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German Pages 173 Year 1967
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 67
Die Rechtsstellung der wissenschaftlichen Bibliotheken Zugleich ein Beitrag zum Anstaltsrecht
Von Andreas Nitze
Duncker & Humblot · Berlin
ANDREAS
NITZE
D i e Rechtsstellung der wissenschaftlichen Bibliotheken
Schriften
zum öffentlichen Band 67
Recht
Die Rechtsstellung der wissenschaftlichen Bibliotheken
Zugleich ein Beitrag zum Anstaltsrecht
Von Dr. A n d r e a s N i t z e
D U N C K E R
&
H U M B L O T
/
B E R L I N
Alle Rechte vorbehalten © 1967 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1967 bei Alb. Sayffaerth, Berlin 61 Printed in Germany D β
Inhaltsverzeichnis Erster
Teil
Die Rechtsformen der wissenschaftlichen Bibliotheken § 1. Vorbemerkung 1. Kapitel: Die wissenschaftliche
15 Literatursammlung
als Organisation
..
17
§ 2. Betrieb und Unternehmen
17
§ 3. Die Funktionssubjekte
19
§ 4. Die Organe
20
§ 5. Die Beziehungen von Funktionssubjekten und Organen untereinander a) Der Organisationsbegriff
25 25
b) Anwendung des Organisationsbegriffs Literatursammlungen
auf wissenschaftliche 30
§ 6. Begriff der wissenschaftlichen Bibliothek
31
a) Begriff der Bibliothek
31
b) Wissenschaftlichkeit
31
2. Kapitel:
Die wissenschaftlichen
Bibliotheken
und ihre Träger
33
§ 7. Begriff und Bedeutung der Trägerschaft
33
§ 8. Die öffentliche Hand als Bibliotheksträger
34
§ 9. Die öffentlichen Aufgaben der wissenschaftlichen Bibliotheken
35
§ 10. Die Typen wissenschaftlicher Bibliotheken
36
a) Die wissenschaftliche Stadtbibliothek
38
b) Die wissenschaftliche Staatsbibliothek
39
c) Die Hochschulbibliothek
39
d) Mischformen
40
e) Wissenschaftliche Spezialbibliotheken
41
f) Zusammenfassung
42
3. Kapitel: Rechts
Die wissenschaftliche
Bibliothek
als Anstalt des öffentlichen 43
6
Inhaltsverzeichnis §11. Die Zugehörigkeit der wissenschaftlichen Bibliothek zu den Organisationstypen des öffentlichen Rechts
43
a) Die Rechtsgestaltung durch den Träger
44
b) Ausscheidung privatrechtlicher Organisationsformen
47
§12. Der Anstaltsbegriff
49
a) Abgrenzung zur Körperschaft
51
b) Funktionaler und organisationsrechtlicher Anstaltsbegriff aa) Kritik der Ansichten von Forsthoff
und Jecht
bb) Der „betriebsfreie" Anstaltsbegriff bei Wolff
52 52 54
c) Eigene Begriffsbestimmung
56
§13. Die Organisationisform der wissenschaftlichen Bibliotheken a) Die älteren Auffassungen in der bibliotheksrechtlichen Literatur
58 58
b) Anstaltsbegriff und wissenschaftliche Bibliothek
60
c) Exkurs: Die Deutsche Bibliothek in Frankfurt
62
aa) Entstehungsgeschichte
62
bb) Rechtsgestalt
64
§ 14. Der Anstaltstyp der wissenschaftlichen Bibliothek
68
4. Kapitel : Die Rechtsbeziehungen zwischen Bibliothek und Träger
69
§ 15. Die Stellung innerhalb des Systems öffentlicher Verwaltung
69
§ 16. Aufsicht
70
§17. Die Bediensteten der Bibliotheken
74
Zweiter Teil Die Rechtsverhältnisse zwischen den wissenschaftlichen Bibliotheken und ihren Benutzern 1. Kapitel:
Das Benutzungsverhältnis
77
§18. Vorbemerkung
77
§ 19. Begriff und Wesen des Benutzungsverhältnisses
78
a) Der Begriff des Benutzungsverhältnisses und die Benutzungsordnungen
78
b) Die Rechtsgrundlagen
79
aa) Anstaltsgewalt hältnis
und
verwaltungsrechtliches
Sonderver80
bb) Gesetzliche Grundlagen
84
cc) Gewohnheitsrecht
85
Inhaltsverzeichnis §20. Beginn und Beendigung des Benutzungsverhältnisses
87
a) Zulassung aa) Voraussetzungen bb) Die Entscheidung über den Zulassungsantrag cc) Rechtsfolgen und Rechtsmittel
87 87 91 92
b) Beendigung aa) Entlassung bb) Zeitablauf cc) Ausschluß
95 96 96 97
§ 21. Die Anstaltsgewalt a) Vorbemerkung b) Die Anstaltsgewalt innerhalb des Bibliotheksgebäudes aa) Das Hausrecht bb) Sonstige Schutzrechte cc) Die Durchsetzung der Schutzrechte c) Anstaltsgewalt außerhalb des Gebäudes aa) Die öffentlichrechtlichen Geldforderungen bb) Rückforderung von Bibliotheksbüchern 2. Kapitel : Das Leistungsverhältnis §22. Begriff und Wesen a) Abgrenzung zum Benutzungsverhältnis
98 99 102 102 105 106 108 108 109 113 113 113
b) Die Unterscheidung von privatem und öffentlichem Recht .. 114 §23. Die anstaltlich gewährten Leistungen a) Die Benutzung außerhalb des Gebäudes
115 116
b) Die Benutzung innerhalb des Gebäudes
121
c) Die Fernleihe
123
d) Die Bibliotheksfotokopie
126
e) Die bibliothekarische Auskunft und die Katalogbenutzung .. 128 § 24. Die Leistungspflichten der Benutzer a) Die Geldleistungen aa) Die Benutzungsgebühren bb) Die Mahngebühren cc) Die Bandgebühren b) Die bibliothekarischen Sicherungsrechte aa) Die Bibliotheksbürgschaft bb) Stellung einer Kaution § 25. Zusammenfassung 3. Kapitel: Das Streitverfahren
130 130 132 133 134 135 136 138 139 141
8
Inhaltsverzeichnis Dritter Teil Die Rechtsnatur des Bibliotheksbuches
1. Kapitel:
Die öffentlichrechtliche
Zuordnung
des Bibliotheksbuches
.. 145
§ 26. Das Bibliotheksbuch als öffentliche Sache
145
§27. Beschaffung
147
a) Privatrechtliche Beschaffung
147
b) Pflichtexemplare und beschlagnahmte Schriften
148
c) Freiexemplare und Vorlegungspflicht
149
d) Verwaltungsverschiebung und verwaltungsrechtliche Verträge 156 § 28. Entstehung und Ende der öffentlichen Sacheigenschaft a) Widmung b) Entwidmung und Untergang
156 156 159
c) Einfluß privatrechtlicher Zuordnungsverschiebungen auf die öffentliche Sacheigenschaft 159 2. Kapitel: Die privatrechtliche
Zuordnung des Bibliotheksbuches
161
§29. Das Eigentum an Bibliotheksbüchern
161
a) Zum Begriff des Eigentums
161
b) Die Eigentümer
162
§30. Die Zweckbindung
163
a) Veräußerungsbeschränkungen b) Auswirkungen der Zweckbindung Verfügungsmacht der Träger
Literaturverzeichnis
163 auf
die
privatrechtliche 164
167
Abkürzungen Ausführungsanweisung anderer Ansicht Amtsblatt Amtsblatt des nordrhein-westfälischen Kultusministeriums, zit. nach Jahr und Seite Amtsgericht Aktiengesletz vom 6. September 1965 (BGBl I S. 1089) Reichsabgabenordnung von 1919 in der Fassung vom 22. 5. 1931 (RGBl I S. 161) Archiv des öffentlichen Rechts (zit. nach Band und Seite) Amtliche Sammlung von Entscheidungen des davor genannten Gerichts (zit. nach Band und Seite) Aktenzeichen bayerisch Bereinigte Sammlung der Verwaltungsvorschriften des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus. Band 1, München 1958. Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern vom 25.1. 1952 (bereinigtes GVB1 1958 S. 100) Verfassung des Freistaates Bayern vom 2.12.1946 in der gegenwärtig geltenden Fassung Verfassungsgerichtshof für den Freistaat Bayern Gesetz über die Deutsche Bundesbank vom 26.7.1957 (BGBl. I S. 745) Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. Frankfurter Ausgabe, (zit. nach Jahr und Seite) Bezirks Verwaltungsgericht Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. 8.1896 in der gegenwärtig geltenden Fassung Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen, herausgegeben von den Mitgliedern des Bundesgerichtshofes und der Bundesanwaltschaft (zit. nach Band und Seite) Benutzungs- und Gebührenordnung Benutzungs- und Gebührenordnung der Stadt Dortmund für die Stadt- und Landesbibliothek nebst Gebührentarif vom 27. 5.1963 (Bekanntmachungen. Amtliches Organ der Stadt Dortmund. 19. Jahrgang, Nr. 30 vom 26. 7.1963, S. 5 f.)
to Β GO Düsseldorf
BO BOUStBKöln
BO UB Münster
BRRG
BT-GeschO BVerfGE
BVwG BVwGE
bw. bwGO bwLVG DB DJZ DÖV DVB1 Empfehlungen
Fn. GBl GenG
GG GmbHG
GVB1 GVG
Abkürzungen = Benutzungs- und Gebührenordnung für die Landesund Stadtbibiliothek Düsseldorf vom 12.2.1957 nebst Gebührentarif, vom Regierungspräsidenten in Düsseldorf genehmigt am 25.10.1957 (Düsseldorfer Amtsblatt Nr. 52 vom 30.12.1957) = Benutzungsordnung = Benutzungsordnung der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, vom Kultusminister des Landes NordrheinWestfalen genehmigt am 24.10.1955 = Benutzungsordnung der Universitätsbibliothek Münster (Westf.) vom 9. 3.1956, vom Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen genehmigt am 13.3.1956 (I U 146—01 Nr. 2907/56) = Rahmengesetz zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts (Beamtenrechtsrahmengesetz) vom 1. 7.1957 in der Fassung vom 1.10.1961 (BGBl I S. 1835) = Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vom 6.12.1951 = Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Herausgegeben von den Mitgliedern des Bundesverfassungsgerichts (zit. nach Band und Seite) = Bundesverwaltungsgericht = Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts. Herausgegeben von den Mitgliedern des Gerichts (zit. nach Band und Seite) = baden-württembergisch = Gemeindeordnung für Baden-Württemberg vom 25. 7. 1955 (GBl S. 129) = (baden-württembergisches) Landesverwaltungsgesetz vom 7.11. 1955 (GBl S. 225) = Deutsche Bibliothek in Frankfurt (M.) = Deutsche Juristen-Zeitung (zit. nach Jahr und Seite) = Die öffentliche Verwaltung (zit. nach Jahr und Seite) = Deutsches Verwaltungsblatt (zit. nach Jahr und Seite) = Empfehlungen des Wissenschaftsrates zum Ausbau der wissenschaftlichen Einrichtungen. 2. Band: Wissenschaftliche Bibliotheken. Tübingen 1964 = Fußnote = Gesetzblatt = Gesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 1.5.1889 in der gegenwärtigen Fassung = Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. 5.1949 in der gegenwärtig geltenden Fassung = Gesetz, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung vom 20.4.1892 in der gegenwärtig geltenden Fassung = Gesetz- und Verordnungsblatt = Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. 1.1877 in der gegenwärtig geltenden Fassung
Abkürzungen hbg. heGO heStaatsanz HGB HKWP
i.d.F. i.e.S. i.w.S. KM LG LPrG LStB LVO MittBl ModE NDR Nds., nds. ndsGO ndsVerf NJW NW, nw nwGO
nwLOG nwVerf nwVwVG
OVG prGS
= hamburgisch = Hessische Gemeindeordnung in der Fassung vom 1.7. 1960 (GVB1 S. 103) = Staatsanzeiger für das Land Hessen (zit. nach Jahr und Seite) = Handelsgesetzbuch vom 10. 5.1897 in der gegenwärtig geltenden Fassung = Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis. Herausgegeben von Hans Peters, 3 Bände, Berlin, Göttingen, Heidelberg. I. Band: Kommunalverfassung 1956 I I . Band: Kommunale Verwaltung 1957 I I I . Band: Kommunale Finanzen und kommunale Wirtschaft 1959 (zit. nach Band und Seite unter Angabe des jeweiligen Autors) = in der Fassung = im engeren Sinne = im weiteren Sinne = Kultusminister, Kultusministerium = Landgericht = Landespressegesetz = Landes- und Stadtbibliothek = Leihverkehrsordnung = Mitteilungsblatt des Verbandes der Bibliotheken des Landes Nordrhein-Westfalen (zit. nach Jahr und Seite) = Modellentwurf = Norddeutscher Rundfunk = Niedersachsen, niedersächsisch = Niedersächsische Gemeindeordnung vom 4. 3. 1955 in der Fassung des Gesetzes vom 18. 4.1963 (GVB1. S. 255) = Vorläufige niedersächsische Verfassung vom 13.4.1951 in der gegenwärtig geltenden Fassung = Neue Juristische Wochenschrift (zit. nach Jahr und Seite) = Nordrhein-Westfalen, nordrhein-westfälisch = Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28.10.1952 in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. 5.1961 (GVB1 S. 219) = (nw) Gesetz über die Organisation der Landesverwaltung vom 10. 7.1962 (GVB1 N W S. 421) = Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. 6.1950 in der gegenwärtig geltenden Fassung = Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23.7.1957 (GVB1 S. 216) in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 22.5.1962 (GVB1 S. 263) = Oberverwaltungsgericht = Preußische Gesetzessammlung 1907—1945 bzw. Gesetzsammlung für die Königlich Preußischen Staaten 1806 bis 1906 (zit. nach Jahr und Seite)
Abkürzungen prGS N W
prKAG prOVG RdErl RGBl rhpf rhpfGO
RPrG
saGO Satzung DB
Satzung U Göttingen
Satzung U Kiel schlh. schlhGO StGB StiftG
StLB StB StUB TH U UB UStB VA VDB Vereinbarung U Köln
= Sammlung des in Nordrhein-Westfalen geltenden preußischen Rechts 1806—1945. Anlage I zu dem Gesetz zur Bereinigung des in Nordrhein-Westfalen geltenden preußischen Rechts vom 7.11.1961 (GVB1 S. 325) = (preußisches) Kommunalabgabengesetz vom 14. 7.1893 (prGS S. 152 in der Fassung der prGS N W S. 7. = Preußisches Oberverwaltungsgericht = Runderlaß = Reichsgesetzblatt = rheinland-pfälzisch = Selbstverwaltungsgesetz für Rheinland-Pfalz in der Fassung vom 5.10.1954 (GVB1S. 117). Teil A: Gemeindeordnung = Reichsgesetz über die Presse vom 7. 5.1874 (RGBl S. 65) in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 4.8.1953 (BGBl I S, 375) = (saarländische) Gemeindeordnung vom 10. 7.1951 (ABl S.1014) = Satzung der Deutschen Bibliothek vom 28. 7.1952 (he Staatsanz. S. 730) in der Fassung vom 21.4.1964 (he Staatsanz. S. 1009) = Satzung der Universität Göttingen, erlassen unter dem 14. 3.1930 durch den Preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, abgeändert durch Erlasse des nds.KM vom 6. 3.1948 — Κ 728/48 — und vom 19. 1.1952 — 1/179/52 — = Satzung der Universität Kiel vom 17.11.1928 in der Fassung vom 30.10.1959 = schleswig-holsteinisch = Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein vom 24.1. 1950 (GVB1 S. 25) = Strafgesetzbuch von 1871 in der gegenwärtig geltenden Fassung = Gesetz zur Errichtung einer Stiftung „Preußischer Kulturbesitz" und zur Übertragung von Vermögenswerten des ehemaligen Landes Preußen auf die Stiftung vom 25. 7.1957 (BGBl I S. 841) = Stadt- und Landesbibliothek = Stadtbibliothek Stadt- und Universitätsbibliothek Technische Hochschule Universität Univesitätsbibliothek Universitäts- und Stadtbibliothek Verwaltungsakt Verein Deutscher Bibliothekare Vereinbarung zwischen dem Land N W und der Stadt Köln über die Universität Köln vom 24.10.1960 in der Fassung vom 31.10.1963 (ABl.KM N W S. 232)
Abkürzungen VereinigungsG
Veri U Bonn Verf U Köln Verf U Münster VGH VO VV VVdStRL VwArch VwGebO VwGO VwO U B Tübingen VwVG VwRspr
WDR WDRG WRV wüEVRO ZfB ZfBB ZPO
Gesetz über die Vereinigung des Landes Lippe mit dem Land Nordrhein-Westfalen vom 5.11.1948 (GVB1 1949 S. 267) mit Anlagen (a.a.O. S. 271) Verfassung der Universität Bonn vom 7.11.1960 (ABl. K M N W S. 168) Verfassung der Universität zu Köln vom 27.11.1963 (AB1.KM N W S. 224) Verfassung der Universität Münster vom 8.11.1960 (AB1.KM N W S. 180) Verwaltungsgerichtshof Verordnung Verwaltungsvorschrift Veröffentlichungen der Vereinigung der deutschen Staatsrechtslehrer (zit. nach Heft und Seite) Verwaltungsarchiv (zit. nach Band und Seite) Verwaltungsgebührenordnung Verwaltungsgerichtsordnung vom 21. 1.1960 (BGBl I S. 17) Verwaltungsordnung der Universitätsbibliothek T ü bingen in der Fassung vom 3. 3.1950 (Bundes-)Verwaltungsvollstreckungsgesetz vom 27.4. 1953 (BGBl I S. 157) Verwaltungsrechtsprechung in Deutschland. Sammlung oberstrichterlicher Entscheidungen aus dem Verfassungs- und Verwaltungsrecht. Herausgegeben von Georg Ziegler (zit. nach Band und Seite) Westdeutscher Rundfunk Gesetz über den WDR Köln vom 25. 5.1954 (GVB1 N W S. 151) Verfassung des Deutschen Reiches (Weimarer Reichsverfassung) vom 11. 8.1919 (RGBl S. 1383) Verwaltungsrechtsordnung für Württemberg. Entwurf eines Gesetzes mit Begründung. Stuttgart 1931 Zentralblatt für Bibliothekswesen (zit. nach Band oder Jahr und Seite) Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie (zit. nach Band oder Jahr und Seite) Zivilprozeßordnung vom 30.1.1877 in der gegenwärtig geltenden Fassung
Erster
Teil
Die Rechtsformell der wissenschaftlichen Bibliotheken § 1. Vorbemerkung Die wissenschaftlichen Bibliotheken sollen i n erster Linie den Bedürfnissen von Forschung und Lehre dienen. Ferner besteht ihre Aufgabe i n der Unterstützung ernsthafter (zumeist wissenschaftlicher) Berufsarbeit 1 . Dadurch unterscheiden sie sich hinsichtlich ihrer Aufgabenstellung einerseits von den Bildungs- und Erziehungsbibliotheken, den heute meist sog. „öffentlichen Büchereien" oder „kommunalen öffentlichen Büchereien" (z.B. Volks- und vielfach Stadtbüchereien), andererseits von den am Zweck der jeweiligen Organisation orientierten Spezialbüchereien von Firmen, Behörden und Schulen. Sämtliche Arten von Bibliotheken oder Büchereien erfüllen die ihnen gestellten Aufgaben dadurch, daß sie den jeweiligen Interessenten Literatur i m weitesten Sinne (also auch Noten, Kartenmaterial, Zeichnungen usw.) zum Zwecke der Auswertung zugänglich machen, d. h. Leistungen erbringen. Eine genaue Abgrenzung der wissenschaftlichen Bibliothek von anderen Einrichtungen ähnlicher A r t ist auf den ersten Blick nicht möglich. Abgesehen davon, daß das Merkmal „wissenschaftlich" einer genauen Begriffsbestimmung bedürfte, werden die Worte „Bibliothek" und „Bücherei" ohne begriffliche Unterscheidung verwendet, wenngleich i n der Bibliothekswissenschaft die Tendenz besteht, „Bibliothek" auf die Institutionen wissenschaftlichen Charakters zu beschränken 2 (womit nicht mehr gewonnen werden kann als der formelle Verzicht auf das Wort „wissenschaftlich", nicht aber die Klärung dieses Begriffes). Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf die Verhältnisse der wissenschaftlichen Literatursammlungen, so daß die nicht Forschung und akademischer Lehre dienenden Sammlungen nur am Rande 1 So, wie die meisten Benutzungsordnungen der wissenschaftlichen Bibliotheken, z. B. § 1 BO Ü B Münster. 2 Vgl. Kaspers BB1 1964 S. 1168 mit weiteren Nachweisen aus der bibliothekswissenschaftlichen Literatur. Ebenso Boehmer S. 1 f.
16
I §1. Vorbemerkung
oder vergleichsweise erwähnt werden können. Viele der hier dargestellten Ergebnisse werden sich auf diese übertragen lassen, während manche Überlegungen nur auf die wissenschaftlichen Sammlungen zutreffen. Der Versuch, über einen Gegenstand rechtliche Überlegungen anzustellen, die über die bloße Rechtslage zu einem bestimmten Zeitpunkt hinausreichen und auf die Feststellung von Gesetzmäßigkeiten abzielen, die über den Augenblick hinausweisen, bedingt bei einem nahezu uferlos zersplitterten Rechtsgebiet wie dem öffentlicher Einrichtungen und ihrem Verhältnis zu Trägern und Benutzern weitere Beschränkungen. Es kann nicht Aufgabe einer wissenschaftlichen Untersuchung sein, auf einem sich ständig ändernden Gebiet an jeder Stelle die neueste gültige Verordnung, Satzung oder sonstige Rechtsnorm, soweit diese überhaupt zugänglich sind, bereitzuhalten. Dagegen erlaubt das Aufzeigen der von der gegenwärtigen Rechtslage unabhängigen Gesetzmäßigkeiten das Eingehen auch auf ältere und sogar außer Kraft getretene Vorschriften. Des weiteren ist es nicht sinnvoll, für jede einzelne Literatursammlung Organisationsform und Benutzungsverhältnis zu diskutieren; dies muß wegen der großen Zahl der i n Betracht kommenden Sammlungen der Begutachtung der individuellen Rechtslage überlassen werden 3 . I m folgenden w i r d daher, mit Ausnahme der aus dem Lande Nordrhein-Westfalen erwähnten Beispiele, darauf verzichtet, die zeitliche Gültigkeit der zitierten Bestimmungen zu überprüfen. Desgleichen w i r d darauf verzichtet festzustellen, ob die gefundenen Einzelergebnisse auf jede einzelne wissenschaftliche Bibliothek zutreffen; dies mag der mit einem konkreten Rechtsfall Befaßte entscheiden.
3 Allein in NW existieren mindestens 35 Literatursammlungen, deren wissenschaftlicher oder Organisationscharakter prüfenswert wäre, darunter 13 Hochschul- bzw. relativ selbständige Akademiebibliotheken. Vgl. Jahrbuch der Deutschen Bibliotheken, herausgegeben vom Verein Deutscher Bibliothekare, Jahrgang 40, Wiesbaden 1963, S. 3 ff., in dem sämtliche bedeutenden Literatursammlungen Deutschlands verzeichnet sind, und den nw Bibliotheksführer: Die Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen, herausgegeben vom Verband der Bibliotheken des Landes NW, bearb. von Klaus Bock, Köln und Opladen 1964.
1. Kapitel: Die wissenschaftliche Literatursammlung als Organisation § 2. Betrieb und U n t e r n e h m e n 1
Ihrer äußeren Erscheinung nach ist die wissenschaftliche Literatursammlung eine Gesamtheit von Sachen und Personal, die zu dem Zweck besteht, für Forschung und Lehre Literatur zugänglich zu machen. Sie dient also durch eine Zusammenfassung von sachlichen und persönlichen Mitteln dauernd einem bestimmten Zweck und läßt sich zunächst als „Betrieb" 2 , im Sinne des älteren Sprachgebrauchs auch als „Anstalt" 3 bezeichnen. Aus dieser Perspektive lassen sich jedoch keinerlei Rückschlüsse auf die Zweckzusammenhänge und Zielsetzungen, finanziellen oder rechtlichen Beziehungen des betrachteten Gegenstandes ziehen. Die von den sichtbaren technischen Abläufen, den an diesen beteiligten Personen und Sachen und ihrem Zusammenwirken losgelösten abstrakten Vorgänge und Beziehungen bleiben dem Betrachter des bloß Sichtbaren verborgen. Gerade dieser Komplex abstrakter Beziehungen aber liefert die Merkmale, nach denen zu suchen ist, w i l l man die notwendig abstakten Fragen nach Rechtsstellung und Rechtsbeziehungen eines Betriebes beantworten. Es ist also nicht der betriebliche, sondern der unternehmerische Aspekt 4 der wissenschaftlichen Literatursammlung, den es zu untersuchen gilt 5 . 1 Der hier und im folgenden (§§ 2—4) verwendete Unternehmensbegriff ist ein wirtschaftswissenschaftlicher. Nach Ableitung eines organisationsrechtlichen Begriffs (unten § 5 a) wird ausschließlich dieser gebraucht (vgl. unten § 5 Anm. 43). 2 „Richten wir . . . den Blick auf die »technische' Durchführung ..., auf die Beschaffung und die Verwendung der .. . konkreten Mittel — wie sachliche und menschliche Kräfte, Arbeitseinrichtungen, Roh- und Hilfsstoffe — und auf den Prozeß des Leistungsvorganges, kurzum auf den inneren Aufbau und Ablauf, so haben wir es mit dem ,Betriebs'-Aspekt zu tun." (Schäfer S. 96.) Wolff, Rechtsformen, S. 149 f., versteht daher unter dem Betrieb zu Recht eine Leistungsapparatur. 3 Vgl. die Beispiele bei Wolff I I § 98 I a 1—2. 4 „Was wir als Unternehmung bezeichnen, ist somit geistiger, unanschaulicher Natur. Denn Zweckzusammenhänge oder Zielsetzungen und finanzielle wie rechtliche Beziehungen lassen sich immer nur mittelbar erfassen ... Was wir unter der Bezeichnung ,Unternehmung' zusammenfassen, erweist sich somit als ein Komplex abstrakter Beziehungen, als ein reines Beziehungs-
2
Nitze
18
I 1. Die wissenschaftliche Literatursammlung als Organisation
W e n n daher i m f o l g e n d e n v o n der wissenschaftlichen L i t e r a t u r s a m m l u n g , der B i b l i o t h e k oder der B ü c h e r e i die Rede ist, so ist d a m i t , sofern sich n i c h t a u s d r ü c k l i c h e i n anderes e r g i b t , das zugehörige U n t e r n e h m e n angesprochen. Dies n i c h t e t w a i m S i n n e des U n t e r n e h mensbegriffes O t t o Mayers 6 als jede o r g a n i s i e r t e Z w e c k v e r f o l g u n g ; auch n i c h t m i t Forsthoff 7 als eines „ B e t r i e b e s sub specie des Rechts", da beide B e g r i f f e k e i n e U n t e r s c h e i d u n g des sichtbaren „ P r o d u k t i o n s v o r g a n g e s " v o n d e m h i n t e r diesem stehenden a b s t r a k t e n B e z i e h u n g s f e l d 8 ermöglichen. E i n e d e r a r t i g e U n t e r s c h e i d u n g ist aber, w i e Wolff 9 nachgewiesen h a t , u n e r l ä ß l i c h , w e i l die B e t r a c h t u n g d e r b l o ß e n L e i s t u n g s a p p a r a t u r k e i n e n Rückschluß auf das Wesen des h i n t e r i h r stehenden u n d sie l e i t e n d e n a b s t r a k t e n Gebildes zuläßt. Z u Recht v e r w e i s t Wolff 10, der herrschenden B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e folgend, d a r auf, daß B e t r i e b , U n t e r n e h m e n u n d seine R e c h t s f o r m a u f e i n a n d e r b e zogen sind, u n d d e f i n i e r t das U n t e r n e h m e n als das r e c h t l i c h g e f o r m t e S u b j e k t eines (oder m e h r e r e r ) B e t r i e b e , w o b e i er, ebenso w i e Schäfer 11, d e n B e t r i e b als Gegenstand des U n t e r n e h m e n s bezeichnet. D a b e i ist f r e i l i c h n i c h t z u übersehen, daß auch der technischen L e i s t u n g s a p p a r a t u r etwas Unanschauliches i n n e w o h n t . Jeder B e t r i e b feld . . . Und wenn wir das Verhältnis der ,Unternehmung' zum ,Betrieb' charakterisieren wollen, so können wir sagen, daß sich die Unternehmung zur Realisierung ihrer Zwecke den Betrieb . . . als Durchführungsorgan bildet. Insoweit kommt ihr höherer Rang zu. Das zeigt sich deutlich daran, daß ein Unternehmen mehrere Betriebe haben kann. Auch der scheinbare Gegenfall, daß ein Betrieb . . . von mehreren Unternehmungen betrieben wird, läßt erkennen, daß der Betrieb immer das Bewirkte, die Unternehmung das Bewirkende darstellt." (Schäfer S. 96.) 5 Ausführlich äußert sich zur Unterscheidung von Betrieb und Unternehmung Siedentopf § 2 (S. 18 ff.) mit Nachweisen aus dem wirtschaftswissenschaftlichen und juristischen Schrifttum. 6 Otto Mayer verwendet den Begriff „öffentliches Unternehmen" als Oberbegriff für jede (vorübergehende oder dauernde) organisierte öffentliche Zweckverfolgung, also auch als Oberbegriff für jede öffentlich-rechtliche Organisation (3. Aufl. I I . Band S. 1 und 268 ff.). 7 Der von Forsthoff (S. 453 ff.) entwickelte „Rechtsbegriff der Unternehmung" kann eine wirtschaftswissenschaftliche Bedeutung nicht beanspruchen, da er die Begriffe „Betrieb" und „Unternehmung" nicht trennt. Aber audi unter rechtlicher Betrachtungsweise ist zu fragen, was dadurch gewonnen werden kann, daß man den Betrieb „sub specie des Rechts" würdigt und versteht und diesen dann als „Unternehmung" bezeichnet. 8 Vgl. oben Anm. 4. ® Rechtsformen S. 155 f. Die Leistungsapparatur ist, worauf Wolff ausdrücklich hinweist, keine Rechtsform, sondern „das technische Substrat eines Unternehmens, das seinerseits eine Rechtsform hat". Folglich können verschiedene Unternehmen mit verschiedener Rechtsform Betriebe unterhalten, die sich im wesentlichen völlig gleichen (z. B. eine Spinnerei von einer GmbH, A G oder KG). Daraus erhellt, daß von dem Betrieb niemals auf die Rechtsform des Unternehmens geschlossen werden kann. 10 a.a.O. S. 156. 11 Vgl. oben Anm. 4.
§3. Die Funktionssubjekte
19
ist stets mehr als die Summe seiner sachlichen und persönlichen Mittel; erst deren mehr oder weniger geordnetes Zusammenwirken auf Grund eines geistigen Konzepts, eines Funktionsplanes, vermag überhaupt Leistungen oder Produkte zu erbringen. Dieses geplante Leisten und Produzieren fällt jedoch nicht unter den Unternehmensbegriff und interessiert den Techniker oder Betriebswirt mehr als den Juristen. Für den letztgenannten ist i m betrieblichen Bereich lediglich das System derjenigen Rechtssätze von Bedeutung, welche die Wirksamkeit des Funktionsplans gewährleisten. Hierher gehören z. B. A n ordnungen von Vorgesetzten an Mitarbeiter, bestimmte Realakte wie z. B. Be- und Verarbeitung und dergleichen mehr, die, wenn sie rechtmäßig und damit für die Rechtsordnung beachtlich sein sollen, von Rechtssätzen gedeckt oder gebilligt werden müssen, etwa dem auf Dienst- oder Arbeitsvertrag beruhenden Weisungsrecht des Vorgesetzten oder den Rechtsfolgen der §§ 946 ff. BGB. Das System dieser Rechtssätze läßt sich als Betrieb i m normativen Sinne bezeichnen. Die genannten Beispiele zeigen jedoch bereits, daß der normative Teil des Betriebes in den Bereich des Unternehmens weist; denn die den Betrieb betreffenden Rechtsnormen reichen über die eigentliche Leistungsapparatur hinaus und wurzeln in Außenwirkungen, die i n den Bereich des unternehmerischen Aspekts gehören 12 .
§ 3. Die Funktionssubjekte
Für die Betrachtung der Rechtsbeziehungen eines Apparates und seines Subjekts könnte daher der betriebliche Teil außer acht bleiben, wenn es nicht in vielen Betrieben Einrichtungen gäbe, die i m Interesse eines reibungslosen Produktions- und Leistungsablaufs gleichsam j anusköpf ig sowohl rein betriebliche wie unternehmerische Funktionen wahrzunehmen hätten. Diese Stellen sind gewissermaßen die entscheidenden „Stoffwechselzellen", in denen die vom Betrieb vorgenommenen Tätigkeiten zur Außenwelt in Beziehungen treten und damit die Tätigkeiten i n Leistungen ummünzen oder umgekehrt Beziehungen zur Außenwelt i n den Betrieb transferieren und i h m lebensnotwendige Leistungen i m weitesten Sinne zuführen. Neben ihrer offensichtlichen innerbetrieblichen Bedeutung handeln diese Zellen nach außen ohne eigene Willensbildung, sondern nach Weisungen für das Gesamtunternehmen i m kleinen und i m Detail. Sie verfügen i m betrieblichen wie i m unternehmerischen Bereich über ein bestimmtes 12 z. B. ist die Wurzel des Weisungsrechts, der Arbeits- oder Dienstvertrag, in einer Beziehung zwischen Unternehmen und einer außerhalb desselben stehenden Person zu suchen; die Rechtsfolgen der §§946 ff. BGB sind ebenfalls nur im Verhältnis zu Außenstehenden denkbar.
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Die wissenschaftliche Literatursammlung als Organisation
System von aufeinander abgestimmten Einzelfunktionen, wahrgenommen durch natürliche Personen, die insgesamt ein mehr oder weniger reibungsloses Funktionieren des Gesamtunternehmens gewährleisten. Jede einzelne Funktion ist ein bestimmter Komplex von Zuständigkeiten, der i m Interesse eines reibungslosen Ablaufs der „Produktion" regelmäßig erfüllt werden muß, und zwar unabhängig von den Personen, die jeweils die Zuständigkeit wahrnehmen. Bezogen auf die wissenschaftliche Literatursammlung sind dies z.B. die Leihstelle, die Lesesaalaufsicht, das Fachreferat für Medizin (bzw. für Philosophie, Wirtschaftswissenschaften usw.), die Zugangsstelle, die Erwerbsabteilung und dergleichen mehr. Außer dem erwähnten Zuständigkeitskomplex ist den genannten Stellen gemeinsam, daß sie durch organisatorische Akte konstituiert sind: Ihre Existenz verdanken sie ebensowenig wie ihren Aufgabenbereich dem Zufall, sondern einer mehr oder weniger sinnvollen Planung. Es liegt ferner i m Sinne einer planvollen Arbeitsteilung, daß diese Stellen ihren Zuständigkeitsbereich relativ selbständig wahrnehmen, d. h. vor einer Einflußnahme gleichrangiger Stellen geschützt sind. Sie unterliegen keiner horizontalen, wohl aber einer vertikalen Beeinflussung seitens der Unternehmensleitung. Da sie ferner aktiv an der Tätigkeit des Betriebes teilnehmen, sind sie keineswegs Objekte, sondern Subjekte der betrieblichen Aufgabenerfüllung. Alle diese Stellen lassen sich daher zweckmäßig als Funktionssubjekte 1 3 bezeichnen. Sie sind durch organisatorische Akte konstituiert und als Träger eines eigenen, gegen horizontale Beeinflussung geschützten Zuständigkeitskomplexes i m betrieblichen Bereich Subjekte , als bloße Umwandler höheren Willens in Aktionen aber Objekte des Unternehmens. Sie sind also m i t innerbetrieblichen Zuständigkeiten gegenüber anderen Funktionsträgern und einer bloß exekutivischen Außenwirkung betraut; sie sind einerseits Einzelteile der betrieblichen Arbeitsteilung, andererseits Befehlstransformatoren des Unternehmens.
