Begehungszusammenhang zwischen der Einzeltat und dem bewaffneten Konflikt noch eine weitere Einschränkung. Diese „Schwellen-Klausel“ ist dem Haager und Genfer Recht allerdings fremd und findet auch keinen Rückhalt im Völkergewohnheitsrecht.324 Fraglich erscheint dahingehend, ob Kriegsverbrechen nur dann strafbar sind und vom ICC verfolgt werden können, „wenn diese als Teil eines Planes oder einer Politik oder als Teil der Begehung solcher Verbrechen in großem Umfang verübt werden.“325 Ein derartiges systemisches Erfordernis existierte bisher nur bei den Verbrechen gegen die

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MünchKommStGB/Zimmermann/Geiß, § 8 VStGB Rn. 116; Satzger, § 16 Rn. 62. Relevant ist vor allem die Situation, wenn zuvor keine bewaffneten Auseinandersetzungen stattgefunden haben. 321 Dies dürfte unstreitig sein, da dieser Absatz explizit die „schweren Verletzungen der Genfer Abkommen“ kriminalisiert und sich damit auf den gesamten Anwendungsbereich der Genfer Konventionen bezieht. Vgl. hierzu auch Kreß, CLF 13 (2002), 409, 414; Weber, HuV-I 2009, 75, 82. 322 ICC-01/04 – 01/06 – 803, Prosecutor v. Lubanga, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 29. Jan. 2007, para. 205 ff.; hierfür wohl auch Werle, Rn. 957; a.A. Weber, HuV-I 2009, 75, 82. 323 Zu aktuellen Beispielen gleich ausführlich unter A. III. 2. 324 Ambos, in: Hasse/Müller/Schneider, S. 344; vgl. BT-Drs. 14/8524, S. 25; Gropengießer, in: Eser/Kreicker, S. 158 f. 325 So Lange, S. 144; Fletcher, S. 335; Askin, CLF 10 (1999), 33, 50; Hermsdörfer, JR 2001, 6, 8. 320

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

Menschlichkeit. Art. 7 ICC-Statut fordert diesbezüglich nämlich einen „ausgedehnten oder systematischen Angriff auf die Zivilbevölkerung“. Anhand der traditionellen Auslegungsmethoden ist nun zu klären, ob es sich bei diesem Zusatz um ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal oder eine (zwingende) Zuständigkeitsregelung nach Art. 8 ICC-Statut handelt. Bei historischer Betrachtung lässt sich zunächst anführen, dass die ILC in ihrem „Draft Code“ vorgeschlagen hatte, dass nur systematisch begangene Kriegsverbrechen erfasst werden, wohingegen Einzeltaten nicht von Relevanz sein sollten.326 Speziell die USA hatten auch im Vorbereitungsausschuss zum ICC-Statut vehement eine derart restriktive Zuständigkeitseinschränkung gefordert, damit vom Staat losgelöste, individuell begangene Verbrechen nicht vom ICC abgeurteilt werden können.327 Die Mehrheit der Staaten lehnte dies aber ab, weshalb die Anregung in der geltenden Fassung des Gesetzestextes keinen Niederschlag gefunden hat. Der Wortlaut der Norm spricht eindeutig gegen die Annahme eines Tatbestandsmerkmals.328 Der Zusatz wird mit dem Wort „insbesondere“329 eingeleitet, so dass es sich hierbei nur um eine exemplarische Nennung des typischen Regelfalls der Begehung oder um eine (unverbindliche) Richtlinie handelt.330 Auch teleologische Gründe sprechen gegen die Einordnung als Tatbestandsmerkmal, da sich ein Kriegsverbrecher darauf berufen könnte, dass er nur für einen isolierten Einzelfall verantwortlich sei, wohingegen die Politik des Staates grundsätzlich auf die Einhaltung des humanitären Völkerrechts gerichtet ist.331 Schließlich finden sich weder im Völkervertrags- noch im Völkergewohnheitsrecht Anhaltspunkte für eine solche Einschränkung.332 Auch das VStGB enthält in seinem Art. 8 keine weitere Einschränkung. Der deutsche Gesetzgeber hat die Schwellen-Klausel nach Art. 8 Abs. 1 ICC-Statut explizit nicht übernommen, weil ein derartiges systemisches Element bei Kriegsverbrechen nach dem Völkerrecht nicht notwendig sei.333 Das Auslegungsergebnis wird auch durch die Rechtsprechung des ICTY gestützt, der eben-

326

Vgl. hierzu den Bericht der ILC zur 48. Sitzung vom 6. Mai bis 26. Juli 1996, „Draft Code of Crimes against the Peace and the Security of Mankind”, Part II. Art. 20, abgedruckt in: Human Rights Law Journal 18 (1997), 96, 98. 327 Zimmermann, ZaöRV 58 (1998), 47, 64; Stahn, EuGRZ 1998, 577, 583. 328 Dazu Dörmann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 9; Cryer et al., S. 289; Kreß, IYHR 30 (2001), 103, 111; Venturini, in: Politi/Nesi, S. 95; Satzger, § 16 Rn. 64; Gropengießer, in: Eser/Kreicker, S. 158; Blanke/Molitor, AVR 39 (2001), 142, 167. 329 In der englischen Fassung heißt es ebenfalls: „in particular“; in der französischen: „en particulier“; in der spanischen: „en particular“. 330 ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 211; Robinson/v. Hebel, YIHL 2 (1999), 193, 206; Triffterer, in: Halbrainer/Kuretsidis-Haider, S. 42; Kelker, GreifRecht 3 (2008), 21, 23; Kim, S, 110; Schabas, S. 117. 331 Safferling, Jura Sonderheft Examensklausurenkurs 2004, S. 56. 332 Stahn, EuGRZ 1998, 577, 583. 333 Vgl. BT-Drs. 14/8524, S. 25; Gropengießer, in: Eser/Kreicker, S. 158 f.

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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falls ein systemisches Element bei Kriegsverbrechen mehrfach ausdrücklich abgelehnt hat.334 Die Formulierung in Art. 8 Abs. 1 ICC-Statut steht zudem vielmehr in einem engen Zusammenhang mit Art. 17 Abs. 1 lit. d.) ICC-Statut335 und betrifft ein prozessuales Problem im Hinblick auf die Zuständigkeit des ICC im Rahmen des Komplementaritätsprinzips („hat die Gerichtsbarkeit“). Sie ist jedenfalls nicht Bestandteil der Definition von Kriegsverbrechen nach Art. 8 ICC-Statut und hat keine Auswirkungen auf die materiell-rechtliche Frage einer Erfassung von isolierten Kriegsverbrechen. Diese Schwellen-Klausel stellt somit weder ein Tatbestandmerkmal noch ein zwingende Regelung der Zuständigkeit des Gerichtshofes dar („insbesondere“),336 so dass sie folglich nicht die Jurisdiktion des Gerichtshofes für einzelne Kriegsverbrechen, die einen Tatbestand nach Abs. 2 erfüllen, ausschließt.337 d) Potentieller Täterkreis Anknüpfend an den oben erörterten Sonderdeliktscharakter von Kriegsverbrechen nach dem bisherigen völkerstrafrechtlichen Stand, wird nun der Frage nachgegangen, ob das ICC-Statut diesen übernimmt oder eine abweichende Regelung trifft. Aufgrund einer fehlenden festen völkergewohnheitsrechtlichen Verankerung des Täterbegriffs bei Kriegsverbrechen ist durch eine Auslegung zu ermitteln, welchen Weg das Römische Statut einschlägt. aa) Verbindung zu einer Konfliktpartei Im Hinblick auf das Erfordernis einer Verbindung des Täters zu einer Konfliktpartei ist zunächst einmal davon auszugehen, dass der ICC der Entscheidung der Hauptverfahrenskammer im Fall Akayesu (wahrscheinlich) weniger Bedeutung beimessen wird, weil sie später durch die Berufungskammer aufgehoben wurde.338 Im Hinblick auf die Rechtsfindung durch den ICC trifft Art. 21 ICC-Statut eine spezielle Regelung.339 Die Hauptrechtsquelle des Gerichtshofs ist nach Art. 21 Abs. 1 lit. a.) das ICC-Statut selbst, welches durch die Verbrechenselemente und die Verfahrensregeln

334

Vgl. nur ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Hauptverfahrenskammer, 7. Mai 1997, para. 573; Prosecutor v. Blasˇkic´, Hauptverfahrenskammer, 3. März 2000, para. 70. 335 Hierzu ausführlich unter A. III. 3. b) bb). 336 Triffterer, in: Halbrainer/Kuretsidis-Haider, S. 42. 337 ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 211; Kim, S, 110; Willmott, MelbJIL 5 (2004), 22 (Onlinepublikation); Arsanjani, AJIL 93 (1999), 22, 33; Cryer et al., S. 289; Safferling, Jura Sonderheft Examensklausurenkurs 2004, S. 56. Dazu auch noch näher im Rahmen des Komplementaritätsprinzips unter A. III. 3. b) bb). 338 Nerlich, in: Stahn/Sluiter, S. 314. 339 Vgl. dazu Werle, Rn. 177 ff.; Ambos (2008), § 5 Rn. 4 ff.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

ergänzt wird. Folglich sind zunächst das ICC-Statut und die Verbrechenselemente im Hinblick auf den Täterkreis zu untersuchen. Nach Art. 25 ICC-Statut hat der Gerichtshof zwar die Jurisdiktion über (alle) natürlichen Personen, jedoch bedeutet dies nicht, dass Kriegsverbrechen kein Sonderdelikt sind. Die Norm ist nämlich nur eine allgemeine Regelung, die keine Aussagekraft über den Charakter eines speziellen Völkerrechtsverbrechens trifft. In Art. 8 ICC-Statut wird vielmehr mit der Schwellenklausel („als Teil eines Planes oder einer Politik…“) ein bis dato neuer Kollektivbezug statuiert. Dies könnte dafür sprechen, dass nur Personen mit einer Verbindung zu einer Konfliktpartei wegen Kriegsverbrechen vor dem ICC angeklagt werden können. Die Verwendung des Wortes insbesondere legt im Umkehrschluss aber nahe, dass der Täter gerade nicht zwingend diesen Konnex zu einem Kollektiv besitzen muss.340 Letztlich stellt diese Schwellenklausel aber ohnehin nur eine Art Richtlinie für den ICC dar und ist gerade nicht als Tatbestandsmerkmal zu qualifizieren. Durch das Wort insbesondere soll dem Gerichtshof vor allem die Möglichkeit eingeräumt werden, auch einzelne, nicht systematisch begangene Kriegsverbrechen zu verfolgen. Folglich lässt diese Regelung ebenfalls keinen eindeutigen Schluss auf die Frage des Sonderdeliktscharakters von Kriegsverbrechen nach dem ICC-Statut zu. In Art. 28 lit. b.) ICC-Statut wird zumindest explizit normiert, dass auch zivile Vorgesetzte unter bestimmten Voraussetzungen für Kriegsverbrechen verantwortlich sein können. Positive oder negative Rückschlüsse über besondere Anforderungen an den Täter von Kriegsverbrechen können daraus aber nicht gewonnen werden. Die Einbeziehung von Zivilisten in den Täterkreis dürfte aus heutiger Sicht unstreitig sein. Offen ist hingegen nur unter welchen Voraussetzungen dies geschieht. Die Elements of Crimes zu Art. 8 ICC-Statut enthalten keine spezielle Tätergruppe, weil sich die Delegierten darüber einig waren, dass sowohl Kombattanten als auch Zivilisten Kriegsverbrechen begehen können. Einen Vorschlag der Vorbereitungskommission zur Aufnahme einer Liste bezüglich der potentiellen Täter auf Grundlage des existierenden Fallrechts341 wurde abgelehnt, da dies unnötig sei und einige Delegierte befürchteten, dass die Liste fälschlicherweise als abschließend verstanden werden könnte.342 Es wird in den Verbrechenselementen deshalb nur die Verbindung zu einem bewaffneten Konflikt gefordert; ansonsten existieren keine Anhaltspunkte für eine Eingrenzung des Täterkreises. Dies schließt andererseits aber nicht aus, dass auch der ICC aufgrund der erörterten völkerrechtlichen Grundsätze eine Verbindung des Täters zu einer Konfliktpartei fordert.343 Nach Art. 21 Abs. 1 lit. b.) ICC-Statut kann der Gerichtshof nämlich auch „soweit angebracht anwendbare Verträge sowie die Grundsätze und Regeln des Völkerrechts, einschließlich der anerkannten Grundsätze des internatio340

Ausführlich hierzu unter A. III. 1. c). PCNICC/1999/DP.5 vom 10. Febr. 1999. 342 Dazu Dörmann, S. 34. 343 Der fehlende Verweis auf den Täterkreis in Art. 8 ICC-Statut und in den Verbrechenselementen wird teilweise allerdings als (implizite) Zurückweisung eines Täterkonzepts bei Kriegsverbrechen verstanden, vgl. Provost, S. 89. 341

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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nalen Rechts des bewaffneten Konflikts“344 anwenden. Als Anknüpfungspunkt dient hierfür auch Art. 8 Abs. 2 lit. a.) ICC-Statut, der explizit auf die Genfer Konventionen Bezug nimmt. Zur Ermittlung der geschützten Personengruppen im internationalen bewaffneten Konflikt sind diese im Einzelfall separat zu betrachten.345 Wenn der geschützte Personenkreis sich aber nach dem Genfer Recht richtet, dann sollte für den Täterkreis letztlich aber nichts anderes gelten. Für den nicht-internationalen Konflikt nach Art. 8 Abs. 2 lit. c.) ICC-Statut ergeben sich dahingehend keine Unterschiede, da die Norm explizit auf dem gemeinsamen Art. 3 GA basiert. Der Wortlaut von Art. 8 Abs. 2 lit. b.) und e.) ICC-Statut „…innerhalb des feststehenden Rahmens des Völkerrechts…“ (within the established framework of international law) kann ebenfalls als Referenz zum potentiellen Täterkreis von Kriegsverbrechen interpretiert werden;346 ebenso wie die gleichlautende Formulierung in der Einführung zu den Elements of Crimes zu Art. 8 ICC-Statut.347 Auch in Art. 8 ICC-Statut tritt folglich die Akzessorietät der Kriegsverbrechen zum humanitären Völkerrecht hervor, weshalb auch die erarbeiteten Grundsätze zur Täterkreiseinschränkung Anwendung finden müssen. Diese Auslegung gerät auch nicht in Konflikt mit dem Bestimmtheitsgrundsatz, weil sie sich zu Gunsten des Täters auswirkt. Letztlich obliegt die Auslegung des Art. 8 ICC-Statut aber dem Gerichtshof und die Verbrechenselemente sind für ihn nach Art. 9 des Statuts ebenfalls nicht bindend. Es bleibt damit abzuwarten, ob der ICC zu dieser Frage Stellung nehmen wird und ob er sie dann der obigen Auslegung entsprechend beantworten wird. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass er überhaupt ein Verfahren gegen eine Person, ohne Verbindung zu einer Konfliktpartei, einleiten wird. Aus Effizienzgründen wird er sich maßgeblich auf die Führungsebene der jeweiligen Konfliktparteien beschränken, was in gewissem Maße auch mit seiner Interpretation von Art. 17 Abs. 1 lit. d.) ICC-Statut zusammenhängen wird.348 bb) Begehungszusammenhang Neben dem Erfordernis einer Verbindung des Täters zur Konfliktpartei, bildet der Zusammenhang der Einzeltat mit dem bewaffneten Konflikt eine weitere Voraussetzung zur Einschränkung des potentiellen Täterkreises nach Art. 8 ICC-Statut. Die Norm selbst enthält dieses Erfordernis zwar nicht explizit, jedoch ergibt es sich wie erwähnt aus den Verbrechenselementen.349 Zudem entspricht es der ständigen 344

Hervorhebung durch den Verfasser. Hierzu näher unter A. III. 2. a). 346 Arnold, S.182; Lehnardt, EJIL19 (2008), 1015, 1019 Fn. 19. 347 „The elements for war crimes under article 8, paragraph 2, of the Statute shall be interpreted within the established framework of the international law of armed conflict including, as appropriate, the international law of armed conflict applicable to armed conflict at sea.“ (Hervorhebung durch den Verfasser) 348 Zur Auslegung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung näher unter A. III. 3. b) bb). 349 Vgl. die Einführung zu Art. 8 ICC-Statut „in the context of and was associated with“. 345

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

Rechtsprechung der UN Ad-hoc-Tribunale.350 Dieser Begehungszusammenhang muss im funktionalen Sinne existieren,351 so dass bloße Gelegenheitstaten nicht als Kriegsverbrechen verfolgt werden können.352 Durch diese Voraussetzung soll eine Eingrenzung dahingehend vorgenommen werden, dass nicht alle Taten während eines bewaffneten Konflikts als Kriegsverbrechen stigmatisiert werden, sondern nur solche, die mit ihm in einem offensichtlichen,353 engen354 Zusammenhang stehen. Der bewaffnete Konflikt muss für den Täter eine entscheidende Rolle spielen für die Tat als solche, für die Fähigkeit zur Tatbegehung oder für die Art und Weise in der die Tat letztlich begangen wurde.355 Die bloße Ausnutzung der durch den bewaffneten Konflikt verursachten Konfusion ist hingegen nicht ausreichend.356 Offensichtlich dürfte das Merkmal hingegen erfüllt sein, wenn die Tathandlung im Rahmen einer Gefechtssituation oder der Einnahme einer feindlichen Stellung vorgenommen wird.357 Gleiches gilt für Verstöße gegen Verbote von Kampfmitteln oder -methoden, da diese Taten in Friedenszeiten nur schwerlich begangen werden können.358 Wann der funktionelle Zusammenhang (noch) zu bejahen ist, hängt maßgeblich von dem konkreten Kriegsverbrechenstatbestand und der speziellen Situation ab.359 Die Kon350 Siehe nur ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Hauptverfahrenskammer, 7. Mai 1997, para. 572; Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 193; Prosecutor v. Blasˇkic´, Hauptverfahrenskammer, 3. März 2000, para. 69; Prosecutor v. Halilovic, Hauptverfahrenskammer, 16. November 2005, para. 28; Prosecutor v. Haradinaj et al., Hauptverfahrenskammer, 3. April 2008, para. 61; ICTR, Prosecutor v. Kayishema&Ruzindana, Hauptverfahrenskammer, 21. Mai 1999, para. 185; Prosecutor v. Rutaganda, Hauptverfahrenskammer, 6. Dezember 1999, para. 104; Prosecutor v. Musema, Hauptverfahrenskammer, 27. Januar 2000, para. 259; Prosecutor v. Akayesu, Berufungskammer, 1. Juni 2001, para. 438; Prosecutor v. Ntagerura et al., Hauptverfahrenskammer, 25. Februar 2004, para. 766. 351 ICTY, Prosecutor v. Aleksovski, Hauptverfahrenskammer, 25. Juni 1999, para. 45. 352 Kelker, GreifRecht 3 (2008), 21, 24. 353 ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Berufungskammer, 20. Febr. 2001, para. 193. 354 ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 211; ICC-01/04 – 01/06 – 803, Prosecutor v. Lubanga, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 29. Januar 2007, para. 287; ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Hauptverfahrenskammer, 7. Mai 1997, para. 573; Prosecutor v. Haradinaj et al., Hauptverfahrenskammer, 3. April 2008, para. 61; Prosecutor v. Milutinovic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 26. Februar 2009 (Vol. I), para. 127. 355 Vgl. nur ICC-01/04 – 01/07 – 717, Prosecutor v. Katanga&Chui, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 30. September 2008, para. 380; ICC-01/04 – 01/ 06 – 803, Prosecutor v. Lubanga, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 29. Januar 2007, para. 287; ICTY, Prosecutor v. Kunarac et al., Berufungskammer, 12. Juni 2002, para. 58; Peterson, S. 206; Werle, Rn. 972. 356 Ambos (2008), § 7 Rn. 238. 357 ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 193; MünchKommStGB/Zimmermann/Geiß, § 8 VStGB Rn. 113. 358 Werle, Rn. 972. Der Giftgasanschlag auf die Tokioter U-Bahn am 20. März 1995 durch Terroristen zeigt aber, dass dies nicht völlig ausgeschlossen ist. Zu diesem Terrorakt Schneppen, Giftgasanschlag – Das Verbrechen, das Japan ins Mark traf, in: FAZ, v. 26. Febr. 2004, S. 9. 359 MünchKommStGB/Zimmermann/Geiß, § 8 VStGB Rn. 117.

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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fliktpartei muss die betreffenden Handlungen jedenfalls weder angeordnet noch geduldet haben.360 Weiterhin ist deshalb unerheblich, ob der Täter die Tat zugunsten einer Konfliktpartei begangen hat oder ob er rein persönliche Motive besaß, solange der Täter die erhöhte Gefährdungslage der Konfliktsituation ausnutzt.361 Der Begehungszusammenhang bietet somit (ebenfalls) die Möglichkeit, bloße kriminelle Handlungsweisen von PMC/PSC-Mitarbeitern, die nach nationalem Strafrecht geahndet werden können, von international relevanten Kriegsverbrechen zu unterscheiden. Folglich stellt nicht jede Verwirklichung eines speziellen Kriegsverbrechenstatbestandes nach Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut auch ein vom Gerichtshof verfolgbares Kriegsverbrechen dar. Es muss objektiv festgestellt werden, dass die Tat eines privaten Mitarbeiters einen funktionalen Zusammenhang mit dem Kriegsgeschehen besitzt. Dies ist typischerweise zu bejahen, wenn PMCs/PSCs Angehörige angestellt werden, um neben den Streitkräften oder für diese Kampfhandlungen vorzunehmen und hierbei Kriegsverbrechenstatbestände erfüllen.362 Auch bei Übergriffen auf Inhaftierte (Kriegsgefangene oder Zivilisten) wie in Abu Ghraib363 ist diese Voraussetzung evident gegeben, da es sich dann nicht um eine bloße Gelegenheitstat handelt, sondern das Verbrechen erst durch den bewaffneten Konflikt ermöglicht wurde.364 Auch die (willkürliche) Tötung von Zivilisten im Rahmen eines Objektschutzes oder bei Konvoi-Begleitschutz (vgl. Blackwater-Skandal)365 in umkämpften Gebieten dürfte diese Voraussetzung ebenfalls unproblematisch erfüllen366 e) Subjektiver Tatbestand Die Kriegsverbrechenstatbestände in Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut müssen nicht nur in objektiver Hinsicht erfüllt sein, sondern es muss auch die entsprechende subjektive Komponente des Tatbestandes vorliegen. Es existiert allerdings keine einheitliche Regelung der subjektiven Tatseite. Es lassen sich zwei verschiedene Grundkonstellationen unterscheiden: aa) Art. 30 ICC-Statut Die allgemeine Regelung zur subjektiven Tatseite stellt Art. 30 ICC-Statut dar, welcher eine Legaldefinition der subjektiven Mindestanforderungen für alle Völkerrechtsverbrechen nach dem Römischen Statut enthält. Der Täter muss danach im Hin360 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Hauptverfahrenskammer, 7. Mai 1997, para. 573; Prosecutor v. Blasˇkic´, Hauptverfahrenskammer, 3. März 2000, para. 70. 361 MünchKommStGB/Zimmermann/Geiß, § 8 VStGB Rn. 113; Werle, Rn. 972. 362 Eine explizite Kampfbeteiligung lag beispielsweise bei Executive Outcomes oder Sandline International in Sierra Leone bzw. Angola vor. 363 Hierzu ausführlich unter A. III. 2. b). 364 Basak, HuV-I 2005, 85, 87. 365 Dazu unter A. III. 2. c). 366 Lehnardt, EJIL 19 (2008), 1015, 1021.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

blick auf den objektiven Tatbestand vorsätzlich (intent) und wissentlich (knowledge) handeln. Unter Zugrundelegung des deutschen Strafrechtsverständnisses verwundert dies und erscheint tautologisch,367 da der Vorsatz ohnehin sowohl ein voluntatives als auch ein kognitives Element voraussetzt.368 Art. 30 ICC-Statut ist allerdings dahingehend zu verstehen, dass der Täter zum Zeitpunkt der Tat wissentlich und willentlich gehandelt haben muss.369 Fremd ist der deutschen Vorsatzdogmatik zudem die genaue definitorische Differenzierung zwischen der Handlung, dem Erfolg und den Begleitumständen. Nach Art. 30 Abs. 2 ICC-Statut muss nämlich das Verhalten des Täters vom Willen getragen sein (lit. a.)370 und der Täter den Erfolg entweder herbeiführen wollen oder sich bewusst sein, dass dieser im gewöhnlichen Verlauf der Ereignisse eintreten wird (lit. b.).371 Im Hinblick auf Begleitumstände eines Verbrechens genügt hingegen die Kenntnis dieser Umstände, so dass ein dahingehender Wille nicht erforderlich ist.372 Nach der Legaldefinition des Art. 30 Abs. 3 ICC-Statut setzt das Wissenselement voraus, dass der Täter das Bewusstsein besitzt, dass ein Umstand existiert oder dass im gewöhnlichen Verlauf der Ereignisse ein Erfolg eintreten wird. Bei Betrachtung der übergreifenden Voraussetzungen von Kriegsverbrechen ist zu differenzieren. Von der Existenz eines bewaffneten Konflikts als Begleitumstand muss der Täter somit Kenntnis haben um zwischen einem Kriegsverbrechen und einem „gewöhnlichen“ Verbrechen unterscheiden zu können,373 wohingegen die Kenntnis oder eine rechtliche Einordnung des Konflikts als international oder nicht-international nicht erforderlich sind.374 Bei einer Klassifizierung nach deutscher Strafrechtsdogmatik kann somit festgestellt werden, dass nach Art. 30 ICC-Statut zumindest dolus directus (ersten oder

367

Safferling, Jura Sonderheft Examensklausurenkurs 2004, S. 59 Fn. 34. Vgl. statt vieler Jeschek/Weigend, § 29 II 2; Wessels/Beulke, Rn. 203. 369 Ambos (2004), S. 758; Roßkopf, S. 69; Werle, Rn. 359; Surrez, S. 171; Jeschek, JICJ 2 (2004), 38, 45; vgl. auch ICC-01/04 – 01/06 – 803, Prosecutor v. Lubanga, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 29. Januar 2007, para. 351. 370 Piragoff/Robinson, in: Triffterer, Art. 30 Rn. 19; Eser, in: Cassese/Gaeta/Jones, S. 913; Satzger, § 15 Rn. 24; Werle, Rn. 365; Ambos (2008), § 7 Rn. 68. 371 Werle, Rn. 367; Safferling, Jura Sonderheft Examensklausurenkurs 2004, S. 59. 372 Clark, ZStW 114 (2002), 372, 380; Ambos (2008), § 7 Rn. 68; Werle, Rn. 370. 373 ICC-01/04 – 01/07 – 717, Prosecutor v. Katanga&Chui, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 30. Sept. 2008, para. 388; Ambos (2008), § 7 Rn. 68; Gropengießer, in: Eser/Kreicker, S. 234; Safferling, Jura Sonderheft Examensklausurenkurs 2004, S. 59; La Haye, S. 114. Für die Annahme eines Tatbestandsmerkmals sprechen auch die Elements of Crimes zu Art. 8 (2) (b) (i)-4/5 sowie die Gesetzesbegründung zum VStGB, dazu Lüder/Vormbaum, S. 27. Die Gegenauffassung qualifiziert das Merkmal des „bewaffneten Konflikts“ hingegen als reine Zuständigkeitsbestimmung oder objektive Bedingung der Strafbarkeit, so dass sich der Vorsatz hierauf gerade nicht beziehen muss, vgl. Kirsch, in: FS Hamm, S. 286. 374 Boas/Bischoff/Reid (2008), S. 239; Werle, Rn. 979 f.; Satzger, § 16 Rn. 65; Surrez, S. 173; Kelker, GreifRecht 3 (2008), 21, 24; Einführung zu Art. 8 ICC-Statut der Elements of Crimes; a.A. Ambos (2004), S. 783. 368

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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zweiten Grades) erforderlich ist.375 Mithin ist der dolus eventualis nicht erfasst, weil es dort an einer (Quasi-)Sicherheit über den Erfolgseintritt gerade fehlt.376 Gleiches gilt damit auch für die Rechtsfigur der recklessness aus dem anglo-amerikanischen Bereich, da diese mit dem dolus eventualis gleichzustellen sein dürfte.377 Hierfür spricht letztlich auch die Entstehungsgeschichte, da die im Entwurf noch vorgesehene Legaldefinition der recklessness bei den Verhandlungen in Rom gestrichen wurde und auch der Begriff des dolus eventualis schon vor der Konferenz aus den schriftlichen Dokumenten verschwand.378 Die Anforderungen an den subjektiven Tatbestand sind nach Art. 30 ICC-Statut demnach etwas höher als im deutschen Recht.379 Gleichwohl gibt es spezielle Tatbestände in Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut, die abweichende Anforderungen an den Vorsatz des Täters stellen können. bb) Sonderregelungen Nach der sog. Öffnungsklausel des Art. 30 Abs. 1 HS. 1 ICC-Statut („sofern nichts anderes bestimmt ist…“) können nämlich abweichend von der allgemeinen Regelung des Vorsatzes auch höhere oder niedrigere Vorsatzerfordernisse existieren.380 In einer Reihe von Tatbeständen nach Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut werden insofern spezielle Vorsatzerfordernisse festgelegt.381 (1) Strafbarkeitserweiterungen In einigen Kriegsverbrechenstatbeständen wird der Terminus wilful(ly) verwendet, der auch in den zugrunde liegenden Tatbeständen des humanitären Völkerrechts 375

ICC-01/04 – 01/07 – 717, Prosecutor v. Katanga&Chui, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 30. September 2008, para. 529 f.; Insgesamt ist die Vorschrift des Art. 30 ICC-Statut aber „kompliziert“ und deshalb im Detail teilweise auch umstritten. Die Unsicherheiten, die aus dem Kompromiss zwischen den anglo-amerikanischen und kontinentaleuropäischen Rechtsvorstellungen resultieren, werden auch in dieser Norm deutlich. Zum Ganzen vgl. Ambos (2004), S. 757 ff.; Werle, Rn. 357 ff.; Piragoff/Robinson, in: Triffterer, Art. 30. 376 ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 360; Roßkopf, S. 92; Satzger, § 15 Rn. 25; Ambos (2008), § 7 Rn. 67; Werle/Jessberger, JICJ 3 (2005), 35, 53; a.A. ICC-01/04 – 01/06 – 803, Prosecutor v. Lubanga, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 29. Januar 2007, para. 352; hingegen offengelassen in: ICC-01/04 – 01/07 – 717, Prosecutor v. Katanga&Chui, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 30. September 2008, para. 531. 377 Überzeugend hierzu Safferling, S. 360 ff., 483. 378 Clark, ZStW 114 (2002), 372, 378. 379 Werle/Nerlich, HuV-I 2002, 124, 129; Merkel, ZStW 114 (2002), 437, 444. 380 Ambos (2008), § 7 Rn. 67; Werle/Jessberger, JICJ 3 (2005), 35, 43; Kelker, GreifRecht 3 (2008), 21, 25; Satzger, § 15 Rn. 28. 381 Umstritten ist, ob die Öffnungsklausel sämtliche Rechtsquellen nach Art. 21 ICC-Statut berücksichtigt, hierfür bspw. Werle, Rn. 375 oder nur solche Bestimmungen, die unmittelbar aus den Art. 6 – 8 ICC-Statut abgeleitet werden können, so z. B. Ambos (2004), S. 789.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

benutzt wird.382 Dieser Rechtsbegriff wird extensiv verstanden und umfasst auch den dolus eventualis bzw. die erwähnte recklessness.383 Gleiches gilt für den Terminus wanton(ly).384 Die partikuläre Übernahme dieser Begriffe ins Römische Statut muss insofern auch eine dahingehende Vorsatzerweiterung zum Zweck haben, ansonsten erscheint der spezielle Hinweis auf solche Merkmale wegen Art. 30 ICC-Statut als sinnlos.385 Die deutsche Übersetzung mit „vorsätzlich“ ist insofern etwas unglücklich und macht die (geminderten) Anforderungen an die subjektive Tatseite nicht richtig deutlich.386 Letztlich muss aber im Einzelfall hinsichtlich des Wortlautes und der Systematik des Tatbestandes untersucht werden, ob die recklessness bzw. der dolus eventualis ausreichend ist.387 (2) Strafbarkeitsverengungen Es existieren allerdings auch Tatbestände im Römischen Statut, in denen abweichend zu Art. 30 ICC-Statut die subjektiven Voraussetzungen verschärft oder zusätzliche subjektive Merkmale gefordert werden. In Art. 8 Abs. 2 lit. b.) xi.) und lit. e.) ix.) ICC-Statut ist dies erkennbar. Bei der meuchlerischen Tötung handelt es sich nämlich um einen Tatbestand mit überschießender Innentendenz, da das spezielle Absichtserfordernis keine Entsprechung im objektiven Tatbestand der Norm findet.388 f) Zwischenergebnis Im Hinblick auf eine Verantwortlichkeit von PMC/PSC-Mitarbeitern nach Art. 8 ICC-Statut müssen insofern, unabhängig vom speziellen Kriegsverbrechenstatbestand nach Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut, bestimmte übergreifende Voraussetzungen erfüllt sein. Es muss zunächst ein bewaffneter Konflikt, der sowohl internationalen als auch nicht-internationalen Charakter besitzen kann, vorliegen. Weiterhin muss der Anwendungsbereich des Kriegsvölkerstrafrechts sowohl zeitlich als auch örtlich 382

