Deutschland und Frankreich in der frühen Neuzeit: Festschrift für Hermann Weber zum 65. Geburtstag [Reprint 2018 ed.] 9783486825008, 9783486541618


183 85 35MB

German Pages 692 Year 1987

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Inhalt
Vorwort
Centralisation et decentralisation
Frankreich und Bayern von der Reformation bis zum Wiener Kongreß
Die Politik des Kurfürsten Moritz von Sachsen gegenüber Frankreich zwischen 1548 und 1550
Libertät. Zur reichspolitischen Tragweite der Kriegspropaganda Frankreichs und seiner deutschen Verbündeten 1552
Kardinal Reginald Pole und die Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)
Au temps de la celtomanie: Comment un historien bourguignon du XVIe siecle voyait les migrations des Burgondes
Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden in Deutschland und Frankreich (1555-1614)
Altes Reich und Reichsverfassung in französischen Traktaten des 17. Jahrhunderts
Richelieu unter den Komödianten. Zur Darstellung Frankreichs in der deutschen Flugblattliteratur des Dreißigjährigen Krieges
Images of France and Germany: The Accounts of English Travellers in the Seventeenth Century
Macht - Politik - Diplomatie. Gedanken über die Neudimensionierung der Verständniskategorien der französischen Deutschland-Diplomatie nach 1648 unter besonderer Berücksichtigung des Rheingebietes
De la majorite legale au sacre de Louis XIV (1651-1654)
Eine Geschichte Bayerns für den Dauphin
Rheingauer Geiseln im „Pfälzischen Krieg". Zur französischen Kontributionskriegflihrung im 17. Jahrhundert
Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland
Die Bedeutung Marschall Broglies für Kaiser Karl VII.
Karl VII. als Kaiser Reichsitaliens
Frankreich, Kurpfalz, Kurmainz und die Frage der Römischen Königswahl 1753-1755
Strasbourg et la navigation du Rhin. Contribution a l'etude des relations entre la Ville et le Magraviat de Bade ä la fin du XVIIIe siecle
Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon. Versuch eines Vergleichs
Mainzer Gutachten zur HalsbandafFäre im Vorfeld der französischen Revolution
Ein Mainzer Jakobiner. Das Leben des Arztes Peter Joseph Daniels (1765-1819)
Recommend Papers

Deutschland und Frankreich in der frühen Neuzeit: Festschrift für Hermann Weber zum 65. Geburtstag [Reprint 2018 ed.]
 9783486825008, 9783486541618

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Deutschland und Frankreich in der frühen Neuzeit

Ancien Regime Aufklärung und Revolution Herausgegeben von Rolf Reichardt und Eberhard Schmitt Band 12 Bisher erschienen: G ü n t h e r Lottes Politische Aufklärung und plebejisches Publikum Band 2: Susanne Petersen Lebensmittelfrage und revolutionäre Politik in Paris 1792-1793 Band 3: Klaus Deinet Konrad Engelbert Oelsner und die Französische Revolution Band 4: Hans Ulrich Gumbrecht, Rolf Reichardt, T h o m a s Schleich (Hrsg.) Sozialgeschichte der Aufklärung in Frankreich Band 5: E m m a n u e l Joseph Sieyes Politische Schriften 1788-1790 Band 6: Gerd van den Heuvel Grundprobleme der französischen Bauernschaft 1730-1794 Band 7: Michel Vovelle Die Französische Revolution Soziale Bewegung und Umbruch der Mentalitäten Band 8: Hans-Jürgen Lüsebrink Kriminalität und Literatur im Frankreich des 18. Jahrhunderts Band 9: Die Französische Revolution - zufälliges oder notwendiges Ereignis? Band 10: Handbuch politisch-sozialer Grundbegriffe in Frankreich 1680-1820 Band 11: Manfred Agethen Geheimbund und Utopie

Band 1:

R. Oldenbourg Verlag München 1987

Deutschland und Frankreich in der frühen Neuzeit Festschrift für Hermann Weber zum 65. Geburtstag

Herausgegeben von Heinz Duchhardt und Eberhard Schmitt

R. Oldenbourg Verlag München 1987

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Deutschland und Frankreich in der frühen Neuzeit :

Festschr. für Hermann Weber zum 65. Geburtstag / hrsg. von Heinz Duchhardt u. Eberhard Schmitt. München : Oldenbourg, 1987. (Ancien reigime, Aufklärung und Revolution ; Bd. 12) ISBN 3-486-54161-7 NE: Duchhardt, Heinz [Hrsg.]; Weber, Hermann: Festschrift; GT

© 1987 R. Oldenbourg Verlag GmbH, München Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf deshalb der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Gesamtherstellung: Weihert-Druck, Darmstadt

ISBN 3-486-54161-7

Inhalt Vorwort Roland Mousnier, Paris Centralisation et decentralisation

VII

1

Volker Press, Tübingen Frankreich und Bayern von der Reformation bis zum Wiener Kongreß . . .

21

Günther Wartenberg, Leipzig Die Politik des Kurfürsten Moritz von Sachsen gegenüber Frankreich zwischen 1548 und 1550 Albrecht P. Luttenberger, Mainz Libertät. Zur reichspolitischen Tragweite der Kriegspropaganda Frankreichs und seiner deutschen Verbündeten 1552

103

Heinrich Lutz ( f ) Kardinal Reginald Pole und die Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

137

Jean Richard, Dijon Au temps de la celtomanie: comment un historien bourguignon du XVIe siecle voyait les migrations des Burgondes

163

Karl Josef Seidel, Bonn Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden in Deutschland und Frankreich (1555 - 1614)

187

Klaus Malettke, Marburg Altes Reich und Reichsverfassung in französischen Traktaten des 17. Jahrhunderts

221

Wolfgang Hans Stein, Koblenz Richelieu unter den Komödianten. Zur Darstellung Frankreichs in der deutschen Flugblattliteratur des Dreißigjährigen Krieges

259

David J. Sturdy, Coleraine Images of France and Germany: the Accounts of English Travellers in the Seventeenth Century

293

Winfried Dotzauer, Mainz Macht — Politik — Diplomatie. Gedanken über die Neudimensionierung der Verständniskategorien der französischen Deutschland-Diplomatie nach 1648 unter besonderer Berücksichtigung des Rheingebiets

331

71

VI

Inhalt

Rene und Suzanne Pillorget, Paris De la majorite legale au sacre de Louis XIV (1651 — 1654)

361

Andreas Kram, München Eine Geschichte Bayerns für den Dauphin

383

Klaus Peter Decker, Büdingen Rheingauer Geiseln im „Pfälzischen Krieg". Zur französischen Kontributionskriegführung im 17. Jahrhundert

407

Jürgen Voss, Paris Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

439

Peter Claus Hartmann, Passau Die Bedeutung Marschall Broglies für Kaiser Karl VII

467

Karl Otmar Freiherr von Aretin, Mainz/Darmstadt Karl VII. als Kaiser Reichsitaliens

487

Walter G. Rödel, Mainz Frankreich, Kurpfalz, Kurmainz und die Frage der Römischen Königswahl 1753 - 1755

509

Georges Livet, Strasbourg Strasbourg et la navigation du Rhin. Contribution a l'etude des relations entre la Ville et le Margraviat de Bade ä la fin du XVIIIe siecle

549

Konrad Fuchs, Mainz Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon. Versuch eines Vergleichs

589

Helmut Mathy, Mainz Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre im Vorfeld der Französischen Revolution

617

Franz Dumont, Mainz Ein Mainzer Jakobiner. Das Leben des Arztes Peter Joseph Daniels (1765 - 1819)

643

Tabula Gratulatoria

683

Vorwort

Als

vor

einigen

Jahren

der

Gedanke

Gestalt

gewann,

Hermann Weber aus Anlaß seines 65·Geburtstages,

einer

guten akademischen Tradition folgend, mit einer

Fest-

schrift zu ehren, drängte es sich von der ersten Stunde an geradezu gebiet

auf,

sie

des Jubilars

thematisch

auszurichten.

Der

deutsch-französischen

Beziehungen

deutsch-französischen

Partnerschaft

gilt seit den

frühen

fünfziger

am

HauptarbeitsGeschichte

und

der

und

Jahren

Pflege

der der

Freundschaft

Hermann

Webers

ganzes wissenschaftliches Arbeiten, sein leidenschaftliches persönliches Engagement. Als Schüler Max bachs

war

er

1955,

eben

pfälzisch-französischen

mit

einer

Beziehungen

Brau-

Untersuchung um

die

Mitte

der des

18.Jahrhunderts promoviert, von Bonn an das gerade ins Leben gerufene Centre historique allemand in.Paris gewechselt, aus dem später das Deutsche Historische

In-

stitut

das

hervorging.

Die

Geschicke

dieses

Centre,

schon damals einen lebendigen geistigen Austausch zwischen

deutschen

pflog und

und

zahlreiche

französischen deutsche

Wissenschaftlern

Stipendiaten

anzog

betreute, hat Weber dann bis Ende der sechziger

und

Jahre

geleitet. 1965 habilitierte er sich an der Universität Saarbrücken mit einer umfangreichen Untersuchung die französische RheinRichelieu,

um

Allgemeine

und

1968

und

einem

Neuere

Reichspolitik

Ruf

auf

Geschichte

den an

Uber

in der

Ära

Lehrstuhl

für

der

Universität

Mainz zu folgen, an der er seither forscht und lehrt. Diese Berufung nach Mainz für

die

Universität

zum

setzte er sich mit dem

wurde

Glücksfall.

vollen

Gewicht

Von

für

ihn

Anfang

seiner

wie an

Person-

VIII

Vorwort

lichkeit Studien

für und

die

Förderung

der

den Ausbau und

die

deutsch-französischen Festigung

der

wissen-

schaftlichen Kontakte zu Frankreich ein. Für die französischen Kollegen wurde Ansprechpartner anfangs

er

zu

"d'outre-rhin"

einem (wie

nannten, worauf er einmal

te, er befinde Frankreich

"de

ce

solch feiner Würze ergab

wichtigsten es

manchmal

humorvoll

entgegne-

anders

sie

sich in Mainz nicht

durchaus

der sie

cote-ci

du

sich nicht

als

rhin"

selten

-

ein

in aus

tiefe-

res Gespräch und mitunter der Anstoß zur wissenschaftlichen

Neuinterpretation

bzw.

ersten

ernsthaften

forschung vermeintlich längst bekannter

Solche deutsch-französischen Begegnungen auf dem der

Geschichtsforschung

•wie der eine

und

Kulturraum

der

Diskussion

den anderen

Er-

Sachverhalte). Felde

darüber,

Uber die

Jahrhun-

derte hinweg sah, verstand oder mißverstand, regten im wesentlichen auch die Arbeiten Untersuchungen, zwischen

dem

vielfältig

die

die

Frankreich

verklammerten

Hermann Weber zwischen

mit Leben zu erfüllen; anstaltungen initiierte

beispielhaft

der

und

und

des

Teil

den

viel

dazu

er brachte

bei,

die

Part-

Mainz

und

Dijon

gemeinsame

Exkursionen

Leistungsnachweise,

mit

Lehrver-

zustande

seiner

und

gegenseitiger

wie er heute

noch

im Bereich des deutsch-französischen

aka-

Austausches

und

der Alten

ist.

Webers

Einsatz

in

Gremien

und auf Kongressen hat stets, ebenso wie seine mit

an,

Spannungen

Regime

Universitäten

mit gemeinsamen

Webers

beleuchteten.

einen Studentenaustausch

Anerkennung demischen

Ancien

Territorienwelt

trug

den

Schüler

Beziehungen des

Reiches erforschten und neu nerschaft

der

für

die

Studierenden,

Arbeitskraft

verzehrt,

tungen in Studienreformkommissionen

einen

Arbeit

bedeutenden

von endlosen

Bera-

bis hin zur Tätig-

keit als Generalsekretär der "Monumenta Europae Histo-

Vorwort

rica", die kurz mit

der

nach

Edition

aufnahm.

Dieser

der

Felde

der

der

seiner

Papiere

Einsatz

nicht jedem vergönnt sivierung

Beginn

Mainzer

Richelieus

hat

in

einer

Tätigkeit

ihre

Weise,

ist, Ertrag gebracht:

Cooperation

ist

Arbeit wie

Die

franco-allemande

Geschichtswissenschaft

IX

sie

Inten-

auf

heute

dem

eine

vielfach institutionalisierte - Realität, die auch ihm zu danken ist. Die

Herausgeber

sagen

an

dieser

Stelle

den

Schülern Webers und allen Fachkollegen im In- und Ausland, die

die

Beiträge

zu

dieser

Festschrift

beige-

steuert haben, ihren herzlichen Dank. Die Resonanz war so groß,

daß

es

sich

rasch

wert, sondern als notwendig Bandes

konsequent

auf

deutsch-französischen den

manche

nicht

nur

erwies,

die

als

wünschens-

die Thematik

frühe

Neuzeit

Beziehungen einzuengen.

vorgeschlagenen

Beiträge,

die

des

und

die

So

wer-

außerhalb

dieser festumgrenzten Thematik stehen und die wir gern berücksichtigt Ein Wort

des

hätten, Dankes

an anderer

sei hier

Stelle

auch

erscheinen.

Adelgunde

Holland

und Sonja Pfeufer gesagt, die die Artikel dieses Bandes auf einem jener Schreibgeräte ins Reine schrieben, die man ob ihres Preises, ihrer komplizierten Tastatur und ihrer flimmernden Lämpchen als fortschrittlich

zu

bezeichnen sich angewöhnt hat, die aber in Wahrheit so praktisch

und

so

leistungsfähig

drucksvolle

Gerät,

Zeiten"

homo

dem

das

in

sapiens

sind

Charlie die

Mühe

wie

Chaplins des

das

ein-

"Moderne

selbständigen

Essens und Trinkens abnimmt. Sollte sich der eine oder andere

formale

Mangel

trotz

hungen in diesem Buch gehalten

unserer haben,

Korrekturbemübitten

wir

die

Autoren und den Jubilar um Nachsicht. Autoren und Herausgeber verbinden ihre Glückwünsche

an Hermann

Weber

zu seinem

65·Geburtstag

mit

X

Vorwort

der Hoffnung, er möge

auch

nach

seiner

Emeritierung

zum Nutzen der wissenschaftlichen Kooperation zwischen Deutschland und Frankreich tätig bleiben, und mit dem herzlichen Wunsch, daß es ihm vergönnt sein möge, viele seiner wissenschaftlichen Vorhaben zum Abschluß zu bringen. Ad multos annos!

Heinz Duchhardt

Eberhard Schmitt

Roland Mousnier

Centralisation et decentralisation

Centralisation et decentralisation sont des mots tres employes,

en

particulier

depuis

un

demi-siecle,

et

surtout le second. Iis ont servi dans des sens tres divers. Centralisation a ete pris souvent dans le sens "d'etatisme" et ce dernier vocable a evolue de plus en plus vers la signification de "totalitarisme", c'esta-dire une situation ou 1 1 Etat regle par decision contraignante toute la vie des citoyens, du lever au coucher et de la naissance a la mort. "totalitarisme",

la

"L* etatisme", le

"centralisation"

sont

honnis

et

vomis. "Decentralisation", mot a la mode, a fini par signifier aussi toutes sortes de choses. II a ete employe meine pour signifier 1 1 eparpillement des services administratif s de l'Etat, ou des musees, ou des

ar-

chives anciennes, ou des usines, ou des magasins

de

commerce, a travers la France. On a vu fonctionner une Commission de decentralisation qui acceptait en principe la creation de centres

de

recherche

d'histoire

n'importe ou, pourvu que ce ne soit pas a Paris, et qui cherchait pour les implanter des lieux qui avaient peu

de

ressources,

possibilites fois,

les

sans

d'acces

et

protestations

se

soucier

apparemment

d'existence, des

et malgre

historiens

des par-

provinciaux

eux-memes, qui demandaient chacun que si les nouveaux centres de recherches ne pouvaient etre installes dans leur province particuliere, alors ils le soient a Paris. Decentralisation

a pris

aussi

un sens

sant. Des senateurs, maires -de leur ville,

anarchireclament

2

Mousnier, Centralisation et decentralisation

pour chaque commune de France, petite ou

grande,

la

possibilite de decider de toutes ses affaires locales, creation de route, institution

de college, ouverture

d'usine, ä son gre, comme si les depenses d'une commune ne devaient pas influer sur la capacite des ses habitants de contribuer aux depenses de la France, et comme si il n'y avait pas une politique economique de la

France

formes,

dans

la

son

ensemble.

decentralisation

Mais, est

sous

toutes

consideree

ses

comme

bonne, en elle-meme, partout et toujours, comme devant stimuler les initiatives creatrices, favoriser le developpement de toutes les productions et 1 1 enrichissement

du

pays,

economique,

scientifique,

litteraire,

1

artistique et meme moral. L on ne se demande

jamais,

si la decentralisation ne va pas favoriser les particularismes,

les egoismes locaux, collectifs ou indi-

viduels, les ambitions des forts et des potentate locaux,

et

faibles

et

finalement, des

favoriser

petits,

d'une

l 1 oppression

part,

des

puisqu'ils

ne

pourront plus avoir recours ä l'autorite tutelaire de l'Etat et ä sa protection, et d'autre part, affaiblir le corps politique d'ensemble, la France, et favoriser les entreprises de l'etranger, au detriment finalement de tous. Nous η 1 envisagerons pas ici tous les sens de ces mots. Nous nous contenterons de rappeler qu'il y a toujours une certaine centralisation lorsqu'il y a un Etat, et que l'Etat apparait ä un certain degre de developpement d' un corps politique territorial, pour le salut public de ce corps, que ce salut public concerne un

risque

d'invasion

par

l'etranger,

un

risque

de

guerre civile entre les membres du corps, la necessite de coordonner les efforts pour une production mique jugee

indispensable, la

lutte

contre

un

econofleau

Mousnier, Centralisation et decentralisation

3

naturel, ou toute autre menace contre ce corps politique, toute autre necessite de son existence. L'Etat est

un

organe

naturel

indispensable,

l'organe

qui

prend les decisions pour le bien commun du corps politique. Le plus souvent l'Etat existe avant membres du corps politique

aient

pris

que les

conscience

de

son existence. Lorsque les hommes prennent conscience qu'il existe, l'Etat existait deja et fonctionnait depuis longtemps. Le role de l'Etat, c'est de prendre

les de-

cisions concernant le bien de 1'ensemble du corps politique,

et

1' on

parle

proprement

de

centralisation

lorsque ces decisions sont prises par une seule autorite supreme placee ä la tete de ce corps politique, que cette autortite soit un roi, un senat

aristocra-

tique,

selon

ou une

assemblee

de

deputes,

mode oligarchique ou democratique.

elus

une

Le domaine de ces

decisions, c'est-a-dire la competence de l'Etat, peut varier selon les besoins du corps politique. Elle peut se

reduire

jusqu'a

ne

comprendre

que

la defense

du

pays ä l'exterieur et les relations ä cette fin avec les autres peuples et Etats, la securite des citoyens a l'interieur et les moyens d'assurer l'ordre, la formation civique et patriotique des citoyens, par un enseignement ä l'ecole et tout au long de la vie. Mais la competence de l'Etat doit pouvoir s'etendre a to«t ce

qui

devient

1'existence

de

salut

public,

a

tout

moment

de

d'une communaute politique. Dans le res-

sort de sa competence, l'Etat doit etre tout puissant, sans limite, souverain

et

il

doit

pouvoir

atteindre

directement non seulement des corps, mais chaque citoyen individuellement. La

centralisation

est

une

condition

de

vie

pour tout corps politique. Seuls ont dure et se sont

4

Mousnier, Centralisation et decentralisation

developpes les corps politiques qui ont su realiser la centralisation necessaire selon ce que demandaient les circonstances.

Tous

les

Etats

durables

et

forts,

toutes les grandes puissances, ont tendu vers une centralisation pourrait

croissante. Toute l'histoire

constituer

une

demonstration

de

de

1'Europe

cette

pro-

position^. Contentons nous ici de rappeler les efforts de la monarchie

frangaise

en

vue

de

cette

centra-

lisation salutaire dans les trois derniers siecles de son existence. Lorsque Charles VIII succede a son pere Louis XI,

la

centralisation

lativement

peu

monarchique

avancee.

En effet

est

les

encore

re-

structures

du

royaume sont celles de groupes formant corps et conservant des pouvoirs de decision. D'abord

la parente

naturelle qui est, en France, la descendance rale,

la

plus proche

de

la

descendance

bilate-

biologique,

celle qui permet le plus commodement de savoir de qui on peut attendre aide et secours et ä qui on doit secours et aide. Cette descendance laisse une grande importance

aux parents

Mais

coutume

la

"du cöte et ligne" de

d'heriter

le

nom

du

la mere.

pere

et

celle

d'attribuer au pere le role de chef de famille donne a cette parente une apparence patriarcale. Au

seizieme

siecle, des magistrate ont reclame le renforcement de l'Butorite du pere, jusqu'au droit de vie et de mort sur les membres de la famille, comme dans

l'ancienne

Rome. Les parentes naturelles sont completees par des parentes artificielles. Le parrain, qui donne un nom a 1 1 enfant au bapteme, devait etre reellement un second pere. Des communautes de vie groupaient des parents et des amis, vivant au meme pot et ä la meme table, travaillant

ensemble,

sous

des noms

divers,

comme

les

frereches. Des fraternit.es d'armes unissaient des com-

Mousnier, Centralisation et decentralisation

5

pagnons de combat. Des fideles se devouaient corps et ame ä des maitres, des creatures ä des

protecteurs,

qui leur devaient confiance, confidence, entretien et avancement

social.

Des

relations

de

clientele,

echanges privilegies de services, existaient largement comme dans toute societe, en tout temps. Des

fideles

et des clients vivaient dans la maison du maitre comme "domestiques" (secretaires, intendants, homines de confiance, gardes du corps,

folliculaires),

ä cote

des

serviteurs et des servantes, et avec eux et les parents naturels constituaient la "famille" du maitre. Toutes

d 1 associations

sortes

diverses

for-

maient corps, c'est-a-dire avaient un chef, individuel ou collectif, 1

1 association type etaient

pour

exprimer

une

volonte

commune

et

constituait une personne morale. De ce des communautes

rurales, villes seigneuries,

territoriales:

communes

fiefs, fiefs de

dignite

(baronnies, comtes, marquisats, duches). Dans ces communautes territoriales, ou les transcendent,

vivaient

d'autres corps: universites, colleges, corporations de metiers,

corps

d'officiers

royaux,

ministeriels

ou

magistrate, gens de loi, etc. Chacun de ces corps conservait dans son ordre des pouvoirs de

decision.

La

population etait divisee en "ordres" sociaux, dignites relatives

avec des fonctions sociales differentes et

avec

aptitudes

des

differentes

a

la

puissance

pu-

blique, plus ou moins reconnus juridiquement et politiquement,

assez

souvent

sans

existence

officielle:

clerge, hierarchise, diverses noblesses, "commun" parti

en

differents

degres,

dont

certains

re-

cons-

tituaient le Tiers-Etat. II

etait

difficile

au inonai que

de

stimuler

les efforts en vue du bien commun du royaume, plus encore des pays sous

la

domination

du

roi

de

France,

6

Mousnier, Centralisation et decentralisation

d'obtenir argent et hommes pour des entreprises communes, de coordonner les efforts en vue d'un resultat juge

souhaitable

pour

1'ensemble,

de

concentrer

les

moyens la oil ils etaient estimes necessaires, de vaincre les resistances passives ou les revoltes. L 1 ordre public,

la

securite,

la puissance,

le

prestige

pays sous la domination du roi de France furent

des sou-

vent compromis. Ces maux furent ressentis

de

plus

D'abord par les membres de la dynastie ses

fideles,

par

ses

clients,

par

en

plus.

regnante, par

ses

serviteurs,

officiers, commissaires, commis, fermiers d'impots. Puis par un nombre croissant de regnicoles, ä qui

1'habitude

de

vivre

sous

une

meme

domination,

donna peu a peu le sentiment d'interets communs, d'une solidarite de 1'ensemble, une affection pour cet ensemble, une fierte de lui appartenir. Comme il arrive souvent, l'Etat crea la Nation. La communaute des habitants des pays sous la domination du roi, la France, devint, dans les esprits et pour les coeurs, une personne, aimee comme une mere. Ces sentiments furent exprimes par la theorie du corps

politique,

nee tres

tot,

de

plus

en

plus

claire et precise au cours du seizieme siecle, et qui fut accomplie vers 1570. Jean Bodin l'acheva en 1576 .par sa theorie de l'Etat, entite distincte

du roi et

du peuple. Elle prit souvent une forme organique:

le

roi est la tete et ses sujets sont les membres d'un corps mystique. Mais pour les uns ce corps

mystique

est

la

une

realite, distincte

des membres

qui

com-

posent. Le roi, la tete, sent et exprime les besoins reels, la volonte profonde de ce corps, qui peut etre distincte de la volonte exprimee

par ses parties. La

tete exerce done, seule, un pouvoir absolu,

et

peut

Mousnier, Centralisation et decentralisation

meme

sacrifier

parties,

temporairement

categorie

1'interet

d'individus

ou

7

d'une

bien

des

province,

a

1'interet du tout. Pour d'autres, ce sont les parties, c'est-a-dire qui sont une

les

la seule realite.

fiction

fiction.

Et

decider peut

provinces,

au

rien

parties,

Le

commode,

utile,

done,

chef

le

detriment decider

au nom

d'une

sans

peut

sa

Etats-Generaux. phiques, des

corps ce

des

le

les

tout

qu'avec

nominalistes,

1'ensemble,

qui

ne

toutes

Et done,

comme

veulent

une

d1un

pierres,

en

distinguer

oubliant

la

une

maison

finalite

et

le

roi

le

des

philoso-

considerer

se

ä

les

realite

elements, comme Guillaume d'Ockham au X I V

ne

tout

concours

e

refusait

il

concerne

le

une rien

Done,

de

qui

peut

Eternel conflit des realistes

qui voient

c 1 est

meme

ne

parties.

par tous.

volonte

de

corps

que ce

individus,

politique,

concours

du principe

former

pays,

mais

de

le monde doit etre approuve ne

les

que

et les

siecle, qui tas

plan,

de

l'idee

organisatrice de la maison. Les milieu

du

uns XVII

(forme, matiere,

et

e

les

autres

siecle

en

s1expriment

termes

d'aristotelisme

acte, puissance, mouvement) qui

etaient commodes par une longue habitude le college, et en termes de platonisme tonisme,

a

la mode

(emanation,

historiens

s'y

laire,

contemporains

les

sont

realites de leur Les necessite,

trompes.

prise

leur

depuis

et. de

neo-pla-

procession).

Certains

Mais,

expriment

sous

ce

vocabu-

effectivement

des

temps.

monarques

et

jusqu'au

souvent

successifs, bien

malgre

contraints eux,

ont

par

la

entrepris

un immense effort de centralisation, imposant leur decision supreme

dans un nombre

croissant

de

categories

d'affaires, par les biais de la justice, de la lite,

de

l'armee,

de

la

"police"

ou

fisca-

administration.

8

Mousnier, Centralisation et decentralisation

Cet effort n'avait pas encore porte tous

ses

fruits

lorsque Louis XVI rnonta sur le trone (1774). Les

monarques

employerent

dans

ce

dessein

d'abord un nombre croissant d'officiers royaux qui, du XIII e au XVII e siecle, firent operer de grands progres a la centralisation monarchique. La marche est a peu pres toujours la meme. Le roi utilise autour de lui, en conseil, des dignitaires et des clercs pour la politique, la justice et la "police", les comptes. Certains de ces dignitaires se specialisent et se professionalisent

pour former les grandes cours

Parlement, Chambres des Comptes,

centrales,

plus tard,

au XIV

siecle, Cour des Aides. Le roi envoie des commissaires itinerants

comme

les premiers

baillis

et

senechaux.

Puis les commissaires se fixent et prennent un Statut d'officier. Puis une tendance a la division des sommes de travail exemple,

et

les

ä

la

baillis

specialisation conservent

se

dessine.

surtout

les

Par

täches

militaires et les interventions dans les cas graves, lis deleguent la justice et la police de routine ä des lieutenants qui deviennent officiers. Ces

lieutenants

sont obliges par le nombre des affaires d'employer des e * commis. A leur tour, surtout au cours du XVI

siecle,

ces commis sont transformes en officiers. Le roi augmente le nombre des officiers et en forme des colleges: outre les Cours souveraines, conseils de bailliages et de senechaussees, corps d'elus apres 1356, bureaux des finances depuis 1577. II y eüt a cette collegialite des raisons financieres ä partir du moment ou le roi vendit, plus ou moins ouvertement, les offices, depuis, semble-t-il, la seconde moitie du XV e siecle. Mais la collegialite commenQa avant la venalite royale et la

comparaison

avec

d'autres

Etats

europeens en montre les avantages pour le monarque. La

9

Mousnier, Centralisation et decentralisation

collegialite d'opposer

permet

au

roi

entre eux les

au

debut

officiers,

de

de

diviser

les

et

controler

par un ou des hommes a lui dans le college; en les obligeant

a prendre

des

decisions

en

commun,

de

les

faire se controler reciproquement, de prendre des habitudes communes, de commencer a acquerir 1'esprit du service public, peut-on commencer a dire, au lieu de leurs habitudes feodales. Mais

dans un

second

temps,

la

collegialite

joua contre le pouvoir monarchique. Elle dilua la responsabilite. Puis les officiers prirent conscience de leurs interets communs, de leurs fagons communes, de leurs

procedures

particulieres.

esprit de corps. lis considerent

lis

acquirent

un

leurs offices comme

1

doues d un etre permanent et done de qualites propres, de pouvoirs propres.

Les magistrate pensaient

qu'ils

devaient au roi la fidelite, done leur accord, mais a la justice, qui leur etait confiee, le respect de sa dignite, et done qu'ils avaient

1"obligation

de dif-

ferer l'obeissance aux ordres du roi si ceux-ci

leur

semblaient injustes, et d'autre part, comme juges, le devoir de tenir la balance en equilibre entre le roi et ses sujets, un devoir de protection envers les sujets du roi. Les officiers de chaque Cour souveraine, de chaque bailliage, de chaque election, de chaque bureau des finances, se

considererent

comme

un

corps,

avec des qualites et des pouvoirs propres, une volonte commune, un organe pour l'exprimer, done une personne morale. Le Parlement de Paris, des 1489, se proclamait "un corps mystique...representant la personne du roi, car il est veraine

(le

justice

Parlement) du du royaume

de

ressort France,

final le

siege, autorite, magnificence et majeste du

et

sou-

veritable roi...".

D'autre part, les bureaux de finances recevaient

par

10

Mousnier, Centralisation et ddcentralisation

edit

de P a r i s

collectif consultent et

un

qu'ils

deux nous

leur

charge".

ses

sant,

corporativ

France.

accreditent

deputes

pour de

la

Le r o i

comme c o r p s

consent

"qu'ils

ensemble en personne ou par d e p u t e s de

corps" ou

de 1586 un S t a t u t

pour t o u t e

"elus

informer

et

Ainsi

et

choisis

dans

notre

conseil

des

le

prerogatives

roi

par

ä l'occasion,

"ä l e u r s p r o p r e s

se

des

en f a i t ,

trouva corps

leur

depens",

leur

corps

affaires

comme

depossede

d'officiers

dans l e u r

de

interet

agis-

de p r o -

fessionnels. De officiers siens

plus,

furent

d'une

ou

au

assez deux

vinciaux

du

fixerent

dans

fices,

acquerirent

s'y

y

Bassin la

allierent autant

vinciaux

et

fice,

des

des

mais

siecle,

pris

ils

avaient

des du

deniers il

les

la

que

qu'ils

ils

se

leur

of-

seigneuries, depro-

roi. en f a i t

toujours, non

avaient difficile

scolastiques,

exprime l e d r o i t

pro-

interets

propriete,

etait

Pari-

locales,

des o f f i c e s a c c r u t

avaient

plus,

et

ces

des

bientot,

families

bien

des

parmi

fiefs

aux

representants

Seulement

De

parmi

et

exergaient

biens,

officiers,

des

existence,

Mais,

ou

mariage

qu'ils

l'acquerir. bourser.

leur

l o c a u x que des a g e n t s des

considera

souvent

Parisien.

La v e n a l i t e dependence

de

generations,

province

par

vinrent

debut

1'inle

de

roi l'of-

verse

pour

de

les

depuis

le

de l ' o f f i c i e r

remXIV

sur

son

o f f i c e en termes de p r o p r i e t e . Ainsi

les

officiers

obstacles

a 1'execution

agents

de

celle-ci.

sition

ouverte,

Paris a l i a 1653 )

que

si

etait

que

le

le

Souvent,

parfois

jusqu'ä

de l a a la

proclamer

roi

corps e t

devinrent volonte

ils

pendant la

que c ' e t a i t

royale

passerent

revolte.

incarnait

autant ä

que

des

1'oppo-

Le Parlement la

Fronde

monarchie, le

des

de

( 1648 — il

n'en

Parlement,

rac-

Mousnier, Centralisation et decentralisation

11

courci des Etats-Generaux, qui en etait 1 1 ame. Les monarques durent done recourir de tout temps a des fideles

pour

composer

le noyau

de

leur

Conseil. lis durent recourir a des clients, tries en principe parmi les notaires de leur chancellerie, les "notaires et secretaires du Roi, Maison et Couronne de France". Depuis 1482, et Louis XI, ceux-ci ont le monopole de 1'expedition de tous les ordres royaux, de toutes les lettres des chancelleries royales, conseils et parlements. Parmi eux, le roi distingue une elite de

secretaires

signant

en

finance,

dont

certains

jouent le role de ministres, comme le fameux Florimond er Robertet, sous Louis XII et Frangois I . Depuis septembre

1547, quatre

d'entre

eux

sont

choisis pour etre conseillers

du

charges

dans

des

depeches

d'Etat,

roi

officiellement et

secretaires

autres

"departe-

ments". En 1558? le roi leur donne le titre de "Secretaire d'Etat". lis siegent a tour de role un mois au Conseil du roi pour prendre note des decisions et expedier les lettres en

consequence.

lis

sont

surtout

des creatures du roi pour 1'execution de ses ordres. Parfois, ils entrent au Conseil comme ministres. Les monarques durent recourir de tout temps a toutes sortes de commissaires, nommes et revocables ä

leur

Parmi

gre, ceux-ci

pour

executer

distinguons

toutes les

sortes

de

gouverneurs

de

vinces, representants la personne du roi et sa volonte. Mais le roi dut choisir

täches. pro-

imposant

pour cette com-

mission des princes du sang, des princes,

des

dues.

Ces grands nobles se creaient trop facilement des fideles et des clients dans leurs gouvernements

et

en

profitaient pour se revolter. Louis XIV finit par leur imposer de ne plus aller dans leur province ordre expres du roi.

que sur

Mousnier, Centralisation et decentralisation

12

Le

gouverneur

etait

d'ailleurs

surtout

un

militaire, un general d'armee. Aupres de lui, pendant les guerres de religion, surtout au XVII e siecle, pendant la guerre de Trente Ans, le roi plaga des commissaires

robins,

experts

en

lois,

les

d'armee, les intendants de province. plaga,

intendants

D'abord, le roi

dans le Conseil du gouverneur, des robins dont

un, en particulier, etait un homme du roi, pour conseiller

le

gouverneur

dans

le

sens

des

interets

royaux. Ce robin, fidele du roi, joue dejä le role ulterieur de l'intendant. Puis, le roi passa aux intendants proprement dit, qui conserverent

le pouvoir de

sieger dans le Conseil du gouverneur ou dans celui du general d'armee. L'intendant d'armee s'occupait du ravitaillement, taire

et

des munitions,

participait

aux

de

la

conseils

discipline de

mili-

guerre.

L'in-

tendant de province etait tantot de justice, tantot de finance. Peu ä peu, surtout depuis

1035>

et

l'entree

officielle de la France dans la guerre de Trente Ans, il devint intendant de justice, police et finance et concentra ainsi dans sa personne des pouvoirs de justice et d'administration. les

intendants

parmi

Le roi prit

les Conseillers

habituellement d'Etat

et

les

Maitres des Requetes de 1'Hotel. Etant. magistrats par leurs offices, les intendants pouvaient ainsi presider et diriger les officiers. Iis etaient de trop petits personnages pour etre

"le roi present dans

les

pro-

vinces", malgre Ernest Lavisse. C'etait le gouverneur qui jouait ce role. L'intendant, en principe, est un agent du Conseil et un auxiliaire du gouverneur, souvent envoye a la demande de celui-ci. II y eüt parfois des heurts de personnes entre gouverneur et intendsnt. En principe, l'intendant

n'est

la que pour

surveiller les officiers et les stimuler. Si les offi-

Mousnier, Centralisation et decentralisation

ciers au

ne f o n t

Conseil,

d'arret

pas

leur

demander

du C o n s e i l

mentaire.

apres

L'intendant

ne d o i t

Louis

et

meme

Louis XIV chercha tisfaction

aux

a diminuer

le

1'execution

tout

au le

d'exercer les

qui e n v o y a i e n t

du R o i .

substitues aux

guerres

sa

des

la

des

telle XVIIIe

ou

armee de

les

la

Ligue

jusqu'en ä

categorie une

de qui

intendants

telle

la

au b e s o i n

d'Espagne,

les

siecle,

officiers,

paix

confiant

deux

sorte

fonctions

peu

interdisant

for-

de

passer des

lorsque de l a les

par

aux

et

il

d'officiers.

de aux de

huis-

la

perde

Hollande,

surtout et

fallut

des

"ordinaires";

et

de

d'Augsbourg

d'equilibre

outre

intermediaire

suivit, 1714,

re-

Generaux

guerre

remplir

pas

intendants

repartition 11

ordon-

dignite

de p a s s e r et

outre villes,

ses

ou n ' e t a i e n t

la

de

officiers.

Tresoriers pour

sa-

Fronde, pour

asseeurs-collecteurs,

Au c o u r s

guerres

Succession employer

tailles,

la

dans

de 1642 a 1648,

aux aux

ad h o c .

dans

cours

Elus,

Hollande.

departis

ä Celles

s'adressaient,

nom

tourner

obligerent

commission

impe-

son

laissant

leur

officiers,

aux s e r g e n t s ,

fusiliers

les

service

ä donner

faisant

f o n c t i o n s des

Dejä,

furent

puis

en

leur

formes r e s p e c t u e u s e s

France, ception

1661

promener l ' i n t e n d a n t

selon l e s

et

surtout les

ceux a u x q u e l s e l l e s

siers

les

des

nances d e p a s s a i e n t

scrupules

en

en

en

pendant

en

supple-

le

de

"commissaires

du r o i " ,

forme

rappele

guerre

depuis

d'une,

et

aux p r o t e s t a t i o n s

digees

des

lieu

fut

exprimees

endroit,

Mais

compte

sous

Colbert

la

d'ailleurs

royaume,

rendre

faire

ceci par

pendant

nombre

au

doit

envoyes

jamais

Et

et

doleances

meme

mellement

XIV

des o r d r e s

generalites temps

place.

par

1661

il

ordres,

ou sous forme de commission

des o f f i c i e r s a l e u r rativement

devoir,

des

13

de

au la

souvent

fonctions

de

Au

du

cours

s'etablit. aux

Aux

intendants,

14

les

Mousnier, Centralisation et decentralisation

actions

eurent-ils

"extraordinaires". exclusivement

veaux, surtout

la

Ainsi

charge

les des

intendants impots

ceux de quotite: capitation,

vingtieme; celle des travaux publics;

nou-

dixieme,

celle du deve-

loppement des industries nouvelles, etc. Mais,

depuis

leur

greve

d 1 Aoüt

1648,

qui

contribua a declencher la Fronde, les maitres des requetes obtinrent un quasi monopole des intendances. Le monarque fut contraint. de recruter ses intendants parmi un nombre restreint de maitres des requetes, 80 environ,

sortis

toujours

milies

environ.

Les

des

memes

intendants

peu, surtout dans la

seconde

families,

prirent

moitie

200

ainsi

du

fa-

peu

a

dix-huitieme

siecle, des caracteres d'officiers, et des caracteres de corps. Aux approches de la Revolution, avant 1'essai des assemblees provinciales,

ils

meme

affectaient

de plus en plus des allures de protecteurs des populations et de representants

des

interets

locaux,

moins autant que des caracteres d'executants

au

des vo-

lontes royales. Autour

du Conseil

du Roi,

des

Secretaires

d'Etat, du Controleur general des Finances, des intendants,

se

developpaient

prirent peu a peu des les

agents

les

plus

des

bureaux

caracteres sfirs

d' un

de

de

commis,

qui

fonctionnaires,

gouvernement

parce

qu'ils sont tenus en principe ä l'obeissance sans limite. Le terme

"bureaucratie"

apparait

vers

1780. Un

pas decisif fut franchi par Colbert, Secretaire d'Etat a la Marine. II y institua une hierarchie a quatre degree "d 1 ecrivains". Un employe y etait nomine par brevet du Secretaire d'Etat. Le brevet est un acte ayant une

valeur

durable

sinon

perpetuelle.

"L'ecrivain"

pouvait parcourir la carriere des quatre degres, alors qu'un officier n'a pas de carriere dans

son

office.

Mousnier, Centralisation et decentralisation

Ires tot,

la

coutume

vain" sortait

s'etablit

que

lorsqu'un

de fonctions apres un

long

15

"ecri-

service,

le

roi lui donnait .une pension de retraite, reversible en cas de deces sur sa fenune et ses enfants. Ce type

de

commis ä brevet se repandit ailleurs.

le

fonctionnaire.

II avait

les

II prefigura

caracteres

essentiels

du

vrai fonctionnaire: il devait l'obeissance absolue, le secret sur les actes administratifs, faire abstraction de

ses opinions,

de

ses

sentiments

et

de ses

prefe-

rences personnels, garder la reserve et la dignite en dehors de ses fonctions. Ce type d'agent

du

roi

aug-

menta considerablement l'efficacite du gouvernement. et de 1 1 administration. Toutefois

remarquons

que

ces

ancetres

fonctionnaires sont encore relativement peu Aux

Affaires

Etrangeres,

il

y

eut

8

a

9

bureaux.

Chacun comprenait un premier commis et plusieurs mis.

En

juillet

1768,

pour

la

des

nombreux.

correspondence

com-

diplo-

matique, il y avait cinq commis au bureau de 1'abbe de La Ville, huit au bureau de Gerard, deux au bureau de Bournonville.

Les finances, plus developpees,

tuaient en 1788, 38 bureaux, qui employaient

consti265 com-

mis, la plupart non a Versailles, mais a Paris. Les

bureaux

des

intendances

restent

mo-

1

destes. Tourny, a Bordeaux, en 1747» pour 1 intendance de Guyenne, dispose d'un premier secretaire, de 10 secretaires, de 5 copistes qui enregistrent les affaires a

l'arrivee

et

au

depart,

tiennent

les

repertoires,

ecrivent les ordonnances sous la dictee ou sur la minute

d'un

secretaire.

C 1 est

une

des

intendances

les

mieux pourvues. Mais les f e m e s generales en 1774, selon Lavoisier,

employaient

29

500

commis

permanents,

5

a

6000 "buralistes" contractuels, et une armee de gardes

16

Mousnier, Centralisation et dicentralisation

qui serait montee en 1784 ä 23 000 hommes. Ces commis, hierarchises,

ayant

une

possibility

de

carriere,

et

des caracteres de fonctionnaires, se recrutaient dans differents ordres sociaux. C'etaient

des fils et ne-

veux de fermiers generaux, de financiers, d'hommes de loi, d'officiers royaux, voire de gentilshommes

pau-

vres, d'ailleurs clients ou fideles des courtisans, du personnel gouvernemental ou de haute administration. Parmi les instruments de la

centralisation,

les capitales jouent un role eminent. Une capitale est d'abord une "ville close", entouree, tout au moins a l'origine, de fortifications munies d'artillerie, avec milice

citadine,

citadelle

et

garnison

royale,

qui

constitue un lieu de securite et de refuge. Le roi y rassemble des juridictions et administrations, qui ont un ressort plus ou moins etendu et font de la capitale le "centre nerveux" du royaume ou d'une province. La capitale est siege d'archeveche

ou d'eveche

et

ren-

ferme des organes centraux d'ordres religieux qui ont un role de commandement et d 1 organisation spirituels. La

capitale

est

un

marche

qui

attire

des

citadins

d'autres villes et bourgs et des ruraux. Elle est un centre de finance et de negoce, qui domine 1'ensemble du systeme de production

regional

et,

dans

certains

1

cas, national. La capitale est un centre d industries nouvelles et d 1 industries savantes ou d 1 industries de luxe, qu'elle repand dans

les villes

secondaires

ou

dans les campagnes. Sa specialite economique est 1'organisation

de

la production

et

de

la

consommation;

eile y joue un role d'initiative et de direction. capitale est aussi un exemple de hierarchie

La

sociale,

de style de vie d'une elite, un exemple et un moteur des

attitudes

devant

la vie,

mariage,

natalite.

La

restriction des naissances commence par les capitales

17

Mousnier, Centralisation et decentralisation

et se repand ensuite dans les villes secondaires, les bourgs, les villages. La capitale doit donner 1' exemple du devouement au corps politique et a son chef, le roi. Elle est done

1 1 exemple

de

la

fidelite

au

bon

roi. Mais si le roi peut passer pour tyran, pour compromettre le bien commun et le salut public en gouvernant par caprice, dans l'interet de favoris, alors la capitale peut estimer devoir

donner

1'exemple

de la

resistance au tyran, comme Paris le fit en 1588 et en 1648.

Les monarques se provinciales.

C'etaient

des

sont

servi

villes,

de

capitales

developpees

et

utilisees par des comtes et des dues, dans des provinces reconstitutes par eux, a partir du morcellement feodal, qui avaient pris des caracteres d'Etat, et ou 1 1 Etat avait fait naitre une nation, Bourgogne,

Bre-

tagne, Provence, etc. Lorsque le Roi les rattacha domaine royal dans le royaume ou les fit entrer 1'ensemble

des

territoires

soumis

a

sa

au

dans

domination

(Dauphine, Provence, etc.), il conserva a ces nations des privileges, et utilisa les organes de justice et 1 1 administration

deja

crees

par

leurs

dues

ou

par

leurs comtes, les complete (Parlements provinciaux) et se servit de leurs capitales: Toulouse en

Languedoc,

Rouen-en Normandie, Rennes en Bretagne, Dijon en Bourgogne, Bordeaux en Guyenne, Aix en Provence, etc. Ces capitales provinciales

servirent d'abord de relais a

la puissance royale. Mais, lorsque

les guerres obli-

gerent le roi a augmenter la centralisation, elles devinrent frequemment des centres de resistance au gouvernement central. Aussi le roi utilisa surtout Paris, capitale du royaume au moins depuis Philippe-Auguste,

dont il

voulut faire 1'exemple et le moteur du royaume, et que

18

Mousnier, Centralisation et decentralisation

Louis

XIV

voulait

commune"

des

considerer

Fran^ais.

Seignelay:

"Paris

sejour

roys,

des

faire

Colbert

estant il

est

a tout

faires

du d e d a n s c o m m e n c e n t les

faires et

sont

aussi

la

se

jours

du

le

roy

sont

rencontrent dans

obliger cette

les

mon

Conseil

ou

il

ne

paraitre Η2 non..." . La fut

nation,

ne

poussiere

de

puis pour

si

et

par

la

I87O. la

battue.

Paris;

ä

La

d'ordres du

famille,

la

D'abord

par

qui

regrettaient

les

autres

ne

en

les pas

ce

a des uns

en

la

pouvoir

chose

Louis 1'Empire.

ou

XVI.

de c o r p s

de

des

moins et

de

par

un

leur

des

tour

adhaut

malgre

invasions

leur

la

prefets

a

de-

d'existence

toujours de

La

qu'une

survivre,

trois

condition

a

de

reorganisation

et

perte

et

et

centralisation

nobles

de

sous et

de

jour

parier

la

pas

doit

general

gouvernement

la

tou-

qui

aucun

1'institution

France

certain

naissent

et

centralisation,

France,

de

recula

que

difficultes

1'ordre

Revolution

revolutions

η1

est

c'est

presque

face

du

lors

quelque

la

autres

des

execution

sgait

Paris

que, il

sgavoir

de

finissent

on

porterent

permirent

les

af-

affaires

necessaire

du C o n s u l a t

interieures,

toutes

grandes

d1

en

de

Compagnies

ayant

structure

laissa

Bonaparte,

luttes

11

chefs

ministrative degre

n'y

af-

les

centralisation de

qui

bien

soit

achevee

disparition

par

a

ville,

mouque

que t o u t e s

de

le

les

executees,

leur

Compagnies

faire

Elle

et

le

toutes

les

d'autant

sont

dans

fils

grande

y

partout

fils, et

c'est-a-dire

autres

grandes

ville,

son

et

dans

mesmes

a

"patrie

donne

que

eile,

par

envoyees les

meme

volontes

qu'elles qui

que

par

par

la

du r o y a u m e

qu'elle

royaume;

toujours

ensuite et

du

declarations

commencent

royaume les

reste

edits,

ecrivait

capitale

certain

vement tous

le

la

comme

ete

com-

notables, influence, dominer

et

Mousnier, Centralisation et decentralisation

19

exploiter suffisamment les populations locales. En second lieu par socialistes 1

1 Etat

des socialistes anarchisants

marxistes,

η'est

et doit

etre

que

ceux-ci

imbus

1'instrument

affaibli

d'une

et par

de

1 idee

classe

systematiquement

paraitre avec

les classes elles-memes.

intellectuels

nostalgiques

des

1

que

dominante

avant

de

dis-

Enfin, par

du passe, desireux de

des res-

susciter des langues disparues ou ravalees au rang patois et de preserver

ou

de

ressusciter

coutumes et des paysages cheris. et

des

autres

mouvements

ont

abouti

nationaux,

riques. Depuis

Les

parfois

etayes

la

des

sation animes par

hostilite

uns

mythes

de

histo-

decentralicontre

la

capitale, Paris, ont ete menes ä diverses

reprises

et

accentues

partage

la

depuis

une

des

creation

1940, de grands efforts de

de

vieilles

efforts

ä

par

de

1958.

Une

croissante

loi

recente

France en vingt petites republiques autonomes, sous le nom

de

regions.

mouvements

qui

Ces

ont

efforts

lieu

s'inscrivent

dans

dans

1

toute

1 Europe

des

(on

en

comptait recemment vingt-huit) et qui mettent en cause 1'existence des Etats nationaux, 1

puis 1 e m i e t t e m e n t par

la

feodal

decentralisation

formes peu a peu

1

de

1 an

regionale.

mil.

L ' on

Ensuite,

de-

commence vient

la

1

revendication de l'autonomie. Puis celle de 1 independence. Mais deja, festent

les

ä 1 1 interieur

revendications

Celles des villes qui

de

reclament

des regions, pays

plus

se mani-

petits

ä leur tour

la

et

decen-

tralisation locale, avant l'autonomie, puis 1 1 independance. L 1 on peut se demander

si 1 1 Europe et

ne sont pas entrees dans

processus

qui

pourrait

ramener

a

un

1 1 emiettement,

de des

la

France

dislocation temps

feo-

1

daux, avec 1 oppression, par des potentate locaux, individuels

ou

collectifs, 7

protecteur est l'Etat .

des

peuples,

dont.

le

vrai

20

Mousnier, Centralisation et decentralisation

1 Voir entre autres, Roland Mousnier, La monarchie absolue en Europe du Ve siecle a nos jours (Presses Universitaires de France, 1982). 2 Colbert, "Instruction pour mon fils pour bien faire la commission de ma charge" ( 1671)· Pierre Clement, Histoire de la vie et de 1 1 administration de Colbert. Paris 1 8 4 6 , Piece justificative XII, p. 478479. 3 Roland Mousnier, Les institutions frangaises sous la monarchie absolue (1598-1789). 2 vol., Presses Universitaires de France, 1974-1980. Traduction en anglais: University of Chicago press I 9 8 O - I 9 8 4 . Y ajouter, Michel Antoine, Genese de 1 1 institution des Intendants. In: Journal des Savants, Juillet-Decembre 1982, p. 283-317.

Volker Press

Frankreich und Bayern von der Reformation bis zum Wiener Kongreß*

Frankreich und Bayern, la France et la Baviere, hat sich bis heute als Schlagwort erhalten; es steht für bayerische

Eigenmächtigkeit,

für

bayerischen

Hand-

lungsspielraum, aber auch für deutsche Kleinstaaterei, für französische Intervention im Reich. Naturgemäß unterlag diese Verbindung dem Verdikt des nationalstaatlichen

Denkens

- so hat

sich der

zweite

bayerische

König Ludwig I. unmißverständlich von der profranzösischen Politik des Ministers Montgelas distanziert, obgleich

gerade

sie

das

Königreich

Bayern

geschaffen

hatte. Nun haben viele andere deutsche Fürsten der frühen

Neuzeit

ebenfalls

die

französische

Karte ge-

spielt - kaum ein größerer Landesherr kommt hier nicht in Betracht. Kein anderes

Territorium

aber

wurde

so

betont und so demonstrativ der Partner Frankreichs im Reich wie Bayern. Aber die französische Koalitionspolitik der MUnchener Wittelsbacher Glanz

und

Elend

bereits Michael Frankreichpolitik

bayerischer Doeberl

hat

markierte

Stellung

im

erkannt, daß

in hohem Maße

Funktion

zugleich Reich

bayerische bayerischer

Österreichpolitik war. Von Rang und Herkunft vornehmer als die Habsburger, mußte das Haus Bayern ihnen doch den Vortritt lassen. Nach dem Aussterben der Luxemburger 1437 setzten sich die Habsburger vor den Wittelsbachern

durch

und sicherten sich auf drei Jahrhundert e di.e deutsche

Press, Frankreich und Bayern

22

Königswürde. Die Wittelsbacher, die mit. Ludwig IV. dem "Bayern" und Ruprecht von der

Pfalz

schon

zwei

Herr-

scher des Reiches gestellt hatten, behielten das Nachsehen. Aber bereits im 15· Jahrhundert

hatte

nastisches

Bärtigen

Ausgreifen

Bayern-Tngolstadt seine

in

Schwester

Ludwig

den

französische

Isabeau

de

ihr

von

Kombinationen

Baviere

sogar

dyund

auf

den

Königsthron geführt. Das schien Episode langen Regierungszeit der

BurgunderStaat

zu bleiben,

zumal

in

der

Friedrichs TIT. (1440-1492) sich

zwischen

das

Reich

und

Frankreich

geschoben hatte - er hatte auch den wi t t.elsbachischen Besitz in Holland aufgesogen. Indessen hatte sich auch die

Wittelsbacher

Griff

nach

den

1489;

dafür

Position

konsolidiert.

habsburgisehen

konnten

1505

die

Der

kühne

Vorlanden mißlang

zwar

Münchener

sich

den Großteil des Erbes der Landshuter

Herzöge

Fürsten

sichern

gegen die erbitterte Konkurrenz der Heidelberger telsbacher Absturz

- die

des

Niederlage

Pfälzer

besiegelte

Kurfürstentums

nicht

aus

nur

einer

ähnlichen Stellung, sondern führte zu einer

Witden

königs-

Diskrepanz

zwischen dem Vorrang der Heidelberger und dem größeren territorialen Gewicht der Münchener Wίttelsbacher. Den Profit

aus

den

innerwittelsbachischen

Zwistigkeiten

hatte das Haus Österreich gezogen. Der bachischen Gunsten aber

gleiche

verstand,

mit. seinem

Vorstoß

große Auseinandersetzung ein, die bis schichte

der

Auseinandersetzungen

umzumünzen

auch

Kaiser,

die

innerwittels-

geschickt

Maximilian nach

zu Π.,

Italien

seinen leitete

1495

zwischen Ilabsburg und

Valois

1756 ein Grundthema der europäischen

bleiben

sollte.

dramatisch zu, als die

Die

Situation

Umklammerung

spitzte

durch

die

die Gesich

Länder

Kaiser Karls V. die Existenzfrage für die französische

Press, Frankreich und Bayern

Monarchie

stellte,

der

französischen

der

Casa

konkrete

de

eine Politik

Austria

Belastung,

den

die

sollte.

für

Frankreich

in einer

Folge

gebrochen wurde,

Schlachtfeldern

zum

werden

blieb die

Auseinandersetzungen auf

Bedrohung,

Alptraum

Die

Einheit

eine

ganz

kriegerischer

die

Flanderns,

23

vornehmlich

der

Rheinebene,

Oberitaliens ausgefochten wurden. Bayern, gerade erst, wiedervereinigt, stand in diesen

Auseinandersetzungen

reich war fern und die großen

Weichenstellungen

führten

aber

Bayern

zunächst

eigene

in

zu

Beginn

eine

abseits.

Position

Frank-

deutlich.

der

1520er

Schlüsselrolle

alte

Kirche,

bald

konsequent

getroffen,

Jahre

für

Reich; die Entscheidung der Münchener Herzöge

zwischen

ständischer

das

für die

ermöglichte

München eine eigentümliche Stellung, die Freiheit Entscheidung

Die

Solidarität

die kaiserlichen Ansprüche und katholischer

der

gegen

Solidari-

tät gegen die Kräfte der Reformation,

zumeist mit den

Habsburgern.

und

nicht

Die Herzöge

zuletzt

des

Wilhelm

ersteren

TV.

Ludwig

entscheidender

und

tender Rat, Dr. Leonhard von Eck, haben diese ausgenützt, vor

allem zur Eindämmung der

X.,

bedeu-

Position

Habsburger,

was immer wieder ein Leitmotiv der bayerischen Politik europäische

war. Bayern suchte dabei Anlehnung an die Opposition

gegen

Habsburg,

vornehmlich

an

den

Papst,

und richtete auch den Blick auf Frankreich. Die antihabsburgische

Politik Ecks knüpfte

Schmalkaldischen

Bund

Bündnis

Oktober

vom

24.

an

und 1531

nicht

führte mit

nur

zum

den

mit

dem

Saalfelder

evangelischen

Wortführern. Am 26. Mai 1532 schlossen die Verbündeten in

Scheyern

auch

eine Allianz ab.

mit- König Aber

Franz

I.

die Auflösung

von

des

Frankreich

Schwäbischen

Bundes und die Rückkehr von Bayerns altem Gegner

Her-

zog Ulrich nach Württemberg 1534 - statt des Münchener

24

Press, Frankreich und Bayern

Favoriten der

Herzog

bayerischen

Christoph, Herzöge

-

Sohn

Ulrichs

setzten

alle

und

Neffen

BUndnispläne

matt. 1534 bereits suchte Bayern in Linz den Ausgleich mit den Habsburgern. Das die

Scheyerner

Grundelemente

Bündnis blieb

jeglicher

somit

Episode;

französischer

Bündnis-

politik Bayerns zeichneten sich jedoch bereits ab. Der Versuch, sich gegen den mächtigen abzustützen,

kontrastierte

dieser Nachbarschaft

Nachbarn

zugleich mit

erwachsenen

Österreich

dein aus

sehr geringen

eben

Manöv-

rierraum; jede bayerische Politik gegen Habsburg hatte somit ein hohes Risiko. Die Mobilisierung konnte

dieses

mildern.

So

Risiko schlug

1530er Jahren

nur die

zum

Frankreichs

geringeren

bayerische

zunächst andere Wege

Teil

ab-

in

den

sehr

er-

Politik

ein,

die

folgreich waren - die Ausnützung der Möglichkeiten der Reichsverfassung, die sich gerade in jenen Jahren nehmend verfestigte. nicht nötig; die

zu-

Ein Rekurs auf Frankreich war so

eigene

Stellung

Bayerns

genügte,

um

ihm Gewicht zu verleihen. Es

entwickelte

sich

jenes

reichspolitische

Spiel, in dem Bayern unter der Regie Ecks erfolgreiche Opposition gegen die Ansprüche Karls V. trieb und sich immer

mehr

dem

stärker

reichspolitisch

verankerten

Bruder Karls, Ferdinand I., näherte. Dem nicht zuletzt durch

die

tern

Karls

bayerische V.

folgte

Politik der

mit

von 1555, der das konfessionelle rechtlich treten

zu

neutralisieren

deutscher

und

verursachten

Augsburger

Konfliktfeld

suchte.

spanischer

Schei-

Religionsfrieden Das

reichs-

Auseinander-

Habsburger

erleich-

terte die Stabilisierung der Lage im Reich; das System des

Augsburger

Religionsfriedens

wurde

von

seinen

Hauptprotagonisten, den Kaisern Ferdinand I. und Maximilian

II.,

Herzog Albrecht

V.

von

Bayern,

Kurfürst

25

Press, Frankreich und Bayern

August, von Sachsen berg,

und

entschlossen

Hereinschlagen

Herzog

ausländischer

sequent zu verhindern, konnte

im

serliche in ihr Frankreich gefragt;

Schlepptau

war

das

in

einer

System

das

und gerade aus den

for-

Die

bayerische

Religionsfriedens

zeitweilig nehmen.

solchen

des

Württem-

bemüht,

kon-

des

und

von

war

Niederlanden.

System

wichtige Rolle spielen

Man

Konflikte ins Reich

selbst

mal zum Reich gehörenden Polit.ik

Christoph

verteidigt.

sogar

Eine

eine

die

kai-

Anlehnung

Konstellation

Religionsfriedens

an

nicht

trug

sich

gleichsam selbst und führte Bayern empor. Auf der anderen Seite geriet dein Frieden Periode

von

Cateau

konfessionell

Pfälzer Wittcisbacher niert sen.

- zugunsten Wie

dens,

die

stand

Cambresis

Frankreich

1559

bestimmter

in

ihrer hugenottischen Haupt.träger

dieser

nach lange

Bürgerkriege.

haben darin wiederholt

anderen

München

eine

interve-

Glaubensgenos-

des

Politik

Die

Religionsfrie-

höchst

gegenüber - sie war Ausdruck des Pfälzer

reserviert,

Revisionismus

gegen die Ergebnisse von 1555 und drohte überdies, die Kriegsflammen

aus

Frankreich

ins

Reich

lassen. Als Heinrich IV. von Navarra

schlagen

zu

1589 nach dem Ge-

winn der Königskrone den französischen Bürgerkrieg zum Abschluß zu bringen trachtete, setzte er auch als konvertierter auf

seinen

Katholik alten

keineswegs

auf

burgischen

Züge

sie

trafen

reformierten

das

sich

in Verfolgung seiner Ziele weiter katholische

dieser mit

Politik

dem

Partner,

die

Kurpfalz,

Bayern.

Die

antihabs-

waren

unübersehbar

Unternehinensgeist.

des

kur-

pfälzischen Statthaltes in Amberg, Fürst Christian von Anhalt, der eine Art Konfident des neuen Königs

im Reich

Politik Kurpfalz

Bayern führte,

war. in so

Da

einen daß

seine

dezidiert

zunehmenden die

französischen katholische

Gegensatz

traditionellen

zur

dynasti-

26

Press, Frankreich und Bayern

sehen

Rivalitäten

konfessionell

verschärft

wurden,

standen Bayern und Frankreich in unterschiedlichen Lagern.

Aber

die

kriegerischen

l6l0

von

Heinrich

Unternehmungen

Niederrhein wurden durch

um

dessen

IV.

die

eingeleiteten Herzogtümer

Ermordung

l6l0 frühzeitig abgebrochen. Die bereits nen

Kämpfe

am

Nieder-

und

am

am

14.

am Mai

ausgebroche-

Oberrhein

konnten

bei-

gelegt werden. Die wig XIII. lich

Vormundschaft

setzte

gelang

Uber

Frankreich

eine

den

erneut

kleinen

matt;

nur

Herrschaftsstabilisierung.

Lud-

allmähDie

Re-

gierung des Kardinals Richelieu

(1024-1642) führte zu

einer

nicht

Politik

kenlos

mit

Frankreichs,

den

die

protestantischen

mehr

so

Kräften

im

koalieren wollte wie unter Heinrich

IV.

trachtete

geradezu

Partner, starke

man

Bayern

katholisch,

habsburgische

nun

als

aber

einen

auch

Machtentfaltung

wurde am Anfang des Dreißigjährigen als

Frankreich

die bayerische

In

geeignet, zu

Reich

Paris

be-

idealen

eine

allzu-

bremsen.

Krieges

Kurwürde

beden-

Das

deutlich,

von

1623

be-

grüßte, weil es jeden Machtzuwachs eines potentiellen Gegengewichts

gegen

Österreich

für

seinen

Vorteil

hielt. Es sollte aber bis in die 1030er Jahre daß

Frankreich

in den

Dreißigjährigen

Krieg

dauern, eingriff

und sich die Frage des Verhältnisses zu dem erstarkten Bayern

erneut

Frankreich

stellte.

nach wie

vor

Die

1620er

durch

Jahre

innere

waren

Krisen

für

gekenn-

zeichnet, die den Schritt nach außen hinderten. Es

spricht

indessen

für

Systems des Religionsfriedens, Zerfall die

auswärtige

Situation

1010

Stabilität

daß es noch

Interventionen bereits

die

abwies,

außerordentlich

in auch

des

seinem wenn

kritisch

schien. Der Dreißigjährige Krieg aber brachte geradezu galoppierend

die

lange

aufgeschobene

Internationali-

Press, Frankreich und Bayern

sierung

der

deutschen

allem in der

Einheit

Politik, der

die

Casa

ihre

27

Wurzeln

de Austria

und

in

vor der

ausgreifenden Bündnispolitik der reformierten Kurpfalz hatte. Phase

Frankreich des

freilich

Krieges,

dann

trat

aber

erst

mit

in

der

letzten

beträchtlichem

Ge-

wicht, auf die politische Bühne. Dieter Albrecht hat deutlich gemacht, daß die Politik Maximilians I. von Bayern einem festen muster

folgte,

auch

wenn

sie

nicht

ohne

Grundleichte

Schwankungen war, etwa im Zusammenhang mit dein Besitz der

rechtsrheinischen

Ämter

der

Pfalz.

Bayern

hatte

1020/22 entscheidenden Anteil am Sieg der katholischen Sache und an der katastrophalen Niederlage der Pfälzer gehabt.

und ihrer Verbündeten tion

zum

entscheidenden

Es nutzte

Schlag

renden Heidelberger Vettern.

diese

gegen

die

dem

Erwerb

Mit

Situa-

rivalisievon

Kur-

würde und Oberpfalz konnte Maximilian ein glanzvolles Jahrhundert

bayerischer

Reichspolitik

krönen.

l623 war er auf einen Frieden aus, der der

Seit

Besitzkon-

solidierung diente. Die bayerischen Gewinne, erwachsen aus

einer

nahezu

völligen

chisch-kaiserlichen Kriegsphase, System

des

aber

Abhängigkeit

Politik hatten

Reiches

von

Bayern

nicht

nur

erheblich

der

österrei-

in der das

ersten

politische

durcheinandergebracht,

sondern eine Friedenslösung nahezu unmöglich

gemacht.

Dies

Rückhalt

hing

wiederum

mit

dem

internationalen

des exilierten Pfälzer Kurfürsten zusammen; rung

zugunsten

bayerische den

Zielsetzungen.

Verbündeten

immer

die

des Pfälzers des

hatte

Ein

Pfälzers

bayerischen

somit

Kriegfüh-

stets

anti-

Friedensausgleich tangierte

Positionen;

mit

andererseits

daraus

resultierte

etwa der scharfe bayerisch-spanische Gegensatz, da für Madrid

die

Pfälzer

Pläne errichtet

Hürde,

die

Bayern

auch

für

seine

hatte, unerträglich war. So wurde

für

28

Press, Frankreich und Bayern

Maximilian

das

weiser· zum Hindernis

Ziel der Machtkonsolidierung

Frieden,

aber

zugleich

- ein Widerspruch,

den

dessen

Oberpfalz winn

der

hatte

erreicht.

serlichen

Übertragung Bayern

der

einen

schlimmstes

Politik traten

immer

Kurwürde Gegensätze

schärfer

des

trachtete.

beträchtlichen

Die grundlegenden

Weg-

die Staatskunst

bayerischen Kurfürsten vergebens aufzulösen Mit

ein

und

der

Bodengezur

hervor

jüngst.e Kurfürst, des Reiches wirkte vom ersten

kai- der

Augen-

blick an besonders eifrig für die Behauptung der kurfürstlichen Rechte gegenüber dein Kaiser. reichisch-spanischen Casa de Austria

Allianz,

sali er eine

Γη der öster-

in der· Solidarität verhängnisvolle

der

Kombina-

tion, die seine Konsolidierungspläne auf das ernsteste gefährdete; er inußte stets fürchten, daß seine Gewinne aus dem Krieg fremden Interessen geopfert wurden, aber auch, daß der Reichsverband in internationale

Konflik-

te gezogen wurde. Hinzu kam das Rrstarken der kaiserlichen sition, die Ausbildung eines konkurrierenden,

Po-

schließ-

lich überlegenen kaiserlichen Heeres unter der Führung Wallenst.eins.

Maximilian

hatte

die

Gewinne

eingefor-

dert, aber er mußte erkennen, daß er durch die Unterstützung

der

kaiserlichen

Politik

selbst

beigetragen

hatte, die eigene Position im Reich erheblich zu relativieren. Nicht, Maximilian, sondern der Kaiser war es in erster

Linie,

Norddeutschland edikt

von

der

vom

katholischen

profitierte;

1629, die

extreme

auch

Siegeszug

das

nach

Restitutions-

Wiederherstellung

katho-

lischer Rechte durch kaiserliche Rechtssetzung, war an erster Stelle dem Kaiser zugute gekommen. wurde es für alte

die bayerische

Schiedsrichterrolle

Reichsständen

Politik

Schließlich

schwieriger,

zwischen

zu spielen, auch wenn man

Kaiser dies

1630

die und in

Press, Frankreich und Bayern

29

Regensburg noch einmal erfolgreich gegen Ferdinand II. praktizierte. Aber für die

bayerische

Politik

es

doch

recht eng geworden, als der Kaiser den Höhepunkt

sei-

ner Macht betrat. Die Jahre zwischen dem

war

Regensburger

Kurfürstentag von 1630 und der schwedischen nach Siiddeutschland der bayerischen

im Frühjahr

Stellung

-

Offensive

1632 waren die Aporie

damals

begannen

sich

die

Blicke Münchens erneüt nach Paris zu richten. Dies lag auch in der

Logik

der

Internationalisierung,

deutsche Politik erfahren hatte. Frankreichs

die

die

Stellung

im europäischen Spiel hatte eine gewisse Parallele jener

Bayerns

im Reich;

ant.ihabsburgischer

als katholischer,

Macht

boten

sich

zu

gleichwohl

Frankreich

viel-

fältige Koalitionsinöglichkeiten. Für Maximilian I. von Bayern war das wiedererstarkende Frankreich

Richelieus

allerdings auch eine gefährliche Größe, da es aus antispanischer

und antikaiserlicher

Haltung zum

Protek-

tor des Pfalzgrafen werden konnte. Maximilian erkannte aber eine starke Interessenidentität an der Einschränkung der

kaiserlichen

engung auf nien.

Es

das Reich, galt,

Frankreich Bayerns

Machtentfaltung,

zu

einen

an der

gereichen

konnte.

da

ihrer

Ein-

von

Spa-

Kaiser

und

Distanzierung

Zusammenstoß

vermeiden,

an

dieser

von nur

Insgesamt

zum

Schaden

erhoffte

Maxi-

milian, bei Frankreich Verständnis für die bayerischen Gewinne zu erzielen. München

zum

Hatte

Gegengewicht

Paris gegen

doch Wien

ein

Interesse,

aufzubauen,

Vorgang, der der bayerischen Politik wieder

ein

ihren al-

ten Ilandlungsspielraum zurückgeben konnte. Allzu dem Zwang der

einseil.ig hatte Kriegsereignisse

München seine

nämlich

andere

tion aufgegeben, nämlich die Reichsstände,

unter

alte

Op-

auch unter

E.inschluß der Evangelischen, gegen den Kaiser zu mobi-

30

Press, Frankreich und Bayern

lisieren.

Darauf

hoffte

der

Kardinal

wollte die Rückkehr Bayerns zur alten heit, ja, er wollte Bayern bewußt

Richelieu;

er

Handlungsfrei-

zu einer

antihabs-

burgischen Politik anstiften, zuweilen sogar zu einer bayerischen Kaiserkandidatur. Bereits 1622 waren französische Emissäre, häufig Kapuziner, nach MUnchen gekommen. Aber Maximilian war zur völligen Distanzierung vom Kaiser zunächst nicht bereit; erst seit 1629 - im Jahre des Restitutionsedikts - wurden die Verhandlungen forciert und am Rande des Regensburger Kurfürstentages von 1630 in ein entscheidendes Stadium geführt. Der Vertrag von Fontainebleau .vom 30. Mai 1631 war ein Nichtangriffspakt,

der

die

Vermischung

der

franzö-

sisch-spanischen Auseinandersetzungen mit den Kriegen im Reich verhindern sollte - immerhin erreichte Maximilian dabei die Garantie Frankreichs für seine Erwerbungen zu Lasten der Kurpfalz. Die militärischen Erfolge Schwedens seit dem Herbst

I63O

aber schwächten entscheidend die bayeri-

sche Position. Nun handelte Richelieu unter dem Primat der europäischen vor der deutschen

Politik

- er half

Bayern nicht vor der schwedischen Gefahr. Zwar war im Bärwalder

Subsidienvertrag

Frankreichs

mit

Schweden

vom 23. Januar 1631 eine schwedisch-bayerische Neutralitätspolitik

angesteuert

worden,

französischer

Vermittlung

schwedisch-bayerische

tralitätsverhandlungen,

aber

der

zwar

gab

es

kriegerische

unter NeuSchwe-

denkönig Gustav Adolf suchte Bayern seine Bedingungen, vor allem die Rückgabe der Kurpfalz, aufzuzwingen. Er war sich dabei Frankreichs sicher, das Maximilian

in

der katastrophalen Niederlage Bayerns im Frühjahr 1632 sozusagen den Schweden überließ; somit hatte Maximilian nicht nur eine

militärische,

sondern

schwere politische Schlappe erlitten.

auch

eine

Press, Frankreich und Bayern

Die Katastrophe der Schweden

bei

31

Nördlingen

im September 1034 und der Zusammenbruch ihrer süddeutschen Stellung ließen den Kaiser mit dem Prager Frieden

von

163 5 noch

einmal

zu einer

Führungsrolle

im

Reich aufsteigen, die die Stellung Bayerns weiter relativierte

und

es

auf

eine

Parallelposition

lutherischen Kursachsen zurückfallen ließ. Der Friede

richtete

seine

Spitze

gegen

die

zum

Prager

auswärtigen

Mächte, also vornehmlich gegen Schweden. Er provozierte damit endgültig den Kriegseintritt Frankreichs zur Stabilisierung der wankenden

Schweden und zur Siche-

rung der eigenen Position, die es an Mosel und Oberrhein

mittlerweile

Reichspolitik

im

Windschatten

der

schwedischen

errungen hatte. Die Träume der bayeri-

schen Neutralitätspolitik waren endgültig gescheitert; Frankreich erwies sich in der Folge als Kriegsgegner

Bayerns,

das

seinerseits

gefährlicher

immer

stärker

zum Frieden neigte. Maximilian war in vielem durchaus kompromißbereit, vornehmlich freilich auf Kosten anderer; er suchte jedoch entschlossen seine Hauptgewinne, die Kurwürde und die Oberpfalz, festzuhalten. Für

die

Münchener

Politik

wurde

die

Erin-

nerung an die teilweise Interessenidentität mit Frankreich mit den seit bungen

wieder

1640 einsetzenden

aktuell

- sie

nahm

Friedensbestre-

FUhlung mit

Paris

auf, welche bereits I64O durch päpstliche Vermittlung in der Konferenz von Einsiedeln zustande kam. Seit der Pariser

Mission

Vervaux,

seines

1045 erreichte

Beichtvaters, Maximilian

zelne diplomatische Abstimmungen

des

Jesuiten

tatsächlich

zwischen

ein-

Bayern

und

Frankreich, die die kaiserlichen Gesandten in Münster und

Osnabrück

zunehmend

unter

Druck

setzten.

Die

nachlassende eigene Stellung wurde durch die französische

Rückendeckung

für

Bayern

substituiert

-

ein

32

Press, Frankreich und Bayern

bemerkenswerter Erfolg der bayerischen, aber auch der französischen tärische

Diplomatie. Freilich mißlang

Konsequenzen

Ferdinand

III.

zu

weiterhin

ziehen; nicht

als

von

es,

sich

Spanien

miliKaiser

trennen

ließ, Schloß Bayern am 14· März

1647 den Ulmer Waf-

fenstillstand

Schweden

mit

Frankreich,

und

Hes-

sen-Kassel ab. Maximilian suchte das Schutzbündnis von 1631 wieder

zum Leben zu erwecken. Aber

Bayerns

für

war

den

neuen

Leiter

der

das

Gewicht

französischen

Politik, den Kardinal Mazarin, zu gering, als daß er die

schwedische

leisesten

Koalition

gefährdete.

Waffenstillstands bilität

der

von

seinetwegen

Das

auch

Scheitern

1047

des

demonstrierte

traditionellen

nur

im

Ulmer

die

Immo-

Kriegskoalitionen,

aber

auch die weiter zurückgehende, wenn auch sich behauptete,

Eigenständigkeit

Krieg. Das galt vor

der

allem

bayerischen gegenüber

Position

dem

im

gleichfalls

geschwächten Kaiser, der nach dem gescheiterten Ulmer Waffenstillstand

sogar

einer

erhöhten

Autonomie

der

bayerischen Kriegführung Zugeständnisse machen mußte. Die

Internationalisierung

des

Krieges

hatte

partielle Interessenidentität Bayerns und

die

Frankreichs

bestätigt, zugleich aber die überlegene Bedeutung der internationalen System

des

Mächtekonstellation Reiches

gegenüber

verdeutlicht.

Die

dem

franzö-

sisch-bayerischen Kontakte waren entsprechend komplex, von Mißtrauen und taktischen Manövern begleitet: man kam zwar zu einer Abstützung

der

sehr

wichtigen

wechselseitigen

und

Interessen,

schenkte einander nichts. Es wurde die Machtstellung

Bayerns

ihren

wirkungsvollen

jedoch

Zenit

aber

man

klar,

daß

überschritten

hatte; das Einrücken der fremden Mächte in das System des Reiches relativierte das Gewicht der Reichsstände - München bedurfte verstärkt eines Rückhalts.

Press, Frankreich und Bayern

33

Daran änderte nichts die Behauptung der wichtigsten

bayerischen

Gewinne

durch

den

Westfälischen

Frieden - der Kurwürde und der Oberpfalz. Dies war ein Triumph

von

Staatskunst·

Maximilians

zähem

Willen

und

Die rechtzeitigen Absprachen

seiner

mit

Frank-

reich hatten entscheidend zum Erfolg beigetragen - der Pfälzer war mit der

Restitution

seiner

überdies

re-

duzierten rheinischen Lande und mit einer achten Kur nur relativ bescheiden entschädigt worden. Den anderen Hauptpreis mußte der Kaiser bezahlen, dessen Position die bayerische und

des

Politik

im Sinne fürstlicher

Ausbalancierens

der

kaiserlichen

Libertät Ansprüche

eingeschränkt sehen wollte. So hatten Maximilians Unterhändler nicht wenig zum Zurückschneiden jener kaiserlichen l6l9 von

Zugewinne Bayern

beigetragen,

eingeleitet

und

deren dann

Ausbau tief

worden war. Frankreich war im Friedenswerk

nach

bedauert die Rolle

eines Gegengewichts zum Kaiser zugewiesen worden, den man auf den Rang eines Primus inter drängt hatte;

Frankreichs Grenzen

pares

waren

zurückge-

- nicht

zu-

letzt dank der bayerischen Rückendeckung in der französischen Satisfaktionsfrage bis an den Rhein vorgeschoben, in eine strategische Position, die den Aktionen der französischen Diplomatie künftig einen drohenden

militärischen

Hintergrund

Politik mußte fortan mit gleichsam

eingespannt

geben

Frankreich

zwischen

Wien

konnte.

Bayerns

rechnen;

es

und

war

Versailles,

und es stand vor der Frage, wie es mit diesem

Span-

nungsfeld politisch fertig werden konnte. In der entstandenen

Balance

zwischen

Öster-

reich und Frankreich lag die Chance, in der einsetzenden Internationalisierung

des politischen

Systems

im

Reich aber auch die Reduzierung der bayerischen Stellung. Der Westfälische

Friede hatte zwar die

Gewinne

Press, Frankreich und Bayern

34

Maximilians nes

I.

bestätigt,

souveräne

gemacht,

das

fördert dert,

als

milian

politische Die

Bayern

1651

werden,

verlor.

das

einstellen.

war

seinen

III.,

Erblande

erheblich

langsam

das

daran

gewinnen.

Frankreich

densschluß Inneren

nicht

1652

bayerische

der

verheiratet.

einfluß

auch

sich

in

der

des

die

Spätphase

eine

solche

s i c h mit eines

auf

Politik

in

der

den

aber

Das B a y e r n direkt chen

bedroht,

aber

als

nach

Revisionismus

die zu

stützen.

auch

gleichsam

verlassen;

Kaspar

sah

ab-

verband

von des

Bayern Schmid, ^.Jahrdachte.

Maximilians

sich

einerseits

Westfälischen

indirekt

von

Ferdinand

gestützt

die

I.,

Vorbild.

den

als

Daß

einschlug,

Staatskunst

1648

Kultur-

Krieges

Gleichgewichts

sein

Maria

Eigenständigkeit

Politiker

des

gegen

Revisionstendenzen.

Friedenskongreß lierer

nahe,

an d e r

noch v o r s i c h t i g e r

Pfälzer

Dreißigjährigen

typischer

im

Henriette

folgen,

lag

Kategorien

Schmid war g e s c h u l t

Ferdinand

Annäherung

Weise

Frie-

danach

dem f r a n z ö s i s c h e n

tatsächlich

als

den

bald

des

diese

nur

wiederzu-

Prinzessin

dem Namen d e s V i z e k a n z l e r s

Mannes,

hunderts

Es

einer

erschüttert.

Kurfürst

politische

hatte?

Kurstaates

Würde

behoben

konnte

zunächst

wurde

savoyischen

Adelaide

gezeichnet

es

JahrMaxi-

Preis

Terrain

konnte

denn

verän-

kaiserlichen

reduziert,

Fronde e r h e b l i c h

neue mit

seinen

verlorene

jedoch

nutzen,

durch d i e Der

wurde

gehen,

ge-

Konstellationen

um d e n

in

HerrschaftsansprUchen

unmöglich

Kurfürsten

neue

je-

Reiches

Kriegsschäden

auf

Ferdinand

der

ja

einem halben

großen

sich

Bayern

grundlegend

n a c h mehr a l s

mußte

Kaiser

Konsolidierung

erschwert,

Nun m u ß t e n d i e

Reich

war

im G e f ü g e d e s

Situation

Regierungszeit I.

seither

Spiel

seinen Aufstieg

hatte.

hundert

aber

den

III.

Frieden kaiserli-

hatte

reichspolitischer auf

seine

vom

den Ver-

erbländische

Press, Frankreich und Bayern

35

Herrschaftskonsolidierung stellten er und seine Nachfolger sich auf den Boden der Friedensregelungen

und

erreichten so mit zäher und konsequenter

die

Restauration der kaiserlichen reichspolitische

Politik

Stellung im Reich. Die

Programmatik

des

Friedensschlusses

hatte indessen Bayern nur wenig nützen können. Vielmehr mußte der eingeleitete

Konsolidierungsprozeß

in

den Erblanden den Druck auf Bayern eher verstärken} es handelte sich nicht mehr um das geteilte und zerstrittene Haus Österreich, mit dem man es bis zum Vorabend des Dreißigjährigen Krieges zu tun gehabt hatte. Hinzu kam die faktische Preisgabe Norddeutschlands als kaiserliche Einflußzone, ein weiteres Resultat des Krieges. Die MUnchener nehmen,

wollte

Politik

sie

weiter

mußte eine

Rücksicht

auf

selbständige

Wien Rolle

spielen - gleichzeitig aber mußte sie verhindern, allzu sehr in seinen Sog zu kommen. So gingen die bemerkenswertesten ständigsten

Versuche,

Westfälischen

das

politische

und

eigen-

Programm

Friedens auszufüllen, nicht

von

des

Bayern

aus. Kurbrandenburg initiierte eine konsequente territoriale Konsolidierungs- und eine ausgreifende nale Hegemonialpolitik. Johann

Philipp

von

Der erste Kurfürst

Schönborn,

Erzbischof

regio-

im Reich, von

Mainz,

suchte seinerseits im sogenannten Rheinbund von

1658

die Reichsstände ohne den Kaiser zu organisieren.

In

beiden Fällen stand die französische Diplomatie hilfreich zur Seite; in beiden Fällen kam es aber schließlich

infolge

Bruch.

Lage

der und

französischen

Großmachtpolitik

Stellung Bayerns

hatten

Rheinbundplänen des Mainzer Erzbischofs Aber

die

französische

Diplomatie

es von

zum den

ferngehalten.

erkannte

sehr

wohl

den Wert Bayerns und die Chance, die sich bot - vor allem durch den dynastischen Rang der Wittelsbacher.

Press, Frankreich und Bayern

36

Die

bekannte

teilweise

Interessenidentität

von Paris und München kam indessen noch nicht zum Tragen. Die Regentschaft der Kurfürsten-Witwe Maria Anna, einer

Habsburgerin, tat,

Labilität

einer

was

Verwandtschaft

Vormundschaft

geboten;

und

sie

die

suchte

Rückhalt beim Reichsoberhaupt. Aber die savoyische Ehe ihres Sohnes war ein Erfolg Mazarins, denn Adelaide

war

eine Anhängerin

Frankreichs.

Henriette Es

zeigte

sich schnell, daß die Freunde einer französischen Option am Münchner Hof nicht wenige waren, außer dem Vizekanzler Kaspar von Schmid vor allem der Obersthofmeister

Graf

Hermann

Egon

von

berg, der Bruder der beiden und

Franz

Egon

schiedensten

von

FUrstenberg-Heiligen-

"Egoniden", Wilhelm

Fürstenberg,

Verfechtern

die

zu

französischer

Egon

den

ent-

Reichspolitik

zählten. Der junge Münchener

Kurfürst

rückte bald in

den Mittelpunkt französischen Interesses, nachdem

das

kurzfristige "Hoch" der kaiserlichen Politik 1652-1054 zu Ende gegangen war und der jähe Tod des Römischen Königs Ferdinand (IV.) die kaiserlichen Erfolge jener Jahre

zunichte

schwelenden Mazarin

gemacht

hatte.

Im

Auseinandersetzungen

nun mit

einer

Zeichen mit

französischen

der

Habsburg

fortsuchte

Thronkandidatur

den Fuß ins Reich zu setzen - als Alternative galt für Paris

der

bayerische

Kurfürst.

Mit

dem

Tode

Ferdi-

nands III. l657 gewann so München plötzlich eine zentrale reichspolitische Bedeutung, denn Mazarin drängte förmlich auf eine bayerische Kandidatur.

Französische

Subsidiengelder, auf ein Jahrhundert zentrales Mittel französischer

Deutschlandpolitik,

nach München. Aber am 2 4 .

August

flössen

reichlich

1657 entschied

sich

Kurfürst Ferdinand Maria für den habsburgischen Kandidaten.

Fehlende

eigene

Nachkommenschaft,

die

expo-

Press, Frankreich und Bayern

nierte Lage Bayerns in der Nachbarschaft

37

Österreichs,

die zu erwartende Todfeindschaft der Habsburger ließen den

jungen Wittelsbacher

vor

der

Kandidatur

zurück-

schrecken. Er folgte damit den Spuren des Vaters, der aus ähnlichen Motiven vor dem Kriege das Angebot Königskrone

abgelehnt

hatte.

Eine

ständige

der

Gegner-

schaft Bayerns zu Österreich war für französisches Balancedenken

ein Anreiz,

für

bayerisches

aber

Hinzu kam der latente Gegensatz zum Pfälzer nismus,

der

unter

Kurfürst

Karl

Ludwig

nicht.

Revisiozäh

alle

Rechtstitel in Anspruch nahm - man wußte selbst nur zu gut um die kaiserlichen Prärogativen, die die Kurwürde auch wieder verändern konnten. So ließ Ferdinand Maria sich vom neuen Kaiser Leopold I. die Gewinne des Vaters garantieren; die französischen wären

ebenso

wie

der

Pariser

Partner

Hof

bei

im Reich

einer

Aus-

einandersetzung mit Österreich nur eine geringe Hilfe gewesen. Im Gegenzug gegen die habsburgische Wahl von 1658 aber stützten sich Ferdinand Maria und Kaspar von Schmid

erneut

auf

Frankreich.

Die

Zielsetzung,

eine

Mobilisierung des Reiches zugunsten des Hauses Österreich

zu verhindern,

kennzeichnete

auch

die

Politik

Johann Philipps von Schönborn - sie entsprach bayerischem Interesse, denn eine Verwicklung in die österreichischen

Kriege

hätte

es

zutiefst

betroffen.

Der

Aufstieg Frankreichs zur europäischen Hegemonialmacht, der

einen

Mann

wie

Johann

Philipp

von

Schönborn

schließlich so sehr irritierte, betraf die westlichen Gebiete

des

Reiches

Reichspolitisch

weitaus

erhöhte

der

stärker wachsende

als Druck

Bayern. sogar

Handlungsfreiheit und Bedeutung Münchens. So öffnete sich Ferdinand Maria 1663 bereitwillig einem französischen Vorstoß, der verbunden war

38

Press, Frankreich und Bayern

mit der Gratulation zur Geburt des Kurprinzen Max Emanuel. Ein Bilndnisvorschlag 1664 wurde noch nicht realisiert, aber das drohende Aussterben der österreichischen Habsburger ließ den Kurfürsten und seinen Vizekanzler

schließlich

auf

Frankreich

zugehen,

wobei

Schmid stets die gebotene formale Loyalität gegenüber dem Reichsoberhaupt zu wahren suchte. Zwar schien mit den

europäischen

Frankreich

Kriegen

Ludwigs

XIV.

Bayern

zunächst an Wert zu verlieren - aber

für die

Auflösung des Rheinbundes und das Zurückschwenken des Mainzers auf den Kaiser

ließen

den

Kurswert

Bayerns

für Frankreich erheblich steigen. Paris ging es darum, durch hinlängliche Zahl seiner Parteigänger

eine Op-

tion des Reiches für die kaiserliche Außenpolitik verhindern.

Nach

reichpolitik

1668

durch

schien

die

die

bayerische

zu

Frank-

österreichisch-französische

Verständigung über das spanische Erbe lahmgelegt; isoliert wandte sich nun Schmid fast Frankreich.

Aber

französischen

der

als Bittsteller

endgültige

Rheinbundpolitik

Zusammenbruch

führte

dann

Allianz, zum Hauptvertrag von München am 1670; aus der Gefahr

einer

Isolierung

doch

an der zur

17· Februar

gegenüber

dem

Reich war es nun Frankreich, das große Zugeständnisse machte und Bayern fast als gleichberechtigten akzeptierte.

Frankreich

sollte

das

Erbe

der

Partner spani-

schen, Bayern wesentliche Teile des Erbes der österreichischen

Habsburger

im

Aussterbensfalle

erhalten.

Das Projekt eines französischen Kaisertums, kombiniert mit einem Römischen Königtum des Hauses Bayern, symbolisierte

die Juniorpartnerschaft

Bayerns

zu

Frank-

reich, womit freilich Ferdinand Maria nicht ganz einverstanden war. Damit aber hatte sich Frankreich

den

Rücken für seine europäische Politik freigemacht - die bayerisch-französische Allianz sollte in ihren wesent-

Press, Frankreich und Bayern

39

liehen Zielen jedoch niemals realisiert werden. Kaspar von Schmid sah als Ziel eine Kombination bayerischer

Eigeninteressen mit

der

Friedenssi-

cherung im Reich; dies war Teil einer Politik der Eindämmung Österreichs und des

Kaisers

- die

Forderung

der Neutralisierung des Reiches im Kampf gegen Frankreich entsprach

alten Tendenzen

Aber Ferdinand Maria schreckte

bayerischer

Politik.

doch vor einer unmit-

telbaren Aktion zugunsten Frankreichs im Holländischen Krieg

zurück,

Gemahlin.

entgegen

Immerhin

dem Votum

verweigerte

seiner

er

dem

savoyischen Kaiser

eine

Truppenhilfe im Reichskrieg gegen Frankreich, den der Holländische Krieg ausgelöst hatte. Beinahe wäre es im Gefolge dieser Politik Ferdinand Maria sogar gelungen, zum Schiedsrichter

zwischen Versailles und Wien auf-

zusteigen. Es war konsequente politik,

die

der

Kurfürst

bayerische

und

sein

Interessen-

Vizekanzler

be-

trieben - nicht immer im Rahmen reichspolitischer Loyalität. Daß der Nachfolger des 1679 früh verstorbenen Ferdinand Maria diese Politik nicht mehr fortzusetzen vermochte, lag freilich nicht nur an seinen persönlichen Charaktereigenschaften und Schwächen. Bereits mit der Geburt Erzherzog Josephs (I.) 1678 waren die bayerischen Hoffnungen auf das österreichische

Erbe

in

eine weitere

Ferne

gerückt.

Der

Aufstieg des Hauses Österreich, den zu verhindern Ferdinand Maria und Kaspar von Schmid in den Mittelpunkt der Politik gerückt hatten, ging unvermindert weiter. Doch unter

Ferdinand Maria, bei den

lungen von Nimwegen, hatte

sich

Friedensverhand-

gezeigt,

daß

Bayern

eben doch nur eine Macht zweiten Ranges war - immerhin hatte der Kurfürst dem

erschöpften

Land

den

Frieden

wahren können. Aber das Haus Österreich hatte sich mit

den

Press, Frankreich und Bayern

40

Pfalzgrafen

von

bachischen

Neuburg

seinerseits

Juniorpartner

gesucht,

durchaus eine anti-bayerische

einen

eine

Spitze

wittels-

Politik,

hatte.

bedeutete die Kuradministration von

die

Überdies

Ferdinand

Marias

Bruder Max Philipp eine Lähmung der bayerischen Handlungsfähigkeit.

Zwar schien die

für

das Haus

Bayern

glanzvolle Eheschließung der Prinzessin Marianne Christine mit dem Dauphin die bisherige Politik zu garantieren. Diese auch von Max Emanuel gewünschte Verbindung seiner Schwester hinderte den Administrator

je-

doch nicht an seiner zurückhaltenden Linie; sie war im wesentlichen

bestimmt

durch

reichspolitische

Loyali-

tät, welche letztlich dem Reichsoberhaupt zugute kommen mußte. So blieb

zwar

Kaspar

von

Schmid

im

Amt,

aber das Bündnis mit Frankreich lief 1680 aus. Der neue Kurfürst Max Emanuel hatte nicht das abwägende

Temperament

des Vaters;

der

glänzende

Ba-

rockfürst hielt sich viel zugute auf die Stellung seines Hauses; die bayerische Politik erhielt unter ihm stark forcierte, aber auch sprunghafte Züge. Schon der Plan der Eheschließung mit der Habsburgerin Maria Antonia, der Tochter Kaiser Leopolds I. aus seiner spanischen Verbindung, hatte fast zwangsläufig zu einer Rückbindung an das Erzhaus geführt. Ferner konnte sich der

junge

Kurfürst

nur

schwer

Stimmung im Reich entziehen, schen

Krieg

politik

um

Ludwigs

sich XIV.

griff sowie

der

die und die

antifranzösischen

nach

dem

durch

die

Annexion

HolländiReunionsStraßburgs

l68l kräftige Nahrung erhielt. Hier setzte die kaiserliche Politik geschickt

an; zwar verharrten Max Ema-

nuel und seine Räte, die noch die des Vaters waren, auf

ihrem

früheren

vorsichtigen

Taktieren,

welches

nicht mit Frankreich brechen wollte. Der eskalierende französische Druck, vor allem das provokante Verhalten

Press, Frankreich und Bayern

41

des französischen Gesandten De la Haye auf dem Frankfurter Kongreß 1682 gegenüber seinem bayerischen Kollegen, den er wie

den Vertreter

eines

französischen

Satelliten behandelte, taten ein übriges. 1 6 8 3 schloß Max Emanuel mit dem Kaiser ab und entließ Kaspar von Schmid. Das geschickt vorgetragene, persönlich akzentuierte Vorgehen Leopolds I. tat ein übriges; vor allem der kaiserliche Wallfahrtsbesuch in Altötting war ein Meisterstück; hinzu kam der Einsatz Max Emanuels für den Kaiser in seinen wo sich der

"blaue

erwarb, schließlich

König"

großen

die Heirat mit

Maria Antonia im gleichen Jahre

Türkenkriegen,

militärischen der

Ruhm

Kaisertochter

1683· Aber es zeigte

sich, daß der Kurfürst mit der unbedingten Annäherung an Österreich

sich jeden

Handlungsspielraum

genommen

hatte - Wien dachte gar nicht daran, die bayerischen Leistungen zu honorieren. Zu problematisch war es, die Barriere vor der eigenen Haustür noch zu verstärken. Man wird bei der Beurteilung der Situation allerdings auch veranschlagen müssen, daß sich mittlerweile beachtliche

Aufstieg

der

kaiserlichen

Reich vollzogen hatte. Diesen

jedoch

der

Stellung

hatte

im

auch

die

Politik Ferdinand Marias nicht verhindern können. So

setzte

Ludwig

Enttäuschungen, als er

XIV.

auf

die

1688 den Marquis

bayerischen von

Villars

nach München entsandte, um die alten Verbindungen wieder zu knüpfen. Der

Gesandte

brachte

kühne

Projekte

mit, die dem Temperament Max Emanuels entsprachen: eine Arrondierung Bayerns zu Lasten der kleinen Reichsstände, der Reichsstifte und der Reichsstädte, Anteil am zu erwartenden spanischen ging es abermals um ein Gegengewicht

Erbe. gegen

einen

Versailles das

auf-

strebende Österreich. Max Emanuel dagegen blickte bereits auf die Niederlande, eine Tendenz, die

man

in

42

Press, Frankreich und Bayern

Wien nicht ungern sah, während sie Versailles weniger willkommen war. Doch blieb der Rückgriff auf die politischen Tendenzen Kurfürst Ferdinand Marias nur eine Episode, zumal Frankreich beim

Spiel

um

Kurköln

für

eine Wahl seines Parteigängers Wilhelm Egon von Fürstenberg und gegen Max Emanuels Bruder Joseph Clemens optierte. Hinzu kamen die französischen Aktionen gegen die Pfalz, die das nunmehr regierende katholische Haus Neuburg bedrohten und das Reich in beträchtlichen Aufruhr setzten. Den französischen Gesandten benützte Max Emanuel nur, um Druck auf Wien auszuüben

- 1689 entließ

er ihn ungnädig von seinem Hof und trat der antifranzösischen Augsburger Allianz bei. Das Bündnis mit Wien trug Max Emanuel die Statthalterschaft der spanischen Niederlande ein - eine königsähnliche Würde, gleichsam das

katholische

helms III.

Pendant

zur

Statthalterschaft

von Oranien, des Königs von

Wil-

England,

in

den nördlichen Niederlanden. Aber der Kampf Max Emanuels im Heer der Verbündeten brachte ihm weder militärischen Ruhm noch politischen Gewinn. Eine tion

bot

freilich die

aufkeimende

Kompensa-

Hoffnung

auf

das

spanische Erbe, verkörpert in dem 1692 geborenen Kurprinzen Joseph Ferdinand, dessen Geburt das Leben seiner Mutter Maria Antonia gekostet hatte. Mit dem spanischen

Erbe taten sich neue Dimensionen

bayerischer

Politik auf. Frankreich war zunächst nur bereit, den Kurprinzen

mit

den

spanischen

Niederlanden

dies aber widersprach

der

welcher

spanische

das

gesamte

Linie

abzufinden;

des Madrider Erbe

Hofes,

zusammenhalten

wollte. Max Emanuel träumte so von der Erbfolge Joseph Ferdinands im spanischen Gesamtreich, die eine dritte Lösung zwischen der französischen und der österreichi-

Press, Frankreich und Bayern

43

sehen gewesen wäre und rechtlich nicht einmal schlecht fundiert war. Er hatte freilich nicht die Möglichkeiten, entschlossen in die Madrider Auseinandersetzungen einzugreifen - immerhin kam es zum Teilungsvertrag vom 24· September 1698,

den Frankreich mit dem englischen

König Wilhelm III. von Oranien abschloß und dem auch die Generalstaaten beitraten. Gemäß den Interessen der Seemächte

an

einer

"neutralen"

Lösung

sollten

bayerische Kurprinz Spanien, die Niederlande

der

und das

überseeische Reich erhalten, der französische und der österreichische Prätendent mit Entschädigungen aus dem spanischen

Erbe

abgefunden

werden.

Im

gleichen

Jahr

erklärte König Karl II. von Spanien den kleinen Wittelsbacher sogar zum Universalerben - für Max Emanuel eröffneten kaum

sich

schwindelerregende

überschaubaren

weltpolitischen

Dimensionen

mit

Konsequenzen.

Da

machte der jähe Tod des kleinen Prinzen am 6. Februar 1699 einen Strich durch alle Rechnungen. Karl II. den französischen Prinzen

1700 setzte

Philipp, .den Enkel

Ludwigs XIV., zum Universalerben ein - die bayerische Karte schien ausgespielt. Es ging jetzt um die Frage, ob es in Spanien einen habsburgischen Karl III. oder einen bourbonischen Philipp V. geben sollte. Aufzugeben aber war niemals Max Emanuels Sache. Schon im Teilungsvertrag von einer

Kombination

zwischen

1698 hatte er sich

Frankreich

und

den

See-

mächten angenähert - getrieben von den Enttäuschungen über

Österreich,

Schloß

er

sich vollends

Frankreich

an. Als 1700 die Feindseligkeiten ausbrachen, spielte der bayerische Kurfürst den einrückenden Franzosen die belgischen Festungen in die Hände. Offensichtlich hatte Max Emanuel auf einen militärischen Erfolg

Frank-

reichs gesetzt. Aber die Wurzeln seiner Option lagen tiefer.

Press, Frankreich und Bayern

44

Unverkennbar

ging der

Kurfürst

in

seinen

Erwägungen

vor allem von seinem niederländischen Faustpfand aus, weniger von einem Ausbau seiner bayerischen Stammlande, der auch von Österreich schwerlich zu erhalten gewesen wäre. Max Emanuel dachte von einem ausgeprägten, ja überhöhten dynastischen Selbstbewußtsein

her;

mit

dem Gewinn der Niederlande sollte die Königsv^üpde verbunden sein. Längst war der

bayerisch-österreichische

Gegensatz neu emporgeflammt; es war deutlich, daß der kaiserliche

Geländegewinn

im

Reich

kein

bayerisches

Pendant hatte. Der Druck Wiens auf die bayerische Position war unerbittlich gewesen; Wien hatte sogar die bayerischen

Ansprüche auf Max Emanuels geliebte Nie-

derlande konterkariert. Hinzugekommen war die unglückliche

Ehe

Max

Emanuels mit

der

Kaisertochter

Maria

Antonia, die den Wiener Hof sehr verbittert hatte. So hatte sich Max Emanuel angesichts der zu erwartenden spanischen Erbfolgekrise zunächst zu einer Politik des Lavierens entschlossen, die aber schon für sich eine Distanzierung von Österreich bedeutet hatte. Max Emanuels Position schien verstärkt, da er seinen

Kölner

geistlichen

Bruder

Josephf

Clemens

im

Schlepptau hatte. Am 18. März 1701 schloß der Bayer im Neutralitätsvertrag von Versailles mit Frankreich

ab;

der Vertrag schien recht vorteilhaft. Ludwig XIV. garantierte den bayerischen Besitz, überließ Max Emanuel die Statthalterschaft in Brüssel bis zur Bezahlung der eigenen

Geldschulden

Kurfürsten

und

versprach

dem

Flandern und den Hennegau. Dennoch

der Wittelsbacher seine Position offensiv er der

übernahm

kurzfristig

Vorderen

Eintauchen

bayerischen

in

die

Reichskreise; die

Führung es zeigte

Spielregeln

der

der

suchte

zu halten; Assoziation

sich,

daß

das

Reichsverfassung

Schlupflöcher bieten konnte. Aber die europäische Koa-

Press, Frankreich und Bayern

litionspolitik des Kaisers isolierte des

Reiches.

Zugleich

entriß

der

45

Bayern

inmitten

Mainzer

Kurfürst

Lothar Franz von Schönborn Max Emanuel den Einfluß auf die Kreisassoziation, die der Bayer in eine Frankreich günstige Neutralität hatte führen wollen. Noch einmal konnte Max Emanuel den Preis Frankreichs erhöhen, dank der bedrängten Situation Ludwigs XIV.: der Erwerb der rheinischen nicht

nur

Pfalz und des Fürstentums Neuburg die

Pfälzer

Konkurrenz,

ganze Haus Neuburg tödlich erbliche

Regierung

der

auch

das

Hinzu

kamen

die

treffen.

Niederlande

nität über Geldern und

Limburg,

sollte

sondern

bei

mit

der

Souverä-

Verlust

Bayerns

die ganzen Niederlande; weiter sollte der Kurfürst den Königstitel immer

erhalten - ein

wieder

nachjagte.

Phantom,

Schließlich

dem Max wurde

Emanuel ihm

noch

eine ganze Armee zum Schutze Bayerns zugesagt. Das Ganze zeigte allerdings auch die verzweifelte Isolation des französischen Königs; Max Emanuel war die Problematik dieser Zusagen durchaus klar - die meisten Beuteobjekte mußten erst noch erobert werden. Aber

der

Kurfürst

war

durchaus

eine

Spielernatur.

Österreich allerdings unterschätzte seinen Nachbarn es glaubte, mit ihm leicht fertigzuwerden. Dabei galt freilich auch, daß das weniger riskante Spiel den geringeren

Gewinn

erhoffen

ließ.

Als

Max

Emanuel

mit

Wilhelm III. wie mit der Wiener Hofburg Verhandlungen anknüpfte, stellte er immense territoriale und finanzielle Forderungen bis zur Vertauschung Bayerns gegen Neapel und Sizilien. Die kaiserlichen Angebote bescheidener

als die französischen.

Max

nach

Emanuel

der

Erfahrung

Nun aber

vieler

Jahre

waren

erboste treuer

Dienste die Aussicht auf eine Juniorpartnerschaft

zum

Erzhaus maßlos. Brüsk brach er die Verhandlungen mit dem kaiserlichen Gesandten Graf Schlick ab und vollzog

Press, Frankreich und Bayern

46

die lange aufgeschobene Ratifikation des französischen Vertrages.

Damit

französischen

stand er auf Gedeih und

Lager;

Handlungsspielraum

alle

späteren

Verderb

Versuche,

zurückzugewinnen,

seinen

sollten

tern. Hinzu kam die starke Abhängigkeit Max

im

scheiEmanuels

von Subsidien, die seine Möglichkeiten weiter einengte . Der

Kurfürst, eröffnete

handstreichartig

Feindseligkeiten in Süddeutschland;

der

die

Landfriedens-

bruch brachte jedoch keine entscheidenden

Vorteile -

die Politik der Besetzung der Faustpfänder, vor allem Tirols, hatte nur temporäre Bedeutung. Der große Plan eines

Stoßes

Wien, wurde

ins nicht

Herz

des

Gegners,

durchgeführt.

der

Tirol

werden, die Konflikte des Kurfürsten dieser

sich

der

jetzt

abberufen

Druck

noch

wurde.

Österreichs

bot

der

mußte mit

tenden französischen Marschall Villars bis

Marsch

auf

Bayern,

österreichische

geräumt

dem

häuften

Andererseits

auf

bedeusich,

verstärkte aber

selbst

Diplomat

Graf

Wratislaw die Königskrone und einige territoriale Abrundungen für einen Frontenwechsel. Doch am 10. Oktober 1704 folgte die katastrophale Niederlage der französisch-bayerischen Truppen gegen den Herzog von Marlborough und den Prinzen Eugen von Savoyen städt,

die

Bayern den .Österreichern

bei

Höch-

auslieferte.

Zu

einem angebotenen Frieden ohne Gewinn und Verlust war aber der ehrgeizige Kurfürst auch jetzt nicht bereit; er folgte den zurückweichenden französischen Truppen. Die

harte Hand

des neuen

nahm die Dismembration Bayerns

in

Kaisers einer

Josef

Politik

I. der

Faustpfänder in Angriff. Hinzu kam die Restitution der alten

Pfälzer

Position

und der ersten Kurwürde

durch an

Rückgabe

Kurfürst

nachdem Josefs radikalere unmittelbare

der

Johann

Oberpfalz Wilhelm,

Annexionspläne

Press, Frankreich und Bayern

gescheitert

waren.

In

München

zog

eine

47

kaiserliche

Administrationsregierung ein; 1706 verhängte Josef I. in einem reichspolitisch nicht umstrittenen

Verfahren

gegen Max Emanuel und seinen Kölner Bruder Joseph Clemens die Reichsacht. Gerade die Kompromißlosigkeit des Habsburgers aber nagelte Max Emanuel aus der französischen Seite fest. Das zeigte sich 1706, als die militärische

Position

Ludwigs

XIV.

ihren

Tiefpunkt

zu

erreichen begann und Max Emanuel auf seinem Sitz Brüssel an die Peripherie der Niederlande verdrängt wurde. Trotz

gelegentlicher

militärischer

Kommandos

war

er

zur Passivität verurteilt. Als Ludwig XIV. 1709 bei den Haager Friedensverhandlungen gar die Preisgabe des eigenen Enkels in Spanien anbot, schien die bayerische Politik vollends am Ende. Max Emanuels Versuche, erneut mit dem Kaiser Verbindungen

aufzunehmen,

waren

Ausdruck

zweifelten Situation. Der bedingungslose

einer

ver-

Anschluß

Frankreich nach der Katastrophe von Höchstädt

an

schien

sich nicht auszuzahlen. Ludwig XIV. war irritiert - er suchte Max Emanuel zur Preisgabe der Oberpfalz zu bewegen, also zur Aufgabe des territorialen Gewinns von 1648.

Max

währsleute

Emanuel mit

seinerseits,

dem

Kaiser

der

erneut

anknüpfte,

Uber

stellte

Ge-

immer

noch immense Forderungen, unter denen die Königswürde nicht fehlte. Die strategischen Dimensionen seiner Politik ließen

ihn jedoch

ein

Faktor

des

europäischen

Kräftespiels bleiben. Womöglich war auch seine Kompromißlosigkeit nicht ganz so irreal, wie sie aus späteren

Perspektiven

erscheint:

hatten auch der Pfalzgraf

drei

Generationen

Kurfürst

Friedrich

seine Familie mit ihrer Beharrlichkeit

zuvor V.

und

erreicht, daß

wenigstens ein Teil des Erbes restituiert wurde. Da

trat

ein

Ereignis

ein,

das

Entlastung

Press, Frankreich und Bayern

48

brachte, der überraschende Tod Kaiser Josefs I. 1711. Der Bayer gedachte sogleich in Verbindung mit

Frank-

reich die Situation zu nützen, aber die geplante Teilnahme der beiden geächteten wittelsbachischen sten an der Kaiserwahl

ließ

sich

Der diplomatische Bodenverlust war jedoch eindeutig; die

nicht

realisieren.

des Hauses

Seemächte

Kurfür-

Österreich

waren

nicht

be-

reit, für den habsburgischen Kandidaten, nunmehr Kaiser Karl VI., den Bruder Josefs I., weiterhin um die spanische Krone zu streiten. Die französische Diplomatie begriff ihre Chance, und sie bezog Max Emanuel in ihre Überlegungen ein. Das Ziel war nun scheiden, der

die

Wiederherstellung

bayerischen

Besitzungen.

des

Dennoch

relativ

be-

Vorkriegsstandes war

damit

der

Pfälzer Kurfürst aus dem Hause Neuburg tangiert, der sich mit der Oberpfalz um den Lohn seiner kaisertreuen Politik geprellt sah. Die Oberpfalz wurde nunmehr Objekt

des

allgemeinen

Tauziehens.

So

forderte

Frank-

reich für seinen Schützling die Entschädigung mit Sardinien oder den Niederlanden,

der Kaiser

konzedierte

Sardinien, lehnte aber die Königswürde ab. Man einigte sich auf die Rückgabe der Oberpfalz und sagte dem Kurfürsten

Johann Wilhelm

Entschädigung

aus

dem

spani-

schen Erbe zu, die nie realisiert wurde. Durch die Weigerung Karls VI., dem Utrechter Frieden von 1713 beizutreten, blieb auch die bayerische Frage in der Schwebe. Für den isolierten

Kaiser

wurden die Entwicklungen ungünstig - nun dachte auch er daran, Max Emanuel die Niederlande am

Ende

brachten

die

folgenden

zu

überlassen;

Auseinandersetzungen

nichts weiteres als die Restitution Bayerns, die 1714 in Rastatt und Baden festgeschrieben wurde. Der Pfälzer Kurfürst war düpiert durch die Haltung Wiens. Max Emanuel erhielt für seine riskante Politik allein die

Press, Frankreich und Bayern

49

Restitution

seines verwüsteten Landes; der Erwerb

der

Niederlande

oder

das

Mailands

samt

dem

Königstitel,

Hauptziel, wurde nicht erreicht. Es hatte sich herausgestellt, wie

daß

Kurbayern

den im

Möglichkeiten europäischen

eines

Reichsstandes

Rahmen

Grenzen

Krieges

waren

gesetzt

waren. Die

Erfahrungen

des

Kurfürsten eindeutig; trotz unverkennbar scher Züge seiner Politik - darauf

hat

für

den

opportunistiAndreas

Kraus

hingewiesen - hielt ihm Frankreich die Treue. Versailles rettete seinen Verbündeten, weil

es

ihn nach

wie

vor als Gegengewicht zu Österreich benötigte - ein Gegengewicht

in

einem

für

Wien

durchaus

sensiblen

reich, ohne das eine aktive Reichspolitik

Be-

Frankreichs

nicht denkbar war. Der Vergleich zur Härte Österreichs fiel

bei

Max

Emanuel

aus. Die Versailler

eindeutig Politik

zugunsten

hatte

Frankreichs

freilich

kaum

andere Wahl, denn eine Preisgabe ihres treuen gängers hätte zu einem katastrophalen gen Vertrauensverlust

im

Reich

und

geführt.

identität

gegeben,

blieb

eigene

Frankreich Position

Nach wie

die

gegen

Partei-

langfristi-

blieb auch die alte bayerisch-französische durch Bayern die

eine

vor

InteressenMöglichkeit,

Österreich

zu

stärken. Max Emanuel schien weiterhin an seiner tik

festzuhalten.

erreichte

er

Ansprüche

auf

die die

Im

Vertrag

französische

von

Poli-

Fontainebleau

Anerkennung

österreichischen

Erblande

1714

für

seine

im

Falle

des Aussterbens des habsburgischen Mannesstammes. Aber der Spanische Erbfolgekrieg hatte die europäische Konstellation

vielfältig

verändert.

Vor

allem

Aufstieg Großbritanniens zu einer Weltmacht

hatte

das Mäch-

tesystem verschoben bis hin zu einer zeitweiligen näherung

Frankreichs

und

Österreichs.

der An-

Freilich:

Press, Frankreich und Bayern

50

Österreichs

Position

war

erheblich

geschwächt

durch

den fehlenden männlichen Erben: Seit 1711 bestand die männliche

Linie

der

Dynastie

nur

noch

aus

Kaiser

Karl VI. Die Bemühungen um die Stabilität der Erblande haben

die

österreichische

Großmachtpolitik

vielfach

belastet; es entstand zwar aus dem Versuch, die Gefahr zu reduzieren, eine Konsolidierung

der

Gesamtstaats-

idee, aber es blieb doch das Problem, Europa zu gewinnen.

Dies

aber

gab

der

österreichischen

Politik

viele Blößen und den anderen Mächten zahlreiche Möglichkeiten der Erpressung. Aus bayerischer Perspektive stellte sich jedoch erneut die Frage des dynastischen Ranges; auf der anderen Seite zeichnete sich die Chan1648 kraftvoll aufgemauerte

ce ab, daß die seit

kai-

serliche Position abbröckelte. Tat

sich

hier

für

Max

Emanuel

ein

neuer

Spielraum auf? Frankreich hatte zunächst den Kurfürsten

bei

der

französische

Stange

zu halten

Regentschaft

getrachtet,

aber

die

nach dem Tode Ludwigs XIV.

1715 blieb stark mit sich selbst beschäftigt. Andererseits erfüllten sich für München Hoffnungen auf einen Ausgleich mit Österreich einschließlich der Chance zur Erbfolge nicht. Noch

1714/15 näherte sich jedoch die

von Österreich düpierte Kurpfalz dem wittelsbachischen Vetter

in München; man begann zu begreifen,

daß

der

Weg des innerdynastischen Ausgleiches, der Beseitigung der bisherigen Konfliktpunkte, mehr wert war als ein kühnes Spiel mit ungewissem Ausgang. Beide Linien zusammen gewannen wieder an Wert für Frankreich, das gemeinsam mit den Seemächten gegen die kaiserliche Überseehandelspolitik zu Felde zog. Die Seemächte bremsten Frankreich

jedoch

bei

einer

riskanten

bayerischen

Bündnispolitik - nur ein voll handlungsfähiges Frankreich konnte die bayerische Karte spielen.

Press, Frankreich und Bayern

Es war

dann

wieder die Initiative bachischer

der

Ehrgeiz

Max

Emanuels,

ergriff, nun im Sinne

Solidarität.

Die

drohende

51

der

wittels-

Erbfolgeproble-

matik hatte die Wiener Politik zunehmend unter

Druck

gebracht; Wien hatte gegenüber den rivalisierenden Interessen Preußens und der Kurpfalz am Niederrhein widersprüchliche durch

die

und

sich

opportunistische

die Mannheimer

Zusagen

Regierung

gemacht,

erneut

ge-

prellt fühlte. Gegenüber dem unsicher werdenden Wiener Hof näherten sich die beiden Wittelsbacher, von denen der

eine

ja

unmittelbarer

Nachbar

Frankreichs

war,

abermals Versailles. Wenn auch der Leiter der französischen

Politik,

Kardinal

Fleury,

beide

Kurstaaten

1729 in ein Neutralitätssystem einband, so war bei dem vorsichtigen Kardinal doch klar, daß das Maß französischer Unterstützung und damit auch französischer Bindung von den Gezeiten der europäischen Politik abhing. Das Frankreich Ludwigs XV. war nicht mehr jenes Ludwigs XIV., und Fleury war nicht Richelieu oder Mazarin.

Dennoch

bedeuteten

die

nunmehr

gemeinsam

ope-

rierenden Höfe von München und Mannheim kein geringes Gegengewicht gegen Österreich. Andererseits schien die Politik Karls VI. Erfolg zu haben, durch eine Garantie der Pragmatischen Sanktion im Reich und in Europa Dämme gegen fremde, nicht zuletzt bayerische Erbansprüche zu errichten. Fleury versuchte, sich seinen Handlungsspielraum

zu erhalten

und trat

nicht

aus

seiner

Reserve

hervor. Die Labilität der europäischen Szene führte zu Irritationen der Münchener Politik, zu einer Schaukelpolitik zwischen Wien und Versailles - es fehlte ihr ein fester Anhaltspunkt. Dies galt auch nach dem Regierungswechsel von Max Emanuel auf seinen Sohn Karl Albrecht

1726, gegenüber dessen Werbungen Fleury wei-

52

Press, Frankreich und Bayern

terhin der

zurückhaltend

erst

Josefs Erbe

I.,

des

Marie

Im L i c h t e doch

davon,

die

Zeit

Reich

einen

sich

Haupt

zu

halb

setzen

und

Boden

der

auf

das

Ausster-

Sinn, der

Problematik ganz

des

abgesehen

auf

die

nun Dauer

Stelle

Hohenzollern, zu

werden,

Königskronen

Demgegenüber

habsburgischen

seit

zweite

von

überflügelt

auf

vermochten.

des

FUrstenmentalität

Die W i t t e l s b a c h e r ,

Hessen

des

Sohnes

Rangerhöhungsprojekte

sind.

oder

seines

aufs

hatte

Bayern

Machterweiterung

inner-

Reiches

seit

1648

ständig

an

verloren. Ferdinand

Max E m a n u e l

Frankreichs bieten. nach

gewissen

drohten

und

außerhalb Was

für

aller

angesichts

zeitweilig

angesichts

Politik

v o n den H a b s b u r g e r n Weifen

fest

dessen

trotz

dynastischen

verwiesen,

Wettinern, die

späteren

ernstzunehmen

1438 b e r e i t s im

Blick

Kaiser

bevorstand.

der

17·/l8.Jahrhunderts jener

den

Ehemann

Tochter

gerichtet,

Max E m a n u e l s

Kurfürsten daß

hatte

Österreich

offenkundig jene

Der n e u e K u r f ü r s t ,

erbberechtigten

Amalie,

Hauses

ben ganz erhielt

blieb.

nachgesetzt

Österreich

So

hatte

zwei

er

von

dankbaren

Österreich.

daß

Blut

bezahlt

ders

aus:

sein

gabe

einer

mehr

die

Volk

Die

der

zu zu

hoffnungslos der

gesetzt,

verlassen, erhalten

als

Perspektive

Tauschpläne den im

zumal

unter Dynastie

Hilfe

Aufstand

des

um

es

in

der

vom

un-

Kurfürsten

angesichts gegen

von

bedeutete

der die

1705

mit

sah

an-

die

österreichischen zugunsten

zu

bayerischer

Widerstand

Bayerns

war

mit

dynastische .Perspektive

Vertauschung

Position

hatte,

Gegengewicht

Erzhaus

verwerflich,

Herrschaft

hat.

die

das

Von

vermocht

echtes

wieder

sind

durchaus

österreichische

geratenen

auf

Frankreich

Staatskontinuität Max E m a n u e l

noch

mehr e r r e i c h b a r :

ein

Jahrzehnten

Hoffnung,

Tatsache,

Maria

schon n i c h t

einer

AufDruck ande-

Press, Frankreich und Bayern

ren Herrschaft, die größere

Handlungsfreiheit

53

ermög-

lichte; der klare Bedeutungsverlust Bayerns gegenüber anderen

aufsteigenden

Kurhäusern

macht

dies

hinrei-

chend deutlich. Von daher gewinnen Max Emanuels Pläne durchaus Sinn, auch wenn Maßlosigkeit und stische

(oder machiavellistische) Züge

opportuni-

bleiben.

Auch

die Kurfürsten Karl Albrecht und Karl Theodor suchten das Problem auf ihre Weise zu lösen. Hatte sich Max Emanuel mit seinen

Plänen im

Spanischen Erbfolgekrieg aus der österreichischen Umklammerung zu lösen getrachtet,

so gedachte Karl Al-

brecht nicht mehr und nicht weniger als in die bisherige

Stellung

des

Erzhauses

einzurücken,

lung, die seinem Hause als der zweiten Reiches

seiner

Ansicht

nach

weit

eine

Stel-

Dynastie

mehr

zu

des

gebühren

schien als dem halbwelschen Hause Lothringen, das sich durch eine zufällige Heirat mit der

österreichischen

Erbtochter Maria Theresia den Vorrang erschlichen hatte und das Haus Bayern im letzten Moment vor dem Ziel jahrhundertelanger Wünsche abzufangen drohte. Seinem

Temperament

nach

war

Karl

Albrecht

freilich wenig für einen solchen Coup geeignet

- zö-

gerlich, frühzeitig kränkelnd und nicht ohne depressive Züge, war er

ein problematischer

Partner.

Dies

war umso kritischer, als Bayerns militärische und finanzielle

Vorbereitungen

auf

den

großen

Schlag mehr

als ungenügend waren. Die politischen Ambitionen waren keineswegs getragen von einer entsprechenden

Moderni-

sierung des Staates. Die Pläne Karl Albrechts beruhten somit

allein

auf

einem

rein

dynastischen

Anspruch,

dessen Legitimität allerdings durchaus Beifall fand bis

in Kreise

der Wiener

Regierung

hinein.

Die

be-

scheidenen bayerischen Machtmittel sollten durch französische Unterstützung ergänzt werden; dabei ist frei-

Press, Frankreich und Bayern

54

lieh darauf hinzuweisen, daß man in München

- und in

Mannheim

französi-

- seit längerem

gewohnt

war,

von

schen Subsidien zu leben. So war es nicht der zögerliche Karl Albrecht und auch nicht das Frankreich das den Kampf um sondern

Friedrich

Machtinstinkt

des

Kardinals

das österreichische II.

nicht

von

am

Preußen,

politisch

Erbe der

Fleury,

auslöste,

mit

seinem

strittigen

Nieder-

rhein, sondern gegen das habsburgische Schlesien losschlug - Schlesiens Losreißung von Österreich ruinierte die habsburgische Position in den nördlichen Teilen des

Reiches

preußische

vollends. König

den

In

drei

Konflikt

Kriegen

sollte

durchstehen

und

der die

Großmachtstellung seines Staates begründen. Hatte Karl Albrecht Bayerns

begriffen, daß damit der nachgeordnete im Reichsverband

endgültig

fixiert

war?

Rang Zu-

nächst zwangen die preußischen Aktionen Frankreich und Bayern zum Handeln. In Paris hatte es geraume Zeit gedauert, daß sich die Kriegspartei unter Charles Louis Graf, später

Herzog von Belle-Isle

durchsetzte.

Erst

jetzt stellte sich Frankreich hinter die wittelsbachischen Pläne, bei denen die Kurpfalz Kurbayern stützte. Das bayerisch-französische

unter-

Zusammengehen

un-

ter der Regie von Belle-Isle stand freilich unter einem denkbar unglücklichen Stern. Man hatte viel Zeit vergehen lassen; aber der Feldzug schien

von doch

1741 noch

mit einmal

der

Stoßrichtung

eine

Chance

gegen

zu bieten.

zeigte die leichte Eroberung Oberösterreichs

Wien Das

und die

Huldigung seiner Stände; bedrohlich näherten sich Karl Albrecht

und

Belle-Isle

Wien.

Durch

die

preußischen

Erfolge war Maria Theresia hoffnungslos bedrängt. Da schwenkte die französisch-bayerische Armee nach Norden und nahm Prag ein. Karl Albrecht ließ sich als böhmi-

Press, Frankreich und Bayern

schem

König

huldigen;

die

böhmische

55

Kurstirame

wurde

für Habsburg nicht zur Kaiserwahl zugelassen, und der Weg war frei für das wittelsbachische

Kaisertum

Karl

Albrechts, nunmehr Karls VII. Dennoch war die Schwenkung nach Prag ein Verhängnis für die französisch-bayerische

Kriegspolitik.

Maria Theresia hatte eine Chance bekommen zur Sammlung der

Gegenkräfte,

Österreich.

Als

zur auch

Mobilisierung Friedrich

der

vorläufige Überlassung Schlesiens im von Kleinschnellendorf

der Große

Großmacht gegen

die

Waffenstillstand

(9. Oktober 1741) und dann er-

neut im Frieden von Breslau (11. Juni 1742) seine Verbündeten preisgab, war der Weg frei für den Gegenstoß, der

rasch

die

österreichischen

Truppen

nach

Bayern

führte, die Franzosen zur Aufgabe Prags zwang und den Kaiser nach Frankfurt abdrängte. Die 1741 vergebene militärische Chance kehrte nicht mehr zurück; Friedrich der Große hat dies später unmißverständlich gerügt. Aber es ging

nicht

nur

um

einen strategischen Fehler, sondern um das ganze Dilemma der französisch-bayerischen

Bündnispolitik.

war Bayern politisch und militärisch

so

schwach

zum Zeitpunkt seines Griffs nach der Kaiserwürde. war

also

gänzlich

angewiesen

auf

die

seines Koalitionspartners Frankreich.

Nie wie Es

Unterstützung

Damit

aber

war

unvereinbar das Ziel der bayerischen Politik: Kaiserwürde und Gewinnung möglichst der ganzen Erblande. Das war aus der Sicht des Wittelsbachers richtig gedacht, denn die Kaiserwürde ließ sich ohne die erbländischen Grundlagen schwer behaupten.

Die

strategische

Konse-

quenz wäre also der Marsch auf Wien gewesen. Dies traditioneller

aber widersprach französischer

gänzlich

den

Maximen

Deutschlandpolitik,

für

die ja Bayern als Gegengewicht gegen eine allzu starke

56

Press, Frankreich und Bayern

habsburgische Machtentfaltung in Süddeutschland

galt.

Für Paris war es relativ gleichgültig, ob an der Spitze einer Zusammenfassung der gesamten österreichischen Erblande mit Bayern ein Habsburger, ein Habsburg-Lothringer oder ein Wittelsbacher stand. So war das französische Kriegsziel reichischen

die Aufspaltung des alten öster-

Machtpotentials

zwischen

einem

wittels-

bachischen Kaisertum mit erweiterter territorialer Basis und einer reduzierten österreichisch-erbländischen Monarchie,

eine

Konstellation,

die

Frankreich

hohe

Chancen eingeräumt hätte, auf Dauer zum Schiedsrichter zu werden.

Daraus resultierte

eine

Art

Kriegführung

mit angezogener Bremse des Marschalls Belle-Isle, die ein

strategisches Unding war.

Karl

VII.,

der

nicht

viel mehr als seine hochgespannten dynastischen Ambitionen

einbrachte,

hatte

keine Möglichkeit

zur

Kor-

rektur. Die Durchsetzung der französischen Kriegsziele wäre nur möglich gewesen, wenn Frankreich den Beteiligten den Frieden hätte diktieren können. Dazu aber ließen

es

schon

die neue

Großmacht

Preußen

und

die

Weltmacht England nicht kommen, ganz zu schweigen von der zähen und konsequenten Widerstandskraft Maria Theresias.

Das

Dilemma

der

französischen

Kriegspolitik

und die eklatante Schwäche Bayerns manövrierten beide in

eine

aus

unmögliche

seinen

Kostgänger

Situation.

Stammlanden,

wurde

Frankreichs,

ein

Bedroht der

und

verdrängt

Wittelsbacher

Kaiser

von

zum

Frankreichs

Gnaden, in Frankfurt residierend - zwar einstimmig gewählt,

aber

doch

von

einem

sichtlichen

Zögern

der

Reichsstände über den Ausgang des Experiments begleitet.

Andererseits wollten

Frankreich

auch

aus

Österreichs

ähnlichen

Partner,

Motiven

die

wie

Seemächte,

vor allem England, keine totale Demontage des Wittelsbachers,

den König

Georg

II.

mit

der

hannoverschen

Press, Frankreich und Bayern

57

Stimme mitgewählt hatte. Manches ähnelte dem Schicksal Max

Emanuels;

passiver

als

sein

Vater

hat

jedoch

Karl VII. den Versuchen gegenübergestanden, ihn durch Kompromißvorschläge aus der französischen Allianz herauszubrechen - der Kaiser hat den Alleingang nicht gewagt.

1744 wiederum hat dann Preußen mit

der

Frank-

furter Union, einer Kombination des Kaisers mit Frankreich,

Preußen

und

dem

armierten

Hessen-Kassel,

die

Position Karls VII. noch einmal zu stützen getrachtet, wohl wissend, daß aus einem vorzeitigen Zusammenbruch des

wittelsbachischen

Kaisertums

Großherzogs von Toskana

die

Kaiserwahl

und Gemahls der Maria

des

There-

sia, Franz Stephans von Lothringen, folgen würde - daß dann Österreich mit dem isolierten

Preußen

abrechnen

könnte. Am

20.

Januar

1745

Karls VII. das wittelsbachische

beendete

der

Tod

Kaiserexperiment.

Der

neue bayerische Kurfürst Max III. Josef erkannte angesichts

der

wieder

voll

entfalteten

Machtstellung

Österreichs in SUddeutschland, daß die Chancen für eine Fortführung der französischen Koalitionspolitik relativ gering waren, zumal sein Haus nunmehr auch die Kaiserwürde verloren hatte. Der französische

Gesandte

Anne-Theodore de Chavigny suchte den Wittelsbacher in der Koalition zu halten; als Vorleistung überredete er sogar

den

Pfälzer

Karl

Theodor

Reichsvikariats an Bayern. Auch

zur

Überlassung

wenn Max

III.

des

Josef

anfangs durchaus ambitiöse Pläne hegte, so siegte doch schließlich seine Nüchternheit. Außerdem demonstrierte die anrollende österreichische Offensive, daß er eigentlich keinen Spielraum mehr hatte, daß die Alternative zum Einlenken nur ein selbstgewähltes Exil mit ungewissem Ausgang war. So Schloß er am 22. April 1745 den Frieden von Füssen, der Bayerns territoriale Inte-

Press, Frankreich und Bayern

58

grität wahrte und auch durch Subsidien der

Seemächte

den drohenden finanziellen Zusammenbruch verhinderte. Das

Kaisertum

Abschluß intensiver

Karls VII.

war

Höhepunkt

französisch-bayerischer

gen. Die Koalition war unpopulär

und

Beziehun-

im Reich,

wie

sich

noch bis ins 20. Jahrhundert an den immer wieder kolportierten

Legenden um den

angeblichen

Nymphenburger

Vertrag spiegelte, in dem Bayern Deutschland verraten habe. Aber auch Frankreich hat sich in der veränderten politischen

Situation

mit

seinem

für

ein

wittelsbachisches Kaisertum wenig Ruhm

erworben.

Die

Großmachtrolle

traditionellen

Österreichs

Engagement

ließ

die

Koalitionsmuster nicht mehr zu, Bayern war zu sehr in den Schatten Österreichs geraten - die radikale bayerische

Konzeption,

eine

Entscheidung

trug Frankreich nicht mit, weil

sie

zu

erzwingen,

seinen

deutsch-

landpolitischen Maximen widersprach. Es spiegelte sich aber auch der schwindende päischen

Mächtesystem.