§ 4. Die Organe
Die Betrachtung der Funktionssubjekte als Objekte des Unternehmens führt zwangsläufig zu der Frage nach den Einrichtungen, die durch sie ihren Willen realisieren. is Die Funktionssubjekte unterscheiden sich von den Organen vor allem dadurch, daß ihnen die Eigenständigkeit fehlt: Ihr Handeln wird nicht, wie bei dem Organ, dem Gesamtunternehmen unvermittelt zugerechnet, sondern sie dienen u. a. der Vorbereitung der Willensbildung des Organs und sind insoweit Organteile (vgl. Wolff II §74If 6).
§ 4. Die Organe
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Jedes Unternehmen w i r d von einem oder mehreren Subjekten gesteuert, die einerseits dem Unternehmen selbst unmittelbar angehören und andererseits Institutionen i n dem Sinne darstellen, daß sie von der Identität und dem Wechsel der natürlichen Personen unabhängig sind, die ihre Funktionen wahrnehmen. Es handelt sich um die Institutionen der Unternehmensleitung. Sie müssen dem Unternehmen selbst unmittelbar angehören, denn es gehört zum Wesen eines jeden Unternehmens, daß es in der Lage ist, selbst einen eigenen Willen zu bilden und danach zu handeln. Das bedeutet, daß m i t diesen Institutionen das Unternehmen steht und fällt: Ohne sie wäre es nicht mehr als ein Betrieb, der auf Grund fremden Willens fremde Zwecke verfolgt. Die Steuerung des Unternehmens erfolgt zudem stets und zwingend durch eine Institution und niemals durch eine Person. Das gilt selbst für die Personalgesellschaften des Z i v i l - und Handelsrechts: Auch das Unternehmen eines Einzelkaufmanns oder einer offenen Handelsgesellschaft ist, wie sich am Beispiel des Unternehmensverkaufs belegen läßt, nicht von Personen gesteuert, sondern von der Unternehmensleitung, die von Personen ausgeübt w i r d : Der oder die Inhaber mögen wechseln; die Institution der Unternehmensleitung besteht unabhängig von den Personen, die sie wahrnehmen. Wenn auch bei diesen Unternehmen eine Annäherung von Institution und Person bis i n die Nähe der Identität nicht zu leugnen ist, so trägt die Rechtsordnung dieser Erscheinung immerhin dadurch Rechnung, daß sie derartig organisierten Gebilden die rechtliche Eigenständigkeit versagt und alle Rechtsfolgen nur über die Vermögenshaftung der unternehmenden Personen dem Unternehmen zurechnet 14 . Dagegen sind die Steuerungselemente der organisatorisch verselbständigten Unternehmen, insbesondere aller juristischen Personen des Privatrechts, stets institutionalisiert 1 5 . Damit verfügen die leitenden Einrichtungen jedes Unternehmens über alle Eigenschaften, die i m betrieblichen Bereich den Funktionssubjekten zukommen, welche ebenfalls Subjekte von Wahrnehmungszuständigkeiten sind. Beide verdanken ihre Existenz zudem einem Organisationsakt 16 . Sie unterscheiden sich jedoch durch ihre Funktio14
HGB.
Vgl. §§ 719, 722, 730, 735 BGB; 105, 124, 128 H G B ; auch §§ 161, 171 ff.
15 Vgl. §§27, 30, 32 BGB; 76 ff., 95 ff., 118 ff. AktG; 6, 13, 35 ff., 48 ff., GmbHG; 9, 17, 24 ff., 43 ff. GenG. 16 Vgl. hierzu Böckenförde § 3, der das Wort „Akte" in einem sehr weiten Sinne benutzt. Er versteht hierunter die Tätigkeit des Organisierens schlechthin, und zwar ohne Unterschied, ob ein Organisationsakt in der äußeren Form eines Gesetzes oder der Weisung eines Vorgesetzten an einen Untergebenen vorliegt. Ebenso verwendet er den Begriff des Funktionsträgers
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I 1. Die wissenschaftliche Literatursammlung als Organisation
nen. Während die Funktionssubjekte i n ihrer autonomen Wirkung auf den innerbetrieblichen Bereich beschränkt sind und nach außen nicht oder allenfalls i m Namen einer leitenden Einrichtung auftreten 1 7 , ist es gerade entscheidendes Merkmal einer solchen leitenden Einrichtung, daß das Unternehmen durch sie nach außen handelnd i n Erscheinung tritt. Neben diesen faktischen t r i t t ein womöglich noch bedeutungsvollerer rechtlicher Unterschied. Weil ein Unternehmen i m Gegensatz zum Betrieb ein abstraktes Beziehungsfeld ist 1 8 , so erfolgt seine Bildung und damit auch die Bildung seiner Steuerungselemente notwendigerweise abstrakt, und zwar durch Setzen objektiven Rechts mittels formellen Gesetzes19, auf Grund formellgesetzlicher Ermächtigung 2 0 oder unter bestimmten Voraussetzungen durch Sonderverordungen, Staatsverträge oder öffentlichrechtliche Vereinbarungen 21 . Die Steuerungselemente sind schließlich organisatorische Subjekte des jeweiligen Unternehmens und nicht nur, wie die Funktionssubjekte, eines Betriebes. Derartige Institutionen werden m i t Wolff 22 als Organe i m rechtlichen (normativen) Sinne bezeichnet. Wissenschaftliche Literatursammlungen besitzen vielfach eine Stelle, die die oben beschriebenen Voraussetzungen erfüllt und teils als gleichermaßen für Organe und Funktionssubjekte. Dafür unterscheidet er „Errichtung" und „Einrichtung" von Funktionsträgern (a.a.O. S. 48 f.), Kriterien, die auf einer ähnlichen Ebene liegen wie die hier eingangs getroffene Unterscheidung betrieblicher und unternehmerischer Aspekte (vgl. oben §2). Da sich die Frage nach der Rechtsform wissenschaftlicher Bibliotheken nur aus dem unternehmerischen Aspekt beantworten läßt (vgl. oben § 2), also dem normativen Substrat der betrachteten Organisation entscheidende Bedeutung zukommt, beschränken sich die vorliegenden Betrachtungen auf die „Errichtung von Funktionsträgern" i. S. Böckenfördes. I m übrigen verwendet der Autor einen Rechtssatzbegriff, der allen organisatorischen Rechtsquellen Rechtssatzcharakter verleiht (§ 6, insbes. S. 74 f.), allerdings nicht ohne anschließend (S. 75 f.) zwischen solchen Rechtsquellen rechtlich qualifizierbare Unterschiede („,Dienstrecht' und ,Landrecht' im alten Sinne") aufzuzeigen. 17 Vgl. oben § 3. is Vgl. oben § 2 mit Anm. 4. 1 9 So stets im Zivilrecht, vgl. oben Anm. 14 und 15. 20 Vgl. Wolff I I § 78 I I . 21 Vgl. Wolff 22
I I § 78 I I c 2—3.
I I §74 I f (2. Aufl.). Wolff bezieht seine Definition nur auf juristische Personen, weil nur diesen ein Organverhalten unvermittelt zugeredinet werden kann (a.a.O. unter Ziff. 6). Da die Bedeutung der Organschaft jedoch weniger in der Rechtssubjektivität als in der Handlungsfähigkeit liegt, ist es legitim, die Steuerungselemente auch nicht rechtsfähiger Unternehmen als Organe zu bezeichnen, solange man sich des Unterschiedes bewußt bleibt; Wolff bevorzugt die Bezeichnung „Quasi-Organe" (a.a.O. unter Ziff. 9). Hinsichtlich der Handlungsfähigkeit besteht kein Unterschied, so daß auch für den Organisationsbegriff (unten § 5 a) eine Differenzierung nicht nötig erscheint.
§ 4. Die Organe
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Leiter der Bibliothek oder Bücherei, teils als Bibliotheksdirektor bezeichnet w i r d 2 3 . Die Institution des Bibliotheksdirektors ist ein Organ, wenn sie durch organisatorische Rechtsnormen gebildet ist. Diese Voraussetzung ist bei allen Universitäts- und Staatsbibliotheken gegeben. Wenn sich nicht für jede einzelne Sammlung Organisationsnormen nachweisen lassen, so liegt das vorwiegend daran, daß die Bibliotheken und Büchereien zur Erfüllung von Kulturaufgaben größtenteils schon i n früherer Zeit errichtet wurden, als die Organisationsgewalt der Exekutive noch uneingeschränkt wirksam w a r 2 4 . Immerhin gibt es eine Reihe von die Bibliotheken betreffenden Organisationsnormen in den Hochschulverfassungen 25 und i n öffentlichrechtlichen Verträgen 2 6 . Allerdings wurden die meisten Bibliotheksorgane i n früherer Zeit durch Sonderverordnungen oder schlicht durch einen Willensentschluß eines Hoheitsträgers errichtet, ohne daß diese veröffentlicht oder außerhalb des Dienstbereichs des Trägers auch nur bekannt wurden 2 7 . 23 z. B. § 86 der (noch nicht genehmigten) Verfassung der Ruhr-Universität Bochum; §§ 5,6 des Statuts für die Zentralbibliothek der Medizinischen Akademie Düsseldorf vom 29.10.1955; §§33,34 der Benutzungs- und Gebührenordnung für die LStB Düsseldorf vom 12.2.1957; § 1 BO der Kirchlichen Hochschule Berlin vom 1.1.1962; §2 der Verwaltungsordnung der UB Tübingen i. d. F. vom 3. 3.1950; § 6 Abs. 1 der Verwaltungsordnung für den Bibliotheksausschuß der U Erlangen; §5 des Vertrages über die Senckenbergische Bibliothek zu Frankfurt (M.) vom 1.4.1947 (Gerstenkorn I I S. 75); §3 der Ordnung für die Verwaltung der Großherzoglichen UB zu Gießen vom 20. 4.1893; §§58,59 der Satzung der U Heidelberg vom 25.2.1952; §44 der Satzung der Wirtschaftshochschule Mannheim vom 13.2.1954; § 15 der Satzung der Johannes-Gutenberg-Universität zu Mainz vom 22. 6. 1953; § 75 der Satzung der Ludwig-Maximilian-Universität München vom 27.7. 1953; §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 27 Abs. 1 Satz 1 BO UB Münster vom 9. 2.1956. 24 Vgl. Wolff I I § 78 I a mit ausführlichen Nachweisen.
z.B. §§111, 108 Abs. 2, 113 der Verfassung der U Münster; §§55 Abs. 2, 57 der Verfassung der T H Aachen vom 8.11.1960 (ABl K M N W S. 192 ff.); § 80 der Verfassung der U Köln vom 27.11.1963 (ABl K M N W S. 224 ff.); § 94 der Verfassung der U Bonn vom 7.11. 1960 (ABl K M N W S. 168 ff.). 26 z. B. § 5 des Vertrages über die Senckenbergische Bibliothek vom 1. 4. 1947 (Gerstenkorn I I S. 75). 27 So beschränkt sich z.B. §78 der Satzung der U Kiel vom 17.11.1928 (auch noch in der Fassung vom 30.10.1959) auf die Feststellung, daß für die UB besondere Bestimmungen gelten, die der Kultusminister erläßt. Solche Bestimmungen sind, soweit ersichtlich, auch für die übrigen ehemals preußischen Hochschulbibliotheken nirgendwo veröffentlicht. Insbesondere ent-
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I 1. Die wissenschaftliche Literatursammlung als Organisation
D a die O r g a n i s a t i o n s g e w a l t auch h e u t e noch z u r K o m p e t e n z der E x e k u t i v e gehört, w e n n n i c h t d i e L e g i s l a t i v e diese K o m p e t e n z d u r c h E r l a ß eines Organisationsgesetzes an sich zieht, e r f o r d e r t die B i l d u n g eines B i b l i o t h e k s o r g a n s — die m i t der (abstrakten) B i l d u n g der B i b l i o t h e k gleichzusetzen ist — auch heute n i c h t m e h r als e i n e n O r g a n i s a t i o n s a k t des Trägers, sofern n i c h t die L e g i s l a t i v e ( L a n d t a g , Bundestag) eine v o r r a n g i g e R e g e l u n g d u r c h f o r m e l l e s Gesetz t r i f f t 2 8 . D a der l e t z t genannte F a l l selten i s t 2 9 , e r f o l g t die B i l d u n g der B i b l i o t h e k e n u n d i h r e r O r g a n e d u r c h S a t z u n g e n oder S o n d e r v e r o r d n u n g e n 3 0 , die f r e i l i c h heute an bestimmte formelle Gültigkeitsvoraussetzungen gebunden s i n d u n d insbesondere v e r k ü n d e t sein m ü s s e n 3 1 . F ü r die Organeigenschaft des B i b l i o t h e k s d i r e k t o r s ist f e r n e r e r f o r derlich, daß er e i g e n s t ä n d i g u n d i n s t i t u t i o n e l l Z u s t ä n d i g k e i t e n der hält die „Weidmannsche Sammlung des preußischen Hochschulrechts" keinerlei einschlägige Bestimmungen, und auch Wende (S. 173) vermag in seiner Kommentierung nur eine Zweckmäßigkeitsbegründung zu geben. 28 Vgl. Wolff I I § 78 I a und I I c. 29 Als Beispiel sei die Unterstellung der ehemaligen Westdeutschen Bibliothek in Marburg unter die Stiftung Preußischer Kulturbesitz durch § 2 Abs. 1 StiftG genannt. 30 Vgl. Wolff I I § 78 I I c 1 und 2. 31 Vgl. Wolff I § 28 I, insbesondere dort unter 3. Die jüngste neuerrichtete Bibliothek, die UB Bochum, weist bemerkenswerte Besonderheiten infolge ihrer engen Verknüpfung mit der Ruhr-Universität auf. Nachdem der nw Landtag in seiner Sitzung vom 18. 7.1961 einen Gesetzentwurf der SPD mit Änderungsantrag der FDP abgelehnt und zugleich auf Empfehlung des Haupt- und Kulturausschusses einer Empfehlung der Landesregierung vom 3. 7.1961 zugestimmt hatte, „die Universität im westfälischen Raum auf dem Gelände Bochum-Querenburg zu errichten", hatte die Legislative ausdrücklich auf ihr vorrangiges Organisationsrecht verzichtet. Nunmehr berief der K M im Auftrage der Landesregierung einen Gründungsausschuß, der die Aufgabe hatte, „die Konzeption einer neuen Universität zu entwerfen, ihre Struktur im einzelnen zu erarbeiten sowie die Landesregierung in der Periode des Aufbaus zu beraten". Wegen der Hochschulautonomie (Art. 16 nwVerf) nahm die Universität ihren Betrieb unter einer vorläufigen Satzung auf; die Verfassung wurde inzwischen zwar von der Körperschaft verabschiedet, aber bisher weder genehmigt noch veröffentlicht. Die Verleihung der Rechte einer Körperschaft erfolgte erst durch Gesetz vom 2.11.1965 (GVB1 N W S. 324). Der Gründungsausschuß veranlaßte die Errichtung einer „Arbeitsstelle zum Aufbau der Bibliothek", die die Errichtung und Einrichtung der UB vorbereitete. Nach der Verfassung (§ 86 Abs. 1) ist die UB eine Einrichtung der Universität; da jedoch die Verfassung nodi nicht in Kraft ist (hierzu wäre ihre Veröffentlichung erforderlich), ist die Bibliothek noch Landeseinrichtung. Das Beispiel der Ruhr-Universität zeigt, daß es möglich ist, Organisationen vor ihrer Bildung zu errichten und einzurichten, indem man sozusagen vorgefertigte Einrichtungen mit Inkrafttreten der endgültigen Organisationsnormen in ihre endgültigen Funktionen einweist. Vgl. zur Entstehungsgeschichte der Ruhr-Universität den stenographischen Bericht zur 66. Sitzung des nw Landtages der 4. Wahlperiode, S. 2366 ff., sowie die Empfehlungen des Gründungsausschusses zum Aufbau der Universität Bochum, S. 4 f. und 74.
§ 5. Funktionssubjekte und Organe (Organisation)
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jeweiligen Bibliothek oder Bücherei wahrnimmt und sein Handeln dieser unvermittelt zugerechnet wird. Ob und inwieweit dies der Fall ist, hängt von der organisatorischen Beschaffenheit der jeweiligen Sammlung ab. Bei nichtwissenschaftlichen Sammlungen kleinerer Art, etwa Behördenbüchereien, fehlt den leitenden Beamten diese Eigenschaft, weil diese zwar die Bücherei leiten, nach außen und gegenüber den Benutzern aber lediglich als Beauftragte der jeweiligen Behörde auftreten. Sie sind daher allenfalls Funktionssubjekte der Behörde.
§ 5. Die Beziehungen von Funktionssubjekten und Organen untereinander
Läßt sich somit feststellen, daß viele wissenschaftliche Sammlungen über eine Reihe von Funktionssubjekten und mindestens ein Organ verfügen, so ist als nächstes zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen diese Eigenschaften ausreichen, um derartige Erscheinungen im normativen Bereich als Organisationen zu qualifizieren. a) Der Organisationsbegriff
Wolff 32 bestimmt den Organisationsbegriff m i t Hilfe der Organe, indem er faktisch auf den Inbegriff der wechselseitigen Beziehungen der Organe untereinander, normativ auf das System der diesen Beziehungen zugrunde liegenden, ihre Zuständigkeiten regelnden Rechtssätze 33 und die sie ergänzenden Rechtsakte abstellt. Derartige wechselseitige Beziehungen erfordern logischerweise mindestens zwei Organe, denn ein einzelnes kann zu sich selbst nicht in Beziehungen treten. Andererseits räumt Wolff selbst ein, daß es ausnahmsweise auch Organisationen mit nur einem Organ geben kann, und verweist dabei beispielhaft auf Anstalten und Stiftungen 3 4 . Dieser scheinbare Widerspruch dürfte sich daraus erklären, daß Wolff zunächst den Organisationsbegriff festlegte, ohne das Organ zu definieren, um erst später den Organbegriff zu bestimmen 35 . Es ist daher der Schluß erlaubt und notwendig, daß das Wort „Organ" i n Wolffs Organisationsbegriff i m nicht normativen, untechnischen Sinne gemeint ist, wofür die Umschreibung des Organs als „Wirkglied" spricht 36 , so daß hierunter sowohl 32 I i § 711 b. 33 Unter den Rechtssatzbegriff fallen auch die Verwaltungsverordnungen, denen lediglich die Bedeutung von abstrakten innerdienstlichen Weisungen ohne Außenwirkung zukommt. Vgl. Wolff I § 25 V I I a 2. 34 I I § 74 I f 12. 35 I I §74 I f . 36 I I § 711 a 1.
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Die wissenschaftliche Literatursammlung als Organisation
Organe i m normativen wie im rechtsfaktischen Sinne, aber auch Ä m t e r 3 7 und Funktionssubjekte, überhaupt alle organisationsrechtlichen Einheiten verstanden werden können. Damit ist allerdings nicht auf das Merkmal des Organs i m normativen Sinne verzichtet. Ein derartiger Verzicht würde den Organisationsbegriff ins Uferlose ausdehnen und ihn für juristische Unterscheidungen unbrauchbar machen. Man w i r d daher Wolffs Organisationsbegriff dahingehend präzisieren müssen, daß man unter Organisation im engeren Sinne faktisch den Inbegriff der wechselseitigen Beziehungen der Organe und Funktionssubjekte untereinander, normat i v das System der diese betreffenden, ihre Zuständigkeit regelnden Rechtssätze und der sie ergänzenden Rechtsakte versteht, wobei der von Wolff entwickelte normative Organbegriff 38 zugrunde gelegt ist 3 9 . Diese Begriffsbestimmung ist noch sehr abstrakt und bedarf einer Verdeutlichung. Wolff 40 unterscheidet daher u. a. nach Schachtelung, Trägerschaft, Rechtsfähigkeit und Rechtsgrundlage Groß-, Glied- und Unterorganisationen, ferner Körperschaften, Anstalten und Stiftungen, weiter rechtsfähige und nicht rechtsfähige und schließlich privatrechtliche und öffentlichrechtliche Organisationen. Eine Aufgliederung läßt sich auch unter anderen und weiteren Gesichtspunkten vornehmen, so daß der Oberbegriff durch konkrete Unterbegriffe an Profil gewinnt. I m folgenden soll der Organisationsbegriff nach den primär verfolgten Zwecken unter dem Gesichtspunkt der A r t und Weise der jeweiligen Aufgabenerfüllung gegliedert werden. Offensichtlich gibt es eine Fülle von Organisationen, die zur Erreichung ihrer Zwecke notwendig auf den gezielten Einsatz sachlicher und personeller Mittel angewiesen sind, weil ihr Zweck in dem Hervorbringen von Produkten oder Leistungen oder beiden liegt. Alle übrigen Organisationen dagegen sind in diesem Sinne nicht produktiv, weil ihr primäres Aufgaben3 7 Vgl. Wolff I I § 73 I c 1. »8 Vgl. I I § 74 I f. 39 I n der 2. Aufl. (§ 71 I I b) hat Wolff die Funktionssubjekte in seinen Organisationsbegriff mit einbezogen. Bei Organisationen mit nur einem Organ sieht er nunmehr das Wesen der Organisation im Verhältnis dieses Organs zu dem oder den Trägern. So wichtig die Beziehungen zum Träger für die mitgliedschaftlich verfaßten Organisationen sind (vgl. Wolff I I , 2. Aufl. § 71 I l l b l ) , so problematisch sind sie bei solchen mit externer Trägerschaft ( Wolff a.a.O. unter Ziff. 2) jedenfalls für die Subsumtion eines konkreten Gebildes unter einen solcherart gebildeten Organisationsbegriff. Denn wenn die entscheidenden Begriffsmerkmale außerhalb der betrachteten Einrichtung liegen, kann die Subsumtion nur vom Träger her erfolgen, wobei der organisatorische Aufbau der Einrichtung selbst unbeachtet bleibt. Vgl. zur Trägerschaft im übrigen unten § 7. 40 I I § 71 I I I .
§ 5. Funktionssubjekte und Organe (Organisation)
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gebiet in der Koordinierung sozialer Verhältnisse oder individueller Zweckverfolgungen liegt. Es lassen sich also produktive und koordinierende Organisationen unterscheiden, wobei das Erkennungsmerkmal der letztgenannten die primäre Aufgabe der Bündelung annähernd gleichgerichteter Interessen oder Zweckverfolgungen zur gemeinsamen Zielerreichung ist. Produktive Organisationen sind naturnotwendig stets Unternehmungen, weil sie zur Erreichung ihrer Zwecke zwangsläufig Betriebe unterhalten müssen, während koordinierende Organisationen zwar Betriebe haben können (und in aller Regel aus Gründen besserer Aufgabenerfüllung auch haben, z. B. Kanzleien, Büchereien, Archive), aber nicht um des Betriebes willen existieren. Dabei ist freilich nicht zu übersehen, daß viele koordinierende Organisationen produktive Organisationen schaffen, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Als Beispiel seien die Gemeinden genannt, deren primäre Aufgabe die Koordinierung sozialer Verhältnisse in einem räumlich begrenzten Gebiet ist. Hierbei zeigt es sich häufig, daß die Koordination es erforderlich macht, Aufgaben zu übernehmen, die i m Interesse aller Gemeindemitglieder liegen und produktiver Natur sind, wie z. B. die Beschaffung von Wasser und Energie. Die Gemeinde gründet also eine produktive Organisation, nämlich ein Gas-, Wasser- oder Elektrizitätswerk, und betreibt es als Eigenunternehmen. Gerade dieses Beispiel zeigt aber auch, daß sich die Aufgaben produktiver mit denen koordinierender Organisationen in der Regel 41 nicht vertragen: Der Ubergriff aus dem einen Aufgabenkreis i n den anderen bedingt die Schaffung einer neuen, dem fremden Zweck angemessenen Organisation. Dies gilt auch für den umgekehrten Fall, daß produktive Organisationen jeweils für sich allein bestimmte Aufgaben nicht erfüllen können, die sie an sich ihrer Zweckbestimmung nach erfüllen müßten, wie etwa solche überörtlicher Natur oder solche, die ein gemeinsames Vorgehen mehrerer gleichartiger Unternehmen erfordern. Sie helfen sich durch die Schaffung einer koordinierenden Organisation wie z. B. eines Rationalisierungsverbandes oder einer sog. Arbeitsgemeinschaft (z. B. Tiefbauunternehmen zum Zwecke des Autobahnbaues). öffentlichrechtliche Unternehmungen, die vielfach nicht über eine rechtliche Selbständigkeit verfügen, wählen in aller Regel den Weg über die sie beherrschende koordinierende Organisation, da sie selbst mangels eigener Rechtsfähigkeit Bindungen der beschriebenen A r t nicht eingehen können; auf diese Weise entstehen z.B. Zweckverbände zur gemeinsamen Trinkwasserversorgung, deren Mitglieder die Gemeinden und Landkreise i m Interesse ihrer betroffenen Wasserwerke sind. 41 Ausnahmen sind die trägerunabhängigen rechtsfähigen Anstalten (vgl. unten § 12 c).
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Die wissenschaftliche Literatursammlung als Organisation
Welche Organisationen ihrer Zielsetzung nach primär koordinierender bzw. produktiver Natur sind, läßt sich in allgemeingültiger Form nicht für alle Organisationstypen feststellen. Immerhin lassen sich aber in einigen Fällen Anhaltspunkte aus gesetzlichen Konstitutionsnormen bzw. von der Wissenschaft entwickelten Definitionen entnehmen. So ist der Idealverein des BGB nach der Voraussetzung des § 21, der einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verbietet, stets eine koordinierende Organisation, selbst dann, wenn die Unterhaltung eines Betriebes (z. B. Sportanlagen) erklärtes Vereinsziel ist. Die Koordinierung gleichgerichteter Individualinteressen steht i m Vordergrund, der Betrieb ist lediglich das Ergebnis der Koordination. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie die Kapitalgesellschaften können jeden gesetzlich zulässigen Zweck verfolgen. Die Personalgesellschaften des Handelsrechts sind dagegen stets produktive Organisationen, da sie einen Betrieb zum erklärten Ziel haben 42 . I m Bereich des öffentlichen Rechts werden die Körperschaften, insbesondere die Zweckverbände, in der Regel den koordinierenden, Anstalten als Zusammenfassungen von sachlichen und persönlichen Mitteln i m betrieblichen Bereich zur Hervorbringung von Leistungen und Produkten dagegen regelmäßig den produktiven Organisationen unterfallen. Während sich der Begriff der produktiven Organisation mit dem dem Unternehmens deckt 43 , kennt die Rechtswissenschaft für die koordinierende Organisation keine Bezeichnung. Eine Begriffsbildung soll hier auch nicht versucht werden, da dies für die gestellte Aufgabe nicht erforderlich erscheint. Der Betriebsbegriff gehört nicht in den Bereich des Organisationswesens, denn obwohl ein „organisiertes" (d. h. auf Funktionsplanung beruhendes) Gebilde, ist der Betrieb mangels Organen niemals eine Organisation. Wie bereits erwähnt, ist ein Betrieb m i t Organen i n Wahrheit ein Unternehmen 44 . A n diesem Gegensatz w i r d deutlich, daß die Organisation gegenüber anderen Einrichtungen stets über eine gewisse Selbständigkeit verfügen muß. Würde ihr diese fehlen, 42 „Betrieb eines Handelsgewerbes", vgl. z. B. §§ 105, 161 HGB. 43 Daher ist das Unternehmen eine Organisation, deren Hauptzweck die Unterhaltung eines Produktions- oder Leistungsbetriebes ist (organisationsrechtlicher Unternehmensbegriff, vgl. dagegen oben § 2 Anm. 1). Das meint offenbar auch Siedentopf, wenn er — allerdings unter unzutreffender Einbeziehung von Merkmalen des Betriebes in den Unternehmensbegriff — von „Bedürfnisbefriedigung" spricht. Allerdings befriedigt auch die Eingriffsverwaltung bestimmte Bedürfnisse (z. B. nach Sicherheit und Ordnung), und viele Unternehmungen dienen einer Bedürfnisbefriedigung nur sehr indirekt und mittelbar (z. B. das Unternehmen eines Modeschöpfers, der ein Bedürfnis nach seinen Produkten selbst schaffen muß). 44 Vgl. oben §4 am Anfang.
§ 5. Funktionssubjekte und Organe (Organisation)
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bedürfte sie keiner institutionellen Zuständigkeitssubjekte zur Wahrnehmung der Eigenzuständigkeit (Organe). Eigenzuständigkeit setzt stets eine Abgrenzung zu anderen Institutionen voraus. Jede Organisation hat daher mindestens eine Aufgabe, deren Erfüllung ihr obliegt. Organisation i m faktischen Sinne ist daher extern eine Einrichtung zur systematisch-arbeitsteiligen Erfüllung eines produktiven oder koordinierenden Kompetenzbereichs 45 , intern der Inbegriff der wechselseitigen Beziehungen von Organen und Funktionssubjekten untereinander. Organisation im normativen Sinne ist extern das System derjenigen Rechtssätze und der sie ergänzenden Rechts- und Organisationsakte, welches einen Kompetenzbereich bestimmt und seine (in der Regel systematisch-arbeitsteilige) Erfüllung regelt, intern das System der die wechselseitigen Beziehungen von Organen und Funktionssubjekten untereinander, insbesondere ihre Zuständigkeit bestimmenden Rechtssätze. Dabei ist zu beachten, daß sowohl die internen wie externen Voraussetzungen vorliegen müssen, um eine Einrichtung als Organisation zu qualifizieren. Einrichtungen, die nur die externen oder nur die internen Voraussetzungen erfüllen, sind keine Organisationen: Beispielsweise sind Behörden in der Regel zur systematisch-arbeitsteiligen Erfüllung von Kompetenzbereichen eingerichtet, ohne Organe zu besitzen 46 ; andererseits besitzt zwar (in NW) der Rat einer Gemeinde ein Organ (den Bürgermeister) und Funktionssubjekte (Ausschüsse), jedoch die deren Zuständigkeit bestimmenden Rechtssätze betreffen nur die innere Ordnung des Rates, während externe Funktionen nur dem Rat als Ganzem, keineswegs jedoch bloß dem Bürgermeister oder einem Ausschuß, zustehen 47 . 45 Zu den Begriffen Kompetenz und Aufgabe vgl. Wolff I I § 72 I I : Kompetenz ist der Gegenstand der zustehenden Wahrnehmungs-Verpflichtungen und -Berechtigungen, also das wahrzunehmende Geschäft (sachliche Zuständigkeit i.w.S., vgl. a.a.O. unter a); Aufgabe ist der Inbegriff sachlich zusammenhängender Kompetenzen, also ein Kompetenz- oder Sachbereich (a.a.O. unter b). Ähnlich die 2. Aufl. in § 72 I c 1. — Systematische Arbeitsteilung gibt es nicht nur unter Organen, sondern auch unter Funktionssubjekten. 46 Da die Behörde ein Verwaltungs- oder Rechtsprechungsorgan zur Vertretung des Staates oder eines anderen Trägers öffentlicher Verwaltung ist (so Wolff I I § 76 I d), kann sie nicht selbst eine Organisation sein, insbesondere keine Anstalt. Organisation setzt stets die Existenz eines eigenen Organs voraus; Anstalten ohne Organe gibt es nicht. Eine eingerichtete Behörde ist daher auch keine Anstalt, sondern verfügt über einen Betrieb. Soweit Errichtung und Einrichtung einer Behörde zu einem System von Rechtssätzen führen, welches die innere Kompetenzverteilung regelt, handelt es sich normativ um eine Unterorganisation (vgl. Wolff I I § 71 I I I a). 47 Vgl. §§ 27 ff. nwGO, insbesondere §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 2 und 3, 55. Der
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Die wissenschaftliche Literatursammlung als Organisation b) Anwendung des Organisationsbegriffs auf wissenschaftliche Literatursammlungen
Soll einer wissenschaftlichen Literatursammlung die Eigenschaft einer Organisation zukommen, so muß sie somit über mindestens ein Organ verfügen und daneben mehrere Funktionssubjekte besitzen. Das Zusammenwirken von Organen und Funktionssubjekten muß durch Rechtssätze geregelt und (oder) durch Organisationsakte (z. B. innerdienstliche Weisungen) bestimmt sein, welche die Zuständigkeit regeln und abgrenzen. Welche Sammlungen diese Voraussetzungen erfüllen, läßt sich i n allgemeiner Form nur unvollständig feststellen. I m konkreten Einzelfall w i r d dies nur eine ins einzelne gehende Untersuchung der jeweiligen Einrichtung, insbesondere ihres normativen Aufbaus, ergeben können. Es w i r d stets entscheidend darauf ankommen, ob dem Leiter der Literatursammlung die Qualifikation eines Organs zukommt, und zwar eines Organs der Sammlung selbst 48 . Diese Voraussetzung erfüllen beispielsweise sämtliche Universitäts- und Staatsbibliotheken, dagegen vielfach nicht die Behördenbüchereien, auch wenn sie öffentlich i m Sinne allgemeiner Benutzbarkeit sind und wissenschaftlichen Zwecken dienen. Die leitenden Beamten sind zumeist, wenn überhaupt, Organwalter der jeweiligen Behörde, aber nicht der angegliederten Literatursammlung. Diese stellt sich vielmehr als unselbständiger Betrieb der Behörde dar. Das gleiche gilt sinngemäß beispielsweise für die Literatursammlungen an Instituten wissenschaftlicher Hochschulen. •Eine Literatursammlung als Organisation ist stets produktiv i m Sinne der obigen Unterscheidung. Ihr Zweck ist primär die Unterhaltung eines Betriebes zur Sammlung und Bereitstellung von Literatur. Damit ist die Organisation i n ihrer Eigenschaft als Unternehmen deutlich unterschieden von dem von ihr unterhaltenen Betrieb, nämlich der Zusammenfassung sachlicher (Gebäude, Inventar, Literatur) und persönlicher (Bibliothekspersonal) Mittel.
Rat ist Organ der Gemeinde und in sich selbst zwar organisiert, aber keine echte Organisation. Selbst wenn Ausschüsse nach § 28 Abs. 2 nwGO selbständig und unabhängig vom Rat entscheiden, könnte man sie allenfalls als Organe der Gemeinde, nicht jedoch des Rates betrachten. Der nw Verfassungsgerichtshof (in O V G Münster/Lüneburg, AS 9 S. 74 ff.) nennt solche Erscheinungen „mittelbare Organe". Vgl. zu diesem Problemkreis auch Kottenkerg zu §7 nwGO. 48 Vgl. oben §4.
§ .
e
e wissenschaftliche
Bibliothek
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§ 6. Begriff der wissenschaftlichen Bibliothek a) Begriff der Bibliothek
I n der Praxis werden Literatursammlungen ohne klare Unterscheidung teils als Büchereien, teils als Bibliotheken bezeichnet 49 . Kaspers 50 weist darauf hin, daß in der bibliothekarischen Fachsprache die Begriffe „Bibliothek" und „Bibliothekswesen" für Einrichtungen wissenschaftlichen Charakters, dagegen der Begriff „Bücherei" für solche verwendet wird, denen dieser Charakter fehlt, ohne daß diese Unterscheidung bisher auch nur i m bibliothekarischen Bereich konsequent durchgeführt worden wäre. Zu Recht erklärt Kaspers diese Unterscheidung für rechtlich unbeachtlich. Wenn i m folgenden die Worte „Bibliothek" und „Bücherei" dennoch in einem engen und ausschließlichen Sinne verwendet werden, so soll und kann damit kein Vorgriff i n den bibliothekswissenschaftlichen Bereich getan werden. Dagegen muß i m Interesse rechtsbegrifflicher Klarheit zwischen Sammlungen m i t Organisationscharakter und solchen ohne diesen unterschieden werden, wozu beide Bezeichnungen sich schon deshalb anbieten, weil sich sprachlich mit der einen die Vorstellung von der größeren, mit der anderen die von der kleineren Einrichtung verbindet. Als Bibliothek i m Rechtssinne w i r d daher im folgenden nur eine Literatursammlung verstanden, die zugleich eine produktive Organisation ist. Alle übrigen werden als Büchereien bezeichnet und i m Sinne der eingangs getroffenen Einschränkung i m folgenden nur am Rande und vergleichsweise betrachtet. b) Wissenschaftlichkeit
Wissenschaftliche Bibliotheken sind solche, deren primärer Zweck die Befriedigung literarischer Bedürfnisse der Wissenschaft ist. Wissenschaft ist nach Wo iff „die methodische Ermittlung illusionsfreier Erkenntnisse, deren Einordnung i n ein (freilich nie abgeschlossenes) System einander stützender und bestätigender Einsichten sowie die Gewinnung von Methoden zur Erzielung solcher Erkenntnisse einschließlich der Verfahren zur Beherrschung der Naturkräfte" 5 1 . 49
List (S. 23) versteht unter Bibliotheken nur öffentliche Literatursammlungen. Dem ist beizupflichten, soweit es sich um die öffentliche Benutzbarkeit handelt. Soweit List aber unter „öffentlich" auch „öffentlichrechtlich" versteht (vgl. S. 22), ist dem entgegenzuhalten, daß von der öffentlichen Benutzbarkeit nicht auf den öffentlich-rechtlichen Charakter einer Organisation geschlossen werden kann. so BB1 1964, S. 1168. Vgl. auch Boehmer S. 1 f. 5i I I § 931 b. Eine Erörterung dieser Definition soll unterbleiben, da sie den Boden rechtlicher Betrachtungen verlassen und den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen würde.
