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German Pages 376 Year 1988
WOLFGANG KÜPPER
Das Scheitern von Vertragsverhandlungen als Fallgruppe der culpa in contrahendo
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 113
Das Scheitern von Vertragsverhandlungen als Fallgruppe der culpa in contrahendo
Von Dr. Wolfgang Küpper
Duncker & Humblot . Berlin
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Küpper, Wolfgang: Das Scheitern von Vertragsverhandlungen als Fallgruppe der culpa in contrahendo / von Wolfgang Küpper. - Berlin : Duncker u. Humblot, 1988 (Schriften zum Bürgerlichen Recht; Bd. 113) Zug\.: Köln, Univ., Diss.,1987 ISBN 3-428-06533-6 NE:GT
Alle Rechte vorbehalten
© 1988 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Irma Grininger, Berlin 62 Druck: Werner Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3-428-06533-6
Xenia und
meinen Eltern
Vorwort Die Arbeit lag der juristischen Fakultät der Universität zu Köln im Sommersemester 1987 als Dissertation vor. Rechtsprechung und Literatur wurden soweit als möglich nachgetragen. Mein Dank gilt vor allem Herrn Prof. Dr. Herbert Wiedemann, der die Arbeit angeregt und während meiner Assistentenzeit wohlwollend gefördert hat. Dank gebührt auch Herrn Prof. Dr. Reinhard Hepting für die unverzügliche Erstattung des Zweitgutachtens. Die Betreuung des Manuskripts lag in den sorgfältigen Händen von Frau Nicole Zaeske; ihr sei an dieser Stelle ebenfalls herzlich gedankt. Zur Veröffentlichung der Arbeit haben die Rudolf Siedersleben'sche Otto Wolff-Stiftung und die juristische Fakultät der Universität zu Köln dankenswerterweise jeweils durch einen namhaften Druckkostenzuschuß beigetragen. Köln, im Mai 1988
WK.
Inhaltsverzeichnis Einleitung .........................................................
I7
1. Kapitel
Entwicklung und Dogmatik der Haftung rur culpa in contrahendo
21
I. Entwicklung ..................................................
21
11. Hauptfallgruppen ..............................................
26
III. Rechtsgrund der Haftung .......................................
30
1. Meinungsstand .............................................
31
a) Herleitung aus dem Prinzip des Vertrauensschutzes ............
31
b) Kritik und andere Begründungsansätze ......................
32
2. Stellungnahme ..............................................
35
a) Vertrauensbegriff und rechtlicher Vertrauensschutz ....... . . . . . .
35
b) Bedeutung des Vertrauens für die verschiedenen Tatbestände der culpa in contrahendo .....................................
37
c) Berechtigung des besonderen Vertrauensschutzes im Stadium der Vertragsanbahnung .......................................
40
2. Kapitel Der Abbruch der Vertragsverhandlungen in der Rechtsentwicklung
45
I. Rechtsgeschichtlicher Rückblick .................................
45
11. Entwicklung von der Schaffung des BGB bis 1945 ..................
48
1. Gesetzesmaterialien
.................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
2. Rechtsprechung .............................................
49
3. Schrifttum .................................................
54
III. Entwicklung nach 1945 .........................................
59
I. Rechtsprechung .............................................
59
a) Bundesgerichtshof ........................................
59
Inhaltsverzeichnis
10
b) Bundesarbeitsgericht ......................................
80
c) Rechtsprechung zur Ablehnung von Angeboten im Rahmen von Ausschreibungsverfahren ..................................
83
d) Zusammenfassende Würdigung .............................
85
2. Schrifttum .................................................
89
a) Haftung nur für schuldhaftes Vertrauenserwecken .............
89
b) Haftung für den schuldhaften Abbruch der Verhandlungen .....
90
c) Reine Vertrauenshaftung ..................................
91
d) Zusammenfassung ........................................
93
IV. Entwicklung im ausländischen Recht .............................
93
1. Österreich .................................................
95
2. Schweiz ...................................................
102
3. DDR
107
4. Italien .....................................................
109
5. Griechenland ...............................................
113
6. Frankreich .................................................
114
7. Anglo-amerikanischer Rechtskreis ......•......................
120
a) USA ...................................................