Rang

Frankreichs

Schließlich

sollte

im

euro-

sich

1740

nicht mehr Bayern, sondern Preußen als der eigentliche Gegenspieler

Österreichs

erweisen

-

im

Zeichen

des

Dualismus zweier deutscher Großmächte. Daß auch Max III. Josef sich mit dem Ergebnis des Füssener Friedens nicht

gerne

abfand,

war

deut-

lich. Er gab 1745 zögernd und distanziert, aber letztlich

doch

loyal

seine

Stimme

dem

künftigen

Kaiser

Franz I. und beugte sich dem österreichischen Übergewicht. Die Allianz mit Frankreich war zerborsten, aber die

fortbestehend

guten

bayerisch-pfälzischen

Bezie-

hungen hatten auch ihre Verlängerung nach Versailles. Kurfürst Karl Theodor blieb nämlich Frankreichs,

seines

mächtigen

ein Parteigänger

Nachbarn

-

graphischen Gesetze der Nachbarschaft einer

die

geo-

Großmacht

wirkten wie spiegelverkehrt zum bayerisch-österreichi-

Press, Frankreich und Bayern

sehen Verhältnis. Als Preußen

und

Kurpfalz

59

mit

fran-

zösischer Rückendeckung nach langem Tauziehen schließlich das Königswahlprojekt 1754 scheitern

ließen,

um den kleinen Josef

stand

Bayern

den

(II.)

österreichi-

schen Ambitionen recht reserviert gegenüber; den Pfälzer Werbungen um eine pro-französische ga versagte

es sich

aber

-

es

Neutralitätsli-

zeichnete

sich

Max III. Josef eine Politik der relativen

unter

reichspoli-

tischen Zurückhaltung ab, die durch äußere Entwicklungen noch verstärkt wurde. Schon nach dem lich,

daß der

heblich

Frieden

reichspolitische

zurückgegangen

war.

von

Füssen war

Spielraum

Das

deut-

Bayerns

gescheiterte

er-

Königs-

wahlprojekt war wohl einer der Anstöße für den weltpolitisch

wichtigen

Bündniswechsel

von

neue österreichische Staatskanzler ger

geplant

hatte.

der

Aufstieg

Der

entscheidende

Großbritanniens

zur

Bedeutung der Kontinentalmächte

1756, Grund

reichs war

und

die

ermöglichte.

Frankreichs

Folge;

Weltmacht,

war

der

die und

Das

kontinentalen

Zusammengehen

im Renversement

konsequent

aber

der län-

relativiert hatte

den Briten eine Politik des gesteuerten Gleichgewichts

den

Kaunitz schon

näherten

des

sich

Öster-

alliances

Preußen

und

Großbritannien. Daraus folgte die weitgehende Preisgabe Norddeutschlands durch Habsburg und die Anerkennung

des

deutschen

Dualismus,

endgültige

aber

Wegfall des österreichisch-französischen

auch

der

Spannungsfel-

des in Süddeutschland, das bislang den mindermächtigen Ständen, zu denen nun auch Bayern zu rechnen war, ein Stück Selbständigkeit

ermöglicht hatte. Auch die Kur-

pfalz

-

war

Österreich

betroffen

arrangieren.

sie

mußte

Dadurch

sich

nun

bestimmte

neu

mit

sich

für

beide Kurstaaten die Politik im Siebenjährigen Krieg. In

dieser

Konstellation

suchten

Bayern

wie

60

Press, Frankreich und Bayern

Frankreich Reste der alten Zusammenarbeit zu bewahren. Max III. Josef und seine Minister waren bestrebt, den letzten

Spielraum

erhalten.

bayerischer

Frankreich,

Österreich

Handlungsfähigkeit

das noch

ausgesprochen

1755 Garantien

hatte,

setzte

das

zu

gegen

finanz-

schwache Bayern unter Druck, um es trotz eines britischen Subsidienangebots in der

österreichisch-franzö-

sischen Allianz zu halten. Aber schon 1759 zog Bayern sein Auxiliarkorps zurück. Es entsprach dem Ringen um Freiraum, daß Kurfürst Max III. Josef

1762 sogar die

Chance nützte, auf einen Neutralitätskurs einzuschwenken. Daß sich dabei Bayern auf. Spielregeln der Reichsverfassung

zurückzog,

zeigte,

daß

die

französische

Partnerschaft nur noch begrenzte Möglichkeiten hergab. Nun war der Schwund gelt,

der

durch

bayerischen Eigengewichts

Internationalisierung

Entkonfessionalisierung der deutschen geführt

worden

war.

Selbst

beider wittelsbachischer

und

Politik

bescheidene

Kurfürsten

besie-

teilweise herauf-

Kriegsziele

fanden

keine

Be-

achtung. Die Kinderlosigkeit dagegen

Bayern

vollends

Max 1

III.

ins Visier

der

Josef

brachte

österreichi-

schen Politik, die an Arrondierungen dachte - der Erwerb

Bayerns

hätte

einen

Ersatz

für

den

Verlust

Schlesiens bedeutet. Di^s wollte München im Sinne der wittelsbachischen Solidarität verhindern und die Nachfolge

des

Kurfürsten

Karl

Theodor

von

der

Pfalz

Bayern sichern. Dieser freilich signalisierte

in

Bereit-

schaft zum Eingehen auf einen Austausch Bayerns gegen die österreichischen

Niederlande und war bereit, das

Problem gegen die Interessen des Münchener

Hofes zu-

sammen mit Österreich zu lösen. Daß der Plan

zweimal

am Widerstand Preußens und des Reichssystems scheiterte, hatte vornehmlich seine Ursachen in der Maßlosig-

Press, Frankreich und Bayern

61

keit Josefs II. Frankreich stand den Ambitionen seines Verbündeten seine

Österreich

äußerst

Vermittlungspolitik

1779 war

gegen

die

im

skeptisch Teschener

österreichischen

gegenüber; Frieden

von

Ausbaupläne

ge-

richtet. Formal garantierte es im Frieden die Reichsverfassung mit; in seiner eher peripheren Rolle aber spiegelte

sich

bereits

die

heraufziehende

Krise

der

französischen Monarchie. Deutlich wurde die zunehmende Schwäche Frankreichs auch darin, daß sein alter Protege Karl Theodor, nunmehr Kurfürst in München, und Josef II. die Tauschpläne

weiter

verfolgten

und

damit

auch Krisen im System des Reiches produzierten, wobei Frankreich

zwar

nur

indirekten,

aber

doch

wirksamen

Einfluß nehmen konnte. Natürlich sah Versailles die Pläne des Kurfürsten von Pfalzbayern mit Skepsis, denn die Machterweiterung allen

Österreichs

Maximen

gerade

in

Süddeutschland

französischer

entscheidenden

sisch-bayerische

widersprach

Deutschlandpolitik,

Einfluß

auf

Zusammenspiel

das

gehabt

alte

die

franzö-

hatten.

Daß

überdies an seiner Westgrenze ein neues großes Territorium,

Karl

Theodors

burgundisch-pfälzisches

König-

reich, entstehen sollte, konnte in Paris noch weniger erfreuen. Aber die Politiker des französischen Ancien Regime wurden durch die fortdauernden Pläne nicht mehr lange provoziert. Die Französische

Revolution

verän-

derte die Situation grundsätzlich; die Eroberung

des

schon

den

zuvor

revolutionierten

Belgien

machte

für

alternden Karl Theodor alle Tauschpläne obsolet. Aber auch sie gaben einen Sinn in der

Perspektive

seiner

Münchener Vorgänger, die Dynastie dem Druck Wiens zu entziehen. Aber dieses Modell hatte sich überlebt. Nicht Bayern, sondern die rheinischen Besitzungen der Wit-

Press, Frankreich und Bayern

62

telsbacher

gerieten

revolutionären nicht

mehr

nun unter

Frankreich.

haltbar

den

Bald

erweisen.

starken

sollten

1799

war

Max IV. Josef das Haus Zweibrücken Regierung reich

gekommen,

einem

durchaus vertraut

des

sich

als

mit

Kurfürst

in München

Herrscher,

war,

Druck

sie

mit

der

an

mit

Ministern,

die

Frankdie

von

aufklärerischem und modernisierendem Geist erfüllt waren . Max

IV.

Josef

und

sein

leitender

Minister,

Maximilian Graf Montgelas, lösten das Problem auf ihre Weise.

Beim

Regierungsantritt

fortdauernden

Druck

weiterhin

der

Folge sehr die

mit

aber

schnell

als eine

sich

als ein

französische

französische

Österreichs Annexion

erwies

weit

noch

den

müssen,

das

spielte.

revolutionäre stärkerer

sollte

erweisen,

sie

erleben

Bayerns

das

Monarchie

Republik

Macht

hatten

die

in

als

Endphase.

Die

überdies

nach

der

Machtfaktor

ihrer

sich

In

Frankreich

den

zunehmend

Maximen

alter

französischer Großmachtpläne handelte. Sie wurde vollends zu einem

kalkulierbaren

Partner,

leon Bonaparte als erster Konsul und

sich

eine

gleichsam

an

als

ihre

monarchische

1799

trat

Stellung

ver-

schaffte. Zunehmend wurde das napoleonische zu

einem

Dingen die

entscheidenden

und

drängte

Peripherie

die

Mitspieler

in

habsburgische

des Reiches.

Unter

Napo-

Spitze

Frankreich

den

deutschen

Kaisermacht

diesen

an

Bedingungen

nahmen der neue bayerische Kurfürst und Montgelas

das

alte Spiel mit Frankreich zugunsten eines verstärkten Handlungsspielraumes Bayerns gegenüber dem übermächtigen Nachbarn Österreich erneut auf. Die

bayerische

Außenpolitik

nach

durch den neuen Minister Montgelas mit der

1799

wurde

Souveräni-

tät geführt, die der kritischen Lage allein entsprach; österreichische

Truppen standen

im

Lande,

so daß

zu-

Press, Frankreich und Bayern

nächst reich und

eine

Koalition

unumgänglich

England

suchte

diplomatisch

Montgelas

des

Frankreich.

Dies

traf

sammengehen

mit

So

von

Bayern

Frieden

von

Paris

eine

sich

es

der

von

und

wurde

im

und

Reichsstädte

reichlich

entschädigt.

hat

gezeigt,

die

Mitspieler

bildete

die

einige

Am

Mühe,

und

erkannte

die f o r t b e s t e h e n d e n sichern.

25·

der

die

Im

seine

Bistümer

Eberhard

Weis

Vorstel-

l805

dem

Kaiser

Ratifikation

zu

ei-

Politik

ge-

daß

ein

Zusammengehen erfolgte.

Bündnis

Umgebung

österreichischen

August

Bonaparte

kam

unter

dem

realisieren. Bayern

gegen

Annexionspläne zum

im

die

ei-

Montgelas

zu

Bogenhausener

IV. J o s e f von Bayern

Napoleon; stand

es

neuer-

gegenüber zu

Notwendigkeit,

Kurfürst Max

bayerischen

für

deutschen

das

seiner

Vertrag zwischen nunmehrigen

dessen

erfuhr.

älteren

Voraussetzung,

R i s i k o für M ü n c h e n

Königs

Minister

auf-

Reichsdeputa-

umliegende

daß i n z w i s c h e n

liches bayerisch-französisches

Der

Zu-

entsprachen.

bestimmenden

jedoch

in

Bayern

Entschädigungen

Die T a t s a c h e ,

nem g e m i n d e r t e n

- wieder

l 8 0 1 ) ,

durch

lungen Montgelas'

- das

bayerisch-französi-

Arrondierung

1801

l803

Intentionen

Könige

August

kräftige

die

revolutio-

den

Verluste

daß

längst dem

mit

zum

(24·

des

an

mit

linksrheinischen

Zögern des

Bayern

dachten nun

von

hatte

seine

wurde.

Reichsständen

kam

Luneville

worden war,

hatte

gegenüber

tionshauptschluß

nem

Position

hineingerissen

Politik

deutschen

gedachte.

Gefolge

mit

in M ü n c h e n

der die alte

Vertrag

Rußland

bayerische

Österreich

Bündnisses,

Bonapartes,

schen

Frank-

mit

zumal a l s d i e s e s in die N i e d e r l a g e

Kräfte

Wiederaufnahme

zunehmen

die

Aber

Koalitionskrieges

Reformerische nären

revolutionäre

Verhandlungen

Rücksichtslosigkeit

abgelegt,

Zweiten

das

In

abzusichern.

traditionelle nicht

gegen

war.

63

Verzögerung

Zeichen

einer

und der

star-

64

ken

Press, Frankreich und Bayern

Präsenz

Österreichs

in München

und

eines

fort-

dauernden österreichischen Druckes. Unter dramatischen Umständen setzte Montgelas die Ratifikation durch. In den

Dritten

Koalitionskrieg

zogen

die

bayerischen

Truppen an der Seite Napoleons und hatten

Anteil

an

seinen glanzvollen militärischen Erfolgen. Bayern torialgewinn

wurde

erneut

bedacht;

mit

kombiniert

reichlichem mit

Terri-

einschneidenden

inneren Reformen, konnten Montgelas und seine Mitarbeiter so einen modernen Staat neuer

Weise

sein

schaffen, der in ganz

eigenes Gewicht

geltend

zu

machen

verstand. Äußerer Ausdruck dieser Wandlungen waren die Annahme des Königstitels durch Kurfürst Max Josef am 1. Januar l806 und die Errichtung der staatlichen Souveränität,

beides

im

Preßburger

Frieden

festgelegt.

Napoleon förderte den Ausbau Bayerns ganz planmäßig; es war die alte Politik des Gegengewichts gegen Österreich, die nun einen Höhepunkt erreichte. Die dynastische Verbindung der bayerischen Königstochter

Auguste

mit Eugen Beauharnais, dem Stiefsohn Napoleons und Vizekönig

von

Italien

(I806), bedeutete

das

familiäre

Fundament der Koalition. Aber zugleich begann die

bayerische

Politik

gegen den übermächtigen Partner reservierter

zu wer-

den. Man hatte nicht den österreichischen Druck abgeschüttelt, um unter ein französisches treten.

In

Kontinuität

zu

Plänen

Protektorat

einer

zu

Organisation

des Dritten Deutschland im Alten Reich suchte Napoleon seine

deutschen

Rheinbundes

Partner

in

der

Konföderation

des

(I8O6) zusammenzufassen. Eine Alternative

zum Beitritt hatte Bayern ebenso wenig wie die anderen süddeutschen Staaten; zu sehr war man an Napoleon gebunden, zu tief war der Graben zu Österreich. Der Besitz des habsburgischen Erblandes Tirol, die ständigen

Press, Frankreich und Bayern

Sticheleien des neuen Mittelstaates gegen alte

65

Posi-

tionen Österreichs vergifteten das Klima weiterhin. So unterschrieb

Bayern

die

Rheinbundakte,

wirkte

aber

stets konsequent gegen jeglichen Ausbau der Konföderation.

Der

gleichzeitige

mitglieder

aus

dem

Austritt

Reichsverband

der

Rheinbund-

führte

dessen

herbei. Damit waren auch jene alten Barrieren

Ende

gefal-

len, die die Rechtsgarantien der Reichsverfassung einer Reformpolitik gesetzt hatten. Die

Stabilisierung

des

neuen

Königreichs

Bayern ließ dessen Eigeninteresse gegen Napoleon stärker hervortreten. Der Kaiser bemerkte dies aber

er

mußte

die

bayerische

Sabotage

durchaus,

des

Rhein-

bundausbaus hinnehmen, weil er sich in der permanenten Kriegssituation deutschen

einen

schweren

Hauptverbündeten

Konflikt

Bayern

mit

und

seinen

Württemberg

nicht leisten konnte oder wollte. Die bayerische Politik suchte allen gemeinsamen rheinbündischen

Regelun-

gen durch eigene Maßnahmen zuvorzukommen, etwa mit dem Verfassungsentwurf

von

l808.

Aber

schickten Bemühungen des bedeutenden

trotz

aller

ge-

österreichischen

Gesandten Graf Friedrich Stadion stand Bayern 1809 erneut

auf

der

Seite

Napoleons.

Die

bayerische

Herr-

schaft in Tirol wurde durch einen proösterreichischen Aufstand schwer erschüttert, so daö die Lage nur mit französischer Hilfe bereinigt werden konnte. Aber die latenten politisch

bayerisch-französischen mündig

werdenden

Spannungen,

Kronprinzen

eifrig geschürt, wurden durch die Tiroler weiter

verschärft.

Der

Friede

von

von

Ludwig

dem (I.)

Ereignisse

Schönbrunn

l809

brachte erneut territoriale Gewinne. Doch die Reserven gegen Frankreich wuchsen in München wie in anderen Hauptstädten} das mag mit der zunehmenden

Maßlosigkeit

des Korsen

zusammengehangen

66

Press, Frankreich und Bayern

haben. Doch Max Josef

und

Montgelas

begriffen

auch,

daß Bayern durch Frankreich erreicht hatte, was zu erreichen war; nun drohte eine neue Abhängigkeit. Andererseits erkannte Napoleon, wie Eberhard Weis gezeigt hat, auch die Abkühlung der Stimmung bei Regierung und Volk in Bayern. Die Kriegführung Frankreichs erbrachte zahlreiche gen;

vor

finanzielle allem

die

und

wirtschaftliche

Kontinentalsperre

Belastun-

gegen

England

wurde als drückend und rücksichtslos empfunden. Angesichts dieser Abkühlung war die Annäherung

Napoleons

an Österreich 1810 nicht ungefährlich;

sie wurde ge-

krönt

der

durch

die

Ehe

des

Kaisers

mit

österrei-

chischen Kaisertochter Marie Louise. Die Konsequenzen der

früheren

französisch-österreichischen

Ausgleiche

von 1668 und vor allem von 1756 für Bayern hatten gelehrt, daß sich gerade dadurch der Spielraum scher

Politik

entscheidend

verringern

bayeri-

konnte.

Der

weitere Fortgang der Ereignisse hat freilich die Möglichkeiten, die im französisch-österreichischen Zusammengehen steckten, sich nicht entfalten lassen. Bayern hatte trotz wachsender Reserven, hinter

denen mehr

und mehr

der

Kronprinz

stand,

keine

Wahl, als sich 1812 an dem russischen Unternehmen Napoleons zu beteiligen. Der Feldzug kostete die bayerische Armee etwa neun Zehntel ihres Bestandes. Mit dem Aufbau

einer

neuen

Handlungsfreiheit die

bayerische

Armee

suchte

zu wahren.

Stellung

Montgelas

Zunächst

Bayerns

freilich

ausschließlich

an

hing

Napoleons

Garantien; das Risiko des Abfalls war militärisch kaum einzugehen,

obgleich mit dem

beginnenden

neuerlichen

Koalitionskrieg gegen Napoleon 1813 der Druck der Verbündeten auf Bayern immer größer wurde. Jede Option Münchens aber konnte das Erreichte Als

Gefahr

zeigte

sich,

daß

das

neue

falsche

gefährden. Bayern

als

Press, Frankreich und Bayern

67

Wortführer der Rheinbundstaaten behandelt wurde. "Entschied man sich in München aber für

die

Verbündeten

und siegte Napoleon, so wäre Bayern mit Sicherheit zu einem ausgebeuteten Nebenland des Grand Empire geworden. Blieb man aber auf Seiten Napoleons und

siegten

Rußland und Preußen, so war allermindest die Ausplünderung und Halbierung des Landes zu erwarten, so wie sie

später

Sachsen

widerfuhr,

dessen

König

den

Ab-

sprung von Frankreich nicht gefunden hatte, obwohl er noch früher als Bayern mit Österreich verhandelt hatte" . Montgelas' Staatskunst bewältigte auch diese Situation; ihm kam zugute, daß Metternich das Bündnis mit Bayern Uber die traditionellen

Arrondierungswün-

sche

wurden

Österreichs

stellte.

Dennoch

die

Ver-

handlungen schwierig, aber es gelang Montgelas, nicht nur

Zeit

zu

gewinnen,

sondern

auch

Stellung optimal in die Waagschale

die

bayerische

zu werfen und

zu-

gleich den Bruch mit Frankreich so weit hinauszuschieben, daß er relativ risikolos wurde. Im Vertrag

von

Ried vom 8. Oktober 1813 konnte der bayerische General Wrede mit

Österreich

abschließen,

nachdem

der

König

lange vor dem Treubruch zurückgeschreckt war. Der Vertrag

garantierte

Bayern

Souveränität

und

Integrität

bzw. Entschädigungen bei Gebietsverlusten. Die weiteren Kämpfe sahen die bayerischen Truppen auf der Seite der siegreichen Verbündeten. Der Vertrag von Ried hatte die Grundlage für eine neue Rolle Bayerns

geschaffen.

Dabei

hatte

der

Staatskanzler Metternich stets auch den Ausgleich zwischen Wien

Österreich so

starke

und

Bayern

Tendenzen

im

gab,

Auge, während die

alte

es

Politik

in von

Druck und Härte fortzuführen, daß sie zeitweilig gar die Stellung Metternichs gefährdeten. Bei der endgül-

68

Press, Frankreich und Bayern

tigen territorialen Bereinigung gab Bayern erst Tirol, dann Salzburg wieder auf und erhielt fränkische Gebiete

sowie

den

linksrheinischen

Teil

des

Stammlandes

Pfalz als Ersatz - und damit die charakteristische Gestalt der

des

19· Jahrhunderts;

staatlichen

der

eingeleitete

Zusammenfassung

konnte

Prozeß

fortgeführt

werden. Auch

wenn

Bayern

zunächst

gegenüber

allzu

starken Kompetenzen des Deutschen Bundes die gleichen Reserven

zeigte

wie

gegenüber

sich die neue Konstruktion für

die

künftige

als

staatliche

dem

Rheinbund,

erwies

ein wichtiger

Rahmen

Existenz.

Weis

hat

mit

Recht darauf hingewiesen, daß Montgelas die Vorteile des Bundes unterschätzt habe. Hier dachte der Schöpfer des modernen Bayern allzu stark aus den Kategorien der Souveränität und aus den Erfahrungen der Vergangenheit heraus.

Die

politische

Ordnung

des

Deutschen

Bundes

und der Ausgleich mit Österreich haben dem erneuerten Bayern

eine

ruhige

Existenz

ermöglicht.

Der

neue

Staat, den keineswegs nur die Kontinuität der Dynastie mit dem alten Bayern verband, war nun befreit von dem früheren Schwanken zwischen dem Höhenflug dynastischer Pläne und der Angst vor dem ständig steigenden österreichischen

Druck.

In

der

politischen

Ordnung

des

Deutschen Bundes war der größte Mittelstaat eine ungefährdete

Größe,

ein

Glied

mit

unbestreitbarem

poli-

tischem Gewicht. Der Preis war, daß Bayern den Vorrang Österreichs und auch Preußens anerkannte, daß es seine Expansion nach Westen und Norden gesucht hat. Österreich seinerseits verzichtete auf das neuerliche

Vordringen

in die Kerngebiete des Reiches und restituierte seine Besitzungen in Schwaben nicht mehr. Damit war ein beständiger Ausgleich gelungen. Er bildete freilich eine

Press, Frankreich und Bayern

der

Voraussetzungen

für

die

Lösung

69

Österreichs

von

Deutschland. Auch

wenn

Montgelas

schon

1817

die

Leitung

der bayerischen Politik abgeben mußte, war es vor allem sein Verdienst, Bayern durch die Krisenjahre zwischen 1799 und 1816 erfolgreich durchgesteuert zu haben. Dabei hatte er noch einmal jene Chancen

ergrif-

fen, die sich im Zusammenspiel mit Frankreich

boten,

nachdem diese Möglichkeit bayerischer

längst

Politik

der Vergangenheit anzugehören schien - er nützte sie noch einmal mit Weitsicht

und

Konsequenz.

Dabei

war

dem Minister auch deutlich, wie groß die Wahrscheinlichkeit war, daß der napoleonischen Ära keine

Dauer

beschieden sein werde. Mit dem Wiener Kongreß aber war das Kapitel Bayern und Frankreich beendet. Die Rückgabe der linksrheinischen

Pfalz

band

Bayern

in mögliche

Konflikte

des Bundes mit Frankreich ein; jeder Vormarsch französischer Truppen mußte fast notwendig auch bayerisches Gebiet

betreffen.

Bayern

des

Aber

Rückhalts

darüber

in

Paris

hinaus nicht

bedurfte

mehr,

es

nun

ergab

sich somit für Frankreich auch keine Möglichkeit mehr, die bayerische Karte zu spielen. Wenn der neue Mittelstaat von einem Spannungsfeld profitieren konnte, so war es nicht mehr jenes zwischen Wien und Paris, sondern das zwischen Wien und Berlin. Anlehnungen an den Hof

Kaiser

Napoleons

III.,

wie

sie

Karlsruhe

und

Stuttgart pflegten, gab es von Seiten Münchens nicht der Appell König Ludwigs II. an den Kaiser der Franzosen, nach dem Kriege von

1866 für Bayerns

zu sorgen, war eine völlig

isolierte

Integrität

Aktion.

Gerade

die Erfahrungen des 19- Jahrhunderts machten deutlich, wie

stark

das Verhältnis

die

Funktion

einer

tief

Frankreich-Bayern im

Mittelalter

bis

1815

wurzelnden

70

Press, Frankreich und Bayern

bayerisch-österreichischen Rivalität gewesen war.

Der Beitrag konnte wegen seines Umfangs nur ohne die Anmerkungen

publiziert

werden.

Der

vollständige,

leicht erweiterte Text wird voraussichtlich erscheinen

in

der

"Zeitschrift

schichte" (1987).

für

Bayerische

Landesge-

Günther Wartenberg

Die Politik des Kurfürsten Moritz von Sachsen gegenüber Frankreich zwischen 1548 und 1550

Verärgert Uber die kaiserliche ließ

Kurfürst

Augsburger

Moritz

von

Reichstag.

Religionspolitik

Sachsen

Ohne

Ende Mai

Einverständnis

ver-

1548 von

den

Land-

ständen und Theologen war er nicht gewillt, dem Interim zuzustimmen. Es erschien

ihm

unmöglich,

kaiserlichen Religionsgesetz die während

kaldischen Krieges in Mitteldeutschland und seines

Territoriums

aufgebrochenen

gleichen, den Emotionen gegen den

mit

des

dem

Schmal-

innerhalb

Gegensätze

auszu-

"Judas von Meißen"

entgegenzuwirken, die bisherigen ernestinischen Gebiete voll zu integrieren.

Die

zähen

Verhandlungen

mit

dem Albertiner und der politische Druck auf die widerstrebenden

und

zögernden

Reichsstände

verdeutlichten

die Entschlossenheit, mit der Karl V. und Ferdinand I. das

Interim

Opposition

durchsetzen

und

zugleich

die

politische

zurückdrängen wollten. Daher ist es nicht

überraschend,

wenn

der

jüngste

Kurfürst

des

Reiches

sich bereits ab 1548 bemühte, seine Position unter den Fürsten zu stärken und in Gesprächen die beiderseitigen Beziehungen zu entwickeln.

Das gilt für

Kurfürst

Joachim II. von Brandenburg, Herzog Heinrich d.J. von Braunschweig-Wolfenbüttel,

König

Ferdinand

I.,

aber

auch für Markgraf Johann von Brandenburg-KUstrin, mit dem ihn die Ablehnung des Augsburger Interims verband. Die Vorbereitungen für eine Heirat Herzog Augusts mit der dänischen Königstochter Anna gehörten ebenfalls in das Konzept der Konsolidierung und Bewahrung der 1547

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

72

in

Mitteldeutschland

der

Suche

nach

schwankende

geschaffenen

möglichen

kaiserliche

Verhältnisse

Bundesgenossen

Politik.

sowie

gegen

Während

die

Kurbranden-

burg und Kursachsen gleiche Interessen und ihre Stellung

als Kurfürstentümer

zwischen

Moritz

und

verbanden,

entwickelte

Johann vorübergehend

ein

sich

freund-

schaftliches Verhältnis, das sich durch die kursächsische

Politik

in der

Interimsfrage

und

gegenüber

der

Alten Stadt Magdeburg aber bald wieder abkühlte. Der Anstoß Juni

1548

sich

ging von Johann

entschuldigte,

aus,

der

daß er Moritz

Rückreise vom Reichstag nicht besucht hatte*. lich

war

dieser

vereinbart Interims für

worden.

sah

der

Absprachen.

auch

Gedankenaustausch

Moritz

in

In

der

gemeinsamen

Markgraf Er

schlug

seiner

noch

in

26.

auf

der

VermutAugsburg

Ablehnung

eine

tragfähige

eine

Begegnung

sofort

am

erfolgten

des

Grundlage vor.

2

Wenn

Antwort , in

der er seine bisher eingenommene Haltung zur kaiserlichen Religionspolitik

bekräftigte, wegen einer

Zusam-

menkunft zur Vorsicht mahnte, trafen sich die beiden Fürsten doch3 Mitte August auf der Jagd im Elbsandsteingebirge . Aus späteren Briefen lassen sich die Ergebnisse der Geheimgespräche erschließen. Sowohl Pommern wie in

Polen

sollten

wegen

der

in

Unterstützung

eines Widerstandes gegen den Kaiser Erkundungen erfolgen^.

Im Verlauf

Oktober

in

Vollmacht rosten

von

der

Torgau

von

Hochzeit

konnte

Moritz

zu

Johann

eine

Diese

von Gorka,

nennt vom

eine Verpflichtung zum gegenseitigen dem sche

nur möglichen

Angriff

Streitigkeiten

Augusts

Verhandlungen

Posen erlangen.

Kontakte mit Andreas

Herzog

August, sich den Habsburgern

schriftliche mit

dem

als

Ziel

polnischen

Stader

König

Beistand bei je-

zu erhalten"*.

veranlaßten

Anfang

jedoch

InnenpolitiSigismund

II.

zu nähern, so daß dieser

73

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

Bilndnisversuch nicht zum Ziel kam. In

den

nächsten

Monaten

setzte

Moritz

nächst auf einen Ausgleich mit dem Kaiser, um

zu-

endlich

die Freilassung Landgraf Philipps von Hessen zu bewirken, um Entscheidungen Karls V. in den sich hinschleppenden Ausgleichsverhandlungen erreichen sowie um die Ferdinand und

den

über

das

Ersatz

für

zähen

mit den Ernestinern Verhandlungen

erzgebirgische die

Amt

böhmischen

mit

zu

König

Schwarzenberg

Lehen

Eilenburg,

Leisnig und Colditz ohne größere Verluste zu beenden. Die kaiserlichen Mandate zur Exekution der Acht die Alte

Stadt Magdeburg verlangten

gegen

politisches

Tak-

tieren. Auch glaubte man in Dresden, nur durch punktuelles

Entgegenkommen

in der

Interimsfrage

-

allem die Adiaphora betraf - das für andere

was

vor

Entschei-

dungen notwendige Wohlwollen des Reichsoberhauptes erhalten. So bildeten

die Verbindungen

zu

zu Johann

nur

eine Linie im politischen Handeln des Kurfürsten,

die

Moritz von sich aus nie aus den Augen ließ. Der Markgraf konnte nur schwer die Vielschichtigkeit sischer

Politik

in

diesen

Monaten

kursäch-

durchschauen.

Er

vermutete Verrat an der evangelischen Sache und begegnete nach dem Leipziger

Landtag dem Albertiner

mend mit Mißtrauen, das erst Anfang

zuneh-

1551 wieder

abge-

baut werden konnte. Mit der Torgauer

Abrede

vom

6. Oktober

1548

hatten die beiden Verbündeten Karls V. im Schmalkaldischen Krieg den Weg

für

ein antikaiserliches

betreten, dessen äußerlicher

Anlaß die

Bündnis

Religionspoli-

tik der Habsburger bildete. Bewaffneter Widerstand gegen den Sieger von Mühlberg erschien Moritz und Johann möglich.

Der

Grundstein

zum

späteren

Fürstenaufstand

war gelegt. Obwohl die Absichten des im Brennpunkt der Reichspolitik

stehenden

Kurfürsten

mit

denen

des

Re-

74

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

genten

einer

Sekundogenitur

jenseits

der

Oder

wenig

übereinstimmten, tat Moritz alles, um den Markgrafen an

sich

zu

binden. Das

gemeinsame

evangelische

Be-

kenntnis reichte in der Interimssituation jedoch nicht aus, um trotz politischer Differenzen zu einem festeren Bündnis zu kommen. Neben Polen spielte vermutlich Dänemark eine gewisse Rolle*', von Frankreich war noch nicht die Rede, da es sich zunächst um ein defensives Verteidigungsbündnis evangelischer Territorien handelte . Für die umsichtige und vorsichtige Art, mit der Moritz nach den demütigenden kaiserlichen und

Pläne

Italien

Diplomatie

weiterverfolgte,

Anfang

1549·

Erfahrungen mit der

Entscheidungen spricht

Äußerlicher

vorbereitete

seine

Anlaß

Reise

war

die

nach Be-

grüßung Prinz Philipps von Spanien an der Grenze des Reiches in Trient. Die Besuche in Venedig, Mantua und Mailand belegen sein Interesse, sich selbst

ein Bild

von der politischen Lage zu machen. Dazu gehörte ferner

ein

Besuch

bei

dem

7

franzosenfreundlichen

Herkules II. von Ferrara . Der sche

Gegensatz

blieb

dem

Herzog

habsburgisch-französi-

jungen

Kurfürsten

sicher

nicht verborgen. Ohne daß wir Anhaltspunkte dafür haben, muß ihm die Rolle Frankreichs bei einer Auseinandersetzung der deutschen Fürsten mit Karl V. klar ins Blickfeld

getreten sein. Prinz

Bemühungen

um

eine

Freilassung

Philipp

wurde

Philipps

von

in

die

Hessen

einbezogen. Der Kardinal von Trient, Christoph von Madruzzo, unternahm alles, um in Moritz die Hoffnung zu nähren, mit dem Prinzen könne dieses Problem endlich g gelöst werden . Daher bemühte sich die

kursächsische

Politik in diesen Monaten, keinen Zweifel an der Kaisertreue

des

Kurfürsten

aufkommen

zu

lassen.

Moritz

selbst schrieb an Karl V. und trat energisch Gerüchten

75

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

entgegen, Bündnis

daß

sein

Bruder an einem antikaiserlichen ο sei . In diesem Zusammenhang über-

beteiligt

rascht

es

Werben

Johanns

nicht,

wenn

jetzt

der mehr

Albertiner

gegenüber

Zurückhaltung

dem

zeigte,

was

jedoch nicht eine Aufgabe der Bündnispläne bedeutete. Die

habsburgfreundliche

albertinischen

Außenpolitik

Grundkonzeption 1541

nach

und

die

der damit

verbundene Weigerung, dem Schmalkaldischen Bund beizutreten, schen

verhinderten

dem

in

herzoglichen

diesen Sachsen

Jahren und

Kontakte

Frankreich.

zwiDurch

den hessisch-habsburgischen Geheimvertrag vom 1 3 · 1541 verpflichtete

sich Moritz, mit dem Rivalen

Juni Karls

V. kein Bündnis einzugehen'". Die antifranzösische Politik des Kaisers

wurde

ihm mitgetragen.

von

1543 ein Dienstvertrag mit dem Reichsoberhaupt ritz

1

Forderungen gescheitert

war",

nahm

er

Nachdem an Moim

fol-

genden Jahr als Oberst über 1 0 0 0 Reiter mit Herzog Au12 gust am Krieg des Reiches gegen Frankreich teil . Jedes

Gerücht

von

Verhandlungen

über

den

Eintritt

in

französischen Dienst wies er von sich, während er dem englischen König Heinrich

im Herbst 11544 einen 3 Kriegsdienst gegen Frankreich anbieten ließ . Als Johann

Friedrich

d.A.

VIII.

Anfang

1547

Leipzig

versuchte man vermutlich von ernestinischer

belagerte, Seite mit

der brieflichen Aufforderung an August, seine angeblichen

Dienstzusagen

gegenüber

Frankreich

zu

erfüllen,

die albertinischen Brüder zu entzweien'^. Ähnliche Absichten hatte schon König Franz I. verfolgt, als er am 5. April trug*~*.

1545 August So

wie

eine französische

dieser

das

französische

Bestallung

an-

Ansinnen

ab-

lehnte, ließ er sich auch später nicht - trotz vieler Spannungen mit dem Bruder - gegen Moritz gebrauchen. Zu Recht vermutet Karl Erich Born eine Zäsur in der albertinischen Politik im Sommer 1549 und führt

76

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

sie

auf

das

Bekanntwerden

des

innerhabsburgischen

Streites um die Nachfolge im Reich z u r ü c k ^ .

Im August

1549 erwiderte König Ferdinand den von Moritz ihm zwei 17 Monate zuvor in Prag abgestatteten Besuch . Zu den Themen der Gespräche in Marienberg gehörten die allgemeine Entwicklung im Reich, das Interim und seine Verwirklichung in Sachsen,

die

Exekution

der

Acht

die Alte Stadt Magdeburg, die Gefangenschaft Philipps.

Noch

während

der Verhandlungen

gegen

Landgraf

erhielt

Mo-

ritz die Mitteilung, daß trotz aller Fürbitten ein Ende der Gefängniszeit Der

Druck

aus

Philipps

Hessen

auf

nicht

zu erwarten

den . Kurfürsten

nahm

sei. zu.

Am

Tage der Abreise des Königs, am 22. August, erschienen die beiden hessischen

Gesandten Wilhelm von

und Simon Bing mit einer ausführlichen Moritz

und

Joachim II.,

größeren

Bemühungen

Zugleich

nutzten

um

um

der

Hessen die Gelegenheit

Instruktion

an

die beiden

Kurfürsten 18 zu Freilassung zu bewegen

die

aber

Schachten

Gastgeber

und

die

zu einer umfassenden

beiden

Bestands-

aufnahme in der landgräflichen Sache. Nur aus der späteren

Entwicklung

bertiners, eine

alles

rhetorische

erscheint für

die Versicherung

die 1 9 Befreiung

Floskel

. Neben

mühungen durch Gesandtschaften

des

Al-

mehr

als

bisherigen

Be-

zu den

tun,

und Fürbitten und Ein-

gehen auf die kaiserlichen Auflagen, die Freiheit Philipp des

zu erlangen,

Landgrafen

birg"

sah

entstand

der

vorzubereiten.

vor,

Heinrich

von

Plan,

Der

eine

"abschid

Schachten,

Flucht

uffem

einen

für ge-

Bruder

Wilhelms, nach Frankreich zu senden, um dem Landgrafen 20 dort eine Zuflucht zu ermöglichen Zusammengehen geplant. in

Für

Aussicht

mit. König die

Heinrich

Befreiungsaktion

genommen,

mit

dem

. Ein militärisches II.

war

wurde

die

noch

Klaus

ersten

nicht Berner

Gespräche

noch Ende Oktober stattfanden, die Mitte Dezember ohne

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

77

Ergebnis fortgesetzt wurden. Nicht zu erfüllende Geldforderungen des Befehlshabers protestantischer

Truppen

in Norddeutschland an Hessen, die noch aus dem Schmalkaldischen 21 Einsatz

Krieg

stammten,

verhinderten

seinen

. Enttäuschung und Verärgerung Uber die

kai-

serliche Hinhaltetaktik gegenüber dem gefangenen Landgrafen veranlaßten Moritz, sich an Frankreich

zu wen-

den. Dieser Entschluß war bereits gefaßt, bevor er im März

1550 mit

Markgraf

denburg-Kulmbach

Albrecht

Alkibiades

von

Bran-

sich absprach, bevor er - vermutlich

durch Herzog August - vom Königsberger Bund erfuhr und bevor die Fürsten um Johann von Küstrin in Frankreich Anschluß suchten. Die in der bisherigen Literatur hervorgehobene

Parallelität

und von Johann

und

durch

die

langsame

seinen

immer

wieder

der

Ansuchen von Moritz 22 Verbündeten erklärt sich

Verwirklichung

der Annaberger

Ab-

sprachen. Moritz selbst wünschte am 27. September

1549

vor

noch

eine

einer

Weiterführung

Zusammenkunft

weiter

mit

nachgedacht

"des Bing, 23

habe

reiste

nach

da er

. Der

wähnten Unterhandlungen mit und

bewußten

über

Rat

Berner

Sachsen^.

Nach

handels" "die

wartete am

Sache" die

er-

26. Oktober

einem

Bericht

ab vom

Frühjahr 1550 ging der Albertiner bei den Geheimberatungen einen Schritt mit

Frankreich

in dem angestrebten

weiter.

Heinrich

von

Einvernehmen

Schachten

sollte

dort erkunden, was Moritz

"des orts vor wind und

zu versehen"

der

habe.

Würde

Abgesandte

sich

Aufgeschlos-

senheit spüren, sollte er den König um ein "frund.lichs der 2 Kurfürst seine weiteren 5 ableiten könne . Die Frage der Kosten

briflin" bitten, aus Entscheidungen für

die

Der

Kurfürst

30.

dem

Befreiungsaktion

November

stellte in

1000

Hessen

wurde fl.

ebenfalls

besprochen.

zur Verfügung,

übergeben

wurden^.

die

am

Berner

78

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

27 sollte

eine

kursächsische

Bestallung

erhalten

.

Im

Dresdener Staatsarchiv liegt der Entwurf für eine Verschreibung von Herzog August für den Befehlshaber Uber 28 5000 fl., die Weihnachten 1552 zu bezahlen waren Moritz war bereit, die Kosten für die Vorbereitung der Flucht des Landgrafen zu übernehmen. Das Projekt blieb jedoch zunächst unausgeführt,

da Berner wenig

Bereit-

schaft zeigte; möglicherweise mißtraute er den Albertinern von

der

und vermutete

genannten

Bestallung

keine

Ausfertigungen.

wurde

davon

jetzt seine

Falle, und

denn wir

der

Politik

an

Vorsichtig

Stellung

griffe in die

zeigen

zum

sich

Interim.

aus, durch

Kirchenordnung

haben

Verschreibung

Annäherung

Person mit ein. Die neuen

laufen die Versuche stellen.

Die

nicht betroffen.

albertinischen veränderten

eine

beiden

Frankreich

bezog

Moritz

Akzente

in

der

ebenfalls

in

der

Im Spätherbst

Modifikation

den

Kaiser

1549

und

Ein-

zufrieden

Die Öffnung nach Frankreich bedeutete

zu

keinen

Kurswechsel, sie wurde von Moritz selbständig und ohne Räte, nur im Einverständnis mit seinem Bruder und mit Wissen seiner Frau Agnes, fen, zog

systematisch Heinrich

von

einer

Tochter

des

Landgra-

weiterverfolgt.

Am

Schachten

Frankreich,

nach

1. Februar

1550

nachdem

die Räte ihn - wohl zur Tarnung - mit Kredenz und Instruktion

offiziell

zu 29 Herzogin ringen abgeordnet hatten Wilhelm

von Schachten

Christine

und

von

Loth-

Bing schickten

am

16. Februar 1550 einen Zwischenbericht an Moritz"^, um ihre

Bemühungen

Heinrichs

zu

unterstreichen

von Schachten

und

mitzuteilen.

die

Nicht

Absendung ganz

klar

wird die ebenfalls erwähnte Sendung von Berner an die andere

"meit", die eine beträchtliche

terstützung zugesagt

finanzielle

Un-

habe, was aber wegen anderer

Sa-

chen abgelehnt wurde. Ob es sich dabei um König Chri-

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

79

stian III. von Dänemark handelt? Mit dem kurzen

Satz,

er wolle sich nach dem Inhalt jenes Briefes richten, 31 antwortete Moritz . Bevor er am 4· April die beiden 32 Vertrauten aus Hessen wieder nach Dresden einlud , beriet er sich Mitte März·mit

Albrecht

Zwickau.

vom

gangen,

Die der

Initiative

war

den Markgrafen

wegen

Alkibiades

Kurfürsten seines

in

ausge-

für

England

geworbenen Kriegsvolks zum Kommen aufgefordert

hatte.

Er mußte sicherstellen, daß diese Truppen, falls

Eng-

land sie nicht benötigte, nicht zu einer Bedrohung des neuen Kursachsen wurden. Unter

dem

Eindruck

der

englischen

Wünsche

sowie der unerfüllten Versprechungen des Kaisers hatte Albrecht im August Habsburgern einstigen Krieg ben,

die

da

gelöst.

So

seinen lag

Waffengefährten

auch

Moritz

1549

im

Interesse

Pläne

der

Dienstvertrag

mit

den

Unterredung

mit

dem

die aus

dem

Schmalkaldischen

des Markgrafen.

gegenüber

Frankreich

unternehmungslustige

Mit

ihm

muß

besprochen

ha-

Kriegsmann

sofort

sich veranlaßt sah, ein weitreichendes Konzept zu ent33 werfen und Ende März dem Kurfürsten zu übersenden . Ziel des Bedenkens ist es,

in wohl

vorbereiteten

und

gut durchdachten Unterhandlungen die untragbare Servitut des Kaisers abzuschütteln, ohne sie mit einer deren, einer französischen, zu vertauschen. gionsfrage spielt unterrichtete

Die Reli-

eine untergeordnete Rolle.

Albrecht

an-

Zugleich

Alkibiades den Kurfürsten

über

seine Begegnung mit Herzog August auf der Rückreise in Weißenfels.

Aus dem

Brief^^

geht

hervor,

daß

dieser

über den am 26. Februar 1550 in Königsberg abgeschlossenen Bund zwischen Herzog Albrecht zog Johann Albrecht

von Mecklenburg

von Preußen, Herund Markgraf

Jo-

hann voll unterrichtet war, daß August mit seinem Bruder das weitere Vorgehen abgestimmt

hatte und daß Al-

80

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

brecht

Alkibiades

in

Kaiser

gerichteten

Planungen

setzung

für

den

die

kursächsischen, einbezogen

inneralbertinischen

brüderliche Vertrag vom 5· März

gegen

war.

Konsens

1550,

der

den

Vorauswar

die

der

gegen-

seitigen Streitigkeiten zu Augusts Zufriedenheit

bei-

35 gelegt hatte

.

Mit

doppeltem

Auftrag

Schachten und Bing Anfang

April

zogen nach

Wilhelm

Kursachsen.

von Von

Landgraf Wilhelm und Landgraf Ludwig erhielten sie ein Schreiben,

das

Moritz

und

Joachim

II.

aufforderte,

sich entsprechend ihrer Verpflichtung vom 4· Juni 1547 bis zum 31· Juli 1550 nach Marburg in Haft zu begeben, wenn bis zu diesem Zeitpunkt Philipp von Hessen nicht entlassen sein sollte same

Öffentlichkeit

Verhandlungen

. Dieses

bestimmt

zwischen

war

wie

für

auch

die

die

brandenburgischen,

aufmerk-

intensiven kursächsi-

schen und hessischen Räten 37 mit Wilhelm und Moritz Anfang Juni in Langensalza und das Tauziehen Uber einen möglichen Besuch des Reichstages durch die beiden Kurfürsten. Die in den hessischen und sächsischen Protokollen festgehaltenen heftigen

Kontroversen

sollten

mißtrauische und argwöhnische Beobachter beruhigen, um ohne

großes

Aufsehen

können. Dabei ist

die

sicher,

Fluchtpläne daß

fast

vorantreiben

allen

zu

beteiligten

Räten ihre Rolle als Architekten einer Fassade, hinter der die Geheimverhandlungen mit Frankreich

weitergin-

gen, nicht bewußt gewesen ist. Nicht übersehen darf, daß Moritz sich außerdem den Weg einer

werden

Verstän-

digung mit dem Kaiser offenhalten wollte und die Mehrgleisigkeit für die albertinische Politik jener Monate charakteristisch

war. Nach dem Einverständnis mit Au-

gust und Albrecht Alkibiades stand er vor der Aufgabe, die

Auswirkungen

des

Königsberger

Bündnisses

grenzen und mögliche Verbindungen mit den

zu

be-

Ernestinern

81

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

zu verhindern. Herzog Johann Wilhelm weilte im Februar 1550 in Königsberg und hatte an den Gesprächen der ge-3 g gen das Interim eingestellten Ihre

möglichen

Fürsten

Bundesgenossen

oder in die eigene Politik

einbezogen

Kaiser kaum ein wirkungsvoller - die Bettelbriefe Johann

Friedrich

vom Winter

dienten

als

teilgenommen

mußten

.

neutralisiert werden.

Da

vom

Schutz zu erwarten war 1546/47

um Hilfe

Warnung

-,

gegen

sah

sich genötigt, die Gespräche mit Frankreich

Moritz

fortzufüh-

ren und zu Absprachen zu gelangen. Auf Christian

III.

von Dänemark konnte er über Herzog August einwirken. Wilhelm von Schachten.und

Bing brachten

er-

mutigende Ergebnisse der Sendung Heinrichs von Schachten nach Frankreich

mit:

Heinrich

II. wollte

Philipp

nach seiner Flucht aufnehmen. Daß Moritz "statlich und mer dan ein ander f. wider inen sich hab prauchen lassen", wollte der König vergessen

und

ihm mit

Freund-

schaft begegnen. Da er ihm jedoch nichts Schriftliches mitgeschickt

habe,

könne

er

den

gewünschten

kurzen

Brief nicht verfassen lassen. Der Kurfürst werde auch dem

mündlichen

sich

bereit,

Stillschweigen beiden

mit

Moritz

Fortgang

mit

den

Beratungen

mit

. Zur gleichen Zeit übergeben*^.

Ob

ließ der

dem 1 ο Kurfürsten angekündigte ErBerners tatsächlich stattfand, läßt

sich aus den Akten nicht belegen. Schließlich man

die

gegenüber

kundigungsritt barte

erklärte

sowohl

der Verhandlungen

Die vereinbarten, \ 0 erneuten

Berner erfolgten Anfang Mai 7· Mai

König

betrafen

Moritz weitere 600 fl. in Hessen am

Der

Befreiung des Landgrafen als auch den

verbundenen

Franzosen.

glauben.

Abgesandte unter strengstem 19 empfangen . Die Gespräche der

zu

Hessen

vorzubereitende damit

Bericht weitere

in

Dresden

eine

neue

verein-

Gesandtschaft

Frankreich und besprach die kursächsische

nach

Instruktion,

82

mit

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

der Heinrich

von

Gleisenthal

als

Vertrauter

von

Moritz am 1. Juni in Kassel eintreffen sollte, um mit Heinrich von Schachten zu r e i s e n ^ . Mit der Entsendung eines eigenen Gesandten bekundete Moritz die die

Zusammenarbeit mit

Heinrich

II.

Absicht,

fortzuführen

und

auszuweiten. Seine Kriegsdienste von 1545 entschuldigte er in der Instruktion als damals "gewesener pensionirer" . An ein Bündnis oder eine gemeinsame sche

Aktion

gegen

den

Kaiser

dachte

der

militäriAlbertiner

noch nicht. Ihm ging es um die Zusage, ob er beim König "Sicherheit

gnad und frundschaft"

findet, wenn er

in Verbindung mit Philipps Gefangenschaft nis

geraten

würde.

Als

Gegenleistung

in Bedräng-

bot

er

seine

Dienste auf dem bevorstehenden Reichstag an. Zum weiteren

"handel"

sollte

dem

er

Heinrich

schicken,

mit

persönlich

"frembder

Sprachen unerfaren"

Besprechungen

zu Langensalza

reich

behandelt

erneut

einen reden

sei. Weil die

wurde,

am

Sendung

erhielt

Vertreter

könne,

da

Rande

nach

er der

Frank-

Heinrich

Schachten erst am 11. Juni von Landgraf Wilhelm

von seine

Instruktion. Diese Schloß ebenfalls die Bitte um Asyl ein, aber mit dem Zusatz, Möglichkeiten für einen Widerstand im Reich und in Hessen zu b e n e n n e n ^ . Mit gewisser Ungeduld wartete Moritz auf die französische A n t w o r t ^ ; im politischen Handeln duldete er

keine

Verzögerungen.

Während

die

Gesandten

aus

Frankreich zurückreisten, lehnte Karl V. gegenüber dem kurbrandenburgischen

Rat Jacob Schilling und dem kur-

sächsischen Christoph von Karlowitz die Entlassung des Landgrafen mit Bestimmtheit serliche einiger

Vertreter, Fürsten

Einwirkungen rechnen,

auf

Sigismund

Seid,

dem

Reichstag

auf

zurück, ohne

denn

diese

ab. Dabei führte der kai-

Georg

Moritz

würden

und

seiner

das

Fehlen

französische

Joachim

Meinung

dazu nach

zu als

83

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

treue Untertanen solchen Bestrebungen nicht

folgen

.

Moritz reagierte sofort und ließ durch seine Räte in Augsburg dem Kaiser seine Ergebenheit und Treue bekunden. Er bat, sich verantworten zu können, wenn er denunziert, wiirde^. Bei der Korrektur des ursprünglichen Entwurfs tilgte Ludwig Fachs die zweimalige Erwähnung des

französischen

Königs

und

Λ8

Kriegsdienste gegen Frankreich

den

Hinweis

auf

die

. Bei der mehrfach um-

gearbeiteten Antwort von Moritz und Joachim II. an den Kaiser vom 16. August wurden ebenfalls alle Bezüge auf Frankreich

im albertinischen Entwurf

gestrichen:

Mo-

ritz weise alle Verdächtigungen zurück, die ihn einer Zusammenarbeit mit Heinrich II. bezichtigten. Im Auftrag des Kaisers habe er sich im Krieg gegen Frankreich verdient gemacht, so daß er kaum das Vertrauen 49 des Königs gewinnen könne . Offensichtlich kannten die Erstverfasser der Entwürfe die inzwischen geknüpften Beziehungen zu Frankreich nicht. In der Tat konnte Moritz Mitte August 1550 nicht mehr erklären, daß nach Frankreich keine Verbindungen bestehen, und an einer Behandlung dieser Problematik in den Verhandlungen mit Karl

V.

nicht

interessiert

sein.

Zur

gleichen

Zeit

entstand in Zschopau der Entwurf einer Instruktion für eine

zweite

Sendung

Gleisenthals

nach

Frankreich^®.

Wilhelm von Schachten und Bing waren dafür in die Abgeschiedenheit des Erzgebirges gekommen. Diese Werbung markierte einen wichtigen Schritt im Vorfeld des Fürstenauf standes . Sie Bündnis,

um

enthält

gemeinsam

begegnen. Ausführlich

den

Vorschlag

der kaiserlichen schildert

die

zu

einem

Übermacht

Instruktion,

zu wie

die landgräfliche Sache sich seit 1547 entwickelt hatte - ein entsprechender Bericht lag bei -, welche Infamie die weitere Haft Philipps für daß

er

erst

jetzt

die wahren

ihn bedeute

Absichten

des

und

Kaisers

84

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

wahrgenommen habe. Als Ziel seines Vorstoßes benannte Moritz die Wiederherstellung seiner Ehre und die Wahrung deutscher Libertät. Die Zeit der gegenseitigen

Beobachtung

und

Annäherungsversuche war zu Ende. Moritz hatte sich für eine zeitlich begrenzte und mit bestimmten Zielen verbundene

Allianz

mit

Frankreich

entschlossen.

Am

19·

September schrieb er nach Hessen, daß Gleisenthal abgefertigt sei, denn der "handel" habe sich durch weitere Überlegungen hingezogen. Dabei kündigte er seine Reise nach Augsburg zum Reichstag an, um "zum letztern mal umb erledigung"

des

Landgrafen

zu bitten"*^.

Mit

dieser Begründung beabsichtigte er, Zweifel an seiner Bereitschaft zum Bruch mit Karl V. zu zerstreuen. Ob Moritz läßt

tatsächlich

sich

nicht

nach

Augsburg' aufbrechen

entscheiden.

Die

mehrfach

wollte, geäußerte

Absicht könnte auch als ein Hinhalten des Kaisers verstanden werden. Nicht ohne Eindruck blieb die Warnung Konrads von Hanstein vom

14· September, Moritz laufe 52 . Das

Gefahr, Land, Leben und Herrschaft zu verlieren längere

Ausbleiben

deckung

seiner

sich

der

Gleisenthals

Pläne befürchten

Tragweite

und

des

ließ "53

ihn

. Der

Risikos

eine

Ent-

Kurfürst

seines

war

Koopera-

tionsangebotes an Heinrich II. bewußt. Die Stimmung in Augsburg vermittelt ein Bericht Johann Friedrichs d.Ä. an seinen Kanzler Erasmus von Minckwitz^. Den Herzog erfüllte gesteigertes Mißtrauen, daß sich in die Ausgleichsversuche mit Moritz Herzog August und Markgraf Johann eingeschaltet hatten. Er vermutete "etwas sonderliche vnd Neues" und ein neues Bündnis, weil viele Fürsten dem Reichstag fernblieben. Denn die öffentlichen Erklärungen der kursächsischen Vertreter auf dem Reichstag zur Religion und zum Konzil^"* würden Moritz noch

Schwierigkeiten

bereiten.

Mit

dem

"Kauffman

so

85

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

bis here in bewustem geldhandel

zu thun gehabt"

meint

der Ernestiner vermutlich den französischen König.

In

der Tat hatte das klare Eintreten Kursachsens für ein allgemeines,

freies,

lassen und viel Johann

christliches

Zustimmung

Friedrich

erhalten,

verunsichert.

Damit

die traditionelle protestantische der

aufgenommen,

sondern

Konzil

auch

aufhorchen andere

wie

wurde nicht

aber

nur

Konzilspolitik

das

kaiserliche

wieReli-

gionskonzept von 1548 ernsthaft in Frage gestellt. Die Entscheidung für eine Koalition mit Frankreich zu mehr Distanz zum Kaiser

und

zu größerem

führte

Selbstbe-

wußtsein in der Reichspolitik. Ende September trat in der Magdeburger Frage eine

folgenschwere

Wendung

ein.

Mit

Truppen

von

abgebrochenen Belagerung der Stadt Magdeburg Herzog

Georg von Mecklenburg

im

Erzstift

erschien

und

schlug

die Magdeburger bei Hillersleben vernichtend. Vor Toren

der

geächteten

Heer, das jederzeit

Stadt

lag

für den

ein

Kaiser

gut

die

der

den

gerüstetes

Exekution

der

Reichsacht durchführen, seinen Befehlshaber in den Besitz Magdeburgs setzen und diesem Einfluß auf die Besetzung des vakanten erzbischöflichen Stuhls einräumen konnte. Wenn die Truppen dem Kaiser unterstanden, bildeten

sie

stände.

ein

Druckmittel

Moritz

abzuwenden. Spielraum

mußte

Nur

und

so

seinen

gegen

versuchen, bewahrte Einfluß

der Schlacht bei Hillersleben ein Treffen v o r ^ ,

unbotmäßige die

er in

drohende

seinen

Gefahr

politischen

Magdeburg.

schlug

Reichs-

Noch

er Herzog

in dessen Verlauf er die

vor

Georg

Übernahme

der Truppen vereinbarte. Georg trat in seinen am 2. Oktober Die Gefährdung auch

die

schworen seiner

Möglichkeit

die

Truppen

politischen beseitigt,

dem

Dienst, c7 Kurfürsten .

Pläne war daß

Georg

gebannt, mit

Truppen gegen seine Brüder zog. Die Verhandlungen

den mit

86

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

Frankreich konnten weitergeführt werden, nur mußte dem König erklärt werden, daß die wegen der Magdeburg

geführten Verhandlungen

mit

politische Wende bedeuteten. Durch

Truppen

Karl

V.

schnelles

vor

keine

Handeln

hatte Moritz das Heer vor Magdeburg für sich gewonnen. In die Unterhandlungen mit

Frankreich,

aber

auch

in

die Gespräche mit dem Reich wegen Magdeburg konnte er diesen

Machtzuwachs einbringen,

der

aber

gefährlich

wurde, wenn er ihn zur Exekution der mehrfach erneuerten

Reichsacht

gegen

die

Alte

Stadt

Magdeburg

ver-

pflichtete. Das Problem Magdeburg war weder ohne noch gegen Moritz zu lösen. Spätestens am 6. Oktober dachte dieser nicht mehr an einen Besuch des Reichstages

rg

.

Vor den "Klauen" des Kaisers warnten ihn nun auch die 59 Hessen . Die Magdeburger Ereignisse gaben zudem einen triftigen

Entschuldigungsgrund,

um

Sachsen

nicht

zu

verlassen. Ohne

den

kaiserlichen

Auftrag

abzuwarten,

der erst Ende Oktober im Feldlager vor Magdeburg eint r a f t , versuchte Moritz in den folgenden Wochen, die geächtete Stadt zu einem Vertrag zu bewegen. Für sein weiteres

Vorgehen

wäre

es vorteilhaft

gewesen,

wenn

diese Übereinkunft sowohl das Domkapitel und die Stände des Erzstifts, Karl V. und die Magdeburger zufrieden

gestellt

als auch den

kursächsischen

entsprochen hätte und wenn sie die Pläne

Interessen mit

Frank-

reich nicht berührt hätte. In mühsamen und zeitraubenden

Verhandlungen

versuchten

vor

allem

Beauftragte

Fürst Georgs von Anhalt, Albrecht Alkibiades, Joachim II., Markgraf Johann, Johann von Heideck, Berner, Graf Christoph von Oldenburg, der mecklenburgische Johann

Scheyring

bringen^*.

Die

u.a.,

einen

Stadt hielt

Ausgleich

alle

Kanzler

zustandezu-

Vorschläge

für

un-

annehmbar und hoffte auf Entsatz und Hilfe aus Nord-

87

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

deutschland. Ob Johann von Küstrin ernsthaft an einer Verständigung

interessiert

war,

bleibt

offen,

und seine Verbündeten mit französischer

da

er

Unterstützung

rechneten. So wird mancher Unterhändler weniger an einem

Vertragsabschluß

vielmehr

an

direkten

interessiert Gesprächen

gewesen mit

der

sein,

als

Stadt,

um

Magdeburg zu stärken. Solche Hoffnungen erfüllten Moritz mit Sorge, der glaubte, daß jene alles, auch seine antikaiserlichen Pläne, verderben würden^. Für die weitere Entwicklung erhielten seine Unterredungen mit ζ« Heideck große Bedeutung . Durch ihn bekam er Zugang zu

den

Interimsgegnern

blieb zunächst

in

Norddeutschland.

noch Truppenführer

Heideck

dieser Fürsten

Städte. Es gab aber wohl schon Absprachen,

die

und dann

vor Verden Anfang 1551 den Obersten im Entsatzheer für Magdeburg in albertinischen Dienst führten. Anfang

November

mit der französischen

kehrte

Antwort

Gleisenthal

nach Sachsen

endlich zurück^.

Der König erklärte sich zwar zur Hilfe bereit,

feste

Zusagen gab er jedoch nicht. Er wünschte genauere Angaben Uber die Verbündeten

des

Kurfürsten,

über

die

Stärke seiner Truppen, die finanziellen Mittel und die weiteren

Pläne^.

An

weiteren

Verhandlungen

zeigte

sich Heinrich II. interessiert, er wollte sich jedoch noch nicht binden, um so weniger als zu gleicher Zeit die norddeutschen ebenfalls

Fürsten um

umwarben^.

Im

Johann

Gegensatz

von

Küstrin

zu Moritz

ihn

konnte

der König abwarten. Mit der zweiten Absendung Gleisenthals hatte der Albertiner sich so weit vorgewagt, daß er eigentlich

nur

mit

Frankreich

seine

politischen

Absichten

erreichen konnte. Er mußte die Voraussetzungen für eine

positive

Entscheidung

in

Paris

schaffen.

Diesem

Ziel diente seine Politik seit September 1550, vor al-

88

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

lern auch in der Magdeburger Frage. Die Truppen Herzog Georgs

brachte

er an

sich,

da

es

ihn

nicht

"wenig

graust hat, es wurd ein trub wetter" über ihn "fallen von wegen der handelung, dorumb Gleis(enthal) aussen ήπ gewesen" · Er hatte vermutlich mit einer kaiserlichen Strafaktion

gerechnet.

Möglichkeit,

die

Mitte

Knechte

November

wieder

zu

sah

er

keine

entlassen,

weil

Karl V. jetzt auf die Exekution der Reichsacht hinarbeitete und Entschlüsse angekündigt hatte. Ohne französische Zusagen erschien es Moritz unklug, dem kaiserlichen Befehl nicht zu entsprechen. In diesem Sinne ließ er durch Christoph von Karlowitz in Augsburg Uber seine Bestallung als Oberfeldherr des Kaisers und des 68

Reiches gegen Magdeburg verhandeln . Sollte Moritz diese Funktion erhalten, so geriet er zwar in Zwielicht wegen seiner evangelischen Haltung, aber die politische Aufwertung kam ihm in den Verhandlungen mit Frankreich zugute. Allerdings mußte Heinrich II. versichert werden, daß er ernsthaft gegen die Stadt nicht 69 vorgehen

wolle

. Die

Übernahme

des

Oberbefehls

Kampf gegen Magdeburg entzog vorerst allen den

Boden,

verbündet,

der und

Kurfürst

habe

gestattete

sich

gegen

ungestörte,

im

Gerüchten den

Kaiser

nicht

unter

Zeitdruck stehende Unterhandlungen mit Frankreich. Er zeigte deutlich, auch wenn er es in Abrede welche Politik er bei schen

Allianz

einem

beabsichtigte.

Scheitern Für

die

der

stellte, französi-

Zeitgenossen

blieb es unverständlich, wie ein Fürst auf dem Reichstag gegen Interim und für ein wirkliches Konzil eintreten

und

zugleich

Magdeburg,

"vnsers

her

Gots

70 Cantzley"

,

Schlagwort

vom

rung. sehen

belagern

konnte.

"Judas von Meißen"

Das

ernestinische

erhielt

neue

Nah-

Diesen Zwiespalt, auch Moritz in seinen innenpoliti7 1 , nahm Auswirkungen bewußt in Kauf.

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

Trotz der Anwesenheit Herbst

des

Lazarus

1550 als kaiserlicher

von

Kommissar

Schwendi

89

seit

von Magdeburg

durchschaute Karl V. die Doppelstrategie des Albertiners nicht, die mit beitrug.

Der

Mut

zum Erfolg des zum

Risiko,

Fürstenaufstandes

taktisches

Geschick,

schnelles Handeln verhinderten, daß er sich nicht, wie er selbst befürchtete, "tzussen tzueien stulen" setzte? 2 . Nach der Rückkehr Gleisenthals wünschte Moritz dringend eine Aussprache mit Wilhelm von Schach73 ten und Bing sche

. Dabei hoffte er auch auf eine hessi-

Zustimmung

zu

seinem

Bündnisangebot

reich, denn Landgraf Wilhelm

hatte

an

zunächst

Franknur

für

seine Person Förderung zugesagt, aber wegen der Wichtigkeit und der ihm fehlenden

Regierungsverantwortung

eine Nachfrage bei seinem Vater angekündigt^. Dieser gab den bisherigen Versuchen, ihn freizubekommen, den Vorzug und hielt ein Zusammengehen mit Moritz nur für den Fall gerechtfertigt, wenn durch Bitten nichts erreicht

Kaiser mit Frankreich oder anderen 75 Krieg führen würde . Als letzte Möglichkeit billigte der gefangene Landgraf vorsichtig und verklausuliert ein militärisches Vorgehen. Aus anderen Äußerungen wissen wir, daß Philipp seinem Schwiegersohn nicht traute und ihn für unfähig hielt: Er mache nur "eitel wortt die kein waffe haben" und sei ein Werkzeug seiner Räte Georg von Komerstadt und .Christoph von Karlo76 witz

und

. Der

der

vom

Albertiner

enttäuschte

Landgraf

gab

eindeutig dem Fluchtunternehmen den Vorzug. Es verwundert nicht, wenn die Hessen keine besondere Eile zeigten und Moritz nochmals mahnen und drängen mußte. Er erinnerte an die dürren Blätter, die "kurcz aber lang 77 abfallen mechten" . Neben der Notwendigkeit, sofort und entschlossen zu handeln, steht hinter dem Bild die

90

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

Erwartung, daß Karl V. bald sterben werde.

Der

Kur-

fürst schärfte Wilhelm ein, "die ding so fil muglich" 78 zu fördern, denn jeder Verzug bringe Schaden . Die Ermahnung hatte Erfolg. Am 24· November erhielten die beiden Räte ihre Instruktion 79 , und am 2. Dezember meldeten

sie sich aus Großsalze bei Moritz, der ein 80 Treffen in Wittenberg ankündigte , das am 5· Dezember schließlich zustandekam. Die

hessische

Instruktion

enthielt

wenig

Neues. Sie entsprach der bereits erwähnten Antwort des inhaftierten Philipp. Seine Zweifel \ind Bedenken lassen sich deutlich an den Forderungen ablesen.

Dieses

Mißtrauen muß für den Kurfürsten wenig ermutigend gewesen sein, besonders das Verlangen, sich entsprechend der jedem

Verpflichtungen von 1547 in Haft zu begeben, um seine

Aufrichtigkeit

und

sein

ernsthaftes

Be-

mühen zu zeigen. Es ist schwer vorstellbar, daß Wilhelm

von

Schachten

und

Bing

in

dieser

Instruktion

ihren eigentlichen Verhandlungsauftrag sahen. Bei den Wittenberger

Beratungen - das Protokoll81Bings bestätigte Moritz am 6. Dezember in Leipzig - nahm der Albertiner

die

hessischen

Wünsche

höflich

zur

Kenn-

tnis. Dem Begehren, sich in Kassel zur Haft einzustellen, stimmte er zu, wollte sie aber bis zum Beginn der Empörung

gegen

den Kaiser

rechtfertigen.

Wenn

der

aufschieben,

Franzose

um

"recht

diese

den

zu

rappen

ruren und zum werck thun wolt", werde er sich einfinden. Der Tod des Kaisers, bis "die beid äugen zugehen", sollte für eine Befreiung Philipps nicht

abge-

wartet werden. Viel wichtiger war für Moritz ein Gedankenaustausch

mit

den Hessen

über

die

Magdeburger

Belagerung. Da die Hoffnungen auf einen schnellen Vertragsabschluß

sich zerschlagen

hatten,

versuchte

er

die Zwänge zu verdeutlichen, in die er durch die kai-

91

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

serliche Aufforderung geriet, den Oberbefehl zu Ubernehmen. Für ihn war noch nicht entschieden, ob er das Angebot

Karls

V.

ablehnen

oder

eine

zwei oder drei Monate annehmen Bindungen

Heinrich

schlaggebend

II.

sollte

sollte, um

unterstützen

der

Bestallung

Abschluß

auf

dann

ohne

zu können.

Aus-

der

Gespräche

mit

Frankreich sein. Moritz befürchtete, daß der Franzose ihm ausweichen und eher den norddeutschen Fürsten gegen ihn - vielleicht in Verbindung mit den Ernestinern - beistehen

könnte.

Mit

dem

deutlichen

Hinweis,

er

kenne seine Gegner, erklärte er den Hessen unumwunden, daß er nicht bereit sei, seine 1547 im Reich errungene Position schieben,

aufzugeben. lieber

Er

wolle

lasse er

sich

sich

nicht

dem

zur

Kaiser,

Seite seiner

Schwester Maria und seinem "schwärm" ganz unterwerfen, 82

damit er "ungefressen pleiben mug" Als weiteres Ergebnis der

Beratungen

liegt

der Text 8 1 eines kurfürstlichen Schreibens an Heinrich II. vor , dessen Weitergabe die Hessen zusagten. In ihm wich Moritz der Antwort auf die durch Gleisenthal übermittelten Fragen des Königs geschickt aus. Bis auf die Truppenstärke, die er mit 7000 Reitern und 30 000 Knechten

sehr

hoch

veranschlagte,

verschob

er

alles

auf eine persönliche Begegnung mit jenem. Von ihr erhoffte er sich offensichtlich endgültige Klarheit Uber sein Ansehen in Paris und die dort vertretene Politik gegenüber den um Beistand werbenden deutschen FUrsten. Außerdem ließ er Heinrich II. wissen, daß er nach Ablauf

seiner

sich

nach

dreimonatigen

den

inzwischen

Bestallung getroffenen

vor

Magdeburg

Vereinbarungen

richten werde. Mit

der

festen

Absicht,

die

Moritz

be-

drängenden Konfliktherde zu beseitigen und das allgemeine Mißtrauen gegen ihn abzubauen, kehrten Wilhelm

92

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

von Schachten und Bing heim. Am 15· Dezember berichteten sie Moritz mando

für

Uber

Philipp

ihr Vorgehen:

sei

unterwegs

Die Artikel zur Aussöhnung

Das in

Befreiungskom-

die

Magdeburgs,

Niederlande. die

ihnen

Mo-

ritz überstellte, hätten sie durch Berner in die Stadt geschickt.

Heinrich

von

werden,

um

Verhandlungen

stinern

wurden

Schachten

soll nachgesandt Q j anzubahnen . Mit den Erne8ζ

ebenfalls

Ein Bote Georgs

Verbindungen

von R.eckerodt

aufgenommen

forderte

keinen

Verzug

der Verhandlungen des Albertiners mit dein König. Daher sollte

er

sofort

"anderen Leuten"

einen

Gesandten

abfertigen,

um

zuvorzukommen^.

Die von Moritz hergestellte Verbindung schen

Befehlsgewalt

Frankreich zunehmend

sowie

vor

ihre

in Gefahr.

Magdeburg

zeitliche Die

im

und

zwi-

Absprachen

Reihenfolge

Königsberger

und über

unter

Ileidecks

dem Befehl

Bund

vereiEnt-

Graf

Volrads von Mansfeld 87 hatten . Die Nachrichten

aufgestellt

Truppenansammlungen

mit

gerieten

nigten Fürsten ruhten nicht, bevor sie nicht ein satzheer

den

in Mecklenburg

Städten Bremen und Verden verdichteten

sowie

in

den

sich. Ende No-

vember und Anfangund Dezember Moritz befahl davon an die Reichsstände an den berichtete Kaiser 8 8. Dieser am 16. Dezember den Ständen

des Ober-

tung

Niedersächsi89 sehen Kreises, jene Truppen zu zerstreuen . In Erwarverließ

dieser

Aufforderung

und

Moritz

mit

Albrecht

Alkibiades am 17· Dezember das Lager vor Magdeburg und zog

in Eilmärschen

Heinrich

bei

nach

Burgdorf

Norden. Am 20. stieß Herzog 90 zu ihm . Der Kurfürst sah zu

Recht in dem Heer im Stift Verden eine Bedrohung seiner politischen Zukunft. War es Teil einer breit angelegten Allianz unter Einschluß nicht nur Magdeburg

entsetzt,

st.iner

Kosten

auf

Moritz'

Frankreichs, sondern

restituiert

auch

so konnte die

Erne-

werden.

Daher

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

93

geriet der streitbare Albertiner unter Handlungszwang, wenn er nicht das 1547 Erreichte verspielen sollte. Er entschied sich weder für den Kaiser noch zum Eingehen oder zur Kapitulation vor den gegnerischen Fürsten und Städten. der

Mit

Kaiser,

suchte

seiner

Gewaltaktion,

albertinische

er,

die

Räte

militärische

von

Schwendi, 91 abrieten , ver-

ihm

Basis

der

des

Königsberger

Bundes zu zerschlagen. Ob er vor

dem Abmarsch

mit

ist

Heideck

in

Verbindung

Noch von Magdeburg tiver

Form

den

trat,

erläuterte

Hessen

zu

erneut

bezweifeln.

er vielmehr in ultima92 Position . Bitter be-

seine

klagte er das fehlende Vertrauen. Vorwurfsvoll schrieb er an Wilhelm von Schachten und Bing, ihm werde glaubhaft berichtet, das Verdener Kriegsvolk diene der Entledigung des Landgrafen und Heinrich

II.

beabsichtige

einen Angriff. Würde das stimmen, "wer es viel tausend gulden

wert,

das

ich

solchs

von

euch

wer

berichtet

worden." Würde das Mißtrauen nicht beseitigt, dann ge93 be Gott "dem Deutzland gutte nacht" . Moritz unterstrich seine Entschlossenheit,

nicht abzuwarten,

dern seinen Gegnern, sei es der Kaiser oder die dische

Opposition,

sich

mit

allen

Mitteln

zu

sonstän-

wider-

setzen . Dieser Brief wirkte in Hessen wie ein Alarmsignal.

Das

bisher

muhevoll

geknüpfte

Netz,

um

dem

Kaiser zu widerstehen, schien gefährdet. Die Empfänger wandten sich sofort an Reckerodt, um die 94 Verbindungen nach Frankreich nicht abreißen zu lassen . Sie versuchten, den Kurfürsten zu beruhigen, und bestritten, von den Hintergründen der Truppenansammlung bei Verden 95 zu wissen . Außerdem berichteten sie von der unverzüglichen Absendung Heinrichs von Schachten an Hei96 deck um vetrauen die Kriegsknechte und 97Moritz einen "verstand ,und ze pringen" . Mit inVerhandlungen

94

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

und

militärischem

militärische gewinnen ihm die

oder

zum Abzug

angestrebte

Interimsgegnern ohne

Druck

strebte

Konfrontation

Weiteres

die

Moritz

zu bewegen.

Verbindung

danach,

Verdener mit

Ein den

Kampf

hätte

sehr erschwert, wobei sein Sieg nicht feststand. 98

Vertrag zustande sondern

zu

norddeutschen

Am



Januar

1551

ihn

kam

ein

, der mit einem Schlag nicht nur die

militärische Situation zugunsten von Moritz te,

ohne

Truppen

an

die

Spitze

der

veränder-

antikaiserlichen

Opposition stellte. Die Fürsten um Johann und die Seestädte verfügten über keine Mittel fürsten

auszuschließen,

wenn .ihr

noch Erfolg haben sollte. Das galt

mehr,

um den

Vorhaben ebenso

überhaupt für

Frank-

reich. Moritz hatte sich innerhalb weniger Wochen einzig möglichen

Partner

unter

den

deutschen

profiliert. Wenn Heinrich II. weiter an ein gehen mit den unzufriedenen deutschen konnte

er

nur

mit

ihm verhandeln.

zum

Fürsten

Zusammen-

Ständen

Ohne

Kur-

die

dachte, Überzeu-

gungsarbeit Heinrichs von Schachten wäre dieses Ergebnis nicht möglich gewesen. Von Bedeutung ist auch, daß neben

Heideck

der

andere

Befehlshaber

der

Verdener

Truppen, Graf Volrad, ebenfalls sich von der

Aufrich-

tigkeit des Albertiners überzeugte. Bereits am 31· Dezember

1550 trat er99dafür ein, diesen sach" einzubeziehen Die ein

Kapitulation

persönlicher

Triumph

in die

der

Verdener

des

Kurfürsten

sichtbare Bestätigung seiner

politischen

In

er

kaiserlichem

Auftrag

war

nach

"gemein

Truppen und

ist eine

Fähigkeiten.

Norddeutschland

gezogen. Der Erfolg stärkte das Vertrauen des Reichsoberhauptes in den Albertiner und vermittelte Karl V. das trügerische Bewußtsein, in Moritz den geeignetsten Fürsten zum Oberbefehlshaber vor Magdeburg bestimmt zu haben. Die formelle Ernennung erreichte ihn am 11. Ja-

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

nuar noch vor Verden derte Fortbestehen

95

und unterstrich das unvermin-

der Magdeburger

Frage. Da Heideck

mit seinen Regimentern in kurfürstlichen Dienst trat, band Moritz nicht nur einen bedeutenden Befehlshaber, sondern auch wichtige Truppenkontingente an seine Person. Der Verdener Vertrag gab dem Kurfürsten seine politische Unabhängigkeit wieder zurück. Das zu gleicher Zeit bekanntgewordene Scheitern der Flucht Philipps*^ wies

Hessen

weiter

an

den

erfolgreichen

Kurfürsten.

Dessen Vertrauensverhältnis zu Wilhelm von

Schachten,

Bing und Heideck wurde zur Grundlage, auf der ein alle Gegner Karls V. umfassendes Bündnis entstand. gelang es, die Voraussetzungen Vorgehen

der

operierenden

bisher

für ein

nebeneinander

antikaiserlichen

gegeneinander -

Bund, Seestädte, Kursachsen und Hessen folgversprechende

einheitliches

und

Kräfte

Moritz

Königsberger

- und für er-

Gespräche mit Frankreich

zu

schaf-

fen. Darin liegt die eigentliche Bedeutung des Verdener Vertrages als Grundstein für den Erfolg des Fürstenaufstandes und als Abschluß an Frankreich

im Blick

auf

der

Annäherungsphase

die weitere

Vorbereitung

der reichsständischen Empörung unter Moritz von Sach10 2 sen im Frühjahr 1552

96

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

Akürzungen Abschr. Ausf. CChM

Dr Druffel

Entw. Μ Msb NASG PKMS

Wien

Abschrift Ausfertigung C. A. Cornelius, Churfürst Moritz gegenüber der Fiirstenverschwörung in den Jahren 1550-51· In: Abhandlungen der historischen Classe der Königl. Bayerischen Akademie der Wissenschaften 10 ( 1 8 6 7 ) S. 637-697· Staatsarchiv Dresden Briefe und Akten zur Geschichte des 16. Jahrhunderts mit besonderer Rücksicht auf Bayerns Fürstenhaus. Bd. 1-4= Beiträge zur Reichsgeschichte 1546-1555, hrsg. von August von Druffel. München 1873/1896. Entwurf Staatsarchiv Marburg Zentrales Staatsarchiv, Historische Abteilung Merseburg Neues Archiv für sächsische Geschichte und Alterthumskunde Politische Korrespondenz des Herzogs und Kurfürsten Moritz von Sachsen. Bd. 1: Bis zum Ende des Jahres 1543» hrsg. von Erich Brandenburg. Leipzig 1900 (Nachdruck Berlin 1982); Bd. 2: Bis zum Ende des Jahres 1546, hrsg. von Erich Brandenburg. Leipzig 1904 (Nachdruck Berlin 1983 ) ; Bd. 3 : Vom 1. Januar 1547 bis 25. Mai 1548, bearb. von Johannes Herrmann und Günther Wartenberg. Berlin 1978; Bd. 4: Vom 26. Mai 1548 bis 8. Januar 15 51> bearb. von Johannes Herrmann und Günther Wartenberg (in Vorbereitung). Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien

1 Dr Loc. 10 297: Interim und Handlung zu Meißen..., 339b-440a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 23. 2 Meißen, 4.7-1548, Msb: Rep 41 Nr. 3, Ausf.; PKMS 4 Nr. 23a. 3 Vgl. Hohnstein, 2.8.1548, Moritz an Johann (Msb ebda. Ausf.; PKMS 4 Nr. 23a). 4 Vgl. Ludwig Mollwo, Markgraf Johann von Küstrin. Hildesheim 1926, S. 2 11; Hans Kiewning, Herzog Albrechts von Preußen und Markgraf Johanns von Brandenburg Anteil am Fürstenbund gegen Karl V. Teil 1: 1547-1550. In: Altpreussische Monatsschrift 26 (1899) S. 629f. 5 Dr Loc. 7277: Magf. Johanns Händel mit Moritz 1548/53, 5a. Entw. Johann egh.; Druffel 1 Nr. 224;

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

97

PKMS 4 Nr. 117. 6 Möglicherweise ist so die Klage von Moritz gegenüber Johann zu verstehen, daß zwei Boten, die er in dieser Angelegenheit abfertigte, noch nicht zurückgekehrt sind; Dresden, 16.1.1549; Msb: Rep 41 > 2a, 14a, Ausf.; PKMS 4 Nr. 252. Über die Bündnisbemühungen des Kurfürsten muß am kaiserlichen Hof etwas bekanntgeworden sein, denn am 6.1.1549 berichtete Franz Kram von dem Gerücht, Moritz und Johann hätten sich mit den sächsischen Städten verbunden (Dr Loc. 8238: Magister Franz 1 Schriften... 1549, 8a-14a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 24a). Am 20.1. schreibt Kram, das Gerede über neue Bündnisse des Kurfürsten sei zur Ruhe gekommen. Zur älteren Literatur zu unserem Thema vgl. Karl Erich Born, Moritz von Sachsen und die Fürstenverschwörung gegen Karl V. In: Historische Zeitschrift 191 (i960) S. 18 Anm. lf.; außerdem: Jean-Daniel Pariset, Humanisme - reforme et diplomatic: les relations entre la France et l'Allemagne au milieu du XVIe siecle d'apres des documents inedits. Strasbourg 1981 ; Ders., La France et les princes allemands. In: Francia 10 (1982) S. 229-301. 7 Vgl. August von Druffel, Herzog Herkules von Ferrara und seine Beziehungen zu dem Kurfürsten Moritz von Sachsen und zu den Jesuiten. In: Sitzungsberichte der philosophisch-philologischen und historischen Classe der k. Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1 (1878) S. 322-331 . 8 Vgl. Torgau, 6.5.1549: Antwort des Kurfürsten Moritz an Heinrich Lersner; Μ PA 1019, 30a-35a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 317a; Simon Ißleib, Die Gefangenschaft Philipps von Hessen 1547-1552. In: NASG 14 (1893) S. 229-235. 9 Torgau, 17.4.1549, Wien: Saxonica 2a, 8lf. Ausf.; PKMS 4 Nr. 323a. 10 PKMS 1 Nr. 161. 103; vgl. Erich Brandenburg, Moritz von Sachsen. Bd. 1: Bis zur Wittenberger Kapitulation (1547). Leipzig 1898, S. 102-105. Zu den Beziehungen des Schmalkaldischen Bundes zu Frankreich vgl. Heinrich Lutz, Christianitas afflicta. Europa, das Reich und die päpstliche Politik im Niedergang der Hegemonie Kaiser Karls V. (1552-1556). Göttingen 1964, S. 62-64; Ders., Kaiser Karl V., Frankreich und das Reich. In: Heinrich Lutz, Friedrich Hermann Schubert, Hermann Weber, Frankreich und das Reich im 16. und 17· Jahrhundert. Göttingen 1968, S. 15-17; Stephan Skalweit , Die "Affaire des placards" und ihr refor-

98

11 12 13 14 15

16 17

18 19 20

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

mationsgeschichtlicher Hintergrund. In: Festgabe für Hubert Jedin zum 17. Juni 1965J hrsg. von Erwin Iserloh und Konrad Repgen. Teil 1, Münster 1965, S. 445-465; Pariset, Humanisme (Anm. 6) S. 39-70; Alfred Kohler, Die innerdeutsche und die außerdeutsche Opposition gegen das politische System Karls V. In: Das römisch-deutsche Reich im politischen System Karls V., hrsg. von Heinrich Lutz unter Mitarbeit von Elisabeth Müller-Luckner. München 1982, S. 118-122. Brandenburg (Anm. 10) S. 230-245· Zum Dienstvertrag vom 7 . 4 . 1 5 4 4 vgl. PKMS 1 Nr. 583; Brandenburg (Anm. 10) S. 274f. So durch Christoph Haller von Hallerstein, vgl. PKMS 1 Nr. 635. PKMS 3 Nr. 47f. Dr Loc. 8 0 8 6 : Frankreich oder französische Händel 1545/65, la. Ausf.; vgl. F. Joel, Herzog August bis zur Erlangung der Kurwürde. In: NASG 19 (1898) S. 147f. Born, Moritz (Anm. 6) S. 25f. Zu dem 14tägigen Aufenthalt Ferdinands in Kursachsen gibt es kaum Nachrichten in den Dresdener Akten; vgl. den Bericht des päpstlichen Nuntius in Prag, Marcello Cervini, an Alessandro Farnese, 20.8.1549 (Nuntiaturberichte aus Deutschland 1533-1549. Bd. 11: Nuntiatur des Bischofs Pietro Bertano von Fano 1548-1549, bearb. von Walter Friedensburg. Berlin 1915, S. 435-439) und das Schreiben König Ferdinands an Karl V., Prag, 21.8.1549; Druffel Nr. 330. Instruktion vom 15-8. (M PA 1023, la-6a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 423a) und die Antwort Moritz' vom 2 5 . 8 . (M PA 1020, 30a-32b. Ausf.; PKMS 4 Nr. 423). Annaberg, 25.8.1549, Moritz an Wilhelm (M PA 2759, 2a-3a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 423a). Dazu rückblickend im Bericht Heinrichs von Schachten vom I8.4.I55O (M PA 1039, 13a-15a; PKMS 4 Nr. 534; CChM 659-661).

21 V g l .

22 23 24 25 26 27 28

Μ

PA

1038, 6ab;

PKMS

4

Nr.

445a.

Zu

den

Ver-

handlungen im Dezember Μ ebda, 15a. l6a; PKMS Nr. 445a. So zuletzt Pariset, Humanisme (Anm. 6) S. 99· Μ PA 1038, 2a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 445Μ ebda, 6ab; PKMS 4 Nr. 445a. Vgl. Anm. 20. Μ ebda, 10a. Entw.; PKMS 4 Nr. 4 6 4 . Dr Kopial 220, 62a. Entw.; PKMS 4 Nr. 448a. Dr ebda, 29ab; PKMS 4 Nr. 448a.

4

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

99

29 Kassel, 25.1.1550, Μ PA 1039, la.Entw.; PKMS 4 Nr. 464a. 30 Μ ebda, 3a. Entw.; PKMS 4 Nr. 505· 31 Μ ebda, 4a. Ausf., Dresden, 3-3.1550; PKMS 4 Nr. 505a. 32 Μ ebda, 9a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 534a. 33 Dr Loc. 7281: Französische Verbiindnisse, 29a-35a. Entw.; PKMS 4 Nr. 522; Druffel 1 Nr 400. Zu den Gesprächen vgl. Johannes Voigt, Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach. Bd. 1, Berlin 1 8 5 2 , S. 2 0 7 - 2 1 0 . 34 Plassenburg, 27.3.1550, Dr ebda, 21a-28a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 523. Zum Königsberger Bund vgl. Kiewning, Herzog Albrecht (Anm. 4) S. 653-656, Pariset , Humanisme (Anm. 6) S. 116 Anm. 12. 35 Die Urkunde Nr. 11 4 0 6 . Ausf.; PKMS 4 Nr. 510. 36 Kassel, 4 . 4 . 1 5 5 0 , Dr Loc. 9144: Landgreffische Handlung... 1551 Nr. 8, 6a-9a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 531. 37 Dazu die Materialien für die Verhandlungen vom 2.-5.6.1550 in Dr ebda; PKMS 4 Nr. 557. 38 Vgl. Karl Hahn, Herzog Johann Wilhelm von Weimar und seine Beziehungen zu Frankreich. In: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertumskunde 26 (1908) S. 12f. 39 Vgl. Anm. 20. 40 Μ PA 1039, 25ab. 22a-23b. Entw.; PKMS 4 Nr. 535a. 41 Μ ebda, 22a; PKMS 4 Nr. 535a. 42 Ebda. 43 Μ ebda; CChM 66lf. 44 Μ ebda, 30a. Entw.; PKMS 4 Nr. 56Ο; CChM 662f. 45 Lochau, 7.7.1550, Moritz an Wilhelm von Schachten und Bing, Μ ebda, 31a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 560a. 46 Augsburg, I5.7.I55O, Dr ebda, 108b-114b. Abschr.; PKMS 4 Nr. 581; Druffel 1 Nr. 4 4 8 . 47 Dr ebda, 115a; PKMS 4 Nr. 582. 48 PKMS 4 Nr. 582 Anm. 1. 49 Dr Loc. 9143: Lg. Philipp zu Hessen Kapitulation... 3 1549/51, 80b-8lb; PKMS 4 Nr. 606 Anm. 1. 50 Μ ebda, 38a-39b. Entw.; PKMS 4 Nr. 604; CChM 663-665. 51 Μ ebda, 47ab. Ausf.; PKMS 4 Nr. 635; CChM 666f. 52 Μ ebda, 52ab. Abschr.; PKMS 4 Nr. 632. 53 Weidenhain, 24.9.1550, Moritz an Wilhelm von Schachten und Bing, Μ ebda, 49ab. 50a Zettel. Ausf.; PKMS 4 Nr. 642; CChM 668. 54 Dr Loc. 9142: Kf. Johann Friedrich Cust-odie 1550/52, 37a-41a. 42ab Zettel. Entw.; PKMS 4 Nr. 620.

100

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

55 U.a. Dr Loc. 10 189: Ein von D. Franz Kram... 1550, 28a-29a. Abschr.; PKMS 4 Nr. 596. Am 21.8. berichtete Kram an Komerstadt (Dr ebda, 95a-96a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 614), wie die Erklärung zum Konzil das Vertrauen von denen zum Kurfürsten gestärkt habe, die keine Erzpapisten seien. 56 Den Auftrag hatte Joachim von Gersdorf: Dr Loc. 9151: Magdeburgische Belagerung 2, 1550, 66a. 69a Ausf.; PKMS 4 Nr. 640. Dort auch ein Bericht Uber den Sieg Herzog Georgs (Dr Loc. 9153: Magdeburgische Sachen... bei Dr. Mordeisen 1550/51> 38ab. Abschr.). Vgl. Simon Ißleib, Magdeburgs Belagerung durch Moritz von Sachsen 1550-1551. In: NASG 5 (1884) S. l80f. 57 Leipzig, 6.10.1550, Moritz an Karl V., Wien: Kriegsakten 1, 83a-85b. Ausf.; PKMS 4 Nr. 664; Druffel 1 Nr. 498. Vgl. Ißleib (Anm. 5 6 ) S. l83f. 58 Moritz an Wilhelm von Schachten und Bing, Μ ebda, 59a-60a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 642a; CChM 668f. 59 Μ ebda, 55a-57a. Entw.; PKMS 4 Nr. 6 4 2 a . 60 Augsburg, 3· 10.1550, Dr Loc. 9151: Magdeburgische Belagerung 2, 1550, 308a-309a. Ausf., PKMS 4 Nr. 657. 61 Zu den Verhandlungen vgl. Ißleib, Magdeburgs Belagerung (Anm. 56) S. 190-201. 62 Μ ebda, 83a-84a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 733; CChM 67463 Ebda. Zur gleichen Zeit bat Moritz den König, beim Kaiser sich für eine Aussöhnung Heidecks einzusetzen, Wien: Saxonica le, Ausf.; PKMS 4 Nr. 737a. 64 Torgau, 7·11-1550: Moritz an Wilhelm von Schachten und Bing, Μ ebda, 79a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 666a; CChM 673. 65 Dazu das Antwortmemorial Moritz 1 an Heinrich II., 5 . I 2 . 1 5 5 O , Dr Loc. 7281: Französische Verbündnisse, 6 6 a - 6 8 b . Entw.; PKMS 4 Nr. 7 6 6 ; CChM 6 7 8 - 6 8 0 . 66 Dazu Pariset, Humanisme (Anm. 6) S. 102. 67 Μ ebda, 8 3a (vgl. Anm. 62). 68 Vgl. Ißleib, Magdeburgs Belagerung (Anm. 5 6 ) S. 211- 218 und das Material in PKMS 4. 69 Dr ebda, 68b (vgl. Anm. 6 5 ) . 70 Torgau, 12.11.1550: Valerius Krakau an Christoph von Karlowitz, Dr Loc. 10 188: Reichstagshändel 1550/55, 269a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 729. 71 Vgl. Julius Traugott Jakob von Könneritz, Weigerung der Leipziger Ritterschaft gegen Magdeburg zu ziehen... 1550ff. In: Archiv für Sächsische Geschichte 4 (1865) S. 123-166; Günther Wartenberg, Nachwirkungen des Bauernkrieges in der albertinischen Politik unter Moritz von Sachsen

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82

83 84 85 86 87

88

89 90

91

92 93

101

(1547-1551)· In: Jahrbuch für Regionalgeschichte 7 (1979) S. 249f. Μ ebda, 83b (vgl. Anm. 62). Μ ebda, 79a (vgl. Anm. 6 4 ) . Kassel, 9.10.1550: Wilhelm an Moritz, Μ ebda, 65a. Entw.; PKMS 4 Nr. 6 6 6 ; CChM 6 6 9 . Μ ebda, 72a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 666a; CChM 6 7 2 . Μ PA 1035, 172a; PKMS 4 Nr. 6 6 7 . Μ PA 1039, 79a (vgl. Anm. 6 4 ) . Μ ebda, 8la. Ausf.; PKMS 4 Nr. 733a. Μ PA 1040, 5a-6a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 753; CChM 6 7 6 . Μ ebda, 7a. Entw.; PKMS 4 Nr. 753a. Μ PA 1041, 11 a-12a. Niederschrift; PKMS 4 Nr. 753a. CChM 677f. So Wilhelm von Schachten und Bing an Georg von Reckerode, 22.11.1550, Μ ebda, 27a-28b. Entw.; PKMS 4 Nr. 790; CChM 682f. Vgl. Anm. 65. Μ ebda, 4a-5b. Entw.; PKMS 4 Nr. 766a; CChM 680f. Ebda: Kassel, lj .12.1550: Wilhelm von Schachten an Eberhard von der Thann, Μ ebda, 9ab. Entw.; PKMS 4 Nr. 766a. Μ ebda, 5b (vgl. Anm. 8 4 ) . Vgl. u.a. Himmelstedt, 10.12.1550: Markgraf Johann an Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg (Frankfurt/M. Bundesarchiv Außenstelle: Bestand Schwerin Aw 260 Nr. 117. Abschr.; PKMS 4 Nr. 797a); Quarz, 19.12.1550: Johann an Johann Albrecht (Francfurt ebda Aw 55, 930-941. Ausf.; PKMS 4 Nr. 797a). So Magdeburg Neustadt, 3 . 12.1550: Moritz und Kurfürst Joachim II. an Karl V. (Wien: Kriegsakten 15. Ausf.;PKMS 4 Nr. 792; Druffel 1 Nr. 536); vgl. Ißleib, Magdeburgs Belagerung "TAnm. 56) S. 206. 209f. Dr Loc. 10 189: Ein Buch von D. Franz Kram'..., 309a-310b. Abschr.; PKMS 4 Nr. 7 8 0 . Dazu der Bericht von Moritz über die Ereignisse vom i 7 . - 2 7 . i 2 . i 5 5 0 (Dr Loc. 9152: Etliche an Dr. Komerstadt... 1550, 40a-43a. Abschr.; PKMS 4 Nr. 783) · So Christoph von Karlowitz am 22.12.1550 ; Dr Loc. 10 l89: Summarischer Auszug... 1550, ll8a-124b. Ausf.; PKMS 4 Nr 792) und Schwendi am 23- 12. 1550 (Dr Loc. 9151 · Magdeburgische Belagerung 2, 1550, 636a-637a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 793). Μ ebda, H a b . Ausf.; PKMS 4 Nr. 7 6 6 a ; CChM 6 8 l . Μ ebda IIb. Schwendi vermutete Frankreich hinter der Truppenansammlung und bat Moritz mehrfach um Erkundigungen, so am 25.12. (Dr ebda, 643a. Ausf.;

102

94 95 96 97 98 99 100 101 102

Wartenberg, Moritz von Sachsen und Frankreich 1548 und 1550

PKMS 4 Nr. 795); 27.12. (Dr ebda, 639b. Ausf.; PKMS 4 Nr. 798); 30.12.1550 (Dr ebda, 638b. Ausf.; PKMS 4 Nr. 804). Kassel, 22.12.1550, Μ ebda, 27a-28b. Entw.; PKMS 4 Nr. 790; CChM 682f. Kassel, 22.12.1550: Wilhelm von Schachten und Bing an Moritz, Μ ebda, 15a-l6b. Entw.; PKMS 4 Nr. 794a; CChM 6 8 3 - 6 8 5 . Die Instruktion vom 23.12.1550 in Μ ebda, 22a-33b. Entw.; PKMS 4 Nr. 794; CChM 6 8 5 - 6 8 7 . Μ ebda, 16a (vgl. Anm. 95). Dr Loc. 9151 '· Magdeburgische Belagerung 2, 1550, 6l3a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 819. Graf Volrad an Heideck, Frankfurt ebda Aw 260 Nr. 137. Ausf.; PKMS 4 Nr. 797a. Augsburg, 27.12.1550, Dr Loc. 10 189: Summarischer Auszug... 155Ο, 140a-141a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 800. Am I I . I . I 5 5 I erreichte Moritz ein Brief Krams aus Augsburg vom 2.1., Dr Loc. 10 189: Summarischer Bericht... 1550, 159a-l63a. Ausf.; PKMS 4 Nr. 809. Zur weiteren Entwicklung bis zum Fürstenaufstand neben Born (Anm. 6) und Pariset (Anm. 6) besonders Simon Ißleib, Moritz von Sachsen gegen Karl V. bis zum Kriegszuge 1552. In: NASG 6 (1885) S. 210-250; Lutz, Christianitas (Anm. 10) S. 64-71; Gerhard Pfeiffer, "Christliches Verständnis" und "teutsche Libertät". In: Reformatio und Confessio (Festschrift für Wilhelm Maurer, hrsg. von Friedrich Wilhelm Kantzenbach und Gerhard Müller). Berlin 1965, S. 98-112; Kohler (Anm. 10) S. 125-127·

Albrecht Ρ Luttenberger

Libertät. Zur reichspolitischen Tragweite der Kriegspropaganda Frankreichs und seiner deutschen Verbündeten 1552

Es

ist

bekannt,

daß

Frankreich

in

seinen

BUndnis-

verhandlungen mit der deutschen Fiirstenopposition von Anfang

an

darauf

Rechtfertigung Kaiser

nicht

politischen

drang,

des von

daß

in

gemeinsamen

der Religion

Interessen

der

Begründung

Feldzuges und

den

gegen

und den

konfessions-

der Protestanten,

sondern

nur

von der Libertät und Freiheit der deutschen Stände die Rede

sein

Nenner

sollte, weil

zwischen

dem

sich

nur

so ein

gemeinsamer

"allerchristlichsten"

König

und

seinen protestantischen Verhandlungspartnern formulieren ließ* . Damit war für das Unternehmen gegen Karl V. eine rein politische Motivation behauptet, von der angenommen wurde, daß sie aufgestautes Kritik- und Beschwerdepotential geistlichen

bis

Stände

weit

in

die

aktualisieren

Reihen

und

auch

der

aktivieren

und

eine breite antikaiserliche Bewegung stimulieren konnte.

Der

vieler

angestrebte Reichsstände

Anschluß oder

doch

und

Konsens

zumindest

möglichst ihrer

vor-

nehmsten Vertreter sollte den Anspruch, im Namen und Interesse des Reiches zu handeln, wenigstens notdürftig legitimieren. Das war vor allem dann besonders

notwendig,

wenn man die verfassungspolitische Komponente des Libertätsbegriffes ernst nahm bzw. sich wenigstens den Anschein geben wollte, ihr

Rechnung

zu

tragen.

Denn

der Libertätsbegriff deckte ja nicht nur den Unmut und

104

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

die nationalen Vorbehalte ab, wie sie aus dem Umgang mit dem spanischen Adel am kaiserlichen den

Erfahrungen

mit

spanischem

tierten, oder die Querelen ministration,

auch nicht

mit

nur

Regierungsführung,

teresse

der

an

Handhabung

Reichsinstitutionen

und

Kriegsvolk

der

Mißstände

sondern auch

und

damit

resul-

kaiserlichen

einzelne

kaiserlichen

Hof oder aus

das

Funktionsweise

verbunden

an

Adder Invon

Möglich-

keiten ständisch inspirierter Reformen. Mit ihm ließ sich ein reformpolitischer

Vorstellungshorizont

asso-

ziieren, der offen war für die Rückbesinnung auf die Tradition

ständischer

Reichsreformbestrebungen.

Der

Libertätsbegriff tangierte also nicht zuletzt auch in einem allgemeineren Sinne die reichspolitische frage nach der Einfluß- und Machtverteilung

Grund-

zwischen

Kaiser und Ständen und verwies so über aktuelle Konflikte und punktuelle Fragen hinaus auf eine allgemein reichspolitische Dimension. Dabei ist allerdings zu beachten, daß der Libertätsbegrif f nicht

starr

kungen in der inhaltlichen

fixiert,

sondern

Schwan-

Schwerpunktbildung

unter-

worfen war. Diese konzeptionellen Unterschiede

können

sich auf zweierlei Weise ausdrücken, einmal in der Zusammenstellung der ständischen Gravamina und zum anderen in der Einschätzung des verfassungspolitisch verfügbaren Handlungsraumes der Stände gegenüber dem Kaiser. Diese Unterscheidung scheint gerade für die Analyse der Libertätspropaganda und -diskussion des Frühjahrs 1552 und ihrer etwaigen reformpolitischen

Kom-

ponenten sinnvoll und nützlich. I Der schmale Gravaminakatalog, den Heinrich II. in sein

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

Ausschreiben Verständnis

aufnahm, von der

Libertätsbegriffes. von

vermittelt

Genannt

Reichsterritorien

Manipulation

des

kein

französischen sind

durch

Karl

zureichendes

Interpretation nur

Kammergerichts

105

die

V., und

des

Entfremdung

die des

einseitige Reichstages

durch die habsburgischen Brüder und einige Punkte, die die lich für

Beziehungen

Frankreichs

das Verbot

des

ausländische

Gesandter

vom

zum Reich betrafen,

Kriegsdienstes

Mächte,

der

Reichstag

und die 2 sischer Diener durch Karl V. . Aufschlußreicher politischen

sind

Konzeptionen

französischen

Hof

zur

Machtposition

im Reich

und

deutscher

Ausschluß

Verfolgung

Strategien,

entwarf,

Söldner

französischer

im Vergleich

Auflösung

der

z.T.

näm-

franzö-

dazu

die

die

man

am

habsburgischen in die

Verhand-

lungen mit den Kriegsfürsten einbrachte, z.T. in eigener

Regie

kennbar.

erprobte. Zum

einen

Dabei

sind

ging

es

zwei

Grundmuster

Frankreich

Stände von der habsburgischen

er-

darum,

die

Führung abzukoppeln.

So

war schon früh von 3 der Wahl eines nicht-habsburgischen Kaisers die Rede . Im November 1551 empfahl der König, die

deutschen

Verbündeten

sollten

in

Oberdeutschland

die vom Kaiser eingesetzten Stadtmagistrate und vertrauenswürdige

Leute einsetzen, allen

und alles Wohlwollen gegenüber dann

"une

souldre

et

diette" faire

abschaffen

dem Kaiser

einberufen, conclure

"pour

tout

ce

en

Gehorsam

beseitigen, icelle

qu'ilz

re-

jugeront

estre necessaire au dommaige dud. Empereur"^.

Im März

1552 regte Fresse dann offenbar an, die Stände von ihrem eine

dem

Kaiser

neue

schreiben Schutz

und

geleisteten

Obrigkeit gegebene Schirm

zu

zu entbinden

verpflichten^.

Zusage, zu

Eid

die

nehmen^,

Die

und im

Geistlichen

hatte

Zweck, den Verdacht proprotestantischer

nicht

auf Aus-

unter

nur

den

Parteilichkeit

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

106

nicht aufkommen zu lassen, sondern auch den Sinn, die besondere

Loyalität der geistlichen

Stände

gegenüber

dem Kaiser zu erschüttern. Frankreich wollte also die Stände freisetzen zur Neuordnung der politischen Führung im Reich. Damit die Entwicklung der Dinge nicht der

französischen

Kontrolle

entglitt,

sollte

das

Bündnis entsprechend den wohl in Friedewald von Fresse gemachten Vorschlägen organisatorisch gestrafft und in staatsrechtlich relevanter Weise so ausgebaut daß

die

Führung

eindeutig

beim

werden,

französischen

König

7

lag . Die Heinrichs

zweite

II.

erkennbare

zielte

politische

bekanntlich

darauf

Strategie ab,

einen

Schutzbund mit den rheinischen Kurfürsten, Lothringen, Metz,

Toul, Verdun,

bilden,

ohne

Speyer,

ansonsten

an

Worms den

und

Straßburg

Rechts-

und

zu

Verfas-

sungsverhältnissen des Reiches und der Territorien etwas ändern zu wollen. Zur Realisierung dieses

Planes

lud der französische König die rheinischen Kurfürsten g

zu einer persönlichen Zusammenkunft ein . Dieser Versuch, nach

die Verbindung Oberdeutschland

der und

habsburgischen Italien

Niederlande

abzuschneiden,

ist

tendenziell der oben beschriebenen Strategie verwandt. Es war Frankreich darum

zu tun, das Reich oder doch

umfängliche, geopolitisch wichtige Teile aus dem habsburgischen Herrschaftssystem herauszulösen. Die Frage, inwieweit

dabei

sionspolitik, Chambord

auch

Überlegungen

die eventuell

über

auf das

zugestandene Reichsvikariat

im

eine

Vertrag

Verdun

werden

muß

eine

Rolle

spielten,

von

und auf den Be-

sitz der drei Städte Metz, Toul und konnte,

Expan-

gestützt

hier

nicht

verfolgt werden. Im gegebenen Zusammenhang ist lediglich festzuhalten, daß in französischer Sicht die propagandistisch

versprochene

Wiederherstellung

der

Li-

107

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

bertät

die

sition

im

Vernichtung Reich

ständischer extremer

der

habsburgischen

bedeutete.

Automonie

Dabei

war

unterstellt,

Überdehnung

der

ein

wie

reichsintern

relevanten,

Implikationen

nicht eigentlich

zur Entfaltung.

raschen,

daß

an bei

wurde so zwar für

reform-

sungspolitischen

nur

konstruiert

die Bedürfnisse französischer Machtpolitik seine

Ausmaß

es

Libertätsidee

werden konnte. Der Libertätsbegriff

Machtpo-

verwendbar, und

gelangten

verfas-

dabei

Es kann

aber

nicht

über-

die

französische Libertätspropaganda im 9 Reich unglaubwürdig wirkte . Von ihr konnte kein nachhaltiger politischer stände,

die

Impuls auf die Masse der Reichs-

gewonnen

werden

sollte,

ausgehen.

man hinzu, daß sich der französische König

Nimmt

religions-

politisch nicht engagieren wollte, so war es sachlich durchaus logisch, daß er von den Versuchen zur der reichspolitischen Konfliktproblematik

Lösung

ausgeschlos-

sen blieb. Die

Weichen

dafür

wurden

bekanntlich

schon

früh gestellt. Mit der Zusage, Verhandlungen mit König Ferdinand

aufzunehmen,

und mit

der

Annahme

des

mittlurigsangebotes der rheinischen Kurfürsten und derer des

neutraler

brachte

Libertätsproblems

französischen Fresse

Kaiser

Gleiches

auf

daß

die

verhandlungsauch

von

und

ihm

die

Weg,

weit

rechtfertigte

damit,

Moritz

einen

Vorstellungen

gegenüber

bereitschaft der

Stände

er

von

wegführen

den

mußte.

Gesprächs-

Reichsstände,

wenn

kompromißbereit

erwarteten^".

an-

Behandlung

der

seine

Ver-

sich

zeigte,

Damit

war

mittelbar auch die Einsicht zum Ausdruck gebracht, daß das

angenommene

Libertätsinteresse

der

Reichsstände

nicht auf Radikallösungen zielte und keinesfalls einen Umsturz der Führungsverhältnisse im Reich intendierte. Moritz

wußte,

daß

im

Verständnis

der

Stände

der

108

Luttenberger,

Die Kriegspropaganda

Libertätsbegriff die

viel

französische

Verlauf

seines

Frankreichs

enger

1552

definiert

Seite wahrhaben

Gespräches

mit

war,

wollte.

Fresse

als

Im

dies

weiteren

machte

er

denn

auch unmißverständlich deutlich, daß er den Vorschlag, die Reichsstände ihrer dem Kaiser geleisteten Treueide zu entpflichten und sie einer neuen Obrigkeit schwören zu lassen, nicht für realisierbar hielt. Für den Fall allerdings, daß der Kaiser sein Wort brach, stellte er die Aufkündigung jeden. Gehorsams in Aussicht. Das vorgeschlagene ewige Freundschaftsbündnis zwischen Frankreich und dem Reich konnte dafür den nötigen bieten.

Der

französische

König

sollte

Rückhalt

sich

also

mit

der Rolle eines verbündeten Garanten etwaiger vertraglicher Abmachungen zwischen Karl V. und der

deutschen

Fürstenopposition

vorrangig

seine Interessen

begnügen

im

übrigen

in Italien und Lothringen

Die Überlegung, durch Machtpotential

und

Karls

ein V.

Bündnis mit

verfolgen.

Frankreich

auszubalancieren

und

so

das den

politischen Bewegungsspielraum der Reichsstände zu sichern, läßt sich beim sächsischen den Mai

1552 belegen. Wie

ernst

Kurfürsten noch für sie wirklich

gemeint

war, wird schwer zu entscheiden sein. Jedenfalls war schon in Linz die Entscheidung für eine alternative dort

vorgeschlagen,

Kurfürsten

und

Streitfragen teln

zu

können". Gremium

einige

Damit

und war

Aussicht

Ferdinand,

Fürsten

auf einem

lassen, in

Strategie gefallen. Moritz König

neuen

den

sich

damit

einigermaßen

genommen,

das

hoffen,

die

Verbindlichkeit

chern, ohne daß das für

die

diese von

vermit-

durchsetzen

repräsentatives die

reichspolitischen Verhandlungsergebnisse sen und mittragen konnte. Auf

die

anstehenden

Verhandlungstag

hatte

ein

in

hatte

Maximilian,

angestrebten mitbeeinflus-

Weise

konnte

Abmachungen

kaiserliche

zu

Politik

man sigün-

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

1 09

tagspolitik in ihrem Stil und ihrer Taktik, also nicht eigentlich formen, spruch

auf

verfassungspolitisch

sondern und

nur

auf

Regierungsführung

des

Aufs Ganze gesehen, d.h. wenn

man

Beschneidung

der

mergerichts

in

grundlegende

Veränderungen,

institutionellen Streitsachen,

was

Kaisers die

Forderung

Kompetenz

die

Re-

Machtan12 betraf nach

des

Kam-

Fürstentümer

und

Grafschaften betrafen, außer acht läßt, ging es um die Wiederherstellung lungsräume,

und

nicht um

Sicherung

deren

ständischer

Ausweitung

in

neue

HandKompe-

tenzbereiche. Das gilt auch für die Forderung nach Erlaubnis zu freiem Kriegsdienst. Denn deren Brisanz lag vornehmlich

in

strukturellen

dem

nie

Problem

ganz der

befriedigend

gelösten

Unterscheidung

zwischen

habsburgischer Hausmacht und Reich und den Interessendefinitionen. macht-

und

Der Kaiser

Reichsinteressen

in

zugehörigen

neigte dazu,

eins

zu

Haus-

setzen.

Auch

hier konnte wie in den anderen Beschwerdekomplexen

aus

ständischer Sicht mit einigem Fug eine Störung der Balance im Verhältnis

des

zum Reich behauptet die

Ergebnisse

Karls

Krieg

werden.

der

gegen

Kaisers

und

seiner

Regierung

Dabei hatte man vor

jüngeren Jülich,

Entwicklung,

besonders

aber

allem

etwa

seit

seit

dem

Schmalkaldischen Krieg im Auge. Diese Entwicklung hatte das monarchische

Element

den Augenblick gestärkt. spanische

Sukzession

in

der

Reichsordnung

Dies und die Bemühung um

meinte

man

vor

von der "Monarchie" sprach, die Karl

allem,

wenn

für die man

anstrebe.

II Ob die Libertätspropaganda sierungsbewegung konnte,

hing

unter

naturgemäß

eine nachhaltige

den davon

Reichsständen ab,

auf

Solidariauslösen

welche

poli-

110

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

tische Bewußtseinslage sie traf. Man wird dabei nicht außer acht lassen dürfen,

daß viele

der

aufgeführten

Gravamina nur bestimmte, z.T. kleinere Gruppen, mithin Sonderinteressen betrafen. Wichtiger aber war zweifellos, daß im Verständnis der Masse der Reichsstände der Friedenswahrung

eindeutige

tätsproblem

zukam.

Rechnung

stellen,

zu

Priorität

Daneben daß

lichen Regierungsführung

ist

die

vor

zusätzlich

Kritik

nicht

dem

an

Liberauch

der

allenthalben

chen Maße verbreitet, graduell verschieden

in

kaiserim

glei-

ausgeprägt

bzw. akzentuiert war. In den Äußerungen und in der Politik

etwa

der

schofs von

geistlichen - Kurfürsten

Würzburg

finden

sich

keine

ein eigenständiges Problembewußtsein 13 bertätspropaganda verlor

sein

. Und

Herzog

anfänglich

oder

Bifür

im Sinne der Li-

Albrecht

lebhaftes

des

Anzeichen

von

Interesse

Bayern an

der

eine

in-

Gravaminadiskussion schon im M a i ^ . Andernorts haltliche

kam

erst nach

Beschäftigung

mit

und

dem

nach

Libertätsproblem

in

Gang oder wurden Ansätze, die bereits vor der FUrstenrebellion

angelegt

waren,

intensiviert.

Für

Herzog

Christoph von Württemberg spielte das Libertätsproblem lange eine durchaus untergeordnete andere Neutrale

auch, behandelte er die Gravamina

nächst so, als

seien

sie lediglich

Kriegsfürsten,

nahm

inhaltlich

mochte

sich

äußern'^.

Rolle. Ähnlich wie

im

übrigen

nicht

nur

Im Mai akzeptierte

Angelegenheit

zu

er

Stellung

zuder und

Verfahrensfragen

zwar

die

von

Jülich

vorgelegten Beschwerdeartikel als Diskussionsgrundlage für

Passau,

verraten, digkeit

die

seine

Randnoten

obgleich meist

einer

abwägende fahr,

aber

zu

zustimmend

Behandlung einräumend,

Zurückhaltung

und die

Libertätsidee

diesem

bzw. eine

Einsicht

politisch

über

die

Katalog Notwen-

vorsichtig in

die

Ge-

Gebühr

zu

111

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

strapazieren. Das Desinteresse an den Fragen, die das Verhältnis der Niederlande zum Reich betrafen, mag ein Indiz für die Regionalität

reichspolitischen

Denkens

sein, das am ehesten diejenigen Probleme in ihrer allgemeinen

Bedeutung

zu

erfassen

vermochte,

die

der

regionalen Erfahrung erreichbar waren. Der mehrfache, freilich nicht immer sachgemäße Verweis auf die Goldene Bulle belegt immerhin das Bewußtsein, sich innerhalb der Legalität der verfassungspolitischen Gegebenheiten zu bewegen^. Ausgeprägter

als

bei

Württemberg

oder

gar

Bayern war das Libertätsbewußtsein Herzog Wilhelms von Jülich. Noch vor Beginn der FUrstenrebellion hatte er versucht,bei

Pfalz

eine

Diskussion

über

reichspoli-

tische Gravamina zu initiieren. Dabei war neben religionspolitischen von Beschwerden der

Handhabung

Fragen

und

gegen das der

partikularen

Kammergericht

Münzordnung

Schwächung der Reichskreise

die

Rede.

Interessen und

auch

Vorhaltungen

zu

machen

im Reich "der

wegen

von

In der

sache aber ging es Jülich darum, den Kaiser samer Friedenssicherung

-

der

Haupt-

zu wirk-

zu bewegen

und

ihm

vilveltigen

reichstage

halb, darauf uberstimbt, höchst erschepft

und nichtz

als schulden und steur ervolgte, damit man nit vast 17 wilkom haim kerne" . Jülich hoffte, diesen Beschwerden auf politischem Wege abhelfen zu können. Der geplante Bund

zwischen Pfalz, Württemberg, Bayern, Jülich und

anderen sollte sich dafür mit Nachdruck einsetzen. Wie sich die Vorstellungen Jülichs unter dem Eindruck

der

ohne freilich

Libertätspropaganda

ihre spezifische Prägung zu verlieren,

zeigen die Artikel, die Jülich handlungen

weiterentwickelten,

einbringen

wollte

in die und

im

Passauer Mai

1552

Verdem

pfälzischen Kurfürsten zur Kenntnis brachte. In ihren

112

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

politischen

Teilen

Forderungen

liefen

hinaus:

diese

Artikel

Sicherung

auf

"des

folgende

friedens

und

gleichmessig rechtens", Reform und Visitation des Kammergerichts, gen

Abschaffung der Beschwerungen, die

Ständen,

seien,

insbesondere

freies

weltlichen,

Versammlungs-

und

eini-

widerfahren

Beratungsrecht

der

weltlichen Stände zur Verständigung untereinander Reichstagen, Vorkehrung gegen Ma jorisierung der lichen

Stände

quartierung einem

durch

von

keine

im Reich,

ohne

und

keine

Zustimmung

Verwendung

kein

geistlichen,

Kriegsvolk

Territorium

rigkeit,

die

der

welt-

keine

Ein-

Werbungen jeweiligen

ausländischen

militärisches

Vorgehen

auf

in Ob-

Kriegsvolkes

im

Reich

ohne

Einhaltung des ordentlichen Rechtsweges, keine Achterklärung gegen Kurfürsten oder Fürsten ohne Mitwirkung standesgleicher

Personen,

Entscheidungsverfahrens

entsprechende

für

sprechende Regulierung des

solche

Ordnung

des

Achtfälle,

ent-

Exekutionsverfahrens,

ordnung der wirtschaftlichen und politischen

Neu-

Beziehun-

gen der Niederlande zum Reich, keine Konfiskation Untertanenbesitz keit

und

des

Deutschen ' für Vermeidung sieht,

auch

von

unter Umgehung der jeweiligen

Rechtsweges,

freier

von

Obrig-

Kriegsdienst

der

ihre

Obrigkeiten und Lehnsherrn unter 18 Unruhen . Manches blieb, wie man

hier

noch

ziemlich

allgemein.

Immerhin

wird aber die schwerpunktmäßige Absicht erkennbar, die politische Macht

und

auf ein

militärische niedrigeres

Entfaltung

Niveau

ständische Kontrolle zu verstärken

kaiserlicher

zurückzuführen, und

die

der

burgischen Hausmacht förderliche Tendenz zur ständigung Das Problem

der

Niederlande

"Reichsordnung

vom -

Reich

zu

die

habs-

Verselb-

revidieren.

kaiserlich-habsburgische

Machtpolitik" wollte Jülich durch eine stärkere

Regu-

lierung der kaiserlichen Machtausübung lösen, weil die

113

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

sonst

möglichen

bungen

in

bzw.

ständischer

bereits

beobachteten

Verschie-

Sicht

Irregularismen

und

emp-

findliche Störungen des Reichsgefiiges und seiner

Ord-

nungskraft

bedeuteten.

Daraus

folgte

nicht

zwangs-

läufig der Ausschluß des Kaisers vom Reich, wohl der Versuch, den Kaiser in wichtigen

Punkten

Kooperation mit den Ständen, die dabei als den kationen der Reichsverfassung

adäquates und

aber

auf

die

Impli-

konformes

Handlungsmuster verstanden wurde, zu verpflichten bzw. die ständische Position innerhalb dieses Kooperationsverhältnisses

durch

Präzisierung

zu

klänge an die Tradition ständischer

sichern.

Die

An-

Reichsreformpoli-

tik sind deutlich. Auch die kurpfälzische Position in der Libertätsfrage gewann im Laufe des Frühjahrs

1552 merklich

an Profil und deutlichere Konturen. Am 8. Februar hatte Kurfürst über

die

Friedrich auf die

reichspolitische

Bitte

Lage

dem

um

ein

Gutachten

Kaiser

zu

einer

entschiedenen Befriedungspolitik geraten, die bewirken werde, daß "der gehorsam also merer aus rechter dann

von

forchte

Entgegenkommen durch

die

erlangt

gegenüber

Beschleunigung

Administration

und

durch

wurdt". den der die

Durch

liebe

wohlwollendes

Anliegen

der

Stände,

Geschäftsführung Respektierung

seiner

der

Ehre

deutscher Fürstenhäuser werde der Kaiser sich Gehorsam und Anhang sichern und

"so vil mehr

einbrunstiglichen

geliebet werden, dardurch die auslendischen

praktiken

verhindern und viel einfallenden beschwerungen wole 19 verhüten" . Bemerkenswert erscheint hier vor allem: Die Betonung der Bedeutung des politischen

Vertrauens

- hier ist besonders die gewählte Diktion zu beachten - schob die personalen

Elemente des

reichspolitischen

Beziehungssystems in den Vordergrund. Die der

reichspolitischen

Problemlage

wurde

Bewältigung in

der

Her-

114

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs

Stellung

eines

von

Friedfertigkeit

vollem Wohlwollen geprägten zwischen

Kaiser

1552

und

und

verständnis-

väterlichen

Reichsständen

Verhältnisses

vorgestellt.

Das

Problem der Macht blieb unberührt. Dazu paßt, daß der Kurfürst Kritik

auf

die

Jülichs

Anfang

an der

März

vorgetragene

kaiserlichen

sachliche

Reichspolitik,

Kammergericht, an der niederländischen Regierung 20 ausweichend, z.T. ablehnend reagierte Im April

am

etc.

1552 hörte man dann allerdings

ganz

andere, schärfere Töne in Heidelberg. Man war sich im kurpfälzischen

Rat

gierungsführung

einig,

durchaus

daß

die

Anlaß

zu

kaiserliche

Re-

berechtigten

Be-

schwerden der Stände gab, und erinnerte sich gar, daß der

pfälzische

Kurfürst

auch

"Judex

Caesaris"

sein

könne. Man entwarf allerdings kein eigenes detailliertes

Libertätsprogramm,

pauschaler

beließ

es

vielmehr

Kritik und war ausschließlich

lung festgelegt, die voraussetzte,

bei

auf Vermitt-

daß der

Kaiser

zu

den Gravamina der Kriegsfürsten 21 konkret Stellung nahm, also als Partei gehört wurde . Noch im Mai läßt sich eine

deutliche

beobachten, Gabriel

wenn

Arnold

legungen

Neigung auch

vorsichtiger

die

Beratungen

vorgetragenen

erkennen

Heidelberg

zu

eine

lassen,

durchaus

unter

Initiative

daß

manche

positive

den

überhaupt

anderen

gegebenen darüber

über

Resonanz Punkten

überlassen

von Über-

Gravamina

oder

in

fanden. die hielt

poes

Umständen

zu

nicht für opportun, 22 verhandeln . So artikulierte

sich zwar ein deutliches reformpolitisches aber

die

reichspolitischen

Allerdings wollte man in den meisten litische

Zurückhaltung

für die Gestaltung des Passauer

Interesse,

Verhandlungspro-

grammes sollte dies nicht unbedingt maßgeblich gemacht werden.

Die

Furcht vor

Friedensvermittlung

einem

bestimmte

Scheitern die

der

Grenze

Passauer

des

Enga-

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

115

gements für als durchaus wünschenswert, auch notwendig erkannte Reformmaßnahmen. Dies ergänzen:

ist

Kurpfalz

durch

eine

begriff,

zweite

wie

Beobachtung

die

zu

Instruktion

für

den Passauer Tag zeigt, das Libertätsproblem als stabilitätspolitische Aufgabe, deren Bewältigung nicht in der einseitigen Sicherung ständischer

Freiheiten

be-

stehen konnte, sondern auch gebührende Rücksicht

auf

die Wahrung der kaiserlichen Autorität

verlangte.

Es

kam dabei vor allem darauf an, die Hindernisse zu beseitigen, die wechselseitigem Vertrauen

entgegenstan-

den. Dabei war ein konstruktives Verhalten des Kaisers eingerechnet.

Deshalb war man

auch, was

die

Verfah-

rensfrage anging, offen. Die Gravamina sollten entweder auf einem Reichstag Vermittler

erledigt

oder durch Entscheidung der 23 werden . Es bestand jedenfalls

bezeichnenderweise kein Interesse, die augenblickliche Notlage des Kaisers auszunutzen.

Dies läßt sich auch

daran ablesen, daß sich in Cannstatt, wo die nach Passau abgefertigten Gesandten der Kurpfalz, Württembergs und Jülichs am 25. Mai zu einer Art Vorkonferenz sammentrafen, die Auffassung durchsetzte, mina

seien

zurückzustellen,

erledigt werden und seien O J zeitten" zu verschieben

könnten

in

die

Grava-

Passau

"zu andern mehr

zu-

nicht

gelegnem

. III

Für

die Verhandlungen

in Passau

sind

zunächst

zwei

Punkte festzuhalten: Zum einen vertraten die Passauer Vermittler von Anfang an die Auffassung, daß

an

der

Sicherung der Libertät die Wohlfahrt 2 ί der deutschen Nation "zum höchsten" gelegen sei . Damit war klargestellt, daß sich die Libertätsfrage nicht, wie dies

116

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

anfänglich meist geschehen war, nur als Gegenstand des Streites

zweier

Parteien,

der

KriegsfUrsten

und

des

Kaisers, behandeln ließ, sondern daß sie als zentrales, allgemein reichspolitisches Anliegen

aufzufassen

war. Zum anderen legte Moritz in Passau einen modifizierten unter

und

erweiterten

anderem

die

Gravaminakatalog

verfassungs-

und

der

vor,

reichspolitische

Rolle und Position der Kurfürsten, die Amtsführung der kaiserlichen

Administration,

Reichstages,

das

Karls

V.,

das

die

Verhältnis

Bezugssystem

Funktionsweise

des

Reich-Herrschaftssystem Kaiser-Territorialobrig-

keit-Untertanen und die geltende Kammergerichtsordnung tangierte^. Damit war in einem weitergreifenden Sinn als in den Ausschreiben eine Option auf Reformen von hoher

allgemein

reichspolitischer

Relevanz

So stellte sich aus einem doppelten Grund

eröffnet. die

Frage

nach der gesamtreichspolitischen Kompetenz zur Behandlung solcher Fragen. Die Passauer Vermittler zeigten sich in diesem Punkt wenig skrupulös

und

tagsverfahren

als

kurzerhand

verwarfen zu

das

Reichs-

umständlich.

Sie

schlugen vor, daß nach Wiederherstellung des Friedens den Beschwerden durch Ferdinand, Maximilian und die in Passau

beteiligten

Stände

abgeholfen

werden

sollte.

Ferdinand konnte dann noch durchsetzen, daß der Kaiser in denjenigen Punkten, die ihn nicht unmittelbar

be-

trafen,

daß

beteiligt

sein

sollte.

Die

Zusicherung,

der Kaiser einen deutschen Hofrat bestellen, die deutschen

Angelegenheiten

nur

von

Deutschen

behandeln

lassen und im übrigen sich die Erhaltung der deutschen Libertät angelegen sein lassen werde, erleichterte den 27

Ständen zweifellos ihre Nachgiebigkeit immerhin wahrt,

noch und

ein gewisser mit

der

. So war denn

kaiserlicher

Beteiligung

Einfluß

Ferdinands

geund

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

Maximilians

schien

diskussion nicht

gewährleistet,

daß

die

117

Libertäts-

in eine rein ständisch bestimmte Re-

formpolitik einmündete. Dies lag auch ganz offenkundig nicht in der Absicht der in Passau vermittelnden Stände, auch nicht des sächsischen Kurfürsten. Trotzdem mochte sich der Kaiser mit dem vorgeschlagenen Verfahrensmodus nicht abfinden. Schon vor Passau

hatte

er

in

seiner

Stellungnahme

zu

einigen

Gravamina angemerkt, daß die Ständegesamtheit an ihrer 28 Behandlung beteiligt sein müsse . Am 7· Juni formulierte er dann seine grundsätzliche Position so: "Et a mon

advis

fault

tenir

pour

maxime

en

toute

ceste

negociacion, commil convient que vous y faictes tenir regard,

que

les

choses

qui

touchent

les

estatz

en

commun, quelles se remectent a lassamblee des communs estatz, sans vous mectre en contencion auec ledict due Mauris, puisque il nest depute procureur des estatz de lempire, ny convient que ce que touche generalement a tous iceulx se determine en lassamblee de si peu de 29

prince"

. Auch sonst verknüpfte der Kaiser

mehrfach,

von konkreten inhaltlichen Einwänden gegen die meisten Gravamina ganz abgesehen, dem

die

Repräsentationsproblem.

spruch

der

spältigen rates

auf

schließen,

Kurfürsten,

Voten

Reichstagen unter

"quilz voulsissent une

etwa,

Kaiser

sich

starker

sollte und

ihrer die

changer la forme e x c l u a n t 10 par

du gouvernement"

Punkt einer allgemeinen

wenn

er

mit

im

bei

des

An-

zwie-

Fürsten-

Resolution

Akzentuierung

Dimension

Oligarchie,

autres estatz

Frage von Reformen

des Kurfürstenrates

fassungspolitischen faire

der

So

Absicht de

ceste

Ständeversammlung

ver-

vermutete,

lempire

. Deshalb

an-

der

et

oblique

sei

en les

dieser

vorzubehal-

ten. Wenn der Kaiser zusätzlich darauf verwies, das in Passau vereinbarte Verfahren zur Entscheidung der ihn

118

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

mitbetreffenden

Gravamina müsse dem

kaiserlichen

Amt

abträglich sein, so war damit die Befugnis der Stände in verfassungspolitischen

Fragen

negiert, sondern lediglich im sauer

Vermittlergruppe

wiesener

ein

nicht

grundsätzlich

Hinblick

Mangel

auf

an

Repräsentationskompetenz

die

formal

Pas-

ausge-

festgestellt.

Der

Kaiser nahm auch keineswegs diese Kompetenz

für sich

allein in Anspruch. Vielmehr

Argument

nachdrücklich Passauer

wehrte

er

das

ab, er könne, ähnlich wie dies

Vereinbarungen

über

die

Besetzung

in

des

den Kam-

mergerichts vorgesehen war, die Gravamina von sich aus erledigen und so die ihm präjudizierliche Entscheidung 31 der Vermittler überflüssig machen . Zwar wurde seit dem

Frühjahr

rates

die

erörtert

Installierung

und

im

Sommer

eines der

deutschen

Gedanke

Hof-

erwogen, 32 .

deutsche Fürsten an den kaiserlichen Hof zu ziehen

Ansonsten aber galt: "Et en ce que touche aux commune estatz et ordonnance diceulx, quil se remecte a eulx pour y pourveoir par lordinaire negociation

du saint

empire et determination des reces, esquelz je ne veulx 33 deroguer, comme dit est, de puissance absolute" . Demnach bot der Reichstag, der Kaiser und Stände aneinander

verwies, das einzige Modell politischer

präsentation,

das

zur

vollen

Lösung

des

Re-

Liber-

tätsproblems geeignet war. Die

vermittelnden

Stände

räumten

übrigens

durchaus ein, daß das in Passau vereinbarte Verfahren die herrschende, formal begründete Repräsentationsidee 34 verkürzte . Wenn sie dennoch glaubten, dem von ihnen favorisierten ziehung

Modell,

Ferdinands

das

die

im übrigen

monarchische

durch Spitze

die

Zu-

berück-

sichtigte, allgemeinverbindliche reichspolitische Kompetenz zurechnen zu können, so geschah dies

aus

dem

Bewußtsein heraus, daß im politischen Autoritäts- und

119

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

Reputationsgefalle des Reiches den Kurfürsten und mächtigeren Fürsten ohnehin der Hauptanteil reichspolitischer Verantwortung und Repräsentationskompetenz zukomme und dies im gegebenen Ausnahmefall einen allgemein reichspolitischen Führungsanspruch durchaus be35 gründen könne hier

. Zwar war der ständische Handlungsraum

großzügiger

Distanz

zur

bemessen,

aber

Libertätskonzeption

die

unüberbrückbare

Frankreichs

bleibt

noch immer augenfällig genug. Allerdings

läßt

sich

zumindest

bei

einigen

Ständen während der Schlußphase der Passauer Verhandlungen

eine merkliche

bewußtseins

Intensivierung

beobachten.