Vgl. Art. 8 Abs. 2 lit. a.) i.), iii.) vi.) ICC-Statut. Cassese (2008), S. 92 f.; ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 437 ff.; Prosecutor v. Galic´, Hauptverfahrenskammer, 5. Dezember 2003, para. 596; gegen die Annahme eines abweichenden Vorsatzerfordernisses gegenüber Art. 30 ICC-Statut Öberg, IRRC 91 (2009), 163, 173. Zu weitgehend dürfte wohl die Auffassung sein, dass für alle Verbrechen, die auf Bestimmungen über schwere Verletzungen der Genfer Abkommen und des gemeinsamen Art. 3 GA basieren, recklessness ausreicht, so aber ICTY, Prosecutor v. Blasˇkic´, Hauptverfahrenskammer, 3. März 2000, para. 151, 182. Dies würde letztlich Art. 30 ICC-Statut unangemessen aushöhlen. 384 Werle/Jessberger, JICJ 3 (2005), 35, 47. 385 Im Ergebnis zustimmend Ambos (2008), § 7 Rn. 69; Werle, Rn. 982; Satzger, § 16 Rn. 66; Gropengießer, in: Eser/Kreicker, S. 234. 386 Würde man den Terminus „vorsätzlich“ nicht im Sinne von Art. 30 ICC-Statut, sondern der deutschen Strafrechtsdogmatik verstehen, dann würde wiederum deutlich, dass der dolus eventualis bei diesen Tatbeständen erfasst ist. 387 Werle, Rn. 983. 388 Vgl. Werle, Rn. 386; ausführlicher zu diesem Tatbestand unter A. III. 2. d). 383

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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gegeben sein. Die Auslegung hat zudem ergeben, dass der Täter auch nach Art. 8 ICCStatut eine Verbindung zu einer Konfliktpartei besitzen muss. Letztlich muss noch ein funktioneller Zusammenhang der Einzeltat mit dem bewaffneten Konflikt existieren. Neben diesen objektiven Fundamentalvoraussetzungen muss der Täter grundsätzlich auch eine subjektive Tatseite aufweisen. Die allgemeine Regelung stellt hierfür Art. 30 ICC-Statut dar, wonach der Täter zumindest wissentlich und willentlich gehandelt haben muss. Durch die Öffnungsklausel des Art. 30 Abs. 1 HS. 1 ICC-Statut können die einzelnen Kriegsverbrechenstatbestände nach Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut aber höhere oder niedrigere Vorsatzerfordernisse enthalten. 2. Aktuelle Beispielsfälle aus der Praxis unter Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut Nachdem die übergreifenden Voraussetzungen der Kriegsverbrechen erörtert wurden, wird nun im Hinblick auf aktuelle Beispielsfälle aus der Praxis etwas näher auf spezielle Kriegsverbrechenstatbestände eingegangen. In den letzten Jahren haben sich eine Reihe von schockierenden Vorkommnissen zugetragen, die bisher allerdings entweder gar nicht oder nur unzulänglich sanktioniert wurden. Die Mitarbeiter von privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen sind nicht nur Opfer von schweren Übergriffen gewesen,389 sondern es sind wiederholt massive Verfehlungen auch ihrerseits publik geworden. Im Folgenden soll nun aufgezeigt werden, dass es sich hierbei teilweise um Kriegsverbrechen handelt, die grundsätzlich eine völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit auslösen können. Exemplarisch werden nachfolgend einige bekannt gewordene Vorfälle beschrieben und die für derartige Handlungen in Betracht kommenden Tatbestände des Art. 8 Abs. 2 ICCStatuts erörtert. Im Hinblick auf den Inhalt der jeweiligen Kriegsverbrechenstatbestände sind die Elements of Crimes von erhöhter Bedeutung, da sie hilfreiche Definitionen enthalten. Die Verbrechenselemente sind zwar für die Richter gem. Art. 9 ICC-Statut rechtlich nicht bindend, können jedoch als Interpretationshilfe herangezogen werden.390 a) Geschützter Personen- und Objektkreis bei Kriegsverbrechen Wie oben näher ausgeführt wurde, sind nur Kombattanten berechtigt Kampfhandlungen vorzunehmen (Kombattantenprivileg). Die Tötung oder Verletzung von gegnerischen Kombattanten ist demnach grundsätzlich auch nach dem Kriegsvölkerrecht nicht verboten. In Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut wird aber durch spezielle völkerrechtliche 389

Die schrecklichen Bilder von Falludscha gingen um die Welt, auf denen verkohlte Körper, die an einer Brückenkonstruktion hängen, und johlende Iraker, die um die verbrannten Reste eines menschlichen Körpers tanzen, zu sehen waren. Im März 2004 waren vier Mitarbeiter der Firma Blackwater in Falludscha in einen Hinterhalt geraten und wurden auf bestialische Weise getötet, dazu ausführlich Scahill, S. 106 ff. 390 Vgl. hierzu nur Dörmann, MPYUNL 7 (2003), 341, 350.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

Tatbestände definiert, welche Kriegshandlungen verboten sind und deshalb (völker-) strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können. Die Kriegsverbrechenstatbestände sind vor allem durch die Bestimmung des Personen- und Objektkreises, die eine besondere Schutzbedürftigkeit besitzen, geprägt. Dies tritt auch bei Art. 8 Abs. 2 lit. a.) ICC-Statut hervor, da dort gesondert geprüft werden muss, ob das betreffende Opfer zum geschützten Personenkreis gehört. Diese konstitutive Voraussetzung ist somit ein Tatbestandsmerkmal der Kriegsverbrechenstatbestände nach dem grave breaches Regime.391 Zur Ermittlung der schutzbedürftigen bzw. geschützten Personengruppen sind insofern die einzelnen Genfer Konventionen speziell zu betrachten. Die GA I-III schützen kranke, verwundete und schiffsbrüchige Soldaten und Kriegsgefangene, also Angehörige der Streitkräfte, die besonders schutzbedürftig sind. Hierzu gehören auch das Sanitätspersonal, Militärgeistliche oder das Personal der nationalen Rot-Kreuz-Verbände. Nach GA IVerfahren hingegen Zivilisten besonderen Schutz, wenn sie sich im Machtbereich der gegnerischen Konfliktpartei befinden. Bei den Kriegsverbrechen nach Art. 8 Abs. 2 lit. b.) ICC-Statut, die nicht dem Genfer Recht entstammen, werden hingegen im jeweiligen Tatbestand selbst die einzelnen Tatobjekte bzw. Opfer festgelegt. Im nicht-internationalen Konflikt nach Art. 8 Abs. 2 lit. c.) ICC-Statut ist der geschützte Personenkreis offen formuliert, wonach entscheidendes Kriterium ist, dass das Opfer zum Tatzeitpunkt nicht an Feindseligkeiten teilgenommen hat.392 Bei Art. 8 Abs. 2 lit. e.) ICC-Statut wird ebenso wie bei lit. b.) der jeweilige Personen- bzw. Objektkreis selbst tatbestandlich definiert. b) Der Skandal von Abu Ghraib Der „Folterskandal“ im irakischen Militärgefängnis Abu Ghraib ist sicherlich der spektakulärste Fall von schwersten Menschenrechtsverletzungen im Irak. Es wurden deshalb auch mehrere Strafanzeigen gegen Donald Rumsfeld und hochrangige Militärangehörige beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe eingereicht, um die Gräueltaten vor deutschen Gerichten anzuklagen.393 Diese Bemühungen hatten allerdings keinen Erfolg. In den Medien wurden viele schockierende Bilder und Videosequenzen als Beweisquellen publiziert, die die Weltöffentlichkeit erschüttert haben.394 Das bekann391

Byron, S. 22; Molle, HuV-I 2006, 274, 276. ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Hauptverfahrenskammer, 7. Mai 1997, para. 615; Ambos, in: Hasse/Müller/Schneider, S. 340; Werle, Rn. 998. 393 Vgl. Kriegsverbrechen – Rumsfeld in Deutschland angezeigt, in: Focus (online), v. 14. November 2006, abrufbar unter: http://www.focus.de/politik/ausland/kriegsverbre chen_aid_119241.html; German War Crimes Complaint Against Donald Rumsfeld et al., Center for Constitutional Rights, abrufbar unter: http://ccrjustice.org/ourcases/current-cases/ german-war-crimes-complaint-against-donald-rumsfeld,-et-al. 394 Vgl. nur den Fernsehbericht des amerikanischen Senders CBS in der Sendung „60 Minutes II“ v. 28. April 2004; Bericht von Rüb, Wer ist für die Verhörmethoden verantwortlich?, in: Frankfurter Allgemeiner Zeitung v. 3. Mai 2004, Seite 6. 392

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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teste und symbolträchtigste Foto zeigt einen irakischen Gefangenen, der mit einem Sack über dem Kopf auf einer Kiste steht. Seine Hände und sein Glied sind zudem mit elektrischen Drähten verbunden und ihm wurde angedroht, dass er durch Stromschläge hingerichtet wird, wenn er die Kiste verlässt. Es existieren aber auch Fotos, auf denen Gefangene nackt posieren müssen oder zum Oralsex oder zu Massenmasturbationen gezwungen werden. Im Januar 2004 wurde von General Sanchez, einem Kommandeur amerikanischer Truppen im Irak, eine Untersuchung der Vorfälle in Abu Ghraib angeordnet. Der interne Untersuchungsbericht des Major General Taguba bestätigt die Vorwürfe hinsichtlich schwerer Menschenrechtsverletzungen.395 Es wird von sexuellen Übergriffen auf männliche Gefangene oder dahingehenden Androhungen berichtet.396 Physische Misshandlungen in Form von Schlägen mit Händen oder Gegenständen, simuliertes Ertränken (sog. „Waterboarding“), Schlafentzug sowie der Einsatz von Hunden sind ebenfalls bekannt geworden.397 Die Gefangenen sollten durch diese Verhörmethoden unter Druck gesetzt werden, um die gewünschten Informationen möglichst schnell zu erlangen. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass teilweise auch aus sadistischen Motiven gehandelt wurde. In diesen „Folterskandal“ waren aber nicht nur reguläre Soldaten des amerikanischen Militärs involviert, sondern auch 18 private Mitarbeiter der Firmen CACI und TITAN. Diese Tatsache wurde in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, obwohl die privaten Angestellten als Verhörspezialisten und Übersetzer maßgebliche Funktionen besaßen.398 Im Gegensatz zu den regulären Soldaten wurden sie bisher aber nicht zur Verantwortung gezogen.399 Es wurde allerdings im Dezember 2007 eine (zivilrechtliche) Klage ehemaliger Gefangener von Abu Ghraib gegen das Unternehmen CACI eingereicht.400

395 Sog. Taguba-Report, Article 15 – 6 investigation of the 800th military police brigade, v. Februar 2004. 396 Taguba-Report, Article 15 – 6 investigation of the 800th military police brigade, v. Februar 2004, para. 6 – 7; Klageschrift, US District Court Columbia, Saleh et al. v. CACI et al., Case No. 05-cv-1165 (JR), para. 8, abrufbar unter http://ccrjustice.org/files/Saleh_Fourth AmendedComplaint_12_07.pdf. 397 Ausführlich zu verschiedenen Vorfällen: German War Crimes Complaint Against Donald Rumsfeld et al., Center for Constitutional Rights, S. 146 ff., abrufbar unter: http://ccrju stice.org/ourcases/current-cases/german-war-crimes-complaint-against-donald-rumsfeld,-et-al.; Taguba-Report, Article 15 – 6 investigation of the 800th military police brigade, v. Februar 2004, para. 6 ff. 398 Dazu Kinsey (2009), S. 120 ff.; Azzellini, KJ 2008, 310. 399 Jones, CILJ 24 (2009), 239, 250. 400 Vgl. US District Court Columbia, Saleh et al. v. CACI et al., Case No. 05-cv-1165 (JR), abrufbar unter http://ccrjustice.org/files/Saleh_FourthAmendedComplaint_12_07.pdf; siehe auch Court Rules Abu Ghraib Torture Victims Can Sue Contractor CACI, According to Legal Team for Former Detainees, New York Times, v. 19. März 2009.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

aa) Internationaler Konflikt Die Situation im Irak hat verschiedene Phasen durchlebt, weshalb sich eine pauschale Konfliktcharakterisierung als schwierig darstellt. Der Konflikt besaß zunächst jedenfalls (offensichtlich) einen internationalen Charakter, da es sich dort um eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen den Alliierten und dem Irak handelte.401 Das direkt anschließende Besatzungsregime der Koalitionstruppen hat diesen Konfliktcharakter ebenfalls nicht verändert,402 so dass das Kriegsvölkerstrafrecht nach Art. 8 Abs. 2 lit. a.) und b.) ICC-Statut jedenfalls auf die Zeit der Vorfälle in Abu Ghraib Anwendung gefunden hat.403 (1) Art. 8 Abs. 2 lit. a.) ii.) ICC-Statut Nach Art. 8 Abs. 2 lit. a.) ii.) ICC-Statut ist Folter oder eine andere unmenschliche Behandlung verboten. Der Foltertatbestand stellt allerdings im Rahmen der Misshandlungstatbestände die speziellste Form dar.404 Eine völkerrechtliche Definition der Folter findet sich in Art. 1 Abs. 1 der UN-Folterkonvention, wonach jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zweckgerichtet zur Erreichung bestimmter Ziele zugefügt werden, unter diesen Begriff fällt.405 Bei den Zielen handelt es sich z. B. um Informationsgewinnung, Bestrafung, Erlangung eines Geständnisses, Entwürdigung oder andere diskriminierende Gründe.406 Die Aufzählung der Motive in den Verbrechenselementen dürfte nicht als enumerativ zu verstehen sein, so dass auch andere vergleichbare Zwecke ausreichend sein können.407 Nach der Rechtsprechung der Ad-hoc-Tribunale muss die Schmerzzufügung einen höheren Intensitätsgrad als bei der unmenschlichen

401

Heintschel v. Heinegg, AVR 41 (2003), 272, 274; Arnold, JICJ 2 (2004), 999, 1003; Heselhaus, HuV-I 2004, 136. 402 Dörmann/Colassis, GYIL 46 (2004), 293, 307. 403 Vgl. Elements of Crimes Art. 8 (2) (a) Fn. 34; siehe dazu auch oben unter A. III. 1. b). 404 ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. Nov. 1998, para. 442. 405 Zur Auslegung des Begriffs der Folter vgl. auch EGMR, Aksoy v. Turkey, 18. Dez. 1996, RJD 1996-VI, para. 63 ff. (sog. palästinensisches Hängen”); Aydin v. Turkey, 25. Sept. 1997, RJD 1997-VI, para. 80 ff. (Vergewaltigung eines weiblichen Häftlings durch die Polizei); Selmouni v. France, 28. Juli 1999, RJD 1999-V, para. 91 ff. (physische und psychische Misshandlung im Polizeigewahrsam); Corsacov v. Moldova, 4. April 2006, Nr. 18944/02, para. 63 ff. (Schläge auf die Fußsohlen des Festgenommenen durch einen Schlagstock); nach der Rspr. des EGMR sind insbesondere 3 Aspekte von entscheidender Bedeutung: (1) Der systematische Charakter der menschenunwürdigen Behandlung (2) die Dauer und (3) und der sexuelle Konnex der Behandlung. Letztlich sind sowohl erhebliche Leiden in physischer als auch in psychischer Form erfasst, vgl. Safferling, Jura 2008, 100, 102. 406 Elements of Crimes Art. 8 (2) (a) (ii)-2. 407 ICTY, Prosecutor v. Furundzija, Hauptverfahrenskammer, 10. Dezember 1998, para. 162; Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 470; Werle, Rn. 1015; Wolny, S. 180; a.A. ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. September 1998, para. 594.

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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Behandlung erreichen, um eine Abgrenzung gewährleisten zu können.408 Die Verbrechenselemente fordern hingegen sowohl für die Folter als auch für die unmenschliche Behandlung eine besondere Schwere (severe pain or suffering), so dass der Unterschied zwischen beiden Tatbeständen nur in der intendierten Zielerreichung liegt. Die Feststellung der besonderen Schwere der Misshandlung bleibt aber eine Frage des Einzelfalls unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände.409 Vergewaltigungen können ebenfalls unter den Begriff der Folter fallen, wenn die zusätzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.410 Nach den Elements of Crimes zu Art. 8 Abs. 2 lit. a.) ii.) ICC-Statut ist es, im Gegensatz zu Art. 1 Abs. 1 der UN-Folterkonvention, aber nicht erforderlich, dass der Täter in amtlicher Funktion handelt.411 Der Täterkreis ist insofern nicht eingeschränkt. Die Opfer müssen allerdings zu dem beschriebenen geschützten Personenkreis der Genfer Konventionen gehören.412 Bei den Inhaftierten in Abu Ghraib handelt es sich entweder um Kriegsgefangene nach dem GA III oder um Zivilpersonen nach dem GA IV, so dass sie in jedem Fall unter den Kreis der geschützten Personen fallen.413 Die oben beschriebenen Handlungen dürften durchaus den geforderten Intensitätsgrad der Folter erreichen. In physischer Hinsicht sind die Misshandlungen in Form von Schlägen mit Händen oder Gegenständen, sexuelle Gewalt sowie Angriffe durch Hunde in der Gesamtschau sicherlich ausreichend, um große körperliche Leiden zu empfinden.414 Der Zwang zu nackten Posen in sexuell eindeutigen Positionen und die Scheinhinrichtung dürften auch zu schweren seelischen Leiden geführt haben, vor allem im Hinblick auf den kultu408 Bei der Folter muss die Beeinträchtigung „severe” sein, wohingegen bei der unmenschlichen Behandlung der Begriff „serious“ verwendet wird, hierzu ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 542; Prosecutor v. Kvocka et al., Hauptverfahrenskammer, 2. November 2001, para. 161; Prosecutor v. Haradinaj et al., Hauptverfahrenskammer, 3. April 2008, para. 126 f. 409 Dörmann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 19. 410 Zahar/Sluiter, S. 125. 411 Vgl. Elements of Crimes Art. 8 (2) (a) (ii)-1; ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 190 ff.; ICTY, Prosecutor v. Kunarac et al., Berufungskammer, 12. Juni 2002, para. 148; Prosecutor v. Limaj, Hauptverfahrenskammer, 30. November 2005, para. 240; Dörmann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 19; Kim, S. 115 f.; anders noch ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 494; Prosecutor v. Furundzija, Hauptverfahrenskammer, 10. Dezember 1998, para. 162; Prosecutor v. Kvocka et al., Hauptverfahrenskammer, 2. November 2001, para. 137 ff.; Prosecutor v. Furundzˇija, Berufungskammer, 21. Juli 2000, para. 111. 412 ICC-01/04 – 01/07 – 717, Prosecutor v. Katanga&Chui, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 30. September 2008, para. 357. 413 Vgl. Basak, HuV-I 2005, 85, 87; Arnold, JICJ 2 (2004), 999, 1003. 414 In der Leitentscheidung des EGMR zum Folterbegriff wurden überraschenderweise noch die sog. fünf Vernehmungstechniken (mit verbundenen Augen bei lautem pfeifendem Geräusch über mehrere Stunden an einer Wand stehen, kaum Essen und Trinken sowie Schlafentzug) nicht als Folter qualifiziert, vgl. EGMR, Ireland/UK, 18. Jan. 1978, Serie A 25, para. 167 ff.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

rellen und religiösen Hintergrund der Gefangenen.415 Bei dem sog. Waterboarding wird den Opfern der Kopf unter Wasser gedrückt oder der Mund und die Nase durch ein Tuch verbunden, das ständig mit Wasser übergossen wird. Hierdurch wird die Atmung erheblich erschwert und das Opfer hat das Gefühl, ersticken bzw. ertrinken zu müssen. Aufgrund der hieraus resultierenden Panik und Todesangst werden gravierende körperliche sowie psychische Leiden verursacht.416 Selbst der USJustizminister Eric Holder hat diese Verhörmethode als Folter bezeichnet.417 Die Opfer wurden durch die Maßnahmen zu bloßen Handlungsobjekten degradiert und ihre persönliche Würde erheblich verletzt. Diese Maßnahmen geschahen letztlich auch, um die Inhaftierten zu Geständnissen zu bewegen bzw. die Kooperationsbereitschaft bei Verhören zu steigern. Insgesamt wird man die Handlungen aufgrund der Vielzahl und ihrer Intensität als Folter im Sinne von 8 Abs. 2 lit. a.) ii.) ICC-Statut werten können. Wenn keine besondere Zwecksetzung nachweisbar ist, dann ist zumindest der Auffangtatbestand der unmenschlichen Behandlung erfüllt. (2) Art. 8 Abs. 2 lit. a.) iii.) ICC-Statut Die Verursachung großer Leiden oder schwere Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit bzw. Gesundheit sind in Art. 8 Abs. 2 lit. a.) iii.) ICC-Statut ebenfalls als Kriegsverbrechen definiert. Der Täter muss bei dem Opfer folglich große physische oder seelische Schmerzen oder schwerwiegende körperliche oder gesundheitliche Verletzungen verursacht haben.418 Diese Akte gelten nach allen Genfer Konventionen als grave breaches und besitzen deshalb völkergewohnheitsrechtlichen Charakter.419 Im Unterschied zum Kriegsverbrechen der Folter wird aber gerade keine bestimmte Zweckverfolgung des Täters verlangt.420 Eine sadistische oder gar keine Motivlage ist insofern ausreichend.421 Vergewaltigungen und die Zufügung unnötigen sinnlosen Leidens von Kriegsgefangenen erfüllen den Tatbestand der Norm.422 Unzulässige Strafmaßnahmen und Isolationshaft werden ebenfalls umfasst.423 Durch

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Basak, HuV-I 2005, 85, 88. Die US-Regierung von George W. Bush soll diese Verhörmethode in zwei Fällen schriftlich genehmigt haben, dazu „Waterboarding mit schriftlicher Genehmigung“, in: SZ (online), v. 15. Oktober 2008, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/politik/234/314134/ text/. 417 Hierzu „Waterboarding ist Folter“, in: Spiegel (online), v. 2. März 2009, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,610860,00.html. 418 Elements of Crimes Art. 8 (2) (a) (iii); ICTY, Prosecutor v. Blasˇkic´, Hauptverfahrenskammer, 3. März 2000, para. 156. 419 Vgl. Art. 50 GA I, 51 GA II, 130 GA III und 147 GA IV. 420 Dörmann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 22. 421 ICTY, Prosecutor v. Naletilic´ and Martinovic´, Hauptverfahrenskammer, 31. März 2003, para. 340 f. 422 Kittichaisaree, S. 147; Werle, Rn. 1018; Dahm/Delbrück/Wolfrum, S. 1056. 423 Wolfrum/Fleck, in: Fleck, Nr. 1410; Werle, Rn. 1018. 416

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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die Erfüllung des Foltertatbestandes ist gleichzeitig auch diese Vorschrift mit verwirklicht.424 Die Vorfälle und aufgeführten Handlungen in Abu Ghraib haben sowohl gravierende physische als auch seelische Schmerzen für die Gefangenen bedeutet. Die Verhörmethoden sollen zu abnormalen Verhaltensweisen der Gefangenen geführt haben. Sie sollen unter Gedächtnisverlust, Sprachstörungen und suizidalen Tendenzen leiden.425 (3) Art. 8 Abs. 2 lit. a.) vii.) ICC-Statut Eine rechtswidrige Gefangenhaltung von völkerrechtlich geschützten Personen ist nach Art. 8 Abs. 2 lit. a.) vii.) ICC-Statut ebenfalls als Kriegsverbrechen definiert. Nach dem ICTY ist die Gefangenhaltung nur erlaubt, wenn „reasonable grounds“ vorliegen, die die Sicherheit des Staates gefährden..426 Als geschützte Person kommen aber maßgeblich Zivilpersonen in Frage, da ihre rechtswidrige Gefangenhaltung gem. Art. 147 GA IV eine schwere Verletzung dieser Konvention bedeutet. Dies gilt hingegen nicht für Personen nach den GA I-III, da diese Handlung dort nicht als grave breaches normiert ist.427 Nach einem Bericht des ICRC sollen 70 bis 90 % der Gefangenen in Abu Ghraib zu Unrecht inhaftiertet sein.428 Wenn sich dies bestätigen sollte, dann wäre diese Praxis zumindest im Hinblick auf inhaftierte Zivilisten als Kriegsverbrechen zu qualifizieren. In Bezug auf PMC/PSC-Angehörige dürfte dieser Tatbestand allerdings keine Bedeutung besitzen. Es ist bisher nicht bekannt geworden, dass sie in irgendeiner Form auf diese rechtswidrige Gefangenhaltung Einfluss genommen haben (beispielsweise durch eine dahingehende Beratung etc.). (4) Art. 8 Abs. 2 lit. b.) xxi.) ICC-Statut Der Kriegsverbrechenstatbestand der entwürdigenden und erniedrigenden Behandlung besitzt ebenfalls völkergewohnheitsrechtlichen Charakter.429 Er findet seinen Ausdruck auch in Art. 3 Abs. 1 lit. c.) GA sowie Art. 75 Abs. 2 lit. b.) ZP I. Zur

424

ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. Nov. 1998, para. 442. Vgl. Report on the treatment by the coalition forces of prisoners of war and other protected persons in Iraq, ICRC, v. Februar 2004, abrufbar unter: http://www.derechos.org/ nizkor/us/doc/icrc-prisoner-report-feb-2004.pdf, S. 13. 426 ICTY, Prosecutor v. Kordic´ and Cˇerkez, Berufungskammer, 17. Dezember 2004, para. 72. 427 Werle, Rn. 1076; Satzger, § 16 Rn. 69; Gropengießer, in: Eser/Kreicker, S. 173. 428 Vgl. Report on the treatment by the coalition forces of prisoners of war and other protected persons in Iraq, ICRC, v. Februar 2004, abrufbar unter: http://www.derechos.org/ nizkor/us/doc/icrc-prisoner-report-feb-2004.pdf, S. 8. 429 ICTY, Prosecutor v. Furundzˇija, Hauptverfahrenskammer, 10. Dezember 1998, para. 183; Sellers/Bennion, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 192; König, S. 327. 425

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

Tatbestandserfüllung muss der Täter das Opfer demütigen, erniedrigen oder in anderer Form in seiner Würde verletzen.430 Die Verhörmethoden zielten teilweise darauf ab, das Selbstwertgefühl und die Selbstachtung der Gefangenen zu zerstören, um sie für Informationen gefügig zu machen. Das nackte zur Schau stellen und die Massenmasturbationen sind im Hinblick auf das kulturelle und religiöse Verständnis der Gefangenen als entwürdigend und erniedrigend zu qualifizieren. Die sexuelle Erniedrigung und „Entmannung“ hat für Muslime insofern eine noch gravierendere Bedeutung. Ihr Stolz und ihr Selbstwertgefühl werden hierdurch massiv verletzt. (5) Art. 8 Abs. 2 lit. b.) xxii.) ICC-Statut Bei der Vergewaltigung sowie den anderen Formen der sexuellen Gewalt nach Art. 8 Abs. 2 lit. b.) xxii.) ICC-Statut handelt es sich um einen Spezialfall der Verletzung der persönlichen Würde.431 Ein dahingehender Verbotstatbestand lässt sich auch den Art. 27 Abs. 2 GA IV und Art. 75 Abs. 2 lit. b.), 76 Abs. 1 ZP I entnehmen, weshalb dieser Kriegsverbrechentatbestand insgesamt völkergewohnheitsrechtlichen Charakter besitzt.432 Nach den Elements of Crimes setzt der objektive Tatbestand der Vergewaltigung voraus, dass ein physischer Übergriff des Täters auf den Körper des Opfers vorliegt, der eine Penetration zur Folge hat. Erfasst sind dahingehend auch anale und orale Penetrationen. Dieser Akt muss letztlich auch durch Gewalt bzw. Zwang oder deren Androhung erfolgen. Opfer einer Vergewaltigung können schließlich sowohl Männer als auch Frauen sein.433 Neben der Vergewaltigung sind auch andere, als die explizit aufgeführten, Formen der sexuellen Gewalt erfasst, sofern sie eine vergleichbare Schwere aufweisen.434 Hierbei handelt es sich um einen Auffangtatbestand, wonach der Täter durch Einsatz von Gewalt oder Zwang bzw. deren Androhung das Opfer zu bestimmten sexuellen Handlungen oder deren Duldung veranlasst.435 Berichten zufolge soll es zu (erzwungenem) Geschlechtsverkehr zwischen einer Gefangenen und einem Militärpolizisten gekommen sein, auch Übergriffe auf männliche Insassen soll es gegeben haben. Zudem sollen einigen Gefangenen Gegenstände 430 ICC-01/04 – 01/07 – 717, Prosecutor v. Katanga&Chui, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 30. September 2008, para. 369; Elements of Crimes Art. 8 (2) (b) (xxi)-1; ICTY, Prosecutor v. Kunarac et al., Berufungskammer, 12. Juni 2002, para. 161; Prosecutor v. Haradinaj et al., Hauptverfahrenskammer, 3. April 2008, para. 132. 431 Vgl. z. B. Art. 4 Abs. 2 lit. e.) ZP II; König, S. 328; Zahar/Sluiter, S. 129; Cryer et al., S. 292. 432 ICTY, Prosecutor v. Furundzˇija, Hauptverfahrenskammer, 10. Dezember 1998, para. 168. 433 Elements of Crimes Art. 8 (2) (b) (xxii)-1; vgl. auch Art. 7 (1) (g)-1 ICC-Statut. 434 Werle, Rn. 848. 435 ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. Sept. 1998, para. 688; Werle, Rn. 1041; Kim, S. 167; Elements of Crimes Art. 8 (2) (b) (xxii)-6.