120
b) England ................................................
134
8. Ergebnisse ..........•......................................
138
3. Kapitel Problematik des Vertrauensschutzes bei nicht abgeschlossenen Vertragsverhandlungen im grundsätzlichen
140
I. Berechtigung des Vertrauensschutzes bei nicht abgeschlossenen Vertragsverhandlungen ...............•................................
141
1. Das Prinzip der Vertragsfreiheit und sein Wandel ................
141
2. Das Verhältnis des Vertrauensschutzes zur negativen Abschlußfreiheit und zu den gesetzlichen Vertragsabschlußregeln ..................
146
3. Vertrauensschutz und Notwendigkeit einer freien Verhandlungsführung
152
11. Verhältnis des Vertrauensschutzes zu sonstigen rechtlichen Schutzmöglichkeiten .......................................................
154
I. Vertragliche Bindung vor abschließender Einigung ............. . .
154
a) Vertragsschluß entgegen der Regel des § 154 Abs. I BGB .......
155
Inhaltsverzeichnis b) Bedingter
Vertra~schluß
..................................
11 156
c) Optionsrecht ............................................
157
d) Vorvertrag ....................................•.........
158
e) Vertraglicher Anspruch auf Aufwendun~ersatz ...............
160
o Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
165
2. Gesetzliche Grundlagen für Aufwendungs- und Schadenersatz ... . .
167
a) Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag ...................
167
b) Bereicherungsrecht ....................................... c) Deliktsrecht .............................................
167 168
d) Zusammenfassung ..................................... .. .
172
4. Kapitel Tatbestände der Haftung aus culpa in contrahendo beim Scheitern von Vertragsverhandlungen
I. Verletzung einer Pflicht zur Aufklärung über die Gründe des Scheiterns
173 173
I. Bestehen einer Aufklärungspflicht .............................
173
a) Aufklärungspflichten als Bestandteil des vorvertraglichen Ptlichtenprogramms. . .. . .. . .. . .. . .. . . .. . .. . .. . .. . .. .. .. . ... .. . .. .
173
b) Bestimmung der
.........................
177
aa) Allgemeine begriffliche Abgrenzung .....................
177
bb) Funktion und Gegenstand der Aufklärungspflicht ......... cc) Umfang der Aufklärun~pflicht .........................
179 184
Aufklärun~pflicht
(I) Grundlegende Kriterien: Zusicherung des Abschlusses -
konkretes Veranlassen von Dispositionen .............
185
(2) Weitere Kriterien. . . . . . . . . .. . .. . .. . . . . . . . . . . . .. . .. .
194
2. Weitere Tatbestandsvoraussetzungen ...........................
197
a) Verschulden ............................................. b) Voraussetzungen auf seiten des Berechtigten ..................
197 198
3. Wechselseitige Ersatzverptlichtungen? ......•...................
20 I
11. Ptlichtwidriges Scheiternlassen der Vertragsverhandlungen ...... . . . . . .
202
I. Dogmatische Grundlagen ....................................
204
a) Verschuldensunabhängige Haftungsgrundlagen ................
204
aa) Analogie zu § 122 BGB ...............................
205
bb) Analogie zu §§ 1298 ff. BGB ...........................
208
b) Unterfall der Haftung für culpa in contrahendo ...............
212
12
Inhaltsverzeichnis aa) Einseitiges Leistungsversprechen ........................
212
bb) § 242 BGB - Verbot des venire contra factum proprium ... c) Erfordernisse einer funktionsfähigen Rechtsgeschäftsordnung ....
216 221
2. Tatbestandsvoraussetzungen ..................................
224
a) Vertrauensbindung .......................................
224
aa) Vertrauenstatbestand ..................................
225
bb) Zurechenbarkeit ..................... . . . . . . . . . . . . . . . . .
230
cc) Voraussetzungen auf seiten des Berechtigten ..............
232
dd) Dauer der Vertrauensbindung ..........................
235
b) Pflichtwidriges Scheiternlassen der Verhandlungen .............
238
aa) Scheitemlassen durch Abschluß- oder Verhandlungsverweige-
rung ohne triftigen Grund .............................