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I 1. Die wissenschaftliche Literatursammlung als Organisation
Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Sammlung wissenschaftliche Werke enthält oder sammelt, wissenschaftliche Tätigkeiten ermöglicht oder selbst überwiegend solchen dient, sondern allein darauf, ob der Zweck der Bibliothek überwiegend in der Förderung der Wissenschaft liegt. Dies ist stets dort nicht der Fall, wo Hauptaufgabe die Befriedigung praktischer Bedürfnisse ist und die Wissenschaft lediglich als Nutznießer erscheint. Dagegen kann umgekehrt eine wissenschaftliche Bibliothek sehr wohl als Nebenleistung auch praktischen Bedürfnissen dienen, da durch die Verwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse die Praxis legitimerweise als Nutznießer der Wissenschaft erscheint. Die für wissenschaftliche Arbeit unerläßliche Einordnung gefundener Erkenntnisse in ein System von Einsichten, der Vergleich bereits bestehender Einsichten und die rückblickende Betrachtung geistiger Strömungen, wie sie z. B. die Geschichtswissenschaft vornimmt, erfordern zudem die laufende Sammlung und Verwahrung möglichst aller erschienenen und noch erscheinenden Literatur. Auch hierbei handelt es sich um eine wissenschaftliche Aufgabe. Eine wissenschaftliche Bibliothek ist also eine primär zur Befriedigung literarischer Bedürfnisse der Wissenschaft und zur systematischen und umfassenden Sammlung von Literatur bestehende produktive Organisation. Diesem Begriff unterfallen alle Bibliotheken wissenschaftlicher Hochschulen sowie eine Reihe von Staats- bzw. Landesbibliotheken, dagegen vielfach nicht die Stadt- und Volksbüchereien, deren Zweck in erster Linie die Bildung und Unterrichtung der Bevölkerung ist 5 2 ; auch nicht die Schulbüchereien sowie die von Kirchengemeinden, denen übrigens zumeist auch der Organisationscharakter fehlen dürfte. Auch diese sollen daher bei der weiteren Betrachtung ausscheiden.
52 Auch die sog. Einheitsbücherei, eine Literatursammlung mit sowohl wissenschaftlichen als auch bildenden und informatorischen Aufgaben, genügt den oben an den Begriff der Wissenschaftlichkeit gestellten Anforderungen nicht: Es überwiegt bei diesen Typen stets der Gedanke der kulturellen Erschließung eines bestimmten Gebietes durch Ermöglichung wissenschaftlicher Arbeit. Die bloße Möglichkeit solcher Tätigkeit erhebt eine Bibliothek jedoch noch nicht in den Rang einer wissenschaftlichen; hier muß Wissenschaftlichkeit als Primärzweck gefordert werden. Es ist freilich nicht zu verkennen, daß die Grenzen fließend sind und die Unterschiede zwischen wissenschaftlicher Bibliothek und Bildungsbücherei sich im Laufe der Entwicklung in zunehmendem Maße verringern. Symptomatisch ist § 1 Abs. 1 der BO für die wissenschaftlichen Bibliotheken des Landes Hessen (Erlaß vom 22.11.1965, Abi heKM S. 880 ff.; vgl. Lansky, Vorschriften Nr. 41): „Die wissenschaftlichen Bibliotheken des Landes Hessen sind Universalbibliotheken; sie dienen der Forschung und der Lehre, der beruflichen und der allgemeinen Bildung." (Hervorhebung vom Verf.)
2. Kapitel: Die wissenschaftlicheil Bibliotheken und ihre Träger § 7 . Begriff und Bedeutung der Trägerschaft
Jede Organisation verdankt ihre Existenz von der Gründung bis zum Untergang den Kräften, die sie für ihre Zwecke geschaffen haben und unterhalten. Sie sind, neutral ausgedrückt, Beherrscher der Organisation und bedienen sich ihrer als Werkzeug. Das normative Spiegelbild dieser Erscheinung findet sich bruchstückweise verstreut i n fast jedem Rechtsgebiet, da fast jedes die Schöpfung oder Existenz einer Organisation vorschreibt, ermöglicht, voraussetzt oder duldet 1 . Diesen vielfältigen Erscheinungformen und der zentralen Bedeutung der Organisation i m Rechts- und Sozialgefüge entspricht die Tatsache, daß für die Ausübung der Herrschaftsmacht über Organisationen auch i m normativen Bereich mehr oder weniger das Gesetz der Zweckmäßigkeit gilt 2 . Da die Organisation zur Zweckverfolgung geschaffen ist, läßt der verfolgte Zweck Rückschlüsse auf den Beherrscher zu (und gibt wesentliche Anhaltspunkte für die Herrschaftsform, vgl. hierzu unten i m 3. Kapitel). Soweit der Beherrscher einer Organisation diese geschaffen hat oder betreibt, um mit ihrer Hilfe Angelegenheiten wahrzunehmen, deren Erfüllung ihm obliegt, kurz, wenn er sich seines Geschöpfes als Werkzeug bedient, w i r d er als Träger bezeichnet 3 . Träger und Beherrscher können jedoch nach Entstehung der Organisation wieder auseinander1
So z. B. jedes Buch des BGB und das Recht der Handelsgesellschaften; im Straf recht der 1. und 1 a. Abschnitt des Allgemeinen Teils des StGB sowie im Besonderen Teil die ersten 7 Abschnitte und der 28. Abschnitt; das gesamte öffentliche Recht schließlich ist ohne Organisationen nicht denkbar. 2 Diese Überlegung lag offensichtlich den umstrittenen Begriffsbestimmungen des öffentlichen Unternehmens und der öffentlichen Anstalt bei Otto Mayer zugrunde (vgl. Bd. I I 3. Aufl. §§ 33 und 51, S. 1 und S. 268 ff.). 3 Vgl. Wolff I I § 71 I I I b. Begriff und Wesen der Trägerschaft sind in hohem Maße problematisch. Für eine Begriffsbestimmung kann man weder auf die Beherrschung noch die Schöpfung oder Unterhaltung einer Organisation, weder auf ihre Nutznießer noch auf die Auf gabenWahrnehmung mit einiger Sicherheit abstellen. Eine Definition der Trägerschaft kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht versucht werden, da diesbezügliche Überlegungen von dem gestellten Thema zu weit abführen würden. Es wird daher im folgenden die von Wolff a.a.O. gegebene Umschreibung zugrunde gelegt. 3
Nitze
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I 2. Die wissenschaftlichen Bibliotheken und ihre Träger
fallen, wenn der Träger die Herrschaft abgibt 4 . Es geschieht häufig, daß zur Aufgabenerfüllung eine Organisation geschaffen oder betrieben wird, deren Beherrschung aus politischen oder verwaltungstechnischen Gründen anderen Personen anvertraut w i r d 5 oder sogar überlassen werden muß 6 .
§ 8. Die öffentliche Hand als Bibliotheksträger Die Aufgabenstellung der wissenschaftlichen Bibliotheken, den Bedürfnissen von Forschung und akademischer Lehre zu dienen, entstammt dem kulturellen Bereich, der seinerseits einen Teil staatlicher und kommunaler Daseinsvorsorge darstellt 7 . Damit soll freilich nicht gesagt sein, daß die Erfüllung kultureller Aufgaben allein Sache staatlicher oder kommunaler Stellen ist wie etwa das Postwesen, die Rechtsprechung, die Straßenbeleuchtung oder ähnliche Sachgebiete. Da die Befriedigung kultureller Bedürfnisse i m Rahmen der Rechtsordnung grundsätzlich jedermann freisteht, wäre es denkbar, daß ein Privatmann, ein Wirtschaftsunternehmen oder ein wissenschaftlicher Verein des privaten Rechts wissenschaftliche Bibliotheken betrieben. Auch gegen ein Bibliotheksunternehmen zum Zwecke der Gewinnerzielung lassen sich rechtliche Bedenken nicht erheben; allerdings dürfte feststehen, daß auf diese Weise ein Gewinn nicht zu erzielen ist. Tatsächlich werden alle wissenschaftlichen Bibliotheken i m Sinne der oben gegebenen Begriffsbestimmungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts getragen 8 . Die großen Literatursammlungen 4 Identität besteht selbstverständlich erst recht nicht für das Verhältnis von Trägerschaft und Eigentum an den sachlichen Mitteln der Organisation. Die in der bibliotheksrechtlichen Literatur immer wieder auftauchende (vgl. Boehmer S. 3; Marianne Rost S. 10; Treplin-Kirchner S. 766 und 767) und offenbar auf eine unglückliche Formulierung Treplins (Bibliotheksrecht S. 599) zurückzuführende Verquickung von Eigentum und Trägerschaft verkennt, daß der Träger vielfach gerade nicht Eigentümer und der Eigentümer nicht immer auch Träger ist. Überhaupt ist das Eigentum organisationsrechtlich bedeutungslos. Die Trägerschaft bedeutet in erster Linie Herrschaft über eine Organisation und nur mittelbar über deren Vermögenswerte (so Wolff , Grundsätze S. 279/280). s So z. B. die Deutsche Bundesbank, vgl. §§ 2, 6 ff. BBankG. Müller, der sich ausführlich mit Rechtsform und Organkontrolle bei der Bundesbank befaßt (S. 75 ff.) und ihre rechtliche wie faktische Unabhängigkeit vom Träger nachweist, spricht deshalb von einer „rechtlichen Ausnahmeerscheinimg". β z. B. die Hochschulen in ihren äußeren Angelegenheiten kraft Verfassungsrecht (Art. 5 I I I GG, vgl. Hamann Art. 5 Anm. Β 1 und Wolff I I § 93 I I a). 7 Über Umfang, Aufgaben und Bedeutung kultureller Betätigung der öffentlichen Hand vgl. Zuhorn H K W P I I S. 165 ff. und BVerfGE 10 S. 20 ff. (36/37). Über Kulturaufgaben als Hoheitsaufgaben vgl. Gisela Scherer S. 39 ff., speziell in bezug auf die Bibliotheken S. 52 ff., und Boehmer S. 7. 8 Ausnahmsweise wird die Deutsche Bibliothek in Frankfurt (M.) außer
§ 9. Die Öffentlichen Aufgaben der wissenschaftl. Bibliotheken
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i n privater Hand sind entweder mangels Organisationscharakter keine Bibliotheken (so etwa die Kekulé-Bibliothek der Bayer-Werke i n Leverkusen), oder ihnen fehlt ein primärer wissenschaftlicher Charakter (so etwa die Bücherei des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute i n Düsseldorf). Viele Bibliotheken werden auch von Kirchen und deren Unterorganisationen getragen 9 . Diese sollen i m folgenden nicht betrachtet werden, da sich ihr Standort innerhalb der Rechtsordnung wegen der kirchenrechtlich bedingten Eigenständigkeit ihrer Träger von dem der übrigen Bibliotheken grundsätzlich unterscheidet.
§ 9. D i e öffentlichen Aufgaben der wissenschaftlichen Bibliotheken
Die Tatsache der fast ausschließlichen Trägerschaft wissenschaftlicher Bibliotheken durch die öffentliche Hand läßt sich dadurch erklären, daß deren Gründung und Unterhaltung m i t unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist, denen keine nennenswerten Einkünfte aus dem Betrieb gegenüberstehen. Forschung und akademische Lehre werden um der Wahrheitsfindung w i l l e n betrieben, und zwar ohne Rücksicht auf die praktische Verwertbarkeit und die damit verbundene w i r t schaftliche Bedeutung der gefundenen Erkenntnisse. Dieser Zwecksetzung steht eine weitere zur Seite, deren Bedeutung womöglich noch weniger am wirtschaftlichen Wert gemessen werden kann, nämlich die Erfüllung archivalischer Aufgaben durch die Sammlung und Verwahrung sämtlicher i n einem bestimmten Bezirk oder (bei wissenschaftlichen Fachbibliotheken) einem bestimmten Fachgebiet erschienenen Druckwerke. Insbesondere die letztgenannte Zwecksetzung hat m i t Recht zu der Annahme geführt, daß die Bestände der wissenschaftlichen Bibliotheken sich wegen ihres k u l t u r - und kunstgeschichtlichen Wertes in einem amtlichen Verwahrungsverhältnis befinden 10 . Damit t r i t t neben den Gebrauchszweck, der jeder Bücherei und Bibliothek eigen vom Bund, dem Land Hessen und der Stadt Frankfurt auch von dem Börsenverein Deutscher Verleger- und Buchhändlerverbände e. V. getragen (vgl. Satzung DB I, V I I und X I ) . Dagegen wird die StUB Frankfurt trotz Unterstützung durch private wissenschaftliche Vereine nur von öffentlichen Körperschaften getragen, vgl. unten § 10 Anm. 16. 9 I n N W die Diözesanbibliothek in Aachen, Bibliothek der Theologischen Schule in Bethel, Bibliothek der Evangelischen Kirche im Rheinland in Düsseldorf, Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek in Köln, Bibliothek „Wissenschaft und Weisheit" der Franziskaner-Ordensprovinz Köln in Mönchengladbach, Erzbischöfliche Akademische Bibliothek in Paderborn, Bibliothek der Kirchlichen Hochschule Wuppertal. 10 So ausdrücklich L G Nürnberg - Fürth für die UBen, das in einem Fall von Bibliotheksdiebstahl wegen Verwahrungsbruchs verurteilte (Urteil vom 15.11.1962 — 188 KLs 34/62 — abgedruckt in MittBl. 1963 S. 130). 3·
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I 2. Die wissenschaftlichen Bibliotheken und ihre Träger
ist, der Archivzweck, dessen Ziel über das augenblickliche, praktische und sogar wissenschaftliche Bedürfnis hinausweist und die Erfüllung einer Verpflichtung gegenüber kommenden Generationen darstellt. Diese Aufgabe gehört eindeutig i n den Bereich hoheitlicher K u l t u r vorsorge: Die Aufbewahrung von Druckwerken als Teil einer Sammlung zum Zwecke späterer Erreichbarkeit und Benutzbarkeit vermag Privatinitiative mangels Interesses und sachlicher M i t t e l nicht zu leisten, so daß Träger hoheitlicher Gewalt diese Aufgabe wahrnehmen müssen, soll sie nicht unerfüllt bleiben.
§ 10. D i e T y p e n wissenschaftlicher Bibliotheken
Wer als Träger wissenschaftlicher Bibliotheken i n Betracht kommt, richtet sich danach, wer die soeben beschriebenen Aufgaben wahrnimmt. Wegen der Kulturhoheit der Länder (Art. 70 GG) ist eine Zuständigkeit des Bundes i n der Regel nicht gegeben, so daß dieser als möglicher Träger grundsätzlich ausscheidet 11 . Es verbleiben daher Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände sowie sonstige Körperschaften, ferner rechtsfähige Anstalten, Stiftungen und Körperschaften des öffentlichen Rechts, die als Träger i n Betracht kommen. Für die Länder ergibt sich die Möglichkeit zur Wahrnehmung k u l tureller Aufgaben nicht nur aus Art. 70 GG, sondern auch aus den jeweiligen Landesverfassungen 12 . Gemeinden und Gemeindeverbände entnehmen das Recht hierzu aus den Gemeindeordnungen 13 und zum Teil auch aus den Landesverfassungen 14 . Soweit rechtsfähige Anstalten, Stiftungen und Körperschaften des öffentlichen Rechts zu betrachten sind, ist zu berücksichtigen, daß diese ihrerseits bereits vielfach Werkzeuge der Länder bzw. Kommunen zum Zwecke der Erfüllung kultureller Aufgaben sind, deren rechtliche relative Selbständigkeit mehr in politischen als Zweckmäßigkeitsgründen wurzelt. Hiermit sind insbesondere die wissenschaftlichen Hochschulen angesprochen, die vielfach als Träger wissenschaftlicher Bibliotheken i n Betracht kommen, aber auch Einrichtungen wie die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. 11 Wegen der Zuständigkeit des Bundes auf kulturellem Gebiet, insbesondere der Unzulässigkeit der Errichtung bundesunmittelbarer wissenschaftlicher Einrichtungen, vgl. Maunz § 16 V 1. Wegen der Sondervorschriften der Art. 134, 135 GG gilt dies nicht für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, vgl. BVerfGE 10 S. 20 ff. Inwieweit sich Bestrebungen durchsetzen werden, dem Bund auf dem Weg über ein Wissenschaftsministerium koordinierende Aufgaben im Bereich der Wissenschaft zuzuweisen, wird die Zukunft erweisen müssen. 12 z. B. Art. 140 bayVerf; Art. 56 ndsVerf; Art. 18 nwVerf. 13 z. B. Art. 6 ff. bayGO; § 2 heGO; §§ 2, 4 ndsGO; §§ 2, 18 nwGO. 14 z. B. Art. 1401 bayVerf; Art. 18 I nwVerf.
§ 10. Die Typen wissenschaftlicher Bibliotheken
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Ebenso liegt es etwa bei der Lippischen Landesbibliothek Detmold. Ursprünglich eine Einrichtung des Landes Lippe, wurde sie neben anderen Institutionen und Besitzungen nach der Vereinigung Lippes mit Nordrhein-Westfalen durch Gesetz dem neugegründeten „Landesverband Lippe" angegliedert, dessen Träger die Landkreise Lemgo und Detmold sind 15 . Auf diese Weise soll die kulturelle Eigenständigkeit des lippischen Landesteils gewahrt werden. Aus ähnlichen Gründen können auch Landkreise zu Bibliotheksträgern werden wie i m Falle der ehemaligen UB Helmstedt, die vom Landkreis Helmstedt i m Interesse der Nutzbarmachung vorhandener Bestände getragen w i r d (Neuzugänge nimmt die Bibliothek seit der Auflösung der Universität grundsätzlich nicht mehr auf). Neben diesen Subjekten des öffentlichen Rechts verdient das letzte Beispiel privatrechtlichen Mäzenatentums i m Bibliothekswesen i n Gestalt der Mitträgerschaft des Börsenvereins deutscher Verleger- und Buchhändlerverbände e.V. an der Deutschen Bibliothek in Frankfurt (M.) Erwähnung 1 6 . Wenn die wissenschaftlichen Bibliotheken daher herkömmlich i n Staats-, Stadt- und Hochschulbibliotheken unterteilt werden, so läßt sich dies jedenfalls nicht mit der Trägerschaft rechtfertigen. Nach der Trägerschaft müßte man vielmehr Staats-, Stadt-, Hochschul-, Körperschafts- und Stiftungsbibliotheken sowie Mischformen aus diesen Typen unterscheiden. Die traditionelle Unterscheidung entstammt vielmehr dem Aufgabenkreis: Staatsbibliotheken nehmen innerhalb eines Staatsgebietes 17 , Stadtbibliotheken innerhalb eines Gemeindegebietes 18 , dagegen Hochschulbibliotheken auf den Sachgebieten der jeweiligen Hoch15 Vgl. Gesetz über die Vereinigung des Landes Lippe mit dem Lande Nordrhein-Westfalen vom 5.11.1948, GVB1 1949 S. 267, sowie Gesetz über den Landesverband Lippe vom 5.11.1948, a.a.O. S. 269. 16 Vgl. oben § 8 Anm. 8. Dagegen wird die StUB Frankfurt nur von der Stadt und der Universität Frankfurt getragen; die Senckenbergische Stiftung, die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft und der Physikalische Verein haben lediglich die ihnen gehörende Senckenbergische Bibliothek als Dauerleihgabe in die StUB eingebracht (vgl. Vertrag über die Senckenbergische Bibliothek vom 1. 4.1947, zitiert bei Gerstenkorn I I S. 75 ff.). 17 Sowohl Landes- wie Bundesgebiet; auch das Gebiet nicht mehr bestehender Länder oder Landesteile (z. B. preußischer Provinzen) fällt unter diesen Begriff. Dieser Begriff muß nicht unbedingt im Sinne einer Beschränkung auf Gemeindegebiet innerhalb politischer Grenzen verstanden werden; es kommt vielmehr auf einen kulturpolitischen Gemeindebegriff an: Eine Bibliothek, die z. B. auch in kleinen kreisangehörigen Nachbargemeinden wirkt, ist deshalb nicht schon Staats- oder Landesbibliothek. Auch haben sich häufig regionale Versorgungsgebiete einer StB gebildet, die über politische Grenzen weit hinausreichen.
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I 2. Die wissenschaftlichen Bibliotheken und ihre Träger
schule B i b l i o t h e k s a u f g a b e n 1 9 w a h r . I n d e n m e i s t e n F ä l l e n s i n d diese Typen miteinander
vermischt.
a) Die wissenschaftliche Stadtbibliothekso D e r T y p d e r wissenschaftlichen S t a d t b i b l i o t h e k ist i n seiner r e i n e n F o r m selten. D e n L i t e r a t u r s a m m l u n g e n m i t v o r w i e g e n d k o m m u n a l e m B e t r e u u n g s g e b i e t f e h l t es z u m e i s t a m O r g a n i s a t i o n s c h a r a k t e r , da die S t a d t b ü c h e r e i e n v i e l f a c h der K o m m u n a l v e r w a l t u n g als Sachgebiet a n g e g l i e d e r t s i n d u n d n i c h t ü b e r eigene O r g a n e u n d d a m i t ü b e r eine r e l a t i v e S e l b s t ä n d i g k e i t v e r f ü g e n . S o w e i t größere E i n r i c h t u n g e n d a gegen B i b l i o t h e k e n i m Rechtssinne sind, ist e n t w e d e r der p r i m ä r e wissenschaftliche C h a r a k t e r i m S i n n e o b i g e r D e f i n i t i o n z u v e r n e i n e n 2 1 , oder das B e t r e u u n g s g e b i e t r e i c h t d e r a r t w e i t ü b e r d e n B e r e i c h d e r K o m m u n e hinaus, daß sie als L a n d e s b i b l i o t h e k e n anzusprechen s i n d 2 2 . A l s echte wissenschaftliche S t a d t b i b l i o t h e k e n w e r d e n d a h e r h e u t e n u r noch die S t B A a c h e n 2 3 , die Wissenschaftliche S t B M a n n h e i m 2 4 u n d d i e S t B N ü r n b e r g 2 5 g e l t e n k ö n n e n . — I m ü b r i g e n besteht dieser B i b l i o t h e k s t y p e n t w e d e r i n V e r b i n d u n g m i t S t a a t s - ( L a n d e s - ) 2 6 oder H o c h schulbibliotheken27. Bibliotheksaufgaben sind im Gegensatz zu Büchereiaufgaben die wissenschaftlichen Zielsetzungen im Bibliothekswesen. Hierzu gehört auch die archivalische Aufgabe der lückenlosen Sammlung aller Erscheinungen innerhalb des der Bibliothek zugewiesenen Staats-, Gemeinde- oder Sachgebietes. 20 Aus der bibliothekarischen Fachliteratur sei genannt: van der Briele, Die wissenschaftliche Stadtbibliothek — heute. In: Festschrift für Juchhoff, S. 308 ff. 21 Der Wissenschaftsrat hat in seinen Empfehlungen eine Reihe von kommunalen Literatursammlungen berücksichtigt, die keine wissenschaftlichen Bibliotheken sind. Dies einmal deshalb, weil dem Wissenschaftsrat ein nur überwiegender wissenschaftlicher Charakter einer Sammlung genügte, zum anderen aber auch) weil er es für geboten erachtete, daß an bestimmten Stellen eine stärkere Pflege wissenschaftlicher Fachliteratur erreicht wird (Empfehlungen S. 13/14). Diese Auswahlkriterien ergeben sich aus der dem Wissenschaftsrat gestellten Aufgabe. Keineswegs ist die Aufnahme einer Sammlung in die Empfehlungen ein Indiz für deren Wissenschaftlichkeit oder selbst deren Organisationscharakter, da sich hierunter sogar Bibliotheksabteilungen befinden (so die Zentralbibliothek der Landbauwissenschaft Bonn als Abteilung der dortigen UB, Empfehlungen S. 73). 22 So etwa die Bibliothek der Hansestadt Lübeck und die StB Trier. 2 3 Empfehlungen S. 78. 24 Empfehlungen S. 116. 25 Empfehlungen S. 120. 2β So z.B. die StLB Dortmund. Träger ist die Stadt Dortmund; der Titel „Landesbibliothek" wurde ihr im Jahre 1932 — ohne Anspruch auf Unterstützung — vom Westfälischen Provinziallandtag wegen besonderer Verdienste um die Sammlung westfälischer Literatur verliehen (vgl. Meyer, Die Stadt- und Landesbibliothek Dortmund; ferner ZfB 1932 S. 212/213). — Auch die LStB Düsseldorf und die Murhard-Bibliothek in Kassel (Träger jetzt nur noch die Stadt Kassel) sind solche Kombinationen. 27 So z. B. die UStB Köln und die StUB Frankfurt.
§ 10. Die Typen wissenschaftlichr Bibliotheken
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b) Die wissenschaftliche Staatsbibliothek
Wissenschaftliche Staatsbibliotheken i n reiner Form bestehen unabhängig von einer Hochschule. Als unmittelbare oder mittelbare Träger kommen der Bund 2 8 , die Länder, Gemeinden 29 , Gemeindeverbände 30 und sogar Privatpersonen 31 i n Betracht. Ihre Gründung verdanken sie zumeist landesherrlicher Initiative, ihr Fortbestehen der K u l t u r hoheit der Länder und dem autonomen Recht der Gemeinden, für die kulturelle Betreuung ihrer Einwohner eigene Einrichtungen zu betreiben. Beide nehmen zumeist auf die frühere Staatengliederung Rücksicht und belassen den Bibliotheken ihr traditionelles Einzugsund Betreuungsgebiet 32 . Die Hauptaufgabe der wissenschaftlichen Staatsbibliotheken ist die Sammlung und Archivierung aller i n ihrem Einzugsgebiet erschienenen Literatur und die Förderung jeglicher wissenschaftlicher Betätigung i m Betreuungsgebiet. Staatsbibliotheken dieser A r t sind z. B. die Staatsbibliothek Bremen, die Lippische Landesbibliothek i n Detmold, die Staatsbibliothek der Stiftung Preußischer Kulturbesitz i n Marburg 3 3 , die Deutsche Bibliothek i n Frankfurt, die Landesbibliothek Fulda, die Niedersächsische Landesbibliothek i n Hannover, die Badische Landesbibliothek i n Karlsruhe, die SchleswigHolsteinische Landesbibliothek i n Kiel, die Bayerische Staatsbibliothek i n München, die Landesbibliothek i n Oldenburg, die Staatliche Bibliothek i n Regensburg, die Württembergische Landesbibliothek i n Stuttgart, sowie die Herzog-August-Bibliothek i n Wolfenbüttel.
c) Die Hochschulbibliothek
Hochschulbibliotheken sind zunächst solche, die von den Hochschulen 34 selbst getragen werden 3 5 . Sie sind per definitionem stets 28 So bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Träger der Staatsbibliothek Marburg. Das Bundesgesetz über die Errichtung der Stiftung vom 25.7.1957 nennt den Träger der Stiftung nicht, doch ist der Bund wegen §§ 9,13 I alleiniger Träger, vgl. BVerfGE 10 S. 20 ff. (42). Vgl. oben Anm. 16. 30 So bei der Lippischen Landesbibliothek. 31 So bei der Deutschen Bibliothek Frankfurt. 32 Vgl. oben bei Anm. 17 und zu a). 33 Diese ist die frühere Westdeutsche Bibliothek. 34 Gemeint ist die Hochschule im engeren Sinne, die wissenschaftliche Hochschule. Dieser Begriff schließt künstlerische, Sport-, kirchliche und andere Hochschulen, politische, Verwaltungs- und Wirtschaftsakädemien usw. aus (vgl. Wolff I I §931). Zur Rechtsgestalt der Hochschulen vgl. Wolff I I § 93 I). Zur Rechtsgestalt der Hochschulen vgl. Wolff I I § 93 I I mit der dort angeführten Rechtsprechung und Literatur. 35 Beispiele: U B Münster (§ 111 I Verf. U Münster); U B Bonn (vgl. § 94 Verf. U Bonn).
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I 2. Die wissenschaftlichen Bibliotheken und ihre Träger
wissenschaftliche Bibliotheken, weil der Zweck ihres Trägers primär auf Forschung und akademische Lehre ausgerichtet ist und demzufolge die von i h m betriebene Bibliothek diesem Zweck zu dienen bestimmt ist. Da jedoch die Hochschulen ihrerseits zumindest i n den sog. äußeren Angelegenheiten vom Staat (Land) getragen werden 3 6 , kann dieser auch wissenschaftliche Bibliotheken staatsunmittelbar errichten und den Hochschulen von außen her zuordnen 37 . Derartige Bibliotheken haben mit der staatsabhängigen Hochschulverwaltung keine Verbindung, sondern ressortieren unmittelbar vom Land; insbesondere erscheinen die Haushaltsansätze für die Bibliothek nicht i m Haushaltsplan der Hochschule 38 . Hochschulbibliotheken werden daher entweder direkt oder durch den anstaltlichen Teil der Hochschule indirekt vom Staat getragen und sind entsprechend ihrer primären Zweckbestimmung einer Hochschule zugeordnet. Sie sind i m übrigen zumeist, mindestens aber in den ehemals preußischen Ländern, Mischbibliotheken, weil sie regelmäßig auch staatsbibliothekarische Funktionen wahrnehmen, vgl. unten bei d 3 9 .
d) Mischformen
Reine Staats- und Hochschulbibliotheken sind selten, so daß sich die Typen i n der Praxis überschneiden. Der Grund dürfte darin zu suchen sein, daß der Aufgabenkreis aller wissenschaftlichen Bibliotheken weitgehend übereinstimmt, auch wenn der Benutzerkreis verschieden ist. So ist es unzweckmäßig, für ein Land oder einen Landesteil mit einer Hochschule sowohl eine Staats- als auch eine Hochschulbibliothek zu betreiben; vielmehr gibt man einer Bibliothek am Hochschulort den Vorzug und überträgt dieser beide Aufgaben 40 . μ Vgl. hierzu Wolff I I § 93 I I a. 37 Beispiele: UB Kiel (§78 der Satzung U Kiel); UB Göttingen (§79 der Satzung U Göttingen). 38 Anders jedoch die von der Hochschule direkt getragenen Bibliotheken, deren Mittel im Haushaltsplan der Hochschule erscheinen. I n N W wird ein Teil der Landesmittel für die Hochschulen zugunsten der Bibliotheken zweckgebunden, vgl. unten § 16 Anm. 20. 3 9 Reine Hochschulbibliotheken sind z. B. die Bibliotheken der Freien Universität und der T H Berlin, ferner die UB Bochum nach Inkrafttreten der Verfassung der Ruhr-Universität (vgl. Empfehlungen zum Aufbau der Universität Bochum. Denkschrift des Gründungsausschusses, Bochum 1962, S. 71, und oben § 4 Anm. 31), aber auch die Bibliothek der Mezinischen Akademie in Düsseldorf. 40 So die UBen Münster und Bonn, die jeweils für die ehemals preußischen Provinzen Rheinland und Westfalen die Funktionen von Staatsbibliotheken wahrnehmen; vgl. hierzu die inzwischen in N W außer Kraft getretene preußische Allerhöchste Kabinettsordre vom 28.12.1824 (prGS 1825 S. 2 f.), deren Ziff. 5 zufolge die UBen der Provinzen ein Recht auf Freiexemplare erhielten.
§ 10. Die Typen wissenschaftlicher Bibliotheken
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Das gleiche gilt für manche Stadtbibliotheken, die von den Städten allein weder getragen noch ihrer Bedeutung entsprechend ausgenutzt werden konnten und daher zusätzlich zu ihrer kommunalen Aufgabe die einer Hochschulbibliothek erhielten 41 , oder es entsprach einer sachgerechten Verwaltung, mehrere wissenschaftliche Bibliotheken am Orte i n einer einheitlichen Gesamtorganisation zusammenzufassen 42 . Es gibt freilich auch den umgekehrten Fall, daß eine Stadtgemeinde eine Landesbibliothek in eigene und alleinige Trägerschaft übernimmt, wie z.B. die Stadt Düsseldorf i m Falle der dortigen Landes- und Stadtbibliothek, oder der „Murhardschen Bibliothek der Stadt Kassel und Landesbibliothek", wo die Vereinigung der örtlichen Landes- mit der städtischen Bibliothek zur Übernahme auch der erstgenannten in städtische Trägerschaft führte 4 3 , oder daß eine wissenschaftliche Stadtbibliothek i m Laufe der Zeit in die Rolle einer Landesbibliothek hineinwächst, wie etwa die Stadt- und Landesbibliothek Dortmund 4 4 . Damit w i r d die betreffende Institution nicht etwa zur reinen Stadtbibliothek, es sei denn, ihre Aufgaben beschränkten sich lediglich auf den Bereich, der mit der fraglichen Stadt, aber nur m i t dieser, eine kulturelle Einheit bildet. Eine solche Beschränkung besteht weder für Dortmund noch für Düsseldorf 45 , so daß von einer landesbibliothekarischen Funktion für das niederrheinische bzw. das südwestfälische Gebiet auszugehen ist. Beide Bibliotheken sind folglich Mischbibliotheken. e) Wissenschaftliche Spezialbibliotheken
Neben diesen Bibliothekstypen, die man als allgemeinwissenschaftliche Bibliotheken bezeichnen kann, gibt es eine Reihe von Spezialbibliotheken, denen Organisationscharakter zukommt, und die, je nach Aufgabengebiet, von den unterschiedlichsten Stellen getragen werden. Als Beispiele seien genannt: Ibero-Amerikanisches Institut i n Berlin (vormals Ibero-Amerikanische Bibliothek). Träger: Stiftung Preußischer Kulturbesitz. So z. B. die UStB Köln; allerdings mit der Besonderheit, daß die U Köln bis 1953 von der Stadt Köln getragen wurde, so daß Bibliothek und Universität denselben Träger hatten. Vgl. über die heutige Rechtslage Vereinbarung U Köln § 2 : Das Land ist Träger der U, zu der als Bestandteil ausdrücklich die UStB gezählt wird. Dagegen bleiben bestimmte Bestände der Bibliothek Eigentum der Stadt Köln (§ 6 I). 42 So die StUB Frankfurt; vgl. Vertrag über die Senckenbergische Bibliothek vom 1. 4.1947, Vorbericht und Einleitung vor § 1 (Gerstenkorn I I S. 75). « Vgl. hierzu den Bericht von Liebers in ZfBB Bd. 5 (1958), S. 261 ff. 44 Vgl. oben Anm. 26. 4 » Vgl. § 1 BGO Düsseldorf; § 1 BGO Dortmund.