Dabei

des

spielte

Libertäts-

der

Eindruck,

den die Ablehnung des ersten Vertragstextes durch den Kaiser hervorrief, eine wichtige Rolle. Ende Juli 1552 erwogen

Pfalz,

Jülich

und

Württemberg

die Möglichkeit, die Durchführung

der

in

Heidelberg

ursprünglichen

Passauer Vereinbarungen notfalls in der Regie der Vermittler sicherzustelllen, falls sich der Kaiser nicht doch

noch

bewegen

ließ,

die

Gravamina

durch

das

in

Passau vorgesehene Verfahren oder auf der Grundlage der Goldenen Bulle durch die Kurfürsten entscheiden zu 1ή lassen . Gleichzeitig stellte man in der Hauptsache aus

den

Ausschreiben

Kriegsfürsten

und

aus

Frankreichs der

und

Passauer

eine umfängliche, detaillierte

Liste

der

deutschen

Gravaminavorlage von

Beschwerden

als Beratungsprogramm 37für den geplanten Verhandlungstag in Urach zusammen . Dieser Ansatz, die Gravaminadiskussion auf ständischer

Ebene

in Gang

zu

halten,

blieb allerdings ohne weitere politische Konsequenzen, da die Kriegsf ürsten

im Lager vor Frankfurt

den

ge-

änderten Vertrag annahmen, mithin die Verschiebung der Gravaminafrage auf den in Aussicht genommenen Reichstag akzeptierten.

120

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

Für den inhaltlichen Stand der Diskussion ist eine Stellungnahme des Jülicher Rates zu den in Heidelberg reich

zusammengestellten

Artikeln

sehr

aufschluß-

. Ausführlich und detailliert beschäftigte man

sich

mit

den

Komplexen

Kammergericht

und

Reichs-

steuern. Die übrigen Punkte dagegen, die das Verhältnis

des

Kaisers

zum

Reich,

seine

Regierungsführung,

das Reichstagsverfahren, das Verbot des Kriegsdienstes für auswärtige Mächte etc. betrafen,

wurden

nur

zum

Teil gestreift bzw. es wurde pauschal empfohlen, sie aus Rücksicht auf den Kaiser vorläufig zurückzustellen und sie erst nach und nach auf künftigen

Reichstagen

zur Sprache zu bringen. Dabei sollten die Stände zwar dem

Kaiser

gegenüber

maßvoll

auftreten,

aber

fest

zusammenhalten, sich auch durch den Religionsgegensatz nicht auseinanderdividieren lassen, "damit die gemeine beschwerungen nit zurugkgestalt, sonder darinnen bes39 serung furgenommen werden möge" . Dieses Interesse an der Erhaltung der Libertät und an entsprechenden

Re-

formen ergab sich im Verständnis der Jülicher Räte aus der

spezifischen

Kaiser

sei

Libertät nicht

nämlich

zum

verpflichtet.

nur

gegenüber tung,

Eigenart

die

gegenüber ihren sie

der

Schutz

Die

der

Stände

Kaiser

und

Untertanen nicht

Reichsverfassung.

erfüllen

hergebrachten

ihrerseits

Reich,

eine

Der

hätten

sondern

ähnliche

könnten,

auch

Verpflich-

wenn

sie

in

ihren Freiheiten, Regalien etc. beeinträchtigt würden. Die

Idee

Freiheit ständigung

des Reiches verlangte zwischen

als

eines

demnach Kaiser

Systems

die und

abgestufter

politische Ständen

in

VerSachen

Libertät. Dabei war für einen Großteil der im Programm für Urach vorliegenden Gravamina an eine

kontinuier-

liche, gemäßigte Reformpolitik gedacht. Der schien dafür der angemessene Ort zu sein.

Reichstag

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

1 21

IV Seit dem Herbst 1552 war man allenthalben auf die Vertagung der Libertätsproblematik auf den Reichstag eingestellt.

Auch

der

- im

übrigen

vergebliche

- kur-

pfälzische Versuch, auf dem Heidelberger Tag im Frühjahr

1553, die Gravamina

zur

Diskussion

zu

stellen,

hatte nur den Sinn, eine gemeinsame Linie für die Politik auf dem erwarteten Reichstag zu finden^. Da der Reichstag sich verzögerte, versuchte Herzog

Christoph

zwar, den Kurfürsten von Mainz bzw. König Ferdinand zu bewegen, einen Kurfürsten- und

Fürstenkonvent

auszu-

schreiben und dort neben anderen Fragen auch die Gravamina erörtern zu lassen, aber dies blieb ohne positive Resonanz^'. Als dann mit dem Reichstag ernsthaft zu rechnen war, stellte sich die Frage, ob sich die Gravaminadiskussion von 1552 wiederbeleben lassen würde. Eine Gruppe kurpfälzischer Räte um den Kanzler

Probus

beantwortete

diese

Frage

uneingeschränkt

positiv und stellte einen Entwurf für die Reichstagsinstruktion zur Diskussion, in dem offenbar vorgesehen war, in Augsburg die Erledigung der in Passau übergebenen Gravamina

strikt und vorrangig zu

Der

dabei

Kerngedanke

war,

daß

der

betreiben^.

Friede

nur

dann

dauerhaft gesichert sein könne, wenn man die politischen Ursachen der Unruhen beseitigte. Abgesehen

von

der

Ur-

Religionsfrage,

fand

sachen in den Gravamina

diese

Rätegruppe

formuliert.

Wenn

diese auf

solche

Weise das Friedensproblem gelöst sei, bedürfe es keiner weiteren Beschäftigung mit dem in Frankfurt

aus-

gearbeiteten Entwurf für die Exekutionsordnung. Es genügten die partielle Reform des Kammergerichts und des Landfriedens und dessen Beobachtung, wobei vor allem

122

auf

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

den

Schutz

der

Freiheiten

und

Privilegien

zu

achten s e i ^ . Eine

zweite

pfälzische

Rätegruppe

äußerte

sich zu diesem Instruktionsentwurf mit deutlicher Kritik und einer durchgehenden Tendenz zur Zurückhaltung in der Gravaminafrage. In dieser Gruppe wollte man in vielen Punkten den anderen Kurfürsten die Uberlassen, vermißte in einigen

Punkten

Initiative

konstruktive

und detaillierte Lösungsvorschläge, hielt manches auch für überflüssig oder unter den gegebenen Umständen für wenig

opportun,

deutscher

fühlte

Söldner

für

sich,

was

auswärtige

den

Kriegsdienst

Mächte

anging,

Rücksicht auf den Kaiser und seine Interessen ten, hielt die Orientierung an den Passauer

zur

gehal-

Verhand-

lungen für überholt und verfehlt, weil eine vorrangige Beschäftigung mit den Gravamina in Augsburg nicht zu erwarten

sei

Frankfurter

und

man

Entwurfs

sich für

auf

die

die

Behandlung

des

Exekutionsordnung

ein-

stellen müsse, teilte zwar durchaus manche

Bedenken,

z.B.

im

was

die

kaiserlichen

Truppenwerbungen

Reich

und die Manipulation der Mehrheitsverhältnisse und die Anwendung traf,

des Mehrheitsprinzips

riet

wünschte Abhilfe

aber

zu

Klarheit und

einem

Uber

auf

Reichstagen

gemäßigten

Vorgehen

Möglichkeiten

machte eigentlich

nur

bebzw.

wirkungsvoller

in

der

Frage

der

Dauer der Reichstage und in den die Kurfürsten unmittelbar

betreffenden

Punkten

keine

besonderen

Vorbe-

halte geltend^. Schon diese Diskussion, in der sich schließlich

die

Gruppe

um

den

Kanzler

setzte, belegt augenfällig die starke

voll

durch-

Differenzierung

im Libertätsverständnis politisch maßgeblicher Kreise. In Augsburg erkannten die pfälzischen Gesandten Dienheim und Drechsel, mäßigten Rätegruppe,

beides

sehr rasch

Vertreter

die

Gefahr,

der

ge-

daß

die

123

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

strikte

Festlegung

vorrangige

auf

die

Behandlung

Gravamina

in

die

führte^"*. Gleich zu Anfang der stenrat

setzte

Sachsen

Pfälzer

Behandlung

standen

bekanntlich

der

ihrem

mit

Gravamina

auf

deren

Isolation

Beratungen

über einen ewigen Religionsfrieden Die

und

politische

im

durch,

Kurfür-

daß

zuerst

zu verhandeln

Antrag

allein.

auf

Sie

sei.

vorrangige

konnten

auch

nicht verhindern, daß Sachsen und Brandenburg die Beratung

der

Exekutionsordnung

ordnungspunkt

als

zweiten

Tages-

akzeptierten.

Die pfälzischen Gesandten nahmen nun die Ver Schiebung der Gravamina nicht ohne weiteres hin, sondern verlegten sich darauf, in den Beratungen über die Kammergerichts- und die Exekutionsordnung immer wieder Bezüge Libertätsdiskussion

herzustellen. Daß sie

bei ihren Änderungsvorschlägen nung

gelegentlich

freilich

nicht

auf

allzu

die

sehr

zur

Kammergerichtsord-

Gravamina ins

sich

Gewicht

beriefen,

mag

fallen^.

Be-

deutsamer ist sicher, daß sie sich in ihren Voten zur Exekutionsordnung nicht nur durch das Friedensinteresse, sondern auch durch das

Interesse

an

der

Libertät

und Freiheit des Reiches und durch die Sorge, daß das Reich nicht auswärtigen

"unverschuldeter

Sachen"

in Konflikt

Mächten geriet, leiten l i e ß e n ^ .

mit

Aus bei-

den Maximen ergaben sich in pfälzischer Sicht vor allem

zwei

Forderungen:

kutionsordnung Mächte, Kaiser

soweit oder

Verlangt

wurde,

den freien Kriegsdienst er

König

sich als

nicht des

gegen

"richs

daß für

das

haupter"

die

Exe-

auswärtige Reich

bzw.

richtete,

zulassen müsse. Außerdem wurden konkrete Maßnahmen zur wirksamen Reich

Kontrolle

gefordert.

kaiserlicher

Darin

war

die

Truppenwerbungen Bedingung

bezogen, daß es dem Kaiser verwehrt einen

Reichsstand

unter

Verzicht

mit

im

ein-

sein müsse, gegen auf

den

Rechtsweg

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs J 552

124

Krieg zu führen. Eigentlich hätte man am liebsten völlige

Unterbindung

gesehen,

damit

kaiserlicher

auswärtigen

Rüstungen

Potentaten

kein

im

Grund jο

Feindseligkeit gegen das Reich gegeben werde Tendenz ging es also darum, das Reich den

Konfliktfeldern,

auf

denen

nach

die

die

Reich zur

. In der außen

auf

habsburgische

Machtpolitik

involviert war, zu neutralisieren und im

Innern

destabilisierenden

die

Machtpolitik

auszuschalten

Rückwirkungen

bzw.

unter

dieser

Kontrolle

bringen. Das Reich sollte aus den Sachzwängen Bedingungsgeflecht

habsburgisch-kaiserlicher

zu

und dem Machtpo-

litik herausgelöst werden. Diese "Befreiung" galt ganz offenbar nicht nur als friedensdienlich, sondern als wichtiger

Schritt zum Schutz der deutschen

auch

Liber-

tät. Im übrigen finden sich in den pfälzischen Erklärungen die

zur

Exekutionsordnung

Aufschluß

auch

sonst

Aspekte, verspre-

über

das

Libertätsverständnis

auf

das

ihm

chen, weil sie

zugeordnete

Vorstellungs-

feld verweisen. Es geht dabei nicht nur um sondern

auch

horizontale

Bezüge

auf

Ebene, z.B. in den Reichskreisen. das

Bestreben,

schwächen

und

die sie

Position

in

ihren

rein

vertikale, ständischer

Zu nennen sind

der

etwa

Kreisobristen

Entscheidungen

zu

möglichst

eng an Beschlüsse der Kreisstände zu binden, um die einzelständischen Mitwirkungs- und Kontrollrechte zu 49 sichern lierte

, und

die

Festlegung

Opposition

gegen

einheitlicher

eine

zu

detail-

Verhaltensmaßregeln

für alle Kreise. Bei der Ablehnung einer straff lierenden

Zentralisierung

Abneigung

gegen

eine

auf

Kreisebene

unkontrollierbare

regu-

spielte

die

Machtkonzen-

tration eine wichtige Rolle, auch die Furcht vor willkürlichen finanziellen Belastungen. Dem ist allerdings noch

ein

weiterer" wichtiger

Gesichtspunkt

anzufügen.

125

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

Denn

es

galt

in

Heidelberg

Exekutionsbestimmungen müßten,

daß

"gelegenheit

ihre

so

Anwendung

der

feile",

als

ausgemacht,

weitmaschig die

der

regionalen

"gelegenheit

"gleichheit" der

Obristen

Verhältnisse

zu

verhindern

sichtigen^*.

der

erlaubte^".

Gemeint

und

Stände

war

die

und

keine

der

der

zeit",

Gegebenheiten, Und

zu halten, d.h. Willkür und

Leistungsfähigkeit

die

werden

Berücksichtigung

der jeweils verschiedenen kreisinternen der

daß

gefaßt

es

war

Voreiligkeit

unterschiedliche

Kreise

zu

berück-

formalisierte,

schon

gar keine numerisch fixierte Gleichheit, sondern eine Art

Angemessenheit,

walt

in

flexibler

derheiten etc. zum

die

bei

Entfaltung

Reaktion

auf

Ausdruck

kommen

der

Reichsge-

Unterschiede, sollte.

Beson-

Es

sollte

das möglich gemacht werden, was "angebracht" war. Dies Denken in Verhältnismäßigkeiten

war der

Libertätsidee

durchaus verwandt. Es kann die

nicht

Libertätsidee

in

wundern, der

daß

die

Ablehnung

des

Anklänge

an

Generalober-

stenamtes am deutlichsten hörbar werden. Pfalz monierte,

daß

gwalt

durch

von

den

die

Realisierung

Stenden

genomen

dieses und

Planes

etwan

ain

"der oder

zwaien in handt gegeben werden muist, unbewüst wie und wem sich ider zeit der ausgang zu nutz oder 52 wurde erzeigen"

. Wenn der brandenburgische

unter Anspielung auf der

vorgesehene

eine größere so wird

der

greifbarer.

die

Goldene

Generaloberst

Machtfülle

Bulle

würde

vereinigen

Zusammenhang Die

nachtheil

Kehrseite

mit

der

dieser

gar

in

Gesandte votierte,

seiner

als der

Hand 53 ,

Kaiser

Libertätsidee Argumentation,

noch die

sich gegen eine durch Machtkonzentration bewirkte Ausschaltung an

bzw.

Zurückdrängung

reichspolitischen

Anliegen

ständischer wendete,

Mitwirkung

begegnet

in dem Vorschlag, bei Eintreten des "grossen

dann

notfals"

126

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

die Kurfürsten

einzuschalten,

gen, die Verhängung gericht

von

den

der

oder

in den

Reichsacht

Kurfürsten

und

durch

einigen

Fürsten kontrollieren und überwachen Schutz

der

kurfürstlichen

maßgeblicher Die

Überlegundas

Kammer-

deputierten

zu l a s s e n ^ .

Prärogative

war

Der

hier

ein

Gesichtspunkt. Tendenz,

die

Ausformung

und

Entfaltung

der Zentralgewalt zugunsten ständischer Mitwirkung und Kontrolle zu verkürzen., war übrigens bezeichnenderweise bei den geistlichen Kurfürsten weit geringer ausgeprägt. So wurden die pfälzischen Anträge zwar lich

kommentiert,

aber

durchweg

bei

entsprechender

Zurückhaltung auch Sachsens und Brandenburgs bis auf weitere Kenntnis

Resolution

der

freund-

Kurfürsten

lediglich selbst

zur

genommen^. Zum genaueren Verständnis der pfälzischen Po-

sition bleibt freilich noch ein wichtiger nachzutragen.

Die

die Wahrung des

radikale

Auffassung

Landfriedens

betreffe

Sachverhalt

einiger nicht

Räte,

den

Kai-

ser, sondern nur die Stände, und deshalb sei eine kaiserliche Mitwirkung bei der Bestellung eines

etwaigen

Generalobersten a b z u l e h n e n ^ , setzte sich nicht durch. Vielmehr

formulierte

Pfalz

für

die Wahrung

des

Land-

friedens neben der Rücksicht auf den Handlungsraum der Stände und den Frieden nach außen noch eine dritte Maxime, die als verfassungspolitische Leitidee fungieren sollte:

Bei

der

Behandlung

des

Landfriedens

sei

vor

allem darauf zu sehen, daß "zwuschen ksl. und kgl. Mt. als den hauptern und den Stenden und glidern ain guts aufrechtes

vertrauen

gepflantzt,

auch

solchen khunftigen Ordnungen demselben möcht, kain

abgeschnitten

bestendigkeit

wurde, fridens

alles,

angesehen, leichtlich

ist, so die haupter und glider

was

in

entgegenlauffen das zu

one

das

verhoffen

in misverstandt

stehen

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

127

C7 oder wachßen

solten"

. Dazu

schen Verständnis nicht ler

Reformen,

turen

durch

sondern

der

Kooperation

zu ermöglichen. seiner

Zwar konnte man

im

institutionelum

Kaiser

und

ver-

Ständen

Kritik

ersparen,

grundsätzliche

Korrek-

eine

dem Kaiser

nicht

pfälzi-

punktuelle

Gravamina,

zwischen

Regierungsführung

war keineswegs eine

es

weitgreifender

es genügten

Erledigung

trauensvolle

bedurfte

aber

an

damit

Oppositionsstrate-

gie gemeint. Die Abstellung der Gravaminar Qwar aus integrationspolitischen Gründen anzustreben . Den geistlichen Kurfürsten freilich ging dies alles

zu

weit.

überhaupt ten

Sie

wollten

zunächst

die

Gravamina

nicht auf die Tagesordnung setzen,

dann

die

Einholung

einer

verlang-

Stellungnahme

des

Kai-

sers, plädierten dafür, dem Kaiser zu vertrauen, wollten dann die ganze Frage zu

persönlicher

und

ließen

darauf deln.

sich

ein, Ein

Beratung

den

der

Passauer

die

selbst

nend genug

für

den

widerwillig

daß

sich

mehr

wollten

den

behan-

durch

Kaiser -

an

einem

oder

Informationsstand

zu

sie nur

Hofrates mit

Beschwerden

erledigten, und

höchst

zeigten

Reichstag

verschieben

Gravaminakatalog

eines deutschen

übrigen

nur

Interesse

schen Präsidenten, meinten, form

anderen

Kurfürsten

schließlich

gewisses

Einrichtung

auf einen

der

deut-

diese

Re-

weniger

von

-

bezeich-

lediglich

an

seine Passauer Zusage erinnern, wenn diese mittlerweile

noch

nicht

erfüllt

sei.

In allen

übrigen

Punkten

bezogen sie sich entweder auf dieses Votum oder hielten eine besondere Stellungnahme legentlich

auch aus Rücksicht

für überflüssig, ge-

auf

den

Fürstenrat

für

59 nicht opportun

.

Auch Sachsen und Brandenburg ließen sich nur halbherzig auf die Beratung

der

Gravamina

ein.

Rück-

halt fanden die Pfälzer bei ihnen nur in der Frage des

128

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

deutschen Hofrates und der Sicherung der

Wahlfreiheit

und

Lehnspolitik

für

die

Kritik

an

der

kaiserlichen

und an der Entfremdung von Reichslehen. Die pfälzische Forderung, den Kaiser künftighin bei Ausschreibung von Reichstagen an die Zustimmung

der

Kurfürsten

den, nahmen Brandenburg und Sachsen, stimmend, zur Berichterstattung

zu

bin-

in der Sache zu-

zur Kenntnis. Was den

freien Kriegsdienst anging und die Forderung, daß der Kaiser kein fremdes Kriegsvolk mehr im Reich verwenden dürfe, verwiesen sie auf einschlägige Bestimmungen der neuen Exekutionsordnung. Ansonsten verschoben sie ihre Stellungnahme bis zum Ende der Beratung und plädierten dann

dafür,

die

Einrichtung

eines

deutschen

Hofrates

vorsichtig anzumahnen und im übrigen ganz allgemein an die Erledigung der übrigen Gravamina zu erinnern^". Den Pfälzern, die in allen sonstigen Punkten, in

denen

sie

konkrete

Abhilfe

für

geboten

hielten,

keine Resonanz fanden, blieb schließlich nichts anderes übrig, als dem Vorschlag Sachsens und Brandenburgs zuzustimmen und im übrigen zum Schutz vor dem Unwillen des 6 1Kaisers um die Geheimhaltung ten

ihrer

Voten

zu

bit-

Wie gereizt stellenweise die Stimmung im Kurfürstenrat

bei der Behandlung

der

Gravamina

war,

mag

die Erklärung der Trierer Gesandten belegen, sie hielten

"es nit fur ein gering gravamen,

das von

Franck-

reich der teutschen nation zugefugt und das die andere gravamina nit so hoch notturftig". Deshalb sei vor allem über die Forderung nach Restitution von Metz, Toul 62 und Verdun zu beraten . Und die Mainzer erklärten zur Forderung

nach

freiem

Kriegsdienst:

"Man

hette

auch

wol gesehen, das theutschen frembden potentaten gedienet

und

Deutlicher

dem

reich

konnte

man

das

sein

sich

kaum

helfen von

entwenden"^. der

Libertäts-

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

129

propaganda des Frühjahrs 1552 und etwaigen aus ihr abzuleitenden

politischen

Konsequenzen

distanzieren.

Maßgeblich für diese Distanzierung war eine bewußt betonte Loyalität gegenüber dem Kaiser. Dabei mag unter dem

Eindruck

der

Verhandlungen

über

den

Religions-

frieden auch die Hoffnung auf kaierliche Unterstützung bei der Wahrnehmung eine Rolle gespielt

konfessionspolitischer

Interessen

haben. Schon deshalb wird man die

pfälzische Gegenposition nicht unbesehen

als

Ausdruck

prononcierter Illoyalität lesen dürfen. Sie war allerdings

von

der

Vorstellung

beherrscht,

daß

nicht

nur

die Stände dem Kaiser verpflichtet seien, sondern auch die kaiserliche Amtsführung an Regeln und

Rücksichten

gebunden sei, deren Mißachtung die Balance in dem Bezugssystem störte, das Kaiser und Stände als Haupt und Glieder

aufeinander

auch in Düsseldorf Konzeption

war

anwies.

So

im Sommer

keineswegs

ähnlich

hatte

man

1552 argumentiert.

auf

ein

rein

ja

Diese

dualistisches

Verhältnis zwischen Kaiser und Ständen im Sinne einer auf Dauer berechneten Konfrontationsstrategie

fixiert,

sie war zwar offen für die wenn nötig auch harte Auseinandersetzung zwischen beiden Seiten, aber lich

darauf

Maße

integrationspolitisch

wird man die begrenzte such

angelegt,

Kaiser

allmähliche,

und

zu

Stände

Jülichs

freilich

ein reichspolitisches

und

gleichem

verpflichten.

Deshalb

auf wenige

Belebung des Libertätsbewußtseins,

Württembergs,

letztend-

in

der

Stände

den

Kurpfalz,

Ver-

daraus

Programm zu entwickeln, und die

pfälzische Politik in Augsburg 1555 zwar nicht aus dem Zusammenhang

der Kriegspropaganda

des

Frühjahrs

1552

herauslösen dürfen, man wird aber die Differenz zu den reichspolitischen Vorstellungen vorheben müssen. Es

zeigt

sich,

Frankreichs daß

eine

klar

her-

ausschließ-

lich am kaiserlich-ständischen Dualismus interessierte

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

130

Perspektive die reichspolitischen Verhältnisse nur unzureichend durchaus

erfaßte,

ja

gegenläufige

Stände in einer Gemeinsamkeit verlangte

anderen

zwei verschiedenen zu

sich

aber

sen,

unter

Miteinander

die

Haupt

gab und

hat

in

der Dies

also

mit

Grundkonfiabwechseln,

korrigieren,

neutralisieren

interessenbestimmten

von

Man

miteinander

wechselseitig

Es

Kaiser

zeigen:

verfassungspolitischen

Umständen

dualistischen

die

Verantwortung.

Kooperation.

rechnen,

auch

konnte.

Konfiguration

reichspolitischer

konstruktive

gurationen

irreführen

Vorstellungen,

beeinflus-

konnten:

mit

dem

Gegensatz

und

dem

und Gliedern

im

übergeordneten

Interesse der Gesamtheit. Es scheint besonders beweiskräftig,

daß

dieser

Befund

in

der

Beschäftigung

einem Gegenstand gewonnen werden konnte, der klassisch

eine

rein

dualistische

mit

geradezu

Interpretation

der

Reichsverfassung zu bestätigen scheint. Dort,

wo die Libertätsideee

unter

den

Neu-

tralen vorübergehend programmatische Bedeutung gewann, lag eine einschneidende Änderung der

Führungsverhält-

nisse außerhalb ihrer konzeptionellen

Tragweite,

ging

es in der Hauptsache um Einzelmaßnahmen zur Entlastung des Bezugssystems

zwischen

Kaiser

und

Reichsständen.

Diese Entlastung setzte freilich in ständischer die

Einschränkung

der

Möglichkeiten

Sicht

kaiserlich-habs-

burgischer Machpolitik im Reich voraus. Daß die Libertätsidee

nach

1552

für

ständische Reformpolitik nutzt die

werden

konnte,

Kriegspropaganda

vor

allem

den

eine

systematisch

angelegte

im genannten Sinne nicht

lag

zunächst

bei

der Masse

Geistlichen,

das

einmal der

daran,

gedaß

Reichsstände,

Libertätsinteresse

nicht nachhaltig beleben konnte. Hinzu kommt die starke

inhaltiche

schon

in

Divergenz

im

reichspolitischen

Libertätsverständnis, Fragen

sehr

das

uneinheitlich

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

131

und zudem stets offen war für die Einbeziehung regionaler und partikularer daß

sich weder

Belange. Um

1552 noch

Meinungsbildungsprozesses

so

1555 jene

schwerer

Verdichtung

bewerkstelligen

ließ,

wog, des die

zur Behebung des festgestellten Mangels an konzeptioneller

Stringenz

heitlichung

der

und

zu

diversen

programmatischer Vorstellungen

Verein-

unverzichtbar

war. Daß es dazu 1555 vollends zu spät war, hing nicht nur mit der deutlich erkennbaren Neigung zusammen, alle Beschwerdepunkte, die mit dem Ausgang des Schmalkaldischen Krieges zu tun hatten, auf sich beruhen zu lassen, auch nicht nur damit, daß das nach

1547 mög-

lich gewordene Übergewicht des Kaisers im Reich längst nicht mehr spürbar war. Ausschlaggebend vielmehr war, daß die politische Entwicklung nach 1552 und der Markgrafenkrieg

die

Notwendigkeit

Landfrie-

effektiver

denssicherung drastisch vor Augen führten und sich dadurch das Reformbedürfnis verlagerte.

Auf dem Frank-

furter Reichskreistag 1554 und dann erneut in Augsburg 1555 entschied man sich für eine organisatorische Reform der Exekutions- und Kreisordnung^. Das war die wenn man will

"modernere"

- Alternative

zur

pfälzi-

schen Konzeption, die auf die stabilisierende und integrierende

Kraft

ungetrübten

und die darauf gegründete

politischen

konstruktive

Vertrauens

Kooperations-

fähigkeit der Stände untereinander und mit dem Kaiser baute und die deshalb die Erledigung der Gravamina und die Unverletzlichkeit der deutschen Libertät te .

verlang-

132

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

1 Vgl. Hermann Weber, Le traite de Chambord (1552). In: Charles-Quint, le Rhin et la France. Droit savant et droit penal a 1 1 epoque de Charles-Quint. Strasbourg o.J., S.88. 2 Vgl. Friderich Hortleder, Der Römischen Keyser und königlichen Maiesteten, auch deß heiligen rö. Reichs geistlicher und weltlicher Stände... Handlungen und Außschreiben, Rathschläge, Bedencken, Sand und andere Brieffe ... von Rechtsmässigkeit, Anfang und endlichem Außgang deß Teutschen Kriegs Keyser Carls deß Fünfften wider die Schmalkaldische Bundesoberste Chur- und Fürsten Sachsen und Hessen und I. Chur- und Fürstlichen G.G. Mitverwandten. Vom Jahr 1546 biß auff das Jahr 1558. I6l8, Buch V, Kap. 3 S. 1009-1013. 3 Vgl. Reponse d 1 Henri II au memoire des princes apporte par Reiffenberg, Juli 1551: Jean-Daniel Pariset, La France et les princes allemands. Documents et commentaires (1545-1557)· In: Francia 10 (1982) S. 229-301, hier Nr. 25 S.254-255, S.255· 4 Vgl. Reponse du Roi au Margrave, 18.Nov. 1551: ebd. Nr. 37 S.271-272, hier S. 271. 5 Vgl. Fresse an Heinrich II., Schweinfurt, 26. März 1552: Pariset, La France (Anm.3) Nr. 54 S.285-288, hier S. 287-288. 6 Vgl. Hortleder, Der Römischen Keyser (Anm.2) S. 1013. 7 Vgl. Heinrich Lutz, Christianitas afflicta. Europa, das Reich und die päpstliche Politik im Niedergang der Hegemonie Karls V. (1552-1556). Göttingen 1 9 6 4 , S.71 . 8 Vgl. Weber, Le traite (Anm. 1) S.90 und Albrecht P. Luttenberger, Glaubenseinheit und Reichsfriede. Konzeptionen und Wege konfessionsneutraler Reichspolitik (1530-1552) (Kurpfalz, Jülich, Kurbrandenburg) . Göttingen 1982, S.601-602. 9 Vgl. etwa die Aufzeichnung Herzog Christophs von Württemberg über die geplante Verhandlung mit den Kriegsfürsten, April 1552: Viktor Ernst, Briefwechsel des Herzogs Christoph von Wirtemberg. Bd. 1 Stuttgart 1899, Nr. 495 S.5U-514, hier S. 512. 10 Vgl. dazu und zum folgenden Fresse an Heinrich II., Schweinfurt, 26. März 1552: Pariset, La France (Anm. 3) Nr. 54 S.285-288, hier S.286 und S.287-288. 11 Vgl. die Erklärung Kurfürst Moritz' von Sachsen in Linz, 28. April 1522: August von Druffel (Hrsg.), Beiträge zur Reichsgeschichte, 4 Bde. München 1873-1896, hier Bd. 3 Nr. 1322, VII S. 406-408, hier S.407, und König Ferdinands zweite Resolution

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

12

13

14

15 16

17

18 19 20 21 22 23

1 33

an Kurfürst Moritz, Linz, 28. April 1552: ebd. Nr.1322, IX S. 409Vgl. das Ausschreiben des Kurfürsten Moritz von Sachsen, Herzog Albrechts von Mecklenburg und Landgraf Wilhelms von Hessen und das Ausschreiben Markgraf Albrechts von Brandenburg: Hortleder, Der Römischen Keyser (Anm.2) Buch V, Kap.4, S.1013-1018 und Buch V, Kap.5, S. 1018-1021. Vgl. Rolf Decot, Religionsfrieden und Kirchenreform. Der Mainzer Kurfürst und Erzbischof Sebastian von Heusenstamm 1545-1555. Wiesbaden 1980, S.175 ff.; die Instruktion Bischof Melchiors von Würzburg für (Daniel Stibar und Dr. Johann Brief) zum Wormser Tag, o.Datum: STA Würzburg Mise. 1176 unfol.; "Bedenkhen was meins gnedigen herren von Wirtzburgs gesanten uff dem tag zu Passaw ungeferlich handeln sollen", o. Datum, STA Würzburg Reichssachen 867 unfol. und "Doctor Briefen cantzlers gestellt memorial oder instruction gein Passau 1552", o. Datum: ebd. Vgl.Herzog Albrecht von Bayern an Herzog Christoph von Württemberg, Ingolstadt, 16. März 1552: Druffel, Beiträge (Anm. 11) Bd.2, Nr. 1126, S.253-254, hier S. 254 und ders. an dens., München, 21.Mai 1552: ebd. Nr. 1431, S. 499-500, hier S. 499. Vgl. wie Anm. 9, hier S. 513. Vgl. Herzog Christophs von Württemberg Instruktion für seine Gesandten nach Passau, 23. Mai 1552: Ernst, Briefwechsel (Anm. 9) Nr. 570, S.568-570, hier S.570, und Jülichsche Artikel, Mai 1552: ebd. Nr. 571, S.571-572. Vgl. die Aufzeichnung zur Verhandlung über Jülichs Eintritt in den Bund der Neutralen, 5· März 1552: Ernst, Briefwechsel (Anm. 9) Nr. 3 8 7 , S. 4-0-411, hier S. 410. Vgl. Jülische Artikel, Mai 1552: Ernst, Briefwechsel (Anm. 9) Nr. 571, S.571-572. Vgl. Kurfürst Friedrich von der Pfalz an den Kaiser, 8. Febr. 1552: Druffel, Beiträge (Anm. 11) Bd. 3, Nr.1434, I Anm. 1, S.417-420, hier S. 418. Vgl. wie Anm. 17· Vgl. Luttenberger, Glaubenseinheit (Anm. 8) S . 5 8 9 590. Vgl. das Protokoll über Gabriel Arnolds Werbung in Heidelberg, l8.Mai 1552: Druffel, Beiträge (Anm. 11) Bd.2, Nr. 1418, S.483-4W; Vgl. die Instruktion Kurfürst Friedrichs von der Pfalz für seine Gesandten nach Passau, 21. Mai 1552: HSTA München Kasten blau 105/4A fol. 7r-27v,

134

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

hier fol. 18v-20r. 24 Vgl. das pfälzische Ratsprotokoll, 28. Mai 1552: HSTA München Kasten blau 105/2 A. fol. 288r-289v, hier fol. 289r. 25 Vgl. das Gutachten der Stände über Gravamina, Frankreich, Aussöhnung, 8. Juni 1552: Druffel, Beiträge (Anm.ll) Bd. 3, Nr. 1447, XII, S.495-497, hier S. 496. 26 Vgl. die in Passau vorgelegten Beschwerden, o. Datum: Ebd. Bd. 3 Nr. 1447, VII S.486-491. 27 Vgl.wie Anm. 25, hier S.495-496 und die beiden Gutachten der Stände über die gleichen drei Punkte, 9. Juni 1552: ebd. Nr. 1447- XV und Nr. 1447, XVI, S.500-501 und S.501-502. 28 Vgl. die von König Ferdinand an den Kaiser übersandten Beschwerden nebst Antwort, o. Datum: Druffel, Beiträge (Anm. 11) Bd. 3, Nr.1447, I S.444-447. 29 Vgl. Karl V. an Ferdinand, 7. Juni 1552: Karl Lanz (Hrsg.) , Correspondenz des Kaisers Karl V. Bd. 3, Nachdr. Frankfurt 1966, Nr. 8θ8, S.237-246, hier s.240-241. 30 Vgl. ebd. S.242. 31 Vgl. Rye und Seid an den Kaiser, 15. Juni 1552: ebd. Nr. 817, S.263-269, hier S.266. 32 Vgl. Decot, Religionsfrieden (Anm. 13) S.177, und Lutz, Christianitas (Anm. 7) S. I I O - I I 4 . Es blieb allerdings bei bloßen Überlegungen. 33 Vgl. Karl V. an Ferdinand, 30. Juni 1552: Lanz, Correspondenz (Anm. 29) Nr. 837, S.318-329, hier S. 322-323. 34 Vgl. die zu Passau versammelten Fürsten und Botschafter an den Kaiser, 5· Juli 1552: Lanz, Correspondenz (Anm. 29) Nr. 8 4 6 , S. 345-349, hier S. 346: "Vnnd wiewoll villeicht dafür geacht werden mocht, als ob durch unsere alhie gepflegte handlung etlichen Stenden dess reichs an jrem rechten zu kurtz, vnnd nachtheiliger beschwerlicher eintrag beschehen were: so würdt doch jn dieser gantzer handlung nit anders gespürt vnnd befunden, dann das dardurch der gmein nutz gesucht, vnnd dess gentzlichen verderben der teütschen nation zufürkommen bedacht sein". 35 Vgl. die auf der Heidelberger Konferenz Ende Juli 1552 entworfene Instruktion für eine geplante Gesandtschaft an den Kaiser, o. Datum: HSTA München Kasten blau 97/2a II fol. 349r-357r, hier fol. 354r: "...sonderlich dis fals, da man vil leichtlicher und neher den gmeinen ainmutigen friden (als durch den von kgl. Mt., den Kg. zu Peheim sambt

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

36 37 38 39 40

41

42

43 44 45

46

47 48

49

135

chur und fursten als furnemsten glidern und Stenden des hailligen richs zu Passau gantzs gutherziger treuer wolmainung vorab uf ir ksl. Mt. ubergeben volmacht und befelch gethaid.ingten verdrag und assecuration) wol gehaben kont. . . " . Vgl. den in Anm. 35 angezogenen Instruktionsentwurf, hier fol. 354r und 355v. Vgl. das Programm für den Uracher Tag, o. Datum: Ernst, Briefwechsel (Anm. 9) Nr. 738 S. 746-749. Vgl., das Bedenken zu den in Heidelberg zusammengestellten Artikeln: STA Düsseldorf JUlichBerg II 2286 fol. 543r-550r. Vgl. ebd. fol. 546v. Vgl. das Protokoll der Heidelberger Verhandlungen vom 20. bis zum 28. März 1553: Druffel, Beiträge (Anm. 11) Bd. 4, Nr. 77, S.72-90, hier S.76-77 und S. 88. Vgl. Albrecht P. Luttenberger, Landfriedensbund und Reichsexekution. T.2: Zur politischen Vorgeschichte des Frankfurter Reichskreistages vom Oktober/November 1554. In: MÖSTA 36 ( 1983) S.l-30, hier S.7 und S. 13-14. Die Instruktion liegt nicht vor· Ihr Inhalt läßt sich jedoch weitgehend aus den in den folgenden Anmerkungen angezogenen Protokollen von kurpfälzischen Ratssitzungen, in denen die Instruktion besprochen wurde, erschließen. Vgl. außerdem Kanzler und Räte zu Worms an Kurfürst Friedrich, 22. Dez. 1554: HSTA München Kasten blau 107/1 unfol. Vgl. das pfälzische Ratsprotokoll vom 24. Jan. 1555: HSTA München Kasten blau 107/1 unfol. Vgl. die beiden pfälzischen Ratsprotokolle vom 7· Jan. 1555: HSTA München Kasten blau 107/1 unfol. Vgl. die pfälzischen Reichstagsgesandten an Kurfürst Friedrich, 5. Febr. 1555: HSTA München Kasten blau 107/1 unfol., und die beiden Protokolle von Besprechungen der pfälzischen Reichstagsgesandten in Augsburg vom 14. und 15· Febr. 1555: ebd. Vgl. das Protokoll des Kurfürstenrates zum Augsburger Reichstag, 5. Febr. - 24. Sept. 1555: HHSTA Wien MEA Reichstagsakten 3 8 , fol. lr-877v, hier ad 29. April 1555 fol. 255r-258v. Vgl. Kurfürst Friedrich an seine Gesandten in Augsburg, Heidelberg, 13. April 1555: HSTA München Kasten blau 107/1 unfol. Vgl. ebd. und außerdem wie Anm. 4 6 , hier ad 20. April 1555 fol. 271v-220v und ad 21. April 1555 fol. 221 r- 223 ν und ad 22. April 1555 fol. 225v-226r. Vgl. wie Anm. 4 8 .

136

50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64

Luttenberger, Die Kriegspropaganda Frankreichs 1552

Vgl. wie Anm. 47· Vgl. ebd. Vgl. ebd. Vgl. wie Anm. 46, hier ad 30. März 1555 fol. 138r-138v. Vgl. wie Anm. 46, hier ad 16. April 1555 fol. 191r-191v und fol. 194r-194v und ad 26. und 27. April 1555 fol. 249r-250v. Vgl. wie Anm. 46, hier ad 20. April 1555 fol. 219r-220v und ad 21. April 1555 fol. 221v-223v. Vgl. wie Anm. 43. Vgl. wie Anm. 47. Vgl. wie Anm. 46, hier die pfälzischen Voten vom 2. Mai 1555 fol. 273r-273v und besonders vom 3. Mai 1555 fol. 278v. Vgl. wie Anm. 46, hier die Voten der geistlichen Kurfürsten vom 2. und 3· Mai 1555 fol. 271r-289r. Vgl. wie Anm. 46, hier die Voten Sachsens und Brandenburgs vom 2. und 3 . Mai 1555 fol. 271r-291v. Vgl. wie Anm. 4 6 , hier ad 3· Mai 1555 fol. 290r-290v. Vgl. wie Anm. 4 6 , hier ad 2. Mai 1555 fol. 272v-273r. Vgl. wie Anm. 46, hier ad 3- Mai 1555 fol. 285r. Vgl. Luttenberger, Landfriedensbund (Anm. 41) S. 21-30; Alfred Kohler, Die Sicherung des Landfriedens im Reich. Das Ringen um eine Exekutionsordnung des Landfriedens 1554/55· In: MÖSTA 24 (1971) S. 140-168, und Heinz Angermeier, Die Reichsreform 1410-1555· Die Staatsproblematik in Deutschland zwischen Mittelalter und Gegenwart. München 1984» S. 311-334. Zu Angermeier S. 312 Anm. 258 sei angemerkt, daß in meiner Arbeit "Glaubenseinheit und Reichsfriede" (Anm.8) Passau nur als Wende in der Behandlung des Religionsfriedensproblems verstanden ist.

Heinrich Lutz

Kardinal Reginald Pole und die Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56). Von der Friedenskonferenz in Marcq zum Waffenstillstand von Vaucelles

In

dem

Hegemoniekampf

zwischen

Habsburg

und

Frank-

reich, der zweieinhalb Jahrhunderten europäischer Geschichte Jahre

seinen

des

Stempel

aufdrückte, bilden

16. Jahrhunderts

einen

die

dramatischen

50er Höhe-

punkt. Der Schmalkaldische Krieg hatte Karl V. seinem Ziel - der Monarchie Universalis - scheinbar nähergebracht.

Dagegen

Frankreich deutschen nischen

seit

erneuerte 1551

die

Protestanten, Gegnern

des

König "große

den

Heinrich

II.

von

Koalition"

mit

den

Türken

Kaisers,

um

und die

den

italie-

habsburgische

Weltmacht zu stürzen. In diesem wechselvollen Ringen, das ganz Europa in seinen Bann zog und mit einer Fülle von politischen, militärischen, ökonomischen und auch kirchlich-konfessionellen

Problemen

spielte

Anfang

das

Papsttum

von

an

verknüpft eine

nicht

war, zu

unterschätzende Rolle. Zunächst stand Julius III. ganz auf der Seite

des Kaisers,

militärisch-politische

dann veranlaßte

ihn

der

Zusammenbruch des kaiserlichen

Systems in Deutschland zu einer Politik der Neutralität. Frankreich versuchte, den Papst auf seine Seite zu ziehen, wobei vor allem die italienischen Machtpositionen zu beachten sind: ein Übertritt des Papstes und des Kirchenstaates (und in der Folge dann auch Venedigs und anderer Mächte) auf die französische Seite hätte die habsburgische Herrschaft in Italien ins Wan-

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

138

ken

gebracht

und

damit

Kräfteverhältnisse

einen

in Europa

totalen

Umschwung

möglich

werden

Julius III. war kein starker Politiker. Aber die französischen Angebote standhaft

der

lassen. er

hat

abgewiesen,

die

ihn in eine Koalition mit Protestanten und Türken gegen

den

Kaiser,

den

"advocatus

ecclesiae",

geführt

hätten. Stattdessen unternahm er seit 1552, begünstigt durch die teilweise Rekonsolidierung der kaiserlichen Macht und den unentschiedenen Verlauf des Krieges, eine Reihe von Versuchen zur Wiederherstellung des europäischen nellen

Friedens. Er Aufgabe

des

entsprach Papstes

damit als

der

traditio-

"pater

communis

omnium", hoffte, die TUrkengefahr zu mindern, der Ausbreitung des Protestantismus entgegentreten zu können und durch das Zustandekommen einer "pax catholica" die Wiedereröffnung des Konzils zu Trient und den Neubeginn der Arbeiten an der Reform der Kirche zu ermöglichen. Seit dem Sommer Motiv

für

die

1553 kam ein

päpstliche

neues,

starkes

Friedensvermittlung

ins

Spiel: nach dem Tod des protestantischen Königs Eduard VI.

bestieg

Maria

Tudor

den

englischen

Thron.

Die

schwierige Aufgabe einer Restauration der katholischen Kirche in England - so kalkulierte man in Rom zurecht - würde durch eine Fortdauer des französisch-habsburgischen Ringens erschwert, durch einen baldigen Friedensschluß zwischen den beiden katholischen

Monarchen

aber erleichtert werden*. Im Mittelpunkt

der

päpstlichen

Friedensini-

tiative stand seit dem Herbst 1553 der englische Kardinal Reginald Pole, den Julius III. zum Legaten für die katholische Restauration in England

wie

für

die

Vermittlung des Friedens zwischen Frankreich und Habs2

bürg

ernannte . Reginald

Pole

gehörte

mit

Kopf

und

Herz dem "erasmianischen" Flügel der römischen Reform-

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich f1555/56)

139

gruppe an. Er vertrat eine politische Theologie, die im Zeichen eines radikalen christlichen Pazifismus den Zusammenhang von Friedenspflicht und Verantwortung für die Reform der Kirche betonte. Die Gruppe der "intransigenten Reformer", an ihrer Spitze Kardinal Caraffa, sahen dagegen in Pole einen vom Protestantismus infizierten

Ketzer;

Julius

III.

konnte

damals

nur

mit

großer Mühe das Vorgehen dieser Inquisitions-Kardinäle gegen

Pole

und

dessen

hindern. Als gegen Ende

Gesinnungsfreund

Morone

noch

1554 Pole die Wiedervereini-

gung der englischen Kirche - nach der Heirat zwischen Maria und Philipp von Spanien - gelang, schienen die Stimmen der Gegner des

englischen

Kardinals

stummen. Doch als nach dem Tode Julius

1

zu ver-

III. und dem

nur dreiwöchigen Pontifikat Marcellus' II. der Kardinal Gian Pietro Caraffa als Paul IV. den Thron bestieg,

zeigte

sich bald,

daß er

Petri

in Reginald

Pole

weiterhin einen versteckten Ketzer und eine Bedrohung von

Kirche

und

Glauben

sah.

Verschärfend

trat

antihabsburgische Grundtendenz der Politik

des

die neuen

Papstes hinzu. Äußerlich setzte er zunächst die Neutralitäts-

und

Vermittlungspolitik

seiner

Vorgänger

fort. Er bestätigte Pole als Friedenslegat. Aber sehr bald zeigte sich, daß hinter dieser Fassade an der Kurie jene Kräfte zum Zuge kamen, die - angeführt von dem Kardinalnepot.en Carlo Caraffa - den bald 80jährigen

Papst

für

Frankreich

ein militärisches

gegen

Habsburg

Offensivbündnis

gewannen.

Nun

mit

schien

das

nicht erst 1551, sondern seit den Zeiten Leos X. verfolgte

Ziel

der

französischen

Bündnis mit

dem

Papsttum

Kräften Habsburg

in

Italien

und

entscheidend

und

Krone den

überall zu

in

besiegen

nahegerückt:

im

antihabsburgischen Europa und

das

selbst

Haus den

ersten Platz in der Respublica Christiana einzunehmen.

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich

140

(1555/56)

An anderer Stelle habe ich dargestellt, wie im Kontext

dieser Konflikte die päpstliche

Friedens-

legation Reginald Poles schließlich in eine englischpäpstliche

Doppelvermittlung

mündete,

weitgehend

identische,

auch

wenn

die

durch

anders

das

motivierte

Friedensinteresse Englands und König Philipps gestützt -3 wurde . In

England

wollte man

vermeiden,

bei

einer

Fortdauer des Krieges doch noch vom Kaiser zur Aufgabe der

Neutralität

und

zum

Eingreifen

gegen

Frankreich

gezwungen zu werden. Philipp war mit dem

Abdankungs-

entschluß seines Vaters und dem ruinösen Zustand der Staatsfinanzen überall im habsburgischen konfrontiert. seine

Er hatte

Nachfolge

ein

Machtbereich

unmittelbares

im habsburgischen

Interesse,

Weltreich

von

Hypothek des nicht endenden, sich unentschieden

der hin-

ziehenden Krieges zu befreien. So kam es in der Zusammenarbeit des englischen Königspaares mit Kardinal Pole,

der

nun

auch Primas von

päpstlich-englischen

England

war,

Friedensvermittlung.

zu

Ihr

einer

spekta-

kulärer Höhepunkt wurde der Friedenskongreß von Marcq bei Calais, den der Kardinal gemeinsam mit lischen

Kanzler

Gardiner

Ende

Mai

dem

1555

eng-

eröffnen

konnte. Der Kongreß brachte jedoch keinen unmittelbaren Erfolg. Die Vermittlungsaktion wurde aber sogleich weitergeführt.

Sie

stillstandsvertrag

ml ndete

zunächst

von Vaucelles

(5·

in

den

Waffen-

Februar

1556),

auf den dann - nach einem Wiederausbruch des Krieges drei Jahre später der epochemachende Friedensschluß zu Cateau-Cambresis zwischen Philipp II. und

Frankreich

folgte. Die Dokumente, die ich denslegation lichte

und

des Kardinals kommentierte,

1981 über die Frie-

Reginald

erlauben

Pole

erstmals

veröffenteine

ge-

nauere und vollständigere Analyse der damaligen Bemü-

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

141

hungen um eine "pax catholica". Aufgrund dieser neuen Quellensituation

soll

im

folgenden

den Weg von der

Konferenz

versucht

in Marcq

bis

werden,

zum

Waffen-

stillstand von Vaucelles im Hinblick auf die päpstliche Politik und das europäische Problem von Krieg und Frieden zu verfolgen. *

Die letzte Sitzung der Friedenskonferenz in Marcq fand am 7· Juni statt. Pole konnte den

französischen

und

kaiserlichen Unterhändlern das Schreiben des eben - am 23. Mai - auf den Stuhl Petri erhobenen neuen Papstes mitteilen, lischen

durch

Kardinals

das

die

Friedenslegation

bestätigt

Paul IV. , so argumentierte

wurdet Pole

Der

des

eng-

neue

Papst

den

Dele-

gegenüber

gierten, werde sicherlich bald das Konzil einberufen, durch das dann die habsburgisch-französischen fragen, über

die

man

sich

auf

der

Streit-

Konferenz

nicht

hatte einigen können, rasch gelöst werden könnten^. Er lobte

die

Bereitschaft

Streitigkeiten

der

beiden

Monarchen,

ihre

dem von Gott bestimmten Richter, d.h.

dem Papst mit dem Mittel des Konzils, anheim zu stellen. Für jetzt schlug er vor, die

Monarchen

sollten

wenigstens einer Teilrestitution der jeweils eroberten Gebiete zustimmen. Damit werde der Weg zum Frieden eröffnet.

Doch eine

die

Kaiserlichen

noch

auf

ein;

sie verlangten,

Spezifikation

allgemeine und

wie

gingen

weder

Anheimstellung schon

Eingrenzung

früher,

der

hierauf

ans

Konzil

eine

genaue

Streitfragen,

vom Konzil entschieden werden sollten. Die

die

Franzosen

dagegen erklärten sich für eine pauschale Überweisung aller Fragen an das Konzil. Damit vorwegnehmende

Herausgabe

des

schlossen sie eine

von

ihnen

besetzten

142

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

Piemont-Savoyeri

endgültig

aus.

Damit

hatte

die

ferenz den toten Punkt erreicht. Es gab noch

Kon-

Einzel-

verhandlungen des Kardinals und der Engländer mit der französischen und der kaiserlichen Delegation. Man beschloß,

keine

weitere

Sitzung mehr

zu

Der Legat versammelte die Teilnehmer

veranstalten.

zu einer kurzen

Schlußberatung. Hier gelang es ihm,

dem

Ende

der

Konferenz

eine freundliche, geradezu amikable Form zu geben, die den Weg zur baldigen Wiederaufnahme der Verhandlungen offenhalten

sollte.

Der

französische

Bericht

lierte dies verfahrensmäßig wichtige Ergebnis dermaßen:

Man trennte

sicherungen,

daß

die

sich

formufolgen-

"mit beiderseitigen

Auflösung

dieser

Ver-

Versammlung

nicht als ein Bruch gelten dürfe, sondern als eine Art Suspension

der

genannten

Friedensverhandlungen"^.

In

dem offiziellen Schlußbericht des Legaten wurde dieser die Weiterfuhrung eröffnende Ausgang der Friedenskon7 ferenz noch stärker betont : "...die Verhandlung wurde beendet, doch mit der Maßgabe, mittlung

nicht

als

beendet

daß

die

gelten

Friedensver-

solle.

Und

so

dankten beide Seiten den Vermittlern und diese boten ihre Unterstützung an für jede zukünftige Gelegenheit einer solchen Verhandlung. Und jeder zog sich in sein Quartier

zurück

mit

den

gleichen

freundschaftlichen

Erbietungen, wie sie sich am ersten Tage begrüßt und umarmt hatten" . Weiteren Nachdruck gab der Legat diesem "offenen" Ausgang der Konferenz durch unmittelbar anschließende

Sonderverhandlungen mit dem

Herzog

von

Lothringen und dem Bischof von Arras, dem Leiter der kaiserlichen

Delegation.

Diese

Folgekontakte,

die

durch den Abbate Parpaglia, Poles engsten Mitarbeiter, hergestellt wurden, können aufgrund der neuen Quellenlage eindeutig der Initiative des Legaten

zugeordnet

Lutz, Friederisvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

143

werden · Der positive Eindruck dieser auf der

Friedensvermittlung

angelegten

Fortsetzung

Vorgangsweise

des

Legaten wird auch durch das Echo am Kaiserhof in Brüssel bezeugt. Der Bischof von Arras berichtete nach der Rückkehr

von

der

Friedenskonferenz

dem

Nuntius

in

Brüssel: man habe sich von den Franzosen mit tausend Umarmungen

und

Friedenserbietungen

getrennt.

Arras

versicherte dem Nuntius: Wenn die Delegierten sich erneut treffen oder wenn auf anderem Wege die Verhandlung wieder aufgenommen werde, könne man wohl so oder ο so ein Abkommen abschließen . Das waren recht allgemeine Erklärungen. Aber das ihnen zugrundeliegende gemeinsame Interesse des Kaiserhofes und König Philipps ermöglichte und erleichterte dem die

unmittelbare

Fortsetzung

päpstlichen

seiner

Legaten

Friedensinitia-

tive. Pole berichtete sogleich nach der Rückkehr in England der Königin und König Philipp. Er

ließ

sich

von Maria ausdrücklich zusichern, daß sie ihre Aufgabe als Vermittlerin weiterfuhren werde. Von französischer Seite wurde schon in der letzten Juniwoche Frangois de Noailles,

der

Bruder

des

französischen

London, Antoine de Noailles, mit

neuen

Gesandten

in

Aufträgen

an

den englischen Königshof entsandt. Heinrich II. ließ der Königin für ihre Friedensbemühungen danken und das Verhalten der französischen Unterhändler in Marcq erläutern. Zugleich betonte er

das

Interesse

an

einer

Fortsetzung der Kontakte mit dem Ziel eines Friedensschlusses

oder

zumindest

eines

Waffenstillstandes*^.

Die Brüder Noailles waren mit der Reaktion der Königin auf die französischen Erklärungen offenbar wenig zufrieden. Anschließend verhandelten sie mit Pole, dann wandte sich dieser an Maria und Philipp. Ein wichtiger

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

144

Schritt gelang nun dem Kardinal. Er gewann die Zustimmung der Königin dafür, daß die Mitglieder

der

eng-

lischen Delegation in Marcq - Lord Arundel, der Kanzler Gardiner, Lord Paget - mit ihm gemeinsam eine Art von

permanenter

Aufgabe

die

"Friedenskommission"

Fortsetzung

der

bildeten,

deren

Friedensvermittlung

von

London aus war. Es kam seit der zweiten Juliwoche einer Serie von vertraulichen

Besprechungen

dem Kardinal, der Königin, den englischen nern,

den

Brüdern

Noailles,

Philipps

zu

zwischen

Staatsmän-

Vertrauensmann

Padilla und Simon Renard, dem Gesandten des Kaisers. Bald

konnte

Pole mit

König

Philipp

schon

die

Frage

neuer Verhandlungsvollmachten seitens des Kaisers und seitens

Frankreichs

tillon) erörtern.

(ev. für

Philipp

den

Kardinal

unterrichtete

den

Karl V. reagierte zunächst vorsichtig und tend; doch da sich Philipp nun offenbar hatte,

die

Probe

aufs

Exempel

zu

von

Cha-

Kaiser.

zurückhal-

entschlossen

machen

und

sehr

ernsthaft die französische Verhandlungsbereitschaft zu erkunden, stimmte bald auch er der Wiederaufnahme der Vermittlung

zu.

August

Frankreich

nach

Frangois de Noailles mit

dem

reiste

Auftrag

am

14.

zurück,

von

Heinrich II. die vertrauliche Mitteilung von Friedensvorschlägen an Gardiner oder Pole zu erbitten**. Offenbar ging die Absicht des Legaten nun dahin,

zunächst

von London

aus

einzelne

Streitfragen,

über die man in Marcq nicht einig geworden war, zu erörtern und - wenn möglich - zu klären. Dies kann als ein Wiederanknüpfen an seine früheren Versuche gesehen werden, schon im Vorfeld der Konferenz von Marcq solche

Einzelfragen

behandeln.

Jetzt

vorwegnehmend rückten

schiedsrichterlich

die

kaiserlichen

zu

Resti-

tutionsforderungen in den Vordergrund, vor allem hinsichtlich

der

von Frankreich

seit

1536/37

besetzten

Lutz, Friedensvermittlung

zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

145

Gebiete von Savoyen und Piemont. Herzog Emanuel Philibert

von

Savoyen,

der

damals

in

Brüssel

eintraf,

stellte sich dem Kardinal sogleich für die Ausgleichsverhandlungen mit Frankreich zur Verfügung. Der Kardinal

seinerseits

wandte

sich

an

König

Heinrich

II.,

dankte ihm für seine Bereitschaft zur Fortführung der Friedensgespräche und ermahnte ihn zur Restitution der 12 besetzten Gebiete in Oberitalien . Gerade in der Art und Weise, wie Pole dem König diese Restitution empfahl, wird die eigentümliche

Verschränkung

ethischer

und realistischer Motivationen deutlich, die das Denken und Handeln des Kardinals

bestimmten:

"Das,

dem Namen nach Restitution heißt, wird für Sie

was

[König

Heinrich II.] in Wirklichkeit mehr Gewinn und Ehre und Nutzen bringen und mehr Sicherheit für Ihr Königreich als jeder andere Gewinn, den Sie etwa

durch

kriege-

risches Vorgehen erringen könnten mit dem Festhalten dieser Gebiete, deren Restitution ganz Italien überall 11 ersehnt" . Als König Philipp Ende August England verließ und nach Brüssel ging, konnte dies von Pole her gesehen einerseits als eine gewisse Erschwerung der Verhandlungen im Dreieck London-Frankreich-Kaiserhof

ge-

sehen werden. Andererseits konnte die starke Stellung bei Königin Maria und in der englischen Politik, die der Kardinal nach dem Weggang

Philipps

einnahm,

der

Friedensvermittlung zugute kommen. Auch versprach sich Pole

von

der

unmittelbaren

Einwirkung

Philipps

auf

Karl V. Fortschritte in der Friedensfrage. Am Tag der Abreise des Königs berichtete er aus Greenwich an den Kardinalnepoten säumt,

die

Carlo Caraffa:

Majestät

des Königs

"Ich habe

nicht

aufzufordern

ver-

und

zu

bitten, daß er bei dem Kaiser sich für diese Friedensinitiative verwende, so sehr er nur könne. Ich sagte

146

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich

(1555/56)

ihm von neuem, wie sehr dies Seiner Heiligkeit am Herzen liege und wie nachdrücklich der Papst

mir

anbe-

fohlen habe, jede Gelegenheit wahrzunehmen, die sich zu diesem Zwecke bietet"^. So standen die Dinge zwischen London, Brüssel und

Frankreich,

als

im

August

1555 die päpstliche Politik eine brüske Wendung nahm. Sie bedeutete den Anfang vom Ende der Friedenslegation Poles und

führte

schließlich

zu dem

für

die

katho-

lische Sache selbstmörderischen Scandalum eines päpstlich-französischen Kriegsbündnisses gegen Habsburg. *

Für die Analyse der Ursachen, Verlaufsformen und Wirkungen dieser antihabsburgischen Wendung

des

Papstes

Paul IV. ist etwas weiter auszuholen. Pole selbst hatte nach der Rückkehr von Marcq dem venezianischen Gesandten in England erklärt, die entgegenkommende Haltung der Franzosen in der Vorbereitungsphase der Friedenskonferenz handlung

habe

merklich

sich

nach

dem

Beginn

verhärtetEntweder

der hätten

Verdie

Franzosen zuvor geheuchelt oder - was ihm wahrscheinlicher erscheine

- die Wahl

laufen der türkischen

Pauls

IV. und

das

Aus-

Flotte gegen Italien hätten zu

dem Wandel der französischen Haltung geführt. Nun ist das Kalkulieren mit dem Eingreifen der türkischen Seemacht gegen die habsburgischen Machtpositionen in Italien

in seiner

sischen

Politik

Bedeutung schwer

für

die

Linie

nachprüfbar.

der

franzö-

Diese

Politik

schwankte aufgrund sehr komplexer Machtverhältnisse im Innern und unsicherer tionen außerhalb

Bündnis-

und

Erfolgskonstella-

Frankreichs schon längere

Zeit zwi-

schen Friedensbereitschaft und der Tendenz zur Kriegsverschärfung und -ausweitung. Sicher

spielte das Er-

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

147

scheinen der türkischen Flotte eine Rolle für die öffentliche Meinung in Italien und die dortigen Parteigänger

Frankreichs;

diese

konnten

von

einer

franzö-

sisch-osmanischen Zusammenarbeit vielleicht eine Wiederherstellung

1554

des

durch

den

Sieg

der

Kaiser-

lichen im Siena-Krieg verschobenen Machtgleichgewichts auf der Halbinsel erwarten. Es gab übrigens auch andere Gründe und Entwicklungen, die bis zum Mai/Juni 1555 die Gesamtposition Habsburgs in Europa schwächten und Frankreichs

Chancen

Der unerwartet

im

Hegemoniekampf

verbesserten.

schwierige Verlauf des Reichstages in

Augsburg wurde als ein Symptom der stärker antihabsburgischen

werdenden

Opposition im Reich bewertet.

Von

großem Gewicht war das Ausbleiben eines Thronerben in England;

die

verbreitete

von habsburgischer Nachricht,

daß

Seite

Königin

zuvor

Maria

überall

demnächst

niederkommen werde, erwies sich gerade damals als unbegründete politische Propaganda. Die Scheinschwangerschaft der Königin stand vielmehr in Zusammenhang mit einer Krankheit, die jede

Hoffnung

erben

dauerhafte

und

damit

auf

die

auf

einen

Thron-

Verbindung

der

Häuser Tudor und Habsburg und auf das Festhalten Englands im habsburgischen Machtbereich zerstörte. Für die Friedensmission Kardinal

Poles

war

es sicher von stärkster Bedeutung, daß es der französischen Partei am 23· Mai

1555 im Conclave

war, nach den zur Neutralität

entschlossenen

gelungen Päpsten

Julius III. und Marcellus II. (der nur drei Wochen regiert

hatte)

ihren

Kandidaten

Gian

Pietro

Caraffa

durchzusetzen, auf den alle Gegner Habsburgs in Italien und Europa ihre Hoffnungen setzten. Eines ist der hohe Grad von politischer Polarisierung, der damals iih Endstadium des Hegemoniekampfes zwischen Frankreich und Habsburg - die Papstwahlen kennzeichnete. Ein an-

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich

148

(1555/56)

deres ist die sehr komplexe Lage, die für Poles Friedensauftrag dadurch entstand, daß Rom nun in einem auf Täuschung

der

Doppelspiel schlagene

europäischen

noch

Linie

länger

Öffentlichkeit

die von

päpstlicher

Julius

angelegten III.

einge-

und

unpar-

Neutralität

teiischer Friedensvermittlung zu verfolgen vorgab. Wie konsequent

aber

gleichzeitig

antihabsburgische

die

Weichen

politisch-militärische

für

eine

Zusammenar-

beit des Papstes mit Frankreich gestellt wurden, kann hier nicht näher dargestellt werden'^. Dieses Doppelspiel Roms ist für das Verständnis der Wege, die zum Waffenstillstand von Vaucelles (und weiter zum Frieden von

Cateau-Cambresis)

tung.

Schon

der

führten,

französische

Rene Ancel hat es

1909

von

zentraler

Bedeu-

Kirchenhistoriker

ziemlich

richtig

siert: "De cette situation resultait

Dom

charakteri-

la necessite de

jouer un double jeu: affecter au dehors un grand zele pour la paix, pour cette paix dont faisaient, un devoir et le peril turc, et encore plus l'urgence de la reforme

ecclesiastique;

puissance bellion,

espagnole

preparer

en

secret

Italie

un

mouvement

en

dont

le pape

serait l'ame, 17 frangais la force principale" Die

seither

publizierten

et

contre de

les

la re-

secours

Dokumente

der

päpstlichen Politik haben die Umstände dieses Doppelspiels

in

dieser

betrügerischen

noch

helleres

Licht

Politik

gerückt. wurde

auf

Protagonist römischer

Seite der seit Juli 1555 mit der Leitung des Staatssekretariats betraute Kardinalnepot Carlo Caraffa, der bis dahin eine militärische Karriere verfolgt Man sieht jetzt noch deutlicher, wie der

hatte.

skrupellose

Nepot die anachronistischen Vorstellungen des Papstes von einer 'libertas ecclesiae 1 , die nur durch die Zerstörung der Macht Habsburgs wiedergewonnen werden kön-

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

149

ne, auszunützen verstand: Um in abgekürzter Weise die eindeutig

zum

Krieg

treibende

Politik

Caraffas

zu

illustrieren, mit der nun der Friedenslegat Pole konfrontiert war, sei aus einer Denkschrift zitiert, die der Kardinalnepot nach dem Abschluß des Waffenstill18 stands von Vaucelles an Heinrich II. richtete . Diese Denkschrift

war

ein

Teil

der

konsequenten

vatika-

nischen Bemühungen, Frankreich im Verlauf des Jahres 1556

zum

Bruch

des von

Rom

nicht

gewollten

Waffen-

stillstands und zum Wiedereintritt in den Krieg gegen Habsburg dem

zu bewegen.

französischen

Caraffa

König

bezieht

sich

ausdrücklich

auf

gegenüber die

weit-

gehend von ihm selbst provozierten römischen Konfliktfälle im Sommer 1555,

wo es dem Kardinalnepoten in der

Tat gelungen war, den Papst trotz aller Entspannungsversuche

am

28.

August

zu

kaiserlichen einem

ersten

Hilfs- und Bündnisgesuch an Heinrich II. zu veranlassen : "Vom ersten Tag des Pontifikats an hatte ich die Absicht, den Sinn Seiner Heiligkeit zu Gunsten des Königs zu beeinflussen... Sogleich nachdem Seine Heiligkeit mich mit der Führung der Geschäfte beauftragt hatte, sorgte ich dafür, den Papst in eine Zwangslage zu bringen mit jenen so rigorosen Gewaltmaßnahmen gegen die... Parteigänger nur

für

das

Gemeinwohl

christlichsten

Königs

des Kaisers. Dies tat ich... und

zum

ohne

Vorteil

Ansehung

des

meiner

Allerpersön-

lichen Situation, denn ich war der Meinung, daß sich kein anderes Mittel finden ließ, um dem Elend Italiens und

dem

Hinsicht

Niedergang

des Hl.

- abzuhelfen, als

Stuhles seine

- in

weltlicher

Heiligkeit

und

die

Heilige Kirche mit dem Allerchristlichsten König durch ein Bündnis zu vereinigen..." Auf

die

Gemeinsamkeiten,

die

Unterschiede

150

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

und die schließlich übereinstimmende Wirkung der antihabsburgischen Konzeption bei Carlo Caraffa und bei Paul IV. braucht hier nicht näher eingegangen zu werden. Die französischen Reaktionen auf die römische Initiative sind im Zusammenhang mit den internen Spannungen und Rivalitäten zwischen Kriegs- und Friedenspartei zu sehen, von denen schon summarisch die Rede 19 war

. Zunächst bekam nun die Kriegspartei

die Ober-

hand. Am 14. Oktober wurde in Rom von Paul IV. und dem französischen

Gesandten

ein

französisch-päpstlicher

Vorvertrag unterzeichnet, der die völlige Habsburgs aus Italien als Kriegsziel 1. Oktober stellte Heinrich

II.

Vertreibung

formulierte. Am

die Vollmachten

für

die Kardinäle Lothringen und Tournon aus, die nach Rom entsandt wurden, um dort das definitive BUndnis "pour la liberte d'Italie" abzuschließen, für das sogleich Ferrara und Venedig und andere Alliierte gewonnen werden sollten. Dem Kaiserhof und Pole gegenüber stellte der Kardinalnepot Caraffa diese Sendung als ein Werk des Friedens dar: Die beiden Kardinäle haben den Auftrag, in Fortführung der Friedenskonferenz dem

Papst

das

Schiedsrichteramt

von Marcq

Streitfragen 20 zwischen Heinrich II. und dem Kaiser zu übertragen Daneben

ist

freilich

einer innerfranzösischen

in den

auf

das

Fortbestehen

Opposition gegen

die

päpst-

lich-französische Kriegspolitik und die für das Frühjahr

1556

geplanten

Offensivunternehmungen

sen. Es war ja auch eine Folge der vom Mai/Juni über

von

1555 gewesen,

beiden

Seiten

Friedenskonferenz

daß das

keine

war

Chancen,

in

auf

beiden

Italien

einen

ganze

größeren

Operationen geplant und durchgeführt nanzlage

Seiten

hinzuweiJahr

1555

militärischen

wurden. Die Fi-

katastrophal.

entscheidenden

Die

Umschwung

herbeizuführen und damit das Patt im europäischen He-

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

gemoniekampf sischer

zu Uberwinden,

Seite

wurden

unterschiedlich

auch

auf

beurteilt.

151

franzöDeutlich

kommt diese Problematik zum Ausdruck, wenn der französische Gesandte in Ferrara, Dominique du Gabre, Anfang Januar

1556

an Heinrich

Zeuge, daß er schon

II.

immer

grand desir que le pape

schrieb:

Gott

der Meinung

avoit

de

ist

war,

faire

sein

"que ce

guerre

vous

estoit plus prejudiciable que proufitable - et toutesfois

il

n'est

impossible

de

reffuser

honnestement

telles occasions"^. Man

fragt

sich,

wann

die

Wirkungen

der

päpstlichen Anti-Friedenspolitik in den Verhandlungen sptlrbar

wurden,

führte,

und wann

seine

Aufgabe

drückende

die

Pole

und wie

und

sein

Doppelspiel

damals der

mit

Frankreich

Friedenslegat

Selbstverständnis

Roms

zu

durchschauen

das

für

niederbegann.

Lassen wir die zweite Frage zunächst beiseite, so läßt sich der Übergang der französischen Seite zu einer nur mehr hinhaltenden Verhandlungsführung in der Friedensfrage sicher seit Anfang September

1555 feststellen.

Poles Vorschlag,

französischen

einen

der

beiden

schöfe, die an der Konferenz

von Marcq

hatten - Marillac oder Morvillier

Bi-

teilgenommen

-, mit

Vollmachten

nach England zu entsenden, wurde von Heinrich II. ab22

gelehnt

. Der Connetable Anne de Montmorency,

als Gegner

der von

den

Guisen

geführten

sonst

offensiven

Partei bekannt, die für eine Intervention in Italien eintrat, gab am 2. September dem Gesandten27 Noailles in London

eine

sehr

venezianische

zurückhaltende

Gesandte

in

Weisung

Frankreich,

. Auch

der

Giovanni

Mi-

chiel, bemerkte die seit Anfang September *} A Stimmung

. Pole

drücklicher

Weise,

seinerseits den Papst

bemühte wie

sich

veränderte in

nach-

Karl V. und

König

Philipp zu einer raschen und vollständigen

Beilegung

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

152

der im August aufgebrochenen Konfliktsituation zu veranlassen. (Daß dieser Konflikt Teil der von Carlo Caraffa

gezielt

betriebenen

Konfrontations-

und

Anti-

Friedensstrategie war, hat Pole damals vermutlich noch nicht

durchschaut.) Gleichzeitig

vor allem mit Hilfe

suchte

seines Mitarbeiters

der

Legat

-

Parpaglia

-

die Vermittlungsinitiative bei Noailles in London und 2ς bei Philipp in Brüssel voranzubringen . Doch

trotz

aller

Bemühungen

Poles

ver-

schlechterten sich die Chancen für die Fortführung der englisch-päpstlichen Friedensvermittlung von September bis zum Dezember 1555 zunehmend. Der Legat setzte die Kontakte

mit

Frankreich

über

den

dortigen

Nuntius

Gualterio und in direktem Briefwechsel mit dem Connetable Montmorency fort. Es gab in London einen intensiven,

ununterbrochenen

Meinungsaustausch

zwischen

Pole, dem Gesandten Noailles, der englischen Königin, dem kaiserlichen Gesandten Renard und Parpaglia. Dabei gelang es dem Legaten und der englischen Seite immerhin, dem französischen Gesandten den starken Friedens26 willen Philipps glaubhaft zu machen . Auf habsburgischer Seite schätzte man die

Kriegsentschlossenheit

des Papstes in der zweiten Oktoberhälfte bereits realistisch ein und rechnete mit dem baldigen

Ende

des

päpstlichen Doppelspiels und dementsprechend 27 mit offiziellen Ende der Friedenslegation Poles .

dem

gleich

artikulierte

sich

das

Noailles gegen die offensive

Mißtrauen römische

der

Zu-

Brüder

BUndnispolitik

Heinrichs II. und gegen die von den Guisen

geführte

Kriegspartei.

der

Dementsprechend

empfahl

jetzt

Ge-

sandte Noailles ein Eingehen des Königs auf die derzeit

günstigen

stillstands

mit

Chancen Philipp,

eines

Friedens

dessen

oder

politische

WaffenPosition

nunmehr durch die Abdankungen Karls V. wesentlich ge-

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

153

stärkt wurde. So kam zwar Pole mit seiner Absicht einer

Londoner

Fortsetzung

der

Friedenskonferenz

von

Marcq nicht voran. Dieser Absicht mußte ja die geheime französisch-päpstliche Bündnispolitik direkt entgegenwirken. Wenn sich in Frankreich indessen die Friedenspartei nochmals durchsetzte, dann lag es näher, einen anderen Weg nach Brüssel zu suchen als über den päpstlichen Legaten in London.

Insofern

begann

sich

hier

schon die Alternative abzuzeichnen, an dem päpstlichen Friedenslegaten vorbei den direkten

französisch-habs-

burgischen Ausgleich zu suchen. Dies bedeutete freilich nicht, daß der Weg zum

direkten

schon

Ausgleich

entschieden

unter

war.

Ausschluß

Poles

Paradoxerweise

damals

stellte

sich

heraus, daß die Aufrechterhaltung des päpstlichen Doppelspiels - öffentliche Friedenserklärungen bei zielstrebigem

Verfolgen

der

Kriegspolitik

- dem

zunächst die Chance bot, in einer sehr vollen

Situation

seine

Vermittlungsaktion

setzen. Daß Pole gegen Ende des Jahres

Legaten

widerspruchsdies

fortzuDoppel-

spiel Roms tatsächlich in seinem vollen Ausmaß durchschaut hat, läßt sich vermuten, aber nicht mit Sicherheit nachweisen. Seit

Anfang

November

wurde

durch

Philipps

Initiative ein direkter Kontakt mit der französischen Seite hergestellt. Man wurde sich einig, in der Abtei Vaucelles, Grenze

die

nahe

der

französisch-niederländischen

lag, Verhandlungen

aufzunehmen,

die

zunächst

nur dem Austausch von Gefangenen galten. Bald stellte sich heraus, daß die zum Ausgleich tendierende Partei des Connetable bereit war, weiter zu gehen. Unter Ausnutzung der Abwesenheit

des Kardinals von

Lothringen

in Rom machte sie ihren Einfluß auf Heinrich II. dahin geltend,

die

Verhandlungen

in Vaucelles

in

Richtung

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

154

einer Beendigung des Krieges auszuweiten. Dabei ist zu beachten,

daß

eben

nur

die

französische

Seite

das

päpstliche Doppelspiel unmittelbar kannte und in dies Spiel von Grund auf involviert war. Daher mußte französische

Seite

die

Frage

von

Einbeziehung

Ausschluß des päpstlichen Friedenslegaten Licht

sehen

als

die

habsburgische

in

Seite.

die oder

anderem

Wenn

sie

statt Kriegsausweitung den Frieden wollte, war sie angesichts der eben eingegangenen Bündnisverpflichtung mit Rom - in erster Linie auf eine geheime und direkte Vorgangsweise angewiesen, die den Papst dann mit dem fait

accompli

einer

französisch-habsburgischen

Ver-

ständigung überraschte. Als

Pole von

der

Verhandlungsabsicht

Gefangenenaustausch in Vaucelles erfuhr,

Uber

unterstützte

er das Projekt sogleich durch offizielle

Erklärungen

an Heinrich II. und Philipp II. Von seinem

Friedens-

auftrag her bedeutete dies, daß er eine Zweispurigkeit der Verhandlungen in London und in Vaucelles nicht nur akzeptierte, sondern die Direktkontakte 28

als Legat autorisierte

gewissermaßen

. Von Rom her wurde auf diese

Entwicklungen im Sinne eines verstärkten

Doppelspiels

reagiert. Einerseits inszenierte man dort für die europäische Öffentlichkeit Kundgebungen der Friedensvom

27·

und

Vermittlungspolitik.

November

wurde

mit

dem

Das

päpstlichen Konsistorium

Auftreten

der

aus

Frankreich angereisten Kardinäle Lothringen und29 Tour. Die

non zu einer großen politischen Demonstration

Kardinäle erstatteten öffentlich Bericht Uber die im päpstlichen von Marcq.

Auftrag Im

veranstaltete

Namen Heinrichs

II.

Friedenskonferenz stellten

sie

dem

Papst die Entscheidung Uber alle europäischen Streitfragen anheim. An Kardinal Pole erging erneut die Aufforderung

des

Papstes,

die

Friedensvermittlung

zwi-

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

155

sehen den Monarchen in die Hand zu nehmen. Paul IV. sprach von der Entsendung zweier Sondergesandter nach Brüssel und zu Heinrich II., um das

Friedenswerk

zu

fördern. Der älteste der Nepoten Pauls IV., der Graf von Montorio, sagte sich bereits am Kaiserhof

an und

ließ durch den Nuntius in Brüssel Quartier bestellen. Der Herzog von Alba, der von Mailand aus die römische Szene genau verfolgte, rechnete lichkeit einer nach Rom

damals mit

einzuberufenden

der

Mög-

Friedenskon-

ferenz. Andererseits versuchte die Kurie insgeheim mit allem Nachdruck, Heinrich II. zum Festhalten des Bündnisses

und

zur

Offensivplans

prompten

Ausführung

zu veranlassen.

Der

des

gemeinsamen

Herzog von

Somma,

das Haupt der neapolitanischen "Fuorusciti", wurde von Paul

IV. nach

Frankreich

entsandt:

Der

Habsburg müsse unverzüglich beginnen.

Krieg

gegen

"Ihr müßt dar-

tun, welchen Verdienstes der König bei Gott und welchen Ruhmes er vor der Welt teilhaftig wird; wir sind sicher, daß er dazu helfen wird, dies angefangene, so gute und überaus heilige Werk zur Vollendung zu bringen"

. Indessen mußten sich die Dinge zwischen Lon-

don und Vaucelles, zwischen Brüssel und Heinrich II. entscheiden. In Vaucelles bestanden die habsburgischen Delegierten nachdrücklich auf der in

Einbeziehung

Poles

die

Ausgleichsverhandlungen. Einer Grundsatzer11 klärung vom 27. Dezember entsprachen die Verfahrensvorschläge

der

Delegierten

am

1. und

am

10.

Januar

1556: Einberufung einer Friedenskonferenz wie in Marcq mit einer päpstlich-englischen Doppelvermittlung unter dem Vorsitz von Pole. Rasch zeigte es sich, daß mit dieser Verfahrensfrage die Frage des Verhandlungsziels aufs

engste

verbunden

war.

Wollte

rasch und direkt weiter verhandeln,

man

in

Vaucelles

so war eher eine

156

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

"kleine Lösung" zu erwarten: ein Wafenstillstand, der die eigentliche Regelung der seit mehr als einer Generation angehäuften europäischen

Konfliktfragen

offen

ließ. Die Option für eine Konferenz ä la Marcq konnte - sie mußte freilich nicht - zu einem Friedensvertrag führen, wie er bekanntlich erst drei Jahre später in Cateau-Cambresis zustande kam. Pole trat selbstverständlich für die

"große

Lösung" ein. Er entsandte Parpaglia nach Brüssel, ließ sich dort die Zustimmung Philipps und Karls V. zu einer Neuauflage von Marcq geben und wandte sich danach -32 sogleich an Heinrich II. . Er betonte dem König gegenüber seine eigene Bereitschaft und die Bereitschaft der Königin Maria und ihrer Minister, alles in ihrer Kraft Stehende für den Wiederbeginn der

Friedenskon-

ferenz zu tun. Doch indessen waren in Vaucelles

die

Würfel schon gefallen. Angesichts der eindeutigen und unerschütterlichen Weigerung der französischen

Seite,

für jetzt eine Wiederaufnahme der englisch-päpstlichen Vermittlung zu akzeptieren, gab die habsburgische Seite schließlich nach. Philipp hat lang auf giertenkonferenz

bestanden.

Erst

am

der

31· Januar

Dele1556

scheint er Renard und Lalaing, die habsburgischen Unterhändler in Vaucelles, ermächtigt zu haben, auf den französischen Vorschlag eines sofortigen Waffenstillstandsabkommens ohne Einschaltung der Vermittler

ein-

33 zugehen

. Für Heinrich II. lag nachweislich ein star-

kes Motiv für diese Entscheidung in der Befürchtung, die englisch-päpstliche Vermittlung könne dazu führen, daß die englische Seite die habsburgischen Forderungen nachdrücklich unterstütze. Insgesamt ist der Ausschluß Poles, den die Franzosen durchsetzten, in einem

komplexen

Zusammen-

hang zu sehen. Er entsprach einerseits der intrikaten

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

Situation

zwischen

Frankreich

und

Paul

IV.

157

und

in

Frankreich selbst, aufgrund deren eine rasche, unter dem

Ausschluß

Entscheidung

der

Öffentlichkeit

wUnschbar

war.

zustande

Der

Ausschluß

kommende ist

auch im Zusammenhang mit der Wendung von der

aber

"großen

Lösung" zum bloßen Waffenstillstand zu sehen. Demgemäß richtete der Legat sogleich nach dem Bekanntwerden der Vereinbarung von Vaucelles (5· Februar 1556) seine Bemühungen auf die Erweiterung des Waffenstillstands zu einem

Friedensvertrag.

Der

London ließ im Auftrag

französische

Heinrichs

II.

Gesandte

Pole

in

glückwün-

schend sagen, daß die Beendigung des Krieges durch das Abkommen von Vaucelles die

Frucht

der

Konferenz

von

Marcq sei. Auf die Enttäuschung der Kurie, deren Offensivpläne die von

nun

dorther

zunächst

durchkreuzt

einsetzenden

Scheinmanöver

des Papstes über Vaucelles - braucht Zusammenhang

nicht

mehr

waren,

und

auf

- Freude

im vorliegenden

eingegangen

zu

werden.

Es

dauerte noch bis zum Frühherbst des Jahres .1556, bis es der kriegstreiberischen

Politik

Roms gelang,

den

offenen militärischen Konflikt mit Habsburg zu provozieren und Frankreich zur Wiederaufnahme

des Krieges

zu veranlassen. Die weiteren Folgen dieses neuen europäischen Krieges, auch für die Ausbreitung und Festigung

des

Protestantismus,

besonders

in

Deutschland,

Frankreich, England und in den Niederlanden, sind bekanntlich hoch einzuschätzen. Die christliche Friedensidee, die aufs

engste

Kirchenreform

mit

der

Konzeption

verbunden

war,

einer

wurde

für

Pole

fundamentalen

damals

in

einer

Weise von Rom desavouiert, deren längerfristige Wirkungen kaum überschätzt werden können. Die Forschung, die sich heute auf der Basis einer verbesserten Quellenlage und mit erweiterten Fragestellungen an die da-

158

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

malige kuriale und europäische Politik wie an die Tätigkeit. und

Person

Reginald

Poles

herantastet,

hat

noch große Aufgaben vor sich. Die Fragen nach der Existenzform der Christenheit, nach

dem .geschichtlichen

Schicksal des Petrusamtes, nach der Authentizität der Heilsbotschaft wie nach der politischen

Verantwortung

der Christen in der Herausbildung der europäischen Moderne sind in der Mitte des 16. Jahrhunderts mit besonderer Schärfe gestellt. Die Gestalt des englischen Kardinals

Reginald

Pole,

der

als europäischer

Frie-

densvermittler wie als Reformtheologe und als "Restaurator"

einer

mit

Rom

verbundenen

englischen

Kirche

scheiterte, steht als ein großes Beispiel im Schnittpunkt

wesentlicher

Fragen,

neuzeitlichen Europa gelten.

die

dem

Werdeprozeß

des

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

159

1 Vgl. meine Darstellung: Christianitas afflicta. Europa, das Reich und die päpstliche Politik im Niedergang der Hegemonie Kaiser Karls V. (1552-1556). Göttingen 1964, S. 264ff. Für die englische Politik siehe Elmore Harris Harbison, Rival Ambassadors at the Court of Queen Mary. Princeton 1940; David Michael Loades, The Reign of Mary Tudor: Politics, Government and Religion in England, 1553-1558. London 1979 - deutsche Übersetzung MUnchen 1982. 2 Die Legatenkorrespondenz Poles ist von mir vor einigen Jahren ediert worden: Nuntiaturberichte aus Deutschland, 1. Abteilung, 15. Band: Friedenslegation des Reginald Pole zu Kaiser Karl V. und König Heinrich II. (1553-1556). Tübingen 1981; wichtig auch der gleichfalls von mir edierte Band 14 der Nuntiaturberichte aus Deutschland, 1. Abteilung: Nuntiaturen des Girolamo Muzzarelli, Sendung des Antonio Agustin, Legation des Scipione Rebiba (1554-1556). Tübingen 1971. Die beiden Quellenbände sind im folgenden abgekürzt zitiert: NB 14, NB 1 . - Die neuere Literatur hat sich vor allem mit den theologischen und kirchenpolitischen Aspekten von Poles Wirken beschäftigt. Siehe Dermot Fenlon, Heresy and Obedience in Tridentine Italy: Cardinal Pole and the Counter-Reformation. Cambridge 1972; J. Ignacio Tellechea Idigoras, Fray Bartolome Carranza y el Cardenal Pole. Pamplona 1977; Paolo Simoncelli, II caso Reginald Pole. Eresia e santita nelle polemiche religiose del Cinquecento. Roma 1977; ders., Evangelismo italiano del Cinquecento. Questione religiosa e Nicodemismo politico. Roma 1979· Vgl. dazu die weiteren Hinweise in NB 15, S. XIV Anm. 1 und XIX Anm. 12. 3 Lutz, Christianitas (Anm. 1) S. 287ff· Siehe zuletzt meinen Aufsatz: Kardinal Reginald Pole und der Weg zur päpstlich-englischen Vermittlung auf der Friedenskonferenz in Marcq. In: Festschrift für Geoffroy Elton. London 1986. 4 NB 15, S. 265. 5 Siehe NB 15, S. 362ff. und Royall Tyler (Ed.), Calendar of Letters, Despatches and State Papers, relating to the negotiations between England and Spain. Vol. 13, London 1954, S. 218. 6 Montmorency an Olivier; bei Guillaume Ribier, Lettres et memoires d'estat des roys, princes, ambassadeurs... Tome 2, Paris 1666, S. 614· 7 NB 15, S. 367· Siehe auch ebd. S. 269 und NB 14, S. 266. 8 Siehe Lutz, Christianitas (Anm. 1) S. 394 und NB

160

9 10

11

12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

15, S. 269 Anm. 6. Anders, mit Betonung der Eigeninitiative Parpaglias, die Darstellung von Harbison (Anm. 1). Siehe NB 14, S. 268. Siehe Poles Bericht an Paul IV., 6. Juli 1555; NB 15, S. 27Iff ·, ergänzend NB 14, S. 276ff. Dazu die dort angegebenen Quellen und Harbison (Anm. 1) S. 252ff., Lutz, Christianitas (Anm. 1) S. 396ff. Siehe den summarischen Bericht Poles an den Kardinalnepoten Carlo Caraffa vom 10. August: NB 15, S. 276ff. Dazu die Berichte des venezianischen Gesandten Michiels bei Rawdon Brown (Ed.), Calendar of State Papers and Manuscripts, relating to English Affaires, existing in the Archives and Collections of Venice. Vol. 6, London 1877/84, S. 142ff. sowie die Korrespondenz bei Rene Aubert de Vertat, Ambassades de Messieurs de Noailles en Angleterre. Vol. 5, Leyden 1763, S. 35ff. NB 15, S. 274ff. Ebd. S. 276. NB 15, S. 28Ο. Brown 6 (Anm. 11) S. 117. Siehe Lutz, Christianitas (Anm. 1) S. 396ff. Rene Ancel (Ed.), Nonciatures de France. Nonciatures de Paul IV. Tome Ier, Paris I909/II, S. LXIIIf. Orig. von der Hand des Annibale Ruccellai, siehe Lutz, Christianitas (Anm. 1) S. 399. Ebd. S. 380ff. und 399ff. Siehe Lucien Romier, Les origines politiques des guerres de religion. Vol. 2, Paris 1913, S. 21ff.; Lutz, Christianitas (Anm. 1) S. 401ff. Siehe NB 14, S. 312 und 329 und NB 15, S. 288ff. Dominique Vitalis, Correspondence politique de Dominique du Gabre. Paris 1903, S. 125f. NB 15, S. 280 Anm. 4Vertot-Noailles 5 (Anm. 11) S. 108ff. Die bestätigende Antwort des Gesandten vom 11. September ebd. S. 129ff. Brown 6 (Anm. 11) S. 179. Siehe NB 15, S. 281 Anm. 1. Siehe NB 15, S. 284 Anm. 4; insbes. das Schreiben Parpaglias an den Protonotar Noailles von 22. Oktober; Vertot-Noailles 5 (Anm. 11) S. 177ff. Siehe das Schreiben Renards an Parpaglia von 22. Oktober bei Vertot-Noailles 5 (Anm. 11) 'S. l65f. Siehe NB 15, S. 286f. Zum folgenden Lutz, Christianitas (Anm. 1) S. 406f; NB 14, S. 315ff.; NB 15, S. 288ff.

Lutz, Friedensvermittlung zwischen Habsburg und Frankreich (1555/56)

161

30 Ancel, Nonciatures (Anm. 17) S. 329ff. (21. Januar 1556). 31 Knappes Regest bei Tyler 13 (Anm. 5) S. 255; der französische Text, der offenbar zur Mitteilung an Pole wie an die französische Seite bestimmt war, bei Charles Weiss, Papiers d'Etat du Cardinal de Granvelle. Vol 4, Paris 1843, S. 520ff. und in NB 15, S. 295f. 32 NB 15, S. 301f. 33 Siehe Weiss 4 (Anm. 31), S. 533f. Für die französische Forderung auf Ausschluß der Vermittlung und Poles ist besonders aufschlußreich das Schreiben des Connetable an Noailles vom 14· Januar 1556; Vertot-Noailles 5 (Anm. 11), S. 297ff·, Neudruck NB 15, S. 378ff.

Jean Richard

Au temps de la celtomanie: Comment un historien bourguignon du XVI e siecle voyait les migrations des Burgondes

Dans une etude recente, M. Claude-Gilbert Dubois, qualifiant la premiere partie du XVTI e siecle frangais de "periode de frenesie celtisante", soulignait que cette explosion de celtomanie avait ete preparee par le XVI e siecle*. L'ardeur humaniste, nee de la redecouverte de l'Antiquite greco-romaine, avait en effet debouche sur l 1 exaltation

d' un

passe

gaulois

dans

lequel

d'auteurs de ce temps tenaient a redecouvrir cines

de

la

nation

frangaise,

non

sans

nombre les ra-

deployer

a

1

cette fin des tresors d ingeniosite. M. Dubois a mis en evidence le role joue par Jean Le Maire de Beiges dans ce mouvement. "Les illustrations

de

Gaule

et

singularity

de Troye"

de

cet

auteur, imprimees ä Lyon en 1509 et completees en 1513 par un "tiers livre", ont connu un prodigieux succes. Or un des themes abordes par Le Maire - dont il n'est pas inutile de rappeler qu'il s'attacha ä la fortune de Marguerite d'Autriche, fille Marie

de

Bourgogne

- n'est

de Maximilien

autre

que

le

et. de

rappel

du

destin commun de l'Allemagne et de la Gaule. Avant

d'entrer,

en

1498,

a

la

Chambre

des

Comptes du due de Bourbon, a Moulins, Jean Le Maire avait

ete

le

precepteur

des

enfants

de

Gabriel

de

Saint-Julien, seigneur de Balleure, et, de Franjoise de 2 Vergier . Cette famille, d'ancienne noblesse ot. de ΙΛΟyenne fortune, alliee aux Gorrevod qui faisa.ient par-

Richard, Au temps de la celtomanie

164

tie

de

1'entourage

3

1 1 archiduchesse

de

Marguerite ,

donna naissance, ä la generation suivante, a Pierre de Saint-Julien

de

Balleure;

ce

dernier

entra

1

1 E g l i s e et s'eleva a la dignite de doyen du cathedral d'etre

de

Chalon-sur-Saone,

choisi pour

representer

Etats de Bourgogne de

1566

occupe une place

honorable

guignons^,

revele

nous

ce

a

15^9»

parmi

humaniste: nous le verrons evoquer Le

son",

Maire

et

il

vinciarum Maire

de

Beiges

imprima

et

avoit qui

gongnons"^.

Quant

Julien,

avait

il

a

son

Saint-Julien,

qui

ecrivains fainille

Balleure

de

resta.it le

grand mai-

"Notitia

pro-

la

du

"De l'origine a

bour-

en nostre

venait

oncle,

contribue

valait,

"un vieil roman que

lui

a la fin de son livre,

du

laisse

l'extrait

civitatum"

lui

aux

sa de

chapitre

clerge

les

combien

fiere d 1 a v o i r abrite au chateau Jean

qui

1'ordre

dans

Claude

la

meme des

Le

Bour-

de

Saint-

"Couronne

Marga-

ritique" de son ancien maitre. On ne peut done s' et.onner

de

theorie

voir

le

doyen

qu'avait

de

Chalon

exposee

rester

1'ancien

fidele

preeepteur

ä

la

de

son

"De l'origine

des

pere et de son oncle. Quand il commenga

ä ecrire

Bourgongnons", Saint-Julien se proposait un objet. bien precis: il entendait contribuer a la defense des Etats de

Bourgogne

contre

1

royal. C est en effet

l'arbitraire en

son livre par l'imprimeur que du

royaume

d'Elu des Etats

tiquite cien

souhaitaient Aussi

de celle-ci

senat des

qui,

peuples

et

de

s'etait

et

les

disparition

entrepris

Chalon

1' impression

II exergait

il

prive"

la

avait-il

pour

Chesneau.

"les sieurs du Conseil

stitution.

gouvernement

1567 que le doyen

avait fait deinander un privilege ses fonetions

du

de

alors

persuade

chanceliers

de

cette

in-

de demonter

1' an1' an-

selon

lui,

cont.inuait

gaulois

dont

les

Bourguignons

etaient les descendants.

Richard, Au temps de la celtomanie

165

Ce travail, qui constitue

le

premier livre de "De 1' origine", etait acheve en 1573· Saint-Julien, diat.ement, sertations

cependant,

parce

ne

qu'il

voulut

qu'il allait

d'Autun, de Chalon,

le y

composer

de Macon

publia

pas

joindre

sur les

imme-

les

dis-

"antiquitez"

et de Tournus.

Celles-ci

furent imprimees ä la suite, en 1580 et 1581. Et c 1 est ensuite

qu'il

ecrivit

le

second

livre

de

"De

1'origine". Le tout fut publie en 1581. Mais, pratiquement, le second livre laisse de cote

"l'antiquite

des

Etats

lui a d'ailleurs donne pour

de

Bourgogne".

tit-re

"De

L'auteur

l'antiquite

et

vraye origine des Bourgongnons" et il le consacre tout entier au developpement

d'une

theorie qu'il avait

posee

livre

et

dans

son

premier 1

qui

avait

rencontre

des incredules. Ii s en est

explique dans une

preface

Givry,

adressee

a

Anne

de

nigne de Dijon.

Et c'est cette

drions retracer

ici.

abbe

theorie

de que

ex-

lettre-

Saint-Benous

vou-

"Je ne suis point de 1'avis de ceulx qui n'ont pu voir 1'origine des Frangois qu' a la lanterne

des

Romains",

affirme notre auteur, qui ajoute que les livres tant, des Gaulois avaient. ete estrangers

mal

advertis".

Bourgongnons..., aime

laisser

"escritz la pluspart

"Nos

soigneux

aux

de

autres

trai-

Gaulois,

bien

matieres

ainsi qu'il nous avertit. d'emblee

par

Francois

faire,

et

ont

mieux

d'escrire".

C'est

qu'on

ne

peut

s'en

tenir aux seules oeuvres des auteurs latins pour· connaitre l'histoire de la Gaule et des Gaulois^.T1 digne ignorer

meme: les

"combien torts

cesseurs, leur nom et

que

que

les

leur

Gaulois patrie,

reputation

ne leurs

ont souffert

s'in-

peussent predepar

les

Richard, Au temps de la celtomanie

166

Romains, si n'y a-t-il gent ni nation qu'ils estiment, 7

preuvent

et

Saint-Julien

honorentne

tant" .

prend

Nous

pas pour

voici

argent

affirmations d'origine romaine, a

la

avertis:

comptant

fois

les

parce

les Romains etaient mal informes et parce

que

que

leurs

historiens ont dissimule les grandes actions de leurs adversaires

en

les transformant. en

succes

de

leurs

propres armes. Saint-Julien

sait

fort, bien

guignons de son temps tirent que

nous

designons

que

leur origine

d 1 ordinaire

par

le

les du

nom

Bourpeuple

de

Bür-

gendes; mais il n'emploie pas cette appellation a laquelle il prefere le terme de

"Burgundiones"

que les

ecrivains latins ont utilise concurremment avec celui de "Burgundi" . II sait aussi qu'ils ont ete etabl.Ls en Gaule

par

AEtius;

et,

ä

partir

accepte la trame de l'histoire

de

qui

etait

admise en France, au moins grace au Robert

Gaguin

frangaise.

Mais,

et

a

s'il

ses

ce

de

il

couramment

"Compendium"

traductions

a choisi

moment,

en

de

langue

transcrire

"Bur-

gundiones" par "Bourgongnons", ce n'est pas sans rai-

8 son. II nous raconte comment, ses affaires 1 1 ayant. amene a Is-sur-Tille,

chez M. de Cirey,

seigneur

de

Villecomte, il y apprit, de la bouche de Guy Tabourot, auditeur

de

la

Chambre

des

Comptes

de

Dijon,

que

celui-ci "venoit tout a l'heure de faire terrailler et bescher es champs d'Ongne" - Ongne etant un lieu situe ο entre Lux et Tilchatel - "pour essayer s'il y pourroit rencontrer quelque chose qui peust confirmer partie des merveilles que

les

laboureurs

estoient

cou-

tumiers en compter". Or on venait de mettre au jour "une petite statue d'un de ces heraulds que les Romains nommaient

"feciales" ou bien de leur chef, dit

Richard, Au temps de la celtomanie

167

"pater patratus". II avoit une truye ä ses pieds, tenoit

une pierre

Nous

serions

tuette

de

et

sembloit.

plutot. tentes

bronze

1 1 en

de

l'effigie

vouloir

voir

d'une

dans

f rapper". cette

divinite

Mais ce qui compte, c'est que cette

sta-

gauloise.

decouverte

con-

firmait les dires des paysans selon lesquels, soixante ans plus tot, "on trouvoit en labourant les fondations des

edifices

qui

autrefois

y

avoient

D'ailleurs, le frere de l'auditeur, rot,

avait.

lui

aussi

fait

faire

este".

Guillaume des

Tabou-

fouilles

qui

avaient revele les restes d'un batiment dans lequel on crut reconnaitre un temple.*^ Ii n'en fallut. pas plus pour que Saint-Julien imaginät

de

baptiser

"Bourg-Ongne"

la ville

antique

dont les vestiges venaient de surgir du sol dans les "champs d'Ongne". Les habitants de ce "Bourg" se seraient

done

appeles

les Bourgongons;

et

cette

ety-

mologie lui paraissait beaueoup plus satisfaisante que celle que 1 1 on admettait jusque la sur la foi d'Orase et d'Isidore de Seville les

habitants

des

(les Burgondes

"burgi",

auraient

c'est-a-dire

des

ete

forte-

resses). Citant un texte sur lequel nous reviendrons, il reconnaissait. en

"Ognios"

un mot

fiant "divin et piain de deite"^. de

1 573}

il

se

auraient

adopte

gongnons

en

bornait par

souvenir

ä

supposer

reconnaissance du

celtique

secours

signi-

Dans sa redaction que

les

le

nom

que

les

de

Eduens Bour-

gens

du 12 Bourg-Ongne leur auraient apporte dans une bataille ; en 1581, son interpretation a pris une tout autre ampleur. Sur la foi de ce "vieil roman" provenant

de

Jean Le Maire qui etait conserve ä Balleure, il raconte comment, longtemps avant Jules Cesar, les Eduens etaient

entres

en

guerre

avec

les

Senons

qui

leur

168

Richard, Au temps de la celtomanie

disputaient. d'un

l'Auxerrois.

certain

avaient

"Bourg

sauve

L'arrivee

des

Dieux", 1

ceux-ci

d une

inopinee

clients

defaite

des

des

gens

Eduens,

certaine.

C'est

ici que notre historien suggere de reconnaitre dans ce "Bourg des Dieux"

Dijon, comme 1 1 a v a i t

non point

pose Chasseneuz, mais le fameux Bourg-Ongne. les Eduens abandonnent

de

gens

leur de

jeunesse

guerre

les Senons,

guerriere

fixe

territ.oire du Bourg,

Lä-dessus

leurs allies ä la vengeance

leurs ennemis de la veille; d'envoyer

sup-

a

sous

a un

Besanjon,

ou du moiiis en

de

pretexte

rassemblement

envahissent proje'.tant

le

1' in-

vasion. Du coup, les Bourgongnons se decident a imit.er les Galates,

ils

Lncendient

leurs maisons et

emigrent

en masse outre le Rhin. Voici rhenans.

done

"Pour

nos

ce

que

estoient

encores

point

resistance".

de

en

Bourgongnons les

Gaules

fraternite, Les

designer ici les Germains; terres gens

vaques

de

ne

bon

et

trouverent,

(ce

mot

parait. il cor-

aux nouveaux

forestz

esprit

transGermanie

dans d'autres cas,

nus

"Ces

la

ils

d'Alamans) concedent

"certaines

et

"Allemans"

respond a celui estendue".

devenus

et

de

ve-

grande

excellens

ou-

vriers" leur apprennent en retour ä travailler le bois et

le

fer;

"les

vindrent

plus

Allemans

estoit

Bourgongnons,

deux 1

nations

qu une.

Et

plus

usite

tous

furent

pour

(a

la

ce

longue) que

par-dela

le

que

communement

le

ne

de-

nom

des

nom

des

appelez

Alle-

mans " ^ . D'autres changements de nom vont

intervener.

Un parti de gens de guerre originaires

du

se joignent ä leurs voisins

pour

courses outre et font amitie

l'Elbe.

Iis y

"allemans"

rencontrent

avec eux. Ceci excite

la

Bourg-Ongne les

faire

des

Vandales

jalousie

des

Goths qui refoulent les uns et les autres en direction

Richard, Au temps de la celtomanie

des

"palus

Meotides"

ou

"Telle longue demeure nion

et

reputation

Bourgongnons,

de

partis

ils

sejournent

en ces lieux Scythes",

au-delä

de

longtemps.

leur acquit

ce

qui

1'Elbe

fait et

la

Goths,

s'entretenoient es

Gaule

et

ancestres

ailleurs

Scythes.

en 1 e s p o i r de quelque

avoient

les

lieux

ces

appeles

jour

dont

premierement.

que

ici

Toutefois

1

conquester

1'opi-

finalement

parvenus aupres de la mer d'Azov, se sont Vandales,

169

retourner

leurs

este

"ils

anciens

nommez

Bour-

ne gongnos" Ces tout.es

les

"Bourongnons l.igues

conquerans"

formees

centre

font

Rome.

partie Leurs

de

con-

generes, les "Bourgongnons du Rhin" sont beaucoup plus paisibles. Julius

Florus,

ancien sont

Iis

ont

toutefois,

franchi

territoire; reinstalles

le

mais, dans

11appel

ä

fleuve

chasses

leur

et

Trevire

reoccupe

par

pays

du

Galba,

leur

ils

se

d 1 adoption ^ .

Les

"Bourgongnons Scythes", eux, vaincus en meme temps que les Goths et. les Vandales par Dec.ius et Trebonien, et, reduits

a

30.000

d' une prophetesse leurs

Bourgongnons

mans" pour, avec

combattants, de

"se

du

Rhin,

ceux-ci,

lisation de ce projet

dits

se

sur

Bourgongnons

de noms ni

de

"Les Bourgongnons, finages.

estant

de centaines d'ans, avoient

La

Ces

perdu

reade

mes-

n'estoient

allemanisez

du tout

alle-

du fait

avec les Allemans,

et artisans bourgongnons,

l'avis

retirer. ..vers

rendue difficile

la resistance de ces derniers. plus distinguez

et

"entrer es Gaules".

est

lez par tant, de siecles

decident

sauver

rustiques par

tant

la sayve

du

Bourgongnon; le changement. de pays et de langue avoitaussi este accompagne de tout.es autres en A l l e m a n s " ^ . que

les

Aussi est.-ce ä deux

nouveaux

venus

doivent.

transformations

peuples

livrer

confondus

bat.aille

apres les avoir vaincus, offrir un accord.

et,

Richard, Au temps de la celtomanie

170

Un long temps s'ecoule encore jusqu'au moment ou les Bourgongnons proposent aux "Allemans" "de s 1 employer a rendre le traficq libre ent.re les Gaulois et les

Germains"

en

liberant

le

Rhin

de

romaine. Renforces par les Vandales,

la

domination

ils

passent

le

fleuve "sur les lisieres des Suisses" et parviennent au Val d'Ongne, pour y decouvrir" qu'ä peine se pouvoient recognoistre marques que la eust este un Bourg, ni pas un bien petit village". On se met a 1' oeuvre, et le Bourg-Ongne est bientot reedifie. Mais lä-dessus survient

1 1 empereur Aurelien,

qui

1 1 empereur

depose

des Gaules, et, "tenant les Bourgongnons pour Allemans naturelz", les refoule au-delä du Rhin. Detruisant le Bourg,

il

a

"basty

Bourg-Ongne". bourgongnon Asie

Cependant

apparait:

au temps de

congeneres

Dijon

pour

des

un

autre

ce sont

Decius.

Iis

assieger

restes qui se

et

ruines

du

rameau

du

etaient

passes

reunissent

Augsbourg,

en

peuple ä

en

leurs

Vindelicie;

Aurelien survient et les oblige ä se retirer. Tous ces evenements correspondent, evidemment ä la crise qu'affronta Claude II le Gothique et a la restauration 17 l 1 empire par Aurelien .

de

II n'est pas jusqu'ä la revolte des Bagaudes que notre historien ne parvienne a rattacher ä l'histoire

du

peuple

sorti

du

Bourg-Ongne.

Selon

lui,

"nostre histoire porte qu'un fort gros nombre de laboureurs et de charpentiers Bourgongnons s'estoit espanche par les Gaules et (comme ils estoient gens de grand travail, bons ouvriers et bon mesnagers) avoient faict tant de proficts qu'ilz estoient riches". Ce qui excita la cupidite des "prefets romains" qui les pressurerent

au point

que

"ceste

sorte

de

Bourgongnons

n'eust sceu sortir des Gaules pour retourner en leurs domiciles... que

leur

argent

η'eust

este

deeime

plu-

Richard, Au temps de la celtomanie

sieurs

fois".

majorite

d'entre

D' ou

leur

eux

s 1 est

rebellion. refugiee

cipales

trouppes des Bourgongnons

ceux-ci

se

portent

recueillir

les

Saint-Julien

dans

le

restes

relie

des

Cependant-,

"vers

les

reputez

pays

de

Langres

la

la

prin-

Alleinans";

Bagaudes.

artificiellement

171

pour

En

fait,

revolte

des

Bagaudes (286) a 1'incursion des Alamans que Constance defit en 298 au voisinage de Langres; et il transforme la vict.oire du Cesar en defaite... Finalement,

les

Bourgongnons

se

brouillent

avec leurs voisins "tant ä cause des salines comme du pasturage"

(il

s'agit

ici

du

Ammien Marcelin, sous la date

conflit de

que

309-370j

mans et Burgondes ä propos des salines 11

II

fut

1

decide

qu on

quitteroit

le

reste

d'abord

le

de

pays

l'Auxerrois

et

leurs des

bagages".

Sequanes,

finalement

le

Ala-

de la

Saale).

entierement

1 1 Alle-

raaigne et qu'avec 11arrnee marcheroient et

rapporte

entre

femmes,

Ainsi

puis

reste

le de

enfans

occupent-ils Langrois la

et

Bourgogne.

C'est seulement. alors que notre auteur place la guerre entre

le

roi

Gondicarius

et

AEtius,

qui

se

recon-

cilient, pour lutter de concert contre Attila. Une fois de plus, Saint-Julien a renverse la succession chrono18 logique des evenements . Mais il semble avoir oublie de nous dire si, devenus maitres du pays dont le souvenir avait hante leurs ancetres, les Bourgongnons ont songe a relever le Bourg-Ongne de ses ruines...

La

construction

semble-t.-il, Bourgogne. etre

rencontre

Dans

refutee

historique la

de

beaucoup

province

au debut

Saint-Julien 1

d audience

elle-meme,

du XVII£

e

siecle,

n'a hors

eile

pas, de

devait

lorsque

Dom

172

Richard, Au temps de la celtomanie

Plancher

ecrivit

generale

et

n'en

reste

comment

pas

le

le

premier

particuliere moins

doyen

de

volume

du

de

duche

qu'il

est

Chalon

de

son

"Histoire

Bourgogne".

interessant

a et.e amene

ä

de

II

voir

echafauder

une theorie aussi ingenieuse et aussi fragile. Lui-meme preface

1

a

1 abbe

livres...ne

s 1 en

est. explique

Anne

de

me pouvoient

Givry:

bien

dans

sa

"Trouvant

contenter,

la

place



les

eu

et cause

d 1 Ongne auquel

leur denomination, qui est. le Val recongneue

que

j ' ay

cours au lieu de leur .premiere possession estre

lettre-

fut,

jadis

le

rede

peut

Bourg-

Ongne...Ce poinct gagne, et adyerty par un vieil roman qu'ilz estoient partis de lä, je m e suis mis en queste pour ]es retrouver ou qu'ilz fussent. Suyvant leur piste et

1

trac, j ay

tirez

avec

les

tenuz

pour

vrais

gnoissoient avec

les

que

estans

Allemans

par

ceux

bien;

Vandales

et

furent

que

des

la

acquierent

estimez

danie, ilz furent jugez et ilz defirent

en

estoient

la

qui

leur et

ilz ne

ils

con-

joignirent,

nom,

puis

Enfin

en

que

l'empereur

avec

que

descendans

reputez Scythes;

batailie

re-

furent

les

se

Gothiques.

tirez vers les maretz Meotides ce nom

qu'ilz

Allemans;

pas

les Gothz et

congneu

doncques

reDar-

soubs

Decius

et

son fils..." A tout prendre,, cette demarche est assez "moderne".

Le

doyen

de

Chalon

ose

revoquer

en

doute

le

temoignage des "auctoritates" en arguant de ce que ces auteurs

de

rectement,

l'Antiquite ni

vestissaient

les

romaine

lieux,

ceux-ci.

ni

ne

les

[1 assied

connaissaient

faits, une

qu'ils

theorie

ceci

en

les lois de 1'evolution

partant

d'un

toponyme

tra-

nouvelle

sur un raisonnement etymologique - mais le X V T e ignore encore

di-

siecle

philologique

designant

un

site 1

-, ar-

cheologique ou il croit reconnaitre le nom d u n e ville

Richard, Au temps de la celtomanie

disparue.

Son

"Castrum"

de

ville

idee

meine,

Dijon

detruite

ont

les

constructeurs

transporte

la

hypo-

ce

"castrum"

des

avancee

villes

par

les

que 1 1 on aurait

admet

des mat.eriaux

d'alentour,

murailles

du

de

cit.adelle, n'est. pas invraisemblable, puisqu'une parfois

les

pierres

leur

porains

edifier

les

de

these

pour

que

173

archeologues

contem-

pu utiliser· pour

fournis

par

abandonnees

a

les

la

bät.ir

monuments

fin

III e

du

siecle. Le nom du Bourg-Ongne, q u 1 ä la verite il avait imagine

a partir

de

celui

des

paru fournir une explication Bourgogne;

de



Bourguignons,

la

il

n'y

ä

y

champs

d'Ongne,

seduisante

voir

avait

le

pour· celui

lieu

qu'un

d'origine

pas

-

avait deja ete franchi, en partant d'une moins de

satisfaisante,

Chasseneuz.

par

lui

et

a de

des

celui-ci

approximation

un

autre

auteur,

Barthelemy

Saint-Julien

s'est

fourvoye;

mais

sa

demarche η'a rien d 1 incoherent. Si, du

peuple

des

origines,

"bourguignon"

entre

trouve et.abli en Germanie Gaule,

nous

lui

fournir

le

son notre

les

ä

pu

il

se

installation historien

auteurs

informations

l'hist.oire

moment

que

interroge

des

passons

jusqu'a

constatons

consciencieusement de

nous

sur

en a

susceptibles

le

passe

des

"Bourgundiones". il a donne ä la suite de son livre la liste

de

prendre,

ces

auteurs:

relativement

eile

est

complete.

grecs de l'Antiquite,

longue

et,

Historiens

auteurs byzantins,

a

tout

latins

ou

ecrivains

de

la Renaissance comme Trithemius ou Beatus Rhenanus ont tous ete mis ä contribution. Si le tableau qui de

cette

nous

compilation

est

Julien,

devenu

dans

sa

ne

correspond

familier, conviction

avaient voulu passer

c'est que

les

sous silence 1

pas parce

ä

resulte

celui que

auteurs

qui

Saintantiques

les grandes

du peuple auquel il s i n t e r e s s a i t , a admis que

actions le nom

174

Richard, Au temps de la celtomanie

des Bourgongnons avait, ete remplace par celui d'autres peuples. Pline l'y encourageait, puisqu'il faisait des "Burgundiones" vandale;

un

Agathias

des et

elements Gregoire

de de

la

confederation

Tours

les

ratta-

chaient aux Goths. Le doyen de Chalon en a conclu que, lorsque

les

historiens

antiques

parlaient

des

Van-

dales, des Goths et aussi des Scythes ou des Alainans, il fallait

s'alteiulre ä retrouver

vocables les memes Bourguignons. chose

par

un

phenomene

de

il a explique

d'assimilation. 1

les fois ou une vague frontieres

sous ces differents Et

d envahisseurs

1'empire

romain.,

Ainsi,

toutes

se presente

estime-t-

il

la aux

que

les

Bourgongnons figurent parmi eux. Le cas des Bagaudes peut nous apparaitre plus ahurissant

encore, et

demontre

jusqu'ou

sa

confiance

dans la methode etymologique a entraine notre On a, nous dit-il, parfois le nom de

"Baccharides";

designe

ces

auteur.

rebelles

sous

comment ne pas y reconnaitre

celui de la ville de "Baccha", qui

etait

voisine

des

"maretz Meotides"? Or les Bourgongnons s'etaient, etablis dans cette region (les historiens d'aujourd'hui y voient

plutot. les Vandales

ou

les

Goths).

Done

les

Bagaudes sont, eux-memes des Bourgongnons... Mais ce qui

nous parait

le plus

surprenant,

c' est. l'histoire de la migration qui a porte les habitants du ßourg-Ongne de 1'autre cote du Rhin, allaient

se germaniser.

Ici encore,

il ne

ou

ils

semble

pas

que Saint-Julien ait invente cet episode. II cite "une vieille histoire en langage

roman",

que Le Maire de Beiges avait laisse

ce

"vieil

roman"

a Balleure'^.

Ce

texte parait avoir ete connu par une autre source.

Le

jurist.e

autunois

Barthelemy

qu'il avait appris du premier

de

Chasseneuz

president

au

raconte Parlement

de Dijon, Humbert de Villeneuve, que celui-ci,

durant

sa

capt.ivite

Chasseneuz

en

le

175

ecrit

dont

Suisse,

avait

lu

un

nous donne un apergu. On y

Eduens, qui dominaient sur

Richard, Au temps de la celtomanie

point

d'etre

alors toute

vaincus

par

lisait

la Gaule

les

Senons,

ete sauves par l'arrivee de "quidam ex burgo et. que

de ce moment

les memes

que

Eduens

les

celtique, avaient Divione",

avaient

pris

le

"Burgundiones" , "ex burgo Divione"^ 0 . Ce texte 21 parait. et.re reste manuscrit . , mais Jean Le Maire en

nom de

aurait

connu

un

autre

exemplaire,

celui-ci

liient en langue frangaise. C' est, de la que a

tire

que

les

de-routte"

quand

Dieux";

il

et

"Heduois"

etaient

survinrent, que

la

vengeance

designer

"quasi

"gens

du

en

vau-

bourg

des

Chasseneuz

dans ce meme roman que notre auteur de

Saint-Julien

s'est 22 trompe en "burgo Divione" a "burgo deorum" . Est-ce

substituant

estime

les

certaine-

des

Senons,

le chef supreme des

a trouve le

auxquels

il

Gaulois

(le

dessus des Gaules") apres les Eduens

recit

revenait "grand

de

par-

et. avant. les Se-

quanes, chaque peuple designant ce magistrat. a tour de role? C'est af firmer

tres vraisemblable; mais nous ne 1

decouvrit. 23la mention de l'exode des gens du Bourg outre le Rhin . Ceci

se

que

c est

passait,

egalement

nous

l'arrivee des Romains:

dit-il,

la

saurions

1

qu i 1

bien

longt.emps

moire (du Bourg-Ongne) en est.oit perdue, propre

avant

"desja au temps de Cesar la mesinon sur

le

lieu". Le

temoignage

de

Saint-Julien

un autre texte qui, ä la difference

du

fait "vieil

penser

a

roman",

nous est parvenu - un texte qui parait avoir et.e ecrit au debut, du X T V e siecle et remanie en 1330, d'abord en latin

avant

s'agit dont

le

d'etre

de la

"Roue

propos

legendaire

du

de

semble pays

en 9 frangais au X V I e . II Λ Fortune" , curieuse narration

traduit

de

etre

de

Langres

raconter en

y

une

histoire

dormant, la

place

Richard, Au temps de la celtomanie

176

principale ä deux lignees seigneuriales, 1 1 u n e appelee ä

decliner

(les

Mauregard

de

Mirebeau-sur-Beze,

venus les "fous de Vesvres"), 1'autre restee (les Grancey) . Non content de de

ces

dont

families

les

plus

un

nombre

inattendu

rattacher sans

illustre

a la

impressionnant est

de-

seconde

de

doute

saints Frangois

d'Assise, 1 1 auteur remonte bien avant la naissance du Christ, evoquant la venue des Troyens en France ou ils fonderent Reims et Paris, situant au pays des

"Leuci"

les grandes villes de Grand et de Moncel (?), mentionnant

1'existence

des

geants,

(Bourlemont) et de Hautgue le

chartrier

composition

de

l'abbaye

rend

les royaurnes de

(Auvet, de

ceci

Theuley).

parf aiteinent.

en

Cilline

utilisant

Cette

etrange

vraisemblable

la

re-

daction, vers le meme temps, d'une chronique remontant au temps des Gaulois, mettant, en scene

les

Eduens

et

les Senons et les habitants d'un "bourg des Dieux" qui aurait pu etre Dijon, n'en deplaise au

doyen

de

Cha-

lon. II utilise

pour

est

done

retracer

possible

que

l'origine

Saint-Julien

des

ait

Bourguignons

un

texte de ce genre, ce qui reduirait la part de son invention. II n'en reste pas moins que 1'agencement neral peuple est

de

cette

gaulois

bien

son

reconstitution passe

oeuvre.

des

en Germanie Mais

aventures

et

ce qui

ressant, du point de vue qui nous 1

revenu

de

gece

en

Gaule

le

plus

inte-

retient

ici,

c 1 est

est

1 image que se fait un erudit du XVI

e

siecle des cir-

constances qui ont amene un peuple a s'etablir en Germanie,

puis

wanderung" .

en

Gaule,

au

temps

de

la

"Völker-

Richard, Au temps de la celtomanie

177

Saint-Julien est un celtomane, certes, et. le desir de 1 1 illustration

restituer

aux

mentation

exclusiveraent

prives

l'a

siste.

Mais

Gaulois

amene

a

son

latine

proposer

propos

est

une

ne

se

dont

une

docu-

censee

les

avoir

restitution borne

pas

fantai-

la.

Comme

d'autres auteurs de son temps, il entend fonder sur le passe gaulois les libert.es des Frangais du XVI e siecle et,

dans

ce

vinciales,

cas

en

particulier,

insistent

sur

les

cette

libert.es 1

notion

d un

propacte

federatif qui eut, une si grande vogue dans la seconde 2S moitie du siecle

. II fallait done que les fondateurs

de la Dourgogne fussent des Gaulois. Son aille

a

attachement

l'encontre

de

ä sa son

province

loyalisme.

n'a

rien

Aussi

porte a attribuer aux Francs la meme origine

qui

est-il gauloise

qu'aux Bourguignons, tout en reconnaissant que "l'origine des Frangois est cont.entieuse" , ce qui 1 1 amene a ne pas prendre parti ent.re les theories en p r e s e n c e ^ . [1

laisse

s'attache

done

cette

question

dans

1'ombre.

essentiellement. ä la demonstration

Et

il

sur

la-

quelle s'appuyait. toute sa defense de l'antiquite

des

Etats de Bourgogne: que les ancetres des ont

connu

toute

les

plus

1'Europe

elonriant.es

sans

Bourguignons

migrations

jamais

perdre

a

travers

leur

qualite

d'autochtones dans cette Bourgogne ou ils ont fini par se reinst.aller . Ce

qui

fait

Bourg-Üngne n'ont pas

que

les

renonce

anciens a

revendiquer

trie, e'est. le serment. qu'ils ont. prete quitter

celle-ci,

serment

qui

habitants

les

leur

au moment

engageait

a

du pade

faire

tous leurs efforts pour la reconquerir. C'est leur religion,

et

Saint-Julien

insiste

sur

la

force

de

ce

sentiment religieux, qui maintient le souvenir de ce serment et, sa force contra.ignante 27 . Rien d'et.onnant ä

178

Richard, Au temps de la celtomanie

ce qu'ils soient de toutes

les

ligues

par

lesquelles

les peuples du Nord s'associent pour combattre les Romains, puisque la presence de ceux-ci pose a 1'accomplissement qu'au

voisinage

gongnons

des

de ce serment

"palus

s'entretenoient

retourner

es Gaules".

retrouvant

la vallee

en

Et. nous de

solennel. Jus-

Meotides", l'espoir

"les.

de

ils

Bour-

quelque

comprenons

la Tille,

s 1 op-

en Gaule

qu 1 en

bien

ont

jour

du

y

re-

couvrer tous leurs droits ancestraux, y compris celui d'etre representee par

leurs

la representation de chaque

Etats,

au

categorie

de role, selon les exigences de la

sein

desquels

s'opere

Roue,

a tour

dont

Saint-

Julien affirme qu'elle etait l'objet. d' un culte de la part des Gaulois... Mais, une

origine

en revendiquant

gauloise,

il

pour

se garde

les

Bourguignons

bien

de

contester

leur germanite. Celle-ci resulte a ses yeux, et d 1 une longue cohabitation, entrainant

1'adoption des

moeurs

et de la langue de leurs voisins, et de l'accueil frat.ernel

que

ceux-ci

Bourg-Ongne.

avaient.

reserve

aux

Les deux peuples se sont

fugitifs

allies

du

par

ma-

riage, et c'est, associees les unes aux autres que des fractions faire

belliqueuses

des

courses

de

chacun

au-delä

de

d'eux

sont

allees

On

not.era

l'Elbe.

d'ailleurs que Saint-Julien, tout convaincu qu'il soit de la precellence de la noblesse, vo'it dans ses Bourgongnons habiles

essentiellement ä

travailler

le

des

gens

fer

et

le

qui

vont, s' employer

boureurs et bon charpenti ers,

pacifiques, bois,

fort

bons

lade

leur metier· jusque dans la Gaule romaine. Ce η'est pas un

peuple

guerrier dont

revendiquant appelle

les

il

fait

le

des qualites guerrieres "Bourgongnons

tableau, pour

conquerans"

alles chercher fortune au loin.

et

tout, en

ceux qui

qu'il sont

179

Richard, Au temps de la celtomanie

C'est encore une politique volontaire de mariages

qui

Vandales.

associe Et,

etroitement

quand

les

les Bourgongnons

"Bourgongnons

aux

Scythes"

re-

viennent au pays du Rhin et qu'il ieur faut s'imposer par les armes aux Bourgongnons du pays et aux Allemands qui ne font qu 1 un seul peuple avec eux, c'est en souvenir

de

1 1 acceuil

d'autrefois

qu'ils

vaincus des conditions fort douces.

font

"On dit

aux

commune-

ment", remarque notre auteur, "que les differends survenus

entre

amis,

s'ilz

sont

appaisez,

renforcent

l'amitie. Ainsi en advint-il entre les Bourgongnons et les Allemans". "Ce me fait croire", ajoute-t-il, "que les modernes, advertis de ceste union et amitie...ont este meuz de croire que les Bourgongnons estoient naturelz Allemans"^. D'ailleurs Gaulois et Germains sont lies de maintes manieres. Au temps de la ruine du Bourg-Ongne, "les Gaules et la Germanie estoient encores ternite". viennent traficq

Quand aux

libre

les

abords

"Bourgongnons du Rhin,

entre

les

c'est

Gaulois

en

fra-

conquerans"

re-

pour

et

les

"rendre

Germains",

autrement dit pour retablir entre eux cette "fraternite".

Si

les

"Allemans"

passent

le

ancienne

en

Gaule,

"sollicitez et encouragez par leurs allies et voisins les Bourgongnons", ce η'est pas "pour travailler

les

Gaulois desquelz ils estoient amis, mais pour en desnicher les Romains et leurs legions". Car les Romains sont ces oppresseurs dont il appartient aux peuples de Germanie

de

liberer

les

peuples

des

Gaules:

"les

doleances des Gaulois on merite que les Bourgongnons, maintenant

Vandales,

puis

Gothz,

Allemans, en eussent pitie".^

puis

Scythes,

puis

Richard, Au temps de la celtomanie

180

Sans

doute

le

parti-pris

anti-romain,

herit.e

de

Le

Maire de Beiges, a-t-il entraine Saint-Julien ä s'imaginer que les "peuples septentrionaux", depuis la conquete des Gaules par Cesar,

etaienb

toujours

pret.s a

former une ligue pour lutter contre Rome - ligue dont, les Scythes seraient, les animateurs la

fin

du

IV

e

siecle,

1

1 intermediaire

des

incit.ent.

Goths,

ä

representent

la

lui,

revanche,

des vaincus de 52. Germains

les

Burgondes,

attaquer

main). En quelque sorte, pour sions

(c'est. eux qui, a

et

1'empire

les grandes

longtemps

Gaulois

par ro-

inva-

attendue,

sont

associes

dans cette revanche. Le doyen de Chalon se distingue de la plupart des autres celtomanes de ce

temps

des

et. Germains.

rapports

entre

Gaulois

dans

sa

conception Les

autres

ecrivains, en effet, manifestent ä ce propos un sentiment

de

superiority

qui

parait

etranger

ä

notre

30 aut.eur

. Tout

au plus explique-t,-il

les

excellentes

relations nouees entre Allemands et Bourguignons, lors de

la premiere

installation

de

par le fait que les seconds

ceux-ci

en

Gerinanie,

apportaient, aux

premiers

de nouvelles techniques dont ces derniers profiterent; ceci ne va pas tres loin. Saint-.Jul Len η'est. ni moins loyaliste, ni moins nat.ionaliste, que les autres ecrivains frangais. Mais propos

est

invasions" 1

1 origine

son opt.ique est. different.e.

d'apporter en y

une

gauloise

1

de

1 un

associes a ce mouvement. complete

germanisation

"Bourgongnons" lui

etaient

permet.f'.ait,

caractere

explication

incorporant

de

ne

germanique

sa

propre

des

des

"grandes

hypot.hese

peuples

peuple:

totalement. pas des

selon

lui,

"allemanisez".

met.tre

en

Burgondes,

sur

germaniques

T1 l'a fait, en suggerant

de ce

Son

question tout

une les Ceci le en

revendiquant. pour eux dans le pays de leur nouvel eta-

181

Richard, Au temps de la celtomanie

blissement

d 1 autochtones

la qualite

et

le

privileges

qui en decoulaient. Pour Saint-Julien, done, en depit d 1 u n e celtomanie

vigoureusement

affirmee,

la

"germanite"

des

ancetres des Bourguignons ne pose aueun probleme. Elle lui est meme 1'occasion d r installer sur les liens privilegies des Gaulois avec les

"Allemans"

fraternite, qu'il oppose

ä une

vers

peut

les Romains.

On

ne

et

hostilite ecarter

sur

leur

commune

en-

pensee

que

la

cette attitude transpose dans le passe une

conception

1

qui est celle d u n lettre, homme politique mais

aussi

erudit

d'hi-

aux

perspectives

tres

larges,

stoire allemande a 1'occasion anecdotes

figurant

dans

curieux

(comme

le montrent les 31 "Gemelles") . II vaut

ses

sans doute la peine de noter qu'il ne s'agit pas d 1 u n e conception isolee. Une parait, pas niers

Valois,

relations C'est

avoir

ete

en liaison

vision

avec

franco-allemandes

sans

doute

dans

"protecteur de

des

la

Charles

IX,

une

sur

qu Henri

libertes

de

a la

a

des

certaine

le

plan

II s etait

des

politique. sa

lutte

proclame

par

beaucoup

election du roi de France a 1'Empire.

ne

der-

idee

de

1

allemandes"; on

l'histoire

France

perspective

1

contre les Habsbourg autour

telle

etrangere

la

suite,

pense Mais

le

a

la

une

notion

d' une fraternite des deux peuples frangais et. allemand plongeant ses racines dans un passe tres ancien semble avoir

*ete

familiere



troisieme quart, du XVI

beaucoup

d'esprits

dans

le

siecle.

N'en prenons pour temoignage que le programme mis sur pied par la v'lle de Paris pour

1'entree

lennelle dans la capitale de la jeune reine d'Aut.riche, le 29 mars qui a commente scriptions

dans

elaborees

so-

Elisabeth

1571. L' echevin Siinon Bouquet,

un ä

livret, les cette

scenes

occasion

et

les

evoque

inpre-

Richard, Au temps de la celtomanie

182

cisement 1'antique fraternite des Gaulois et des Germains (le nom de ceux-ci, selon des auteurs ne venait-il pas de ce qu'ils etaient "germani", des Gaulois?), la

lutte

les

des

anciens, "freres",

deux

peuples

contre le "süperbe Romain", la "conformitez de moeurs des

deux

nations",

autant

de

Themes

que

nous

re-

trouvons sous la plume de Saint-Julien. Et, annon-jant le renouvellement de cette union ä la faveur du mariage dont la descendance

pourrait

regner

conjointe-

ment sur les deux pays, une inscription proclainait: "Que d'Europe et d'Asie on taise le renom, 12

France Allemagne soit de l'univers le nom" Le doyen de Chalon n'allait vision

de l'histoire

des

η'est

cependant

tres

pas

Gaules

et

pas si loin. Sa de

differente

la de

Germanie celle

de

1' echevin Simon Bouquet. Mais, pour et. re etranger aux preoccupations qui tournent. autour d 1 un mariage royal et d'une eventuelle election imperiale, son temoignage η 1 en a peut-etre que plus de valeur.