238
(I) Scheiternlassen der Verhandlungen ...................
238
(2) Fehlen eines triftigen Grundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
239
a) Begriff des triftigen Grundes .....................
240
ß) Maßgeblichkeit einer objektiven Betrachtungsweise ..
248
bb) Pflichtwidriges Vereiteln der Grundlagen des Vertragsschlusses .
252
c) Verschulden .............................................
255
3. Wechselseitige Ersatzverpflichtungen? ..........................
256
111. Verhältnis der Haftungstatbestände zueinander .....................
257
5. Kapitel Umfang der Haftung
I. Umfang der Haftung aus culpa in contrahendo im allgemeinen
262 262
11. Haftungsumfang beim Scheitern der Vertragsverhandlungen ..........
265
I. Problematik ................................................
265
2. Haftung wegen Aufklärungsmangels ...........................
266
3. Haftung wegen pflichtwidrigen Scheiternlassens der Verhandlungen.
268
IH. Einzelheiten ..................................................
273
I. Negatives Interesse ..........................................
273
2. Positives Interesse ...........................................
275
3. Wahlmöglichkeiten ..........................................
278
Inhaltsverzeichnis
13
4. Begrenzung des negativen durch das positive Interesse ............
279
5. Mitverschulden .............................................
284
6. Kapitel Anwendungsbereich der Haftungsregeln
]11,7
I. Sachlicher Anwendungsbereich ................................ . .
12.7
11. Zeitlicher Anwendungsbereich ...................................
]11,9
I. Aufnahme der Vertragsverhandlungen ..........................
]11,9
2. Abgabe eines Vertragsangebotes ......•........................
290
a) Pflichten des Offerenten ..................................•
291
b) Pflichten des Angebotsempfangers ..........................
293
3. Abschluß des Vertrages ......................................
295
III. Persönlicher Anwendungsbereich .................................
301
I. Verpflichteter ...............................................
30 1
2. Berechtigter ................................................
302
a) Verhandlungspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
302
b) Schutz Dritter ...........................................
303
7. Kapitel Besonderheiten
307
I. Verhandlungen unter Einschaltung von Vertretern oder sonstigen Verhandlungsgehilfen ..................................................
307
I. Haftung des Geschäftsherrn ..................................
307
2. Eigenhaftung des Vertreters ...................................
314
11. Scheitern eines formbedürftigen Vertrages .........................
316
I. Problematik ................................................
316
2. Entwicklung der Rechtsprechung ..............................
318
3. Stellungnahme ..............................................
321
111. Scheitern eines genehmigungsbedürftigen Vertrages
............... . .
327
IV. Bewerbungsverfahren mit mehreren Abschlußinteressenten ...........
333
I. Ausschreibungsverfahren auf der Grundlage der VOB/A ..........
333
2. Sonstige Fälle ..............................................
340
Inhaltsverzeichnis
14
8. Kapitel Weitere Einzelfragen I. Verjährung
342 342
11. Prozessuales ..................................................
348
I. Gerichtsstand ............................ . . . . . . . . . . . . . . . . . .
349
2. Beweislast •.............................. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
351
III. Haftungsausschluß und -erweiterung ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
354
I. Durch Individualerklärungen .................................
354
2. Durch Allgemeine Geschäftsbedingungen .......................
356
Literaturverzeichnis .................................................
358
Abkürzungen Die deutschsprachigen Abkürzungen ergeben sich aus dem Schrifttumsverzeichnis oder entsprechen den Vorschlägen von Hildebert Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 3. Aufl., Berlin - New York 1983. Die Abkürzungen der Namen ausländischer Zeitschriften sind dem Schrifttumsverzeichnis zu entnehmen. Ergänzend wird auf das vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht zusammengestellte Zeitschriftenverzeichnis verwiesen; vgl. RabelsZ, Gesamtregister für Jahrgang 35 (1971) - 44 (1980) und Zeitschriftenverzeichnis, Tübingen 1985, 185 ff. Für die ausländischen Entscheidungssammlungen wurden die gebräuchlichen Abkürzungen verwendet; vgl. Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, Bd. I: Grundlagen, 2. Aufl., Tübingen 1984, S. XI ff.