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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anal eingeführt worden sein.436 Diese Handlungen verwirklichen offensichtlich den Tatbestand einer Vergewaltigung. Der Zwang der (nackten) Gefangenen zu eindeutigen sexuellen Posen und Haltungen sowie Massenmasturbation erfüllen zumindest den Auffangtatbestand der anderen Form von sexueller Gewalt. bb) Nicht-internationaler Konflikt Am 28. Juni 2004, also zwei Tage früher als nach der Resolution 1546/2004 vorgesehen,437 wurde die Besetzung des Irak (offiziell) beendet und die neue irakische Interims-Regierung etabliert. Diese Phase nach der Okkupation ist rechtlich schwierig zu bewerten.438 Seit dem Ende des Besatzungsregimes agieren die Koalitionstruppen im Irak allerdings mit der Zustimmung der irakischen Regierung, so dass ein internationaler Konflikt nicht mehr angenommen werden kann. Der Konflikt sollte mittlerweile folglich als nicht-international qualifiziert werden.439 Es existieren allerdings auch für diese Konfliktart nahezu identische Tatbestände, die eine Sanktionierung der oben beschriebenen Verhaltensweisen nach dem ICC-Statut ermöglichen würden.440 (1) Art. 8 Abs. 2 lit. c.) i.) ICC-Statut Eine grausame Behandlung sowie Folter sind nach Art. 8 Abs. 2 lit. c.) i.) ICC-Statut auch im nicht-internationalen Konflikt verboten und gelten als Kriegsverbrechen. Trotz der unterschiedlichen Terminologie besitzen die „grausame“ und die „unmenschliche“ Behandlung inhaltlich identische tatbestandliche Voraussetzungen.441 Vergleichbar zum grave breaches System müssen die aufgelisteten Verbrechen auch gegen eine geschützte Person begangen werden.442 Zum geschützten Personenkreis gehören nach dem gemeinsamen Art. 3 GA alle Personen, die zum Tatzeitpunkt 436 Dazu German War Crimes Complaint Against Donald Rumsfeld et al., Center for Constitutional Rights, S. 156 (Vorfall Nr. 5) u. S. 160 (Vorfall Nr. 8), abrufbar unter: http:// ccrjustice.org/ourcases/current-cases/german-war-crimes-complaint-against-donald-rumsfeld,et-al. 437 UN Res. 1546/2004 vom 8. Juni 2004: „Acting under Chapter VII of the Charter of the United Nations: … 2. Welcomes that, also by 30 June 2004, the occupation will end and the Coalition Provisional Authority will cease to exist, and that Iraq will reassert its full sovereignty; …“ 438 Hierzu ausführlich Dörmann/Colassis, GYIL 46 (2004), 293, 307 ff. 439 MünchKommStGB/Ambos, Vor §§ 8 ff. VStGB Rn. 32; Dörmann/Colassis, GYIL 46 (2004), 293, 313; Schaller, SWP 2007, S. 14. 440 Ein weiteres Beispiel für derartige Kriegsverbrechen im nicht-internationalen Konflikt stellt das Verhalten von Mitarbeitern der Firma Dyncorp in Bosnien dar, wo diese mehrfach durch perverses und unmenschliches Verhalten aufgefallen sein sollen, vgl. dazu Singer, CJTL 42 (2004), 521, 525. 441 ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 551; Werle, Rn. 1030; Gropengießer, in: Eser/Kreicker, S. 218. 442 Schabas, S, 132.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

nicht an Feindseligkeiten teilnehmen. Der geschützte Personenkreis ist damit extensiver gezogen als im internationalen Konflikt, weshalb Inhaftierte wie in Abu Ghraib natürlich ebenfalls davon umfasst sind. (2) Art. 8 Abs. 2 lit. c.) ii.) ICC-Statut Die Tatbestandsvoraussetzungen des Kriegsverbrechens der entwürdigenden und erniedrigenden Behandlung nach Art. 8 Abs. 2 lit. c.) ii.) ICC-Statut sind identisch mit denen nach Art. 8 Abs. 2 lit. b.) xxi.) ICC-Statut.443 Eine vergleichbare Vorschrift für den nicht-internationalen Konflikt existiert auch in Art. 4 Abs. 2 lit. e.) ZP II. (3) Art. 8 Abs. 2 lit. e.) vi.) ICC-Statut Die Anwendung von sexueller Gewalt stellt auch einen Verstoß gegen die Gesetze und Gebräuche im nicht-internationalen Konflikt nach Art. 8 Abs. 2 lit. e.) vi.) ICCStatut dar. Vergewaltigungen und die Unterhaltung eines „Sex-Sklaven-Rings“, in den die Angestellten von Dyncorp in Bosnien involviert gewesen sein sollen,444 stellen demnach auch im nicht-internationalen Konflikt ein Kriegsverbrechen dar. c) Tötung von Zivilisten Einige Monate nach den Enthüllungen von Abu Ghraib ist im Internet ein Video aufgetaucht, auf dem Mitarbeiter des englischen Sicherheitsunternehmens Aegis wahllos auf irakische Zivilisten geschossen haben.445 Am 16. September 2007 wurden auf dem Nisour Platz in Bagdad mindestens 17 Iraker durch Schüsse von Angestellten der Firma Blackwater getötet.446 Ermittlungen zufolge, sollen die Mitarbeiter, die einen Diplomaten-Konvoi beschützen sollten, grundlos das Feuer auf die Zivilisten eröffnet haben. Nach der zweifelhaften Version des Sicherheitsunternehmens wurde hingegen der bewachte Konvoi plötzlich angegriffen und die Angestellten schossen nur zu Verteidigungszwecken zurück. Nur wenige Wochen nach diesem Ereignis sollen Mitarbeiter der australischen Firma Unity Resources grundlos zwei irakische Frauen in einem Auto erschossen haben.447 Ein Sprecher des irakischen Innen443

Vgl. Zimmermann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 290. Jones, CILJ 24 (2009), 239, 241; Percy, CW 11 (2009), 57, 61; die involvierten Frauen sollen teilweise so gar nicht älter als 12 Jahre alt gewesen sein, dazu auch Capps, Crime without punishment, Salon.com, v. 27. Juni 2002, abrufbar unter: http://dir.salon.com/story/news/fea ture/2002/06/27/military/index.html. 445 Das sog. „Trophy“ Video ist abrufbar unter: http://www.chris-floyd.com/fallujah/con tract/. 446 Dazu Jury prüft Anklage gegen Blackwater-Wachleute, in: Die Welt (online), v. 20. November 2007, abrufbar unter: http://www.welt.de/politik/article1380552/Jury_pru eft_Anklage_gegen_Blackwater_Wachleute.html ebenso Rüb, „Erst schießen, dann fragen“, in: FAZ, v. 19. September 2007, S. 6. 447 Vgl. Private Sicherheitsleute erschießen zwei Frauen, in: Spiegel (online), v. 10. Oktober 2007, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,510482,00.html; 444

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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ministeriums berichtet auch, dass Mitte November 2007 ein Mitarbeiter der Firma Dyncorp grundlos einen Taxifahrer erschossen haben soll.448 Diese Vorfälle sind aber nur Beispiele für zahlreiche Übergriffe auf Zivilisten. Die Zivilbevölkerung wurde immer wieder zur Zielscheibe und Opfer von rücksichtlosem Verhalten der Sicherheitsmitarbeiter.449 Auch schon in den 1990er Jahren ist die Firma Executive Outcomes durch rücksichtsloses Verhalten in Sierra Leone aufgefallen. Sie soll z. B. ihre Angestellten bei der Durchführung von Luftangriffen angewiesen haben, jede Person zu töten, da die Unterscheidung zwischen Rebellen und Zivilisten unmöglich gewesen sei.450 In Kolumbien sollen Mitarbeiter des Unternehmens AirScan bei einem Luftangriff auf Zivilisten beteiligt gewesen sein. Insgesamt seien dabei 18 Menschen, darunter sieben Kinder, getötet worden.451 aa) Internationaler Konflikt Zunächst ist zu untersuchen, welche speziellen Kriegsverbrechenstatbestände die Tötung von unbeteiligten Zivilisten im internationalen Konflikt verwirklichen würde. (1) Art. 8 Abs. 2 lit. a.) i.) ICC-Statut Nach Art. 8 Abs. 2 lit. a.) i.) ICC-Statut stellt die Tötung einer unter dem Schutz der Genfer Konventionen stehenden Person oder die Verursachung des Todes einer solchen Person ein Kriegsverbrechen dar. Es handelt sich hierbei um eine schwere Verletzung im Sinne aller vier Genfer Abkommen, vgl. Art. 50 GA I, 51 GA II, 130 GA III, 147 GA IV. Es ist jedoch stets zu prüfen, ob die aufgeführte Handlung an einem Opfer begangen wurde, das gerade durch eines der vier Genfer Konventionen geschützt ist. Bei den vorliegenden beispielhaft aufgezählten Ereignissen könnten die betroffenen Zivilpersonen zum geschützten Personenkreis nach dem GA IV gehören. Hierunter fallen gem. Art. 4 Abs. 1 GA IValle Personen, die sich in der Gewalt einer gegnerischen Konfliktpartei befinden. Diese Bedingung ist extensiv zu verstehen, so dass sich die Opfer auf einem von der gegnerischen Konfliktpartei kontrollierten Gebiet befinden müssen.452 Dies ist im Irak anzunehmen, da es sich dort (anfangs) um ein Besatzungsregime gehandelt hat und die Koalitionstruppen die überwiegenden Gebiete (auch die Hauptstadt Bagdad) unter ihrer Kontrolle hatten. Bei den erschossenen Personen handelt es sich nach den Angaben zufolge wohl um friedSecurity guards fire on Iraqi car, in: BBC News, v. 9. Oktober 2007, abrufbar unter: http://news. bbc.co.uk/2/hi/middle_east/7035924.stm. 448 Dazu Glanz, Security Guard Fires from Convoy, Killing Iraqi Driver, in: New York Times, v. 12. November. 2007, abrufbar unter: http://www.nytimes.com/2007/11/12/world/ middleeast/12contractor.html?pagewanted=2&_r=1&hp. 449 Insgesamt zur Affäre Blackwater Uesseler, S. 83 ff. 450 Lehnardt, EJIL 19 (2008), 1015, 1017; Jones, CILJ 24 (2009), 239, 241. 451 Miller, US Pairs Role in Bombing Shown, in: Los Angeles Times, v. 16. März 2003. 452 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Hauptverfahrenskammer, 7. Mai 1997, para. 579.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

liche Zivilisten, die sich folglich nicht an Feindseligkeiten beteiligt haben, wodurch sie ihren Schutz vor Angriffen verwirkt haben könnten. In objektiver Hinsicht verlangt der Tatbestand nur die Tötung einer geschützten Person, Art und Weise der Tötungshandlung sind hingegen nicht näher beschrieben. Folglich ist es ausreichend, dass der Tod in irgendeiner Form verursacht wird.453 Nach Art. 4 Abs. 1 GA IV ist eine weitere Voraussetzung, dass die Opfer keine Angehörigen der Besatzungsmacht sind. Bei einer formalen Betrachtung wäre somit das entscheidende Kriterium bei Zivilisten die Staatsangehörigkeit. Unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Genfer Konventionen sollte die Norm aber extensiv ausgelegt werden.454 Das ICTY hat deshalb richtigerweise auf die ethnische Zugehörigkeit abgestellt.455 Auch der ICC scheint jedenfalls diesem Ansatz zu folgen.456 Bei den erschossenen Zivilisten handelt es sich aber ohnehin um irakische Staatsangehörige. Auf subjektiver Ebene wird zwar grundsätzlich nach Art. 30 ICC-Statut verlangt, dass der Täter wissentlich und willentlich getötet hat. Die englische Formulierung „wilful killing“ zeigt jedoch, dass die recklessness bei dieser Vorschrift als ausreichend angesehen wird.457 Der Täter muss insofern unter leichtfertiger Missachtung des menschlichen Lebens gehandelt haben.458 Zudem müssen ihm die Umstände bewusst sein, die den geschützten Status der Person begründen.459 (2) Art. 8 Abs. 2 lit. b.) i.) ICC-Statut Als weiterer Kriegsverbrechenstatbestand kommt Art. 8 Abs. 2 lit. b.) i.) ICC-Statut in Betracht. Hierbei handelt es sich um schwere Verstöße gegen Kriegsgesetze oder -gebräuche im internationalen bewaffneten Konflikt. Wie oben schon näher aus453

Elements of crimes zu Art. 8 (2) (a) (i)-1 (Fn. 31); Dörmann, MPYUNL 7 (2003), 341,

365. 454

MünchKommStGB/Ambos, Vor § 8 VStGB Rn. 43; Werle, Rn. 994. Vgl. dazu nur ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 15. Juli 1999, para. 166; Prosecutor v. Naletilic´ and Martinovic´, Hauptverfahrenskammer, 31. März 2003, para. 204 ff. 456 ICC-01/04 – 01/07 – 717, Prosecutor v. Katanga&Chui, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 30. September 2008, para. 291. 457 ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 437; Prosecutor v. Naletilic´ and Martinovic´, Hauptverfahrenskammer, 31. März 2003, para. 248; ICTR, Prosecutor v. Musema, Hauptverfahrenskammer, 27. Januar 2000, para. 215; Dörmann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 17; Dörmann, S. 43; Bothe, in: Cassese/Gaeta/Jones, S. 392; Byron, S. 28; Satzger, § 16 Rn. 66; Zahar/Sluiter, S. 123; a.A. wohl ICC-01/04 – 01/07 – 717, Prosecutor v. Katanga&Chui, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 30. September 2008, para. 295. 458 ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 439; Prosecutor v. Kvocka et al., Berufungskammer, 28. Februar 2005, para. 261; Prosecutor v. Halilovic, Hauptverfahrenskammer, 16. November 2005, para. 35; Prosecutor v. Haradinaj et al., Hauptverfahrenskammer, 3. April 2008, para. 124 Werle, Rn. 1004; Nerlich, JICJ 5 (2007), 665, 676. 459 ICC-01/04 – 01/07 – 717, Prosecutor v. Katanga&Chui, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 30. Sept. 2008, para. 297; vgl. auch Elements of Crimes zu Art. 8 (2) (a) (i)-3. 455

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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geführt wurde,460 sind nach dem geltenden Völkergewohnheitsrecht Angriffe auf die Zivilbevölkerung oder auf einzelne Zivilpersonen verboten, wenn diese nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen.461 Dieser Grundsatz findet letztlich seine positiv-rechtliche Entsprechung sowohl im ZP I als auch im ZP II, vgl. Art. 51 Abs. 2 ZP I, Art. 13 Abs. 2 ZP II. Nach Art. 85 Abs. 3 ZP I wird eine solche Handlung als schwerer Verstoß bezeichnet, wenn er vorsätzlich geschehen ist und den Tod oder schwere Verletzungen verursacht hat. Art. 8 Abs. 2 lit. b.) i.) ICC-Statut fordert aber diesen eingetretenen Erfolg gerade nicht, so dass die Tatbestandsvoraussetzungen geringer sind und nicht auf einer grave breaches Vorschrift beruhen.462 Folglich reicht nach dieser Norm bereits die Führung eines Angriffs aus.463 Der Begriff des Angriffs ist in Art. 49 ZP I legaldefiniert und umfasst danach jede Form der Gewaltanwendung. Auf subjektiver Ebene wird aber entgegen Art. 30 ICC-Statut ein zielgerichtetes Handeln verlangt.464 Weiterhin müssen dem Täter auch die Umstände bewusst sein, die den geschützten bzw. zivilen Status der Person begründen.465

bb) Nicht-internationaler Konflikt Nicht nur im Irak, sondern auch in Afghanistan sollen Mitarbeiter von Blackwater (Xe Services) Zivilisten erschossen haben, weshalb sie sich nun vor einem Bezirksgericht in Virginia verantworten müssen.466 Der (aktuelle) bewaffnete Konflikt in Afghanistan besitzt nach richtiger Auffassung jedoch ebenso wie die aktuelle Situation im Irak467 einen nicht-internationalen Charakter.468 Hierfür spricht jedenfalls, dass die ISAF-Truppen auf Seiten der afghanischen Regierung stehen und nicht als eigene 460

Vgl. oben 2. Kapitel, A. II. 1. Ausführlich zur Definition der Zivilperson im 2. Kapitel, A. II. 462 Kim, S. 123; Dörmann, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 31. 463 Dörmann, IRRC 83 (2001), 461, 467. 464 Dies wird in der englischen Fassung „intentionally“ deutlicher. Auch in der (nahezu) gleichlautenden Vorschrift nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 VStGB wird dies gefordert („gegen einzelne Zivilpersonen richtet“), vgl. BT-Drs. 14/8524, S. 33. Insgesamt ausführlich und überzeugend zur subjektiven Seite dieses Kriegsverbrechenstatbestandes Werle, Rn. 1143; a.A. ICTY, Prosecutor v. Galic´, Berufungskammer, 30. November 2006, para. 140. 465 Vgl. Elements of Crimes zu Art. 8 (2) (a) (i)-3 (Fn. 32); ICTY, Prosecutor v. Halilovic, Hauptverfahrenskammer, 16. Nov. 2005, para. 36. 466 Hierzu Risen, Former Blackwater Guards Charged With Murder, in: New York Times, v. 7. Januar 2010, abrufbar unter: http://www.nytimes.com/2010/01/08/world/asia/08blackwa ter.html?scp=1&sq=Two%20security%20contractors%20charged%20in%20Afghanistan% 20killings&st=cse. 467 Jedenfalls im Hinblick auf die Phase nach dem 28. Juni 2004. 468 Vgl. nur Safferling/Kirsch, JA 2010, 81, 82 f.; Kreß, Afghanistan – „Da gilt Kriegsrecht“, in: Spiegel 40/2009, S. 26. Dieser Auffassung hat sich nun auch die Bundesregierung angeschlossen, hierzu Westerwelle: „Bewaffneter Konflikt“ in Afghanistan, in: FAZ (online), v. 10. Februar 2010, abrufbar unter: http://www.faz.net/s/Rub0CCA23BC3D3C4C78914F85 BED3B53F3C/Doc~E8F92E5536CB94594BE5F15D13CD69387~ATpl~Ecommon~Scon tent.html. 461

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

Konfliktpartei auftreten. Zudem geschah die Stationierung der ausländischen Truppen mit wirksamer Zustimmung des Territorialstaates Afghanistan.469 In dieser Konfliktform ist aber ebenfalls die Tötung von Zivilisten grundsätzlich unzulässig. (1) Art. 8 Abs. 2 lit. c.) i.) ICC-Statut Der Tatbestand des Art. 8 Abs. 2 lit. c.) i.) ICC-Statut basiert letztlich auf dem gemeinsamen Art. 3 GA. Der Tod des Opfers kann durch eine Handlung oder ein Unterlassen herbeigeführt werden. Entscheidend ist aber, dass er aus dem Verhalten des Täters resultiert.470 Der geschützte Personenkreis im nicht-internationalen Konflikt ist aber weiter gefasst, so dass alle Personen, die nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, von der Schutzrichtung der Vorschrift erfasst sind. Folglich können auch Angriffe auf solche Zivilisten, die sich nicht in der Gewalt des Gegners befinden, den Tatbestand der (vorsätzlichen) Tötung nach dieser Vorschrift erfüllen. (2) Art. 8 Abs. 2 lit. e.) i.) ICC-Statut Die Vorschrift des Art. 8 Abs. 2 lit. e.) i.) ICC-Statut ist die korrespondierende Norm zu Art. 8 Abs. 2 lit. b.) i.) ICC-Statut für den nicht-internationalen Konflikt. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind folglich identisch. d) Vortäuschen eines zivilen Status Nach Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut wird die unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten durch Zivilisten nicht per se als Kriegsverbrechenstatbestand normiert. Dies dürfte auch dem geltenden völkergewohnheitsrechtlichen Stand entsprechen, da dieses Verhalten weder als grave breaches im Sinne der Art. 129 bzw. 130 GA III und Art. 85 ZP I gilt, noch wird es nach Art. 6 lit. b.) IMT-Staut, Art. 2 bzw. 3 ICTY-Statut und Art.4 ICTR-Statut als Kriegsverbrechen qualifiziert.471 Allein die Teilnahme von „private contractors“ an einem bewaffneten Konflikt verwirklicht jedenfalls noch keinen Kriegsverbrechenstatbestand. Im Rahmen der Unterscheidungspflicht für Kombattanten wurde aber schon darauf hingewiesen, dass es häufiger vorkommt, dass sich die Mitarbeiter von PMCs/ PSCs nicht angemessen von der Zivilbevölkerung unterscheiden. Fraglich erscheint insofern, ob deshalb die Tötung oder Verwundung von Gegnern durch sie im internationalen und nicht-internationalen bewaffneten Konflikt als Kriegsverbrechen zu qualifizieren ist. 469

MünchKommStGB/Ambos, Vor §§ 8 ff. VStGB Rn. 32; Schaller, SWP 2007, S. 14. ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 274. 471 Im Ergebnis zustimmend Schlosser, S. 271; Steinkamm, S. 265; Friedrich, S. 148; Schwab, S. 228; Dinstein, in: Dinstein, S. 109; Wieczorek, S. 50; Schaller, SWP 2009, S. 5 sowie BVerwG 10 C 24.08, v. 24. November 2009, para. 34 und 43; a.A. Rogers, YIHL 2004, 3, 26. 470

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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aa) Internationaler Konflikt: Art. 8 Abs. 2 lit. b.) xi.) ICC-Statut Nach Art. 8 Abs. 2 lit. b.) xi.) ICC-Statut wird die meuchlerische Tötung oder Verwundung von Angehörigen des feindlichen Volkes oder Heeres als Kriegsverbrechen im internationalen Konflikt normiert. Eine kodifizierte Grundlage findet dieses sog. Perfidieverbot in Art. 23 lit. b.) HLKO bzw. Art. 37 ZP I. Insgesamt ist es eines der ältesten Prinzipien des Kriegsvölkerrechts und gehört damit auch zum geltenden Völkergewohnheitsrecht.472 Der Tatbestand der Norm ist allerdings vage und lässt stärkere Konturen vermissen. Von entscheidender Bedeutung ist dahingehend, wie das Merkmal meuchlerisch bzw. treacherously zu interpretieren ist. Die Verwendung des Begriffs treacherously nach Art. 23 lit. b.) HLKO in Art. 8 Abs. 2 lit. b.) xi.) ICC-Statut ist jedoch etwas verwunderlich. Dieser wurde nämlich als zu restriktiv empfunden, weshalb er in Art 37 ZP I bewusst durch den Terminus perfidious ersetzt wurde.473 Letztlich ist allerdings davon auszugehen, dass das Merkmal meuchlerisch in Art. 8 Abs. 2 lit. b.) xi.) ICC-Statut im Sinne des Perfidieverbotes zu verstehen ist.474 Eine Definition der Perfidie enthält das Statut zwar nicht, jedoch kann hierfür auf Art. 37 Abs. 1 S. 2 ZP I rekurriert werden. Danach liegt eine perfide Handlung vor, wenn der Gegner zu der irrtümlichen Annahme einer völkerrechtlichen Schutzposition verleitet wird.475 Die allgemeinen Kriegslisten sind hingegen nach 37 Abs. 2 ZP I ausgenommen. In Abs. 1 S. 3 dieser Vorschrift sind einige Handlungen exemplarisch aufgeführt, wonach in lit. c.) auch das Vortäuschen eines zivilen oder Nichtkombattantenstatus erfasst ist. Der Tatbestand der Vorschrift ist folglich auch dann erfüllt, wenn eine Person sich als schutzbedürftige Zivilperson ausgibt und dann aufgrund des Überraschungsmoments den gegnerischen Kombattanten tötet.476 In diesem Zusammenhang ist allerdings auch Art. 44 Abs. 3 S. 2 lit. b.) S. 2 ZP I zu beachten, wonach Handlungen, die den in Abs. 3 genannten Voraussetzungen entsprechen, explizit nicht als heimtückisch gelten. Ein fehlendes Unterscheidungszeichen erfüllt demnach in bestimmten Situationen nicht den Tatbestand nach Art. 8 Abs. 2 lit. b.) xi.) ICC-Statut.477 Weiterhin reicht das bloße Tragen von ziviler Kleidung per se nicht aus, sondern der Täter muss das Vertrauen des Opfers auf diese völkerrechtliche Schutzlage ausnutzen, um es dann zu töten oder zu verletzen. Zum potentiellen Opferkreis gehören sowohl Kombattanten als auch Zivilisten.478 Der Tatbestand fordert 472

ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Oktober 1995, para. 125; König, S. 286; Cottier, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 116; Werle, Rn. 1179; Moir, in: Bassiouni, S. 349; Henckaerts, in: Henckaerts/Doswald-Beck, S. 221. 473 de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 37 ZP I Rn. 1491. 474 Cottier, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 118; Bothe, in: Cassese/Gaeta/Jones, S. 405; Byron, S. 117; Dehn, JICJ 6 (2008), 627, 636; vgl. auch Elements of Crimes Art. 8 (2) (b) (xi)-1. 475 Byron, S. 117. 476 Cottier, in: Triffterer, Art. 8 Rn. 123; Byron, S. 117; Wieczorek, S. 51; Schaller, SWP 2007, S. 23. 477 Dazu näher im 2. Kapitel, A. I. 2. d) bb). 478 Vgl. Elements of Crimes zu Art. 8 (2) (b) (xi)-5; Gropengießer, in: Eser/Kreicker, S. 197; Byron, S. 117.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

insofern ein spezifisches Absichtserfordernis, das über Art. 30 ICC-Statut hinausgeht.479 Nach den vorhergehenden Ausführungen lässt sich festhalten, dass die mangelnde Unterscheidbarkeit der Mitarbeiter von PMCs/PSCs nicht per se den Kriegsverbrechenstatbestand nach Art. 8 Abs. 2 lit. b.) xi.) ICC-Statut erfüllt. Es muss zudem auch ein Erfolg, nämlich die Tötung oder Verwundung einer geschützten Person eingetreten sein. Die berichteten Übergriffe bzw. Tötungen von Zivilisten würden den objektiven Tatbestand der Norm somit verwirklichen. Zweifelhaft ist allerdings, ob auch das spezielle Absichtserfordernis erfüllt wird, da die meisten Mitarbeiter von PMCs/PSCs nicht die zivile Kleidung tragen, um einen Gegner aufgrund des (möglicherweise) hieraus resultierenden Überraschungsmoments leichter töten zu können. Wie dargelegt wurde, wird den privaten Mitarbeitern teilweise sogar verboten sich zu uniformieren.480 Im Einzelfall dürfte sich dieser Absichtsnachweis insofern schwer führen lassen. bb) Nicht-internationaler Konflikt: Art. 8 Abs. 2 lit. e.) ix.) ICC-Statut Im nicht-internationalen Konflikt ist der völkergewohnheitsrechtliche Gehalt des Perfidieverbots zweifelhaft, da weder der gemeinsame Art. 3 GA noch das ZP II Schutzvorschriften für Kombattanten hinsichtlich der Kriegsführung enthält.481 Nach traditionellem Völkerrechtsverständnis existierte im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt kein Kombattantenstatus.482 Die Normierung des Perfidieverbots als Kriegsverbrechenstatbestand in Art. 8 Abs. 2 lit. e.) ix.) ICC-Statut stellt insofern ein Novum dar, weil es dahingehend trotz einiger Beispiele in der Rechtsprechung483 weder eine konsistente Praxis gibt, noch eine derartige kodifizierte Schutzbestimmung im Humanitären Völkerrecht existiert.484 Wie oben ausführlich dargelegt wurde,485 ist diese Norm aber als Ausdruck eines grundlegenden Wandels der Staaten in Bezug auf ihre Haltung hinsichtlich der Anerkennung eines Kombattantenstatus im nicht-internationalen Konflikt zu verstehen.

479 Werle, Rn. 1183; Dörmann, S. 478; Solf, in: Bothe/Partsch/Solf, S. 204; de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 37 ZP I Rn. 1500. 480 Vgl. die Ausführungen im 2. Kapitel, A. I. 2. d). 481 Bothe, in: Cassese/Gaeta/Jones, S. 421; König, S. 375 f.; Dehn, JICJ 6 (2008), 627, 634. Dies ist letztlich aber auch nicht verwunderlich, da nach diesen Instrumenten ohnehin kein Kombattantenstatus in dieser Konfliktart existiert. 482 Ausführlich zur Diskussion der statusrechtlichen Problematik im nicht-internationalen Konflikt vgl. 2. Kapitel, B. V. 483 ICTY, Prosecutor v. Tadic´, Berufungskammer, 2. Oktober 1995, para. 125; Supreme Court of Nigeria, Pius Nwaoga v. The State, v. 3. März 1972, in: ILR 52 (1979), S. 494, 496 f. 484 Dehn, JICJ 6 (2008), 627, 638.; König, S. 376; a.A. Henckaerts, in: Henckaerts/Doswald-Beck, S. 222 f. 485 Hierzu im 2. Kapitel, B. V. 2.