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I 2. Die wissenschaftlichen Bibliotheken und ihre Träger
Berliner Medizinische Zentralbibliothek. Träger: Berlin. Zentralbibliothek der Medizinischen Akademie Düsseldorf. Träger: Land Nordrhein-Westfalen. Bibliothek des Germanischen Nationalmuseums i n Nürnberg. Stiftung des öffentlichen Rechts. Bibliothek für Zeitgeschichte (Weltkriegsbücherei) i n Stuttgart. Träger: Gemeinnützige Stiftung Bibliothek für Zeitgeschichte (Weltkriesbücherei). Auch die erwähnte ehemalige UB Helmstedt dürfte — wegen ihres auf die Universitätsgeschichte und Heimatkunde Helmstedts begrenzten Sammelgebiets — hierher zu zählen sein. f) Zusammenfassung
Unter den Begriff der wissenschaftlichen Bibliotheken fallen also nicht nur wissenschaftliche Stadtbibliotheken sowie Staatsbibliotheken und Hochschulbibliotheken und deren Mischformen, sondern auch wissenschaftliche Spezialbibliotheken, sofern sie Organisationen sind. Ihre Träger sind i n jedem Falle juristische Personen des öffentlichen Rechts 46 . Die Trägerschaft läßt sich i m allgemeinen nicht aus der Bezeichnung der Bibliotheken entnehmen 47 , denn es gibt Staatsbibliotheken, die nicht von Bund oder Ländern 4 8 , Hochschulbibliotheken, die vom Land 4 9 und Mischbibliotheken, die von einem Träger allein getragen werden 5 0 .
46 Der Börsenverein stellt hinsichtlich der DB Frankfurt keine echte Ausnahme dar, da es sich lediglich um eine Mitträgerschaft handelt, vgl. unten § 13 c bb. 47 Wo es auf den Träger entscheidend ankommt, ist dies deutlich formuliert: vgl. die BO „für die wissenschaftlichen Bibliotheken des Landes Hessen" (Fundstelle oben § 6 Anm. 52). Die Titelbezeichnung kehrt in § 1 Abs. 2 wieder, wo als solche zwei reine Hochschulbibliotheken, zwei reine Landesbibliotheken und eine Mischform beider Typen aufgezählt sind. 48 z. B. Landesbibliothek Detmold. 4 9 z. B. UBen Kiel und Göttingen. so z. B. LStB Düsseldorf von der Stadt Düsseldorf; StLB Dortmund von der Stadt Dortmund.
3. Kapitel: Die wissenschaftliche Bibliothek als Anstalt des öffentlichen Rechts
§ 11. Die Zugehörigkeit der wissenschaftlichen Bibliothek zu den Organisationstypen des öffentlichen Rechts
M i t der Feststellung, wer die wissenschaftlichen Bibliotheken trägt, wer sie zur Erfüllung eigener Aufgaben schafft, betreibt und unterhält, ist für die Bestimmung ihrer Organisationsform nicht viel gewonnen. Es wäre ein Trugschluß, wollte man aus der Trägerschaft von Subjekten des öffentlichen Rechts auf die Rechtsform schließen. Subjekte des öffentlichen Rechts können nämlich ebenso wie Privatpersonen Vereine, Kapital- oder Personalgesellschaften und Stiftungen des privaten Rechts gründen, betreiben oder sich an ihnen beteiligen, soweit nicht Grenzen gesetzlicher Art, wie bei den Kommunen z.B. die Gemeindeordnungen, entgegenstehen; sie sind keineswegs auf die öffentlichrechtlichen Organisationstypen beschränkt. M i t der Feststellung einer Trägerschaft durch Subjekte des öffentlichen Rechts steht lediglich fest, daß neben den privatrechtlichen auch Organisationstypen des öffentlichen Rechts i n Betracht kommen, was bei privater Trägerschaft m i t Sicherheit entfällt: Öffentlichrechtliche Organisation ist ausschließlich Subjekten hoheitlicher Gewalt möglich 1 . Die Frage nach der Rechtsform der wissenschaftlichen Bibliotheken ist also durch die Feststellung, daß stets Subjekte des öffentlichen Rechts als Träger i n Betracht kommen, eher kompliziert als vereinfacht. Ihre Beantwortimg setzt voraus, daß vorab geklärt wird, ob die wissenschaftliche Bibliothek unter die Organisationstypen des öffentlichen oder des privaten Rechts fällt. Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, daß privatrechtlich organisierte Subjekte, etwa im Falle der Beleihung, öffentlichrechtliche Funktionen erfüllen können, sowie des umgekehrten Falles, daß Organisationen des öffentlichen Rechts privatrechtlich tätig werden, wie 1 Das folgt aus der Definition des öffentlichen Rechts als Inbegriff derjenigen Rechtssätze, deren Zuordnungssubjekt ausschließlich ein Subjekt hoheitlicher Gewalt ist (vgl. Wolff I § 22 I I c).
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I 3. Die wiss. Bibliothek als Anstalt des öffentlichen Rechts
beim Abschluß von Kaufverträgen, läßt sich die These aufstellen, daß es gemischte Organisationstypen, die sowohl privatrechtlich wie öffentlichrechtlich organisiert sind, nicht gibt. Das liegt daran, daß die A r t und Weise der Zweckverfolgung von der einmal gewählten und geschaffenen Organisationsform wesensverschieden ist. Einmal steht die Organisationsform grundsätzlich in keinem Zusammenhang mit der A r t und Weise, wie eine Organisation am Rechtsleben teilnimmt. Zum anderen folgt aber aus dem bereits erwähnten Unterscheidungskriterium von öffentlichem und privatem Recht, daß jede organisatorische Tätigkeit dem öffentlichen Recht unterfallen muß, sobald sie aus dem Bereich allgemeingültiger privatrechtlicher Normierung heraustritt: Wenn der rechtswirksame Organisationsakt eines Subjekts hoheitlicher Gewalt so, wie er geschehen ist, nur von einem solchen Subjekt vollzogen werden kann, so ist er stets dem öffentlichen Recht zuzuordnen, auch wenn eine ähnliche Wirkung von jedermann ebenso hätte erzielt werden können. Aus diesen Gründen kann auch die wissenschaftliche Bibliothek nur entweder privatrechtlich oder öffentlichrechtlich organisiert sein. a) Die Rechtsgestaltung durch den Träger
Insbesondere die ältere bibliotheksrechtliche Literatur hat den öffentlichrechtlichen Charakter der Organsationsform wissenschaftlicher B i bliotheken mit Hilfe des Benutzungsverhältnisses zu bestimmen versucht. Diese Betrachtungsweise beruhte einmal darauf, daß die älteren Autoren ohne schlüssige Begründung davon ausgingen, daß es sich bei den wissenschaftlichen Bibliotheken um Anstalten handele und es ihnen demzufolge nur darauf ankam, deren Rechtsstellung näher darzulegen, was zwangsläufig zur Betrachtung des Benutzungsverhältnisses führte 2 . Zum anderen mußten die älteren Autoren sich i m Hinblick auf die damals i n Rechtswissenschaft und -praxis herrschenden Anschauungen m i t einer Erscheinung auseinandersetzen, die dem heutigen Juristen nahezu selbstverständlich erscheint, nämlich der Zuordnung von öffentlichrechtlichen Pflichten und Rechten an Organisationen, denen eine eigene Rechtspersönlichkeit fehlt 3 . Sie waren hierzu schon deshalb prädestiniert, weil seit alters her die Bibliotheken als Prototyp der Anstalt ohne Rechtspersönlichkeit erschienen 4. Es ist 2 So z. B. Kempke S. 16; Treplin S. 599 ff. 3 Man half sich dadurch, daß man Rechte und Pflichten auf den Träger als privatrechtlichen Eigentümer bezog; vgl. Treplin a.a.O. S. 600, insbesondere Anm. 1. Ein Relikt dieser Auffassung findet sich noch bei Treplin-Kirchner S. 766/767; vgl. hierzu die Kritik Wolffs in Grundsätze S. 279/280. 4 Vgl. z. B. Meyer-Dochow § 92, 2; O. Mayer 1. Aufl. 1896 S. 322 f.; KormannList S. 37 f.
§ 11. Bibliothek und öffentliche Organisationstypen
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daher nicht verwunderlich, wenn bereits damals Erkenntnisse gewonnen wurden, die an Aktualität bis heute nichts eingebüßt haben und deren rechtstheoretische Fixierung ein Verdienst ist, das sehr zu Unrecht heute völlig i n Vergessenheit zu geraten droht. List hat beispielsweise, soweit ersichtlich als erster, schlüssig nachgewiesen, daß die Persönlichkeit lediglich als Rechtsträgerin i n Betracht kommt, daß aber bei der Zuordnung eines Rechts auf dieses selbst abzustellen ist 5 . Daraus schließt List , daß die juristische Persönlichkeit insofern begrifflich unerheblich ist, „als verwaltungsrechtlich die unselbständige A n stalt i n gleicher Weise als Trägerin öffentlicher Rechte erscheint wie die selbständige; die juristische Selbständigkeit oder Unselbständigkeit ist i n erster Linie von zivilrechtlicher Bedeutung, da ja . . . Macht i m Reiche des Zivilrechts grundsätzlich Persönlichkeit voraussetzt" 6 . Damit ist, abgesehen von dem ungenauen Gebrauch des Wortes „Trägerin", genau das ausgesprochen, was Wolff als rechtliche Subjektiviertheit einer Organisation versteht 7 . I m weiteren Verlauf seiner Darlegungen unterliegt dann freilich List — offenbar i m Gefolge Kormanns 8 — einem betrüblichen Fehlschluß. Statt die gefundene Erkenntnis weiter zu verfolgen und die öffentlichen Rechte i m Hinblick auf ihr Zuordnungssubjekt auszuloten, w i l l List die „Kennzeichen der öffentlichen Anstalt" i n ihren Außenbeziehungen sehen9. Dieser Ansatz ist vor allem deshalb verfehlt, w e i l er bereits voraussetzt, was eigentlich erst abgeleitet werden soll, nämlich Begriff und Wesen der öffentlichen Anstalt 1 0 . Zudem sind Begriffe wie Anstaltsgewalt und Anstaltspolizei mindestens heute so problematisch, daß ihre Heranziehung den Anstaltsbegriff nur noch mehr kompliziert; die Immunität gegenüber privaten Rechten kommt jeder gewidmeten öffentlichen Sache zu, und die Exemtion von der Zuständig5 List S. 13: „Demgemäß darf auch bei der Betrachtung des einzelnen als Rechtsträger nicht von dem Begriffe der ,Person' ausgegangen werden. Denn der Zweck einer jeden Person, sowohl der Juristischen' wie auch der »natürlichen', ist eben, Träger von Rechten und Pflichten zu sein . . . Die Grundlage dieses Gedankenganges kann daher nicht der Begriff der Person, sondern nur der des Rechtes sein . . . " (Hervorhebung vom Verfasser). β a.a.O. S. 59. 7 ζ. B. im Anstaltsbegriff, Wolff I I § 98 I a 6. 8 Vgl. Kormann-List S. 51 ff. 9 S. 62: „Da nun das Wesen der öffentlichen Anstalt nicht in einer Rechtspersönlichkeit, sondern in ihren Beziehungen zu Dritten, insbesondere zum Benützer, liegt, so ist es natürlich, daß die Kennzeichen der öffentlichen Anstalt ebenda zu suchen sind. Wir finden sie in viererlei: der Anstaltsgewalt, der Anstaltspolizei, der Immunität gegenüber privatrechtlichen Rechten und der Exemtion von der Zuständigkeit der Zivilgerichte." 10 List legt kritiklos den Anstaltsbegriff O. Meyers als Bestand von persönlichen und sachlichen Mitteln zur dauernden Verfolgung eines besonderen öffentlichen Zwecks zugrunde, vgl. a.a.O. S. 59/60.
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I 3. Die wiss. Bibliothek als Anstalt des öffentlichen
echts
keit der Zivilgerichte t r i f f t auf öffentliche Organisationen nur sehr bedingt zu, weil jede sich mindestens teilweise privatrechtlicher Institutionen (Kauf, Mietvertrag usw.) bedient, für die i m Streitfalle stets die Zivilgerichte nach § 13 GVG zuständig sind. Wenn Organisations- und Rechtsform i n Frage stehen, w i r d man stets fehlgehen, w i l l man diese aus einem Außenverhältnis ableiten. I m Zivilrecht besteht insoweit kein Streit: Niemand w i r d hier von der A r t und Weise, wie z. B. ein Kaufvertrag zustandekommt und zu erfüllen ist, darauf schließen wollen, ob er m i t einer Aktiengesellschaft oder einer GmbH kontrahiert. Grundlage der Feststellung der i n Frage kommenden Organisationsform w i r d vielmehr stets die Interpretation der konstituierenden Grundnormen (z.B. Gesellschaftsverträge) sein. Jede Organisation ist eine Ausdrucksform des Willens ihrer Schöpfer. Diese Tatsache kann auch i m öffentlichen Recht nicht übersehen werden. Es gehört zum Wesen der Trägerschaft, daß der Träger die Rechtsform der von i h m getragenen Organisation stets dann bestimmt, wenn er an dieser rechtsgestaltend tätig ist oder w a r 1 1 . Die Träger der wissenschaftlichen Bibliotheken sind durchweg gleichzeitig auch ihre Beherrscher, so daß ihre Rechtsform Ausdruck des rechtsgestaltenden Willens des Trägers ist. Unglücklicherweise verzichten fast alle Bibliotheksträger darauf, sich ernsthafte Gedanken darüber zu machen, welche Rechtsform sie ihrem Geschöpf erteilen wollen, sondern begnügen sich mit unverbindlichen Feststellungen 12 . Statt dessen machen sie zumeist ausgiebig von ihrem Gestaltungsrecht Gebrauch, indem sie ohne Rücksicht auf Formtypen rein nach der Zweckmäßigkeit oder auch nach politischen Gesichtspunkten Organisationsnormen schaffen und es i m Einzelfall dem Rechtsgutachter, i m allgemeinen dem Wissenschaftler überlassen, die Rechtsform des Geschöpfes herauszufinden. Der Gestaltungswille des Trägers, wie er sich i n den Organisationsnormen niedergeschlagen hat, bietet daher das einzig sichere K r i t e r i u m für die Rechtsgestalt der fraglichen Organisation. Für die Schöpfung privatrechtlicher Organisationen gelten die zwingenden Rechtsregeln des BGB, des HGB und der einschlägigen Spezialgesetze; sind diese nicht beachtet, so ist eine Organisation des Privat11 Anders z.B., wenn Träger und Beherrscher auseinanderfallen, oder bei aufgezwungenen Organisationen (Zwangsverbänden). 12 „Die Stadt- und Landesbibliothek ist eine gemeinnützige, öffentliche Kultureinrichtung" (§ 1BGO Dortmund) ; „Die LStB Düsseldorf ist eine öffentliche allgemeinwissenschaftliche Bibliothek" (§ 1 BGO Düsseldorf) ; „Die UB Münster ist eine öffentliche wissenschaftliche Bibliothek" (§ 1BO U B Münster) ; „Die U B Tübingen ist ein selbständiges Institut der U" (§ 1 V w O UB Tübingen).
§11. Bibliothek und öffentliche Organisationstypen
47
rechts nicht entstanden, öffentlichrechtlich ist eine Organisation hingegen dann, wenn sie „allein durch einen Träger hoheitlicher Gewalt — durch Rechtssatz oder auf Grund eines Rechtssatzes durch Hoheitsakt — errichtet werden kann, also rechtlich notwendig ist" 1 3 . Ein Träger hoheitlicher Gewalt kann daher einmal wie jedermann, — dann aber auch nur innerhalb der zwingenden Normen des Privatrechts —, zum anderen auf Grund seiner Sonderrechtsstellung als Hoheitsträger ohne Bindung an fremde, sondern unter Schaffung eigener Organisationsnormen organisieren. b) Ausscheidung privatrechtlicher Organisationsformen
Für den Bereich der wissenschaftlichen Bibliotheken ist festzustellen, daß ihre organisatorische Gestaltung an keiner Stelle auf Normen des Privatrechts beruht. Es gibt keine wissenschaftliche Bibliothek, die eine den handelsrechtlichen Vorschriften entsprechende Firmenbezeichnung m i t einem ein Gesellschaftsverhältnis andeutenden Zusatz enthält; auch ist keine wissenschaftliche Bibliothek i n ein öffentliches Register (Handels- oder Vereinsregister) eingetragen. Berücksichtigt man ferner, daß keine wissenschaftliche Bibliothek von Mitgliedern getragen w i r d oder die Voraussetzungen des § 80 BGB (privatrechtliche rechtsfähige Stiftung) erfüllt, so verbleiben als einzige organisatorische Möglichkeiten des Privatrechts die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie das i m Gesetz nicht besonders geregelte sog. Einmannunternehmen. Diesen Organisationstypen könnte die wissenschaftliche Bibliothek nur dann unterfallen, wenn ihr einziges Organ, der Direktor, zugleich Organ einer dieser Rechtsformen sein könnte. Da die Vorschriften der §§ 709 ff. BGB abdingbar sind 14 , könnten mehrere Träger einer wissenschaftlichen Bibliothek den Direktor zum Geschäftsführer bestellen, so daß dieser an die Stelle des einzigen Organs der Gesellschaft, die Gesellschafterversammlung, träte. Desgleichen könnte — bei nur einem Träger — dieser den Direktor zum Vertreter und Leiter des Einmannunternehmens bestellt haben. Da die wissenschaftlichen Bibliotheken Organisationen sind und der Direktor unter unvermittelter Zurechnung für diese handelt, ist er Organ und nicht bloß Vertreter des Trägers; andernfalls würde eine Bibliothek lediglich als Betrieb des Trägers qualifizierbar sein 15 . Ein Organ ist jedoch ein durch organisatorische Rechtssätze gebildetes Zuständigkeitssubjekt 16 und unterscheidet sich grundlegend von dem Vertreter des bürgerlichen Rechts: Ein13 14 is iß
Wolff, Rechtsformen S. 153/154. Vgl. Palandt § 705 Anm. 8. Vgl. oben §4. Wolff I I § 74 I f.
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I 3. Die wiss. Bibliothek als Anstalt des öffentlichen Rechts
mal ist kein Gesellschaftsvertrag, noch viel weniger eine privatrechtliche Verfügung, ein Rechtssatz, der zur Organbildung geeignet wäre; als solche kommen nur die Normen des Gesetzes selbst i n Betracht, wie z. B. die §§ 709 ff. BGB für die Gesellschaft, so daß das Einmannunternehmen keine Organe haben kann, es sei denn, es kleidete sich in eine andere Rechtsform. Zum anderen aber fehlt dem Vertreter die organisatorische Konstituierung: Während ein Organ stets notwendiger Bestandteil der Organisation ist, w i r d der Vertreter je nach Bedarf bestellt und abberufen sowie seine Zuständigkeit verändert. Andererseits müßte sich, w i l l man sich m i t dem so erbrachten negativen Nachweis nicht begenügen, für jede wissenschaftliche Bibliothek feststellen lassen, ob ihr Träger sie durch Rechtssatz oder auf Grund eines Rechtssatzes durch Hoheitsakt errichtet hat. Dieser Beweis ist mindestens nicht lückenlos zu führen, da viele wissenschaftliche Bibliotheken sich überaus langwierig, teils jahrhundertelang, und vielfach aus Privateinrichtungen meist fürstlicher Mäzene entwickelt haben, so daß sich ein exakter Zeitpunkt für die Umwandlung vom bloßen Bibliotheksbetrieb zu einer „Organisation zwecks Betriebes" häufig nicht feststellen läßt. Hochschulbibliotheken sind i n der Regel m i t der Hochschule so eng verbunden, daß die Bibliothek innerhalb der Hochschulverfassung allenfalls kurz erwähnt w i r d 1 7 , so daß von echten Konstitutionsnormen kaum gesprochen werden kann. Für einen positiven Nachweis der Zugehörigkeit der wissenschaftlichen Bibliotheken zu den Organisationstypen des öffentlichen Rechts bleibt nur der Weg, ihre organisatorische Gestaltung zu interpretieren. Dabei ist bemerkenswert, daß sich der positive wie der negative Nachweis m i t demselben Argument führen läßt, nämlich der Organeigenschaft des Bibliotheksdirektors. Da Organe nur durch Setzen objektiven Rechts gebildet werden können, wurde die Zugehörigkeit der wissenschaftlichen Bibliotheken zu den Organisationstypen des Privatrechts letztlich deshalb verneint, weil das Privatrecht innerhalb der dort abschließend normierten Organisationstypen keinen Typus einer nicht rechtsfähigen, von Nichtmitgliedern getragenen und mit einem (einzelnen) Organ ausgestatteten Unternehmung kennt. I m öffentlichen Recht erfolgt das Organisieren demgegenüber durch objektive Rechtsetzung entweder staatlicher oder selbstverwaltender Instutionen. Der faktische Aufbau einer Organisation ist hier die Erfüllung von rechtssatzmäßigen Geboten, nicht, wie i m Privatrecht, ein System von freiwilligen Vertragsschlüssen und Verfügungen i m Rahmen des geltenden Rechts. Die privatrechtlichen Organisationen i m normativen Sinne 17 z. B. § 111 Verf U Münster; eingehend über die Rechtsverhältnisse der nordrhein-westfälischen Hochschulbibliotheken Pflug, MittBl 1961 S. 144 ff.
§ 12. Der Anstaltsbegriff
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sind i n den einschlägigen Zivilgesetzen (BGB, HGB, AktG, GenG, GmbHG) konstituiert und abschließend geregelt. Die entsprechenden öffentlichrechtlichen Organisationen werden dagegen von Fall zu Fall durch Rechtsetzungsakte neu geschaffen. Daher können Organe i m normativen Sinne nur i m Bereich des öffentlichen Rechts für den Einzelfall neu geschaffen werden; i m Bereich des Privatrechts wäre eine Änderung bzw. Ergänzung der einschlägigen Zivilgesetze erforderlich. Das Privatrecht kennt als Organe i m normativen Sinne beispielsweise den Aufsichtsrat der A G (nicht der X-AG) oder den Vorstand des Vereins (nicht des Y-Vereins). Das öffentliche Recht dagegen schafft auch Organe i m normativen Sinne von Fall zu Fall neu. Es gibt kein Organ „Der Bibliotheksdirektor", sondern nur Organe „Der Direktor der X (Y, Z)-Bibliothek". Der Hoheitsträger, der den Betrieb einer wissenschaftlichen Bibliothek organisatorisch verselbständigt, indem er ihn in ein arbeitsteiliges System von Funktionssubjekten m i t einem Organ an der Spitze einbettet, kann daher nur hoheitlich organisiert und damit ein Gebilde geschaffen haben, das den Organisationstypen des öffentlichen Rechts unterfällt.
§ 12. D e r Anstaltsbegriff
I m Interesse der Rechtssicherheit waren Gesetzgeber, Rechtsprechung und Wissenschaft mindestens bis zum 1. Weltkrieg bemüht, die Zahl der Organisationstypen, die i m Rechtsverkehr nach außen i n Erscheinung traten, möglichst fest zu begrenzen und bestimmte Regeln und Voraussetzungen aufzustellen, die jede Organisation erfüllen mußte, um von der Rechtsordnung als solche anerkannt zu werden. I m Privatrecht gelang dieses Unterfangen lückenlos; das dort geschaffene System hat seine Allgemeingültigkeit bis auf den heutigen Tag gewahrt. Insbesondere gelang es dort, Rechtsfähigkeit und Rechtssubjektivität von Organisationen an die Eintragung i n öffentliche Register zu knüpfen 1 8 . Aber auch für die übrigen Formen sozialer Zusammenschlüsse gelten hier zwingende Rechtsregeln, welche die verschiedenen Organisationstypen auf ein übersehbares Maß beschränken. Anders liegt es i m öffentlichen Recht. Die klassische Verwaltungsrechtslehre glaubte, die Zahl der Organisationstypen auf drei Arten begrenzen zu können: Die Korporationen, unterteilt i n Personal- und Gebietskörperschaften, die Anstalten und die Stiftungen 1 9 . Dabei wurde is Einzelheiten vgl. Palandt, Einführung vor § 21 BGB Anm. 4. 19 Vgl. z.B. Georg Meyer §5; Otto Mayer V w R 3. Aufl. 2. Bd. §551111; Fleiner §7. 4
Nitze
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I 3. Die wiss. Bibliothek als Anstalt des öffentlichen Rechts
regelmäßig mit der Zugehörigkeit einer Organisation zum öffentlichen Recht auch deren Rechtssubjektivität verbunden. Schon Fleiner 20 erkannte jedoch, daß diese Typisierung sich nur sehr vage aufrechterhalten ließ, je mehr die Träger öffentlicher Gewalt mit Aufgaben der Daseinsvorsorge überbürdet wurden 2 1 . Wenn auch heute noch an der klassischen Dreiteilung i n Körperschaften, Anstalten und Stiftungen festgehalten wird, so mehr oder minder i n der Überzeugung, daß auf die Dauer weder eine genaue Unterscheidung noch eine erschöpfende Erfassung aller Erscheinungen organisatorischer A r t m i t Hilfe dieser Begriffe möglich sein w i r d 2 2 . Nicht zu Unrecht hebt Forsthoff hervor, daß das öffentliche Recht nicht die feste Formtypik des Z i v i l rechts kennt 2 3 . Die Ursache dürfte darin zu suchen sein, daß das Zivilrecht Ausdruck eines einheitlichen und allgemeingültigen gesetzgeberischen Willens ist, während i m öffentlichen Recht jeder Träger hoheitlicher Gewalt mehr oder weniger unabhängig und für sich allein Rechtsnormen zu schaffen vermag. Zumindest theoretisch könnte daher jeder Hoheitsträger diejenigen Organisationstypen schaffen, die er für zweckmäßig und nützlich hält, ohne an irgendwelche von der Rechtslehre entwickelte Typenmerkmale gebunden zu sein. Jeder Versuch einer allgemeingültigen Definition öffentlichrechtlicher Organisationstypen ist daher ständig der Gefahr ausgesetzt, daß die gefundenen Ergebnisse von der Rechtswirklichkeit überrollt werden. Diese Feststellung braucht freilich nicht dazu zu führen, daß man schlechthin darauf verzichtet, eine Typisierung der öffentlichrechtlichen Organisationen vorzunehmen. Es läßt sich nicht leugnen, daß es eine Fülle von sachlich und formal begründeten Unterscheidungskriterien gibt, die eine Abgrenzung der verschiedenen Organisationsformen ermöglichen. Man w i r d sich allerdings mit der Tatsache abfinden müssen, daß die Grenzen jeder denkbaren Typisierung aus den aufgezeigten Gründen i n weit höherem Maße als i m Zivilrecht flüssig und unscharf bleiben, und zwar i n umgekehrtem Verhältnis zu der Zahl der vor20 §8. Vgl. hierzu insbesondere die Ausführungen Forsthoffs zum System Otto Mayers (§ 3, S. 51 ff.). 22 So z. B. bei Forsthoff, wenn dieser infolge seines dualistischen Systems auf der Basis unmittelbarer und mittelbarer Staatsverwaltung auf eine geschlossene Darstellung des öffentlichen Organisationsrechts schlechthin verzichtet (§§ 21—24) und sich statt dessen auf die Behandlung der Behördenorganisation beschränkt (§ 22 I S. 375 f.) und ferner, wenn er seinen Anstaltsbegriff nur auf die rechtsfähige öffentliche Anstalt bezieht (S. 434), die Bestimmung eines umfassenden und ausschließlichen Begriffs aber gar nicht erst versucht (S. 438). So aber auch Wolff, wenn er einräumt, daß sein A n staltsbegriff alle organisierten Subjekte öffentlicher Verwaltung umfasse, die nicht Körperschaften und Stiftungen seien ( I I § 98 I a 6). 23 § 24 I I 1 (S. 424). 21
§ 12. Der Anstaltsbegriff
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genommenen Aufteilungen. Die Dreiteilung i n Körperschaften, A n stalten und Stiftungen ist i m wesentlichen an den organisationsrechtlichen Erscheinungsformen der Zeit vor dem ersten Weltkrieg orientiert und w i r d den seitdem eingetretenen Veränderungen, besonders infolge des Anwachsens der Leistungsverwaltung, nicht mehr gerecht. Die konsequente Einführung des Betriebsbegriffs würde manche Schwierigkeiten beseitigen, die der Anstaltsbegriff i n sich trägt, w e i l viele Einrichtungen, die als nicht rechtsfähige Anstalten bezeichnet werden, keine Organisationen sind. Eine bessere Unterscheidung i m Grenzgebiet von Anstalt und Körperschaft ließe sich durch die Unterscheidung von koordinierenden und produktiven Körperschaften bzw. Anstalten erreichen, w e i l bei manchen Anstalten mit mehreren Trägern, deren gesamthänderische Bindung zweifelhaft ist, jedenfalls der Zweck feststeht, während andererseits manche Anstalten koordinierende Aufgaben wahrnehmen und daher den Körperschaften bedenklich nahestehen 24 . Eine weitere Vertiefung der eben skizzierten Gedanken würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen. Es soll daher i m folgenden von der klassischen Dreiteilung i n Körperschaften, Anstalten und Stiftungen als Arbeitsgrundlage ausgegangen werden. a) Abgrenzung zur Körperschaft
Körperschaften des öffentlichen Rechts sind durch Vorschriften des öffentlichen Rechts gebildete und wirkende, öffentlichen Zwecken dienende organisatorische Zusammenfassungen von kraft Zurechnung willens- und handlungsfähigen Personenmehrheiten, die — unabhängig vom Wechsel der einzelnen Mitglieder — rechtliche Einheiten bilden. Sie sind in der Regel rechtsfähig 25 . Die wissenschaftlichen Bibliotheken sind zwar durch Vorschriften des öffentlichen Rechts gebildet und dienen öffentlichen Zwecken. Sie sind jedoch keine Zusammenfassungen von Personenmehrheiten, da ihnen Mitglieder durchweg fehlen. Sie werden zwar vielfach von Körperschaften getragen, können aber selbst nicht unter diesen Begriff fallen. Scheidet somit der körperschaftliche Organisationstyp bei den weiteren Betrachtungen aus, so stellt sich die Frage, ob sich die wissen24 So z. B. im anstaltlichen Bereich der wissenschaftlichen Hochschulen, etwa bei der Festlegung der Zulassungsbedingungen für die Studierenden, vgl. Wolff I I § 93 I I a, sowie bei den rechtsfähigen Anstalten, vgl. auch unten b b b und c. 2 * Vgl. Wolff I I § 84.
4»
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I 3. Die wiss. Bibliothek als Anstalt des öffentlichen Rechts
schaftlichen Bibliotheken als Anstalten oder Stiftungen qualifizieren lassen. b) Funktionaler und organisationsrechtlicher Anstaltsbegriff
Der Begriff der Anstalt des öffentlichen Rechts ist seit seiner Einführung i n das deutsche Recht durch Otto Mayer 26 seinem Inhalt und seiner Bedeutung nach ebenso umstritten wie ungeklärt. Während die herrschende Verwaltungsrechtslehre die Anstalt als eine von Körperschaft und Stiftung zu unterscheidende Organisationsform auffaßt 27 , t r i t t eine besonders von Forsthoff repräsentierte Ansicht dafür ein, den Anstaltsbegriff auf die rechtsfähigen öffentlichen Anstalten zu beschränken 28 und i m übrigen von „öffentlichen Unternehmungen" 2 9 oder der „anstaltlich gewährten Nutzung öffentlicher Sachen" 30 zu sprechen; auf diese Weise werden die nicht rechtsfähigen Anstalten zu einem Sachinbegriff erklärt, der auf bestimmte Weise verwaltet wird. aa) Kritik
der Ansichten von Forsthoff
und Jecht
Auf der Grundlage dieser Auffassung hat Jecht 31 neuestens die öffentliche Anstalt als einen „funktional bestimmten Organisationstyp öffentlicher Verwaltung" angesehen und will, wiederum i m Gefolge Forsthoffs 32, nur die rechtsfähige öffentliche Anstalt als Rechts- und Organisationsform gelten lassen. Diese Ansicht verzichtet bewußt 3 3 auf eine Trennung der verschiedenen Organisationsformen und betrachtet sogar die Frage als nebensächlich, ob eine Organisation dem öffentlichen oder dem privaten Recht zuzuordnen ist: Wenn sie die Funktion der Daseinsvorsorge zu erfüllen hat, ist sie öffentliche Anstalt i m funktionalen Sinne, gleichgültig, ob sie privatrechtlich oder öffentlichrechtlich organisiert oder überhaupt eine Organisation ist 3 4 . 26 Vgl. zur Entstehungsgeschichte des Anstaltsbegriffs im deutschen Recht Jecht S. 11 ff.; eine ausführliche Zusammenstellung und Kritik der älteren Lehrmeinungen findet sich bei Heymann S. 22 ff. 27 z.B. Bochalli S. 3; Hatschek-Kurtzig S. 496 ff.; W.Jellinek S. 513 f.; v. Köhler S. 108ff.; Kormann-List S. 41 ff.; Hans Peters S. 11 ff.; v. TureggKraus S. 86 ff.; Wolff I I § 98 I a 5 (2. Aufl. § 98 I a 4). 28 Forsthoff S. 434. 29 Forsthoff S. 358. 30 Forsthoff S. 355 ff. (§ 21). 31 S. 9 und 84/85. Vgl. hierzu auch die Kritik Wolffs in I I § 98 I a 6 (2. Aufl.), S. 302/303. 32 Forsthoff S. 433 ff. 33 Jecht S. 84/85; Forsthoff S. 323. 34 Jecht S. 82/83.
§12. Der Anstaltsbegriff
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Derartige Überlegungen haben zweifellos großen Nutzen für eine systematische Unterbringung der Anstalten in das (in der von Forsthoff vertretenen Form offenbar überspitzte) 35 dualistische System von Eingriffs- und Leistungsverwaltung, weil sie die Anstalten ausnahmslos einem der beiden Bereiche zuzuweisen vermögen. I m Bereich des Organisationsrechts und insbesondere bei der Unterscheidung der einzelnen Organisationstypen stiften sie jedoch Verwirrung, zumal wenn organisationsrechtliche Begriffe nicht klar geschieden werden. So versucht beispielsweise Jecht 36 den Anstaltsbegriff Wolffs dadurch zu widerlegen, daß er den Begriff „Organisation" als einen solchen der Technik bezeichnet, ohne sich mit Wolffs Organisationsbegriff 37 , auf dem dessen Anstaltsdefinition fußt, auseinanderzusetzen; m i t der von Jecht i n demselben Satz 38 herangezogenen Tätigkeit des Organisierens hat die Organisation nicht viel mehr als die etymologische Wurzel gemeinsam. Desgleichen verfällt Jecht einer Reihe von Irrtümern, die auf einer mangelhaften Unterscheidung von Betrieb und Organisation beruhen. Wenn er Parallelen zwischen Betrieb und Anstalt aufzeigt 39 und zu dem Ergebnis kommt, daß funktional kein Unterschied zwischen ihnen bestehe 40 , so zeigt sich die Begriffsverwirrung aufs deutlichste: Die von Jecht angesprochene Funktionalität beschränkt sich ausschließlich auf den Betriebssektor und betrifft jede Organisation, die Betriebe gewisser A r t unterhält, also die Anstalten gleichermaßen wie Aktiengesellschaften oder Körperschaften des öffentlichen Rechts. Jecht selbst unterstreicht diese Situation, wenn er davon spricht, „daß die öffentliche Anstalt eine Entwicklung aufgenommen hat, die man . . . als die fortschreitende ,Verbetrieblichung' der öffentlichen Verwaltung bezeichnen könnte" 4 1 . Gerade Jechts Überlegungen zeigen, daß die Organisation als abstraktes Beziehungsfeld von Organen und Funktionssubjekten schärfstens zu trennen ist von dem konkreten, sichtbaren Betrieb als organisiertes, arbeitsteiliges System von sachlichen und personellen Mitteln zur Verfolgung bestimmter Zwecke 42 . Während 35 Zu Recht verweist Gisela Scherer (S. 38 ff.) darauf, daß die gesamte K u l turverwaltung wegen ihrer historischen Entwicklung und ihrer speziellen Bedeutung für Staat und Gesellschaft weder der Eingriffsverwaltung noch der Daseinsvorsorge zugeordnet werden kann. Sie bevorzugt daher insoweit die Bezeichnung „schlichte Hoheitsverwaltung" (a.a.O. S. 47). 36 a.a.O. S. 71. 37 Wolff I I § 711. 38 a.a.O. S. 71/72. 39 a.a.O. S. 51 ff. 40 a.a.O. S. 80 ff. « a.a.O. S. 53. 42 Unrichtig daher auch Schlüter S. 48, der eine Definition des Betriebes als eine solche der Organisation bezeichnet und folglich im Ergebnis (S. 77) das abstrakte Beziehungsfeld der Organisation mit dem technischen Instrumentarium des zugeordneten Betriebes vermengt.