Einleitung Das'Scheitern von Vertragsverhandlungen ist ein alltäglicher Vorgang. In der Regel bleibt er ohne Rechtsfolgen. Sofern nicht ausnahmsweise ein Kontrahierungszwang besteht 1, hat kein Partner einen Anspruch auf Abschluß des Vertrages. Nach dem Grundsatz der Abschlußfreiheit ist vielmehr jeder berechtigt, den Abschluß zu verweigern. Das gilt auch, wenn die Parteien Verhandlungen aufgenommen haben. Es ist ja gerade deren Aufgabe, daß die Beteiligten überprüfen, ob sie sich über alle für den Abschluß wesentlichen Punkte einigen können. Hierbei darf auch jeder Partner grundsätzlich vor allem seine eigenen Interessen, so wie er sie subjektiv versteht, im Auge behalten und versuchen, sie gegenüber dem anderen durchzusetzen. Mißlingt dieser Versuch, will jene Partei sich aber andererseits nicht auf die Bedingungen des Gegners einlassen, so kommt kein Vertrag zustande. Einen Ersatzanspruch löst der Fehlschlag einer vertraglichen Einigung im allgemeinen nicht aus. Da im Verlaufe der Verhandlungen häufig zumindest eine der Parteien Aufwendungen macht, die im Zusammenhang mit dem erstrebten Vertrag stehen, oder bestimmte Maßnahmen, etwa den Abschluß eines gleichartigen Geschäftes mit einem Dritten, unterläßt, stellt sich jedoch die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Schadenausgleich für den unterbliebenen Vertragsschluß oder gar eine Erfüllungshaftung in Betracht kommt, wenn der Vertrag aus Gründen scheitert, die der Gegner erkannt hat, hätte erkennen müssen oder die er zu vertreten hat. Das Gesetz schweigt zu dieser Frage. Es regelt in den §§ 145 ff. BGB zwar die Abschlußvoraussetzungen für einen Vertrag; Ansprüche wegen des Fehlschlagens von Vertragsverhandlungen sieht es indes nicht vor. Eine Ausnahme macht lediglich § 663 BGB für den Fall, daß jemand zur Besorgung gewisser Geschäfte öffentlich bestellt ist oder sich hierzu öffentlich angeboten hat, dann jedoch seine Ablehnung dem Auftraggeber nicht rechtzeitig anzeigt2. Zu erwähnen ist auch § 149 BGB, der dem Offerenten unter gewissen Voraussetzungen I Dazu grundlegend Nipperdey, Kontrahieru'ngszwang und diktierter Vertrag, 1920; aus neuerer Zeit Bydlinski, AcP 180 (1980), 1-46; ders., FS Klecatsky, S. 129-150; Hackl, Kontrahierungc>zwang, 1980; Kilian, AcP 180 (1980), 47-83; Larenz, Schuldrecht AT, § 41, S. 42 ff. Der Kontrahierungc>zwang interessiert hier nicht näher, weil er keine Aufnahme von Vertragc>verhandlungen voraussetzt, sondern gerade auch dann bestehen kann, wenn bereits diese verweigert wird. 2 Nach allgemeiner Ansicht verpflichtet der Verstoß gegen die Anzeigepflicht zum Ersatz des Vertrauensschadens; vgl. etwa RGZ 104,265, 269; BGH NJW 1984,866,867 = LM Nr. 79 zu § 276 (Fa) BGB; PalandtiThomas § 663 BGB Anm. I. Eine entsprechende ausdrückliche Regelung enthält § 44 BRAO; dagegen gilt das Schweigen im Falle des § 362 Abs. I HGB als Angebotsannahme.