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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Im nicht-internationalen Konflikt (vor allem bei Guerillakriegen) kann allerdings die Ausnahme nach Art. 44 Abs. 3 S. 2 ZP I Bedeutung erlangen, weil dort die Situation oft einem besetzten Gebiet oder der Situation in Befreiungskriegen vergleichbar ist. Eine perfide Tötungshandlung scheidet demnach aus, wenn der Täter während jedes militärischen Einsatzes und während eines militärischen Aufmarsches, solange er für den Gegner sichtbar ist, seine Waffen offen trägt.486 Im Vergleich zur Regelung im internationalen Konflikt enthält die Norm aber eine gravierende Änderung hinsichtlich des potentiellen Opferkreises. Geschützt sind vor perfiden Kampfhandlungen nach dem eindeutigen Wortlaut nur die gegnerischen Kombattanten, hingegen nicht Zivilpersonen.487 Als Auffangtatbestand bleibt für die (perfide) Tötung von Zivilisten insofern nur Art. 8 Abs. 2 lit. c.) i.) ICC-Statut.488 e) Zwischenergebnis Die Erörterungen zeigen, dass die in der Öffentlichkeit publik gewordenen Vorfälle und Handlungen der PMC/PSC-Mitarbeiter als Kriegsverbrechen nach Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut zu qualifizieren sind. Aus materiell-rechtlicher Sicht könnten sie damit als Völkerrechtsverbrechen grundsätzlich durch den ICC geahndet werden. 3. Jurisdiktion des ICC Im Hinblick auf die mögliche Verfolgung von Mitarbeitern privater Militär- und Sicherheitsunternehmen sind bei der Gerichtsbarkeit des ICC jedoch einige prozessuale Aspekte von besonderer Bedeutung, auf die im Folgenden (kurz) eingegangen wird. a) Zuständigkeit Nach der Präambel des Statuts besteht die Aufgabe Gerichtshofes darin, der Straflosigkeit von schwersten Menschenrechtsverletzungen ein Ende zu setzen und damit auch präventiv zur Verhütung einer Begehung der Kernverbrechen beizutragen, die nicht nur unmittelbar die Opfer, sondern auch die internationale Gemeinschaft als solche berühren (vgl. Abs. 4 und 5). aa) „Ratione personae“ Nach Art. 25 Abs. 1 ICC-Statut wird explizit nur die Strafbarkeit natürlicher Personen geregelt, so dass eine Einbeziehung von juristischen Personen des Privatrechts

486

Werle, Rn. 1185; Bothe, in: Dicke, S. 80. Moir, in: Doria et al., S. 517 f.; Byron, S. 185; Gropengießer, in: Eser/Kreicker, S. 229; Werle, Rn. 1184; kritisch dahingehend Kim, S. 191. 488 Dörmann, S. 479; Moir, in: Bassiouni, S. 350. 487

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

ausscheidet.489 Das Strafmündigkeitsalter wird gem. Art. 26 ICC-Statut auf 18 Jahre begrenzt. Hervorzuheben ist zudem, dass die amtliche Eigenschaft als Staats- oder Regierungschef einer individuellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit nicht entgegensteht, vgl. Art. 27 ICC-Statut.490 bb) „Ratione materiae“ Die sachliche Zuständigkeit des Gerichts beschränkt sich gem. Art. 5 Abs. 1 S. 2 ICC-Statut auf die vier core crimes, zu denen neben dem Völkermord, den Verbrechen gegen die Menschlichkeit und dem Verbrechen der Aggression491 natürlich auch die Kriegsverbrechen gehören. cc) „Ratione temporis“ Eine weitere entscheidende Zuständigkeitseinschränkung ist das ausdrücklich eingefügte Rückwirkungsverbot in Art. 11 ICC-Statut. Danach können nur solche Personen vom ICC abgeurteilt werden, deren Tat nach In-Kraft-Treten des Statuts am 1. Juli 2002 begangen wurde. Eine Ausnahme existiert allerdings für den Fall, dass der Vertragsstaat ausdrücklich erklärt, dass er die Jurisdiktion des ICC auch für Straftaten vor diesem Zeitpunkt anerkennt, vgl. Art. 11 Abs. 2 und Art.12 Abs. 3 ICC-Statut. dd) „Ratione loci“ Nach Art. 12 Abs. 1 ICC-Statut erkennt ein Staat, der Vertragspartei des Statuts wird, mit seinem Beitritt automatisch die Gerichtsbarkeit des ICC an. Nach Art. 124 ICC-Statut existiert aber für Kriegsverbrechen die Möglichkeit, die Gerichtsbarkeit für sieben Jahre zu suspendieren.492 Die örtliche Zuständigkeit beschränkt sich zudem nach Art. 12 Abs. 2 ICC-Statut auf Taten, die entweder im Sinne des Territorialitätsprinzips auf dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates stattgefunden haben oder nach dem aktiven Personalitätsprinzip von Staatsangehörigen eines Vertragsstaates begangen wurden. Das näher liegende Weltrechtsprinzip konnte sich hingegen aufgrund von Souveränitätserwägungen der Staaten nicht durchsetzen. Dies hätte nämlich zur Konsequenz gehabt, dass auch solche Taten von der Jurisdiktion umfasst gewesen wären, bei denen keine Verbindung zu einer Vertragspartei existiert.493 Es gibt aber eine sog. Opt-in-Klausel, die es einem Staat ermöglicht, die Zuständigkeit des Gerichtshofes gem. Art. 12 Abs. 3 ICC-Statut ad hoc anzuerkennen. Individuelle Fälle von Nicht-Signatarstaaten können hierdurch somit ebenfalls vom 489

Dazu noch näher unter B. Ausführlich hierzu Triffterer, in: Triffterer, Art. 27 Rn. 1 ff. 491 Das Verbrechen der Aggression ist allerdings bisher nicht definiert, so dass der Gerichtshof (noch) keine Jurisdiktion darüber besitzt, Art. 5 Abs. 2 ICC-Statut. 492 Von dieser Möglichkeit haben bisher z. B. Frankreich und Kolumbien Gebrauch gemacht. 493 Satzger, § 14 Rn. 9. 490

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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ICC untersucht werden.494 In systematischer Hinsicht ist weiterhin zu beachten, dass nach Art. 12 Abs. 2 ICC-Statut nur bei Verfahrensinitiativen eines Vertragsstaates oder des Anklägers [Art. 13 lit. a.) und c.) ICC-Statut] der Bezug zu einer Vertragspartei notwendig ist. Wenn die Überweisung eines Falls durch den Sicherheitsrat der UN nach Art. 13 lit. b.) ICC-Statut erfolgt, besitzt der Gerichtshof auch die Jurisdiktion über einen Nicht-Vertragsstaat.495 Diese Zuständigkeitsregelung in Art. 12 ICC-Statut hat beispielsweise auch erhebliche Auswirkung auf die Jurisdiktion des Gerichtshofs über die Mitarbeiter amerikanischer PMCs/PSCs, da die USA bisher kein Vertragsstaat des Römischen Statuts geworden sind. Wie eingangs erwähnt, sind sie aber einer der größten Auftraggeber sowie Sitzstaat großer PMCs/PSCs; viele Angestellte sind deshalb auch amerikanische Staatsbürger. Zudem ist der Irak ebenfalls nicht Vertragsstaat, so dass eine Zuständigkeit des ICC wegen Kriegsverbrechen im Irak grundsätzlich ausscheidet. Eine Ausnahme bestünde allerdings für den Fall, dass der Sicherheitsrat die Situation des Irak an den ICC überweist. Aber auch diese Möglichkeit ist eher unwahrscheinlich, da die USA eines der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates bilden und deshalb ein verhinderndes Veto abgeben können, vgl. Art. 27 Abs. 3 UN-Charta. Afghanistan ist hingegen ein Signatarstaat des ICC-Statuts; jedoch wurde ein völkerrechtliches Abkommen zwischen den USA und Afghanistan geschlossen, wonach beide Länder ihre Staatsangehörigen nur mit Zustimmung des anderen an den ICC überstellen. Eine derartige Zustimmung ist aber von amerikanischer Seite wohl kaum zu erwarten.496 b) Komplementaritätsgrundsatz In Absatz 10 der Präambel und Art. 1 ICC-Statut wird angedeutet, dass der Gerichtshof nur eine Ergänzungsfunktion gegenüber der nationalen Strafgerichtsbarkeit zukommt. Dieses sog. Komplementaritätsprinzip wird explizit in Art. 17 des ICCStatuts normiert und inhaltlich präzisiert.497 Dieser Grundsatz prägt fundamental die Arbeits- und Funktionsweise des Gerichtshofes, da hiernach grundsätzlich die nationalen Strafgerichte zur Ahndung von völkerrechtlichen Verbrechen zuständig sind.498 Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zu den Ad-hoc-Tribunalen für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda, die eine vorrangige Zuständigkeit gegenüber den jeweiligen nationalen Strafgerichten besitzen.499 Die Gerichtsbarkeit des ICC ist hingegen ausgeschlossen, wenn auf nationaler Ebene ein Strafverfahren 494

Hierzu Ambos (2008), § 8 Rn. 6; Cryer et al., S. 166. Diese Ausnahme ist beispielsweise bei dem Haftbefehl des ICC gegen den sudanesischen Präsidenten al-Bashir relevant geworden, dazu Burghardt/Geneuss, ZIS 2009, 126, 128. 496 Vgl. Ambos, Ein Präsident und seine Taten, in: SZ, v. 1. Dezember 2008, S. 2. 497 Seidel/Stahn, Jura 1999, 14, 16; Schabas, S. 174 f. 498 Cassese, EJIL10 (1999), 144, 158; Zahar/Sluiter, S. 455. 499 Schabas, S. 175; Cassese (2008), S. 339; Eikel, in: Juristische Zeitgeschichte NRW, Bd. 16, S. 214. 495

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

läuft oder stattgefunden hat, vgl. Art. 17 Abs. 1 lit. a.) – c.) ICC-Statut.500 Nach Art. 17 Abs. 1 lit. d.) ICC-Statut ist eine Sache zudem unzulässig, wenn sie nicht die erforderliche Schwere aufweist. Dieser Fall gilt für jeden der drei Unzulässigkeitsgründe und muss deshalb jeweils kumulativ geprüft werden.501 Durch diese komplementäre Funktion des Gerichtshofes soll gleichzeitig auch ein Ausgleich zwischen der Souveränität der Staaten und dem Interesse der Staatengemeinschaft an der Verfolgung schwerster Menschenrechtsverletzungen geschaffen werden.502 Zudem übernimmt der Gerichtshof eine Aufsichtsfunktion, um eine effektive Strafverfolgung durch die nationale Gerichtsbarkeit zu gewährleisten.503 Eine Ausnahme des Vorrangs der nationalen Strafgerichtsbarkeit besteht gem. Art. 17 Abs. 1 ICC-Statut allerdings insoweit, dass eine genügend schwerwiegende Sache von der nationalen Strafrechtspflege nicht oder in nicht akzeptabler Form behandelt wird.504 Bei allen drei Ausnahmen zu den Unzulässigkeitsgründen ist das entscheidende Kriterium, dass der zuständige Staat nicht willens oder fähig dazu ist, die Begehung eines der völkerrechtlichen Kernverbrechen zu ahnden.505 Dem Gerichtshof obliegt allerdings selbst die Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen zur Ausübung seiner Jurisdiktion vorliegen.506 Aufgrund eines fehlenden Vorrangs der Jurisdiktion des ICC hängt seine Möglichkeit zur Verfolgung von Kriegsverbrechen durch Mitarbeiter von PMCs/PSCs maßgeblich auch davon ab, ob die nationale Strafverfolgung entweder gar nicht oder nicht in ausreichendem Maße geschieht und die Sache eine besondere Schwere aufweist. Im Folgenden sollen deshalb diese beiden Voraussetzungen der Zulässigkeitsprüfung des ICC etwas näher beleuchtet werden. aa) Mangelnder Wille oder Fähigkeit zu Strafverfolgung Wie erwähnt stellt der mangelnde Wille oder die fehlende Fähigkeit der Verfolgung von Kriegsverbrechen einen zentralen Punkt für die Zulässigkeit einer Sache vor dem ICC dar. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer dieser beiden Voraussetzungen sind in den Legaldefinitionen von Art. 17 Abs. 2 und 3 ICC-Statut zu finden. Eine mangelnde Fähigkeit zur Strafverfolgung ist anzunehmen, wenn das Justizsystem des Staates zumindest weitgehend zusammengebrochen und deshalb außer Stande ist, die Kernaufgaben der Ermittlung des Geschehens, Verfolgung oder etwaige Bestrafung 500

Ambos (2008), § 8 Rn. 10; Satzger, § 14 Rn. 17; Kirsch, S. 87. Crdenas, S. 89. 502 Williams/Schabas, in: Triffterer, Art. 17 Rn. 1; Triffterer, in: Halbrainer/KuretsidisHaider, S. 45 f.; Dahm/Delbrück/Wolfrum, S. 1148. 503 Ambos (2008), § 8 Rn. 10; Benzing, MPYUNL 7 (2003), 591, 596. 504 Hafner/Boon/Rübesame/Huston, EJIL 10 (1999), 108, 115; Crdenas, S. 42 f.; Satzger, § 14 Rn. 17. 505 Ambos (2008), § 8 Rn. 10; Stein/v. Buttlar, Rn. 1200; Arsanjani, AJIL 93 (1999), 22, 27 f.; Kelker, GreifRecht 3 (2008), 21, 27. 506 Dahm/Delbrück/Wolfrum, S. 1155. 501

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zu erfüllen, vgl. Art. 17 Abs. 3 ICC-Statut. Diese Situation beschreibt maßgeblich die sog. failed states, bei denen generell die staatliche Struktur zusammengebrochen ist.507 Der fehlende Wille eines Staates ist gem. Art. 17 Abs. 2 ICC-Statut anzunehmen, wenn (1) in Schutzabsicht zugunsten des Betroffenen nur Scheinverfahren (sog. sham proceedings) durchgeführt werden (2) in gleicher Absicht eine ungerechtfertigte Verfahrensverzögerung eintritt oder (3) dem Verfahren die erforderliche Unabhängigkeit und Unparteilichkeit fehlt.508 Zuständig zur Verfolgung von Kriegsverbrechen ist nach Art. 17 Abs. 1 lit. a.) ICC-Statut jeder Staat, der „Gerichtsbarkeit darüber hat“. Diese Zuständigkeitszuweisung sollte teleologisch und völkerrechtspolitisch dahingehend interpretiert werden, dass nur dem tatnäheren Tatort-, Täter- oder Opferstaat eine Vorrangzuständigkeit zukommt, hingegen nicht einem entfernten Drittstaat über das Weltrechtsprinzip.509 Die bisherige Praxis im Hinblick auf die strafrechtliche Ahndung begangener Kriegsverbrechen durch private Angestellte, beispielsweise im Irak und in Afghanistan, lässt an einem tatsächlichen Willen zur Strafverfolgung der zuständigen Staaten zweifeln. Der Tatort- bzw. Opferstaat ist meist durch Amnestieregelungen an einer Strafverfolgung gehindert,510 wohingegen der Täterstaat meist in Gestalt der USA und Großbritannien scheinbar kein gesteigertes Interesse an einer effektiven strafrechtlichen Aufarbeitung der publik gewordenen Fälle besitzt.511 Auffällig ist zumindest, dass bisher, im Gegensatz zu regulären Soldaten, kaum eine Verurteilung in Bezug auf das Fehlverhalten privater Angestellter existiert.512 Dies bestätigen sogar die spektakulären Fälle wie Abu Ghraib oder die Schießerei auf dem Nisour Platz in Bagdad, wo zunächst entweder gar keine oder nur zögerlich Ermittlungsverfahren gegen die involvierten privaten Mitarbeiter eingeleitet wurden.513 Neben diesen Vorfällen, die auch im Fokus der breiten Öffentlichkeit standen, sind die etwas weniger publik gewordenen Fälle überhaupt nicht weiter verfolgt worden.514 Zum 507

Seidel/Stahn, Jura 1999, 14, 16. Ausführlich zu den einzelnen Punkten Ambos (2010), S. 66 ff.; Benzing, MPYUNL 7 (2003), 591, 605 ff.; Terracino, JICJ 5 (2007), 421, 430 ff. 509 Vgl. Ambos (2008), § 8 Rn. 10 Fn. 38; Werle, Rn. 189; Kreß, NStZ 2000, 617, 625; a.A. Dahm/Delbrück/Wolfrum, S. 1154. 510 Hierzu gleich unter A. III. 3. c) bb). 511 Azzellini, KJ 2008, 310, 312; Schaller, SWP 2005, S. 18. 512 Es wurden zumindest 11 US Soldaten und ein Army officer wegen des „Folter-Skandals“ in Abu Ghraib verurteilt, vgl. Dishneau, Split Verdict for Officer at Abu Ghraib, in: Washington Post, v. 28. August 2007, abrufbar unter: http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/ar ticle/2007/08/28/AR2007082801290.html. Hingegen wurden deshalb noch keine (involvierten) privaten Mitarbeiter zur Rechenschaft gezogen. Insgesamt sind Verfahren gegen PMC/ PSC-Mitarbeiter eher die Seltenheit, dazu bspw. Yates, First contractor convicted under U.S. military law in Iraq, in: Reuter, v. 24. Juni 2008. 513 Benjamin, No Justice for All, Salon.com, v. 14. April 2006, abrufbar unter: http://www. salon.com/news/feature/2006/04/14/contractor/. 514 Dazu Finer, Contractors Cleared in Videotaped Attacks – Army Fails to Find “Probable Cause” In Machine-Gunning of Cars in Iraq, in: Washington Post, v. 11. Juni 2006, S. A 18; 508

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

Teil ist es eben auch gerade diese faktische Immunität, die diese privaten Akteure im Gegensatz zu den regulären Soldaten als effektives Handlungsinstrumentarium so attraktiv macht. Aufgrund des vermehrten Drucks der Öffentlichkeit ist es letztlich zwar wegen den brisanten Vorfällen in Abu Ghraib und am Nisour Platz doch vereinzelt zu Anklagen gegen private Sicherheitsunternehmen gekommen.515 Das Bezirksgericht in Washington hat Ende 2009 zumindest die Anklage gegen fünf Mitarbeiter der Firma Xe Services (Blackwater) wegen des Massakers in Bagdad aufgrund von Verfahrensfehlern abgewiesen;516 hiergegen ist allerdings Berufung eingelegt worden.517 Ob diese Verfahren auch tatsächlich zu einer Verurteilung mit einer schuldangemessenen Strafe führen, kann bezweifelt werden. Auch wenn unangemessene Bestrafungen ein Kriterium für die Annahme eines fehlenden Willens zur Sanktionierung von Völkerrechtsverbrechen bilden, dürfte den Staaten im Hinblick auf das Strafmaß aber ein gewisser Beurteilungsspielraum zustehen.518 Der fehlende Wille eines Staates ist aufgrund der inhärenten subjektiven Prägung insgesamt somit schwer nachweisbar, so dass es evidenter objektiver Anhaltspunkte bedarf. Es bleibt insofern abzuwarten, ob in Zukunft die strafrechtliche Aufarbeitung des Fehlverhaltens von Mitarbeitern privater Militär- und Sicherheitsfirmen noch effektiver durch nationale Gerichte gewährleistet wird. Ansonsten ist es nicht auszuschließen, dass der Gerichtshof eine derartige Praxis im konkreten Einzelfall als Ausdruck eines fehlenden Willens zur strafrechtlichen Ahndung qualifizieren könnte. bb) Besondere Schwere der Sache Die genaue inhaltliche Reichweite des speziellen Schwere-Erfordernisses nach Art. 17 Abs. 1 lit. d.) ICC-Statut ist bisher unklar.519 In Art. 8 Abs. 1 ICC-Statut kommt diese Voraussetzung durch die erwähnte Schwellenklausel indirekt ebenfalls zum Ausdruck. Trotz der vagen und unscheinbaren Formulierung besitzt die AusleCapps, Crime without punishment, Salon.com, v. 27. Juni 2002, abrufbar unter: http://dir.salon. com/story/news/feature/2002/06/27/military/index.html. 515 Vgl. Court Rules Abu Ghraib Torture Victims Can Sue Contractor CACI, According to Legal Team for Former Detainees, in: New York Times, v. 19. März 2009; Rüb, Schwieriger Prozess – Anklage gegen Blackwater-Mitarbeiter, in: FAZ (online), v. 7. Dezember 2008, abrufbar unter: https://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457 A437BAA85 A49C26FB23 A0/ Doc~E897B8369D36147AAA7587 A050315E420~ATpl~Ecommon~Scontent.html. 516 Vgl. Savage, Judge Drops Charges From Blackwater Deaths in Iraq, in: New York Times, v. 1. Januar 2010, S. A 1; Bolopion, La relaxe des employs de Blackwater suscite la colre des autorits irakiennes, in: Le Monde, v. 3. Januar 2010; Irak kritisiert Prozess-Stopp, in: SZ (online), v. 1. Januar 2010, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/politik/729/ 499014/text/. 517 Hierzu Wilber, U.S. appeals ruling in Blackwater case that involved a Baghdad shooting, in: Washington Post, v. 30. Januar 2010, abrufbar unter: http://www.washingtonpost.com/wpdyn/content/article/2010/01/29/AR2010012903951.html. 518 Satzger, § 14 Rn. 17. 519 Vgl. hierzu Ambos (2010), S. 43 ff.; Murphy, CLF 17 (2006), 281; Schüller, HuV-I 2008, 73 ff.

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gung dieser Bedingung eine erhebliche praktische Bedeutung, da der ICC bei einer Geringfügigkeit der Sache nicht tätig werden darf. Für die Situation im Irak kam die Anklagebehörde zu dem Ergebnis, dass zwar eine begrenzte Anzahl vorsätzlicher Tötungen von Zivilisten sowie unmenschliche Behandlungen stattgefunden haben, die jedoch nicht den Anforderungen an das Schwere-Erfordernis genügen.520 Aufgrund der ohnehin schon begrenzten sachlichen Zuständigkeit des Gerichts auf die core crimes gem. Art. 5 Abs. 1 S. 2 ICC-Statut erscheint es aber verwunderlich, dass über den schon höchsten Unwertgehalt dieser schwersten Völkerrechtsverbrechen noch eine zusätzliche Schwere vorliegen muss. Einige Staaten hatten deshalb auf den Vorbereitungskonferenzen auch dafür plädiert, die Vorschrift des Art. 17 Abs. 1 lit. d.) ICC-Statut zu streichen.521 Diese Bemühungen waren jedoch nicht erfolgreich, weshalb die Vorschrift nun sachgerecht und an den Zielen des Römischen Statuts orientiert auszulegen ist. Die Vorverfahrenskammer des ICC hat das Merkmal restriktiv dahingehend interpretiert, dass nur solche Personen der Jurisdiktion des Gerichtshofs unterliegen, die an der Spitze der politischen und militärischen Hierarchie stehen („most senior leaders“) und verdächtig sind, die Hauptverantwortung für die Verbrechen zu tragen.522 Im Rahmen einer normspezifischen Auslegung in Bezug auf Kriegsverbrechen könnte weiterhin dafür plädiert werden, dass diese nur dann gravierend genug sind, wenn sie als „Teil eines Planes oder einer Politik oder als Teil einer Begehung solcher Verbrechen in großem Umfang“ begangen werden.523 Isolierte Einzeltaten wären nach dieser Auslegung somit unzulässig nach Art. 17 Abs. 1 lit. d.) ICC-Statut. Der Zusatz in Art. 8 Abs. 1 ICC-Statut würde demnach nur eine „schon aus dem Komplementaritätsgrundsatz folgende Zuständigkeitseinschränkung“ des ICC darstellen.524 Letztlich überzeugen diese restriktiven Ansätze jedoch nicht. Die Schwere einer Tat ergibt sich nämlich nicht nur aus der systematischen Vorgehensweise aufgrund eines Planes oder einer Politik, auch wenn diese sicherlich einen Indikator für die Schwere darstellt.525 Diese Interpretation von Art. 17 Abs. 1 lit. d.) ICC-Statut würde die Regelung des Art. 8 Abs. 1 ICC-Statut526 konterkarieren 520

Vgl. The Office of the Prosecutor, letter to senders re Iraq, v. 9. Februar 2006, S. 8 f., abrufbar unter: http://www.icc-cpi.int/NR/rdonlyres/04D143C8 – 19FB-466C-AB77 – 4CDB 2FDEBEF7/143682/OTP_letter_to_senders_re_Iraq_9_February_2006.pdf. 521 Committee on the Establishment of an International Criminal Court, Working Group 3 on Complementarity and Trigger Mechanisms (Summary), 4 – 15 August 1997, S. 2 f. abrufbar unter: http://www.iccnow.org/documents/4PrepCmtWorkGrp3Summary.pdf. 522 ICC-01-04-01/06, Prosecutor v. Lubanga, Vorverfahrenskammer, Decision of the Prosecutors Application for a warrant of arrest, 10. Februar 2006, para. 50. 523 So Crdenas, S. 99; vgl. auch ICC-01-04-01/06, Prosecutor v. Lubanga, Vorverfahrenskammer, Decision of the Prosecutors Application for a warrant of arrest, 10. Februar 2006, para. 52 und 58. 524 So aber Ambos (2008), § 7 Rn. 228; Olsolo (2008), S. 250; Bothe, in: Cassese/Gaeta/ Jones, S. 380. 525 Safferling, Jura Sonderheft Examensklausurenkurs 2004, S. 57. 526 Die Staaten hatten sich mehrheitlich auf die Einfügung des Merkmals „insbesondere“ in Art. 8 Abs. 1 ICC-Statut geeinigt und anders lautende Vorschläge explizit verworfen. Dazu näher unter A. III. 1. c).

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

und letztlich doch eine Verfolgung von nicht systematisch begangenen Kriegsverbrechen ausschließen. Auch wenn der ICC in der Praxis schon aus Effizienzgründen wohl hauptsächlich systematisch begangene Verbrechen und die ranghöchsten Führungspersonen verfolgen wird, ist damit nicht ausgeschlossen, dass er auch isolierte Einzelakte verfolgen kann. Die Beschränkung auf die (militärische bzw. politische) Führungsebene würde zudem der Aufsichtsfunktion des ICC zuwider laufen, da dann eine effektive Strafverfolgung der nationalen Gerichte hinsichtlich anderer Personen mangels Drucksituation durch den ICC in Gefahr geraten könnte. Täter, die nicht zu dem beschränkten Kreis der Führungselite gehören, wären somit vor einer Strafverfolgung durch den ICC geschützt, was nicht akzeptabel sein kann und der komplementären Funktion des ICC widerspricht.527 Zudem lässt sich eine derart weitgehende Beschränkung der Zulässigkeit einer Sache weder mit dem Wortlaut der Norm noch mit dem Sinn und Zweck des Statuts stützen.528 Entscheidendes Kriterium sollte hingegen der internationale Belang der Sache bzw. das Betroffensein der Staatengemeinschaft als Ganzes sein, vgl. auch Art. 5 Abs. 1 S. 1 ICC-Statut.529 Diese Auslegung entspricht der Aufgabe bzw. funktionalen Stellung des ICC wie sie auch in der Präambel des Statuts zum Ausdruck kommt. Die Kernverbrechen im Römischen Statut berühren die Staatengemeinschaft aufgrund ihres gesteigerten Unrechtgehalts aber grundsätzlich als Ganzes.530 Folglich sollte deshalb eine Vermutung hinsichtlich der hinreichenden Schwere der Sache angenommen werden. Sofern bei einer Gesamtschau der Umstände mehrere Gründe eine andere Bewertung rechtfertigen, wird diese Vermutung hingegen widerlegt. Das kumulative Vorliegen von Indizien, beispielsweise eine geringe Opferzahl, keine Führungsperson, keine systematische Vorgehensweise, kein Zielobjekt von internationalem Interesse und kein Verbrechen gegen die physische oder seelische Integrität (speziell bei Kriegsverbrechen), könnte eine Geringfügigkeit begründen. Art. 17 Abs. 1 lit. d.) ICC-Statut sollte folglich als Filter für den ICC verstanden werden, um ausnahmsweise in einer begrenzten Zahl von Fällen unter Berücksichtigung der Gesamtumstände die Unzulässigkeit einer Sache erklären zu können.531 c) Amnestien Ein weiteres bisher noch ungelöstes Problem betrifft die Auswirkungen von nationalen Amnestien auf die Jurisdiktion des ICC.532 Zweifelhaft erscheint insofern, ob eine innerstaatliche Amnestie der Zulässigkeit eines Verfahrens vor dem Gerichtshof nach Art. 17 ICC-Statut entgegenstehen kann. Diese Frage ist im Römischen Statut

527

Murphy, CLF 17 (2006), 281, 312. Tharakan, S. 176. 529 Safferling, Jura Sonderheft Examensklausurenkurs 2004, S. 57. 530 Benzing, MPYUNL 7 (2003), 591, 620. 531 Ebenso Seibert-Fohr, MPYUNL 7 (2003), 553, 566; in diese Richtung auch Schüller, HuV-I 2008, 73, 81. 532 Werle, Rn. 250. 528

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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zumindest nicht explizit geregelt.533 Im Hinblick auf die Verfolgung von Kriegsverbrechen privater Mitarbeiter durch den ICC könnte sie aber von zentraler Bedeutung sein. Die Praxis im Irak und in Afghanistan zeigt, dass die Staaten darum bemüht sind, den beauftragten Privatunternehmen bzw. deren Mitarbeitern eine Immunität vor nationaler Strafverfolgung zu garantieren. Es gibt allerdings zwei verschiedene Formen von Amnestien, welche die nationale strafrechtliche Aufarbeitung eines Verbrechens verhindern können. aa) De-facto-Amnestie Eine De-facto-Amnestie beschreibt das reine Unterlassen der Staatsgewalt gegen bestimmte Täter (strafrechtliche) Maßnahmen zu ergreifen, ohne hierfür eine rechtliche Grundlage zu besitzen.534 Diese Form des Protektionismus ist vor allem aus dem „Täterland“ bzw. von den Auftrag erteilenden Staaten der PMCs/PSCs bekannt.535 Wie schon oben dargelegt wurde, müssen sich die engagierten Privatunternehmen bzw. deren Mitarbeiter nur selten für begangene Verbrechen vor Gericht verantworten, sondern genießen im Vergleich zu den regulären Soldaten teilweise eine faktische Immunität. Wenn allerdings noch nicht einmal Ermittlungen durchgeführt werden, dann kommt auch kein Unzulässigkeitsgrund nach Art. 17 Abs. 1 ICC-Statut in Betracht und ein Verfahren wäre vor dem ICC somit zulässig. Sofern allerdings eine Ermittlung nicht-strafrechtlicher Natur z. B. durch eine Wahrheitskommission erfolgt, dann ist hingegen eine Unzulässigkeit nach Art. 17 Abs. 1 lit. a.) ICC-Statut zu bejahen. Als Ausnahme zu diesem Unzulässigkeitsgrund könnte allerdings dann die Schutzabsicht des Staates angeführt werden, auch wenn sich diese mangels öffentlicher Dokumentation durch Gesetzesform schwerer nachweisen lässt. bb) De-iure-Amnestie Bei der Amnestie de iure wird die Strafbefreiung hingegen gesetzlich fixiert. Diese Form wird bei PMCs/PSCs maßgeblich im Einsatz- bzw. Tatortland genutzt, um sicher zu gehen, dass die privaten Angestellten nicht in komplizierte nationale Strafverfahren verwickelt werden. Der (damalige) Zivilverwalter des Irak Paul Bremer hat am 27. Juni 2004 zumindest allen privaten Mitarbeitern durch Order 17 eine Immunität vor irakischer Strafverfolgung verschafft und eine ähnliche Situation existiert auch in Afghanistan.536 Das fehlende Vertrauen des Sendestaates von PMCs/PSCs in das lokale Rechtssystem des Einsatzstaates kann hierbei ebenfalls eine prägende Rolle spielen. Der anstellende Staat, meist in Gestalt der USA und Großbritannien, 533 Diese Lücke existiert deshalb, weil die Staaten auf den Römischen Konferenzen keinen Konsens im Hinblick auf diese Frage erzielen konnten, vgl. Hoffmeister/Knoke, ZaöRV 59 (1999), 785, 799; Arsanjani, AJIL 93 (1999), 22, 38. 534 Crdenas, S. 158; Olson, IRRC 88 (2006), 275, 284. 535 Dazu näher im 2. Kapitel, A. I. 2. c). 536 Dazu AIV, Employing Private Military Companies – A Question of Responsibility, No. 59, Dec. 2007, S. 17; Scheimer, AUILR 24 (2009), 609, 622.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

versucht natürlich seine privaten Akteure weitgehend vor Strafverfolgung zu schützen, um ihnen einen möglichst großen und effektiven Handlungsspielraum zu gewährleisten. Aber auch die Einsatzstaaten der PMCs/PSCs haben teilweise ein gewisses Interesse daran, die privaten Mitarbeiter zu schützen, weil diese eine maßgebliche Rolle beim Wiederaufbau ihres Landes spielen und die Rekonstruktionspläne nicht gefährdet werden sollen (z. B. im Irak oder in Afghanistan).537 Diese Amnestiegesetze können Wirkungen auf Vollstreckungs- bzw. Verfolgungsebene entfalten oder sogar ein Hindernis für strafrechtliche Ermittlungen begründen. Wenn jedoch Ermittlungen per se (strafrechtlich als auch nicht-strafrechtlich) ausgeschlossen sind, dann liegt schon kein einschlägiger Unzulässigkeitsgrund vor.538 Wenn das Amnestiegesetz hingegen ein Anklagehindernis darstellt, dann kommen grundsätzlich Art. 17 Abs. 1 lit. a.) und b.) ICC-Statut in Betracht. Entfaltet die Amnestie ihre Wirkungen erst auf Vollstreckungsebene, dann ist Art. 17 Abs. 1 lit. c.) ICC-Statut relevant. Selbst bei Bejahung eines Unzulässigkeitsgrundes ist die entscheidende Frage allerdings, ob eine Ausnahme hierzu vorliegt. Amnestiegesetze sind aber grundsätzlich die offizielle Bekundung eines Staates, eine Person oder Personengruppe vor der strafrechtlichen Verantwortlichkeit zu schützen.539 Eine Ausnahme sollte nur für den Fall gelten, dass mit der Amnestiereglung explizit nicht die Straflosigkeit des Täter bezweckt ist, sondern andere (höherrangige) Ziele wie die Aufklärung, nationale Versöhnung oder Beendigung eines Bürgerkrieges durch Wahrheitskommissionen vorgesehen ist.540 In einem solchen Fall kann – unter bestimmten Voraussetzungen – die Arbeit einer Wahrheitskommission als eine „Ermittlung“ im Sinne von Art. 17 Abs. 1 lit. b.) ICC-Statut qualifiziert werden.541 Im Regelfall sollte eine (General-)Amnestie somit als Schutzabsicht des Staates gewertet werden, um dem ICC die Möglichkeit zu geben, ein Verbrechen nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 ICC-Statut sachgerecht völkerstrafrechtlich ahnden zu können.542 Dies entspricht auch der Funktion des Gerichthofs nämlich „der Straflosigkeit der Täter ein Ende zu setzen und so zur Verhütung solcher Verbrechen beizutragen“, vgl. Abs. 5 der Präambel des Statuts. Der Strafanspruch der internationalen Gemeinschaft sollte bei Völkerrechtsverbrechen somit das Bedürfnis zur Respektierung der staatlichen Souveränität überwiegen.