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I 3. Die wiss. Bibliothek als Anstalt des öffentlichen Rechts
die Organisation juristisch faßbar ist und stets eine Rechtsform hat, ist der Betrieb als technisches Instrumentarium gegenüber einer j u r i stischen Formalisierung immun: Sein Verhältnis zu der steuernden Organisation ist dem eines Werkzeuges zu dem es handhabenden Menschen vergleichbar; der Handwerker mag wechseln, das Instrument bleibt dasselbe ohne Rücksicht darauf, wer es benutzt. Jechts funktionaler Anstaltsbegriff ist daher i n Wahrheit eine Bezeichnung für den der Daseinsvorsorge dienenden Betrieb, nicht für eine Organisationsform des öffentlichen Rechts. Aus denselben Gründen kann auch dem Anstaltsbegriff Otto Mayers 43 nicht gefolgt werden, der eine nahezu perfekte Definition des Betriebs gab, nur diese unglücklicherweise mit der Bezeichnung „Anstalt" versah. Freilich lassen Otto Mayers Ausführungen 4 4 erkennen, daß er m i t seiner Definition nicht einen Betrieb, sondern die dahinter stehende Organisation verstanden wissen wollte. Wolff 45 hat gezeigt, daß dieser Vorgang eine Abgrenzung von anderen Organisationen nicht ermöglicht, was zweifellos damit zusammenhängt, daß jede Organisation Sachen und Personal zu einer dauernden Zweckverfolgung zusammenfassen (also einen Betrieb unterhalten) kann. Die Versuche späterer Zeit, diesem Fehler abzuhelfen, scheiterten vor allem deshalb, weil alle Überlegungen von der Definition O. Mayers ausgingen 46 . bb) Der „betriebsfreie
t(
Anstaltsbegriff
bei Wolff
Soweit ersichtlich, hat Wolff als erster versucht, die öffentliche A n stalt als Organisations- und Rechtsform i n Gegensatz zu Körperschaft und Stiftung des öffentlichen Rechts zu setzen und diesen gegenüber 43 Zur Lehre Otto Mayers vgl. Jecht S. 11. ff. 44 Otto Mayer, V w R I I 3. Aufl. § 51. 45 I I § 98 I a 3. 46 Besonders deutlich zeigt sich dies bei den Darstellungen von Richter ( W d S t R L 6 S. 69 ff.) und Köttgen (a.a.O. S. 105 ff.). Während Richter nach eingehender Auseinandersetzung mit wirtschaftlicher Betätigung der öffentlichen Hand unter privatrechtlichen Organisationsformen feststellt, daß der Anstaltsbegriff O. Mayers jedes privatrechtlich organisierte Unternehmen der öffentlichen Hand mitumfaßt, ohne hieraus Schlußfolgerungen für den Anstaltsbegriff zu ziehen (a.a.O. S. 95), will Köttgen die Anstalt als „verwaltungsrechtlichen Organisationstyp" (a.a.O. S. 109,111), „als öffentlichrechtliche Verwaltungseinheit" (S. 111) und unter Verzicht auf das Merkmal der öffentlichen Zweckbestimmung (S. 123) als Verwaltungseinheit kennzeichnen, „deren Aufgaben überwiegend durch den Realakt charakterisiert werden" und „öffentlichrechtlich genutzt werden" (S. 125). Da der Realakt dem Betriebssektor angehört, wie oben bei § 2 im letzten Absatz dargelegt wurde, eignet er sich nicht zur Bestimmung einer Rechtsform. Solange man betriebliche Elemente im Anstaltsbegriff beläßt, ist die oben erwähnte Feststellung Richters unausweichlich. Vgl. im übrigen List S. 158 ff. und die Nachweise bei Wolff I I § 981 a 3.
§ 12. Der Anstaltsbegriff
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abzugrenzen. Seine Definition der Anstalt als „eine von einer Hoheitsperson oder von mehreren Hoheitspersonen gemeinschaftlich getragene und ständig beeinflußte, i n der Regel m i t Hoheitsgewalt ausgestattete rechtlich subjektivierte Organisation", die bestimmt ist, „unmittelbar öffentlichen Zwecken zu dienen" 4 7 , merzt als erste erfolgreich jedes betriebliche Element i m Anstaltsbegriff aus. Sie läßt eine Abgrenzung sowohl zur Körperschaft wie zur Stiftung zu, gerade w e i l sie auf betriebliche Elemente verzichtet. Allerdings leidet diese Definition an einem Mangel. Nicht alle rechtsfähigen Anstalten sind von ihren Trägern ständig beeinflußt. Beispiele hierfür sind etwa die Rundfunkanstalten 4 8 und auch die Deutsche Bundesbank 49 . Diese Institutionen werden zwar von den Ländern bzw. vom Bund getragen, der oder die Träger haben jedoch bei der Konstituierung bewußt auf eine Einflußnahme verzichtet, w e i l der Zweck der Anstalt nur i n Unabhängigkeit vom Träger zu erfüllen ist 5 0 . Es liegt auf der Hand, daß der Träger eine Tochterorganisation vielfach gerade deshalb m i t eigener Rechtspersönlichkeit ausstattet, w e i l er seinen eigenen Einfluß aus politischen oder anderen Gründen ausschalten und seinem Geschöpf eine mehr oder weniger unabhängige Selbstverwaltung 51 verleihen w i l l . Wolff 52 hat daher später seinen Anstaltsbegriff dahingehend abgewandelt, daß die Anstalt besondere eigene Aufgaben des Trägers zu erfüllen hat, während die Stiftung der Erfüllung /remdnütziger Zwecke dient. 47 Wolff I I § 98 I a 6. Vgl. die Weiterentwicklung dieser Definition in der 2. Aufl. a.a.O. 48 Vgl. die Zusammenstellungen und Fundstellen bei Jecht S. 41/42 und 44/45. 49 Vgl. §§ 2, 5 ff. BankG. so Vgl. z.B. über die Aufgaben des WDR Köln §§3 und 4 W D R G : Hauptaufgabe ist demnach eine unabhängige, neutrale und objektive Berichterstattung und die Berücksichtigung „der weltanschaulichen, wissenschaftlichen und künstlerischen Richtungen" unter Achtung der sittlichen und religiösen Überzeugungen der Bevölkerung und der landschaftlichen Gliederung bei der Sendetätigkeit. 51 So ausdrücklich § 1 Satz 2 des W D R G und Müller S. 122 ff., der Organisation, Unabhängigkeit und anstaltliche Rechtsform der Rundfunkanstalten am Beispiel des NDR darlegt (S. 113 ff.). Freilich ist bei den Rundfunkanstalten der Träger in deren Organen durch weisungsgebundene Bevollmächtigte vertreten, so daß er in Grenzen laufend Einfluß nehmen kann. Ebenso liegt es z. B. bei der Deutschen Bundesbank. Ein solcher Einfluß ist jedoch rechtlich nicht gesichert, und die Vertreter des Trägers sind erheblich in der Minderheit. Wie Müller a.a.O. gezeigt hat, schließt eine solche schwache und vorsichtige Beeinflußbarkeit eine echte Selbstverwaltung der Anstalt nicht aus. Zudem kann der Träger einer Stiftung, wenn er juristische Person ist, stets die gleiche Form der Beeinflussung ausüben, wenn er sich Sitz und Stimme i m Stiftungsvorstand sichert. 52 Rechtsformen S. 154.
56
I 3. Die wiss. Bibliothek als Anstalt des öffentlichen Rechts
Es erscheint fraglich, ob diese Unterscheidung alle denkbaren Fälle zu treffen vermag. Zwar w i r d sich der Träger bei der Erfüllung fremdnütziger Zwecke regelmäßig der Stiftung und nur ausnahmsweise der Anstalt bedienen. Wie problematisch jedoch die Unterscheidung zwischen eigenen und fremden Aufgaben ist, zeigt sich schon an dem Beispiel der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Die Wahrnehmung kultureller Belange ist grundsätzlich nicht Sache des Bundes, der die Stiftung durch Gesetz errichtet hat. Andererseits hat das Bundesverfassungsgericht 53 , gestützt auf Art. 135 Abs. 4 GG, ein überwiegendes Interesse des Bundes an einer Regelung bejaht, die eine einheitliche Verwaltung der nationalrepräsentativen Kulturgüter gewährleistet und von den Regelungen des Art. 135 Abs. 1—3 GG abweicht. Es hat ein Gesetz für verfassungsvereinbar erklärt, demzufolge der Bund als Träger — und sogar als Beherrscher mit dem Recht, ihr eine Satzung zu oktroyieren (vgl. § 4 des Stiftungsgesetzes!) — einer kulturellen Organisation fungiert 5 4 . Das Gericht hat dem Bund damit über die bloße Regelungskompetenz des Art. 135 Abs. 4 GG hinaus ein berechtigtes Interesse an der Erfüllung einer Kulturaufgabe zugebilligt. Es dürfte nicht leicht sein zu entscheiden, ob dem Bund mit dem Untergang des Landes Preußen i n der Verwaltung der preußischen K u l t u r güter eine eigene Aufgabe zugewachsen ist, oder ob er lediglich dazu berufen ist, treuhänderisch eine grundsätzlich fremde Aufgabe wahrzunehmen. Das Bundesverfassungsgericht tendiert i n seiner die Stiftung betreffenden Entscheidung 55 zu der ersten Auffassung. Die andere Auslegungsmöglichkeit läßt die Frage offen, wessen Aufgabe denn der Bund durch die Errichtung der Stiftung wahrgenommen haben soll, da feststeht, daß das Land Preußen endgültig untergegangen ist 5 6 und eine Rechtsnachfolge bezüglich der Kulturgüter seitens der Länder durch das Stiftungsgesetz ausgeschlossen ist.
c) Eigene Begriffsbestimmung
I m Hinblick auf die dargelegte Problematik der von Wolff vorgeschlagenen Unterscheidungskriterien erscheint die Ausschau nach anderen Abgrenzungsmerkmalen zwischen Anstalt und Stiftung notwendig 5 7 . 53 BVerfGE 10 S. 20 ff. (40 ff.). 54 a.a.O. S. 45 ff. 55 Vgl. Anm. 53. Das Bundesverfassungsgericht spricht allerdings nicht ausdrücklich von einer Aufgabe, sondern — getreu dem Wortlaut des Art. 135 Abs. 4 GG — nur von einem überwiegenden Interesse des Bundes an einer Regelung. 56 BVerfGE, a.a.O. S. 39. 57 Wolff hat neuestens (2. Aufl. I I § 981 a 6) die beiden soeben dargestellten
§ 12. Der Anstaltsbegriff
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Anstalt und Stiftung tragen stets ein produktives Moment in sich. Dies erklärt das Vorhandensein betrieblicher Elemente i n fast allen Definitionen der Anstalt und zugleich die Abgrenzungsschwierigkeiten zur Stiftung. Während jede nicht rechtsfähige Anstalt, viele rechtsfähige Anstalten und jede Stiftung im engeren Sinne 58 die Erbringung von Leistungen oder Produkten und damit i n der Regel die Unterhaltung eines oder mehrerer Betriebe zum ausschließlichen oder primären Ziele haben, t r i t t bei manchen rechtsfähigen Anstalten ein Moment hinzu, das organisatorisch ursprünglich nur der Stiftung eigen war, nämlich die rechtlich gesicherte Unabhängigkeit vom Träger durch eigene Rechtsfähigkeit. Während diese Unabhängigkeit bei der Stiftung jedoch dazu dient, eine unbeirrbar sachliche Verwendung des Stiftungsvermögens zugunsten des Stiftungszwecks zu gewährleisten, dient sie bei der trägerunabhängigen rechtsfähigen Anstalt, ähnlich wie bei den Körperschaften, politischen oder Selbstverwaltungszwekken 5 9 . Die Anstalt soll nicht nur Leistungen erbringen, sondern zugleich auch Zwecke höherer A r t erfüllen, wie z.B. die Bestimmung von A r t und Menge, Inhalt und Qualität der eigenen Leistungen (so die Rundfunkanstalten) oder die Wahrnehmung von mit der Leistungserbringung zusammenhängenden politischen Aufgaben (Erhaltung der Währung durch die Deutsche Bundesbank, § 2 BBankG). Diese sind, da sie mit der unmittelbaren Leistungserbringung nichts zu t u n haben, koordinierender Natur: Die Neutralität und Unabhängigkeit einer Rundfunkanstalt oder der Deutschen Bundesbank sind für das gedeihliche Funktionieren des demokratischen Rechtssstaates ebenso wichtig wie die Sendetätigkeit oder die Ausgabe von Banknoten. Es zeigt sich daher, daß die trägerunabhängigen rechtsfähigen Anstalten i m Gegensatz zu allen übrigen Anstalten und den Stiftungen koordinierende Unternehmen (also koordinierende und produktive Organisationen) sind. Definitionen zusammengefaßt, indem er nun auf die Wahrnehmung eigener oder gesetzlich auferlegter fremder öffentlicher Angelegenheiten abstellt und die Beschränkung des Einflusses des Trägers durch Gesetz zuläßt. Damit sind die oben erwähnten Schwierigkeiten zwar abgefangen, jedoch ist eine klare Abgrenzung zur Stiftung nicht erreicht. Wegen der damit zusammenhängenden Schwierigkeiten vgl. Wolff I I (2. Aufl.) § 71 I I I b 2 β im letzten Absatz. Die folgenden Ausführungen versuchen, neue Abgrenzungskriterien zu erschließen. 58 Gemeint ist die rechtsfähige Stiftung des Verwaltungsrechts, vgl. Wolff I I § 102 I I b (2. Aufl.). Die nicht rechtsfähige Stiftung des Verwaltungsrechts ist mangels eigener Organe niemals eine Organisation und spielt für die hier vorliegende Untersuchung keine Rolle (vgl. Wolff I I § 103 V I I I ) . 59 Vgl. Wolff I I § 98 I I a 1 : Rechtsfähige Anstalten unterliegen lediglich einer Rechtsaufsicht durch den Anstaltsherrn, eine etwa vorgesehene Beeinflussung erfolgt in der Regel nicht institutionell und rechtlich gesichert, sondern personell durch Bestellung von Waltern der Hauptorgane. Vgl. auch oben Anm. 51.
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I 3. Die wiss. Bibliothek als Anstalt des öffentlichen Rechts
Die öffentliche Anstalt ist folglich eine von einer Hoheitsperson oder von mehreren Hoheitspersonen gemeinschaftlich getragene, i n der Regel m i t Hoheitsgewalt ausgestattete produktive Organisation, die entweder rechtlich subjektiviert oder rechtsfähig ist und von ihrem Träger (der Gesamthand ihrer Träger) ständig beeinflußt wird, oder aber rechtsfähig und trägerunabhängig ist und neben produktiven auch koordinierende Aufgaben zu erfüllen hat 6 0 . Sie ist bestimmt, unmittelbar öffentlichen Zwecken zu dienen. Eine Stiftung des öffentlichen Rechts 61 ist demgegenüber eine m i t eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete, durch staatliche Willensanordnung hoheitlich begründete oder genehmigte, stets produktive Organisation zur Verfolgung eines i n dieser Anordnung bestimmten Zwecks durch die i n der Anordnung vorgesehenen Organe in der Regel mittels eines vom Stifter hierzu dauernd bereitgestellten Vermögens 62 . Damit ist die rechtsfähige trägerunabhängige Anstalt eindeutig von der Stiftung unterschieden, denn es gibt keine Stiftung, die außerhalb ihres Betriebsbereiches, der hier nicht interessiert, koordinierende Funktionen wahrnimmt.
§ 13. Die Organisationsform der wissenschaftlichen Bibliothek a) Die älteren Auffassungen in der bibliotheksrechtlichen Literatur
Seit es den heute bekannten Typ der wissenschaftlichen Gebrauchsbibliothek gibt, war diese von Trägern öffentlicher Gewalt — zumeist des Staates — eingerichtet und stand dem Publikum zur Benutzung offen 63 . Es hat daher, soweit ersichtlich, nie ein Zweifel daran bestanden, daß wissenschaftliche Bibliotheken in diesem Sinne öffentliche Einrichtungen sind. Dagegen bestanden etwa bis zum 1. Weltkrieg so gut wie keine Vorstellungen über die Organisationsform 64 . 60 Zu den Begriffen der koordinierenden bzw. produktiven Organisation vgl. oben § 5 a). 61 Gemeint ist auch hier die Stiftung, die zugleich Organisation ist; vgl. oben Anm. 58. *2 Vgl. Wolff I I § 102 I b. 63 Historische Einzelheiten bei Kempke § 2 (S. 15 f.) mit Nachweisen aus der bibliothekswissenschaftlichen Literatur. 64 z.B. Wolfstieg in: v. Stengel-Fleischmann, Art. Bibliotheken: „Die wissenschaftlichen Bibliotheken sind . . . meist reine Staatsanstalten oder stehen doch als Landes(Provinzial-)B... oder als StadtB unter staatlicher Oberaufsicht." Hier ist der Anstaltsbegriff also ohne juristische Qualifizierung im Sinne von „Veranstaltung" gebraucht. Franke (S. 5 ff.) verliert in seiner umfassenden Darstellung über den Leihbetrieb der öffentlichen Bibliothek kein Wort über die Organisationsform.
§ 13. Die Organisationsform der wissenschaftlichen Bibliothek
59
Erst als Reissig 65 i n seinem in Bibliothekskreisen besonders bekannt gewordenen Vortrag über das öffentlichrechtliche Benutzungsverhälnis, ohne das Wort Anstalt zu erwähnen, die nach damaliger Ansicht anstaltswesentlichen Eigenschaften (öffentliches Eigentum und Unterhaltung der Bibliothek zum öffentlichen Zweck der Wissenschaftsförderung) einer Literatursammlung als Voraussetzung für eine Subsumtion der Bücherbenutzung unter das öffentliche Recht nannte 6 8 , begannen sich Bibliotheksjuristen ernsthaft mit der Rechts- und Organisationsform der Bibliotheken zu befassen. Dabei gingen fast alle Überlegungen von dem Anstaltsbegriff Otto Mayers aus 67 , dessen Mängel bereits dargelegt wurden 6 8 . Dies um so mehr, als dieser bereits 1896 die Bibliotheken, wenn auch ohne Begründung, i m Zusammenhang mit Gas- und Wasserwerken, Museen und Gemäldegalerien bei den öffentlichen Anstalten aufgeführt hatte 6 9 . So bezeichnet List 70 einen „Bestand von sachlichen und persönlichen Mitteln, die einem besonderen öffentlichen Zwecke dauernd zu dienen bestimmt sind und in die Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung gelegt werden", als Anstalt i m weiteren Sinne, um dann allerdings i m Gefolge Kormanns 71 das Benutzungsverhältnis zur näheren Bestimmung der Anstalt i m engeren Sinne zu verwenden 72 . Bei der Subsumtion der wissenschaftlichen Bibliothek unter den so gefundenen Anstaltsbegriff geht List ebenfalls vom Benutzungsverhältnis aus 73 . Ebenso verfährt Kempfce 74 , der freilich hinzufügt, daß die Aufgaben der Anstalt und insbesondere der öffentlichen Bibliotheken „überwiegend durch den Realakt gekennzeichnet" seien 75 . Treplin 76 verzichtet gänzlich auf eine Begründung seiner Ansicht, die öffentlichen Bibliotheken seien „öffentlichrechtliche Anstalten", und verweist auf List. Auch Köttgen 77 gibt keine Begründung für seinen Satz, daß die Universitätsbibliotheken w ZfB Bd. 28 (1911) S. 401 ff. 6 « a.a.O. S. 409/410. 67 Einzige Ausnahme: Karl Kormann, vgl. Kormann-List S. 41 ff., der, vom Benutzungsverhältnis ausgehend, einen eigenen Anstaltsbegriff formulierte. 68 Vgl. oben S. 54. 69 Otto Mayer, V w R I I 1. Aufl. S. 323. ™ S. 59/60. 71 Kormann, Einführung S. 50/51. 72 Vgl. oben S. 45. 73 a.a.O. S. 62 ff. 74 S. 16 ff. (19). 75 Kempke meint offenbar nicht den Realakt im Rechtssinne, sondern will anscheinend die überwiegend leistungsverwaltungsmäßigen Aufgaben der Bibliotheken kennzeichnen, ein Gesichtspunkt, der später besonders in der Lehre Forsthoffs eine entscheidende Rolle spielen sollte. ™ Bibliotheksrecht S. 599 ff. 77 Deutsches Universitätsrecht S. 123.
60
I 3. Die wiss. Bibliothek als Anstalt des öffentlichen Rechts
„als neben der Universität stehende unselbständige organisiert zu sein pflegen". I m übrigen sei auf die Literaturangaben und Treplin verwiesen.
Staatsanstalten
insbesondere bei
List
Abgesehen davon, daß alle bibliotheksrechtlichen Autoren, auf Otto Mayer fußend, Betrieb und Organisation verwechseln und sich dadurch die Einsicht in den Rechtscharakter der wissenschaftlichen Bibliotheken erschweren, gehen sie auch von Anstaltsbegriffen aus, die eine Unterscheidung zur Stiftung, mitunter auch zur Körperschaft erschweren oder unmöglich machen 78 . Daß dieser Umstand nicht erkannt wurde, dürfte darauf zurückzuführen sein, daß es bis in die jüngste Gegenwart keine öffentlichrechtlich verfaßte Bibliothek gab, die als Körperschaft oder Stiftung organisiert war. Dies wiederum dürfte mit der i m wesentlichen gleichgearteten Aufgabe aller wissenschaftlichen Bibliotheken — Sammlungen und Nutzbarmachung von Literatur zu wissenschaftlichen Zwecken — zusammenhängen. Offenbar gibt es nur eine Betriebs- und Organisationsform, die diesen Aufgabenbereich optimal zu erfüllen vermag. Daher muß auch ein Anstaltsbegriff, der auf die wissenschaftlichen Bibliotheken widerspruchsfrei anwendbar ist, nicht unbedingt richtig sein. Bei der Betrachtung homogener Objekte sind Beschreibungs- und Charakterisierungsfehler unauffällig; sie zeigen sich erst i m Vergleich. b) Anstaltsbegriff und wissenschaftliche Bibliothek
Ob die wissenschaftlichen Bibliotheken Anstalten des öffentlichen Rechts i m organisationsrechtlichen Sinne sind, läßt sich nur unter Verzicht auf alle betrieblichen Aspekte nach den bisher entwickelten Kriterien entscheiden. Die wissenschaftlichen Bibliotheken i m eingangs genannten Sinne sind per definitionem Organisationen 79 . Jede einzelne ist zudem Gegenstand mindestens ihrer Konstitutionsnorm. Da diese Norm jedoch der Bibliothek weder eine Pflicht noch ein Recht zuweist, ist sie nicht geeignet, die Rechtssubjektivität der Bibliotheken zu begründen 80 . Dies 78 Dies gilt selbst von den neuesten bibliotheksrechtlichen Darstellungen, vgl. Kaspers , BB1 1964 S. 1170; Gisela Scherer S. 50 f.; Boehmer S. 24 f. ™ Vgl. oben § 6 a). 80 Vgl. Wolff I § 32 I I I a. Soweit die Konstitutionsnorm zugleich eine Aufgabenstellung enthält (etwa die Erfüllung bibliothekarischer Aufgaben in einem bestimmten Gebiet), ist eine Bibliothek auch durch ihre Konstitutionsnorm rechtlich subjektiviert. Dagegen dürfte die allgemeine Aufgabenstellung, Literatur zu sammeln und öffentlich nutzbar zu machen, die bei jeder Bibliotheksgründung impliziert ist und schon dem Begriff der Bibliothek innewohnt, als rein faktisches Moment anzusehen sein und nicht aus-
§ 13. Die Organisationsform der wissenschaftlichen Bibliothek
61
geschieht vielmehr i n aller Regel durch Verwaltungs- und Benutzungsordnungen, denen als Sonderverordnungen Rechtssatzcharakter zukommt 8 1 . Ihre Ermächtigungsgrundlage findet sich i n den Gemeindeordnungen und Kommunalabgabengesetzen (bei den kommunal getragenen Bibliotheken), der gesetzlichen Autonomie der wissenschaftlichen Hochschulen (bei den von Hochschulen getragenen Bibliotheken) oder i m Gewohnheitsrecht 82 . Es wurde bereits festgestellt, daß die wissenschaftlichen Bibliotheken stets von Subjekten öffentlicher Gewalt getragen werden. Sofern mehrere Träger in Betracht kommen, sind sie untereinander, zumeist durch verwaltungsrechtlichen Vertrag, gesamthänderisch gebunden 83 . Der oder die Träger üben auch einen ständigen Einfluß 84 durch Stellenoder Haushaltspläne sowie die Ernennung und Abberufung des Direktors 85 , aber auch durch Aufsicht 8 6 aus. Da die wissenschaftlichen Bibliotheken durch Sammlung, Verwaltung und Nutzbarmachung von Literatur Leistungen erbringen, sind sie produktive Organisationen (Unternehmen i m Rechtssinne). Sie sind in aller Regel weder rechtsfähig noch mit koordinierenden Aufgaben, d.h. der Ordnung sozialer Gegebenheiten oder individueller Zweckverfolgungen, betraut 8 7 . Alle wissenschaftlichen Bibliotheken sind auch mit Hoheitsgewalt mindestens gegenüber ihren Benutzern ausgestattet 88 . Das Benutzungsverhältnis erlaubt dem Organ, i m Rahmen der Benutzungsordnung in den Rechtskreis von Zivilpersonen einzugreifen. Die wissenschaftlichen Bibliotheken sind also fast ausschließlich 89 von einer Hoheitsperson oder von mehreren Hoheitspersonen gemeinschaftlich getragene und ständig beeinflußte, m i t Hoheitsgewalt ausgestattete rechtlich subjektivierte, aber nicht rechsfähige produktive Organisationen zur unmittelbaren Verfolgung öffentlicher Zwecke und damit öffentliche Anstalten 9 0 . reichen. Nicht das Motiv des Gründers, sondern dessen Normierung in einem Rechtssatz begründet für das Zuordnungssubjekt Pflichten oder Rechte, ei Vgl. Wolff I § 24 I I b 1 β; § 25 V I I I . 82 So Wolff , Grundsätze S. 281; näheres unten §19b, insbesondere bb und cc. 83 So ζ. B. Vereinbarung U Köln §§ 2, 6. 84 Ausnahme: Deutsche Bibliothek Frankfurt, vgl. unten zu c. 85 Vgl. z. B. §§ 80 I I Verf U Köln, 94 I I Verf U Bonn, § 111 I I Verf U Münster. 86 Zum Begriff Wolff I I §77 I I ; vgl. auch unten § 16. 87 Ausnahme vgl. Anm. 84. 88 Näheres unten § 21. 89 Ausnahme vgl. unten zu c. 90 So im Ergebnis, soweit ersichtlich, alle Stimmen in der Literatur von Georg Meyer (Meyer-Dochow § 92, 2 S. 232) bis zu Hans J. Wolff ( I I § 98 I a 7
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I 3. Die wiss. Bibliothek als Anstalt des öffentlichen Rechts c) Exkurs: Die Deutsche Bibliothek in Frankfurt
Die soeben gegebene Begriffsbestimmung kann für die Deutsche Bibliothek i n Frankfurt keine Geltung beanspruchen. Diese nimmt nicht nur wegen ihres speziellen bibliothekarischen Aufgabenkreises, sondern auch organisationsrechtlich eine Sonderstellung ein. aa) Entstehungsgeschichte
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I m Gegensatz zu anderen Staaten, insbesondere Frankreich, fehlte es i n Deutschland wegen der hier herrschenden besonderen politischen Verhältnisse bis zum Anfang dieses Jahrhunderts an einer Institution, die das nationale Schrifttum lückenlos sammelte. Diese Aufgabe war vielmehr auf eine Fülle von Landesbibliotheken verteilt, deren größte und bedeutendste die Preußische Staatsbibliothek in Berlin war. Aus diesem Grunde gab es auch keine deutsche Nationalbibliographie, denn für die Erfüllung einer solchen Aufgabe fehlte es an einer Institution, die eine Übersicht über das erschienene und gedruckte Schrifttum erlangen konnte. Dieser Mangel wurde von dem deutschen Buchhandel als besonders drückend empfunden. Der damalige Börsenverein der deutschen Buchhändler beschloß daher i m Jahre 1912, unter dem Namen „Deutsche Bücherei" i n Leipzig eine Sammlung des deutschen Schrifttums aufzubauen. Das Land Sachsen und die Stadt Leipzig unterstützten die damit ins Leben gerufene Einrichtung bis zum Jahre 1922 allein, später i n Verbindung mit der Reichsregierung. Seit 1924 wurde die Deutsche Bücherei neben dem Börsenverein vom Reich, dem Lande Sachsen und der Stadt Leipzig getragen, aber erst i m Jahre 1940 wurde sie i n eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt. Obwohl sie bis 1935 ausschließlich auf freiwillige Spenden angewiesen war, auf die Sammlung der sog. Erscheinungen außerhalb des Buchhandels anfangs ganz verzichten mußte (da Selbstverleger i n der Regel nicht Mitglieder des Börsenvereins sind), und an eine Berücksichtigung des vor 1913 erschienenen Schrifttums nicht gedacht werden konnte, so erfüllte die Deutsche Bücherei ihre Aufgabe doch so gut, daß sie ab 1921 eine nahezu vollständige deutsche Nationalbibliographie herausgeben konnte und die seit ihrem Bestehen und I I g 2 α; Grundsätze S. 279 ff.). Streit herrscht lediglich über die Begründung des Ergebnisses, weil der Anstaltsbegriff umstritten ist. Einigkeit im Ergebnis besteht insbesondere auch in der neueren Literatur; vgl. Forsthoff S. 362; Heymann S. 18 und 24; Lansky S. 1 f.; Marianne Rost S. 15 ff.; Thieme S. 197 ff.; Treplin-Kirchner S. 755 ff. 91 I n den folgenden Ausführungen ist das unveröffentlichte Manuskript eines Vortrags von Rudolf Blum über die DB verarbeitet worden, der am 26.11.1963 in Kassel gehalten wurde.
§ 13. Die Organisationsform der wissenschaftlichen Bibliothek
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in Deutschland erschienene Literatur nahezu vollständig archiviert hatte. Nach der Teilung Deutschlands war aus politischen Gründen eine Erfüllung der nationalbibliographischen Aufgabe durch die Deutsche Bücherei i m bisherigen Sinne nicht mehr möglich. Da man i m westlichen Teil Deutschlands weder auf die Erstellung einer Nationalbibliographie noch auf die Archivierung des neu erschienenen Schrifttums verzichten wollte, wurde Ende 1946 — wiederum auf Initiative der (damaligen) Landesverbände der westdeutschen Buchhändler und einer Stadt, diesmal Frankfurt (M.) — die Gründung der Deutschen Bibliothek vereinbart 9 2 . Als sich abzeichnete, daß diese mehr sein würde als ein Provisorium, und sich zudem m i t dem vollen Einsetzen der Verlagsproduktion die finanziellen Belastungen i n ungeahntem Maße steigerten, wurde 1952 die Umwandlung i n eine, wie es hieß, rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts vorgenommen. Die Stiftungsurkunde vom 31. 7.1952 93 nennt als Stifter zunächst das Land Hessen und die Stadt Frankfurt, u m sodann eine sog. „Beteiligung" 9 4 des Bundes und des Börsenvereins anzuzeigen. Die Stadt Frankfurt und der Börsenverein stifteten einmalig und endgültig Vermögensgegenstände (Erbbaurecht, Räumlichkeiten, Einrichtungsgegenstände, Bücher). Alle Beteiligten stifteten zudem für 1952 einen festen Geldbetrag, während sie für die Zukunft Zuwendungen nach i n den jeweiligen Haushaltsplänen festzusetzendem Umfange i n Aussicht stellten. Zusammen m i t dem Stiftungsakt verliehen das Land Hessen und die Stadt Frankfurt der Deutschen Bibliothek eine Satzung, die unter dem 9. 9.1952 veröffentlicht wurde 9 5 . Diese bestimmte unter I V als Zweck der Deutschen Bibliotheken u. a., das gesamte i n Deutschland und das deutschsprachige i m Ausland erschienene Schrifttum ab 8.5.1945 zu sammeln, eine deutsche Bibliographie herauszugeben, sowie die Bestände zur Benutzung i m Lesesaal bereitzustellen. Nachdem unter V die Gemeinnützigkeit festgelegt ist, befassen sich die folgenden Punkte m i t der Organisation. Die Deutsche Bibliothek hat demnach drei Organe, nämlich das Kuratorium (bestehend aus je zwei Vertretern des Bundesinnenministeriums, des Landes Hessen, der Stadt Frankfurt und des Börsenvereins, vgl. 9 2 Zur Entstehungsgeschichte vgl. Eppelsheimer, Die Deutsche Bibliothek. Erinnerungen an eine Gründung. In: Bibliographie und Buchhandel. Festschrift zur Einweihung des Neubaues der DB Frankfurt (M.) 1959, S. 13 ff. 93 Abgedruckt in BB1 1959, Nr. 32 a S. 20. 94 Der entscheidende Satz lautet: „Die Bundesrepublik Deutschland . . . und der Börsenverein . . . beteiligen sich an der Stiftung, indem sie der Deutschen Bibliothek folgende Vermögensgegenstände zuwenden: . . . " 95 heStaatsanz 1952 S. 730 f.
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I 3. Die wiss. Bibliothek als Anstalt des öffentlichen Rechts
VII), den Direktor (er ist als Hauptverwaltungsbeamter an die Beschlüsse des Kuratoriums gebunden) und den Beirat, der sich aus i m Bibliothekswesen erfahrenen Mitgliedern des Kuratoriums und des Börsenvereins zusammensetzt, die von diesen Organisationen zu benennen sind. XII,2 unterwirft die Deutsche Bibliothek hinsichtlich der Rechnungslegung dem geltenden hessischen Landesrecht. X I I I regelt das Verfahren bei Satzungsänderungen und verbietet die Veränderung des Stiftungszwecks. Die Vorschrift verlangt für eine Verlegung des Sitzes eine Zustimmung „beider Stifter", ohne diese zu nennen. X I V schließlich bestimmt Voraussetzungen, Verfahren und Verbleib des Vermögens bei einer Aufhebung der Stiftung. Die von dem Kuratorium unter dem 16. 4.1959 erlassene Benutzungsordnung unterscheidet sich von den Vorschriften anderer wissenschaftlicher Bibliotheken vor allem dadurch, daß m i t Rücksicht auf den Archivcharakter der Deutschen Bibliothek die Benutzung beschränkt ist. Sie kennt nur die Benutzung im Lesesaal und bietet der Verwaltung die Möglichkeit, abgenutzte (Ziff. 3) oder von der Redaktion der Deutschen Bibliographie dienstlich benötigte Werke (Ziff. 15) dauernd oder vorübergehend der Benutzung zu entziehen. A m 21. 4.1964 trat eine neugefaßte Satzung i n K r a f t 9 6 . Sie enthielt unter I V neben einer Präzisierung des früheren Aufgabenkreises vor allem eine Erweiterung des Zwecks dahingehend, daß „die Deutsche Bibliothek i m Interesse der internationalen bibliographischen Zusammenarbeit Verbindung m i t den bibliothekarischen Zentren des Auslandes halten und die Bundesrepublik Deutschland in den internationalen Gremien vertreten" soll (Abs. 5). I m übrigen beschränken sich die Abweichungen gegenüber der ursprünglichen Fassung auf geringfügige organisatorische Veränderungen und Präzisierungen.
bb) Rechtsgestalt Als einzige reine Archivbibliothek unterscheidet sich die Deutsche Bibliothek schon nach Aufgabenkreis und Zielsetzungen von allen anderen wissenschaftlichen Bibliotheken der Bundesrepublik. Die Entstehungsgeschichte zeigt zudem das auffallend starke Engagement eines privatrechtlichen Interessenverbandes in eine fast ausschließlich national-kulturpolitische und damit öffentliche Aufgabe. Es kann daher nicht verwundern, daß die Deutsche Bibliothek, zumal auf dem dargestellten historischen Hintergrund, auch organisationsrechtlich aus dem Rahmen des Gewohnten fällt. μ heStaatsanz 1964 S. 1009 ff.