2 Küpper
18
Einleitung
auferlegt, die Verspätung des Zuganges der Annahmeerklärung anzuzeigen. Sieht man von diesen Einzelregelungen ab, die zudem nicht die Ablehnung des Vertrages verbieten, sondern nur eine Anzeigepflicht 3 begründen, so könnte man schließen, daß der Abbruch von Vertragsverhandlungen injedem Falle zulässig ist. Diese Ansicht ist ursprünglich in der Tat allgemein verbreitet gewesen. Sie läßt sich aus dem Gesetz aber nicht zwingend ableiten. Denn dies würde voraussetzen, daß das Schweigen des Gesetzes als ein beredtes zu deuten wäre. Das kann heute indes nicht mehr angenommen werden. Zwar hat der Gesetzgeber Ausgleichsansprüche als Folge des Abbruches von Vertragsverhandlungen nicht in Erwägung gezogen, sondern ist vielmehr dem Zeitgeist gemäß vom Recht zum sanktionslosen Beenden der Vertragsanbahnung ausgegangen. Jedoch entsprach das in dieser uneingeschränkten Form sehr bald nicht mehr der einhelligen Rechtsüberzeugung. Immerhin ordnet schon das Gesetz selbst in einzelnen Vorschriften eine Verpflichtung zum Schadenersatz an, wenn der Vertrag unwirksam oder anfechtbar zustande kommt (§§ 122 Abs. I, 179 Abs. I und 2, 307 Abs. 1,309 BGB). Berücksichtigt man die erwähnten §§ 149 und 663 BGB, so war damit der rechtliche Boden vorbereitet, auch im Verhandlungsstadium eine eingeschränkte rechtliche Bindung der Parteien anzuerkennen, zumal diese Vorschriften bereits damals Ausdruck eines verbreiteten Rechtsbewußtseins vom Bestehen vorvertraglicher Sorgfaltspflichten waren 4 • Rechtsprechung und Lehre sahen daher keine unüberwindbaren dogmatischen Hindernisse für eine Rechtsfortbildung in der Richtung, daß schon bei den Verhandlungen gewisse Pflichten zur Rücksichtnahme anzunehmen seien, deren Verletzung für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen einen Anspruch auf Ersatz des erlittenen Schadens begründen könne. Auf diesen allgemeinen Nenner gebracht, wenn auch in den Einzelheiten ungesichert, hat sich diese Betrachtungsweise nicht nur im deutschen, sondern ähnlich im ausländischen Recht im Laufe des 20. J ahrhunderts weitgehend durchgesetzt 5• Die deutsche Rechtsprechung hatte sich bereits zur Zeit des Reichsgerichts, in größerem Umfang allerdings erst in den letzten drei Jahrzehnten, mit Klagen auf Schadenersatz wegen des Scheiterns von Vertragsverhandlungen zu befassen. Das Reichsgericht hat eine Haftung unter der Voraussetzung bejaht, daß jemand beim Verhandlungspartner sorgfaltswidrig die unzutreffende Überzeugung erweckt, es werde zum Vertragsabschluß kommen, und den Partner dadurch zu Aufwendungen veranlaßt 6• Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsprechung in einer Vielzahl von Entscheidungen fortgeführt 7 und darüber hinaus den Rechts3 Ob § 149 BGB einen Tatbestand vorvertraglicher Pflichtverletzung enthält, ist wegen der Rechtsfolge - Fiktion rechtzeitiger Angebotsannahme, nicht bloß Schadenersatzanspruch umstritten; eingehend dazu Hilger, AcP 185 (1985), 559, 561 ff. 4 Vgl. Mot 11, S. 178; Picker, AcP 183 (1983), 369, 452 f.; Soergel/Wiedemann Vor § 275 BGB Rz. I. I Dazu unten 2. Kap. 6 RGZ 132, 26, 28; 143,219, 222.