537

Vgl. Ryngaert, EJIL 19 (2008), 1035, 1040. Dahm/Delbrück/Wolfrum, S. 1156; Razesberger, S. 183. 539 Gavron, ICLQ 51 (2002), 91, 111; Ssenyonjo, JC&SL 10 (2005), 405, 426. 540 Seibert-Fohr, MPYUNL 7 (2003), 553, 570; Dahm/Delbrück/Wolfrum, S. 1156; Werle, Rn. 215. 541 Hierzu näher Ambos (2009), S. 79 f. 542 So auch Crdenas, S. 164; Ambos (2009), S. 79. 538

A. Die individuelle Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen

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IV. Ergebnis Zunächst kann festgestellt werden, dass die erwähnte Behauptung, dass die Mitarbeiter von PMCs/PSCs nicht an das Kriegsvölker(straf)recht gebunden seien, falsifiziert wurde. Wie die vorhergehenden Ausführungen zeigen, können sich zwar gewisse Probleme im Hinblick auf ihre Strafbarkeit für Kriegsverbrechen ergeben, jedoch ist diese nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Der zumeist zivile völkerrechtliche Status der Mitarbeiter entbindet sie insoweit nicht von der Einhaltung der Normen des humanitären Völkerrechts. Eine Analyse der verschiedenen Quellen des Völkerstrafrechts sowie eine Auslegung des humanitären Völkerrechts nach den traditionellen Methoden hat allerdings zu dem Ergebnis geführt, dass sie eine Verbindung zu einer Konfliktpartei besitzen müssen, um für Kriegsverbrechen völkerstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden zu können. Inwieweit der ICC diese Einschränkung des Täterkreises für Art. 8 ICC-Statut übernimmt, bleibt allerdings abzuwarten. Eine (weitere) Grundvoraussetzung bildet zudem die Existenz eines bewaffneten Konflikts, weshalb Menschenrechtsverletzungen im Rahmen von rein internen Konflikten (innere Unruhen und Spannungen) keine Strafbarkeit nach Art. 8 ICC-Statut auslösen. Im Hinblick auf (schwere) Menschenrechtverletzungen in internationalen oder nicht-internationalen Konflikten wurde aufgezeigt, dass Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut eine Vielzahl der, auch publik gewordenen, Verhaltensweisen von „private contractors“ als Kriegsverbrechen poenalisiert und somit ihre Sanktionierung ermöglicht. Nur für eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten können sie hingegen nicht schon völkerstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut enthält keinen derartigen Verbrechenstatbestand und spiegelt insofern den völkergewohnheitsrechtlichen Stand wider. Insgesamt bewegen sie sich aus völkerstrafrechtlicher Sicht aber dennoch nicht in der viel zitierten „Grauzone“, sondern müssen sich grundsätzlich ebenso wie andere natürliche Personen individuell für ihre Taten strafrechtlich verantworten. In prozessualer Hinsicht ist für eine Strafverfolgung durch den ICC vor allem das Komplementaritätsprinzip von entscheidender Bedeutung. Die nationale Strafgerichtsbarkeit genießt danach nämlich eine vorrangige Zuständigkeit für die Verfolgung von Kriegsverbrechen, weshalb der Gerichtshof nur dann tätig werden kann, wenn der zuständige Staat nicht willens oder fähig zur Strafverfolgung ist. In diesem Zusammenhang wird es interessant sein, wie der Gerichtshof das bisher ungeklärte Problem der staatlich gewährten Amnestien lösen wird. Ein entscheidender Schritt wäre zudem die Anerkennung des ICC durch die USA, da viele Angehörige von PMCs/PSCs amerikanische Staatsbürger sind und diese häufig in die erwähnten Menschenrechtsverletzungen im Irak (vgl. nur Abu Ghraib, Blackwater-Skandal) und in Afghanistan involviert gewesen sind.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

B. Die Verantwortlichkeit der Unternehmen als juristische Person Obwohl sich die vorliegende Untersuchung mit der individuellen völkerstrafrechtlichen Verantwortlichkeit der Mitarbeiter beschäftigt, soll aus Gründen der Vollständigkeit zudem kurz klargestellt werden, dass de lege lata ohnehin keine Strafbarkeit der PMCs/PSCs als juristische Person wegen Verstößen gegen Art. 8 ICC-Statut in Betracht kommt. Nach Art. 25 Abs. 1 ICC-Statut besitzt der Gerichtshof nämlich explizit nur die Jurisdiktion über „natürliche Personen“. Unter praktischen Gesichtspunkten mag eine Unternehmensstrafbarkeit gerade bei diffizilen Organisationsstrukturen von Firmen für die Anklage vorteilhaft sein, da hierdurch der Nachweis einer strafrechtlichen Verantwortung der einzelnen Mitarbeiter entbehrlich wäre und insofern „Strafbarkeitslücken“ vermieden werden.543 Zudem könnten unter Umständen die (finanziellen) Kompensationsansprüche der Opfer gegen das (verurteilte) Unternehmen besser durchgesetzt werden.544 Andererseits besitzen juristische Personen keine entsprechende (eigene) Handlungsfähigkeit, da bei ihnen weder der entsprechende „Wille” noch ein entsprechend willensgesteuertes „Verhalten” denkbar ist. Zudem konfligiert eine Strafbarkeit von juristischen Personen auch mit dem (deutschen) Schuldprinzip, da einem Unternehmen keine individuelle (persönliche) Schuld zugeordnet werden kann.545 Weiterhin könnte eine Freiheitsstrafe nicht vollzogen werden. Unabhängig eines Überwiegens der pro oder contra Argumente muss jedenfalls die aktuelle Rechtslage akzeptiert werden, da auf den Vorbereitungskonferenzen zum Römischen Statut ein intensiv diskutierter Vorschlag der französischen Delegation zur Aufnahme einer Unternehmensstrafbarkeit zurückgewiesen wurde.546 Eine Änderung wäre aber grundsätzlich im Rahmen einer „Überprüfungskonferenz“ über Art. 121, 123 Abs. 2 ICC-Statut möglich.

C. Die Verantwortlichkeit der Geschäftsführung Eine Unternehmensstrafbarkeit scheidet auf Grundlage der aktuellen Fassung des Römischen Statutes zwar aus, jedoch besteht unter Umständen die Möglichkeit zumindest diejenigen individuellen Personen, die für das Unternehmen auftreten kön-

543 Zeder, ÖJZ 2001, 630, 635. Eine Unternehmensstrafbarkeit ist außerdem nicht nur in Europa (z. B. Frankreich, Dänemark, Niederlande, Großbritannien), sondern auch weltweit in Ländern wie den USA, Kanada, Japan und Australien anerkannt. 544 Lehnardt, EJIL 19 (2008), 1015, 1033. 545 Cramer/Heine, in: Schönke/Schröder, Vor § 25 Rn. 119; Scholz, ZRP 2000, 435, 438; Otto, Jura 1998, 409, 416 f.; Leipold, NJW-Spezial 2008, 216. 546 Vgl. hierzu UN Doc. A/CONF.183/C1/SR.1, para. 32 ff.

C. Die Verantwortlichkeit der Geschäftsführung

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nen,547 für begangene Kriegsverbrechen zur Rechenschaft zu ziehen. Einen ersten bedeutenden (historischen) Versuch im Hinblick auf die Haftung der „Manager“ von Großunternehmen stellen die Industriellenprozesse nach dem Zweiten Weltkrieg dar.548 Leider wurden in diesen Verfahren jedoch die Beteiligungsformen nicht näher unterschieden,549 so dass Rückschlüsse im Hinblick auf die Voraussetzungen einer Verantwortlichkeit für unternehmerisches Handeln nach Völkerstrafrecht kaum gewonnen werden können.550 Das Bedürfnis, genau diese Personengruppe zur Rechenschaft ziehen zu können, dürfte allerdings evident sein. Die Befürchtung einer Strafverfolgung erhöht den Druck bei der Anstellung und Kontrolle von Mitarbeitern innerhalb der Privatunternehmen und hat somit eine Disziplinierungswirkung für den Einsatz der Mitarbeiter in Konfliktgebieten. Zudem dürften sie dann auch vorsichtiger bei der Annahme und Ausführung von Aufträgen sein. Im Völkerstrafrecht existiert, neben den allgemeinen Zurechungsmodellen eines Völkerrechtsverbrechens in Form von Mittäterschaft und Teilnahme nach Art. 25 ICC-Statut, nämlich noch eine (spezifische) völkerstrafrechtliche Rechtsfigur,551 die Vorgesetztenverantwortlichkeit nach Art. 28 ICC-Statut. Diese könnte unter Umständen eine Grundlage bieten, um neben militärischen und politischen Führungsträgern552 auch die Geschäftsführung eines Unternehmens für Kriegsverbrechen ihrer Mitarbeiter zur Verantwortung zu ziehen.553 Im Rahmen der Anklage gegen den ehemaligen amerikanischen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und andere politische Führungspersonen für die Geschehnisse in Abu Ghraib nach dem VStGB, wurde beispielsweise ebenfalls auf diese Rechtsfigur rekurriert.554 Wie oben dargelegt 547 Wer die Geschäftsführung (Geschäftsführer oder Vorstand) des Unternehmens übernimmt, hängt letztlich von der Rechtsform der Gesellschaft ab. 548 Siehe auch The Government Commissioner of the General Tribunal of the Military Government for the French Zone of Occupation v. Roechling et al. („Roechling Case“), abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, Vol. XIV, Appendix B, S. 1061 ff., dazu Radtke, in: FS Müller, S. 578 ff. Zu den Industriellenprozessen ausführlich unter A. II. 5. a) bb) (1). 549 Werle, Rn. 406; Jeßberger, JZ 2009, 924, 929. 550 Jeßberger, JZ 2009, 924, 931. 551 Ausführlich zu der kontrovers diskutierten Frage des Rechtscharakters der Vorgesetztenverantwortlichkeit Burghardt, S. 402 ff.; 461; Werle, Rn. 454; Ambos (2004), S. 666 ff.; Radtke, in: FS Müller, S. 590 ff.; Sander, LJIL 23 (2010), 105; Weigend, ZStW 116 (2004), 999, 1005 ff. 552 Insgesamt ausführlich zur völkerstrafrechtlichen Verantwortlichkeit von politischen und militärischen Führungspersonen nach den verschiedenen Beteiligungsformen Ola´solo (2009), S. 69 ff. 553 Vgl. Montreux Document on Pertinent International Legal Obligations and Good Practices for States Related to Operations of Private Military and Security Companies during Armed Conflicts, v. 17. September 2008, para. 27 (S. 15), abrufbar unter: http://www.icrc.org/ web/eng/siteeng0.nsf/htmlall/montreux-document-170908. 554 Dazu German War Crimes Complaint Against Donald Rumsfeld et al., Center for Constitutional Rights, S. 254 f., abrufbar unter: http://ccrjustice.org/ourcases/current-cases/ german-war-crimes-complaint-against-donald-rumsfeld,-et-al. Zu beachten ist allerdings, dass

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

wurde, waren in diesen Skandal aber auch Mitarbeiter von privaten Firmen verwickelt. Bei dieser Rechtsfigur wäre folglich auch irrelevant, dass die Geschäftsführer aufgrund ihrer Position das Konfliktgebiet möglicherweise niemals betreten und weit entfernt vom Tatort der Kriegsverbrechen agiert haben. Es handelt sich bei der Vorgesetztenverantwortlichkeit um eine originär völkerstrafrechtliche Rechtsschöpfung,555 die ihre völkervertragsrechtliche Grundlage in Art. 86 Abs. 2 ZP I findet und zum geltenden Völkergewohnheitsrecht zu zählen ist.556 Sinn und Zweck dieser Rechtsfigur ist es, die regelmäßig hierarchisch geprägten Organisationsstrukturen im Tatumfeld von Völkerrechtsverbrechen auch dann angemessen berücksichtigen zu können, wenn der Nachweis einer direkten Verantwortlichkeit des Vorgesetzten gerade nicht gelingt.557 Sie schließt insofern die Strafbarkeitslücken, die ansonsten bei Verhaltensweisen, die unterhalb der Schwelle einer direkten Tatbeteiligung liegen, bestünden. Nach dem Wortlaut des Art. 28 ICC-Statut steht die Vorschrift „neben anderen Gründen für die strafrechtliche Verantwortlichkeit aufgrund dieses Statuts“. Dieser Verweis bezieht sich maßgeblich auf die Beteiligungsformen nach Art. 25 Abs. 2 und 3 lit. a.) – f.) ICC-Statut.558 Das Prinzip der Vorgesetztenverantwortlichkeit ist sowohl bei internationalen als auch bei nicht-internationalen bewaffneten Konflikten anwendbar559 und erstreckt sich nach Art. 28 lit. b.) ICC-Statut explizit auf zivile Führungspersonen. Der Vorgesetzte ist für die Tat der Untergebenen selbst verantwortlich, wobei der Schwerpunkt des Strafbarkeitsvorwurfs auf dem schuldhaft pflichtwidrigen Unterlassen des Vorgesetzten liegt.560 Um die Geschäftsführer der Unternehmen auf Basis von Art. 28 ICC-Statut bestrafen zu können, müssen allerdings vier Voraussetzungen erfüllt sein: Zunächst muss eine Vorgesetztenstellung existieren. Der Vorgesetzte muss es unterlassen, für die Straftaten seines Untergebenen die erforderlichen und angemessenen Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um die Begehung von Kriegsverbrechen zu verhindern oder eine strafrechtliche Verfolgung des Täters einzuleiten. Weiterhin muss das Kriegsverbrechen als Folge des Versäumnisses des Vorgesetzten begangen werden, eine ordnungsdie Vorgesetztenverantwortlichkeit nicht in einer einheitlichen Regelung, wie es bei Art. 28 ICC-Statut der Fall ist, in das VStGB inkorporiert wurde. 555 ICTY, Prosecutor v. Halilovic, Hauptverfahrenskammer, 16. November 2005, para. 42 ff.; Bantekas/Nash, S. 37; Ambos (2008), § 7 Rn. 57; Werle, Rn. 450; Weigend, ZStW 116 (2004), 999, 1000; Bonaf, JICJ5 (2007), 599, 600. 556 ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Berufungskammer, 20. Febr. 2001, para. 195; Safferling, Rg 14 (2009), 148, 164; Roßkopf, S. 167. 557 Vgl. Werle, Rn. 452; MünchKommStGB/Weigend, § 4 VStGB Rn. 8; Triffterer, in: FS Lüderssen, S. 447. 558 Zu den Fällen der Subsidiarität der Vorgesetztenverantwortlichkeit Burghardt, S. 419 ff.; Ambos (2004), S. 670 ff.; Triffterer, in: FS Lüderssen, S. 443 f. 559 ICTY, Prosecutor v. Hadzihasanovic´ et al., Berufungskammer, 16. Juli 2003, para. 11; Doswald-Beck, in: Henckaerts/Doswald-Beck, S. 560; Burghardt, S. 441 ff.; Ambos (2008), § 7 Rn. 57. 560 Burghardt, S. 405; Gropengießer, in: Eser/Kreicker, S. 293; Cassese (2008), S. 242; Akerson/Knowlton, DJILP 37 (2009), 615, 616.

C. Die Verantwortlichkeit der Geschäftsführung

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gemäße Kontrolle über den Untergebenen auszuüben. Und letztlich muss in subjektiver Hinsicht der Vorgesetzte entweder wissen oder zumindest fahrlässig nicht wissen, dass der Untergebene Kriegsverbrechen beging oder im Begriff war, welche zu begehen.

I. Vorgesetztenstellung Eine fundamentale Voraussetzung bildet zunächst die Existenz eines entsprechenden Vorgesetzten-Untergebenen-Verhältnisses, damit dem Vorgesetzten das Verhalten seiner Untergebenen auch zugerechnet werden kann. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass der Vorgesetzte über den Untergebenen eine tatsächliche Kontrolle (effective control) ausübt. Er muss also kraft seiner Stellung die faktische Möglichkeit besitzen, ein gewisses Maß an Kontrolle über das Verhalten seiner Untergebenen auszuüben.561 Im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung dieser Kontrollmöglichkeit ist jedenfalls nicht die formale Rangstellung innerhalb einer hierarchischen Struktur entscheidend, sondern die tatsächlichen Befehls- und Weisungsverhältnisse.562 Jedoch bildet sie zumindest einen prima facie Beweis für die faktische Existenz dieser Kontrollkompetenzen.563 Insbesondere auch für die vorliegende Untersuchung ist hierbei hervorzuheben, dass eine indirekte Vorgesetzten-Untergebenen-Beziehung ebenfalls gegeben ist. Nach dem Militärrecht der einzelnen Staaten haben alle Mitglieder der Streitkräfte die Verpflichtung das humanitäre Völkerrecht einzuhalten. Diese Pflicht trifft damit natürlich auch jeden Vorgesetzten gleichermaßen.564 Es ist insofern unerheblich, dass zwischen dem Haupttäter und dem Angeklagten mehrere Hierarchieebenen liegen, solange beide in einer Befehlskette zueinander stehen und der Vorgesetzte eine effektive Kontrolle ausübt.565 Eine Delegation der Ver561

ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 377; Prosecutor v. Halilovic, Hauptverfahrenskammer, 16. November 2005, para. 58; Prosecutor v. Milutinovic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 26. Februar 2009 (Vol. I), para. 117; ICTR, Prosecutor v. Bagilishema, Hauptverfahrenskammer, 7. Juni 2001, para. 39; Prosecutor v. Muvunyi, Hauptverfahrenskammer, 12. September 2006, para. 51. 562 Grundlegend ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 370; nachfolgend auch Prosecutor v. Mucic´ et al., Berufungskammer, 20. Februar 2001, para. 197; Prosecutor v. Hadzihasanovic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 15. März 2006, para. 78 f.; ICTR, Prosecutor v. Muvunyi, Hauptverfahrenskammer, 12. September 2006, para. 475; Arnold, in: Triffterer, Art. 28 Rn. 88 f.; Vogel, ZStW 114 (2002), 403, 429; Werle, Rn. 460. 563 Vgl. nur ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Berufungskammer, 20. Februar 2001, para. 197; ICTR, Prosecutor v. Muvunyi, Hauptverfahrenskammer, 12. September 2006, para. 475. 564 de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 87 ZP I Rn. 3553; Mundis, in: Boas/ Schabas, S. 256. 565 ICTY, Prosecutor v. Aleksovski, Hauptverfahrenskammer, 25. Juni 1999, para. 106; Prosecutor v. Blasˇkic´, Hauptverfahrenskammer, 3. März 2000, para. 303; Prosecutor v. Strugar, Hauptverfahrenskammer, 31. Januar 2005, para. 362, 366; Prosecutor v. Milutinovic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 26. Februar 2009 (Vol. I), para. 118; ICTR, Prosecutor v. Musema,

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

antwortlichkeit an rangniedere Personen ist zwar grundsätzlich möglich, aber entbindet den Vorgesetzten nur dann, wenn auch die tatsächliche Kontrollmöglichkeit entfällt.566 Dies ist vorliegend deshalb bedeutsam, weil zwischen dem Geschäftsführer eines Militär- oder Sicherheitsunternehmens und dem unmittelbaren Täter in der Regel mehrere Hierarchieebenen existieren werden. Nach der Rechtsprechung der Ad-hoc-Tribunale der UN bedarf es für die erforderliche Kontrolle jedenfalls der faktisch auch vorhandenen Fähigkeit des Vorgesetzten Straftaten zu verhindern oder zu bestrafen.567 Ein lediglich substantieller Einfluss auf den Untergebenen reicht hingegen nicht aus.568 Art. 28 ICC-Statut differenziert allerdings zwischen militärischen (lit. a.) und zivilen (nicht-militärischen) Vorgesetzen (lit. b.) als Adressaten der Norm und legt daran anknüpfend etwas unterschiedliche Anforderungen fest.569 Es ist insofern sinnvoll zunächst zu klären, wer nun als militärischer und wer als ziviler Vorgesetzter gilt, um die Geschäftsführer dann in die entsprechende Kategorie einordnen zu können. 1. Militärische Vorgesetzte Um den Begriff eines militärischen Vorgesetzten näher definieren zu können, muss auf Art. 43 ZP I rekurriert werden.570 In dieser Norm wird ebenfalls auf eine „verantwortliche Führung“ Bezug genommen und diese als konstitutives Element festgelegt. Danach gehören zu den Streitkräften einer Konfliktpartei alle regulären (Art. 4 A Abs. 1 GA III) sowie irregulären bewaffneten und organisierten Kräfte (Art. 4 A Abs. 2 GA III).571 Alle Personen, die in einen derartigen militärischen Verband integriert und dort mit tatsächlicher Befehlsgewalt ausgestattet sind, können Hauptverfahrenskammer, 27. Januar 2000, para. 143 ff.; Prosecutor v. Kajelijeli, Hauptverfahrenskammer, 1. Dezember 2003, para. 771; Prosecutor v. Kamuhanda, Hauptverfahrenskammer, 22. Januar 2004, para. 602; Nerlich, JICJ 5 (2007), 665, 670. 566 Hierzu Bantekas, AJIL 93 (1999), 573, 585; Werle, Rn. 460; Ambos (2004), S. 681; zumindest für eine Auswirkung im Strafmaß Weigend, ZStW 116 (2004), 999, 1010. 567 ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 415; ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 378; ICTR, Prosecutor v. Semanza, Hauptverfahrenskammer, 15. Mai 2003, para. 402; Prosecutor v. Kajelijeli, Hauptverfahrenskammer, 1. Dezember 2003, para. 774; Prosecutor v. Nahimana et al., Berufungskammer, 28. November 2007, para. 785. 568 ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 415; ICTY, Prosecutor v. Naletilic´ and Martinovic´, Hauptverfahrenskammer, 31. März 2003, para. 459; Prosecutor v. Halilovic, Hauptverfahrenskammer, 16. November 2005, para. 59; ICTR, Prosecutor v. Ntagerura et al., Hauptverfahrenskammer, 25. Februar 2004, para. 628. 569 Kritisch hierzu z. B. Mitchell, SLR 22 (2000), 381, 405. 570 Arnold, in: Triffterer, Art. 28 Rn. 101; de Preux, in: Sandoz/Swinarski/Zimmermann, Art. 87 ZP I Rn. 3540. 571 Ausführlich zum Kombattanten- und Streitkräftebegriff im 2. Kapitel, A. I.

C. Die Verantwortlichkeit der Geschäftsführung

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somit als militärische Befehlshaber qualifiziert werden. Im Rahmen von Art. 28 lit. a.) ICC-Statut wird zudem zwischen einem „militärischen Befehlshaber“ (military commander) und einer Person, die „tatsächlich als militärischer Befehlshaber“ handelt (or person effectively acting as military commander) differenziert. Der Unterschied zwischen beiden Kategorien dürfte darin liegen, dass ersterer seine Befehlskompetenz aus einer rechtlichen Grundlage ableitet, wohingegen letzterer diese (nur) de facto besitzt.572 In diesem Sinne ist auch die daran anknüpfende terminologische Unterscheidung zwischen Befehls- und Führungsgewalt zu verstehen. Die Befehlsgewalt besteht aufgrund einer spezifisch militärischen Kommandostruktur, wohingegen sich die Führungsgewalt auf Situationen bezieht, wo der Täter (nur) wegen seiner persönlichen Eigenschaften eine dahingehende Autorität genießt. Die Führungsperson muss folglich auch formal keinen militärischen Rang inne haben und kann (völkerrechtlich) einen zivilen Status besitzen (z. B. als Verteidigungsminister oder Regierungschef), entscheidend ist demnach vielmehr die tatsächliche (de facto) Führungsgewalt und Kontrolle über eine militärische (bewaffnete)573 Einheit im Sinne von Art. 43 ZP I.574 Hierunter können unter Umständen auch paramilitärische Einheiten oder bewaffnete Polizeikräfte fallen, sofern sie die Voraussetzungen der Norm erfüllen.575 Wie oben ausführlich erörtert wurde,576 sind private Angestellte von PMCs/PSCs aus verschiedenen Gründen nur in Ausnahmefällen formal in die Streitkräfte eines Staates inkorporiert. Eine de iure existierende militärische Vorgesetztenstellung liegt demnach eher selten vor. Nicht ausgeschlossen ist allerdings, dass private Mitarbeiter de facto eine Führungsgewalt und Kontrolle über Mitglieder der Streitkräfte eines anstellenden Staates oder über nicht-staatliche Gruppierungen besitzen und damit tatsächlich als militärischer Befehlshaber handeln. Beim Folterskandal in Abu Ghraib sollen beispielsweise private Mitarbeiter auch Angehörige der US Army angeleitet und befehligt haben.577 Die für die vorliegende Untersuchung maßgebliche Gruppe der Geschäftsführer von PMCs/PSCs kommt eine Vorgesetztenstellung als militärischer Befehlshaber hingegen nicht in Betracht, da sie weder formal noch de facto in die Befehlshierarchie der staatlichen Streitkräfte eingebunden sind. Weiterhin erfüllen PMCs/PSCs für sich alleine nur in Ausnahmefällen die Vorausset572

MünchKommStGB/Weigend, § 4 VStGB Rn. 19; Roßkopf, S. 171. Eingehend zur Auslegung des Merkmals „bewaffnet“ nach Art. 43 ZP I im 2. Kapitel, A. I. 2. a) aa) (2). 574 Vetter, YILJ 25 (2000), 89, 137; Shany/Michaeli, NYUJIL&P 34 (2002), 797, 850; MünchKommStGB/Weigend, § 4 VStGB Rn. 24. 575 ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 410; Arnold, in: Triffterer, Art. 28 Rn. 89. Bei Polizeieinheiten dürfte allerdings fraglich sein, ob sie auf die unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten ausgerichtet sind, was aber letztlich eine Frage des Einzelfalls sein dürfte. 576 Hierzu im 2. Kapitel, A. I. 1. a). 577 Vgl. US District Court for the District of Columbia, Case No. 05-cv-1165 (JR), vierte Klageerweiterung vom 17. Dezember 2007, der Schriftsatz ist abrufbar unter: http://ccrjustice. org/files/Saleh_FourthAmendedComplaint_12_07.pdf. 573

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

zungen des Art. 43 ZP I, weshalb die jeweiligen Geschäftsführer schon aus diesem Grund in der Regel nicht als militärische Vorgesetzte dieser Einheiten angesehen werden können.578 2. Zivile Vorgesetzte a) Allgemein Die Anerkennung einer nicht-militärischen Vorgesetztenverantwortlichkeit in Art. 28 lit. b.) ICC-Statut vollzieht letztlich nur die bisherige völkerstrafrechtliche Rechtsprechung579 und völkervertragsrechtlichen Regelungen580 nach. Nach dieser Vorschrift muss der zivile Vorgesetzte eine tatsächliche Führungsgewalt und Kontrolle über seine Untergebenen besitzen. Weitere konkretisierende Voraussetzungen gibt der Wortlaut der Norm hingegen nicht her. Entscheidendes Kriterium scheint deshalb auch dort (nur) die „effektive Kontrolle“ (effective control) des Vorgesetzten zu sein, was auch der Rechtsprechung der UN Ad-hoc-Tribunale entspricht.581 Für die Frage, ob die Geschäftsführer von PMCs/PSCs nach Art. 28 ICC-Statut zur Verantwortung gezogen werden können, ist folglich entscheidend, ob sie eine „effektive Kontrolle“ über ihre Mitarbeiter ausüben. Das ICTR hat sich beispielsweise in einigen Verfahren auch mit der Haftung von Funktionsträgern in (privaten) Unternehmen auseinandersetzen müssen. Im Verfahren gegen Musema, den Direktor einer Teefabrik, bejahte die Kammer eine Vorgesetztenstellung mit dem Argument, dass er rechtlich und finanziell effektive Kontrolle über seine Angestellten besitzen würde. Er habe nämlich kraft seiner Stellung die Kompetenz, sein Personal einzustellen oder zu entlassen.582 Diese Entscheidung basiert folglich gerade darauf, dass eine vertragliche Bindung zwischen dem Direktor der Teefabrik und seinen Angestellten bestand.583 Es ist allerdings zweifelhaft, ob schon die bloße Existenz eines Angestell578 Teilweise wird allerdings dennoch dafür plädiert, sie als (de facto) militärische Befehlshaber im Sinne von Art. 28 lit. a.) Alt. 2 ICC-Statut zu qualifizieren, vgl. Lehnardt, EJIL 19 (2008), 1015, 1029. 579 Siehe nur Nürnberg, United States v. Flick et al. („Flick Trial“), Fall 5, abgedruckt in: Law Reports of Trials of War Criminals 1947, The Green Series, Vol. 6, S. 1187 ff.; ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 356; ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. September 1998, para. 490 f.; Prosecutor v. Kajelijeli, Hauptverfahrenskammer, 1. Dezember 2003, para. 773. 580 Vgl. vor allem Art. 86 Abs. 2 ZP I, der sich im Gegensatz zu Art. 87 ZP I auf Vorgesetzte im Allgemeinen bezieht und damit gerade keine Beschränkung auf militärische enthält sowie Art. 7 Abs. 3 ICTY-Statut, Art. 6 Abs. 3 ICTR-Statut. 581 ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 491; Prosecutor v. Naletilic´ and Martinovic´, Hauptverfahrenskammer, 31. März 2003, para. 68; ICTR, Prosecutor v. Akayesu, Hauptverfahrenskammer, 2. September 1998, para. 490 f.; Prosecutor v. Bagilishema, Hauptverfahrenskammer, 7. Juni 2001, para. 42 f. 582 ICTR, Prosecutor v. Musema, Hauptverfahrenskammer, 27. Januar 2000, para. 880; ähnlich Prosecutor v. Bagilishema, Berufungskammer, 13. Dezember 2002, para. 55, 62. 583 Arnold, in: Triffterer, Art. 28 Rn. 87.