§ 13. Die Organisationsform der wissenschaftlichen Bibliothek
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Das i n der bundesstaatlichen Verfassungstradition Deutschlands w u r zelnde Dilemma zwischen einzelstaatlicher Kulturhoheit einerseits und einer unleugbaren, sprachlich und geistig bedingten Einheit deutscher K u l t u r andererseits hat bis zum heutigen Tage der Schaffung nationalrepräsentativer Kultureinrichtungen durch eine einheitliche Zentralgewalt nahezu unüberwindliche politische Hindernisse entgegengestellt. I m Falle der Deutschen Bibliothek führte dies dazu, daß eine privatrechtliche Institution sich — zum Wohle des Ganzen, wie nicht zu verkennen ist — einer unabweisbar öffentlichen Aufgabe bemächtigte und diese m i t Hilfe zumeist aus verständlichen Gründen recht zaghaft operierender öffentlicher Einrichtungen wahrnahm und bestmöglich erfüllte 9 7 . Nur vor diesem Hintergrund w i r d verständlich, daß für die Deutsche Bibliothek eine Organisationsform gewählt wurde, die i n mancher Hinsicht recht unglücklich und bedenklich erscheint. M i t der offensichtlichen Unterscheidung zweier Arten von Trägern liefert das Beispiel der Deutschen Bibliothek ein höchst mißliches Novum i m öffentlichen Organisationsrecht. Liest man den Absatz X I I I Satz 2 der Satzung in Verbindung mit der Stiftungsurkunde, so sollen als eigentliche Stifter das Land Hessen und die Stadt Frankfurt verstanden werden. A n der von diesen allein ins Leben gerufenen „Stiftung" haben sich sodann Bund und Börsenverein „beteiligt". Es sind also Stifter und Mitträger zu unterscheiden, denn funktional läßt die Beteiligung der Letztgenannten, die an demselben Tage, i n derselben Urkunde und mit etwa gleichen Vermögenszuwendungen beigetreten sind, keinen Unterschied zu den „Stiftern" erkennen, zumal sie das Hauptorgan, nämlich das Kuratorium, neben den Stiftern paritätisch mitbesetzen (VII,1 der Satzung). Gegen eine bloße Förderereigenschaft des Bundes und des Börsenvereins spricht die starke Position beider Mitträger i m Kuratorium. Augenscheinlich hat diese merkwürdige Konstruktion politische Gründe. Der Bund wollte sich an der unmittelbaren Gründung der Deutschen Bibliothek offenbar nicht beteiligen, u m den Anschein zu vermeiden, er befasse sich unter Mißachtung der Kulturhoheit der Länder mit kulturellen Aufgaben 98 . Gegen eine M i t gründung seitens des Börsenvereins mögen naheliegende rechtliche Bedenken gesprochen haben, denn grundsätzlich kann eine juristische Person des Privatrechts nicht öffentlichrechtlich organisieren. Eine 97 Köster verweist darauf, daß die Gründung auf Initiative der Stadt Frankfurt und des Börsenvereins bereits 1946/1947 erfolgte, als die Länder sich gerade konstituierten und der Bund noch nicht existierte; Börsenverein und Stadt haben sich „einer klar umrissenen, unabweisbaren und unaufschieblichen Aufgabe . . . für den kommenden Staat vorgreifend angenommen" (S. 32). 9 8 So auch Köster S. 33.
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Nitze
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I 3. Die wiss. Bibliothek als Anstalt des öffentlichen Rechts
privatrechtliche Organisation aber hätte der bibliothekarischen Tradition widersprochen und wäre zudem zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben des Umfangs und der Bedeutung der Deutschen Bibliothek untunlich gewesen. Erhebliche Bedenken ergeben sich ferner schlechthin gegen den Stiftungscharakter der Deutschen Bibliothek. Wolff 99 hatte die Stiftungseigenschaft der Deutschen Bibliothek zunächst verneint, w e i l sie von ihren Trägern laufend beeinflußt und dotiert wird, diese Ansicht aber später 1 0 0 mit dem Hinweis aufgegeben, eine bloße Besetzung des Kuratoriums m i t Organwaltern sei keine rechtlich gesicherte Beeinflussung. A u f die Problematik des Unterscheidungskriteriums der Beeinflußbarkeit wurde bereits hingewiesen 101 . Erhebliche Zweifel am Stiftungscharakter der Deutschen Bibliothek ergeben sich vielmehr einmal aus der offensichtlich variablen Zweckbestimmung, zum anderen aus der Wahrnehmung koordinierender Aufgaben. Nach den oben 1 0 2 gegebenen Definitionen ist eine Stiftung nicht nur eine hoheitlich begründete oder genehmigte rechtsfähige Organisation, sondern existiert einmal zur Verfolgung eines i n der Stiftungsanordnung endgültig bestimmten Zweckes und unterscheidet sich zum anderen von der rechtsfähigen trägerunabhängigen Anstalt dadurch, daß sie stets produktive Aufgaben wahrnimmt. Sieht man davon ab, daß die Stiftungsurkunde über den Zweck der Deutschen Bibliothek kein Wort enthält, so läßt sich nicht leugnen, daß nach der ursprünglichen Satzung mancherlei für die Annahme einer Stiftung spricht. Die Satzung alter Fassung bezeichnete einmal den Betrieb einer Archivbibliothek als alleinigen Zweck der Organisation, umriß zum anderen den Sammelauftrag und verbot vor allem, den Zweck zu ändern. Damit war alleiniger Zweck die Unterhaltung eines Betriebes (der Bibliothek, die m i t ihren sachlichen und persönlichen Mitteln außerdem die Bibliographie zu erstellen hatte), also die Deutsche Bibliothek eine produktive Organisation. I h r Zweck war durch die Satzung endgültig bestimmt. Durch die Satzungsänderung sind diese Gegebenheiten jedoch fragwürdig geworden, wenn auch die Stiftung als solche wenigstens der äußeren Form nach unverändert geblieben ist. Durch die Befugnis, die Bundesrepublik i n internationalen Gremien zu vertreten, ist der Deutschen Bibliothek eine Aufgabe zugewiesen, die nicht produktiver, sondern koordinierender Natur ist. Obgleich die Auslandsarbeit der Deutschen Bibliothek i n der Praxis den Um99 I I § 981 c 2. Der Hinweis fehlt in der 2. Aufl. 100 Grundsätze S. 279. ιοί Oben § 12 b bb. 102 § 12 c a. E.
§ 13. Die Organisationsform der wissenschaftlichen Bibliothek
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fang einer Nebenaufgabe bisher nicht überschritten h a t 1 0 3 , so ist doch eine gewisse Erweiterung und Veränderung der Aufgabenstellung nicht zu übersehen, die m i t den allgemeinen Grundsätzen des Stiftungsrechts und m i t der insoweit nicht geänderten Bestimmung des A b schnitts X I I I Satz 3 der Satzung nur schwer i n Einklang zu bringen ist. Bedenken gegen den Stiftungscharakter ergeben sich auch aus folgendem: Während die Stiftung grundsätzlich nur eine zweckgerichtete Vermögensverwendung zum Ziele hat, ist die geordnete Nutzbarmachung öffentlicher Sachen seit alters her i m öffentlichen Recht eine Domäne der anstaltlichen Rechtsform 104 . Nur die Anstalt kennt Institutionen wie Anstaltsgewalt und Anstaltspolizei, und selbst die Etablierung verwaltungsrechtlicher Sonderverhältnisse ist der Stiftung grundsätzlich fremd. I m Gegensatz zur Anstalt kennt die Stiftung keine Benutzer, sondern lediglich Genußberechtigte 105 . Aus diesen Gründen kann ein öffentlichrechtliches Benutzungs- und Leistungsverhältnis für eine Stiftung, wenn überhaupt, so nur unter Überwindung erheblicher rechtlicher Schwierigkeiten begründet werden. Die Sachnutzung ist für eine Stiftung atypisch und sollte daher grundsätzlich der anstaltlichen Rechtsform vorbehalten werden. Die Deutsche Bibliothek steht organisatorisch i m Grenzgebiet zwischen Anstalt und Stiftung, wobei jedoch mindestens seit Inkraftreten der Satzung vom 21. 4.1964 die anstaltlichen Elemente derart überwiegen, daß sie entgegen ihrer Bezeichnung als Stiftung nur als rechtsfähige öffentliche Anstalt des trägerunabhängigen Typs mit gleichermaßen produktiven wie koordinierenden Aufgaben qualifiziert werden kann. Das als Stiftungsurkunde bezeichnete Dokument vom 31. 7.1952 ist ein Staatsvertrag zwischen den Beteiligten zum Zwecke der Gründung einer Anstalt, die Satzung eine echte Anstaltsordnung. Als rechtsfähige Anstalt nimmt die Deutsche Bibliothek gegenüber den übrigen wissenschaftlichen Bibliotheken eine Sonderstellung ein. Die folgenden Ausführungen, die den Normaltyp der nicht rechtsfähigen Anstalt vorwiegend zum Gegenstand haben, treffen daher auf die Deutsche Bibliothek nur beschränkt zu.
103 Vgl. hierzu Köster S. 72 ff. Man könnte freilich daran denken, daß die Stiftung Trägerin einer Archivbibliothek in anstaltlicher Rechtsform wäre. Dem widerspricht jedoch die Satzung unter V I , indem sie auch den Direktor der Bibliothek als Organ der Stiftung bezeichnet. los Vgl. wolff I I § 102 I a 3 (2. Aufl. I I a 3). 104
5»
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I 3. Die wiss. Bibliothek als Anstalt des öffentlichen Rechts § 14. D e r Anstaltstyp der wissenschaftlichen Bibliothek
Als nicht rechtsfähige öffentliche Anstalten sind die Bibliotheken Teilnehmer am Wirtschaftsleben insofern, als sie Abnehmer von W i r t schaftsgütern sind, ohne selbst solche zu erzeugen. Sie verfolgen nicht erwerbswirtschaftliche, sondern gemeinnützige Zwecke. Sie werden nicht gewerbsmäßig betrieben, sondern erhalten i m Gegenteil laufende Zuschüsse vom unmittelbaren oder mittelbaren Träger. Da ihre Hauptaufgabe neben der Sammlung i n der Nutzbarmachung von Literatur besteht, sind sie nutzbare Anstalten. I m Gegensatz zu vielen anderen Anstalten, deren Benutzung Pflicht ist, werden die wissenschaftlichen Bibliotheken freiwillig genutzt. Die Benutzung steht dem wissenschaftlich Tätigen, also potentiell jedermann, offen: Da niemand von Rechts wegen gehindert ist, sich wissenschaftlich zu betätigen, ist rechtlich jedermann i n der Lage, diese Vorbedingung für den Eintritt i n das Benutzungsverhältnis zu erfüllen. Die wissenschaftlichen Bibliotheken sind daher von der Benutzungsart her gesehen „offene" Anstalten. Sie sind folglich nicht gewerbsmäßig betriebene, gemeinnützige, freiw i l l i g nutzbare, offene Anstalten des öffentlichen Rechts. Weitere Typisierungsmerkmale ergeben sich aus dem Benutzungsverhältnis, das i m Zweiten Teil untersucht wird.
4. Kapitel : D i e Rechtsbeziehungen zwischen Bibliothek und Träger Oben (§ 10) wurde festgestellt, daß als Träger von wissenschaftlichen Bibliotheken jede öffentlichrechtliche Organisation in Betracht kommen kann, zu deren Aufgabenkreis die allgemeine Kulturförderung gehört. Das Rechtsverhältnis zwischen Anstalt und Träger enthält daher nur wenige allgemeingültige Grundlinien; präzise Aussagen über Einzelheiten müssen auch hier besonderen Untersuchungen überlassen werden.
§ 15. Die Stellung innerhalb des Systems der öffentlichen V e r w a l t u n g
Soweit wissenschaftliche Bibliotheken direkt von einer selbständigen Körperschaft, etwa einer wissenschaftlichen Hochschule oder einer Gemeinde, aber auch anderen Hoheitspersonen 1 , getragen werden, ist die Bibliothek der tragenden Körperschaft schlicht als unselbständige Anstalt zugeordnet und damit dem System des jeweiligen Selbstverwaltungskörpers unmittelbar eingegliedert. Das Organ der Bibliothek, der Bibliotheksdirektor, vertritt i m Rechts- und Verwaltungsverkehr die Bibliothek selbst, obgleich sein Handeln rechtstechnisch endgültig (nicht jedoch unmittelbar) dem jeweiligen Träger zugerechnet w i r d 2 ; er ist daher zugleich Unterorgan der Universität, Gemeinde u. ä. 3 . Nächsthöhere Behörde, insbesondere i m Sinne von § 73 Abs. 1 Ziff. 1 VwGO, ist das höchste monokratische Konkretionsorgan des Trägers, also etwa der Gemeindedirektor oder — je nach Hochschulverfassung — der Rektor oder Kurator 4 . Sachlich werden derartige Bibliotheken 1 z. B. dem Landschaftsverband Lippe bezüglich der Lippischen Landesbibliothek, vgl. VereinigungsG § 4 1 und Anlage 1 Ziff. 8, und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz bezüglich der Staatsbibliothek Marburg, vgl. §2 StiftG. 2 Das folgt aus der rechtlichen Subjektiviertheit der Anstalt; vgl. Wolff 1 § 32 I I I a. 3 Vgl. Wolff I I § 75 I. * Lansky (S. 11 und 76 Anm. 70) spricht nur vom Rektor. Das gilt nicht für Universitäten, in denen der Kurator die gesamte staatliche Verwaltung in eigener Verantwortung und unabhängig von akademischen Organen wahrnimmt, wie z. B. in Münster (vgl. § 5 Abs. 3 Verf U Münster).
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I 4. Die Rechtsbeziehungen zwischen Bibliothek und Träger
vom Träger zur Wahrnehmung von Selbstverwaltungsaufgaben betrieben, so daß auch ihr Aufgabenbereich nicht über den des Trägers hinausreicht. Komplizierter ist die Stellung der reinen und gemischten Staatsbibliotheken. Soweit nicht die Verhältnisse durch Organisationsnormen eindeutig geregelt sind, wie z.B. i n Bayern 5 , taucht die Frage auf, ob die wissenschaftlichen Bibliotheken als Teile der staatlichen Verwaltung den oberen, mittleren oder unteren staatlichen Verwaltungsbehörden zuzuordnen sind 6 . Man w i r d davon ausgehen müssen, daß die fraglichen Bibliotheken i n das genannte Schema nicht einzuordnen sind, denn sie unterstehen als Einrichtungen des Landes i n der Regel unmittelbar dem Kultusminister als oberster Landesbehörde, haben aber andererseits keine sich über das ganze Land erstreckenden Zuständigkeiten, was Voraussetzung für eine Qualifizierung als Landesoberbehörde wäre 7 . Die wissenschaftlichen Bibliotheken sind zudem organisationsmäßig keine Behörden, da sie keine Organe sind, sonders nur solche haben. Allenfalls läßt sich das Anstaltsorgan „Bibliotheksdirektor" als Behörde i m Rahmen der Landesverwaltung bezeichnen; da dieser ein fachlich begrenzter Aufgabenbereich in der Regel für einen Teil des Landes zugewiesen ist und sie unmittelbar einem M i nisterium nachgeordnet ist, bietet sich i n Anlehnung an die §§ 17 Abs. 4, 19 Abs. 2, 23 bwLVG, §9 Abs. 1 n w L O G die Bezeichnung „untere Sonderbehörde" an.
§ 16. Aufsicht
Aufsicht ist Beobachtung und Beeinflussung der Tätigkeit des Beaufsichtigten durch Verwaltungsverordnungen, Verwaltungsakte oder Weisungen i m Einzelfalle sowie durch tatsächliche Maßnahmen 8 . Als nicht rechtsfähige Anstalten werden die wissenschaftlichen B i bliotheken von ihren Trägern ständig beeinflußt. Diese Beeinflussung erfolgt jedoch nicht etwa durch Beaufsichtigung des Bibliotheksbetriebes9, sondern des leitenden Organs. 5 Die Generaldirektion für die bay.staatlichen Bibliotheken steht als Landesoberbehörde (Wolff I I § 83 I b) allen staatlich getragenen bay. Bibliotheken mit Ausnahme der Hochschulbibliotheken vor. Sie leitet und beaufsichtigt deren Verwaltung. Der bay. Staatshaushalt enthält in Kap. 0526 einen einzigen Bibliotheksposten, der über die Generaldirektion abgewickelt wird. Näheres bei Middendorf, Die Bayerische Staatsbibliothek 1945—1964. In: Buch und Welt, Festschrift für Gustav Hof mann, Wiesbaden 1965 S. 7 ff. (53 f.). β Zum staatlichen Behördenaufbau auf Länderebene vgl. Wolff I I § 83 I. 7 Vgl. Wolff I I § 83 I b mit Nachweisen. 8 So Wolff I I § 77 I I a. 9 Das wäre auch nicht möglich, denn ein einer Organisation zugeordneter
§16. Aufsicht
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Jede Aufsicht ist mindestens Rechtsauf sieht, da diese die schwächste Form darstellt, m i t der ein Organ beeinflußt werden kann 1 0 . Bei den kommunal getragenen Bibliotheken umfaßt die Aufsicht neben der Nachprüfung ordnungsgemäßer Verwendung der Haushaltsmittel durch die Rechnungsprüfungsorgane und der (nicht organisatorischen, vgl. Wolff I I § 77 I I b 6) Dienstaufsicht über die Bediensteten nur eine allgemeine Organaufsicht, die sich auf die allgemeine Tätigkeit des Bibliotheksdirektors, nicht aber auf die fachliche Kompetenzwahrnehmung bezieht 11 . Der Direktor als leitendes Organ w i r d also — z.B. vom Oberstadtdirektor — nur dahingehend überwacht, ob die Bibliothek i n dem erforderlichen Maß und Umfang entsprechend ihrer öffentlichen Aufgabe tätig wird, ihre öffentlichrechtlichen Pflichten erfüllt und sich gesetzmäßig verhält. Die allgemeine Organaufsicht berechtigt das Aufsichtsorgan jedoch nicht, etwa die Beschaffung bestimmter Werke vorzuschreiben oder zu verbieten. Auch für die übrigen körperschaftlich oder staatlich getragenen Bibliotheken gilt i m Grundsatz nichts anderes. Soweit es sich um vom Land unmittelbar getragene Bibliotheken handelt, w i r d die allgemeine Organaufsicht vom Kultusminister ausgeübt. Hochschulbibliotheken sind dagegen stets der Tendenz ausgesetzt, vom Träger auch i n fachlicher Hinsicht, insbesondere der Beschaffungspolitik, beeinflußt zu werden. Da diese Bibliotheken i n erster Linie die wissenschaftliche Tätigkeit der Hochschulen und ihrer Lehrstühle fördern sollen, kann es leicht zu fachlich begründeten Differenzen zwischen Lehrstuhlinhabern und Institutsdirektoren einerseits und den Bibliotheksdirektoren bzw. den jeweiligen Fachreferenten andererseits kommen. I n der Regel 12 bestehen daher Bibliotheksausschüsse oder -kommissionen, die als Einrichtung der Hochschulkörperschaft bzw. des Senats i n solchen Fällen vermittelnd und beratend tätig werden 1 3 . Betrieb wird nur von dieser gesteuert. Der Träger der Organisation kann nur diese und damit mittelbar auch den Betrieb steuern. Wenn der Träger in das Betriebsverhältnis unmittelbar eingreifen kann, so besteht kein Organisation-Träger-Verhältnis, sondern der Betrieb ist der Trägerorganisation unmittelbar angegliedert. 10 Vgl. oben Anm. 8. — Sogar die rechtsfähige DB Frankfurt unterliegt einer Rechtsaufsicht durch den hessischen Kultusminister, vgl. die Satzung der DB bei I I I . Es liegt bei dieser ein Fall der Staatsaufsicht im Sinne Wolffs vor (vgl. I I § 77 I I b 3 u. Art. 130 Abs. 3 GG). 11 Vgl. Wolff I I § 77 I I b 4. 12 Ausnahmen bilden die Technischen Hochschulen Aachen und Stuttgart sowie die T U Berlin; letztere kennt dafür einen „Beauftragten für Bibliotheksfragen" (vgl. Wieder S. 2). 13 Vgl. z.B. § 111 Abs. 3 Verf U Münster; Satzung für die Bibliothekskommission an der Georg-August-Universität zu Göttingen vom 12.6.1952; A Z des nds. K M 1/2544/52.
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4. Die Rechtsbeziehungen zwischen Bibliothek und Träger
Wo die Hochschulverfassung eine monokratische Verwaltung der Sachmittel, also des anstaltlichen Teils der Hochschule, vorsieht, hat es damit sein Bewenden, so daß bei einer bloßen Beratungs- und Schlichtungsfunktion des Ausschusses noch nicht von einer Fachaufsicht gesprochen werden kann. Die Empfehlungen des Ausschusses können jedoch die Grundlage für Entscheidungen entweder des Senats oder des Verwaltungsausschusses bilden, an die der Bibliotheksdirektor u. U. gebunden ist 1 4 . I n diesem Falle liegt eine echte Fachaufsicht vor, die allerdings durch das stets vorgesehene Mitwirkungsrecht des Bibliotheksdirektors i n der Kommission gemildert ist 1 5 . Gegen eine fachliche Beaufsichtigung hinsichtlich der A r t der Wissenschaftspflege, insbesondere der Beschaffungspolitik seitens des eine Hochschulbibliothek mittelbar oder unmittelbar mittragenden Landes (einer mittragenden Stadtgemeinde) schützt Art. 5 I I I GG, der die Freiheit von Forschung und Lehre postuliert und insoweit die akademische Selbstverwaltung garantiert 1 6 . Nur weil die historisch gewachsene Rechtseinrichtung der akademischen Selbstverwaltung keiner Übertragung in andere Bereiche fähig ist, kommen die übrigen wissenschaftlichen Bibliotheken nicht in den Schutz des Art. 5 I I I GG. Wieder hat an alle Hochschulbibliotheken der Bundesrepublik, mit Ausnahme von Hamburg, Darmstadt und den Neugründungen, A n fragen zur Stellung des Bibliotheksdirektors i m Rahmen der Hochschule gerichtet und die eingegangenen Antworten einem Referat zu14 So z. B. §§ 5 und 6 der Verwaltungsordnung für den Bibliotheksausschuß der U Erlangen, nicht veröffentlicht, genehmigt mit Entschließung des bay. Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 16.1.1926 unter Nr. V I 549: „§ 5 Der Bibliothekausschuß ist die Vermittlungsstelle zwischen dem Akademischen Senat und der Bibliothek; demzufolge begutachtet er die von der Bibliothekverwaltung gestellten Anträge und gibt sie an den Akademischen Senat oder an den Verwaltungsausschuß weiter. Diese treffen ihre Anordnungen in Bibliothekangelegenheiten nach Anhörung des Bibliothekausschusses. §6 Die laufenden Bibliothekgeschäfte, die Angelegenheiten der inneren Verwaltung, des Personals und des Dienstes erledigt der Bibliothekvorstand in eigener Zuständigkeit. Bei Bücheranschaffungen sind die Wünsche der Fachvertreter in erster Linie zu berücksichtigen. Alle wichtigen Bibliothekangelegenheiten sind dem Bibliothekausschuß zur Beratung und Beschlußfassung vorzulegen. Über das abgelaufene Geschäftsjahr erstattet der Bibliothekvorstand Bericht an den Bibliothekausschuß." § 5 ist in der derzeitigen Praxis der U Erlangen ohne Bedeutung, denn die von der Bibliotheksverwaltung gestellten Anträge werden durchweg unmittelbar, also ohne den Bibliotheksausschuß, an das Rektorat der Universität gerichtet. Vgl. auch S. 2 des unten zitierten Manuskripts von Wieder. 15 Zu Rechtsstellung und Bedeutung des Bibliotheksausschusses an den Hochschulen in N W ausführlich Pflug, MittBl 1961 S. 154 f. Wolff, Grundsätze S. 280; v. Mangoldt-Klein Art. 5 Anm. X 2 b .
§ 16. Aufsicht
73
gründe gelegt. Er gelangte zu dem Ergebnis, daß keine Bibliothekskommission bei Auswahl und Beschaffung von Zeitschriften oder Büchern dem Direktor Weisungen erteilen kann: „Es gibt keine Einmischung mehr in die Erwerbspolitik" (S. 2). Eine beratende oder stimmberechtigte Mitgliedschaft des Bibliotheksdirektors i m Senat wurde fast allgemein verneint; desgleichen w i r d der Bibliotheksdirektor nur selten und vereinzelt zu Sitzungen der Senate und Senatskommissionen hinzugezogen, wenn Bibliotheksangelegenheiten behandelt werden (S. 3). Es erscheint demnach zutreffend, wenn Treplin-Kirchner 17 und, ihnen folgend, Wolff 18 von einer Eigenständigkeit bzw. Eigenverwaltung der Hochschulbibliotheken sprechen. Das Fehlen von Sitz und Stimme des Bibliotheksdirektors i n akademischen Kollegialorganen entspricht dem geltenden Hochschulrecht und unterstreicht die anstaltliche Organisationsform der Bibliotheken. Da die wissenschaftlichen Bibliotheken i m übrigen als unselbständige Anstalten gegenüber ihren Trägern keine Eigenrechte haben, ist selbst gegen eine theoretisch denkbare totale Aufsicht 1 9 rechtlich nichts einzuwenden. Eine solche Einengung der bibliothekarischen Selbstverantwortung verböte sich freilich aus naheliegenden praktischen Gründen. Da die m i t dem Aufsichtsrecht eng verbundene Weisungsbefugnis stets dort ihre Grenze findet, wo der Weisende nicht mehr in die Verantwortung des Angewiesenen eintreten kann, so entlastet jede Weisung umgekehrt den Angewiesenen von der Verantwortung für die Folgen, die sich aus der Ausführung der Weisung ergeben. Für das Aufsichtsrecht würde dies bedeuten, daß die Verantwortung für Funktion und Aufgabenerfüllung einer Bibliothek letztlich beim Träger läge; unter diesem Aspekt wäre aber ein sach- und fachkundiges Personal i n der Bibliothek ebenso überflüssig, wie es beim Träger notwendig wäre. Eine derartig sinnlose organisatorische Umstellung, die den bibliothekarischen Fachmann ins Verwaltungsbüro versetzen und das bibliothekarische Feld dem akademisch-fachbibliothekarisch ungebildeten Magazinverwalter überließe, bedingte neben einem nutzlosen Verwaltungsaufwand den totalen Zusammenbruch des Bibliotheksbetriebes i m herkömmlichen Sinne. I n der Praxis w i r d daher dem Bibliotheksdirektor i n der Regel ein fester Etat aus Haushaltsmitteln des Trägers zur freien Verfügung gestellt. Lediglich die bestimmungsgemäße Verwendung der M i t t e l w i r d durch die für die Rechnungsprüfung zuständigen Organe kontrolliert. " S. 767. 18 Grundsätze S. 280. ι» Zu Begriff und Umfang vgl. Wolff
I I § 77 I I c 1.
74
I 4. Die Rechtsbeziehungen zwischen Bibliothek und Träger
Dabei kann es geschehen, daß der unmittelbare Träger durch den mittelbaren Träger i n einem gewissen Rahmen gebunden ist: I n Nordrhein-Westfalen werden z.B.*die allgemeinen Sachmittel der Universität m i t der Auflage gewährt, einen bestimmten Minimalbetrag der Hochschulbibliothek zuzuweisen 20 . Wie bei jeder Bibliothek, so sind auch hier die M i t t e l zweckgebunden, d.h. sie dürfen nur für die Beschaffung und laufenden Betriebskosten verwendet werden 2 1 . Die Beschaffung selbst unterliegt freilich in der Regel keiner Weisung durch die Träger 2 2 .
§ 17. D i e Bediensteten der Bibliotheken
Als nicht rechtsfähigen Anstalten fehlt den Bibliotheken die Dienstherrenfähigkeit 2 3 ebenso wie die Dienstgebereigenschaft 24 . Die Bibliotheksbediensteten sind daher Bedienstete des unmittelbaren 2 5 oder mittelbaren 2 6 Bibliotheksträgers. Es sind Beamte und Angestellte zu unterscheiden. Die Bibliotheksbeamten sind laufbahn- und besoldungsmäßig den Beamten der übrigen Zweige des öffentlichen Dienstes gleichgestellt. Das gilt auch für die Dienstbezeichnungen (Bibliotheksdirektor, Oberbibliotheksrat, Erster Bibliotheksrat usw.) 27 . Ausbildung und Laufbahn sind i n der Regel 2° Vgl. Haushaltsplan des Landes N W für 1965, Bd. 2, Kap. 0512, Tit. 300, S. 88, nebst Erläuterungen S. 89, wo es bezüglich der U Münster heißt: „Es entfallen auf die UB einschließlich Leihverkehr mindestens 560 000 D M " (von 3,8 Mill. D M allgemeiner Sachmittel für die U). Ebenso in Bonn (Kap. 0511, Tit. 300, S. 46/47), Köln (Kap. 0513, Tit. 300, S. 114/115), Aachen (Kap. 0514, Tit. 300, S. 166/167), und Bochum (Kap. 0515, Tit. 300, S> 184/185). 21 Mittel für Personal, Gebäude und Inventar finden sich in der Regel im Haushaltsplan des Trägers, bei den Hochschulbibliotheken in dem des Landes. Soweit der Bibliotheksdirektor befugt ist, Personal einzustellen, kann er dies nur im Rahmen der vorgesehenen Planstellen. 22 Dies schließt nicht aus, daß der Träger ein allgemeines Sammelgebiet festlegt; insbesondere könnte er Vereinbarungen der bibliothekarischen Spitzenorganisationen über Sammel- und Schwerpunktgebiete im Wege der allgemeinen Organaufsicht durchsetzen. 23 Vgl. hierzu § 121 BRRG; Wolff I I § 109 I I b. 24 Dienstgeber ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts bezüglich ihrer Angestellten und Arbeiter, vgl. Wolff I I § 118 I a. 25 So bei den Staats-, Stadt- und Körperschaftsbibliotheken. 26 So bei den Hochschulbibliotheken, deren Bedienstete in der Regel nicht solche der tragenden Hochschule, sondern des die Hochschule tragenden Landes sind. Die Beamten des höheren Dienstes sind wie die Professoren stets Landesbeamte, während die Arbeiter auch Bedienstete der Hochschule sein können. 27 Vgl. die ausführliche Darstellung von Kaspers in MittBl 1959 S. 108 ff.
§ 17. Die Bediensteten der Bibliotheken
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bis ins einzelne vorgeschrieben 28 . Die Angestellten der Bibliotheken sind auf Grund privatrechtlicher Dienstverträge mit den mittelbaren oder unmittelbaren Bibliotheksträgern tätig; es besteht jedoch zwischen Dienstnehmer und Dienstgeber ein besonderes Dienst- und Treueverhältnis, das dem Privatrecht fremd ist 2 9 . Auch die Vor- und Ausbildung der Angestellten sowie ihre Laufbahn ist eingehend auf Länderebene durch ministerielle Verordnungen geregelt 30 . Unmittelbarer Dienstvorgesetzter ist bei allen Bibliotheken der Bibliotheksdirektor einerseits als Organ und einzige Behörde der A n stalt, andererseits aber auch als Vertreter des Dienstherrn bzw. Dienstgebers innerhalb der Bibliothek 3 1 . Einen höheren Dienstvorgesetzten kennen u. a. die Hochschulbibliotheken i n Gestalt des Rektors oder Kurators und die städtisch getragenen Bibliotheken i n Gestalt des Hauptgemeindebeamten (Oberbürgermeisters bzw. Oberstadtdirektors). Oberste Dienstbehörde ist bei städtischen und anderen korporationsgetragenen Bibliotheken das höchste Repräsentativorgan (z.B. Rat, Verbandsversammlung), bei staatlich getragenen und Hochschulbibliotheken der Kultusminister. I m übrigen gelten die Vorschriften des öffentlichen Dienst-, Beamtenund Arbeitsrechts grundsätzlich auch im Bereich der Bibliotheken 3 2 .
28 Eine Darstellung an dieser Stelle erübrigt sich wegen des Aufsatzes von Kaspers in MittBl I960 S. 71 ff. Vgl. auch ebenda S. 63 ff., sowie RdErl K M N W vom 4. 3.1959 — Ζ 2/1 — 24/02 c — 240/59 — abgedruckt in MittBl 1959 S. 81 f., ferner Lansky, Vorschriften Nr. 44 ff. 29 Vgl. Wolff I I §1181. 30 Über Vergütungsfragen und Tätigkeitsmerkmale vgl. Kaspers und Pflug in MittBl 1959 S. 97 ff.; über Berufsbild und Ausbildungsrichtlinien vgl. Bayer, MittBl 1960 S. 87 ff. mit umfangreichen, N W betreffenden Materialien. si Vgl. Wolff I I § 109 I I d. Ebenso für die Hochschulbibliotheken in N W Pflug, MittBl 1961 S. 156 ff. und 1964 S. 187 ff. 32 Vgl. zum gegenwärtigen Stand Kaspers, MittBl 1963 S. 141 ff.
Zweiter
Teil
Die Rechtsverhältnisse zwischen den wissenschaftlichen Bibliotheken und ihren Benutzern 2. Kapitel: Dae Benutzungsverhältnis
§ 18. Vorbemerkung
Die Feststellung, daß die wissenschaftlichen Bibliotheken Anstalten des öffentlichen Rechts sind, führt nicht zu dem Schluß, daß auch die zwischen Bibliothek und Benutzer bestehenden Rechtsbeziehungen schlechthin dem öffentlichen Recht unterliegen. Vielmehr gibt es sowohl Anstalten, die rein privatrechtlich genutzt werden, als auch solche, deren Benutzer zwar öffentlichrechtlich zugelassen werden und einer öffentlichrechtlichen Anstaltsgewalt unterliegen, deren Leistungen aber nach privatrechtlichen Grundsätzen erbracht werden 1 . Besonders diese letzte Erscheinungsform rechtfertigt es, mit Wolff 2 das Leistungsverhältnis von dem Benutzungsverhältnis zu trennen. Offensichtlich bestehen zwischen Anstalt und Benutzer Rechtsbeziehungen, die über das bloße Geben und Nehmen hinausreichen und rechtlich besonders zu würdigen sind. I m allgemeinen werden bestehende Bedürfnisse nach Leistungen aller A r t durch die (zufällige) Initiative einzelner Personen oder Personengruppen befriedigt. Viele Bedürfnisse der Allgemeinheit hingegen, die auf Leistungen von allgemeiner Bedeutung gerichtet sind und aus mannigfaltigen Gründen im relativ freien Kräftespiel der Privatrechtsordnung gar nicht, nur unvollkommen oder einseitig erfüllbar sind, erkennen Träger hoheitlicher Gewalt als öffentliche Interessen und nehmen sich ihrer an. Es wäre ebenso unverständlich wie zwecklos, 1 2
Wolff , Grundsätze S. 280. I I § 99 V.
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I I 1. Das Benutzungs Verhältnis
wollte der Hoheitsträger, der die Wahrnehmung solcher Interessen gerade deshalb an sich gezogen hat, w e i l ihre Erfüllung i m Rahmen der Privatrechtsordnung mangelhaft ist, seine Leistungen auf demselben Weg erbringen wie der gerade als untauglich erachtete Privatunternehmer. Andererseits ist der Leistungsvorgang und sein Endprodukt gleich: Wasser i m Haushalt oder i m Gewerbebetrieb ist auch dann das gleiche Wasser, wenn es statt von einem privaten von einem öffentlichen Wasserwerk geliefert wird. Somit liegt nichts näher, als bei der Erbringung von Leistungen durch öffentliche Unternehmen den hoheitlichen Teil der öffentlichen Aufgabenerfüllung von demjenigen zu trennen, der sich mehr i m technisch-kaufmännischen Bereich bewegt und vielfach zu entsprechenden Erscheinungen bei privaten Unternehmen keinen Unterschied aufweist.