Richard, Au temps de la celtomanie

183

1 Claude-Gilbert Dubois, Celtes et Gaulois au XVIe siecle. Le developpement litteraire d' un mythe nationaliste. Paris 1972. 2 Philipp-August Becker, Saint-Julien de Balleure und Jean Le Maire. In: Zeitschrift für neu-französische Sprache 51 (1928) p. 294-302. 3 Jean Richard, La fortune d 1 u n e famille noble au debut du XVIe siecle: les Saint-Julien de Balleure. In: Annales de Bourgogne 46 (1974) P· 147-156. 4 Leonce Raffin, Saint-Julien de Balleure, historien bourguignon. 1519 ?- 1 5 9 3 · Paris 1926. 5 Pierre de Saint-Julien de Balleure, De l'origine des Bourgongnons et antiquitez des Etatz de Bourgogne. Paris, N. Chesneau, 1581. 6 De l'origine, p. 183, 5 4 3 . 7 Id., p. 542. 8 Id., p. 28. 9 "In agro Langrensi circa Tillium fluvium inter Luzam et Thilcastellum", d'apres le commentaire de la carte de "Burgundiae inferioris quae Ducatus nomine censetur", datee de 1584 j due ä Etienne Tabourot (Abraham Ortelius, Theatrum orbis terrarum, 3e ed., Anvers 1 5 8 4 , ρΐ · 28). Le lieu exact a ete identifie d'apres le plan cadastral de Lux (Cöted'Or) et les reconnaissances aeriennes par Mile Frangoise Vignier (communication aux Journees archeologiques de Dijon, 1976), sous le titre: Une orientation de recherche: des photographies aeriennes aux plans du XVIIIe siecle. In: Journees archeologiques 1976, p. 5-6. 10 De l'origine, p. 18 — 19· Cette decouverte etait-elle dejä intervenue quand Saint-Julien ecrivit "De infantia et adolescentia Burgundionum", qu'il aurait. dedie vers 1553 au president Begat (Philibert, Papillon, Bibliotheque des auteurs de Bourgogne. Dijon 1742, p. 226). 11 De l'origine, p. 30. "Ognios" vient-il du nom du dieu gaulois "Ogmios"? A propos des villes disparues dont le nom survit dans la toponymie, SaintJulien evoque "Alexia", devenu le mont Auxois, "Lansuyne le Grand" ("Latisco" ) , devenu le mont Lassois, et "Afrique pres de Flavignerot", eponyme suppose du mont Afrique. 12 De l'origine, p. 21-22. 13 Id., p. 550-575. 14 Dans toute cette construction, on reconnait un element hist-orique: la descente des Goths dans la basse vallee de la Vistule d 1 ou ils chasserent. les Vandales, qui gagnerent 1'Ukraine.

184

Richard, Au temps de la ceitomanie

15 Ce qui fond en un seul evenement la revolte de Florus et- Sacrovir (21) et celle de Civilis (69). 16 De l'origine, p. 621. La guerre entre Decius et les Goths dont- il s'agit ici nous place en 251: Goths, Burgondes et Scythes attaquent 1'empire romain en 252. 17 Les incursions des Goths en Asie mineure ont lieu sous Gallien (262-268), 1 1 invasion des Alamans en Gaule en 260. Aurelien defait les Juthunges et les Vandales en Vindelicie en 270 et soumet Tetricus en 273. Pour Saint-Julien (p. 644; cf. aussi p. 649), "les gens de guerre bourgongnons qui estoient passez es Gaules, voyans leurs Bourg-Ongne destruict et. leurs peines perdues. . . prindrent advis de se ret-irer en Allemagne file ä file et s'allerent joindre aux Bourgongnons venus d'Asie qui t-enoient Augsbourg assiege". 18 II place correctement, lors de 1'invasion de 406 1'entree des Burgondes, associes aux Goths et aux Vandales, a l'ouest du Rhin. Mais il situe les progres de 1'occupation burgonde dans la future "Burgundia" immediatement, apres, supposant qu'ils susciterent la reaction d'AEtius, alors que le conflitentre celui-ci et les Burgondes se place vers 436, et- 1' installation de ceux-ci en Savoie apres 443* 19.Ce "rowan", dit.-il, ava.it et-e prete par lui au car dinal de Lorraine qui ne le lui avait pas rendu (p. 542). 20 Bartholomeus Chassaneus, In Consuetudines ducatus Burgundiae...Commentaria. Frankfurt, Feyrabend, 1576, p. 11 ("cum semel fuissent- Hedui superati etdevicti a Gallis Senonis, insurrexerunt- quidam ex Burgo Divione, quod tunc erat- sub ditione Ileduorum, qui Gallos Senones superaverunt et devicerunt, et tunc dicebatur quod Senones fuerunt devicti a quibusdam ex burgo Divione, ex quibus tunc nomen sumpserunt. Burgundiones qui prius Hedui dicebantur"), Humbert de Villeneuve, president du Parlement de Dijon de 1505 a 1515 (Fleury Vindry, Les parlementaires frangais au XVIe siecle. Τ. I, Paris 1909, P· 140) avait et-e enleve par les Suisses pendant les negociations qui suivirent le trait-e de Dijon (Abbe Jules Thomas, La delivrance de Dijon en 1513 d'apres les documents cont-emporains. Dijon 1898, p. 315-317). 21 "Les livres de telz aut.heurs ne se trouvent publiez11 . 22 "Ceux qui ont. escrit de cecy en latin ont dit que du bourg des dieux sortit un secours si utile" (p.

Richard, Au temps de la celtomanie

185

542). "Roman" signifiant un ouvrage en frangais, on peut se clemander d ' ou Sa int-. Julien a tire cette informant.ion. - Sa refutation de Chasseneuz: p. 22. Serait-ce lä que Saint.-Julien aurait trouve le chiffre de 1ό3·700 personnes comme celui des emigrants du Bourg-Ongne? Emile Jolibois, trad., La Roue de Fortune ou Chronique de Grancey, roman genealogique ecrit au commencement du XlVe siecle. Chaumont. 1857· Le texte latin en fut. traduit en frangais en 1556. Henri Drouot, La premiere L.igue en Bourgogne et les debuts de Mayenne (1574-1579). Notes. Dijon 1937, p. I64-I66. De l'origine, p. 645-649. "De ma part η' ayant. autrement grand soing de resoudre si les Frangois sont race de Troyens, selon Tritemius, ou Gerinains or.iginelz, selon Rhenanus et ses sectaires, ou indigenes, c 1 est a dire en celle portion des Gaules...particulierement nommee France", il ne leur attribue pas moins d'etre, comme les Bourguignons, "passez en Allemaigne pour decliner de servir les Romains", tout en voyant en eux les Sicambres qu1 Auguste avait, transferee en Gaule (cf. Busse, p. 436). - Sur la legende troyenne, cf. Robert. Folz, Sur la legende d 1 origine des Francs. Γη: Memoires de 1 ' Academie des Sciences, Arts et Belies Lettres de Dijon, t. 126 (1983-1984) P· 187199. On constate qu'il ne mentionne plus la fidelite du peuple bourgongnon ä son serment ä partir du moment od il raconte comment il se converf.it au catholicisme (en niant qu'il eüt et.e arien), ce qui entraina la substitution du roi au "hendin" et de l'eveque au " sinist" . Mais il n'etablit, pas expressement de rapport entre ces faits. De l'origine, p. 627-629. Ld., p. 633, 650, 655. Alors qu'il est t.res sensible, par exemple, chez Guillaume Postel, que Μ. Dubois (note 1) a particulierement etudic. Gemelles, ou Pareilles recueillis de divers auteurs tant grecs, latins que frangois. Lyon 1584 (l'auteur, ici, imite les "Vies paralleles de Plutarque", mettant en parallele des anecdotes d'origine t.res diverse, dont celle de l'archeveque de Mayence devore par les rats). Pierre Champion, Charles EX. La France et le controle de 1'Espagne. Paris 1939, t. I, p. 349-355. Une autre inscription va dans le meine sens:

186

Richard, Au temps de la celtomanie

"Ainsi tant que la Paix, chassant de nous la guerre, Joindra comme jadis les Germains aux Gaulois, Et 1'une et 1'autre gent tiendra dessoubs ses loix, De deux n'estant plus qu'un, 1 1 empire de la Terre."

Karl Josef Seidel

Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden in Deutschland und Frankreich (1555-1614)*

In einer

seiner

Luther-Predigten

berichtet

Johannes

Mathesius, der Reformator habe gegen Ende seines Lebens

einmal

Uber

den 1

"Dieser König hätt.

König

von

Frankreich

gesagt:

eines Luthers, oder ich eines sol-

chen Königs bedurft"^. Luther gab hier offenbar einer Wunschvorstellung Ausdruck, wie das von ihm verkündete Evangelium durch einen ungehemmten Siegeslauf in einem großen,

geeinten,

grenzen

und

durch

keine

fürstlichen

territorialen

Zwischengewalten

Binnen-

behinderten

Königreich die Reformation der Kirche in ihrer Totalität hätte vollziehen können. Wenn eine solche Interpretation dieser Äußerung erlaubt ist, so bleibt doch zu fragen, ob dem alternden Reformator verborgen geblieben war, daß dieser König Franz I. die

Anhänger

des evangelischen Glaubens in seinem Reich ferro et 2 igni verfolgen ließ . Die Voraussetzung jener Fiktion aber wäre

doch

gewesen,

daß

der

Roi

tres

chretien

Luthers Person und Lehre so gewogen gewesen wäre, wie es etwa die sächsischen Kurfürsten, Luthers Landesherren, unwandelbar geblieben waren. Bedingung

des

Erfolgs

der

Dies war

lutherischen

die

eine

Reformation;

die andere lag gerade eben im kleinstaatlichen, ständisch-föderalistischen das eine Spinnen

Zentralgewalt wir

den

System wie

des

Heiligen

Frankreich

Gedankengang

nicht

nicht fort:

Reiches, kannte. denn

je

länger man diesen Ausspruch Luthers überdenkt, desto stärker rückt dessen paradoxale Ambivalenz ins Bewußt-

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

188

sein. Generell lag einem

solchen

Denken

zugrunde

elementare und hier nicht näher zu erläuternde der

untrennbaren

gion,

Verflochtenheit

von weltlicher

Macht

und

von

und

als etwas

sacerdotium

tradiert

Gottgewolltes

und

Faktum

und

Reli-

geistlich-kirchlichem

Bereich, wie sie das Mittelalter regnum

Staat

das

in

der

hatte,

Symbiose

von

die

allgemein

Naturgegebenes

empfunden

wurde. So ist die causa Lutheri, der kanonische Ketzerprozeß eines einzelnen,

zum

Politikum

und

auf

dem

Wormser Reichstag von 1521 zu einer Sache des Reichsrechts

geworden,

obwohl

dieses

Forum

nach

geltendem

Recht dafür gar nicht zuständig war. Die Verflechtung von geistlichem und weltlichem Element, von spirit.uale

und

bracchium

saeculare,

hätte

bracchium eigentlich

nur darin bestehen dürfen, daß die Reichsacht

automa-

tisch über Luther verhängt worden wäre, nachdem er in ordentlichem kanonischem Verfahren verurteilt, die Widerrufsfrist verstrichen, und das Urteil damit rechtskräftig geworden war. So sah

es das

Reichsrecht

vor,

1

das das kirchliche Ketzerrecht raitumschloß . Rücksicht auf

die

Reichsstände,

die

allgemeine

Luther und contra Rom - ein Bündel hier nicht zu entwirren Karl

V.,

Luther

nach

von

Stimmung

pro

Ursachen,

das

ist -, bestimmten Worms

zu

laden

Reichstag zu hören. Dies war, wie

schon

schließlich

und

vor

Hubert

dem Jedin

formulierte, "der erste Schritt vom Wege des strengen kanonischen Rechts"^ und Recht

betont,

rechts"*.

Daß

auch die

vom

damit, Wege

Reichsstände

wie

des vom

Konrad

Repgen

weltlichen Kaiser

zu

Reichs-

das

Zuge-

ständnis erlangten, alle Reichsachtfälle mit ihnen zu beraten und ohne ihre Zustimmung keine Acht auszusprechen, hatte einschneidende Konsequenzen: es schob nunmehr definitiv die Ketzersache

der

causa

Lutheri

auf

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

189

das Feld des Reichsrechts, und damit wurde für die Zukunft das Problem der evangelischen Bewegung zu einer Sache, der man vornehmlich mit den Mitteln des Reichsrechts beizukommen trachtete. Hier lag letztlich, wie Albrecht

Luttenberger

hat,

Genese

die

deutsche

jüngst

eindrucksvoll

gezeigt

des Reichsfriedensproblems^,

Geschichte

bis

zum

das

Westfälischen

die

Frieden

überschatten sollte. Es deren

ist

nicht

Chronologie

der reformatorischen tagsgeschehnisse Tradition bung

der

seit

möglich,

1555

deutschen den

einer

soll,

Bewegung im

zu verfolgen;

Ranke

in

beginnen

Betrachtung, das

Schicksal

Spiegel der Reichs-

dies bildet

ja in der

Reformationsgeschichtsschrei-

eigentlichen

Inhalt

des

großen

Themas: Reich und Reformation. Dennoch mußte in dieser vergleichenden

Skizze

der Wormser

Reichstag

von

1521

gestreift werden, weil hier die im Entstehen begriffene reformatorische Bewegung dem Reichsrecht zum ersten Mal in Gestalt der Reichsversammlung konfrontiert wurde mit dem geschichtlichen Ergebnis, daß hier die entscheidende

Wegmarke

für

die

reichsrechtliche

Behand-

lung der Glaubensspaltung gesetzt wurde. Lenken und

versuchen

Weise

die

wir

unsern

vergleichend

zentrale

Glaubensspaltung sichtlich

nun

Blick

zu

auf

Frankreich

erfassen,

Ständevertretung

dem

in

begegnete. Allerdings gerät man

des Vergleichszeitraums

in

eine

ist doch

für

Epochenjahr,

aber

für

deutsche die

Geschichte

Frankreichs.

ein

Zudem

überwiegt

der hin-

ausgespro-

chene Schrägstellung des Problems, die

welcher

Problem

1555 wohl beim

nicht Ver-

gleich der ständischen Institutionen das Disparate das 7 Gemeinsame, wie jüngst Stephan Skalweit betont hat , und

die

Ursache

ist, vornehmlich

dafür

liegt,

wie

leicht

in der unterschiedlichen

einzusehen staatlichen

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

190

Grundstruktur beider Reiche. Die erste Berührung der zentralen

Ständever-

tretung in Frankreich mit den in den Augen der übergroßen Mehrheit der Franzosen "mal sentans de la foy" erfolgte auf der Tagung der Generalstände I56O,

also

fast

vier Jahrzehnte

nach

zu Orleans

dem

deutschen

Vorgang. Dabei war die Religionsfrage nur ein Traktandum unter anderen, und die Generalstände wären sicherlich überhaupt nicht berufen worden, wenn

Frankreich

nicht durch den plötzlichen

II.

entschlossene

Tod Heinrichs

Staatsführung

verloren

hätte

seine

und,

von

zentrifugalen Kräften geschüttelt und ohne Halt an einem knabenhaften und todkranken König, nicht in einen ernsten

Krisenzustand

geraten

wäre.

Dennoch

haftete

der Einberufung der Generalstände etwas geradezu Sensationelles

an, waren

französischen

sie

doch

seit

1483

durch

Könige nicht mehr berufen worden;

die ihre

Forderung nach Periodizität, die allein ihnen politisches Gewicht hätte geben können, wurde vor g

1560 wie

danach von der Krone ignoriert . Welche

Funktion

nun die Etats Generaux

und im

welches

Vergleich

Gewicht zum

hatten

Reichstag^?

"Ces journees imperiales sont comme les Assemblies des Etats

en

France", schrieb

langjähriger

Berater

zwar

Hubert

des Kurfürsten

deutschen Dingen wohl vertraut,

Languet,

als

von Sachsen

mit

1568 an einen wißbe-

gierigen Freund; aber hatte er damit mehr im Sinne als ein

bloßes

formal-institutionelles

Äquivalent?Je-

denfalls waren sie in ihrer Bedeutung und nach

ihrem

Gewicht im politischen Leben himmelweit verschieden. Die Generalstände, erstmals 1302 berufen und damit- jünger als der Reichstag, haben es nie zu periodischer Tagurigspraxis, zu einer

festen

Zuständigkeit

oder etwa zu einer Mitregierungskompetenz bringen kön-

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

191

nen. Anders als beim Reichstag, gibt es in ihnen keine geborenen, sondern nur gewählte Mitglieder, eine Praxis, die stets einen großen Teil sogar des hohen Adels außerhalb der Vertretungskörperschaft ließ. Alle Stände,

ob

Klerus,

Adel

strikt das Prinzip des

oder

Dritter

imperativen

depute an die in die cahiers de legten

Grundsätze

und

Stand, Mandats,

doleances

Vorstellungen

pflegten das

den

niederge-

seiner

Wähler,

seiner commettants, band. Die Etats Generaux sind stets das geblieben im Unterschied zum Reichstag

-, was sie

ursprünglich

gewesen waren: ein auf Anforderung des Königs zusammentretendes Beratungsgremium, wenn dieser es für gut befand, consilium et auxilium, conseil est aide, von ihm

zu

erbitten

- in der

Terminologie

niers: des Königs Grand Conseil^,

Roland

Mous-

der in besonderen

Notlagen des Staates um seinen Rat gefragt wurde ebenso wie um Beihilfen für die Krone in dringenden

Fäl-

len. Matteo Zampini, einer der ganz wenigen Theoretiker der Generalstände vor 1789, wies in seinem

1588,

auf dem Höhepunkt ständischer Macht erschienenen Werk "Des listats de France et de leur Puissance" den Generalständen folgende Kompetenzen zu: neben sechs kasuistisch genau abgegrenzten

Fällen,

in denen

sie

von

sich aus tätig werden, um einen neuen König zu wählen, noch vier Kompetenzfelder, auf denen sie nach Anfrage des Monarchen sich äußern

dürfen:

1. bei

Veräußerung

eines Teils des Königreichs, 2. um einen Angriffskrieg zu beschließen, 3· wenn neue Steuern ohne Not geschaffen werden sollen, 4· in Religionsfragen, obwohl sich 12 der König hier meist an die Bischofssynoden wende 1560, im Moment ihrer Wiederbelebung,

schie-

nen die Generalstände aus dem Arsenal der monarchisehen Institutionen verschwunden zu sein 1 3. Der fak-

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

192

tische

Absolutismus eines

Franz

I.

und

Heinrich

II.

hatte das Prestige der Generalstände verdunkelt, deren Konsultation man offenbar als Eingeständnis der Schwäche der Krone ansah. Nicht schen Gefangenschaft Franz mentritt.

Erst

nachdem

einmal

1

der

während

der

spani-

I. kam es zu ihrem

Zusam-

König

wieder

in

Freiheit

war, ließ er seine burgundische Politik von einer Versammlung

gutheißen,

aller drei Stände notables

wurden

als unnötig

welche

berufen

ein

die

beliebtes

erscheinen

Krone

hatte.

zu

aus

Diese

Mittel,

lassen;

Vertretern

assemblies

de

Generalstände

auch

Heinrich

IV.

und Richelieu haben sich dieses Mittels bedient*^. Ein tiefgreifender Unterschied den Institutionen genden

Staatsrechtslehrer

der

sich bereits

Begriffsbestimmungen

Bodins Charles volle

läßt

und

der

König

alleinige Souveränität

Monarch

eine

"souverainete

les Etats n'ont aucune p a r t " ^ ,

bei-

grundle-

zeitgenössischen

erkennen. Während

Loyseau dem

zwischen

aus den in der

von

Nachfolge

Frankreich

zusprach, parfaite,

habe a

die doch

laquelle

war Jean Bodin zu dem

Schluß gekommen, im Heiligen Reich liege die

Souverä-

nität beim Reichstag, nicht beim Kaiser, da es ihm an jener

entscheidenden

Herrschaftskompetenz

ermangele,

die Bodin als das eigentliche Kriterium der monarchischen Maiestas, der wahren monarchie royale ansah: der potestas legiferendi, der ungeteilten

Gesetzgebungsge-

walt^.

Gesetzgebungsge-

Mit

dem

Mittel

königlicher

walt, durch Ordonnanzen und Edikte, sind denn auch in Frankreich die ersten Regungen der neuen Lehre blutig unterdrückt ohne

worden;

Konzeption,

zunächst

nach

1534

noch

aber

unregelmäßig

durch

und

systematische

Repression, nachdem in der berühmten "affaire des placards"

eine

radikale

Richtung,

dem

vermittelnden

Luthertum abhold, sich durchgesetzt hatte, die bereits

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

viel vom späteren Kalvinismus vorwegnahm Die

Repression

der

"mal

193

.

sentans

de

la

foy"

verschärfte sich unter Heinrich II., der 1547 beim Pariser Parlament eine zweite Kriminalkammer eigens für Häretikerprozesse

errichten

ließ,

chambre ardente. Im Jahrzehnt

die

nach

Edikt nach dem anderen die Intensität Nach als

dem die

Frieden

von

Versöhnung

der

Cateau-Cambresis,

der

katholischen

die Häresie betrachtete,

sollte

berüchtigte

1550 steigerte

das

ein

Verfolgung.

den

Heinrich

Monarchen Edikt

von

gegen Ecouen

vom Juni 1559 die Klimax bringen, das Prävenire

gegen

die Ketzerei: königliche Kommissare sollten im ganzen 18 Land Ketzer aufstöbern und zur Rechenschaft ziehen , eine Maßnahme, die, wie Lucien Romier treffend bemerkte, den Protestanten keine andere Wahl ließ als Flucht 19 oder

Revolte

gleich

die

. Dieses Jahr Peripetie

der

1559

bedeutete

Ketzerverfolgung

aber in

zu-

Frank-

reich. Als Heinrich an den Folgen eines Turnierunfalls starb, gab es niemanden, der seine Politik hätte fortsetzen können. Ausbreitung

Im gleichen Jahr begann die

des

Kalvinismus,

nachdem

Frühjahr insgeheim eine Nationalsynode

fulminante

man

schon

im

in Paris abge-

halten und eine Confession de foy formuliert hatte. Die

französische

Politik

1559/60

bestand

Widerspiel mehrerer Mächtegruppen, die sich tig neutralisierten: Maria

Stuart

den

den jungen

Guise, König

die zu

Uber

ihre

lenken

im

gegenseiNichte

versuchten,

aus der Königinmutter Katharina von Medici und dem hohen Adel Frankreichs, soweit er kalvinistisch geworden war, mit dem Herzog von Conde, premier prince du sang, an der Spitze. Ein Edikt aus dem Frühjahr 1560 milderte zwar die Schärfe der weit

davon

entfernt,

gewähren. Im Mai

den

Unterdrückung,

war

Andersgläubigen

1560 betrat

ein Mann

die

aber

noch

Toleranz

zu

politische

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

194

Bühne Frankreichs, der als glänzender Humanist und Jurist, als Ireniker in erasmischem Sinn der politik

seines

drücken

sollte:

Der in seiner

Landes der

einen

bleibenden

Kanzler

Michel

Umgebung erstmals

Religions-

Stempel

auf20 1'Hospital

de

erörterte

Plan

Nationalkonzils war geeignet, die auf Toleranz

eines ausge-

richteten Kräfte zu stärken, denn bis zum dogmatischen Entscheid dieser Versammlung mußte den Dissentierenden eine Schonfrist

eingeräumt werden. Wie im

Deutschland

der Jahre 1 5 2 2 - 1 5 2 4 leuchtete die Idee eines Nationalkonzils als Morgenstern ran,

die

sowohl

der Hoffnung

Frieden

wie

allen

Einheit

im

denen

vo-

Glauben

er-

sehnten. Nachdem die Standardforderung Calvins und anderer nach einem aufgenommen Papst

Pius

von der

worden war, bedeutete IV.

Wiederaufnahme Trienter

Nationalkonzil

ein schrilles des

Krone

dies

nun

Warnsignal,

um

selbst

doch

für

auf

die

seit

acht 21Jahren unterbrochenen Konzils hinzuarbeiten , wäre doch nach dem

Verlust so vieler Reiche für den Nachfolger

Petri ein

Schisma der "ältesten Tochter der Kirche" vollends eine Katastrophe gewesen. Offenbar aus einem allgemeinen Gefühl der Unsicherheit und Ratlosigkeit auch über die leeren

Staatskassen

ist

der Generalstände für

die

den

Einladung

Dezember

zur

Abhaltung

1560 nach

Orleans

ergangen, die indessen der junge König nicht mehr erleben sollte. Über

die

Einrichtung

einer

Regentschaft

brauchten die Generalstände gar nicht erst zu beraten: die entschlossene Florentinerin hatte bereits ein fa.it accompli

zu

ihren Gunsten

geschaffen.

Als

einer

Hauptberatungspunkte blieb die Religionsfrage testem Sinne: sollte man zils weiter der

verfolgen

Weiterführung

des

den

oder

Plan

eines

sich mit

Trienter

der

Konzils

in

der wei-

NationalkonKurie ins

wegen

Benehmen

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

setzen, und wie war generell mit der Minderheit

zu verfahren?

Die

195

dissentierenden

programmatische

Eröff-

nungsrede von Michel de 1'Hospital, nach Ausschaltung der Guisen der Mann des Vertrauens der Regentin, ist 22

berühmt geworden

: er beklagt, daß die Verblendung in

der religiösen Frage die Menschen so weit geführt habe, daß sie ihr Vaterland vergäßen, sich

eher

einem

Ausländer gleicher Religion verbunden fühlten als einem Mitbürger ihrer Stadt, der einer anderen Religion anhänge. Der drohenden Gefahr eines Bürgerkrieges gelte es zu begegnen, und er ermahnte die Versammlung mit den

oft

mots

diabo-

liques, noms de parts, factions et seditions,

luthe-

riens,

zitierten

huguenots,

Worten:

"Ostons

papistes:

ne

ces

changeons

le

nom

de

chretien". Ebenso viel wie vom Geist der späteren "politiques", als deren Wegbereiter 1'Hospital zu Recht gilt, ist hier auch zu spüren von erasmisch-irenischem Humanismus 2 ι. Anders

als

in

Tours

1484>

berieten *) Λ

die drei Ordres jeder in seiner Chambre

diesmal

, da man da-

von ausgehen konnte, daß in den Äußerungen zur Religionsfrage

sich keine Übereinstimmung unter den Ein-

zelständen ergeben werde. Der Dissens der Einzelstände entlud sich in der seance royale in

Anwesenheit

minderjährigen Karl IX. am 1. Januar

1561. Der Spre-

cher des Klerus Jean Quintin, Dekan der Fakultät

der

Pariser

Universität,

des

Juristischen

schleuderte

die

heftigsten Vorwürfe gegen die Beförderer jeder Art von Toleranz; er gab zwar die Verwilderung in den Sitten des Klerus zu, unterschied aber: "L'Eglise n'a en eile ni tache ni corruption, eile est pure et innocente; 2c ses ministres seuls sont coupables" . Er forderte im Namen seiner Standesgenossen bei der Vergabe der hohen Prälaturen im Königreich die Rückkehr zum alten galli-

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

196

kanischen System der kanonischen Wahlen

und verwarf

damit das konkordatäre System von Bologna, das dem König von Frankreich durch das ihm vom Papst (lberlassene Nominationsrecht

für Bischöfe und Äbte gleichsam

das

Verfügungsrecht über die Kirche Frankreichs und damit eine gewaltige Machtfülle in die Hand gegeben hatte. Die

Sprecher

der

beiden

anderen

Stände

ließen es sich nicht nehmen, dringend eine Reform des Klerus

und

Sprecher

des

des

kirchlichen

Dritten

Lebens

Standes

zu

zeigte

fordern;

der

Verständnis

für

die Anliegen der Protestanten haltung die

eines

"Concile

Forderung

"frei

der

christlich 28

sich hier auf

und verlangte die Ab27 libre" ; die Assoziation an

deutschen

Konzil

Lutheraner

in deutschen

nach

landen"

einem drängt

. Jacques de Silly, baron de Rochefort,

verlangte im Namen des Adels

eine

ernsthafte

Reform

des Klerus, die Aufhebung der geistlichen Gerichtsbarkeit, überhaupt einen echten Reformwillen, "pour qu'il ne soit plus dit par les ennemis de la couronne, qu'en France

il y

a

plusieurs

assemblees

pour

bonnes

et

justes causes, mais peu de resolutions"^. Der Krone lag eine andere Frage noch mehr am Herzen als die Religionsfrage: die Beisteuer der Stände zur Abtragung der Staatsschuld, die das Vierfache der jährlichen Einnahmen betrug. Adel und Klerus verweigerten jede Hilfe, der Dritte Stand gab vor, ohne Mandat in dieser Frage zu sein. Der Kanzler darauf die Stände und forderte sie auf,

die

vertagte Meinung

ihrer "commettants" einzuholen; dann sollte zur Fortsetzung der Stände von Orleans im Mai in Melun nur ein verkleinertes Gremium erscheinen, und zwar nur je ein Deputierter eines Standes für jedes gouvernement; also nur insgesamt 39 Vertreter für ganz Frankreich 10. Aus den von den Ständen erarbeiteten cahiers

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

generaux,

der

Summe

der

einzelnen

197

mitgebrachten

cahiers de doleances, wurde als großes Gesetzgebungswerk die Ordonnanz von Orleans erlassen, die nach Auswahl und Prüfung durch die Krone einigen der ständischen Reformvorschläge Gesetzeskraft verlieh. Über die Religionsfrage entschied die Regentin durch ein Edikt im April 1561, das die Haftentlassung aller wegen der Religion Verfolgter anordnete und damit der Kriminalisierung der Anhänger Calvins ein Ende setzte. Aber das Edikt setzte nach wie vor die katholische Religion als einzige Norm voraus und war daher noch weit von einem •2 1 wirklichen Toleranzedikt entfernt . Das Verbot, die Bezeichnungen chen,

trägt

"huguenots" indessen

und

"papistes"

deutlich

die

zu

gebrau-

Handschrift

des

Kanzlers. Alle diese gesetzgeberischen Akte gehen also von der Krone aus, die den von den Ständen Rat

annehmen

habe

keine

oder

verwerfen

legislatorische

kann;

die

Kompetenz,

erteilten

Generalstände sie

auf Anforderung den "service de Conseil"

haben

nur

zu leisten.

Die Fortsetzung der Stände von Orleans, im August 1561 in Pontoise, sah nur etwa ein Zehntel der normalen Abgeordnetenzahl. sind

in

reichs erste

die

Religions-

eingegangen, und

und

fand

denkwürdige

Diese Stände

von

Pontoise

Kirchengeschichte

doch

in

ihrem

Versuch

in

Frankreich

Frank-

Rahmen

der

statt,

nach dem Vorbild der Religionsgespräche in Deutschland durch ein Kolloquium zwischen beiden

Glaubensparteien

die Einheit wiederherzustellen. Während Adel und Dritter Stand in Pontoise weilten, trat die Assemblee du Clerge in Poissy zu ihrer Sitzung zusammen; organisatorisch

war

Veranstaltung

das Religionsgespräch im

Schöße

dieses

von

Poissy

Gremiums,

unter

eine Auf-

sicht und Patronanz der Krone. Man wird sich wohl mit Fug die Frage vorlegen dürfen, ob der "Traum der Ver-

198

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

ständigung"

1A

wirklich so tief und echt gewesen sein

kann wie bei so vielen unter den Teilnehmern 1530 in ιc Augsburg und 1541 in Regensburg , oder ob die ganze Veranstaltung nicht eine Sache war, die trefflich in das taktische Kalkül der Regentin paßte? Die Medici, die schwerlich eine Ahnung gehabt haben dürfte von der 1 (\ Tiefe

der

dogmatischen

nigstens ihren Willen

Gegensätze

zur

Toleranz

, konnte

so

we-

beweisen

und

die

Gunst des hohen protestantischen Adels für sich zu gewinnen hoffen. Eindeutige Gewinner einer solchen Veranstaltung mußten aber auf jeden Fall die Reformierten sein, deren Theologen mit königlichem Geleitbrief anreisen und ihre Lehre vor dem Hof des Königs und den Großen des Reiches vortragen durften. Mußte sie dies nicht in ihrem Streben nach einem tragbaren Toleranzstatut weit voranbringen? Man muß sich vor Augen halten, daß das gerade ergangene Juliedikt 1561 noch ein absolutes Verbot allen reformierten Kults ausgespro37 chen hatte . Ob dieses Edikt nun toter Buchstabe blieb oder nicht, es war vorzüglich geeignet, der Regentin während ihrer Verhandlungen mit den protestantischen

Führern

als Alibi

gegenüber

den

catholiques

zeles zu dienen. Vor dem Ereignis von

Poissy

hatte

in

Pon-

toise wegen der Deckung der Staatsschuld eine Plenarsitzung der Ständevertreter

stattgefunden.

einer der Deputierten auch auf

Dabei

die Glaubensfrage

kam zu

sprechen, der Protestant Jacques Bretagne aus Autun: er bat den König, ein Konzil zu berufen, und zwar "un concile national, libre et legitime", das dafür Sorge zu tragen habe, "eteindre la diversite d'opinion, restituer et remettre la religion en sa premiere

splen-

deur et purete de la primitive Eglise". Bis zur Abhaltung des Konzils forderte er für seine Glaubensgenos-

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

199

sen Kultfreiheit und die Überlassung geeigneter Kult8 statten als "temples" . Zur Deckung der Staatsschuld machte die Eingabe des Dritten Standes den revolutionären,

aber

zukunftsreichen

Vorschlag,

das

probate

Mittel dazu sei die Veräußerung der KirchengUter. Der Klerus nahm einer Diskussion dieser Idee schnell jede Grundlage durch die Bewilligung eines großherzigen don -ig gratuit an die Krone

.

Das Kolloquium in Poissy wurde vom Kardinal de Guise und von

Calvins

Stellvertreter

Theodore

de

Beze als Protagonisten geführt. Man wird es wohl kaum als

"Nationalkonzil"

Fisc her

40

bezeichnen

dürfen

wie

Wolfgang

; daß es nicht als solches empfunden

wurde,

beweist ja zur Genüge die oben zitierte Forderung des Jacques Bretagne. Der Meinungsaustausch lief sich bald in

polemischer

Weise

fest. Es war geradezu dogmatische

in

der

Frage

der

voraussehbar,

daß

der

gleiche

als es

zur

größten

Gegenstand wie

1541>

Annäherung der Geister gekommen schnell als unübersteigbarer weisen würde. Erschwerend kam

war,

Eucharistie

sich

hier

sehr

Wall einer Einigung erhinzu,

daß

das

Eucha-

ristieverständnis der Kalvinisten von der katholischen Auffassung viel weiter entfernt war als das der Lutheraner. So versuchte denn auch der Kardinal von Guise den innerprotestantischen Dissens taktisch zu nutzen, indem er von der Gegenseite zu wissen begehrte, ob sie die in der Confessio Augustana niedergelegte Realpräsenzlehre anzunehmen gewillt

sei.

- Der Verlauf

der

Debatte ist hier nicht weiter zu schildern, die ohnehin nach den wüsten rhetorischen Ausfällen des Jesuitengenerals Lainez sinnlos geworden war. Die in kleinerem,

von

gefundenen

der

Regentin

Formeln

der

ausgesuchtem Gemeinsamkeit

Theologenkreis wurden

4

Plenarversammlung in Poissy abgelehnt *.

von

der

200

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

Trotz des Scheiterns des Religionsgespräches lag aber eine Änderung des Juliedikts geradezu in der Luft, nachdem die Reformierten im Wortsinne fast hoffähig geworden waren. Aber welchen Weg sollte man beschreiten? Die Rückkehr zur Ära Heinrichs II. war ausgeschlossen; das deutsche Vorbild, die Aufteilung in katholische und protestantische Fürstentümer und territoriale Einheiten, war bei der monarchisch-zentralistischen Struktur Frankreichs nicht

nachzuvollziehen.

Zudem handelte es sich bei den französischen Hugenotten im Gegensatz zu den deutschen Protestanten nur um eine kleine Minderheit, die sich allerdings in dynamischer Ausbreitung befand. Es blieb also nur die Lösung eines wie immer gearteten gesetzlichen Toleranzstatuts für die Minderheit, eine nach der Meinung aller, Altoder

Neugläubiger, höchst

gefährlichen

Angelegenheit

fUr den inneren Frieden und die öffentliche Ruhe. Ein neues Edikt wurde erarbeitet, weder vom Hof noch von den Etats Generaux, die ja nicht wie die Reichsstände Anteil an der potestas legiferendi

hat-

ten, sondern von einer Kommission von Parlamentsräten vom

Pariser

Gerichtshof

die am 20. Dezember

und

den

15 61 in St.

Provinzparlamenten, Germain

zusammenka-

m e n ^ , Die 48 "Messieurs des Parlements" sollten über ein Toleranzstatut beraten, ohne etwas in Fragen des Dogmas und

des

kirchlichen

Lebens

zu

präjudizieren;

dies hatte Michel de 1'Hospital in seiner Eröffnungsrede

unmißverständlich

klargemacht:

"Le Roi

ne

veut

point que vous entriez en dispute quelle opinion est la meilleure, car il n'est pas ici question de constituenda religione, sed de constituenda republica; meme 1'excommunie ne cesse pas d'etre citoyen"^. Ein späteren

solches

"politiques"

Denken

stand

nicht f e r n ^ ;

wahrlich

dem

es negierte

der aber

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

souverän

die effektive

Problematik

eines

201

Nebeneinan-

ders der Konfessionen, das Grundgesetz des christlichen Territoriums im 16. und 17· Jahrhundert, das nach der Erkenntnis von Rudolph Sohm die Intoleranz gewesen i s t ^ . Unter diesem Blickwinkel ist das dem König vorgelegte Beratungsergebnis zu sehen, das am 17· 1. 1562 unter dem Titel "Edit de tolerance" erging. Die heftigen und wiederholten Remonstranzen des Pariser Parlaments gegen dieses "Januaredikt" und seine schließliche Weigerung, es zu registrieren, werden verständlich angesichts der unerhörten Neuartigkeit,

des

plötzli-

chen und radikalen Wandels, der sich hier per Gesetz in einem halben Jahr

vollzogen

hatte.

Das

Parlament

faßte die allgemeinen Bedenken in die prägnante

For-

mel: "L'edit est ouvertement contraire ä l'etat ancien du royaume; il regoit une nouvelle religion, chose redoutable a une Die

raonarchie"^. französische

Monarchie

dem Januaredikt, das außer völliger auch der

den

reformierten

Städte

im

ganzen

Kult

hatte

mit

Gewissensfreiheit

außerhalb

Königreich

sich

des

Weichbilds

erlaubte,

auf

eine

"nouveaute inouie ä l'epoque", auf die "tolerance civile" eingelassen^ und sich damit

an die Spitze der

Toleranzbewegung in Europa gesetzt. Die radikale Neuartigkeit des Januaredikts ist es gewesen, die Richard Nürnberger

zu seiner überspitzten

Interpretation

stimmt hat, indem er hier die Geburtsstunde

be-

des kon-

fessionell neutralen Staates zu erblicken glaubte und den Beginn einer neuen Epoche der politischen IdeengeΛ8

schichte

. Der Widerspruch Erich liassingers erfolgte

zu Recht, besagt doch die Präambel, das Edikt sei erlassen worden "pour entretenir nos sujets en paix et concorde, en attendant que Dieu nous fasse la grace de les pouvoir reunir et remettre en une meme

bergerie,

202

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

49 qui est tout nostre desir et principale intention" Die Geltungsdauer bis zur gütlichen Vergleichung hat

der

religiösen

das Januaredikt

Gegensätze gemein

als begrenzende

mit

dem

Augsburger

Norm Reli-

gionsfrieden, dessen Bestimmungen auch nur gelten sollen "biß zu christlicher freundlicher vergleichung der religion und glaubenssachen"

. Auf diese letzte dünne

Klammer der Gemeinsamkeit, mehr eine spes contra, spem als eine

realistische

setzeswerke noch

immer

Frage

war

auszusehen

nicht

verzichten:

als eine nur,

und

wie

habe.

Möglichkeit,

wollten

die

Kirche

unteilbare

dieser

Typus

Hinsichtlich

beide wurde

vorgestellt;

Kirche

des

in

Gedoch die

concreto

Toleranzprinzips

ging das Januaredikt Uber den deutschen Religionsfrieden weit hinaus. Nach diesem war der einfache Untertan nicht Herr seiner religiösen Betätigung, denn die Wahl des

Bekenntnisses,

der

Religionsbann,

blieb

reichs-

ständischen Obrigkeiten vorbehalten. Nimmt der

Unter-

tan dessen Bekenntnis nicht an, steht ihm das Auswanderungsrecht zu unter Mitnahme seiner (labe: dieses beneficium emigrandi^' war

denn

auch

das 52 Äußerste, was des einzelnen

das Reichsrecht der Gewissensfreiheit

zuzugestehen bereit war. Nach den Bestimmungen des Januaredikts

aber

konnte

jeder

Vororten unbehelligt

seiner

nachgehen,

auch

und

dies

Franzose

in

öffentlichen

in

städtischen Kultausübung

ausgesprochenen

Zentren

und Hochburgen der anderen Konfession. Der zum

Augsburger

Januaredikt

eine

zung vorgenommen, nahm

Frieden

hatte

im

inhaltlich-theologische er doch

von

den

Gegensatz Abgren-

verschiedenen

Formen des Protestantismus nur die Anhänger des Augsburger Bekenntnisses in die Sanktion des Friedens auf und schloß die anderen ausdrücklich aus. In Frankreich konnten alle Formen des protestantischen

Nonkonformis-

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

203

mus in den Genuß des Toleranzstatuts kommen, wenn dies auch

außerhalb

tung

war.

kenntnis

Im

des Kalvinismus Reich

bald

aber

als ein

praktisch

begann

Spaltpilz

das

ohne

Bedeu-

calvinische

unter

den

Be-

evangeli-

schen Ständen zu wirken und schwächte entscheidend die protestantische Abwehrkraft

gegenüber

der

Gegenrefor-

mation . Das Januaredikt mittelt und übergangslos wendigen

aber war zu früh, zu unvergekommen,

Differenzierungen:

die

nicht reif. Es führte daher

und

Zeit

sehr

ohne war

schnell

die

not-

dafür

noch

zum

Bürger-

krieg, der, durch Pazifikationsedikte kurzzeitig beendet, immer wieder aufflackerte und Frankreich in chaotische und anarchische Zustände stürzte. Die gen seit

Friedensschlüsse, dem

Edikt

schränkten

von

die

edits

Amboise

de

1563

die Unbedingtheit. des

jeweili53 pacification ,

relativierten Januaredikts

und

wieder

zusehends ein. Bei völliger Wahrung der Gewissensfreiheit^^ wurden die Formen der Kultausübung und modifiziert, dem

parti

huguenot

beschnitten

als Ganzem

wech-

selnde Privilegien und Konzessionen gemacht. Die Pazifikationsedikte

wurden

Parteien ausgehandelt sanktioniert.

Die

vielfach

von

den

kämpfenden

und von der Krone verkündet

Generalstände

waren

mit

dem

und

Erlaß

dieser Edikte nicht befaßt. Als

die

Etats

Generaux

zweiten Mal in diesem Jahrhundert bereits das Massaker

Blois

zum

zusammentraten,

1576

in

war

der Bartholomäusnacht

geschehen,

das die Atmosphäre zwischen den Religionsparteien heilbar vergiftet hatte. Der Zusammentritt war

von

Beaulieu

den 1576

Hugenotten vom

Bruder

verlangt

und

des Königs,

im dem

der

un-

Stände

Frieden

von

Herzog

von

Alengon, zugestanden w o r d e n ^ . Die in dieser

Pazifika-

tion den Hugenotten gemachten Zugeständnisse waren die

204

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

weitestgehenden

zwischen

Januaredikt

und

Edikt

von

Nantes. Wegen der Überlassung des pikardischen Peronne als einer der places de sürete an die Reformierten organisierte sich eine katholische de

la

Sainte

Eglise

"Ligue de 1-a defense

Catholique" ^ .

Der

Herzog

von

Guise erhoffte sich von der Ständeversammlung ein formelles

Mandat

zur

Leitung

rein

der

Liga,

diese doch 57 Veranstaltung , da

faktisch

eine

ligistische

sich

die

reformierte .Minderheit

Wahl

gestellt

hatte.

Unter

war

erst

gar

326 gewählten

nicht

zur

Deputierten

befand sich nur ςΟ ein Protestant, ein Adelsvertreter aus der

Saintonge

beseelt,

die

. Die Versammlung Einheit

im

Glauben

von

dem

Willen

notfalls

war

mit

Gewalt

zurückzugewinnen. Je länger aber die Beratungen dauerten, desto mehr kühlte die Kriegsbegeisterung

der De-

putierten ab. Dies war in zunehmendem Maß dem

Einfluß

der Partei der

"politiques"

zuzuschreiben, die um des

Wohls des Staates und um des bonum commune willen

die

Glaubenseinheit hintanstellten, religiöse Toleranz und bürgerliche Gleichstellung für die reformierte Minori59 tät. forderten

. In diesem Sinne sprach besonders ein-

drucksvoll Jean Bodin, Deputierter des Dritten Standes für

das Vermandois,

dessen

livres de la republique"

epochemachendes

im selben Jahr

Buch

1576 erschie-

nen war. Er betonte bespnders die Notwendigkeit Gleichstellung

der

Reformierten

im

"Six einer

bürgerlich-zivil-

rechtlichen Bereich und verwies als Mittel

zur Lösau,;

der Glaubensspaltung noch immer auf ein Konzil, sei es ökumenisch

oder

national^".

Nachdem

der

Herzog

Mont.pensier die Greuel einer Fortsetzung des sen

Bürgerkrieges

die

Bereitschaft

Krone

die

an die zum

nötigen

Wand

Krieg

hohen

gemalt

vollends

Subsidien

hatte, dahin,

zur

von

religiöschmolz als

die

Kriegführung

einzufordern sich anschickte^*. Dennoch hatte Heinrich

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

von

Navarra

seinerseits

die

Feindseligkeiten

205

wieder

eröffnet, nachdem gleich zu Beginn die Versammlung mit Zustimmung

der

Krone 62

alle

bisherigen

Pazifikationen

annulliert hatte Die

Stände

auf eine völlig nur neuerliche

von

Blois

gewandelte

1588

trafen

Situation.

wiederum

Es hatte

Pazifikationen und neue

nicht

Toleranzedikte

gegeben; die gravierendste Wendung der Dinge war, der

präsumtive

Thronfolger,

der

letzte

richs III., der Herzog von Alengon,

Bruder

daß

Hein-

1584 gestorben und

Heinrich von Navarra aus dem Hause Bourbon der nächste Thronerbe drohte

geworden

also

ein

war.

Dem

häretischer

katholischen König,

schen Recht sogar ein "heretique

nach

Frankreich dem

relaps",

kanoni-

da er

1576

zum Kalvinismus rekonverititert war. Der Tod Alengons war der Anlaß zu einer

Er-

neuerung und gewaltigen Radikalisierung der Liga. f Sie \ "7 zwang den schwachen

König

zum Juli-Edikt

das alle Konzessionen seit

von

und

Anhängern

der

>

1562 für nichtig erklärte,

das katholische Bekenntnis als einziges im zuließ

1585

religion

Königreich

pretendue

reformee

nur die Wahl ließ zwischen Exil oder Konversion; damit war auch die Gewissensfreiheit

preisgegeben.

tere

XIV.

genau

Revokationsedikt hundert

Jahre

Ludwigs

vorausgenommen.

setzte darauf noch einen starken

war

praktisch

Papst

Akzent,

Das späum

Sixtus

als

er

langem Zögern Heinrich als rückfälligen Ketzer

V.

nach

seines

Königreichs Navarra entsetzte 64 und ihm alle Thronfolgerechte in Frankreich absprach . Während nun die Hugenotten in verzweifelten Kämpfen nichts mehr zu verlieren hatten, versank der letzte Valois in immer größere Dekadenz, geriet vollends unter die Vormundschaft

der

Liga mit den Guise an der Spitze, die ihm im Mai

1588

eine

furchtbare

Demütigung

bereiteten,

als

er

ihnen

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

206

Paris überlassen mußte und zu schmählicher zwungen wurde. Ihm wurde

das

abgenötigt, wodurch er sich

sogenannte eidlich

Flucht

edit-

seinem

ge-

d'union

Volk

ver-

pflichtete, die Häresie im Reich auszurotten und alle häretischen Aspiranten von der Thronfolge auszuschlieiJen0^. Ohne daß eine traditionelle Notlage des Staates vorgelegen Herzog

hätte,

Heinrich

royaume^

mußte

von Guise

ernennen.

Die

und

der

gegen zum

das

Herkommen

lieutenant

Generalstände

gleichzeitig angekündigt Organisation

er

general

von

Blois,

den du die

wurden, sollten nur noch der

Finanzierung

des

Vernichtungs-

feldzuges der Liga gegen die Hugenotten dienen. Wunsch

der

Liga vor den Ständen den serment d'union erneuern

Im Oktober

mußte

der

König

auf

und

das edit d'union feierlich in den Rang einer derbaren Norm, zu einer loi fondamentale du

unveränroyaume^

erheben. Die Guise und ihre Partei, die keine Gelegenheit ausließen, den König zu demütigen, hatten den Bogen aber überspannt, so daß Heinrich III. keine andere Möglichkeit Mord

des

mehr

Herzogs

sah, von

als

sich

Guise

durch

und

hinterhältigen

seines

Kardinals, zu entledigen, um·so die Liga zu

schwächen

und

Handlungsfreiheit

Die zweiten Generalstände von Blois

Bruders,

des

entscheidend

zurückzugewinnen. sind mit

dem

Ruf

in die Geschichte eingegangen, einmal die völlige Unterwerfung des Königs von Frankreich unter den Willen einer

alle

eines

der

Stände großen

dominierenden politischen

Partei,

zum

anderen

Kapitalverbrechen

der

neueren Zeit erlebt zu haben. Nachdem

1589 Heinrich

III.

ermordet

worden

und der rechtmäßige und von ihm designierte Nachfolger Heinrich von Navarra daran gegangen war, sich sein Königreich mit Waffengewalt

zu erobern, wurden

1593 die

sogenannten Etats Generaux de la Ligue nach Paris ein-

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

berufen

vom Vetter

von Mayenne als

der

ermordeten

lieutenant

Guise,

general

du

dem

207

Herzog

royaume.

Zwei-

fellos sollte es die Aufgabe dieser Stände sein, einen König von Frankreich zu wählen, auch wenn die

lettres

68

de convocation darüber nur vage Andeutungen machten Viele wollten mit dieser heiklen haben, wo es doch denten

gab, und

einen

so

Sache

erbfolgeberechtigten

erschien

nur

etwa

128 in den drei Ständen Gewählten. sen war nur

eine

nichts

Minderheit

zu

tun

Präten-

die Hälfte

der

Aber auch von die-

bereit,

einen

Abkömmling

des Hauses Guise oder einen habsburgischen

Prinzen zu

wählen, die doch nur von Spaniens Gnaden regieren würden. Der kluge Heinrich IV. wußte die Gunst der Stunde zu nutzen und ließ erklären, daß er dabei sei, sich im katholischen Glauben unterrichten zu lassen, und setzte mit dieser Erklärung ein unübersehbares Zeichen. Im übrigen erklärte er die Versammlung für irregulär 69 ihre Beschlüsse für nichtig Die zu erwartende Konversion Heinrichs

und IV.,

die einfachste Lösung des gordischen Knotens, bestärkte

die

vom

Pariser

Parlament

unterstützte

Gruppe

in

ihrem nicht zu widerlegenden Argument, die Wahl eines Ausländers verstoße gegen Jahrhunderten yaume.

Auch

die

unumstößliche

die

Heirat

loi

loi

salique,

eine

fondamentale

eines Guise mit

seit

du

ro-

Philipps

II.

Tochter Isabella Clara Eugenia stieß auf keine liebe, da das Prestige dieses so allmächtig

Gegen-

scheinen-

den Clans in dem Maße gesunken war wie der Einfluß des spanischen

Gesandten.

Aber

Heinrich

IV.

hatte

einen

Wink des Pariser Parlaments wohl verstanden und inzwischen in die Hände des Erzbischofs von Bourges reformierten

Bekenntnis

seinem

in St. Denis abgeschworen

um Wiederaufnahme in den Schoß

der

Kirche

und 70 gebeten .

Die Versammlung der Generalstände löste sich daraufhin

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

208

bald auf^ *. Heinrich nach

der

IV. hatte

seinerseits

Ermordung seines Vorgängers

von

Generalständen

was

kriegerische

binnen

sechs

Ereignisse

wenige

die

Monaten

aber

Tage

Einberufung versprochen,

unmöglich

machten.

Das Vertrauen in diese Institution war durch die Veranstaltung von 1593, die sich direkt gegen sein geheiligtes Erbrecht

gerichtet

hatte,

schwer

erschüttert,

und er hat seitdem bewußt keine Generalstände einberufen,

sondern

sich mit

der Berufung von Notablen be72 gnügt, wie 1596 in Rouen zur Finanzierung des Krieges gegen Spanien. Der noch ungelösten galt

nach

erfolgter

Befriedung

des

Religionsfrage

Landes

das

Edikt

von Nantes, ein Religionsfrieden, der ohne Beteiligung einer Ständeversammlung zustande kam. Der im Edikt von Nantes formulierte 73 gionsfrieden

zog ein abgewogenes Fazit aus den zahl-

reichen vorangegangenen einzelnen

Reli-

Pazifikationen,

Privilegierungselemente

aus denen

übernommen

die

wurden:

das des privilegierten Kults für den Adel, das der generellen beschränkten

Kultausübung in zwei

Vorstädten

je bailliage bzw. senecliaussee, ausgenommen Paris und der jeweilige Aufenthaltsort

die Stadt

des Hofes, das

des privilegierten Gerichtsstandes an den

Parlamenten

in

waren

Prozessen,

in denen

Hugenotten

Partei

Die sehr wichtige Konzession der Überlassung cher places de sürete an den parti

huguenot

etc.

zahlreiwar

aber

kein Bestandteil des eigentlichen Edikts, sondern war in zwei königlichen brevets geregelt. Heinrich wartete geduldig, gegen

sein

bis

sich alle

religiöses

Widerstände

und

Befriedungswerk

Gegnerschaft

gelegt

hatten

und bis alle Provinzparlamente

das Edikt auch für ihr

"ressort"

setzten;

offiziell

in

Kraft

im

Parlaments von Rouen dauerte dies sogar bis

Falle 1609^·

des

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

209

l6l0, nach der Ermordung Heinrichs, ohne daß ein regierungsfähiger Nachfolger vorhanden gewesen wäre, kam es dennoch nicht von Medici

zu

Generalständen,

im Zusammenspiel

mit

dem Pariser

das Problem sehr schnell im Sinne ihrer löste 75 . Die letzten Generalstände vor π f\ I6l4/l5

in

Paris

ultimativen einem

statt

Druck

des

Instrument

übrigen

; sie Prinzen

seiner

Hochadels

machen

Stände boten ein bisher rissenheit,

der

wobei

Stand

jeder

und

nur

wurden von

der

für

Parlament

Regentschaft 1789

fanden

einberufen

Conde, Die

der

seine

zu des

Bild der

Stände

auf

sie

Beratungen

nicht gekanntes der

Maria

Machtinteressen

wollte.

Zwietracht

da

der Zer-

untereinander,

partikularen,

nicht

zuletzt monetären und fiskalischen Interessen kämpfte. Mit

der

Frage der Weitergeltung

des

Religionsfriedens

wurden die Stände nicht befaßt; dies regelte die Krone durch Vertrag mit der politischen Organisation der Hu77 genotten, ihrer assemblee politique . Als sie

die

durch

Stände und

Regentschaft und

etwa

durchzusetzen. weiteren

verpaßt,

gingen, einer

Gesetz

Periodizität

endete

Prestigeverlust

die

des

diskredi-

Handelns

ihrer

hatten

schwachen,

Günstlingswirtschaft

das

die

So

auseinander

Chance

Parteiungen

tierten tieren

die

einmalige

zu

dik-

Versammlungen

Veranstaltung

der Generalstände,

spruch und Selbstverständnis mehr und mehr

mit

einem

deren die

An-

Parla-

mente ü b e r n a h m e n ^ . Werfen

wir

zum

Vergleich

in

summarischer

Kürze einen Blick auf die deutschen Verhältnisse.

Die

in Augsburg ausgehandelten Bestimmungen hatten

ähnlich

dem Befriedungswerk

gleiche

von Nantes nicht

alle die

Sanktionskraft. Die Declaratio Ferdinandea, die Zusage des

Kaisers,

in

die

Stadtbürger

den und

geistlichen der

Territorien

landsässige

Adel

dürften

ihren

Kult

210

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

weiterhin ungehindert

ausüben, was ja einer

chung des Prinzips des

jus

Durchbre79 gleichkam

reformandi

sie war wie die beiden

brevets

nicht

Religionsfriedens;

dieser

Privilegierungsklausel

wäre

er

wohl

kaum

mit

zustande

Bestandteil

gekommen.

Die

seit

des den

1570er Jahren mächtig ausgreifende Gegenreformation schritt Uber die Deklaration Kaiser Ferdinands hin80 weg

. Die katholische

achtung

die

Partei

reichsrechtlich

hatte

für

durchaus

rung, da sie dem Religionsfrieden

die

Nichtbe-

triftige

Erklä-

widerspreche,

hätte

sie als ein persönliches kaiserliches Privileg von jedem der Nachfolger Ferdinands bestätigt werden müssen. Dies ist in der Tat nicht der

Fall

gewesen;

außerdem

ist die Deklaration dem Reichskammergericht 81 ziell zur Kenntnis gebracht worden

nie offi-

Die Reichstage nach 1555 standen Uberwiegend im Zeichen der Diskussion um die dens,

insbesondere um die

Geistlichen weiteren

Vorbehalts,

Geltung

der

Säkularisationen

stifte waren potentiell der Reformation;

daher

der articulus stantis

Auslegung

die

schützen

und

et

die

des

Reichsbistümer

vor

sollte.

Die

Hoch-

Einbruchsteile

Schutzklausel

cadentis

Frie-

Anwendung

die leichteste war

des

für

die

für

sie

Altgläubi-

gen, die conditio sine qua non für den Frieden, und so ist dieses reservatum ecclesiasticum durch Machtspruch des Königs, ohne Zustimmung der Protestanten in den 82 Frieden

gekommen

zeigte

sich

am

Kölner

Kurfürst

. Wie Anfang

wichtig der

Gebhardt

dieser

achtziger Truchseß

Artikel

Jahre,

von

war,

als

der

Waldburg

zum

Protestantismus übertreten und den Kurstaat der Reformation

zuführen

wollte.

Diese

Angelegenheit

die katholische Partei von so prinzipieller

war

für

Bedeutung,

daß sie es auf einen Religionskrieg ankommen ließ. Die Präsenz vor allem

spanischer

Truppen

aus

den

benach-

211

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

barten

Niederlanden

hat

das

und den 83 Protestanten diese Einbruchspforte verschlossen . Die Reichstage

Problem

dieser

gelöst

Periode

sind

erfüllt

von Religionsstreitigkeiten und Vorhalten von

Religi-

onsgravamina der verschiedensten Art. Die Auseinandersetzungen um die Interpretation

des

Friedens

auf

den

Reichstagen endeten seit dem Regierungsantritt Rudolfs II.

immer

häufiger

zugunsten

der

Katholiken.

Eines

ihrer wichtigsten Ziele war die Sicherung der katholischen

Mehrheit

im

Reichsfürstenrat,

Kurfürstenkurie Stimmengleichheit

während

herrschte;

in die

der pro-

testantische Mehrheit im Städterat fiel nicht ins Gewicht, da die QStädte noch nicht über ein votum decisij vum verfügten . Nicht nur wurde ein weiterer Verlust der Hochstifte verhindert, man versuchte auch den Administratoren der bereits säkularisierten Stifte votum et sessio auf den Reichstagen streitig zu machen: das Erzstift Magdeburg

lieferte

1582

einen 8 erfolgreichen ^

Präzedenzfall für die katholische Partei mender Härte der religionspolitischen

. Mit zuneh-

Auseinanderset-

zungen und dem fortschreitenden Erfolg der Gegenreformation wurde die Reichstagsarbeit schwert.

"Normale"

Handlungen

mehr

der

und

mehr

er-

Reichsstände,

wie

etwa die Bewilligung der Türkenhilfe, die 1593/94 wieder anstand, wurden von Kurpfalz, dem Führer der protestantischen

Aktionspartei,

Religionsgravamina Junktim

von

abhängig

aufgestellt,

das

der

gemacht

die

Abstellung

der

und

damit

ein

Atmosphäre

schwer

be-

Ansatzpunkt,

von

lastete . Die

Reichsjustiz

dem aus der Reichstag

war

der

aus den Angeln

gehoben

wurde.

Wegen der ungelösten Fragen und der zum Teil bewußten Unklarheiten

im

Text

Reichskammergericht

in

des

Religionsfriedens

eine

Flur, von

war

Prozessen

das ver-

212

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

wickelt

. Um die nach Reichsrecht zulässigen Anträge

auf Revision der Kammergerichtsurteile zu prüfen, die in großer Zahl gestellt wurden, sollte

1588

die

or-

dentliche Visitationskommission des Reichstages zusammentreten.

Da in diesem

turnusgemäß das

Mitglied

Stimmrecht

auf

Jahr

war, dem

das

dessen

Erzstift

Magdeburg

Administrator

Reichstag

verweigert

aber worden

war, war die Arbeitsfähigkeit dieses Gremiums umstritten. Der Kaiser verfugte in diesem Streitfall die Aussetzung der Kommission; danach trat keine Visitationskommission mehr zusammen. Um eine völlige Nichterledigung

der

Kammergerichtsprozesse,

die

Lähmung

der

Reichsjustiz, zu verhindern, übertrug man die Revisio87 nen dem Reichsdeputationstag . Aber dies bedeutete auch keine Lösung des Problems, denn die protestantischen Stände Pfalz, Brandenburg und fenbüttel

sprengten

durch

Auszug

Braunschweig-Wol-

dieses

der Begründung, hier gehe es um eine des

Religionsfriedens,

Kompetenz

habe;

der

Gremium

mit

Auslegungsfrage

für die

allein

der

Reichstag

Augsburger

Friede

sei

ja

nicht

einfaches Reichsgesetz, sondern habe vielmehr den Charakter

eines

zwischen

Kaiser

und

Reichsständen

frei

vereinbarten Vertrages, der nur mit Zustimmung beider Parteien ausgelegt oder gar verändert werden dürfe 88 Den Reichstag zum Erliegen aber brachte erst 89 der Zusammenbruch des Majoritätsprinzips . Die Frage der

Zulässigkeit

der

Religion,

die

von auf

Mehrheitsbeschlüssen dem

Reichstag

von

in

Sachen

1529

eine

solch weltgeschichtlich bedeutsame Rolle gespielt hatte, wurde jetzt noch einmal in verschärfter Form virulent.

Unter

kurpfälzischer

Führung

mentation mit dem Minderheitenschutz chen

strapaziert,

indem

man

unter

wurde in

die

Argu-

Religionssa-

Religionssachen

nicht mehr nur die causa fidei und die damit unmittel-

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

bar

zusammenhängenden

reichspolitisch

Dinge

verstand,

so bedeutsame

213

sondern

Fragen wie

die

auch Bewil-

ligung außerordentlicher Reichssteuern wie der Türkenhilfe. Da man nicht sicher sein könne, daß diese Mittel nicht gegen die Protestanten statt gegen die Türken verwendet würden, dürfe es in diesen Dingen keine maiora mehr geben, sondern nur noch gütliche Einigung, amicabilis compositio*^. Dem

kaum

noch

funktionierenden

Reichstag 91 brachte die Affäre um die Reichsstadt Donauwörth das Ende. Die gewaltsame Rekatholisierung der Stadt durch Maximilian

von

Bayern,

den

Vollstrecker

einer

zudem

noch zweifelhaften Reichsexekutionssentenz, führte zum Anschluß Kursachsens an die

protestantische

Aktions-

partei im Reich, zur Gründung der religiösen Kampfbünde von Union und Liga und

l608

zum

Auseinandergehen

der Reichsstände ohne Reichsabschied.

1613 wurde der

von der katholischen Mehrheit durchgebrachte Reichsabschied von den Protestanten unter Protest zurückgewiesen; dies bedeutete für 27 Jahre das Ende des Reichstags . Das Majoritätsprinzip das

Westfälische

kehrte

in

Friedensinstrument

Reichstag

nicht

zurück.

rechtlich

eingeführt

Statt

dessen

den

durch

reformierten wurde

die Verfahrensnorm

der

reichsitio

in

partes, die konfessionelle Majorisierung ausschloß und stattdessen sitio

das

vorsah

Lösungsmodell das

der

amicabilis

reichsrechtliche

compo-

Institut 92 Corpus Catholicorum und Corpus Evangelicorum . Den

und

wesenhaften

Unterschied

beider

von

Reli-

gionsfriedenswerke zeigt ein Blick auf ihre Geschicke im 17. Jahrhundert. Im Jahr 1029 sahen sich sowohl der Kaiser wie der König von Frankreich Sieger

in

der

Lage,

der

als militärische

konfessionellen

Gegenseite

214

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfiieden

ihren

Willen

so wie

der

nichts

an

sehr

der, Substanz

das k a i s e r l i c h e

tismus doch

zu d i k t i e r e n .

Gnadenfrieden

im

nur

Reich als

den

ten

Privilegien

tische

auf,

Organisation von

Stellung

mußte,

Ausführung

von

änderten

Ludwigs

beide

beseitigte

die

etat

von

Nantes

als

Toleranzgesetz

die

bürgerliche

Gleichstellung

es

hob

lediglich gewähr-

militärisch-polibeließ

aber

registrierte

und

sich Reli-

gesondert

huguenot,

Parlamenten

religiösen

das

Edikt

Rechtsurkunde

der

So

Protestan-

Augsburger

XIII.

IV.

des

des

verstand

des

Heinrich

den

eben-

aber

Religionsfriedenswerke. die

Das E d i k t

Hugenotten

eigentliche,

Ales

erschüttern

.

die

der

Edikt

strikte 93

gionsfriedens

Das R e s t i t u t i o n s e d i k t von

für

Minder-

hext94. Während dens

den

der

Reichstag

Artikel

zum

Religionsfriedens

Grundgesetz

des Reiches von

Osnabrücker

authentischen

Augsburger de d a s E d i k t

V des

bis

Nantes,

Frie-

I n9t5e r p r e t e n

bestimmte

des

der

ein

z u s e i n e m Ende b l i e b ,

wur-

obwohl

,

"perpetuel

et

irrevo-

96 cable" 1685

,

durch

widerrufen.

Frankreich

keine

irgend

gearteter

absolu

des

hohe

Gut

einseitigen Im G e g e n s a t z Zentrale pouvoir

religiösen

zum

Reich

Willensakt vermochte

Ständevertretung intermediaire

Selbstherrschers

eines

königlichen

dem

entgegenzutreten

Friedens

zu

oder

in ein

pouvoir und

bewahren.

das

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

215

* Der Text bietet die leicht geänderte und mit Anmerkungen versehene Fassung eines Vortrages, den ich am 30. August 1985 in Stuttgart im Rahmen der Tagung der "Commission Internationale pour l'histoire des Assemblees d'Etats" gehalten habe. 1 Zitiert bei Stephan Skalweit, Le Roi tres chretien et les Princes protestants allemands. In: CharlesQuint, le Rhin et la France. Strasbourg 1973, S. 5· 2 Zur Haltung Franz' I. gegenüber der neuen Lehre Karl Josef Seidel, Frankreich und die deutschen Protestanten. Die Bemühungen um eine religiöse Konkordie und die französische Bündnispolitik in den Jahren 1534/35· Münster 1970, passim. 3 Konrad Repgen, Die Römische Kurie und der Westfälische Friede. Bd. 1: Papst, Kaiser und Reich 15211644. Tübingen 1962, S. 34. 4 Hubert Jedin, Geschichte des Konzils von Trient. Bd 1, Freiburg 2 1957, S. l6l. 5 Repgen (Anm. 3) S. 34. 6 Albrecht Pius Luttenberger, Glaubenseinheit und Reichsfriede. Konzeptionen und Wege konfessionsneutraler Reichspolitik 1530-1552 (Kurpfalz, Jülich, Kurbrandenburg). Göttingen 1982, S. 11-31. 7 Stephan Skalweit, Etats Generaux de France et dietes d'Empire dans la pensee politique du l6e siecle. In: Francia 12 (1984) S. 223 ff. 8 Zur Frage der Periodizität Claude Soule, Les Etats Generaux de France (1302-1789)· Etude historique, comparative et doctrinale. Heule 1968, S. 35-39. 9 Soule analysiert vergleichend außer den Etats Generaux die spanischen Cortes, das englische Parlament und die Generalstaaten der Niederlande, nicht aber den deutschen Reichstag. 10 Vgl. Skalweit (Anm. 1), der den Akzent etwas anders setzt: S. 223. 11 Roland Mousnier, Les Institutions de la France sous la Monarchie absolue. Bd. II, Paris 1980, S. 214. 12 Manfred Orlea, La noblesse aux Etats generaux de 1576 et de 1588. Paris 1980, S. 80 f. 13 Roger Doucet, Les Institutions de la France au l6e siecle. Bd. 1, Paris 1948, S. 314. 14 Im Falle der Notablenversammlungen wird Mousniers Charakterisierung als "gouvernement par Grand Conseil" besonders einsichtig (Anm. 11), S. 227. 15 Doucet (Anm. 13) S. 80. 16 Das Reich sei demnach eine Aristokratie, in der die "estats de 1*Empire... ont la puissance souveraine" (Jean Bodin, Les six Livres de la Republique. Paris 1583, Repr. Aalen 1961, S. 321). Vgl. Friedrich

216

17

18 19 20 21 22 23 24

25 26 27 28 29 30 31 32 33

34 35

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

Hermann Schubert, Die deutschen Reichstage in der Staatslehre der FrUhen Neuzeit. Göttingen 1966, S.36O f.; vgl. Skalweit (Anm. 1) S. 239 f. Stephan Skalweit, Die "affaire des placards" und ihr reformationsgeschichtlicher Hintergrund. In: Festgabe für Hubert Jedin. Bd. I, Münster 1965; Seidel (Anm. 2) S. 47 ff. Joseph Lecler, Histoire de la Tolerance au siecle de la Reforme. Bd. II, Paris 1955, S. 27. Lucien Romier, Les origines politiques des guerres de religion. Bd. II, Paris 1914, S. 364. Über ihn vor allem Albert Buisson, Michel de L'Hospital (1503-1572). Paris 1950; Lecler (Anm. 18) S.36 ff. Hierzu Wolfgang P. Fischer, Frankreich und die Wiedereröffnung des Konzils von Trient 1559-1562. Münster 1972, passim. Lecler (Anm. 18) S. 41. Ebenda. Georges Picot, Histoire des Etats Generaux. Bd. II, Paris 2 1888, S. 186 - ein in seiner Materialfülle noch immer unentbehrliches Werk zur Geschichte der Generalstände. Picot (Anm. 24) S. 194. ... "afin que chacun prenne, choisisse et elise franchement et librement son prelat" (ebenda). Picot (Anm. 24) S. 195Jedin (Anm. 4) S. 159 ff. Picot (Anm. 24) S. 195. Ebenda S. 198 ff. Dies entsprach nur etwa einem Zehntel der Normalpräsenz. Lecler (Anm. 18) S. 49. Mousnier (Anm. 11) S. 214. Zum Religionsgespräch von Poissy jetzt die Beiträge von Wolfgang Reinhard und Alain Dufour in: Die Religionsgespräche der Reformationszeit, hg. von Gerhard Müller, Gütersloh 1980; vgl. ferner Fischer, (Anm. 21) S. 214 ff, dem ich allerdings in seiner Qualifizierung der Veranstaltung von Poissy als "Nationalkonzil" nicht folgen kann. Nützlich sind noch immer die Beiträge von Noel Valois, Les essais de conciliation religieuse au debut du regne de Charles IX. In: Revue d'histoire de l'eglise de France 31 (1945) sowie: Les Etats de Pontoise, ebenda 29 (1943). Jedin (Anm. 4) S. 287. Hierzu die Beiträge von Herbert Immenkötter und Gerhard Müller sowie von Vinzenz Pfnür in dem Anm. 33 zitierten Sammelwerk.

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

217

36 Lecler (Anm. 18) S. 51, zitiert eine Äußerung des venezianischen Gesandten Suriano, es habe den Anschein, als verstünde die Regentin nicht, was das Wort "Dogma" bedeute. 37 Lucien Romier, Catholiques et Protestants a la Cour de Charles IX. Paris 1924, S. 159; Lecler (Anm. 18) S. 49. 38 Lecler (Anm. 18) S. 50. 39 Romier (Anm. 37) S. 186. 40 Vgl. Anm. 33. 41 Ausführliche Schilderung des Kolloquiumsverlaufs bei Fischer (Anm. 21) S. 226-239; Lecler (Anm. 18) S. 52-57. 42 Romier (Anm. 37) S. 287. 43 Lecler (Anm. 18) S. 60. 44 Zu dieser Problematik vgl. Roman Schnur, Die französischen Juristen im konfessionellen Bürgerkrieg des 16. Jahrhunders. Berlin 1962, S. 15 ff. Vgl. ferner Ulrich Scheuner, Staatsräson und religiöse Einheit des Staates. In: Staatsräson. Studien zur Geschichte eines politischen Begriffs. Berlin 1975, S. 377-379. 45 Rudolph Sohm, Territorium und Reformation in der hessischen Geschichte 1526-1555· Marburg 1915, S.XXVI. 46 Romier (Anm. 37) S. 303. Der Text des Januaredikts ist am bequemsten greifbar in: Religionsvergleiche des 16. Jahrhunderts, bearbeitet von Ernst Walder, Bern 1946 (Quellen zur Neueren Geschichte, Heft ST* 47 Lecler (Anm. l8) S. 62. 48 Richard Nürnberger, Die Politisierung des französischen Protestantismus. Tübingen 1948, S. 135· 49 Erich Hassinger, Das Werden des neuzeitlichen Europa. Braunschweig 1959, S. 30750 Vgl. Stephan Skalweit, Reich und Reformation. Berlin 1967, S. 411. 51 Zum Emigrationsrecht gemäß Augsburger Religionsfrieden und Westfälischem Frieden jetzt sehr klar und präzise: Martin Meckel, Deutschland im konfessionellen Zeitalter. Göttingen 1983, S. 47 f. bzw. S. 202 f. 52 Zu dem engeren Begriffsinhalt von "Gewissensfreiheit" als Freiheit von Gewissenszwang, dem ich wegen der größeren begrifflichen Klarheit den Vorzug vor einem weiteren Begriff geben möchte, vgl. Joseph Lecler, Die Gewissensfreiheit. Anfänge und verschiedene Auslegung des Begriffs. In: Zur Geschichte der Toleranz und Religionsfreiheit, hg. von Heinrich Lutz. Darmstadt 1977, S. 331-371.

218

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

53 Die Texte der einzelnen Pazifikationsedikte finden sich in Bd. 14 des Recueil general des anciennes lois frangaises, hg. von Frangois Andre Isambert u.a. (29 Bände, Paris 1829-1833)· 54 Erstmals wurde die Gewissensfreiheit im Edikt von Amboise 1563 garantiert, und zwar in der restriktiv anmutenden Formulierung: "Et neantmoins chacun pourra vivre et demeurer partout en sa maison librement, sans estre recherche ne moleste, force ne contrainct pour le fait de sa conscience" (Isambert [Anm. 53], S. 137). 55 Bernard Devismes, Unite religieuse, unite nationale. De 11Evangelisme ä la revocation de 1 1 Edit de Nantes. Paris 1946, S. 133. 56 Die Ziele dieser Liga sind formuliert in zwei jeweils "Manifeste de Peronne" betitelten, 1576 ohne Ortsangabe erschienenen Flugschriften (Orlea [Anm. 12], S. 37 f.). 57 Orlea (Anm. 12) ist der Auffassung, die Liga hätte ohne die Generalstände das Jahr 1576 nicht Uberlebt (S. 4 0 ) . 58 Ernest Lavisse, Histoire de France. Bd. VI,1 von H. Mariejol, Paris 1911, S. 17 8; Picot (Anm. 24) Bd. 3, S. 14. Orlea (Anm. 12) glaubt, daß zwei protestantische Adlige in Blois erschienen seien, und macht auf eine Reihe von Fällen irregulärer Wahl aufmerksam (S. 88-95)· 59 Schnur (Anm. 44) passim; Picot (Anm. 24) S. 25 ff. 60 Lecler (Anm. 18) S. 94. 61 Picot (Anm. 24) III, S. 42 ff. 62 Lecler (Anm. 18) S. 9563 Ebenda S. 100; Mariejol (Anm. 58) S. 248. 64 Lecler (Anm. 28) S. 100. Das Edikt datiert vom 18. Juli 1585> die Absetzungsbulle vom 9. September 1585. 65 Mariejol (Anm. 58) S. 277 f66 Picot (Anm. 24) III, S. 373. Diese Stellung war verbunden mit dem Oberbefehl über alle königlichen Truppen. 67 Mariejol (Anm. 58) S. 282; Picot (Anm. 24) IV, S. 387 ff. 68 Picot (Anm. 24) IV, S. 74· 69 Ebenda S. 74-76. 70 Ebenda S. 78-99· Vgl. außerdem die Ausführungen bei Roland Mousnier, L'assassinat de Henri IV. Paris 1964, Buch 11,2; in der deutschen Ausgabe des Buches unter dem Titel Ein Königsmord in Frankreich. Berlin 1970, S. 92-98. 71 Mariejol (Anm. 58) S. 382.

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

219

72 Picot (Ann. 24) IV, S. 109 ff. 73 Text des Edikts an dem in Anm. 46 angegebenen Ort; bequeme Zusammenfassung der Bestimmungen bei Daniel Ligou, Le Protestantisme en France de 1598 a 1715· Paris 1968, S. 9-25· 74 Über die vom Pariser Parlament vorgenommenen Modifikationen im Detail und in den Formulierungen vgl. ebenda S. 21 f. 75 Mousnier (Anm. 70), deutsche Ausgabe S. 210-213. 76 Zu den Ständen von 1014 s. jetzt den Aufsatz von Robert Jütte, Die ständische Verfassung Frankreichs im Spiegel der Generalstände von 1614 · Γη: Zeitschrift für Historische Forschung 12 (1985) S. 311331. Vgl. ferner Mousnier (Anm. 11) S. 214-226. 77 Ligou (Anm. 73) S. 56 ff. 78 Das Parlament von Toulouse zum Beispiel bezeichnete sich 1771 als "Etats Generaux au petit pied" und sogar als "representants de la nation" (zitiert bei Eberhard Schmitt, Repraesentatio in toto und repraesentatio singulariter. In: Historische Zeitschrift 213 [ 1971 ] S. 551 ) . 79 Skalweit (Anm. 50) S. 408. 80 Der erfolgreiche Kampf der Gegenreformation gegen die Deklaration Kaiser Ferdinands wurde zuerst in der Fürstabtei Fulda und im kurmainzischen Eichsfeld geführt (vgl. Moriz Ritter, Deutsche Geschichte im Zeitalter der Gegenreformation und des Dreißigjährigen Krieges. Bd. 1, Stuttgart 1889, S. 445 ff. ) . 81 Fritz Wolff, Corpus Evangelicorum und Corpus Catholicorum auf dem Westfälischen Friedenskongreß. Münster 1 9 6 6 , s . 2 4 . 82 Als Kernstück des Religionsfriedens ist der Geistliche Vorbehalt von jeher am meisten diskutiert worden. Statt einer Fülle von Literatur nenne ich nur die neueste Arbeit von Martin Meckel (Anm. 51)> in die auch seine eigenen grundlegenden Forschungen eingegangen sind (S. 70 ff, S. 199 ff.). 83 Hierzu den Beitrag von Franz Petri in: Rheinische Geschichte Bd. 2, Düsseldorf 1976, S. 83-95· 84 Zum Mehrheitsprinzip im Reichstag Klaus Schiaich, Maioritas - protestatio - itio in partes - corpus Evangelicorum. Das Verfahren im Reichstag des Hl. Rom. Reichs Deutscher Nation nach der Reformation. In: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Kan. Abt. 94 (1977) S. 264 ff. und 95 (1978) S. 139 ff. 85 Heckel (Anm. 51 S. 84 f; Wolff (Anm. 81) S. 32 f. 86 Zur Tätigkeit des Reichskammergerichts in Religionsprozessen Horst Rabe, Der Augsburger Reli-

220

87

88 89 90 91 92

93 94 95

96

Seidel, Zentrale Ständevertretung und Religionsfrieden

gionsfriede und das Reichskammergericht 1555-1600. In: Festschrift Ernst Walter Zeeden, Münster 1976, S. 260-280. Vgl. dazu Heinz Duchhardt, Der Kampf um die Parität im Kammerrichteramt zwischen Augsburger Religionsfrieden und 30jährigem Krieg. In: Archiv für Reformationsgeschichte 69 (1978) S. 201-218. Rudolf Smend, Das Reichskammmergericht. Erster Teil: Geschichte und Verfassung. Weimar 1911, S. 192 ff. Über die Reichsdeputationstage s. jetzt die grundlegenden Forschungen von Helmut Neuhaus, Reichsständische Repräsentationsformen im l o l J a h r hundert . Reichstag-Reichskreistag-Reichsdeputationstag. Berlin 1982, S. 422-492. Wolff (Anm. 8l) S. 34. Schiaich (Anm. 84) Bd. 95, S. 143 ff. Heeke! (Anm. 51) S. 98 f.; Schiaich (Anm. 8 4 ) Bd. 95lleckel (Anm. 51) S. 109 f. Dieses neue reichsrechtliche Institut hatte sich schon in Augsburg 1555 durch Verhandlungen "de corpore ad corpus" vorbereitet (Wolff [Anm. 8l] S.23). Vgl. hierzu die Arbeit von Schiaich (Anm. 84) passim. lleckel (Anm. 51) S. 146. Ligou (Anm. 73) S. 96 f. Hierzu Anton Schindling, Der Westfälische Frieden und der Reichstag. In: Politische Ordnungen und soziale Kräfte im Alten Reich, hg. von Hermann Weber. Wiesbaden 1980, S. 115 ff. Die Formel steht unmittelbar am Ende der Präambel.

Klaus Malettke

Altes Reich und Reichsverfassung in französischen Traktaten des 17. Jahrhunderts

In seinem

grundlegenden,

schienenen Fritz

Werk

Dickmann

Uber im

1959

den

in

erster

Auflage

er-

Westfälischen

Frieden

hat

Zusammenhang

Deutschlandpolitik

Richelieus

mit

Ausführungen

festgestellt,

zur

daß

die

beim Prinzipalminister Ludwigs XIII. und bei den Franzosen seiner

Zeit

zu beobachtenden

spezifischen Charakter

Vorstellungen

des Heiligen Römischen

vom

Reiches

deutscher Nation und seiner Verfassung wesentlich von Bodin und

den Monarchomachen

geprägt

gewesen

seien'.

Für Bodin war aber bekanntlich das Reich eine Ständeoligarchie. Souverän war nach seiner Auffassung

nicht

der Kaiser, sondern allein das im Reichstag vereinigte Corpus der Reichsstände. Von ihnen

sei

der

Kaiser

in

allen Belangen abhängig, an ihre Zustimmung sei er gebunden^ . Während sich Bodin auf Grund nitätsbegriffes ständischen

veranlaßt

eben

doch

sah,

die

seines

neben

existierende

Souverä-

der

reichs-

selbständige

kai-

serliche Gewalt und den Monarchiecharakter des Reiches sowie die

Landeshoheit

der

Reichsstände

"wegzuint.er-

pretieren", hoben die Monarchomachen gerade die beiden letztgenannten

Merkmale

hervor.

Vor

dem

Hintergrund

der starken politischen und konfessionellen Spannungen im Frankreich der zweiten Hälfte des

16. Jahrhunderts

ging es ihnen darum, unter Rekurs auf die verfassungsmäßigen Gegebenheiten im Deutschen Reich zu "beweisen, daß

jede

Monarchie

eine

beschränkte

sei

oder

von

222

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

Rechts wegen sein müsse, daß neben der königlichen immer eine ständische Gewalt stehe und daß man den Privilegierten

in

ein gewisses

ihren

Maß an

jeweiligen

Herrschaftsbereichen

Selbständigkeit

zu

belassen

ha-

be" 3 . In Anbetracht teter

Auffassungen

solcher in Frankreich

ist

daher

verbrei-

verständlich,

daß

Richelieu und den Franzosen seiner Zeit die funktion

der

Reichsst.ände

gegenüber

den

von

Kontroll-

Rechten

des

Kaisers und der eingeschränkte Charakter seiner Kompetenzen sehr hoch veranschlagt wurden. "Daß

[aber]...",

so stellt Dickmann fest, "das Verhältnis der kaiserlichen

und

der

ständischen

Gewalt

zueinander

(tatsäch-

lich) umstritten war, davon wußte schon die zeitgenössische

wissenschaftliche

Literatur

in

Frankreich

so

gut wie nichts, wieviel weniger die Politiker, von denen ein vorurteilsloses Studium der deutschen sung nicht zu erwarten war und die ihrem

Urteil

vom

französischen

sich

Verfas-

natürlich

Interesse

in

bestimmen

ließen" 4 . Lm

folgenden

soll

politischen Traktaten und 17.

lungen des inwieweit

anhand

von

französischen

historiographischen

Jahrhunderts

geprüft

Abhand-

werden,

ob

bzw.

das Urteil Dickmanns aufrechtzuerhalten,

zu

korrigieren oder zu differenzieren ist. Es ist zu fragen,

ob

in

Frankreich

tatsächlich

keinerlei

Kenntnis

davon vorhanden war, daß das Verhältnis zwischen

kai-

serlicher und reichsständischer Gewalt in der Realität im Reich nicht klar und eindeutig weiterhin

zu prüfen,

ob und

reich von den Veränderungen

im

Kennt.nis nahm,

war. Es ist

man

in

Frank-

verfassungsrechtlichen

und politischen Beziehungsgeflecht Reichsständen

fixiert

inwieweit

die

zwischen Kaiser und in den

Verfassungs-

artikeln des Westfälischen Friedens ihren Niederschlag

223

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

fanden^. Schließlich ist der generellen Frage nachzugehen,

welche

Vorstellungen

vom

Reich

und

von

der

Reichsverfassung in den Traktaten des 17· Jahrhunderts formuliert

wurden.

Dies

erscheint

um

so

mehr

ange-

bracht, als Friedrich Hermann Schubert bereits 1968 in einem knappen

Beitrag darauf aufmerksam

daß

die

"französischen

die

deutschen

Staatslehrer

Verhältnisse

(von

gemacht

und

hat,

Publizisten

jeher)

mit

wachen

Blicken" beobachtet haben*'. Nicht zu leugnen ist, daß Bodins Konzeption, das Reich sei eine zent.ralistische Ständerepublik, in der sich die Souveränität allein in der Gesamtheit der im Reichstag versammelten Reichsstände darstelle, noch in der ersten Hälfte des

17· Jahrhunderts

zösischen Autoren politischer Schriften wiederzufinden

und

bei

fran-

staatstheoretischer

ist. Aber

auch deutsche

Ju-

risten des ausgehenden 16. und des frühen 17. Jahrhunderts beschäftigten sich länger als ein Menschenalter mit

Bodins Position

und

bemühten

sich,

den

"Status"

des Reiches mit Hilfe seines Souveränitätsbegriffes zu ρ 7. erfassen Ausdrücklich bezog sich der bekannte

Pariser

g

Parlainentsadvokat. Charles in seinem

Loyseau

l608 erschienenen

auf Bodin,

"Traite des

als er

Seigneuries"

ausführte, daß im Reich die Souveränität

beim

Corpus

der Reichsstände liege. Der Kaiser sei weder souveräner

Monarch

noch

souveräner

Fürst,

er

habe

nur

die

Stellung

eines Oberhauptes und höchsten Amtsträgers 9 des Reiches . Seine Amtsgewalt beruhe auf einem Akt

bedingter mit, dem

Übertragung, zu

Wählenden

der auch in der vor vereinbarten

der

Wahl

Wahlkapitulation

seinen Ausdruck finde. Wahlverfahren und Wahlkapitulation,

deren

bindender

Charakter

offenkundig

über-

schätzt wurde'", waren nach Loyseaus Überzeugung wei-

224

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

tere Indizien dafür, daß die Souveränität im Reich dem Corpus der im Reichstag vertretenen Stände Die

einzelnen

durchaus

ReichsfUrsten,

richtig

souverän.

Sie

Souverainete

fest,

verfügten sur

le

so

Loyseau

seien

aber

ebenfalls

zwar

über

"les

peuple",

Komplex der Landeshoheit

zukomme^.

stellte

womit

nicht

droits

offenbar

de der

angesprochen ist, seien aber

ihrerseits von einer Ubergeordneten Gewalt, dem Reich, abhängig

und „12

infolgedessen

nicht

"vrayment

Princes

souverains" Gleiche Jahrzehnte seinem

Ansichten

später

der

formulierte

Staatsrat

1032 publizierten

Werk

Cardin

"De

zweieinhalb Bret.

In

la Souverainete

du

Roy" vertrat auch er die Theorie vom

Le

Reich

als

einer

Fürstenaristokratie mit dem Reichstag als eigentlichem Souverän.

Dem

Kaiser,

wählten,

auch

Funktion

eines

der

abgesetzt "Chef"

von

werden

dieser

denjenigen, könne,

die

ihn

komme 13 nur die zu . Aber

Aristokratie

ebenso wie Loyseau sprach er den einzelnen

Reichsfür-

sten zu Recht den Rang souveräner Fürsten im Sinne Bodins

ab, weil

aber

der

diese

Kaiser

Vasallen

oberster

des

Reiches

Lehnsherr

der

seien.

Daß

Reichsfürsten

war, wurde von ihm entweder nicht gesehen oder

bewußt

übergangen^. Die Le

Brets

skizzierten

zum

komplexen

Stellungnahmen Gefilge

der

Loyseaus

und

Reichsverfassung

lassen erkennen, daß beide ihrem dualistischen Charakter und dem - sowohl rechtlich als auch in der Realität

-

umstrittenen

Reichsständen

und

Verhältnis

beider

Anteil

zwischen an

der

Kaiser

und

Reichsgewalt

nicht gerecht wurden. Solche oder ähnliche Belege reichen jedoch nicht für die generelle Feststellung aus, die

"zeitgenössische

Frankreich"

wissenschaftliche

habe von den

tatsächlichen

Literatur und

in

in

vieler

225

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

Hinsicht noch fließenden Gegebenheiten im

Beziehungs-

geflecht zwischen "kaiserlicher und ständischer Gewalt ... so gut wie nichts" gewußt*^. Schon zu Lebzeiten Loyseaus und Le Brets gab es Autoren,

die

erkannt

hatten,

daß

der

spezifische

Charakter der Reichsverfassung mit den Kategorien dins und den sonst gängigen Schemata nicht

Bo-

angemessen

erfaßt werden konnte. Infolgedessen waren sie eher bereit zu akzeptieren, "daß es sich beim Reich um ein in vielem singuläres Verfassungsphänomen ihnen gehörte Jacques

Auguste

de

handelte"^.

Thou,

Pariser Parlament und Verfasser des

138 Bücher

senden, in den Jahren von

1617

1004 bis

Zu

Präsident

am

umfas-

erschienenen

Werkes "Jacobi Augusti Thuani historiae sui temporis", das in Frankreich 17 war

in Deutschland

weit

verbreitet

der

Reichsver-

. Er war bemüht, der Singularität

fassung ohne

und

aus

ihren

eigenen

Kontrastierung

mit

Gegebenheiten

den

heraus

Verhältnissen

reich gerecht zu werden. Deshalb

war

in

es ihm

und

Frank-

möglich,

das Miteinander von Kaiser und Reichsständen in seiner Bedeutung

für

die

verfassungsmäßige

und

politische

Realität des Reiches weitgehend zu erkennen. De Thou wurde klar, daß sehr

weit

entwickelten

Territorien

mehr

war

das Reich

Landeshoheit als

nur

ein

in den

trotz

einzelnen

Staatenbund.

seien Kaiser, Reichsfürsten und -städte sämtlich ren über

eigene

Gebiete

und

heit, dennoch seien sie alle infolgedessen Staatsgebildes

im dem

Besitz Reich

der

der Zwar Her-

Landesho-

Untertan,

dem

der

Charakter eines einheitlichen 18 zukomme . Für dessen Verfassung gebe

es aber "in omni antiquitäte11 nichts Vergleichbares. Resultiert, diese jene Zeit bemerkenswerten

Feststellung Erfassung der

aus

einer

für

komplizierten

Verhältnisse im Reich, so trifft dies ebenfalls zu für

226

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

seine Betonung des Miteinanders von Kaiser und

Stän-

den, dem nach seiner Auffassung so wesentliche Bedeutung

für

die

Struktur

des

Reiches

beizumessen

Wenn de Thou das Beziehungsgeflecht

zwischen

sei.

ständi-

scher und kaiserlicher Gewalt auch nicht näher analysierte, so ist daraus nicht unbedingt zu folgern, daß ihm der unentschiedene Konflikt um den Anteil des Kaisers und der Stände an der Reichsgewalt gänzlich verborgen geblieben wäre. Wegen der bei ihm zu konstatierenden intimen Kenntnis der Realität des Reiches wäre eine

solche

Schlußfolgerung

zumindest

problematisch.

Dies gilt in gewisser Weise wohl auch für französische Vertreter

der

Staatsräsonliteratur

- wie

den

Herzog

Heinrich von Rohan und Gabriel Naude -, wenn diese die Wahrung

der

" reichsf ürstliche [ η ] Libertät,"

und

des

"eigentümlichefηJ Zusammenspiel[s] zwischen Kaiser und Ständen" als das besondere Interesse des Reiches herausstellten 19 Nicht zu bestreiten ist, daß auch in französischen

Traktaten

der

ersten

Hälfte

des

17·

Jahr-

hunderts darauf hingewiesen wurde, daß der Kaiser über genügend Möglichkeiten und Rechte verfügte oder diese zumindest für sich allein beanspruchte, um je nach Gelegenheit Ambitionen "Advis

und

politischer

zu verfolgen.

salutaire

sur

Konstellation Dies war

l'estat.

monarchische

z.B. der

present

des

Fall

im

affaires

1

d Alleinagne" , der im Jahre 1026 von Frangois Langlois, Sieur de Fancan, publiziert wurde. 20

feld von Richelieu tätig

Fancan war im Um-

. In seiner Schrift

führte

er aus, daß Autorität und Würde der Stellung des Kaisers geradezu ein "Arsenal von Möglichkeiten böten 21 zu Übergriffen auf benachbarte Fürsten und Staaten" Vor allem aber bediene sich das Haus Österreich dieser Möglichkeiten zur Verfolgung seiner monarchischen Plä-

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

ne im Reich

227

. Zwar wurden alle Maßnahmen des Kaisers,

die der Realisierung solcher Pläne zu dienen schienen, von Fancan - und insbesondere als usurpatorische

Akte

in amtlichen

verurteilt,

vor

Kreisen -

dem

Hinter-

grund solcher Maßnahmen konnte er sich aber doch kaum der

Einsicht

verschließen,

daß

Reichsherkommen

und

Reichsrecht dem Kaiser eben jenen Spielraum zu eigenständigem und von den Ständen unabhängigem politischen Handeln boten. Wenn mit Be?ug auf solches Handeln des Kaisers in Frankreich allgemein von Usurpation gesprochen wurde, so geschah dies zu einem nicht

geringen

Teil

auch aus propagandistischen Gründen. Damit sollte der Anspruch des französischen Königs, für die Wahrung der Libertät

der

Reichsstände

und die Reichsfürsten für

einzutreten, eine

unterstrichen

Annäherung

an

Frank-

reich gewonnen werden. Es lag daher nur in der Konsequenz einer solchen Argumentation, wenn in ihr zugunsten der Reichsstände eine weitaus präzisere und vor allen Dingen stärkere Begrenzung des Anteils des Kaisers an der Reichsgewalt

vorausgesetzt

wurde

als

es

der Realität im Reich entsprach. Daß man in Frankreich in den Jahren vor Beginn der Friedensverhandlungen von Münster und Osnabrück durchaus in der Lage war, sich ggf. sehr detaillierte und präzise Informationen über den

Umfang

und

das Verhältnis

von

kaiserlichen

und

habsburgischen Rechten einerseits und ständischen Positionen andererseits in einem von der

französischen

Krone beanspruchten Gebiet zu beschaffen, das hat vor wenigen Jahren Stein für das Elsaß in Uber

"Das

französische

Elsaßbild

irn

seiner

Studie

Dreißigjährigen

Krieg" nachgewiesen. Entgegen bisheriger Annahme

97

, so

konnte er feststellen, verfügte die französische .;e.ite dank der von ihr genutzten Informationsmittel über ei-

228

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

nen

sehr

der

komplizierten

Elsaß.

hohen

Zu

Recht

"Der Mangel des

allgemeinen

Elsaß

an

sen"

24

kommt

wird

von

daher

und

hinsichtlich

Besitzverhältnisse

daher

über

als

Münster

zu

die

Motiv

für

bei

den

im

dem

Ergebnis:

genaue

Rechtslage

die

Klärung

des

Friedensverhand-

Osnabrück

ausscheiden

müs-

. Während

zierten

Friedensverhandlungen

mit

den

Geradezu

die

Franzosen

als

bisher

die

mit

ist

steigerte

zwangsläufig

in

am

licher

und s t ä n d i s c h e r

folge

des

Friedens

sich

Veränderungen

auch

Weise

auch

in

daß

daher

von

für

und

französischen

für

befassen. 1648

die

wur-

Folge-

dieses

zwischen

ge-

kaiser-

an d e n

Bereich

kon-

intensiver

zu

sich

Verhältnis diesem

sich noch

Friedens

Reichsgewalt

in

kompli-

resultierten,

verständlich,

Interesse

die

unmittel-

der

im R e i c h

des

gleicher

daher

aus

ergab

Notwendigkeit,

wurden

wieder

die

Reich

Garantiemacht

dies

Es

im

den V e r h ä l t n i s s e n

Da F r a n k r e i c h galt

immer

Problemen,

Verfassungslage

frontiert.

zeit.

der

Bevollmächtigten

und d i r e k t

de,

Stein

Standpunktes

französischen bar

und

Kenntnissen

französischen lungen

Kenntnisstand

Rechts-

im

Ge-

eingetretenen

Traktaten

nieder-

schlug. Deutsche wenn

sie

die

Kaisers

und d e r

terten,

die

zustanden, meinsam f a n g und unklar, brücker

mit

Juristen

umstrittene

Reichsstände

"jura von den

unterschieden Problematik

den

an d e r

reservata", "jura

Abgrenzung beider

dem

sog.

Friedensinstrument

Kaiser die

wahrnehmen

Bereiche

Anteils

waren

er

erörallein

nur

ge-

durfte.

Um-

und

Verfassungsartikel einige

des

Reichsgewalt

comitialia",

Reichsständen

a u c h wenn d i e

die

bekanntlich,

des

blieben im

Präzisierungen

Verschiebungen zugunsten der " j u r a c o m i t i a l i a " 25 halteten . Es s t e l l t s i c h d a h e r d i e F r a g e , w i e

Osnaund beindiese

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

Problematik, nach

1648

wie

in

der

"Status"

französischen

historiographischen

des

Reiches

politischen

Abhandlungen

der

229

generell

Traktaten zweiten

und

Hälfte

des 17. Jahrhunderts gesehen und beurteilt wurden. Eine Analyse der auch nach dem Frieden

in Frankreich

ebenso

wie

in

Westfälischen

Deutschland

an-

dauernden Debatte über den "Status" des Reiches, über 26

die "forme du Gouvernement de l'Allemagne" kennen,

daß

bei

den

Autoren

, läßt er-

einschlägiger

Schriften

das Wissen über die komplexen politischen und verfassungsmäßigen

Gegebenheiten

beim

östlichen

Nachbarn

ganz erheblich zugenommen hatte. Daß dies zumindest zu einem Teil auch auf die Rezeption der vom

l6. zum

17· Jahrhundert

unter

seit

der

deutschen

Wende

Juristen

und Reichspublizisten in verstärktem Maße geführten Diskussion über das Wesen des Reiches und seiner Ver27 fassung

zurückzuführen

ist,

belegen

französische

Traktate. Ausführlich setzte sich Bruneau in seinen Erörterungen Uber den "Status" des Reiches mit der unter den "Doktoren Deutschlands"

ausgetragenen

Uber die Grundlagen der Reichsverfassung Die einen, so führte er in seiner ten Schrift

"Estat

present

1675

Kontroverse auseinander.

veröffentlich-

des affaires

d'Allemagne"

aus, hätten die Ansicht vertreten, daß das Reich eine Aristokratie darstelle. Mit dem Hinweis auf die Rolle der Reichsstädte von

einem

schließlich

in Deutschland hätten andere dagegen

"Estat hätten

Democratique" wieder

andere

gesprochen. unter

Lehnshoheit des Kaisers dem Reich den Charakter 28 "Estat

parfaitement

Deutschland

Monarchique"

zuerkannt (im

1672) eingetretene Entwicklung lasse jedoch

der

eines

. Die

seit Ausbruch des Krieges zwischen

reich und den Vereinigten Niederlanden

Und

Betonung

in

Frank-

Frühsommer erkennen,

230

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

29 1'Empire"

sei

. Mit dieser

Feststellung schien Bru-

neau eine von den meisten deutschen rern als unzutreffend

Staatsrechtsleh-

abgelehnte These wieder

aufzu-

greifen. Bei näherer Betrachtung läßt. sich jedoch erkennen, daß seine Argumentation durchaus neue Elemente gegenüber bisher in Frankreich formulierten Positionen enthielt. Man brauche gar nicht

so weit in

die

Ver-

gangenheit zurückzublicken, um zu erkennen, so führte Bruneau

weiter

wohlgeordnetes,

aus,

daß

das

korporativ

Reich

ursprünglich

ein

Gemeinwesen

(un

geprägtes

corps fort regulier) gewesen sei, in dem die Reichsgewalt weder absolutistische Formen angenommen habe noch zu einer

schwächlichen

Autorität

sei.

herabgesunken

Die konfessionelle Spaltung und die daraus

resultie-

renden offenen Konflikte hätten diesem Zustand jedoch ein Ende bereitet. Das Haus Habsburg habe diese Vorgänge

zur Verfolgung

Reich

ausgenutzt.

monarchischer

Und

auch

in

Zielsetzungen

der

Folgezeit

Österreich seine Ambitionen nicht aufgegeben,

im

hätte sondern

immer wieder "günstige Konjunkturen" (conjonctures favorables) zur Realisierung seiner monarchischen auszunutzen versucht. Der gegenwärtige

Pläne

Konflikt

zwi-

schen Frankreich und der Republik der Vereinigten Niederlande,

in den

das Reich

1674 als

Alliierter

der

Niederlande und Spaniens eingriff, stelle eine solche "conjoncture favorable" für den Kaiser dar, die dieser auch genutzt habe, um "Monarque souverain de 1'Empire" zu werden^". Sieht man einmal von Überzeichnungen

und

manchen

Fehleinschätzungen

offenkundigen der

Realität

ab, so enthalten die Ausführungen Bruneaus doch einige richtige Beobachtungen, die zudem

in dieser

Form

in

französischen Traktaten bisher noch nicht gemacht wur-

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

den. In der Tat lassen sich in den Jahrhunderten dem

Westfälischen

Frieden

im

Ringen

zwischen

231

vor

Kaiser

und Reichsständen durchaus Phasen erkennen, die durch eine

Dominanz

der

kaiserlichen

Macht

gekennzeichnet

waren. Dies war der Fall in den Jahren zwischen dem Schmalkaldischen

Krieg

und

dem

Fürstenaufstand

von

1552. Und noch im ersten Jahrzehnt des Dreißigjährigen Krieges und zur Zeit des Prager Friedens von 1035 hatte

Ferdinand

Versuch

II.

den

unternommen,

zunächst

das

erfolgversprechenden

deutsche

Verfassungsproblem

einer monarchischen Lösung zuzuführen. Dieser Ferdinands II. ist bekanntlich

Versuch

aus Gründen, die hier

nicht zu erörtern sind, gescheitert. Im Westfälischen Frieden, insbesondere

in den

sog.

Verfassungsbestim-

mungen, kam der Rückschlag, den der Kaiser

hinnehmen

mußte, deutlich zum Ausdruck. Es sind zweifellos jene Versuche des Kaisertums vor 1 6 4 8 , monarchischen

das Verfassungsproblem Sinne

und

zugunsten

des Reiches im

der

kaiserlichen

"jura reservata" zu lösen, die Bruneau im Auge hatte, wenn er von den für Österreich

"günstigen

Konjunktu-

ren" sprach. Und wenn er - in Überschätzung der tatsächlichen Entwicklung und ihrer Konsequenzen - glaubte, daß der europäische Krieg von 1672 dem Kaiser die Möglichkeit eröffnet hätte, im Reich die Stellung eines souveränen Monarchen

zu erlangen,

so

liegt

doch

auch dieser Mißdeutung eine im Kern richtige Beobachtung • zugrunde . Tatsächlich hat sich das Kaisertum nach dem Rückschlag von 1648 unter Leopold I., insbesondere nach 1 6 6 3 , wieder erholt. In der neueren Forschung ist mit Recht darauf hingewiesen worden, daß die Struktur des Reichstages und - nicht zuletzt Interessengegensätze

zwischen

- die jeweiligen

Kurfürsten

und

Fürsten

genügend Möglichkeiten boten, die für eine Wiederauf-

232

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

wertung des Kaisers im Reich genutzt werden "Der Reichstag eröffnete bindungen

und

damit

konnten.

fiir den Wiener Hof Querver-

Kanäle

der

Information

und

der

Kommunikation in 'das Reich'. Er trug so unter anderem dazu bei, daß der Kaiser nach der Vertrauenskrise des Dreißigjährigen Krieges im Reich seine

traditionellen

Einflußzonen

wiederherzustellen und seine Klientel 31 wieder zu sammeln vermochte" . Die Wiener Hofburg hat außerdem nach 1648 nicht ohne Erfolg versucht, das den Reichsständen

im

Westfälischen

Frieden

zuerkannte

Recht auf Mitsprache und Mitentscheidung in außenpolitischen Angelegenheiten

des Reiches

wieder 32 der Position des Kaisers zurückzudrängen .

zugunsten

Diese Vorgänge im Reich, die Bruneau zumindest in ihrer Tendenz

erkannt

hatte,

reichen

jedoch

nicht aus, um dem Kaiser die Stellung eines "Monarque souverain"

im Sinne Bodins zuzuerkennen. Bruneau tut

dies aber auch nicht, denn er verwendet nicht den Bodinschen Souveränitätsbegriff

. Nach Bruneau

Souveränität nämlich nichts anderes dar als

stellte "die Ge-

walt, einen Staat gemäß seinen Wünschen und Interessen zu handhaben" ^ . Dem Kaiser wird man aber auch in den 70er Jahren des 17· Jahrhunderts eine so eindeutig dominierende Position im Reich, wie sie Bruneaus Souveränitätsverständnis entsprochen hätte, nicht einräumen können. Nicht zu leugnen ist jedoch, daß Bruneau mit seiner Konzeption von Souveränität

eher

in

der

Lage

war zu erfassen, daß sowohl der Kaiser als auch die Reichsstände Anteil an der Reichsgewalt hatten. Deutlich wird dies z.B. auch, wenn Bruneau betont, daß die Reichsgewalt

niemals

ungeteilt 3ζ Reichsfürsten gelegen habe . Zeigte Bruneaus

zum

sich

"Status"

bereits des

in

den

Händen

der

bei

den

Ausführungen

Reiches

der

Einfluß

der

233

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

deutschen Reichspublizistik, so ist dieser in der 1677 von Jean Le Royer, Sieur de Prades, "Histoire

veröffentlichten

D'Allemagne" noch deutlicher

erkennbar.

De

Prades stellte fest, daß es schwierig sei, das Gebilde des

Reiches

staatsrechtlich

zu

definieren

. Es

sei

mit keiner der überlieferten Staatsformen (Demokratie, Aristokratie, Monarchie) angemessen zu erfassen. Vielmehr

bilde

dieses

"Corpus",

das

ursprünglich

eine

richtige Monarchie gewesen sei, gegenwärtig "un Estat monstrueux",

"eine

konfuse

Zusammenfassung

konträrer

Teile, die nur durch die Person des Kaisers, durch den Reichstag und die Reichsgerichte sowie den Tatbestand zusammengehalten

würden,

daß

sie

aufeinander

zur

17

Sicherung ihrer Existenz angewiesen seien"

. Wie Pu-

fendorf, an dessen bekannte Definition des Reiches als eines "unregelmäßigen, einem Monstrum ähnlichen Gebil•j Ο des"

(irreguläre aliquod

corpus et monstro

simile)

de Prades mit seiner Formel vom "Estat monstrueux" offensichtlich anknüpfte, verzichtete auch der

Franzose

auf einen festen Begriff für das Reich. Ebenso wie bei Pufendorf, dessen 1667 anonym erschienene Schrift "De statu imperii Germanici..." de Prades zweifellos ge39 kannt hat , war auch bei diesem die Charakterisierung des Reiches als eines

"Estat monstrueux"

nicht

ver-

ächtlich, abwertend gemeint, sondern eher Ausdruck der Schwierigkeit,

dieses

Gebilde

mit

damaligen

staats-

rechtlichen Kategorien zu erfassen^". Allgemein

läßt

sich

bei

den

französischen

Autoren in der zweiten Hälfte des 17· Jahrhunderts ein geschärfter Blick für "das spannungsreiche und prekäre politische

Gefüge

des

Heiligen

Römischen

Reiches"^*

sowie für das umstrittene Verhältnis zwischen kaiserlicher und ständischer Gewalt feststellen. Dies zeigt sich schon allein darin, daß sie sich nicht nur häufi-

234

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

ger, sondern vor allem mit ten.

diesem Daß

auch

vielschichtigen

trotz

der

1648

ausführlicher Fragenkomplex

erreichten

als

zuvor

beschäftig-

Reduzierung

der

"jura reservata" des Kaisers zugunsten einer Stärkung und Vermehrung der "jura comitialia"

dem

Reichsober-

haupt durchaus noch Möglichkeiten zur Verfügung standen, die er durch geschicktes Taktieren bei günstigen außen- und innenpolitischen

für

Konstellationen

zur Stärkung seiner Position nutzen konnte - und europäischen Konflikt von hat

-, wurde

von Bruneau

1672 bis klar

ihn im

1679 auch genutzt

erkannt^.

Im

Unter-

schied zu Bodin und Loyseau bestand für .ihn kein Zweifel daran, daß die Reichsgewalt niemals ungeteilt den Händen

der Stände gelegen hatte, daß

dem

in

Kaiser

vielmehr ebenso ein Anteil an ihr z u k a m ^ . Ebenso wie Bruneau verwies auch der aus einer bürgerlich-städtischen Magistrats- und Juristenfamilie stammende und später in die

"noblesse de robe"

aufgestiegene Jean de Silhon auf die in der Reichsverfassung auch noch nach 1648 angelegten Chancen für eine zielstrebige kaiserliche Politik^. Der Kaiser könne zwar nicht, so stellte er in seinem l66l erschienenen

Traktat

"De

la

certitude

des

connaissances

hu-

maines" fest, die Rechte und Privilegien der Reichsstände kassieren, es sei ihm jedoch möglich, durch die ihm

allein

zustehende

Gesetzesinitiative

(Proposi-

tionsrecht) das Gesetzgebungsverfahren im Reichstag in seinem Sinne zu beeinflussen^^. Zumindest in Ansätzen war damit Silhon der Handlungsspielraum

deutlich ge-

worden, den der Reichstag dem Kaiser selbst noch nach dem Westfälischen Frieden bot und den Leopold I. seit I663 dann auch in zunehmendem Maße und mit wachsendem Erfolg zu nutzen verstand^.

Diese Einsicht

hinderte

Silhon jedoch nicht daran, die Macht des Kaisers als

235

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

eine

"puissance

kaiserliche fürsten

dependant.e

Würde

und

als

der

perpetuelle

et

zu

Besonders dein

mit

dem n a c h w i e

ser

und

Ständen

Pufendorf

fassungsmäßigen wenn halb

entsprachen,

nimmt

de

Prades

und

seiner

Mit beobachtenden /wiscaon ue d e

so

gelte

dies

ne

und

diejenige

der

Prades

aus^",

mit

aus,

somit,

für

in

im

Aber

ebenso

Kaiser

wie

der

die

der

Grundgesetze

an.

der

des

Zwischen

bestehe

Kaisers

gehalten

des

Rechtsordnung

ei-

so

durch

49

werde

de

entweder

ge-

Gewalten

Doppelnatur waren

weitgehende

der diese

und

und

gebunden.

be-

Eigen-

und b l i e b e n

Reiches

.

führte

Landeshoheit

waren

könne,

wechselseitige

Bekanntlich

Territorien

Glieder

tun .

daß

Kaiser

fi

eigenständige

gleichzeitig

und

fest,

der

Weise

spezifische

zu

Verhältnis

Λ

Reichsstände als

unter Reich

nicht

er

Reiches

Macht

Des-

haben.

Stände

Majest.e" ,

die

oder

Punkten

dem

Wenn

Diese

Balance la

Besitz

staatlichkeit.

sen

des

die

de

er

ihre

mit

komplexe

gleicher

Reichsstände

Landesherren

saßen

daß

übten

sprach

der

in

ver-

Position

stellte

die

durch

der

Frankreich

Abhängigkeit.

dem K a i s e r

Damit

ohne

Kai-

nahekamen.

seien.

Gliedern

"droits

weiter

Stellung als

den

Stände

die

sich

das

und

von

vielen

sehr

in

für

nichts

bewirke,

Die

meinsam

dahin

Prades

Beeinflußt

in

die

angewiesen

wechselseitige

Abhängigkeit

doch

de

Anteil

auseinandergesetzt

umgekehrt

dein O b e r h a u p t

Reich

Reichsständen

Reichsebene

Kur-

Reiches

Aussagen,

ein,

bis

und

sich

herausragende

Verständnis

Kaiser

aufeinander

der

so

eine

einem

zu

im

Autoren

Verfassung

seine

der

"commission

Alten

Reichsgewalt. dabei

nicht

französischen

dts

umstrittenen

Realität

den

auf

der

befaßte

Gefüje

1648

er

und

Autorität

abgeleitete

intensiv

an

gelangte

der

interpretieren^.

spannungsreichen vor

subalterne"

von

Reichstage

ä vie"

mit

et

eine

an Auf

sie desder

236

Malettke, Altes Reich und

Reichsverfassung

Ebene des Reiches nahmen sie die "jura comitialia"

wahr,

zusammen deren

mit

Umfang

dem

Kaiser

und

Grenzen

bekanntlich nicht klar fixiert waren. De

Prades

ging

verhältnismäßig

auf den Komplex der "jura reservata"

ausführlich

des Kaisers

wenn er auch den lateinischen Begriff nicht

ein,

verwende-

te. Er nannte das Recht des Kaisers, den Reichstag

zu

berufen und die dort zu behandelnden Materien zu proponieren, die von ihm beanspruchte Befugnis zum griff"

sowie

sein

Recht,

einem

Votum

der

"Vor-

auf

dem

Reichstag versammelten Stände seine Sanktion zu erteilen und es damit zum Reichsgesetz zu e r h e b e n ^ . Im Zusammenhang mit der Erörterung der kaiserlichen

Reser-

vatrechte verwies de Prades aber auch auf die Lehnshoheit und die damit verbundene Lehnsgerichtsbarkeit

so-

wie auf das Recht, Privilegien zu erteilen, Standeser52 höhungen vorzunehmen und Begnadigungen zu erteilen . Schließlich erwähnte er die Handhabung der Reichsacht 53 durch den Kaiser . Sofern andere Autoren überhaupt auf

die

"jura

der königliche de B o n a i r ) ^

reservata"

eingingen,

Historiograph

und der bereits

nannten

Antoine

sie

Varillas

erwähnte

Jean

de

wie

(Sieur Silhon

zumeist nur das kaiserliche Konvokations- und Propositionsrecht in Angelegenheiten des Reichstags"'"'. Dem

Komplex

der

"jura

de Prades, Bonair, Bruneau

und

comitialia" Silhon

widmeten

besondere

Auf-

merksamkeit. Zu ihnen zählte de Prades mit geschärftem Blick

für

die

Gegebenheiten

bungs- und Bündnisrecht

im

Reich

das

Geset.zge-

sowie das Recht, Steuern

aus-

zuschreiben, Krieg zu erklären und Frieden zu schließen. Γη all diesen Reichsangelegenheiten ser auf die Zustimmung der Kurfürsten

angewiesen^.

Stände

Wenn

hang das Mitentscheidungsrecht

er

oder

sei der Kaizumindest

in diesem

der

Zusammen-

der Kurfürsten als Min-

237

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

destvoraussetzung

für

das

rechtmäßige

von Beschlüssen in den genannten für

ausreichend

erachtete,

dachte

noch an die Verhältnisse vor schen

Frieden

war

aber

Reichsgeschäfte... freie

die

Zustimmung

und

streichung von Verf.] 57 gesichert

er

offensichtlich

1648. Seit dem Westfäli-

"in

auf

Zustandekommen

Reichsangelegenheiten

allen

dem

Beratungen

Reichstag

Einwilligung

abgegebene

aller

Reichsstände"

über

[=Unter-

verfassungsmäßig

. Bonair, Bruneau und Silhon befaßten

sich

vergleichsweise ausführlich mit diesem allgemeinen und uneingeschränkten

Mitbestimmungsrecht

allen Reichsangelegenheiten,

der

das jene

Stände

durch

in

Beratung

und Abstimmung im Reichstag oder in den sonstigen verrQ fassungsmäßigen Gremien auszuüben berechtigt waren Einzelne Materien im Bereich der "jura comitialia" hoben sie nicht gesondert hervor, was auch nicht, erforderlich

war,

denn

das Mitbestimmungsrecht

der

Stände

in allen Reichsangelegenheiten war ja seit 1648 grundsätzlich umfassend. In Anbetracht fassungsmäßigen

der seit

Position

der

1648 gestärkten

Reichsstände

und

verihrer

wachsenden Bedeutung im Rahmen der Reichspolitik wigs XIV. ist es verständlich, daß französische

LudAuto-

ren nicht nur um eine möglichst präzise Charakterisierung der einzelnen Reichsstände und um die Darstellung ihrer spezifischen Funktionen und Rechte bemüht waren, sondern

auch

jenen

widmeten, in denen

Gremien die

besondere

Reichsstände

die

Aufmerksamkeit ihnen

zuste-

henden Mitentscheidungsrechte in Reichsangelegenheiten praktizierten. den

Sehr

Niederlanden

ausführlich

stammende

befaßte

sich

brandenburgische

der

aus

Resident

in Frankreich Abraham de Wicquefort. mit den Kurfürsten in seinem

1058 erstmals publizierten

"Discours Ilisto-

rique de 1'Election de l'Empereur, et des Elect.eurs de

238

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

59 1'Empire"

. Er behandelte

im einzelnen

und

tailliert, die geistlichen und weltlichen und

schilderte

für seine

Zeit

sehr

de-

Kurfürsten^"

erstaunlich

exakt

das

Verfahren bei der Errichtung und Annahme der Wahlkapitulation 0 ^ durch

den

Gewählten

Kurfürsten

bei

Ablauf

Zeremoniell

und

der Wahl

des

sowie

die

Römischen

eingehend

Rolle

Königs,

Zwang

deren

wurden 0 ^.

behandelt

Wicquefoi^t. tat jedoch der Realität

der

an, wenn

die Kurfürsten als Souveräne im Sinne Bodins

er

bezeich-

nete A und damit Landeshoheit mit Souveränität verwechΊ selte . Gleiches gilt für Bruneau, der die "Souveränität" der Kurfürsten durch den Westfälischen noch

gesteigert

sah^^,

obwohl

in

der

Frieden

Realität

ihre

Präeminenz während der Friedensverhandlungen von einer Gruppe evangelischer Einfluß war^

von

Hessen-Kassel

in

unter

Frage

und in den Verfassungsartikeln

trages auch neau

Reichsfürsten

war

gewisse

die

Einschränkungen

Minderung

der zweiten Hälfte des

ihres

maßgeblichem

gestellt, des

worden

Friedensver-

erfuhr.

polit.schen

Für

Bru-

Gewichts

17· Jahrhunderts wiederum

in

eine

Folge des Krieges, der "conjonetures de la guerre presente"^.

Ansonsten stellten

Bruneau

und

de

Prades

-

wenn auch knapper als Wicquefort - die Rechte7 und Funktionen der Kurfürsten ziemlich exakt dar . De Prades, der darauf hinwies, daß die Kurwürde ain Terriö8 toriurn und nicht an der Person haftete , bezeichnete jedoch die Kurfürsten nicht als Souveräne,

tn gleicher

Weise verfuhr er in seiner recht ausführlichen Behand69 70 lung der übrigen Reichsfürsten und Reichsstädte , deren reichsrechtliche Stellung er mit, dem korrekten Begriff "superiorite" (Landeshoheit) charakterisier71 te . In diesem Zusammenhang machte er auch recht präzise Angaben über das Normaljahr

das

im Westfälischen

Frieden

(1024) und der» paritätischen

durch

Charakter

239

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

der

für

die

Stellung

der

Konfessionen

erreichten

Rechtsordnung weitgehend entschärfte "jus reformandi" 72 der Reichsstände . Außerdem hob er das in diesem Frieden erreichte 73 hervor

"votum

. Kennzeichnend

decisivuin"

der

Reichsstädte

für die bemerkenswerte

Kennt-

nis der Reichsverfassung, Uber die de Prades verfügte, ist, daß er als einziger der hier behandelten die

Grundlagen

der

Reichsstandschaft

Autoren

darstellte, 74

ja,

daß er diese Frage überhaupt anschnitt In Anbetracht der Bedeutung der Reichsstände für die Reichspolitik Frankreichs und der nachdrücklichen Unterstützung, die die Stände bei ihrer Forderung nach Anerkennung ihres Bündnisrechtes während der Verhandlungen über ihre Gravamina auf dem Friedenskongreß von französischer Seite erfahren hatten, ist man überrascht, daß das ständische "jus foederis" taten nicht

sehr intensiv erörtert

in den Trak-

wurde. Nur

Bruneau

verwies auf die Bedeutung des Rechtes der Stände, unter sich und schließen, Reich

mit

die

richten

auswärtigen

sich

jedoch

durften.

Mächten nicht

Bündnisse

gegen

Er kritisierte

abzu-

Kaiser

allerdings

und die

vertragliche Beschränkung des "jus foederis" als eine faktische

Entwertung

dieses

zentralen

Rechtes

der

Reichsstände^. Von

den

in Wahrnehmung

Gremien,

in denen

ihres Konsensrechtes

genheiten zusammentraten,

die in

Reichsstände Reichsangele-

fand der Reichstag - seiner

Bedeutung entsprechend

- am häufigsten Erwähnung.

mindest

wurden

in Grundzügen

Verfahren

bei

führlichsten

der

seine

Gesetzgebung

befaßt.e sich

Bonair

Struktur und das 77 dargelegt . Am ausmit

den

Einberufung und des Ablaufs von Reichstagen dem Gang

auf der

diesen

Reichsversammlungen

Beratung

und

der

Zu-

zu

Fragen

der

sowie mit

beobachtenden

Entscheidungsfindung.

Die

240

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

dabei von ihm gemachten Angaben waren - für jene Zeit 78 -

recht

präzise

. Dies gilt

auch

für

seine

Ausfüh-

rungen zu den Reichskreisen und Kreistagen, die bei den anderen Autoren - wenn überhaupt - nur knappe Erwähnung fanden 79 . Nicht völlig abwegig war, wenn er die Kreistage in den Reichskreisen mit den französi80 sehen Provinzialständen und das Reichskammergericht mit dem Pariser diese

Parlament jener

Körperschaft

das

Zeit verglich, in der

einzige

höchste 81Gericht französischen Königreich dargestellt hatte

im

Wenn bei den Autoren von der Aufstellung der Wahlkapitulation

durch die Kurfürsten im

Zusammenhang

mit der Wahl des Römischen Königs die Rede war, hoben sie

in

der

Regel

deren

Vertragsnatur

und

bindenden

Charakter hervor. Wicquefort, der das bei der tung

der

Wahlkapitulation

tailliert nierte

und

praktizierte

bemerkenswert

die

"capitulatio

exakt

beschrieb

caesarea"

Errich-

Verfahren 82 zu

de-

, defi-

Recht

als

"traitte" O τ und betonte ihre Bedeutung als Reichsgrundgesetz . In gleicher Weise brachte de Prades in Übereinstimmung mit manchen Vertretern der

Reichspublizi-

stik zum Ausdruck, daß die Übertragung der Regierungsgewalt an den Gewählten auch von der

Annahme und BeQ schwörung der Kapitulation abhängig sei . Beide AutoJ

ren waren offenbar der Meinung, daß dem gewählten Kaiser die Regierung durch die

"capitulatio" und nur in-

nerhalb der in ihr fixierten Grenzen übertragen worden sei. Solche Auffassungen lassen sich jedoch

- wie

der

"mit

neueren

Forschung

festgestellt

wird

-

in der

Form der Kapitulationen selbst und mit der Art und Weise, wie sie vereinbart wurden, nicht in Einklang bringen" 8 ^. Der Gewählte erlangte das Königtum mit seiner Wahl, "nicht erst durch die Beschwörung der Kapitulation"

86

. Aber auch hinsichtlich des immer wieder

241

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

betonten bindenden Charakters der Wahlkapitulation ist eine wesentliche Einschränkung erforderlich. nauere

Betrachtung

des Verfahrens

bei

der

Eine

Errichtung

der Wahlkapitulation läßt erkennen, daß die der

Herrscherpflichten,

wie

sie

in

der

ge-

Übernahme

Kapitulation

formuliert waren und die einzuhalten der Gewählte sich durch

Eid

und Verschreibung

verpflichtet stellte.

hatte,

einen

gegenüber

Akt

der

den

Kurfürsten

Selbstbindung

"Keinesfalls waren schließlich die

tionszusagen in dem

Sinne

Bedingungen,

dar-

Kapitula-

daß bei

deren

Nichteinhaltung der Kaiser seine Herrschergewalt gebüßt

ein-

hätte"^. Vor

Forschung

dem

Hintergrund

betrachtet,

ergibt

der

Ergebnisse

sich,

daß

die

schen Autoren den bindenden Charakter der

neuerer

französi-

Wahlkapitu-

lation überschätzten. Sie deshalb aber zu kritisieren, wäre unangemessen, denn in der Reichspublizistik den

häufig

gen!, 1 Lch

dieselben

noch

;

η

Ansichten

vertreten,

de;· modernen

Literatur

wurgele-

die

anzutreffen

88 sind

. Insgesamt, gesehen, kann beiden Autoren auch im

Hinblick

auf

den

schwierigen

lation ein vergleichsweise tiert werden. So wies de einer

Gruppe

fürsten

hin,

Prades

ständigen

Wahlkapitu-

auf die

Präeminenz

der

Kapitulation

attes-

Bestrebungen

protestantischer

Errichtung der Wahlkapitulation einer

der

hoher Kenntnisstand

hauptsächlich die

Komplex

Kurfürsten

durch die

Reichsbei

der

Festsetzung 89 . Be-

einzuschränken

kanntlich konnte diese Forderung - wie andere - trotz der

Unterstützung

durch

dem

Friedenskongreß

in

Frankreich Münster

und

und

Schweden

Osnabrück

durchgesetzt werden. Sie fand Eingang in die remissa"

des

Osnabrücker

auf

nicht

"negotia

Friedensinstruments

(IPO

VIII, § 3) und war in den folgenden Jahrzehnten Gegenstand

der

Beratungen

auf

dem

Reichstag,

bis

es

im

242

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

Jahre 1711 zur Abstimmung eines Projektes einer perpet.uierlichen Wahlkapitulation kam, das jedoch nicht den 90 Charakter eines Reichsgesetzes erlangte Friedrich

Hermann

1968 publizierten Beitrag

Schubert

und deutsche Reichsverfassung dert"

zu der

sung...

im

Schlußfolgerung,

der

Analyse

zweiten

16. und

daß

Hälfte

in

seinem

Staatstheorie 17· Jahrhun-

"die

Reichsverfas-

17· 9 1 Jahrhunderts häufiger Kritik unterzogen" worden sei . Eine genauere

in

kam

"Französische

einschlägiger

des

französischer·

Traktate

des

17. Jahrhunderts vermag dieses Urteil jedoch nicht

zu

bestätigen. In diesen Schriften lassen sich keine Belege

für

häufige

Verfasser der

Kritik

finden,

vielmehr

durchweg um eine möglichst

Gegebenheiten

im

östlichen

Wenn Bruneau deutliche Kritik

waren

exakte

Erfassung

Nachbarland

an dem

seit

senden Einfluß des Kaisers im Reich übte, Gründe für diese Entwicklung nicht

ihre

bemüht.

1663 sah

wacher

die

in der Verfassung,

sondern in der mangelnden Entschlossenheit der Stände, ihre Rechte zur Abwehr der Machtambitionen des Kaisers einzusetzen. De Prades äußerte sich zu den Vor- und Nachteilen

der

Reichsverfassung

und

Schloß

daran

Reform-

vorschläge an. Dabei ließ er sich offenkundig von Gedanken leiten, die Pufendorf in seiner bereits genannten Schrift "De statu imperii Gerinanici. . . " formuliert hatte. Als Vorteil der verfassungsmäßigen

Verhältnisse

des Reiches, "de ce corps informe", wertete de Prades, daß

sie sich

weniger

drückend

auf

die

Reichsglieder

und -bewohner auswirkten als die Verfassungen

anderer

Staaten auf deren Untertanen. Als positiv erachtete er weiterhin

die Möglichkeit, der

Untertanen

der

Reichs-

stände, sich durch Verlassen des Landes allzu großer 92 Unterdrückung durch ihre Herren entziehen zu können

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

243

Nach seiner Meinung überwogen jedoch die Mängel. Wie Pufendorf, sah er in der zu starken territorialen Zersplitterung des Reiches, in der Schwerfälligkeit

der

Reichstagsberatungen, in der Zwietracht zwischen Kaiser und Ständen sowie zwischen den Reichsständen tereinander,

in

der

konfessionellen

Spaltung,

unim

schlechten Zustand der Reichsgerichtsbarkeit, im Bündnisrecht

der

Reichsstände

sowie

im

Fehlen

eines

Reichsheeres und eines Reichsschatzes die Gründe für 91

Deutschlands Schwäche

.

Aus der Aufzählung der Schwächen des Reiches ergaben sich indirekt bereits die von de Prades formulierten

Reformvorschläge.

Auch

bei

ihnen

ist

eine

Übereinstimmung mit den von Pufendorf genannten Heilmitteln festzustellen, die nach Ansicht dieses Reichspublizisten

"mit der ratio

status

des Reichs",

d.h.

"mit der Verfassung und dem - idealiter

- friedlich 94 gedachten Zustand des Reiches" harmonierten . Wie Pufendorf, empfahl de Prades die Aussöhnung der Reichsstände untereinander und die Wiederherstellung der inneren Eintracht. Die Rechte und 95 der Besitz eines jeden Standes sollten gewahrt bleiben . Außerdem schlug er - wie Pufendorf - die Errichtung eines ständigen Rates (Conseil perpet.uel) vor, der - von den Ständen gewählt - die laufenden Geschäfte und die auswärtigen Angelegenheiten beraten und entsprechend den Beschlüssen der "Assemblees generales" der Stände erledigen sollte 96 . De Prades nannte aber auch die von Chemnitz (Hippoli97 thus a Lapide) formulierten, von Pufendorf jedoch ausdrücklich verworfenen Heilmittel. So gab de Prades die von Chemnitz erhobene Forderung wieder, das Kaisertum vom Hause Österreich zu lösen, ja die

"Maison

d'Autriche" völlig zu zerstören, ihren Besitz zu konfiszieren und die ehemaligen Österreichischen

Gebiete

244

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

zu Reichsgut zu machen. Sollte das auf diese Weise geschaffene

Reichsgut

zum

Unterhalt

des

Kaisers,

der

nach jeder Vakanz aus einem anderen Hause gewählt werden sollte, nicht ausreichen, müßte auch auf Gebiete 98 der Kurfürsten zurückgegriffen werden . De Prades war jedoch ebenso wie Pufendorf

der Meinung,

daß

solche

Maßnahmen zu weit gehen und die Zerstörung des Reiches in QQ seinem gegenwärtigen Zustand zur Folge haben würden . Letztlich übernahm also de Prades die Position Pufendorfs, der für die Erhaltung des Reiches plädierte, das für diesen als "besonders freies" und "rechtsstaatliches Gemeinwesen" verehrungswürdig war'"". Generell läßt sich im Rückblick auf die hier analysierten

französischen

Traktate des

derts feststellen, daß ihre Autoren die mäßigen

Verhältnisse

und

Entwicklungen

17·

Jahrhun-

verfassungsim

Reich

mit

wachsendem Interesse beobachteten und verfolgten. Ihre Ausführungen lassen erkennen, daß sie über bemerkenswert

fundierte und detaillierte

Kenntnisse

hinsicht-

lich der komplexen Struktur der Reichsverfassung verfügten.