Einleitung
19
satz aufgestellt, nicht nur das schuldhafte Hervorrufen der Erwartung des Vertragsschlusses, sondern auch der Verhandlungsabbruch ohne triftigen Grund verpflichte zum Schadenersatz, sofern vorher das Vertrauen in das sichere Zustandekommen des Vertrages erzeugt worden sei 8. Als dogmatische Grundlage für die Haftung bot sich die von Ihering begründete, in den genannten Gesetzesbestimmungen teilweise kodifizierte und nach Inkrafttreten des Gesetzes durch Rechtsprechung und Schrifttum verallgemeinerte Lehre von der culpa in contrahendo an. Deshalb wird heute der Abbruch der Vertragsverhandlungen als besondere Fallgruppe dieses Haftungsinstitutes aufgefaßt und dis kutiert 9• Besteht insoweit Übereinstimmung, so gilt für die Haftung aus culpa in contrahendo im allgemeinen wie für diejenige aus dem Scheitern von Vertragsverhandlungen im besonderen, daß sie generell zwar anerkannt, in Voraussetzungen und Inhalt dagegen immer noch lebhaft, größtenteils auch grundsätzlich umstritten ist. Hauptsächlich innerhalb der Rechtswissenschaft gehen die Anschauungen schon im Ansatz weit auseinander. So plädiert Dieter Medicus in seinem 1981 für den Bundesminister der Justiz erstatteten Gutachten zur Reform des Schuldrechts lO dafür, die Figur der culpa in contrahendo in den Fällen des Abbruches der Vertragsverhandlungen überhaupt nur äußerst vorsichtig heranzuziehen: Anknüpfungspunkt für den Schuldvorwurf könne ausschließlich der falsche Anschein der Abschlußbereitschaft oder -möglichkeit sein; die Voraussetzungen einer Einstandspflicht ließen sich außerdem kaum erfassen. Statt dessen sollten vor allem rechtsgeschäftliche Lösungsmöglichkeiten gewählt werden. Er kommt demgemäß zu dem Ergebnis, eine gesetzliche Regelung des Verhandlungsabbruches als Fallgestaltung des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen sei nicht angebracht 11. Dieser skeptischen Sicht stehen einige neuere Abhandlungen entgegen, in denen versucht wird, die theoretischen Grundlagen der Einstandspflicht für erfolglose Verhandlungen zu klären und ihre tatbestandlichen Voraussetzungen genauer abzugrenzen, dabei auch den grundlosen Abbruch der Verhandlungen selbst, nicht lediglich ein vorangegangenes schuldhaftes Verhalten bei der Vertrauenswerbung als Haftungstatbestand zu begründen. Zu nennen sind in erster Linie die weiterführenden Arbeiten Hans Stolls l2 und Rolf Ostheims 13 • Vgl. nur BGH LM Nr. 3 und 11 zu § 276 (Fa) BGB. . . BGH LM Nr. 28 zu § 276 (Fa)BGB; aus neuerer Zeitz.B. BGHZ 71, 386, 395; 92,164,176; WM 1988, 163, 164. 9 Vgl. Erman/Battes, § 276 BGB Rz. 122; MK-Emmerich Vor § 275 BGB Rz. 75 ff.; Palandt/Heinrichs § 276 BGB Anm. 6 B a; Soerge1/Wiedernann Vor § 275 BGB Rz. 14 ff.; Staudinger/Löwisch Vorbem. zu §§ 275-283 BGB Rz. 54 ff. 10 Reformgutachten, S. 479,494 ff. 11 A.a.O., S. 503. Seinem Ansatz folgt Grunewald, JZ 1984,708,709 ff. 12 FS v. Caemmerer, S. 435, 445 ff. und FS Flume, S. 741, 754 ff. 13 JB11980, 522 ff. und 570 ff. Ausführlich ferner Larenz, FS Ba1lerstedt, S. 397,415 ff.; Lutter, Letter of Intent, S. 59 ff.; SoergellWiedernann Vor §§ 275 BGB Rz. 14 ff.; aus der österreichischen Literatur Koziol, Haftpflichtrecht 11, S. 75 ff. 7 8
2·
20
Einleitung
Da eine umfassende monographische Aufarbeitung der Problematik bislang fehlt, hat die vorliegende Arbeit zum Ziel, diese Lücke zu schließen und im Anschluß an die genannten Abhandlungen Voraussetzungen und Inhalt der Haftung aus dem Scheitern von Vertragsverhandlungen näher zu untersuchen. Ihr Gegenstand beschränkt sich auf das Scheitern der Vertragsverhandlungen als mögliche Fallgruppe der Haftung für culpa in contrahendo. Es geht nicht um die rechtlichen Auswirkungen im allgemeinen, welche der Mißerfolg von Verhandlungen zeitigen kann. So können im Einzelfall Ausgleichsansprüche aus besonderen, dem beabsichtigten Vertrag vorgelagerten vertraglichen Abreden, aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB), aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) oder aus Delikt (§§ 823 ff. BGB) entstehen l4 • Diese rechtlichen Möglichkeiten lassen sich in einer einzelnen Arbeit nicht alle mit der ihnen gebührenden Ausführlichkeit abhandeln. Vor allem liegt ihre eigentliche Problematik auf anderen, in sich relativ abgeschlossenen Gebieten und nicht gerade in der Anwendung auf den Tatbestand des Fehlschlagens von Vertragsverhandlungen. Sie werden deshalb lediglich in dem Maße in das Blickfeld der Untersuchung geraten, wie sie Ansprüche aus einem Verschulden bei Vertragsverhandlungen ausschließen oder zumindest beeinflussen können.