§ 19. Begriff und Wesen des Benutzungsverhältnisses a) Der Begriff des Benutzungsverhältnisses und die Benutzungsordnungen
Unter einem Benutzungsverhältnis sollen diejenigen Rechtsbeziehungen zwischen einer öffentlichen Anstalt und ihren Benutzern verstanden werden, die Voraussetzungen und Bedingungen bestimmen, unter denen zwischen Anstalt und Benutzer ein Leistungsverhältnis entstehen kann. Das Benutzungsverhältnis umfaßt daher alle Rechtsbeziehungen zwischen Anstalt und Benutzer unter Einschluß des Leistungsverhältnisses, da es dessen Bedingungen m i t umfaßt. Das Leistungsverhältnis ist also ein selbständiger Bestandteil des Benutzungsverhältnisses 3 . I m Bereich der wissenschaftlichen Bibliotheken gehören zum Benutzungsverhältnis außerhalb des Leistungsverhältnisses beispielsweise die Zulassung und ihre Voraussetzungen, aber auch der gesamte Bereich der Anstaltsgewalt. Sieht man von rein privatrechtlich betriebenen und genutzten A n stalten ab, wie z. B. Bundesbahnhotels oder dem Münchener Hof bräuhaus, die man zweckmäßigerweise als fiskalische Anstalten bezeichnen sollte 4 , so besteht an jeder nutzbaren öffentlichen Anstalt ein solches Benutzungsverhältnis, das stets dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist. Lediglich das Leistungsverhältnis kann privatrechtlich ausgestaltet 3 Vgl. insbesondere auch unten im 2. Kapitel (§§ 22 ff.). 4 Vgl. die Beispiele bei Wolff I I § 98 I I b 1 (abweichend 2. Aufl. § 98 I I c) und Grundsätze S. 280. Wolff nennt diese Anstalten mißverständlich (da privatrechtliche Organisationen der öffentlichen Hand miterfaßt werden) „erwerbswirtschaftliche Unternehmen".
§ 19. Begriff und Wesen
79
sein 5 . Die vor allem i n der älteren bibliothektsrechtlichen Literatur 6 gestellte Frage nach der Zugehörigkeit des Benutzungsverhältnisses zum öffentlichen oder privaten Recht beantwortet sich damit von selbst. Sie stellt sich nach der hier vorgenommenen Aufteilung freilich von neuem bei der Behandlung des Leistungsverhältnisses. Die Rechtsbeziehungen zwischen der Anstalt und den Benutzern sind i n einer Benutzungsordnung geregelt, die Gegenstand und Maß sowohl der Anstaltsleistungen wie auch Voraussetzungen und Maß der Benutzung sowie Verpflichtungen und Berechtigungen der Benutzer regeln 7 . Für jede wissenschaftliche Bibliothek besteht eine solche Benutzungsordnung. Sie sind zumeist Sonderverordnungen mit materiellem Rechtssatzcharakter 8 . Die Benutzungsordnung ist begrifflich von der sog. Anstaltsordnung zu trennen, welche sich aus der Summe aller derjenigen Rechtsvorschriften ergibt, die Organe bilden oder Anordnungen über die A r t der Organe, ihre Zuständigkeiten und die Bestellung der Organwalter treffen 9 . Anstaltsordnungen sind i m Falle der wissenschaftlichen Bibliotheken nur selten gedruckt, veröffentlicht oder i n einem förmlichen Verfahren erlassen, sondern zumeist formlose Konstitutionsakte des Trägers m i t ergänzenden Verwaltungsanordnungen. Sie sind die oben 10 angesprochenen konstituierenden Grundnormen bzw. Organisationsnormen i m Bereich der öffentlichen Anstalt. Teile der Anstaltsordnung — etwa Bestimmungen über die Zuständigkeit des Direktors — finden sich bei wissenschaftlichen Bibliotheken häufig i n der Benutzungsordnung. Eine der wenigen gedruckten und veröffentlichten Anstaltsordnungen ist die Satzung der Deutschen Bibliothek 1 1 und die Stiftungsurkunde 1 2 . b) Die Rechtsgrundlagen
Als Rechtsetzungen der öffentlichen Verwaltung bedürfen die Benutzungsordnungen, gleichgültig, ob es sich um Sonderverordnungen oder Satzungen handelt, einer Ermächtigung 13 , weil die Verwaltung 5
Näheres unten im 2. Kapitel. 6 Vgl. u. a. Helssig ZfB Bd. 28 S. 401 ff.; Kormann-List und Treplin S. 599 ff. mit weiteren Nachweisen. 7 Wolff I I § 99 I. 8 Wolff a.a.O. und I §25 V I I I . » Wolff I I § 98 I V a und § 99 I. io § 11 a a. E. u Vgl. oben § 13 c mit Anm. 96. 12 Vgl. oben § 13 c aa mit Anm. 93. is Wolff I § 25 V I I I b und I X a 2.
S. 13 ff.; List S. 24 ff.
I I 1. Das Benutzungserhältnis
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nicht aus eigener Zuständigkeit i n Funktionen der Legislative eingreifen darf. Vor Inkrafttreten des Grundgesetzes bestand eine wesentlich andere Rechtslage 14 . I m Gefolge Otto Mayers wurden die Anstaltsverhältnisse als „gewissermaßen unterhalb des Rechts stehende, rein faktische Interna der öffentlichen Verwaltung" 1 5 angesehen, so daß der Gedanke an einen Eingriff der Verwaltung i n den Kompetenzbereich der Legislative nicht auftauchte. Die öffentliche Verwaltung erbrachte durch die Anstalt Leistungen, die zu erbringen gegenüber dem einzelnen keine Rechtspflicht bestand; wer sie i n Anspruch nahm, begab sich i n ein besonderes Gewaltverhältnis, innerhalb dessen weder der Vorbehalt der Legislative, noch der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, noch selbst eine Bindung an die Grundrechte galt 1 6 . Das Gegenstück zu dem besonderen Gewaltverhältnis ist seitens der Anstalt die Anstaltsgewalt. Sie ist i m herkömmlichen Sinne die „dem Träger einer öffentlichen Anstalt kraft besonderen Gewaltverhältnisses zustehende Macht, die Anstaltsfunktionen zu gestalten und insbesondere für eine geordnete Benutzung sowie die Sicherstellung des Anstaltszweckes innerhalb der Anstalt Sorge zu tragen" 1 7 . Die auf das besondere Gewaltverhältnis gestützte Anstaltsgewalt bildete nach überkommener Auffassung die alleinige Rechtsgrundlage für die Benutzungsordnungen 18 . Diese enthielten keine Rechtssätze, sondern waren lediglich nahezu beliebig variable Verwaltungsanordnungen 19 . aa) Anstaltsgewalt
und verwaltungsrechtliches
Sonderverhältnis
Bis zum Inkrafttreten des Grundgesetzes wurden Anstaltsnutzungsverhältnisse i n dem Sinne verstanden, daß sie Eingriffe i n die Freiheitssphäre der Benutzer auf Grund des besonderen Gewaltverhältnisses i n dem Ausmaße zuließen, das durch die Erreichung des Anstaltszweckes geboten war. Diese Ansicht geht auf die Lehre Otto Mayers zurück: „Die Ordnung der Nutzungsverhältnisse der Verwaltungsanstalten trägt mit voller Absicht nicht das Gepräge des Rechtsstaates20."
Otto Mayer begründet diese Feststellung damit, daß die öffentliche Verwaltung von selbst i n dem erforderlichen Maße rechtlich bestim14
is 16 π 18 ι» 20
Vgl. zum folgenden Frank S. 111 ff. mit ausführlichen Nachweisen. So Wolff, Grundsätze S. 281. So Frank S. 125. So Frank S. 117. Vgl. Frank S. 117 ff., insbes. S. 125. Vgl. Wolff I § 25 V I I I . 3. Aufl. I I . Band S. 284.
§ 19. Begriff und Wesen
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mend tätig sei, sozusagen als Hausherr innerhalb ihrer Einrichtungen. I m Rahmen des Zwecks der Anstalt werde i m Verwaltungswege bestimmt, was für den Benutzer rechtens sei 21 . Nach Fleiner w i r d der Bürger durch den (freiwilligen oder unfreiwilligen) Eintritt in eine öffentliche Anstalt ein „arbeitendes oder zu bearbeitendes Glied des staatlichen Verwaltungsapparates" 22 , ein „Rad i m Anstaltsgetriebe"; Anstaltsordnungen enthalten keine Rechtssätze, sondern Verwaltungsschriften 23 . Nach Fleiner befindet sich der Anstaltsbenutzer also i n einem rechtssatzfreien Raum, i n dem nur die Willenssphäre des Staates rechtlich relevant ist. W. Jellinek unterscheidet zwischen freiwillig nutzbaren und Zwangsanstalten und sieht die Rechtsgrundlage für Maßnahmen innerhalb des besonderen Gewaltverhältnisses einmal i n der Einwilligung, zum anderen i n der Ermächtigung zur Unterbringung i n einer Zwangsanstalt 24 . I m übrigen teilt auch W. Jellinek die Ansicht, daß alle Grundrechte i m besonderen Gewaltverhältnis durch dessen Zweck eingeschränkt sind 2 5 . Ebenso argumentiert auch Thoma 26, der Vorbehalt des Gesetzes betreffe nur das allgemeine Gewaltverhältnis, der Erlaß von allgemeinabstrakten Normen zur Regelung des Benutzungsverhältnisses als Verwaltungsverordnung gehöre aber zum Hausgut der Verwaltung, solange sich nicht die Legislative kraft des Vorrangs der förmlichen Gesetze dessen bemächtige. Nach der Begründung zu Art. 140 ging auch der württembergische Entwurf einer Verwaltungsrechtsordnung davon aus, daß die Anstaltsgewalt als besonderes Gewaltverhältnis auf einem tatsächlichen A b hängigkeitsverhältnis des Benutzers beruhe 2 7 und eine rechtliche Begrenzung nur i m Zweck der Anstalt zu sehen sei 28 . Stark gemildert erscheint diese Ansicht bei Hatschek-Kurtzig 29, ausführen, die Anstaltsordnung müsse sich intra legem halten.
die
21 a.a.O. S. 285/286 mit Anm. 4. 22 Fleiner S. 166. 23 a.a.O. S. 66. 24 S. 122. 25 S. 370/371; 484; 488; 493; wegen der durch den Anstaltszweck gezogenen Grenzen insbesondere S. 516. 26 Anschütz-Thoma, S. 223. 27 wüEVRO S. 429. 28 wüEVRO S. 432/433. 29 S. 102. β
Nitze
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I I 1. Das Benutzungserhältnis
Die beschriebenen Auffassungen über das besondere Gewaltverhältnis änderten sich auch nicht während des NS-Staates 30 . Die Rechtsprechung konnte sich m i t den besonderen Gewaltverhältnissen nicht befassen, da i n diesen Sachen der Rechtsweg nicht eröffnet war und sie überdies als rein tatsächliche, nicht eigentlich rechtliche angesehen wurden 3 1 . Die wenigen vorhandenen Urteile beschränken sich daher auf die Feststellung einzelner Institutionen als besondere Gewaltverhältnisse 32 . Infolge der A r t . 1 Abs. 3 und 19 Abs. 4 GG ließ sich die herkömmliche Ansicht, daß das besondere Gewaltverhältnis „unverfaßte, elementare Gewalt" 3 3 beinhalte, nicht mehr aufrechterhalten. Das Anstaltsnutzungsverhältnis mußte vielmehr als Rechtsverhältnis und Akte, die es beeinflussen, als anfechtbare Verwaltungsakte anerkannt werden 3 4 . I m Ergebnis darf die Anstaltsgewalt gegenüber dem Benutzer nach heutiger Rechtsauffassung so weit reichen, wie dies durch den Anstaltszweck gefordert wird. Eine Hypertrophierung der Anstaltsgewalt i m Sinne einer „elementaren, unverfaßten Staatsgewalt" 3 5 oder eines „allgemeinen Vorbehalts der Verwaltungseffizienz" 3 6 w i r d durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes verhindert. Aus diesem Grunde werden heute auch die Benutzungsordnungen als Rechtssätze und das Anstaltsnutzungsverhältnis als Rechtsverhältnis angesehen 37 . Freilich stellt sich auch heute die Frage erneut, ob als Ermächtigungsgrundlage für den Erlaß einer Benutzungsordnung beim Fehlen ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigungen eine auf ein sog. besonderes Gewaltverhältnis gestützte Anstaltsgewalt gelten kann. Die Perspektive ist allerdings eine andere: Als Rechtsetzungen der Verso Vgl. v. Köhler S. 319 ff. si Vgl. z. B. Begründung zu Art. 140 wüEVRO S. 432 f. 32 z. B. prOVG 38 S. 335. 33 Herbert Krüger W d S t R L 15 S. 112. 34 Bachof S. 24; Walter Jellinek D R Z 1948 S. 271; Klinger §42 A n m . E I 2 c ; Herbert Krüger N J W 1953 S. 1369 ff.; Maunz § 15 I V 3 a. E.; Menger S. 111 ff., insbes. Anm. 29; Ole W d S t R L 15 S. 133 ff. (S. 152: Unterscheidung Grundverhältnis-Betriebsverhältnis); für Strafgefangene: Röhl N J W 1960 S. 413 ff. — B V w G E 5 S. 153; B V w G D Ö V 1955 S. 34; O V G Lüneburg AS 2 S. 220; O V G Hamburg DVB1 1953 S.506; VGH! Stuttgart D Ö V 1953 S. 696. A . A . ohne Begründung Ey ermann-Fr öhler §42 Anm. 47 und Wache AÖR76 S. 415; ferner wohl auch O V G Koblenz AS 2 S. 310 und O V G Lüneburg DVB1 1953 S. 663 (betr. Anfechtbarkeit von Versetzungsentscheidungen). 35 H. Krüger W d S t R L 15 S. 112. 36 Leisner DVB1 60 S. 623. 37 So z.B. Wolff I I § 9 9 1 und Grundsätze S.281; weitere Nachweise bei Frank S. 152 ff.
§ 19. Begriff und Wesen
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waltung bedürfen die Benutzungsordnungen einer Ermächtigung, und es ist zu fragen, ob die Anstaltsgewalt ein Gesetz ersetzen kann. Dies wäre dann der Fall, wenn man einen allgemeingültigen Rechtsgrundsatz dahingehend annehmen könnte, daß die öffentliche Verwaltung berechtigt ist, aus verwaltungsrechtlichen Sonderverhältnissen auch eine rechtsgestaltende Sondermacht zu ziehen 38 . Der auf Laband 39 zurückgehende Ausdruck „besonderes Gewaltverhältnis" orientiert sich einseitig an der Herrschaftsgewalt eines Trägers öffentlicher Gewalt über bestimmte Zivilpersonen, wie etwa der Dienst-, Uberwachungs- oder Anstaltsgewalt. Die Gewaltunterworfenheit ist jedoch nicht das einzige und nicht einmal das entscheidende Merkmal des sog. besonderen Gewaltverhältnisses. Schon die Definition Otto Mayers 40 sprach von einer „verschärften Abhängigkeit, welche zugunsten eines bestimmten Zwecks öffentlicher Verwaltung begründet w i r d für alle Einzelnen, die i n den vorgesehenen besonderen Zusammenhang treten": Die Zweckgerichtetheit steht — zwar innig verbunden, aber doch gleich gewichtig — neben der verschärften Abhängigkeit von der Hoheitsgewalt. Spätestens m i t der Ausdehnung des Rechtsschutzes auch auf Verwaltungsakte i m sog. besonderen Gewaltverhältnis hat die „Gewalt" ihre Bedeutung als Erkennungsmerkmal verloren. Ihre Ursache, nämlich die besondere Rechtsstellung der Anstaltsbenutzer i m Verhältnis zu anderen Zivilpersonen, ist jedoch unverändert geblieben und stellt als Entstehungstatbestand zudem das systematisch genauere Erkennungskriterium dar. Berücksichtigt man schließlich die Notwendigkeit einer Abgrenzung zu privatrechtlichen besonderen Gewaltverhältnissen wie Kindschaft oder Vormundschaft, so w i r d man die von Wolff 41 vorgeschlagene Bezeichnung als „öffentlichrechtliches, insbesondere verwaltungsrechtliches, Sonderverhälnis" wegen ihrer größeren sprachlichen wie systematischen Genauigkeit übernehmen müssen. Für die hier zur Erörterung stehenden Rechtsverhältnisse der offenen, freiwillig nutzbaren Anstalten ergibt sich hinsichtlich des Status der Benutzer höchstens eine geringfügige A b weichung von der allgemeinen Rechtsstellung anderer Zivilpersonen. Der Benutzer etwa einer wissenschaftlichen Bibliothek erfährt nur eine geringfügige Erweiterung seines allgemeinen positiven Status, indem er Sachen und Einrichtungen der Bibliothek benutzen darf, und ist i n Beschränkung seines allgemeinen negativen Status gehalten, die zum zweckmäßigen Anstaltsbetrieb erforderlichen Anweisungen der A n 38
Näheres unten cc). *> Staatsrecht I S. 386 ff. 40 V w R I 3. Aufl. S. 101/102. 41 I § 32 I V c 3. 3
6*
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I I 1. Das Benutzungserhältnis
staltsleitung zu befolgen 42 . Von einem Sonderstatus und erst recht dem Unterworfensein unter eine „besondere Gewalt" kann keine Rede sein. Die herrschende Lehre hat daher die Benutzung von Anstalten ohne Sonderstatus 43 auch als schlichte Anstaltsnutzung 4 4 bezeichnet, aus den besonderen Gewaltverhältnissen ausgeklammert und den allgemeinen Gewaltverhältnissen zugeordnet 45 , so daß der Benutzer i n diesen Fällen nicht wesentlich anders gestellt ist als jede andere Zivilperson. Damit ist auch die Anstaltsgewalt insoweit ihrer klassischen Grundlage beraubt. Sie ist als „das hoheitliche Recht der Anstalt zur Sicherung und Gewährleistung der anstaltlichen Zwecke innerhalb der allgemeinen Rechtsordnung" 46 gegenüber jener keine selbständige Rechtsgrundlage mehr und kann folglich für sich allein keinem anstaltlichen Rechtsverhältnis, insbesondere nicht Rechtssätzen einer Benutzungsordnung, als Ermächtigung dienen 47 . bb) Gesetzliche Grundlagen Für die kommunal getragenen Bibliotheken finden sich generelle Ermächtigungsgrundlagen in den Gemeindeordnungen. Es ist den Gemeinden u. a. gestattet, Einrichtungen für die kulturelle Betreuung ihrer Einwohner zu errichten 48 . Sie sind ferner befugt, auf Grund autonomer Rechtsetzungsgewalt weisungsunabhängige eigene Angelegenheiten durch Satzungen zu regeln 49 . Da die Unterhaltung einer eigenen wissenschaftlichen Bibliothek ohne Zweifel zu den weisungsfreien Eigenaufgaben einer Gemeinde gehört, kann es nicht i n Frage stehen, daß diese ermächtigt ist, i m Satzungswege grundlegende oder auch detaillierte Bestimmungen über das Benutzungsverhältnis zu treffen 5 0 . Eine solche Satzung, die Teil der sog. Anstaltsordnung ist 5 1 , stellt für die Anstaltsorgane die Ermächtigung zur Regelung des Benutzungsverhältnisses und des Leistungsverhältnisses i n seinen Einzelheiten durch Sonderverordnung dar 5 2 . Auf Grund der Satzung « So Wolff I § 32 I V c 4. 43 Wolff I I § 99 I V b 2. 44 So z. B. Werner Weber, W d S t R L 15 S. 186; weitere Nachweise bei Frank S. 196 ff. 45 Vgl. Frank S. 214. 46 So Wolff I I § 99 I I , Hervorhebung vom Verf. 47 So auch Frank S. 219 ff. (228—230), der übrigens in der freiwilligen Benutzung einer Anstalt einen öffentlichrechtlichen Vertrag sehen will. 48 z. B. §§ 10 I I 1 bwGO, 19 I heGO, 18 I nwGO. 49 Art. 23 ff. bayGO, §§ 4 bwGO, 5 heGO, 6 ndsGO, 4 nwGO, 21 rhpfGO, 11 saGO, 4 schlhGO. so Uber das Recht der Gemeinden, die Benutzung ihrer Einrichtungen durch Satzung zu regeln, vgl. Kunze-Schmid §4 Anm. 2; Helmreich-Widtmann Art. 24 Anm. 2; Kottenberg § 4 Anm. I. si Wolff I I § 98 I V a. 52 Wolff Grundsätze S. 281.
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ergeht sodann die Benutzungsordnung. Die Praxis geht freilich andere Wege. Da die Gemeinden Gebühren nur auf Grund einer Satzung erheben können, w i r d die gesamte Benutzungsordnung als Satzung erlassen und aufsichtsbehördlich genehmigt 53 . cc) Gewohnheitsrecht Wesentlich anders liegt es bei den Staats- und Hochschulbibliotheken. Hier fehlt es durchweg an gesetzlichen Ermächtigungen 54 . Wie Wolff gezeigt hat 5 5 , liegt die Ursache hierfür darin, daß die anstaltlichen Rechtsverhältnisse bis i n die neueste Zeit infolge der Lehre Otto Mayers 56 als reine Interna der öffentlichen Verwaltung angesehen wurden. Der Benutzer unterwarf sich nach früherer Ansicht durch Eintritt i n den Bereich der Anstalt, ähnlich wie etwa der Beamte, einer unverfaßten öffentlichen Gewalt des Trägers. Aus dieser Sicht war das Benutzungsverhältnis Teil der inneren Verwaltung des Trägers und wurde durch Verwaltungsverordnungen und Einzelweisungen i m Rahmen der allgemeinen Organisationsgewalt geregelt. M i t der Beseitigung dieses Zustandes nach Inkrafttreten des GG entfiel die Möglichkeit, den Benutzer i n der gleichen Weise anzuweisen wie Organe, Funktionssubjekte und Amtswalter. Gleichwohl bestanden die Benutzungsordnungen weiter, ohne daß die Träger der Bibliotheken eine gesetzliche Grundlage für die nicht ganz unerheblichen Statusveränderungen der Benutzer schufen; es wurden sogar in erheblichem Maße neue Benutzungsordnungen in der überkommenen Weise erlassen. Da sich i n alter wie in neuer Zeit jede Benutzungsordnung darauf beschränkt, nur das zu regeln, was zur Erreichung des Anstaltszweckes unumgänglich erscheint, stieß dieses Verfahren nirgendwo auf Widerspruch. Unter diesen Umständen erscheint es gerechtfertigt, mindestens für den Bereich der wissenschaftlichen Bibliotheken das Bestehen eines Gewohnheitsrechts dahingehend anzunehmen, daß der Anstaltsherr berechtigt ist, A r t und Weise sowie Umfang von ihm anstaltlich gewährter Nutzungen selbst und einseitig zu regeln und dabei in den allgemeinen Status von Zivilpersonen insoweit einzugreifen, als der Zweck und ordnungsmäßige Betrieb der Anstalt es erfordert. Dies um 53
So im Falle der BGOen Dortmund und Düsseldorf. Auch die auf die Satzung ( V I I Abs. 3 a) in der Fassung vom 9. 9.1952 (Hess. Staatsanzeiger S. 730) gestützte BO der Deutschen Bibliothek bildet keine Ausnahme; die Satzung ist lediglich von der hessischen Landesregierung beschlossen und daher kein Gesetz, sondern lediglich ein Organisationsakt der Regierung. 55 Grundsätze S. 281. 56 Vgl. Bd. I I 3. Aufl. S. 284 ff. 54
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I I 1. Das Benutzungserhältnis
so mehr, als nach der historischen Entwicklung der wissenschaftlichen Bibliotheken von privaten Einrichtungen i m Mittelalter bis zur öffentlichen, allgemein benutzbaren Anstalt eines Trägers öffentlicher Gewalt seit Mitte des vorigen Jahrhunderts nie i n Zweifel gestanden hat, daß der Träger über die A r t und Weise, wie seine Einrichtung zu benutzen sei, selbst bestimmen konnte 5 7 . Der Grund hierfür liegt höchstwahrscheinlich darin, daß eine Unterscheidung zwischen privatem und öffentlichem Recht i m heutigen Sinne, die auch Leistungen und Gewährungen von Hoheitsträgern dem öffentlichen Recht zuordnet, dem früheren Recht nicht geläufig w a r 5 8 . Da die wissenschaftlichen Bibliotheken sich großenteils aus Beständen entwickelt haben, die der privatrechtlichen Verfügungsmacht des Trägers — eines Fürsten, einer Hochschule, einer kirchlichen Institution oder einer Stadtgemeinde — unterlagen 59 , wurde ihre Benutzung noch bis zu Beginn dieses Jahrhunderts als dem Privatrecht unterstellt betrachtet 60 . Der Privateigentümer aber konnte — und kann noch heute — frei und unbeschränkt entscheiden, wie und i n welchem Umfange er seine Vermögenswerte anderen Personen zugänglich macht. Da der Bibliothekseigentümer zugleich i n aller Regel auch Funktionen wahrnahm, die man heute als öffentlichrechtlich bezeichnet, nämlich die eines weltlichen oder Kirchenfürsten oder städtischer Obrigkeit, setzte er als mehr oder weniger absoluter Machtträger auch selbst alle Maßnahmen durch, die zur Erhaltung der Bestände und eines reibungslosen Betriebes erforderlich waren. Die spätere Bindung der öffentlichen Gewalt an Gesetz und Recht bewirkte bei den Bibliotheken keinerlei Veränderungen, da niemand auf den Gedanken kam, die zur sachgemäßen Verwaltung, Erhaltung und Nutzbarmachung der Bibliotheksbestände getroffenen Maßnahmen könnten nicht rechtens sein: Der Rechtsstaat monarchistischer Prägung („Nachtwächterstaat") war zur Erbringung kultureller Leistungen ja nicht verpflichtet und leistete mehr, als seine Pflicht der Öffentlichkeit gegenüber gebot, wenn er Bibliotheken betrieb; folglich begab sich auch der Bürger i n den rechtsfreien Raum 6 1 der „unverfaßten, elementaren Gewalt" 6 2 und empfand den gesamten Komplex als Wohltat. 57 So auch Wolff Grundsätze S. 281. 58 Vgl. Karstedt S. 15. 59 Zur historischen Entwicklung des öffentlichen Bibliothekswesens sei auf die eingehende Darstellung Gisela Scherers S. 54 ff. verwiesen, sowie auf Karstedt S. 12 ff. 60 So einhellig die gesamte bibliotheksrechtliche Literatur bis um die Jahrhundertwende; vgl. insbesondere Franke S. 7 ff. 61 Forsthoff, S. 116 ff., verweist u. a. auf die Einbuße an persönlicher Freiheit durch den Eintritt in den Bereich einer öffentlichen Anstalt, die der Rechtfertigung bedürfe (S. 117). 62 Krüger VVdStRL 15 S. 112.
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Vor allem wegen der bereits erwähnten Lehre Otto Mayers blieb das historisch entwickelte anstaltsrechtliche Konzept i m demokratischparlamentarischen Staat der Weimarer Republik, selbstverständlich auch während des Hitlerreiches und sogar i n den Anfängen des sozialen Rechtsstaates nach 1945 erhalten. Speziell i m Bereich der wissenschaftlichen Bibliotheken gelten die ohne Rechtsgrundlage erlassenen Benutzungs- und sogar Gebührenordnungen 63 allseitig und unangefochten. Es läßt sich also feststellen, daß seit unvordenklicher Zeit bis auf den heutigen Tag von allen Beteiligten in Überzeugung rechtlicher Gebotenheit den Trägern zugestanden wurde, das Benutzungsverhältnis an wissenschaftlichen Bibliotheken i m Rahmen des für den ordnungsgemäßen Betrieb der Anstalt Gebotenen einseitig und notfalls unter Einengung des allgemeinen Status zu regeln. Ein entsprechendes Gewohnheitsrecht erscheint damit hinreichend begründet. Da dieses rechtssatzmäßig fomulierbar ist, handelt es sich u m eine echte Rechtsquelle von Gesetzesrang 64 , denn es ergänzt eine Lücke i m geschriebenen Gesetzesrecht.
§ 20. Beginn u n d Beendigung des Benutzungsverhältnisses a) Zulassung
Jede öffentliche Anstalt, mit Ausnahme der fiskalischen Anstalten, gewährt ihre Leistungen nur einem übersehbaren Personenkreis. Die Benutzung setzt daher — i m Gegensatz zum Gemeingebrauch an öffentlichen Sachen — bei jeder nicht fiskalischen Anstalt 6 5 eine Zulassung voraus 66 . Da die Anstalten i m öffentlichen Interesse betrieben werden, ist freilich vielfach jeder zuzulassen, der die rechtssatzmäßig bestimmten Voraussetzungen erfüllt. aa) Voraussetzungen Z u diesen Voraussetzungen gehört der Antrag auf Zulassung, der als schlichte Willenserklärung eine unter mehreren Bedingungen für die Begründung des Benutzungsverhältnisses ist 6 7 . Ergibt die Prüfung 63 So die Gebührenregelungen in den Benutzungsordnungen der Hochschulbibliotheken, vgl. z. B. § 5 BO UB Münster. 64 Vgl. Wolff I § 25 I I I a und b. 65 Das gilt grundsätzlich auch für Anstalten mit erzwungener Nutzung: Ein Zulassungsbescheid ist beispielsweise die Ladung zum Strafantritt an einen auf freiem Fuß befindlichen Verurteilten, aber auch der Aufnahmebescheid einer Volksschule an die Eltern eines schulpflichtigen Kindes. 66 So Wolff I I § 99 I I I a. 67 Vgl. Wolff I § 36 a 3 α. Für die Wirksamkeit der Willenserklärung, insbesondere die Geschäftsfähigkeit, gelten die Vorschriften des BGB (Wolff I
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I I 1. Das Benutzungserhältnis
des Antrages, daß der Antragsteller die Voraussetzungen für die Zulassung erfüllt, so muß er vielfach zugelassen werden, es sei denn, die Kapazität der Anstalt wäre erschöpft 68 . Eine trotz Erfüllung der Zulassungsbedingungen versagte Zulassung kann rechtswidrig sein 69 . I m Bereich der wissenschaftlichen Bibliotheken richten sich Verfahren und Voraussetzungen der Zulassung nach den Vorschriften der Benutzungsordnungen. Der Antrag auf Zulassung muß ausdrücklich gestellt werden, bedarf jedoch nicht der Schriftform 7 0 . Zur Bewilligung des Antrages ist vorab erforderlich, daß der Antragsteller die Bibliothek ihrem Zweck entsprechend benutzen, also Literatur zum Zwecke wissenschaftlicher Tätigkeit einsehen w i l l . Diese Voraussetzung steht zumeist nicht i n den Benutzungsordnungen, ergibt sich aber aus dem gesetzten Zweck, der in allen Benutzungsordnungen i m ersten Paragraphen genannt ist. Da die Zwecksetzungen differieren und meist sehr dehnbar formuliert sind, lassen sich allgemeingültige Regeln nicht aufstellen 7 1 ; es dürfte lediglich feststehen, daß eine Benutzung zum Zwecke bloßer Unterhaltung verweigert werden kann 7 2 . I m übrigen prüfen die wissenschaftlichen Bibliotheken in der Praxis nur ausnahmsweise und großzügig, ob der Antragsteller die Bibliothek zu wissenschaftlichen Zwecken benutzen w i l l ; geistige und berufsbildende Absichten werden diesen regelmäßig stillschweigend gleichgesetzt. Durchweg verlangen die Benutzungsordnungen, daß der Antragsteller sich über seine Person ausweist und die Benutzungsordnung durch Unterschriftsleistung als verbindlich „anerkennt" 7 3 . §33 V I I ) . Der Antrag kann bei bestimmten Anstalten freilich auch in konkludentem Verhalten — „Tathandeln", vgl. Wolff I § 3 6 b l — liegen: Einwerfen eines Briefes in den Postkasten; der Brief wird auch dann befördert, wenn ihn ein Geisteskranker oder ein Kind einwirft. — Bei zwangsweise nutzbaren Anstalten wird ein fehlender Antrag durch Verwaltungsakt oder richterliches Urteil ersetzt. «β Vgl. Wolff I I § 99 I I I b 1: So z. B., wenn im Altersheim kein Zimmer frei ist. β» Vgl. unten bb. 70 Vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 BO UB Münster. 71 Beispielsweise dient die UB Münster „in erster Linie den Bedürfnissen von Forschung und Lehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität, aber auch sonstigen gelehrten Studien und ernster Berufsarbeit in Münster und in Westfalen" (§ 1 Abs. 1 Satz 2 der BO); die LStB Düsseldorf hat demgegenüber die Aufgabe, „der Forschung und dem Studium sowie ernster Bildung und Belehrung zu dienen" (§1 Abs. 1 Satz 2 BGO); die StLB Dortmund gar dient zwar „in erster Linie dem Studium und der Forschung", ist aber „darüber hinaus allen zugänglich, die sich geistig und beruflich weiterbilden wollen" (§ 1 Satz 1 BGO Dortmund). 72 Daher sind derartige Werke regelmäßig Benutzungsbeschränkungen unterworfen; vgl. §§ 13 Abs. 3 BO U B Münster, 14 Abs. 1 BGO Düsseldorf. 73 z. B. § 2 Abs. 1 Satz 2 BO UB Münster; § 7 Abs. 1 Satz 2 BGO Düsseldorf. Von einer „Anerkennung" oder „Verpflichtung zur Beachtung" durch Unter-
§20. Beginn und Beendigung
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Damit sind die Voraussetzungen aufgezählt, die jeder Antragsteller mindestens erfüllen muß, um zur Benutzung zugelassen zu werden. Daneben werden von vielen wissenschaftlichen Bibliotheken noch weitere, unterschiedliche Zulassungsbedingungen gestellt, die i m wesentlichen der Sicherung der Literaturbestände dienen. Hochschulbibliotheken verzichten bei Studenten, Dozenten, Lehrern und Beamten, Behörden, wissenschaftlichen Einrichtungen und teilweise auch kirchlichen Institutionen auf weitere Zulassungsvoraussetzungen 74 , sofern diese am Bibliotheksort oder i n der näheren Umgebung ansässig sind 75 . Die Bibliotheken sehen in der starken Bindung dieser Benutzer an ein verwaltungsrechtliches Sonderverhältnis sowie der Möglichkeit, i m Wege der Amtshilfe durch vorgesetzte Behörden ihre Verfügungen durchzusetzen, eine hinreichende Sicherheit. So kann beispielsweise ein Student, der gegen die Anstaltsordnung verstößt, disziplinarisch belangt werden, nachdem die Bibliotheksverwaltung den Vorfall dem Universitätsrichter gemeldet hat; zu dem gleichen Zweck benachrichtigen die Bibliotheken bei Verstößen durch Dozenten, Lehrer oder andere Beamte den Dienstvorgesetzten 76 . Ist dagegen eine Behörde oder wissenschaftliche Einrichtung renitent, so kann die Bibliothek die nächsthöhere Behörde um amtshilfsweise Durchsetzung ihrer Maßnahmen ersuchen. Antragsteller, die nicht durch einen der erwähnten Sonderstatus privilegiert sind, müssen in einer anderen Form eine Sicherheit bieten. Dies gilt auch für manche Bibliotheken, die eine Differenzierung der Benutzer nicht vornehmen. Soweit diese nicht auf eine Sicherheitsleistung der Benutzer überhaupt verzichten, wie z. B. die Deutsche Bibliothek Frankfurt oder die Stadt- und Landesbibliothek Dortmund, geschieht dies durch Hinterlegung einer Geldsumme 77 oder durch eine Bibliotheksbürgschaft 78 . Zu den Zulassungsvoraussetzungen zählt auch die Zahlung einer sog. Benutzungsgebühr. schrift kann, wie zu zeigen sein wird, nicht gesprochen werden, da die BO auch ohne Zustimmung und sogar ohne Kenntnis des Benutzers dessen Pflichten und Rechte regeln kann. 74 Die Formulierung in § 2 Abs. 2 BO UB Münster, wonach diese Benutzergruppen „ohne weiteres zugelassen" sind, ist insofern irreführend, als diese selbstverständlich einzeln zugelassen werden und die oben erwähnten Voraussetzungen hierbei erfüllen müssen; die Vorschrift will offenbar nur klarstellen, daß Angehörige der aufgezählten Benutzergruppen bei entsprechendem Nachweis weitere Zulassungsvoraussetzungen nicht zu erfüllen brauchen und daß sie auf Antrag zugelassen werden müssen, so daß insoweit für die Bibliothek kein Ermessensspielraum bleibt. 75 z. B. § 2 Abs. 2 BO UB Münster und BO UStB Köln (gleichlautend). 76 Vgl. die Kritik dieses Verfahrens unten § 24 b. 77 Vgl. unten § 24 b bb. 78 Vgl. unten § 24 b aa.