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tenverhältnisses für sich allein die erforderliche Vorgesetzten-Untergebenenbeziehung im Sinne des Art. 28 lit. b.) ICC-Statut begründen kann.584 b) Restriktive Auslegung Im Hinblick auf eine zu befürchtende Ausuferung der Vorgesetztenverantwortlichkeit im zivilen Bereich, ist jedoch eine restriktive Auslegung des Begriffs „nicht-militärischer Vorgesetzter“ geboten. Es wäre nicht sachgerecht und kann nicht dem Sinn und Zweck von Art. 28 ICC-Statut entsprechen, dass jeder beliebige Arbeitgeber, der Völkerstraftaten seiner Angestellten hätte verhindern können, hierfür zur Verantwortung gezogen werden kann.585 Eine Ausdehnung der Strafbarkeit auf zivile Vorgesetzte ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Stellung des Vorgesetzten mit derjenigen eines militärischen Befehlshabers vergleichbar ist.586 aa) Anforderungen an die Einrichtung bzw. das Unternehmen Wenn man diese Prämisse zugrunde legt, muss aber auch konsequent gefordert werden, dass die Organisation, in welche der Vorgesetzte eingebunden ist, wie die Streitkräfte ein gesteigertes Gefährdungspotential für völker(straf)rechtliche Rechtsgüter besitzt. Dieses Risiko einer Begehung von Völkerrechtsverbrechen durch sein Unternehmen begründet erst in angemessener Form seine spezielle Garantenstellung zum Schutz der (potentiell) betroffenen Rechtsgüter. Die Einrichtung als Gefahrenquelle muss hierfür eine gewisse Mindestgröße und Zahl an Angestellten besitzen. Zudem muss die Verwirklichung von Völkerrechtsverbrechen aufgrund ihrer inhaltlichen Ausrichtung oder ihres latenten Aggressionspotentials (Bewaffnung oder gewaltbereite Mitglieder) als möglich erscheinen.587 Im Gegensatz zu dem Leiter einer Teefabrik, werden diese Anforderungen von PMCs/PSCs ohne weiteres erfüllt. Die Firmen, auf welche sich diese Untersuchung fokussiert, sind oft große, konzernartige Unternehmen mit teilweise beachtlichem Mitarbeiterstab. Sie erfüllen zudem militärische und sicherheitsbezogene Dienstleistungen, die in einem bewaffneten Konflikt angeboten werden. Aufgrund ihrer Ausrichtung ist ihnen insofern ein Gefährdungspotential für völkerstrafrechtlich geschützte Rechtsgüter evident inhärent. Dies dürfte unabhängig davon sein, ob alle Mitarbeiter der Unternehmen auch bewaffnet sind. Entscheidender Aspekt muss viel-

584 Zu Recht ebenfalls kritisch Williamson, CLF 13 (2002), 365, 371 f.; Weigend, ZStW 116 (2004), 999, 1012 f.; Lehnardt, EJIL 19 (2008), 1015, 1027; Libby, EILR 23 (2009), 201, 223 f., 227. 585 Vgl. MünchKommStGB/Weigend, § 4 VStGB Rn. 35. 586 In diese Richtung zumindest auch ICTY, Prosecutor v. Aleksovski, Hauptverfahrenskammer, 25. Juni 1999, para. 78; Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 378; Werle, Rn. 464; Lehnardt, EJIL 19 (2008), 1015, 1026. 587 MünchKommStGB/Weigend, § 4 VStGB Rn. 36.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

mehr sein, dass sie alle zumindest Unterstützungsleistungen für die bewaffneten Auseinandersetzungen im jeweiligen Konflikt erbringen. bb) Tatsächliche Führungsgewalt und Kontrolle Es ist weiterhin auch zu verlangen, dass die Intensität der Führungsgewalt und Kontrolle innerhalb eines Unternehmens oder einer zivilen Organisation zumindest vergleichbar ist zu den Streitkräften im Sinne von Art. 43 ZP I.588 Maßgeblich ist insofern auch für zivile Vorgesetzte, dass sie aufgrund ihrer Funktion faktisch die Fähigkeit besitzen, Völkerrechtsverbrechen zu verhindern oder zu bestrafen.589 Eine reine arbeitsrechtliche Direktionsbefugnis des Arbeitgebers dürfte hierfür per se jedenfalls nicht ausreichend sein.590 Legt man dieses Anforderungsprofil zu Grunde, erscheint es fraglich, ob die Geschäftsführer von PMCs/PSCs hiervon erfasst werden. Dagegen könnte zunächst sprechen, dass bei Unternehmen grundsätzlich nur ein begrenzter Mitarbeiterstab arbeitet und die hierarchische Struktur nicht so rigide ist wie bei den Streitkräften eines Staates oder anderen bewaffneten, organisierten Gruppen. Das Vorgesetzten-Untergebenen-Verhältnis dürfte dort stärker auf eine Umsatzsteigerung als auf einen strengen loyalen Gehorsam gegenüber dem Vorgesetzten ausgelegt sein.591 Die Unternehmensstrukturen von privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen sind allerdings nicht vergleichbar mit den gewöhnlichen Unternehmensgruppen aus der Privatwirtschaft. Sie sind zwar ebenfalls auf Gewinnmaximierung ausgerichtet, ihre Dienstleistung besteht aber gerade in militärischen oder sicherheitsbezogenen Aufgaben. Eine militär-ähnliche Kommandostruktur ist für eine effiziente Arbeitsweise dieser Firmen insofern eminent wichtig. Im Rahmen der Erörterung des völkerrechtlichen Status der Mitglieder wurde schon darauf hingewiesen, dass die hierarchische Organisationsstruktur der PMCs/PSCs den Streitkräften ähnelt. Hierfür spricht jedenfalls, dass diese zur Erfüllung ihres Aufgabenspektrums in einem bewaffneten Konflikt auch unerlässlich sein dürfte. Dies wird zudem durch die Tatsache gestützt, dass sich der Angestelltenkreis überwiegend aus Ex-Militärs zusammensetzt und diese deshalb militär-ähnliche Kommandostrukturen gewohnt sind.592 Das Fehlen einer direkten und individualisierten Beziehung zwischen dem Geschäftsführer und dem je588 ICTY, Prosecutor v. Aleksovski, Hauptverfahrenskammer, 25. Juni 1999, para. 78; Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 378; Prosecutor v. Bagilishema, Hauptverfahrenskammer, 7. Juni 2001, para. 42; Werle, Rn. 464; Lehnardt, EJIL 19 (2008), 1015, 1026. 589 ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 378; ICTR, Prosecutor v. Semanza, Hauptverfahrenskammer, 15. Mai 2003, para. 402; Prosecutor v. Kajelijeli, Hauptverfahrenskammer, 1. Dezember 2003, para. 774; Prosecutor v. Nahimana et al., Berufungskammer, 28. November 2007, para. 785. 590 MünchKommStGB/Weigend, § 4 VStGB Rn. 38. 591 Ola´solo (2009), S. 134. 592 Hierzu schon im 2. Kapitel, A. I. 2. a) aa) (1).

C. Die Verantwortlichkeit der Geschäftsführung

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weiligen Mitarbeiter steht einer De-facto-Kontrolle jedenfalls grundsätzlich nicht entgegen.593 Der Geschäftsführer als oberstes Organisations- und Kontrollorgan kann seine Pflichten nicht generell, sondern nur begrenzt übertragen, weshalb er eine strafrechtliche Grundverantwortung behalten muss.594 Als vertretungsberechtigtes Organ der Gesellschaft schließt er die Verträge mit den staatlichen oder nichtstaatlichen Auftraggebern und entsendet die eigenen Mitarbeiter bzw. Einheiten in das jeweilige Konfliktgebiet. Er dürfte zudem, vergleichbar zu einem Staatsoberhaupt, den „Oberbefehl“ über seine Einheiten besitzen. Im Unterschied zu diesem leitet er seine Führungsgewalt jedoch nicht von der (Staats-)Verfassung ab, sondern ist auf Grund seiner ihm nach der Gesellschaftsverfassung zukommenden Organstellung und der hieraus folgenden Geschäftsführungsbefugnis innerhalb des Unternehmens weisungsbefugt. Zu beachten ist außerdem, dass zivile Vorgesetzte meist nicht die gleichen Möglichkeiten besitzen wie militärische Vorgesetzte auf staatlicher Seite, um ihre Untergebenen von Völkerrechtsverbrechen abzuhalten oder ihr Verhalten angemessen zu sanktionieren. Sie können zur Ausübung ihrer Befehlsgewalt und Kontrolle über ihre Untergebenen insoweit nicht auf spezielle Disziplinarsysteme zurückgreifen. Sie können jedoch über den Arbeitsvertrag einen gewissen Druck ausüben, z. B. durch Abmahnungen, Vertragsstrafen oder letztlich eine Entlassung des Mitarbeiters. Inwieweit die Geschäftsführer aber tatsächlich die Fähigkeit besitzen Völkerrechtsverbrechen ihrer Mitarbeiter zu verhindern bzw. zu bestrafen, wird im Folgenden noch näher erläutert. Dies hängt nämlich maßgeblich davon ab, welche Anforderungen das Römische Statut an die dahingehenden (Gegen-)Maßnahmen stellt.

c) Art. 28 lit. b.) ii.) ICC-Statut Beim nicht-militärischen Vorgesetzten wird gem. lit. b.) ii.) zudem aber eine Einschränkung gemacht, wonach er die „tatsächliche Verantwortung und Kontrolle“ über die zu den Verbrechen führenden Tätigkeiten seiner Untergebenen besessen haben muss. Man könnte dieses Merkmal dahingehend verstehen, dass jeweils nur der für diese Tätigkeit unmittelbar verantwortliche Vorgesetzte haftet.595 Konsequenz wäre, dass Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder von PMCs/PSCs aufgrund dieser Restriktion grundsätzlich für Kriegsverbrechen ihrer Mitarbeiter nicht haften würden, da in der Regel die unmittelbaren Vorgesetzten im Einsatzgebiet tätig sind. Eine solche Auslegung von Art. 28 lit. b.) ii.) ICC-Statut wäre allerdings unangemessen und würde dem Sinn und Zweck der Vorgesetztenverantwortlichkeit konterkarieren. Bei militärischen Befehlshabern haften nämlich ebenfalls alle in der Hierarchiekette kumulativ, solange sie tatsächlich Befehlsgewalt besitzen und die übrigen Voraussetzungen von Art. 28 ICC-Statut vorliegen. Letztlich wird aber auch für nicht-militä593 594 595

Prosecutor v. Nahimana et al., Berufungskammer, 28. November 2007, para. 785. Weltz, S. 269. Triffterer, in: Lüderssen, S. 456 f.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

rische Vorgesetzte gefordert, dass das Subordinationsverhältnis eine vergleichbare Intensität und Struktur aufweist wie bei der militärischen Vorgesetztenstellung. Art. 28 lit. b.) ii.) ICC-Statut ist somit nicht als separates, einschränkendes Merkmal,596 sondern nur als ein Ausfluss aus dem Erfordernis der „effektiven Kontrolle“ zu interpretieren. Die Formulierung trägt der Tatsache Rechnung, dass die Kontrollmöglichkeiten eines zivilen Vorgesetzten, im Gegensatz zu militärischen, zeitlich und örtlich auf die Dienstausübung beschränkt ist. Der Vorgesetzte wird insofern von seiner Verantwortung entbunden, wenn die Untergebenen die Taten außerhalb der Dienstzeit begangen haben.597 Inwieweit diese „Klarstellung“ für die Geschäftsführer von PMCs/PSCs relevant ist, erscheint hingegen fraglich. Grundsätzlich dürfte der Einsatz der (untergebenen) Mitarbeiter in einem Konfliktgebiet wohl überwiegend als Fulltime-Job wie bei Armeeangehörigen zu qualifizieren sein, wobei dies dann letztlich eine Frage der konkreten vertraglichen Ausgestaltung ist. Es ist allerdings realitätsfern davon auszugehen, dass sich private Mitarbeiter, die für die Sicherheit eines Gebäudes oder sonstigen Objektes sorgen sollen, im Falle eines Angriffs (bei Nacht) nicht verteidigen, sondern den Gegner gewähren lassen. Dies ist zunächst vor allem für die direkten Vorgesetzten im Einsatzgebiet entscheidend. Der Geschäftsführer besitzt zwar aufgrund seiner örtlich teilweise weit entfernten Position außerhalb des Einsatzgebietes eine geringere Einflussmöglichkeit auf die Untergebenen (vergleichbar mit dem Staatsoberhaupt oder Verteidigungsminister), jedoch kann ihn das von seiner Verantwortung nicht entbinden, wenn er seine Angestellten zu einer 24-Stunden-Tätigkeit entsendet.

II. Pflichtwidriges Unterlassen Sowohl nach Art. 28 lit. a.) ii.) als auch nach lit. b.) iii.) ICC-Statut wird dem Vorgesetzten vorgeworfen, dass er die in seiner Macht stehenden erforderlichen und angemessenen Maßnahmen unterlassen hat. Ein solches Unterlassen ist (völker)strafrechtlich aber nur dann relevant, wenn zuvor eine Handlungspflicht für den Befehlshaber bestanden hat.598 Im Hinblick auf diese Pflicht ist zwischen zwei verschiedenen Situationen zu differenzieren.

596

So aber z. B. Weltz, S. 264. Arnold, in: Triffterer, Art. 28 Rn. 129; Mettraux, S. 32 f.; Werle, Rn. 465; Ambos (2004), S. 679; Wu/Kang, HILJ 38 (1997), 272, 295; a.A. wohl Vetter, YILJ 25 (2000), 89, 120. 598 ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 405; ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. Nov. 1998, para. 334. 597

C. Die Verantwortlichkeit der Geschäftsführung

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1. Das Völkerrechtsverbrechen wurde noch nicht begangen Die erste Handlungspflicht knüpft an die Situation an, dass ein konkreter völkerrechtlicher Verbrechenstatbestand von dem Untergebenen noch nicht verwirklicht wurde, er jedoch „im Begriff“ ist, eine solche Tat zu begehen. Die Formulierung „im Begriff“ sein nach Art. 28 lit. a.) i.) und lit. b.) i.) ICC-Statut ist unter teleologischen Gesichtspunkten so auszulegen, dass hiervon die Phase von der Vorbereitung bis zur Vollendung umfasst ist. Der Vorgesetzte hat nämlich innerhalb dieses Zeitfensters – schon (im Vorbereitungsstadium) oder noch (kurz vor Vollendung) – durch entsprechende Gegenmaßnahmen die Möglichkeit, die Tatbegehung zu „verhindern“ (prevent) bzw. zu „unterbinden“ (repress). Der Unterschied zwischen diesen beiden Handlungspflichten dürfte sich jedoch nur auf die Anknüpfung an unterschiedliche zeitliche Phasen der Tat des Untergebenen beziehen. Der Vorgesetzte muss somit insgesamt präventiv tätig werden. Eine Handlungspflicht des Befehlshabers besteht allerdings nur dann, wenn eine Verbrechensbegehung wahrscheinlich ist, so dass es einer generellen Verdachtskontrolle der Untergebenen nicht bedarf.599 2. Das Völkerrechtsverbrechen wurde schon begangen Wenn das Verbrechen durch den Untergebenen schon begangen wurde, dann sind nur noch repressive Maßnahmen des Vorgesetzten möglich. Nach Art. 28 lit. a.) ii.) und lit. b.) iii.) ICC-Statut ist er zumindest verpflichtet „die Angelegenheit den zuständigen Behörden zur Untersuchung und Strafverfolgung vorzulegen“. Diese Formulierung weicht von Art. 6 Abs. 3 ICTR-Statut und Art. 7 Abs. 3 ICTY-Statut insoweit ab, dass dort verlangt wird, dass die Täter „bestraft“ werden (to punish the perpetrators). Ob diese Abweichung auf die repressiven Pflichten des Vorgesetzten nach Art. 28 ICC-Statut Auswirkungen besitzt, wird nun im Rahmen der Erforderlichkeit und Angemessenheit der Gegenmaßnahmen näher untersucht. 3. Erforderlichkeit und Angemessenheit a) Konkrete Gegenmaßnahmen Welche Maßnahmen nun dem Kriterium der Erforderlichkeit und Angemessenheit genügen, ist wiederum maßgeblich abhängig von der konkreten Situation, also in welchem Verbrechensstadium sich der Untergebene zum jeweiligen Zeitpunkt befindet. aa) Die Pflicht zu „verhindern“ Die Pflicht des Vorgesetzten besteht zunächst generell darin, die konkrete Vorbereitungs- oder Versuchsphase umgehend zu beenden. Wenn ein diesbezügliches prä599

Ambos (2004), S. 690; Bantekas, AJIL 93 (1999), 573, 593 f.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

ventives Vorgehen versäumt wurde, dann kann eine spätere repressive Maßnahme diese Pflichtverletzung nicht mehr beseitigen.600 Taten im Vorbereitungsstadium darf der Vorgesetzte somit nicht in das Stadium eines strafbaren Versuchs gelangen lassen. Wenn schon die Phase eines strafbaren Versuchs nach Art. 25 Abs. 3 lit. f.) ICC-Statut erreicht wurde, dann gilt es das Tatausführungsstadium zu verhindern. Befindet sich der Untergebene hingegen schon im unmittelbaren Ausführungsstadium muss der Vorgesetzte ihn an der Fortsetzung bzw. Vollendung der Tat hindern.601 Dem Vorgesetzten kann jedoch nur dann ein Unterlassensvorwurf gemacht werden, wenn er auch die tatsächliche Möglichkeit besessen hat, präventive oder repressive Maßnahmen zu ergreifen („alle in seiner oder ihrer Macht stehenden“).602 Er hat also nur die Pflicht solche Gegenmaßnahmen einzuleiten, die ihm unter den gegebenen Umständen möglich sind.603 Dies hängt maßgeblich auch von der Intensität seiner tatsächlichen Kontrolle über die Untergebenen ab.604 Welche Maßnahmen dem Vorgesetzten zur Verfügung stehen, ergibt sich aus Art und Inhalt des Über-/Unterordnungsverhältnisses605 und den ihm aufgrund seiner Stellung vorhandenen Sachund Personalmittel,606 weshalb sie insoweit von Fall zu Fall variieren können.607 Art. 28 lit. a.) ii.) Var. 1 und lit. b.) iii.) Var. 1 ICC-Statut definieren zwar nicht die spezifischen Gegenmaßnahmen, die zur Einhaltung der Verbrechensverhinderungspflicht erforderlich sind. In diesem Zusammenhang zieht die Vorverfahrenskammer des ICC für ihre Bewertung aber relevante Faktoren wie die folgenden Maßnahmen in 600

ICTY, Prosecutor v. Blasˇkic´, Hauptverfahrenskammer, 3. März 2000, para. 336; ICTR, Prosecutor v. Bagilishema, Hauptverfahrenskammer, 7. Juni 2001, para. 49; Ola´solo (2009), S. 90. Teilweise wird allerdings aufgrund des Wortlautes eine Interpretation von Art. 28 lit. a.) ii.) und lit. b.) iii.) ICC-Statut als alternative (gleichrangige) Handlungsmöglichkeiten für möglich gehalten, so dass der Vorgesetze sich aussuchen kann, ob er präventiv oder repressiv tätig wird, vgl. Boas/Bischoff/Reid (2007), S. 263. Eine solche Auslegung, welche die jeweilige Pflicht nicht nach dem Tatstadium beurteilt, würde allerdings dem telos der Norm diametral entgegenlaufen und die Pflicht zur Verbrechensverhinderung wäre letztlich überflüssig. 601 Vgl. hierzu Triffterer, in: FS Lüderssen, S. 453. 602 So auch schon ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 395; Prosecutor v. Halilovic, Hauptverfahrenskammer, 16. November 2005, para. 73; ICTR, Prosecutor v. Kayishema&Ruzindana, Hauptverfahrenskammer, 21. Mai 1999, para. 217. 603 ICTY, Prosecutor v. Krnojelac, Hauptverfahrenskammer, 15. März 2002, para. 95. 604 ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 443; ICTY, Prosecutor v. Blasˇkic´, Berufungskammer, 29. Juli 2004, para. 72; Prosecutor v. Halilovic, Hauptverfahrenskammer, 16. November 2005, para. 74; Prosecutor v. Milutinovic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 26. Februar 2009 (Vol. I), para. 122; ICTR, Prosecutor v. Semanza, Hauptverfahrenskammer, 15. Mai 2003, para. 406; Prosecutor v. Kajelijeli, Hauptverfahrenskammer, 1. Dezember 2003, para. 779; Prosecutor v. Ntagerura et al., Hauptverfahrenskammer, 25. Februar 2004, para. 630. 605 Vogel, ZStW 114 (2002), 403, 430. 606 Burghardt, S. 202. 607 ICTY, Prosecutor v. Blasˇkic´, Berufungskammer, 29. Juli 2004, para. 72; Prosecutor v. Halilovic, Hauptverfahrenskammer, 16. Nov. 2005, para. 74.

C. Die Verantwortlichkeit der Geschäftsführung

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Betracht: (1) Die Sicherstellung, dass die Streitkräfte adäquat im humanitären Völkerrecht ausgebildet sind; (2) Berichte zu sichern, dass militärische Operationen in Übereinstimmung mit dem humanitären Völkerrecht ausgeführt wurden; (3) Anordnungen zu treffen, die darauf abzielen, die relevante Praxis in Einklang mit dem Kriegsvölkerrecht zu bringen; sowie (4) disziplinarische Maßnahmen vorzunehmen, um die Begehung von Gräueltaten durch die Truppen zu verhindern.608 Bei einer Nichtbefolgung der Befehle muss der militärische Vorgesetzte gebotene Sanktionen und gegebenenfalls auch Gewalt androhen.609 Sofern die Anordnungen und Drohungen jedoch aussichtslos und ineffektiv sind, kann auch die tatsächliche Anwendung von Gewalt erforderlich sein.610 Diese Möglichkeit zur Androhung und Ausübung von Gewalt besitzt der zivile Vorgesetzte hingegen nicht, da er in der Regel auf kein vergleichbares Disziplinarsystem wie das Militär zurückgreifen kann. Diese Maßnahmen stehen insofern nicht „in seiner Macht“, weshalb er andere Einwirkungsmöglichkeiten nutzen muss. Bei der Auswahl der Gegenmaßnahmen sollte der Vorgesetzte sich aber grundsätzlich an dem Maßstab des Effektivitätsgrundsatzes orientieren. Bei bevorstehenden Kriegsverbrechen kann der Geschäftsführer im Rahmen seines Direktionsrechts als konkrete Maßnahme zur Verbrechensverhinderung zumindest die verdächtigen Mitarbeiter aus dem Konfliktgebiet zurückziehen, abmahnen und gegebenenfalls den Vertrag kündigen.611 Entscheidend dürfte letztlich aber nicht (nur) seine Direktionsbefugnis sein, sondern dass seine Mitarbeiter als ehemalige Militärangehörige ohnehin eine Kommandostruktur und Hierarchieebene gewohnt sind. Aufgrund seiner Stellung als höchster Vorgesetzter dürfte er insoweit eine spezielle Autorität genießen und die Mitarbeiter automatisch eine gewisse tatsächliche Führungsgewalt akzeptieren. Entsprechenden Anordnungen des Geschäftsführers zur Verbrechensverhinderung dürften folglich auch die Mitarbeiter Folge leisten. Teilweise wird noch die Frage aufgeworfen, ob schon der Vertragsschluss mit privaten Mitarbeitern oder Unternehmen für eine Verantwortlichkeit nach Art. 28 ICCStatut ausreichend ist, wenn sie von begangenen Kriegsverbrechen dieser Angestellten Kenntnis haben.612 Die reine Anstellung von Personen, die z. B. wegen Kriegsverbrechen angeklagt oder sogar verurteilt wurden, löst jedenfalls noch keine Verant608 ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 438. 609 MünchKommStGB/Weigend, § 4 VStGB Rn. 49; Burghardt, S. 203. 610 ICTY, Prosecutor v. Hadzihasanovic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 15. März 2006, para. 1457. 611 Dies ist aber letztlich natürlich von der konkreten vertraglichen Ausgestaltung zwischen dem Unternehmen und dem einzelnen Mitarbeiter abhängig. Entscheidendes Kriterium dürfte sein, ob dem Geschäftsführer bei dem Verdacht einer Straftat durch den Angestellten ein (fristloses) Kündigungsrecht zusteht. Bei einem Verdacht auf Völkerrechtsverbrechen dürfte allerdings eine fristlose Kündigung ohne vorhergehende Abmahnung möglich sein. 612 Doswald-Beck, in: Chesterman, S. 136.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

wortlichkeit des Geschäftsführers nach Art. 28 ICC-Statut aus. Eine Pflicht zum präventiven Tätigwerden existiert erst dann, wenn die Untergebenen sich zumindest in der Vorbereitungsphase für ein konkretes Verbrechen befinden, was zum Zeitpunkt der vertraglichen Anstellung wohl kaum der Fall sein dürfte. Zudem fehlt es vor dem Vertragsschluss an dem Vorgesetztenverhältnis.613 Die Verbrechensverhinderungsmaßnahme läge dann nämlich im Nicht-Abschluss des Vertrags, also vor Begründung des Subordinationsverhältnisses. bb) Die Pflicht zu „unterbinden“ Nach der Vorverfahrenskammer des ICC beinhaltet die Pflicht zu „unterbinden“ (repress) nach Art. 28 lit. a.) ii.) Var. 2 und lit. b.) iii.) Var. 2 ICC-Statut zwei verschiedene Verpflichtungen, die sich auf unterschiedliche Phasen der Verbrechensbegehung beziehen. Zum einen existiert für den Vorgesetzten die Pflicht, die Fortsetzung eine noch „andauernde“ Verbrechensbegehung zu beenden.614 Zum anderen obliegt es ihm aber auch, die Streitkräfte nach der Verbrechensbegehung zu bestrafen.615 cc) Die Pflicht „vorzulegen“ Nach Art. 28 lit. a.) ii.) Var. 3 und lit. b.) iii.) Var. 3 ICC-Statut hat der Vorgesetzte auf repressiver Ebene aber auch die Pflicht die Angelegenheit den zuständigen Behörden zum Zwecke der Strafverfolgung vorzulegen.616 Den Anforderungen auf der repressiven Seite ist nach der Vorverfahrenskammer des ICC insofern durch zwei verschiedene (alternative) Möglichkeiten nachzukommen. Entweder ergreift der Vorgesetzte selbst alle erforderlichen und angemessenen Maßnahmen, um seine Streitkräfte zu bestrafen oder, wenn er nicht die Fähigkeit dazu besitzt, muss er die Angelegenheit den zuständigen Behörden zur Strafverfolgung vorlegen.617

613 Im Hinblick auf die Verbrechensverhinderungspflicht muss die Vorgesetztenstellung und damit die effektive Kontrolle über die Untergebenen aber zum Zeitpunkt der Verbrechensbegehung existieren, vgl. nur ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 419; ICTY, Prosecutor v. Oric´, Hauptverfahrenskammer, 30. Juni 2006, para. 335. 614 ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 439. 615 Eine a.A. vertreten hingegen Ambos (2004), S. 692 und Weigend, ZStW 116 (2004), 999, 1014 Fn. 63. Sie verstehen das Merkmal „unterbinden“ nur im präventiven Sinne und sprechen ihm somit keine zusätzliche, repressive Funktion zu. 616 Arnold, in: Triffterer, Art. 28 Rn. 120. 617 ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 439. Diese Auslegung entspricht letztlich den Anforderungen des ICTY vgl. Prosecutor v. Oric´, Hauptverfahrenskammer, 30. Juni 2006, para. 336; Prosecutor v. Hadzihasanovic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 15. März 2006, para. 173 f.

C. Die Verantwortlichkeit der Geschäftsführung

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Der Vorgesetzte muss folglich die Bestrafung nicht zwangsläufig in eigener Person vornehmen. Wie oben schon erwähnt wurde, verfügen PMCs/PSCs über kein vergleichbares Disziplinarsystem wie das Militär, weshalb sie selbst keine eigenen effektiven (strafrechtlichen) Sanktionen vornehmen können. Die Geschäftsführer haben bei Informationen über schon begangene Kriegsverbrechen, ebenso wie die direkten Vorgesetzten, somit zumindest die Pflicht, die Sache den zuständigen Behörden vorzulegen. Mögliche Zuständigkeitsprobleme aufgrund der teilweise unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten der Angestellten dürften in diesem Zusammenhang für den Vorgesetzten keine Rolle spielen, da diese letztlich von den Strafverfolgungsbehörden gelöst werden müssen. Die bloße Kündigung bzw. Entlassung der jeweiligen Angestellten ist als repressive Maßnahme jedenfalls nicht ausreichend. Ungeklärt ist, ob der Geschäftsführer auch in dem Fall, wo er nach Vertragsschluss Kenntnis über Kriegsverbrechen seines (neuen) Mitarbeiters im Rahmen einer früheren Tätigkeit bei einem anderen Unternehmen erlangt, die Pflicht hat, diese Angelegenheit den zuständigen Behörden zur Strafverfolgung vorzulegen. Es handelt sich hierbei um die Frage, ob sich die Pflicht zur Ahndung des Verbrechens auch auf den Fall erstreckt, wo die Vorgesetztenstellung erst nach der Verbrechensbegehung begründet wird. Dagegen ließe sich zunächst anführen, dass der (aktuelle) Vorgesetzte bzw. Geschäftsführer selbst überhaupt keine Einflussmöglichkeiten auf die Untergebenen bei der Verbrechensbegehung besaß, sondern sowohl die Verhinderung der Tat als auch die fehlende Strafverfolgung ein Versäumnis des früheren Vorgesetzten darstellt. Der Pflichtenkreis des neuen Vorgesetzten würde ansonsten auf den Bereich seines Vorgängers erweitert werden. Entscheidend ist aber, dass der Sinn und Zweck der Ahndungsverpflichtung nicht aus der (fehlenden) „Mitschuld“ an der Tatbegehung folgt sondern aus der Pflicht zur Aufrechterhaltung der Truppendisziplin und der offenkundigen Entsolidarisierung mit dem völkerrechtswidrigen Verhalten seines Untergebenen. Diese Verpflichtung trifft aber auch einen Vorgesetzten, der seine Stellung erst nach Verwirklichung eines Völkerrechtsverbrechens übernommen hat.618 Gleiches gilt natürlich auch für einen Vorgesetztenwechsel auf unterer Ebene innerhalb eines Militär- oder Sicherheitsunternehmens.

618 So auch ICTY, Prosecutor v. Oric´, Hauptverfahrenskammer, 30. Juni 2006, para. 335; Burghardt, S. 222 ff.; Akerson/Knowlton, DJILP 37 (2009), 615, 643 ff.; Bantekas, AJIL 93 (1999), 573, 592; Weigend, ZStW 116 (2004), 999, 1020; a.A. Ola´solo (2009), S. 99; Sander, LJIL 23 (2010), 105, 134 sowie ICTY, Prosecutor v. Hadzihasanovic´ et al., Berufungskammer, 16. Juli 2003, para. 46 ff. Diese Entscheidung basierte allerdings auf einer knappen 3:2 Stimmenmehrheit der Kammer. Die Richter Hunt und Shahabuddeen haben hierzu ausführlich begründete abweichende Sondervoten verfasst. Der ICC hat bisher zu dieser Problematik noch nicht Stellung genommen. Seine Ausführungen beziehen sich in der Bemba-Entscheidung nur auf die Verbrechensverhinderungspflicht, wo er zu Recht fordert, dass die Vorgesetztenstellung zumindest im Zeitpunkt der Verbrechensbegehung existieren muss, vgl. ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 419.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

Aufgrund der bisher verschwindend geringen Anzahl an Verfahren gegen PMC/ PSC-Mitarbeiter liegt es nahe, dass weder die direkten Vorgesetzten noch die Geschäftsführer der Unternehmen konkrete Sachverhalte an Behörden übermittelt haben. Exemplarisch kann hier auf den erwähnten Vorwurf verwiesen werden, dass Angestellte von Dyncorp in Bosnien einen „Sex-Sklaven-Ring“ unterhalten haben sollen. Berichten zufolge wurden die jeweiligen Verdächtigen zwar von den Unternehmen suspendiert, aber es wurden explizit keine amerikanischen oder sonstigen zuständigen (Strafverfolgungs-)Behörden über die Vorwürfe informiert.619 Wie ausführlich erläutert wurde, genügt dies gerade nicht dem Standard nach Art. 28 ICCStatut. Insgesamt kann aber konstatiert werden, dass die Geschäftsführer grundsätzlich die Fähigkeit besitzen, Völkerrechtsverbrechen ihrer Mitarbeiter im Sinne von Art. 28 lit. b.) iii.) ICC-Statut zu verhindern bzw. zu bestrafen. Inwieweit sie ihren dahingehenden Verpflichtungen nachkommen, ist letztlich natürlich eine Frage des Einzelfalls. b) Allgemeine Kontrollpflicht Von dieser speziellen Pflicht im konkreten Einzelfall zur Straftatverhinderung ist die allgemeine dienstliche Verpflichtung des Vorgesetzten zu unterscheiden. Diese generelle Pflicht bezieht sich darauf, dass der Vorgesetzte insgesamt Vorkehrungen treffen muss, um seine Untergebenen von der Begehung eines Völkerrechtsverbrechens abzuhalten. Hierzu gehört beispielsweise eine Bewusstseinsbildung durch Unterrichtung über die Regeln des humanitären Völkerrechts, die Aufrechterhaltung der Truppendisziplin oder die Einrichtung eines funktionierenden Informations- bzw. Überwachungssystems. Derartige Präventivmaßnahmen gewinnen auch bei (international agierenden) Wirtschaftsunternehmen an Bedeutung. Dies spiegelt sich in der steigenden Zahl an Compliance-Abteilungen wider, um zivil- und strafrechtliche Risiken vom Unternehmen abzuwenden.620 Eine Verletzung dieser allgemeinen Pflicht begründet per se jedoch noch keine Vorgesetztenverantwortlichkeit wegen konkreten Verstößen der Untergebenen. Andererseits entbindet die Einhaltung dieser generellen Pflichten auch nicht von der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, wenn der Vorgesetzte nicht die erforderlichen und angemessenen Maßnahmen nach seiner spezifischen Pflicht ergriffen hat.621 Letztlich ist somit die etwas mysteriöse Formulierung „Ver619 Maffai, WILJ 26 (2009), 1095, 1104; Capps, Crime without punishment, Salon.com, v. 27. Juni 2002, abrufbar unter: http://dir.salon.com/story/news/feature/2002/06/27/military/ index.html. 620 Zum Begriff der Compliance siehe nur Hauschka, in: Hauschka/Buck-Heeb, § 1 Rn. 2 ff.; Theisen, S. 87 ff.; Kort, NZG 2008, 81. Zur strafrechtlichen Haftung eines ComplianceBeauftragten vgl. BGH 5 StR 394/08, 17. Juli 2009, para. 27 ff., in: NJW 2009, 3173, 3175 sowie Rönnau/Schneider, ZIP 2010, 53. 621 ICTY, Prosecutor v. Halilovic, Hauptverfahrenskammer, 16. November 2005, para. 88; Prosecutor v. Hadzihasanovic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 15. März 2006, para. 144; Ola´solo (2009), S. 98; Mettraux, S. 248; Weigend, ZStW 116 (2004), 999, 1014 f.; a.A. wohl Werle, Rn. 477; Ambos (2004), S. 688; Triffterer, in: FS Lüderssen, S. 448, 454.