Dickmanns

wissenschaftliche

Urteil,

daß

Literatur

in

die

"zeitgenössische

Frankreich"

vom

um-

strittenen "Verhältnis der kaiserlichen und der ständischen Gewalt zueinander

(so gut wie nichts)" gewußt

habe*^*, läßt sich in dieser Form nicht aufrechterhalten. Auch über diesen speziellen schwierigen komplex waren sie besser annahm.

informiert,

als man

Fragenbisher

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

245

1 Fritz Diekmann, Der Westfälische Frieden. Münster -1965, S. 155f. 2 "Puis done que nous avons monstre, que 1'Empire est un estat Aristocratique, il faut conclure, qu'il n'y a Prince, ni ville Imperiale, que ay la souverainete: ains ne sont autre chose que membres de 1'Empire, gouvernant chacun son estat sous la puissance et sans deroger aux loix et ordonnances de 1'Empire." Jean Bodin, Les six livres de la Republique. Paris 1583» livre 2, chapitre 6, S. 326. - "...a present les Empereurs η 1 ont. quasi rien que le tiltre et le nom d'Empereur." Ebd. livre 4> chapitre 1, S. 539. Vgl. auch Friedrich Hermann Schubert , Französische Staatstheorie und deutsche Reichsverfassung im 16. und 17. Jahrhundert. Göttingen 1968, S. 24f.; Rudolf Hoke, Bodins Einfluß auf die Anfänge der Dogmatik des deutschen Reichsstaatsrechts. In: Horst Denzer (Hrsg.), Jean Bodin. Verhandlungen der internationalen Tagung in München. München 1973, S. 319. 3 Vgl. Schubert, Französische Staatstheorie (Anm. 2) S. 27. - Zu den Monarchomachen siehe: Jürgen Dennert (Hrsg.), Beza, Brutus, Hotman. Calvinistische Monarchomachen, übersetzt von Hans Klingelhöfer. Köln/Opladen 1968. 4 Vgl. Dickmann, Der Westfälische Frieden (Anm. 1) S. 156. Ahnlich derselbe, Rechtsgedanke und Machtpolitik bei Richelieu. Studien an neu entdeckten Quellen. In: Historische Zeitschrift 196 ( 196 3) S. 274; jetzt auch in: Ders., Friedensrecht und Friedenssicherung. Studien zum Friedensproblem in der neueren Geschichte. Göttingen 1971, S. 43f. 5 Vgl. dazu Fritz Dickmann, Der Westfälische Friede und die Reichsverfassung. In: Forschungen und Studien zur Geschichte des Westfälischen Friedens. Vorträge bei dem Colloquium französischer und deutscher Historiker vom 28. April - 30. April 1963 in Münster. Münster 1965, S. 5-32; Anton Schindling, Der Westfälische Frieden und der Reichstag. In: Hermann Weber (Hrsg.) Politische Ordnungen und soziale Kräfte im Alten Reich. Wiesbaden 1980, S. 113-153. 6 Vgl. Schubert, Französische Staatstheorie (Anm. 2) S. 20-35 u. 55-59· Auf die obengenannten Fragen geht er jedoch nicht ein. Außerdem bezieht sich der Schwerpunkt seiner Ausführungen auf das 16. und die erste Hälfte des 17· Jahrhunderts. 7 Vgl. Dickmann, Der Westfälische Frieden (Anm. 1) S. 129-137; vgl. demnächst auch Klaus Malettke, Zur 'Ausstrahlung' des französischen Absolutismus in

246

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

Deutschland im 17. und 18. Jahrhundert. 8 Zu Charles Loyseau vgl. Jean Lelong, La vie et les Oeuvres de Loyseau (1564-1627) . Paris 1909; Brigitte Basdevant-Gaudemet, Aux origines de l'Etat moderne: Charles Loyseau, 1564-1627. Theoricien de la puissance publique. Paris 1977; Roland Mousnier, Les institutions de la France sous la monarchie absolue 1598-1789. Bd. I: Societe et etat. Paris 1974, S. 14-23: Howell Α. Lloyd, The Political Thought of Charles Loysea~u ( 1504-1627). In: European Studies Review 11 ( 1981) S. 53-82. 9 "Bodin nous donne un autre exemple du simple Prince, a sgavoir 1'Empereur d'Allemagne, qu'il soustient. n'estre pas Monarque ny Prince souverain; mais estre seulement le premier chef et Officier souverain de l 1 Empire: pardevers les Etats duquel, il dit, que la Souverainete reside..." Charles Loyseau, Traite des Seigneuries. Paris l6l0, Kapitel II, 32, S. 9; vgl. auch II, 90, S. 12. 10 Zwar lassen Text und Inhalt der Wahlkapitulationen deutlich deren Vertragsnatur erkennen, aber die Kapitulationserrichtung und die Bindung des Gewählten an die Kapitulation können nicht als Bedingung für die Erlangung des Königtums betrachtet werden, wie die neuere Forschung herausgearbeitet hat. Außerdem stellte die Übernahme der Herrscherpflichten, wie sie in der .Kapitulation niedergelegt waren und zu deren Einhaltung sich der Gewählte durch Eid und Verschreibung verpflichtet hatte, nur einen Akt der Selbstbindung dar. Vgl. Gerd Kleinheyer, Die kaiserlichen Wahlkapitulationen. Geschichte, Wesen und Funktion. Karlsruhe 1968. 11 "Inconvenient qui est ordinaire aux Estats electifs, principalement quand cette election est deferee aux Princes du pais, qui ayans ce pouvoir de donner le Royaume a qui ils veulent, elisent souvent quelque Prince imbecille, auquel ils ne laissent que le nom de Roy, retenant ä eux par capitulation qu'ils font avec luy avant que de l'eslire, le principal exercice de la Souverainete, comme il est arrive souvent a 1'egard de 1 1 Empereur d'Allemagne, qui (bien qu'il represente et tienne dans son pais la place des Empereurs Romains, lesquels enfin furent. Souverains, aussi bien qu'ont este ceux de la maison de France, et generalement tous les Empereurs hereditaires) est. aujourd'huy simple Prince, et la souverainete de 1'Empire reside en effet aux Estat d'iceluy, comme Bodin a bien prouve." Loyseau, Traite des Seigneuries (Anm. 9)

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

12

13

14

15 16 17 18

19

247

Kapitel II, 90, S. 12. Daß im Reich die Kurfürsten die Wahl vornahmen, war Loyseau natürlich bekannt. Vgl. ebd. Kapitel V, 9, S. 25. "La seconde espece de Prince est de ceux que nous avons nomme Princes sujets, qui ont bien les droits de Souverainete sur le peuple, ou la pluspart d'iceux... mais eux-mesme pour leur personne ont un superieuer, duquel ils sont sujets naturels, et partant ne sont pas vrayment Princes souverains... Tels sont aussi les Potentate d'Allemagne, qui sont sujets de 1'Empire..." Loyseau, Traite des Seigneuries (Anm. 9) Kapitel II, 34 u. 35, S. 9; vgl. auch Kapitel II, 94, S. 12. "Et d'ailleurs il n'y a personne qui ne voye, que 1'empire d'Allemagne η 1 est qu 1 une foible image du Romain, car proprement il η'est plus qu'une Aristocratie, dont 1'Empereur est le Chef, et qui est esleu par ceux-mesmes qui le peuvent desmettre..." Cardin Le Bret, De la Souverainete du Roy. Paris 1632, S. 21. - Zu Cardin Le Bret (1558-1655) vgl. Vittor Ivo Comparato, Cardin Le Bret. "Royaute" e "ordre". Nel pensiero di un consigliere del 600. Firenze 1969; G. Picot, Cardin Le Bret (1558-1655) et la doctrine de la souverainete. Nancy 1948; Martin Göhring, Weg und Sieg der modernen Staatsidee in Frankreich. Tübingen 1947, S. 105f. "Les Potentate d'Italie, et d'Allemagne, ne peuvent non plus estre mis au rang des Princes souverains, pource qu'ils sont Vassaux de 1'Empire, que plusieurs d'entre eux sont comme du nombre des domestiques de 1'Empereur, et prennent la qualite de Boutilliers [!], d'Escuyers et d 1 Eschansons, et que tous se qualifient Vicaires de l 1 Empire, qui sont des tiltres incompatibles avec la Souverainete." Le Bret, De la Souverainete du Roy (Anm. 13) S. 11. Vgl. Dickmann, Der Westfälische Frieden (Anm. 1) S. 156. Vgl. Schubert, Französische Staatstheorie (Anm. 2) S. 31. Der extrem gallikanisch eingestellte Jacques Auguste de Thou (1533-1617) zählt zu den humanistischen Geschichtsschreibern Frankreichs. "... tarnen quia simul omnes Imperio subditi sunt, et ipse Caesar Imperii caput Imperii legibus est obnoxius, universi reipublicae speciem exhibent." [Jacques Auguste de Thou]: Jacobi Augusti Thuani... Historiarum [Historiae] sui temporis. Bd. 1, Genf 1626, Buch 2, S. 41 '· vgl. auch Schubert, Französische Staatstheorie (Anm. 2) S. 31· Schubert, Französische Staatstheorie (Anm. 2) S.30.

248

20

21

22 23 24

25

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

- Henri, Due de Rohan, De 1 1 Interest des Princes et Etats de la Chrestiente. Paris 1638. Vgl. zu Herzog Heinrich von Rohan (1579-1638): Friedrich Meinecke, Die Idee der Staatsräson in der neueren Geschichte, herausgegeben und eingeleitet von Walter Hofer. München M 9 6 3 , S. 192-231. - Gabriel Naude, Considerations politiques sur les Coups d'Estat. Rome 1639. Naude (1600-1653), erster Systematiker des Bibliothekswesens, war Bibliothekar mehrerer Kardinäle in Rom, wurde 1642 von Richelieu als Bibliothekar nach Paris berufen und dort der Gründer der berühmten "Bibliotheque Mazarine". Vgl. zu Naude: Meinecke, Die Idee der Staatsräson, S.232-242; Karl Siedschlag, Der Einfluß der niederländisch-neustoischen Ethik in der politischen Theorie zur Zeit Sullys und Richelieus. Berlin 1978, S. 243-253. Zu Frangois Langlois, Sieur de Fancan (1576-1628) vgl. Dictionnaire de Biographie Frangaise. Bd. 13· Paris 1971, Sp. 561-564; Wolfgang Hans Stein, Protection Royale. Eine Untersuchung zu den Protektionsverhältnissen im Elsaß zur Zeit Richelieus, 1622-1643. Münster 1978, S. 79, 83, 86f., 93, 97, 101. "Campanella en son traite de la Monarchie, dit. en termes expres, que iamais [! ] la maison d'Autriche ne montera au faiste [ !] de ceste grandeur, si eile ne ce rend premierement maistresse absolue de l'Allemagne, en y fomentant les jalousies et divisions entre les Princes, ä quoy mesme servira grandement le zele de tant de puissants Prelats Allemans, amis et partisans d'Espagne; outre l'autorite de cette eminente dignite du nom Imperial, que de lä comme d'un magazin et arsenal se peuvent tirer mille commoditez pour entreprendre sur les autres Princes et Estats voisins..." [Francois Langlois, Sieur de ] Fancan, Advis salutaire sur l'estat present des affaires d'Allemagne. Paris 1626, S. 8f. Vgl. Fancan, Advis salutaire (Anm. 21) S. 3-22. Vgl. Dickmann, Der Westfälische Frieden (Anm. 1) S. 237f. u. 551 f. Wolfgang Hans Stein, Das französische Elsaßbild im Dreißigjährigen Krieg. In: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 5 (1979) S. 131-153, hier S. 153. Instrumentum Pacis Caesareo-Suecicum Osnabrugense, Artikel VIII, § 1-5· In: Instrumenta Pacis Westphalicae. Die Westfälischen Friedensverträge 1648. Bearbeitet von Konrad Müller. Bern/Frankfurt 3 1975

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

26

27

28

29 30 31 32

33 34

35

36

249

(Quellen zur neueren Geschichte. Heft 12/13)> S.4749 u. 134-136. [Jean Le Royer, Sieur de Prades ], Histoire D'Allemagne. Paris 1677 > S. 607; vgl. auch [ B r u n e a u ] , Estat present des affaires d'Allemagne avec les interests et les genealogies des Princes de 1 1 Empire et la relation de ce qui s'est passe dans la Campagne de M. le Vicomte de Turenne es annees 1674 et 1675. Cologne 1675, S. 5Vgl. Dickmann, Der Westfälische Frieden (Anm. 1) S. 124-142; Michael Stolleis (Hrsg), Staatsdenker im 17· und l8. Jahrhundert. Reichspublizistik. Politik. Naturrecht. Frankfurt/M. 1977· "Les Docteurs d'Allemagne ont toujours dispute avec beaucoup de chaleur sur la forme de leur gouvernement. Les uns ont crü que c'estoit un Estat veritablement par le suffrage des Princes dans 1'assemblee des Estats. Les autres ont soütenu que ce pouvoit estre un Estat Democratique, par le concours des villes Imperiales qui representent le peuple ou la bourgeoisie de 1'Empire. D'autres ont voulu persuader que c'estoit un Estat parfaitement Monarchique, par 3'obligation qu 1 ont tous les membres de demander 1'investiture a l'Empereur, et de luy prester le serment de fidelite." [Bruneau], Estat present des affaires d'Allemagne (Anm. 26) S. 5. - Über Bruneau konnten keine biographischen Daten ermittelt werden. [Bruneau], Estat present des affaires d'Allemagne (Anm. 26) S. 5fEbd. S. 3-6. Schindling, Der Westfälische Frieden und der Reichstag (Anm. 5) S. 148. Heinz Duchhardt, Gleichgewicht der Kräfte, Convenance, Europäisches Konzert. Friedenskongresse und Friedensschlüsse vom Zeitalter Ludwigs XIV. bis zum Wiener Kongreß. Darmstadt 1976, S. 35f. Vgl. dazu Helmut Quaritsch, Staat und Souveränität. Bd.l: Die Grundlagen. Frankfurt/M. 1970, S.243-394· " · · · la souverainete n'estant autre chose que la puissance de mouvoir un Estat au gre de ses volontez, et de ses interests." [Bruneau], Estat present des affaires d'Allemagne (Anm! 26) S. 6. "··· la puissance de 1'Empire, qui n'a jamais este indivisiblement entre les mains des Princes..." Bruneau] , Estat present des affaires d'Allemagne Anm. 25) S. 5. "...lors qu'on regarde celuy de l'Empire..., on a de la peine a le definir." [De Prades], Histoire

250

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

D'Allemagne (Anm. 26) S. 607. 37 "De sorte que ce Corps, qui dans son origine estoit une veritable Royaute, est maintenant un Estat presque monstrueux; un assemblage confus de contraires parties, qui ne sont unies que par 1 1 Empereur, par les Etats Generaux, par les Chambres souveraines, et par le besoin qu'elles ont les unes des autres pour leur commune conservation." [De Prades ] , Histoire D'Allemagne (wie Anm. 26). S. 38 Samuel Pufendorf, Die Verfassung des deutschen Reiches. Übersetzung, Anmerkungen und Nachwort von Horst Denzer. Stuttgart 1976, S. 106 u. 119. 39 Die Schrift von De Prades ist ein Beleg dafür, daß die I667 publizierte Schrift Pufendorfs schon in den siebziger Jahren des 17. Jahrhunderts in Frankreich rezipiert wurde, also bevor die Werke Pufendorfs nach ihrer Übersetzung durch Jean Barbeyrac im l8. Jahrhundert in Europa eine weitgehende Popularisierung erfuhren. Vgl. dazu Sieglinde C. Othmer, Berlin und die Verbreitung des Naturrechts in Europa. Kultur- und sozialgeschichtliche Studien zu Jean Barbeyracs Pufendorf-Übersetzungen und eine Analyse seiner Leserschaft. Berlin 1970. 40 "Auch das Heilige Römische Reich will Pufendorf als einen Staat sehen, der in gewohnte Kategorien der Staatsrechtslehre nicht paßt; auch für ihn bedeutete das Wort "Monstrum" nichts anderes als eine auffallende und ungewöhnliche Unregelmäßigkeit: Quod vocabulum [monstrum ] nihil aliud notat, quam insignem aliquam et inusitatam irregularitatem..." Unter "systema irreguläre" ist bei Pufendorf "ein System von Gliedstaaten ungleichen Rechts" zu verstehen, "das sowohl monarchische Aspekte erkennen läßt, als auch den Charakter eines Bündnissystems aufweist." Bernd Roeck, Reichssystem und Reichsherkommen. Die Diskussion über die Staatlichkeit des Reiches in der politischen Publizistik des 17· und 18. Jahrhunderts. Wiesbaden 1984, S. 26 u. 27. 41 Anton Schindling, Reichstag und europäischer Frieden. Leopold I., Ludwig XIV. und die Reichsverfassung nach dem Frieden von Nimwegen (1679). In: Zeitschrift für historische Forschung 8 (1981) S. 160. 42 Zu den Perspektiven, die der Niederländische Krieg für die Wiener Reichspolitik eröffnete, vgl. Schindling, Reichstag und europäischer Frieden (wie Anm. 41) S. 159-177. 43 "Si la puissance de 1'Empire, qui n'a jamais este

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

251

indivisiblement entre les mains des Princes, a este une assez forte raison pour dissuader ceux qui ont creu que c'estoit un Estat Aristocratique; la conjoncture presente des affaires les doit bien convaincre plus fortement, puis que leur liberte et leur independence sont comme aneanties par leur mal-heureux [! ] engagement ä la guerre contre la France". [Bruneau ], Estat present des affaires d'Allemagne (Anm. 26) S. 5; vgl. auch S. 40. 44 Obwohl Jean de Silhon mit Descartes sowie mit dem wegen seiner Eloquenz und seines Briefstils bei den Zeitgenossen angesehenen Literaten Jean Louis Guez de Balzac (1597-1654) befreundet war, der "Academie frangaise" angehörte und in der engeren Umgebung Richelieus und Mazarins nachweislich nicht unbedeutende Funktionen ausgeübt hat, sind wir nicht in wünschenswerter Vollständigkeit über seine Person informiert. Zu den bisher vorliegenden biographischen Daten vgl. Klaus Malettke, Opposition und Konspiration unter Ludwig XIV. Studien zu Kritik und Widerstand gegen System und Politik des französischen Königs während der ersten Hälfte seiner persönlichen Regierung. Göttingen 1976, S. 41-45· 45 "Ce n'est pas que les Empereurs ne s'emancipent souvent, et ne franchissent ces barrieres. Ce n'est pas qu'ils η'ayent essaye de tout temps, et principalement depuis plus d' un siecle de les rompre, et de passer de ces liens et de ces contraintes, a la .liberte des puissances absolues et independantes. Ce n'est pas au moins, que ne pouvant casser et esteindre les Droits et Privileges des Princes et Estats de 1'Empire; il ne tächent tousiours [! ] de se rendre les Maistres des Dietes, en y laissant seulement proposer et resoudre les choses qui leur sont agreables, et qui tournent a leur avantage." Jean de Silhon, Le ministre d 1 Estat, troisieme partie. De la certitude des connoissances humaines. Ou sont particulierement expliquez les principes et les fondemens de la morale et de la politique. Amsterdam 1662, S. 199. - Der erste Teil des "Ministre d'Estat" war ebenso wie der bekannte staatstheoretische Traktat "De la souverainete du Roy" (1632) Le Brets, der "Prince" ( 1 6 3 1 ) Balzacs oder der Philippe de Bethume zugeschriebene "Conseiller d'Estat" (1633) Gegenstand eines unter den Zeitgenossen weitverbreiteten Interesses. Nach Silhons eigenen Angaben soll Ludwig XIII. die beiden ersten Teile des "Ministre d'Estat" gekannt haben. Außerdem waren Silhons Traktate in zahlreichen französi-

252

46

47

48 49

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

sehen Privatbibliotheken vorhanden. Vgl. dazu Henri-Jean Martin, Livre, pouvoirs et societe ä Paris au XVIIe siecle (1598-1701). Genf 1969, Bd. 1, S. 936f. u. 950; William Farr Church, Richelieu and Reason of State. Princeton N.J. 1972, S. 261. Vgl. Schindling, Der Westfälische Frieden und der Reichstag (Anm. 5) S. 146ff. - Daß Ludwigs XIV. Reichspolitik nach 1679 es dem Kaiser wesentlich erleichterte, seine Klientel und seine Position im Reich auszubauen und zu stärken, wurde auch von französischen Autoren erkannt. So schrieb der Pariser Priester und Kanoniker Louis Le Gendre in seinem "Essai de l'histoire du regne de Louis le Grand jusqu'ä la Paix Generale 1697· Paris 1697": "II est difficile que ce grand nombre de Souverains [gemeint sind die mächtigen Reichsfürsten] qui dominent en Allemagne, n'aient tous qu1 un meine interest, ou se trouvent de meme avis, que de long-temps on ne les avoit vüs reünis, moins encore pour epouser la quereile de l'Empereur, la maxime fondamentale de la liberte de 1'Empire etant toujours de prevenir, bien loin de favoriser les desseins et 1 ' accroissement de la puissance de son Chef. On avoit peine a comprendre que ces Princes eussent tant d'ardeur a se ruiner eux-memes dans une Guerre, dont le profit seroit tout entier pour lui [d.h. für den Kaiser] , et a se mettre dans 1 1 impuissance de resister quand le temps et les conjonctures feroient naitre dans la suite le desir de les attaquer." (S. 210). "Tellement que dans la verite et selon la disposition naturelle des choses de 1'Empire, la puissance de l'Empereur est tousiours dependante et subalterne, et la dignite Imperiale semble plustost estre une Commission perpetuelle et a vie, derivee de l'autorite des Electeurs et des Dietes; qu'un Tiltre qui luy donne quelque chose de propre, et qui luy laisse la liberte d'agir a son gre, et sans relation et dependence." Silhon, De la certitude des connoissances humaines (Anm. 45) S. 198f. "... s'il [l'Empereur] ne peut rien faire sans les Etats, les Etats ne peuvent rien faire sans luy." [De Prades], Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 6Ο9. "D'ailleurs, si 1' on y considere la forme du gouvernement: La dependence mutuelle qu'il y a entre le Chef et les membres de 1'Empire: La puissance des uns balancee par Celle des autres:..." [De Prades] , Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 2. - Auch in der neueren Forschung wird betont, daß der

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

50

51

52

53 54

55

56

253

lische Frieden "das spannungsreiche und prekäre GefUge des Heiligen Römischen Reiches einigermaßen ausbalanciert (hatte)." Vgl. Schindling, Reichstag und europäischer Frieden (Anm. 41) ST 100. "Quoy qu'il en soit les Etats divisez en trois Ordres, les Electeurs, les Princes et les villes franches, sont unis a l'Empereur, comme les membres a leur Chef; et partageant ainsi les droits de la Majeste, gouvernent sous luy, et avec luy, conjointement ou separement, plus ou moins authorisez, selon que leur Dignite s 1 en approche ou s 1 en eloigne." [ De Prades 1 , Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 341. "II £=11 Empereur] assemble et congedie les Etats; il propose les Matieres dont il deliberent; concilie leurs suffrages s'ils sont partagez; authorise leurs resolutions quand elles sont formees;..." Ebd. S. 349. "... il fait et defait les Roys, s'ils relevent de 1'Empire, les Dues, les Marquis, les Comtes, les Barons, les Gentilshommes; i.1 accorde ou revoque 1 1 investiture des Fiefs; les Regales dont il est l'origine; les privileges; les immunitez; les lettres de Grace, de Benefice d'äge, de legitimation..." Ebd. S. 348f. "II... met. au ban Imperial les Rebelles d'entre'eux [=Reichsstände] , qui troublent le repos des autres;..." Ebd. S. 349. Antoine Varillas (Sieur de Bonair) wurde im April I62O in Gueret geboren und starb am 9· Juni 1669 in Paris. Er war 1648 Historiograph des Due d'Orleans und von 1655 bis 1662 Ludwigs XIV. Er publizierte l657 als Sieur de Bonair in Paris den "Discours sur la conioncture presente des affaires d'Allemagne. De l 1 election et couronnement des Empereurs et des Rois des Romains". Auf dem Titelblatt bezeichnete sich Bonair als "Historiographie du Roy et 1' un de 25 Gentilshommes de la Garde Escossaise de son Corps." "On prend neantmoins a ses assemblies generales [ =Reichstage] toutes les resolutions, et c'est Sa Majeste Imperiale qui les convoque du consentement des Electeurs, par les lettres que 1 1 Archevesque de Maience envoye aux trois Estats;... L'Empereur propose..." Bonair, Discours sur la conioncture presente des affaires d'Allemagne (Anm. 54) S. 127f. Zu Jean de Silhon siehe Anm. 45· "II [ =l'Empereur] dispence le tresor public; contracte les Confederations etrangeres et domestiques; et fait la paix ou la guerre, selon qu'il

254

57 58

59

60

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

le juge utile. Mais c 1 est du consentement des Etats, ou du moins des Electeurs, sans lequel il ne peut ordonner des interests, ny de tous ensemble, n'y d'aucun en particulier; Et en ce point, quelque absolu qu'il soit, il est lie par le droit etroit du capitulaire. · .11 [De Prades ], Histoire d'Allemagne (Anm. 26) S. 349· Instrumenta Pacis Caesareo-Suecicum Osnabrugense (Anm. 25), Art. VIII, § 2, S. 48 u. 134. Vgl. Bonair, Discours sur la conioncture presente des affaires d'Allemagne (Anm. 54) S. 124-133 u. 135; [Bruneau] , Estat present des affaires d'Allemagne (Anm. 26) S.33, 36f., 40; Silhon, De la certitude des connoissances humaines (Anm. 45) S. 198. Abraham de Wicquef ort (geb 1598 in Amsterdam und gestorben am 23· Februar 1682 in Celle) war 1646 und von 1648 bis 1659 brandenburgischer Resident in Frankreich. Sein Traktat Uber die Kaiserwahl und die Kurfürsten erschien 1658 in Paris. Die Schrift war bereits vor ihrer Erstveröffentlichung Bonair bekannt, denn dieser bezog sich ausdrücklich auf Wicqueforts Ausführung. Vgl. Bonair, Discours .sur la conioncture presente des affaires d'Allemagne (Anm. 54) S. 89f. Zu Wicquef ort vgl. Ludwig Bittner, Lothar Groß (Hrsg.), Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden. Bd. I: 1648-1715· Oldenburg i.O./Berlin 1936, S. 36, 73 und 85f.; A. J. van de Aa, Biographisch Woordenboek der Nederlanden, bevattende Levensbeschrijvingen van zoodanige Personen, die sich op eenigerlei wijze in ons vaderland hebben vermaard gemaakt. Voortgezet door K.J.R. van Harderwijk en G.D. Schotel. Teil 11. Haarlem 1876, S. 56f.; Georges Pages, Le Grand Electeur et Louis XIV, 1660-1688. Paris 1905, S. 58-68. [ Abraham de Wicquefort ] : Discours Historique de 1'Election de 1'Empereur et des Electeurs de 1' Empire. Par le Resident de Brandebourg. Paris 1668,

s. 163-234.

61 Ebd. S. 142 u. 433-474· 62 Ebd. S. 476-501. 63 "Nous venons de dire que les Princes Electeurs sont Souverains, et c'est sans doute cette Souverainete qui donne le plus de lustre a la dignite Electorale. II est vray que cecy semblera un paradox ä ceux qui croyent que la Souverainete de 1'Empire reside en la personne de 1'Empereur, comme au Chef de la quatrieme Monarchie universelle: mais outre que cette opinion est fort mal establie, nous nous con-

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

64

65 66 67 68

69 70 71

255

tenterons de presupposer, comme une verite tres constante, que celuy qui possede tous les droits de Souverainete, est Souverain, et de faire croire que les Princes Electeurs les possedent tous." [Wicquefort 1, Discours Historique (Anm. 60) S. 136. "Le Traite de Munster, en portant la souverainete des Electeurs jusques au plus haut point ou ils la pouvoient souhaiter..." [Bruneau], Etat present des affaires d'Allemagne (Anm~ 26) S. 71· Vgl. Dickmann, Der Westfälische Friede und die Reichsverfassung (Anm. 5) S. 21. Vgl. [ Bruneau ], Etat present des affaires d'Allemagne (Anm. 26) S. 72f. Ebd. S. 7 Iff.; [ d e P r a d e s ] , Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 355-386; vgl. auch Francois de Mezeray, Histoire de France. Paris 1646, S. 402. "Iis sont Electeurs parce qu'ils sont Princes; c'est a dire qu'avec certaine Principaute, ils acquierent 1'Electorat, qui y est attache, non a la personne, qu'autant qu'elle possede la Principaute." [De Prades], Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 371. f De Prades1, Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 387475. Ebd. S. 476-566; Vgl. auch [ Bruneau ], Etat present des affaires d'Allemagne (Anm~! 26) S. 126ff. Vgl. [De Prades1 , Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S.467

u.

482.

72 Ebd. S. 473-475 u. 482f.; zur Regelung der konfessionellen Streitfragen im Westfälischen Frieden vgl. Dickmann, Der Westfälische Frieden (Anm. 1) s.343-373; Fritz Dickmann, Das Problem der Gleichberechtigung der Konfessionen im Reich im 16. und 17· Jahrhundert. In: Ders., Friedensrecht und Friedenssicherung. Studien zum Friedensproblem in der neueren Geschichte. Göttingen 1971, S. 26-35. 73 "Leur droit de Suffrage [d.h. der Reichsstädte auf Reichstagen] les rend parties necessaires des Diettes, tant particulieres que generales, pour y deliberer, resoudre et connoistre de 1'administration de 1'Empire, selon leurs anciennes prerogatives... Ainsi elles ont voix, mesme decisive, confirmee par la paix de Munster, qui leve les sujets de doute qu'on avoit autresfois.. . " [De Prades 1 , Histoire d'Allemagne (Anm. 26) S. 483f. 74 "Mais s'ils [= les Immediate, qui ne sont point Etats de 1'Empire ] η' ont point de seance, ny de suffrage dans les Assemblies generales ^Reichstage] , s'ils ne sont tenus des Contributions

256

75

76 77 78 79 80

81

82 83 84

85 86

87 88 89

90

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

publiques, et s'ils ne sont pas sur la Matricule, ils ne sont point Etats de 1'Empire." [ De Prades 1 , Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 567f. Zum Bündnisrecht der Reichsstände vgl. Ernst-Wolfgang Böckenförde, Der Westfälische Frieden und das Bündnisrecht der Reichsstände. In: Der Staat 8 (1969) S. 449-478. Vgl. f Bruneau ], Etat present des affaires d'Allemagne (Anm. 2~6), S. 27f. Vgl. ebd. S. 33, 36f., 40; [ De Prades] Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 349, 483f-, 567; [Wicquefort 1, Discours Historique (Anm. 60) S. 474f· Bonair, Discours sur la conioncture presente des affaires d'Allemagne (Anm. 25) S. 124-132. Ebd. S. 125f.; vgl. [Bruneau], Etat present (Anm. 2 6 ) S. 3 4 . "... Cercles, et il les a fallu eriger pour maintenir plus aisement un ordre dans 1'Empire, par ces distinctions et departemens, qui font des assemblies particulieres des membres, qui sont comme les Estat de nos Provinces..." Bonair, Discours (Anm. 25) S. 125f. Vgl. auch S. 13Sf"i "...La Chambre Imperiale establie a Spire, qui est comme le Parlement de Paris, lors qu'il n'y en avoit qu'un en France et que tout le Royaume y ressortissoit..." Bonair, Discours (Anm. 25) S. 133· Vgl. [Wicquefort], Discours Historique (Anm. 60), S 142 u. 445-474. Vgl. ebd. S. 142, 445f., 474. "Cependant 1 1 Empereur est en possession de cette dignite, et d'en faire toutes les fonctions des le moment qu'il est elu, et qu'il a preste serment sur le Capitulaire..." [ De Prades ] , Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 347. Daß mit dem Begriff "Capitulaire" die Wahlkapitulation gemeint war, belegt der Kontext derjenigen Passagen, in denen sich de Prades eindeutig mit der Wahlkapitulation befaßte. Vgl. ebd. S. 347, 349 u. 377. Kleinheyer, Die kaiserlichen Wahlkapitulationen (Anm. 10) S. 111. Vgl. ebd. S. 1 3 5 . Vgl. ebd. S. 112. Vgl. ebd. S. llOf. "II est vray que depuis le commencement de ce dernier Siecle, ce n'a pas este sans contestation, ny sans quelque diminution qu'ils [ = les Electeurs ] ont jouy de cet avantage." [De Prades ], Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 277· Dazu: Dickmann, Der Westfälische Frieden (Anm. 1)

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

91 92 93

94 95

96

97

257

S. 327-332; Schindling, Der Westfälische Frieden und der Reichstag (Anm. 5) S. 137f. u. 142f.j Kleinheyer, Die kaiserlichen Wahlkapitulationen (Anm. 10) S. 5; Gerhard Oestreich, Die verfassungspolitische Situation der Monarchie in Deutschland vom 16. bis 18. Jahrhundert. In: Ders., Geist und Gestalt des frühmodernen Staates. Ausgewählte Aufsätze. Berlin 1969, S. 258. Schubert, Französische Staatstheorie (Anm. 2) S.32. Γ De Prades1, Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 609. [De Prades], Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 610613· Die von de Prades genannten Schwächen finden sich teilweise wörtlich in den §§ 7, 8, u. 9 des 7· Kapitels des "De statu imperii Germanica..." Pufendorfs. Vgl. Pufendorf, Die Verfassung des deutschen Reiches (Anm. 38) S. 118-122. Zu Pufendorf vgl. Notker Hammerstein, Samuel Pufendorf. In: Stolleis (Hrsg.), Staatsdenker (Anm. 27) S.174-197. Hammerstein, Pufendorf (Anm. 93) S. 192. "On propose pour le [= ce corps informe ] reformer, de reconcilier les Etats les uns avec les autresj et pour cet effet d'aneantir leurs anciennes pretentions: de les maintenir dans la possession des biens qu'ils ont aujourd 1 huy..." [ De Prades ] , Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 613 · Bei Pufendorf heißt es: "Die größte Anstrengung ist deshalb auf die Erhaltung der inneren Eintracht zu richten. Die zwingendste Notwendigkeit dafür ist, daß jedem seine Rechte gewahrt bleiben und keiner den schwächeren unterdrücken darf, damit bei aller Ungleichheit der Macht alle die gleiche Freiheit und Sicherheit haben." Pufendorf, Die Verfassung (Anm. 38) S. 128. "...etablir un Conseil perpetuel aux choix des Etats, qui les representera, qui executera ce qu'ils ordonneront, qui examinera les affaires etrangeres, qui les rapportera dans les Assemblees generales, ou la decision s 1 en fera souverainement..." [ De Prades] , Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 613f·; Pufendorf, Die Verfassung (Anm. 38) S. 128. Zu Bogislaw Philipp von Chemnitz alias Hippolithus a Lapide vgl. Rudolf Hoke, Hippolithus a Lapide. In: Stolleis (Hrsg.), Staatsdenker (Anm. 27) S. 118-128.

98 Vgl. [De Prades1, Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 613. Vgl. Pufendorf, Die Verfassung (Anm. 3 8 ) , Kapitel 8, § 3, S. 125ff. 99 "Mais on demeure d'accord que la pluspart de ces

258

Malettke, Altes Reich und Reichsverfassung

remedes sont injustes, et mesmes impossibles... et qu'il faudroit detruire 1'Empire pour en changer le Gouvernement." De Prades , Histoire D'Allemagne (Anm. 26) S. 614. Vgl. Pufendorf, Die Verfassung (Anm. 38) Kapitel 8, §§ 3 u. 4, S. 125-130. 100 Hammerstein, Pufendorf (Anm. 93) S. 192. 101 Vgl. Anm. 4.

Wolfgang Hans Stein

Richelieu unter den Komödianten. Zur Darstellung Frankreichs in der deutschen Flugblattliteratur des Dreißigjährigen Krieges

Der

Dreißigjährige

Krieg

ist

nicht

nur

mit

dem

Schwert, sondern auch mit der Feder geführt worden. Er war vielleicht überhaupt der erste

Krieg

in

Europa,

der in massiver Weise von einem "ideologischen" Krieg der Flugblattliteratur* begleitet wurde und der Uber 2

die

illustrierten

Flugblätter

städtische Öffentlichkeit

auch

in die

die

vor

allem

"ideologische"

Aus-

einandersetzung einbezog. Während aber die offiziösen Propagandaschriften

in zwar unterschiedlicher

Inten-

sität, aber doch kontinuierlich den ganzen Kriegsverlauf

begleiten,

sind

die

illustrierten

Flugblätter

durch einige wenige politische Konstellationen veranlaßt worden. Sie kommentieren in überwältigender Zahl den pfälzisch-böhmischen Krieg und die Kämpfe zwischen Tilly und Gustav Adolf, während das dänische und das französische Eingreifen in den Dreißigjährigen kaum eine Resonanz in den illustrierten

Krieg

Flugblättern

gefunden hat. Dieser Gegensatz ist vor allem für die Zeit des französischen Kriegseintritts führte

die

1634-36 doch

bemerkenswert,

französisch-habsburgische zu einem wirklichen

Konfrontation

Propagandakrieg

in

der politischen Öffentlichkeit von Frankreich, Spanien und dem Reich, während dies alles für die breitere Öffentlichkeit

offensichtlich

kein Thema war,

für

das

ein nennenswertes Interesse vorhanden war oder zu erwecken

gewesen

wäre.

Politische

und

öffentliche

260

Stein, Richelieu unter den Komödianten

Meinung scheinen hier voneinander abzuweichen. Frankreich wollte unter Richelieu seine innere Stabilität durchsetzen und gegenüber Spanien seine außenpolitische Geltung demonstrieren.

Schloß

einen offenen Krieg gegen Spanien nicht aus, Richelieu

doch

bestrebt,

die

das

so war

Auseinandersetzung

mit

Spanien so lange wie möglich als verdeckten Krieg unterhalb

der

allgemeinen

Neutralität

zu führen.

war in Italien ein Stellvertreterkrieg eine

Passagen-

und

Protektionspolitik

und

im

in dem

Dies Reich

Gebiet

westlich des Rheins, die östlich des Rheins durch eine Bündnispolitik ergänzt werden sollte. Die Protektionspolitik hatte eine innere

Dynamik,

die

dazu

führte,

daß Uber den - subjektiv durchaus gegebenen- defensiven Ansatz ein

der

stärkeres

Passagenpolitik militärisches

hinaus

doch

Engagement

faktisch

entlang

der

Rheinlinie eingegangen wurde. Die Bündnispolitik wurde in

augenscheinlicher

Überschätzung

der

schwedischen

Position im Reich mit so großen Bedingungen verknüpft, •5 daß sie vor der Schlacht bei Nördlingen nicht mehr zum Tragen kam. Nach schen

Machtstellung

plötzlich rische

dem sah

unzureichend

Konfrontation

Zusammenbruch sich

Frankreich

vorbereitet

mit

dem

der

in

Kaiser

schwedi-

dann

eine

verwickelt,

nur die Alternative Krieg oder Rückzug

aber

militädie

Ubrigzulassen

schien. Spanien hatte nach dem Auslaufen des Waffenstillstandes mit den Generalstaaten den Krieg erneuert und bemühte sich, dazu die Hilfe von Kaiser und Reich zu gewinnen. Daneben suchte es seine Position in Italien gegen Frankreich zu stabilisieren. Durch die Besetzung der Pfalz im böhmisch-pfälzischen Krieg hatte es eine Vorleistung erbracht, erhielt aber seinerseits nur

sporadisch

Hilfe

von Kaiser

und

Liga.

Erst

das

261

Stein, Richelieu unter den Komödianten

schwedische

Eingreifen

brachte

eine

gesamthabsbur-

gische Aktion zustande, die mit der Schlacht bei Nördlingen

auch

einen

spektakulären

Erfolg

brachte,

der

freilich für den Kaiser wichtiger war als für Spanien. Immerhin führte der Zug des Kardinalinfanten auch zur Stärkung der spanischen Kräfte in den Niederlanden und zu einer neuerlichen Unterstützung Spaniens durch kaiserliche

und

ligistische

Truppen

gegen

die

General-

staaten . Während Spanien im Reich auf einen Ausgleich drängte, um ein beruhigtes

Reich

gegen

die

staaten und gegen Frankreich mobilisieren

General-

zu können,

suchte der Kaiser seine Neutralität gegenüber den Generalstaaten und Frankreich zu bewahren, um sich auf die Durchsetzung

seiner reichspolitischen

Ziele

kon-

zentrieren zu können. In diesem Zusammenhang war

die

am

21.

Mai

l635 in Brüssel durch einen Herold übergebene französische Kriegserklärung an Spanien^ nach der Erneuerung der französisch-staatischen Allianz am 8. Februar 1635 und nach der Verlängerung des französisch-schwedischen Bündnisses am 28. April

1635 eine

politische

Wende,

die sowohl an der neuen Front Stärke demonstrierte wie auch von der damals für

Frankreich

schwierigen

Ost-

front gegenüber dem Reich ablenken sollte. Die

französische

Kriegserklärung

einem heftigen Flugschriftenkrieg begleitet.

war

von

Bezeich-

nenderweise ist er vor allem zwischen Frankreich und Spanien zwischen schöner

geführt

worden,

Frankreich Parallelität

und

während dem

der

Kaiser

demaskierten

die

Schriftenstreit zurücktrat.

In

französischen

und spanischen Propagandaschriften den "Imperialismus" des

jeweiligen

Gegners

als

"Ideologie",

hinter

der

sich allein machtpolitische Interessen verbergen wür-

262

den,

Stein, Richelieu unter den Komödianten

eine

unter-

schiedliche Rechtfertigung erhielt: Frankreich

während

der

eigene

"Imperialismus"

recht-

fertigte seine Interventionspolitik mit dem Schutz der Freiheit der von Spanien bedrohten Staaten und Stände^, Spanien rechtfertigte seine Kriegspolitik mit der Sicherung des Friedens in seinem Reich gegen die französischen Angriffe^. Das Interesse des Reiches war damals ganz auf den Prager Frieden gerichtet,

von

dem

man sich allgemein einen wirklichen Frieden erhoffte, so daß die französische Propaganda im Reich bei einer Kritik des Prager Friedens und der damit

verbundenen 7 Warnung vor· einem kaiserlichen Absolutismus ansetzte , während

die

französischen

Protektionsbeziehungen

zu

einer Reihe von linksrheinischen Ständen und Städten kaum als Thema der französischen Propaganda erschei8 nen . Während die

aktuelle

also

die

politische

offiziösen

Flugschriften

Auseinandersetzung

zwischen

Frankreich, Spanien und dem Kaiser doppeln, findet man in

den

zeitgenössischen

illustrierten Flugblättern ο keinen Reflex dieses Streites . Schon dies gibt den Flugblättern

eine

publizistische

Eigenständigkeit.

Zwar teilen sie mit den Flugschriften

den meist

pro-

noncierten Parteienstandpunkt, aber eine offiziöse Anregung der illustrierten Blätter hat sich bisher nicht erkennen lassen'". Die Flugblätter wurden vielmehr von privaten Verlegern herausgebracht, und Art und Häufigkeit, in der die Blätter auf gegebene Anlässe reagierten, durfte sich nach der Aussicht auf einen möglichen Absatz gerichtet haben. Der Markt

für

diese

Blätter

war vor allem das städtische Bürgertum, dessen gebildete FUhrungsschichten die oft enigmatischen Deutungen der

Flugblätter

verstehen

konnten,

dessen

breitere

Mehrheit aber ebenfalls von den oft drastischen

Dar-

Stein, Richelieu unter den Komödianten

263

Stellungen der Bilder angesprochen wurde. Diese Ausrichtung auf ein nicht

zu begrenztes

Publikum

macht

die Blätter als historische Quelle^* interessant, denn sie bieten die Möglichkeit, Rückschlüsse auf Stimmungen und Meinungen breiterer Bevölkerungskreise zu gewinnen . Bei diesem Publikum war Frankreich nun während das

des ganzen mit

Krieges

augenscheinlich

Parteiergreifung

Kaufreaktion

oder

hervorgerufen

Spott

hätte.

kein

eine

Thema,

besondere

Jedenfalls

sind

Blätter, die Ereignisse der französischen Politik zum Thema haben, unter den deutschen

illustrierten

blättern des Dreißigjährigen Krieges

Uberaus

Flug-

selten.

Bekannt geworden sind mir nur zwei bei Jakob von der Heyden in Straßburg gedruckte von La Rochelle

Blätter

über

den

Fall

1627 und

Uber den Regierungsantritt 12 > dem vielleicht noch ein 1 französisch-eidgenössische Allianz

der Königinwitwe Anna 1643 Blatt

Uber

die

hinzugefügt werden kann. Außerdem

erscheint

Frankreich

auf

einigen

Blättern, auf denen alle am Krieg beteiligten Mächte dargestellt

sind.

So

figuriert

bei

einem

imaginären

Hoffest des Winterkönigs 1621, bei dem dessen Verbündete und Gegner satirische Rollen als Hofbeamte übernommen haben, der französische König als Pförtner, der die Türen schließt, damit die Calvinisten nichts rauben können, da er in seinem eigenen Land entsprechende Erfahrungen

gemacht

habe^.

erscheint der französische der

Endphase

kriegführenden

In

ganz

ähnlicher

Weise

König auf einem Blatt

des Krieges

als Tänzer

Mächte 1 ^.

Schließlich

im hat

Ballett

aus der

Frankreich

auch in den Allegorien auf den Westfälischen

Frieden

seinen Platz neben Schweden und dem K a i s e r ^ . Etwas häufiger sind allerdings Blätter, auf

264

Stein, Richelieu unter den

Komödianten

denen Frankreich als Teil der schwedischen Partei in Erscheinung

tritt.

Schon

auf

einer

Darstellung

des

Schiffes, mit dem Gustav Adolf

1630 in Pommern landete, erkennt man einen Hahn mit einem Geldsack 17 . Ist hier die Interpretation nicht ganz sicher, ob es sich 18 um den gallischen Hahn oder um ein Sinnbild der Ge19 neralstaaten oder der Hanse handelt , so erscheint Frankreich

aber

auf

anderen

Blättern

eindeutig

als

Teil der schwedischen Partei. Auf einer gleichzeitigen Darstellung der Weltuhr ist Frankreich zusammen mit den Generalstaaten und England der Krone Schweden zu20 geordnet . Schärfere Kontur gewinnt Frankreich dann auf einigen katholischen Flugblättern Uber den Leipziger Konvent

(10. Februar

- 2. April

I63I),

bei

dem

sich der Kurfürst von Sachsen vergeblich bemühte, gestützt

auf

seine protestantische

Klientel

und

unter

dem Druck des schwedischen Vormarsches den Kaiser zu einer Einigung mit den Protestanten im Reich zu bewegen. Frankreich unterstützte

diese Politik durch pa-

rallele Missionen zu den protestantischen

und katho-

lischen Reichsständen, wenn auch sein Ziel die Bildung einer sich an Frankreich anlehnenden "dritten Partei" zwischen Kaiser und Schweden war. In Übereinstimmung mit der kaiserlichen

Reaktion auf den Leipziger Kon-

vent, die den Kurfürsten

barsch

vor

die

Alternative

stellte, sich entweder bedingungslos dem Kaiser

oder

aber dem Schweden anzuschließen, gehen die Flugblätter auf diese politischen Intentionen nicht ein und verspotten den Leipziger Konvent als gescheiterten 21 Versuch einer schwedischen Parteibildung im Reich . Das auf dem Konvent durch einen eigenen Gesandten vertretene Frankreich erscheint dabei als ein unbrauchbarer Verbündeter, der seine Hilfe davon abhängig macht, daß ihm selbst ein direkter Nutzen für das eigene Land ga-

Stein, Richelieu unter den Komödianten

265

22

rantiert sigkeit

wird und

. Dieser

den

Spott

Eigennutz

des

Ub.er

die

Unzuverläs-

französischen

Bundes-

genossen verbindet sich mit einer ersten leisen Warnung

vor

französischen

Gebietsansprüchen.

gleichen Flugblatt figurieren auch einige de, darunter die Reichsstadt

Straßburg,

Auf

dem

Reichsständie

sich

in

ihrem Widerstand gegen einen kaiserlichen 2 3 Zugriff auf eine mögliche französische Hilfe beruft - Straßburg ging in der Tat zu diesem Zeitpunkt zwar sehr vorsichtig, aber doch erstmalig auf französische

Hilfsange-

bote e i n ^ . Auf einem weiteren Flugblatt, auf dem der Zug von katholischen Fürsten dargestellt wird, die als Bräute genau die Länder mit sich25führen, die die Protestanten hatten erobern wollen , wird dieses Motiv weitergeführt,

indem

auf

Frankreichs

Bemühungen

um

Straßburg ("Frankreich mit Straßburg folgen 2 6 sol") mit dem Anspruch von Lothringen auf das Elsaß repliziert wird ("Lothringen Elsaß nit kundt entbern"). Solche kaiserlich-katholische

Polemik

gegen

Frankreich und die Protestanten mußte mit dem Anschluß Sachsens an Gustav Adolf und mit dem Sieg bei Breitenfeld am 18. September

16 31 enden. Auf den nun er-

neut dominierenden protestantischen Flugblättern tritt Frankreich werden

wieder

kann

nur

mehr

in

den

Hintergrund.

Erwähnt

eine

allegorische Darstellung des 27 schwedischen Einfalls nach Bayern , auf der der gallische Hahn den Siegeszug von Gustav Adolf mit lautem

Gekräh

begrüßt.

illustrierten

Schließlich

Flugblättern

endet

mit

diese

einer

Reihe

von

emblematischen

Darstellung der Allianz der Kronen Schweden und Frankreich mit den protestantischen Reichsständen 2 8 im Heilbronner Bund nach dem Tode Gustav Adolfs . Bei all diesen Blättern ist Frankreich aber nur im Kontext der Darstellung anderer Themen erwähnt, ohne daß es selbst

266

Stein, Richelieu unter den Komödianten

eigentlicher Gegenstand der Flugblätter wäre und ohne daß es deshalb auch im Titel Erwähnung fände. Vor diesem Hintergrund verdienen zwei Blätter besondere Aufmerksamkeit, die sich beide auf den französischen Kriegseintritt von 1635 beziehen. Stehen sie

in ihrer

kaiserlich-katholischen

Polemik

in der

Nachfolge der Flugblätter über den Leipziger Konvent, so ist im Unterschied zu diesen Blättern hier nun aber Frankreich

und

die französische

Politik

einmal

aus-

drücklich thematisiert und deshalb schon im Titel der Blätter erwähnt. Sie sind nicht unbekannt, wurden aber bisher

noch

nicht genauer

betrachtet.

Das

erscheint

verständlich, denn stilistisch bieten sie wenig Besonderes. Vielmehr gehören sie zu den häufig vertretenen illustrierten Flugblättern in Form eines fiktiven Dialoges, der als Gespräch zwischen historischen Figuren oder auch durch den zusätzlichen Kunstgriff der Einführung

einer

erfundenen

Person mit

allen

dramatur-

gischen Mitteln des Theaters eine kurze, komprimierte Ereignisdarstellung

und

-deutung ermöglicht.

Dagegen

erschließt sich die Besonderheit der Blätter in Thema und Zusammenhang erst durch eine historische Interpretation .

29 Das erste Blatt

zeigt ein Gespräch der als

Frauen personifizierten Städte Augsburg und Ulm untereinander und mit dem französischen König. Es ist undatiert, aber aus der geschichtlichen Situation, die dem Blatt zugrunde liegt, werden Tendenz und Zeitpunkt des Blattes deutlich erkennbar. Nach der Schlacht bei Nördlingen am 6. September 1634 besetzten die Kaiserlichen schnell ganz Süddeutschland. Allein die Reichsstädte Augsburg, Memmingen und Ulm konnten halten.

Aber

auch

Truppen

blockiert

sie und

wurden sollten

von

den

sich noch

kaiserlichen

ausgehungert

werden.

267

Stein, Richelieu unter den Komödianten

Wirklich belagert wurde jedoch nur Augsburg, das sich •30 am 14. März dann auch ergeben mußte . Dagegen konnten sich Memmingen und die starke Festung Ulm behaupten, bis aufgrund des inzwischen am 30. Mai 1635 geschlossenen Prager Friedens ein Anschluß an den Kaiser zu weitaus günstigeren Bedingungen möglich war. Ulm vollzog so am 27. Juli 1635 seinen Beitritt zum Prager Ή Frieden

. Daß

die

Belagerung

von

Augsburg

forciert

worden war, hatte aber nicht nur militärische Gründe. Augsburg war eine der "heiligen" Städte des Protestantismus,

und

die

Durchführung

des

Restitutionsedikts

1629 sowie die Einnahme - der Stadt durch Gustav 1632 hatten ein breites Echo in der 12 Publizistik gefunden testantischen Erfolg,

den

protestantischen

. Nun war die Einnahme des "pro-

Jerusalem" die

Adolf

auch

katholische

ein

propagandistischer

Publizistik

nicht

ver-

säumte zu feiern. Dies ist der Ansatz des Flugblattes, auf dem in einem fiktiven Gespräch die Stadt Augsburg nach der Kapitulation die Schwesterstadt Ulm vor ihrem Schicksal warnt und zur

Kapitulation

vor

dem

Kaiser

rät. Die damit gegebene Datierung des Blattes auf den Sommer 1635 kann aber noch präzisiert werden durch die Erwähnung des Angriffs kaiserlicher Truppen unter dem Herzog

von

Lothringen

und

Jan

von

Werth

auf

Loth-

ringen, der Mitte Juni 1635 begann, im September aber abgebrochen wurde, so daß das Blatt auf Juni/Juli 1635 zu datieren ist

.

Das Bild des Blattes zeigt drei stehende Figuren: die als Frauen personifizierten Städte Augsburg und Ulm sowie den französischen König. Trotz der wegen des langen Textes kleinen Ausmaße des Bildes ist die Darstellung ation wird

gut in

durchkomponiert.

der

Gestik

klar

Die

Gesprächssitu-

ertennbar,

die

weib-

lichen Figuren sind in Kleidung und Körperhaltung kon-

268

Stein, Richelieu unter den Komodianten

trapunktisch aufeinander bezogen, und der als Kavalier gekleidete König ist geschickt in leicht asymetrischer Stellung zwischen die beiden weiblichen Figuren eingefügt.. Eine bewußte Komposition lativ

lange

dreispaltige

zeigt auch der re-

Kommentar

von

152

paarweise

gereimten Knittelversen. Er ist in drei Teile dert,

die

in

steter

Steigerung

pointiert

geglie-

enden:

zu-

nächst mit der Aufforderung Augsburgs, sich dem Kaiser zu

ergeben,

(V.58/60),

was

von

Ulm

entschieden

dann umgekehrt

mit

dem

abgelehnt

Wunsch

wird

Ulms,

sich

dem Kaiser zu ergeben, wenn es unter Wahrung der Religionsfreiheit als

geschehen

Illusion

könne,

zurückgewiesen

was von wird

Augsburg

aber

(V.102-109),

und

schließlich mit dem Entschluß von Ulm zur bedingungslosen Kapitulation vor

dem Kaiser

(V.150).

Der

erste

Teil berichtet in drastischer Konkretheit von der Hungersnot

in Augsburg

während

was Ulm aber trotz der Verlust

der

der

dortigen

eingeschobenen

schwedischen

Hilfe

gerade

Belagerung,

Klage

über

den

noch

mehr

zum

Widerstand motiviert. Der zweite Teil geht ein auf die protestantischen Augsburg offen gion" lassen

Prediger, die in der Schwedenzeit

"wider den Keyser vnd Catholisch

(V.89) gepredigt müssen,

wobei

haben der

und

nun

Augsburger

die

in

Reli-

Stadt

ver-

Hauptprediger

Johann Conrad Göbel besonders angegriffen wird^^. Ulms Bitte um Religionsfreiheit wird deshalb scharf zurückgewiesen. Im dritten Teil wird dann das schon

leitmo-

tivartig vorbereitete Thema einer französischen (V.68, 8l) durch

das Auftreten

des

Hilfe

französischen

Kö-

nigs aufgegriffen. Aber der König legt nur dar, daß er von Spanien über England, die Niederlande, die rheinischen

Kurfürsten,

Savoyen

und

Italien

("Welsche

Fürsten" V. 122) ringsum von Feinden bedrängt wird und

Stein, Richelieu unter den Komödianten

daß nun der Kaiser mit

verschiedenen

Heeren

269

sogar

in

sein Reich eindringen will. So kann er den Reichsstädten keine Hilfe bringen und ihnen nur

den Rat

geben,

sich zu ergeben. Daraufhin bricht Ulm zusammen, und es bleibt der Stadt nur noch übrig, sich bedingungslos zu ergeben. Die Rolle Frankreichs ist so nur ein Nebenthema

des Blattes,

französischen

das aber

Königs

als

durch

das

Auftreten

Handlungsfigur

des

des

Dialogs

und durch seine Nennung im Titel des Blattes besonders hervorgehoben wird. Die fiktive Erklärung des Königs, warum er keine Hilfen leisten könne, war wirkungsvoller,

als

eine

dabei

militärische

um

so

Unterstützung

der schwedischen Partei durch Frankreich damals in der Tat zur Diskussion gestanden hatte. Nach dem Zusammenbruch

der

schwedischen

Position

im

Reich

Schlacht bei Nördlingen hatte Frankreich Rolle Schwedens gegenüber ganisierten erhofften

den im Heilbronner

protestantischen

sich vor

allem

Ständen

in

der

faktisch die Bund or-

übernommen.

die vertriebenen

Nun

protestan-

tischen Stände in Südwestdeutschland ein französisches Eingreifen

gegen

die Reichsstädte strategischen

die

kaiserlichen

Augsburg

Planspielen

Truppen,

und

und

Ulm werden in solchen 35 genannt . Aber Frankreich

wollte seine eigenen Armeen nur zur Behauptung linksrheinischen

Protektionsstände

einsetzen,

Operationen

rechts

des

Rheins

Heilbronner

Bundes

und

allenfalls

Truppenunterstützung Rumpfbund aber

auch

erfolgen

allein mit

sollten.

1635 nicht mehr

im

in der

seiner während

Namen

des

französischer Dazu Lage,

war

der

vielmehr

konnten sich umgekehrt seine noch verbliebenen Truppen unter

Bernhard

Frankreich

von

halt en.

französische

Weimar Das

nur

durch

Flugbl att

Zurückhaltung

als

Anlehnung

verspottet

Schwäche

und

so

an di. e

stellt

Stein, Richelieu unter den Komödianten

270

Frankreich deutlich als Teil der antikaiserlichen und antikatholischen Partei dar. Bezogen auf die oberdeutschen

Reichsstädte

aber

ist

der

Dialog

eine

mierung, denn Augsburg und Ulm hatten sich die

Jahreswende -

trennt

Δ

1634/35

vom

Heilbronner

Diffa-

schon Bund

um ge-

und bereiteten einen Ausgleich mit dem Kaiser

vor. Zutreffend ist jedoch die Isolierung der Städte, die

geschickt

dargestellt

ist,

französische Hilfe in Beziehung bereits

gescheiterten

indem

die

gesetzt

schwedischen

erwartete

wird

Hilfe

zu

und

der

indem

dann der französische König selbst seine bedrängte Lage eingesteht, wegen der er die Städte ihrem Schicksal Uberlassen muß. Insgesamt

sucht

das

Blatt

von

katho-

lisch-kaiserlichem Standpunkt aus Ulm zur Kapitulation zu überreden,

und es tut dies um

so

wirkungsvoller,

als dies durch einen Dialog geschieht, der eine innerprotestantische Diskussion wiederzugeben vorgibt ("unsere Religion" V. 109).

Ob

das

Blatt

auf

die

Ulmer

eine große Wirkung ausgeübt hat, darf jedoch bezweifelt werden, wie es auch in Ulm nicht überliefert ist. Vielmehr ist in dem Blatt vor allem ein Appell an die eigene Partei zu sehen, so daß der Druckort des Blattes im kaiserlich besetzten Süddeutschland, wenn auch nicht unbedingt in Augsburg selbst zu suchen ist. -57

Das zweite Blatt

zeigt ebenfalls ein Ge-

spräch, nun zwischen dem französischen König und Kardinal Richelieu auf der einen Seite und dem Hofnarren auf der anderen Seite, das in den gleichen hang der französisch-habsburgischen

Zusammen-

Auseinandersetzung

von 1635 gehört. In der bildlichen Darstellung stehen in durchaus ähnlicher Komposition wie auf dem ersten Blatt König, Kardinal und Hofnarr in einer Gesprächssituation nebeneinander, die die Zuordnung der Figuren

Stein, Richelieu unter den Komödianten

271

erkennbar werden läßt. Deutlicher wird gegenüber

dem

ersten Blatt aber die stereotype Darstellung von König, Kardinal und Narr, was der Szene etwas Theaterhaftes gibt. Der dreispaltige

Text

gereimten

dazu

dessen

Knittelversen

kritische,

fügt

von

94

einen

antifranzösische

paarweise Kommentar,

Tendenz

schon

im

Titel mit der Bezeichnung des Hofnarren als "Schalcksnarren Jan Potagie" angedeutet ist. Das

Blatt

ist

undatiert,

läßt

sich

aber

durch zwei Ereigniserwähnungen ziemlich genau einordnen.

Einmal

ist

die

Eroberung

durch den Kardinalinfanten

der

Schenkenschanze

am 26. Juni

1635 erwähnt,

und zum anderen bezieht sich die Anspielung, daß die DUnkirchener

den Holländern

die

Netze

abgeschnitten

hätten und mithelfen würden, Heringe zu fangen, augenscheinlich auf den Coup der Vernichtung zweier tischer

Heringsflotten

DUnkirchen

stationierte

in

der

Nordsee

spanische

durch

Armada

am

staa-

die

in

17. und

20. August 1635. Beides waren markante Daten in dem spanischniederländischen

Krieg. Nachdem

der

spanisch-staati-

sche Waffenstillstand 1620 ausgelaufen war, hatten die Spanier bei den seit 1621 wieder beginnenden Feindseligkeiten zunächst

das militärische

sie zu der spektakulären,

Übergewicht,

das

aber strategisch wenig be-

deutsamen Einnahme von Breda 1625 nutzten. Danach aber wurden sie von den Generalstaaten Defensive gedrängt, denen

immer mehr

1632 die wichtige

in die Einnahme

von Maastricht gelang. Die Ankunft des Kardinalinfanten mit

11 000 Mann

spanischer

Truppen

in den

Nie-

derlanden bot dann 1634 die spanischerseits erwartete Möglichkeit,

das

Kräfteverhältnis

wieder

Spaniens zu verändern. Trotzdem kam es aber

zugunsten zunächst

zu keinem durchschlagenden spanischen Erfolg, und dann

Stein, Richelieu unter den Komödianten

272

schienen

die

Erneuerung

Allianz

und

die

der

französisch-staatischen

offizielle

französische

Kriegs-

erklärung an Spanien die Möglichkeit einer spanischen Überlegenheit

vollends auszuschließen.

In dieser

tuation gelang dem Kardinalinfanten die Einnahme

der

gelegenen Festung

an

der

Bifurkation

Schenkenschanze war

eine

am

von

26.

staatische

Rhein

und Waal 18 1635 · Die

Juli

Hauptfestung,

die

Zugang in die Generalstaaten über den Rhein und

die

vom

Statthalter

häufig

Si-

überraschende

als

Ort

den

sicherte

für

Trup-

penvisitationen zum Beginn der Feldzüge gewählt worden war. Zwar konnten die staatischen Truppen die Q Festung nach längerer Belagerung am 30. April 1 6 3 6 zurückgewinnen, spanische

aber

während

dieser

Zeit

stellte

Garnison in der Schenkenschanze

die

eine echte

Gefährdung der staatischen Verteidigungslinien dar. Die Generalstaaten hatten zwar eine größere

Flotte

als Spanien,

aber

diese

weitaus

war

zu

zer-

streut und reichte nicht aus, um gleichzeitig in Übersee

zu

kämpfen,

Fischereischiffe

die

holländischen

zu eskortieren und

Handels-

die

und

flandrischen

Häfen zu blockieren. So konnten besonders in den zwanziger Jahren des 17.Jahrhunderts die spanische Armada und private Piraten von Dünkirchen aus dem Handel und der Fischerei der Generalstaaten empfindliche Verluste zufügen.

Die

Vernichtung

huizen

(Nordholland) am

Teiles

der

der

Maas-Heringsflotte

stellte den Höhepunkt

Heringsflotte

17· August am

und 20.

von

Enk-

eines

großen

August

1035^

dieser Aktivitäten

dar, aller-

dings auch deren Wende, denn danach sanken die Beuteergebnisse ständig ab. War die Kaperung der Heringsflotten vor allem ein wirtschaftlicher Verlust für die Generalstaaten, der auch die innenpolitischen Spannungen zwischen

Stein, Richelieu unter den Komödianten

den

Provinzen

verstärkte,

Schenkenschanze

durch

Kriegsereignisse

die

so

war

die

Spanier

Einnahme

eines

des Dreißigjährigen

273

der

der

großen

Krieges.

Es

ist

deshalb verständlich, daß man spanischerseits dem Erfolg die größtmögliche und

eine

Publizität

Flugschrift^*

darüber

zu geben

versuchte

verbreitete.

Ebenso

verständlich ist es auch, daß man staatischerseits das Gleiche bei der Rückgewinnung tat, wovon ein niederländisch-französisches Flugblatt aus der Zeit kurz vor der erfolgreichen Beendigung der Belagerung durch die Generalstaaten spräch

zeugt^.

zwischen

dem

Das

Flugblatt

französischen

Richelieu und dem Schalknarren bald nach Ende August

Jan

über

König,

das

Ge-

Kardinal

Potagie

1635 zu datieren^.

auch gestützt durch die Erwähnung, daß der

ist

also

Dies

wird

französi-

sche König Lothringen wieder verlassen müsse, was sich auf

die

Feldzüge

der

kaiserlichen

Armeen

unter

Herzog von Lothringen von Juni bis September

dem

1635 und

Gallas von September bis November 1635 nach Lothringen bezieht. Das Blatt macht durch die Einführung der komischen Figur das Szenario der englisch-deutschen Wanderbühnen^

für

die

schen Komödianten hunderts

in

Darstellung

erschienen

Deutschland,

17·Jahrhunderts

in

nutzbar.

seit

Ende

spielten

deutscher

schon vor dem Dreißigjährigen

Die

seit

Sprache

engli-

des. 16.JahrAnfang

und

Krieg mit

waren

des so

regelmäßigen

Gastspielen in den größeren deutschen Städten und Residenzen zu einer Institution geworden der

Handlungsfigur

des Hofnarren

Figur aus dem Theaterkanon historisch

gedachte

macht

Der Austausch

durch nun

Gesprächssituation

die

die als

komische

eigentlich Theater-

stück erkennbar und erlaubt, aus der Perspektive

des

gesunden Menschenverstandes in Übereinstimmung mit dem

Stein, Richelieu unter den Komödianten

274

Publikum eine dekuvrierende Kritik gegen die höfische Ebene

anzubringen.

Die

Bühne

ist

stellungsebene für eine fiktive

so nicht

nur

Dar-

geschichtliche

Hand-

lung (was auch für das erste Flugblatt gilt), sondern sie

ist

vor

allem

Mittel

einer

satirischen

pretation und Medium zur Herstellung einer

Inter-

inhaltli-

chen Übereinstimmung mit dem Leser und Betrachter des Flugblattes. Die Verwendung von Elementen der Wanderbühne in dem hier interpretierten Flugblatt steht nicht allein. Die Technik, durch Anleihe bei den Bühnenmotiven die Attraktivität der Flugblätter

zu erhöhen, war so

naheliegend^"*, daß das Motiv auch mitunter aufgesetzt und ohne zwingende Verbindung mit dem Thema des Flugblattes erscheinen konnte^. Bemerkenswert ist die Aktualität

der

aufgegriffenen

Motive.

lustigen Figur in den Stücken 1620

Pickelhering

erstmals

Stücken im Druck genannt Pickelhering

auch

auf

der Name Jean Potage

ΑΠ

Als

Name

der Wanderbühnen

in

einer

der wird

Sammlung

von

, und schon 1021 erscheint ΑR Flugblättern . Ebenso taucht

(Schambitasche) für die lustige

Figur erstmals I63O in einer Sammlung im Druck

auf^,

und schon 1630/31 findet man die neue Figur auf einem Flugblatt"^. Erscheint dort die Figur des Jean Potage noch ohne spezielle Nationalitätstendenz, so steht sie in

dem

direktem

hier

interpretierten

Verhältnis

zum

Thema

Flugblatt des

von

Blattes

später geradezu zum Typ des Franzosen

1635 und

in

wird

schlechthin^*.

Das Aufgreifen der neuen komischen Figur des Jean Potage aus dem Repertoire der Wanderbühne und deren Einbindung

als

Hofnarr

in

einen

fiktiven

historischen

Dialog zeigt also modisches up-to-date und verrät auch literarisches Geschick, die Kritikelemente des C2 Theaters für die politische Satire nutzbar zu machen .

275

Stein, Richelieu unter den Komödianten

Dies bestätigt

auch der Text des Dialoges.

Schon in der Einführung (V. 1-19) wird in Rede und Gegenrede das Motiv des Aus-dem-Lande-jagen vorgestellt, das dann den ganzen Dialog leitmotivartig

durchzieht

und den eigentlichen Angelpunkt der Satire bildet. Der Hauptteil (V. 20-73) nimmt dieses Motiv wieder auf und verbindet es mit einem Angriff auf Kardinal Richelieu, der nicht nur außer Lande, sondern sogar

zum

Teufel

gejagt werden müßte (V. 20). Zum Beweis wird die Stärke der Kriegsgegner

Frankreichs dargestellt, die von

England Uber die Niederlande,

das

Reich

und

Italien

("Welschland" V. 58) bis nach Spanien das französische Königreich ganz eingekreist haben, und was in dem Bild des Banketts, bei dem die Gegner Frankreichs das Königreich wie eine Gänsepastete

mit

Messer

und

Piron

zerlegen und verzehren, zur Kulmination geführt wird. Der Epilog (V. 74-94) nimmt den Angriff auf die Person des Kardinals

auf, worauf

trauensbekundung

der

antwortet,

die

König mit aber

einer

angesichts

Verder

dargestellten Machtverhältnisse nicht verfangen will. So endet das Blatt mit einer erneuten Warnung an den König. Von hierher gewinnt das Motiv des Botenberichts

des

aus

der

Fremde

zurückkehrenden

und die flamisierte Namensform

des Jan

Hofnarren

Potagie

eine

zusätzliche Spitze. Setzt man das Blatt in Beziehung zu der wohl implizierten, wenn auch nicht ausdrücklich aufgegriffenen spanischen

französischen

König

durch

die

Kriegserklärung

an

Entsendung

franzö-

des

den

sischen Herolds Jean Gratiolet nach Brüssel, so ergibt sich, daß nun durch den als Hofnarren aus den Niederlanden zurückkehrenden Jan Potagie die Warnung an den französischen König gerichtet wird j daß er

sich

mit

dieser Kriegserklärung übernommen habe und Gefahr lau-

276

Stein, Richelieu unter den Komödianten

fe, sein Land zu verlieren· Über das Blatt hinaus wird hier in subtiler Form der Propagandaschlag der französischen Kriegserklärung dem Gespött preisgegeben. Es handelt

sich

also

um

ein

prospanisches

bzw. proniederländisches Parteiblatt, das im Jahre der französischen

Kriegserklärung

an

Spanien

Frankreichs

Ansehen herabsetzen will. Die Erwähnung einer ganzen Reihe

konkreter

Ereignisse

aus

dem

spanisch-staati-

schen Krieg läßt an eine Entstehung des Blattes in den spanischen lichen

Niederlanden

oder

Reichsterritorien

einkleidung

und

die

den

benachbarten

denken.

Erinnerung,

Die daß

ganze

westThemen-

Frankreich

das

Herzogtum Lothringen wieder aufgeben müsse und bei den Reichsstädten zielt

aber

keine Unterstützung mehr

auf

ein breiteres

finden

Publikum

im

würde,

Süden

des

Reiches. Interpretiert

man

diese beiden

Flugblätter

unter einem historischen Aspekt, erkennt man, daß sie nicht nur in einem chronologischen hen, indem sie sich

beide auf

die

Zusammenhang

ste-

französisch-habs-

burgische Auseinandersetzung im Sommer und Herbst 1635 beziehen. Beide Blätter beziehen sich auch formal und inhaltlich lierung

aufeinander.

des

Titels

Die

in

Parallelität

seiner

der

Formu-

Zweigliedrigkeit

von

sachlichem Thema und dramaturgischer Aufführung der an dem Dialog jeweils beteiligten Personen fällt auf, und auch

inhaltlich

ist

das

Hauptargument

der

völligen

Einkreisung Frankreichs durch Spanien und seine Verbündeten übereinstimmend.

Nach den

vorgenommenen

Da-

tierungen müßte das zweite Blatt von September/Oktober 1635

auf

das

erste

Blatt

von Juni/Juli

1635

geant-

wortet haben. Dies wird auch durch die Texte gestützt. Wenn im zweiten Blatt dem französischen wird:

"Auff d'Reichstätt

König gesagt

hast du nichts zu bawen.

/

277

Stein, Richelieu unter den Komödianten

Dann sie thuen dir nit trawen" (V. 63-64), das wohl

zu Recht

auf

sein, wo Ulms Meinung:

das erste

Blatt

so dürfte

zu

beziehen

"Auff den Franzosen

thun

wir

noch bawen" (V. 8l) die Antwort Augsburgs erhält: "Ja ist ihm auch nit gar zu trawen" (V. 82). Andererseits nimmt auch das erste Blatt mit den von Augsburg gesprochenen Versen: "Wirst auch wol gewiß haben vernommen, / Was mir zu letz fur ein Prouianthauß bekommen" C -I (V. 43-44), auf ein früheres Flugblatt

J

bezug, das in

gleicher Weise Augsburg zur Kapitulation vor den kaiserlichen Truppen auffordert wie das spätere die StadtUlm, nur daß gegenüber

Augsburg

durch

Frankreich

angesprochen

weise

und

nicht

Themenvariationen

eine mögliche

sind

wird.

Hilfe

Zitatver-

zwischen

den

Flug-

blättern nicht selten"*^. Dies muß aber keineswegs bedeuten, daß die Blätter von dem gleichen Verleger oder gar dem gleichen Autor

stammen. Die Marktbezogenheit

der Flugblattproduktion ließ auch andere Verleger ein erfolgreiches Thema aufgreifen; ihre starke politischideologische

Ausrichtung

regte

Verstärkung wie zu scharfem

zu

Wiederholung

Widerspruch

an.

Im

und vor-

liegenden Fall wird man eine thematische Beziehung der Blätter in bezug auf die antifranzösische Tendenz und eine formale Bezugnahme durch das Zitat und die Titelvariationen

anerkennen

müssen.

Trotzdem

Blätter aber aus unterschiedlichen

dürften

Gebieten

Während das erste Blatt wohl im kaiserlich SUddeutschland

die

stammen. besetzten

gedruckt worden ist, weist das zweite

Blatt in die spanischen Niederlande oder die daran angrenzenden westlichen Reichsgebiete.

Eine thematisch-

inhaltliche Bezugnahme ist aber doch nur wirksam, wenn das

Publikum

den

Bezug

als

zusätzlichen

auch erkennt. So darf man wohl von einem

Kaufanreiz gemeinsamen

Publikum für beide Blätter trotz eines möglicherweise

278

Stein, Richelieu unter den Komödianten

unterschiedlichen Druckortes ausgehen, und dieses ist sicher

in

dem

ganz

normalen

Publikum

blattliteratur, nämlich dem Bürgertum

dieser

Flug-

der Städte und

Residenzen des Reiches zu suchen. Eine

Einschränkung

dürfte weniger regional als politisch zu machen sein, indem die Blätter kaum die mit Frankreich verbündeten Stände

oder

gar

die

direkt

genannte

Stadt

Ulm

angesprochen haben dürften, sondern - wie die meiste Kriegspropaganda

- zur Stärkung

des Glaubens

in

der

eigenen Partei bestimmt gewesen zu sein scheinen. Die versuchte Neudatierung und tation, die diese beiden Flugblätter

Neuinterpre-

erstmals in den

Zusammenhang der französisch-habsburgischen Konfrontation von 1635 stellt, zeigt, daß es in der Flugblattliteratur

des

Dreißigjährigen

deutschen

Krieges

doch

eine Resonanz auf den französischen Kriegseintritt gegeben hat. Freilich bestand

diese

einem Aufgreifen der ohnehin

Resonanz

schwachen

nicht

französischen

Propaganda oder gar in deren Steigerung, wie dem

schwedischen

Eingreifen

in

den

in

es bei

Dreißigjährigen

Krieg der Fall gewesen war. Die Blätter haben vielmehr eine

katholische,

kaiserliche,

antifranzösische

Tendenz,

und

die Schwäche

Spanien

und

die

spanische die

Stärke

und

somit

von

Frankreichs

Kaiser

darstellen

soll. Sie zeigen Schadenfreude über militante Parteigänger des schwedischen Königs, denen nun die Rechnung für ihr Engagement eröffnet wird, und Spott. Uber

den

französischen König, der die Rolle des toten Schweden nicht übernehmen kann und sich mit seinem plötzlichen Kriegsengagement

übernommen

zu

haben

scheint.

Trotz

dieser eindeutigen politischen Tendenz wird man aber kaum

auf

einen

offiziösen

Charakter

der

Blätter

schließen dürfen. Zu eng sind sie mit der allgemeinen Flugblattliteratur

der

Zeit verknüpft,

zu

subtil

im

Stein, Richelieu unter den Komödianten

Vergleich mit den direkteren offiziösen

279

Flugschriften

sind die satirischen Techniken des fingierten Dialogs der Gegenpartei und der Dekuvrierung über die

zweite

Ebene der komischen Figur und zu charakteristisch für den allgemeinen politischen Standort der politisch unbeteiligten

Öffentlichkeit

se-Argumentation

der

ist

Blätter,

die

als

common-sen-

daß

man

über

das

hinausgehen müßte, was man für die gesamte Gattung anzunehmen

geneigt

ist.

Die

Blätter

sind

sicher

par-

teiisch gebunden, aber kaum direkt gouvernemental inspiriert,

sondern

insbesondere

eher

ein

städtische

Spiegel

Publikum

dessen, zu

der

was

das

neuesten

Peripetie des großen Welttheaters im Jahre 1635 lesen und sehen wollte. Allerdings darf die Existenz von zwei Blättern bei einem Corpus von einigen hundert politischer Flugblätter

für die Zeit des Dreißigjährigen

Krieges

nicht überbewertet werden. Die Resonanz, wenn sie auch vorhanden war, blieb schwach. Was

für

eine

stärkere

Blattproduktion Uber das Thema des französischen Eingreifens in den Dreißigjährigen Krieg aber fehlte, war zunächst eine profranzösische Gegenposition. Für diese war

aber

unmittelbar

Friedens,

als

der

Friedens

trotz

weit

die

in

nach

dem

politische

aller

Abschluß

Wille

Härten

des

protestantischen

zur

des

Prager

Annahme

des

Vertragswerkes

bis

Stände

reichte,

ganz

augenscheinlich kein Publikum zu interessieren. Außerdem

fehlten

sischen

gerade

Eingreifens

in im

der

Anfangsphase

Reich

des

franzö-

durchschlagende,

spek-

takuläre Erfolge auf beiden Seiten. So war weder durch Dialog und Streit noch

durch

Steigerung

eine

lassung zu weiteren Blättern gegeben. Die der französisch-habsburgischen Konfrontation zwar

Anlaß

zu

(mindestens)

zwei

Veran-

Zuspitzung 1635 gab

Flugblättern,

doch

Stein, Richelieu unter den Komödianten

280

dies blieb eine einmalige Insofern

Erscheinung.

bestätigen

die

Blätter

Uber

die

französische Politik im Jahre 1635 den allgemeinen Befund einer nur sehr schwachen Resonanz literatur Reich.

auf

Ganz

schwedische

im

das

französische

Gegensatz

Eingreifen

zu

in

und

die von

die französische ihr propagierten

fen. Sie unterschätzte die von

Frankreichs

man

will,

zeigt

Komödianten

so der

momentanen

Jahre

als

eine

1635

setzung um die

weniger

eine

unterstützen aufzugrei-

wohl auch die in den

Gefahr,

Dreißigjährigen

Richelieus

Politik

Wenn

unter

die

satirische

De-

Frankreichs

im

gelungene Schwäche

Verharmlosung

französische

im das

Krieg,

des Krieges ausging.

Versetzung

kuvrierung

zu

Vorstellungen

Eingreifen

die

auf

augenscheinlich we-

Politik

freilich

Krieg für eine Verlängerung

Reaktionen

Dreißigjährigen

zeigte die deutsche Öffentlichkeit nig Neigung,

Flugblatt-

Kriegsengagement

den

den

der

der in

öffentlichen Meinung des Dreißigjährigen

Auseinanderder

deutschen

Krieges.

Stein, Richelieu unter den Komödianten

281

Textanhang

Vlmer Weklag Vnd Augspurgische Warnung. Dialogue oder zwischen Vlm. Augspurg vnd Konig in Franckreich. 110 Vlm: Ich main, es thut der Frantzoß da stehn. Ja e warlich, er ist's, wollen doch vernemmen, Wann er zu vns herein wird kommen: e e Gegruest seyd Ihr Königliche Majestat. Wir warten hart auff sein Genad, 115 Vbm hulff, so er vns leisten soll. Fkr: Ja hulff zu laisten, das glaub ich wol, Der Spanier ligt mir auff dem Rucken, Vor Engellandt mueß ich mich auch schmucken. Mit Niderlandt wil's mir auch nit gfallen. 120 Die Geistliche Churfursten seynd wider mich allen. 7 So ist der Sauoier auch wider mich, e Die Welschen Fürsten geben mir auch ein Stich. Der Spanier hat mich auß dem Veldtlin geschlagen, Vnd zuruck triben, hab mehr zu klagen. 125 Die Schweitzer wollen auch nit recht mit mir seyn, In Summa es schlagt alles auff mich herein. Der Keyser verschont meiner gar nit, Ich hab weder Tag noch Nacht kein Fried. Der Lothringer vnd Johan de Werth, 130 Nemmen mir die Speyß schier vom Herdt, Sie dringen mir ins Reich herein, Welches mir ist ein grosse Peyn. So kombt. der Vngrisch Konig mit ein newen Heer © 6 Meine Reichstatt was wollt ihr nun mehr? 135 Schawt selbst, was euch ist nutz, das thut, Hab mit mir zu thun, thue euch kein gut. Vlm: Der Beschaid ist warlich zimblich schlecht, Mein Nachbaur du hast noch wol recht. ς Sein Hulff haben wir bald eingenommen. 140Agbg: Hab wol gewust., daß er zu vns nit thut kommen. £ Wir müssen doch noch alle dran. Memmingen maint auch noch zu kommen daruon. Aber sie haben so groß Hungersnoth, Sie haben gantz vnd gar kein Brot 145 Mehr zu essen in ihrer Statt. Mueß sich geben auff Gnad vnd Vngnad.

282

150

Stein, Richelieu unter den Komödianten

Drumb warlich mein Nachbaur folge mir, Ergib dich, es wird wol bekommen dir. Vlm: Ey wann's dann also seyn mueß, Wil mich ergeben ohn verdruß. Ade ihr Herrn, vnd behut euch Gott, Dem Keyser zue wir Lutherische Rott.

e e Frantzosische Wahrsagung. Dialogue zwischen dem Konig in Franckreich, Cardinal Richelieu vnd deß Königs Schalcksnarren Jan Potagie. Kg: Woher mein Jan Potagie, woher? Was bringst du vns fur newe Mahr? Hast in der Frembd nichts seltsams vernummen? JP: Drumb thu ich eben hieher kummen. 5 Kg: Was ists dann, was willst du guets sagen? JP: Man sagt, du bist vberal geschlagen. Du hast dich ein Handel vnderfangen, Must auß dem Land noch sauber prangen. Kg: Wo hast die Zeitung doch gehört? 10 Du loser Tropff, du bist nichts werth. Jp: Ich hab 1 s gehört vnd ist wol wahr, Wann's haben willst, ich sag dirs klar. CR: Ewer Mayestat thuen ihm's sagen, Oder man muß ihn auß dem Landt jagen. 15 JP: Du sehest mich gern zum Landt hinauß, Weil ich die Warheit dir sag zum Hauß. Ich wil im Land noch bleiben sitzen, Daß du auß dem Land wirst vbel schwitzen. Kg: Nun sag nur her, was wilst dann sagen? 20 Jp: Den Cardinal sollst fur den Teuffei jagen, er bringt dich in ein grosse Schandt, Durch ihn kumbst du vmb Leut vnd Landt. Kg: Du loser Tropff, was sagst vom Landt Zu kummen, wer ist mir bastant, 25 Ich weiß noch keinen Potentat, Der gegen mir die Kriegsmacht hat, Daß ich soll vberwunden werden, Weist du ein, der da lebt auff Erden? Jp: Ach schweig nur still vnd kitzel dich nit, 30 Du wirst zu wenig haben fridt Der Konig auß Hispanien der erst ist. CR: Seinthalben haben wir noch frist. Kg: Was soll er gegen mir sein? JP: Er tringt dir gewiß ins Landt herein. 35 CR: Die Hollander thuen vns auch beystandt. JP: Du kumbst mit ihnen gwiß auff Gandt, Die Schenckenschantz habens verlohren, Drumb kratzen sie sich hinder die Ohren. Die Doinkircher habn den Holandern die Netz

Stein, Richelieu unter den Komödianten

40

45

50

Kg: CR: JP:

55

60

65

70

75

80

85

Kg:

CR:

JP:

283

abgeschit Vnd helffen Hering fangen mit, Biß sie ihnen geschlagen habn ihr Armee Zu Wasser, jetzt ist Ach vnd Wehe, Es geht ihnen haldt, wie es dir wird gehn, Drumb magst wol lassen bleiben stehn, Was sollen nur die Wasserratzen, Das Kayserisch Volck wird sie wol tratzen, Vnd auch der Cardinal Infant Es hebt mit ihnen auff ein Schandt, So ist Engelland auch wider dich. Der halt gegen mir keinen stich, So hab ich mit mir Schweitzerlandt. Die thuen vns ein guten beystand. Wanst Gelt außgibst fur die alte Pension, Mochtens dir helffen von der Cron. Vber Wasser hast du Engellandt, Heruber stosst an dir Niderlandt, An Niderlandt stosst das Reich, Ans Reich da stosst das Welschland gleich, So granzt Spanien auch an dir. Darumben glaubt sicher mir, Lothringen muest du wider verlassen Vnd alles, was dich thuest anmassen. e Auff d'Reichstatt hast du nichts zu bawen, Dann sie thuen dir nit trawen. Mir kumbt fur, sitzt in deim Reich Mitten herumb deine Feind gleich Als wie ein Ganß in einr Pastetten Auff einem Tisch, vnd die vmbher thaten Sitzen, seynd da mit Messer vnd Piron, Ein jeder wil ein Piegel von der Ganß hon. Biß sie die Ganß thuen ganz verzehren. Also wird man deinem Reich auch scheren, Meinst nit es wird dir noch bang werden? Mich schreckt niemand hie auff Erden, So hab ich da mein Cardinal, Demselben gib ich's zu der Wahl, Was ihr thut, ist schon recht gethan, Ihr thut nichts wider meine Cron. Ewer Mayestat die folgen mir Den Lohn wil ich lassen geben dir. Du Narr, daß du so keck magst sein Vnd reden von dem Konig dein, Was sollst du wissen von den Sachen? Mein Cardinal, mueß deiner lachen, Den Lohn, den du meinst mir zu geben, Wil ich an dir noch wol erleben. Ich hab 1 s gesagt, vnd wird alls wahr, Wann es mich schon halt fur ein narr,

284

90

Stein, Richelieu unter den Komödianten

Mein Konig schaw^ was zu thun hast, Vnd auff dein Starck da buch nit fast, Dann es wird dich noch wol vexiren. Wannst auß deim Land sollst müssen marschiren. Ich zeug von dir, vnd beut dich Gott, Schaw, daß nit kombst in grossen Spott.

Stein, Richelieu unter den Komödianten

285

1 Göran Rystad, Kriegsnachrichten und Propaganda während des Dreißigjährigen Krieges. Die Schlacht bei Nördlingen in den gleichzeitigen gedruckten Kriegsberichten. Lind I960, mit Literaturüberblick. 2 J. Scheible, Die fliegenden Blätter des 16. und 17·Jahrhunderts in sog. Einblattdrucken ... aus den Schätzen der Ulmer Stadtbibliothek. Stuttgart 1850. - W. Drugulin, Historischer Bildatlas. Verzeichnis einer Sammlung von Einzelblättern zur Kultur- und Staatengeschichte vom 15· bis in das 19· Jahrhundert . Leipzig 1863 - (D. gibt nur Beschreibungen ohne Fundstellenangabe. Nach D. zitierte Stücke habe ich deshalb nicht in einer Reproduktion gesehen. ) - Η.Wäscher, Das deutsche illustrierte Flugblatt. Dresden 1956. - Mirjam Bohatcova, Irrgarten der Schicksale. Einblattdrucke vom Anfang des Dreißigjährigen Krieges. Prag 1966. Sigrid Wechssler, Flugblätter aus der Flugblattsammlung des Kurpfälzischen Museums der Stadt Heidelberg. Heidelberg 1980. - Deutsche Illustrierte Flugblätter des l6. und 17· Jahrhunderts, hg. v. Wolfgang Harms. Die Sammlung der Herzog August Bibliothek in Wolfenbuttel. Bd. 1: Ethica, Physica, hg. v. W. Harms und Michael Schilling zus. mit B. Bauer und C. Kemp. London 1 9 S 4 T Bd. 2: Historica, hg. v. W. Harms, M. Schilling und Andreas Wang. München 1980. Als Einführung kann dienen: W. Harms, Jphn Roger Paas, M. Schilling, A. Wang, Illustrierte Flugblätter des Barocks. Eine Auswahl. Tübingen 1983· 3 Karl Otmar Freiherr von Aretin (Frankreich und der Entschluß zum Eintritt in den Dreißigjährigen Krieg. Die geheimen Verhandlungen des kaiserlichen Diplomaten Graf Schönburg in Paris im August/September 1634· In: Weltpolitik, Europagedanke, Regionalismus. Festschrift für Heinz Gollwitzer. Münster 1982, S.47-57) hat kürzlich auf das in diesen Verhandlungen von Richelieu an den Kaiser gemachte Friedensangebot aufmerksam gemacht. Die Frage, ob dieses Angebot eher vor Bekanntwerden der schwedischen Niederlage bei Nördlingen erfolgte, wie Aretin glaubt, oder eher danach, wie Georg Lutz (Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 64 [1984 ] , S. 480f.) annehmen möchte, verliert aber an Bedeutung, wenn erkannt wird, daß der französische Kriegseintritt durchaus keine plötzliche Reaktion auf die Schlacht bei Nördlingen war, sondern schon mit dem absehbaren Erreichen der Rheinlinie als Grenze der französischen Protektionspolitik von Richelieu ins

286

Stein, Richelieu unter den Komodianten

Auge gefaßt und als weiteres Element in seine Deutschlandpolitik einbezogen worden war. 4 Hermann Weber, Frankreich, Kurtrier, der Rhein und das Reich 1623-35. Bonn 1969, S. 391-395· 5 Rudolf von Albertini, Das politische Denken in Frankreich zur Zeit Richelieus. Marburg 1951> S. 137-146. - Etienne Thuau, Raison d'etat et pensee politique a 1 1 epoque de Richelieu. Athen 1966.

s.293-318.

6 Eberhard Straub, Pax et Imperium. Spaniens Kampf um seine Friedensordnung in Europa zwischen 1617 und 1635. Paderborn 1980, S.44-78. 7 Heinrich Ilitzigrath, Die Publizistik des Prager Friedens 1635· Halle I88O, S.90-102. Vgl. auch die Denkschrift des französischen Residenten de Lisle in Straßburg: Paris BN: fonds frangais 2756. fol. 45-49. 8 Auf den Protektionsgedanken' als Funktion der französischen Königsidee hat Weber (Anm. 4 ) S.59-65, grundsätzlich hingewiesen. Thuau (Anm.5) S.299, hat ihn bei Balzac eingehender formuliert und Straub (Anm. 6) S.29-44, ihn bei Du Ferrier ausführlicher dargestellt gefunden. Diese Protektion ist im alten Königsschutz verankert und nähert sich damit der Herrschaft an. Gerade weil dies auch im Reich aufmerksame Beachtung fand (GLA Karlsruhe 67/965, fol. 2 8 5 , 295 über Du Ferrier), hat Frankreich auf diesen Protektionsgedanken außenpolitisch nur selten zurückgegriffen (W.H. Stein, Protection Royale. Eine Untersuchung zu den Protektionsverhältnissen im Elsaß zur Zeit Richelieus 1022-43. Münster 1978, S.253). Außenpolitisch erscheint die Protektion vielmehr im Zusammenhang mit dem sich herausbildenden Völkerrecht. Diese vertragsrechtliche Protektion ist deshalb vom allgemeinen Königsschutz zu trennen, und eine Identifizierung, wie sie für Metz, Toul und Verdun, geschah, bedeutete schon eine signifikante Verschiebung der Gegebenheiten (ebd. S.6-10, 360-389, 506, 531f). 9 William A. Coupe, The German Illustrated Broadsheet in the 17th century. Bd. 1-2, Baden-Baden 1966-67, hier: Bd. 1, S.65-91, bes. S. 84,88. 10 Eine derartige Vermutung von Rudolf Wolkan (Politische Karrikaturen aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. In: ZfBücherfreunde 2 ,[1898/99] , S.457-468) ist von der Forschung nicht bestätigt worden. 11 Grundlegend ist Coupe (Anm. 9).Das Forschungsgebiet hat in den USA eine eigene Tradition: Elmer A.

Stein, Richelieu unter den Komödianten

12

13

14

15

287

Beller, Propaganda in Germany during the ThirtyYears War. Princeton 1940. - Renate V. Shaw, Broadsides of the Thirty Years War. In: The Quarterly Journal of the Library of Congress 32 (1975) S.2-24· - Elisabeth Lang, Das illustrierte Flugblatt des Dreißigjährigen Krieges. Ein Gradmesser für die Verbreitung der Opitzschen Versreform. In: Daphnis 9 (1980) S.65-87, 670-675In jüngster Zeit ist die Flugblattliteratur Gegenstand der deutschen germanistischen Barock-Forschung geworden, wovon außer den in Anm. 2 genannten Inventaren auch eine breite Aufsatzliteratur zeugt: Andreas Wang, Information und Deutung in illustrierten Flugblättern des Dreißigjährigen Krieges. Zum Gebrauchswert einiger Blätter des Themas "Sächsisch Confect" aus den Jahren 1631 und 1632. In: Euphorion 70 (1976) S.97-116. - Ders., Illustrierte Flugblätter im 17.Jahrhundert. In: Philobiblion 21 (1977) S.184-210. - Michael Schilling, Allegorie und Satire auf illustrierten Flugblättern des Barocks. In: Formen und Funktion der Allegorie. Symposion Wolfenbüttel 1978, hg. v. W. Haug. Stuttgart 1979, S.405-418. Neuere Beiträge von historischer Seite sind mir nicht bekanntgeworden. "Abriss Der Statt Rochelle sampt ihren newen Fortificationen Neben ebenmassiger entwerffung der Belagerung": Drugulin (Anm. 2) Nr. 1713· - Anna d'Austria, Königin von Frankreich, auf dem Thron (mit vielen beigestochenen Inschriften): Ebd. Nr. 2208. Beide Stücke sind nur Bilddarstellungen ohne den für die Gattung eigentlich obligatorischen Begleittext und stehen so am Rande. "Von der alten loblichen Verein zwischen Cron Franckreich vnd den Herren Eydtgenossen" (mit zweispaltigem Gedicht: Ist das nicht ... vngluck wehren) H.H. Glaser fee.: Ebd. Nr. 1668. Das Stück ist von D. auf 1626 datiert, Erneuerungen des französisch-eidgenössischen Bündnisses fanden aber nur l602 und I 6 6 3 statt. Der Ausstellungskatalog: Les Grandes Heures de 1'Amitie Franco-Suisse. Paris (Archives de France) 1967, kennt das Stück nicht. "Newes KonigFest" 1621: Harms (Anm. 2) Bd. 2 Nr. 184: "Bey zeit muß ich Thür zusperren / Mit raub sich die Calviner nehren / Vnd halten weder drew noch glauben / Sie dorfften mir mein Cron auch rauben" . "Groß Europisch Kriegs-Balet, getanzt durch die Konige vnd Potentaten^ Fürsten vnd Respublicken auff dem Saal der betrübten Christenheit": Wäscher (Anm. 2) Nr. 48. Das Stück ist nach 1643 zu

288

16

17 18 19

20 21 22

23

24 25 26 27 28 29

Stein, Richelieu unter den Komödianten

datieren, da der junge Ludwig XIV. als "Meister im Balet" vorgestellt wird: "Bin ich gleich jung an Jahren / Spanien wird mein Macht erfahren". "Augspurgischer Frieden-Wagen" 1649 ϊ Harms (Anm. 2) Bd. 2 Nr. 321. - "Danck-Gebet für den so lang gewünschten ... Frieden": Drugulin (Anm. 2) Nr. 2274* "Allegorie auf den Friedensschluß": Ebd. Nr. 2266. "Zustand der Christlichen Kirchen Anno 1630": Harms (Anm. 2) Bd. 2 Nr. 217; "Schwedische Rettung der Christlichen Kirchen": Ebd. Bd. 2 Nr. 218. Herbert Langer, Kulturgeschichte des Dreißigjährigen Krieges. Gütersloh 1982, S. 251. Die auf beiden Blättern identische Bildunterschrift kommentiert: "Ein See-Hahn auff dem Mast ein Beutel wol verwachte", auf e dem zweiten Blatt erscheint dazu die Auflösung: "Hanse". " Deß romischen Reichs Grosse Welt Uhr" (um 1630): Harms (Anm. 2) Bd. 2 Nr. 219. "Lutherisch vnd Calvinisch Jungstgehaltener Rathschlag" (1631): Ebd. Bd. 2 Nr. 224, vgl. ibid. Nr. 225. "Die Hilff ihr da thut begehren / An vns, mochten wir euch gewehren, / Woferr, was dabey zu suchen wer, / So nutzet zu vnserem Reich alher. / Wan wir aber soltn vil spendiern / Vnd gwarten darbey zu verliern, / Das were fur vns gar nit fein, / Darumb wolln wir versichert sein". "Zu erhaltung vnser Religion wahr / Setzen wir Leib, Bluet, Gelt vnd Guet dar. / Wir wollen halten, was furgenommen, / Vnd wann der Kayser schon thut kommen, / So thun wir ihm doch widerstand / Vnd bringen den Frantzosen ins Land, / Derselbig thut vns wol beystohn, / Vermeint die statt zu bringen daruon". Stein (Anm. 8) S. 10 5f. "Ein Newes Lied Von dem Leipzigischen Schluß" 1631: Harms (Anm. 2) Bd. 2 Nr. 226. Zur lothringischen Elsaßpolitik vgl. Stein (Anm. 8) S.164-175, 178-181. "Kurtzweilige Comedie allen Lustsüchtigen Esauiter zum wohlgefalln gehaltn" (1632): Harms (Anm. 2) Bd. 2 Nr. 296, vgl. Anm. 45· "Emblematische Furbildung vnd Beschreibung Der nochmals confoederirten Protestirenden Konige" 1633: Ebd. Bd. 2 Nr. 302. "Vlmer Weklag Vnd Augspurgische Warnung. Dialogue oder Gesprach zwischen Vlm, Augspurg vnd Konig in Franckreich" (1035): Coupe (Anm. 9) Nr. 338 (BN Paris), nicht publiziert.

Stein, Richelieu unter den Komödianten

289

30 Wolfgang Zorn, Augsburg, Geschichte einer deutschen Stadt. Augsburg 1979, S.215-220. 31 Gerd Zillhardt, Der Dreißigjährige Krieg in zeitgenössischer Darstellung. Hans Heberies "Zeytregister" I6l8-l672. Ulm 1975, S.25-28. - Emil von Loeffler, Geschichte der Festung Ulm. Ulm 1881, S. 192-201. 32 Leonhard Lenk, Augsburger Bürgertum im Späthumanismus und Frühbarock 1580-1700. Augsburg 1968. S.65-75. - Welt im Umbruch. Augsburg zwischen Renaissance und Barock. (Ausstellungskatalog) Bd. 1-3· Augsburg 1980, Bd. 1 S.392-420. 33 Datum post quem 14. III. / VI. 1635, Datum ante quem 27- VII. / IX. 1635. 34 "Gebele hat gmacht den Augspurgischen Adbonisedec", V. 91. Göbel (1585-1643) stammte aus einer württembergischen Beamtenfamilie und war 1616-29 und 1632-35 Pfarrer in St. Anna und Senior in Augsburg. Bei der Durchführung des Restitutionsediktes vertrieben, war er 1630-32 Hofprediger und Superintendent in der unteren Markgrafschaft Baden-Durlach. Nach seiner Amtsenthebung 1635 konnte er privat in Augsburg bleiben. - Hans Wiedemann, Augsburger Pfarrerbuch. Nürnberg 1962, S~ l6f. Die zitierte Stelle spielt an auf Göbels Schrift: Avgspvrgischer Adonibeseck. Das ist grundtlicher vnd außfuhrlicher Discurs de lege talionis oder von dem Recht gleicher Vergeltung. Augspurg 1633· Damit wird Göbels Argument, daß in Augsburg in der Schwedenzeit den Katholiken nur Gleiches mit Gleichem vergolten wurde, ihm selbst wiederum zurückgegeben. Mit der Verschiebung des biblischen Bezugspunktes von Adonibeseck (Richter 1,7) zu der Parallelstelle Adonisedec (Josua 10, 1-5) ist aber noch eine subtile theologische Polemik verbunden, indem nun auf den typologischen Zusammenhang der Einnahme Jerusalems durch Josua mit der Einnahme Augsburgs durch die kaiserlichen oder genauer bayrischen Truppen und weiter mit der Errichtung des himmlischen Jerusalems angespielt wird. Das verleiht der Kapitulation von Augsburg eine heilsgeschichtliche Notwendigkeit und läßt Göbel als Präfiguration des Antichrist erscheinen. Noch der scheinbar harmlose Druckfehler Adbonisedec erhält in diesem Zusammenhang eine Bedeutung, denn man darf darin wohl eine metathetische Anspielung auf Abaddon, das alttestamentalische Wort für die Unterwelt, sehen. - Für Hilfe bei der Klärung der theologischen Zusammenhänge bin ich Dr. Ulrich Of-

290

35 36 37

38

39 40 41 42

43

44

45

Stein, Richelieu unter den Komödianten

ferhaus, Koblenz, zu Dank verpflichtet. Stein (Anm.8) S. 341. Johannes Kretzschmar, Der Heilbronner Bund 1632-35. Bd. 1-3. Lübeck 1922. Bd. 3 S.65, 76. "Frantzosische Wahrsagung. Dialogue zwischen dem Konig in Franckreich, Cardinal Richelieu vnd deß Königs Schalcksnarren Jan Potagie" (1635): Coupe (Anm. 9) Nr. 203 (Herzog Anton Ulrich Museum Braunschweig), nicht publiziert. Jonathan I. Israel, The Dutch Republic and the Hispanic World I6O6-6I. Oxford 1982, S. 253· Die Festung war 1586 von dem rheinischen Landsknechtführer von Nideggen in staatischem Auftrag errichtet worden und wurde schon bald nach ihrem Erbauer benannt, vgl. Heike Preuß, Martin Schenck von Niedeggen und der Truchsessische Krieg. In: RheinVjbll. 49 (1985) S.117-138, bes. S.127· Israel (Anm. 38) S.255. Ebd. S.264f. Breve y verdadera relacion de como por parte de su Magestad Catolica ... se gano el Fuerte llamado de Eschenk. Sevilla 1635, zit. ebd. S.253. "Het Vorstlijk Raffel-spel om Schencken-Schants / Le Rauel des Princes pour le Fort de Schencks" (1636): Harms (Anm. 2) Bd. 2 Nr. 309- Das Blatt zeigt ein Würfelspiel zwischen dem Kardinalinfanten mit dem Erzbischof von Mainz, dem Papst, dem Erzbischof von Köln, dem König von Spanien und dem Kaiser einerseits und andererseits Friedrich Heinrich von Oranien mit dem König von Frankreich und Richelieu; auf dem Tisch, um den die Gruppe sitzt und steht, ist der Grundriß der Schenkenschanze aufgezeichnet (vierspaltiger Text von 260 Versen). Datum post quem 26.VII. / 17.-20. VIII. 1635, Datum ante quem 30. IV. 1636. Coupe (Anm. 9) Bd. 1 S. 84 datiert das Blatt ohne Angabe von Gründen auf I64O. Walter Hinck, Das deutsche Lustspiel des 17· und 18.Jahrhunderts und die italienische Komödie. Stuttgart 1965, bes. S.80-86. - Das Schauspiel der Wanderbühne, hg. v. Willi Flemming. Leipzig 1931. "Kurtzweilige Comedia allen Lustsuchtigen Esauitern zum wohlgefalln gehaltn" ( 1632): Harms (Anm. 2) Bd. 2 Nr. 296. Darstellung des Einfalls von Gustav Adolf nach Bayern als Theater, wo ein gekrönter Löwe einen Bären, dessen Schwert, Reichsapfel und Kurhut bereits auf dem Boden liegen, zieht. Diese Tierkomödie wird den Jesuiten vorgeführt, denen die lustige Person (Affe) Brillen für

Stein, Richelieu unter den Komödianten

46

47 48

49 50 51

52

53

54

291

die richtige Perspektive verkauft; vgl. Anm. 27· "Newe Jahr Avisen In Jehan petagi Kramladen" (1631): Harms (Anm. 2) Bd. 2 Nr. 164· Verspottung des Zeitungsgewerbes ohne mehr als äußerliche Umsetzung der Zeitungsredaktion in ein Theater. Karl Goedeke, Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen. Bd. 2, Dresden 1886, S. 543. "Englischer Bickelhering, jetzo vornehmer Eysenhandler, mit Axt, Beyl, Barten gen Präge jubilierende" (1621): Bohatcova (Anm. 2) Nr. 32. Ein englischer Kaufmann trägt Beile etc. nach Prag, um sie dort den Calvinisten für £ die Kirchenschändüngen zu verkaufen. - "Engellandischer Pickelharing, welcher jetzvnd als ein vornehmer Handler vnd Jubilirer mit allerlei Judenspießen nach Frankfurt in die Meß zeucht": Scheible (Anm. 2) Nr. 22. Fortführung des Motivs, was für den Erfolg des ersten Blattes spricht, auch wenn der Verleger glaubte, mit antijüdischem Affekt etwas nachhelfen zu müssen. Goedecke (Anm. 47) Bd. 2, S.544. Vgl. Anm. 46. Wunfried Alman (!), Jean Petage. Oder Frantzosischer Brillenreisser. Das ist heut zu Tage verübte Frantzosische Kriegs-Actiones in Teutschland, wo solche hinaus sehen, vnd wie sie in kunfften ablauffen mochten, durch ein hell Brillenglaß gezeuget vnd gewiesen, ο. 0. 1641. - Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt. Diese auch aufgrund anderer Zusammenhänge von Lang (Anm. 11) beobachtete Aktualität der Flugblätter relativiert die von Coupe (Anm. 9) betonten traditionellen Elemente, so daß das Flugblatt des 17-Jahrhunderts nicht mehr einfach als gesunkenes Kulturgut bezeichnet werden kann. "Augspurgisch Prouiant Hauß. Darinnen zuersehen, was jhr Auffenthalt vnd Nahrung ist" (1635): Lenk (Anm. 31) S.72f.; Welt im Umbruch (Anm. 31) Bd. 1 S.407. Vgl. Anm. 48.

David J. Sturdy

Images of France and Germany: The Accounts of English Travellers in the Seventeenth Century

I. Travel and Travellers During the Renaissance a special significance was attached to travel· It was seen as a source of empirical knowledge capable of extending mankind's mental horizon*. No less a figure than Paracelsus depicted travel as a stimulus to learning which was superior to anything supplied by books: "The knowledge from

the

greater

world,

not

from

man

of man

comes 2 himself" ; or

again, "He who wishes to explore Nature must tread her books with his feet. Writing is learnt Nature,

however, by travelling

from

from

land

letters, 3 to land" .

'Travel as education' : here is the clue to much temporary

thought

on

the

subject^.

From

the

1600s the habit grew among noble and gentle

conearly

families

of England of sending their sons on European tours; by the second half of the century the practice formalised

into

the

'Grand

Tour'.

benefits provided the philosophical

Its

had been

educational

justification

the tour^. Thus, when Thomas Penson visited tinent in the 1680s he considered that, tifieth

the

for con-

"nothing rec-

and confirmeth more the judgement

of

a

dis-

creet gentleman in the affairs of the world, teacheth him knowledge of himself

and

settleth

his

affections

more sure to his own country than travelling

doth"^.

Ellis Veryard who travelled widely in the late seventeenth

century

composed

a preface to his

account

of

294

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

his expeditions in which he urged strongly the educational rewards of visiting foreign lands. He concludes the preface thus: "To deal plainly, I take travelling to conduce much more towards what we call cation' , than all the other helps we

'good edu-

could

possible

7 find at home" . By the beginning of the seventeenth

century

English travellers had developed coherent ideasg on the most effective way of organising visits abroad . They find no more lucid exposition than in Francis Bacon's famous essay Of Travel which he wrote in the first de-, cade of the century. The essay opens in typically epigrammatic part

of

style:

"Travel

education;

in

in the

the

younger

elder,

a

sort,

part

of

is a expe-

rience". A young man abroad should be accompanied by a tutor and should develop an elementary

competence

in

relevant languages. He should keep a journal. And what should he record? The things to be seen and observed

are: the

courts of princes, specially when they give audiences to ambassadors; the courts of justice, while they sit and hear causes, and so of consisteries ecclesiastic; the churches and monasteries, with the monuments which are therein extant; the

walls

and

fortifications

of

cities and towns, and so the havens and harbours; antiquities

and

ruins;

libraries,

colleges,

disputa-

tions, and lectures, where any are; shipping and navies; houses and gardens of state and pleasure, near great cities; armories, arsenals;

magazines;

ges; burses; wharehouses; exercises

of

exchan-

horsemanship,

fencing, training of soldiers, and the like; comedies, such whereunto the better sort of persons do resort; treasuries of jewels and robes; cabinets and rarities; and, to conclude, whatsoever is memorable in the pla-

295

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

ces where they go. In addition the traveller should keep on the move,

not

tarrying

too

long

in

any

one

place.

He

should mix with the local populace and stay away from his own countrymen. He should visit persons

of

nence, avoid quarrels, and after his return

emi-

home re-

main in correspondence with people he met abroad. Bacon

had

a

profound

influence

on

English

thought and practice regarding travel; the young traveller as he is described in the essay was to become a familiar figure. And so when the Marquis of Worcester went to France in 1673 he was accompanied by a goverg nor, a tutor, a valet and a footman . With him went Frederick Howard, son of the Earl of Carlisle, also in the care of a tutor. The two travellers months in Blois where music,

drawing,

they

studied

weaponry'".

Again,

spent

French the

three

language,

case

can

be

quoted of Sir Philip Perceval who spent the winter of 1676 to 1677 at Angers where his studies were supervised by his tutor John Gailhard. Masters were to teach social for the

lessons

skills to Sir P h i l i p " ; were:

for

the

dancing

the

charges

and

fencing

masters 2 ecus a month if the student attended academies

or

3 ecus

if they

lodgings; the guitar teacher ceived

2 ecus,

although

the

came

to

hired

the

their

student's

and language master latter

was

paid

re-

double

when he occasionally gave tuition in geography; the teacher of musical theory and the flute was paid 3 ecus a month 12 . By the end of February 1677 Gailhard considered that Sir Philip was proficient in horesmanship, musicianship, and was a fine swordsman and ten13 nis player . Another example is Richard Jones who travelled in France and Germany from 1657 to 1660; his tutor

was

Henry

Oldenburg,

later

secretary

to

the

296

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

Royal Society. In a letter of 22 August 1657 Oldenburg explained to Jones's mother, Lady Ranelagh, the course of

her

son's

education*^.

Each

morning

and

evening

Jones concentrated on academic subjects such as Latin, Greek,

history,

philosophy;

in

the

afternoons

worked on, "measuring, fortification,

dialling,

he per-

spective" . Oldenburg was preparing for a short tour of Anjou to be followed by a course of lessons in swordsmanship . The Baconian proposition that

the

traveller

should keep a journal also finds illustration. Moreover, it is evident that their authors did not record observations at random, but sought to develop a certain method by concentrating on selected themes or topics*"*. Some travellers even took with them

prelimi-

nary notes on how to keep a diary, or what

to

look

for. When Samuel Pepys went to France in 1669 he carried, 'Directions for improving a short visit to Paris' which had been composed for him by John Evelyn*^. The document lists the most important buildings in and around Paris and suggests visits which Pepys ought to make. The Northamptonshire gentleman Sir Thomas Isham kept a list of twenty-four instructions for travel in 17 his journal . They indicate the principal topographical details which should be noted, suggest how to analyse institutions of government, the church and education,

and

give

hints

on

how

to

behave

foreigners. Yet another traveller, who simply himself

'W.D.' kept a document

entitled,

towards signed

'Short

in-

structions for your better informing in any state or of any prince or country it shall be necessary for you to consider' 18 . It gives copious advice on three main themes:

the

country,

the

people,

the

Pepys, Isham, W.D. and others who could

government. be quoted 19

297

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

indicate the intention of the more serious travellers to

base

their

observations

on

clearly

established

principles; to put into effect the Baconian notion of the acquisition of knowledge. During

the

seventeenth

century

the

custom

grew of publishing accounts of travels, or of voyages and expeditions.

By the

eighteenth

century

works

of

this type were rivalling novels in their appeal to the 20 literate public . Travel literature produced two general consequences. First, it helped to shape the expectations

of

travellers

themselves

who

could

read narratives of earlier visitors to the

have

countries

where they were going. Thus, when Philip Skippon went to the continent in 1663 he was already familiar with, 21 and carried a copy of, Thomas Coryate's travels Travel acquired

a new

purpose:

as well

as being

an

exercise to collect information in the Baconian sense, it became also the occasion to test hypotheses on the nature

of

foreign

literature.

societies

Second,

as

published

advanced accounts

by of

travel travels

helped to form the concepts and images which Englishmen held of other parts of Europe and the world. Most readers

of

these

books

had

not

travelled

abroad;

travel literature served to construct the ideas which English men and women had about societies abroad. II. France and Germany English visitors did not go to France in large numbers until the 1620s; before that they had been deterred by the Wars of Religion and the social instability of the early 1600s. Again, the marriage of Charles I to Henriette Marie

encouraged

a Francophile

climate

among

the English social elites, who now went to that country

in

increasing

numbers.

But

what

is

meant

by

'France' in this context? Most travellers stuck to the

298

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

great river systems; it was the France of the Seine, Loire, Garonne and Rhone which was visited and written about most frequently. Two kinds of journey were popular: the 'petit tour' and the 'grand tour'. The routes associated with these phrases first were described in writing by Alcide de Saint-Maurice, Le Guide Fidelle 22

des Etrangers dans le Voyage de France (Paris 1672) The 'petit tour' began in Paris and took in the Loire as far as Nantes; a more elaborate version took the traveller on to Bordeaux, from where he returned

to

Paris via Limoges. The 'grand tour' also went to Bordeaux; then it proceeded down the Garonne and on to Montpellier from where excursions into Languedoc could be made. The next main base was Aix with visits into Provence. The traveller then

followed

the

Rhone

and

Saone back to Paris. France was reasonable well served with maps, road books and printed guides. Crude 23 road books first appeared in the sixteenth century , but the first *Y A

road map was that

of Melchior

Tavernier

in

1632

.

Thereafter maps were available but generally were of poor quality until the Jaillot family issued a series of large atlases such as the Carte Particuliere des 25 Postes

de

easily,

of· a c o l l e c t i o n

Conducteur

France pour

.

le

Cheaper

maps

Voyage

de

France

Other p o p u l a r

g u i d e s were

Le V o y a g e

bert

du

(nine

and

Saulnier

Verdier

I 6 8 5 ) 2 ^, Le Voyage

rennes

(Paris 27

16 39)

could

like L o u i s C o u l o n ' s ,

and

de Le

de

Guide

by

Le

bought Fidele

(Troyes France

editions

France

be

1654)· by

Gil-

between

1655

Olivier

Fidelle

by

de

Va-

Saint-

Maurice

Like those of France the attractions of Germany were strongly influenced by public affairs. Three periods can be distinguished when English

travellers

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

299

came in greater or lesser numbers.

First, the ending 2g of the wars in the 1555 settlement down to the beginning

of the

Thirty

Years

War

when

English

tra-

vellers were relatively numerous; second, the period of the wars themselves which deterred visitors (nevertheless

the

wars were

followed

closely

in

England,

several published works appearing which discussed the 29 problems of Germany ; the wars also left a valuable eye-witness soldier

account

of

the

campaigns

by

an

English

); third, the decades after 1648 when Germany

again was safe for travel. Just as 'France' in practice meant only certain areas to travellers, so did

'Germany'.

To most

visitors it comprised the Rhineland, parts of Bavaria and towns on the way to Vienna. Central and eastern Germany

were

less

well

known,

although

the

Baltic

coast was familiar to the sea-faring communis y. Some of the most vivid accounts of the Baltic region come from the pen of Peter Mundy who left rich and vivacious descriptions of life 11 in Bremen, coastal towns as far as Danzig .

Lübeck

and

Germany was well supplied with maps but less so with printed guides. From the sixteenth century maps of different parts of the country had been published, the most popular being those of Sebastian 72 Münster

. Every region of Germany had been mapped by

the early 1000s, although many of the charts were of poor quality. The situation improved later in the century when there emerged a school of distinguished cartographers headed by Johann Baptist berg

Homann of Nurem-

. Topographical guides were comparatively

rare.

Among the most popular were J. Wimpheling, Rerum Germanicarum Epitome (Hanover 1 5 9 4 ) and M. Zeiler, Itinerarium

Germaniae

Novantiquae:

Teutsches

Reussbuch

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

300

durch Hoch und Nider Teutschland

(2 pts.,

Strassburg

1632-40). Among the many published travel journals some deserve special recognition for their comprehensivei ness . They include Fynes Moryson, Thomas Coryate and Peter

each of whom travelled extensively in Europe and beyond 35 . Qi hers such as Philip Skippon, John

Mundy,

Ray,

Edward Browne,

John

Northleigh

and

Ellis

Veryard left influential accounts of France and Ger1A

many

.

Present-day

scholars

works by journals unpublished

can

supplement

in the

those

1600s but

sub-

William sequently put into print; the.compositions of 37 Perwich and John Locke come into this category . The cumulative effect of these and other publications was to shape the images of France and Germany which vailed

in the

seventeenth

and

eighteenth

pre-

centuries.

But a striking feature emerges from the pages of books on travel: they concentrate on the towns and cities of France and Germany and have very little to say about rural

life.

This can

be

illustrated

through

a case

study; but a problem of choice presents itself: what kind of town can be taken as

' typical' of France or

Germany? Not Vienna or Paris, for important were, and much as they figure in travel they Paris, from

were for many

scarcely

'typical'

of

instance,

attracted

lengthy

travellers,

while

the

as they

literature,

their

countries. descriptions

most

remarkable ,0 account of all was that by Martin Lister in 1698 . As a physician he was anxious to meet French

scientists

who, in spite of the recent wars, 39 had kept in touch with their colleagues in England . His portrayal of the life of Parisian savants is the fullest in travel literature.

Its

only

rival

is

Locke's

journal;

but

this was not published until 1953 and cannot be taken

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

301

as having shaped English images of France directly^ 0 . If we are to select a 'typical' town to see how it was treated by English travellers we should avoid capital cities

and

turn to

one

of

average

attracted a reasonable number

of

size,

but

travellers.

which A

town

which meets these criteria is Mainz. By examining the way in which English travellers responded to it, there can be conveyed the kinds of images which travellers sought to pass on to their readers. Ill. Mainz The first traveller to record a visit to Mainz in the seventeenth century was Thomas Coryate (1579-1617) who was there in 1608^*. He admired the elongated lay-out of the town, discussed its early history and described its principal buildings. Naturally the cathedral drew his attention, but he was also interested in the functions and attributions of the Archbishop. He praised Mainz as the town which gave printing to the world: "By

this

arte

all

the

liberall

brought to full ripenesse the

university

and

in disparaging

sciences . are

perfection". terms:

"I

He

think

now noted this

university was never great. Surely what it was in former times I know

not,

but

at the

time

of my

being

there it consisted principally of one Colledge, which was that of the Jesuites..." However, his reception at the Jesuit College was cordial: "It was my hap to visit this Colledge, where Nicolaus Serrarius...used me more kindely and familiarly than I think he doth every Protestant that cometh to him". Coryate concludes his survey of Mainz with a list of famous battles

fought

there, a short description of its bridges, and refeA0

rences to notable historical figures

. Coryate's com-

ments on Mainz illustrate the topics which interested him on his travels: the physical appearance of towns,

302

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

their history, institutions and people of importance. Indeed, Coryate's Crudities served as a model for much later travel

literature. It is written in the

person, blends observation and comment, and

first

enlivens

the text by anecdotes. It includes illustrations which present visual images to the reader; for instance, of the clock

tower at Strassburg and the Verona

amphi-

theatre . The second example of English travellers in Mainz is that of two botanists

who were in a group of

scholars. Although they were travelling together they left

separate

( 1627-1705)

accounts

and

of their

Philip

journeys:

Skippon

John

(I64I-I69D.

Ray

Accom-

panied by Francis Willoughby and Nathaniel Bacon, Ray and Skippon went on a botanical tour of Europe which lasted from July

I663

166 3 to

having

1666.

crossed

They from

arrived England

in Mainz in April

in and

having passed through the Spanish Netherlands and the United Provinces. From there they went on to Köln and followed the Rhine to Mainz. Ray's account of

'Mentz'

43

is brief : "Mentz is a large City and well

fortified:

The Builings generally old and but mean, the

Streets

narrow and not well paved, yet are there many

great

Houses of Noblemen scattered up and down. The Princes Palace

is moted

about.

The

present

Prince

or

Arch-

bishops Name is Joannes Philippus a Schaenborn, he was besides Bishop of Wurtzburgh, and a few weeks

since

chosen also Bishop of Worms. The Canons of S. Martin's Church

here,

Noblemen,

who

are

chuse

the

number

24,

all

Barons

Archbishop

in

out

of

their

or own

number; and when any one of themselves dies or is removed,

a Canon

Domicillares.

[moves]

The

Arms

into of

his

the

rooms

out

Archbishoprick

of

the is

a

303

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

Wheel, derived

from the first Archbishop, who

was a

Wheelwrights Son, his name Willigesus, a Saxon: He was wont to say Willigese, Willigese, recognita unde Veneris. Jews are allowed in this City. Here is a Bridge of Boats over the Rhene." Philip Skippon writes at somewhat greater length^: "The city hath a praetor or stadtholder, two quaestors: the

first of them is called rentmaster; -

[sic] senators. The archbishop or elector of Mentz, is chosen by twenty-four canons of S. Martin's, themselves...

out

The buildings of the city are

indifferent...

Several

great

houses

here. The prince's house is a fair

of

of

old

and

noblemen

are

building,

moated

about... About the city is a strong wall and many well fortify'd

works.

Anno

1661

a handsome

new gate

was

built, and the wall eastwards newly repair'd... Within one

of

the

forts

stands

the

ruin

of

an

tower, said to be Drusus his monument,

old

stone

and called by

the Germans, Aglesteine. Two towers here; one built by the master, the other by the servant: goes that

in

their

competition

who

and the story

should

make

the

best building, the servant stole the corner stone from his master's

tower,

which

awry,

though

it

better

which

stands

strait.

Lady's

church

be is

a

Jews

is

the

work are

square

reason

than

it

the

tolerated

building,

stands

servant's here.

Our

having

many

chiming be]Is in one of its steeples. We were informed there are an hundred cloisters

in Mentz. The Jesuits

college is handsome; where are nine several some

of

them

university,

very

besides

fair... the

Here

Jesuits

is

schools,

a

college.

publick Saint

Martin's church is a handsome building: the west end is roundish..." · Skippon concludes his remarks with a description

of

304

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

the statues and monuments in the cathedral, and with an account of a religious procession which he observed on 12 July. The 1708),

final

Fellow

of

author

the

is

Royal

Edward

Society

Browne

and

(1044-

son

of

the

great Sir Thomas Browne who wrote, among others, the Religio Medici. He had been to France between 1663 and I664 in connection with his medical studies^"*; he went to Germany in 1668, the year after his election to the 46 Royal Society. On Mainz he wrote : "Mentz,

Moguntia,

Moguntiacum,

and

by

the

French Mayence, is seated over against the confluence of the River Main, with the Rhine... It is a strong place, and well guarded; it hath many Churches and Monasteries, and some fair Buildings, especially

those

of publick concern, as the Palace of the Elector, and others: But the narrowness of the Streets, old

Houses,

take

away much

from

the

and

beauty

many

of

the

City. It is an University, begun about the year i486, or as others will have it 1461. This place also challengeth

the

Invention

of

Printing,

or

at

least

the

first promotion or perfection thereof: And the Territory about it is famous for the destruction of the Roman

legions

under

Varus,

by

the

Germans.

Gustavus

Adolphus, King of Sweden, was wonderfully pleased upon the

taking

of

this City,

16 31 > entring

into

it

in

State upon the 14th of December, it being his Birthday... and kept his Court and Christmas here;... The King caused also two

great

bridges

to be made,

one

over the Main... Another over the Rhine... The Bridge over the Main is taken away; but that over

the Rhine

is still continued: Upon which I saw the present Elector passing in his Coach; a Person of great Gravitiy, of a middle Stature, having long grey Hair, and was

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

305

very Princely attended; his name Joannes Philippus of the noble family of Schoenberg, Elector and Archbishop of Mentz, Bishop of Wurtzburg, ahd Bishop Arch-Chancellor

of

the

Empire

for

all

of

Worms,

Germany;

first of the Electoral Colledge; in all publick

the Con-

ventions he sits at the right hand of the Emperour... But

though

his

Dignity

and

Place

excelleth

the

two

other Ecclesiastical Electors of Colen and Triers, yet his Territories come short; and they lye not together, but scatteringly with those of the Palatinate, Spier, Franckfort, and divers places in Franconia..•" Such

is

the

way

in

which

this

Rhineland

town

is

treated by the four English visitors in question. The subject-matter of the passages is typical of towns of this size. The general physical appearance of Mainz is assessed,

the

most

imposing

buildings

are

described

(the cathedral in particular), the university is mentioned. Other topics are treated: the functions of the Archbishop-Elector

(with

a

fascinating

eye-witness

account of the Archbishop by Browne), the government of the town, and the presence of Jews there. Ray and Skippon, who visited Mainz together, use very similar wording in their respective accounts. None of the travellers writes on the economy of the town and its region; none hazards a guess at the size of its population. Mainz thus emerges patchily

rather than com-

prehensively in English travel literature. In this too it is typical of the portrayal of French and German towns by travellers who were highly selective in what they chose to record. The literary

style employed by

Coryate, Skippon and the others is cl ear and straightforward; the information contained

in these

passages

is conveyed dispassionately and in a spirit of objective inquiry. The best travel

literature was of this

306

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

type; but it will emerge that English travellers did not always remain faithful to the principle of detachment . IV. The Interpretation of the Images When Peter Mundy visited Danzig in 1641 the customary

information

he

on the physical

recorded

appearance

of the town, but he also attempted to learn something of social customs there. He made notes on the religious affiliations of the citizens; he studied the various methods used to punish convicted criminals; he listed

the most

popular

recreations

enjoyed

by

the

townspeople (sledging in winter, riding, shooting with guns

and

crossbows,

fencing,

bear-baiting);

he

re-

marked on the splendid public feasts which were held in the Junkerhof, "where is lusty Chear, good wyne and beere, musicke of various sort, as Organs etts., other wind instruments, violls and voices: all with Civill Mirth"; in summer time groups of English comic actors came to Danzig and put on plays in G e r m a n ^ .

Mundy's

desire to make his journal more than a description of buildings by depicting the customs and manners of the peoples he encountered

introduces another

English travel

literature: the

understand

nature

the

of

attempt

foreign

feature of

to

study

societies.

At

and one

level this could mean, as in the case of Mundy, the composition of passages on social customs, traditions, popular occupations and pastimes. English

travel

li-

terature contains many examples of this type. But some travellers did not restrict their preoccupation

with

social

they

custom

to

straightforward

observation:

sought to interpret their observations and to advance hypotheses character

regarding of

the

the

French

regional and

the

or

even

Germans.

national Such

tra-

vellers did not leave the reader to form his own con-

307

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

elusions about the French and Germans, or allow him to create his own mental images

of

stead

own

they

French

and

journals

presented German

society,

convey

to

their

to

those

thus

the

societies:

in-

interpretations using

reader

a

their

fully

of

travel

developed

image. In the case of France almost all of the general images thus created were unflattering and even hostile to the

French.

English

travellers,

the second half of the seventeenth latively

little to admire in

in French civilisation. late

seventeenth

and

The

the

especially century,

French

eighteenth

their mark on the sense of judgement travellers,

who

proved

incapable

of

found

wars some

remaining

tive about the France of Louis XIV.

of

century

of

re-

character

Anglo-French

early

during

It was

or the

left

English objec-

otherwise

with Germany. Travellers displayed a cooler, more restrained attitude to Germany than to France. As a result they produced a travel literature more mature outlook

and more sophisticated

in interpretation

in

than

often was the case as regards France. One

traveller

who

reflected

on

the

French

character was Ellis Veryard. He considered the French, "very curious, confident, inquisitive, credulous, cetious,

rather

witty

than

wise,

eternal

fa-

babblers;

and, in a word, they are at all times what an EnglishΛÄ man is when he's half drunk" . Similar views were expressed by the author J.S.

Although

he conceded

that

the French were a people of talent, good conversationalists

and

courteous

towards

ladies

and

foreigners,

they were also "very unconstant, and very rash" Richard Newdigate who visited

France

in

1699

. Sir praised

the generosity of the French as hosts, but he lamented "their superstition, nastiness, sabbath-breaking

(even

acting

supineness,

plays,

swearing,

carting,

buying

308

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

and selling on Sundays)""*®. Even Philip Skippon, normally

a dispassionate commentator,

found

it

hard

to

disguise his dislike of the French character. On first acquaintance the French were extremely civil and even familiar, asking personal questions; yet soon wards they would "strangely

after-

ignore the newcomer. He found

impatient

at

all

games,

cards, which transports some that

them

especially

lose into

a

at

rage,

and they make a dreadful noise, with blaspheming, cursing, and swearing in a horrid manner"^'•

The

anony-

mous work A View of Paris and Places Adjoining (London 1701) corroborated those witnesses who said

that the

manners of the French were admirable, but it condemned their foppery: "men... comb their hair and

periwigs,

go with open breast, walk with their hats under their arms, sing and flutter about in the streets and public places", while the women were "always adjusting their commodes with pocket

looking glasses in their

hands; C2 nay, some of them laying on red before everybody" . The most extreme case of a criticism which verged on francophobia

is that

of· Joseph

lawyer and Whig associate

Shaw

(1671-1733)»

of Anthony

Ashley

a

Cooper,

Earl of Shaftesbury. He visited France in 1700, and in the record of his journey

(published

in the form of

letters to Shaftesbury) allowed his Wiggish prejudices cτ full play as he analysed the French character . He was revolted by the common people, who "are many times as clownish

and uncivil as any whatsoever".

turned

to

words,

grimaces

"the

gentry", and

who

show"

"want

and

Then

penetration,

"ought

never

to

he in be

trusted; for there is a general lie in the mouth of the whole nation, and no such found amongst tion :

thing

as

truth

to

be

them". As regards the French as a na-

309

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

"none have more wit or better expression in conversation about trifles; but in things that require deep

thought

frothy

for

cunning

or

design,

that.

Hence

than

wise,

and

the it

men is

have

ar

that

much

too

light

they

are

more

craft

than

more

and

sense, and sharpness than honesty. I never saw such a viciousness among men, such want of faith, and such a general corruption of manners." Not

only

were

they

deceitful;

they

displayed

inor-

dinate vanity: "their blind side is vanity;... they are ridiculously fond of titles, and the meanest

tradesman

in Paris will tell you he is the king's artificer and tradesman, and an officer of the court;... this humour sets them upon bragging of themselves, their families, estates, king and country, in such fulsome and prodigious terms as is nauseous to all strangers of common sense. " From passages such as these there emerged a Frenchman who was fashionably dressed, a garrulous but superficial

conversationalist,

a

poor

sportsman,

a

braggart and a cheat. The country may have been beautiful, the towns and cities fine

(especially

Paris),

but as a nation the French could not be commended as a model which English society ought to follow. Those English travellers who went to Germany normally habitants

avoided of

the

crude attempts country.

to

'typify'

The mosaic-like

the

in-

political

map of Germany emphasised regionalism and discouraged simplistic notions of a 'German character'. Nevertheless, that most astute observer Fynes Moryson did devote a section of his journal

to popular notions of

the 'typical' German and 'typical' Frenchman. The passage reads like a collection of proverbs: to overcome

310

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

grief Frenchmen

sing and

Germans

drink;

Germans

woo

their lovers like lions, Frenchmen like stinging bees; Germans contrive1 to look

fierce,

Frenchmen

adopt

an

air of flattery; the German language is manly, French is

sweet

and

foreigners

fluent;

Germans

are

(Moryson expresses his

inhospitable

personal

to

disagree-

ment with this), the French welcoming; Germans are imperious and quarrelsome in conversation

(Moryson adds

that in his experience they were peaceful enough, provided they remained sober!), the French mild; and so on'^. Moryson also reported German sayings about their own people: "The Germans say, that Suevia whores, fering

Franconia theeves,

robbers

and

Helvetia

beggars,

hangmen

and

alone hath

Bavaria

Baudes,

pil-

Frisia

and Westphalia perjured persons, and Saxony drunkards, more

than

enough

to

serve

all

long

and

broad

Ger-

m a n y " ^ . His remarks on the drinking habits of Germans were borne out by personal that

in all

his many

and

experience. far-flung

never seen beer and wine consumed quantities as in Germany: the faculty of drinking,

He

travels

in such

"practising

he

had

prodigious

night

[Germans ] become

invincible professors therein"

confessed

and

day

strong and

But even among the

Germans themselves the Saxons were acknowledged to be the

elite.

Each

evening

the

streets

of

Saxon 57 were filled with drunkards staggering home :

towns

"In Saxony, when the gates of the Cities are to be shut, while

they

that

dwell

in

the

subburbs,

passing out, doe reel from one side of the streete to the other, as if it were too narrow for them to walke in, while they they

by

stumble

stradling

with

and

fall

their

in

the

legges

as

durt, if

while a

Cart

should pass betweene them, doe for the most part beare up

themselves

from

falling,

yet

jostle

every

post,

311

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

pillar, and passenger by the way, while

the gates

of

the City seeme not wide enough for them to passe, except the wals also were pulled down." Moryson many

condition

Ger-

seven-

images war.

of

He

Thirty

a

Years

society

paid

warm

beginning

of

after-

the

at the

the

of the

of

the Germans

on

teenth century; Edward Browne was there in the math

and

commented

War

and

recovering

tribute

to

left

from

the

a

the

powers

series

of

effects

of

of

revival

displayed by Germans as they repaired the destructions caused by thirty years of armed conflict.