I I 1. Das Benutzungserhältis
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Gebühren sind Vorzugsleistungen i n Geld, die für eine vom Pflichtigen veranlaßte besondere Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung gefordert und nach vom Erhebungsberechtigten i m voraus einseitig bestimmten festen Normen und Sätzen eines objektivrechtlichen Tarifs erhoben werden 7 9 . Es sind Verwaltungs- und Benutzungsgebühren zu unterscheiden. Während Verwaltungsgebühren Entgelte für die Vornahme von Amtshandlungen sind, die auf Veranlassung des Pflichtigen von einer Behörde vorgenommen werden 8 0 , stellen Benutzungsgebühren Entgelte für die Inanspruchnahme einer anderen öffentlichen Einrichtung dar, die auf Grund öffentlichrechtlichen Rechtssatzes gefordert werden 8 1 . Die von den wissenschaftlichen Bibliotheken bei der Zulassung geforderten Gelder sind nicht etwa eine Gegenleistung für die Zulassung. Zwar nimmt bei der Zulassung eine Behörde, nämlich der Bibliotheksdirektor 8 2 , auf Grund eines Antrages einer Zivilperson eine Amtshandlung vor, diese ist aber gebührenfrei. Vielmehr dient das fragliche Entgelt als Gegenleistung für die Benutzung der Bibliothek. Das ergibt sich einmal aus der regelmäßig vorgenommenen Staffelung der Entgelte nach der Dauer der vorgesehenen Benutzung (ein Tag, ein Monat, ein Vierteljahr, ein Halbjahr), obgleich die Amtshandlung der Zulassung die gleiche ist, wenn die Benutzung einen Tag oder sechs Monate dauern soll. Zum anderen aber stellen die Benutzungsordnungen ebenso einhellig wie eindeutig auf die Benutzung der Bibliothek und nicht auf den A k t der Zulassung ab 83 . Sofern daher die bei der Zulassung erhobenen Entgelte überhaupt Gebühren sind, können sie nur Benutzungsgebühren sein 84 . Diese aber sind Teil des Leistungsverhältnisses, das zwischen Bibliothek und Benutzer besteht, und erfahren ihre rechtliche Würdigung dort 8 5 . ™ So Wolff I § 42 I I a 2 ß/ßß. Wolff I §42 I I a 2 ß/ßß oc oca. 81 Wolff a.a.O. ßßß. 82 Die Zulassung wird konkret von den jeweils zuständigen Beamten vorgenommen, geschieht aber im Auftrage des Direktors. Die Benutzungskarten (so jedenfalls die der UB Münster) sind folglich mit: „Der Direktor, i. A " unterzeichnet. 83 z. B. § 5 Abs. 2 BO UB Münster: Staffelung nach Teil- und Vollbenutzung sowie der Dauer der Benutzung; Ziff. 3 des Gebührentarifs der BGO Düsseldorf: „Halbjahreskarte zur Entleihung von Büchern nach Hause und zur Benutzung des Lesesaals...", Ziff. 2: „Tagesgebühr für die Benutzung des Lesesaals..."; Ziff. 1 des Gebührentarifs zur BGO Dortmund, wo nur von Jahres-, Halbjahres-, Monats- und Tageskarten die Rede ist. 84 So auch Gisela Scherer S. 69 f.; Boehmer S. 49; Treplin-Kirchner S. 775; Wolff I § 42 I I a 2 β ßß ßßß. I n N W erhellt dieses Ergebnis auch aus der VwGebO vom 19.12.1961 (GVB1 S. 380 ff.), die Verwaltungsgebühren für Bibliotheken nicht vorsieht. es Vgl. unten § 24. 80
§20. Beginn und Beendigung
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bb) Die Entscheidung über den Zulassungsantrag Erfüllt der Antragsteller alle erforderlichen Voraussetzungen, so hängt die Zulassung teilweise von einer positiven Ermessenentscheidung des zuständigen Beamten ab, teilweise erfolgt sie zwangsläufig. Zum Beispiel sind Studierende, Dozenten, Assistenten und Hochschulinstitute an Hochschulbibliotheken auf Antrag stets zuzulassen. Das ergibt sich nicht nur vielfach aus den Benutzungsordnungen 86 , sondern vor allem aus dem Zweck dieser Bibliotheken, der sich i n erster Linie auf die Förderung von Forschung und Lehre an der jeweiligen Hochschule bezieht. Hier bleibt für ein Ermessen bei der Zulassung kein Raum, denn man w i r d den genannten Personen und Instituten stets eine wissenschaftliche Betätigung unterstellen müssen 87 , auch wenn sie sich daneben m i t anderen Dingen beschäftigen. Dagegen steht es i m Ermessen der Hochschulbibliothek, ob und inwieweit sie andere Benutzer zuläßt, sofern sie i n der Benutzungsordnung nicht weitergehend gebunden ist 8 8 . Die kommunalen Bibliotheken sind auf Grund der Gemeindeordnungen verpflichtet, alle Einwohner zuzulassen, w e i l deren einschlägige Vorschriften den Einwohnern das subjektive öffentliche Recht zur Benutzung aller gemeindlichen Einrichtungen gewähren 89 . Dieser Zulassungszwang schließt freilich, wie bei allen Bibliotheken, nicht die Möglichkeit aus, durch verschärfte Zulassungsvoraussetzungen der oben beschriebenen A r t i n den Benutzungsordnungen den Kreis der Benutzer zu verkleinern; dies freilich nur durch die zuständigen Organe des Trägers (Gemeinde), nicht etwa den Bibliotheksdirektor, und unter Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes mit allenfalls sachlich berechtigten (und normierten) Unterscheidungen 90 . Ein Ermessensspielraum besteht freilich auch für die gemeindlich getragenen Bibliotheken bezüglich 86
Vgl. oben S. 89 mit Anm. 74. Verlangt z.B. ein Student in auffälliger Weise regelmäßig Werke, die offensichtlich nicht für eine wissenschaftliche Betätigung des Betreffenden gedacht sind, so rechtfertigt dies die Verweigerung der Benutzung besagter Bücher, nicht aber den Ausschluß von der Benutzung oder die Verweigerung der Zulassung bei Semesterbeginn. Der Student muß die Möglichkeit der Benutzung von Literatur seines Fachgebietes behalten. Aber auch die Möglichkeit eines sinnvollen Studium generale darf nicht durch Benutzungsbeschränkungen eingeengt werden. 88 z. B. die UB Münster bezüglich staatlicher, kommunaler und kirchlicher Behörden, der beamteten Lehrer des Staatl. Gymnasiums Paulinum und der Dozenten und Studierenden der Pädagogischen Hochschulen Münsters (vgl. § 2 Abs. 2 Buchst, e, f, g BO UB Münster). S9 Vgl. ζ. Β. §§ 10 Abs. 2 bwGO; 18 Abs. 2 nwGO; 22 Abs. 1 ndsGO; 20 Abs. 1 heGO; ferner Boehmer S. 41 und Kunze-Schmid §10 Anm. 4; Wolff I I §99 I I I b 1. 90 Vgl. Kottenberg § 18 Anm. I I ; Kunze-Schmid § 10 Anm. 4 b. 87
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I I 1. Das Benutzungserhältnis
auswärtiger Benutzer, soweit die Benutzungsordnungen diesen nicht beseitigen 91 . Für die unmittelbar staatlich getragenen Bibliotheken, die nicht Hochschulbibliotheken sind, gilt freilich der Satz uneingeschränkt, daß der Bewerber mangels ausdrücklicher Rechtsvorschrift keinen Anspruch auf Zulassung hat 9 2 , diese also bei Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen i n das pflichtgemäße Ermessen des Bibliotheksdirektors bzw. des seine Zuständigkeit insoweit wahrnehmenden Beamten gestellt ist. Soweit die Zulassung von einem derartigen Ermessen abhängt, muß dieses sach- und pflichtgemäß ausgeübt werden. Das setzt eine gerechte und billige „Abwägung des öffentlichen Interesses und der Einzelinteressen" 93 voraus. Eine Verweigerung der Zulassung aus anderen als sach- und pflichtgemäßen Gründen ist ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig 94 , desgleichen die Zurückweisung des Antrages ohne Betätigung des Ermessens 95 . Die Zulassung erfolgt durch Überreichung der Benutzungskarte 96 , bei den Studenten an Hochschulbibliotheken durch Stempelung des Studentenausweises. cc) Rechtsfolgen
und
Rechtsmittel
Nach der Zulassung besteht zwischen Bibliothek und Antragsteller das Benutzungsverhältnis i n seiner Eigenschaft als Rechtsverhältnis: Der Antragsteller w i r d zum Benutzer, und ab sofort sind auf ihn die Vorschriften der Benutzungsordnung anwendbar. M i t der Benutzereigenschaft ist also die Eigenschaft verbunden, Zuordnungssubjekt von Rechtssätzen der Benutzungsordnung zu sein. Die Zulassung ist daher eine von einem Subjekt öffentlicher Verwaltung — nämlich dem Bibliotheksdirektor als Organ der Bibliothek — getroffene Maßnahme zur Regelung eines Einzelfalles — der Entscheidung über den Zulassungsantrag —, durch welche eine Person unmittelbar betroffen ist — indem sie zum Zuordnungssubjekt von 91 So §4 BGO Düsseldorf: „Zur Benutzung der Bibliothek ist jeder berechtigt, der den in § 1 genannten Zwecken nachgeht und die Voraussetzungen hierfür erfüllt." (Hervorhebung vom Verf.) 92 So ungenau Boehmer S. 40/41 für alle nicht kommunal getragenen Bibliotheken. w Art. 65 wüEVRO; vgl. auch Wolff I § 31 I I c 4. 94 Einzelheiten vgl. Wolff I § 31 I I d, insbesondere dort unter 2, und I I § 99 I I I a. Μ Wolff I § 31 I I d 1. ·· Boehmer, S.41; Wolff I I § 99 I I I a.
§ 20. Beginn und Beendigung
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Rechtssätzen wird, die zuvor auf sie nicht anwendbar waren 9 7 . Die Zulassung ist also ein Verwaltungsakt 9 8 . I m Falle der Ablehnung des Antrages auf Zulassung regelt der Bibliotheksdirektor m i t der negativen Entscheidung des Antrages einen Einzelfall auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts. Ob der Antragsteller hierdurch freilich i m Sinne einer Rechtswirkung 99 unmittelbar betroffen ist, hängt von der Rechtsposition ab, die er durch eine Zulassung erreicht hätte, denn wenn diese an seinem Status nichts ändern würde, könnte er auch durch eine Ablehnung nicht i n seiner Rechtsstellung betroffen sein. Wenn die Zulassung einen Rechtsanspruch auf Begründung eines Leistungsverhältnisses und damit die konkrete Benutzung eröffnet, liegt das rechtliche Betroffensein in der Vorenthaltung dieses Anspruchs, so daß auch die Ablehnung eines Zulassungsantrages ein Verwaltungsakt wäre. Ob ein solcher Anspruch jedoch durch die Zulassung entsteht, ist umstritten 1 0 0 . I m Gefolge Otto Mayers 101 vertreten Forsthoff 102, L i s t 1 0 3 und Marianne Rost 1 0 4 die Ansicht, die Zulassung bedinge keinen Anspruch auf Benutzung; vielmehr genieße der Benutzer nur eine A r t Reflex insofern, als der der Anstalt eigene Gang auf Grund ihrer Ordnung den Vorteil des Benutzers sozusagen als Nebenprodukt bewirke 1 0 5 . Dem hält Maunz 106 entgegen, daß hierin eine Uberspannung der Anstaltsgewalt des Anstaltsträgers zu sehen sei; es sei daher grundsätzlich abzulehnen, dem zugelassenen Anstaltsnutzer keinen Anspruch auf Anstaltsleistungen zuzubilligen 1 0 7 . I n der Tat erscheint es unhaltbar, das Benutzungsund Leistungsverhältnis insbesondere einer freiwillig nutzbaren offenen Anstalt als eine A r t Selbstzweck zu betrachten, der nur sozusagen nebenbei auch Nutzungen und Vorteile für den Benutzer bewirkt. Vielmehr ist die Anstalt gerade zum Vorteil der Benutzer geschaffen und betrieben. Forsthoff 10S bemerkt, daß der Benutzer durch die Zulassung jedenfalls den Anspruch erwerbe, nach Maßgabe der Benutzungsordnung behandelt zu werden. Diese Feststellung t r i f f t sicher das 9? Vgl. Wolff I § 46 I. 98 Boehmer S. 42; Wolff I I § 99 I I I a. 99 Wolff I § 46 V c. 100 vgl. Boehmer S. 41; Gisela Scherer S. 66 mit Anm. 74; Treplin-Kirchner S. 775 mit Nachweisen. ιοί 3. Aufl. Bd. I I S. 283. 102 S. 362/363. 103 S. 85. 104 S. 56. los So sind offenbar die Ausführungen Otto Mayers (3. Aufl. Bd. I I S. 282/ 283) zu verstehen, auf denen diese Ansicht fußt. ioe S. 32. 107 Ebenso ohne Begründung Jellinek S. 515. ioe S. 362/363, insbes. S. 363 Anm. 1.
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I I 1. Das Benutzungserhältnis
Richtige, denn gerade durch die Zulassung w i r d der Benutzer ja Zuordnungssubjekt der Benutzungsordnung, diese also zu dem System der das Benutzungsverhältnis regelnden Rechtssätze. Es ist nicht i m entferntesten einzusehen, warum dieses zwischen Bibliothek und Benutzer geltende Recht 1 0 9 nicht i n der Lage sein sollte, dem Benutzer einen Anspruch auf Anstaltsleistungen zu gewähren. Selbstverständlich stellen die Benutzungsordnungen noch zusätzliche Regeln für A r t und Umfang sowie Voraussetzungen der Anstaltsleistungen auf. Das ändert aber nichts an dem grundsätzlichen Recht des Benutzers, ein Leistungsverhältnis zu begründen. Es ist schließlich nicht erkennbar, welchen Wert die Zulassung haben sollte, wenn i n jedem Einzelfall einer Inanspruchnahme von Anstaltsleistungen diese erneut verweigert werden könnten. Man kann billigerweise von keinem Bürger eine Unterwerfung unter die Anstaltsgewalt ohne Gegenleistung der A n stalt verlangen oder erwarten. Der zugelassene Benutzer hat daher i m Rahmen der Benutzungsordnung einen Rechtsanspruch auf Leistungen der Bibliothek. Deshalb ist er auch durch die Ablehnung eines Zulassungsantrages grundsätzlich rechtlich betroffen. Auch die Ablehnung ist daher ein Verwaltungsakt. Bevor der Antragsteller gegen die Ablehnung der Zulassung 110 Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben kann, muß er ein Vorverfahren betreiben 1 1 1 . Innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Ablehnung kann er schriftlich oder zur Niederschrift beim Bibliotheksdirektor Widerspruch erheben (§§ 68 ff. VwGO). Da die Ablehnung ebenso wie die Zulassung jedoch ein formloser, mündlich vollzogener Verwaltungsakt ist, unterbleibt i n der Praxis zumeist auch die nach §§ 70 Abs. 2, 58 VwGO erforderliche Rechtsmittelbelehrung. I n diesem Falle w i r d die Widerspruchsfrist nicht i n Lauf gesetzt, so daß der Betroffene noch bis zu einem Jahr nach Ablehnung seines Zulassungsantrages Widerspruch erheben kann 1 1 2 . Es ist daher zweckmäßig, die A b lehnung der Zulassung m i t der Aushändigung eines Formulars zu verbinden, das neben den Ablehnungsgründen auch die Rechtsmittelbelehrung enthält 1 1 8 . 109 vgl. oben § 19 a. Otto Mayer und viele seiner Anhänger sehen freilich in den BOen nur Verwaltungsvorschriften ohne Rechtssatzcharakter; vgl. Otto Mayer a.a.O. (Anm. 105). no Auch eine nur teilweise Ablehnung, etwa Zulassung nur zur Lesesaalbenutzung bei beantragter Vollbenutzung oder eine nur bedingte Zulassung ist eine (teilweise) Ablehnung des Antrags. Der Fall, daß ein Benutzer gegen die antragsgemäß erfolgte Zulassung vorgehen will, dürfte in der Praxis nicht vorkommen. 111 Vgl. §§ 42, 68 ff. VwGO. 112 vgl. § 58 Abs. 2 VwGO. 113 Vgl. die Formularvorschläge bei Lansky, insbesondere S. 10, der freilich den hier behandelten Fall nicht berücksichtigt.
§20. Beginn und Beendigung
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Auf den Widerspruch h i n prüft der Direktor die Sach- und Rechtslage und h i l f t entweder ab (läßt also den Benutzer antragsgemäß zu), legt den Widerspruch der nächsthöheren Behörde zur Entscheidung vor oder entscheidet selbst, je nach Stellung der Bibliothek i n der Verwaltungshierarchie 114 . W i r d der Widerspruch negativ beschieden, kann der Betroffene binnen eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheides 115 Verpflichtungsklage vor dem örtlich zuständigen Verwaltungsgericht mit dem Antrag erheben, den Bibliotheksdirektor zu verurteilen, den Kläger zur (Voll-, Teil-)Benutzung an der x-Bibliothek zuzulassen. Ein antragsgemäßes Urteil vermag die Zulassung nicht zu ersetzen, bindet aber nach Rechtskraft die Bibliotheksverwaltung 1 1 6 . Sofern die Zulassung zur Benutzung i m Ermessen der Bibliotheksbehörde steht, kann der Betroffene die Ablehnung nur m i t der Begründung angreifen, das Ermessen sei überhaupt nicht, fehlerhaft oder mißbräuchlich ausgeübt worden. Da i n diesem Fall ein Rechtsanspruch auf Zulassung nicht besteht, ist keine Verpflichtungsklage, sondern nur eine Anfechtungsklage gegen den i n der Verweigerung der Zulassung liegenden Verwaltungsakt ratsam, den das Gericht i m Falle der Begründetheit der Klage aufhebt 1 1 7 . Die Bibliotheksverwaltung kann nach freiem Ermessen die Zulassung aussprechen oder erneut verweigern, muß dann aber anders als i n der vom Gericht verworfenen Weise begründen. b) Beendigung
Nach seiner Begriffsbestimmung als Gesamtheit der die Benutzung betreffenden Rechtsbeziehungen zwischen Anstalt und Benutzer 1 1 8 endet das ΒenutzungsVerhältnis erst dann, wenn alle Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten erloschen sind. Dies ist z.B. beim Tode des Benutzers der F a l l 1 1 9 , ebenso bei Auflösung der Anstalt 1 2 0 , ferner n* us ne Ii7 us
Einzelheiten unten im 3. Kapitel, § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Vgl. §113 Abs. 4 VwGO. Vgl. Klinger § 42 A 2 a mit ausführlichen Nachweisen, Vgl. oben § 19 a. 119 Daran ändert auch die Gesamtrechtsnachfolge des Erben nach § 1922 BGB nichts. Die aus dem Benutzungsverhältnis erwachsende Rechtsposition ist kein „Vermögen" im Sinne des Erbrechts, sondern als Bestandteil des Status einer Person ein höchstpersönliches Recht, das nicht vererbbar ist. Vgl. Palandt § 1922 Anm. 3. ι 2 9 Die Auflösung der Anstalt bedeutet Beendigung der Existenz der Organisation, nicht etwa Untergang des Betriebes und seiner Mittel. Daher beendet etwa die Vernichtung einer Bibliothek durch Brand nicht das Benutzungs-, sondern allenfalls das Leistungsverhältnis. Vgl. Wolff I I § 99 V f 5 (2. Aufl. I I I e 5); Boehmer S. 59.
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I I 1. Das Benutzungserhältnis
i m Falle der Entlassung des Benutzers durch die zuständige Anstaltsbehörde; bei manchen Anstalten, zu denen auch die Bibliotheken zu zählen sind, auch durch bloßen Zeitablauf. Dagegen endet das Benutzungsverhältnis entgegen einer häufig vertretenen Ansicht nicht notwendig und zwingend durch Ausschluß, wie zu zeigen sein wird. Während der Tod des Benutzers und die Auflösung der Anstalt hinsichtlich der Beendigung des Benutzungsverhältnisses keine Probleme enthalten, soll auf die übrigen Tatbestände näher eingegangen werden. aa) Entlassung Die Entlassung erfolgt — jedenfalls i m Bereich der wissenschaftlichen Bibliotheken — nur selten, und wenn, dann nur auf Antrag des Benutzers. Ein Beispiel für eine Entlassung auf Antrag ist der Entlastungsvermerk der Hochschulbibliotheken auf dem Exmatrikulationsantrag des Studenten 121 . Der Benutzer w i r d zusammen m i t dem Benutzungsverhältnis auch aus der Anstaltsgewalt entlassen. Deshalb gewähren die Bibliotheken die Entlassung nur, wenn Ansprüche aus dem Benutzungs- und Leistungsverhältnis nicht mehr bestehen. W i r d sie trotz Bestehens solcher Ansprüche gewährt, so kann deren Durchsetzung nicht mehr auf die Anstaltsgewalt gestützt werden 1 2 2 . Da die Entlassung den Status des Benutzers betrifft, ist sie ein Verwaltungsakt. Da ferner die Bibliotheksbenutzung freiwillig erfolgt, hat der Benutzer einen Rechtsanspruch auf Entlassung, sobald das Leistungsverhältnis erloschen ist und sonstige Ansprüche nicht bestehen. Das bedeutet, daß der Student eine wegen angeblicher Forderungen der Bibliothek verweigerte Entlastungsbescheinigung durch Vornahmeklage verlangen und auf diese Weise die Rechtmäßigkeit der Forderung überprüfen lassen kann. Für das Verfahren gelten die bei der Zulassung angestellten Überlegungen entsprechend. bb) Zeitablauf Der i n der Praxis häufigste Fall der Beendigung des Benutzungsverhältnisses ist der des Zeitablaufs. Alle Benutzerkarten werden auf Zeit ausgestellt. Die Zulassung des Studenten durch Stempelung des Ausweises gilt nur für das laufende Semester. M i t Ablauf der Zulassungsfrist endet das Benutzungsverhältnis jedoch nur dann, wenn 121 Vgl. § 18 BO UB Münster. Der Entlastungsvermerk hat allerdings nur dann den Charakter einer Entlassung, wenn der Student im laufenden Semester Benutzer war; andernfalls ist er die Bestätigung über das Nichtbestehen eines Benutzungs Verhältnisses, vgl. unten bb). 122 Es besteht für die Bibliothek u. U. die Möglichkeit einer Zurücknahme der Entlassung, vgl. Wolff I § 53 I V b und c, die freilich als selbständiger V A von dem Betroffenen angegriffen werden kann.
§20. Beginn und Beendigung
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alle Einzelansprüche aus diesem erloschen sind. Das folgt aus der Definition des Benutzungsverhältnisses als Gesamtheit der Rechtsbeziehungen zwischen Anstalt und Benutzer. Wenn das Benutzungsverhältnis nur noch aus der zeitlich begrenzten Unterwerfung des Benutzers unter die Benutzungsordnung besteht, so erlischt es insgesamt, sobald die festgesetzte Zeit abgelaufen ist. Sind aber neben der zeitlich begrenzten Zulassung noch andere Rechtsbeziehungen vorhanden, so besteht das Benutzungsverhältnis bis zu ihrem Erlöschen fort; der Fristablauf bewirkt dann lediglich eine Sperre für das LeistungsVerhältnis: Der Benutzer kann keine Bücher mehr benutzen, die Bibliothek keine neuen Benutzungsgebühren erheben. cc) Ausschluß Die Benutzungsordnungen der wissenschaftlichen Bibliotheken geben diesen die Möglichkeit, Verstöße gegen die Benutzungsordnung durch Ausschluß zu ahnden. Damit soll vor allem ein Schutz der Bibliotheksbestände erreicht werden: Es soll verhindert werden, daß renitente Benutzer durch weitere Benutzung in die Lage kommen können, die Bibliothek an ihren Buchbeständen oder sonstigen Einrichtungen (z. B. den Katalogen) zu schädigen. Gerade dieser Zweck würde aber vereitelt, wenn der Benutzer durch den Ausschluß gänzlich aus dem Benutzungsverhältnis und damit der Anstaltsgewalt entfernt würde. Demzufolge schreiben manche Benutzungsordnungen vor, daß die aus dem Benutzungsverhältnis erwachsenen Verpflichtungen auch nach dem Ausschluß bestehen bleiben 1 2 3 . Wenn dies aber der Fall ist, so kann von einer Beendigung des Benutzungsverhältnisses durch den Ausschluß nicht gesprochen werden. Auch wo eine entsprechende Vorschrift fehlt, kann man keiner Bibliothek zumuten, m i t dem Ausschluß eines böswilligen Benutzers zu warten, bis alle Ansprüche realisiert sind 1 2 4 , da dieser sonst kaum noch daran zu hindern wäre, durch weitere Benutzung neuen Schaden zu stiften. Dies um so mehr, als die Realisierung unklarer oder streitiger Ansprüche stets eine gewisse Zeit erfordert. Es gibt viele Fälle, i n denen die Bibliothek auf die i n der Benutzungsordnung wurzelnde Anstaltsgewalt nicht verzichten kann, um Ansprüche zu realisieren. Wenn z. B. ein Benutzer ein Buch trotz Mahnung nicht zurückgibt und auch eine Einziehung durch den Bibliotheksboten erfolglos bleibt, w e i l das Buch abhanden gekommen ist, kann der Benutzer in aller Regel von der Benutzung ausgeschlossen werden. Diese Maßnahme wäre sehr angebracht, weil der Benutzer 123 z. B. § 27 Abs. 1 Satz 2 BO UB Münster. 124 Darauf läuft im Ergebnis die Ansicht Boehmers (S. 60) hinaus, der im Ausschluß eine Beendigung des gesamten Benutzungsverhältnisses sehen will. 7
Nitze
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I I 1. Das Benutzungserhältnis
noch mehr Bücher verlieren könnte. Sieht man i m Ausschluß eine Beendigung des Benutzungsverhältnisses, so wäre ein Leistungsbescheid an den Benutzer, der den Schadensersatz oder die Kosten einer vorgenommenen Ersatzbeschaffung festsetzt, mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig, da der Benutzer dem verwaltungsrechtlichen Sonderverhältnis nicht mehr unterliegt. Eine Zivilklage auf Schadensersatz aber würde der Bibliothek nicht nur Beweisschwierigkeiten insbesondere i n der Verschuldensfrage aufbürden, sondern könnte der Abweisung als unzulässig nach § 13 GVG verfallen 1 2 5 . Es ist zweifellos nicht Sinn des Ausschlusses, der öffentlichen Anstalt die aus dem Benutzungsverhältnis entstandenen Ansprüche und Rechte zu nehmen. Nach richtiger Ansicht bezieht sich der Ausschluß vielmehr nur auf das Leistungsverhältnis. Das ergibt sich aus dem Sinn dieser Maßnahme, die nichts weiter bezweckt, als dem Benutzer weitere Anstaltsleistungen vorzuenthalten 1 2 6 . Damit entfallen zwar für die Zukunft auch alle Gegenleistungen des Benutzers (etwa Benutzungsgebühren), die mit den gesperrten Anstaltsleistungen immittelbar zusammenhängen. Jedoch bleibt das Benutzungsverhältnis als solches so lange bestehen, bis alle Rechtsverhältnisse zwischen Anstalt und Benutzer, die m i t der Benutzung zusammenhängen, abgewickelt sind 1 2 7 . Dieses Ergebnis folgt aus der oben gegebenen Definition des Benutzungsverhältnisses 128 . Der Ausschluß zählt also nur dann zu den Beendigungstatbeständen, wenn zusammen m i t ihm alle Rechtsbeziehungen zwischen Anstalt und Benutzer erlöschen 129 .
§ 21. D i e Anstaltsgewalt
Anstaltsgewalt ist die einer öffentlichen Anstalt und ihrem Träger zustehende rechtliche Macht, innerhalb der allgemeinen Rechtsordnung die Anstaltsfunktionen zu gestalten und insbesondere für eine geordnete Benutzung sowie die Sicherstellung des Anstaltszweckes innerhalb der Anstalt Sorge zu tragen 1 3 0 . I h r unterliegen i m allgemeinen nur 125
Näheres unten im 3. Kapitel. So im Ergebnis auch Lansky S. 9, der freilich nicht zwischen Benutzungs^ und Leistungsverhältnis unterscheidet und seine Ansicht nicht begründet. 127 Dies gilt selbstverständlich nicht für titulierte Forderungen, z. B. rechtskräftige Leistungsbescheide oder Urteile. w Oben § 19 a. ™ Mißverständlich daher Wolff I I § 99 V f 1 (2. Aufl. I I I e 1). 130 So Franke S. 111 ff. (117) und 151 f. mit ausführlichen Nachweisen; Wolff I I § 99 I I . 126
§21. Die Anstaltsgewalt
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Benutzer und Störer des Anstaltsbetriebes 131 , nicht dagegen die A n staltsbediensteten, für welche die Dienstgewalt der Anstaltsleitung maßgebend ist. Errichtung und Organisation der Anstalt unterfallen der Anstaltsgewalt nicht. Sie enthält jedoch u. a. ein „dem privatrechtlichen entsprechendes, ebenfalls strafrechtlich geschütztes verwaltungsrechtliches Hausrecht" 1 3 2 . I m weitesten Sinne könnte man unter der Anstaltsgewalt daher die Summe aller Berechtigungen verstehen, die einer öffentlichen Anstalt aus der Rechtsordnung — einschließlich der Anstalts- und Benutzungsordnungen — zum Schutze ihres Betriebes und Zweckes erwachsen. Regelmäßig w i r d jedoch hierunter nur das aus der allgemeinen Rechtsordnung abgeleitete, sich aus Anstalts- und Benutzungsordnungen ergebende Sonderrecht der öffentlichen Anstalten verstanden. Grundlage dieser i m engeren Sinne gemeinten Anstaltsgewalt der wissenschaftlichen Bibliotheken sind daher vor allem die auf gesetzlicher oder gewohnheitsrechtlicher Ermächtigung beruhenden Benutzungsordnungen 1 3 3 .
a) Vorbemerkung
Die gewohnheitsrechtliche Ermächtigung deckt nur solche Maßnahmen der Anstaltsgewalt, die zur Aufrechterhaltung des Anstaltszweckes unerläßlich sind. Alle Maßnahmen der Bibliotheksverwaltung sind an dieser Norm zu messen, und alle Vorschriften der Benutzungsordnungen müssen in diesem Sinne ausgelegt werden. Zweck der wissenschaftlichen Bibliotheken ist die Sammlung, Aufstellung und Nutzbarmachung von Literatur zu wissenschaftlicher Betätigung. I m Rahmen des Benutzungsverhältnisses kommt es lediglich auf die Nutzbarmachung an. U m diese ordnungsgemäß durchführen zu können, müssen die Bibliotheken nicht nur geeignete Maßnahmen zur Erhaltung ihrer Bestände treffen, sondern auch verbindliche Regeln für die Benutzung i m Interesse aller gegenwärtigen und zukünftigen Benutzer aufstellen und durchsetzen. Sie t u n dies durch zwei unterschiedlich genormte Benutzungsarten, nämlich die Lesesaal- und die Vollbenutzung (sog. Ausleihe). Beide Benutzungsarten sind nach A r t und Umfang i n den Benutzungsordnungen geregelt, denen der Rechtscharakter von Sonderverordnungen oder — bei den meisten kommunal getragenen Bibliotheken 131 So Wolff 132 So Wolff
I I § 99 I I a 1—2. I I § 99 I I a 1—2. Näheres unten b aa.
133 V g l . oben § 19 b cc.
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I I 1. Das Benutzungs Verhältnis
— von Satzungen 134 zukommt und die Rechtsquellen sind bzw. Rechtssätze enthalten 1 3 5 . Als solche unterliegen die Benutzungsordnungen bestimmten Formvorschriften für ihre Gültigkeit. Soweit es sich um Satzungen handelt, müssen diese von dem zuständigen Organ des Trägers (Gemeinderat) i n der vorgeschriebenen Weise (z.B. Mehrheitsbeschluß) erlassen und von einem weiteren zuständigen Organ (z. B. Gemeindedirektor, Bürgermeister) ausgefertigt sowie in richtigerWeise (etwa in einem dafür vorgesehenen Verkündungsblatt oder i n den i n der Hauptsatzung bezeichneten Tageszeitungen) verkündet worden sein 1 3 6 . Die wegen der regelmäßigen Verbindung mit Gebührenvorschriften erforderliche aufsichtsbehördliche Genehmigung ist ebenfalls Wirksamkeitsvoraussetzung, heilt aber keine sonstigen Mängel 1 3 7 . Soweit es sich um Sonderverordnungen handelt, sind die Entstehungstatbestände weniger durchsichtig. I n vielen Benutzungsordnungen fehlt ein Hinweis auf die erlassende Behörde 138 , manche nennen den Bibliotheksdirektor 1 3 9 . Alle enthalten jedoch einen Hinweis auf eine M i t w i r k u n g des Trägers, sei es i n Form des Erlasses der Benutzungsordnung, sei es nur i n Form ihrer Genehmigung. Als Rechtsetzungen der Verwaltung bedürfen die Benutzungsordnungen keines förmlichen Verfahrens zu ihrem Erlaß. Wichtig ist jedoch, daß ein entscheidender Einfluß des Trägers bei den nicht rechtsfähigen Bibliotheken in Erscheinung t r i t t : Nicht rechtsfähige Anstalten, die stets einer Beeinflussung durch den Träger unterliegen, können ohne diesen mangels eigener Selbständigkeit kein Recht setzen. Die Benutzungsordnungen bedürfen ferner, um gegenüber den Benutzern wirksam zu sein, einer irgendwie gearteten Kundbarmachung, die es diesen ermöglicht, Kenntnis zu nehmen 1 4 0 . Sie kann durch Veröffentlichung, aber auch durch Aushang oder Auslegen i n den Räumen der Bibliothek erfolgen. Danach ist eine besondere „Anerkennung" der Benutzungsordnung seitens des Benutzers bei der Zulassung durch Unterschrift nicht mehr erforderlich und damit rechtlich bedeutungslos 141 . Anders ist es jedoch, wenn die Be134 Dies bei den Gemeinden deshalb, weil diese die Verhältnisse ihrer Einrichtungen auf Grund ihrer Autonomie regeln und nicht aus delegierter staatlicher Rechtsetzungsgewalt, vgl. Wolff I § 25 I X a 2, sowie oben § 19 b bb. 135 vgl. Wolff I § 25 V I I I und I X . 136 v g l . Wolff I § 28 I a. Erforderlich ist ferner, daß die BO zeitlich in Kraft ist, den Rahmen ihrer Ermächtigungsgrundlage nicht überschreitet, ranghöheren Rechtsquellen — insbesondere Gesetzen — nicht widerspricht, hinreichend bestimmt gefaßt ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet.
137 Wolff I § 25 I X c. 138 Sc z. B. bei der BO UStB Köln. ι 3 9 So z. B. die BO UB Münster. i4 Wolff I § 28 I a 3