14
Dazu eingehend Lutter, Letter of Intent, S. 35-81.
1. Kapitel
Entwicklung und Dogmatik der Haftung für culpa in contrahendo Die culpa in contrahendo ist heute als Haftungsinstitut gewohnheitsrechtlich verankert I und hat in § 11 Nr. 7 AGBG ausdrückliche Anerkennung durch den Gesetzgeber gefunden; sie ist damit Teil des geltenden Rechts 2• Bei diesem Befund darf man aber nicht stehenbleiben, denn die Tatbestände vorvertraglicher Haftung sind ebenso wie der mögliche Haftungsinhalt im einzelnen, aber weitgehend auch im grundsätzlichen immer noch ungeklärt. Zum Gewohnheitsrecht verfestigt ist die culpa in contrahendo zwar allgemein als Rechtsfigur, hinsichtlich ihres konkreten Pflichtengehalts jedoch lediglich in einem nicht genau festlegbaren Kembereich. In neuerer Zeit ist überdies das Unbehagen an der Ausweitung ihres Anwendungsbereiches gewachsen, weil sie zu einem Instrument einer allgemeinen Billigkeitsjustiz entarte oder zu entarten drohe 3• So wird gar festgestellt, die culpa in contrahendo gehöre zu den Figuren, die mehr versprächen als sie hielten4 • Es ist deshalb unumgänglich, die Grundlagen des Haftungsinstitutes zu überprüfen.
I. Entwicklung Die Herausbildung eines Haftungsprinzips ist ein langwieriger, tastend voranschreitender Prozeß, in dessen Verlauf der allgemeine Rechtsgedanke erst über Zwischenstufen umfassend zum Ausdruck gelangt5. Demgemäß finden sich in der Geschichte der culpa in contrahendo eine Reihe von Ansichten, die überholt sind. Dennoch ist es angezeigt, in Kürze die Entwicklung des Haftungsinstitutes 1 Vgl. etwa BGH NJW 1979, 1983 = LM Nr. 55 zu § 123 BGB; Fikentscher, Schuldrecht, §20 IV 3, S. 68; Larenz, Schuldrecht AT, § 9 I a, S. 108 f.; PaIandt/Heinrichs § 276 BGB Anm. 6 A a; Soergei/Wiedemann Vor § 275 BGB Rz. 13 und 50; Staudinger ILöwisch Vorbem. zu §§ 275-283 BGB Rz. 38. 2 Medicus, Reformgutachten, S. 479, 486; Picker AcP 183 (1983), 369, 453. 3 Zu dieser Gefahr etwa BGH NJW 1970, 1840, 1841 =LMNr.34zu§276(Fa)BGB;Gottwald, JuS 1982, 877; Kreuzer, Verkehrspflichten, S. XXV fr. ("Schadensersatz - Generalklausel"); Medicus, JuS 1965, 209, 218 und ders., Reformgutachten, S. 479, 486; Nirk, FS Möhring, 1975, S. 71, 74 und 99; StolI, FS v. Caemmerer, S. 435, 436. 4 Huber, Reformgutachten, S. 647, 746. 5 Dies belegen beispielhaft gerade an der Entstehung der culpa in contrahendo Esser, Grundsatz und Norm, S. 162 ff.; Larenz, Methodenlehre, S. 406 f.