It was

not

just a matter of the physical restoration of cities or of the

economy,

'moral'

important

dimension,

an

as

they

were.

'intellectual'

There

was a

dimension

to be

recognised as the cultural life of the nation revived. Browne

was

impressed

by

sities which he visited

the

quality

of

dorf. As a physician he was interested cal collection which

he

the

univer-

at Mainz, Heidelberg and Altinspected

in the botani-

at Altdorf

Univer-

sity* 8 : "The stocked Dr.

with

Hoffman

Physick

Plants, the

Garden

to the

Botanick

is

handsome, of

number

and

two

Anatomick

and

well

thousand.

Professour,

shew'd me many of the most rare of them; and presented me with divers. The Anatomy School

is not

the only one in those parts of Germany... seyl, Professour of Law and

History,

large; Dr.

brother

yet

Wagento

Cap-

tain Wagenseyl, who travelled with me from Heidelberg, invited us to Library,

and

lodge all

his

at

his

House,

Rarities

and

and

shew'd

Coyns,

me

his

whereof

he

hath a good Collection, having lived in most places of Europe, and speaks many Languages well; he gave me a piece of the first mony that was coined in Germany." The

universities

of

Mainz,

Heidelberg

and

Altdorf

312

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

were, in Browne's opinion, more lively intellectually than the university in Vienna. Of Vienna University he wrote: "They follow here the old beaten way of knowledge: and I met with few who had any good insight in 59

new Philosophy"

. Elsewhere in Germany, and as a con-

trast with Vienna, he encountered signs of a reviving intellectual life. He was especially impressed by the interest shown by groups of scholars and by gifted individuals, in the Royal Society of London and

in the

1

'new philosophy . The professors at Altdorf University quizzed him about the Royal Society; at Leipzig he met a Herr von Adlershelme,

"a Person of great Curiosity,

[who] was very inquisitive after the same Society"^®. In Nürnberg he met one of the city magistrates who had imported a telescope from London; he invited Browne to his home to receive advice from the Englishman on how best to use the instrument^'. Browne was profoundly

impressed

by

Germany

and the Germans, and he concluded his journal with a 62

glowing acknowledgement of their achievements

:

"Now having made so long a walk in Germany, I must confess I returned with a better opinion of the Country, than I had before of it; and cannot but think it very considerable

in many things... France

having

the Sea upon the North, the West, and two large Provinces of Languedoc,

and

Province

ranean Sea, hath the opportunity Seaports:

But

some

doubt

may

thereof do exceed Hamberg,

upon

the

Mediter-

of Noble Cities and

be

Lübeck

made, and

whether

any

Dantzick.

The

great number of populous, large, and handsome

Cities

doth afford great content unto a Traveller in Germany; for

besides

about

Sixty

six

free

Imperial

Cities,

there are many more of good note belonging to particular Princes, and divers highly

privilieged...

Every-

313

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

where we

meet

with

great

and

populous

Towns,

Vil-

lages, Castles, Seats of Nobility, Planes, Forests and pleasant easie,

Woods... they

Conversation

behaving

with

themselves

the

People

without

much

is For-

mality, and are plain-dealing and trusty... The Women are generally well-complexioned, sober, and grave, and they have not yet learned the custome of their

Neigh-

bours of France and Holland, to admit of being saluted by Men: faithful to their Husbands, and careful in the affairs of their Houses... Germany men,

and

the mighty

last

German

wars,

destruction

and

by

is a great Hive of of

men

the Plague

that it is scarce discernible.

They

made

is so are

by

the

repaired,

fruitful

and

full of Children: They are not exhausted by Sea Colonies sent forth, or by peopling American This

last

comment

by

Browne

nies" and the "peopling" of America more than one respect. It overseas

colonisation;

assessment peration

of German

after

reveals

but

it

led

on

coloin

his disapproval

of

and

him

"sea

is instructive

also

prosperity

the wars

Countries..."

shows powers

to

make

a

how of

his recu-

contrast

with his own country, which was draining its resources on the colonisation example

of

Germany

to make

tendency

a

is

of America. We

traveller

who

a point

evident

in

used

about the

vellers too, whose tours of

encounter his

English

journals France

here

an

experiences

of

society. of

and

This

other

Germany

tralike-

wise led them either towards a critique of English society, or to the formulation of theories on the nature of human society. It is a development

of profound

si-

gnificance; not only in the history of travel, but as a

forerunner

of

eighteenth-century

attempts to understand society.

The

principle

the

'Enlightened'

'social laws'

that

travel

underpinning

abroad

can

en-

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

314

courage a critical attitude to one's own society

was

to be used before too long, to devastating effect by Voltaire, society

whose

Lettres

Philosophiques

as a model against

which

to

took

English

assess

that

of

France. Already in the seventeenth century, some English travellers were beginning to perceive the possibility that travel may be educative

in the sense of

providing new perspectives on their own country. It was in connection with religion that Germany invited comparison with England. Even at the beginning of the seventeenth century Moryson advanced a thesis linking Protestantism with a 'work ethic 1 . Refuting an accusation which he had heard from an Italian that German Protestants were inferior soldiers to (\ ι

Catholics, he replied "Nothing

is

: more

Germans of the reformed

manifest,

Religion,

than

nothing

that

the

yeeld,

or

rather much excell, the Germans continuing Papists, in all manual Arts, Liberall Sciences, and all indowments of Nature; which may clearly be proved by one instance of the Norenbergers and Sweitzers, professing the reformed

Religion, who

in all

Arts,

and

the

military

profession, passe all other Germans whatsoever." Yet it was not so much the supposed qualities of Protestants

that

spectacle

of

fascinated a

society

in

later

travellers

which

several

as

the

religious

groups co-existed. Many travellers commented on the de facto religious toleration which was practised in some parts

of

Germany,

although

by

no

means

all.

Mundy took note that in Danzig, Lutherans, and

Calvinists

all

had

rights

of

worship^.

Skippon observed that although in Frankfurt magistrates

and

the

majority

of

Lutheran, Catholic churches and

the

Philip

the city

citizens

monasteries

Peter

Catholics

were

existed;

315

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

nevertheless, there had once been a Calvinist

church

there but it had been burned maliciously, forcing the thousand

or so Calvinists to worship outside

of

the

city^~'. In Heidelberg too, there was a degree of reli66 1 gious toleration : "The

prince

palatine

tolerates

Lutherans

and papists, which latter have a church without

the

walls... The lutherans have lately built a church in the city, and have made a grateful

inscription

on it

to the prince. The jews are allowed to live here; but, as yet, are denied the public exercise of their religion . " Augsburg likewise was a multi-religious town; Skippon took

the

f\ π

opportunity

to

attend

a

Lutheran

service

there . There were even cases where Catholics and Protestants used the same building for worship. This impressed Edward Browne when he visited Speyer cathedral: it was used by Catholics, Lutherans and Cal68 vinists alike ration

. At Heidelberg where religious

had made

an

impression

on

Skippon

tole-

in

1663,

Browne met another example of the latitudinarian attitude of government^: "While I was at Heidelberg, two

Englishmen

came kindly to me, Mr. Villers and Timothy Middleton, belonging to Lobensfeldt Cloister, a Convent formerly of the Jesuits, but since let out to about an hundred English,

who

left

their

Country

l66l,

Rhine, and by the permission of the

came

Elector,

up

the

setled

themselves a few miles from hence, living altogether, men, women, and children, in one House; and having a community of many things: They are of a peculiar Religion, calling themselves Christian Jews; and one Mr. Foole, formerly living at Norwich, is their head. They cut

not

their

Beards,

and

observe

many

other

Cere-

316

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

monies and Duties, which they either think themselves obliged from some Expressions in the Old Testament, or from some New Exposition of their Leaders." To some travellers religious toleration one

clue

to

the

post-1648

revival

of

Germany.

was This

message was driven home most forcibly by William Carr, a former English consul at Amsterdam who toured

Ger-

many after the Thirty Years War. In his journal Carr endeavoured

to convince his readers that in the cir-

cumstances of the late seventeenth

century

they must

grasp an essential fact of life: religious

tolerance

paved the way to economic prosperity; intolerance inescapably led to ruin. His travels in Germany

illus-

trated this principle. At one stage he visited

Köln.

The city was seedy in appearance and afflicted by po70 verty. The reasons soon became apparent : "It

is

much

decayed

years, having been much

within

priest

these

ridden,

a

hundred

misfortune

that hath undone many other great cities. The Jesuits have

had

that

they

so

great

an

prevailed

influence with

them

on to

testants, who removed to Hambourg

the

Magistrates,

banish and

all

Pro-

Amsterdam,

so

that Cologne is become so dispeopled, that the houses dayly

fall

to ruine

for want

of

inhabitants...

The

streets are very large... but the streets are so thin of people that one may pass some of them and not meet ten men or women, unless it be Church men or Religious Sisters.

The

most

considerable

inhabitants

of

the

citie are Protestant Merchants, tho but few in number, and they not allowed

a Church

neither,

but

a place

called Woullin a mile whithout the citie..." The Jesuits, he says, control education

in Köln

use

most

their

influence

to

persuade

their

and

gifted

students to join the Order; this deprives the city of

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

talent which otherwise could augment lamentable

to

see

this

317

its wealth. How

once-flourishing

metropolis

"brought to so great a decay" by Jesuit dominance and intolerance^'. Compare

this

sad

spectacle

with

that

at

Frankfurt, a Lutheran city which nevertheless extended 72 toleration to Catholics and others : "The citie is popul ous and frequented by all sorts

of Merchants,

from most

parts

of

Europe,

parts of Asia also, because of the two great

and

faires

that are yearely kept there. Many Jews live in this citie, and the richest Merchants are Calvinists, who are not suffered to have a Church

in

the

town,

but

half an houres journey out of it... The government is easy

to the

cities

people,

are...

This

they city

not

being

takes

taxed

as

other

care

of

their

great

poor, and in their charity to poor travellers

exceed

Holland." The moral is clear: Frankfurt practised religious

toleration

(although

allowed the merchants to

within

practise

limits)

and

trades

with

their

the minimum of hindrance; in consequence the city was wealthy and the level of taxation

low in spite of a

policy of generous social care. And lest there should be

any

suggestion

that

it was

always

Catholic

per-

secution of Protestants which drove towns into a state of poverty, Carr quotes Lübeck in the late seventeenth century. This port which once had been prosperous had fallen

on

chiefely

hard the

times:

"And

inconsiderate

the

reason

zeal

of

of

their

that

was

Lutheran

Ministers who persuaded the Magistrates to banish all Roman

Catholics,

differed

from

Calvinists,

them

in

matter

Jews, of

and

all

that 71 Religion..." .

Throughout his journal Carr emphasises his message: at

318

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

Heidelberg

the

university

flourished

fended

intellectual

freedom^;

spirit

of

was miserable

tolerance,

because

Mannheim, and

it

lacking

over-taxed

de75

a j

Hamburg extended toleration even to Jews and as a result,

"The wealth

and

trade

of this

citie

encreases

•£ dayly" lish

. Carr was exceedingly distressed to meet Eng-

Catholic 77 :

refugees

in

several

convents

and

mo-

nasteries

"I could heartily wish that Papists and Protestants could live as lovingly together in England as they doe in Holland, Germany, and other Countries; for give mee

leave

to say

it,

I

love

not

that

Religion

which instead of exalting, destroys the Principles of morality

and human societie.

I

have

met

persuasions, even Turks and Jews, who

in

and

of

manners

have

far

exceeded

many

men

of

their our

all

lives Enthu-

siastick professors at home..." William

Carr

exemplifies

a

trend

which

is

evident in the journals of several travellers to Germany: there were aspects of German life against Englishmen might profitably Above

all

in

the

assess their own

contentious

matter

of

which

society. religion,

Englishmen had much to learn from Germans. England too had experienced civil war in the seventeenth

century;

and if it had not lasted as long or been as

destruc-

tive as the Thirty Years War, nevertheless it has bequeathed a problem of the coexistence of different religious groups.

As Englishmen

problem they could well

look

sought

to

to Germany

resolve which

the

served

both as a model and as a warning. Among

those

Travellers

who

went

to

France

there were four who attempted to understand the nature of

the

regime

of Louis XIV,

and

thereby

to

persuade

their readers of certain principles of politics: Ellis

319

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

Veryard,

Joseph

Shaw

(whose

Whig

sympathies

already

have been noted), John Northleigh (a physician who had written

political pamphlets in support of the 78 Stuarts ), and an anonymous writer who wrote A View of Paris and Places Adjoining (London 1701). A stitutional

despotism

in

restrictions

kings's will: such was

which upon

the

there the

regime

are

no

exercise of

Louis

con-

of

the

XIV

ac-

cording to these travellers. Shaw was shocked by "that despotic

arbitrary

government,

where

the

lives

and

estates of so many millions of mankind are 79 subjected to the lawless will of one single prince" . A View of Paris asserts that

"monarchy

and arbitrary

power are

here wound up to the highest degree: the king's will is a supreme law, that wants no other sanction but his pleasure" 8 0 . To Veryard the regime was "wholly arbitrary and unlimited" 81 , and even the Stuart apologist Northleigh concluded that

"the French live under the 82 most despotical government in Europe" How did this regime so intolerable to English eyes survive? What were despotism

so at variance

the forces sustaining a

with

the

English

political

system? One reason was that it was acceptable to the mass of the French population. enough satisfied", remarked leigh expressed astonishment only were content with their temptuous of any other. The king as a despot; they lived sion that they lived under 84

"The 8people seem well Veryard , while Norththat Louis's subjects not government, but were conFrench did not see their under the pathetic illua balanced constitution.

They saw "an oligarchy in their council of state, an aristocracy in their parliaments, and a democracy their city government...

and thereby

would

in

introduce

320

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

into the world the most perfect mixture of a commonwealth; when to speak truly all these different qualifications make up but one entire chain of slavery." Despotism thus relied in part upon the ability of the regime to mislead its subjects as to its true nature, and to blind them to the reality of their

political

situation. But how was the illusion created; what was the mechanism whereby

an entire nation was

It was through the creation of a

deceived?

'cult of monarchy'.

So energetically and successfully did the regime propagate the glory of 'le roi-soleil' that its subjects were dazzled, unable to see power

that

personal

ruled

reign

them.

Charles

At

the

true

nature

the beginning

Bertie,

son

of

of

the

of

the

Louis's Earl

of

Lindsey, was impressed by the ubiquity of the symbols of the king as he travelled

around France: at Mont-

pellier, Aix and Lyon, for instance, he saw portraits Q r

and busts of Louis XIV

. Again, John Locke's journal,

which covers the period 1675 to l679> the

presence

dissident

of

king

was

Languedoc; scarcely

passes without policies

the

and

the word

artefacts

emphasises how

everywhere,

a page

of the

"king" appearing on of

the

regime

are

even

in

journal it. on

The

every

side: in the 'new town' of Rochefort, the new port of Sete, the Canal du Midi, the naval yards at Toulon and

86

Marseille, and so on surrounding monarchy king's

. But it was in Paris and the·

countryside

most

that

emphatically

was

the

presence

felt.

Locke

'levee' at Saint Germain and visited

of

the

saw

the

some

of

the great institutions associated with the regime: the Gobelins

workshops,

the

Invalides,

the 8 7 observatory, the Academy of Painting and Sculpture . On more than one occasion he saw the king himself:

in the gardens

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

at

Versailles,

at

321

the

opera, at a ball at Fontaine88 review ; and nothing better re-

bleau, at a military

veals Locke's realisation

of

the magnificence

of

the

court than the meticulous account he gives of the menu for the entertainment of the Dutch ambassadors in 8Q 1079

· The sheer glory and magnificence of Louis XIV

and his court obscured the despotism and arbitrariness with which his subjects were controlled. The

author

of

another explanation for

A

View

the

of

Paris

stability

advanced

of the

regime.

The crown, he argued, carefully cultivated the loyalty of

three

armed

important

forces,

social

the

values

of

sections

of

'officiers' France were

French the

clergy

such

that

the

military

hierarchy;

and even

stood at the summit of the social "the meanest... soldier

in

society: the 90 . The

and

the army

accounts

himself

better, and is generally more esteemed, than the best 'marchand'".

'Officiers' supported

they had no alternative:

the regime

"civil officers, both in all

the courts of judicature, and the farmers of venues...

have

all

because

an

immediate

dependence

the

re-

on

the

king, as the people has upon them". Furthermore, since all 'officiers' desired to purchase offices for their sons,

the

regime

exploited

this

ambition

by

selling

them only to people of proven loyalty; for reasons of self-interest,

therefore,

'officiers'

were

submissive

to the regime. As regards the clergy, they were bound to the state by the exercise of the 'droit de re91 gale'

. Those benefices

'droit'

were

filled

by

which clergy

were

affected

sympathetic

by to

the the

crown; in this way the church as a whole was kept on a leash. Thus, by the astute manipulation of social values,

by

appealing

ecclesiastical

to

self-interest,

nominations,

the

by

despotic

influencing regime

of

322

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

Louis XIV forestalled potential opposition

and rein-

forced its authority. France illustrated how the forces of despotism operate. It represented who

were

devoted

rule.

England

downs

during

guarantee

to

a warning to

'liberty'

had undergone the

that

many

seventeenth

it

had

put

and

Englishmen

'constitutional'

political

century;

despotism

ups

there

was

behind

and no

it for-

ever, or that despotic tendencies might not reappear. Travellers to France depicted an arbitrary government; the image they created of Louis XIV was of a masterillusionist, a clever manager of a large and powerful realm. Englishmen must beware lest their own country fall into the trap of despotic rule. From the foregoing pages it is evident that English their with

travellers

material varying

to

with

France

differing

degrees

of

and

Germany

purposes

sophistication.

presented

in

mind

This

and

brief

survey has revealed four categories of travel literature: descriptions of French and German towns (and to a lesser extent the countryside) accompanied by a minimun of comment; similar accounts of social customs; interpretative

passages which attempted

to

elucidate

aspects of the French and German character;

and

di-

dactic passages whose purpose was to give credence to certain

religious

or

political

first two cases authors generally

principles. left their

to formulate their own images of France and

In

the

readers Germany;

in the last two they aspired not only to provide the reader with 'raw material' from which to form images, but ready-made images whose validity they then sought to corroborate. It should not be suggested that these categories journals

were

normally

mutually fell

exclusive

wholly

into

or one

that

travel

category

or

323

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

another.

More

journals, forward deed,

often

letters,

than

observation,

this

is

not,

contained

to

comment

be

travellers'

a

mixture

and

expected

diaries,

of

straight-

interpretation.

in

view

of

the

Incon-

sideration that travel was intended to serve a broadly educational

purpose.

Bacon

cational function of travel

had

envisaged

the

in terms of the

edu-

recording

of information on predetermined subjects; by the later seventeenth century

it had come

to mean

the

analysis

of information, the establishment of hypotheses the

nature

cussion

of

French

of the

and

German

implications

of

society,

those

about

and

dis-

hypotheses

for

English society. In this last regard, the movement of English visitors around France and Germany has a place in the broader history of travel as a stimulus tual

activity.

centuries, America, and

as

seventeenth

Europeans

pushed

extended

came

to

Australasia, towards

During the

their

their

know so

the own

to

eighteenth

deeper

cultural

intellec-

and

into

North

contacts with

something

of

perspectives civilisation

the which

were

Asia,

regions they

of

adopted

modified.

That

movement of self-examination by European intellectuals which we call riences measure. ment,

'the Enlightenment'

of European The

travellers

'cultural

its readiness

drew upon the expe-

overseas

relativism'

to measure

of

in

the

European

no

small

Enlighten-

civilisation

against that of other parts of the world, its attraction towards such concepts as the cult savage', kind

by

its desire to understand looking beyond

more profound

Europe

of

the

the nature

itself,

are

consequences to have followed

'noble of

among

manthe

on travel

and travel literature. Admittedly we have been working on a smaller geographical scale, yet the principle re-

324

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

mains: educated and imaginative travellers could sense that by visiting France and Germany they might acquire a more sophisticated

grasp of English society.

Some-

times, as the comments of some travellers on the regime

of

which

Louis

XIV

present-day

indicate,

they

scholars would

propagated

find

fective, or containing gross distortions. purpose

is

to

discover

the

kinds

views

seriously

of

de-

Yet if our

images

France and Germany which English travellers

about

created,

we should not dismiss them out of hand simply because they

fail

to conform

Travellers

were

to

modern

as prone

historical

to error

and

notions.

prejudice

as

anybody else; when we encounter judgements on France and

Germany

know treat

seriously

at

to have been the them

as

variance

case, we

with

what

should

serious expressions

of

we

now

nevertheless what

educated

travellers thought. There

remain travellers who went to France

and Germany for reasons other than

those advanced

in

this essay. There were Quakers who attempted to esta92 blish groups of Friends in both countries ; scien93 tists anxious to meet their continental colleagues j not to mention Englishmen on diplomatic or commercial business. In their own way each of

these

multiplied

England's cultural as well as economic and diplomatic relations with continental fluence

the

ways in which

Europe, and helped the

English

neighbours across the North Sea and often

the

awareness

history of of

the

societies

expansion

elsewhere

giving due weight to Europe. achievements

of

English

of

Englishmen's

is written

of

without

Impressive as were

travellers

the importance

their

the Channel. Too

to the

Asia, the Pacific and Africa, we should insist upon

to in-

viewed

English

the

Americas,

continue

to

travellers

to

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

325

continental Europe. Many of the principles underlying the purposes of travel, its educational possibilities, and

its

capacity

to make

Englishmen

think

in

terms about their own society, were pioneered

fresh in the

context of countries such as France and Germany. Moryson, Mundy, Locke, Browne and others who have appeared in

these

pages

contributed

to

a

phenomenon

of

the

greatest complexity, whose historical significance has

yet to be fully evaluated 94.

326

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

General Bibliographical Note: Lists of travellers and their works are available in: E.G. Cox, A Reference Guide to the Literature of Travel (3 vols., Seattle 1935-49); J· Lough, France Observed in the Seventeenth Century by British Travellers (Stocksfield 1985); J. Stoye, English Travellers Abroad, 1604-1667 (London 1952) ; D.J. Sturdy, English Travellers in France, 1660-1715 (Unpublished Ph.D. Thesis, Trinity College, Dublin 1 9 6 9 ) ; G. Waterhouse, The Literary Relations of England and Germany in the Seventeenth Century (Cambridge 1914); R· Watt, Bibliotheca Britannica (4 vols., Edinburgh 1 8 2 4 ) · 1 See C. Howard, English Travellers of the Renaissance (London 1914)· 2 Quoted in W. Pagel, Paracelsus (Basel 1982) p.6. 3 Ibid. p.56. 4 See E.S. Bates, Touring in l600: a Study in the Development of Travel as a Means of Education (London 1911). 5 Ibid. p.26. 6 1 P e n s o n 1 s Short Progresse into Holland, Flaunders and France with remarques written by Tho. Penson, ArmsPainter, Anno Dom. I69O 1 (British Library, Harleian MS 3516), f.6. 7 E. Veryard, An Account of Divers Choice Remarks... Taken in a Journey through the Low-Countries, France, Italy, and Part of Spain... as also a Voyage to the Levant (London 1701). 8 For instance, Fynes Moryson devoted over 100 pages of his journal to a discussion of the suject: Fynes Moryson, An Itinerary Containing His Ten Yeeres Travell... (4 vols., Glasgow 1907-8), III, p. 349483. 9 'A Short Account of my Lord Marquess of Worcester's Voyage into France in Anno 1673' (British Library, Sloane MS 3187)· 10 Ibid, f.5. 11 Gailhard to Sir Robert Southwell, 1 Nov. 1 6 7 6 (Egmont MSS, I, part 1 [Historical Manuscripts Commission, 1905], 52). 12 The Same, 3 Jan. 1 6 7 6 / 7 (Ibid., 54). 13 The Same, 28 Feb. 1 6 7 6 / 7 (Ibid., 5 6 ) . 14 Oldenburg to Lady Ranelagh, 22 Aug. 1 6 5 7 (A.R. Hall & M.B. Hal1 [eds.], The Correspondence of Henry Oldenburg [ 10 vols., Univ. of Wisconsin, 1 9 6 5 - ] , I, 130-132. 15 D.J. Sturdy, p. 426-428. 16 Pepys Library, Magdalene College, Cambridge, MS 2237.

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

327

17 T. Isham, Ά Journal of my Travels' (Northamptonshire Record Office, Isham Diaries A, MS IL 5270); see also his account book kept during his visit to France in 1679 (Isham Diaries C, MS IL 2842). 18 Bodleian Library, Oxford, Rawlinson MS D 1491 > fos. 107-109. 19 E.g.A. Ragland, 'General Observations of other Countries ' (Bodle ian Library, Rawlinson MS D 13 61, fos. 12-18), who makes points similar to those of W.D. 20 P.G. Adams, Travel Literature, chap.2. 21 P. Skippon, 'An Account of a Journey Made thro' Part of the Low Countries, Germany, Italy and France'. In: A. & J. Churchill, A Collection of Voyages and Travels (6 vols., London 1704-1732), VI, p.443 · 22 These phrases and the routes associated with them are also used by Andrew Balfour in his Letters to a Friend... Containing Excellent Directions and Advice for Travellers thro' France and Italy (Edinburgh 1700). 23 Sir H.G. Fordham, Notes on the Itineraries, RoadBooks and Road-Maps of France (Southampton 1926) p.2; J. Bonnerot, Les Routes de France (Paris 1921) p.94. 24 H.G. Fordham (note 23) p.6. 25 Ibid. p.8. 26 Ibid. ρ.8. 27 Κ. Lambley, The Teaching and Cultivation of the French Language in England during Tudor and Stuart Times (Manchester 1920) p.348-349; on guide books see C. Mazouer, Les Guides pour le Voyage de France au XVIIe Siecle. In: La Dicouverte de la France au XVIIe Siecle (Paris 1980) p.599-611. 28 An interesting account of the last phase of the wars is that of the English traveller Sir Thomas Hoby; see Ε.Powell (ed.), The Travels and Life of Sir Thomas Hoby, Kt. of Bisham Abbey, Written by Himself, 1547-1564 (London 1902): 29 E.g.J. Howell, A Discourse of the Empire of Germany (London 1659) and D. . . A..., The Present State of the German and Turkish Empires (undated) (See G. Waterhouse, p. 71). 30 A.T.S. Goodrick (ed.), The Relation of Sydnam Poyntz, 1624-1636 (London 1908 ) ; views on the Thirty Years War expressed by English diplomats in Germany are in S.R. Gardiner, Letters and other Documents Illustrating the Relations between England and Germany at the Commencement of the Thirty Years War (London 1865).

328

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

31 Sir Richard C. Temple (ed.), The Travels of Peter Mundy in Europe and Asia, I6O8-I667 (5 vols., London 1907-36) IV. 32 L. Bagrow, A History of Cartography (London 1964) p. 147-153. 33 Ibid. p.187. 34 For a guide to publications see the General Bibliographical Note at the head of these notes. 35 For the titles of the journals of Moryson and Mundy see notes 8 and 31» also Thomas Coryat [sic ], Crudities Hastily Gobled up in Five Moneths Travells in France, Savoy, Italy... Some Parts of High Germany and the Netherlands... (London l6ll); the chief biography of this traveller is M. Strachan, The Life and Adventures of Thomas C o r y a t e ( L o n d o n 1962).

36 For the titles of the journals of Veryard and Skippon see notes 7 and 21; also John Ray, Observations Topographical, Moral and Physiological made in a Journey through Part of the Low Countries, Germany, Italy and France (London 1673); Edward Brown [sic], An Account of Several Travels through a Great Part of Germany... (London 1677); and John Northleigh, 'Topographical Descriptions... thro' Most Parts of Europe'. In: J. Harris, A Compleat Collection of Voyages and TraveTs (2 vols., London 1705), II· 37 M.B. Curran (ed.), The Despatches of William Perwich, English Agent in Paris, 1669-1677 (London 1903); J· Lough (ed.), Locke's Travels in France, 1675-1679 (Cambridge 1953)· 38 Martin Lister, A Journey to Paris in the Year 1698 (London 1699); a facsimile reprint of this book edited by R.P. Stearns was published by the University of Illinois, 1967· 39 Sir Gavin de Beer, The Sciences Were Never at War (London i960) p.1-3. 40 See note 37. 41 R. Coryat, Crudities; see note 35· 42 This section comes from Crudities p. 541-557· 43 J· Ray (note 36) p. 77· 44 P. Skippon (note 21) p.424-426. 45 His French visit is recorded .in, 'Dr. Edward Browne's Journal of a Journey in France, I6641 (British Library, Sloane MS 1886) and in 'Dr. Edward Browne's Miscellaneous Observations... of a Journey in France, 1663-1664 (Sloane MS 1522). 46 Brown (note 36) p.48-50. 47 R.C. Tempie (note 31), p.182; on English troupes of comedians in Germany see, L.M. Price, English Literature in Germany (Univ. of California 1953) p.17-

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

329

32. 48 E. Veryard (note 7) p.107. 49 J.S., A Description of France in its Several Governments (London 1692) p.18-19· 50 Lady Newdigate-Newdegate, Cavalier and Puritan in the Days of the Stuarts (London 1901) p.336. 51 P. Skippon (note 21) p.732-73352 A View of Paris, p.17-18. 53 [J· Shaw ], Letters to a Nobleman from a Gentleman Travelling thro' Holland, Flanders and France... (London 1709) p.130-8. 54 R. Moryson (note 8) III, p.448-452; the passage makes reference to Spaniards, Italians, Irish, Flemings and Netherl anders as well as French and Germans. 55 Ibid. p.454. 56 Ibid. IV, p.34. 57 Ibid. 58 E. Brown (note 36) p.63. 59 Ibid. p.82. 60 Ibid. p.82-83. 61 Ibid. p.82. 62 Ibid. p.15O-I52. 63 F. Moryson (note 8) p.277. 64 R.C. Temple (note 31) IV, p.l68. 65 P. Skippon (note 21) p.428. 66 Ibid. p.441. 67 Ibid. p . 4 6 0 . 68 E. Brown (note 3 6 ) p.56. 69 Ibid. p.53-54. 70 W. Carr, Remarks on the Government of Severall Parts of Germanie, Denmark, Sweedland, Hamburg, Lübeck... (Amsterdam 1688) p.120-121. 71 Ibid. p.122. 72 Ibid. p.128-130. 73 Ibid. p.159-160. 74 Ibid. p. 132-135. 75 Ibid. p.136-140. 76 Ibid. p.158. 77 Ibid. p.145-6. 78 He was author of, A Gentle Reflection on the Modest Account... (London 1682); The Parallel: or, the New Specious Association an Old Rebellious Covenant (London 1682); The Triumph of our Monarchy (London 1 6 8 5 ) ; Parliamentum Pacificum: or, the Happy Union of King and People (London 1688). 79 J. Shaw (note 53) p.XIII-XIV. 80 A View of Paris, p . 8 5 . 81 E. Veryard (note 7) p.104. 82 J. Northleigh (note 3 6 ) p.729.

330

Sturdy, English Travellers in the Seventeenth Century

83 E. Veryard (note 7) p.104. 84 J. Northleigh (note 3 6 ) p.729-730. 85 C.G.O. Bridgeman & J.C.Walker (eds.), The Diary of Charles Bertie During a Journey in France, I 6 6 O - I 6 6 I . In: The Lindsey Manuscripts (Historical Manuscripts Commission; London 1942) p . 2 4 6 , 359, 363. 86 J. Lough (note 37) p. 73-74, 7 6 - 7 7 , 128-130, 133-134, 233-235. 87 Ibid. p . 1 5 0 , 1 5 1 , 1 5 7 - 1 5 9 , 1 6 0 - 1 6 1 . 88 Ibid. p.152, 170-171, 185-187, 252. 89 Ibid. p . 2 6 4 . 90 A View of Paris, p.75-76. 91 The right of the king to retain the revenues of certain vacant benefices, and to nominate the incumbents. 92 E.g. 'William Caton's Travels into France to Preach the Truth in the Year 1657' (Library of the Society of Friends, London, Portfolio 17.72); for references to Quakers travelling in Europe see correspondence kept in the Library of the Society of Friends, Swarthmore MSS 1.301; 3·96; 4.9; see also An Account of W. Penn's Travails in Holland and Germany. Anno 1677 (London 1694)· 93 D.J. Sturdy, English Travellers in France, chap. 9· 94 There are signs of a revival of the scholarly study of travel; see the Times Literary Supplement, 22 June 1 9 8 4 , which was devoted to the theme of travel.

Winfried Dotzauer

Macht - Politik - Diplomatie. Gedanken über die Neudimensionierung der Verständniskategorien der französischen Deutschland-Diplomatie nach 1648 unter besonderer Berücksichtigung des Rheingebietes

Für die französische Ostpolitik ergibt sich seit den Tagen des Spätmittelalters, Beginn

der

wigs XIV.

Neuzeit,

aus

der

deutlicher

spätestens

Retrospektive

noch mit

im

Zeitalter

der

Eindruck

dem Lud-

einer

langfristigen stetigen Expansion auf Kosten des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Die einzelnen Ansatzpunkte

und

die

Etappen, in

denen

die

franzö-

sische Krongewalt über die Reichsromania in den deutschen Sprachraum Ubergriff, sind bekannt

und

in der

Literatur im Zeichen nationaler Historiographie häufig aufgearbeitet worden'• Insbesondere die Politik Richelieus ist unter dem Gesichtspunkt seines Strebens nach der Rheingrenze

zwischen

den beiden

Aloys Schulte, Wilhelm Mommsen, Berthold

Baustaedt

untersucht

Weltkriegen

Kurt von

Raumer

2

worden . Wenn

von und

damals

auch bereits vor allem W. Mommsen zu dem Urteil gelangte, daß die Rheingrenze fUr Richelieu nicht gleich von vornherein in der späteren allem

nicht

mit

der

ihm

Deutlichkeit

unterstellten

und

vor

Ausschließ-

lichkeit als Ziel vor Augen gestanden hätte , so wurde inzwischen in einer anspruchsvolleren Sicht der deutschen Nachkriegsforschung schen^, juristischen^ und, der Tradition

von Gabriel

der Blick immer

auf

den

politi-

eindringlicher,

Hanotaux^,

auf

den

in

theo-

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

332

logischen 7

Untergrund

der

Ideenwelt

Richelieus

ge-

lenkt . Richelieus Avis gilt damit als Dokument der in einem

religiösen

Ordo

verankerten

Auffassung

eines

Staatsmannes, der die Forderungen für sein Verhalten aus einer hohen Idee des französischen Königtums ableitete, weit entfernt von einer veräußerlichten Aufg fassung reiner Machtpragmatik und

Staatsräson · Sind

wir ehrlich, so fällt es uns, die wir uns mehr oder weniger alle noch die Traditionskreise schungshaushalte

ausbildungsmäßig

früherer

anzueignen

For-

hatten,

auch heute noch in Deutschland schwer, das Bild eines frommgläubigen Richelieu dem des kühlen in der französischen

Machtmenschen

Politik vorzuziehen und als das

objektivere zu akzeptieren. Aber als von innerer Frömmigkeit geprägt erweisen ihn die neuen Arbeiten weniger, es zeigt sich eher das Bild eines auf dem Felde der

Theologie

interessierten

und

versierten

Politi-

kers, wie es in einer Zeit, in der konfessionelle Fragen eine entscheidende Rolle spielten, nicht zu überraschen

braucht.

Die

Religion

wird

von

strumentell gehandhabt, der französische

ihm

Staat

insteht

prioritätsmäßig vor ihren Anliegen bei dem Staatsmann an erster Stelle. Die Deutschland-Politik Richelieus bildet eine entscheidende Wendemarke. Der Westfälische

Frieden

war in seiner Vorbereitung mittels Instruktionen

für

seine französischen Relevanzen noch ein Gemeinschaftsprodukt von Richelieu und Mazarin. Vieles wird unter dem

Nachfolger

Mazarin

und

schließlich

wig XIV. selbst doch unverkennbar

unter

deutlich

Lud-

in seiner

reinen Aggressionsabsicht,

was vorher, wie wir heute

sehen

in

wollen,

nungslosigkeit Erfolgs

noch

nicht

der

"zynischen"

und auch noch nicht mit der

sicheren Reichweite

in die

Zukunft

Scho-

sich

des

angelegt

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

war.

Die m i l i t ä r i s c h e

Abschnitt

des

folgenden

Kriegen

schlüsse

Aktivität

Dreißigjährigen

von

Ludwigs

1648

bis

stimmige

Trendrichtung, repräsentativer

keit

nicht

Dokumente dieser

als

Zeit

die in

nachträglichen

oder

Aussagen und

welche

Lage, auf

Dokumente

Waren genden

nach

Außenpolitik schen

und

beruhte

noch

so

noch auch a u f

seine hat

der

nächsten

sich

die

den

Art

"geheime" Monarchen

scheidung

Entzerrung Zugänglich-

für

politische

der

nehmen, der

zu

aus

und

Konferenz, und der

französischen

politischen

Und

Führung

für ha-

Verfügung? Richelieus

hohe

die

der

Sicher denkt.

nachfol-

französischen

Experten

der

politi-

Konditionen

Eigenverantwortung

Kriegs-

Weise

größerer

Gegner verbind-

leisten?

und

nicht,

Eigenanteil wie

soweit

Vor a l l e n

verändert,

und im

Friedensziele

Informationsbildes,

war?

der

der

selbst

Nachfolger

Entscheidungen Die

eines Fall

für

der

Thematik

Uber

Boden

schriftlichen

doch

einem so e i n d r u c k s v o l l e n

Erarbeitung

Richelieu

die

Leiter

zweifellos

Entscheidungsbereich der

die

militärisch-strategischen

ihre

wären.

Möglichkeit

Tode

sehr

Einseitig-

Notwendigkeit

zur

dem

Lage

Rücksicht

verantwortlichen

sich

ohne

Aussagen

unserer

in

Aussagematerialien

Deutschland-Politik

diese

eine

ihrer

in der

oder

die

Entscheidungsträger

ben wir

Friedens-

direkten

Alliierte

zu

die

nach-

entgegenstehende

in

sind

letzten

den

den e i g e n t l i c h e n

Dekodierung die

zu s c h o n e n d e

liche

wir

einzigen

schriftlicher

Rhein-

selbst

Inwieweit

der

von Tendenzen, machung

die

betreten

Erörterung.

sowie

Politiker

im

und i n

bestätigen

zu d i s q u a l i f i z i e r e n

Damit unsere

XIV.

1697

Aussagen

Frankreichs

Krieges

333

wie

dies man

Dingen

bei bei an aber

politische

Tragweite

getroffen

wurden.

die

Begegnung

zwischen

ihren

in

der

Beratern

augenblicklichen

getroffene Disponiertheit

Entder

334

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

Situation heraus, mit ihren vielen

Unzulänglichkeiten

der

die

Information

richs IV. mäßig

- denken

hat Q

ihre

wir

an

dramatische

eingebüßt . Information,

Zeiten

Gewichtung

und

ihre

Heintypen-

über

weite

Strecken undramatischen Zwänge auf eine Entscheidungsfindung in einer bestimmten Richtung, scheinen an Gewicht und Überzeugungskraft, auch für die noch Uberaus einfach

manipulierbare

öffentliche

Meinung^,

zuzu-

nehmen gegenüber bloßem Einsatz von Verstand, Gefühl, Stimmung und Doktrin. Demjenigen, der in einem stimmigen Gefüge den Stellenwert eines bestimmten Herrschaftsraumes im Vergleich

zu weiteren

politisch

von

Frankreich

matisierten Räumen ausschließlich aus schen

Akten

erarbeiten

muß,

werden

proble-

den

diplomati-

sich

Schwierig-

keiten bieten, wenn er dem Humboldtschen "Ahnden" des Historikers

nicht

Uber

Gebühr

Raum

gewähren

möchte.

Die direkte Ausformulierung einer generellen Einschätzung des Stellenwertes eines

Landes

im

Vergleich

zu

weiteren Ländern wird, wenn diese in der

politischen

Pragmatik

nur

Uberhaupt

erstrebenswert

ist,

Eingang in die in ihrem Nukleus von

großer

selten Ökonomie

und Zurückhaltung in der Mitteilung geprägten Instruktionen

des

diplomatischen

großen

Avis,

finden.

Sie

Alltags, erschöpfen

scheinbar vielberedt

in Detailfragen

tigen

wenn

Beziehungen,

lichkeiten.

Die

quantifizierenden

weitab

nicht

Möglichkeiten

sich der

in

von

den

meistens

wechselsei-

Selbstverständ-

des

Austausche

und qualifizierenden

Daten

zur

von Er-

kenntnisbildung sind hier denkbar gering. Die Bemerkung, das Rheingebiet sei für die außenpolitische Interessenlage wichtiger Veltlin,

Venedig,

als Savoyen,

oder

Deutschland

Oberitalien, wichtiger

Polen, Spanien usw., die ja auch noch vom

das als

Historiker

335

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

auf

ihre

Stichhaltigkeit

zu Uberprüfen

wäre,

findet

sich mit Anspruch auf Gewicht über die Tagesaktualität hinaus expressis verbis wohl kaum. Sicher war die politische Einschätzung der rheinischen

Fürsten

einge-

lagert in den großen Gegensatz zwischen Frankreich und Habsburg, der bis 1756 die grundlegende Konstellation in der europäischen Geschichte bildete. Die Möglichkeit der Hinzugewinnung zum

französischen

Machtblock

(durch Allianz) oder zumindest der Neutralisierung war eigentlich unbeschadet der geographischen und sionellen

Situation

des

europäischen

konfesPartners

(Schweden) gegeben, obwohl gerade die Mittellage zwischen den Zentren Versailles und Wien - Brüssel

den

strategischen Wert der umworbenen rheinischen Fürstentümer erhöhte. Nachdem die politischen Räume Lothringens und des Elsaß weitgehend

dem französischen Staat

gefügig

gemacht werden konnten, so weit wenigstens, daß eine politische und militärische Gegenaktivität aus den eigenen regionalen Kräften schließlich

nicht mehr

dis-

kutabel war, wurde die Bedeutung der rheinischen Fürsten als direkt benachbarten Souveränen noch insofern augenfälliger, als der Westfälische veränen

Eigenschaften

dieser

Frieden die sou-

Fürsten

auf

Kosten

des

Reiches deutlich in die Völker- und staatsrechtlichen Dimensionen hinein gekräftigt hatte. Auch

die

französisch-deutschen

des Jahrhunderts nach

1648

setzen

für

Beziehungen

eine

Zeitlang

eine Differenzierung und Verfeinerung der Möglichkeiten

des

machtpolitischen

überlegenen

Frankreich

Zugriffs

voraus,

die

von im

Seiten

eines

Idealfall

der

militärischen Mittel eigentlich nach wie vor nur als Drohung im Hintergrund

bedarf

- nicht

Auge zu fassen, da Gerechtigkeitssinn,

ernsthaft

ins

Rechtsüberzeu-

336

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

gung und die nach Richelieu

zur

selbstverständlichen

Behauptung der Position der europäischen Vormacht veräußerlichte Vorstellung von der Schutzfunktion des Roi tres chretien für die Freiheit der Staaten der Christenheit

für den Frieden stehen -, so sehr auch die

historische bis

1697,

Wirklichkeit, diese

insbesondere

Reserviertheit

für

gegenüber

die

dem

Zeit

Kriege

Lügen zu strafen scheint. Wir meinen hier konkret eine ganze Menge: 1. die

Weiterverwendung

der

bereits

seit

langem

zu

größtmöglicher juristischer Effizienz gesteigerten Anspruchsformeln der königlichen Domäne und der "protection royale"

zwischen legitimierter

und relativ weitgehender

offener

Respektierung

Annexion

nichtfranzösi-

scher Rechtsbezüge*^, 2. die Technik der öffentlichen Vorfeldbereitung durch die Schriften der französischen Publizisten, 3· das Recht, mit den deutschen Bündnisse

auf

Gleichheit

der

Grundlage

(faktischer

der

völkerrechtlichen

Überlegenheit)

(Höhepunkt im Rheinbund 1 6 5 8 ) ,

Fürsten

zu

schließen

4· die Disposition über

staatsrechtliche Eingriffsrechte im Reich aufgrund der Frankreich eingeräumten Garantiemacht-Stellung für die Wahrung des Westfälischen Friedens als Instrument der Legitimation

einer

"Interessiertheit", chen

Festlegungen

unbefristeten

und

5· die bewußt

ungenauen

der

Grenzen

in

den

weitreichenden rechtli-

Friedensver-

trägen, wobei a) die Bindungen zum Reich nicht

voll-

ständig abgekappt wurden, b) aber die Abtretungen von 1648 aus der Reichs- und Kreisstandschaft herausgenommen wurden, 6. die Aktivierung alter Lehensverbindungen der de jure und de facto in Anspruch (und

1648

abgetretenen)

Herausbrechen

lothringischen

genommenen

Bistümer

weiterer Stücke aus dem Reich

nen), 7· das Recht militärischen Durchzugs

zum

(Reunio-

(passagium

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

innoxium)

betr.

Lüttich,

den

Niederrhein

337

und

Loth-

ringen, 7· Entfestigungs- und Entmilitarisierungs-Maßnahmen

1648

in

noch

nicht

eingeräumten

elsässischen

Städten und auf dem rechten Oberrhein-Ufer, 8. das bis Trarbach an der Mosel in seinem Mittelabschnitt geschobene

Festungssystem Yaubans,

9· die

vor-

Errichtung

neuer französischer Administrationen (elsässischer Gerichtshof, Straßburg,

Intendantenposten, Saarprovinz),

königlicher

10.

die

Prätor

Aktivierung

von von

Schutzrechten für die während vorausgegangener französischer

Besetzung

testantischen

neugewonnenen

Gebieten

als

Katholiken

Konsequenz

in

eines

pro-

älteren

Garantieverständnisses für das corpus christianum, 11. den Aufbau einer französischen Partei im Reich (Brüder FUrstenberg),

12. die Absicht, Ludwig XIV. oder doch

einem Kandidaten

Frankreichs die Kaiserwürde zu ver-

schaffen (die in ersterem Falle auf dem Weg der Personalunion wohl für immer auf Frankreich

übergewech-

selt wäre), 13· der Gedanke an die Besetzung der rheinischen

geistlichen

aus Politik

und

Kurfürstentümer

Adel

Frankreichs,

mit

Angehörigen

schließlich

durch

deutsche Kandidaten in französischem Einvernehmen, 14· die neue wirkungsvollere Handhabung des Botschafterinstrumentariums im Blick auf Wahltag (Wahlbotschafter), den

(Immerwährenden)

Reichstag

und

die

rheinischen

Fürsten,

15· die dynastische Verklammerung und nach-

folgende

Aktivierung

Kurpfalz

als

torium,

dem

von

Erbrechten

wichtigsten

auf

weltlichen

Gebiete

der

Grenzterri-

16. die Einrichtung von französischen

regimentern unter dem Patronat der kleinen

Fremd-

deutschen

Grenzland-Fürsten. Kaiser, der schwerfällige noch

komplizierter

arbeitenden

Reichstag

und

Reichsgerichte

die

waren

damit in ihren Zugriffsmöglichkeiten in Angelegenhei-

338

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

ten französischer Interessenmeldung auch in

Bereichen

alter Eigenzuständigkeiten auf vorgegebene

Rechtskon-

ditionen fixiert und somit auf ein Minimum

reduziert.

Solche französischen Aktivitäten setzten renzierte voraus,

Kenntnis

die

disponibel

ohne

der

eine

deutschen

zu haltende Archivierung

möglich

war. Der Wechsel

von

deutschen

Fragen

aufgrund der Möglichkeiten von bleme

den

auch

im

je

und

die

erarbeiteten hinaus

zwischen

rechtlichen und der staatsrechtlichen strittigen

diffe-

Rechtssituationen

Institutionalisierung

Spezialkenntnissen Uber den Tagesbedarf mehr

eine

der

nicht

völker-

Behandlung

nach

von

Opportunität

1648 machte alle Pro-

Franzosen

im völkerrechtlichen 12 staatsrechtlichen Binnenraum

Außen-

wie

zugänglich

(z.B. die Entschädigung in der kurpfälzischen

Erban-

gelegenheit), ohne daß ein spezielles Bündnis die Legitimation abzugeben hatte. Es wäre nicht

uninteres-

sant, vergleichend festzustellen, inwieweit dieser anspruchsvolle auch

für

Ausbau

die

des

übrigen

außenpolitischen geographischen

Repertoires Einflußzonen

Frankreichs zutraf. Bekanntermaßen hat die französische

Außenpo-

litik nach Ansätzen in der Zeit Heinrichs IV. im Verlauf des

17. Jahrhunderts

modernen Außenministeriums

durch

die

Schaffung

(1626) und

dessen

eines

weitere

Ausgestaltung als diplomatischer

Behördenorganisation 13 neben dem Auf- und Ausbau diplomatischer Außenposten diesen neuen Möglichkeiten die Wege geöffnet und somit eine Verbreiterung der Wirkungen

erreicht,

gekoppelt

mit einer Anhebung des Anspruchsrahmens durch die weitere

Verfeinerung

der

Technik

der

Diplomatie*^.

Es

wurde nun bis in das 18. Jahrhundert die sog. chancellerie

allemande

in

Versailles

aufgebaut,

zu

der

schließlich vor allem Elsässer, die die deutsche Spra-

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

339

che und das deutsche Staats- und Partikularrecht kannten, herangezogen wurden, so die jurisconsultes Ulrich Obrecht, Johann Konrad Pfeffel, Gerard de Reyneval und viele

andere*"'.

Staatssekretäre Einfluß

Bereits in der

gewonnen.

Die

unter

Richelieu

Außenpolitik mühsame

an

und

hatten

die

bestimmendem

langwierige

Ent-

wicklung eines dichten außenpolitischen Geflechtes begann, das nicht nur intime Einsichten schen

Probleme

der

Nachbarstaaten

in die

politi-

erlauben

sollte,

sondern auch fortwährende Positionsnahmen im Verständnis einer allezeit scher

oder

auch

offenen Disposition zu diplomati-

militärischer

im Rahmen ernsthafter Konflikte

Mit-Aktivitätsausiibung erforderlich

machte.

Mazarin hat als Erster Minister den deutschen Fürsten besondere

Aufmerksamkeit

eingeräumt.

Seine

Staatsse-

kretäre, die beiden Lomenie de Brienne, Vater

Henri-

Auguste (1643-1663) und Sohn Henri-Louis

(I65I-I663),

wurden anfänglich von seinen Nachfolgern

Le Tellier,

Lionne und Colbert übernommen, bald aber von Hugues de Lionne, marquis

de

Fresne

(1663-1671)

über eine eigene diplomatische

Praxis

abgelöst, am

Rhein

der ver-

fügte. Seit 1668 vereinte er die Funktionen von Minister

und

zum

Ende

ponne

Staatssekretär.

Seine

des Jahrhunderts

Nachfolger

Louvois

(1671-1672),

(1671-1679), der große Colbert

Colbert, marquis de Croissy quis de Torcy

waren

(1679),

bis Pom-

Charles

(1679-1696) und der Mar-

(1696-1715)· Mit ihrer Abfolge war zwar

kaum eine Änderung der grundlegenden

außenpolitischen

Axiome verbunden, wohl aber doch der so wichtigen Impulse für die Umsetzung der politischen Vorstellungen, die durch den schnellen Wechsel aus der Zone möglicher Dogmatisierung Grunde

kann

genommen

dieser

oder

wurden. jener

Und

auch

Abschnitt

aus

diesem

aus

einer

diplomatischen Instruktion für einen bestimmten

Zeit-

340

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

punkt anders zu deuten sein als seine Verwendung

in einer

früheren

oder

wortidentische

späteren

Instruk-

tion, sei es gerade zur Demonstration von Kontinuität oder nur aus Bequemlichkeitsgründen. Die Minister erhielten von ihren diplomatischen Helfern die einschlägigen Resultate der Auslandsberichte

für den Vortrag

im Rat und versahen auch die Antworten mit Bemerkungen entsprechend

den

getroffenen

Beschlüssen.

gehendere Kenntnis der rheinischen

Eine

ein-

Verhältnisse

ist,

von Colbert de Croissy und Hugues de Lionne abgesehen, erst

auf

der

"successeurs" 1663), im

Stufe

der

premiers

commis

und

vorhanden, so bei Pierre Ariste

l8. Jahrhundert

insbesondere

bei

ihren (16 61 —

Le

Dran,

der in den für die deutschen Verhältnisse zuständigen Bureaux des Außenministeriums

von

1725 bis

1749

ar-

beitet . Die im Archiv des Außenministeriums in Paris (Serie

Memoires

et

documents:

Allemagne,

Baviere, Prusse, Saxe usw.) und

in

nationale

frangais,

de

Paris

(u.a.

Fonds

der

Autriche,

Bibliotheque Morel

de

Thoisy, Chätre de Cange, Collection Clairambault, Melanges

de

Colbert)

schriftlichen

vorhandenen

zahlreichen

Erörterungen diplomatischer

denk-

Zielsetzung

befassen sich mit einer Vielzahl von in der

Deutsch-

land- und Rheinpolitik anstehenden Sachfragen und Pro-

, ,

blemen

16

Vor allem sind es Angelegenheiten, deren Bedeutung nun ausschließlich politisch,

höchstens

noch

verbal theologisch verortet wird; Uber die instrumentelle Behandlung geistlicher Bereiche sind die letzten Zweifel

beseitigt: Die Garantie des Westfälischen 17 l8 Friedens , der Rheinbund , die kurpfälzische Erb19 20 schaft , der Regensburger Stillstand , Branden21 22 bürg , die Kölner Erzbischofswahl des Jahres 1688 ,

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

341

die Rijswijker Klausel und ihre Kontrolle im l8.Jahrhundert

*} Ί

OA

, die 9. Kur, die sog. terres contestees , 25 die ZweibrUcker Erbansprüche , die Pragmatische Sank-

tion^,

die Wahl Karls V I I . ^

sich häufend, zusammenfassende

usw. tours

und,

schließlich

d'horizon

unter 2g

besonderer Berücksichtigung der deutschen Fürsten Neben

Erörterungen

der

Stellung

Frankreichs

in der europäischen Christenheit des 17·Jahrhunderts, deren Phasen durch die großen Friedensverträge be29 stimmt werden , finden sich Auslassungen über Herkunft, Ländererwerb und den Anspruch auf 30 die Kaiserwürde des rivalisierenden Hauses Habsburg . Die Kaiserwahl wird unter verschiedenen Aspekten, hauptsächlich denen eines nichtdeutschen oder eines protestantischen Kandidaten, diskutiert 31 . Insbesondere die 32 deutschen Reichsfürsten interessieren weiterhin , aber jetzt nicht mehr dogmatisch zentriert auf die Zubilligung von ständischem Widerstandsrecht gegen einen tyrannischen Kaiser im Rahmen der 33 Theorie von der beschränkten Monarchie des Reiches . Man erörtert sachlich die Abgrenzung der Rechte der Fürsten gegenüber denen des Kaisers η Λ , die aktuellen und die früheren Bündnisse der deutschen Fürsten untereinander und mit 35 den französischen Königen , weiter Landeshoheit und Souveränität"^, Lehen und A l l o dT^ ο , weibliche VormundSchaft Uber fürstliche Prinzen , adeliges Befesti39 gungsrecht usw. Kurmainz wird vor allem auch unter der um, auch

Optik seiner Funktionen im Reichstag Diktatur) betrachtet^®. den

reichischen

Das

Interesse

(Direktorigilt

Institutionalisierungen

aber

selbst,

insbesondere wenn diese auch für außenpolitische Entscheidungen wichtig sein können: A r\ j λ Reichsdeputation^, Reichsmatrikel , Reichsgericht , Reichskreise und Kreisassoziationen 44 , vor allem auch der Burgundische

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

342

Reichskreis^"*.

Die

unterschiedlichsten

Erscheinungen

des öffentlichen Lebens, der Wirtschaft und der Kultur werden in den Denkschriften thematisiert. So etwa die drei der

im Reich öffentlich Reichsadler

als

anerkannten

"Religionen"^, Λ 7

deutsches

Hoheitssymbol , die A8 Konvertibilität von Gold- und Silbermünzen (wichtig für Kontributionen und Subsidien), die Schiffahrt auf Rhein und M a i n ^ , die deutschen Dialekte"*^ und vieles andere mehr. Die häufig in mehreren menen, einen

thesenartigen beträchtlichen

bunddarstellung! ) ^ ,

Abschriften

Erörterungen, Umfang

die

annehmen

überkom-

gelegentlich

können

mit Schwergewicht

auf

(Rhein-

den

Jahr-

zehnten des ausgehenden 17. und der ersten Hälfte des 18.Jahrhunderts, bilden wohl in der Hauptsache Reflex der Tätigkeit

der für Deutschland

einen

zuständigen

Bureaux des Außenministeriums. Aber auch an die großen Bibliotheken Mazarins und Colberts, die nach dem Vorbild der Richelieu-Bibliothek auch der Erstellung von Arbeiten gutachtlicher Zielsetzung dienen konnten, und an die Academie politique des Marquis de Torcy, C2 einem Neffen Colberts, kann durchaus gedacht werden . Die Bandbreite bauten

dieser

Schriften

diplomatischen

reicht

Diskursen

von

durch

klar

die

aufge-

führenden

Experten aufgrund eingezogener Informationen von wissenschaftlich-juristischer vereinfachenden dungszwecken. lange

Lücken

praktizierte

Privateigentum

Ansprüchlichkeit

Abschriften

und

lassen

auf

Handhabung

schließen,

sind

Analysen Verluste

wichtiger aber

bis

zu

durch

Papiere

auch

zu

Ausbil-

als

sequenz der sich erst allmählich vollziehenden

die als Kon-

Inten-

sivierung der Einsicht in die Verfassungsstruktur

des

53 Reiches zu sehen

, deren Erörterung sich in Deutsch-

land selbst recht spät seit dem ausgehenden

16.Jahr-

343

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

hundert zu der breiten Wissenschaft des "öffentlichen" Rechtes

(Staatsrechtes)

zu

entwickeln

begonnen

hat-

t e ^ . Bei aktuellen Fragestellungen beispielsweise der Deutschland-Politik

wurde so der

orientierende

griff auf Vorformen und -Stadien oder

Rück-

gleichgeartete

Probleme in anderen Gebieten möglich. Das war

aller-

dings nicht mehr der vom Humanismus geforderte Primat der Geschichte

für die

politische

Gegenwartsbewälti-

gung, verstanden als das exempelhafte Ausschöpfen der antiken Autoren^,

Die Politik

Diplomatie und wiederum deren Hilfswissenschaften

wie

konnte

mit

Hilfe

der

juristisch-historischen

vormals

mit

Hilfe

der

Theo-

logie den Charakter des Willkürlichen, brachial Pragmatischen abstreifen, der von den Sympathien oder Abneigungen des Monarchen scheidungsträger

sonst

gefärbt wurde, und mit

oder seiner wichtigsten zu

unerwünscht

dem

deutlich

Zurücktreten

der

Entein-

mittel-

alterlichen monarchischen Gottbefohlenheit und -gebundenheit

auf

dem

schmalen

Grat

des

anspruchsvollen

droit divin noch leichter mit dem immer noch unangenehm wirkenden Vorwurf des Tyrannischen bzw. Unchristlichen bedacht werden konnte. Die Politik wurde so mit Hilfe der Bürokratisierung der Diplomatie intellektualisiert, besser konditioniert, zivilisiert und in säkularisiertem theoretisch

Verständnis

humanisiert.

Sie

ein in ein nach europäischer

leitete

Integration

strebendes Rechtsgebäude, das die nationalen und partikularistischen Gegebenheiten als natur- bzw. völkerrechtliche

Modifizierungen

begreifen

und

einordnen

wollte, ohne damit die Souveränität der einzelnen Nationen in Frage zu stellen. Eine von der weiter wickelten Kenntnis der Rechte an die Politik tisch heranzutragende Möglichkeit tur aufgrund verbesserter

einer

Information,

ent-

theore-

Fehlerkorreksozusagen

als

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

344

reuiges "Eingeständnis" zu denken, wurde allerdings wohl als unzumutbare Moralisierung diskutiert.

Die

politische

- erst

Argumentation

gar

nicht

Frankreichs

wurde im Blick auf das Verhältnis zum deutschen Staatensystem

zwar

immer

anspruchsvoller

geführt,

blieb

aber grundsätzlich fixiert von der Vorstellung des Besitzes eines besseren Rechts, ohne daß für den Einzelfall eine besondere doktrinäre Begründung schon parat sein mußte. Ein moralischer Rückschritt gegenüber den mühsamen Prozeduren gelehrten theologischen Hinterfragens

politischer

Probleme

bei

Richelieu?

Doch

nur,

wenn das Kokettieren mit dem moralphilosophischen Kalkül und das auf diesem Wege zu erarbeitende

juristi-

sche Konstrukt mit der ethischen Verbindlichkeit innerer Frömmigkeitshaltung selbst verwechselt würde. Der diplomatischen Aufbauarbeit widersprach es nicht, wenn spätestens seit dem Ausgang des Österreichischen Erbfolgekrieges

an die

Stelle

der

drohenden

Annexions-

und Arrondierungspolitik eine Politik der gung" t r a t ^ , wie auch

andererseits

bei

"Durchdrinden

verant-

wortlichen Ministern der rheinischen Fürsten die Empfindlichkeit

gegenüber

Einmischungen •>7 die "Reichsdomestica" wuchs .

Frankreichs

in

Besonders das sog. droit public im Sinn des Staatsrechtes in Deutschland begann zu hatte doch die Verfahrensweise

des

interessieren;

"Dissimulierens",

des bewußten Akzeptierens von unklaren

Formulierungen

in den Verträgen, auch dem machtpolitisch

Überlegenen

Wechsel auf die Zukunft beschert, die nur

mit

Hilfe

der Juristen einzulösen waren. Man glaubte damals in Versailles zu erkennen, daß es keine sichere Systematik für eine Analyse der Ausformung des Staatsrechtes in

Deutschland

geben

konnte,

die

vom

Natur-

oder

Völkerrecht schlüssig zu beziehen war. Das Studium des

345

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

deutschen

Staatsrechtes

war

nur

in

enger

Verbindung

mit der deutschen Geschichte zu verdeutlichen bzw. zu erarbeiten, wobei man mit dem Spürsinn des politischdiplomatischen

Rechtspragmatismus auf der alten

Leit-

schiene des Domänenbegriffs den Spuren der spätmittelalterlichen französischen Kronjuristen bis in das Mittelalter zurückfolgte und die zeitgenössischen französischen und deutschen Urkundensammlungen und lungen der mittelalterlichen ter

die

Lupe

schulten

nahm.

Insbesondere

gelehrten

Darstel-

deutschen Kaiserzeit

ge-

Univer-

sität mit ihrer Orientierung an der modernen

Politik-

wissenschaft

Gewährs-

boten

rO

der

historisch

Straßburger

leute an

Juristen

die

un-

sich traditionsgemäß

. Ulrich Obrecht durchsuchte

Auftrag

die

Archive

in

als in

Heidelberg

königlichem

und

Speyer

aktuellen Fragestellungen, wie der Wahl des Königs.

Sein

1716 einen

Schwager

Heinrich

"Catalogue des livres

plus e s t i m e s " ^ Jeremias

Johann

du

nach Versailles.

Eberhard

Linck

stammt

Von

sandte

Public

dem

die

römischen

Böckler

Droit

zu

les

Straßburger

erste

gedruckte

Einführung in das Studium des öffentlichen Rechtes in Deutschland, die 1728 in französischer Übersetzung aus Lincks Vorlesungshef t. erstellt kopiert sie

wurde

1748

von

("Le

droit

dem

Vitriarius

abgelöst

Schließlich

wird

Regime von

Johann

Daniel

des

worden

zu

in

(seit

der 1757)

Schöpflin

in

Paris

mehrfach

d1Allemagne"),

Leitfaden sich

in Straßburg

und

public

und

Leydener sein

Spätzeit

bis

Juristen scheint^.

des

unter

der

von

dessen

Ancien

Anleitung Schüler

Christoph Wilhelm Koch eine Diplomatenschule.im Rahmen 62 der Straßburger Universität einen Namen machen Die diplomatischen Verbindungen mit dem Reich erfaßten

(nach Ausweis der Serie Correspondence

tique, Allemagne,

Archives

du Ministere

des

poli-

Affaires

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

346

etrangeres, Paris) insbesondere die geistlichen Kurfürstentümer am Rhein: Mainz (seit 1610), Köln und Trier (seit 1624), dann Kurpfalz und Pfalz-Zweibrücken (seit 1602), aber auch eine Reihe von weiteren Fürsten am Rhein wie Nassau (seit 1003), Baden (seit 1570), das Bistum Speyer (seit 1622) und die "petites principautes" wie Salm, Rheingrafen, Isenburg, Waldeck, Leiningen, Oettingen, einige Reichsstädte und den Deutf\ 1

sehen Orden Der

. Aufbau

ständiger

setzt bei den rheinischen abschließend

diplomatischer

Kurfürsten,

spezieller zuwenden, um

denen 1648

Posten wir

uns

ein^.

Die

Diplomaten, die der König nach Bonn, Koblenz, Mainz, Frankfurt und Heidelberg schickte, erhielten üblicherweise den Titel resident oder envoye, envoye extraordinaire. Im allgemeinen sucht man hier vergeblich jene großen

Namen

der

ambassadeurs

an

den

bedeutenden

europäischen Höfen. Obwohl es eine eigentliche diplomatische

Karriere

im Ancien

Regime

noch

nicht

wurden doch diese Posten bei den rheinischen als zweitrangig angesehen, formalrechtlich

gab,

Fürsten

durch

den

Umstand abgestützt, daß die Souveränität dieser kleinen

Fürsten

doch

keine

fleckenlos

vollständige

war.

"Dans les cours rhenans, on se ruine au service du Roi sans

profit

ni prestige"^"'.

Dazu wurden

die

an

den

Rhein geschickten honnetes hommes beharrlich von dem Gefühl verfolgt, ohne adäquate Entschädigung in eine vergleichsweise zivilisatorisch und ökonomisch benachteiligte "die

Landschaft exiliert

notwendigen

Ausbrechen von Katarrh und die

dichten

Verrätereien die

die

Nebel der

zu werden. Hinzu traten

Übel eines des

Rhein-

Gesundheit

der

rauhen

Klimas,

Rheumatismus Rheins,

und

denen

Moselweine

Würdenträger

auf

das

das

begünstigte; sich

die

zugesellten, eine

harte

347

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

Probe stellten"^. Vor ihrer Abreise empfingen die Gesandten vom Staatssekretär Initialinstruktionen mit näheren

Anga-

ben über die anstehenden Aufgaben, den Hof, den Fürsten und seine Minister, die ihn erwarteten, auch Zeremoniellfragen blieben nicht vergessen. Was die Einstufung

politischer

Fragen

anlangt,

enthalten

diese

Instruktionen plausiblerweise weniger die eigentliche Meinung vielmehr

der

französischen

eher

diejenige,

solche am fremden Hof Begründung, sich

was

wichtigen

eine

offiziellen die

der

vorzugeben kritische

Quellen

nicht

Stellen,

Gesandte hatte,

gerade

Erst im Zusammenhang mit den übrigen

als

sowie

Auswertung

als eine deren

dieser

an

erleichtert

.

Korrespondenzen

zwischen Paris und dem Diplomaten auf Außenposten und im Vergleich mit den betreffenden Materialien der politisch

unterschiedlich

verorteten

Nachbarresidenzen

wird ein einigermaßen gesicherter vektorieller auf die französischen Absichten

ermöglicht.

Schluß

Die Hin-

und Herinformation zwischen Versailles und den rheinischen Posten verdeutlicht, daß stellationen

kaum

Überlegenheit

der

von

verbalem

französischen

längerfristige Einfluß

Kon-

waren.

Machtposition

Die

wirkte

sich auch in der Zeit Ludwigs XIV. keineswegs so aus, daß

alle

von

den

Franzosen

angedeuteten

Erwartungen

und Wünsche in die Realität umgesetzt werden konnten, auch,

wenn

sollten.

diese

Das

französischer spektierung

sich

hing

relativ

damit

bescheiden

zusammen,

daß

die

Deutschlandpolitik- herkömmlich der

partikularfürstlichen

ausnehmen Modelle die

Re-

Libertät

in

Friedenszeiten sozusagen axiomatisch voraussetzten. Bei den geistlichen Kurfürstentümern'erwiesen sich die Erzbischofs- und Koadjutorwahlen als Schlüsselkonfigurationen,

die - so scheint es - durch

den

348

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

mühsamen Aufbau französischer "Parteien" in den Domkapiteln über Gebühr in den französischen Überlegungen perpetuiert werden, wodurch Täuschungen, Mißerfolge und Enttäuschungen geradezu vorprogrammiert erscheinen. Pensionen und politisch-militärische Allianzbzw. Neutralitätsverträge gewinnen jeweils nur abschnittweise in den einzelnen Kurfürstentümern Aktua-

68 lität

. Der Stellenwert der Kurfürstentümer wird mehr

durch die Persönlichke.it der jeweiligen Regenten (und, insbesondere

später,

vergleichbaren,

deren

Minister)

relativ kleinen

als

durch

die

Territorialpositionen

mit allerdings beträchtlichem strategischem Wert gegeben. Hofiert man nach 1648 zeitweilig dem ehrgeizigen Mediationsstreben des Mainzer Kurfürsten Johann Phi69 lipp von Schönborn , so wirkt sich in den großen Auseinandersetzungen

Uber

das

Ende

des

17 .Jahrhunderts

hinweg die dynastische Verklammerung Kölns mit München aus.

Kurfürst

Clemens

August

von

Köln,

la

"vraie

girouette", wurde gerade durch seine selbständige Politik während der wittelsbachischen Kaiserperiode plus

puissant

des

archeveques

de

1'Empire",

"le

dessen

durch die Baulust bedingte70Achillesferse, die Finanzsorgen, auszunützen seien . Spätestens das renversement des alliances machte die geistlichen Kurhöfe am Rhein für Frankreich politisch fast bedeutungslos, für Kurtrier galt das im wesentlichen

schon 7 1 seit dem Tod Philipp Christoph von Söterns ( 1652) . Die deutliche

Reduktion tionspläne Wende zum

des

Stellenwertes

bedrohten

der

geistlichen

18.Jahrhundert

durch

Säkularisa-

Fürsten 7 2ist

schon notorisch

um

die

. Das Haus

Wittelsbach als möglicher Knoten einer dritten Partei in Deutschland bot für Frankreich wie im übrigen auch für Habsburg weiter diverse Anknüpfungspunkte

zu Al-

lianzen. Die Wegstrecke von der Gegnerschaft der viel-

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

349

fach militärisch von Frankreich überzogenen Kurpfalz, deren Kurfürst Karl Ludwig erst 1073 "lit einem französischen Diplomatenposten in Heidelberg honoriert 71 worden

war

,

bis

zur

Annäherung

seit

1727

und

schließlicher

"Interessenkonformität" im entscheiden7Λ den Jahr 1740 war weit . Aber die geographisch entlang der Rheinachse auseinandergezogene Pfalz war mit ihrer auf weitere Vergrößerung angelegten dynastischen Katalysatorsituation

für

Frankreich

strategisch

und

kräftemäßig nützlich, auch durch den pfälzischen Einfluß im Reichstag und in den Kreisversammlungen durch ihr Konvikariat während der deutschen

sowie

Thronva-

kanzen. Umgekehrt gab erst die Allianz mit Frankreich, das Subsidien, den Besitz der Festung Landau und quälende

Grenzstreitigkeiten

als

einsetzen konnte, der Pfalz

Lock-

und

Druckmittel

ernstzunehmendes

politi-

sches Gewicht. Allerdings war damit längerfristig auch hier die Gefahr angelegt, "unmerklich eine mittelbare, wenn nicht unmittelbare Dependence der Krone." zu werden 7 5 . Ob Frankreich mit seiner Politik der diplomatischen Aufweichung des Reiches durch die

zeitweilig

demonstrative Gewichtung der fürstlichen Residenzen am Rhein insgesamt über dem Strich einen Gewinn erzielt hat, der den Aufwand lohnte, mag dahingestellt

sein,

wenn man handgreifliche Gewinne allein gewichten möchte. In den entscheidenden

Situationen auf Krieg oder

Frieden erwiesen sich die diplomatischen Brücken häufig als zu wenig tragfähig, um Vorteile zu bieten; in den Friedenszeiten und im Zeichen günstiger Konstellationen hatte sich die französische tionierendes

Instrumentarium

auch

Politik ein funkder

Selbstdomesti-

zierung bzw. Selbstverpflichtung geschaffen, das nicht unbedingt auf plakative Erfolge terminiert war. Klein-

350

Dotzauer, Macht - Politik — Diplomatie

liehe Personalpolitik, Grenzstreitigkeiten, sche

Durchzlige

und

insgesamt

die

Abhängigkeit

rheinischen Kleinstaaten von den

großen

Kräftekonstellationen

Vorteile

lassen

die

militärider

europäischen längerfri-

stig nur da bei Frankreich zu Buche schlagen, wo das Fernziel

eines

einseitigen

Hineinwachsens

französi-

scher Kräfte in das innere Gefilge des Reiches siert und eben als vorteilhaft virtuos

entwickelte

brechens

Technik

angesehen

des

staatsrechtlicher

diplomatischen

Schaltstellen

setzte das immer anspruchsvollere

anvi-

wurde. im

Die Auf-

Reich

Vertrautwerden

mit

den autochthonen Herrschaftsgepflogenheiten und -Usancen und wichtiger Stränge des biographischen Geflechtes der führenden Kreise voraus. Nicht auf die Herausforderung

zu

größerer

Einfühlung

und

schließlicher

Selbstidentifikation mit den erkannten deutschen Positionen war das französische

Tätigwerden

eingestimmt,

wie dies nun einmal nicht im Bestreben der Diplomatie liegen der

kann,

sondern

gewachsenen

auf

deutschen

die

vektorielle

rechtlichen

Versetzung

Vorstellungen,

die auf die Franzosen mittelalterlich wirken mußten, im Sinne

des modern

konzipierten

Natur-

und

Völker-

rechtes, das in seiner großen Gefügigkeit auch gleichzeitig

vom

politischen

Stilgefühl

der

Zeit

her

ka-

Seite aus?

Die

nalisierten Vormachtambitionen günstiger war. Wie sah es auf der deutschen Mittel

der

aufwendige

deutschen

Fürsten

diplomatische

erlaubten

Aktivität

in

eine

ähnlich

Versailles

nicht, wenn sich auch immer und immer wieder deutsche Diplomaten in offiziellen.Missionen in Versailles aufH (\

gehalten haben

. Gewiß ist die Information, die sich

die deutschen Fürsten am Rhein Uber die

französische

Politik und ihre Entscheidungsträger in Versailles auf dem Weg Uber Gewährsmänner, Geschäftsträger, Residen-

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

351

ten oder Gesandte selbst besorgen konnten, häufig sehr viel einseitiger und unverbindlicher gewesen. Die Tage der demonstrativen beit

im

jungen

Signale zu intensiver

Rheinbund

waren

bald

Zusammenar-

zerronnen.

Be-

sonders die Aktivitäten im Umkreis des Mainzer Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn zeigen, daß sich gerade am Rhein seit 1648 ein eigentümliches politischsozietäres Klima entwickeln konnte, das in seiner allerdings nur z.T. in die Vergangenheit gerichteten relativ von

machtfremden

Konstruktivität

philosophisch-literarischen

die

Verwechslung

reichspublizistischen

Erörterungen mit politischen Avis pragmatischer Aus77 richtung ableistete . Eine gewisse Neutralisierung der

Kräfte

aus Versailles

und

Wien,

die

rivalisie-

renden Vorstöße der einzelnen kräftemäßig nicht übermächtigen Parteiengruppen trugen dieses

Klima

bewußt

mit bzw. bedienten sich seiner, ohne es zu zerstören. Die soziale Struktur der Erzstifte und Hochstifte, deren schnell wechselnde Führungsspitzen großenteils aus dem Lager des niederen Adels bezogen wurden, aber auch die

weltliche

Kurpfalz,

scher,

politischer,

Grenz-

und

der

die

Aufgabe

konfessioneller

Außenposten-Politik

geographi-

und

zufiel

kultureller

und

die

durch

das Erlebnis des Dreißigjährigen Krieges die Instabilität

auch

angestammten

Landesfürstentums

erfahren

mußte, kamen diesem Denken entgegen. Das bekannte Projekt

des

damals

in Mainz

tätigen

Gottfried

Wilhelm

Leibniz, dem König von Frankreich im "Consilium Aegyptiacum"

(1671/72) die Eroberung Ägyptens

nahezulegen,

kam immerhin einer Idee des nicht direkt Pate stehenden Mainzer Kurfürsten Johann Philipp entgegen, derzufolge die besiegten Holländer Schiffe für ein französisches

Engagement

sollten 7 Η. Das

gegen

"Consilium

die

Türken

bereitstellen

Aegyptiacum" 70 und

andere

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

352

Projekte

werfen die Frage auf, ob ein gerade notwen-

diges Mehr an politischem Kausaldenken im eigentlichen Realitätsnexus der damaligen Zeit bereits nur noch den politischen möglich

FUhrungsmächten

war,

in

in

Europa

den politischen

gegeben

und

Pressionszentren

am

Rhein (allerdings auch in den übrigen deutschen Kleinresidenzen)

wie

in

Italien

und

Polen

Vielfalt von Kräften und Gegenkräften deren Exzentrität z.T. nur mit territorialen willkommene schen

Teilsituation

Ansatzpunkte

Führungsmächte

zu

dagegen genährt

wurde,

der Vereinzelung erklären

ist

für die expansiven

bildeten.

eine

Wir

mUssen

und

der die

europäiuns

viel-

leicht damit abfinden, daß sich ein Großteil des diplomatischen cheren

Schriftwechsels und des viel

mündlichen

diplomatischen

umfangrei-

Verkehrs

zwischen

Großmacht und Kleinstaat zwar desselben Vokabulars und derselben Gedankenfiguren bediente wie im Verkehr unter den Großmächten selbst, daß sich jedoch eigentlich nur der politisch mächtigere Teil der mangelnden Verbindlichkeit in

aller

wohl bewußt war. Transparenz ergab sich

brutaler

Deutlichkeit

für

alle

Beteiligten

erst in casu belli. Das System war fast perfekt, da es der Eitelkeit der kleinen Auswechsel-Fürsten

aus dem

niederen Adel entgegenkam und gleichzeitig durch die Vieldeutigkeit

der diplomatischen

Konstruktionen

oft nicht ungefährlichen Absichten der

die

Führungsmächte

in Friedenszeiten in einem heute geradezu klassisch zu verstehenden Maß zeitgemäß moderiert wurden.

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

353

1 Daß die von der älteren Geschichtsschreibung aus dem Detail erarbeiteten Grundzüge, auch wenn sie von ihrem nationalistischen Gehalt befreit sind, in ihren strukturellen und detailbezogenen Ergebnissen noch weiterhin Verbindlichkeitscharakter haben können, zeigt die Studie von Paul Egon Hübinger, Die Anfänge der französischen Rheinpolitik als historisches Problem. In: HZ 171 (1951) S.21-45· 2 Aloys Schulte, Frankreich und das linke Rheinufer. 2. Aufl. Stuttgart und Berlin 1918, S.137-143. Wilhelm Mommsen, Richelieu, Elsaß und Lothringen. Ein Beitrag zur elsaß-lothringischen Frage. Berlin 1922. - Kurt v. Raumer, Richelieu und der Rhein. In: Zf GO 43 ( 193Ö1 S.149-104 und später verschiedentlich. - Berthold Baustaedt, Richelieu und Deutschland. Von der Schlacht bei Breitenfeld bis zum Tode Bernhards von Weimar. Berlin 1936. 3 In der deutschen Diskussion, ausgelöst durch die Dissertation W. Mommsens (vgl. Anm. 2), die das konsequent nationalistische Bild A. Schultes (vgl. ebd.) korrigierte, war man nach wie vor überzeugt, daß die Position am Rhein schon früh die machtpolitische Grundlage der französischen Deutschlandpolitik bildete. Mommsens These, Richelieu habe keine Rheingrenzpolitik vertreten, sondern man könne lediglich die Einbeziehung Lothringens, nicht des Elsasses, als integrierenden Bestandteil seiner Politik betrachten, bewegte sich in der Nähe des Franzosen Louis Batiffol, Richelieu et la question d 1 Alsace. In: Revue Historique 138 (1921) S . l 6 l 200. Sie wurde im Dialog mit K. v. Raumer Gegenstand einer heftigen Diskussion. Auch B. Baustaedt (vgl. Anm. 2) warnt vor Mommsens Ansatz, Richelieus Rheinpolitik isoliert zu betrachten. 4 Schon die anspruchsvolle Erörterung von Rudolf von Albertini, Das politische Denken in Frankreich zur Zeit Richelieus. Marburg 1951> hat die deutsche Auseinandersetzung um die Machtpolitik Richelieus um eine wichtige Dimension bereichert. 5 Fritz Diekmann, Rechtsgedanke und Machtpolitik bei Richelieu. Studien an neu entdeckten Quellen. In: HZ 196 (1963) S.265-319, betont, daß bei Richelieu immer wieder auch Prinzipien der Rechtsüberzeugung in seine Überlegungen hineinspielen und er auch an die Rechtlichkeit der von Dupuy und Godefroy konstruierten Ansprüche auf fremde Gebiete glaubte. 6 Gabriel Hanotaux, Richelieu et la Religion. In: Revue des Deux Mondes 108 (1938) S.549-579. 7 Stephan Skalweit, Richelieus Staatsidee. In: GWU 2 (1951) S.719-730, hier S.721. - Hermann Weber,

354

8 9 10 11

12 13 14

15

16

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

Frankreich, Kurtrier, der Rhein und das Reich 16231635. Bonn 1969, S . 5 9 - 6 4 . - Ders., Richelieu und das Reich. In: Frankreich und das Reich im 16. und 17.Jahrhundert. Hrsg. v. Heinrich Lutz, Friedrich Hermann Schubert, Hermann Weber. Göttingen 1968, S.36-52, 60. - Jörg Wollenberg, Richelieu. Staatsräson und Kircheninteresse. Zur Legitimation des Kardinalpremier. Bielefeld 1977, pass. - William F. Church, The Impact of Absolutism in France: National Experience under Richelieu, Mazarin, and Louis XIV. New York/London/Sidney/Toronto (1969) S.9. Vgl. Weber, Frankreich (Anm. 7) S . 6 4 . Winfried Dotzauer, Heinrich IV. von Frankreich und die Frage der römischen Königswahl in Deutschland. In: ZfGO 114 NF 75 (1966) S.71-146, hier S.99ff. Ders., Der publizistische Kampf zwischen Frankreich und Deutschland in der Zeit Ludwigs XIV. In: ZfGO 121 NF 82 (1974) S.99-123. Wolfgang Hans Stein, Protection Royale. Eine Untersuchung zu den Protektionsverhältnissen im Elsaß zur Zeit Richelieus. 1622-1643. MUnster 1978. - Ingeborg Streitberger, Der königliche Prätor von Straßburg 1685-1789. Freie Stadt im absoluten Staat. Wiesbaden 1961. Vgl. Roman Schnur, Der Rheinbund von 16 5 8 in der deutschen Verfassungsgeschichte. Bonn 19 5 5 > S.29ff. Camille Piccioni, Les premiers commis des affaires etrangeres au XVII et au XVIII siecles. Paris 1928. Am eindrucksvollsten abgespiegelt im Recueil des Instructions donnees aux Ambassadeurs et Ministres de France depuis les Traites de Westphalie jusqu' ä la Revolution Frangaise publie sous les auspices de la Commission des Archives diplomatiques au Ministere des Affaires Etrangeres. Bd. 1—(30,1). Paris 1 8 8 4 ( 1 9 8 3 ) . A. Salomon, Les Alsaciens employes au Ministere des Affaires Etrangeres ä Versailles au XVIII et au XVIII siecles. In: Revue d'histoire diplomatique 45 (1931) S.449-472. - Im engeren Sinne auf die Wissenschaft der Geschichte bezogen Jürgen Voss, Das Elsaß als Mittler zwischen deutscher und französischer Geschichtswissenschaft im 18.Jahrhundert. In: Historische Forschung im 18.Jahrhundert. 12. Deutsch-Französisches Historiker-Kolloquium des Deutschen Historischen Instituts Paris. Hrsg. v. Karl Hammer und Jürgen Voss. Bonn 1976, S.334-363. Die folgenden Angaben können natürlich nicht einmal ausschnitthaft vollständig sein, vermitteln jedoch einen, wenn auch oberflächlichen, Eindruck der in

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28

29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44

355

diesem Zusammenhang anzusprechenden strukturellen Kriterien, wobei nicht zuletzt die zahlreichen kleineren, in den Archivinventaren unberücksichtigt bleibenden Denkschriften nicht unwichtig sind. AE (= Archives du Ministere des Affaires etrangeres, Paris) MD Allemagne 78 f.528-534· - Vgl. auch B.N. (= Bibliotheque nationale, Paris)FR 8996. AE MD Allemagne 34 et 35= Histoire de l'alliance du Rhin (I-II). Ausführliche Darstellung. B.N. Clairambault 448 f.300-303AE MD Allemagne 16 f.49-138'. Par Μ. de Saint-Prez (1720). B.N. FR 7139 (1688) f.2ff. B.N. Thoisy 271, Tom. VII f.101-114- - Clairambault 295 f.3-113. AE MD Allemagne 37 f.109-139; f. 142-273'· - MD Allemagne 38 f.136-143- - B.N. Clairambault 283 f.197-298. AE MD Allemagne 12 f.104-183· AE MD Allemagne 78 f.3l8ff. AE MD Allemagne 41 f.300ff. AE MD Allemagne 38 f.362-439'. AE MD Allemagne 8l f.7-41' ( 1700). - MD Allemagne 12 f.41-98. Par Μ. de Saint-Prez ( 1715) . - MD Allemagne 52 f.110-114. Par le Dran, Commis des AE (1716). - MD Allemagne 78 f.305-317'; f.323-335' (1732, 1733). - MD Allemagne 41 f.332-370 (1735). AE MD France 441, 412. - B.N. FR 10673B.N. FR 10673. - AE MD Allemagne 78 f.348-398'. AE MD Allemagne 41 f. 36-39'; 40-45; 46-48; 276-281. MD Allemagne 8l f.75-92. Portrait d' un Prince de 1'Empire. AE MD Allemagne 78 f.249-263•. Wollenberg, Richelieu (Anm. 7) S.102. AE MD Allemagne 78 f. 249-263. - MD Allemagne 8l f.151ffAE MD Allemagne 41 f.22-25- MD Allemagne 52 f.167-219. AE MD Allemagne 16 f. 157-197· - MD Allemagne 52 f. U 6 f . AE MD Allemagne 78 f.556-564AE MD Allemagne 74 f.408-4l6'. AE MD Allemagne 77 f.45-52'. AE MD Allemagne 78 f.281-296'; 297-304'; 580-601; 602-605'· AE MD Allemagne 12 f.255-256'. AE MD Allemagne 16 N? 4 f.219-261 1 . AE MD Allemagne 78 f.538-544'. AE MD Allemagne 41 f.296-299; MD Allemagne 78 f.338-345'·- N.B. FR 9729 f.222ff.; 227ff.

356

Dotzauer, Macht - Politik -

Diplomatie

45 AE MD Allemagne 78 f.486-521 1 . Sur le dessin qu'il paroit que la cour de Vienne a forme de faire des Pays-bas Autrichiens un Electorat de 1'Empire. 46 AE MD Allemagne 12 f.l84ff. (1741)· 47 AE MD Allemagne 78 f.576-57748 AE MD Allemagne 41 f.423-429'. - MD Allemagne 77 f.67 1 -68 1 ; 69-73'. 49 B.N. FR 8010 f.194-199 (1744)· 50 Lingua Germanica Dialectorum. B.N. FR 9729 f. 167168' .

51 Vgl. Anm. 18. 52 Wollenberg, Richelieu (Anm. 7), S.122. - Joseph Klaits, Men of Letters and Political Reform in France at the End of the Reign of Louis XIV: The Foundation of the Academie Politique. In: JMH 43 (1971) S.578-597. 53 Über die Anfänge des französischen Interesses an der Staatslehre in der 2. Hälfte des 16.Jahrhunderts, verknüpft mit der Souveränitätslehre Jean Bodins, der Auffassung der Volkssouveränität durch die Monarchomachen sowie mit de Thous Historiae sui temporis vgl. Friedrich Hermann Schubert, Französische Staatstheorie und deutsche Reichsverfassung im 16. und 17.Jahrhundert. In: Frankreich und das Reich (Anm. 7), S.20-35, 55-59· 54 Vgl. ders., Die deutschen Reichstage in der Staatslehre der frühen Neuzeit. Göttingen 1966, S.54f·, l60, 354 u. pass. 55 Friedrich Meinecke, Die Idee der Staatsräson in der neueren Geschichte. Hrsg. und eingeleitet von Waither Hofer. München I960, S.197 (Friedrich Meinecke Werke. Bd.l). Wollenberg, Richelieu (Anm. 7) S.167. 56 Dabei denkt man vor allem an die paradigmatische Aufarbeitung diplomatiegeschichtlicher Natur der Beziehungen zwischen Kurpfalz und Frankreich von 1740-1756: Hannah Rabe, Pfälzische Reichsund Außenpolitik am Vorabend des Österreichischen Erbfolgekrieges 1740-1742. Meisenheim 1961. - Hermann Weber, Die Politik des Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz während des österreichischen Erbfolgekrieges (1742-1748). Bonn 1956 - Meinhard Olbrich, Die Politik des Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz zwischen den Kriegen (1748-1756). Bonn 1966. 57 Rabe, Reichs- und Außenpolitik (Anm. 56) S.62. 58 Bereits an Gymnasium und Akademie in Straßburg beschäftigten sich der Jurist Georg Obrecht und der Historienprofessor Mathias Bernegger mit dem deutschen Reichsrecht. Anton Schindling, Humanistische Hochschule und freie Reichsstadt. Gymnasium und Akademie in Straßburg 1538-1621 . Wiesbaden 1977,

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

357

S . 280, 284f. 59 AE MD Allemagne 12 (II) f.272-275 (29® juin 1716). - Vgl. dazu: Reflexions sur le droit public d'Allemagne ( 1716 Le Dran). Ebd. MD Allemagne 52 f.118-122'. 60 AE MD Allemagne 67 f.10-81. - MD Allemagne 72 f. 112ff. - B.N. FR 8995. 61 AE MD Allemagne 72 f.3-174'. 62 Jürgen Voss, Universität, Geschichtswissenschaft und Diplomatie im Zeitalter der Aufklärung: Johann Daniel Schöpflin (1694-1771)· München 1979, S.143, 145ff·, 156-185. - Ders., Elsaß als Mittler (Anm. 15), S.345ff. 63 Weiter: Autriche, Bade, Baviere, Berg/Cleves/Juliers, Brunswick, Hesse, Lorraine, Munster, Mecklembourg, Palatinat-Deux-Ponts, Prusse, Saxe, Wurtemberg. 64 Recueil des Instructions (Anm. 14), XXVIII Etats allemands. Par Georges Livet. Τ.1-(3): L'Electorat de Mayence. Paris 1962. L'Electorat de Cologne. Paris 1963. L'Electorat de Treves. Paris 1966. 65 Ebd. Mayence, S.XXIX. 66 Ebd. S.XLV. 67 Winfried Dotzauer, Recueil des Instructions. In: ZfGO 111 NF 72 (1963) S. 89-600, hier S. 91. 68 Nach dem Ausweis des Inhalts des Recueil (Anm. 14) Bd. 7 Baviere, Palatinat, Deux-Ponts, hrsg. v. Andre Lebon. Paris 1889 und Bd. 28 (Anm. 6 4 ) . Die allgemeine Situation: Max Braubach, Vom Westfälischen Frieden bis zum Wiener Kongreß (1648—1815)· In: Rheinische Geschichte, hrsg. v. Franz Petri und Georg Droege. Bd. 2: Neuzeit. 2. Aufl. Düsseldorf 1976, s . 2 1 9 - 3 6 5 . 69 Claude Badalo-Dulong, Trente ans de diplomatie frangaise en Allemagne. Louis XIV et l'Electeur de Mayence ( I 6 4 8 - I 6 7 8 ) . Paris 1956, S.30 f. Jedoch auch schon 16 58 mit Maßen: "parce que, comme l'ecrivait un peu dedaigneusement Mazarin, un simple Electeur ne saurait tenir la balance egale entre deux parties qui lui seront si superieurs en force". Ebd. S.31. - Zuletzt unter kirchengeschichtlichem Aspekt Friedhelm Jürgensmeier, Johann Philipp von Schönborn (160 5 - 1 6 7 3 ) u n d d i e r ö m i s c h e Kurie. Mainz 1977, S.229ff. 70 Max Braubach, Die vier letzten Kurfürsten von Köln. B o n n / K ö l n 1 9 3 1 , S.71ff· - Recueil, Cologne (Anm. 6 4 ) S.192, 218. 71 Jakob Lehnen, Beiträge zur kurfürstlich trierischen Politik unter Karl Kaspar von der Leyen. In: Trierisches Archiv 22/23 (1914) S.51-138. - Rene

358

72

73 74 75 76

77

78

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

Pillorget, Jean-Hugues d 1 Orsbeck, Electeur de Treves et la politique des reunions (1678-1688). In: Revue d'histoire diplomatique 79 (1905) S.315-337· - Recueil, Treves (Anm. 64) S. XC ff. Dazu beispielsweise der äußerst beredte Bericht von Charles Frangois de la Bonde d 1 Iberville vom i9.lO.i7Ol aus Deutschland nach Versailles. AE MD 16 f.151-154 1 , hier f.153. Recueil Bd. 7 (Anm. 68), S.38I f. Vgl. Anm. 56. Weber, Karl Theodor (Anm. 56) S.78. Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden (1648). Hrsg. v. Ludwig Bittner und Lothar Groß. Bd. 1 (1648-1715). Oldenburg, Berlin (1936). Außer dem Kaiser, Bayern, Brandenburg-Preußen, den weifischen Herzogtümern (Kurfürstentum Hannover), Kurpfalz, Kursachsen, den geistlichen Kurfürsten, Baden, Hessen, Mecklenburg, dem Deutschen Orden und dem Johanniterorden lassen sich bis 171 nur wenige der kleineren Fürstentimer und Duodezlinien, kaum Fürstbistümer (Basel, Lüttich, Münster, Osnabrück) und Reichsstädte (Bremen, Hamburg, Lübeck) häufiger oder auch nur ausnahmsweise in Frankreich mit eigenen oder im Mitauftrag tätigen diplomatischen Vertretern erfassen . Der Ansatz zu dieser vielleicht heute noch schmerzhaften Beurteilung ist durch die Distanz zu den älteren euphorischen regionalgeschichtlichen Würdigungen mitbestimmt, insbesondere des Mainzer Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn durch G. Mentz und K. Wild, die sich kaum von den überschwenglichen Kennzeichnungen der zeitgenössischen, häufig nicht ganz selbstlosen, Bewunderer als Friedensfürst, Pater patriae, deutscher Salomo usw. abheben. Aber auch die Analyse der neueren deutschen und französischen Arbeiten ist geeignet, die distanzierende Wertung zu unterstützen, wenn diese auch m. W. nie mit der Härte ausformuliert wird, die der historische Gegenstand hinsichtlich seiner wirklichen politischen Leistung verdient. Gottfried Wilhelm Leibniz, Sämtliche Schriften und Briefe. Hrsg. v. der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1. Reihe Allgemeiner politischer und historischer Briefwechsel. Bd. 1 1668 — I676. Bearb. v. Paul Ritter, Willy Kabitz, Erich Hochstetter. Darmstadt 1923 (Ndr. Berlin-O. 1970), S. 245ff. - Ebd. 4- Reihe Politische Schriften. Bd. 1 1667-1676. Bearb. v. Paul Ritter. Darmstadt 1931 (Ndr. Berlin-O., Hildesheim, New York 1970),

Dotzauer, Macht - Politik - Diplomatie

359

S . 2 17f f· - Paul Ritter, Leibniz' ägyptischer Plan. Darmstadt 1930. Die umfangreiche Darstellung von Paul Wiedeburg, Der junge Leibniz, das Reich und Europa. 1. Teil Mainz (Darstellungs- und Anmerkungsband). Wiesbaden 1962, setzt vor dem Consilium Aegyptiacum aus. 79 Ritter, Leibniz,ägyptischer Plan (Anm. 78). S.117· Nicht allein der Umstand, daß die damalige politische Großwetterlage das Projekt schon in nuce überrollte, wie fundiert plausibel es auch ansonsten durch den Austausch von orientalistischen Kenntnissen mit Wien und Paris und durch das Betreiben von bis in die Antike reichenden historischen Studien zugeschnitten sein mochte, es erstaunt auch die völlige diplomatische Unerfahrenheit,, mit der der Plan in der Art politischen und geheimwissenschaftlichen Spekulantentums als kostbares arcanum behandelt wurde, dessen Schlüsselwort eine ähnliche Bedeutung von den Betreibern zugeschrieben wurde wie dem Lösungswort für ein Rätsel oder besser für den Stein der Weisen beim "Großen Werk" des Alchemisten. Auch Ritter als der intime Kenner der einschlägigen Quellen sieht diesen Widerspruch: "Pomponne und seine Räte hatten also anderes zu tun, als sich um den kleinen deutschen Gelehrten zu kümmern, der sich ihnen vorstellen wollte, oder vielmehr, sie erfuhren nicht einmal, daß er an ihre Türe klopfte". Ebd. S.77· 80 Neben Leibniz gilt dies auch für den um seine politische Wiederaufwertung kämpfenden früheren Vertrauten des Kurfürsten Johann Philipp, den ehemaligen leitenden Staatsminister Johann Christian von Boineburg, und zwar nicht nur hinsichtlich des Ägyptenplans. Vgl. Karl Wild, Eine Denkschrift Boyneburgs über die Errichtung eines polytechnischen Instituts zu Mainz v.J. 1669. In: ZfGO 5 3 NF 14 (1899) S . 3 2 5 - 3 2 6 .

Rene und Suzanne Pi I forget

De la majorite legale au sacre de Louis XIV (1651-1654)

"Ce qui est remarquable ä ce sacre", ecrit

la Grande

Mademoiselle de celui de son cousin Louis XIV, "c'est que de tous ceux qui devaient y etre, personne n'y a ete. M. l'Archeveque de Reims, qui etoit pour lors de la maison de Savoie, de la branche de Nemours, n'etoit pas pretre: ce fut M. de Soissons, un de ses suffragans, qui fit la ceremonie; tous les

autres

prirent

aussi la place 1' un de l'autre, et personne ne joua son veritable role: chacun y faisoit celui d'autrui"*. La meme remarque pourrait etre faite ä propos du sacre d'Henri IV: lors de celui-ci, on pallia comme on le put les absences de certains dignitaires, aux

circonstances

de

la

guerre

civile.

Reims par Chartres, et la Sainte Ampoule 2

par

son

equivalent

On

dues

remplaga

champenoise

tourangeau . Toutefois,

les

deux

sacres presentent des differences marquantes. Dans le deroulement de la guerre civile, celui d'Henri joue un role d 1 une importance capitale: il contribue largement a faire ouvrir au roi les portes de sa capitale. Alors que celui de Louis, qui a lieu a Reims en 1654, semble constituer nieres

le couronnement

flammes

de

la

de

Fronde

sa victoire: se

sont

les

der-

eteintes

ä

Bordeaux depuis pres d'un an. En revanche, et c'est la une difference de plus avec la situation en

1594, la

France se trouve en guerre avec l'Espagne depuis pres de vingt ans. Les deux sacres d'Henri le Grand et de Louis le Grand fourniraient done un exemple de fausse

362

Pillorget, De la majoriti legale au sacre de Louis XIV

symetrie.

Point

parfait,

toutefois.

Outre

celui

que

note Mile de Montpensier, les deux sacres presentent un trait commun supplementaire: 1 1 un et 1'autre completent,

dans

la nation,

l'effet

psychologique

d 1 un

evenement anterieur. Le premier, la conversion d'Henri au catholicisme, anterieure de quelques mois. Le second, la proclamation de la majorite de Louis, effectuee le 7 septembre 1651, done pres de trois ans auparavant· *

Le 18 janvier 1650, Mazarin a fait emprisonner Conde, son frere Conti et son beau-frere Longueville, et il a reussi, au cours des mois suivants, a vaincre les revoltes suscitees en province par la famille et par les clienteles

de

ces

princes.

Mais

1'"union

des

deux

Frondes", c'est-ä-dire des partisans des princes et du Parlement

de

Paris,

a constitue

une

coalition

trop

lourde pour que le Cardinal puisse lui tenir tete. Durant la nuit du 6 au 7 fevrier I65I, il s'est enfui de Paris sous un deguisement, et s'est retire

a

Brühl.

Toutefois, avant de quitter le royaume, il a fait liberer les princes. Mesure adroite. Avec l'orgueil et le caractere violent de Conde, on peut

etre

certain

que les moindres resistances auxquelles il se heurtera provoqueront chez lui des reactions furieuses, generatrices d 1 irreparables ruptures.

De fait, il ne tarde

pas a se brouiller avec tout ce qui compte dans Paris: Le Parlement et Paul de Gondi - et a se trouver dans 1'impossibilite d'y faire prevaloir sa volonte. Le jeudi 7 septembre 1651, le roi etant entre dans sa quatorzieme annee, se rend au

Parlement.

II

part du Palais-Royal, "monte sur un fort beau cheval,

363

Pillorget, De la majorite legale au sacre de Louis XIV

accompagne des officiers de la Couronne et d'un grand nombre de seigneurs avec des habits magnifiques et des chevaux richement harnaches" - ä tel point, ecrira un temoin,

qu'ils

semblaient

porter

sur

leurs

habits

"toute la depouille des Indes et du Perou" . Le cortege suit la rue Saint-Honore, la rue des Lombards, la rue des Arcis, passe le pont Notre-Dame et entre au Palais.

Les

rues

sont

emplies

ordinaire". Toutefois,

d'une

"foule

extra-

"signe de la malheureuse

dis-

position des esprits", il η'est accueilli que "par un silence

triste...presque

partout,

au

lieu

des

cris

ordinaires de Vive le roi! qui auroient du etre redoubles a tous moments dans cette occasion, et qui ne se faisoient entendre qu'assez rarement et

faiblement"^.

Louis ecoute des harangues du Chancelier Seguier, de Mathieu

Mole,

Premier

President,

et

d'Omer

Talon.

Puis, la ceremonie du jour devant 8tre moins une declaration

qu 1 un

de majorite

ensemble

bliques faites par un roi majeur"^,

d'"actions

pu-

il fai.t publier

trois declarations: une contre les blasphemateurs, une contre les duellistes, et la troisieme

reconnaissant

1

"l innocence de Μ. le Prince". Comme Seguier le lui a conseille respects

dans et

son discours

soumission

bienveillance", effacera

de

son

au

reconnaitra esprit

contre son autorite"

- que roi",

Conde

"rende

celui-ci,

"les services

tout

ce

qui

a

ses

"par

sa

rendus"

et

"ete

- le jeune roi semble

commis

faire un

geste d 1 apaisement. Or, Conde ne saisit pas cette main tendue. Comprenant que la Reine, Gondi et le Parlement se sont secretement entendus contre lui, il

a prete

1'oreille a ses fideles qui lui conseillaient de jouer la province contre Paris en y provoquant

de nouveaux

soulevements. II ne s'est pas rendu a la ceremonie, et a

quitte

Saint-Maur

pour

Bordeaux.

Quant

a

Gaston

364

Pillorget, De la niajorite legale au sacre de Louis XIV

d'Orleans,

il

est offense

de

ce

que

le

roi

ne

lui

marque guere de reconnaissance des soins qu'il a pris de ses affaires en qualite de Lieutenant 6 royaume .

general

du

Dans sa harangue, Omer Talon a souligne qu'il n'etait ni dans sa volonte, ni dans celle de ses confreres de "donner des bornes a la puissance royale" ; qu'il souhaitait que le roi use entiere"

"de 1'autorite toute

que Dieu lui· a conferee; mais qu'il en use

"royalement" et par lui-meme. Certes, tel libelle paru alors, profitant de 1'entente recente du Parlement et du roi, emet le voeu que celui-ci

"ne prestera

point

1'oreille ä ces mauvais conseillers qui lui voudront persuader que la ηpuissance d'un monarque ne doit point avoir de bornes" . Mais tel autre exprime voisines exalte

de

en

celles

des

d'Omer

termes

Talon.

Louis

hyperboliques: 1

sans pareil aussi bien qu un

des XIV

"C'est

idees y

un

est Mars

Amour..." On lui predit

de nombreuses victoires sur les Espagnols et meme sur les Turcs, et, dans un avenir immediat, on attend de lui la fin des troubles. Or, celle-ci ne peut venir que de 1'usage personnel et absolu de son autorite. II faut

done

mots

de

que

le roi

fasse

souverainete,'car

"hautement

tel

est

resonner

notre

ces

plaisir 1 ".

Enfin, pour que cette autorite soit accrue,

il

faut

qu'il soit sacre. "Vous ne serez pas plutot 1'oinct du Seigneur que Votre Majeste ne soit aussi la paix de nos dissentions, le calme de nos orages, et de nos amertumes...cette

sacree

1'adoucissement

onction

communiquera

des lumieres tres pures ä votre Conseil et marquera si parfaitement sans

cesse

les demarches royales que nous benirons des

ordres

si

eclaires...ce

ne

sont

pas

seulement les ecrouelles qui trouveront le remede par

365

Pittorget, De la majorite legale au sacre de Louis XIV

votre main royale et victorieuse..." Et de citer Saint Paul: "Nul ne peut resister a l'oinct du Seigneur sans g

encourir malheur et malediction" . *

La declaration de majorite du roi permet de traiter en rebelles, sans aucune equivoque, corps indociles ou revoltes;

les princes

en

rebelles

au

ou

les

pouvoir

supreme: car ce n 1 est plus contre une regence ou un ministre qu'ils s'insurgent.

Le retour de Mazarin

en

France

et

plonge

finalement,

le

Parlement

dans

la

pour

justifier

son

indocilite,

perplexite, il

ne

trouve rien de mieux, le 20 juillet 1652, que de declarer Louis "prisonnier" du Cardinal, et de demander ä

Gaston

"tyrannie

d 1 Orleans

de delivrer son neveu 9 mazarinique" . Un libelle parisien

de

la

appuie

alors cette decision en distinguant majorite formelle et majorite reelle, et en soulignant

"l'aut.orite que

les oncles des rois de France ont toujours eue pendant les minorites et bas-äge de leurs neveux"'". Tel autre affirme que "Son Altesse Royale, les princes du sang et les Parlements" de

la

royaute",

jusqu'a

1' äge

sont "les

de

"les veritables curateurs

vingt-et-un

depositaires

tacites

ans

11

".

(du

roi)

Beaucoup

plus

nuance apparait un autre, dü a un ecclesiastique, qui reprend les memes idees, mais qui evoque le prochain 12 sacre du roi . Un troisieme, enfin, va plus loin, qui affirme que le roi "porte les caracteres de la divinite"

et

qu'il

"en

recevra

l'onction celeste dont il

le

sera

dernier

trait

sacre"Son

par

auteur

n'est pas le seul a exalter le pouvoir royal au point de l'assimiler a la puissance divine: aussi un frangais'

denonce-t-il

avec

feu

les

'Caton

"idolatries"

de

Pillorget, De la majority legale au sacre de Louis XIV

366

certains

zelateurs

du

pouvoir

absolu,

autre libelliste soupire: "II 1 τ· • religion en ce royaume...">, 4. II

se

trouve

un

n'y

autre

a

qu 1 un

tandis comme

auteur

-

plus

un

de

eccle-

siastique, certainement - pour affirmer que puisque la puisssance du roi doit etre

absolue,

il convient

les sujets se soumettent a eile en toutes meine, eventuellement, Mazarin, ecrit

si

ne

contre

le

ment.

Et

qu'ils

acceptent

telle est. la volonte

constitue

qu'une

retour

Cardinal

du

certains

choses,

et

l'autorite

de

royale^.

cet

L indignation

1'empörte pas

Mais

1

exception.

n'hesitent

que

alors

ä

large-

ecrire,

par

exemple, que pour delivrer le jeune Louis XIV "d'entre les mains de ce Sicilien", qui qui

lui

fait

faire

la

guerre

magistrats et a son peuple,

il

le tient prisonnier et ä

ses

princes,

faudrait

a

"mettre

ses tout

t,16

ο

Paris en armes" Mazarin mesure si bien la colere versaires qu'il se resout une

seconde

de ses

fois

a

ad-

quitter

la France. Mais tout le monde ne pense pas que ce depart

doive

etre

definitif.

Le

24 mai

1652,

valier de Sevigne ecrit a Madame Royale:

le

"J'ai

che-

oublie

de mander que les dernieres pensees de la Reine sur le sujet du Cardinal Mazarin, c'est qu'il ira ä Bouillon, pres

de Sedan,

temps-la, ι ·

pour

sortir

1 1„17 on sacrera

pas loin..."

de

le Roi

France,

et

a Reims,

pendant

qui

ce est

.

II est permis de penser que Mazarin profiter

η 1 en

du prestige et de

par le sacre, pour regagner

l'autorite

pourrait

du roi,

la capitale

aux

accrus

cotes

de

celui-ci. Mais les evenements prennent une autre tournure.

C 1 est

sans

avoir

ete

sacre

que

Louis

rentre

ä

Paris, le 21 octobre 1052, et ce retour apparait comme une victoire du juste milieu, remportee ä la fois sur

Pillorget, De la majorite legale au sacre de Louis XIV

367

Mazarin et sur les tenants des deux Frondes. "Le retour du roi est miraculeux" fevre

d'Ormesson.

Leurs

Majestes,

graces

du

Bouillon,

"Ceux

dependant

Cardinal ne

qui

gouvernent

1 esprit

entierement

Mazarin,

desiroient

retire

pas que

des

ä

Leurs

ecrit Le1

de

bonnes

Sedan

ou

Majestes

a en-

trassent dans Paris, le Cardinal η 1 osant y entrer et voulant toujours gouverner la Cour. Le due et le prince de Conde, le due de Beaufort

d'Orleans et

autres

gouverneurs de leur parti faisoient tous leurs efforts avec

le

Parlement

de

puissance et en bannir

Paris

pour

y

establir

leur

le roi". Mais Dieu a inspire

"dans l 1 esprit de tous les peuples de Paris un desir de retour du roi; les peuples 1 1 ont empörte contre les intentions des ministres d'Estat estant pres de Leurs Majestes, contre 1*intention

des princes

et

de

tous

leurs adherens..."^. On sait que Mazarin, de retour dans

la ca-

pitale le 3 fevrier 1653, est acclame, lui aussi, par une foule enthousiaste.

Si

1 1 on

admet

que

1 1 essence

des

mouvements

revo-

lutionnaires, qu'ils se terminent par un succes ou par un echec, reside dans une volonte de lutte a mort pour conquerir Fronde,

le

pouvoir,

notamment

a

il

Paris,

apparait ne

evident

saurait

que

etre

la

rangee

parmi eux. Elle devrait plutot l'etre parmi les phenomenes marginaux, peripheriques par

rapport

a la

so-

ciete, et aux institutions, e'est-a-dire lies a elles, en depit des critiques et des assauts de ceux qui y participent. Plus precisement, eile s 1 integrerait dans un

ensemble

presentant

certaine

diversite,

que

11 on

368

Pillorget, De la majoriti legale au sacre de Louis XIV

pourrait

qualifier

de

revoltes

ou

d'erneutes

ple-

beiennes. A condition toutefois de ne pas user de ce terme de 'plebe' pour designer 1'ensemble des couches inferieures des populations des grandes villes, mais un groupe social plus

large

et

presentant

plusieurs

caracteres specifiques. Tout d'abord, on ne le trouve que dans une capitale, dans une ville ou siege un souverain, entoure d'une Cour, de tilshommes,

d'officiers

particulierement 1

d ambassadeurs

de

nombreux

et

etrangers

-

dignitaires,

justice

et

importants,

cet

de

de

gen-

finances ainsi

ensemble

que

constituent

une elite assez nettement tranchee dans les domaines juridique et materiel par rapport a la masse de la population.

Immediatement

preponderante plus

se

general,

situe

au-dessous "le peuple", 1

la

de

'plebe ,

composee

cette

ou, de

couche

1

d un

terme

families

de

rangs, de metiers, de fortunes et de revenus tres divers, mais, meme dans ses niveaux

inferieurs, nette-

ment distincte de la tourbe des marginaux qui peuplent les bas-fonds, les "gens sans aveu", la 'plebs infima' ou 'sordida' de la Rome antique. Entre 1'elite et la plebe,

les

liens

appa-

raissent nombreux, et caracterises par un contrat, ou plus

exactement

par

un systeme

d'echanges

original.

L'elite, qui tire ses revenus de 1' ensemble ritoire

de

l'Etat

- sous forme

d'impöts,

du

de

ter-

fermes

d'epices, de rentes foncieres, de droits seigneuriaux ou feodaux, etc... - s'engage, tacitement, tenir

la plebe,

"le peuple".

Dans

la Rome

ä entreantique,

elle le fait surtout directement, par 1'octroi de gratifications.

Le

quasi-perfection.

systeme Dans

y atteint le

Paris

meme

du

un

XVII

eme

point

de

siecle,

comme dans la Rome pontificale et dans la Vienne imperiale, eile le fait indirectement, par ses commandes,

369

Pillorget, De la majorite legale au sacre de Louis XIV

qui font vivre une multitude de metiers. Si 1 1 elite et la plebe parisienne sont les beneficiaires associes de la fonction publique et d 1 une exploitation economique qui s 1 etend bien au-dela des campagnes voisines, elles sont

egalement

ceux

du

"marche

intellectuel"

de

la

rive gauche. Et le clerge est, en outre, un grand dispensateur

1

d'aumones pour la

plebs sordida1

ou

1

in-

1

fima . II Vienne,

se produit,

une

ä Paris

comme

quasi-identif ication

ville et a son elite. La plebe

a

Rome

ou

a

de

la

plebe

a

la

sent

le

prestige

de

1

1 une et de l'autre rejaillir sur elle. D'autre part, de veritables liens d 1 affection l'unissent ä la couche dirigeante, ce qui se traduit, dispersion

spatialement,

des hotels des nobles et des

par

riches

la

dans

les quartiere populaires - tout le contraire de ce qui se passera dans les villes de 1'ere industrielle, caracterisees par certaine segregation sociale.

D'autre

part, il se developpe un veritable chauvinisme municipal qui peut aller jusqu'a la violence partisane. Le prenom de 'Paris' donne ä son fils par Mme de Longueville au plus fort de la Fronde temoigne tant de la force de ce sentiment que de celle des liens unissant elite

et

plebe.

interrompu,

Lorsque

c'est-a-dire

le

systeme

lorsqu'un

d'echanges

ensemble

de

est cir-

constances - crise economique, crise politique, alourdissement soudain de la pression fiscale - empeche les membres de 1'elite de distribuer des largesses ou de continuer

a

passer

des

commandes,

l'emeute

1

Elle η a jamais pour but un renversement

eclate. 1

de 1 ordre.

Elle a valeur d'avertissement; elle exige que soit retabli le fonctionnement normal du contrat fondamental. Les gouvernants

le

savent

tous,

plus

ou

moins.

La

repression est faible ou parfois meme inexistante. On

370

laisse

Pillorget, De la majoriti legale au sacre de Louis XIV

le

temps

difficultes

en

apaiser

les

passions.

faisant,

On

pare

aux

eventuellement,

des

concessions dans le domaine fiscal et en fournissant des commandes. Les elites plebeiennes ne sont

jamais

revolutionnaires, au sens politique du terme. L'inconvenient capitales

reside,

pour

de

ce

systeme

1'elite

de

qui

regit

chacune

les

d'elles,

1

dans le fait que la plebe ne s attache a aucun chef en particulier. Ce qui est essentiel pour eile, c 1 est que le contrat tacite et fondamental soit respecte, eventuellement

"reactive".

Aussi

se

montre-t-elle

d'une

extreme versatilite. Elle acclame le vainqueur du moment - Mayenne, puis Henri IV, Broussel, puis Mazarin - sans songer a defendre le vaincu, qu'elle acclamait la veille. *

11

Le roi a maintenant quinze ans passes", note Lefevre

d'Ormesson en octobre 1653· "L'on ne parle point encore de le marier. II est fort question de son

sacre

dans la ville de Reims, mais l'on attend un temps plus 19 paisible..." . Le sacre de Louis XIV n' aura pas ete - ainsi que pouvait se 1 1 imaginer le chevalier de Sevigne - un moyen pour le roi et pour le Cardinal de reconquerir Paris. II marque au contraire, 1 1 ordre interieur etant retabli, leur triomphe commun, ainsi que la volonte de la Reine et de Mazarin de "confirmer les peuples dans le respect" du a leur r o i ^ . Mais toutes les sequelles de la Fronde n'en sont pas effacees pour autant. Les

religieux

de

Saint-Denis

regoivent

1'ordre de se rendre a Reims, avec "la couronne et les autres choses" du tresor de leur abbaye: le

sceptre,

371

Pillorget, De la majorite legale au sacre de Louis XIV

la main de justice, l'agrafe du manteau royal, 1'epee et

les eperons

ayant

ete

de Charlemagne.

soigneusement

Ces

precieux

empaquetes,

nantis d'une petite escorte, quittent 1

er

les

objets

religieux,

Saint-Denis le

juin, et, faisant etape dans les differentes mai-

sons de leur ordre - par Meaux, Chateau-Thierry, Dormans - ils gagnent Reims, ou ils

arrivent

le

3,

le

meme jour que la Cour. Celle-ci a quitte Paris le 30 mai· Elle ä fait etape, eile aussi, ä Meaux, puis ä La 21 Ferte-Milon et ä Fismes Les portes de Reims ont ete decorees

d'ins-

criptions qui evoquent la fidelite22 de la ville pendant la Fronde, ces "temps fascheux" . Apres avoir ete harangue, le roi fait son entree au milieu des acclamations,

au

son

des

tambours,

des

trompettes,

des

cloches et des canons. II entend un "Te Deum" . Puis, il est conduit au palais archiepiscopal, pour quelques jours sa residence - la Reine, le jeune Philippe d'Anjou, le Cardinal

et la Cour recevant d'autres loge23 . Le 4 juin a lieu une

ments eparpilles dans la ville

procession du Saint-Sacrement.

Le

5, la Cour

entend

1

une messe a 1 abbaye Saint-Remy, et rend ensuite visite a celle de

Saint-Pierre-aux-Nonnes.

Le

6,

elle

entend une messe chantee par la Musique du Roi, venue de Paris,

elle

1

1 apres-midi,

aussi, les

ä

vepres

1'abbaye

Saint-Nigaise,

dans

Cathedrale,

la

et

ainsi

qu'une predication de 1 1 eveque de Nimes. Puis, NotreDame est fermee, et remise aux officiers de la garde du roi, en prevision de la ceremonie du lendemain, diη i manche 7 juin

.

Eleonord d'Etampes de Valengay, archeveque de Reims, mort en 16 51» a regu pour successeur

Henri de

Savoie, due de Nemours. Mais celui-ci n'a pas encore regu de bulles, n'a pas ete sacre, ni mis "en bonne et

372

Pillorget, De la majoriti legale au sacre de Louis XIV

legitime possession" de son siege. Aussi 1 1 eveque de Soissons, que 1 1 on considere traditionnellement

comme

son "premier suffragant" - c'est alors Simon Legras a-t-il regu de Paris

1'ordre

d'avoir

a se

rendre

a

Reims pour sacrer le roi. Ordre ou mission justifies, 25 d'ailleurs, par deux precedents . Le chapitre s'est incline. Mais pour sauvegarder ses droits, il a, le 5 juin,

fait

reconnaitre

par

Legras,

devant

notaires royaux du bailliage de Vermandois,

deux

qu'il ne

pouvait faire "office ni aucune fonction du 2 sacre" que 6 sous son "autorite" et avec sa "permission" Conde espagnols.

s'en est

Ni

servir dans 27 d'Orleans , ni le

Gaston

alle

les

rangs

prince

de

Conti ne sont venus ä Reims. II ne s'y trouve done que deux princes du sang: Philippe, frere du roi, et Vendome, mais

"qui, a la verite, qui

η' en

avantages"^.

pouvoit

etoit

sorti

pretendre

lis occuperont

ni

de le

sa

maison,

rang

les premiere et

ni

les

seconde

places au cours de la ceremonie, et les dues d'Elbeuf, de Candale, de Roannes et de Bournonville les quatre suivantes. "Pour les pairs", ecrit avec un dedain voulu Mile

de Montpensier,

"hors Monsieur,

frere

du

Roy,

tous les autres etoient si peu propres d'etre dans les places

ou

sont

d1 ordinaire

les princes du sang que 29 personne ne s'en est souvenu..." . Brienne se montre un peu plus precis: "Lorsqu'il n'y avoit que six pairs de

France,

les

roys

en

etoient

servis

aux

actions

solennelles. II y avoit bien plus de pairs au temps du sacre de notre monarque; mais comme il n'y en assista pas un nombre süffisant, il fallut remplacer ceux qui manquoient parfaite dignite^.

par des seigneurs s'ils

pouvoient

dont

etre

la

fortune

eleves

a

la

seroit meme

373

Pillorget, De la majorite legale au sacre de Louis XIV

De

meme

que

1'eveque

de

Soissons

represente

l'archeveque et due de Reims, due d'Aumale et de Ne1 1 eveque

vers,

1'eveque

et

de

due

Beauvais,

de Langres,

Baradas,

Zamet;

represente

l'archeveque

de

Bourges, Levis-Ventadour, 1'eveque et comte de Noyon; l'archeveque Chalons,

de Rouen, Harlay,

etc...Comme

par

1'eveque

ailleurs,

et

outre

comte

de

differents

eveques - ceux de Bayonne, Comminges, Couserans, Dol, •j 1 32 Leon, Montauban , Rodez, Saint-Paul, Toulon - plusieurs archeveques se sont rendus a Reims, un delicat Probleme

de

rapidement

preseance regie.

d'Ormesson,

se

"Les

trouve

eveques

"precederent

les

pose.

Mais

pairs",

dit

archeveques

voulurent pas ceder, et ils avoient raison" de

est

Lefevre

non-pairs,

qui ne faisoient que representer les absents; Dans la Cathedrale, decoree

il

ils ne

.

tapisseries,

le chapitre occupe sa place traditionnelle,

derriere

le "grand autel". Le jeune roi fait face ä ce dernier. A sa droite, done

du cote

de

l'epitre,

siegent

les

pairs ecclesiastiques - ou ceux qui les representent et a sa gauche, done du cote de l'Evangile, les pairs laiques. Plus ä droite encore, la Reine-Mere, la Reine Henriette-Marie

d'Angleterre

et

le

prince

Thomas

de

Savoie, dont le fils - le futur pere du prince Eugene, le "noble chevalier" royal tique



35

.

PI us

a

- portera

gauche

la traine

encore,

le

du manteau

corps

diploma-

, puis la Musique du Roi. Ce ne sont la que les

premiers

rangs.

d'Estrees,

qui

Derriere tient

Louis

la

place

siegent du

le

Marechal

connetable,

le

Chancelier Seguier, le Marechal

de Villeroy, qui re-

presente

France",

le

"grand

maitre

de

le

due

de

Joyeuse, grand chambellan, et le comte de Vivonne, qui represente le "premier chambellan". Derriere les pairs ecclesiastiques siegent modestement Mazarin et le Car-

374

Pillorget, De la majoriti legale au sacre de Louis XIV

dinal Grimaldi, archeveque d'Aix, puis les autres prelate, et enfin les conseillers

d'Etat.

Derriere

les

pairs laiques, les dues d'Anjou, de Vendome, d'Elbeuf, de

Candale,

presentant

de

les

d'Aquitaine,

Roannes dues de

ainsi

que

et

de

Bournonville

-

re-

Bourgogne,

de

Normandie,

et

les comtes

de

Champagne,

de

Flandre et de Toulouse; puis les Marechaux de France, les secretaires d-Etat et les officiers des g a r d e s ^ 6 . Tout d'abord, la Sainte Ampoule est apportee par le prieur de Saint-Remy et par quatre

religieux,

"precedes

Pouilleux,

parce

de

quelques

qu'ils

habitants

recouvrirent

du

Chene

autrefois

cette

Sainte-

37

Ampoule"

. Le roi fait serment de "conserver

toutes

les eglises ä lui sujettes". L'eveque de Soissons demande ensuite au peuple s'il accepte Louis pour roi ä quoi repondent des acclamations - et le jeune prince prete sur l'Evangile "le serment du royaume": "Je promets au nom de Jesus-Christ ces choses aux Chretiens ä moy sujets; premierement, peine que le peuple

chretien

vive

je mettrai

paisiblement

avec

l'Eglise de Dieu, outre je tascheray qu'en toutes vacations cessent rapines et toutes iniquitez; de plus, je commanderay qu'en tous jugements 1'equite et misericorde aient lieu, afin que Dieu clement et misericordieux fasse misericorde ä moy et ä vous; je tascheray

en

outre

de tout

mon

pouvoir

de

chasser

juridiction et terres de ma sujetion tous

de ma

heretiques

denoncez par l'Eglise, promettant par serment tout ce qui a este dict"*^. Le celebrant

benit l'epee,

"laquelle

le roi

prit et l'offrit ä Dieu, et ensuite la deposa

entre

les mains du Marechal d'Estrees, qui la porta

toute

nue pendant

la ceremonie".

Suivent

benediction de 1'anneau par lequel

les onctions, le roi

la

"epouse le

375

Pillorget, De ία majorite legate au sacre de Louis XIV

royaume", le couronnement, effectue conjointement

par

1 1 eveque et par les pairs, prealablement appeles par ΙΟ le Chancelier . Louis s'assied sur son trone. Le celebrant lui fait une reverence, lui donne 1'accolade, aussitot imite par les pairs, tandis que 1'assistance crie Vive le roi!, tandis que les canons tonnent, que "cinquante

douzaines

d'oiseaux"

sont

laches,

et

que

1' on fait "au peuple largesse de pieces d'or et d'argent, ou sont d'un coste la figure du roi couronne, de 1'autre la ville de Rheims et la Sainte Ampoule"^. La ceremonie

s'acheve par une

grand'messe,

au cours

de

laquelle le roi communie sous les deux especes. Les festivites de la journee un

festin,

au cours

duquel

s'achevent

le marquis

de

par

Montglas,

grand-maitre de la Garde-Robe, sert comme Grand Pannetier, tandis que le comte de Marans fait d'Echanson" et le comte de Beaumont

"sa charge

"celle de premier

tranchant"^*. Le lendemain matin, le roi "fait sa cavalcade depuis Notre-Dame jusques ä l'eglise de SaintRemy, accompagne de tous les seigneurs de la Cour fort pares", dans

ceci

parce

la ville...au

avoient noise

fait p.eut

ses

autre imposante

lieu

"estoit d'y

entre

entrer

predecesseurs"^.

ainsi

"L'apres-disnee"

qu'il

mieux

se

le

deroule

ceremonie.

a La

voir dans

en

la

carrosse

cheval foule

et

comme

champe-

l'acclamer.

cathedrale

une

Les chevaliers de 1'ordre

du Saint-Esprit y sont reunis, revetus de leurs manteaux et portant leurs colliers. Le roi, "habille en novice", prete le serment de grand-maitre de 1'ordre, regoit le manteau et collier des mains de 1'eveque de Soissons, et confere 1' ordre a son f r e r e ^ . Ce meme 8 juin, il entend une "remonstrance"

de Pierre de Ber-

tier, eveque de Montauban. Celui-ci lui rappelle qu'il dispose

(d' )11 une

espece

d'episcopat

et

d'intendance

376

Pillorget, De la majoriti legale au sacre de Louis XIV

exterieure qui 1'oblige d'agir par puissance sur ceux qui

ne

reconnoissent

(1'Eglise

catholique)

mission" ... "Notre le

point

Frangais

et

cette

par

Charite"

Mere

foy

s'ecrie

l'heretique;

nous

des

et

Fideles

par

sou-

l'Eveque,

"separe

voulons

que

le

Frangais vive et que l'heretique soit converty..." Faisant etat de progres qu'auraient

accompli

les huguenots dans les regions de Castres,

de

Mont-

pellier et de Vals, il demande que les affaires concernant

la

Religion

Pretendue

Reformee

"soient

res-

tablis en mesme estat ou elles estoient" lors de la 44 mort de Louis XIII . Intervention significative. Le lendemain, le roi entend la messe ä SaintRemy, en compagnie du Cardinal Grimaldi, qui remplace en cette occasion le Grand Aumonier, le Cardinal Antoine

Barberini,

absent,

comme

tant

d'autres

grands

personnages. Puis, il touche les ecrouelles de quelque trois mille malades. Le 10 juin, un arret de son Conseil accorde

leur grace 4 5 aux coupables qui constitues prisonniers .

se

seront

Le sacre est suivi de plusieurs libelles qui expriment, sous une forme ampoulee, le loyalisme et la fierte

des

Frangais

-

"Vive

le

plus

grand

roi

de

1

l'Europe!" lit-on dans 1 un d'eux - ainsi qu'un profond desir de paix. A la realisation de celui-ci, la ceremonie de Reims ne pourra qu'etre utile: la revolte contre un roi sacre et couronne constitue

une

faute

encore plus grave que celle qui est dirigee contre un roi proclame majeur. Car les insurges ne peuvent "plus estre rebelles sans devenir sacrileges"^. Ces

manifestations

de

satisfaction

η'em-

pechent pas certaines aigreurs. L'aumonier du roi Ceriziers accuse le Pere

Le Boux, Oratorien,

d'avoir,

dans son sermon de Notre-Dame de Reims, minimise 1 1 im-

377

Pillorget, De la majorite legale au sacre de Louis XIV

portance du sacre, en le traitant comme une "ceremonie superflue

et

indifferente",

et

ainsi

mecontente

1

1 assistance. Ce qui lui vaut, de la part de 1 1 interesse, qu'il

une a

lettre

pleine

reellement

dit

de

en

dignite,

precisant

commentant

un

ce

verset

de

l'Ecriture, "apres l'onction de Saiil par le ministere de Samuel, 1 1 Esprit

de

Dieu

se

sacre pour lequel les peuples

saisit

de

lui":

temoignent

tant

"Le

d'im-

portance il y a si longtemps (sic) ne paroit que comme une ceremonie exterieure en comparaison de cette presence

du

Saint-Esprit

doit

obliger A7 sance..." .

vos

Cette

sujets

lettre

ayant ete imprimees, 1

l affaire

qui

nous a

et

doit

remplir

1'amour

les

et

excuses

a

de

et

qui

1'obeis-

Ceriziers

il y a tout lieu de penser que

avait fait quelque

bruit. Mazarin,

de

son

cote, continue ä se montrer tout pragmatique. Des le 8 juin,

il

a charge

1'abbe

Fouquet

pour le Premier President Pomponne

d'un

message

oral

de Bellievre:

lui

demander de veiller au maintien du calme dans Paris et "lui dire qu1 a present que le sacre est fait, on va s'appliquer entierement aux moyens de faire une glorieuse

Campagne"^,

Des

le

18,

Louis

a re joint

ses

armees. Mazarin tient a ce que le jeune roi rentre ä Paris non seulement aureole du prestige que confere le sacre, mais voeux

sont

aussi

de quelque

combles:

prise de Stenay

quelque

gloire temps

militaire.

apres,

c'est

Ses la

- qui tenait toujours pour Conde

puis la levee du siege d 1 Arras par les Espagnols. Ce qui permet ä un poete improvise d'ecrire: "Stenay pris, tu secours Arras... Ceux qui t 1 avoient fait des obstacles Devant toy sont evanouys

378

Pittorget, De la majority legale au sacre de Louis XIV

Et ton sacre a fait les miracles

49

Qu'on a vus le jour Saint Loys." Et au Recteur de l'Universite de Paris, le 14 septembre, de s 1 eerier: "Si le Ciel fit un miracle quand il vous fit naitre, en vous sacrant

il vous a donne la vertu de

faire des miracles... Vous en venez de faire un, Sire, qui jette la terreur rebelies

et

des

et le desespoir

ennemis,

qui

donne

dans 1 1 äme des a

l'Italie,

a

1

l'Angleterre et ä toute 1 Europe ou de 1'admiration ou de 1 1 epouvante . . . "

.

1

Si 1 on releve, dans le deroulement du sacre, un certain nombre de sequelles d1 un passe recent, on distingue, en revanche, tant dans la Remonstrance

de

l'eveque de Montauban que dans la Harangue du Recteur de Paris, des symptomes annonciateurs de l'avenir.