C. Die Verantwortlichkeit der Geschäftsführung

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brechen, die als Folge seines Versäumnisses begangen wurden, eine ordnungsgemäße Kontrolle … auszuüben“622 dahingehend zu verstehen, dass sie nur eine Zusammenfassung der nachfolgend aufgeführten Unterlassungsalternativen (verhindern, unterbinden und vorlegen) bildet und gerade kein eigenständiges Tatbestandsmerkmal ist.623 Wenn der Vorgesetzte weder präventive noch repressive Maßnahmen gegenüber seinen Untergebenen ergriffen hat, dann hat er gerade keine ordnungsgemäße Kontrolle ausgeübt. Hierfür spricht auch die systematische Anordnung dieser Wendung im Rahmen des Art. 28 ICC-Statut. Sie befindet sich nämlich in einem eigenen Abschnitt [lit. a.) und b.)], der den genauen einzelnen objektiven und subjektiven Voraussetzungen des „tatbestandlichen“ Unterlassens in lit. a.) i.) – ii.) und lit. b.) i.) – iii.) vorgelagert ist. Sinn und Zweck dieser Regelung dürfte insofern darin liegen, dass sie das Kausalitätserfordernis zwischen sämtlichen später aufgeführten Unterlassungsalternativen und der Tatbegehung durch den Untergebenen deutlich machen soll.624 Auch wenn ein Verstoß gegen diese generelle Verpflichtung per se keine Vorgesetztenverantwortlichkeit auslöst, ist es dennoch (auch) die Aufgabe der Geschäftsführer von PMCs/PSCs dafür zu sorgen, dass das Personal über die Regeln des humanitären Völkerrechts adäquat unterrichtet wird und dass ein funktionierendes Informations- bzw. Kontrollsystem etabliert ist. Diese präventiven Maßnahmen sorgen letztlich dafür, dass das Risiko von Kriegsverbrechen der Untergebenen und damit auch ihre (potentielle) eigene Haftung minimiert werden. Zudem können sie, wie oben dargelegt, einen relevanten Faktor bei der Frage nach konkreten Gegenmaßnahmen bilden.

III. Kausalzusammenhang Nach der Rechtsprechung der Ad-hoc-Tribunale der UN wurde das Erfordernis eines kausalen Zusammenhangs zwischen der Unterlassung des Vorgesetzten und der Begehung des Verbrechens durch den Untergebenen abgelehnt.625 Diese Rechtslage hat durch Art. 28 ICC-Statut allerdings eine Änderung erfahren. Es wird explizit

622

Hervorhebung durch den Verfasser. Überzeugend hierzu Weigend, ZStW 116 (2004), 999, 1015 ff. In diese Richtung auch ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 422; a.A. Triffterer, der in Art. 28 ICC-Statut zwei verschiedene Unterlassungen, die Verletzung der allgemeine Kontrollpflicht in lit. a.) und b.) einerseits und das Nicht-Ergreifen von Gegenmaßnahmen bei einer konkreten Tat nach lit. a.) ii.) und lit. b.) iii.) andererseits, erkennt. Folglich fordert er auch ein doppeltes Kausalitätserfordernis. Hierzu ausführlich ders., in: FS Lüderssen, S. 446 ff.; ebenso Nerlich, JICJ 5 (2007), 665, 678 f.; Sander, LJIL 23 (2010), 105, 134. 624 Auf die daraus resultierende, sinnwidrige Erstreckung des Kausalitätserfordernisses auf die repressiven Maßnahmen näher unter C. III. 625 Vgl. nur ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 396 ff.; Prosecutor v. Blasˇkic´, Berufungskammer, 29. Juli 2004, para. 77; Prosecutor v. Milutinovic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 26. Februar 2009 (Vol. I), para. 122. 623

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

in lit. a.) und b.) eine (hypothetische) Kausalität („als Folge“)626 zwischen dem Versäumnis des Vorgesetzten und der Tatbegehung durch den Haupttäter (Versäumnis … eine ordnungsgemäße Kontrolle … auszuüben)627 gefordert.628 Aufgrund der hinlänglich bekannten und viel diskutierten Defizite der weitreichenden Äquivalenztheorie,629 ist auch hier die Lehre von der objektiven Zurechnung als angemessenes Korrektiv heranzuziehen.630 Auch wenn der Wortlaut der Norm grundsätzlich eine Erstreckung des (qualifizierten) Kausalitätserfordernisses auf die Handlungspflicht des Vorgesetzten bezüglich repressiver Maßnahmen nahelegt, ist dies denklogisch unmöglich. Eine Ursächlichkeit des pflichtwidrigen Unterlassens einer späteren Strafverfolgung für das zeitlich vorausgegangene Verbrechen ist nämlich schlichtweg ausgeschlossen.631 An dieser Stelle ist eine teleologische Reduktion der Norm notwendig. Sinnvoll ist es deshalb bei repressiven Maßnahmen einen „Kausalzusammenhang“ zwischen der Untätigkeit des Vorgesetzten einerseits und der Straffreiheit der Täter andererseits zu verlangen.632 Folglich müsste nachgewiesen werden, dass das Versäumnis der „Nichtvorlage“ der Angelegenheit durch den Vorgesetzten entscheidend dafür war, dass die zuständigen Behörden den Täter nicht identifizieren und bestrafen konnten. Hierdurch wird auch, wie bei den präventiven Maßnahmen, eine Eingrenzung der Strafbarkeit des Vorgesetzten erreicht und damit eine Ungleichbehandlung vermieden.

IV. Subjektive Tatseite Mit Art. 28 lit. a.) i.) Alt. 2 und lit. b.) i.) Alt. 2 ICC-Statut wird insgesamt von den Regelanforderungen nach Art. 30 ICC-Statut abgewichen und ein Fahrlässigkeitsmaßstab eingeführt wird.633 Es wird folglich von der „Öffnungsklausel“ nach Art. 30 Abs. 1 S. 1 ICC-Statut („Sofern nichts anderes bestimmt ist“) Gebrauch gemacht.634 626

Die englische Fassung lautet: „as a result“. In der englischen Fassung: „failure to exercise control properly“. 628 ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 423; Ola´solo (2009), S. 100; Weltz, S. 263; Mettraux, S. 33; Darcy, S. 351; Cryer et al., S. 396; Ambos (2008), § 7 Rn. 59; Nerlich, JICJ 5 (2007), 665, 673; Weigend, ZStW 116 (2004), 999, 1018; zweifelnd hingegen Werle, Rn. 486. 629 Vgl. dazu nur Wessels/Beulke, Rn. 156 ff.; Rengier, § 13 Rn. 3 ff. 630 Ambos (2004), S. 686; Triffterer, in: FS Lüderssen, S. 445; Nerlich, JICJ 5 (2007), 665, 673. Die Vorverfahrenskammer des ICC hat sich für die Risikoerhöhungstheorie ausgesprochen, vgl. ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 425. 631 ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 424; Radtke, in: FS Müller, S. 589; Weltz, S. 263. 632 Hierfür ebenfalls Mettraux, S. 89. 633 Darcy, S. 347. 634 Dazu schon oben unter A. III. 1. e) bb). 627

C. Die Verantwortlichkeit der Geschäftsführung

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Im Hinblick auf den subjektiven Tatbestand enthält das ICC-Statut zudem eine erstaunliche Neuerung zum bis dato geltendem Verständnis. Erstmals wird ein unterschiedlicher Standard bezüglich der subjektiven Tatseite für militärische und nicht-militärische Vorgesetzte festgelegt.635 Die Einordnung in Bezug auf die rechtliche Natur des Vorgesetzten-Untergebenen-Verhältnisses hat somit erhebliche Auswirkungen auf eine mögliche Strafbarkeit des Vorgesetzten und die dahingehende Beweisführung der Anklage. 1. Militärischer Vorgesetzter Nach Art. 28 lit. a.) i.) ICC-Statut wird in subjektiver Hinsicht vorausgesetzt, dass der Vorgesetzte entweder wusste (knew) oder in Folge der Umstände hätte wissen müssen (should have known), dass von den Untergebenen Verbrechen begangen wurden oder sie im Begriff waren, welche zu begehen. Mit der Anforderung „knew“ ist die tatsächliche Kenntnis gemeint.636 Schwieriger zu beurteilen ist hingegen, wie die (englische) Formulierung „should have known“ zu interpretieren ist und ob sie einen abweichenden Standard, zu den von den Ad- hoc-Tribunalen der UN erarbeiteten, subjektiven Anforderungen an (militärische) Vorgesetzte, etabliert. a) „Had reason to know“ Auffällig ist zunächst, dass die entsprechenden Regelungen in Art. 7 Abs. 3 ICTYStatut und Art. 6 Abs. 3 ICTR-Statut nicht die Wendung should have known, sondern had reason to know verwenden. Nach zunächst kontroverser, inzwischen aber gefestigter Rechtsprechung der Ad- hoc-Tribunalen der UN, wurde der had reason to knowStandard unter Bezugnahme auf Art. 86 und 87 ZP I dahingehend ausgelegt, dass entscheidend ist, dass der Vorgesetzte bei einer ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner Pflichten, von der Tat seiner Untergebenen auch tatsächlich Kenntnis erlangt hätte und nicht nur hätte erlangen können. Nach überzeugender Ansicht besteht insofern gerade keine Pflicht des Vorgesetzten, im Rahmen seiner allgemeinen Kontrollpflicht, sich die Informationen selbst zu beschaffen, die ihn auf eine Verbrechensbe-

635 Sowohl Art. 7 Abs. 3 ICTY-Statut und Art. 6 Abs. 3 ICTR-Statut als auch die Rechtsprechung der Ad-hoc-Tribunale legte für beide Tätergruppen dieselben Voraussetzungen fest, hierzu ausführlich Karsten, S. 60, 46 ff. 636 ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 429; Arnold, in: Triffterer, Art. 28 Rn. 95; Mettraux, S. 77, 208. Die genauen Anforderungen sind im Detail allerdings strittig: Für ein Wissenserfordernis im Sinne des dolus directus 2. Grades z. B. Ambos (2008), § 7 Rn. 60; für ein etwas extensiveres Wissensverständnis bzgl. der Tat hingegen Triffterer, in: FS Lüderssen, S. 449 f.; Roßkopf, S. 171 f. Zum Nachweis der tatsächlichen Kenntnis ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 431; ICTY, Prosecutor v. Kordic´ and Cˇerkez, Hauptverfahrenskammer, 26. Februar 2001, para. 426 ff.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

gehung hinweisen könnten.637 Er muss insoweit über ein gewisses Maß an Informationen verfügt haben, aufgrund derer für ihn die Möglichkeit bestand, zu erkennen, dass seine Untergebenen Völkerrechtsverbrechen begangen haben.638 Diese schriftlichen oder mündlichen Informationen müssen ihm zugänglich gewesen sein, jedoch muss er sie weder tatsächlich zur Kenntnis genommen, noch die richtigen Schlussfolgerungen aus ihnen gezogen haben. Zudem müssen sie sich nicht auf die konkrete Verbrechensbegehung beziehen, sondern bereits das Wissen um einen gewalttätigen bzw. labilen Charakter einiger Untergebener oder Alkoholkonsum bei früheren Einsätzen kann beispielsweise ausreichend sein.639 b) „Should have known“ Fraglich ist nun allerdings, ob für die Interpretation des Merkmals in Art. 28 lit. a.) i.) Alt. 2 ICC-Statut überhaupt auf diese Rechtsprechung der Ad- hoc-Tribunalen der UN zum had reasons to know-Standard zurückgegriffen werden kann. Die Benutzung des unterschiedlichen (englischen) Wortlautes spricht zunächst zumindest offensichtlich dagegen.640 Entscheidend dürfte allerdings sein, dass mit dem konkretisierenden Zusatz „aufgrund der zu der Zeit gegebenen Umstände“ (owing to the circumstances at the time) in Art. 28 lit. a.) i.) Alt. 2 ICC-Statut die Bezugnahme auf Art. 86 Abs. 2 ZP I „unter den gegebenen Umständen” (in the circumstances at the time) hervortritt.641 Aufgrund der Tatsache, dass die (neue) Rechtsprechung des ICTY maßgeblich auf dieser Norm fußt, sollte folglich der dort entwickelte Standard auch für Art 28 lit. 637 So aber ICTY, Prosecutor v. Blasˇkic´, Hauptverfahrenskammer, 3. März 2000, para. 332; ICTR, Prosecutor v. Kayishema&Ruzindana, Hauptverfahrenskammer, 21. Mai 1999, para. 227 f.; Prosecutor v. Bagilishema, Hauptverfahrenskammer, 7. Juni 2001, para. 46. 638 ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. Nov. 1998, para. 383; Prosecutor v. Mucic´ et al., Berufungskammer, 20. Februar 2001, para. 241; Prosecutor v. Kordic´ and Cˇerkez, Hauptverfahrenskammer, 26. Februar 2001, para. 437; Prosecutor v. Blasˇkic´, Berufungskammer, 29. Juli 2004, para. 62; Prosecutor v. Halilovic, Hauptverfahrenskammer, 16. November 2005, para. 68; Prosecutor v. Hadzihasanovic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 15. März 2006, para. 96; Prosecutor v. Milutinovic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 26. Februar 2009 (Vol. I), para. 120; ICTR, Prosecutor v. Bagilishema, Berufungskammer, 3. Juli 2002, para. 42; Prosecutor v. Semanza, Hauptverfahrenskammer, 15. Mai 2003, para. 405; Prosecutor v. Kajelijeli, Hauptverfahrenskammer, 1. Dezember 2003, para. 778; Prosecutor v. Ntagerura et al., Hauptverfahrenskammer, 25. Februar 2004, para. 629; dazu auch Arnold, in: Triffterer, Art. 28 Rn. 97; Burghardt, S. 236 f. Diese Auslegung des subjektiven Merkmals korreliert in gewissem Maße mit der oben vertretenen Ansicht, dass die allgemeine Kontrollpflicht auch nach dem ICC-Statut gerade kein selbständiges, unrechtsbegründendes Tatbestandsmerkmal darstellt, vgl. oben unter C. II. 3. b). 639 ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Berufungskammer, 20. Februar 2001, para. 238, 328; Ambos, in: Cassese/Gaeta/Jones, S. 835. 640 Hierfür wohl auch ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 434; Mettraux, S. 210; Ola´solo (2009), S. 100 ff. 641 Arnold, in: Triffterer, Art. 28 Rn. 97; Boas/Bischoff/Reid (2007), S. 258; Roßkopf, S. 174; Vetter, YILJ 25 (2000), 89, 122.

C. Die Verantwortlichkeit der Geschäftsführung

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a.) i.) Alt. 2 ICC-Statut gelten.642 Der strengere (neue) Maßstab in Art. 28 lit. b.) i.) Alt. 2 ICC-Statut für zivile Vorgesetzte lässt zudem den Umkehrschluss zu, dass das bisherige Verständnis der mens rea für militärische Befehlshaber bestehen bleiben soll. Der ICC sollte insofern das Merkmal „should have known“ restriktiv in dem Sinne auslegen, dass der militärische Vorgesetzte nur dann „hätte wissen müssen“, dass die Truppen Völkerrechtsverbrechen begingen oder im Begriff waren zu begehen, wenn ihm dahingehend ein gewisses Maß an Informationen tatsächlich zur Verfügung stand,643 welches ihm jedenfalls die Notwendigkeit einer genauen Untersuchung der Umstände nahegelegt hätte.644 2. Zivile Vorgesetzte Der Nachweis einer Verantwortlichkeit von zivilen Vorgesetzten wird nun nach Art. 28 lit. b.) i.) ICC-Statut für die Anklage etwas erschwert. Die erste Alternative (wusste bzw. knew) ist eine gleichlautende Wiederholung der subjektiven Anforderungen beim militärischen Vorgesetzten, weshalb auch hier die tatsächliche Kenntnis gemeint ist.645 Nach der zweiten Alternative muss der Vorgesetzte hingegen eindeutig auf das Verbrechen des Untergebenen hinweisende Informationen bewusst außer Acht gelassen haben („…either knew or consciously disregarded informations which clearly indicated, …“). Diese Formulierung belegt, dass die einfache Fahrlässigkeit – wie beim militärischen Vorgesetzten – gerade nicht ausreichend ist, sondern ein abgesenkter Haftungsmaßstab gefordert wird.646 Dieses „neue“ Erfordernis dürfte der Rechtsfigur der wilful blindness entsprechen, welche schon aus der Rechtsprechung der UN Ad-hoc-Tribunale bekannt ist.647 Folglich kann conscious disregard beim Vorgesetzten nur dann gegeben sein, wenn er damit rechnet, dass die ihm verfügbaren Informationen offenkundige Hinweise auf Verbrechen seiner Untergebenen enthalten, und er gerade deshalb die Kenntnisnahme dieser Quellen vermeidet, um

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Ebenso Roßkopf, S. 174; Werle, Rn. 467; Weltz, S. 266; Ambos (2004), S. 697; Williamson, IRRC 90 (2008), 303, 308; Nerlich, JICJ 5 (2007), 665, 674; Weigend, ZStW 116 (2004), 999, 1022 Fn. 96; Jia, YIHL 3 (2002), 131, 158 ff, 160. Vogel vertritt hingegen, dass die „neue“ Rspr. des ICTY dem Art. 28 lit. b.) i.) Alt. 2 ICC-Statut entspreche, wohingegen die Pflicht des Vorgesetzten sich die Informationen selbst zu besorgen nun nach Art. 28 lit. a.) i.) Alt. 2 ICCStatut gefordert wird, vgl. ders., ZStW 114 (2002), 403, 429 f.; hierfür wohl auch Wenqi, in: Yee/Tieya, S. 382. 643 Mettraux, S. 212; a.A. Darcy, S. 349. 644 So nun auch ICC-01/05 – 01/08 – 424, Prosecutor v. Bemba, Vorverfahrenskammer, Decision on the Confirmation of the Charges, 15. Juni 2009, para. 434. 645 Roßkopf, S. 175. 646 Ambos (2008), § 7 Rn. 60; Werle, Rn. 470; Roßkopf, S. 175; Weltz, S. 266. 647 ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 387; Ambos, in: Cassese/Gaeta/Jones, S. 870; Darcy, S. 349; Karsten, S. 411; Lehnardt, EJIL 19 (2008), 1015, 1029; Weigend, ZStW 116 (2004), 999, 1023; Vetter, YILJ 25 (2000), 89, 124.

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3. Kap.: Die völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit

sich die Möglichkeit zu bewahren, sich auf seine Unkenntnis berufen zu können.648 Das Wissenselement muss demnach stärker ausgeprägt sein als nach Art. 28 lit. a.) i.) Alt. 2 ICC-Statut. Dieses abweichende Anforderungsprofil an zivile Vorgesetzte soll berücksichtigen, dass militärische Vorgesetzte aufgrund ihrer Einbindung in eine strikte hierarchische und organisierte Struktur bessere Möglichkeiten besitzen, um an Informationen über das Verhalten ihrer Untergebenen zu gelangen.649 3. Nachweis Die Rechtsprechung zu den Ad- hoc-Tribunalen der UN hat zudem einige Indizien herausgearbeitet, die für den Nachweis der mens rea herangezogen werden können. Dies geschieht maßgeblich durch den Rückgriff auf die Begleitumstände (circumstantial evidence) der begangenen Tat. Es wird jedoch nicht genau differenziert, ob hierdurch nur das „Kennenmüssen“ oder sogar auch die Kenntnis des Vorgesetzten nachgewiesen werden kann.650 Indizien können sein: Zahl, Art, Umfang, Zeitpunkt und Tatort der Verbrechen, Größe der beteiligten Truppen, erhöhter Grad der Organisation und Vorbereitung sowie der Standort des (Ober-)Befehlshabers.651 Zudem spricht für eine Kenntnis bzw. ein Kennenmüssen, wenn internationalen Beobachtern die Besichtigung des Tatorts verweigert wurde652 oder der Vorgesetzte Protestschreiben internationaler Organisationen erhalten hat.653 Nicht ausreichend seien hingegen bloße Gerüchte.654 Ein langes Vorstrafenregister von Mitarbeitern oder (schwere) Verfehlungen in der Vergangenheit sollten aber ebenfalls das Misstrauen des Vorgesetzten wecken und Grund zu weiteren Nachforschungen geben. Im Hinblick auf Vorgesetze von PMCs/PSCs ist anzumerken, dass auch schon die Berichterstattung über die Taten in allgemein zugänglichen Medien ein ausreichendes Indiz sein kann.655 Wie oben schon näher ausgeführt wurde,656 sind einige Kriegsverbrechen durch private Mitarbeiter im Irak und in Afghanistan publik geworden und waren somit Gegenstand des medialen Interesses. Spätestens bei Bekanntwerden der Vorwürfe in der Öffentlichkeit dürfte der Nachweis der subjektiven Tatseite der (betroffenen) Ge648 Weigend, ZStW 116 (2004), 999, 1023; Radtke, in: FS Müller, S. 588 Fn. 42; Boas/ Bischoff/Reid (2007), S. 260. 649 Arnold, in: Triffterer, Art. 28 Rn. 128; Williamson, IRRC 90 (2008), 303, 309. 650 Dazu Burghardt, S. 246. 651 ICTY, Prosecutor v. Mucic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 16. November 1998, para. 387; ICTR, Prosecutor v. Bagilishema, Hauptverfahrenskammer, 7. Juni 2001, para. 968; Prosecutor v. Ntagerura et al., Hauptverfahrenskammer, 25. Februar 2004, para. 648; Arnold, in: Triffterer, Art. 28 Rn. 78; Ambos (2004), S. 290; Mitchell, SLR 22 (2000), 381, 407. 652 ICTY, Prosecutor v. Blasˇkic´, Hauptverfahrenskammer, 3. März 2000, para. 482. 653 ICTY, Prosecutor v. Strugar, Hauptverfahrenskammer, 31. Januar 2005, para. 418. 654 ICTY, Prosecutor v. Hadzihasanovic´ et al., Hauptverfahrenskammer, 15. März 2006, para. 1223. 655 ICTY, Prosecutor v. Galic´, Hauptverfahrenskammer, 5. Dezember 2003, para. 695. 656 Vgl. hierzu ausführlich unter A. III. 2.

C. Die Verantwortlichkeit der Geschäftsführung

219

schäftsführer geführt werden können, wenn sie keine repressiven Maßnahmen gegen die verdächtigen Mitarbeiter eingeleitet haben.

V. Ergebnis Wie die vorhergehenden Ausführungen zeigen, bietet die Vorgesetztenverantwortlichkeit nach Art. 28 ICC-Statut grundsätzlich eine Basis, um neben den direkten Vorgesetzten auch die Geschäftsführung von privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen wegen Kriegsverbrechen ihrer Mitarbeiter zur Verantwortung zu ziehen. Aufgrund ihrer Einordnung als zivile Vorgesetzte könnte allerdings die Interpretation des „neuen“ subjektiven Erfordernisses in Art. 28 lit. b.) i.) Alt. 2 ICC-Statut von entscheidender Bedeutung sein, da hierdurch der Nachweis für die Anklage (erheblich) erschwert sein wird. Inwieweit den Geschäftsführern diese subjektiven Anforderungen nachgewiesen werden können, bleibt insofern eine Frage des jeweiligen Einzelfalls und seiner speziellen Umstände. Wahrscheinlich wird in der Praxis aber vor allem ein Verstoß gegen die „Vorlagepflicht“ der Angelegenheit an die zuständigen Behörden nach Art. 28 lit. b.) iii.) ICC-Statut als repressive Maßnahme für sie von besonderer Relevanz sein.

Viertes Kapitel

Abschlussbewertung A. Zusammenfassung der Ergebnisse Die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit betreffen zunächst das originär völkerrechtliche Problem hinsichtlich des Status der Mitarbeiter von PMCs/PSCs im humanitären Völkerrecht. Weiterhin konnten in der Untersuchung Erkenntnisse über den „Sonderdeliktscharakter“ von Kriegsverbrechen die (übergreifenden) Voraussetzungen einer individuellen Verantwortlichkeit nach Art. 8 ICC-Statut und abschließend bezüglich des speziellen Problems einer Haftung der Geschäftsführung von PMCs/ PSCs nach Art. 28 ICC-Statut gewonnen werden.

I. Der völkerrechtliche Status Vor Beginn der völkerstrafrechtlichen Untersuchung wurde zunächst eine wichtige (Vor-)Frage geklärt. Diese betraf die individuelle statusrechtliche Einordnung der einzelnen Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen innerhalb eines bewaffneten Konflikts. Die hierfür maßgeblichen Vorschriften sind im internationalen bewaffneten Konflikt zum einen Art. 4 A GA III und zum anderen das (neuere) Regelungsregime nach Art. 43 und 44 ZP I. Entgegen anders lautender Stimmen ist davon auszugehen, dass Art. 43 ZP I sowohl die regulären (Art. 4 A Abs. 1 GA III) als auch die irregulären (Art. 4 A Abs. 2 GA III) Streitkräfte umfasst. Folglich beinhaltet Art. 43 Abs. 2 ZP I somit auch beide Möglichkeiten zur Erlangung eines Kombattantenstatus, nämlich de iure und de facto.1 Im Unterschied zu Art. 4 A GA III müssen alle Streitkräfte gewisse Mindestvoraussetzungen nach Art. 43 ZP I erfüllen, für die einzelnen Kombattanten gilt hingegen Art. 44 ZP I. Diese Voraussetzungen decken sich aber im Wesentlichen mit den Legalbedingungen nach Art. 4 A Abs. 2 GA III. Im Hinblick auf die Qualifizierung der Mitarbeiter von PMCs/PSCs kommt allerdings ein De-iure-Kombattantenstatus nach Art. 4 A Abs. 1 GA III in der Regel nicht in Betracht. Hierfür müsste nämlich eine formelle Eingliederung in die Streitkräfte durch einen staatlichen Hoheitsakt vorliegen. Aufgrund von Ökonomie- und Effizienzinteressen moderner Streitkräfte werden aber in den meisten Fällen die militäri1

Dazu 2. Kapitel, A. I.

A. Zusammenfassung der Ergebnisse

221

schen und sicherheitsbezogenen Aufgaben nur auf vertraglicher Basis ausgelagert, was in den meisten Staaten für eine Integration in die militärische Kommandound Disziplinarstruktur der Armee jedoch gerade nicht ausreichend ist.2 Im Ergebnis scheidet aber überwiegend auch ein De-facto-Kombattantenstatus nach Art. 4 A Abs. 2 GA III bzw. Art. 43 und 44 ZP I aus, da die verschiedenen gruppenbezogenen Voraussetzungen meist nicht durch das Unternehmen und die Individualbedingungen nicht durch die einzelnen Mitarbeiter kumulativ erfüllt werden. Eine Vielzahl der PMCs/PSCs fallen zunächst schon nicht unter die erforderlichen Personenkategorien von Art. 43 ZP I und Art. 4 A Abs. 2 GA III, da hierfür grundsätzlich die Ausrichtung auf eine unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten gegeben sein muss. Diese Ausrichtung besitzen in der Regel aber nur die Military Provider Firms und die privaten Sicherheitsunternehmen.3 Weiterhin fehlt die erforderliche De-facto-Verbindung zu einer Konfliktpartei in den Fällen, wo das Unternehmen von einer nicht-staatlichen Konfliktpartei engagiert wird.4 Das Merkmal einer „verantwortlichen Führung“ ist ebenfalls problematisch, da es nach überzeugender Ansicht voraussetzt, dass die Mitglieder der PMCs/PSCs entweder der militärischen oder der ordentlichen (Straf-)Gerichtsbarkeit unterliegen. Dies ist jedoch nicht in allen Staaten gewährleistet, zudem kann es Schwierigkeiten aufgrund der unterschiedlichen Nationalitäten der einzelnen Mitarbeiter geben.5 Auch das fundamentale Unterscheidbarkeitskriterium wird nicht immer eingehalten, da die „private contractors“ teilweise zivile Kleidung tragen und sich deshalb nicht ausreichend von der Zivilbevölkerung abheben.6 Die Gesetze und Gebräuche des Krieges dürften sie als Gruppe hingegen einhalten, da sich trotz vereinzelter Verstöße keine generelle Missachtung oder systematische Verletzungen des humanitären Völkerrechts durch PMCs/PSCs empirisch nachweisen lassen.7 Die überwiegende Anzahl der Mitarbeiter von PMC/PSCs nimmt in einem internationalen bewaffneten Konflikt somit den Status eines Zivilisten ein. Wenn die speziellen Voraussetzungen des Art. 4 A Abs. 4 GA III erfüllt sind, dann besitzen sie zwar einen Kriegsgefangenenstatus, sind aber dennoch nicht zu einer unmittelbaren Teilnahme an Feindseligkeiten berechtigt. Die oft erhobenen Vorwürfe, dass die PMC/PSC-Mitarbeiter „Söldner“ seien, sind zumindest bei einer völkerrechtlichen Betrachtung entschieden zurückzuweisen. Die überaus restriktiven Voraussetzungen der Söldnerdefinition nach Art. 47 ZP I werden nur in Ausnahmefällen erfüllt sein, da nahezu jedes Merkmal durch gewisse Maßnahmen „umgangen“ werden kann.8

2 3 4 5 6 7 8

Vgl. 2. Kapitel, A. I. 1. a). 2. Kapitel, A. I. 2. a) aa) (2) (b). Dazu 2. Kapitel, A. I. 2. b) aa) (2). 2. Kapitel, A. I. 2. c). Vgl. 2. Kapitel, A. I. 2. d). Siehe 2. Kapitel, A. I. 2. e). Ausführlich zur Söldnerdefinition des Art. 47 ZP I im 2. Kapitel, A. III.

222

4. Kap.: Abschlussbewertung

Im Rahmen eines nicht-internationalen bewaffneten Konflikts nach Art. 8 Abs. 2 lit. f.) S. 2 ICC-Statut und Art. 1 Abs. 1 ZP II existiert grundsätzlich – entgegen dem traditionellen Völkerrechtsverständnis – ebenfalls der Status eines Kombattanten. Hierfür sprechen vor allem die gravierenden Veränderungen, die das traditionelle Völkerrechtsverständnis durch das Völkerstrafrecht erfahren hat. Der grundlegende Wandel der Staaten hinsichtlich ihrer Haltung zur Anerkennung eines Kombattantenstatus im nicht-internationalen Konflikt hat nun explizit in Art. 8 Abs. 2 lit. e.) ix.) ICC-Statut seinen Ausdruck gefunden.9 Diese weitreichende Erkenntnis wirkt sich allerdings für die Mitarbeiter von PMCs/PSCs meist nur in begrenztem Maße aus, da die Voraussetzungen von Art. 43, 44 ZP I aus den genannten Gründen in der Regel nicht erfüllt werden. Bei den Konflikten im Sinne des gemeinsamen Art. 3 GA existiert hingegen ohnehin kein Kombattantenstatus. Es kann folglich festgehalten werden, dass die PMC/PSC-Angestellten sowohl im internationalen als auch im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt mehrheitlich als Zivilisten zu qualifizieren sind.

II. Der „Sonderdeliktscharakter“ von Kriegsverbrechen In diesem Abschnitt konnte festgestellt werden, dass Kriegsverbrechen einen Sonderdeliktscharakter besitzen, weil bei ihnen der Täterkreis eingeschränkt ist. Eine Auswertung der verschiedenen Quellen des Völker(straf)rechts hat ergeben, dass Zivilpersonen zwar grundsätzlich auch Kriegsverbrechen begehen können, aber nur dann, wenn sie auch eine Verbindung zu einer Konfliktpartei des bewaffneten Konflikts aufweisen. Die Frage einer Einschränkung des Täterkreises wurde erstmals explizit durch die Hauptverfahrenskammer des ICTR im Fall Akayesu aufgeworfen. Nachdem allerdings diese Entscheidung durch die Berufungskammer aufgehoben und eine Täterkreisbegrenzung bei Kriegsverbrechen als „Rechtsirrtum“ qualifiziert wurde, hat dieses Problem weder die Literatur noch die völkerstrafrechtlichen Rechtsprechung weiterhin beschäftigt.10 Eine Auslegung des humanitären Völkerrechts anhand der traditionellen Methoden nach Art. 31 WVK hat aber zu dem Ergebnis geführt, dass in der Tat eine Täterkreiseinschränkung existiert.11 Eine entscheidende Besonderheit bei Kriegsverbrechen gegenüber den anderen Völkerrechtsverbrechen besteht nämlich in ihrer Akzessorietät zum humanitären Völkerrecht, die einer (völligen) Lossagung von fundamentalen völkerrechtlichen Grundsätzen durch das Kriegsvölkerstrafrecht entgegensteht. Sinn und Zweck des humanitären Völkerrechts besteht aber darin, die Kriegsführung der Konfliktparteien zu humanisieren, hingegen nicht das Verhalten einzelner Zivilpersonen. Die Rückkopplung an eine Vertragspar9 Zur Anerkennung eines Kombattantenstatus im nicht-interntionalen bewaffneten Konflikt 2. Kapitel, A. V. 2. 10 Die Darstellung und Analyse der Urteile erfolgt intensiv im 3. Kapitel, A. II. 5. d). 11 Vgl. 3. Kapitel, A. II. 6.

A. Zusammenfassung der Ergebnisse

223

tei ist zudem eine fundamentale Voraussetzung für die Anwendbarkeit der völkerrechtlichen Konventionen, weshalb auch der Täter einen „Konnex“ zu einer Konfliktpartei besitzen muss. Die Einbeziehung von Zivilpersonen in den Kreis der Verpflichteten des Kriegsvölker(straf)rechts stellt schon eine extensive Auslegung der humanitär-rechtlichen Normen dar, weil nach traditionellem Verständnis (zumindest nach der HLKO) primär die Kombattanten an bestimmte Kriegsführungsverbote gebunden werden sollten. Es besteht auch kein Bedürfnis, einen Zivilisten, der ohne Bezug zu den Kriegsparteien an einem bewaffneten Konflikt teilnimmt und gewisse Verbrechenstatbestände verwirklicht, als „Kriegsverbrecher“ zu stigmatisieren. Es fehlt in diesen Fällen insgesamt an einem gesteigerten Unrechtsgehalt der Tat, um sie auf völkerstrafrechtlicher Ebene zu sanktionieren. Die Verbindung des Täters zu einer Konfliktpartei muss folglich sowohl im internationalen, als auch im nicht-internationalen Konflikt existieren. Der „Konnex“ ist evident gegeben, wenn der Täter ein Kombattant oder Staatsträger ist. Im Hinblick auf paramilitärischen Einheiten und Gruppen ist zumindest eine konkludente Zustimmung der Konfliktpartei für das Verhalten der Person oder Personengruppe, die sich nach Außen in irgendeiner Form durch aktives (faktisches) Verhalten manifestiert, ausreichend. Bei einzelnen Zivilpersonen liegt die Verbindung hingegen nur dann vor, wenn die Konfliktpartei den Tatentschluss für die konkrete Einzeltat hervorgerufen, das Verbrechen erst ermöglicht, gefördert oder erleichtert hat. Nach deutscher Strafrechtsdogmatik sind dies somit quasi Fälle einer Anstiftungs- oder Beihilfesituation. Im Hinblick auf die Angehörigen von PMCs/PSCs wirkt sich dieser Sonderdeliktscharakter vor allem dann aus, wenn sie von nicht-staatlichen Akteuren beauftragt werden, die selbst keine Konfliktpartei sind. Dies gilt in der Regel bei einem Engagement durch Splittergruppen, Einzelpersonen oder (Wirtschafts-)Unternehmen.12

III. Verantwortlichkeit nach Art. 8 ICC-Statut Für die Verantwortlichkeit eines PMC/PSC-Angehörigen nach Art. 8 ICC-Statut muss als Fundamentalvoraussetzung zunächst ein bewaffneter Konflikt existieren. Dieser kann sowohl einen internationalen als auch einen nicht-internationalen Charakter besitzen. Die Festlegung der Konfliktart kann sich aber auf die Strafbarkeit des Täters auswirken. Bestimmte Handlungen, vor allem die Kampfmittel bzw. Kampfmethoden nach Haager Recht betreffend, wurden nur im internationalen Konflikt als Kriegsverbrechen tatbestandlich normiert. Nach zutreffender Auslegung werden hingegen in Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut drei verschiedene Intensitätsstufen eines nationalen Konflikts normiert: Die inneren Unruhen und Spannungen nach lit. d.) und lit. f.) S. 1, der nicht-internationale bewaffnete Konflikt nach lit. c.) und letztlich der „langanhal-

12

Hierzu 3. Kapitel, A. II. 7.

224

4. Kap.: Abschlussbewertung

tende“ bewaffnete Konflikt nach lit. f.) S. 2.13 Menschenrechtsverletzungen durch PMC/PSC-Mitarbeiter im Rahmen eines rein internen Konflikts, also bei inneren Unruhen und Spannungen, sind vom Anwendungsbereich des Art. 8 ICC-Statut somit nicht erfasst und können vom Gerichtshof nicht verfolgt werden. Weiterhin muss der Anwendungsbereich des Kriegsvölkerstrafrechts sowohl zeitlich als auch örtlich erfüllt sein.14 Diese Voraussetzung wird aber extensiv verstanden, so dass das humanitäre Völkerrecht grundsätzlich ab Beginn der bewaffneten Auseinandersetzungen bis zu deren Ende durch einen Friedensschluss bzw. bei nicht-internationalen Konflikten bis zur friedlichen Beilegung des Konflikts in dem gesamten Gebiet gilt, unabhängig davon, ob tatsächlich überall Kampfhandlungen vorgenommen werden. Zudem muss auch ein funktioneller Zusammenhang der Einzeltat mit dem bewaffneten Konflikt existieren.15 Die genauen Umstände, die zur Erfüllung dieses Merkmals existieren müssen, sind in der Rechtsprechung und der Wissenschaft noch nicht abschließend geklärt. Der bewaffnete Konflikt muss für den Täter jedenfalls eine entscheidende Rolle für die Tat als solche spielen, für die Fähigkeit zur Tatbegehung oder für die Art und Weise in der die Tat letztlich begangen wurde. Zudem hat eine Auslegung ergeben, dass auch nach Art. 8 ICC-Statut der Täter eine Verbindung zu einer Konfliktpartei besitzen muss. Die Kriegsverbrechen besitzen folglich nach dem Römischen Statut ebenfalls einen Sonderdeliktscharakter, da der Täterkreis eingeschränkt ist.16 Diese (übergreifenden) Voraussetzungen stehen aber grundsätzlich nicht einer Erfassung der typischen Fälle einer Auslagerung von Objekt- und Personenschutz an private Dienstleister entgegen. Kriegsverbrechen in Gefängnissen oder Kasernen durch Sicherheitspersonal (vgl. Abu Ghraib)17, werden jedenfalls unproblematisch auch im Rahmen eines Besatzungsregimes, wie es z. B. im Irak der Fall war, erfasst. Gleiches gilt auch für die Übergriffe auf Zivilisten durch private Sicherheitsmitarbeiter (Blackwater-Affäre)18. Dies gilt sowohl für einen internationalen als auch für einen nicht-internationalen bewaffneten Konflikt (aktuell Afghanistan und Irak). Die bisher publik gewordenen Menschenrechtsverletzungen durch Mitarbeiter von PMCs/PSCs unterfallen zahlreichen Kriegsverbrechenstatbeständen nach Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut und könnten daher grundsätzlich – die Zuständigkeit vorausgesetzt – (auch) durch den ICC sanktioniert werden.19

13 Ausführlich zu den unterschiedlichen Anwendungsschwellen des nicht-internationalen bewaffneten Konflikts nach Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut im 3. Kapitel, A. III. 1. a) bb). 14 Hierzu 3. Kapitel, A. III. 1. b). 15 3. Kapitel, A. III. 1. d) bb). 16 3. Kapitel, A. III. 1. d) aa). 17 Ausführlich zu diesem Vorfall 3. Kapitel, A. III. 2. b). 18 Zur Blackwater-Affäre und der Tötung von Zivilpersonen als Kriegsverbrechen 3. Kapitel, A. III. 2. c). 19 Insgesamt zu den Beispielsfällen aus der Praxis im 3. Kapitel, A. III. 2.

A. Zusammenfassung der Ergebnisse

225

Neben den genannten objektiven Voraussetzungen muss der Täter aber auch eine innere Tatseite aufweisen.20 Die maßgebliche Vorschrift hierfür ist Art. 30 ICC-Statut, die zumindest ein wissentliches und willentliches Handeln des Täters voraussetzt, dolus eventualis hingegen nicht erfasst. Durch die „Öffnungsklausel“ des Art. 30 Abs. 1 HS. 1 ICC-Statut können die einzelnen Kriegsverbrechenstatbestände nach Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut aber höhere oder niedrigere Vorsatzerfordernisse enthalten. Bei der Tötung von Zivilisten durch private Sicherheitskräfte nach Art. 8 Abs. 2 lit. a.) i.) ICC-Statut ist beispielsweise recklessness ausreichend, so dass der Täter (nur) unter leichtfertiger Missachtung des menschlichen Lebens gehandelt haben muss.

IV. Haftung der Geschäftsführung nach Art. 28 ICC-Statut Ein spezielles Problem der Untersuchung betraf die Verantwortlichkeit der Geschäftsführer von PMCs/PSCs für Kriegsverbrechen, die von ihren Mitarbeitern begangen wurden.21 Die Ausführungen hierzu haben gezeigt, dass sie nicht als militärische Vorgesetzte zu qualifizieren sind, sondern als „nicht-militärische“ nach Art. 28 lit. b.) ICC-Statut. Ihre Haftung hängt demnach entscheidend von der Frage ab, ob tatsächlich ein entsprechendes Vorgesetzten-Untergebenen-Verhältnisses zwischen dem Geschäftsführer und seinen Mitarbeitern existiert. Unter teleologischen Gesichtspunkten muss dahingehend aber eine restriktive Auslegung vorgenommen werden, da nicht jeder beliebige Arbeitsgeber als ziviler Vorgesetzter im Sinne der Norm angesehen werden kann.22 Zu fordern ist insoweit, dass von der zivilen Organisation bzw. dem Unternehmen ein gewisses Gefährdungspotential für völkerstrafrechtlich geschützte Rechtsgüter ausgeht. Diese Voraussetzung wird von PMCs/PSCs jedoch unproblematisch erfüllt, zumindest von solchen, die Unterstützungsleistungen in einem bewaffneten Konflikt erbringen. Weiterhin muss die Intensität der Führungsgewalt und Kontrolle innerhalb eines Unternehmens oder einer zivilen Organisation zumindest vergleichbar zu den Streitkräften im Sinne von Art. 43 ZP I sein. Bei PMCs/PSCs kann von einer hierarchischen Organisationsstruktur ausgegangen werden, da diese für ihr Aufgabenspektrum in einem bewaffneten Konflikt unerlässlich ist. Dies wird auch dadurch belegt, dass sich der Angestelltenkreis überwiegend aus Ex-Militärs zusammensetzt und diese deshalb militär-ähnliche Kommandostrukturen gewohnt sind. Weiterhin sind die Unternehmen insgesamt hierarchisch strukturiert, um in den bewaffneten Konflikten überhaupt effizient arbeiten zu können. Der Geschäftsführer besitzt insoweit eine tatsächliche Führungsgewalt und Kontrolle über die Angestellten, da er über den Arbeitsvertrag einen gewissen Druck ausüben kann. Ihm stehen Sanktionsmechanismen wie Abmahnungen, Vertragsstrafen oder letztlich eine Ent20 21 22

Hierzu 3. Kapitel, A. III. 1. e). Vgl. 3. Kapitel, C. Dazu 3. Kapitel, C. I. 2. b).

226

4. Kap.: Abschlussbewertung

lassung des Mitarbeiters zur Verfügung. Bei bevorstehenden Kriegsverbrechen kann der Geschäftsführer zur Verbrechensverhinderung zumindest die verdächtigen Mitarbeiter aus dem Konfliktgebiet zurückziehen und gegebenenfalls den Vertrag kündigen. Auf repressiver Seite kann er hingegen verdächtige Fälle den zuständigen Behörden vorlegen, wie es nach Art. 28 lit. b.) iii.) ICC-Statut von ihm erwartet wird. Die Geschäftsführer besitzen insofern tatsächlich die entscheidende Fähigkeit Völkerrechtsverbrechen zu verhindern oder zu bestrafen.23 Ein größeres Problem in der Praxis dürfte der Nachweis der subjektiven Tatseite spielen und dahingehend die Auslegung des „neuen“ subjektiven Erfordernisses nach Art. 28 lit. b.) i.) Alt. 2 ICC-Statut.24 Der Nachweis eines Verstoßes gegen die „Vorlagepflicht“ der Angelegenheit an die zuständigen Behörden nach Art. 28 lit. b.) iii.) ICC-Statut als repressive Maßnahme und der diesbezügliche Vorsatz lassen sich sicherlich leichter führen und werden damit für die Praxis von gesteigerter Bedeutung sein.

B. Bewertung Seit Ende des Kalten Krieges hat mit der Privatisierung von bewaffneten Konflikten in Form des outsourcing militärischer und sicherheitsbezogener Tätigkeiten eine neue Ära begonnen. Diese Entwicklung stellt zwar zunehmend das staatliche Gewaltmonopol in Frage, aber sie ist wohl nicht mehr aufzuhalten, da sich dieser riesige Markt für Militärdienstleistungen schon längst fest etabliert hat.25 Die steigende Beteiligung privater Akteure in bewaffnete Auseinandersetzungen und die damit einhergehende Verstrickung in Menschenrechtsverletzungen ist nur eine logische Konsequenz dieses Prozesses. Trotz der vielschichtigen, unterschiedlichen gesellschaftlichen, politischen und rechtlichen Auswirkungen dieser Veränderung hat sich die vorliegende Untersuchung nur einem Teilaspekt auf völkerstrafrechtlicher Ebene gewidmet, nämlich der Verantwortlichkeit nach Art. 8 ICC-Statut. Die Mitarbeiter privater Militär- und Sicherheitsunternehmen umgibt ein gewisses Mysterium, das maßgeblich durch die vielen Gerüchte um ihre Straflosigkeit und die angebliche „Grauzone“, in der sie sich bewegen sollen, genährt wird. Die Untersuchung konnte allerdings aufzeigen, dass grundsätzlich zumindest das existierende völkerstrafrechtliche Regelungsregime ausreichend ist, um Kriegsverbrechen durch PMC/PSC-Angehörige angemessen zu sanktionieren.26 Die These, dass es sich um Akteure in einer völker(straf)rechtlichen Grauzone handele, die auch nicht an das Kriegsvölkerrecht gebunden seien, konnte insofern eindeutig widerlegt werden. Problematisch ist zwar, dass sie überwiegend einen zivilen Status einneh23

Siehe nur 3. Kapitel, C. I. 2. b) bb) sowie C. II. 3. a). Hierzu 3. Kapitel, C. IV. 2. 25 Zu den Gründen näher im 2. Kapitel, A. I. 1. a). 26 Die Probleme einer Strafverfolgung auf nationaler Ebene werden in der Arbeit nur angerissen, da sie grundsätzlich außerhalb des Untersuchungsgegenstandes liegen. 24

B. Bewertung

227

men, aber dennoch häufig Waffen tragen und in bewaffnete Auseinandersetzungen involviert sind. Dieses Verhalten widerspricht nämlich offensichtlich der statusrechtlichen Systematik des humanitären Völkerrechts. Für eine Verantwortlichkeit nach Art. 8 ICC-Statut hat dies aber nur beschränkte Auswirkungen. Die PMC/PSC-Angehörigen bleiben jedenfalls grundsätzlich auch als Zivilpersonen an die in Art. 8 Abs. 2 ICC-Statut aufgeführten und weitgehend völkergewohnheitsrechtlich anerkannten Kriegsverbrechenstatbestände gebunden. Der erörterte Sonderdeliktscharakter von Kriegsverbrechen kann aber bei „private contractors“ insoweit von besonderer Relevanz sein, dass eine völkerstrafrechtliche Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen jedenfalls dann ausscheidet, wenn sie keine Verbindung zu einer Konfliktpartei aufweisen. Es kommt allerdings nicht selten vor, dass PMC/PSC-Mitarbeiter auch von Einzelpersonen oder Unternehmen engagiert werden, wodurch in der Regel der erforderliche link gerade nicht gegeben ist und damit ihr Verhalten nicht nach Art. 8 ICC-Statut sanktioniert werden kann. Dies ist allerdings nicht als „Strafbarkeitslücke“ zu werten, sondern die Strafverfolgung dieser Täter obliegt in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des humanitären Völkerrechts der nationalen Rechtsordnung. Die erhöhte Präsenz von solchen privaten Akteuren in bewaffneten Konflikten stellt insofern (nur) eine größere Belastung der jeweils zuständigen nationalen Strafverfolgungsbehörde dar, die sich dann mit eventuell begangenen Menschenrechtsverletzungen auseinanderzusetzen hat. Die Forderungen nach einer Regulierung bzw. Überwachung von PMCs/PSCs, sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene, sind grundsätzlich nachvollziehbar. Maßnahmen etwa in Form von (staatlichen) Lizenzierungsverfahren sowie die Etablierung von nationalen sowie internationalen Aufsichtsmechanismen für diese Akteure sind sicherlich als sinnvoll zu erachten.27 Sie würden zusätzlich präventive Wirkung entfalten und die Wahrscheinlichkeit einer Begehung von Völkerrechtsverbrechen verringern und hätten damit auch Synergieeffekte. Aus (materiell) völkerstrafrechtlicher Sicht sind hingegen spezifische Veränderungen in Bezug auf die individuelle Verantwortlichkeit der Mitarbeiter von PMCs/PSCs nicht erforderlich. Auch die Normierung einer Unternehmensstrafbarkeit unterliegt, trotz ihrer erheblichen Vorteile für die Praxis, massiven Bedenken einiger Staaten. Ein dahingehender Konsens ist deshalb nicht zu erwarten. Die Aufnahme eines Verbotstatbestandes für den Einsatz von PMCs/PSCs in das ICC-Statut kann nur als „praxisfern“ bezeichnet werden, da die meisten Staaten ohne den Rückgriff auf diese privaten Dienstleister ihren militärischen Verpflichtungen kaum noch nachkommen können. Die Zustimmung der Staaten für ein solches Vorhaben dürfte insofern ebenfalls utopisch sein. Begrüßenswert wäre jedoch, wenn der ICC die Vorgesetztenverantwortlichkeit nach Art. 28 ICC-Statut den obigen Ausführungen entsprechend auf die Geschäfts-

27 Vgl. zu den verschiedenen Regulierungsmöglichkeiten auf nationaler sowie internationaler Ebene nur Birke, S. 142 ff.; Döring, S. 139 ff.; Schaller, SWP 2005, S. 19 ff.; vgl. auch den Entwurf von Todd Milliard: „ International Convention to Prevent the Unlawful Transfer of Military Services to Foreign Armed Forces”, ders., MLR 176 (2003), 1, 87 ff.

228

4. Kap.: Abschlussbewertung

führung von PMCs/PSCs anwendet, um damit eine weitere Disziplinierungswirkung, angefangen bei der „obersten Etage“ des Unternehmens, zu erreichen. Abseits der materiell-rechtlichen Seite existieren jedoch prozessuale Schwierigkeiten, die zumeist für die faktische Straflosigkeit der PMC/PSC-Angehörigen verantwortlich sind. Nach dem Komplementaritätsprinzip obliegt die primäre Ahndungskompetenz der Völkerrechtsverbrechen nämlich den (Vertrags-)Staaten, vgl. Art. 17 ICC-Statut.28 Die Jurisdiktion des Gerichtshofs über Kriegsverbrechen von PMC/PSC-Angestellten ist insofern nur dann gegeben, wenn der zuständige Staat nicht willens oder fähig ist, eine adäquate Strafverfolgung durchzuführen. Sowohl die Vergangenheit als auch die gegenwärtige Situation zeigt aber, dass diese indirekte Durchsetzung des Völkerstrafrechts auf nationaler Ebene entweder gar nicht oder nicht in ausreichender Form geschieht. Hierfür sind neben den angesprochenen Zuständigkeitsproblemen, Beweisschwierigkeiten und Kostengründen auch politische Motive verantwortlich.29 Letztlich macht diese De-facto-Immunität die PMCs/ PSCs als Handlungsinstrument in bewaffneten Konflikten nur noch effektiver und interessanter für die auftraggebenden Staaten. Dies belegen auch die De-iure-Amnestien, die für die Mitarbeiter im Irak und in Afghanistan gewährt werden. Die diskutierten Beispielsfälle aus der Praxis zeigen aber, dass das Verhalten der PMC/PSCMitarbeiter eine effektive Ahndung von Verletzungen des humanitären Völkerrechts erforderlich macht. Trotz der bedenklichen Entwicklung bezüglich der Strafverfolgung auf nationaler Ebene hat aber auch vor dem ICC bisher noch kein Prozess gegen einen „private contractor“ stattgefunden. Dieser Form des Protektionismus muss der Gerichtshof zum Schutz der Menschenrechte jedenfalls Einhalt gebieten. Schwer wiegt in diesem Zusammenhang allerdings auch die bisher abweisende Haltung der USA, als einer der größten Auftraggeber und Sitzstaat vieler Unternehmen, gegenüber dem Gerichtshof. Aufgrund der bis jetzt propagierten Ablehnungspolitik fehlt es insofern an einer übergeordneten (transnationalen) Instanz, die gerade den beschriebenen Druck auf die amerikanischen Strafverfolgungsbehörden erzeugt. Viele Kriegsverbrechen durch amerikanische Staatsangehörige können insoweit nicht vom ICC verfolgt werden, selbst wenn die Justiz (scheinbar) nicht gewillt ist, eine ordnungsgemäße Strafverfolgung durchzuführen. Letztlich muss aber trotz der beschriebenen Vorfälle festgehalten werden, dass Menschenrechtsverletzungen in bewaffneten Konflikten keine Domäne von „private contractors“ sind, sondern natürlich auch reguläre Soldaten, trotz intensiver Schulungs- und Disziplinarsysteme, Kriegsverbrechen begehen. Der entscheidende Unterschied liegt aber in der effektiven Sanktionierung dieser Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht. Während sich die Mitglieder der Streitkräfte zumeist nach dem Militärrecht auf nationaler, aber auch auf völkerstrafrechtlicher Ebene verantworten müssen, genießen die PMC/PSC-Angehörigen weitgehend eine (faktische) Straffreiheit. 28 29

Hierzu ausführlich 3. Kapitel, A. III. 3. b). Vgl. 2. Kapitel, A. I. 2. c) bb).

B. Bewertung

229

Dass dieser unerträgliche Zustand der Impunität bestimmter Völkerstraftäter auch den Absichtsbekundungen der Staaten widerspricht, zeigt ein Blick in die Präambel des ICC-Statuts: „DIE VERTRAGSSTAATEN DIESES STATUTS – …ENTSCHLOSSEN, der Straflosigkeit der Täter ein Ende zu setzen und so zur Verhütung solcher Verbrechen beizutragen, …“

Der Gerichtshof ist insoweit aufgefordert diesen Worten nun auch die entsprechenden Taten folgen zu lassen, das Mysterium der Straflosigkeit von PMCs/PSCs-Angehörigen zu beseitigen und damit eine Signalwirkung auf nationaler Ebene zu erreichen. Hierdurch würde der anscheinend erforderliche Druck auf die nationale Justiz erhöht und damit die effektive (indirekte) Durchsetzung der Normen des humanitären Völkerrechts umfassend gewährleistet.

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Personen- und Sachwortverzeichnis Abu Ghraib 30, 159, 165, 170 – 178, 189 – 190, 195, 201, 224 Ad-hoc-Tribunale 97, 107, 108, 115, 117, 118, 134, 145, 164, 172, 187, 200, 202, 213, 215, 216, 217, 218 Afghanistan 20 – 21, 23, 28, 46, 64, 66, 69 – 70, 84, 100, 102 – 104, 181 – 182, 187, 189, 193 – 195, 218, 224, 228 Akayesu 89, 90, 96, 113, 117, 118, 129, 130 – 134, 135, 136, 138, 139, 141, 145, 148, 155, 157, 158, 161, 164, 172, 176, 202, 222 Aleksovski 49, 164, 199, 203 – 204 Amnestien 193 – 195, 228 Auslegung 25, 34 – 35, 40 – 41, 43 – 44, 47 – 48, 51, 57 – 59, 61 – 63, 68 – 69, 71 – 72, 75, 98 – 99, 110, 115, 118, 130, 132, 135, 137 – 142, 144, 150, 153 – 154, 156 – 157, 160 – 161, 163, 169, 172, 191 – 192, 195, 201, 203, 205, 208, 210, 216, 222 – 226 Bagilishema 132, 199, 202, 204, 208, 216, 218 Begehungszusammenhang 117, 133, 141, 159, 164 – 165 Bemba 91, 99, 148 – 149, 156 – 157, 160 – 161, 164, 167, 173, 182, 200 – 201, 206, 208 – 211, 213 – 217 Besatzungsregime 159 – 159, 172, 177, 179, 224 bewaffneter Konflikt 147 – 149 – internationaler 84, 149 – 151, 172, 177, 179, 183 – nicht-internationaler 83 – 91, 149, 151 – 157, 177, 181, 184 Bewaffnung 46 – 54, 148 Blackwater-Skandal 165, 178, 195 Blasˇkic´ 57, 73, 117, 128, 148, 161, 164 – 165, 168, 174, 199, 208, 213, 216, 218 Bremer 28, 193

Delalic 85 Direktionsbefugnis 204, 209 Flick 121, 123, 202 Furundzˇija 128, 173, 175 – 176 Galic’ 112, 168, 181, 218 Gegenmaßnahmen 198, 207 – 209, 213 Grauzone 23, 33, 48, 50, 105, 195, 226 had reason to know 215 – 216 Hadzihasanovic’ 198 – 199, 209 – 212, 216, 218 Halilovic 128, 164, 180 – 181, 198 – 200, 208, 212, 216 Haradinaj 128, 164, 173, 176, 180 Heyer 122, 124 – 125 Hirota 126 ICTR (Ruanda) 111, 113, 115, 129 – 130, 132 – 137, 141 – 142, 145 – 146, 155, 182, 202, 207, 215, 222 ICTY (Jugoslawien) 29, 57 – 60, 88, 108, 111, 127 – 130, 132, 135, 141, 145 – 146, 148 – 149, 155, 160, 175, 180, 182, 215 – 217 IG-Farben 121 Immunität 24, 32 – 33, 65, 95, 106, 152, 190, 193 – 194, 228 Internationaler Gerichtshof (ICJ) 57 – 58, 88, 104, 108, 117 Internationaler Strafgerichtshof (ICC) 24, 91, 107 – 109, 118, 129, 141, 144 – 145, 148 – 150, 152, 156 – 157, 159 – 162, 164, 166 – 167, 173, 176, 180, 185 – 188, 190 – 193, 195, 200 – 201, 206, 208 – 211, 213 – 217, 224, 227 – 229 Irak 20 – 23, 28 – 29, 39, 46, 60, 64, 66, 70, 115, 169 – 172, 177 – 181, 187, 189 – 191, 193 – 195, 218, 224, 228 Jurisdiktion 62 – 64, 145, 161 – 162, 185 – 195

Personen- und Sachwortverzeichnis Kajelijeli 200, 202, 204, 208, 216 Kamuhanda 132, 200 Katanga&Chui 118, 157, 164, 166 – 167, 173, 176, 180 Kayishema&Ruzindana 131, 133, 142, 164, 208, 216 Kombattantenstatus – de iure 35 – 44, 220 – de facto 45 – 72, 221 – nicht-internationaler Konflikt 92 – 102 Komplementaritätsgrundsatz 187 – 192 Kony 118 Kordic’& Cˇerkez 57, 128, 175, 215 – 216 Kriegsvölkerstrafrecht 92, 112, 113, 135, 147, 149, 151, 158, 168, 172, 222, 224 Krupp 120, 121, 123 Kunarac 128 – 129, 158, 164, 173, 176 Lubanga 58, 118, 129, 141, 148 – 150, 156 – 157, 159, 164, 166 – 167, 191 Mamoru 126 Milutinovic’ 164, 199, 208, 213, 216 Mucic’ 49, 119, 128, 152, 164, 168, 172 – 173, 175, 177, 180, 198 – 200, 202 – 204, 206, 208, 213, 216 – 218 Musema 96, 118, 131, 133, 141, 164, 180, 199, 202 Muvunyi 199 Nahimana 200, 204 – 205 Naletilic’&Martinovic’ 174, 180, 200, 202 Nisour Platz 22, 178, 189, 190 Niyonteze 115, 134, 139 Ntagerura 164, 200, 208, 216, 218 Nürnberg 106 – 108, 113, 115, 117 – 120, 123, 126 – 127, 134, 137 – 138, 141, 202 Oric’ 210 – 211

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Semanza 132, 200, 204, 208, 216 should have known 215, 216 – 217 Söldner 19 – 23, 26, 49, 70, 76 – 81, 83, 93, 221 Sonderdeliktscharakter 25, 112 – 144, 161, 162, 222 – 223, 224, 227 Stakic’ 118 – 119 Streitkräfte 33 – 76, 80, 84, 87, 89 – 90, 92, 95 – 96, 101, 103 – 105, 113, 115 – 116, 122, 124 – 127, 130 – 131, 135 – 137, 142, 152, 158, 165, 170, 199, 200 – 204, 209 – 210, 220, 225, 228 Strugar 145, 199, 218 Tadic’ 32, 42, 51, 57, 59, 88, 92, 94 – 95, 97, 100, 104, 111 – 112, 127 – 129, 141, 145 – 146, 148 – 149, 150, 154 – 155, 157 – 158, 161, 164 – 165, 170, 179 – 180, 183 – 184 Täterkreis 24, 110, 113 – 119, 122 – 123, 127 – 144, 161 – 163, 173, 195, 222, 224 tatsächliche Kontrolle (effective control) 57, 199, 202 Tesch 122 Tokio 107 – 108, 115, 118, 126 – 127, 130, 134, 164 Verbindung zu einer Konfliktpartei 42, 45, 56, 114, 123, 125, 128, 130 – 134, 137 – 139, 141 – 144, 161 – 163, 195, 221 – 222, 224, 227 Völkerstrafgesetzbuch (zitiert als VStGB) 64, 100, 116, 145, 160, 166, 181, 197, 198 Völkerstrafrecht 100, 106, 107, 108, 109, 110 – 115, 117, 118, 121, 125, 126, 127, 135, 138, 139, 141, 146, 147, 151, 197, 228 Vorgesetztenstellung 198 – 206, 210 – 211 Vorgesetztenverantwortlichkeit 62, 64, 126, 134, 144, 196 – 219, 225 – 226, 227 Vorsatz (Art. 30 ICC-Statut) 165 – 169, 172, 181 – 182, 191, 225 – 226

Perfidie 67, 183 – 184 Röchling 122 Rutaganda 131, 133, 148, 155, 157, 164

Zuständigkeit 46 – 47, 65, 111, 129, 160 – 161, 166, 185 – 187, 189, 191, 195, 211, 224, 228