Pillorget, De la majorite legale au sacre de Louis XIV

379

1 Memoires de Mile de Montpensier ( 1838) p. 179. Aucune etude n'avait ete consacree, jusqu'ä present, au sacre de Louis XIV. La brochure de 1' abbe Frangois Duffο, Le sacre de Louis XIV a Reims le 7 juin 1054 (Paris 1935) ne fait que reproduire en partie le texte de Nicolas de Sainctot. 2 Rene Pillorget, Le sacre d 1 Henri IV, roi de France et de Navarre, ä Chartres. In: Herrscherweihe und Königskrönung im frühneuzeitlichen Europa (Wiesbaden 1983) pp. 103-117. 3 Les particularites des ceremonies observees en la majorite du Roy (Paris 16 51> 8 pp.; Bibliotheque Nationale, Imprimes, cote Lb 37. 1988) p. 5· 4 Memoires de Guy Joly. In: Collection Michaud et Poujoulat II (1838) pp. 61-62. 5 Memoires d'Omer Talon (meme collection, tome VI, 1839) p. 442. 6 Cf. Memoires de Frangois de Paule de Clermont, marquis de Montglas (meme collection, tome V; Paris 1838) pp. 252 et 255. 6 Memoires d'Omer Talon (note 5). 7 L' entree du Roy dans son Parlement pour la declaration de sa majorite (Paris 16 51 > 13 PP·; B.N, cote Lb. 37- 1987) p. 12. 8 Le changement d'Estat sur la majorite du Roy, presente a Sa Majeste avant son auguste sacre et couronnement (Paris, 1651, 11 PP·; B.N, cote Lb 37· 1992) pp. 8-9· Cf de Frangois Servient le curieux Chant Royal des Parisiens sur la majorite du Roy (Paris 1651, 8 pp.; B.N, Ye 4-425) 9 Memoires d'Omer Talon (note 5) P· 500. 10 Discours de 1 ' authorite que les oncles des roys de France ont toujours eue pendant la minorite et basäge de leurs neveux (Paris 1652, 15 PP·; B.N. cote 4° Lb 37- 5252 piece 23). Autre libelle d'inspiration favorable a Gaston d'Orleans: Le Sieur de Vieux-Pont, Les motifs de la Ligue de tous les veul a b l e s ( s i c ) Ρτβημβΐβ (Paris s.d. 15 PP·; B.N, meme cote que le precedent, piece 44). 11 La Franche Marguerite (S.l.n.d.; 16 pp.; meme cote, piece 28) p. 13. 12 Les veritables sentiments d'Etat pour la paix et sur le sacre du roy Louis XIV, avec les marques de sa conduite pour le repos du royaume (Paris 1652, 30 pp.; cote Lb 37. 5249 piece 7). Tout un programme de gouvernement y est trace ä Louis XIV. 13 Le dialogue metaphorique de 1'inconnu avec la ville de Bordeaux (Paris 1652, 32 pp.; cote 4° Lb 37. 5252 piece 47) Ρ 22. 14 Le Caton frangois disant les Veritez (s.l.n.d,

380

PiUorget, De la majoriti legale au sacre de Louis XIV

1652, 12 pp; meme cote, piece 17) p. 8. - L'authorite des Roy, des Princes des Republiques et des Parlements presentee au Roy dans la ville de Pontoise par un grand prelat (Paris 1052, 16 pp.; cote Lb. 37. 5249 piece 37) p. 12. 15 Ovide parlant a Trieste. Remonstrances au Roy sur tous les articles ci-devant mentionnes (Paris 1052, 44 pp.; cote Lb. 37. 5249 piece 26) p. 43. 10. La discussion des quatre controverses politiques (s.l.n.d, 24 pp.; cote 4° Lb 37. 5252 piece 10) p. 24. 17 Correspondence du chevalier de Sevigne et de Christine de France, Duchesse de Savoie (Ed. J. Lemoine et F. Saulnier, Paris 1921) p. 129. 18 Olivier Lefevre d'Ormesson, Journal (Ed. Cheruel, Paris 1861, 2 vol.) II, p. 669. 19 Ibid., II, p. 678. 20 Memoires de Montglas (note 5) P· 297· 21 B.N, manuscrit frangais 18540 fol. 13-15· - Memoires de Montglas (note 5)· - Cf.B.N, Reserve, Ζ Fontanieu, 163; entre les pages 310 et 311 du recueil un laissez-passer: "Gardes du corps du Roy, laissez passer dans la cathedrale de Rheims, pour voir la ceremonie du sacre, le porteur du present billet" (cachet de cire rouge). 22 Recueil des inscriptions en vers mis sur les frontispices des portes de la ville, de l'archeveche et de l 1 Hotel de Ville de Rheims, le jour de l'entree du Roy pour son saint Sacre...(Paris 1054) ΡΡ· 351-358, in Ζ Fontanieu 163 et Lb 37.3211. 23 Le Veritable Journal de ce qui s'est passe au Sacre du Roy Louys XIV pendant son sejour dans la ville de Rheims depuis le troisieme j'uin iusques au neuf, avec les noms et qualitez de ceux qui y ont assiste (Paris 1654, 15 pp.; cote Lb 37-3219) p. 3· 24 Ibid, p. 4· - Le meilleur recit, fort detaille, de la ceremonie, est dü ä Nicolas de Sainctot ( I 6 3 2 1713) in: Memoires autographes de M. de Sainctot, introducteur des ambassadeurs. Leurs quatre volumes se trouvent a la B.N, manuscrits frangais 14117 a I412O. C1 est dans ce dernier volume, 14120, fol. 381-445 que se trouve son recit du sacre de Louis XIV. 25 D.G.Marlot, Le theatre d'honneur et de magnificence prepare au sacre des Roys (Reims 1654, 765 ΡΡ·) PP· 232, 383, 384, 394· Saint Louis a ete sacre par Jacques de Bazoches, et Philippe le Hardi par Milon de Bazoches. 26 Protestation des Prevot, Doyen, Chantre, chanoines

Pillorget, De la majorite legale au sacre de Louis XIV

27

28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44

381

et chapitre de l'Eglise metropolitaine de NotreDame de Reims...(Reims l695> 18 pp.; cote Lb 37.3217) p. 5· Les suffragants de 1 1 archeveque de Reims sont les eveques d'Amiens, de Beauvais et de Chalons. Cf. Mile de Montpensier (note 1) p. 179: "On le manda a Monsieur, et en meme temps, on lui laissa la liberte de n'y pas venir: ce qu'il fit avec joie. II n'etoit pas encore accomode avec la Cour; il y aurait eu lieu de s'etonner s'il y eut ete". Les Vendome ne sont issus de la maison royale que par bätardise. Mile de Montpensier (note 1) p. 179· Memoires du Comte de Brienne (Coll. Michaud et Poujoulat, Paris 18 3 8, 3eme serie, tome III) p. 147. Sur Pierre de Bertier, eveque de Montauban, prelat fort actif, cf. la notice du Dictionnaire de biographie frangaise, t. VI, colonnes 232-233· Le sacre et couronnement de Louis XIV par ordre du chapitre de l'eglise metropolitaine de Reims (Reims 1654) cote Lb 37. 3213) page Β 7. Lefevre d' Ormesson (note 18) p. 693Le sacre et couronnement (note 32) p.Ca 2 ν*. Reduit au nonce, aux ambassadeurs du Portugal et de Venise, au commandeur de Souvre, ambassadeur de Malte, et au sieur de Bartet, resident de Pologne. Lefevre d' Ormesson (note 18) II, pp. 690-692. - Le veritable Journal Cnote 23) pp· 5-8. Lefevre d'Ormesson, II, p. 691 · - Le veritable Journal, pp. 9-10. Marlot (note 25) p. 648. Ibid., p. 668. Lefevre d'Ormesson (note l8) II, p. 692. Montglas (note 5) p. 298. Ibid. - Lefevre d' Ormesson (note l8) II, p. 693· Montglas, ibid. - Lefevre d'Ormesson, ibid. Remonstrance faite au Roy en la ville de Rheims le 8 juin 1654 par R.P en Dieu Messire Pierre de Bertier, evesque et seigneur de Montauban, assiste de Mgr les archevesques et evesques invitez par Sa Majeste a la ceremonie du Sacre (Paris 1654, 24 pp.; cote Lb 37-3218) pp. 6, 8, 20. Cf. p. 22: "...cette vie que vous ne scauriez vous promettre heureuse, si vous n'estes fidele ä la promesse authorisee du serment que vous avez fait, de la passer dans 1 1 exercice de toutes les vertus, principalement de la Religion et de la Justice... (p. 24) Agrandissez l'Eglise, Sire, si vous voulez

382

Pillorget, De la majoriti legale au sacre de Louis XIV

agrandir votre Etat, defendez-le de ses ennemis pour vous garantir des votres, cherchez le royaume de Dieu pour trouver du bonheur dans le royaume de France... c 1 est la grace divine et non pas la prudence humaine qui fait reussir les grands desseins..." 45 B.N, ms frs

18513 fol.

96.

46 Le Sieur de Ceriziers, Discours sur le sacre du Roy (Paris 1654, 27 pp.; cote Lb 37-3221) p. 7. 47 Lettre du R.P Le Boux a Monsieur de Ceriziers, aumonier du Roy, avec sa reponse (Paris 1654, 12 pp.; cote Lb 37-3222) pp. 6 et 7.

4 8 Lettres du Cardinal Mazarin (Ed. Cheruel) tome VI, pp. 172-173· - Sur la situation politique et psychologique a Paris, cf. Madelaine Laurain-Portemer, Opposition et propagande a Paris au temps du sacre de Louis XIV. In: Etudes europeennee. Melanges V.L. Tapie (Paris 1973) PP- 253-26949 B.N, m s frs 18513 fol. 109.

50 Harangue faite au Roy sur l'heureux succes des armes de Sa Majeste ensuite de son sacre, par Μ. le Recteur de l'Universite le 14 septembre 1654 (Paris 1654,

7 P P - ) PP- 4-5-

Andreas Kraus

Eine Geschichte Bayerns für den Dauphin

l680

erschien

zu

Paris

ein

Buch

mit

dem

Titel

"Histoire de Baviere. Par le Sieur Blanc, Conseiller et

Historiograph

Savoye".

de

S.A.R.

Monseigneur

Das Buch wurde pünktlich

tuellen Anlaß publiziert. Im Januar

zu

le

einem

Due

de

hochak-

1680, in Verfol-

gung jener dynastischen Heiratspolitik,

deren

Bedeu-

tung Hermann Weber vor einigen Jahren so eindringlich klar

gemacht

hat^,

fand

die

Procuravermählung 2

bayerischen Prinzessin Maria Anna Christine

der

mit dem

Dauphin statt, Ludwig von Bourbon, dem ältesten Sohn Ludwigs XIV. Ihm war auch der erste Band des vierbändigen Werkes gewidmet, der zweite Band der Dauphine, der dritte dem bayerischen Kurfürsten Max II. Emanuel, ihrem Philipp

Bruder, der

der

vierte

als Regent

für

ihrem

Onkel

den noch

Maximilian

unmündigen

Max

Emanuel das Versprechen seines Bruders, des Kurfürsten Ferdinand Maria eingelöst und Maria Anna Christine dem Dauphin zur Gemahlin gegeben hatte. Der definitive Abschluß des Heiratsprojekts, das I67S erstmals aufgetaucht war, stand erst im November 1079 fest ; der Verfasser hätte für seine Geschichte Bayerns also kaum ein Jahr Zeit gehabt, und zwar für die Niederschrift wie für den Druck. Das Buch war in der Tat

I68O bereits fertig, es wurde nur in

den Widmungsbriefen und in den Vorreden dem neuesten Stand der Dinge angepaßt. Wie der Autor selbst sagt, in der Vorrede zum I. Band, hatte er das Werk im Auftrag der Kurfürstin Henriette Adelaide^ begonnen, und

Kraus, Eine Geschichte Bayerns fär den Dauphin

384

es sollte ihrer Unterweisung Uber das Land dienen, das ihr durch ihre Heirat war^.

Tatsächlich

1654 zur neuen Heimat

existiert

noch

ein

geworden

Fragment

des

ursprünglichen, dem Kurfürsten und der Kurfürstin gewidmeten "Abbrege de l'histoire de Baviere"^. Noch vor Abschluß der Arbeit war Henriette Adelaide gestorben, wenig später ihr Gemahl, das Buch drohte also jede Aktualität einzubüßen, der Vorgang von l680 kam wie gerufen . Der Auftrag der Kurfürstin, die aus Savoyen nach

München

schaft Notar

gekommen

eines

war,

savoyischen

erklärt

auch

Historikers.

die

Autor-

Thomas

Blanc,

zu Allues in der Tarantaise, hatte

1668

einen

dreibändigen "Abrege de l'histoire de la royale maison de Savoie" publiziert und sich damit zu Turin als Hi7

storiograph

des herzoglichen Hauses

empfohlen ; wei-

tere Werke von ihm sind nicht bekannt. Der Zweck, den Blanc mit seiner Auftragsarbeit vermutlich verfolgte, nämlich seine Position als Hofhistoriograph zu festigen, vielleicht auch in Paris zu ähnlichen Ehren zu kommen, bestimmte auch den Charakter des Werkes: es war nicht gelehrt, sondern hög

fisch . Die

Vorrede

an

den

Dauphin

feiert

Seiten in überschwenglichsten Wendungen "Lovis le Grand", dem

siegreichen

auf

drei

den Ruhm von

Eroberer,

dem

der

Sohn nacheifern solle. Kaum zurückhaltender ist das Elogium auf Kurfürst Maximilian I., "surnomme aussi le ο Grand" , dessen Wirken der gesamte IV. Band gewidmet ist. Dort heißt es im Vorwort 1 ": "la vie de ce grand Prince, le Heros de son siecle et le Defenseur Religion Catholique en Allemagne, qui peut

de la

servir

de

modele a tout (!) les Souverains pour la sagesse de sa conduite

bestimmt "ä la gloire de leur Maison",

der Münchner Fürsten nämlich, war das ganze Werk**.

Kraus, Eine Geschichte Bayerns ßr den Dauphin

Damit stand es voll und ganz in der

385

histo-

riographischen Tradition der Epoche, die sich den Hofhistoriographen geschaffen hat, weil

das

Geschichts-

werk nicht weniger geeignet schien, den Ruhm und damit 12 das politische Prestige des Fürsten zu propagieren 13 wie das auch die Bestimmung der höfischen Feste oder der prächtigen Bauwerke^ war. Auch in Bayern war die Institution auch

wenn

des es

Hofhistoriographen

nie

einen

nicht

Historiker

gab,

unbekannt, der

diesen

förmlichen Titel getragen hätte. Schon Aventin hatte den

offiziellen

schreiben; Einfluß

Auftrag,

besonders

auf

die

eine

Geschichte

ausgeprägt

war

Bayerns

der

Geschichtsschreibung

zu

fürstliche

unter

Kurfürst

Maximilian 1 . ^ . Trotzdem

trugen

die

Werke

zur

Geschichte

Bayerns, die auf Veranlassung dieses Fürsten entstanden, nicht höfischen Charakter, sondern waren das Ergebnis

gelehrter

Studien

und

zeigten

"Rerum Boicarum libri quinque"

das

auch,

die

(1002) des Augsburger

Stadtpflegers Marcus Welser, die "Annales virtutis et fortunae

Boiorum"

(1626/37)

des

Münchner

Jesuiten

Andreas Brunner und die auf Brunners Werk beruhenden, nur im III. Teil selbständigen "Annales Boicae gentis" des

einstigen

Kurfürst

auch

Beichtvaters wiederholt

Maximilians in

I.,

diplomatischer

den

der

Mission

verwandte, des Jesuiten Johannes Vervaux, die aber aus Gründen

der

Ordenspolitik

unter

dem

Namen

des

bayerischen Kanzlers Adlzreiter erscheinen mußten. Das dreibändige Werk erschien 1662, ein Jahr nach dem Tode des Autors, zu München. In diese bayerische historiographische

Tra-

dition scheint nun ein Werk wie das Blancs nicht recht hineinzupassen.

Doch

abgesehen

davon,

daß

auch

der

III. Teil von Vervaux der höfischen Geschichtsschrei-

386

Kraus, Eine Geschichte Bayerns fir den Dauphin

bung, wie sie in Italien und Frankreich gepflegt wurde, nicht sehr fern stand, beruhte in Wirklichkeit alles, was Blanc an historischen Kenntnissen über Bayern besaß, allein auf dem Werk von Vervaux'^, ohne daß er aber diesen je nennt. Schon seine Geschichte Savoyens war

ein Auszug aus dem größeren Werk von 17 gewesen . Blanc war also erfahren in der

Guichenon Umformung

fremder Gedanken; mit welcher Tendenz er auch das Werk des

Jesuiten

Vervaux

umgeformt

hat,

das

soll

im

folgenden untersucht werden. Das wort.

Seine

Leitmotiv Absicht,

findet

sich

bereits

eine bayerische

den Dauphin zu schreiben,

begründet

brief an den Dauphin folgendermaßen:

im

Vor-

Geschichte er

im

für

Widmungs-

"C'est un juste

tribut que je rends a cette Couronne, quand je vous offre l'Histoire d'un Peuple, qui doit son Origine, sa Religion

et

ses

grands Succes

ä la

France".

Dieses

Leitmotiv seines ganzen Werkes wird noch einmal angeschlagen im ersten Satz des I. Bandes, nur noch umfassender; fast ganz Europa wird jetzt einbezogen in den Kreis der Staatengründungen, die von Frankreich aus18 gingen , Bayern ist eine davon. Die Begründung folgt unmittelbar: "La Baviere qui tient des Boies, Ancien Peuples du Bourbonnois, ses premieres Colonies, et ses Maitres du sang de Charlemagne, tire son Origine et sa Grandeur des Anciens Gaulois". Der Satz mutet geradezu

chauvinistisch

an,

er scheint ganz und gar die Erfindung Blancs zu sein, doch dieser behauptet eigentlich überhaupt nichts Neues; er folgt mit der These von der Abstammung der Bayern von den keltischen Boiern wie der ursprünglichen Wohnsitze in Gallien breiten

Erzählung

ihrer

Annahme

- sowie

wechselreichen

ihrer

mit

der

Wanderungen

durch Europa hin bis zur Vertreibung aus Böhmen durch

Kraus, Eine Geschichte Bayerns fir den Dauphin

387

Marbod- nur seiner Vorlage, der bayerischen Geschichte von

Vervaux,

wie

dieser

der allgemeinen Auffassung 19 seiner Zeitgenossen folgte . Die Ubernahmen sind aber

selten wörtlich, immer stark verkürzt, vor allem die

Zitate

terlichen

aus

antiken

Schriftstellern,

Geschichtsschreibern

und

sind

mittelal-

jüngeren

Histori-

kern weggelassen, ebenso die gelehrte Diskussion. Vor allem

bezieht

reich

in den

Boier,

Vervaux

nicht

das

Kausalzusammenhang

nicht

der

Ruhm

gegenwärtige ein,

Frankreichs

wie

sind

Blanc; sein

sche

Erbe

nach

1700

um

das römisch-keltische

und

das

die

Thema.

Freilich ist auch Blanc noch unberührt von der Diskussion

Frank-

großen

germani-

in der

französischen Geschichte, die bald 20 aufbrach ; die Einheit der französischen

Geschichte war bei ihm noch ungebrochen. Das zeigt sich wichtigsten

Themen

der

auch bei nächsten

der

Behandlung

Epoche.

Auch

bietet das klassische Werk zur bayerischen

der

dabei

Geschichte

aus der großen Zeit Bayerns weiterhin der Tendenz, die Blanc verfolgt, alle denkbaren Hilfen. Dort, bei Vervaux,

ist

gischem

zu

Blut,

lesen, wie

die

Regintrudis,

Prinzessin

die Gemahlin

aus

merowin-

Herzog

Theo-

dors, diesen dazu bewegt, ihren Verwandten Rupert, den Bischof von Worms, an seinen Hof zu rufen und sich und sein Volk taufen zu lassen: Aus dem königlichen Frankreichs also kommt das Heil nach Bayern, so 21 gert Blanc

Blut fol-

. Vollends mit Karl dem Großen kommt, wie

er fortfährt, "un nouvel esprit de valeur" in das Blut des Hauses

Bayern,

das von

ihm

abstammt;

damit

sind

beide Häuser, Bourbonen und das der Wittelsbacher, schon das seit der Urzeiten miteinander verbunden 22 Das

Karlsbild

allen wesent27 liehen Zügen der Darstellung bei Vervaux , es ist das

Karlsbild der

selbst

entnimmt

Epoche^.

er

mit

Kraus, Eine Geschichte Bayerns fär den Dauphin

388

Nicht Einzelheiten

Blanc

hinein

also, der Vervaux bis in die 2ς folgt , freilich ohne dessen

großem Atem, ohne die grandiosen Reden, die

er

Karl

und Tassilo in den Mund legt, deutet das Ringen

zwi-

schen Karl dem Großen und seinem Verwandten und Schwager, dem Herzog von Bayern, als Kampf zwischen Gut und Böse, bei dem alles Licht auf den Frankenkönig fällt, der Herzog völlig im Schatten steht; es

ist

bereits

der bayerische Historiker, der dabei in einer Tradition

steht,

die

bis ins

Mittelalter

zurückreicht.

Es

fiel den bayerischen Geschichtsschreibern um so leichter, bei ihrer Beurteilung des Konflikts den fränkischen Quellen der Karolingerzeit zu folgen, als sie in den Karolingern bayerische Könige sahen und die Herzöge, die seit 908 und dann wieder seit ll80 in Bayern regierten, als ihre Nachkommen betrachteten. Jede Verzerrung der Perspektiven, die Verkürzung der Handlung, die

durch

den

dramatischen

Aufbau

bedingt

ist,

die

Überhöhung der Gestalt Karls des Großen, die völlige Ignorierung der sachlichen Gegebenheiten,

selbst

die

überaus positive Würdigung der Einbindung Bayerns in das

Frankenreich,

Quellen,

denen

alles stammt

dieser

von

folgt.

Vervaux

und

den

Verfälschung

der

Ge-

schichte wird man Blanc also nicht vorwerfen können. Auch

im

Fortgang

der

Geschichte

sucht

man

vergebens nach eigentümlichen Zutaten des Übersetzers. Daß die Geschichte Bayerns seit 788 bei aller Verkürzung

bisweilen

Frankenreichs

geradezu wird,

bis

zur zu

Großen, den Aufständen unter

Geschichte den

Kriegen

Ludwig

dem

den Kämpfen an der Grenze des Reiches, eingestreuten

Nachrichten

des

ganzen

Karls

des

Frommen

und

mit

spärlich

aus Bayern, ist nicht

sein

Werk, so sind schon die Annales von Vervaux aufgebaut. Bisweilen stellt Blanc aber aus kompositorischen Grün-

Kraus, Eine Geschichte Bayerns fir den Dauphin

den •

die κ

Themenfolge

um

ν

oder

läßt

auch

einmal

389

Nach-

26

richten von Vervaux aus Tendenziöse Abweichungen von seinen Vorlagen lassen sich Blanc dabei

aber

nicht

nachweisen,

doch

ist immerhin bemerkenswert, wie sehr er, im Gegensatz zu Vervaux, sein Urteil gegenüber Karl dem Kahlen zurückhält

- er ist

für

ihn

bereits

"Roy

de

France".

Ludwig der Deutsche dagegen, den Vervaux meist Ludovicus Germanicus nennt, einmal auch Ludovicus Boius, heißt bei Blanc stets "Roy de Baviere", und zwar bis 27 zu seinem Tod . Bayern und Frankreich also als Partner - das ist bereits ein Thema

der

Mit dem Tod Ludwigs, des "Königs von

Karolingerzeit. Bayern",

endet

der erste Band. Zu jenen Themen der bayerischen

Geschichte,

die dem Geschichtsschreiber so etwas wie ein Bekenntnis abverlangen, gehört auch die Geschichte

Arnulfs,

des ersten bayerischen Herzogs nach den Karolingern. Die zeitgenössischen Quellen, was bereits Aventin gesehen hatte, preisen ihn als "dux gloriosus" , die Geschichtsschreiber der Reformzeit, die ihn wegen seiner 28 Haltung gegenüber der Kirche verabscheuten , verdammen ihn gleichzeitig als Rebellen gegen das Königtum, für das bayerische Herrscherhaus aber Großen bedeutete er die 29 , von genealogische Verbindung zu Karl dem der noch Maximilian I. den Vorrang seines Hauses vor den 10 Habsburgern ableitete . Vervaux nun, der nicht nur die Ehre des Hauses Wittelsbach, sondern auch die Würde der Kirche zu wahren hatte, löste das Dilemma einfach dadurch, daß er, wie schon sein Vorgänger Brunner - auf dem er auch hier in fast sklavischer

Abhängig-

keit fußt -, bei Arnulf eine Wandlung annimmt vom jugendlichen Bedrücker der Kirche zu ihrem Beschützer

;

die Rebellion jedoch konnte er nicht abstreiten, auch

Kraus, Eine Geschichte Bayerns fir den Dauphin

390

wenn er sich sehr zurückhaltend dazu äußert. Blanc nun mildert den Vorwurf noch mehr, wobei er genau entscheidenden

Wendungen

folgt

darin,

er

ihm

selbstverständlich

von

daß

vermeidet

er

bejaht,

deutlich nicht sagt, die trotzdem

das

Vervaux die

er

des

den Zwar

Königs

Vervaux 12 Vasallen , aber

Herzöge

Wort

abweicht.

Rechte

nennt,

in

was

"rebellio",

das

so er

Vervaux

benutzt. Es scheint außerdem fast, als habe Blanc, der genau

so wenig wie

Vervaux

von

einer

Königserhebung

Arnulfs etwas weiß - Vervaux lehnt die

diesbezügliche

Nachricht bei Aventin rundweg ab^^ -, die dieser

Übergangszeit

schärfer

gesehen

Problematik

als

Vervaux.

Doch das scheint nur so. Zwar drückt seine Übersetzung die

Prätentionen

Arnulfs

sich anachronistischen

dank

der

Verwendung

des

an

Begriffs

"Souverainete" schär35 fer aus als die vage Wendung bei Vervaux , doch was dabei die leitende Absicht war, läßt sich nicht

genau

bestimmen. Es muß angenommen werden, daß Blanc,

nicht

anders als

Zeit,

keinen

das

französische

Zwischenzustand

tertänigkeit •schaffen

zwischen

kannte, etwa

sehen Fürsten

die

seiner

Souveränität

Landeshoheit

und der

, und für seine Leser einfach

wollte.

Souveränität

Staatsrecht

Der

scharfe

Gegensatz

Un-

deut-

Klarheit

Vasallität-

kann jedenfalls kein Zufall sein, weicht

doch Blanc sonst kaum jemals

vom

Text

seiner

Vorlage

ab. Das überaus positive Bild Arnulfs bei

Blanc

hängt, wie wohl auch bei Vervaux, unmittelbar mit seiner

Einschätzung

als

Ahnherr

stenhauses zusammen. Bei Wittelsbach einem

vollends

Elogium

auf

läßt

das

der

des

Behandlung

Blanc

Haus

gegenwärtigen

keine

Ottos

Für-

I. von

Gelegenheit

Wittelsbach

aus.

zu

Während

z.B. Vervaux zurückhaltend formuliert, zum Jahr 1133: "Pax Wolfratshusia" 37 , und die Vermittlungstätigkeit

391

Kraus, Eine Geschichte Bayerns ßr den Dauphin

des Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach mit dem schlichten Satz anzeigt: "pacis author intercessit", heißt es bei Blanc in der

Überschrift:

"Othon

Mediateur de la paix", im Text wird noch

betonter

ausgedrückt

Wittelspach

der

Sachverhalt

Satz: "Un seul 78 Othon... fut le mediateur de la paix" . Beide allerdings nennen den Sohn

des

mit

de

dem

Pfalzgrafen,

den

späteren

Herzog, auch an dieser Stelle schon "grand Othon" bzw. "Otto

Magnus".

Noch

intensiver

sind

Blancs in den Text Vervaux' bei der Ereignisse

von

sicher nicht Ottos

von

1155·

Abgesehen

in besonderer

Wittelsbach

die

Eingriffe

Schilderung

davon,

daß

Blanc,

Absicht, etwa um

besonders

der

die

Tat

herauszuheben,

die

Darstellung bei Vervaux mit der gesamten, sehr breit behandelten

Vorgeschichte

wiederholt,

ändert

er

außerordentlich

einerseits

die

verkürzt

Überschrift,

andererseits schiebt er in den Text einen Abschnitt über die karolingische Abstammung der Wittelsbacher 39 ein . Bei Vervaux heißt es schlicht: "Certamen ad Fauces Veronenses", und Otto wird einfach,

"Wittels-

bachius" genannt^®. Blanc dagegen hebt den ganzen Vorgang auf Ot'to allein ab. Die Überschrift lautet: "Eloge d 1 Othon de Wittelspach,

surnomme le Grand". Im Text,

der merkwürdigerweise auch die Erstürmung der Klause nur

sehr

verkürzt

Erweiterung glichen.

des

wiedergibt,

Textes

Vervaux

wird 1

Otto

mit

sogar

Leonidas

Der Schlußsatz dagegen ist wieder

in ver-

verkürzt,

obwohl auch Vervaux dabei seine Zurückhaltung spürbar aufgibt^*. Eigentümlicherweise verfährt

Blanc

ähnlich

auch bei der Erwähnung der Weifen, hier mildert er die härtere

Ausdrucksweise

Vervaux'

oder

hebt

durch

Beifügung lobender Adjektive das Andenken der Herzöge - die er als legitime Herzöge Bayerns betrachtet und damit

als

berechtigt

zur

Entgegennahme

höfischer

Kraus, Eine Geschichte Bayerns ßr den Dauphin

392

Λ

Ergebenheitsbeweise Geschichte

. Damit wird natürlich

Heinrichs

des

wird, mit den Kämpfen Pilgerfahrt

ins

Löwen,

gegen

Heilige

die

Land

die

breit

Slawen und

auch

erzählt

wie

dem

die

mit

der

glorreichen

Empfang zu Konstantinopel, zu einem Ruhmesblatt in der Geschichte Bayerns. Die Absetzung des Weifen erforderte dann allerdings eine um so

sorgfältigere

historiographische

Behandlung. Daß diese Absetzung überhaupt

gerechtfer-

tigt wurde, zeigt Blanc, wie auch seine Vorlage, weithin im Gegensatz zur Geschichtsschreibung seit dem 15. Jahrhundert4"^.

Im

allgemeinen

wurde

in

der

Landes-

geschichtsschreibunjij in Sachsen wie in Bayern das Vorgehen Barbarossas als Willkür empfunden, das Bild des Weifenherzogs erhielt erst im Zeitalter

der Romantik

schwärzere

wieder

Züge.

Die

Kirchenhistoriker

waren

auf Barbarossa wegen seiner Haltung gegenüber Alexander III. nicht gut zu sprechen. Eine Ausnahme bildet Vervaux, der allerdings nicht so sehr die Rechtslage untersucht oder die Rechtsbrüche des Weifen ins Feld führt, sondern im Grunde nur seine mangelnde Klugheit rügt. Während er noch anläßlich der Wallfahrt ins Heilige Land seine "munificentia" preist 4 4 , läßt er nach dem

Fußfall

beginnen; Kraft

45

Barbarossas

schuld

ist

zu Chiavenna ein

gewisses

und sein Mangel an Klugheit

den

Niedergang

Nachlassen

der

im Angesicht

des

4

drohenden Untergangs ^ - das ist alles. Und doch wird Barbarossa, Alexander

der

III.

bisher

wegen

gegenüber

nicht

seiner

Einstellung

freundlich

behandelt

worden war, plötzlich, Λ Πnach seiner Versöhnung mit dem Papst, warm gewürdigt . Der Umschwung wird aber nicht zu 1177 erwähnt, zum Jahr des Friedens

von

Venedig,

sondern erst zu

ll80, anläßlich der Einsetzung

von Wittelsbach

als Herzog von Bayern.

Das

ist

Ottos also

393

Kraus, Eine Geschichte Bayerns fiir den Dauphin

der wirkliche Grund für den Wandel auch

in

der

teilung des Staufers: Bayern kam jetzt wieder A8 gitimos nobilissimi Principatus haeredes" .

Beur-

"ad le-

Blanc macht diese Wendungen getreulich mit, wieder nicht ohne bemerkenswerte Abweichungen. Im Gegensatz zu Vervaux spricht er von "desobeissance" des 49 Löwen

, und während

Heinrichs

beim

Geldbuße teilte,

die

Versuch

Hand

zur

trieb, läßt Blanc die

Versöhnung

das

hatte,

Erzählung

dem

er das

Hier

zu

ihm

Höhepunkt

nach

das

Satz

dort

einer

zum

aus,

Sturz

verschärft

strebt

zu, wenn

verur-

Schicksal

gewissermaßen

diesen wie

Verhalten

reichen,

Betrachtung

ihn

gerade

das U r t e i l ^ .

indem

Barbarossas,

in antikisierender

eingeschaltet also

Vervaux,

schließlich

"Othon

de

Wit-

telspach... surnomme le Grand""** als Herzog eingesetzt wird.

Der

einzige

Unterschied

beider

Darstellungen

liegt in der Konzentration des Berichts bei Blanc allein

auf

die

Gestalt

des neuen

Herzogs und

der

vorhebung des Elogiums auf Otto von Wittelsbach eine

eigene

Überschrift

und

durch

die

Herdurch

Anordnung

am

Schluß des Kapitels, bei der Nachricht von seinem Tod, während Vervaux bereits Herzogs nisse

seine

aus

bei

Ruhmestaten

aller

Welt

bis

der

Einführung

berichtet 1183

und

des

dann

einschaltet.

neuen Ereig-

Das

be-

deutet, daß der Leser sein Interesse teilen muß; Blanc dagegen hat nur die Person des neuen

Herzogs S2 künftige Schicksal seines Hauses im Auge .

und

das

Hier wie auch bei vielen anderen Partien, in denen die Ereignisse der kommenden Jahrhunderte handelt

werden,

wird

der

stärker

höfisch

abge-

betonte

Charakter des Werkes Blancs und sein Bestreben, zu beschwichtigen oder zu harmonisieren, noch

zu

unterstreichen,

Darstellung

der

besonders

Geschichte

Ludwigs

positive

Aussagen

deutlich. des Bayern

Bei

der

häufen

394

Kraus, Eine Geschichte Bayerns fär den Dauphin

sich solche Abweichungen; nicht zuletzt die Differenzen mit dem Papst, auf deren Behandlung Vervaux größte Sorgfalt

verwendet,

dargestellt,

die

werden

außerordentlich

Sympathien

Blancs

verkürzt

liegen

eindeutig

bei Ludwig^"*. Der Höhepunkt schließlich von 1338 kommt bei

Vervaux

menhang

- auch wenn

mit

dem

er,

Weistum

der

von

Jesuit,

Rhense

im

von

Zusam-

Freiheit

spricht - kaum zum Ausdruck"*^, bei Blanc dagegen heißt es:

"Digne

resolution

du

College

Electoral" und 57 "Glorieuse journee pour 1'Empereur Louis" . Wie wich-

tig dem Haus Wittelsbach noch im Geschichte

Ludwigs

des

Bayern

17. Jahrhundert

war,

wußten

die

offenbar

beide"*^. Die Folgezeit bietet Höhepunkte

dieser

Art

nicht mehr; auch wenn die Annales Vervaux' weiterhin, dank der reichen Quellengrundlage, die bereits das 17· Jahrhundert besaß, die Geschehnisse bis zum Rücktritt Wilhelms Breite 287

des

und

auf

Gründlichkeit

Seiten

äußerlich

Frommen

nicht wird

250

Kolumnen

darstellt,

allzusehr

zurück

unübersehbar,

worauf

in

denkbarer

worin

Blanc

bleibt^

-

in der

mit

schon

neuesten

Geschichte der Schwerpunkt liegt: Für die Regierungszeit

Maximilians

I. verwenden

Vervaux

und

Blanc

je

einen vollen Band; bei Vervaux umfaßt er 592 Kolumnen in Folio, bei Blanc trotz außerordentlicher immer noch 502 Seiten in Oktav. Vervaux

Kürzungen

hebt

diesen

Teil seines Werkes auch durch eine Überschrift von besonderer Prägung heraus. "Idea Boni principatus" überschreibt er die Regierungszeit seines Herrn. Daß Blanc auch hier Vervaux in allem folgt, obwohl er für diese Epoche auf eine Reihe von Werken in italienischer rückgreifen

und französischer

können, wird

nicht

Sprache hätte zu-

verwundern,

wenn

man

seine Arbeitsweise richtig würdigt. Nirgends setzt er

Kraus, Eine Geschichte Bayerns fir den Dauphin

395

eigene kritische Akzente, ungeachtet der Tatsache, daß er sich in einem Buch, das für Franzosen und

Bayern

gleichermaßen lesbar sein sollte, auf sehr schlüpfrigem Boden bewegte. In hochtönenden Wendungen Vervaux

zu

über-

treffen war schlechterdings unmöglich, Blanc kam ihm bestenfalls gleich^®. Wie Vervaux entwickelte er die gesamte Geschichte der Jahre bis zum Tod Maximilians, wie dieser hatte er vor allem die auswärtige Politik, also

in

erster

Blickfeld.

Linie

Angesichts

den

Dreißigjährigen

seiner

Krieg,

Grundthematik,

im

die

das

Verhältnis Bayerns und Frankreichs in besonderer

In-

tensität herauszuarbeiten nahelegte,

da-

interessiert

bei vor allem die Darstellung der wechselvollen Politik seit 1 6 3 1 ,

seit dem Bündnis von Fontainebleau. Daß

Vervaux dabei einen strikt bayerischen Standpunkt einnahm, so daß die Ordensleitung sogar Beschwerden

aus

Wien fürchtete, ist bekannt. Wie konnte dann Blanc die französische

Politik

1632, den

Bruch

des

Bündnisses

durch Richelieu, rechtfertigen? Konnte die Schilderung der Kämpfe mit den Franzosen, ihrer Niederlagen durch Jan von Werth und Mercy auch ein Thema Blancs

sein?

Wie also würde er in diesem letzten Band mit Vervaux verfahren, den er bis dahin bei allen wichtigen Themen einfach übersetzt hatte? Der

kritischste

Punkt

war

die

bayerisch-

französische Defensivallianz von Fontainebleau.

Blanc

stellte die Vorgeschichte des Bündnisses und den Bündniszweck wie die wichtigsten Bestimmungen völlig korrekt d a r ^ , und zwar in wörtlicher Übersetzung des Berichts von Vervaux^. Blanc fährt dann fort, mit einer höchst gewundenen Rechtfertigung der französischen Ablehnung Schweden

einer

Bündnishilfe

angegriffen

habe,

noch

1631,

und

nicht

da die

Tilly

die

Schweden

Kraus, Eine Geschichte Bayerns ßr den Dauphin

396

Bayern,

und

schließt

dann

geradezu

zynisch:

"Mais

enfin tous les Traittez sont sujets a diverses interpretations,

et

armes

decider

pour

n'ont

point

les

d'autres

difficultez

juges qui

en

naitre". Wer nun glauben wollte, daß man endlich fassen könne, irrt.

Auch

diese

que

les

peuvent

Blanc

Stelle

hier steht

kaum anders bei Vervaux^. Nicht Blanc also ist hier der

gelehrige

wenigstens

Schüler

eines

eines

Giovanni

Machiavelli

Botero

oder

oder

des

doch Justus

Lipsius, sondern Vervaux^, der auch bereits anläßlich der Erwähnung des Bündnisses von Bärwalde völlig unbefangen

die

französische

Argumentation

wiedergegeben

hatte. Nur so ist allerdings die Wendung bei Blanc zu begreifen, der bei der Begründung des Bündnisses mit Schweden

"sous

liberte"

schreibt,

Königs

eine

pretexte also

zweideutige

de

retablissement

dem

Vater

Begründung

bei Vervaux natürlich genau

seines

de

jetzigen

unterstellt,

so gemeint

la

ist,

die

nämlich

als bloßer Vorwand, wenn er sagt: "specie restituendae Germanicae libertatis"^. Geradezu sklavisch

also folgt

der

Franzose

seiner Vorlage; Abweichungen wie die Hervorhebung des Eintretens

des

französischen

Gesandten

1631 bei Gustav Adolf durch eine eigene

für

München

Überschrift^

sind selten, oder sie s,ind das Ergebnis der

geradezu

horrenden Kürzungen, die sich die Annales Vervaux' für die Zeit des ganzen Von

einer

Absicht,

Krieges etwa

die

Franzosen

zu übergehen und

nisieren,

kann

nicht

die

gefallen Kämpfe

lassen der

Bayern

das Verhältnis Rede

sein,

sie

mußten.

zu

und

harmo-

werden

ge-

f\ 7

treulich erwähnt

, die Siege

der Bayern werden

gefeiert, auch wenn Blanc für die Jahre bis

I648

fast nur

noch 60 Seiten zur Verfügung hat, Vervaux aber 260 Kolumnen. Trotzdem, die Schlachten von Tuttlingen, von

397

Kraus, Eine Geschichte Bayerns ßr den Dauphin

Freiburg, von Alerheim werden genannt, als Siege der Bayern, und wenn Enghien und Turenne dabei als grandiose Feldherrn gefeiert werden, so steht ihm Mercy 68 nur wenig nach

. Sich

als Bayer

über

Blanc

zu

be-

ein

Ge-

schweren, wäre also ungerecht. War

er

aber

ein

Historiker,

gar

schichtsschreiber?

Die Fakten, ihre Reihung, ja ihre

Wertung

er

übernimmt

wörtlich.

Zwar

einfach

zeigt

auch

von

dieser

Vervaux, nicht

weithin

immer

jene

kunstvolle Komposition, die eine Folge von Ereignissen in

straffer

Einheit

der

Handlung

gewissermaßen

zum

Drama gestaltet, die bei seinem Kapitel über den Sturz Tassilos bereits

so

auffällt;

barockes

immer

Bestreben,

wieder die

kommt

Quellen

ihm

sein

vollkommen

auszuschöpfen, in die Quere, und vollends bei seiner Behandlung des Dreißigjährigen Krieges erstickt er geradezu im Stoff. Blanc dagegen hätte, da er zu Kürzungen und Straffungen einfach gezwungen war, die Möglichkeit beiten,

gehabt, Zäsuren

große zu

Handlungsbögen

setzen,

herauszuar-

Höhepunkte

abzuheben.

Nichts davon tut er. Mantua etwa erwähnt er überhaupt nicht, für den Kurfürstentag zu Regensburg I63O hat er nur eine Seite, Entscheidungsschlachten

behandelt

er

nicht anders als beliebige Aktionen, nicht einmal die Bedeutung

der

Kriegsschauplätze,

auf

denen

sich

die

von ihm erwähnten Kämpfe abspielen, macht er dem Leser klar, nie die Thematik des Krieges überhaupt, der für 69 Vervaux sehr wohl ein Religionskrieg war

.

Wie also soll man sein Werk beurteilen?

Es

ist weniger als eine Kompilation, etwas mehr als ein Plagiat, weithin bloße Übersetzung - freilich ohne daß der Name des eigentlichen Autors genannt würde. Verfälschung Nachweises

allerdings seiner

der

Vorlage

Eingangsthese

von

im

Sinne

der

Eine eines

Bedeutung

Kraus, Eine Geschickte Bayerns fir den Dauphin

398

Frankreichs für die Entstehung und die Größe Bayerns läßt

sich

nicht

diesbezüglichen

nachweisen; Kritik

die

Roth

nimmt

Einleitung

bei

für

seiner

das

Werk.

Für seine These von der Abstammung der Bayern wie für seine

Auffassung

von

der

Bedeutung

Bayern zur Karolingerzeit

Frankreichs

folgt er durchaus

für

Vervaux,

auch wenn er die Partnerschaft Bayerns und Frankreichs unter

den

späten

Karolingern

zu

optimistisch

sieht.

Demnach kann man nur an wenigen Stellen erkennen, daß Blanc bestrebt ist, keinesfalls höfische

Empfindlich-

keiten zu wecken, so bei der Behandlung

des

Arnulf,

Ottos

von Wittelsbach,

Heinrichs

Herzogs

des

Löwen,

oder auch Ludwigs des Bayern. Aber selbst wenn man an einer Stelle meint, Blanc rechtfertige die Auffassung seines

eigenen

Königs,

Ludwigs

XIV.,

von

der

gott-

gleichen Stellung des Monarchen auf Erden, handelt es sich in Wirklichkeit ν Vervaux 1>70 Es

um

eine

wörtliche

fehlt Blanc

also

in

Originalität, nicht

die

sein

jeder

Geschichtswerk

Qualitäten,

die

ein

Übersetzung Hinsicht

zeigt

aber

Kompendium

an

auch

oder

ein

Abrege durchaus haben kann. Die Kritik der Nachwelt 71 fiel entsprechend aus . In Frankreich, wo die deutsche gelehrte Geschichtsschreibung, Vervaux und seine 72 Vorgänger, offenbar nicht bekannt waren , hätte Blanc trotzdem Eindruck machen können; es ist aber keine Rezeption seiner Geschichte Bayerns auszumachen, mit Mü73 - doch das kann

he kennt man überhaupt seinen Namen auch

am mangelnden

Interesse

Auch seine Erwartungen

für

das

Thema

liegen.

auf Dank im höfischen

Bereich

scheinen sich nicht erfüllt zu haben, weder in Frankreich noch in Bayern; seine knappe Vita schweigt diesbezüglichen nach

1680

in

Ehrungen.

Paris die

Allerdings Neigung,

war

sich

schon

von kurz

freundlich

an

Kraus, Eine Geschieh te Bayernsförden Dauphin

Bayern

zu erinnern,

serfreundliche

nicht

mehr

sehr

groß;

die

399

kai-

Politik Max Emanuels hat die Stellung

seiner Schwester, der Dauphine, stark erschüttert, sie 7 Λ

war

völlig

isoliert, bis

sie

bereits

1690

starb

.

Während aber die bayerische Frankreichpolitik durchaus nicht Episode blieb, sondern bald wieder

aufgenommen

und insgesamt mehr als ein halbes Jahrhundert weitergeführt

wurde,

hat

die

Geschichte

Bayerns

für

den

Dauphin so gut wie nichts bewirkt, sie war nichts als eine liebenswürdige, wenn auch als Plagiat verfängliche,

aber

sehr

ephemere

nicht

un-

Begleiterscheinung

dieser Politik. Blanc war bald vergessen, reich offenbar noch früher als in Bayern 7 5.

in

Frank-

400

Kraus, Eine Geschichte Bayerns für den Dauphin

1 Hermann Weber, Die Bedeutung der Dynastien für die europäische Geschichte in der frühen Neuzeit. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 44 (1981) S.5-32. 2 Peter Claus Hartmann, Zwei Wittelsbacher Prinzessinnen am Hof Ludwigs XIV. : Maria Anna Christina von Bayern und Elisabeth Charlotte von der Pfalz. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 44 (1981) S.274f. 3 Ebd. S.273. 4 Roswitha von Bary, Henriette Adelaide, Kurfürstin von Bayern. München 1980, S.369, S.500 zu Blanc ( dort Lit. ) . 5 Blanc I, Preface: Die Kurfürstin "desirant de faire connoitre la grandeur de la Maison, dan ( ! ) laquelle eile etoit entree ... me commanda d 1 entreprendre l'Histoire de ses Etats". 6 Ludwig Rockinger, Über ältere Arbeiten zur bayerischen und pfälzischen Geschichte im geheimen Haus- und Staatsarchiv. In: Abhandlungen der III. Classe der K. Akademie der Wissenschaften 14 (1879) s.258-261. 7 Dictionnaire de Biographie Frangaise VI, Paris 1951, S.589; hier auch das Geburtsjahr Blancs (1637), nicht aber das Todesjahr. 8 Friedrich Roth, Die Hauptwerke über bayerische Landesgeschichte vom Zeitalter des Humanismus und der Gegenreformation bis zur Gegenwart. In: Bayerische Zeitschrift für Realschulwesen NF VI (1898) S.I83, nimmt geradezu an, das Buch sei für die Münchner Hofgesellschaft bestimmt gewesen. 9 Blanc, Vorrede zu Band III: "le grand Maximilien"; ebenso im Abrege: Rockinger (Anm. 6) S.259 10 Blanc Bd. IV S.10. Vgl. ebenda auch die Widmung an den Regenten Herzog Maximilian Philipp: "la vie de son Pere le Grand Maximilien, qui toutes les vertus Chretiennes, Politiques et Militaires, on fait un exemple acheve de cette grandeur d'ame, et de cette etendue d'esprit, de sagesse, et de prevoyance... C 1 est le Prince que le Ciel semble avoir choisi pour retablir toute la gloire, et tout 1'eclat de vos Ancestres..." Vgl. auch Anm.60. 11 Ebd. II S.4. Im "Abrege" wird auch das Haus Savoyen in die Huldigung mit eingeschlossen: Rockinger (Anm. 6) S.259. 12 Andreas Kraus, Grundzüge barocker Geschichtsschreibung. In: Bayerische Geschichtswissenschaft in drei Jahrhunderten. Gesammelte Aufsätze. München 1979, s.11-33. 13 Richard Alewyn, Feste des Barock. In: Absolutismus,

Kraus, Eine Geschichte Bayerns fir den Dauphin

14 15

16

17 18

19

401

hg. von Walther Hubatsch. Darmstadt 1973 (Wege der Forschung 314) S.248-267; Richard Alewyn, Das große Welttl^eater. Die Epoche der höfischen Feste. München 1985; Eberhard Straub, Repraesentatio maiestatis oder churbayerische Freudenfeste in der Münchner Residenz vom 16. bis zum Ende des 18.Jahrhunderts. München 1909; Jürgen Frh. von Kruedener, Die Rolle des Hofes im Absolutismus. Stuttgart 1973; Andreas Kraus, Das Haus Wittelsbach und Europa. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 44 (1981) S.435ff. Wolfgang Braunfels, Die Kunst im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation I. Die weltlichen Fürstentümer. München 1979. Andreas Kraus, Bayerische Wissenschaft in der Barockzeit. Altertumswissenschaft und Geschichte. In: Handbuch der bayerischen Geschichte, hg. von Max Spindler. Bd. II, München 1966, S . 8 O 8 - 8 U ; Alois Schmid, Geschichtsschreibung am Hofe Kurfürst Maximilians I. von Bayern. In: Um Glauben und Reich. Kurfürst Maximilian I. Beiträge zur Bayerischen Geschichte und Kunst 1573-1657j hg. von Hubert. Glaser, München 1980, S.330-340. Roth (Anm. 8) S . I 8 4 . Der vollständige Titel lautet: Joannis Adlzreitter a Tetenweis, Arcani Consilii Cancellarii, Annalium Boicae Gentis Partes III, Quibus Historia a prima Bojorum origine usque ad A. MDCLI, quo Maximiiianus Elector Bavariae decessit, continetur. München 1662. Benutzt wird die Ausgabe Frankfurt 1710, besorgt von Ferdinand Ludwig von Bresler. Zum Geschichtsbild des eigentlichen Verfassers, des P. Johannes Vervaux SJ. (1586, Trier l66l, München) s. Roth (Anm. 8) S.lSlf.; Andreas Kraus, Tassilo und Karl der Große in der bayerischen Geschichtsschreibung des 17· Jahrhunderts. In: Bayerische Geschichtswissenschaft (Anm. 12) S. 34-53 · Dictionnaire (Anm. 7)· Der Titel: Samuel Guichenon, Histoire genealogique de la royale maison de Savoie. 2 Bde., Lyon 1660. Blanc I S.22. "Je rends ä la France la Gloire qu'elle s'est acquise depuis plus de seize siecles, d'avoir jette les fondements de plusieurs Etats dans 1'Europe, quand j 1 ecris en sa langue 1'Histoire d'une Nation qui doit et ses commencements et sa grandeur a ses Peuples et ä ses Princes" . Andreas Kraus, Die Abstammung der Bayern in der Historiographie des 18. Jahrhundert. In: Bayerische Geschichtswissenschaft (Anm. 12) S. 185-211.

402

Kraus, Eine Geschichte Bayerns ßr den Dauphin

20 Jürgen Voss, Das Mittelalter im historischen Denken Frankreichs. München 1972, S.262ff. (Lit.) 21 Vervaux I col. 141 cap. 24; Blanc I S.284-287; s. auch die Vorrede Bd. I. an den Dauphin: "sorty de votre Auguste Sang". 22 Ebd. 23 Kraus, Tassilo (Anm. 16) S.35-41. 24 Paul Schoenen, Das Karlsbild der Neuzeit. In: Karl der Große, hg. von Wolfgang Braunfels und Percy Ernst Schramm. Bd. IV, Düsseldorf 1907, S.274-305· 25 Der Schluß der Erzählung, die moralische Anwendung, ist sogar wörtliche Übersetzung, ebenso die "Reflexions morales et politiques", die das neue Kapitel einleiten, eine Begründung des Gottesgnadentums: Blanc I S.342-344; Vervaux II. col. 179f. 26 Das betrifft vor allem die kirchlichen Ereignisse, aber auch die bewegte Außenpolitik der Karolingerzeit. Ein Beispiel einer Umstellung: Blanc I S. 376f. - Vervaux I col. 210f. Vervaux I col. 219f. leitet ein neues Buch ein, hier steht die Würdigung Ludwigs des Deutschen, während derselbe Abschnitt bei Blanc I S.377 die wechselvollen Ereignisse unter Ludwig dem Frommen einleitet, also ein ganzes Buch früher kommt. 27 Vervaux I col. 218 cap. 29, 219 cap. 1, 236 cap. 26; Blanc I S.388, 408, 412f., 430, 453, 46l, 477, 485, 488. Auf Partnerschaft zwischen den Herrschern Bayerns und Frankreichs weisen folgende Lemmata im Inhaltsverzeichnis hin, die sich bei Vervaux nicht finden: "Alliance entre les Roys de France et de Baviere" (S.412f.); Nouvelle entrevues des Roys de France et de Baviere au Luxembourg" (S.454); "Le Roy Louis et le Roy Charles parlent d'accommodement" (S.467)· "Roy de Baviere" nennt er auch Ludwig das Kind (Bd. II S.67). 28 Alois Schmid, Das Bild des Bayernherzogs Arnulf (907-937~5 in der deutschen Geschichtsschreibung von seinen Zeitgenossen bis zu Wilhelm von Giesebrecht. Kallmünz 1976. 29 Ebd.; s. auch Vervaux I col. 309 cap. 10; Blanc II S.76. 30 Kraus, Tassilo (Anm. 16) S.51f. 31 Schmid (Anm. 28) S.I55. 32 Blanc II. S.8 7 J "..Arnoul en fit autant d 1 une partie de la Baviere, comme sucesseur de Luitpald, et prit le nom de Due ou de Prince, l'authorite principale et souveraine demeurant, par devers le Roy, de qui, comme j'ay dit, ces Dues ou Princes etoient Vassaux". Vervaux I col. 314 cap. l8: "manente tarnen penes Regem summa, quam directam nuneupant,

Kraus, Eine Geschichte Bayerns fir den Dauphin

403

dominandi potestate". 33 Ebd. col. 318 cap.24: Heinrich rät Arnulf, "ut ... rebellionem aversaretur". Bei Blanc II. S.93 heißt es nur: "de poser les armes". 34 Vervaux I col. 314 cap. 18. 35 Blanc II S.92: "Arnoul ayant appris la mort de Conrad, revint en Baviere avec sa famille, et dans le dessein de s'y retablir, avec tous les droits de Souverainete qu'il pretendoit, il se preparoit a tout evenement, et avoit des forces pretes pour resister a Henry..." - Vervaux I col. 317 cap. 24: "cum tota familia in Boicam redierat, itaque se ad excipiendas Henrici iras comparaverat, ut non obscure prae se ferret animum vindicandae veteris majorum dignitatis...". 36 Konrad Repgen, Über den Zusammenhang von Verhandlungstechnik und Vertragsbegriffen. Die kaiserlichen Elsaß-Angebote vom 28. März und 14· April 1646 an Frankreich. In: Historische KlopfSignale für die Gegenwart. Münster 1974, S.64ff. (Lit.). 37 Vervaux I col. 540 cap. 22. 38 Blanc II. S.378f. 39 Ebd. II 423 f., angeblich nach Claude-Frangois Menestrier, Alliance sacree de l'honneur et de la vertue au mariage de Monseigneur le Dauphin avec Madame la princesse electorale de Baviere. Paris l680. Dieses Buch erschien zur Hochzeit des Dauphin. Blanc leitet dabei Herzog Arnulf von einem Grafen Pippin von Lengenfeld ab, angeblich Sohn Bernhards von Italien und Enkel König Pippins, des Sohnes Karls des Großen. Vervaux col. 309, cap. 10 macht Arnulf bereits zum Sohn Bernhards. 40 Vervaux I col. 562 cap. 27. 41 Ebd. col. 563 cap. 28: "Wittelspachii virtus mire celebrata laudibus, ex heroico facinore cepit omen assurgendi ad fortunam longe illustrissimam". Blanc II S.423: "..en cette memorable journee un fameux augure de la fortune eclatante, ou son courage devoit 1'elever". 42 Vervaux I col. 542 cap. 26: "Henrici superbi res in Italia praeclare gestae" - Blanc II S.388: "Beaux exploits de Henry Due de Baviere". Vervaux I col. 544 cap. 29: "Henrici Bojarii male sarta ambitio" Blanc II. S.39: "Belies experances de Henry". Vervaux I col. 559 cap. 21: "Henricus Leo in Conradum armatus" , "Bellum in Saxonia" - Blanc II S.414 bzw. 418: "Henry Leon redemande la Baviere", "Henry Leon somme 1 1 E m p e r e u r de sa promesse". 43 Ursula Jentzsch, Heinrich der Löwe im Urteil der deutschen Geschichtsschreibung von seinen Zeitge-

404

44 45 46

47

48 49 50 51 52 53

54

55

56 57 58

Kraus, Eine Geschichte Bayerns fir den Dauphin

nossen bis zur Aufklärung. Jena 1939; Andreas Kraus, Die historische Forschung an der Churbayerischen Akademie der Wissenschaften 1759-1806. München 1959, S.247ff. Vervaux I col. 594 cap. 38. Ebd. col. 599 cap. 44: "quasi antiquam esset virtutem oblitus" (anläßlich seiner Zurückhaltung beim Einfall des Kölner przbischofs in Sachsen). Vervaux I col. 600 cap. 44: "Ille vero (ita eum, urgente velut ad ruinam fato, prudentia destituerat) nescius cedere tempori" (angesichts der Forderung Barbarossas von 5000 Talenten mit dem gleichzeitigen Angebot der Versöhnung). Ebd. col. 601 cap. 1: "Fridericus vero Imperator Ecclesiae conciliatus firmatusque totius Imperii viribus, non timeri modo, sed etiam coli sincerius et amari coeperat". Ebd. Blanc II S.474; sonst wörtlich wie Vervaux I col. 600 cap. 44 (wie Anm. 46). Blanc II S.473: "Henry qui ne scüt s'accomoder au tems (ce que tout homme sage doit fair dans 1"occasion) ...". Den Text Vervaux' s. Anm. 46. Blanc II S.477; ebd. S.48O: "qui meritoit si bien le surnom de Grand" - Vervaux I col. 603 cap. 3: "Princeps Magni titulo dignissimus." Die guten Wünsche für dieses Haus allerdings, die Blanc II S.477 einfügt, stehen so wörtlich bereits bei Vervaux I col. 601 cap. 1. Z.B. Blanc III S.6 - Vervaux I col. 626 cap. 1; Blanc III S.32 - Vervaux I col. 640 ("cruels effects de jalousie" - "Ludovicus severus uxorem necat"). Vervaux II col. 4 cap. 7 (keine Überschrift) Blanc III S. 108 ("Sa Bonne foy envers Frederic"); Blanc III S. 123 ("II echappe prudemment d 1 un autre danger") - Vervaux II col. 8 ("Ludovico struunter insidiae"). Vervaux II col. 67 betitelt das Kapitel über den Tod Benedikts XII. "Benedict! Pontificis obitus"; Blanc III S.I96: "Clement VI. Successeur de Benoit, grand ennemy de Louis"; das nächste Kapitel handelt vom "Procede violant. du Pape" (ebd. S.197), während Vervaux schreibt: "Irrita Ludovici ad dementem Pontif. legatio". Vervaux I col. 68 cap. 10: "Septemvirale senatus consilium pro Germanici Imperii libertate". Blanc III S.197, 199. Andreas Kraus, Die Annales Ecclesiastici des Abra-

Kraus, Eine Geschichte Bayerns fir den Dauphin

59 60

61 62 63

64

65 66 67 68

69 70 71 72

405

ham Bzovius und Maximilian I. von Bayern. In: Bayerische Geschichtswissenschaft (Anm. 12) S.54-105· Sie umfassen bei Vervaux II die Spalten 74-328, bei Blanc III die Seiten 215-502. Vgl. den Schluß des III. Bandes bei Blanc und die Einleitung zum III. Teil bei Vervaux. Blanc äußert sich folgendermaßen: "sous le regne d 1 un Prince a qui le sang de ces Heros, et de ces Empereurs. . . . de ce divin genie.... de ce jeune Electeur que je regarde comme l'Astre qui me doit servir de guide dans toutes mes entreprises pour la gloire de 1'Auguste Maison de Baviere". Vgl. auch Anm. 10. Blanc III S.329f. Vervaux III col. 231 cap. 46. Ebd. col. 232: "Verum tot et verborum et rerum sunt in hujusmodi pactis interpretationes, ut fere tempori potius atque usui servient, quam certae paciscentium designation!: quod sive ex justo sive injusto procedat, susque deque habent, qui judicem nullum habent suae interpretationis" . Heinz Dollinger, Kurfürst Maximilian I. von Bayern und Justus Lipsius. Eine Studie zur Staatstheorie eines fruhabsolutistischen Fürsten. In: Archiv für Kulturgeschichte 46 (1964) S.227-308. Blanc III S.298; Vervaux III col. 195 cap. 63. Blanc III S.384; Vervaux III col. 268 cap. 48. Blanc III S.482-487; zu Tuttlingen (ebd. S.487): "une ample et glorieuse victoire". Ebd. S.487f. zu Turenne und Enghien: "l'un s 1 etant deja aquis beaucoup de gloire par sa sage conduite et ses managements dans la guerre, et 1'autre commengant deja ä se distinguer par ses actions vigoureuses et surprenantes, qui 1 1 o n t enfin rendu le plus celebre de ce siecle dans toutes les entreprises..." Zu Mercy ebd. S.489: "que son illustre naissance, ses hautes vertues, et ses belles actions feront vivre eternellement dans la memoire des hommes". Vervaux III col. 195 cap. 62; vgl. dazu Blanc III S. 297, wo der Text von Vervaux zwar übernommen wird, die religiöse Argumentation aber fehlt. S. Anm. 25. Vgl. Rockinger (Anm. 6); Roth (Anm. 8); Daniel Stadler, Bayerische Geschichte. München 1762, Vorrede . Das könnte man der gründlichen Zusammenstellung der einschlägigen Werke mit Inhaltsangabe bei Ludwig Wachler entnehmen: Geschichte der Ii Lstorischen Forschung und Kunst seit der Wiederherstellung der litterärischen Cultur in Europa. II. lid., 1. Abt.,

406

Kraus, Eine Geschichte Bayerns ßr den Dauphin

Göttingen l8l6, S.9 - 159. 73 S. Anm. 7; der Artikel umfaßt 8 Zeilen. Nicht erwähnt ist Blanc bei Louis Moreoi, Le grand 2dictionnaire historique. 2 Bde., Paris 1681 bzw. 1688 bzw. Utrecht 1692 bzw. Paris 1725; Louis Ellies Dupin, Bibliotheque universelle des Historiens. 2 Bde., Paris 1707 bzw. Amsterdam 1708; Pierre Bayle, Dictionnaire historique et critique. 4 Bde., Rotterdam 1720 bzw. Amsterdam et Leyden 1730. 74 Hartmann (Anm. 2) S.280f. 75 Ein Fortleben in Bayern läßt sich wenigstens.in der Geschichte der Historiographie konstatieren (vgl. Roth, o. Anm. 8), nicht aber in der gelehrten Diskussion des 18.Jahrhunderts.

Klaus Peter Decker

Rheingauer Geiseln im „Pfälzischen Krieg". Zur französischen Kontributionskriegflihrung im 17. Jahrhundert

In den Kriegen Ludwigs XIV. erscheinen

Kontributionen

nicht mehr nur als die üblichen drückenden

Begleiter-

scheinungen der Feldzüge, gemäß dem Grundsatz, daß der Krieg den Krieg ernähren müsse, sondern zunehmend systematisch

eingesetzte

Mittel

der

als

Kriegführung

selbst. Dieses Faktum ist besonders in der ersten Phase des "Pfälzischen" oder "Orleansschen Krieges"^, den Jahren

1688/89

mit

den

weiträumigen

Zerstörungszügen

und Devastationen im Südwesten Deutschlands, zu beob2 achten . Hier ging es nicht mehr nur um

das

militär-

ökonomische Ziel, die Ressourcen für die Kriegführung möglichst

weitgehend

ziehen und diesem

den Landen

damit

des

die eigenen

Gegners

zu

ent-

Subsistenzmittel

zu schmälern, in den Vordergrund trat nun das Moment der Einschüchterung durch Brechen jeder Widerstände's bereitschaft,, wenn nötig mit Mitteln der "terreur" . Die Überlegenheit der französischen Waffen sollte den Reichsständen demonstrieren, wie leicht die Grenzräume zu abhängigen

Einflußzonen

zu deformieren

waren.

Die

Verarmung des Landes auf Jahre hinaus konnte die Fürsten kriegsmüde machen, ohne sie sogleich in die Arme des Kaisers zu treiben^. Doch nachdem

sich

überraschend

schnell

eine

Allianz in Europa gegen Ludwig XIV. formierte und das französische separaten

Konzept

eines

Schauplätzen

nicht

begrenzten

Konflikts

aufging, mußte

ein

mit Teil

408

Decker, Rheingauer Geiseln im , JJalzischen Krieg"

der Anfangserfolge wieder korrigiert werden. Das Feldzugsgeschehen verlagerte sich stärker nach Oberitalien und

vor

allem

den Niederlanden.

Die

schon

fast

er-

reichte weitgehende Kontrolle der Rheinlinie wurde mit der

Rückeroberung

Reichsarmee

im

von

Herbst

Mainz

und

Bonn

16 8 9 wieder

durch

zunichte

eine

gemacht.

Nach der Anlegung eines breiten entfestigten

Gürtels

auf dem Gebiet der rheinischen Kurfürstentümer im Vorfeld der weitgespannten Festungskette zwischen

Luxem-

burg, dem Mont-Royal und Landau zog sich Frankreich in diesem Raum auf eine Defensivstellung zurück^. Die Erstarrung an der Rheinfront bewirkte eine

Änderung

im

Kontributionswesen.

Im

Zusammenspiel

zwischen Militärs und Intendanten wurden die Züge nun in Form kleinerer Aktionen von begrenzter

Reichweite

durchgeführt, aber intensiv und von harten Sanktionen begleitet. Eine Voraussetzung dafür war wenn nicht die Beherrschung,

so doch

die weitgehende

Kontrolle

des

Umlandes. Dazu mußten die vorhandenen Lücken zwischen den

größeren

Garnisonen

durch

ein

Netz

befestigter

Stützpunkte geschlossen werden, und so wurden schon im Winter 1689/90 die gerade erst geschleiften Mauern einiger Städte im Saar-Nahe-Raum, wie Meisenheim, Kirn oder St. Wendel, wieder instandgesetzt. Als vorgeschobener Posten gewann die Ebernburg nach dem Verlust von Mainz erhöhte Bedeutung, zumal sie durch die Täler von Alsenz und unterer Nahe rasch zu erreichen war. Das Land war

1689 weitgehend

verwüstet wor-

den. Vor allem aus Territorien der Kurpfalz waren Teile der Bevölkerung aus den Dörfern geflohen, oft blieb die Feldflur unbestellt. Es zeigte sich, daß die "Politik der verbrannten

Erde"

in krassem

einer Kriegführung stand, die versorgen

mußte.

Wo

sich

Brandfackeln

Gegensatz

aus diesem

die

zu

Lande

Kontributionen

Decker, Rheingauer Geiseln im „Pfälzischen Krieg"

409

begleiteten und zerstörerische Exekutionen die Lebensgrundlagen vernichteten, waren in der Folge auch keine regelmäßigen

Abgaben

zu

erwarten.

Überdies

machten

sich Formen des Widerstandes bemerkbar. Aus ruinierten und

entwurzelten

"Schnapphähne",

Bauern

kleine

rekrutierten

sich

Partisanentrupps,

die

die

trotz

schlechter Ausrüstung und Disziplin und ohne geeignete militärische Führer doch den Franzosen durch gezielte Störaktionen im Gebiet zwischen Donnersberg und Hunsrück arg zu schaffen machten^. Die reunierten Gebiete, 7

organisatorisch in der besaßen keine den übrigen gelage die sich

geschlossene

Territorien

begünstigte

noch auch

die dem

beteiligten,

Grenze,

stark

einen

verfügbaren

Mainz und

"Saarprovinz"

Gelder

verzahnt. und

Stützpunkte allem

sondern waren

regelrechten

durch

Diese

Alliierten

mit

mit

Gemen-

Kleinkrieg

Naturalien,

der

Ehrenbreitstein

vor

zusammengefaßt ,

an

dem

zwischen

zunehmendem

Husaren,

um

kleine

Erfolg Abtei-

lungen leichter Reiter, die in den Türkenkriegen g

eine

Art "Guerilla-Taktik" entwickelt hatten . Hauptverantwortlich

für

die

Versorgung

der

französischen Truppen waren die Intendanten der Grenzprovinzen, für das Mittelrheingebiet der Intendant der Saarprovinz,

Goupilliere^.

ging er im folgenden

Jahr

Nach

dem

daran,

Chaos

das

gebliche den

Rückstände

einzufordern ".

"pays contribuables"

serslautern,

Kirn

und

wurden

Die

durch

Ebernburg,

für

1689

Kontributions-

system in seinem Bereich neu zu organisieren 1

von und

an-

Abgaben

aus

Büros den

in

Kai-

Moselraum

durch den Mont-Royal überwacht. Natürlich hatten auch die "pays reunis a la souverainete du Roi" ihren Beitrag zum Militäretat zu leisten 1 1 .

Getreidelieferungen

aus dem Hinterland, wie die "grains d'Alsace", flössen nur noch spärlich

und wurden

für

die

Auffüllung

der

Decker, Rheingauer Geiseln im ,J*fölzischen Krieg"

410

Magazine

in

den

rückwärtigen

Winterquartiergebieten

benotxgt Die Einziehung der Kontributionen geschah üblicherweise

in den Rechtsformen

eines Vertrages,

der

mit kleineren Verwaltungseinheiten, meist auf Amtsebene, abgeschlossen worfenen

wurde.

Gebiete

Die

sollten

der

durch

Kontribution

ihre

Leistungen

Kriegsrecht von Verwüstung und Plünderung 1? bleiben oder

untergemäß

ausgenommen

. Damit die festgesetzten Lieferungen an Geld

Naturalien

auch

erbracht

werden

konnten,

mußte

das Land einigermaßen normal bearbeitet werden, es war also unbedingte Disziplin

der

in der

Nähe

agierenden

oder logierenden Truppen erforderlich. Zugleich darauf

geachtet

werden, daß das

arbeitung der Felder

auch

Einsäen

tatsächlich

und

vor

Erfolgten die Leistungen nicht, so drohte zung. Nach Dörfer

I69O kam es häufig

oder

großer

mildere

Praxis

Häuser

bewenden

ließ.

Selbstinteresse. Versorgung Dilemma

Teile,

der

erst

Um

Diese

die

Truppen

geraten'^.

Mäßigung

richten druckt

über war,

den hatte

vorgeschlagen, Dörfer

ruinösen

um

dierende

General

in den nahen

gründete Raum

Kriegsminister,

im

war

die

in

ein

Louvois'

durch die Nach-

des

Landes

eine Ermäßigung

der

Kontributionen

Dem

Bewohner

zur

widersprach

Huxelles.

Seiner

nicht diese Lasten, sondern die pen

eine

Zustand

die

zu bewegen.

ganzer einiger

1691/92

Sohn Barbezieux'^, der offensichtlich

ging.

setzte

Anzünden

pfälzischen

Der neue

sich

Be-

Brandschat-

langsam dem

Jahreswende im

die

zur Verbrennung

ein, die es mit

mußte

Quartieren,

'Uic' . 1693, AG 1213/128,

133.

78 Goupilliere an Tallard; ders. an Barbezieux, 6.6.1693, AG 1237/4, 5; "Memoire t.ouchant le cours des florins d'Allemagne et des groches dans la Province de la Sarre" (Juli 1692), AG 1158/217; vgl. Schott (Anm. 29) S.594f. 79 Niederländisch "snaphaan", volkstümliche Bezeichnung für eine Silberinünze des Herzogs von Geldern ab 1509, die häufig nachgeahmt wurde; später allgemein für "schlechtes" Geld gebraucht. 80 Tallard an Barbezieux, 10.12.1693, AG 1216/101. 81 Richter (Anm. 31) S.257; Struck, Geisenheim (Anm. 47) S.33f82 Schuldverschreibung vom 24.6.1693 für Melchior Benedikt von Ramstett, Wi 108/2876. - Bei den "Gulden", die Fuchs lieferte, könnte es sich um die weiterhin als Taler bezeichneten, aber nur noch zu 2/3 des Wertes ausgeprägten Nominale nach dem sog. "Leipziger Fuß" von 1690 handeln, vgl. Lexikon der Numismatik, 3. Aufl. Berlin 1982, S.250f.

Decker, Rheingauer Geiseln im „Pßlzischen Krieg"

437

83 Struck, Geisenheim (Anm. 47) S.34· 84 Wi 360/30· Es handelte sich um Adam Bohr, Johannes Kludhoven, den Schuhmacher Nikolaus Petter und den Kirchenmeister Johann Söngen. Aus der Veranlagung geht hervor, daß die vier nicht zu den reichsten Bürgern des Ortes zählten. 85 Vgl. diverse Stücke in Wi 108/2876. 86 Richter (Anm. 31) S.257. 87 Wi 101/295a. 88 Wi 3 6 0 / 3 2 0 (Fasz. 7) · 89 Es sei nur auf das Verfahren der Reunionskammern verwiesen; vgl. Marie-Odile Piquet-Marchal, La Chambre de Reunion de Metz. Paris 1969·

Jürgen Voss

Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

I Die Memoiren des Herzogs von Saint-Simon

(1075—1755)^

zählen ebenso wie die zahlreichen Briefe der Liselotte 2

von der Pfalz

zu den wichtigsten

persönlichen

Zeug-

nissen der Zeit Ludwigs XTV. und der Regentschaft. Die ersten Teildrucke der beiden Quellen erschienen gleichzeitig 1788, also noch gegen Ende des Ancien Re3 gime . Saint-Simon kam 1691 an den Hof Ludwigs XIV., war von 1694 bis 1702 - zumeist in Deutschland militärischen

- in

Diensten des Sonnenkönigs, die er dann

verließ, weil er nicht wie gewünscht zum

"brigadier"

erhoben wurde. Damit zog er sich zwar die Ungunst des Königs zu, blieb aber in der höfischen Umgebung, was für seine Memoiren wichtig wurde. Politisch kann man ihn als einen Gegner des Absolutismus und Freund einer Restauration älterer ständischer Einrichtungen einordnen, weshalb er in der Literatur auch als Reaktionär abgestempelt wurdet

Saint-Simon stand von Jugend an

dem Herzog von Orleans, Liselottes Sohn, nahe und wurde in dessen Regentschaft ( 1715-1723) Mitglied des Regentschaftsrates,

d.h.

er

nahm

in

diesen

Aufbruch-

jahren auch einen politischen Einfluß wahr^. Mit dem Ende der Regentschaft und dem Tode Philipps

von

Or-

leans 1723 zog er sich vom Hofe zurück und arbeitete, meist auf seinem Landschloß moiren,

die

bekanntlich

Ferte-Vidame, an den Me-

unter

den

französischen

Me-

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

440

moiren l i t e r a r i s c h Memoiren ganz

gut

(I69O) ceux

definiert ont

appelaient. die

eu

oculaires

principales

als part

aux

ou q u i

ten,

auch

waren

tion

vor

zur

Ungnade Sicht

die

allem

gefallen

haben

Saint-Simon

über

Drucklegung

stets

doch g i b t die

Uber

es die

so

Reich

Zeit

den

und

regelmäßig teilnahm,

seine

Eindrücke

sten

im

Rahmen wert.

Dies

die

in

der

bzw.

Memoiren

in ihre

des

Herzogs

seit

der

e r s t eg n

gefunden

umfassende

auf

von

des

eine

,

Stu-

Ancien

Reihe

von

. sprach

zwischen

und 1694

während und

Feldzügen

1702 im

Deutschlanderfahrungen,

Urteile Bandes

Beziehungen um s o

Opposi-

hatten

französischen

seine

dieses

Persöndurchweg

keine

deutsch

seine

deutsch-französischen tersuchung

muß

den

sind und

de

Analytiker

noch

Karriere

an

Philippe

Memoirenliteratur

Saint-Simon

militärischen

auf

Memoiren

Hof

E i n as t i e g

verweisen

trifft

gedachten.

Versailler

zum

latins

angehör-

Ausführungen

immer

teleurs

Adel

Adlige,

mittels

par

ete et

führenden dem

gestanden

interessierte

man

von

dieser

solche

französische daß

Da fast

Da d i e

die

bislang

Spezialstudien seiner

zu.

Macht

waren

Definition

dieser

Dinge d a r z u s t e l l e n Zwar

Regime,

aber

ont vie

a c e que l e s

Memoiren

Autoren

königlichen

der

. Diese

Saint-Simon

Frankreichs

leur

Furetiere ecrits

ou q u i

repond

französischen

von

d'Historiene

affaires

.

Zeitverhältnisse

Wörterbuch

ce qui 7

lichkeiten

die

contiennent

Commentaires"

Commynes b i s

Adlige,

dem

"livres

actions,

meisten

Rang einnehmen

in

widerspiegelnden

qui

moins

den e r s t e n werden

mehr,

Uber zur der als

deutsche

Für-

Geschichte

der

Neuzeit die

eine

recht

Unrege

F o r s c h u n g Uber den Herzog*® s c h o n s e i n e B e z ü g e z u I t a 11 12 lien und S p a n i e n sowie s e i n e Rezeption in Eng13 land e r f a ß t h a t , s e i n V e r h ä l t n i s zum ö s t l i c h e n N a c h -

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

441

barn dagegen bisher nicht bearbeitet wurde1-*. Der Beitrag beschreitet somit wissenschaftliches Neuland. II Von den Deutschkenntnissen Saint-Simons ist schon in der Literatur die Rede*"*. An zwei Stellen seiner Memoiren spricht er selbst darüber: jeunesse,

je

savois

et

parlois

"et comme,

parfaitement

des ma l'alle-

mand, on prenoit soin de me procurer des connoissances allemandes. . . "

lesen wir bei ihm, als er

1694 zur

französischen Armee in Deutschland stößt. Im gleichen Jahr diente er Generalleutnant Tallard als Dolmetscher in Dürkheim, als dieser eine deutsche Kundschafterin 17 ausfragte . Wie Dirk Van der Cruysse vor kurzem eruierte, waren Saint-Simons Deutschlehrer Valentin Wolff und Jakob Begleitung

seines

Adelmann;

Ordensbruders

als

die

Jesuiten

letzterer

war

Beichtvater

in der

Dauphine Maria Anna von Bayern nach Versailles gekommen. In der Lehrbibliothek des jungen Saint-Simon befanden sich neben deutschen Lehrbüchern auch vier andere deutsche Texte wie z.B. "Der 18 Teutsche oder eine Sammlung "Lustige Reisen"

Hercules"

Bisher unbeachtet blieb, daß Saint-Simon den Plan zu seinen Memoiren 1694 auf d e u t s c h e m den gefaßt und die ersten Notizen dazu

ebenfalls

Deutschland zusammengestellt hatte: "Je les

Boin

commengai

done en juillet 1694» etant· mestre de camp d'un regiment. de cavalerie de mon nom, 19 dans le camp de Gimsheim, sur le Vieux Rhin..." - Uber Straßburg, Philippsburg und einen Abstecher auf die rechte Rheinseite südlich von Heidelberg kam er Uber Speyer, Ostho20 fen/Westhofen nach Gimbsheim, südlich von Oppenheim Von da aus zog seine Truppe im Juli weiter nach Gau-

442

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

Bickelheim östlich von Kreuznach, 21 blieb : "Ce fut dans le loisir de

wo

er

ce

camp

40

Tage

de

Gau-

Böckelheim (heute Gau-Bickelheim) que je commengai ces memoires, par le plaisir que je pris ä la lecture de ceux du marechal de Bassompierre, qui m'invita a ecrire aussi ce que je verrois arriver de mon 22 temps" . Die Anfänge von Saint-Simons Memoiren sind also im heutigen Rheinhessen zu suchen. Bereits in Versailles und Paris kam der Herzog

mit

mehreren

aus Deutschland

stanmenden

Persön-

lichkeiten in Berührung. Dazu zählten in erster Linie Elisabeth Charlotte, Herzogin von Orleans, in Deutschland eher bekannt als Liselotte von der Pfalz, die Dauphine Maria Anna von Bayern und

ihre

sowie

Hofdame

Sophie-Maria von Löwenstein. Liselotte von der Pfalz, die ihm in mancher

Hinsicht

geistesverwandt

war

und

von ihm auch geschätzt wurde, stellte für Saint-Simon eine typische Deutsche dar: "Madame

etoit

une

princesse

de

1 1 ancien

temps, attachee a l'honneur, a la vertu, au rang, a la grandeur, inexorable sur les bienseances. Elle ne manquoit. point

d' esprit, et

ce qu'elle

voyoit

eile

le

voyoit tres bien. Bonne et. fidele amie, sure, vraie, droite, aisee a prevenir et a choquer, fort difficile ä ramener; grossiere, dangereuse ä faire des sorties publiques, fort Allemande dans toutes ses moeurs, et franche, ignorant toute commodite et toute delicatesse pour soi et pour les autres, sobre, sauvage et, ayant, 21 ses fantaisies" . Sie behandelte Krankheiten "a sa mode allemande et ne faisoit pas eis de remedes ni des medecins"^. Und obschon sie lange am französischen Hofe lebte, müsse er feststellen "combien cette princesse etoit allemande, et peu frangaise" 2 S. Obwohl die Dauphine eine weniger

443

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

beherrschende Persönlichkeit darstellte und sie längere Zeit kränkelte, wurden auch ihr "moeurs alle'

mandes"

2 6

zugeschrieben

. Die

Dauphine

hatte

dagegen

mit Sophie-Maria von Löwenstein (1664-1736) eine deutsche

Hofdame

Herzogs

mitgebracht,

fand:

"une

die

fille

ganz

das

d'honneur

d'Allemagne, jolie comrne le jour, et nyinphe, avec tout.es les graces de 27

Gefallen d'un

des

chapitre

faite comine une 1'esprit, et du

corps" Am französischen Hofe machte Saint-Simon auch die persönliche Bekanntschaft von Kurfürst Max Emanuel von Bayern und Kurfürst Joseph ja

zeitweise

werde

in

Frankreich

ich weiter

Anzumerken schen

unten

ist hier

Fürsten,

gleichaltrige

die

Exil

von

schließlich, er

daß unter

persönlich III.

spätere

kannte,

von

Herzog

Köln,

lebten.

im Sachzusammenhang

Christian

( 1674—1735) , der

Clemens

im

von

Auf

die sie

eingehen. den

deut-

der

etwa

Pfalz-Birkenfeld Zweibriicken,

als

einziger von ihm mit dem Prädikat "ami" ausgezeichnet . 28 wurde Saint-Simon hat während seiner Dienstzeit in der

französischen

Armee

nur

den

deutschen

SUdwesten

näher kennengelernt. Zu diesem Teil des Reiches finden sich denn auch die meisten Bezugspunkte in seinen Memoiren.

Es

sind

nocli systematisch

daher

bei

ihm

angeordnete

weder

enzyklopädische

Aussagen

über

Deutsch-

land und die Deutschen zu erwarten. Über das Reich und seine

Verfassung

konkreten

spricht

Anlässen.

nur

im

Die Ausführungen

sind vom Genrecharakter und ereignisbezogen.

er

Zusammenhang in den

her in erster Linie

mit.

Memoiren personen-

444

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

III Die wenigen stereotypen Passagen über Deutsche in den Memoiren Saint.-Simons decken sich weitgehend mit dem zeitgenössischen Bild, das man sich in Frankreich um I7OO von den östlichen

Nachbarn

machte:

"bons

Alle-

inands, grossiers, ignorants et fort aises a trom29 per" . Repräsentativ dafür erscheint in diesem Zusammenhang Konrad von Rosen

(1628-1715)»

Livländer,

französische

der

1669

in

ein gebürtiger Dienste

trat:

"C'etoit un Allemand ruse et fort delie sous une apparence, et meine une affectatioji de grossierete manieres

de

reitre, . . . et

qui

se

repent.it

et

de

bien

de

s'etre laisse duper"*^. Vom Reich ist in der Regel in Verbindung mit den Kaisern des Hauses Habsburg die Rede, das aus der Sicht des französischen Herzogs dem Reichsganzen seine Interessenpolitik Grande France

Alliance et

1

aufnötigte, offensive

1 Espagne

entre

et

wie

etwa

defensive

l'Empereur,

17 01 :

"...

cont.re

1'Empire,

la qui

n'y avoit nul interet, mais qui, sous-31la maison d'Autriche,

n'avoit, plus de

liberte..."

. Ja,

bei

der

Auseinandersetzung um die spanische Erbfolge 1700 wird dem Kaisertum nachgesagt "qu'elle vouloit tout envahir et mont-er autrefois..." peu a peu a 32 la. Registriert monarchie universelle reprochee wird ebenso tant der Versuch Kaiser Josephs I., 1708 per

Dekret die alten

kaiserlichen Rechte in Italien wieder geltend zu machen 33 . Die gegen Max Emanuel von Bayern und Joseph Clemens von Köln ausgesprochene Reichsacht gilt SaintSimon als Ausdruck übersteigerten kaiserlichen Macht'S A anspruchs . Bei seinen Darlegungen zum Spanischen Erbfolgekrieg streift Saint-Simon auch kurz die deutschen Reichstage: "dans ce vaste pays d'Allemagne

ou

445

Voss, Der Herzog von SaintSimort und Deutschland

les

dietes

pu..."

avoient

palpite

tant

qu'elles

, wobei er beim Leser die Kenntnis

avoient über

die

Funktion der Reichstage voraussetzt. Wiederholt geht der sehr standesbewußte Autor auf das Problem der natürlichen Kinder von Fürsten ein und hebt dabei hervor, Deutschland sei "une nation qui 1 f\

abhorroit la bätardise et les mesalliances..." natürlich Ludwig

auch

XIV.

und

eine

wenig

Madame

de

verschlüsselte Maintenon

, was

Kritik

vorstellt.

an Der

Herzog dachte Uber die Mätresse des Sonnenkönigs das Gleiche wie Liselotte von der Pfalz, drückte aber sei37 ne Auffassung etwas weniger drastisch aus . Wenn er schreibt "Les Allemands ne se mesallient, pas impunement..."

, so bedeutet dies auch, daß in dieser Frage

die deutschen Verhältnisse eher entsprachen

seinen

Vorstellungen

als jene, die er in seinem

eigenen

Land

vorfand. Beiläufig befaßte er sich auch mit den deutschen Protestanten, so z.B. wenn er mit Blick auf den deutschen Ritterorden notiert: "Luther ayant repandu sa commode doctrine en Allemagne, ces chevaliers s'y 39 engagerent..." . Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen, "chef ne des protestants d'Allemagne et, leur protecteur en titre" 4 ^, wird hier wegen seines Übertritts

zur

nannt^'.

katholischen

Den

Texten

Kirche

in

Saint-Simons

den

Memoiren

entnehmen

wir

geaber

auch, daß Ludwig XIV. über ganz gute Deutschlandkenner verfügte 4 ^, 4

cy ^,

und

insbesondere Louis Verjus, comte de Creder

erste

Straßburger

Prätor

Ulrich

Ob-

recht 4 4 . IV Wenden wir uns jetzt den Ausführungen des Herzogs über

446

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

wichtige Höfe und Territorien des Reiches zu bzw. solchen,

über

schon

gesehen

in Wien

die

er

sich

haben,

ziemlich

näher

steht

kritisch

äußert.

Wie

wir

Saint-Simon

dem

Kaiserhof

Seine

Sympathie

gegenüber.

oben

geliört. eher den ungarischen Aufständischen^"*. Von zwei Kaisern seiner

Zeit gibt er porträtähnliche

Passagen,

die freilich nicht immer schmeichelhaft sind. So lesen wir über Leopold L.: "Ce

fut

un prince

qui

sut, regner

sans

etre

jamais sort.i de Vienne que pour se sauver a Linz ( 16S3 bei

Türkenbelagerung).

Une

laideur

ignoble,

une

basse, une siinplicit.e fort eloignee de la pompe

impe-

1 1 autorite beau-

riale, ne 1'empecha pas d'en pousser coup plus loin qu'aucun de

mine

ses predecesseurs

si

1 1 on

excepte Charles V,..., et sa vie ext.erieure, plus monacale que de prince, ne 1'empecha pas de se servir de 4.6 tout.es sortes de voies pour arriver ä ses fins" . So

habe

et· am

Einsetzung teil^.

Sturz

Wilhelms

Die

Jakobs von

Kriegführung

erfolgreichen

Generälen.

[I.

und

der

Oratiien

entscheidenden

An-

überließ

er

"Li ne

von

le

England seinen

durchweg

fut, pas

inoins

en

minist.res, qu'il sut si bien cho.isir,4 que son conseil O fut toujours le meilleur de 1'Europe" , was natürlich auch ein Seitenhieb auf den Versailler pold

"fut

habile

et

fier,

toujours

plans et dans sa conduit.e. . .

Hof

ist.

su.ivi

dans

Leoses

. "La vie privee de ce

prince fut un continuel exercice de religion, et comme je 1 1 ai dit, une vie tout, a

fait, monacale. .

Der

Herzog unterstreicht diesen Eindruck an anderer Stelle am Beispiel der französischen Leopolds

Anekdote

Gesandten

Witwe

über de

den

Ant.ri t.tsbesuch

Cheverny

1699

Elisabeth-Magdalene-Therese

flause Pfalz-Neuburg, die

1 720 starb, wurde

moiren ebenfalls gewürdigt:

in

des

Wien"** . aus

dem

in den Me-

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

"C'et.oit u n e p r i n c e s s e solue d a n s grand

sa cour

credit

plus

encore

sur sur

celui

de

de

conserve

Sa

de

tout

Joseph,

fils,

son

et

fils

regne.

Elle

avec d e

1'esprit;

put

sa

etoit,

maison, 52

France"

fiel

gativer

aus:

die

et de t a l e n t s peu sa

un p r i n c e

au-dessous

Von

protegea

femme,

Eugene

Kaiser

holt. d i e

et son

Karl

Rede,

peu

wortlich

de

son

grossiere

tant

qu'elle a

la

frere.

Sa

VI.

ist

macht,:

dieses

in

seul

den

aber

Herrschers,

sie

schwierige

im

dagegen

de

"Avant

la von

qui

consideration

y

den

perdit:

zwar

keine er

fit p o r t e r

Maria mit

für

verantqui

re-

t.outes nos

Theresia,

ab dem Winter· 1740/41

wieder-

jedoch

. Mit

ihren

il

porträt.ar-

l'Empereur,

Moselle"

Zusammenwirken

Situation

qu'il

11Impera-

Erbfolgekrieges

sur

der Autor

de

Memoiren

gibt

forces

et

mere,

pour

Le

"L1opiniätrete

Rhin

sa

avec

et

interets,

le

vivoit.

et.oit. o r a g e u s e ,

tint. I E m p i r e d a n s ses sur

d1esprit

m a l a s s u r e s de leur e t a t .

des s p a n i s c h e n

1

et

cour

I. weit, ne-

qui

tendresse

d'amitie

Saint-Simon

die F o r t f ü h r u n g

wie

prince

sous

violant,

1 Imperatrice

peu

fut

t.ige S c h i l d e r u n g

lem

qui

l'empereur

opposee

Joseph

empörte,

peut.-etre S3 le sa c o n f i a n c e " .

toute

spricht

fort

du m e d i o c r e ,

les p l u s g r a n d s y etoient

avoit

ce

ce

de

ecartee

1

pour

regente,

pour 1' A r c h i d u c prince

et

Charakterisierung

d'egards

pourtant

trice

pour

altiere,

toujours

et

consideration.

marquee

fiere,

arnoit

fut

fils,

impetueuse fort

eu un

Leopold,

son

grande

1'avoit

eile et.

"C1etoit

fit

temps

haute,

qui avoit

ab-

.

Dagegen

fort

une

1'humeur

aine,

et fort

l'empereur

l'Einpereur

et

predilection

haute

et, dans sa f a m i l l e , 1'esprit

lui avoit. d o n n e

son s e c o n d

fort

447

Achtung vor

Räten

aldie

meisterte:

les m a l h e u r s de Linz, de P r a g u e ,

etc.,

448

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

que

seroit-

devenue

la

reine

d'Hongire,

reduite

a

quitter Vienne, si son conseil ou plutot ses conseils avoient ete uniquement composes de quatre ou cinq ministres de l'espece du notre? Les siens, attaches de pere

en fils

a sa maison

par

leurs

alliances,

par

leurs terres, par leur etat, qui se perdoit avec le sien, tous generaux d'armees ou experimentes en maniement d'affaires, tous en dignite et. en consideration par leur naissance, se sont surpasses en efforts pour la

soutenir,

et

de la

situation

la

plus

desesperee

1

1 ont raraenee ä celle ou on la voit aujourd'hui par la science politique et. militaire . . . " ^ . Dies sagt Saint-Simon immerhin von einer Herrscherin, gegen

die

Frankreich

damals

verbündet

war.

verbirgt sich hier natürlich auch Kritik

Indirekt

an den Ver-

hältnissen des französischen Hofes, dem der Herzog eine solche

Leistung nicht

zugetraut

hätte und

dem

er

deshalb den Regierungsstil Maria Theresias als Spiegel vorhält. Die auf Prinz Eugen in den Memoiren bezogenen Passagen sind bereits bei Braubach erfaßt, so daß hier sich

eine

Wiederholung

erübrigtDie

Saint-Simons über Ernst-Rüdiger Graf von

Ausführungen Starhemberg,

den Verteidiger von Wien 16 8 3 > sind recht ambivalent: "L'Allemagne, a son tour, perdit un homme moins necessaire et plus vieux (die Rede war vorher vom Marschall de Tourville), mais qui s'etoit immortalise par la defense de Vienne, dont il etoit gouverneur, assiege par les Turcs, le celebre comte de Stahremberg, qui etoit president du conseil de guerre, la plus belle et plus importante charge de la cour de l'Empereur" Ebenso Saint-Simons

Uber

aufschlußreich die

wie

habsburgischen

die

. Textstellen

Herrscher

seine Ausführungen über die Hohenzollern

sind

in Branden-

burg-Preußen. Der Schaffung der preußischen Königswür-

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

de für den Kurfürsten von Brandenburg im Jahre

449

1701

widmet er inklusive der dazu nötigen Vorgeschichte immerhin zehn Seiten:

"Frederic-Guillaume,

electeur

de

Brandenbourg, . . . , eut, quelque pensee de faire eriger sa Prusse ducale en royaume par l'Empereur, sans pasrο ser plus loin cette idee" . Sein Sohn habe dann den Gedanken intensiv weiterverfolgt, dem Kaiser in Ungarn und am Rhein zur

Seite

gestanden:

"S'et.ant

depuis rendu necessaire a l'Empereur,

toujours

il s'assura de

lui sur son dessein, et, dans cette conjoncture favorable..., 1'Electeur donna un repas aux principaux de sa cour, dans lequel il leur porta la sante de 'Frederic III roi de Prusse et electeur de Brandenbourg', et se declara roi de cette maniere"^. Die preußische Königswürde sei auch fast überall anerkannt worden, "excepte en France, en Espagne et ä Rome, de

laquelle,

conune Protestant, il ne se soucioit point...» Preußen konnte 1707 das schweizerische

Neu-

enburg seiner Herrschaft unterstellen. Mitbewerber um dieses Gebiet war auch der französische

Fürst Conti,

der allerdings leer ausging, obwohl der Kaiser, Holland und England auf seiner Seite gestanden haben sollen. Folgt man Saint-Simon, dann kam Preußen dank seines Beauftragten zum Erfolg: "Ce ministre de Brandenbourg etoit. de concert avec les protestants, qui, sur sa

declaration,

prirent

aussitot,

1' af f irmative,

et

qui, par 1'argent repandu, la conformite de religion, la puissance

de

1'Electeur,

etoit, arrive a Orange,

la

reflexion

trouverent

de

ce

qui

tous les suffrages

favorables"^ . Der erhält

von

erste

preußische

Saint-Simon

eine

König,

Friedrich

politische

I.,

Würdigung,

allerdings keine Skizze seiner Persönlichkeit: "II suivit les traces de 1'electeur son pere

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

450

dans son opposition ä la France, et dans son ment

ä

la

inaison d'Autriche.

II

servit

attache-

puissamraent

1

1 Einpereur en tout.es occasions, et aux guerres d'Hongrie

et du

Rhin.

Ii se trouva

le

plus

puissant

des

Electeurs, et celui que 1'Empereur avoit le plus ä menager·. Cela lui fit imaginer

de

roi de Prusse,

dit

s'etre

comme

assure

on

l'a

1 1 appui

de

et de

se declarer en

son

la

lui-meme

temps,

apres

reconnaissance

de

1'Empereur en cette qualite,..." Sein Sohn Friedrich Wilhelm I., der heute dank vielfältigen

Verwaltungs-

Schöpfer

modernen

fährt

des

bei

und

Militärreformen

preußischen

Saint-Simon

wenig

seiner

Staates

als

gilt,

Ilochschä t zung.

Von

erdem

"inneren König" findet sich verständlicherweise in den Memoiren

nichts.

Dieser

preußische

sucht, die inneren Spannungen

König

Frankreichs

habe

ver-

auszunutzen

und weitere Hugenotten zur Stärkung seiner Manufakt.uί\ ι

ren ins Land zu ziehen

. [n Wirklichkeit

sei

dieser

Herrscher aber "leger, inconstant et t i m i d e " ^ und habe nicht einmal

energisch

beim Ableben des men

. Seine

Saint-Simon Wilhelm faire

ä

seine

Kurfürsten

außenpolitischen angezweifelt,

für seine Vienne

Ansprüche

von

der

Pfalz

Fälligkeiten

auch

wenn

plus

fortes

Jülich

wahrgenomwerden

sich

Interessen einsetzt,:

les

auf

Friedrich

"...il faisoit.

protestations

tachement aux interets de 1'Empereur,

von

d'at-

et y nioit. for-

mellement qu'il eilt, aucune negociation avec la France. Cette

conduite

lui sembloi t. d 1 un

grand

politique" ^ .

Dies wenig positive Bild vorn zweiten Preußenkönig wird von Saint-Simon

noch schärfer an anderer Stelle

skiz-

ziert: "Les intentions du roi de Prusse etoient egalement

suspectes

ä Vienne

caractere etoit egalernent

et a Londres, connu

dans

parce

les deux

que

son

cours.

Ce prince uniquement, occupe de son interet, embrassoit

451

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

i.ous les moyens propres ä y parvenir.

Souvent

il se

trompoit dans le choix; mais la route qu'il croyoit la plus sure etoit d'exerciter des troubles dans 1' Eu6" rope" ' . - Von Friedrich II. wird nur beiläufig gesprochen.

Das negative

Image,

das

Friedrich

Wilhelm

hier erfährt, darf aber nicht dazu verleiten, den Herzog als preußenfeindlich einzustufen. Der preußische

Bevollmächtigte

in

Paris,

langjährige

Ezechiel

Span-

heim, wird in den Memoiren gebührend gewürdigt: "Spanheim, si connu dans la Republique des lettres, et qui ne l'a pas moins ete par ses negociations et ses emplois, mourut en ce temps a Londres, a quatre-vingttete que jaquatre ans, avec une aussi bonne „68 mais..." Über die anderen Kurfürstentümer und Territorien des Reiches gibt es neben zahlreichen

Sachin-

formationen eher punktuell wertende Ausführungen. bayerische Kurfürst Max Emanuel wird von insgesamt

recht

wohlwollend

behandelt.

Der

Saint-Simon

Die

Memoiren

enthalten keine abwertenden Passagen über ihn wie etwa über

Friedrich Wilhelm I. von

Preußen.

Max

Emanuels

Fähigkeiten als Feldherr finden die Anerkennung des 69 Herzogs . Und selbst in der kritischen Phase seines Exils 1709 scheint der Kurfürst bei seinen wiederholten Aufenthalten am französischen

Hof nie seine

Fas-

sung verloren zu haben: "Il...parut gai et tres poli, mais avec un air de hauteur et de liberte du maitre de salon, parlant aux uns, s'informant des 70 autres, qui ne s'ieoit pas mal a un prince malheureux" . Saint-Simon geht

ausführlich

zwischen

dem

auf

das

bald

französischen

gespannte

Marschall

de Villars

dem bayerischen Kurfürsten ein, die weit abweichende

Auffassungen

vom

Verhältnis und

voneinander

Kriegshandwerk

hatten.

Villars benützte 1703 die Kriegszüge in SUddeutschland

452

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

- Bayern eingeschlossen - in erster Linie, um sich zu bereichern

und

weniger, um Max Emanuel militärische 71 Hilfe zu gewähren . Max Emanuel hat schließlich bei Ludwig XIV. die Abberufung Villars 1

erreicht:

"D'etre

delivre d'un homme qui lui manquoit a tout avec audace, qui barroit

ses projets les plus

certains,

et

qui tete levee, ne sembloit etre venu en son pays que pour le mettre a la plus forte contribution a son pro72

fit particulier"

. Der Autor

kommt

in den

Memoiren

wiederholt auf die Villars-Affäre zu sprechen und verbirgt nicht, daß dabei seine Sympathien auf Seiten des 71 bayerischen Kurfürsten stehen . Wenden

wir

uns

dem

zweiten

Wittelsbacher

Territorium, der Kurpfalz zu, die ja zu Lebzeiten des Herzogs

während

des

Erbfolgekrieges

1688/89

schlimmsten Erfahrungen mit den französischen

die

Truppen

machen mußte. Folgt man Saint-Simon, so habe Louvoi.s aus

eigensüchtigen

Gründen

den

König

überredet,

zu-

nächst Philippsburg zu belagern "et pour- rendre cet.te guerre plus animee et plus durable, fait brüler Worms, Spire, et tout le Palatinat jusqu'aux portes de 7 Λ

Mayence...

. Der Memoirenautor grenzt sich von dieser

Art Kriegsführung ab, als er sechs Jahre später

sah,

was von Speyer übrig geblieben war: "Nous passämes ä Spire, dont je ne pus m'empecher de deplorer la deso75

lation"

. Marschall

de

Coigny,

1688/89 mitgewirkt hatte, war

der

danach,

beim

Kriegszug

folgt man

Memoiren, "degoute des incendies du Palatinat 7 ordres divers qu'il regut...

den

et des

.

Von den Pfälzer Kurfürsten bringt

Saint-Si-

mon nur punktuelle Nachrichten, doch hält er fest, daß Liselotte von der Pfalz in ihrem Kabinett

in

Saint-

Cloud Porträts ihrer fahren die gesammelt habe 77 . Familienangehörigen und Vor-

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

453

Beim Kurfürstentum Sachsen wird nur der Er78 werb und Verlust der polnischen Krone angesprochen sowie der Übertritt Friedrich Augusts I. zur katho7Q lischen Kirche , inklusive der daraus entstandenen Spannungen. Mehr Aufmerksamkeit wenden die Memoiren dem Haus Hannover zu, was einmal mit dem Erwerb der Kurwürde^® und zum anderen mit der Übernahme des englischen Throns durch Georg I. in Verbindung steht. Genüßlich schildert Saint-Simon hier auch die Affäre Kö82

nigsmarck

. Das soll aber nicht bedeuten, daß der Au-

tor gegen das Haus Hannover eingestellt war. Der Herzogin Sophie, Liselottes Tante und Vertraute, widmete er bei der Nachricht von ihrem Tode wollenden gische

Nachruf:

Abstammung

Nach und

Hinweisen den

damit

1714 einen wohlauf

ihre

genealo-

verbundenen

Erban-

spruch in England ist zu lesen: "C'etoit une princesse de grand merite, qui avoit quatre-vingts ans. Elle avoit eleve Madame, qui etoit fille de son frere, laquelle avoit conserve un extreme attachement. pour eile, et qui toute sa vie lui ecrivit, deux fois la. semaine, des vingt et vingt-cinq pages par ordinaire, C'etoit a eile a qui eile ecrivoit ces lettres si etranges que le Roi vit, et qui la penserent perdre ä la mort de Monsieur..."^^. Diese rege Korrespondenz der Herzogin Elisabeth Charlotte von Orleans mit ihrer Tante in Hannover findet, wie

auch

an

anderer

Stelle

ständnis und Wohlwollen

notiert,

des Autors:

nicht

das

Ver-

"C'est cette So-

phie que Madame aimoit tant, a qui eile ecrivoit sans Q . cesse, et beaucoup trop..."

.

Über die geistlichen Kurfürstentümer sich ring.

der Versailler Der Kurfürst

Memorialist von

Mainz

äußert

vergleichsweise

wird

gelegentlich

geals

454

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

"directeur de 1'Empire" apostrophiert

8 "> . Von

Kurtrier

ist die Rede, als ein Prinz des Hauses Lothringen die 86 Koadjutorwürde erlangte . Im Falle von Kurköln lag die Doppelwahl von 1688 vor der Berichtszeit

der Me-

moiren, auch wenn beiläufig kurz darauf Bezug genommen wird. KurfUrst Joseph Clemens wird, vor allem in der Zeit seines französischen Exils, immer wieder als Besucher des Versailler Hofes genannt. Seinem Aufenthalt von

1706 räumt Saint-Simon

"II pretendoit

pouvoir

eine

porter

kleine

Passage

1'habit, des

ein:

cardinaux

comme archichancelier de 1'Empire pour l'Allemagne. II etoit vetu de court, en noir, souvent avec une calotte rouge, quelquefois noire;... II etoit blond, avec une fort

grosse

perruque

et

assez

longue,

cruellement

laid, fort bossu par derriere, un peu par devant, mais point du tout embarrasse de sa personne ni de son dis„87 cours" Die

beiden

Markgrafschaften

nicht näher behandelt, sondern

Baden

werden

der Herzog nennt eben

die Orte, durch die er bei seinen rhein kam. Dagegen findet Markgraf

Feldzügen

am Ober-

Ludwig von Baden-

Baden, bekannt auch als Türkenlouis, als der kaiserliche Feldherr am Rhein,

immer

wieder

Erwähnung.

Zu

seinem Tod führen die Memoiren an: "Un moindre prince, mais de plus grande reputation mourut. en ce temps: le 88 prince Louis de Bade..." . Saint-Simon referiert hier ausführlich die Karriere des Markgrafen, seine Erfolge gegen

die

Türken,

ebenso

seine

familiären

Verbin-

dungen, und bewertet ihn berechtigterweise 89 als "un des plus grands capitaines de son siecle" . Der Autor, der ja wiederholt dem Markgrafen bei den am

Rhein

gegenüberstand,

hat

sehr

viel

Kriegszügen Achtung

vor

diesem militärischen Gegner, den er eigentlich nie als Feind

bezeichnet.

So

berichten

die

Memoiren,

wie

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

455

Saint-Simons Vorgesetzter, Marschall de Lorge, 1695 im Lager bei Bruchsal ihm

in

erkrankte

und

der

Markgraf

Ludwig

einer

ritterlichen Geste ärztliche Betreuung 90 und Verpflegung anbot . Und Saint-Simon stand stillschweigend auf Seiten des Markgrafen, als dieser

1703

auf eine Bitte des Marschalls de Villars um Reisepässe für

seine

Frau

verständlicherweise

nicht

reagierte,

denn dieser Marschall hatte kurz vorher auch die baden-badisehen Lande ausgeräubert 91 . Die neue Residenz des Markgrafen dele

de

Jahre

in Rastatt, "bät.i en petit sur 92 Versailles" , diente ja dann 1713,

nach

dem

Tode

Ludwigs,

als

Tagungsort

le

mo-

einige für

den

Friedensschluß. Hier von

ist

schließlich

Nassau-Saarbrücken

mit

dem

(1063-1713)

Grafen

noch

ein

Ludwig anderer

Heerfüher zu nennen, der bei Saint-Simon Beachtung erfährt, wohl weil er früh in französische Dienste 9 ? trat und 1693 das Regiment "Royal Allemand" übernahm : "Le

comte

de

Nassau-Saarbrück

son chateau de Saarbrück, ou il s'etoit quelques annees. tenant mand,

general, qui

mourut retire

depuis

II avoit toujours servi, etoit et, il

est, de

avoit

le

regiment

vingt-cinq-mille

dans lieu-

Royal-Alle-

livres

de

rente.

C'etoit 1 1 homme du monde le mieux fait, du plus grand air et. imposant-, fort poli,

fort brave,

fort

honnete

homme, avec peu d'esprit, et considere. Ii etoit aussi fort

riche,

mais

lutherien,

et

point

vieux.

Le

Roi

lui-meme lui avoit fait diverses attaques sur sa religion qu'il

avec

bonte,

iroit

a

et ne

tout

en

l 1 avoir pu ebranler"*^.

lui

avoit

pas

se

faisant

laisse

ignorer

catholique,

sans

456

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

V Die

Memoiren

Saint-Simons

tärtechnische über

Details,

Kriegszüge

gerade

zahlreiche

auch

in

den

und T r u p p e n b e w e g u n g e n ,

mitgemacht

hat.

teressante

Frage

sche

enthalten

Es

Bedeutung

ist

hier

nicht

systematisch des

er

Platz,

anzugehen.

Schwarzwaldes

Textstellen

die

der

als

mili-

im

Reich

diese

Die

in-

strategi-

Sperriegel

wird

95 in

den Memoiren

derer

Stelle

wiederholt

macht

der

Herzog

räumlichen

Gegebenheiten

1696

Marschall

ließ

auf

der

ten,

den

Vormarsch

Die

um

Franzosen

staut

und

bei

stimmten,

so

ein

das

den

an-

naturwurden.

Speyer

und

errich-

zu

stoppen.

Speyerbach

Gelände

Militär

an

die

Barriere

Baden

Vorrücken

vom f r a n z ö s i s c h e n

wie

umgesetzt

von

Neustadt

Moment

daß

Auch

zwischen eine

Ludwigs

im r i c h t i g e n

überschwemmt,

Choiseul

Speyerbachlinie

hatten

.

deutlich,

militärisch

de

Neustadt

angesprochen

nur

in

der

an

geEbene

ganz

gesicherten

be-

Passa-

96 gen

möglich

auch, ten

wie

war

wenig

damals

.

Andererseits

beweglich

waren,

wenn

zeigen

größere

Futter

die

Memoiren

militärische

für

die

Pferde

Einheiund

Ver-

p ef lsecghuanf gf t f üwre r dd ei n e M a f t. e nA u fc eh h lt teecnh n u h at ß n ar ham s ce h b k oannnnt secnh97 i sncdh en i cM n w i e d e r Bau v o n S c h i f f s b r ü c k e n ü b e r d e n R h e i n , s o b e i

98 Ketsch,

Mannheim

Mehrfach rhein

wird

aus

längere

obachtungskrieg Schlachten mon

nicht

D i. e n1s0t0

oder

bei mehr

den

Zeit

Gernsheim, Memoiren

aber

geführt

e h e r 99e i n

beteiligt, aber

deutlich,

wurde

Donauwörth

quittiert;

werden

er

.

und

daß

Stellungs-

An d e n

er

war

hatte

berichtet

am

.

Ober-

und

Be-

entscheidenden

Ilöchstädt

denn

angeführt

ja

Saint,-Si1702

den

ausführlich

über

sie Saint-Simon deutschen sel

viele

Südwesten deutsche

hat

zwischen Städte

bei

seinen

Schwarzwald, und

Dörfer

Feldzügen

im

Nahe und

Mo-

gesehen.

Meist

457

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

nennt er sie nur im Zusammenhang mit den militärischen Bewegungen. Nur vereinzelt, läßt, er sich über die eine oder andere Stadt aus. Im Falle von Speyer distanziert er sich von

der

von

Louvois

1

der· Pfalz:

"C etoit

florissantes

angeordneten

une des plus belles

villes

de

1'Empire;

eile

Zerstörung et des

en

plus

conservait.

les archives, eile etoit. le siege de la Chambre imperiale, et les dietes de 1'Empire s'y sont souvent assemblies. Tout y etoit renverse par le feu que Μ. de Louvois y avoit fait met.tre ains.i qu' ä tout le Palatinat, au commencement de la guerre, et ce qu'il y avoit d 1 habitants,

en

t.res petit

nombre,

etoit

hutte

sous

ces ruines ou demeurant, dans les caves. La cathedrale avoit

ete

tours

plus

et

la

epargnee, maison

11

autre "" . Auch aufgesucht:

das

ainsi

des

que

ses

Jesuites,

verstörte

deux

mais

Mannheim

pas

hat

"Nous fimes le tour de tout

belles er

ce qui

une 1695 etoit

la ville et le chateau de Mannheim. Nous coulames ensuite

les ruines, le long du Rhin, pour en 10 2 reconnaitre les bords..." . Hier berichtet er auch,

wie

derriere

eine

versprengte

Truppe

der

französischen Armee 10 3 das Dorf Seckenheim bei Mannheim plünderte . Saint-

Simon sah

1696 das zerstörte Dürkheim,

"petite ville,

ruinee et

non

monUgnes"'^.

tenable...

au

pied

des

l 6 9 7 kam er nach Kreuznach und zur Ebernburg, geonnier sur une pointe de rocher"'"^. schreibt er nur:

"un pi-

Von der

"Kreuznach est un peu eleve;

Stadt il est

des deux cotes, avec un pont. qui les joint, et qui enfile

directement

la

riviere"^"^.

Seinen

Wunsch

nach

einem Besuch von Mainz hat er sich nicht erfüllen können:

"J'eus

grande

envie

de

prendre

cette

occasion

1

d aller voir Mayence; plusieurs y furent., mais je η 1 en pus jamais

obtenir

la permission

du marechal:

il

se

tint toujours a dire que j'etois t.rop marque, et. que,

458

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

tout g e n e r a l Roi

qui

put

107

Royaume"

d'armee

und

sans

1

1 Elbe

Realität

ist:

due

läßt

zeigen,

"Cette

deux"'"^,

vorbeigeht. 1705

"etrangers stimmen.

etoit,

un

il

et

qui

est

am

que

le

sortir

du

Beispiel

ja

Saint-Simon

qui

est

an

Wenn

er

über

wegen

der so

der

die von

nicht

considerable,

vis-ä-vis

ja

abordent." ^ ^ ,

avoit de

bei den S t ä d t e n

was

notierte, y

wo

n'y

pair

sich

ville,

fortifications,

entre

Jahres

ist,

Altona

hingekommen mais

a

. Wie w i c h t i g auch hier

Augenzeugenschaft Hamburg

qu'il

permettre

de

Hambourg,

topographischen das Bäder

dürfte

Aachen gebe dies

des es eher

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland459

1 Benutzt- wird die Ausgabe: Louis de Rouvroy, due de Saint-Simon, Memoires, hg. von A. de Boislisle. 41 Bde., Paris 1S79-1930. Das zweibändige Register dieser Ausgabe hat sich bei den Band- und Seitenangaben zu den Deutschland betreffenden Stichwörtern (Territorien, Städte, Personen) nicht immer als zuverlässig erwiesen. Eine Neuausgabe bearbeitet Yves Coirault; die Bände 1-5 (bis 1716 reichend) sind seit 1983 erschienen (Paris, Gallimard). 2 Jürgen Voss, Die Briefe der Herzogin Elisabeth Charlotte von Orleans an die ehemalige Versailler Hofdame Madame de Ludres (1687-1722). In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 129 (1981) S. 234-275. Dort ein Forschungsbericht und ein Überblick über die verschiedenen Briefeditionen. Vgl. auch Jürgen Voss, Liselotte von der Pfalz als Zeuge ihrer Zeit. In: Volker Press/Eugen Reinhard/Hansmartin Schwarzmaier (Ilgg.), Barock am Oberrhein. Karlsruhe 198 5, S. 189-203· Zwei Biographien über Liselotte von der Pfalz sind zur Zeit in Arbeit: Arlet.te Lebigre (für den Verlag Aubier) und Dirk Van der Cruysse (für den Verlag Fayard). Eine gute vergleichende Analyse der Ausführungen beider Autoren zum Hofe Ludwigs XIV. bringt Emmanuel Le Roy Ladurie, Aupres du Roi, la cour. In: Annales E.S.C. 38 (1983) S. 21-41. 3 Memoires de M. le due de Saint-Simon, ou. l'observateur veridique sur le regne de Louis XIV et sur les premieres epoques des regnes suivants. 3 Bde., London/Paris 1788. Fragments de lettres originales de Madame Charlotte-Elisabeth de Baviere. 2 Bde., Hamburg/Paris 1788. 4 Erich Auerbach, Mimesis. Dargestellte Wirklichkeit in der abendländischen Literatur. Bern 1 9 4 6 , S. 3 6 6 ; Eduard Fueter, Geschichte der neueren Historiographie. München/Berlin 1936, S. 159. 5 Auerbach, Mimesis (Anm. 4 ) S. 367; Georges Poisson, Monsieur de Saint-Simon. Paris 1973) S. 214 ff. 6 Fueter, Historiographie (Anm. 4) S. 158 f. 7 Antoine Furetiere, Dictionnaire universel. Rotterdam I69O, Bd. II n. pag. Vgl. auch Marc Fumaroli, Les Memoires du XVIIe siecle au carrefour des genres en prose. Γη: XVIIe Siecle, 1971, S. 7-37» hier S. 11. In Anlehnung an Furetiere gibt, auch die Encyclopedie ihre Definition von den Memoiren (siehe Band 10, 1765, S. 330). Zu den Positionen von Commynes und seinem Nachwirken in der frühen Neuzeit siehe Jürgen Voss, Philippe de Commynes

460

8 9

10

11 12 13 14

15 16

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

und sein Memoirenwerk in der Forschung seit 1945· In: Deutsches Archiv 29 (1973) S. 224-235Überblick dazu bei Marcel Langlois, Saint-Simon historien. In: Revue Historique 158 (1928) S. 81-107Neben Auerbach, Mimesis (Anm. 4) S. 365 ff·» Fuefcer, Historiographie (Anm. 4) S. 158-160, Fumaroli, Memoires (Anm. 7) S. 7 ff* siehe auch Yves Coirault, Autobiographie et memoires (XVIIe XVIIIe siecles) ou existence et naissance de 1 1 a u t o b i o g r a p h i e . In: Revue d'histoire litteraire de France 75 (1975) S. 937-953; Derek A. Watts, 17th Century French Memoirs: New Perspectives. In: Journal of European Studies 10 (1980) S. 126-141. Die ältere Literatur ist in Alexandre Cioranescu, Bibliographie de la litterature frangaise du dixhuitieme siecle. Dd. 3, Paris 1970, S. 1637-1641, verzeichnet. Die neuere Literatur präsentieren in einem Anhang Leo Spitzer/Jules Brody, Approches textuelles des memoires de Saint-Simon. Tübingen/ Paris 1980, S. 99-105. Über das Schrifttum zu Saint-Simon und seiner Zeit siehe auch Berichte von Helene Ilimelfarb ab 1973 jährlich in den "Cahiers Saint-Simon". Als Hintergrundliteratur zu dieser Studie wurden neben den bereits genannten Titeln herangezogen Yves Coirault, L'optique de Saint-Simon. Essai sur les formes de son imagination. Paris 1965 J Dirk Van der Cruysse, Le portrait dans les 'Memoires' du due de Saint-Simon. Paris 1971; Herbert de Ley, Saint-Simon memorialiste. Urbana 1975; Alphonse de Waelhens, Le due de Saint-Simon. Bruxelles 1981; Dirk Van der Cruysse, La mort dans les 'Memoires' de Saint-Simon . Paris 1981. Yves Coirault, L'Italie dans le paysage interieur du due de Saint-Simon. Γη: Melanges Franco Simone. Turin 1981, Bd. I, S,. 383-394· C. Fatta, Saint-Simon en Espagne. In: Bulletin de l'fnstitut frarigais en Espagne, Juin 1955> S. 7784. E.T. Dubois, L'accueil de Saint-Simon en Angleterre. Γη: XVLIe Siecle 100 (1973) S. 55-62. Bearbeitet zuletzt von Dirk Van der Cruysse, Saint-Simon et les Frangais. In: Cahiers Saint-Simon 8 (198Ο) S. 37-46. Zum politischen Hintergrund siehe Georges Livet, Louis XIV et l'Allemagne. In: XVITe Siecle 44/47 (I960) S. 29-53. Poisson, Saint-Simon (Anm. 5) S. 68. Saint-Simon, Memoires (Anra. 1) Bd. II, S. 141 f.

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

17 Ebd. Bd. I I , S. 166. 18 Van der Cruysse, Frangais (Anm. 14) S. 38 f. Im Katalog der Bibliothek Saint-Simons, der 1755 gedruckt wurde, sind dagegen keine deutschen Titel mehr enthalten. Vgl. Dirk Van der Cruysse, La bibliotheque du due de Saint-Simon. In: XVIIe Siecle 94/95 (1971) S. 153-168. Pater Wolff traf SaintSimon 1094 in Straßburg wieder: Saint-Simon, Memoires (Anm. 1) Bd. II, S. 141· 19 Saint-Simon, Memoires (Anm. 1), Bd. I, S. 26. 20 Ebd. Bd. II, S. 141-143· 21 Ebd. Bd. II, S. 162. 22 Ebd. Bd. II, S. 17523 Ebd. Bd. XXVI, S. 323 f. Ähnliche Charakterisierung anläßlich des Todes der Liselotte: Bd. II, S. 117 f·: "Madame teno.it en tout, beaueoup plus de l'homme que de femme. Elle etoit. forte, courageuse, allemande au dernier point, franche, droite, bonne et bienfaisante, noble et grande en tout.es ses manieres et petite au dernier point sur tout ce qui regardoit ce qui lui etoit. du. Elle etoit. sauvage, t.oujours enfermee a ecrire, hors les courts temps de cour chez eile; du reste, seule avec ses dames; dure, rude, se prenant aisement d 1 a v e r s i o n , et redoutable par les sorties qu'elle faisoit quelquefois, et sur quiconque; nulle complaisance, nul tour d'esprit, quoiqu'elle (ne) manquät pas d'esprit; nulle flexibilite; jalouse, coinme on l'a dit., jusqu'ä la derniere petit.esse, de tout, ce qui lui etoit dü; la figure et le rustre d 1 un Suisse; capable avec cela d' une amitie tendre et inviolable." Zur Bedeutung der Porträts in Saint-Simons Memoiren siehe Van der Cruysse, Portrait (Anm. 10). 24 Saint-Simon, Memoires (Anm. 1), Bd. VIIT, S. 311 ff. 25 Ebd. Bd. VIII, S. 401. Vgl. auch S. 354 "une si rogue et fiere Allemande." 26 Ebd. Bd. XII, S. 9, 4 6 8 . Siehe auch Peter Claus Hartmann, Zwei Wittelsbacherinnen am Hof Ludwigs XIV.: Maria Anna Christina von Bayern und Elisabeth Charlotte von der Pfalz. In: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 44 (1981) S. 269-289· 27 Saint-Simon, Memoires (Anm. 1), Bd. X, S. 187· 28 Ebd. Bd. II, S. 171 29 Ebd. Bd. VII, S. 80. Zur Problematik siehe auch Gonthier-Louis Fink, Baron de Thunder-ten-t.ronckh und Ricaut de la Marliniere. Nationale Vorurteile in der deutschen und französischen Aufklärung. In:

461

462

30

31

32 33 34 35 36 37 38 39

40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

L. Jordan/B. Kortländer/F. Nies (Hgg.), Interferenzen. Deutschland und Frankreich, Literatur Wissenschaft - Sprache. Düsseldorf 1983, S. 24-51· Saint-Simon, Memoires (Anm. 1) Bd. C H , S. 181 . Unter die Rubrik der "grossierete " fallen auch die "plaisanteries allemandes" des Kölner Kurfürsten Joseph Clemens: Bd. XX, 243. Ebd. Bd. IX, S. 299; ähnlich Bd. XI, S. 157 zur militärischen Lage 1703= "Par la jonction de Villars on etoit au comble des desirs qu 1 on avoit formes: toute l'Allemagne trembloit; les forces ennemies etonnees, moindres que les notres; un pays neuf, ouvert; point de ces places ä tenir plusieurs mois comme sur le Rhin et en Flandres, la confusion portee en Allemagrie, et les princes de 1' Empire jetes par leur ruine, ainsi que les villes imperiales, dans le repentir de leur complaisance pour 1'Empereur,'et dans la necessite de s 1 e n retirer..." Ebd. Bd. Vri, S. 297 sowie XX, S. 10. Siehe auch die Textstellen Bd. XXX, S. 66 und Bd. XXXIV, S.43 zur österreichischen Vorherrschaft. E b d . B d . X V r , S. 268 f. Ebd. Bd. XIII, S. 363 f. E b d . Bd. V I I , S. 2 9 9 . Ebd. Bd. I, S. 60; siehe auch Bd. VTI, S. 77. Poisson, Saint-Simon (Anm. 5) S. 111. Saint-Simon, Memoires (Anm. 1) Bd. Vit, S. 109· Ebd. Bd. VII, S. 362. Zum Hintergrund seiner Position zu den französischen Protestanten siehe auch Helene Himelf arb, Saint-Simon face aux prot.estants: Contradiction et arriere-pensees d' un bon Frangais. In: Philippe .Joutard (Ilg.), Historiographie de la Reforme. Paris/Neuchätel 1977, S. 127147. Saint-Simon, Memoires (Anm. 1) Bd. IV, S. l80 f. Ebd. Bd. IV, S. 188 heftige Reaktionen des Kurfürsten von Brandenburg; Bd. XXV, S. 109-111 Reaktion von Friedrich Augusts Gattin. Ebd. Bd. IV, S. 277 f. Ebd. Bd. II, S. 242 f. Ebd. Bd. V, S. 48 f. Ebd. Bd. X I I , S. 30. Ebd. Bd. XIII, S. 34-36. Ebd. Ebd. Bd. XIII, S. 37Ebd. Bd. XIII, S. 37- Siehe auch Bd. X, S. 127. Ebd. Bd. XIII, 'S. 38. Die Musik wurde als "son unique plaisir" apostrophiert.

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

463

51 Ebd. Bd. VI, S. 369-370: "Ii (Cheverny) alla au palais; un chambellan l'y regut, le conduisit deux ou trois pieces, ouvrit la derniere, l'y fit entrer, se retira de la porte meme, et la ferma. Entre lä, il se trouve dans une piece plus longue que large, mal meublee, avec une table tout au bout, sur laquelle, pour toute lumiere dans la chambre, il y avoit deux bougies jaunes, et un homme vetu de noir, le dos appuye contre la table. Cheverny, assez mal edifie du lieu, se croit dans une piece destinee a attendre d'etre introduit plus loin, et se met ä regarder ä droite, ä gauche, et a se promener d 1 un bout ä 1'autre. Ce passet.emps dura pres d' une demi-heure. A la fin, comme un ces tours de sa promenade 1 1 approchoit assez pres de cette table et de cet homme noir qui y etoit appuye, et qu' a son air et son habit il prit pour un valet de chambre qui etoit la de yarde, cet homme, qui jusqu'alors l'avoit laisse en i.oute liberte sans remuer ni dire un mot, se prit, ä lui demander civilement ce qu'il faisoit la. Cheverny lui repondit qu'il devoit avoir audience de l'Empereur, qu'on l'avoit fait entrer, et. qu'il attendoit la d'etre introduit pour avoir 1 1 honneur de lui faire la reference. 'C'est moi, lui repliqua cet homme, qui suis l'Empereur.' Cheverny, ä ce mot, pensa tomber a la renverse..." 52 Ebd. Bd. XXXVII, S. 142. 53 Ebd. Bd. XVII, S. 133. Siehe auch Bd. XIII, S. 39. "Le successeur (Joseph I.) de ce prince se montra, incontinent apres, bien plus dur et plus fächeux que Leopold n'avoit e'.e encore sur la Baviere: il fit entrer six mille hommes dans Munich contre le t.raite qu'il avoit signe lui-meme avec l'Electrice..." 54 Ebd. Bd. ΧΧΓΙΙ, S. 382. 55 Ebd. Bd. XXXIV, S. 328. 56 Max Braubach, Prinz Eugen von Savoyen. 5 Bde. Münch e η Τ ^ Ι ^ Τ ^ ό 5. 57 Saint-Simon, Memoires (Anm. 1) Bd. VIII, S. 294 f. 58 Ebd. Bd. VIT, S. 366 f. Siehe auch Bd. VII, S. 3 6 0 f. 59 Ebd. Bd. VTI, S. 367 f. Zu den Feierlichkeiten in Königsberg S. 369 f. 60 Ebd. Bd. XV, S. 140. 61 Ebd. Bd. XV, S. 142. 62 Ebd. Bd. XXIII, S. 295 f. 63 Ebd. Bd XXX, S. 253. " H regardoit la France comme prete ä souffrir de grandes divisions par Celles

464

64 65 66 67 68 69 70 71

72 73

74 75

76 77 78 79 80 81 82

Voss, Der Herzog von Saint-Simon und Deutschland

des princes du sang et des bätards, des pairs et du Parlement, surtout par 1'äffaire de la Constitution. Cette idee l'enhardit a s'attirer encore un plus grand nombre de Frangois pour augmenter ses manufactures. Ii donna done ses ordres pour persuader a plusieurs ouvriers et autres de passer en Brandebourg." Ebd. Bd. XXX, S. 252. Ebd. Ebd. Bd. XXXII, S. 132. Siehe auch B zte eine für das ganze Land gültige Einheit von Recht, Maß, Gewicht und Münze durch; an die Stelle der Staatsallmacht rückte er die wirtschaftliche Wirtschaft

Freiheit.

Dadurch

schuf

freie Bahn und bereitete

den

für

die

Betrieb

er

der

Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon

großen Unternehmen

vor,

so

auch

der

Lyoner

597

Seiden-

produzenten. In den Jahren seiner Tätigkeit von

1661

bis zu seinem Tode 1683 hat Colbert für die Wirtschaft Frankreichs mehr geleistet als wohl jemals einer seiner Landsleute vor und nach ihm. Aber auch im Ausland findet

man

schwerlich

seinesgleichen.

So waren

bei-

spielsweise seine Zeitgenossen Oliver Cromwell und der Große Kurfürst Staatsmänner und Regenten, die die Bedeutung der Wirtschaft

zwar durchaus erkannten, sich

ihr aber gleichwohl nicht mit der erforderlichen

In-

tensität widmeten. Colbert hingegen vereinigte in seiner

Person

den

Staatsmann,

Großhändler,

Manufak-

turisten und Theoretiker. Dementsprechend erlebte

das

Lyoner Seidengewerbe im 17· und bis weit ins 18.Jahrhundert hinein infolge der Absatzchancen

auf den in-

und ausländischen Märkten eine ungemein günstige Zeit. Zumal während der 1720er und 1730er Jahre verzeichnete das Wirtschaftsleben längeren

Lyons vor dem Hintergrund

Friedensperiode

einen

einer

eindrucksvollen

Auf-

schwung, der sich auch an der Zunahme der Bevölc erung in

jenen

Jahrzehnten

ablesen

läßt.

Mit

schließlich

135-000 Einwohnern um 1787 war Lyon hinter Paris die zweitgrößte und

Stadt

Bordeaux

Frankreichs.

mit

Marseille

mit

90.000

Einwohnern rangierten 19 nächstgrößte Städte weit hinter ihr . Während einen

76.000

das

Höhepunkt,

schlechthin

in

17·

wenn

der

und

18.Jahrhundert

nicht

gar

Geschichte

der

den Lyoner

als

mithin

Höhepunkt Seidenin-

dustrie darstellt, schickte Krefeld sich in jener Zeit erst

an,

die

Grundlagen

schaffen. Es waren, wie sie

schufen

und

die

für

sein

gesagt,

darüber

Seidengewerbe

die Mennoniten,

hinaus

das Gewerbe

zu die zur

Entfaltung und Blüte führten. Neben den Familien van Aaken,

Floh,

Preyers,

Scheuten,

op

der

Graeff,

ter

Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon

598

Meer, Lingen, von Beckerath, Elten und Jentges waren es vor allem die von der Leyen, die vom 17. bis weit ins 19· Jahrhundert hinein an der Entwicklung des Krefelder Seidengewerbes entscheidenden Anteil hatten. Im Jahre

1720 begann Peter

von

der

Leyen

mit

der

Her-

stellung von Nähseide, nachdem die Familie bis dahin im Seidenhandel tätig gewesen war. Damit lagen nunmehr Produktion und Vertrieb in einer Hand, ein Tatbestand, der den Aktivitäten der von der Leyen nur

förderlich

sein konnte, denn Preisvorschriften oder gar Preisdiktate durch die Produzenten waren jetzt nicht mehr möglich . Wie sich das Seidengeschäft der Söhne Peters 20 von der Leyen, Friedrich und Heinrich , im Verlauf des

18.Jahrhunderts

entwickelte,

verdeutlichen

die

folgenden Zahlen: Bis 1770 konnten Kapital, Gewinn und 21 Lagerwert trotz der Kriege zwischen 1701 und 1763 und

ihrer

Auswirkungen

fast

werden. So betrug der Gewinn

ununterbrochen 1741

vermehrt

15.000 Taler,

1756

17.000 und während der Jahre von 1772 bis 1794 im Jahresdurchschnitt

sogar 49.000 Taler. Und das Eigenka-

pital konnte von 112.700 Talern 1741 auf 300.000 Taler nur 15 Jahre später, 1756, gesteigert werden. Der Wert des Warenlagers schließlich belief sich auf 110.000 Taler 1745, mehr als 200.000 Taler 1756 und Uber 1 22

Million 1794

- beeindruckende Zahlen, wenn man sich

die sich dahinter verbergende Kaufkraft· verdeutlicht. "Das waren Zahlen, die es

... in Preußens Wirtschaft

nicht noch einmal gab. Die von einzige weltwirtschaftlich des

Landes.

der

arbeitende

Mittelmeerische

Seide

Leyen

waren

das

Großunternehmen kauften

sie

in

Italien - niemals französische oder gar preußische -, indische,

persische

Amsterdam

über

die

und

chinesische

dortigen

in

Ostindischen

London

und

Kompanien.

Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon

Produziert

wurden

die nicht

in

sächlich

nach

nach

holländischem

Lyon hergestellt Westeuropa

Vorbild

wurden,

und, 23

Schmuggel, bis nach Amerika"

Sorten,

verkauft

vielfach

599

haupt-

über

den

befand

sich

.

Die Krefelder Seidenfabrikation

ausschließlich in den Händen von Mennoniten. Friedrich d.Gr.,

der

sich

um

die

Seidenfabrikation

Landen intensiv bemühte, meist

in

seinen

allerdings ohne nach-

haltigen Erfolg, hat die Krefelder Produktionsbetriebe "wahre Kleinodien" Urteil

eines

genannt. Da es sich dabei

ausgezeichneten

Kenners

des

um

das

Seidenge-

werbes handelt, hat man es als durchaus zutreffend zu qualifizieren.

Gefördert

und

schließlich

wurde das Krefelder Seidengewerbe

getragen

im ausgehenden

17·

und 18. Jahrhundert durch die Erholung der Wirtschaft nach

dem

Ende

sämtlichen Hiervon

des

Dreißigjährigen

Produktionsgebieten

profitierte

übrigens

Krieges,

zu

Leipziger

Messen

ebenfalls

vertrieb.

Nicht

werden darf auch die vorteilhafte

auf

beobachten

Gewerbe, das seine Produkte u.a. auf den und

die

das

ist. Lyoner

Frankfurter unterschsb zt

geographische

Lage

Krefelds, d.h. die Nähe zu den Niederlanden, die Uber ein blühendes Seidengewerbe verfügten und von dem man Impulse

empfing,

so daß Rückstände

Produktionsverfahren ; eit

nicht

und

auftraten.

damit

Seit

der

hinsichtlich

der

Wettbewerbsfähig-

der Mitte

des

18.

Jahr-

hunderts gelang es sogar, die niederländischen Produzenten zu überflügeln, als diese vor allem der n zu hoι hen Lohnkosten wegen ins Hintertreffen gerieten erfolgreich

sich

etwa der Mitte

des

die

Seidenindustrie

18. J a h r h u n d e r t s

entwickelte,

sen die folgenden Tatsachen deutlich werden: erzeugte

die

Stadtgemeinde

Xanten

. Wie

Krefelds

(auf

"Bis

seit las1743

Klevischem

Gebiet) mindestens 20000 Seidenbänder jährlich für

die

600

Fuchs, Die,,Seidenstädte'' Krefeld und Lyon

von der Leyen. 20 Jahre später war Krefelds Seide bis in verschiedene Jülicher Orte, teln,

Düren

1780er

und

Jahren

sogar

sollen

nach im

vor

Rheydt

allem

nach

gelangt.

preußischen

Teil

SüchIn

den

Gelderns

200-300 Webstühle in Betrieb gewesen sein, wahrscheinlich arbeiteten alle für Krefelder Kaufleute. Die meisten dieser Webstühle waren

in Grefrath

und

Viersen

konzentriert, wo das Bestehen einer mennonitischen Gemeinde die Einbeziehung der Weberkolonie in den Kre2c felder Einflußbereich erleichterte" . Im Gegensatz zur Situation um 1750 war am Vorabend der französischen Revolution fast jedes der ehemaligen Leinendörfer im Umkreis von 10-15 Meilen um Krefeld zumindest teilweise zur Samt- und Seidenproduktion überge26 gangen In welche Dimensionen das Krefelder

Seiden-

gewerbe in den ausgehenden 1770er Jahren und dem Jahrzehnt von I78O bis 1790 hineingewachsen war, wird aus folgendem

ert ennbar: Nicht nur vermochten die maßge-

benden von der Leyen den Wettbewerb des Hamburger Seidengewerbes zu beseitigen, wobei es allerdings zu betonen gilt, daß dieses damals schon im Niedergang begriffen war, sondern sie erwiesen sich auch gegenüber dem Schweizer Seidengewerbe als überlegen. Doch damit noch

nicht

genug:

auch

die

holländischen

Seiden-

produzenten, ihre einstigen Lehrmeister, deren Produktionsmethoden nunmehr

nachgeahmt

selbstbewußt

zeichneten gewerbe

sie

Ruf,

den

schließlich

heraus. sie auf

mit den

vermochten, bewiesen sie, daß

hatten, Und dem

forderten

durch

ihren

Krefelder

Weltmärkten sie mit

zu

den

sie

ausgeSeiden-

erringen mächtigen

Lyoner Konkurrenten gleichrangig geworden waren. Diese

hervorragende

Situation

fand

auch

ihren Ausdruck im Stadtbild Krefelds, das den von der

Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon

601

prosperierenden Seidenindustrie herrührenden Wohlstand widerspiegelte.

Ihn

hat

der

Pädagoge

und

Sprach-

forscher Joachim Heinrich Campe in einem Reisebericht aus

dem Jahre

1789

folgendermaßen

nenne dir, indem ich

Crefeld

geschildert:

hinschreibe,

den

"Ich Namen

der niedlichsten, saubersten, freundlichsten und blühendsten Manufacturstadt, die ich je gesehen habe. Der bloße Anblick

derselben macht

den

Fremden,

sowie

hineinkömmt, heiter und froh. Das schöne, längst Häusern bunt ausgelegte Straßenpflaster

er den

ist so rein,

als wenn es täglich gewaschen würde... Diese niedliche und industriöse Stadt enthält

700 Gebäude. Bei einer

gewöhnlichen Bevölkerung würde sie also ungefähr 4000 Einwohner zählen. Man rechnet aber die hiesige Volksmenge auf 7000 Seelen. Dies würde unglaublich klingen, wenn man nicht dabei in Erwägung zöge, daß die meisten Häuser von Fabrikanten bewohnt werden, und also nicht bloß

eine

Familie,

sondern

auch

Werksgesellen

und

Lehrburschen in sich fassen... Wir besahen die bewunderungswürdigen

Sammt-

und

Seidenmanufacturen

der

Herrn von der Leyen, eine Anstalt, die nicht bloß dieser Familie und nicht bloß diesem Orte, sondern ganz Deutschland Ehre macht. Man glaubt, indem man dieselben

sieht,

in

einer

der

blühendsten

Fabrikstädte

Englands zu seyn, so groß ist der Umfang dieser Anstalt, so sinnreich das Maschinenwerk, die

dabei

überall

herrschende

so musterhaft

Ordnung und

Reinlich-

27

keit" . Auch Lyon erlebte im 18.Jahrhundert

infolge

der günstigen Lage seiner Seidenindustrie eine bedeutende städtebauliche

Erweiterung:

rache band eine Reihe lange und

600 Meter

von

breite

Der

Flußinseln Halbinsel

Ingenieur an die zwischen

Per-

5,5 km Rhone

und Saone, wodurch das Stadtgebiet eine bemerkenswerte

Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon

602

Erweiterung erfuhr. Geht man von der Bevölkerungszahl der beiden Städte

aus,

dann

fällt

ein

Vergleich

nicht

eben

leicht, denn Krefeld hatte um die Mitte des 18. Jahrhunderts lediglich 4-500 Einwohner, Lyon hingegen, wie bereits erwähnt, rd. hält auf

Krefeld dem

135-000. Trotz dieser

hinsichtlich

Gebiet

seiner

Differenz

Leistungsfähigkeit

der Seidenproduktion

einen

Vergleich

durchaus aus, und zwar aufgrund der Tatsache, daß es dem Seiden- und Samtgewerbe in jener Zeit gelang, neue Absatzmärkte

vor

überseeischen

allem

in Westeuropa,

Gebieten, wo man

sich

aber

mit

auch

der

in

Lyoner

Konkurrenz, und nicht nur mit ihr, auseinanderzusetzen hatte, zu erschließen. Darin leistung" Krefeld

par

excellence

"Weltruf"

überraschenden

ein. Der

wie

hat man

zu

eine

"Meister-

Und

sie

sehen.

Grund

für

beeindruckenden

diesen

Tatbestand

trug ebenso liegt

darin, daß es, wie von einem Zeitgenossen geschildert, in der

"nicht große(n) Stadt...

von

Handwerkern

und

Fabrikanten (wimmelt), und das macht die Stadt derart 28 blühend..." . Das Rückgrat des Erwerbslebens Krefelds bildeten das Seiden- und Bandgewerbe. Doch

so

beeindruckend

sich

Seidengewerbe auch immer ausnimmt, sanz seines Aufblühens betrifft, den Blick für die Konkurrenz trüben, von die

Züricher

den die

sonstigen

so

der

das

darf

Lyoner

waren,

dies

nicht

Produzenten

Konkurrenten,

bedeutendsten

Krefelder

zumal was die Ra-

unter

denen

einmal

abge-

sehen. Das Lyoner Gewerbe war, wie festgestellt wurde, nicht nur älter und größer als das Krefelder, sondern besaß hinsichtlich der Rohseideversorgung, die sondere

aus

einheimischer

und

spanischer

insbe-

Produktion

erfolgte, auch günstigere Voraussetzungen. Und was die Arbeitsteilung betrifft, so war sie in Lyon besser als

Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon

in Krefeld

organisiert.

Während

in

Lyon

selbst

schwere und teure Ware bei höheren Lohnkosten

603

die

gefer-

tigt wurde, erfolgte die Herstellung der leichten und einfachen Stoffe, wofür niedrigere Löhne gezahlt wurden, in einer Reihe Dörfer im Umkreis von Lyon. Die Lohnunterschiede in den beiden konkurrierenden Städten waren derart groß, daß in Lyon lediglich

die

Hälfte

der in Krefeld gezahlten Löhne anfielen. Der Grund für diesen eklatanten Unterschied der französischen .29 gab

liegt darin, daß es in

Seidenmetropole

kein

Meistersystem

Krefeld versuchte, sich gegenüber der Lyoner Konkurrenz, die zwar keineswegs die einzige, aber doch wohl die bedeutendste war, dadurch zu behaupten, daß man

entsprechend

dem

Lyoner

Modell

verfuhr:

Während

die leichte und billige Ware aus den ländlichen Regionen bezogen wurde, webte man die schweren und teuren Seiden-

und

Samtstoffe

sowie

und Samtbänder in Krefeld

die wertvollen

selbst.

Seiden-

Es wurde, geradezu

zum System entwickelt, daß, je weiter die Ortschaften von Krefeld entfernt

lagen, die hergestellte Ware um

so leichter und billiger war. In den 70er Jahren 19.Jahrhunderts stellte sich die am ausgeprägtesten

dar. Zu

jener

Zeit

arbeitete

gesamte linksrheinische Gebiet bis hin zur

das

holländi-

schen Grenze für Krefeld. Und während Krefeld als Produktionsstätte

des

Standortverschiebung

selbst

an Bedeutung verlor, wuchs die

Rolle der Kreise Kempen, Geldern, Gladbach und Erke30 lenz . Verbunden war damit eine Modernisierung der Produktionsmethoden,

die vor allem in der

Einführung

des mechanischen Webstuhls ihren Ausdruck

fand. Auch

dabei

diente

Sammetgewerbe

Lyon kannte

als man

Vorbild: nur

"Das

durch

frühere

Einlegen

alte dreier

Messingruten, welche alle etliche Schuß, eine nach der

604

Fuchs, Die „Seidenstädte " Krefeld und Lyon

anderen eingelegt und ausgeschnitten

wurden,

diese Sammetweberei nur auf den Handstuhl

wodurch

angewiesen

war und auch bis heute bei schwerem glatten, fa9onierten Sammet. . . der Fall ist und bleiben wird. Zu der jetzigen

Sammetfabrikation

konnte man

das

alte

Sam-

metgewerbe nicht verwenden und mußte ein anderes, man nennt es: 'Das doppelte Stücksammetgewebe 1 , werden.

Dieses

doppelte

angewandt

Stücksammetgewebe

hat

man

früher im Crefelder Bezirk niemals gekannt, noch ausgeführt...

Diese

doppelte

Stücksammetweberei,

welche

sich ohne Einlegen von Messingruten vollzieht, wurde in den 1860er Jahren in Lyon -.wenn auch sehr selten auf Handwebstühlen hergestellt. Man nannte sie:

'Die

doppelte Stücksammetweberei' (in Lyon: 'velours a deux piecees' ) , weil 2 Stücke zusammen und übereinander gewebt wurden ... In den 60er Jahren, als die Crefelder Webe-Industrie lange Jahre in Stoff sehr schwach ging und fast niemand mehr glauben wollte, einen besseren Geschäftsgang daß

der

zu erleben, war man

Geschäftsgang

führung mechanischer

nur

zu

viel

heben

Herstellung.

Das

der

sei

Meinung,

durch

Ein-

Crefelder

Auge

war damals immer nur auf Lyon gerichtet, wo die Mecha31 nik schon länger angewandt wurde" . Daher war es das Bestreben der Produzenten Krefelds, mechanische Stoffwebstühle, die sog. Lyoner Systeme, in ihren Betrieben einzuführen, was unausweichlich erschien, wenn man den Anschluß an den technischen Stand, der offenbar durch Lyon bestimmt wurde, nicht gänzlich verlieren wollte. Doch erwuchsen

die Vorteile

Lyons nicht nur

aus

der

Mechanisierung der dortigen Webereien, deren Übernahme durch die Krefelder Betriebe übrigens nicht unbedingt -3 2 den Erfolg garantierte, wie Beispiele zeigten kam

ein

recht

ausgeklügeltes

. Hinzu

Produktionssystem.

wurde in der Umgebung Lyons sowohl mechanisch

Es

- wenn

Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon

auch nur vereinzelt

-, vor allem aber

berei Seide preiswert hergestellt.

durch

605

Handwe-

Der Grund für die

preiswerte und damit weitgehend konkurrenzlose Produktion lag insbesondere

darin, daß nicht wenige

Kaufleute in ihren Fabrikationsstätten Frauen beschäftigten,

die

"freie Fahrt, freies Logis

(diners ä 5 Sous incl. l/5 1. de vin) in der sowie

sonstige

Nahrungsmittel

Umgebung bis zu 50 und

Lyoner

ausschließlich

75 km

mitbringend, weit

Fabrik, aus

herankamen,

der dann

jeden Samstag frei nach Hause fuhren, um samstags wie33 der zu erscheinen" . Diese Beschäftigungsmethode, die sicher nicht als sozial qualifiziert gelten kann, erwies

sich

den

Krefelder

Wettbewerbern

überlegen. Sie konnte kaum die

Situation

in und

um

imitiert

Krefeld

gegenüber

werden,

nicht

als

da

dies

zuließ,

denn

nicht allein war das unmittelbare und mittelbare Umfeld

von

Krefeld

eingebunden;

intensiv

darüber

hinaus

in

die

grenzte

strebende rheinisch-westfälische

Textilproduktion es

an

das

Industrierevier,

aufdas

keine Arbeitskräfte abgeben konnte - es war vielmehr zum großen Magneten für in- und ausländische Arbeitskräfte in erheblicher Zahl geworden. Ebenfalls auf dem Gebiet der war Krefeld

in den

Samtproduktion Lyon

ins

Hintertreffen geraten. Zwar hatte man in Krefeld

1860er Jahren gegenüber

er-

fahren, daß in Lyon ein "doppeltes Stücksammetgewebe" hergestellt

wurde. Und daher war man in Krefeld

be-

müht, dieses erfolgreiche Gewebe ebenfalls zu fabrizieren. Doch es fehlte die erforderliche Praxis. Daher sah man sich außerstande, auf dem in Lyon

erworbenen

"doppelten Handsammetstuhl" Samt herzustellen. Aus der Verlegenheit, Nachteilen sollte

der

die

und

mit

erheblichen

finanziellen

erfolgreiche

wirtschaftlichen

Einbußen

Versuch

der

verbunden

war,

Werksspionage

Fuchs, Die „Seidenstädte " Krefeld und Lyon

606

herausführen. Ein der französischen Sprache

mächtiger

Krefelder Spezialist, der mit den Lyoner Verhältnissen vertraut war, reiste nach Lyon. Sein Bemühen, das in Krefeld von niemandem beherrschte Verfahren

kennenzu-

lernen, schildert er u.a. folgendermaßen: "Ich suchte den

ganzen

doppelter bekam

Tag

vergebens

Sammetwebstuhl

ich

zu

lesen:

und

es

wollte

vorfinden...

'un metier

des

sich

Da

auf

kein einmal

velours

a

deux

pieces ä prendre chez Monsieur Curzillard. 1 Nun hieß es aber Courage! und ich sagte mir - dem Meister mußt du was

aufbinden...

Meister,

wo

Ich

derselbe

ging

mich

beklommenen

empfing

mit

Mutes

den

zum

Worten:

•Sind Sie bewandert in dem Artikel, dann arbeiten Sie mal Probe.'... Ich bemerkte dem Meister, daß ich den Artikel in der Umgebung von Lyon nur mechanisch kennen gelernt, ich ihn deshalb ersuche, mir einmal vorzuarbeiten. Mit diesem Wunsche kam er mir

entgegen.

Ich

merkte mir alles hochnotwendige während seines Arbeitens,

um

möglichst

schlagfertig

beginnen

zu

können.

Dann begann ich selbst ... Er sorgte weiter für alles Notwendige zu meinem Unterhalt, wie dies dort üblich, und

ich

hielt

Zeichenheft

es

fürs

zu kaufen.

beste Dann

am nach

notwendigsten,

ein

Mittag

ich

begann

zwischen meiner Arbeit bei freier Luft den Stuhl vorab in Bausch und Bogen

abzuzeichnen;

Einrichtungen waren mir neu.

denn

diese

... so wurde

techn.

der

ganze

Stuhl bis zum kleinsten Gegenstand genau abgezeichnet und modelliert. Nach all

diesen

Zeichnungen

war

ich

selbst im Stande, einen solchen Stuhl bauen zu können, denn darauf mußte gerechnet werden

. . . Ich blieb bei

dem Meister mehrere Monate und brachte es

in

Arbeit

Mit

auf

Notwendigen

täglich zum

2 - 2

Bauen

und

l/2

Meter...

Aufstellen

eines

meiner allem solchen

Sammetstuhles versehen, habe ich es in erster Linie im

607

Fuchs, Die „Seidenstddte" Krefeld und Lyon

Interesse der Crefelder Sammet-Industrie für notwendig gehalten, bei der Firma, welche

den doppelten

vergebens versucht herzustellen,

indirekt

Sammet

anzufragen,

ob ich denselben ausführen könne, worauf ich Bescheid erhielt,

ich

möchte

nur

herüberkommmen....

Ich

fuhr

bis Nähe Mülhausen b. Basel per Schiff auf der Saone. Von da ab über Karlsruhe erreichte ich Crefeld in 5-6 Tagen" 3 4 . Nunmehr war man auch in Krefeld in der Lage, die

doppelte

Stücksamtweberei

zu betreiben.

Bei

der

Firma H.V.Bruck Söhne erfolgte diese Art der Fertigung zum erstenmal im Winter des Jahres 1867/68. Sie hatte 35 damit in Deutschland Eingang gefunden . Wie bedeutend der Vorsprung Lyons Krefeld auf dem Gebiet der doppelten

gegenüber

Stücksamtweberei

damals war, geht daraus hervor, daß in Lyon bereits 50 Stühle in Betrieb aufgestellt

standen, ehe in Krefeld

wurde.

Die

Stücksamthandstühle

Überlegenheit

gegenüber

der

vier-

bis

siebenmal

größere

erste

doppelten

bisherigen

berei wird daran erkennbar, daß sie es eine

der

der

Handwe-

ermöglichten,

Stoffmenge

herzu-

stellen. Durch die Einführung der Lyoner Webstühle gelang es, die Krefelder und darüber hinaus die niederrheinische Samtproduktion wieder

"weltkonkurrenzfähig"

zu m a c h e n ^ . Aufgrund nicht

nur

werden,

die

der

Lyoner

Samtfabrikation

sondern

ebenfalls

die

Entwicklungen Krefelds von

Taft.

konnte

modernisiert Hinzuweisen

gilt es dabei jedoch darauf, daß eine gute Konjunkturlage in den 70er Jahren die Einführung der Lyoner mechanischen flaute

und

TaftstUhle die

verzögerte.

Erst als diese

Konkurrenzfähigkeit

beitsintensiveren

sowie

langsameren

spieligeren Handweberei nicht mehr

aufgrund und

der

damit

abar-

kost-

aufrechtzuerhalten

608

Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon

war, kam es in

Krefeld

zur

Aufstellung

mechanischer

Stuhle, ohne dadurch allerdings durchschlagende Erfolge zu erzielen, und zwar weder mit noch den in Krefeld

den

importierten

selbst produzierten Stühlen, was

der folgende Hinweis verdeutlicht: "Wenn nun auch Crefeld sich mit dem Lyoner System als unrentabel

nicht

weiter befasste, so war dies aber in der Umgebung von Lyon nicht der Fall, wo man solche Stühle per Hand und mechanisch zu abermaligen tausend vorfindet, und sich ... die Anzahl auf 15~20tausend vermehrt hat. Hier hat Crefeld welche

die

alte

schwarze

zurückerobert

werden

Taffetweberei muß

als

verloren,

Ersatz

für

die

Stöße, welche die Arbeitskraft durch das endlose Stre37 ben nach Mehrherstellung beim Sammet erleidet" . Insgesamt felds

gegenüber

der

stellte

sich

Lyons

sowohl

die

Situation

bei

der

Kre-

Samt-

als

auch der Taftherstellung so dar, daß beide Artikel in Krefeld zwar in guter Qualität produziert wurden, allerdings aufgrund aufwendiger Verfahren,

wodurch

die

Ware sich verteuerte. Demgegenüber produzierte man in Lyon nach moderneren Verfahren. Sie ermöglichten vor allem einen höheren

Produktionsausstoß,

woraus

Wett-

bewerbsnachteile für Krefeld erwuchsen, jedenfalls auf Dauer. Daß dies bisher noch nicht man der seit

der Mitte des

der Fall war, hat

19·Jahrhunderts

beträcht-

lich ansteigenden Nachfrage nach Samt und Taft

zuzu-

schreiben. In ihr drückt sich der wachsende Wohlstand vor allem in den bürgerlichen Kreisen aus,

die

sich

daher mehr und mehr in die Lage versetzt sahen, Luxusgegenstände

zu oerwerben, ο spinste zählten .

zu denen

die

Angesichts der neuen, durch und sich ausbreitenden Wohlstand

seidenen

einen

geprägten

Ge-

größeren Situation

kam es zunehmend darauf an, mehr seidene Produkte in

609

Fuchs, Die „Seidenstadte" Krefeld und Lyon

guter Qualität

preiswert

herzustellen. Und gerade in

dieser Hinsicht war Lyon Krefeld überlegen, denn "der Lyoner Stuhl" ermöglichte nicht allein "ein leichteres und bequemeres Arbeiten ... als der Crefelder Stuhl", sondern

erlaubte

auch

die

Mehrproduktion

von

"min-

destens einem Drittel ... an fertiger Ware", und das beim gleichen Arbeitsaufwand, den der Krefelder Stuhl 39 erforderte . Auf Dauer war die Konkurrenzfähigkeit des

Krefelder

zuerhalten,

Gewerbes

wenn

man

daher

entweder

nur

dann

aufrecht-

zu niedrigeren

Löhnen

als Lyon produzierte oder aber sich die dortigen effektiveren

Produktionsmethoden

zu

eigen

machte.

Was

aber die Lohnfrage betrifft, so war das Lyoner System derart ausgeklügelt, daß es nur

schwerlich überboten

werden konnte. Denn nicht nur gab es das Lohngefälle zwischen der Stadt Lyon und dem Land; hinzu kam, daß auch in Lyon selbst die Löhne nicht höher als in Krefeld

lagen,

da, wie

50-70 km vor allem

erwähnt,

aus

Arbeiterinnen

einem nach

Umkreis

Lyon

von

gebracht

wurden, um dort für ein relativ niedriges Entgelt zu arbeiten. Dem hatte Krefeld der genannten Gründe wegen - Nähe des Rhein-Ruhr-Reviers

- Gleichwertiges

nicht

entgegenzusetzen. Doch davon einmal abgesehen, gab es in Lyon eine ausgeklügelte und gut funktionierende Arbeitsteilung:

"Der Arbeiter

(in und

Lyons)", heißt es hierzu, "beginnt

in der

Umgebung

... mit dem schuß-

fertigen Stück per Meter. Auch sind es keine Artikel für

Webermeister,

(Lehrlinge genen

und

sondern

nur

Gesellen)"^®.

Produktionsmethoden

für

junge

Infolge

war

es Lyon

Arbeiter,

dieser

überle-

gelungen,

die

Taftherstellung der niederrheinischen Seidenmetropole, bei der einst Tausende Beschäftigung gefunden hatten, im Verlauf

des

19.Jahrhunderts

zu

entreißen;

inzwi-

schen war sie in und um Lyon konzentriert. Das war um

Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon

610

so bedauerlicher deshalb, weil die Taftproduktion als ebenso lohnend wie aussichtsreich

galt, was die fol-

gende Feststellung deutlich macht: "Das schwarze Taftgewebe, worin

Lyon und

Umgebung

nach

letzteren

Be-

richten 20tausend und mehr Weber beschäftigt, ist und bleibt

immer

eine

courante

Ware.

Es

ist

nicht

der

stets wechselnden Mode unterworfen und kann auch schon mal lagern, und warum sollte es in Deutschland

nicht

ebenso gut hergestellt werden können und Absatz finden -

1

allerdings unter einer neuen geschützten Marke als

deutscher oder Crefeider Taffet' - wie dasjenige, welches bisheran als Lyoner Fabrikat den Markt allein beherrschte. Zwar muß es nur nach den vorerwähnten genauen Angaben resp. Einrichtungen und es ist doch

stets

der

ausgeführt

lohnendste

werden,

Nationalstolz,

das Gute und Bessere sich anzueignen, obs vom

Feind

oder Freund herstammt, wenns nur zum Wohl

deut-

schen

Industrie

bleiben nicht

dann

und

der

der

Arbeiterschaft

auswärtigen

der dient.

Konkurrenz

im Rückstand, und der Abnehmer kann

Wir

gegenüber sich

dann

nicht mehr äußern: 'Na, es ist noch immer kaine Lyoner Ware' 1,41 . Diesem Rat hat die Krefelder Seidenindustrie in den Jahrzehnten seit etwa

1910 mehr

denn

weniger

erfolgreich zu entsprechen sich bemüht. Verbunden war damit

die Entwicklung anderer

Industriezweige.

Daher

kann heute von einer Seidenstadt Krefeld wohl nur noch dann gesprochen werden, wenn man sie unter dem Aspekt ihrer Geschichte betrachtet. Zwar vor

als

der

Mittelpunkt

der

gilt

der

-färberei

hinzu

die

Krawatten-Konfektion

4

Textilindustrien "^.

Doch

wie

Seiden-

und

deutschen

Samtweberei, treten

sie nach

sowie

gibt

es

-appretur 4 ^;

der

sowie

heute

auch, teilweise durch diese Erwerbszweige

in

weitere Krefeld

hervorgeru-

Fuchs, Die „Seidenstädte " Krefeld und Lyon

611

fenen, Gießereien sowie Maschinen- und Kesselfabriken. Unabhängig davon entstanden die Waggonfabrik Uerdingen AG, die Deutschen Edelstahlwerke AG, die Büttner-Werke A G ^ und die Philipps-Valvo-Werke GmbH. Begleitet war dieser

Prozeß

von

dem

Bestreben,

Rhein zu gewinnen. Dort siedelten

einen

Zugang

sich die

sowie die Nahrungs- und Genußmittelindustrie Zwar verbindet

sich mit

dem

zum

chemische an^.

Namen

Krefeld

immer noch zunächst die Vorstellung von Seide bzw. von Seidenproduktion, und dies nach wie vor mit einer gewissen Berechtigung, doch sind die genannten sonstigen Industriezweige

inzwischen

vorherrschend

geworden.

Verdeutlichen läßt sich diese Tatsache an der Zahl der in der Textilindustrie Beschäftigten; sie lag 1971 bei nur noch

6.388,

womit ihr Anteil an der Gesamtzahl der

Beschäftigten Krefelds auf 11,6% abgesunken w a r ^ . Die Entwicklung Lyons in ihrer jüngeren und jüngsten Geschichte war der Krefelds zur gleichen Zeit nicht unähnlich. Das Schwergewicht der Produktion verlagerte sich auch hier von der Seidengewinnung auf die Kunstfaserfabrikation;

sie hat

ihren

Schwerpunkt

in

der Umgebung Lyons. Demgegenüber ist die Bedeutung der Stadt für den Textilhandel geblieben. Und wie in Krefeld,

so

ist

auch

in

Lyon

die

Konfektion

ein

be-

deutender Erwerbszweig. Daneben besitzen besondere Bedeutung

die

folgenden

Branchen:

die

chemische

dustrie, vor allem die Kunstdüngererzeugung,

In-

die Me-

tall-, die Maschinen-, die Konserven- sowie die Aluminiumindustrie, ferner die pharmazeutische,

die

elek-

trotechnische und elektronische, schließlich die AutoΛ7 mobilindustrie . Die ausgeprägte Diversifikation auf dem Produktionssektor sowohl in Krefeld als auch in Lyon, die die Seidenherstellung,

darüber

hinaus

die

Textilin-

612

Fuchs, Die, .Seidenstädte'' Krefeld und Lyon

dustrie insgesamt, zu einem Erwerbszweig unter reichen

anderen,

zum

Teil

weit

wichtigeren,

zahlwerden

ließ, erlaubt die Schlußfolgerung, daß die beiden Kommunen als "Seidenstädte" nur noch unter dem Aspekt der Reminiszenz

gesehen werden

können.

Allerdings

wären

sie zu Produktionsschwerpunkten der Art, die sie heute darstellen, wohl kaum geworden, wenn das Seidengewerbe hierzu

nicht

maßgebende

Voraussetzungen

geschaffen

hätte. Textilmaschinen, Färbereien etc. nämlich gehörten zu denjenigen Erwerbszweigen, die die kation setzung

einleiteten. für

Dadurch

schufen

die Produktionsvielfalt,

Städte heute auszeichnet

sie die

Diversifi-

die die

Vorausbeiden

Fuchs, Die „Seidenstädte"

Krefeld und Lyon

613

1 Vgl. hierzu: Aus der Frühzeit der Seide. In: CibaRundschau 1, H. 11 (1936/37). 2 Vgl. hierzu G.F. Hudson, Europe and China.^London 1931! Sven Hedin, Die Seidenstraße. Leipzig 1940. 3 Ch. Fournau, Cite et Centre d'activite de Lyon. In: Etudes Rhodaniennes, Lyon 1949 u.A. Audin, Le Confluit et la Croitee de Lyon. In: Etudes Rhodaniennes, Lyon 1954· 4 Vgl. hierzu u.a. Henri Pirenne, Die Entstehung und Verfassung des burgundischen Reiches im 15· und 16. Jahrhundert. In: Schmollers Jb. 33 (1909)} Hermann Heimpel, Karl der Kühne und der burgundische Staat. In: Festschrift f. G. Ritter (1950)} Laetitia Boehm, Geschichte Burgunds. Politik, Staatsbildungen, Kultur. Stuttgart/Berlin/Köln 1971. 5 Die Einwohnerzahl bezieht sich auf das Jahr 1568. 6 J. Graeybeckx, Les industries d 1 exportation dans les villes flamandes au XVIIe siecle, particulierement a Gand et Bruges. In: Studi in onore di Amintore Fanfani 4. Milano 1962, S.421ff. 7 Ebd. 8 Vgl. hierzu Kornel Krahn, Menno Simons Leben und Lehre, ein Beitrag zur Theologie der Taufgesinnten. Karlsruhe 1936; A. Brons, Ursprung, Entwicklung und Schicksale der Altevangelischen Taufgesinnten oder Mennoniten in kurzen Zügen übersichtlich dargestellt. Amsterdam 1912. 9 Gerhard v. Beckerath, Die wirtschaftliche Bedeutung der Krefelder Mennoniten und ihrer Vorfahren im 17. und l8. Jahrhundert. (Diss. rer. pol.) Bonn 1952, S. I6ff. 10 Herbert Kisch, Die hausindustriellen Textilgewerbe am Niederrhein vor der industriellen Revolution. Göttingen 1981, S.98. 11 Ebd. 12 Ebd. S.90. 13 Leopold Henrichs, Geschichte der Grafschaft Moers bis zum Jahre 1625. HUls-Crefeld 1914. 14 H. Kisch (Anm.10) S.100. 15 H. Keussen, Die Entwicklung der Krefelder Seidenund Samtindustrie. In: Jakob Nover (Hrsg.), Bilder vom Niederrhein. Leipzig l88l, S.131f. 16 H. Kisch (Anm. 10) S.102. 17 Heinz-Otto Sieburg, Geschichte Frankreichs. Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1975, S . 1 3 3 . 18 Ebd. S.134. 19 Ebd. S.152. 20 Friedrich v.d. Leyen lebte von 1701-78, Heinrich v.d. Leyen von 1708-82.

614

Fuchs, Die,,Seidenstädte'' Krefeld und Lyon

21 D.h.dem Spanischen und Österreichischen Erbfolgekrieg und den schlesischen Kriegen. 22 Wilhelm Treue, Wirtschafts- und Technikgeschichte Preußens. Berlin/New York 1984, S.131. 23 Ebd. S.131f. 24 H. Kisch (Anm. 10) S.118. 25 Ebd. S.120f. 26 Ebd. S.121. 27 Joachim Heinrich Campe, Reise von Braunschweig nach Paris im Heumonat 1789. Braunschweig 1790, S.47ff. 28 Zit. bei H. Kisch (Anm.10) S.140. 29 Hae-Bon Chung, Das Krefelder Seidengewerbe im 19. Jahrhundert (ca. I8l5-l880). Diss. Bonn 1974, S. 18f. 30 Ebd. S.30. 31 Ant. Höttges, Crefeld und Lyon vor 40 Jahren und der Übergang zur mechanischen Herstellung in der Sammet- und Seidenfabrikation am Niederrhein. Cöln, im August 1909, S.3ff·- Zum Komplex Auslandsreisen deutscher Unternehmer und der in ihrem Auftrag Reisenden, um unbekannte Produktionsmethoden kennenzulernen, vgl. Martin Schumacher, Auslandsreisen deutscher Unternehmer 1750-1851 unter besonderer Berücksichtigung von Rheinland und Westfalen. Köln 1968, u.a. S.42ff und S . U O f f . 32 Ant. Höttges (Anm. 31) S.5f. 33 Ebd. S.6. 34 Ebd. S.8ff. 35 Ebd. S.11. 36 Vermerkt sei, daß das neue Verfahren - "bei einer 20fachen Mehrherstellung gegen die alte Handweberei" - Arbeiter in großer Zahl freisetzte. So verringerte sich die Beschäftigtenzahl in und um Krefeld um nicht weniger als 10-15.000, wodurch pro Jahr rd. 5-6 Mill. Mark an Weblöhnen eingespart werden konnten. Mithin waren die sozialen Konsequenzen, resultierend aus der Einführung des neuen Verfahrens, das im Laufe der Jahre noch verfeinert wurde, recht negativ, abgesehen davon, daß es hohe Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Weber stellte (Ant. Höttges [Anm. 31] S.15). 37 Warum Taft in Krefeld nicht in gleicher Qualität wie in Lyon trotz des Einsatzes der dortigen Maschinen hergestellt werden konnte, war bereits den Zeitgenossen unerklärlich. Man darf vermuten, daß der Grund hierfür in der unzureichenden Qualifikation der Krefelder Weber zu suchen ist.

Fuchs, Die „Seidenstädte" Krefeld und Lyon

38 39 40 41 42 43 44 45

46

47

615

Vgl.hierzu Werner Sombart, Liebe, Luxus und Kapitalismus. München 1967, insbesond. S.193ff· Ant. Höttges (Anm.31) S.24. Ebd. S.29. Ebd. S.30. Repräsentiert werden diese Gewerbe vor allem durch die Vereinigten Seidenwebereien AG, Schroers & Co., Scheibler & Co. sowie Möttau & Leendertz. Genannt seien die Rheinische Kunstseide AG und die Krefelder Baumwollspinnerei. Das Unternehmen produziert Trocknungsanlagen. Im einzelnen seien genannt die Bayer AG (Chemie), die Dreiringwerke (Seife), Boley (Öl, Rizinus), Dujardin & Co. (Weinbrand, Likör), Frank & Kathreiner GmbH (Zucker, Kaffeemittel). Am Rhein siedelten sich ferner Mühlen-, Maizenaund Guano-Werke an (Vgl. hierzu u.a. Friedrich Lau, Geschichte der Stadt Krefeld (Bonn 1913); Gottfried Buschbell/Karl Heinzelmann, Geschichte der Stadt Krefeld bis 1870 (1953) und Wilhelm Böttger, Krefeld (1952). Im Jahre 1951 wurden in der Krefelder Textilindustrie noch 10.868 Beschäftigte gezählt, 1971 waren es nur noch 6.388. Die heutigen Zahlen dürften niedriger liegen (Vgl. hierzu Rolf Krengel, Die internationale Arbeitsteilung in der Textilindustrie. Gutachten, Berlin 1971 und Kurt Rother, Die Textilindustrie Krefelds im Wandel von Mechanisierung zur Automatisierung. Von der Lohnintensivität der 30er Jahre zur Kapitalintensivität des Automationszeitalters. In: Krefelder Studien 1 (Krefeld 1973) S.386). Vgl. hierzu u.a. A.Kleinhausz, Histoire de Lyon. Lyon 1939; A. Demangeon, France ecenomique et humaine, II (Coli. geographique universelle, 1948); Lyon. In: Collier's Encyclopedia Bd. 15 (1971) S.136f.

Helmut Mathy

Mainzer Gutachten zur HalsbandafFäre im Vorfeld der französischen Revolution

Kaum' ein anderer Vorgang hat in der Spätzeit des Ancien Regime das Ansehen der französischen Monarchie so stark in Mißkredit. gebracht wie die berüchtigte Halsbandaffäre

von

1785/86 , die

bereits

von

Goethe

im

"Großkophta" als Vorspiel zum Umsturz literarisch verwertet wurde , und von der er in seiner 1792 "spielenden"

Campagne

in

Frankreich

feststellte:

"Schon

im

Jahre 1785 erschreckte mich die Halsbandgeschichte wie das Haupt der Gorgone. Durch dieses unerhört frevelhafte Beginnen sah ich die Würde der Majestät

unter-

graben,

Folge-

schon im voraus

vernichtet,

und

alle

schritte von dieser Zeit an bestätigten leider allzusehr die furchtbaren Ahnungen. (...) Mit Verdruß hatte ich viele Jahre die Betrügereien kühner Phantasten und absichtlicher Schwärmer zu verwünschen Gelegenheit gehabt und mich über die unbegreifliche Verblendung vorzüglicher

Menschen

bei

solchen

frechen

Zudringlich-

keiten mit Widerwillen verwundert. Nun lagen die direkten

und

indirekten

Folgen

solcher

Narrheiten

als

Verbrechen und Halbverbrechen gegen die Majestät vor mir,

alle

zusammen

wirksam

genug,

um

den

schönsten

Thron der Welt zu erschüttern"^. In seiner Vorliebe für übertriebene Formulierungen soll Napoleon die Halsbandaffäre einmal als die Hauptursache sie

publizistische

bezeichnet

Kesseltreiben

haben"*, gegen

weil

die

als

"1 autrichienne" beschimpfte Marie Antoinette und

zu-

1

das

der Revolution

618

Mathy, Maimer Gutachten zur Halsbandaffäre

mal die Pamphlete gegen ihre Verschwendungssucht

ver-

stärkt hatte. Der Ruf und das Ansehen der Königin und damit des Kronträgers Ludwigs XVI. selbst wurden durch diese Affäre vollends erschüttert, nachdem schon vorher den Gegnern

der königlichen

zu abseitig erschienen war, um

Familie kein gegen sie

Gerücht

zu

polemi-

sieren und die öffentliche Meinung aufzubringen. Eine

Schlüsselrolle

in

dieser

Angelegenheit

spielte der Straßburger Bischof und Kardinal Louis-Rene de Rohan-Guemenee, "Collier" 1734

zu

versehen Paris,

war

er

errichtet

mit

Geboren 1760

zum

(1756-1779)

ernannt das

worden war, während

dem

am

25.

Louis

September seines

Constantin,

worden, unter

dortige

dessen

Priesterseminar

dessen Urgroßonkel (1704-1749)

mand Gaston de Rohan-Soubise

Spottnamen

Koadjutor

von Straßburg

"großen Kardinals",

Regentschaft

später

wurde.

Oheims, des Bischofs des

der

Ar-

das Bischöf-

liche Palais erbaut hatte. Auch sein Großonkel Armand Auguste

de

Rohan-Soubise-Ventadour

saß

von

1749

bis

1756 ebenfalls als Bischof in Straßburg^. Der jüngste Geistliche dieser bedeutenden Familie widmete sich als "leichtsinniger und weltfreudiger Höfling" weit)

zunächst der Politik und

Außenminister

Choiseul g

zum

abberufen,

stieg er in

1771

wurde

französischen

in Wien ernannt . Auf Betreiben Paris

Maria

zum

(St.

Skal-

durch

1774

Theresias

Großalmosenier

des

1778

durch

Papst Pius VI. den Kardinalshut, ehe er seinem

Oheim

Königreiches

auf

und

erhielt

am

1.

den

Botschafter

Juli

als Bischof von Straßburg folgte. - Rohans Verwicklung in

die

Halsbandaffäre

hing

mit

seinem

Bestreben

zusammen, am Hof zu Versailles die Gunst der Königin, der Tochter Maria Theresias, zurückzugewinnen, mit der er

sich

in

Wien

als

recht

ungeistlicher

Lebemann

überworfen hatte. Eine Dame aus zwielichtigem Milieu,

619

Mathy, Maimer Gutachten zur Halsbandaffäre

die Gräfin de la Motte, deren Mann und einige "dunkle Ehrenmänner" dienten dem Kardinal ihre gute Beziehung zum Hof

an,

die

Rohan

wiederum

mit

der

Königin

in

Verbindung zu bringen vermöchte. De la Motte ließ sich neben

diesen

Vertrauten,

Dunkelmännern dem

noch

italienischen

von

einem

Scharlatan

weiteren

und

Alchi-

misten Giuseppe Balsamo, genannt Cagliostro,

beraten,

dessen

abenteuerliches

in

zelnen

Episoden

bei

Leben

im übrigen

Schiller

und

ja

Goethe

ein-

literarisch

gestaltet und verwertet wurde. Die Gräfin de la Motte suggerierte Kardinal Rohan, er könne sich in die Gunst der Königin setzen, wenn er ein Halsband

im Wert von

1.600 000 Livres bei einem Juwelier auf Raten erstehe und seinen Kredit verpfände. Das Collier aber war vorher

schon

Marie

Antoinette

Sie hatte den Kauf

direkt

entrüstet

angeboten

zurückgewiesen

worden. mit

dem

Argument, für diesen stolzen Preis könne man der französischen Armee ein großes Kriegsschiff la Motte versicherte sich

der

Dienste

erwerben. De einer

tuierten, die der Königin ähnlich sah und

Prosti-

bei

einem

nächtlichen Rendezvous im Park von Versailles den Kardinal bat, er möge mit ihr korrespondieren. Als Antwort

erhielt

Rohan

eine

Aufforderung

mit

dem

ge-

fälschten Namenszug der Königin, worin sie eine weitere Begegnung in Aussicht stellte, wenn er - worauf er sogleich einging - eine größere Geldsumme herleihe. Am Ende des Gaunerstücks ließen sich jedoch trüger

mit

Hilfe

eines Briefes

von

Rohan

die

und

Falsifikats der Königin das ungeheuer teure

Be-

eines

Halsband

aushändigen und suchten ohne Bezahlung das Weite. Als die Juweliere

beim

König

den

Kaufpreis

reklamierten

und der Betrug aufflog, ordnete der aufgebrachte Ludwig XVI. die Verhaftung des Kardinals an und ließ ihn g in der Bastille festsetzen .

Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre

620

Es darf aber als Fehler des Monarchen gewertet

werden,

daß

er

dem

Bischof

gestattete,

seinen

Strafprozeß vor dem Parlament in Paris führen zu lassen, weil hier die Anhänger und Freunde des Straßburgers saßen, die zugleich Gegner Ludwigs XVI. und seiner um Reformen bemühten Minister waren. Als vor dem Parlament die dubiose Angelegenheit aufgerollt in dem eine Diebin von Diamanten, eine

Prostituierte

sowie ein Alchimist und Betrüger und vor leibhaftige

Königin

und

ein

wurde,

Kardinal

allem

der

eine

römischen

Kirche in den Aussagen die am meisten Genannten waren, hatte die Phantasie von Journalisten und vielen Lesern eine Sensation gefunden, die

Uber

mehrere

Jahre

die

Spalten vieler Gazetten bestimmte. Als nach neunmonatigem Prozeß das Gericht dem Kardinal Rohan bestätigte, man könne es ihm nicht verdenken, wenn er die Königin zu leichtsinnigen Handlungen geneigt wollte die Öffentlichkeit

erachtete,

nicht ohne weiteres akzep-

tieren, daß die Königin von der ganzen

Sache

nichts

gewußt habe und unschuldig sei, zumal die Fama durchgesickert war, daß Marie Antoinette ja auch dem schwedischen Gesandten, Graf Fersen, gelegentlich auf jener Terrasse

ein Rendezvous gewährte,

auf

der

Rohan

von

Betrügern "hereingelegt" worden war^", Schon gleich nach der Verhaftung des Kardinals am 15· August 1785 drangen die ersten Nachrichten Uber die "Affaire Collier" an den Rhein; und der öffentliche dazu

Prozeß, der

angetan,

das

ihm gemacht

Ansehen

von

wurde,

Thron

und

war

nicht

Kirche

zu

stärken, zumal die weitverzweigte Familie wie auch der Klerus

und

Straßburger

die

Feinde

Partei

der

"Autrichienne"

ergriffen,

der

-

wie

für

den

übrigens

Cagliostro auch - am 31· Mai 1786 Freispruch erhielt, während

das

Betrügerpaar

zu

lebenslänglicher

Haft

Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre

621

verurteilt, jedoch in den ersten Tagen der Revolution befreit wurde. Der König

seinerseits

war

dennoch

stark, den Kardinal am 2. Juni 1786 zum Verzicht

so auf

seine weltlichen Ämter zu zwingen und ihm zunächst den Aufenthalt in der Abtei Chaise-Dieu zu befehlen, die Rohan seit 1756 zur Kommende hatte^*. *

Die Befassung mit der Halsbandaffäre begann

in Mainz

in einer Sitzung des Erzbischöflichen Generalvikariats am 3· November 178SJ also einige Wochen nach der Inhaftierung des Kardinals. Der Geistliche Rat und Exje12 suit Johannes Jung präsentierte eine Vorstellung des Gesandten

am

Oberrheinischen

Kreis,

von

Eckard,

an

Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal, sowie ein Schreiben an den Weihbischof Valentin Heimes und weitere Papiere aus dem Umkreis Rohans - mit der Frage des Mainzer Erzbischofs, ob er sich "qua Metropolita mit einigem Rechtsgrunde (...) in diese zeitungsmäßige Affaire einmischen, die jurisdictionem

ecclesiasticam

gegen das Parlament zu Paris" sowie die Kompetenz "gegen den Römischen Stuhl

behaupten"

solle

und

könne.

Man gelangte zu dem einmütigen Beschluß, der Kurfürst möge durch "gutdünkliche, allenfalls Ministerial-Wege" sich verwenden, "daß in diesem Fall dem foro privilegiato cleri durch Einmischung einer weltlichen Behörde nicht zu nahe getreten" werde. Er solle sodann abwarten, ob der französische König den Vorstellungen

des

Papstes, des gallikanischen Klerus und der "Mitverwendung" des Mainzer Metropoliten ein "geneigtes Gehör" gewähre; ob er die Untersuchung der Rohan1 sehen Sache "von den weltlichen Gerichten abziehen, sofort der Discussion der geistlichen Richter Ubergeben werde" 1 3.

Mathy, Maimer Gutachten zur Halsbandaffire

622

Zur Metropolitan-Befugnis

des Mainzers

über

den Straßburger Suffragan lag am gleichen Tag, am 3· November, bereits eine rechtliche Einlassung des Kanonisten

an

Frank

, vor.



. 14

der

Alma

Mater

Moguntina,

In diesem Gutachten

Franz

Philipp

das dem Vikariat vor-

getragen wurde, bestritt Frank bereits, daß das Parlament in Paris ein kompetenter Richter sei, selbst wenn man den Kardinal nur als Groß-Almosengeber der Königin ansehen "und zugeben wollte, daß er ein Teil der französischen Klerisei wäre". Zwar war Frank mit den seines Erachtens der Meinung,

"geläuterten Theologen "daß die

Freiheit

von

und der

Kanonisten" bürgerlichen

Gerichtsbarkeit bei Zivil- und Kriminalverbrechen

der

Geistlichen ursprünglich der Achtung und billigen Verehrung der christlichen Fürsten gegen ihre geistlichen Vorsteher und nur in einem weitschichtigen göttlichen Anordnung

(wie die

Väter

Sinne der

zu Trient

spre-

chen) zuzuschreiben sei". Er führte auch aus, "daß man bei großen weltlichen Verbrechen in Betreff der Geistlichen von minderm Range in Frankreich auf ihre Immunität wenig Rücksicht

nehme". Es seien genügend

spiele

auch

bekannt,

daß

Priester

von

Bei-

weltlichen

Richtern zum Tod verurteilt wurden. Frank gelangt jedoch aus der historischen

Erörterung

zu dem

"Allein in Betreff der Bischöfe und anderer chen vom höhern Range wissen wir kein

Schluß: Geistli-

einziges

Bei-

spiel , daß einer derselben in Kriminalsachen, auch bei Beschuldigung der größten Verbrechen, und sogar laesae majestatis von einem Richter laischen Standes verurteilt worden sei ..." Offensichtlich hat die Halsbandaffaire "Pressenachrichten" über die offiziellen Stellen aus am Mittelrhein die

Gemüter

in

dieser

durch hin-

"vorpubli-

Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre

623

zistischen" Zeit nicht wenig erregt und ist in den Lesegesellschaften und anderswo'^ heftig diskutiert worden. Dem Mainzer Kurfürsten als Metropolit des Straßburger

Bischofs

und

als

Reichserzkanzler

konnte

es

wegen seiner Kompetenzen nicht gleichgültig sein, wie der Kardinal und Bischof Rohan in Rom und Paris behandelt wurde. Unter dem

18. März

1786,

als Rohan

bereits

einige Monate vor den Richtern des Parlaments wandte sich Friedrich Karl von Erthal 17 an

stand,

seinen 18 Rudolf von Colloredo in Wien , um

Reichsvizekanzler

diesem seine Meinung und Haltung zu dem

11

in der Unter-

suchung befangenen Vorgang der berüchtigten

Halsband-

Geschichte" und dem darin verstrickten Straßburger Bischof zu erläutern. Er

führte

aus:

"Ungeachtet

sich

noch immer erwarten läßt, daß derselbe sich wider allen Verdacht Vorgange doch

einer arglistigen Beteiligung an diesem

vollkommen

aus

einigen

rechtfertigen

mir

werde,

zugegangenen

so muß

Nachrichten

ich fast

schließen, daß man von Seiten des römischen Hofes die Erkenntnis

Uber

den

Gegenstand,

als fern

er

in die

geistliche Gerichtsbarkeit einschlägt, völlig an sich zu ziehen und wider den Herrn Kardinal-Bischofen nicht nur mit der Suspension oder Privation der

Kardinals-

WUrde, sondern auch mit jener des bischöflichen Amtes fürzugehen zur Absicht habe". Er könne in seiner Eigenschaft als Metropolit

des Beschuldigten

die Sache

nicht gleichgültig betrachten und auch nicht zugeben, daß der bei bischöflichen

Depositions- und

Suspensi-

onsfällen allein entscheidenden Metropolitan- und Provinzial-Gerichtsbarkeit,

entgegen

dem

Herkommen

der

"ersten Kirche" und entgegen dem, was bis jetzt noch im Königreich Frankreich beobachtet werde, zu seinem Nachteil zuwider gehandelt werde. Der

Reichsvizekanz-

624

Mathy, Maimer Gutachten zur Halsbandaffäre

ler wird beauftragt, dem Kaiser einen Hinweis auf diesen Sachverhalt zu geben und den kaiserlichen Minister zu Rom

anzuweisen,

die

dort

geplanten

Maßnahmen

zu

sondieren, zumal er, Erthal, als Metropolit entschlossen sei, "unter dem kaiserlichen allerhöchsten Schutze alle zur Aufrechthaltung meiner Zuständigkeiten inimer 1Q erforderlichen Maßregeln dagegen zu ergreifen..." '. *

Vorausgegangen war diesem diplomatischen

Schritt

des

Kurfürsten eine Sitzung des Mainzer Generalvikariats 20 am 6. März 1786 , in der abermals beschlossen wurde, der Kanonist an der Universität, Franz Philipp Frank, solle ein Gutachten über die rechtliche Relevanz dieses Vorgangs erstatten - und zwar besonders Uber zwei Punkte: erstens, "ob man von Seiten des Mainz(ischen) Metropolitanats

hiebei,

daß

sich

der

H(err)

von Straßburg einem weltlichen Gerichte gleichgültig Ihre

verbleiben

Heiligkeit

könne,

keineswegs

unterworffen,

besonders

zugeben

Bischof

jetzt,

wolle,

selbe, weil er Kardinal, vom Parlament in

wo

daß

der-

Paris

ge-

richtet werde, und wo man weiß, daß der H(err) Erzbischof zu Paris Uber den H(errn) Bischofen zu Straßburg das forum delicti nicht aufstelle und behaupte?" Zweitens sollte kirchenrechtlich geprüft werden,

"ob man

von Seiten des allhiesigen Metropolitanats dabei kein Bedenken finde, wenn Ihro Päpstliche Heiligkeit allenfalls

entweder

auf

oder

ohne

vorherige

Veranlassung

Ihro Majestät des Königs in Frankreich einsweilen einen Vicarium Generalem für die Straßburger Dioeces anstellen wolle?" Es erhob sich also von Mainzer Seite, wobei der Weihbischof Valentin Heimes 21 die treibende Kraft

Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre

625

22 war,

auch

gegenüber

Papst

Pius VI.

die

Frage,

ob

dieser ohne Zutun des Mainzer Metropoliten den Bischof von Straßburg "ab officio

(...) suspendiren

oder gar

(...) priviren" könne. In 23 seinem in einigen Wochen eilig abgefaßten Gutachten hat Frank die ihm zugeteilten Fragen präzisiert und erweitert:

"1. ob ein deutscher

Fürstbi-

schof von dem Papst könne ohne Zuziehung und Einwilligung des Kaisers und Reichs auch nur als Bischof abgesetzt werden? 2. ob nicht bei einer solchen Absetzung einem deutschen Metropoliten auch besondere Gerechtsame zukämen und worinnen dieselbe bestünden?" Ausgehend von der wechselseitigen Unabhängigkeit von Kirche und Staat, die selbst von "ultramontanisch Gesinnten" nicht verkannt werde, hat nach Meinung des Gutachters der Papst weder direkt noch indirekt ein Recht "auf das Weltliche und auf die Regalien unseres

Deutschen

Reichs".

sei in den Konstitutionen

Dieses

Reichsgrundgesetz

Friedrichs I., Ludwigs des

Bayern, in der Goldenen Bulle, in den Kurfürsten-Vereinen, in den Reichabschieden und zumal im WestfäliΠ Λ sehen

Friedensinstrument

ausdrücklich

Ebenso eindeutig verträten alle

enthalten

deutschen

.

Kanonisten

und Publizisten den Grundsatz, "daß der Papst in unserem

Deutschen

dieselbe

Reich

einen

keine

Einfluß

Neuerung,

und

sonderlich

Verbindung

mit

wenn

unserer

Reichsverfassung hat, einseitig und ohne Zuziehung und Einwilligung des Reichs vornehmen könne". Unter Zitierung von

Mosers

Deutschem

Staatsrecht

wird

aus

der

Mainzer Kirchengeschichte das Beispiel angeführt,

daß

Pius II. Kurfürst Diether von Isenburg 1461 nicht eher abgesetzt habe, "als bis derselbe von dem Kaiser die Einwilligung gehabt hat" - übrigens auch dieser Vorgang

eine

von mancherlei

juristischen

Gutachten

be-

Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre

626

gleitete

2ζ "chose celebre" . Die Einmischung des Rei-

ches im Fall des Straßburger Bischofs sei geboten, zumal Rohan vom Papst u.a. deswegen suspendiert

worden

sei, da er eine inkompetente Institution, nämlich das Parlament zu Paris, als weltlichen Richter gewählt habe. Sei dies auch der Grund seiner Absetzung als Bischof, dabei

so könne bleiben".

"Deutschland Denn

die

gar

nicht

gleichgültig

geistlichen

Reichsfürsten

stünden allemal "unter Kaiser und Reich", so daß der Satz, "als wenn Geistliche in bürgerlichen Sachen und Verbrechen nicht unter einem weltlichen Richter stehen können",

gegen

die

deutsche

Verfassung

und

Grundgesetze verstoße. Ja, es wird aus einem Reichshofrats-Conclusum

vom 21. Dezember

deren neueren

1781 zu er-

weisen versucht, es sei mit der Reichsverfassung vereinbar,

"daß

von

der

geistlichen

Obrigkeit

unoder

ihren Subdelegierten in solchen Fällen, wo eine Deposition oder Suspension auch nur in spiritualibus Platz greifen oder das Temporale sonst in andere Wege entweder principaliter oder auch nur accidenter mit betroffen werden möchte, ohne Beisein und Zutun des Kaisers gegen

einen

Reichsstand

fürgegangen

oder

in

Vollzug

gesetzt werden möchte" Die zweite Frage nach den Rechten des Metropoliten

bei

Absetzung

eines

deutschen

Bischofs

wird

von Frank unter Heranziehung der Konzilien in der Alten Kirche, aber auch der Pseudoisidorischen

Dekreta-

len und des Tridentinums behandelt. Dabei spielt

die

Erfindung einer "Schuldistinktion" eine Rolle, wonach man "die Händel der Bischöfe" in größere und kleinere differenzierte:

"die größeren nannte man jene, welche

eine

vom Bistum

Absetzung

verdienten,

die

kleineren

aber waren jene, welche eine mäßige Korrektion erforderten" . Die größeren seien den Päpsten zur Aburtei-

627

Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre

lung vorbehalten, die kleineren aber von den zial-Synoden schließt

und

den

Metropoliten

seine historischen

zu

Provin-

ahnden.

Belege mit der

Frank

Feststel-

lung: aus der Art, "wie die Absetzung der Bischöfe als eine

causa major

dem

Papst"

reserviert

worden

sei,

gehe hervor, daß die "erdichteten Dekretalen des Pseudoisidor"

- und dies selbst beim Tridentinum - Pate 27 28 ' gestanden hätten. Mit Barthel und Horix , den zeitgenössischen Kanonisten und Episkopalisten, werden die Fürsten-Konkordate des 15· Jahrhunderts berufen und moniert, daß in diesem Punkt das Tridentinum auf der falschen Tradition basiere und der Papst infolgedessen nicht - wie hier im Fall des Bischofs von Straßburg "allein zu untersuchen und zu entscheiden" habe. Bei der Ablesung des Frankschen Gutachtens 29 im Generalvikariat am 1 . Mai 1786 kamen allerdings noch

zwei weitere

Problem

Fragen

hinausreichten,

zur

Sprache,

ob bischöfliche

die Uber

das

Suspensionen

oder Privationen allein ein "reservatum papale" seien. Es handelte sich dabei darum, ob in der deutschen und französischen Kirche hierüber die gleichen

Grundsätze

und Meinungen herrschten und ob die Bischöfe zu Straßburg

"ad Clerum Gallicanum

Unter

Bezug

auf

die

oder Germaniae"

Declaratio

Cleri

gehörten.

Gallicani

von

1663 wird auf die

"Prorogationen 30 und Freiheiten der französischen Kirche" abgehoben , welche die päpstliche Jurisdiktionsbefugnis

außer

Anerkennung

setzten.

Frank hält es außerdem für eindeutig, daß der Bischof von

Straßburg

dem Clerus

gallicanus

angehöre.

Durch

den Frieden von Rijswijk zwischen Kaiser Leopold

I.,

dem Reich und König Ludwig XIV. von Frankreich im Jahre 1697 sei in Kapitel XVI die Stadt Straßburg und alle ihre Pertinenzien diesseits

des

Rheins

"cum

omni

jure, proprietate et dominio cum omnimoda jurisdictio-

628

Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre

ne et superioritate an letzteren von Kaiser und Reich abgetreten und der Krön Frankreich für allezeit incorpori(e)rt" worden. Am Ende des Kapitels XVII stehe jedoch

eine

die

"jurisdictio

Metropolitica

Moguntina"

wahrende Einschränkung und Ausnahme: "salva etiam sit jurisdictio 11 spectat" .

ecclesiastica

So dieser

wird

dem

rechtlichen

iis,

ad

Kurfürsten

quos

von

Erkenntnisse

antiquitas

Mainz

dringend

aufgrund

empfohlen,

"von hier aus ein sorgsames Auge darauf zu richten, ob zu Rom gegen den Herrn Bischofen von Rohan mit Suspension

oder

Privation

ab officio

Episcopi

vorgegangen

werden wolle". In einem solchen Fall sei weiter ratsam und

erforderlich,

"eine

eigene,

daß

der Kurfürst

wohlbegründete

in

dieser

Vorstellung

Päpstliche Heiligkeit" erließe und

Sache

an

Ihro

"Höchstihro

dies-

fallsige Gerechtsame" dahingehend geltend mache,

"daß

der H. Bischof zu Straßburg ohne Zutun seines Metropolitanus,

dieses

geschehe

nun

in

Synodo

oder mit alleiniger Zuziehung einiger

provincial!

Conprovincialen

oder auch einiger benachbarten oder französischen Bischöfen, nicht judiciret werden könne". Die rechtlichen

weiteren

Schritte

diplomatischen

des Mainzers

im

Kaiser-französicher König werden wie

und

kirchen-

Dreieck folgt

Papst-

umrissen:

"Wenn nun zu gleicher Zeit von dieser Vorstellung eine ehrerbietige Anzeige bei Ihro Majestäten, dem Kaiser und dem König in Frankreich, gemacht und

der

Kaiser

imploriret

aus

obigen

wird,

das

Jus

Metropolitanum

Gründen zu unterstützen, so ist gewiß von Ihro Majestät dem Kaiser zu erwarten, daß Allerhöchst dieses jus primarium metropolitanicum

Sie auch

geltend

zu ma-

chen nichts unterlassen werden, besonders weil in gegenwärtigem Falle mit diesem jure primaevo annoch die

629

Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre

besonderen Vorrechte der französischen Kirche consolidiret sind; und eben diese werden auch Seine Majestät den König von Frankreich determinieren, den Herrn Metropolitan des Bistums zu

Straßburg

bei

Ihro

Päpst-

lichen Heiligkeit auf alle Weise zu vertreten.

Frei-

lich wird es, wann dazu Zeit übrig sein solle, noch geratener

sein,

österreichischen der

die und

diesfallsigen des

Vorstellungsschritt

nisterial-Wege

zu

Gesinnungen

französischen in Rom

sondieren,

Hofes,

geschieht,

damit,

willfährige Antworten erfolgen, die

wann

des bevor

durch von

Mi-

daher

Vorstellungen

ad

Sanctissimum mit mehrerem Nachdrucke gefaßt und festgesetzt werden können".

Die

ganze

"juristische

Bewegung"

und

kanonistische

Gutachter-Tätigkeit in Mainz im Frühjahr 1786 war also wegen den

"dem

aus allen

Ankauf

Zeitungsblättern

eines Collier

Ihro Majestati

von Juwelen

der Königin

bekannten auf

betreffenden

den

und

Namen

aufsichtigem

Vorgang des deswegen in die Bastille zu Paris gefänglich eingebrachten Herrn Cardinais

und

Fürst-Bischo-

fens zu Straßburg, von Rohan" entstanden. Dabei

ging

es nach Frank nicht mehr nur um den Jurisdiktionskonflikt zwischen geistlicher und den

er bereits

des

Mainzer

weltlicher

Obrigkeit,

in seinem Gutachten vom 3· November 32 1785 angeschnitten hatte , sondern um das Verhältnis

dieser

Metropoliten

den Vorfall

an

zum

sich

Papst

gezogen

selbst, habe

nachdem

"und

sogar

auch mit Suspension oder Privation ab officio Episcopi wider

den

Herrn

Fürst-Bischofen

fürzuschreiten"

ge-

denke . Wie ernst der Kurfürst F.rthal die Angelegen-

630

Mathy, Maimer Gutachten zur Halsbandaffäre

heit nahm, geht auch daraus hervor, daß die

Auswir-

kungen der Halsband-Affäre wiederholt auf der ordnung der Generalvikariats-Sitzungen

Tages-

standen. So am

4. Mai 1786, wo Heimes "ex mandato Eminentissimi" konstatierte, der Kurfürst werde bei den Höfen

in

und Versailles

lassen",

um,

"nähere Kundschaft

einziehen

"sofern der römische Hof hierin gegen

Kardinal von Rohan qua Entscheidendes

Bischofen

verhängen

wollte,

Wien

den

Herrn

zu Straßburg

etwas

das

Erforderliche

darwider vorzukehren"^. Auch am 29. Mai 3 ^ und am 12. 35 Juni stand die Sache auf der Tagesordnung, ebenso am 21. und 24. Juli 3 6 . Am 10. Juli wurde von Vikariats wegen Stellung bezogen zu einem Schreiben des Reichsvizekanzlers Rudolf von Colloredo, und zwar besonders zu jenem Passus, in dem davon die Rede war,

der

Papst

Kaiser durch den Gesandten Kardinal Hrzan

habe

dem

versichern

lassen, "daß Uber die straßburgische bischöfliche Würde päpstlicherseits nichts verfügt worden, (er) auch ohne kaiserliches Vorwissen darüber nichts vorkehren" 37 werde . Dies wird von Mainzer Seite als "bedenklich und denen juribus metropoliticis nachteilig" erachtet, "weil Ihre Päpstliche Heiligkeit in dem irrigen Grundsatz zu stehen scheinen, daß Höchstdieselbe allein mit kaiserlichem Vorwissen, ohne Concurrenz des einschlagenden

Metropoliten,

.nieren könnten".

über

Zur

deutsche

Wahrung

der

Bischöfe

dispo-

Metropolitanrechte

wird als "kürzestes und leichtestes Mittel" dem Kui— fürsten

empfohlen,

eine

weitere

Erinnerung

an

den

Reichsvizekanzler zu Wien sowie ein Ministerial-Promemoria an den Kardinal-Staatssekretär

zu Rom zu rich-

ten. Die Bemerkung in der Sitzung vom

24.

Juli, daß

diese Schriftstücke "in darauf manibushin, C1ementissimi verblieben" seien o Ο, deutet daß der Kurfürst

Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre

631

sich selbst in diesem sensiblen Bereich des Verhältnisses zur Kurie einerseits

und

zum

Kaiser

anderer-

seits im unmittelbaren Umfeld des Emser Kongresses intensiv

engagierte.

Berichtete

doch

der

französische

Botschafter Baron O'Kelli aus Mainz über die dortigen Absichten in bezug auf die Gravamina Kurfürst-Erzbischöfe,

die auf eine

gigkeit der bischöflichen

der

Gewalt von der

hinausliefen und ein deutsches

rheinischen

stärkere

Unabhän-

päpstlichen

Nationalkonzil

propa-

gierten, expressis verbis, der Mainzer Erzbischof Erthal wolle die deutsche Kirche von Rom trennen und als der Leiter und Lenker nent" 19 erscheinen.

eines

"concil

national

perma-

*

Die

Konsequenzen

der

Halsbandaffäre,

soweit

sie

den

Straßburger Kardinal und Bischof Rohan betrafen, beschäftigten die Mainzer Behörden sowie vor allem

den

Kanonisten Frank zum letzten Mal im unmittelbaren Vorfeld des Sturmes auf die Bastille, aus der ja der Kardinal inzwischen längst wieder

entlassen

war.

Am

6.

Juli 1789 wurden dem Mainzer Professor durch den Vikariats-Sekretär Elberth zwei Schreiben der Geistlichkeit

Straßburger

an Kurfürst Erthal nebst vier

Beilagen

übergeben mit der Weisung, "baldtunlichst in pleno das Gutachten zu erstatten, ob es für Ihro

Kurfürstliche

Gnaden als Metropoliten wohl schicklich sei, ad litteras

supplicas

cleri

Alsatiensis

ein

Intercessions-

Schreiben an Seine Königliche Majestät in Frankreich zu erlassen", außerdem, "ob und wie dasselbe pro casu einigermaßen begründet werden könne"^®. Das Schreiben aus Straßburg vom 2. Dezember 1788, "im Namen des Cleri transrhenani et Alsatiae ab-

632

Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre

gefaßt", bat den Mainzer Kurfürsten, er möge sich beim französischen König verwenden, "damit doch einmal der Kardinal, ihr Fürstbischof, wieder in seine von der er schon 11 Jahr verbannt

sei,

Diözese,

zurückkehren

dürfte"^*. Die Verfasser verwiesen auf die großen Gebrechen,

"mit

welchen

wegen

der

langen

Abwesenheit

ihres Kirchenvorstehers die straßburgische Kirche, die Suffragankirche Seiner Kurfürstlichen Gnaden, gedrückt würden; indem Höchstdieselbe

diese

Höchstihrer

ober-

sten Sorgfalt überlassene Kirche väterlich liebten und Höchstdenselben

aus eigener

Erfahrung

genau

bekannt

sei, mit was für gottlosesten Unternehmungen man suchte

unsere

heilige Religion

zu

stören,

wo

derselben

Feinde nicht anders als durch eine sorgfältige und gegenwärtige Macht des ersten Hirten könnten gebändiget werden. Sie unterließen zwar

nichts und wänden

alle

Kräfte an, um alles unversehrt zu erhalten; allein da der ihrige Fürstbischof abwesend wäre, so gäbe man auf ihre Befehle und Räte entweder wenig oder acht. Dieserhalben mögten Seine

gar

Kurfürstliche

nicht Gnaden

der Religion, seiner Kirche und ihnen beistehen, ihre untertänigste Bitte wie auch ihr kindliches Vertrauen erhören und Höchstsich und Ihrer Wünsche bei dem König in Frankreich annehmen". Ein weiteres Schreiben ist aus (F fenburg den 27. November 1788 datiert und "im Namen des Cleri cysrhenani tam saecularis quam regularis, so zur Straßburgischen Diöces gehört, abgefaßt".

Seine

Verfasser

erklären dem Mainzer Kurfürsten, "sie hätten sich sowohl durch Privat- als öffentliches Gebet zu Gott gewendet, um ihren Bischofen wieder zu erhalten; und da Seine Päpstliche Heiligkeit motu proprio

wiederholter

an den König in Frankreich geschrieben hätte, damit er den Kardinal in sein

Bistum

wieder

einsetzen

mögte,

Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffdre

auch die ganze Straßburger Geistlichkeit

633

sich sowohl

an den König und seine Minister wie auch an den Clerum Gallicanum dieserhalben gewendet hätten, (...) so hätten sie gehofft, daß hierdurch ihr Schmerz und und das gerechteste Verlangen sein Ende erhalten würde; allein alles wäre ohne Wirkung geblieben.

(...) Hierauf su-

chen sie zu zeigen, daß die Verweisung ihres Bischofs auf eine nicht rechtmäßige Art verzögert werde, da die vom

König

Schuld

ernannten

frei

Richter

gesprochen

den

hätten,

Kardinal wie

von

dieses

aller

aus

dem

Arret vom 31ten Mai 1786 zu ersehen wäre. Alsdenn suchen sie den Einwurf zu zernichten, den einige machten, als ob der Kardinal nicht wegen der

Halsbandge-

schichte, sondern wegen einer gegen die Königin begangenen

Intrige

Elsässische

verbannt

Clerus

sei.

furchtlos

Ohneracht

zeithero

gearbeitet

hätte,

der so

hielten sie doch dafür, eine neue und sichere Hoffnung zu finden, wenn sie in ihrer so betrübten Lage ihre Zuflucht

zu dem väterlichen Schoß Seiner

Kurfürstli-

chen Gnaden, den sie auch nennen potentissimum et benignissimum Ecclesiae et Cleri Argentinensis

Patronum

et Superiorum, nähmen und seinen Schutz sich ausbäten. Höchstihro

Kurfürstlichen

Gnaden,

welche

für

Höchstihro Macht untergebenen Kirchen äußerst

die

besorgt

wären, mögten sich also würdigen, das ihrige gerechteste Verlangen mit seiner Macht zu unterstützen und sowohl

ihren

welche

die

Seine

als

auch

Untertanen

Kurfürstliche

jenen des

untertänigsten

Fürstbischofen

Gnaden

als

auch

an

Bitten,

sowohl

an

sämtliche

Reichsstände hätten gelangen lassen, ein geneigtes Gehör

erteilen,

damit

doch

endlich

einmal

durch

mächtige Dazwischenkunft Seiner Kurfürstlichen

die

Gnaden

und der Reichsstände ihr Bischof und Fürst in seinem Sitz mögte restituiert und die aus dessen Abwesenheit

634

Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre

entstehenden sowohl geistlichen als weltlichen die sie mit den Untertanen unschuldiger Weis

Übeln, litten,

A *7

abgeholfen werden" Ohne auf die in den verschiedenen

Beilagen

erhobenen Angaben über die Probleme der Pastoral, der Auseinandersetzung mit den anderen Konfessionen den

"nationalen"

Fragen im Bistum Straßburg

sowie

einzuge-

hen, die einen gewichtigen Beitrag zur Lage

des

el-

sässischen Katholizismus A 1 am Vorabend der Französischen Revolution darstellen , seien lediglich aus dem Votum Franks für den Kurfürsten die entscheidenden Passagen zitiert: "Ein jeder Metropolit

hat die Befugnis,

das

Recht und zugleich auch die schwere Pflicht, nicht nur auf seine, sondern auf eine jede Diöces

seines

Erz-

bistums eine besondere Sorgfalt und die Oberaufsicht dahin zu tragen, damit, so viel er kann, das Gute in demselben befördert und alles Übel verhindert

werden

mögte. (...) Da nun die Lage, worinnen durch die Abwesenheit des Fürstbischofens die Straßburgische Suffragankirche nach den von der Geistlichkeit derselben gemachten verschiedenen Vorstellungen, an deren Wahrheit vernünftiger Weise nicht zu zweifeln ist, sich befindet, wahrhaft betrübt und bedenklich ist und schon so viele Übel in derselben dieserhalben entstanden, noch auch mehrere und größere für die Zukunft zu befürchten sind, so haltet Referent dafür, daß hier der Fall sei, wo das Recht und die Pflicht des Metropoliten

kraft

seiner ihm noch auf den heutigen Tag anklebenden Oberaufsicht

und

obersten

Sorgfalt

für

seine

Suffra-

gan-Kirche in voller Maßen eintrete, sich nach allen Kräften dahin zu verwenden, damit dem Übel abgeholfen, der für die Religion und für die Straßburgische Diöces entstandene geistliche Nachteil beseitigt, dem Zukünftigen vorgebogen und alle Mittel, dieses zu erreichen,

635

Mathy, Mainzer Gutachten zur Hatsbandaffäre

angewendet werden mögten, worunter nun eines der vorzüglichsten ist, wenn der Cardinal von Rohan wieder in seiner Diöces gegenwärtig sein könnte, wo ohnehin auch noch nach der Lehre der Franzosen die Residenz der Bischöfe

göttlichen

Rechtes

ist".

Als

praktischen

Schritt schlägt Frank vor, das Vikariat solle den Kurfürsten bewegen, sich gemäß der Bitte der Straßburger Geistlichkeit durch ein Intercessions-Schreiben an den französischen König zu wenden. Diese Demarche mittelbaren Vorfeld allerdings

nicht

der Französischen

mehr

erfolgt.

Denn

im un-

Revolution unterm

1789 wurde die Franksche Ausarbeitung, mit



ist Juli

folgendem

kurfürstlichem Inskript versehen, von Heimes an ihren Verfasser

zurückgeschickt:

"Remittatur,

und

ist

be-

kanntlich der H. Cardinal kurz nach erstattetem diesem Gutachten nicht mehr behindert worden, in seine Diöces 44 zurückzukehren" . Rohan wurde dann in der Tat in seinem Bistum Straßburg vom gläubigen Volk triumphal empfangen. Im Umfeld der Revolution wählte ihn die Geistlichkeit als Vertreter der Provinz Hagenau-Weißenburg zu den Generalständen nach Paris, wo er als Gegner des Umsturzes aber nur einmal, am 12. September 1789> erschien^. Am 13· Juni I79O floh der Antirevolutionär in den rechtsrheinischen Teil seiner Diözese nach Ettenheim in Baden, von wo aus er seine Gläubigen zur Treue gegen die Kirche, zur Verwerfung der Zivilkonstitution des Klerus sowie der Nichtanerkennung

schismatischer

Geist-

licher anhielt. Nachdem er in den letzten zehn Jahren der früheren Leichtlebigkeit abgeschworen hatte, entsagte er auf Wunsch

Pius1

VI.

im

Jahre

1801

seinem

Bistum und starb am 16. Februar 1803, also neun Tage, bevor

der

Reichsdeputationshauptschluß

alten Reichskirche besiegelte.

das

Ende

der

636

Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre

1 Die folgenden Ausführungen stützen sich im wesentlichen auf einen bisher der Forschung unbekannt gebliebenen Aktenfaszikel im Bischöflichen Dom- und Diözesanarchiv Mainz (im folgenden abgekürzt: DDAM) Κ 53/6a unter dem Betreff: "Prot(ocolla) et Acta, die Inhaftirung des Cardinais und Bischoffen zu Straßburg, v. Rohan, und dessen Ansinnen bey Em(inentissi)mo, sich als Metropolit seiner anzunehmen: de anno 1785 et seq(uentes). Item die von Rom aus geschehene Suspension des Cardinal(s) von Rohan und desfallsiges Vicariats-Gutachten de anno 1786". Ergänzend konnten die im selben Archiv lagernden Generalvikariats-Protokolle von 1785 bis 1789 (abgekürzt: GVP) herangezogen werden. - Für die Unterstützung meiner Recherchen bin ich Frau Dr. Sigrid Duchhardt-Bösken zu Dank verbunden. 2 Vgl. vor allem F. Funck-Brentano, L'affaire du collier de la reine. 11. Aufl. Paris 1926. Deutsche Übersetzung 1902. 3 Genauer Titel:"Der Groß-Cophta. Ein Lustspiel in fünf Akten". Erschienen 1792 unter dem Eindruck des Halsband-Prozesses. Vgl. Kindlers Literatur Lexikon Bd. III (1962) S.4146. L. Blumenthal, Goethes "Groß-Cophta". In: Weimarer Beiträge 7 (1961) S. 126. - Stefan Zweig hat in seinem sehr lesenswerten und aus vielen authentischen Quellen geschöpften Werk "Marie Antoinette. Bildnis eines mittleren Charakters" (1932, erw. Neuausgabe 1938, Fischer Taschenbuch-Ausgabe 1980) wie folgt zu der Halsbandaffäre und Goethes Beurteilung Stellung genommen: "Was ist in Wirklichkeit geschehen? Das glaubhaft darzustellen fällt nicht leicht, denn so, wie sich die Halsbandaffäre tatsächlich ereignet hat, ist sie die unwahrscheinlichste aller Unwahrscheinlichkeiten, wie man sie in einem Roman nicht glauben würde. Hat die Wirklichkeit aber einmal einen sublimen Einfall und. zugleich einen dichterischen Tag, dann übertrifft sie an Phantasie, an Verwicklungskunst den erfindungsreichsten Poeten. Dann tun aber auch alle Dichter besser, die Hand von ihrem Spiel zu lassen und nicht ihre geniale Kombinationskunst noch Uberkombinieren zu wollen: selbst Goethe, der im 'Großkophtai versucht, die Halsbandgeschichte zu dramatisieren, verhärtet zu einem ledernen Spaß, was in Wirklichkeit eine der frechsten, flirrendsten und erregendsten Farcen der Geschichte gewesen ist. In allen Komödien Molieres zusammengenommen, findet man nicht ein so farbig und logisch-lustig verflochtenes Bukett von Gaunern, Schwindlern und Beschwindelten, von Narren

Mathy, Maimer Gutachten zur Halsbandaffäre

4 5

6 7 8 9

10

11 12

13 14

637

und köstlich Genarrten wie in diesem munteren 011apodrida, in dem eine diebische Elster, ein mit allen Salben der Scharlatanerie geschmierter Fuchs und ein plump gutgläubiger Bär die tollste Affenkomödie der Weltgeschichte zusammenbrauen" (S.156f. ). Erich Trunz (Hrsg.), Goethes Werke. Hamburger Ausgabe. 7-Aufl. Bd.10 (1981) S.356f. Vgl. auch die präzisen Ausführungen bei Eberhard Weis, Der Durchbruch des Bürgertums 1776— 1847· Frankfurt/Berlin/Wien 1978, S.104f. Weis räumt der Halsbandaffäre einen großen Stellenwert im Vorfeld der französischen Revolution ein. Zur Genealogie Rohan siehe G. Allemang in: LThK 8 (1936) Sp.941. LThK 2.Aufl. Bd.8 (1963) Sp.1362. L. Ehrhard, L'ambassade de Rohan ä Vienne. 2 Bde., Straßburg 1901/07. Die immer noch beste Darstellung bieten J. MunierJoulain, Le Cardinal Collier et Marie Antoinette. Paris 1927, sowie J.D. Chamier, The Dubious Tale of the Diamond Necklace. London 1939· An weit verbreiteten populären Darstellungen, die zwischen Dichtung und historischer Wahrheit schwanken, sei noch hingewiesen auf Ludwig Brünier, Marie Antoinette. Königin von Frankreich und Navarra. Ein fürstliches Charakterbild. T.II, Wien und Leipzig 1905. Hans Axel Graf von Fersen (1755-1810) hat als inoffizieller Vertreter des schwedischen Königs Gustav III. in Paris die in Varennes 1791 entdeckte Flucht der königlichen Familie vorbereitet. Vgl. LThK Bd.8 (1936) Sp.941. Zu Jung vgl. Anton Ph. Brück, Die Mainzer theologische Fakultät im 18. Jahrhundert. Wiesbaden 1955» passim: Κ. Suso Frank, Johannes Jung und die Vertretung der Kirchengeschichte an der alten Universität Mainz. In: Beiträge zur Mainzer Kirchengeschichte in der Neuzeit. Festschrift für Anton Philipp Brück zum 60. Geburtstag. Mainz 1973, s.253-277. Protocollum Archi-Episcopalis Generalis Vicariatus Moguntini dato 3. Novembris 1785: DDAM Κ 53/6a. Über ihn vgl. Helmut Mathy, Ein Gutachten von Franz Philipp Frank zur Reform des kanonistischen Studiums in Mainz (1783)· In: Beiträge zur Mainzer Kirchengeschichte in der Neuzeit. Festschrift für Anton Philipp Brück zum 60. Geburtstag. Mainz 1973, S.342-350. Zu seinem Bruder, der weltliches Recht vortrug, Helmut Mathy, Peter Anton Franks Gutachten

638

15

16

17

18 19 20 21

22

23

Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre

von 1782 zur Reform von Universität und juristischer Fakultät in Mainz.' In: Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde NF 37 (1979) S.379446. "Behauptung der Mainzischen Metroplitan-Gerechtsame in Rücksicht des zu Paris festgesetzten Fürstbischofs zu Straßburg und Kardinals Rohan betreffend. Praes. in Vicariatu 3. Novembris 1785": DDAM Κ 53/6a. Es handelt sich dabei um einen Entwurf mit vielen Streichungen und Literatur-Auszügen. Vgl. neben den vielfältigen Notizen bei Joseph Hansen, Quellen zur Geschichte des Rheinlandes im Zeitalter der Französischen Revolution I78O-I8OI. Bd.l, Bonn 1931» neuerdings vor allem Marlies Prüsener, Lesegesellschaften im 18. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Lesegeschichte. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens XIII (1973) Sp.369-594· Demnächst auch Stefen Grus, Die frühen Mainzer Lesegesellschaften. In: Mainzer Zeitschrift 8l (1986). Eine Biographie des Kurfürsten Erthal fehlt noch immer. Vgl. aber zu seinem geistigen Umkreis - neben den schulischen und hochschu]politischen Ansätzen bei Helmut Mathy, Die Universität Mainz (1977) - vor allem die neuere Arbeit von Marita Haller-Dirr, Johannes von Müller und das Reich. Studien zur Kurmainzer Fürstenbundspolitik. In: Mainzer Zeitschrift 77/78 (1982/83) S.l-86, und 79/80 (1984/85) S.87-154- Viele neue Hinweise zur Forschungssituation und weitere Desiderata enthält das von Hermann Weber, dem Jubilar, herausgegebene Sammelwerk: Aufklärung in Mainz. Wiesbaden 1984· Über den Reichsvizekanzler Colloredo s. Hansen (Anm.l6) Bd.l und 2, passim. Kurfürst von Mainz an Reichsvizekanzler in Wien: DDAM Κ 53/6a. DDAM GVP § 532 S.260-262. Adolf Bach, Der Mainzer Weihbischof Valentin Heimes und die "Weinpredigt" in Goethes "St. Rochusfest zu Bingen". In: Rheinische Vierteljahrsblätter 27 (1962) S.97-116. 0jvind Andreasen und Helmut Mathy (Hrsg.), Frederik Münters Reise nach Mainz (1791)· In: Mainzer Zeitschrift 62 (1967) S.56-8O, hier S.70. Zu diesem Papst bietet immer noch die beste und ausführlichste Darstellung Ludwig v. Pastor, Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters. Bd.XVl/3, Freiburg 1933· Mit der Ablesung des Gutachtens begann Frank am 24·

Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre

25 26 27

28

29 30

31

32 33 34 35 36 37

639

April 1786. DDAM GVP § 948 S.432. Zur Verfassung der Reichskirche vgl. Hermann Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte. Bd.II, Karlsruhe 1966, S.174-193· Außerdem Roger Aubert, Die katholische Kirche und die Revolution. In: Handbuch der Kirchengeschichte. Hrsg. Hubert Jedin. Bd.Vl/l (1971). Neudruck 1985, S.3-99. Adalbert Erler, Mittelalterliche Rechtsgutachten zur Mainzer Stiftsfehde 1459-1463. Wiesbaden 1964. Die ausführliche Berichterstattung Franks ist niedergelegt in DDAM GVP § 1023 S.476-490 (l.Mai 1786). Heribert Raab, Johann Kaspar Bartheis Stellung in der Diskussion um die Concordata Nationis Germanicae. In: Herbipolis jubilans, WU? zburg 1953> S.5996l6. Ders,, Die Concordata Nationis Germanicae in der kanonistischen Diskussion des 17. bis 19· Jahrhunderts. Wiesbaden 1956. Zu Johann Baptist Horix (1730-1792), einen ausgesprochenen Vertreter des reichskirchlichen Episkopalismus, vgl. neben den Arbeiten von Heribert Raab auch Leo Just/Helmut Mathy, Die Universität Mainz. Grundzüge ihrer Geschichte (1966) S.83-117. Vgl. oben Anm.26. Zur gallikanischen Kirche vgl. Handbuch der Kirchengeschichte, Hrsg. Hubert Jedin. Bd V (1970), Neudruck 1985, S.64-8O und die S.64f. angegebene Literatur. Zum Rijswijker Frieden allgemein vgl. A. Rodenburg, De vrede van Rijswijk. Rijswijk 1947, sowie Heinz Duchhardt, Gleichgewicht der Kräfte, Convenance, Europäisches Konzert. Darmstadt 1976. Siehe oben Anm.15· DDAM GVP § 1051. DDAM GVP § 1251. DDAM GVP § 1401. DDAM GVP § I69O und § 1727Das Schreiben Colloredos an den Mainzer Erzbischof ist am 1. Juni 1786 in Wien datiert. Der Reichsvizekanzler versichert darin: "Es ist nämlich nach dem im August vorigen Jahres über den Herrn Kardinal Rohan, Fürstbischof zu Straßburg, in Paris ausgebrochenen Verhängnis in dem Seiner Majestät von mir über die das Deutsche Reich in geist- und weltlichen Sachen mitbetreffenden verschiedenen Verhältnissen erstatteten, von Allerhöchstihro begnehmigten Vortrag auch jene Eigenschaft und Verbindung, worin gedachter Bischof als Suffraganeus gegen Euer Gnaden als Metropolitan stehen, aus-

640

38 39

40

41

Mathy, Mainzer Gutachten zur Halsbandaffäre

drücklich wohl bemerket worden, auch schon damals von hier dem Kaiserlichem Minister und Protector Nationis Germanicae in Rom, H. Kardinal Hrzan, deshalb der Unterricht zu dem Ende mitgeteilet worden, damit er daselbst davon gemessenen guten Gebrauch mache; wie sodann die im Dezember vorigen Jahrs bei dem königlichen französischen Parlament zu Paris wider gedachten H. Kardinal mit der erkannten Prise de corps weiter vorgefahren und dadurch derselbe zur Ausübung aller geist- und weltlichen Amtsverrichtungen bis zur ausgemachten Sache unfähig worden, so glaubte der Päpstliche Stuhl berechtiget und gemüßiget zu sein, im Consistorio den 13· Februar anni currentis gedachten Kardinal von der Kardinalswürde zu suspendieren, wobei Seine Päpstliche Heiligkeit gegen Kaiserliche Majestät durch den Kardinal Hrzan versichern ließen, daß Uber die Straßburgische bischöfliche Würde päpstlicher Seits nichts verfüget worden, auch ohne Kaiserliches Vorwissen darüber nichts vorkehren würden...": DDAM Κ 53/6a. Vgl. Anm.36. Vgl. Frangois Georges Dreyfus, Societes et mentalites a Mayence au XVIIIe siecle. Paris 1968, S.435· - Zum Emser Kongreß vgl. von der älteren Literatur den Aufsatz von H. Schotte, Zur Geschichte des Emser Kongresses. In: Historisches Jahrbuch 35 (1914) S.86-109, 319-348, 781-820. Neuere Hinweise bei Heribert Raab, Briefe von Karl Joseph Wreden an Stephan Alexander Würdtwein 1785-87· In: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 153/54 ( 1953) S. 170-200. Vgl. auch Adam Wandruszka, Ems und Pistoia. In: Spiegel der Geschichte (Festgabe für Max Braubach). Münster 1964, S.627-634. Schon unterm 29. Dezember 1788 (DDAM GVP § 4118, S.1951f·) standen die Eingaben aus Straßburg im Generalvikariat zur Debatte und wurden von Frank behandelt. Das Conclusum lautete: "Cum voto und wäre in den Antworten ad Clerum Alsaticum, sofern Ihro Kurfürstlichen Gnaden für gut finden, einige zu erteilen, zu bemerken, wie Ihro Kurfürstlichen Gnaden es als Metropolit in dringenden Fällen, welche das Wohl der ganzen Dioeces oder das Heil einzelner Dioecesanen beträfen, und der Recurs an den Herrn Cardinal nicht wohl möglich wäre, immer bereit wären, provisorie einzuschreiten, und was hierin ex parte ordinarii desideriret würde, zu suppliren". Das Gutachten Franks mit der Paraphrasierung der Straßburger Briefe DDAM Κ 53/6a.

Mathy, Maimer Gutachten zur Halsbandaffäre

641

42 Ebd. 43 Ich beabsichtige, diese Bittschrift zusammen mit anderen einschlägigen Quellen gesondert herauszugeben. 44 DDAM GVP § 2289 S.868. 45 LThK (wie Anm.6).

Franz Dumont

Ein Mainzer Jakobiner. Das Leben des Arztes Peter Joseph Daniels (1765-1819)

Immer wieder bestimmen politische Konjunkturen und Ergebnisse der Geschichtsschreibung

Themen

- auf inter-

nationaler wie auf lokaler Ebene. Ein Beispiel ist die "Mainzer Republik" von 1792/93, der Versuch, die Französische

Revolution

in

ihrer

zweiten

Phase

nach

Deutschland zu verpflanzen. Lange Zeit verdrängt, ja verfemt, wird sie heute oft enthusiastisch Gegen

ihre

Überschätzung

und

gefeiert.

tagespolitische

Ak-

tualisierung wandte sich auch Hermann Weber, der in der Mainzer Republik zudem Abbrechen

der

die Hauptursache

vielversprechenden

Mainzer

für

das

Aufklärung

s i e h t S k e p s i s ist auch gegenüber allen Tendenzen angebracht, einzelne Jakobiner

- voran Georg Forster -

zu heroisieren. Wichtiger wäre es, sich mehr als bisher den vielen unbekannten, "kleinen" Jakobinern zuzuwenden,

deren

Herkunft

und

Verhalten

oft

sind und mehr Aufschluß Uber die soziale

typischer Basis,

das

geistige Umfeld und den historischen Stellenwert dieser frühen demokratischen Bewegung in Deutschland geben. Deshalb befassen wir uns hier mit der Biographie des Peter Joseph Daniels, dessen Schicksal - bei aller Einmaligkeit - für das vieler Mainzer Jakobiner stehen 2

kann . Zudem

gehört

der

Arzt

Daniels

einer

Berufs-

gruppe an, deren Engagement für die Revolution bislang nur wenig erforscht ist. Peter 1765 in Köln

Joseph als Sohn

Daniels wurde des

Wilhelm Daniels und seiner

am

29.

Schneidermeisters Frau

Anna

Dezember Johann

Katharina

Til-

Dumont, Ein Mainzer Jakobiner

644

•ι geboren . Eine

manns

bloß vom

Zunftdenken

bestimmte

Handwerkerfamilie war das nicht, denn schon damals besuchte der 11 Jahre ältere, später als Jurist kannte Gottfried Wilhelm Daniels^

das

so be-

stadtkölnische

Gymnasium Montanum. Peter Joseph folgte dem Bruder etwa 1775 auf das Montanum, das zugleich Vorschule Universität

war;

so konnte

er

sich

am



1781, mit knapp 15 Jahren, auf der Kölner immatrikulieren^.

Nach

phisch-philologischen

Absolvierung

Februar

Hochschule

des

Propädeutikums

zur

philoso-

begann

Peter

Joseph Daniels im Sommer 1783 mit seinem Fachstudium, der Medizin, wechselte aber mester

nach

Friedrich alten

1776

Kölner

kurrenz

Bonn

Uber^.

eine

Dort

Daniels

Studenten, die von der

im nächsten

hatte

"Akademie"

Universität

machte.

bereits

gegründet,

inzwischen war

nur

Reichs-

Kurfürst

einer

in

die

bedrohlich die

von

SeMax der Kon-

vielen

Residenzstadt

zogen. Er folgte damit dem Mediziner Gynetti, der sich von der kurkölnischen

Hochschule

regelrecht

abwerben

ließ; hinzu kam, daß Daniels' Bruder gerade im Sommer 1783 einen Lehrstuhl an der

"Maxischen Akademie"

er-

halten hatte. Mit eben 18 Jahren geriet Daniels so in ein ganz ungewohntes geistiges Klima: Aus dem großen, politisch und kulturell aber stagnierenden Köln in das viel

kleinere

Bonn,

das

jedoch

durch

die

(manchmal

schon radikalen) aufklärerischen Impulse bestimmt war, die von Hof und Hochschule ausgingen. Das spürte man auch in der Medizin, deren führender Kopf, der Anatom Joseph und

Claude

eine

dem

Rougemont, "gesunden

möglichst

exakte

Menschenverstand"

Diagnosen entspre-

chende, noch dazu populäre Diätetik propagierte. Dermaßen

vorgeprägt,

vollzog

der

Mediziner

Daniels im Grunde nur einen Ortswechsel, als er sich 1784

in Mainz

immatrikulierte,

denn

auch

hier

ver-

Dumont, Ein Mainzer Jakobiner

suchte man eine Synthese klärung. Kaum in Mainz, kuläre

"Restauration"

größten

Nutzen

von

von

Katholizismus

erlebte

Daniels

645

und

die

Auf-

spekta-

7

der Universität mit . Wohl den

dieser

Hochschulreform

hatte

die

Medizinische Fakultät, die in den Jahren nach 1784 immer

besonderes

Lob

erfuhr.

Vor

allem

schickten Berufungspolitik, mit der

wegen

der

ge-

Anselm Franz von

Bentzel - der Initiator der "Restauration" - junge Kapazitäten

nach

Neuroanatomen

Mainz

bereits g

zog,

allen

bestens

voran

den

ausgewiesenen

als

Samuel

Thomas Soemmerring . Vermittelt wurde diese Berufung von Johann Peter Weidmann, seinerseits Anatom, zugleich aber Chirurg und Geburtshelfer, seit 1782 Proo fessor in Mainz . Als Schiller des berühmten Karl Kaspar Siebold hatte sich Weidmann

rasch

das

Vertrauen

Erthals und Bentzels erwerben können. Ihm gelang es, die

auch

in

Mainz

bisher

Chirurgie als Studienfach

handwerklich

zu etablieren

betriebene und

mit

der

Errichtung des "Accouchements" einer an modernen Praktiken

und

sozialem

Engagement

orientierten

Geburts-

hilfe zum Durchbruch zu verhelfen. Fast ideale Studienbedingungen also für Peter Joseph Daniels, der sich im Winter 1784/85 als "Hörer der Entbindungskunst" bei Weidmann

einschrieb^®.

Bei

ihm lernte er die Methode der künstlich eingeleiteten Frühgeburt und in der Chirurgie das Bemühen schonendere, lung

der

systematische,

Patienten.

auch

Anatomie

um

effektivere hörte

eine

Behand-

Daniels

bei

Soemmerring, der seine Studenten auf exaktes Beobachten, auf Empirie und Akribie einübte, der außerdem auf gute Abbildungen des menschlichen Körpers größten Wert legte. W> hl deshalb finden medicinae lichen

Daniels"

1786

Zeichnungsschule",

wir

auch

als Mitglied die

der

den der

"Candidatus "Kurfürst-

Universität

ange-

Dumont, Ein Mainzer Jakobiner

646

gliedert war. Nach gut zwei Jahren in Mainz immatrikulierte sich Daniels am 7· November

1786 auf der Universität

Göttingen**. Damit setzte er den Weg, den er mit seinem

Wechsel

von

Köln

nach

konsequent

Bonn

bzw.

Mainz

fort,

denn

die

schlagen

hatte,

Augusta"

galt auch den Hochschulreformen

einge"Georgia

im katholi-

schen Deutschland als Vorbild. Zwar war die Medizin an dieser "Musteruniversität" keineswegs mehr so mustergültig wie etwa zu Soemmerrings Studienzeit, doch besaßen

Chirurgie

Richter

einen

Richters

und

Geburtshilfe

in August

international

anerkannten

"Accouchir-Hospital"

bot Daniels

zeichnetes Betätigungsfeld, und die

Gottlieb

Vertreter. ein

ausge-

aufgeklärte

Göt-

tinger Atmosphäre gab ihm mannigfache geistige Anregungen . Doch der junge Mediziner

strebte weiter: Im

Frühsommer 1788 ging er nach Paris, vermutlich auf Anregung

Weidmanns,

Kontakte

zur

der

seit

französischen

einer

Studienreise gute 12 Hauptstadt hatte . Hier

lernte Daniels die neuesten Operationsmethoden

kennen

- und die großen Gestalten der französischen

Chirur-

gie, Desault und Baudelocque. Mehr noch: Paris wurde ja gerade

damals

das Zentrum

tiefgreifender

scher Umwälzungen. Welch ein Weg Köln,

Uber

Göttingen,

die

aufgeklärten

schließlich

aus

dem

Residenzen

ins brodelnde

ins

Paris

politi-

erstarrten gelehrte der

Vor-

revolution! Daniels wurde Zeuge von Ereignissen, die Weltgeschichte machten. Fünfzehn Monate, bis kurz nach dem Bastillesturm, blieb er in Paris. Im Frühherbst

1789 verließ

er die französische Hauptstadt und kehrte nach Mainz zurück. Auch hier diskutierte man - besonders in den gelehrten Zirkeln - die Revolution sehr eifrig, obwohl

Dumont, Ein Mainzer Jakobiner

647

sie im Grunde weit weg war. Daniels kümmerte sich aber nur um seinen Beruf, und das mit Nachdruck. sein wiederholtes Begehren"

legte

er

am

Besonders gut schnitt er dabei den

theoretischen

Theilen

jedoch

besser

"auf

November 13 Prüfungen ab

1789 die erste der drei medizinischen man legte ihm nahe, bis zur zweiten

Denn

21.

nicht

ab,

Prüfung

denn

"sich

in

z.u befähigen" . Da-

niels war eben mehr Praktiker, gab sich aber Mühe und konnte

im März

Laurea"

möglichst aber

schnell

die

niels

1790

in Medizin

die

"secunda",

erwerben.

An

promoviert

Fakultät,

denn

sie

dann

die

"tertia

seiner

Absicht,

nun

zu werden,

hinderte

ihn

daß

Da-

"an einem wirklichen Körper" demonstrierte.

bestand

darauf,

Das

geschah dann am 29· Mai 1790, und Peter Joseph Daniels wurde zum "Doctor medicinae et chirurgiae" promoviert. Allerdings Bonn

gewidmete

Beobachtungen, Jakob

enthielt

sondern

Fidelis

Daniels'

Dissertation^

Entdeckungen

Ackermann,

des

ringSchülers' . Daher lassen verfaßten

Kapitel

Beschreibung,

der

in

wohl auch

der

dem

kaum

Freundes

fähigsten

Soemmer-

die

14 von

daß

ein

entfaltet Teil

eigentlichen des

Beweisführung

doch

an galt

Fachzeitschrift Probeschrift"

seiner das

These Den

Dissertation

auch

und

das

erkennen.

"meisterhaft dem

großen

Autor

den

Anteil

verschwieg

eine

der

Ackermanns,

Hirnnervenpaares

bilde.

Lob,

dieser zollte,

die

fünften

Geschmacksnerv

Freundes

nicht,

des

Daniels

Daniels

anatomischer

klaren Darstellung den Einfluß Soemmerrings Ausführlich

in

seines

Akribie

empirischen

Bruder

eigenständige

er

renommierte abgefaßten Peter

Joseph

Daniels**'. Warum er seit Monaten so eifrig gewesen

war,

zeigte sich am Tag nach der Promotion: Am 30. Mai heiratete

Daniels

die

zwanzigjährige

Maria

Eva

Zittier,

Dumont, Ein Mainzer Jakobiner

648

die bereits ein Kind von ihm erwartete 17 . Daniels'Frau war

die

der,

Tochter

um

1770

lerweile

das

des

Messerschmieds

aus Mähren Amt

nach

eines

Mainz

Joseph

Zittier,

gekommen,

"Chirurgischen

mitt-

Instrumen-

tenmachers" an der Universität innehatte. Dies machte ihn in der Fachwelt bekannt und verschaffte

ihm

zu-

sätzliche sehen

Einkünfte, vor allem seitens der Medizini18 Fakultät, zu deren Personal er gehörte . So

dürfte Zittier die Heirat seiner Tochter mit dem soeben arrivierten Mediziner willkommen gewesen sein. Das junge

Paar

zog

ins

Haus

der

Schwiegereltern

Ecke

Bauerngasse / Hintere Flachsmarktstraße; dort wurde am 10. November 1790 die Tochter Elisabeth Auguste gebo19 ren Inzwischen hatte Doktor Daniels lich Fuß gefaßt: Er betätigte sich als

auch

beruf-

Geburtshelfer

und "Wundarzt", behielt aber auch Kontakt zur akademischen Medizin: Im Wintersemester 1790/91 las er an der Universität Uber die Heilung äußerer Krankheiten, was er im Sommer 1791 - inzwischen Mitglied der Fakultät 20 fortsetzte . Privat gab Daniels Kurse in Geburtshilfe mit Übungen an einem künstlichen Becken. Mit der Anwendung

des

"Phantoms"

technisch-didaktisch

auf

der

Höhe der Zeit, konnte Daniels jetzt vor allem Göttinger und Pariser Erfahrungen verwerten. Zum beruflichen Erfolg kam die Erweiterung

der Familie: Am

26.

Juni 21

1792 wurde das zweite Kind, der Sohn Karl, geboren Doch

dann

traten

Ereignisse,

die

auch

Da-

niels' Leben von Grund auf veränderten, ein: Nach der Kanonade von Valmy besetzten am 21. Oktober 1792 französische

Revolutionstruppen 22

kampflos die Stadt Mainz

unter

General

. Zwei Tage später

Custine bildete

sich ein Mainzer Jakobinerklub, Custine versprach die Befreiung des "gedrückten Volkes",

in Stadt und

Land

Dumont, Ein Mainzer Jakobiner

wurde eifrig für "Freiheit und Gleichheit"

649

Propaganda

gemacht. Auch bei den Mainzer Medizinern schieden sich am Für und Wider einer Revolution die Geister: Während Dekan Soemmerring bald demonstrativ

auf Distanz ging

und die Ordinarien (auch Weidmann) sich betont zurückhielten, ging der populäre Extraordinarius Georg Christian Wedekind sofort zu den Franzosen über und wurde 23 Wortführer der demokratischen Bewegung . Seinem Beispiel folgend, traten bald mehrere Kollegen, Studenten und Ärzte der "Volksgesellschaft"

bei^.

So auch der "Wundarzt" Daniels: Er stieß allerdings

2zweiten ς großen Beitrittswelle zu den Mainzer Jakobinern . War es

erst

Mitte

November

1792

Revolutionsbegeisterung,

war

mit

es

der

Anpassung,

Daniels zum Eintritt in den Klub bewogen? Wir es nicht, doch gibt uns Daniels' weiterer Hinweis: Denn er engagierte für

die

Besatzungsmacht,

Dienste trat: Am

Daniels zum ' Chirurgien de

Weg

einen

sich bald auch beruflich

indem

12. Januar

die

wissen

er

förmlich

1793 wurde

in

Peter

ihre

Joseph

premiere

classe" bei der 26 Rheinarmee des Generals Custine ernannt . Dieser Wandel vom Mainzer Chirurgen zum französischen arzt hatte für Daniels weitreichende

Folgen

Militär- und er

hatte ganz besondere Ursachen. Denn wie kam der einfache "Wundarzt" zu einem Posten, um den sich selbst ein Wedekind vergeblich be27 müht hatte ? Wenn Daniels später behauptete, sein "attachement a la cause de la liberte" und seine Fachkenntnisse hätten ihm dazu verholfen, dann verdrängte er damit nur eine für ihn bedrückende Wahrheit:

Denn

diese Stelle verdankte er einzig und allein - seiner Frau, die mittlerweile die Mätresse Custines geworden war. Die Ernennung zum Chirurg der Rheinarmee entschädigte

Daniels

eben

für

seine

"longanimite

conju-

650

Dumont, Ein Maimer Jakobiner

28

gale"

, dafür, daß er als "gehörnter" Mediziner und

Jakobiner Gespräch und Gespött der ganzen Stadt wurde. So hieß es bald in einem Pamphlet 50jährigen general

Custine:

...

"Vous

comme il

über den mehr

souvient-il

faisait

du

les yeux

als

citoyen

doux

a

Mme.

Daniels? Cette Mme. Daniels a fait une grande fortune. Elle plut au general, le general lui plüt, et comme il est tres genereux, il lui fit cadeau d'un lit süperbe et

de

teur»

29

deux

belles

pendules

qui

etaient

ä

l'Elec-

. Eben

besondere

Art

dieses

kurfürstliche

deutsch-französischer

Prunkbett,

diese

Beziehungen,

er-

regte die Phantasie der Mainzer, gab zu spöttisch-derben Erzählungen über das

"Liebchen

Marie

Evchen

Da-

niels, Bürger Doktorinn zu Mainz" Anlaß, für die Revolutionsgegner eine willkommene Gelegenheit, die jakobinischen Attacken auf den-3(angeblich so lüsternen Kur3 fürsten zu konterkarieren

. Die

wuchernden

Gerüchte

Uber Custines Mätressenwirtschaft, Uber die Rolle von Daniels1

Frau boten Stoff

daleuse"

der Mainzer

für

eine

Republik.

Doch

"chronique selbst

scan-

bei

den

Franzosen und Jakobinern regte sich Kritik

. Großen

Anklang fand ein Gedicht,

deutlich 12

das

Custine

sehr

wegen seiner Beziehung zu Frau Daniels angriff

. In-

kriminiert wurde darin aber nicht so sehr der Ehebruch des Generals als die Tatsache, daß Custine einer ganz privaten echter

Lust

frönte.

Noch

"Republikentugend"

dazu

als

einer

solchen,

"fürstliche

die

Erfindung"

erschien, die den guten Patrioten und Kämpfer von seinen

wahren

Pflichten

abhielt.

Besonders

fatal,

wenn

ein General seinen Soldaten ein so schlechtes Vorbild gab. Custines Stab hatte daher Mühe, dieser derischen

Scharteke"

wirksam

"verleum-3 ·3

entgegenzutreten

. Das

Ansehen des Generals war untergraben, "Madame Daniels"

Dumont, Ein Mainzer Jakobiner

651

kompromittiert und ihr Mann weiterhin Zielscheibe offenen oder versteckten Spotts. Umso mehr hing er nun von den Franzosen

ab.

Schon deshalb nahm Daniels an den - gerade in Mainz sehr umstrittenen - Wahlen vom

24.

1793 teil

Februar

und leistete den Eid auf "Freiheit und Gleichheit"·^. Die aus den Wahlen hervorgegangene

"Rheinisch-Deutsche

Republik" bestand freilich schon bald nach ihrer Proklamierung am 18. März 1793 nur noch auf dem Papier: Denn seit Ende März ließen deutsche Vorstöße an Nahe und Oberrhein die französische Position in Rheinhessen und der Pfalz rasch zusammenbrechen. Hastig zog sich Custine von Bingen auf Landau zurück, ohne noch einmal in Mainz zu erscheinen. Marie Daniels verließ - offenbar auf einen Wink des Generals - am 29·

März Uber-

stürzt die Stadt, kurz vor der Einschließung durch die Deutschen. Mit einem "Coffre" voll kostbarer Geschenke Custines machte sie nun eine abenteuerliche Irrfahrt, 3ζ die schließlich in Hagenau endete . Ihr Mann war dagegen in Mainz geblieben, wo er in den vier harten Monaten Tag

der

und

Belagerung

Nacht,

als Militärchirurg

denn bei

den häufigen

arbeitete

und

-

riskanten

Ausfällen waren sehr viele Franzosen verwundet worden. Bald erwies sich aber der Posten eines Armeearztes als Vorteil: Denn als solcher konnte Daniels nach der Kapitulation vom 23. Juli 1793 ungehindert mit den Franzosen abziehen, ohne als "Klubist" Verfolgungen durch seine Mitbürger befürchten zu müssen. Dem

"Kriegstheater"

entronnen,

traf

Daniels

Anfang August 1793 seine Frau in Hagenau wieder - mit gemischten Gefühlen, wie sich denken läßt. Lange blieben

die

beiden

nicht

dort, 1 f\ zumal

Österreichern bedroht wurde Regierung nach dem

Hagenau

von

den

. Während nun die Mainzer

"Coffre der Daniels"

fahndete, um

652

Dumont, Ein Mainzer Jakobiner

die kurfürstlichen "Effecten" wiederzubekommen, setzte sich das Ehepaar Daniels nach Paris ab. Doch auch hier war die Lage alles andere als angenehm, denn die Montagnards machten Custine gerade den Prozeß und ließen ihn am 28. August 1793 hinrichten. Kurz danach finden wir Peter Joseph bei

der

Rhein-

und

Moselarmee

als

Daniels

"Chirurgien

de

premiere classe". Im Range eines Colonel hatte Daniels die

Divisionschirurgen

Hospitälern

oder

sowie

"ambulances

Diese Aufgabe bewältigte

mehrere

Lazarette

volantes" ) unter

(in sich.

er offenbar recht gut, denn

mehrfach wird er als "zele, instruit", als "bon" bezeichnet, wird ihm das Lob zuteil: Chirurgien".

"plus medecin que

Zugleich aber brachte die Tätigkeit

als

Militärarzt einen ständigen Ortswechsel, unstete Jahre "17 für

Daniels

Kampfgebiet, Rheinarmee,

: Ende bei die

1793

der Landau

nun

finden

wir

von

Hoche

entsetzte;

im

ihn

mitten

im

kommandierten folgenden

Jahr

bei einer der vielen französischen Attacken auf Mannheim, Anfang 1795 in der Etappe, im elsässischen Gebweiler. Seit Mai 1795 wirkte Daniels im Militärspital vor

Worms,

bis

die Erstürmung

der

"Mainzer

Linien"

durch die Österreicher (29· zwischen Winnweiler und Kai70 serslautern Schutzpocken einimpfte . Insgesamt "inoculierte" er 105 Kinder, wobei es zwar Komplikationen, aber keinen Fall mit direkter Todesfolge gab. Das erfüllte ihn mit Stolz, änderte aber nichts daran, daß die

Zahl

der

Impflinge

(abgesehen

von

Winnweiler)

verschwindend gering war. Scheu vor dem Neuen, Angst vor Ansteckung sowie 71 religiöse Vorbehalte waren - wie in der Nachbarschaft

- die Hauptgründe. Da half es

nichts, wenn Daniels am eigenen Kind und dem des Friedensrichters

durch

eine

munisierende

Wirkung

erneute

der

Inokulation

Vakzination

die

im-

demonstrierte.

Damit war den Ängsten und den mentalen

Reserven

der

Bauern nicht beizukommen. Vielmehr, so meinte Daniels, bedürfe

es

dazu

eines gewissen

einer Drucks

langfristigen auf

den

Umerziehung

"seinen

und

schleichenden

Gang in allem gewöhnten Landbauern", der sich zu einer Handlung

erst

dann

entschließe,

"wenn

sich

jemand

gerade vor ihn stellt und ihm sagt: Thue jetz das, was dir

vortheilhaft

ist

und

wozu

du

nicht

abgeneigt

bist". Deshalb wollte Daniels Eltern und Impflinge "im Beysein der administrativen Obrigkeit" versammeln, die Vorzüge

der

führung

erläutern, und

Vakzination

und

ihre

nichts

kostenlose

"würde

Durch-

leichter

als alle an einem Morgen zur Inoculation

zu

seyn,

überre-

den". Auch als Mediziner noch ganz Aufklärer, verband Daniels liches

mit

der

Fortschrittsgläubigkeit

Fürsorgedenken

für

die

obrigkeit-

"Verwalteten".

Sein

Impfbericht von l803 macht außerdem die Kluft zwischen dem weltläufigen Kantonsarzt und der beharrenden, in seinen Augen rückständigen Landbevölkerung deutlich.

Dumont, Ein Mainzer Jakobiner

Auch weg:

Im

gen-

Frühjahr

bzw.

speciale sehen Fuß

deshalb l804

de

bewarb

Medecine" 72

durch ehemalige

.

die

Behandlung

Vertrauen,

lassen

mußten.

zumindest

striell"

geprägten

Ancien ten.

Ludwig und

und

die B r ü d e r und

terer und

und

Franz war

Jahr

seine

eine

gewisse für

in

schon

setzte.

stark

war

Falciola.

Funktionären

des

zusammensetzhier

er n a c h d e m Tod s e i n e r d r i t t e n

natürlich der

Gegend

Departements; Wolff, Vogt,

ebenso

jetzt

Vo-

Steuerein-

Franz

am

Falciola, I804

Lau-

Lippert

verschwägert,

Frau Anfang

Notar

Pfarrer

"Huissier"

Mit

erneut

eiEin-

Arbeitgeber

Kollege

in

"indu-

aus

Friedensrichter

Daniels

Daniels

Daniels

zählte

jetzt

das

soziale Stellung

aus

des

die

Daniels

Beweis

der l u t h e r i s c h e

Müller,

Bezirksgericht, Freund,

von

Verwaltung

Christian

katholischer Kaspar

Rentmeister

besten

ein

größter

Industrieller

sein

im

Wundärzte,

Revolutionsanhängern

Gottfried

Mainz

Unterstützung

Immerhin,

alle

zählenden,

bzw. Maire von Winnweiler, gel

in

die sich a u c h in W i n n w e i l e r

Gienanth,

nehmer Gugel,

der

Vielleicht

"Notabeingesellschaft"

(von)

Medizini-

wieder

Kantonshauptort^.

und

führender

"Ecole

Krankheiten

Zugewanderten,

Regime

Zur

nun

aber

auch

Einwohner

ner der N o t a b e i n ,

Chirur-

zur

des K a n t o n s W i n n w e i l e r

Dem e n t s p r a c h 1000

eine

Mainzer

trotz

das die n a p o l e o n i s c h e

dem k a u m

um der

Versuch,

innerer

als d e n e i n z i g e n Arzt

heimischen

an

Winnweiler

zum "Medecin public" fUr den Arrondissements Kaiserslautern

unterstanden

Entschädigung,

von

sich

L e h r e r und K o l l e g e n .

Ihm

genehmigen

sein

scheiterte

darauf wurde Daniels nördlichen Teil des 7 sich

er

umgewandelten

. Doch

fassen,

ernannt

Daniels

Geburtshelferstelle

Fakultät zu

wollte

665

seinem seit Barba-

ra J ogseehpehiar a tSecth w ahrazt,t e die Te ob ce hn t e rdene i npeesr s ö An ll ti dc oh re fn er Be Bz ei ae m7 S. N ten

666

Dumont, Ein Maimer Jakobiner

hungen fällt bei vielen

Winnweiler

Notabein

meinsame politische Vergangenheit

auf:

Falciola,

beiden

Müller, Gugel

und

die

die

Denn

ge-

Daniels,

Wolff

waren

1792/93 "Klubisten" gewesen und hatten danach aus ihrer Option für das Frankreich der Revolution kein Hehl gemacht. So gab es im napoleonischen

Winnweiler

kleine

von

"Jakobinerkolonie"

- freilich

eine

etablierten

Jakobinern, die nach außen ihre Radikalität

abgelegt

hatten. Sie blieben aber Anhänger der Revolution - und ihre

Nutznießer.

Man

sieht

es

an

Daniels,

der

seit

l803 mehrfach "Nationalgüter" ersteigerte und in Hochstein,

Sembach

und

Hochheim

ehemals π f\

herrschaftliche Grundstücke besaß

kirchliche

. Daß sich

und

Daniels

in das napoleonische System integrierte, zeigt außerdem

seine

Mitwirkung

im

Kaiserslauterer

"Arron77 dissement.srat", dem er von I8O8 bis 1811 angehörte .

Dabei kamen ihm die Erfahrungen von 1796 bis l800 zugute, denn der elfköpfige "Conseil

d 1 arrondissement" ,

der als Hilfsorgan des Unterpräfekten nur selten tagte, hatte vorwiegend Uber Steuern zu entscheiden. Zugleich

sollten

Paris,

Mainz

terleiten

und

seine oder

Mitglieder

die

Kaiserslautern

auf ihre

strikte

Anordnungen

"nach

unten"

Durchführung

aus wei-

achten.

Mitwirkung, nicht Mitbestimmung war ihre Aufgabe, die auch der "Bezirksrat" Daniels gewissenhaft wahrnahm. War also aus dem Jakobiner ein Kollaborateur Napoleons geworden? In gewissem Sinn schon, aber nicht ganz. Denn 1811/12 demonstrierte Daniels, daß er nicht alle

restaurativen Tendenzen des Empire mitzutragen 78 bereit war . Am 3· September war Margarethe Daniels mit 15 Jahren

gestorben. Diese

Tochter

aus seiner Ehe mit Marie Anne Falciola hatte

Daniels

weder

taufen

in Winnweiler lassen

noch

katholisch

erzogen

-

und

jetzt auch nicht kirchlich beerdigen lassen: Dem Sarg

Dumont, Ein Mainzer Jakobiner

wurde kein Kreuz, sondern ein Rosenstock gen,

die

meisten statt

Trauergäste

Winnweiler

-

viele

Beamten

Kirchenlieder

erklang

vorangetra-

Jugendliche

- sprachen

und

keine

"profane"

667

Musik

die

Gebete, und

der

Leichnam wurde niht auf dem neuen christlichen Friedhof, sondern weit außerhalb bestattet Franz Falciola, der zwei Monate 79 beigesetzt worden war . Beide

- direkt

vorher

ganz

"Theophilantrophie" kirchliche

Züge.

provozieren,

und

trugen

Das mußte

der

wegen

ähnlich

Beerdigungen

starke Anklänge an die inzwischen in Verruf schon

neben

hatten geratene

deshalb

den katholischen

Bekehrungsversuchen

antiPfarrer

bei

Da-

niels' Kindern mit diesem ohnehin in Streit lag. Empört

lehnte

Vogt

jede

Teilnahme

Freunden der Verstorbenen,

die

ab

und

Kränze

verbot

wie üblich

den in

der Simultankirche anzubringen. Er ging aber noch weiter: Nachdem er dem Mainzer "irreligiöse

Beerdigung"

Bischof schon Uber die

Falciolas

berichtet

hatte,

beschwerte er sich nun über den "Doktor Daniels allhier, der seine Tochter ohne alle religiöse Zeremonie begraben ließ". Das Aufhängen der Kränze habe er abgelehnt,

um

krist-lichen

nicht

"das

Begräbnis

Andenken in

einer

einer

(!) ganz

kristlichen

un-

Kirche"

dulden zu müssen. Gerade weil man ihm Rache androhte, war der Geistliche stolz darauf,

"daß diese

unglück-

liche Tochter eines gottlosen Vaters, der soviel Verderben unter den Kristen anrichtet, sehnlichst wünschte

zu beichten

und

die

Hl.

Kommunion

zu

empfangen,

aber nicht durfte". Bischof Colmar sah hier

offenbar

einen Präzedenzfall und wandte sich direkt an den Kultusminister

in

Paris.

Dieser

wiederum

verlangte

vom

Mainzer Präfekten umgehenden Bericht und die Ahndung ähnlicher Vorfälle. Ton und Tempo der ministeriellen Antwort zeigen, daß man auch in der Hauptstadt die An-

668

Dumont, Ein Maimer Jakobiner

gelegenheit als Skandal empfand. Nicht minder entschieden war Daniels1 tion: Er gab unumwunden zu, die Tochter

Reak-

"sans aucune

ceremonie religieuse" bestattet zu haben. Den Pfarrer bezeichnete er als "denonciateur", vor allem wegen des Vorwurfs, er habe bei seinen Kindern religiöse Gefühle unterdrückt. Das Gegenteil sei der Fall; so

erklärte

pour

Daniels:

principe

"Depuis

d'education

longtemps

de

mes

allerdings, j ' ai

enfants

etabli

de

leur

laisser jusqu'ä un certain age la faculte d'apprendre a connaitre les differences entre les Religions utiles, et ensuite la liberte de choisir eux meme ( ! ) un Culte, qui leur conviendroit er

seine

Kinder

den

le mieux". Deshalb habe

katholischen,

reformierten

und

lutherischen Gottesdienst besuchen lassen. Während nun sein Sohn bereits mit 10 Jahren auffallend zum Katholizismus tendiert, ja, bereits gebeichtet und kommuniziert habe, sei die Tochter bis zu ihrem Tod noch völlig unentschlossen gewesen, ob und zu welcher Kirche sie neige. Daher habe er sie auch nicht nach einem bestimmten Ritus bestattet, eine Entscheidung, die Daniels mit dem Elternrecht und der in Frankreich

gel-

tenden Gewissensfreiheit rechtfertigte. Konfessionell

indifferent,

religiös

allen-

falls Deist, wenn nicht Materialist, galt Daniels auch in der Erziehung die Freiheit zu vernunftgemäßer Entscheidung sehr viel. Diese Gewissensfreiheit wollte er vom Staat respektiert wissen, für sie nahm er den Konflikt mit höchsten Stellen in Kauf. In dieser diert

aufklärerischen

Haltung,

seinem

dem Mut zum Widerspruch kam etwas von

dezi-

Laizismus dem

und

Jakobiner

Daniels zum Vorschein. Bezeichnend auch, daß Christian Wolff, einst selbst Priester, dann Klubist und jetzt Maire von Winnweiler, sich Daniels anschloß, indem er

Dumont, Ein Mainzer Jakobiner

669

den Freund ausführlich zitierte und dessen Äußerungen kommentarlos

nach

Kaiserslautern

weiterleitete.

Der

dortige Unterpräfekt Petersen, 1792/93 führender Jakobiner von Speyer, zeigte auffallend viel

Verständnis

für Falciola und Daniels und betonte demonstrativ "la liberte de Conscience dont les Frangais ont le bonheur de jouir". Mit seinem Protest, doch wohl auch mit seinem Nonkonformismus, stand Daniels also keineswegs allein dar. Diese

Haltung

schadete

ihm

aber

offenbar

nicht, als er sich ein Jahr später um die Stelle des 80 Winnweiler Friedensrichters bewarb . Als "Juge de paix" hatte er seit Juni

1813 zivile Streitsachen zu

schlichten, kleinere Vergehen zu ahnden und die freiwillige Gerichtsbarkeit auszuüben. Dem Arztberuf Daniels weiter nach, ja, er war darin bald

ging

besonders

gefordert: Nach dem Desaster von Leipzig strömten Ende l8l3

die

Reste

der

"Grande

Rhein, dann ins Innere kaum

fertiggestellte

Armee"

Frankreich

zunächst zurück.

"Kaiserstraße"

war

an

den

Durch

die

der

Kanton

Winnweiler von diesen Truppendurchzügen besonders betroffen - und vom Typhus, den die Soldaten einschleppten.

Daniels

mußte

sein

ganzes medizinisches

Können

aufbieten, vermochte aber nur wenig, weil hygienische Vorkehrungen fehlten, die Epidemie immer heftiger wurde und das von Paris versprochene Hilfspersonal

aus-

blieb 8 1 . Anfang 1814 wurden die Franzosen aus Rheinhessen und der Pfalz verdrängt, Preußen, Russen und 82 Österreicher rückten hier ein . Wieder wurde eine Besatzungsherrschaft

errichtet,

doch

obwohl

das

preu-

ßisch-russische "Generalgouvernement des Mittelrheins" in

Trier

die

französische

Verwaltungseinteilung

zu-

nächst beibehielt, bangten viele Beamten um ihren Po-

670

Dumont, Ein Maimer Jakobiner

sten. Ohne Grund, denn zu einer Säuberung des Behördenapparats

waren die Alliierten weder

willens

noch

fähig. Sie brauchten Leute, die mit den lokalen Verhältnissen

und

den

bestehenden,

d.h.

französischen,

Gesetzen vertraut waren. Daher blieben auch im Don nersbergdepartement fast alle Beamten auf ihren Stellen,

daher

wurde

Daniels

im

Februar

l8l4 als

Winn-

weiler Friedensrichter bestätigt, und vier Monate später heißt es Uber ihn:

"Hat sich durch Übung einige

Rechtskenntnisse erworben, ist übrigens ein sehr einsichtsvoller

und

fleißiger

Mann, der

in

gutem

Rufe

81 steht"

. Auch der bayerisch-österreichischen

administrationskommission",

die

Mitte

"Landes-

I814

zwischen

Rhein und Mosel die Verwaltung

Ubernahm,

diente

niels

Jakobiner

von

loyal.

Wie viele

andere

hatte er keine Schwierigkeiten

mit

diesem

von

Da-

einst, Krieg

und Diplomatie herbeigeführten Herrschaftswechsel. Auch nicht, als Bayern am Südteil

des

Donnersbergdepartements

Denn in der Pfalz kam

es weder

zu

1. Mai in

1816

Besitz

einer

den

nahm.

"Bajuwari-

sierung" noch zu einer "Entnapoleonisierung" der Beamtenschaft

. Im Gegenteil setzte Montgelas es durch,

daß die "bäuerischen Lande am Rhein" von

"aufgeklär-

ten" Männern regiert wurden, selbst wenn die Franzosen sie eingesetzt hatten. So kam es, daß der "glühende Franzosenanhänger" Daniels auch jetzt wieder "an8ζ standslos" übernommen wurde. Lange konnte er als "Königlich-bairischer Kantonsarzt und Friedensrichter" allerdings nicht mehr wirken. Denn schon am 17· Januar l8l9 starb Peter Joseph Daniels, gerade 53 Jahre alt, in Winnweiler, dessen (katholischer) Pfarrer über ihn vermerkte: "... qui sine ulla religione vixit et

86

obiit"

. Wenn auch im Verdikt verzerrt, wird hier ein

Wesenszug

des

"Jakobiners"

Daniels

deutlich,

und

es

Dumont, Ein Mainzer Jakobiner

671

ist gewiß kein Zufall, daß seine Tochter Susanne später in eine Familie einheiratete,

die

1848/49 in der 87 pfälzischen Revolution eine besondere Rolle spielte . Ein Hauch von Abenteuer liegt Uber dem Leben des

Peter

Joseph

Wandlungen

Daniels.

vielleicht

In

seinen

besonders

viel mit den Biographien

Wendungen

ausgeprägt,

anderer

hat

"Klubisten"

und es

gemein-

sam: Die Französische Revolution warf die meisten aus ihrer

Bahn

-

persönlich

oder

beruflich.

nicht, wie man an Daniels sieht, schon erst

durch ihr Ausgreifen

günstigt

durch

die

1789,

an den Rhein

Rezeption

der

Allerdings sondern

1792/93·

(radikalen)

BeAuf-

klärung, ausgelöst durch ganz private Umstände, vollzieht

sich in diesem Jahr

auch für Daniels die

scheidende Wende. Freilich, faltet

sich

Falciolas,

erst in

später,

der

in

sein

"Jakobinismus"

der

Freundschaft

Verbindung

mit

mit

anderen

ententden

"Patrio-

ten". Aber, was ist das Jakobinische an Daniels? Wohl doch

die

schaft, auf

kompromißlose sein

Laizismus

Rechtsgleichheit

Einzelnen.

Ablehnung

Bei

und

und

aller

der

Ständegesell-

Rigorismus,

geistigem

das

Freiraum

Wandlungsfähigkeit

war

nicht bereit, "essentials" der Revolution er

wollte

sie

vielmehr

auch

in

Beharren

andere

für

den

Daniels

aufzugeben; Staatsformen

einbringen. Etliche Gefährten von 1792/93 handelten da anders,

zeigten

mehr

Anpassung,

bis

hin

zum

Oppor-

tunismus. Daniels dagegen gehört zu jenen "Klubisten", die

in ihrer Person und Familie manch

radikale

Idee

von 1789, mehr noch von 1792, ins 19.Jahrhundert trugen und damit besonders im pfälzischen Vormärz relativ deutliche Spuren hinterließen. Daß diese aber auch, daß die Restauration 1792/93

samt

in einer

Umbrüche der

am

Person

zwischen

Rhein konkret

so

Kontinuität,

Aufklärung

tiefen

faßbar

Zäsur

werden,

und von gibt

672

Dumont, Ein Mainzer Jakobiner

der Biographie des Mainzer Jakobiners Peter Joseph Daniels ihren Sinn.

Dumont, Ein Mainzer Jakobiner

673

1 Hermann Weber (Hrsg.), Aufklärung in Mainz. Wiesbaden 1984, Vorwort S. 3f· 2 Biographische Daten und Zitate (soweit nicht anders belegt) aus Daniels1 eigenhändig ausgefülltem Personalbogen vom 12.4·l800 (Stadtarchiv Mainz [künftig: StA MZ ] Best. 60, "Etat des Services des Fonctionnaires...Mont Tonnerre" , fol. 212f. Für frdl. Unterstützung danke ich den Herren Dr. J. Deeters (Hist. Archiv d. Stadt Köln), R. Paul (Heimatstelle Pfalz/Kaiserslautern), Dr. V. Rödel (Landesarchiv Speyer), Dr. M. Weber (Mainz), den Standesämtern Lauterecken und Winnweiler, dem Bistumsarchiv Speyer sowie dem Service Historique de 1'Armee de Terre, Vincennes. (Personenstands3 Kirchenbuch von St. Peter/Köln archiv Rheinland, Brühl/Best. LK 204); Daniels hatte eine Zwillingsschwester namens Maria Anna. 4 Helmut Dahn, Daniels, Heinrich Gottfried Wilhelm 1754-1827. In: NDB Bd. 3, (1957) S.508. 5 Historisches Archiv der Stadt Köln/Matrikelbuch Bd. IV, S.670 (Präsentation aus dem Gymnasium Montanum), Bd. V, S.108, Nr.803 (Immatrikulation) (Mitteilung v. Dr. Deeters, Köln). 6 Immatrikulation am 24.11.1783 (Max Braubach, Die erste Bonner Hochschule. Maxische Akademie und Kurfürstliche Universität 1774/76 bis 1798. Bonn 1966, S.339). Zu G. W. Daniels und Gynetti vgl. ebd. S.143f u. 171f. 7 Helmut Mathy, Die Mainzer Universitätsreform von 1784. In: Weber, Aufklärung (Anm. 1) S.61-82. 8 Rudolph Wagner, Samuel Thomas von Sömmerring's Leben und Verkehr mit seinen Zeitgenossen. 1. u. 2. Abt., Leipzig 1844/Neudruck Stuttgart/New York 1986 Gabriele Wenzel-Naß, Soemmerring-Bibliographie. In: Gunter Mann/Franz Dumont (Hrsgg.), Samuel Thomas Soemmerring und die Gelehrten der Goethezeit. Stuttgart/New York 1985· S.331-424, bes. Nrr.192,211,267,272,443 u. 450. 9 Barbara Weber, Johann Peter Weidmann (1751-1819) und das Mainzer Accouchement. Med. Diss. Mainz 1985/86. 10 Verzeichnis der Studierenden der alten Universität Mainz. Wiesbaden 1979, S.231· Demnach kam Daniels schon im Winter 1783/84 nach Mainz, was aber wegen seiner Immatrikulation in Bonn und den erst im Sommer 1784 einsetzenden Vorlesungen Weidmanns unwahrscheinlich ist; vgl. Barbara Weber, Weidmann (Anm. 9) S.27-31. 11 Götz von Seile, Die Matrikel der Georg-August-Universität zu Göttingen 1734-1837· Hildesheim/Leipzig

674

12

13

14 15

16

17 18

19

Dumont, Ein Mainzer Jakobiner

1937, S.298, Nr. 14354 - Ders., Die Georg-AugustUniversität zu Göttingen 1737-1937· Göttingen 1937, S.137f· Nach dem von Daniels selbst 1795 ausgefüllten Personalbogen (Service Historique de 1 1 Armee de Terre/Vincennces/Classement Officiers de Sante) hielt er sich 15 Monate in Paris auf. Zu Weidmanns ParisReisen (1779-82) vgl. Barbara Weber, Weidmann (Anm. 9) S.58-74. Protocollum Facultatis Medicae Moguntinae 1734-1790 (StA MZ/Best. 18, Bd. 162, S.540 u. 544ff· (Sitzungen v. 2i.ll.i789, ν.12., 18. u. 24.3., v. 26. u. 29·5·1790). Daniels demonstrierte "de fistula ani". Gustus organi novissime detecti prodromus. Mainz: Haeffner 1790,95 S.8°. Daniels kannte den gleichaltrigen Ackermann wohl schon aus Köln, wo dieser das Gymnasium besucht hatte; vgl. Axel Schief, Jacob Fidelis Ackermann (1765-1815)· Arzt zwischen Aufklärung und Naturphilosophie. Med. Diss. Heidelberg 1969 - Gunter Mann, Schi ido ·