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I. Kap.: Entwicklung und Dogrnatik der c.i.c.
nachzuzeichnen, da nur auf diesem Hintergrund die Bewertung des Abbruches der Vertragsverhandlungen als eines haftungsbegründenden Tatbestandes verständlich wird und die neueren rechtsgeschäftlichen Lösungsversuche zudem in mancher Hinsicht an früher vertretene Auffassungen erinnern6 • In ihrer modernen Gesalt "entdeckt" wurde die Figur der culpa in contrahendo durch Rudolf v. Ihering in seiner Abhandlung "Culpa in contrahendo oder Schadensersatz bei nichtigen oder nicht zur Perfection gelangten Verträgen" aus dem Jahre 1861 7• Entsprechend dem Titel der Untersuchung befaßte sich Ihering ausschließlich mit Fällen, in denen ein Vertrag der äußeren Form nach, wenn auch unwirksam abgeschlossen worden ist. Es erschien ihm unbillig, daß auch bei Nichtigkeit eines Vertrages, etwa infolge eines von einem Teil verschuldeten Irrtums und Dissenses oder beim Widerruf einer bereits akzeptierten Offerte, der andere Teil seinen erlittenen Vertrauensschaden nur nach außervertraglichen Grundsätzen, die regelmäßig zur Abweisung einer entsprechenden Klage führten, liquidieren könne 8• Ihm ging es folglich darum, die Auswirkungen der gemeinrechtlichen Willenstheorie abzumildern 9 , nach der für die Entstehung eines Vertrages der innere Wille ausschlaggebend war. Die Bedeutung seiner Theorie liegt jedoch wesentlich darin, daß er für die Fälle des nicht perfekten Vertragsschlusses eine, wenn auch auf Ersatz des negativen Interesses beschränkte IO , "prinzipielle Verallgemeinerung" der vertraglichen Schadenersatzklage anstrebte 11. Den Kerngedanken faßte er in folgendem Satz zusammen: "Das Gebot der contraetlichen diligentia gilt wie für gewordene, so auch für werdende Contractsverhältnisse, eine Verletzung desselben begründet, hier wie dort die Contractsklage auf Schadensersatz" 12. Damit erkannte er besondere, über die deliktischen Verhaltensanforderungen hinausgehende Sorgfaltspflichten zwischen den Vertragsschließenden an: "Wer contrahiert, tritt damit aus dem rein negativen Pflichten kreis des außercontraetlichen Verkehrs in den positiven 6 Zur Geschichte der culpa in contrahendo vgl. Bohrer, Dispositionsgarant, S. 97 ff.; Cabjolsky, S. 1 ff.; Hildebrandt, Erklärungshaftung, S. 25 ff.; Kreuzer, Verkehrspflichten, S. I ff.; v. Lackurn, S. 63 ff.; Mielke, S. 17 ff.; Nirk, Diss., S. 6 ff. und ders., FS Möhring, 1965, S.385, 388 ff.; Pouliadis, Culpa in contrahendo, S. 30 ff.; Schrnitz, Dritthaftung, S. 31 ff.; Soergel/Wiedernann Vor § 275 BGB Rz. 1 ff. 7 JherJB 4 (1861), I. Zu Ansätzen einer Haftung für culpa in contrahendo irn rörnischen Recht vgl. Heldrich, Verschulden beirn Vertragsabschluß irn klassischen rörnischen Recht; Hildebrandt, Erklärungshaftung, S. 25 ff.; Nirk, Diss., S. 6 ff.; zurn Gerneinen Recht und den Partikularrechten des Deutschen Reichs, Hildebrandt, a.a.O., S. 38 ff.; Cabjolsky, S. 3 ff.; Nirk, Diss., S. 8 ff.; s. auch unten 2. Kap. I. 8 Ihering unterschied die Fälle der Unfähigkeit des Subjekts, der Unfähigkeit des Objekts (zurn Vertragsschluß) und der Unzuverlässigkeit des kontraktIichen Willens; a.a.O., S. 39 und 56 ff. Stets ist das äußere Zustandekornrnen eines Vertrages Haftungsvoraussetzung; vgl. dazu näher unten 2. Kap. I. 9 Kreuzer, Verkehrspflichten, S. V. IO JherJB 4 (1861), 1, insbes. 15 ff. und 29 ff. 11 A.a.O., 40. 12 A.a.O., 52.
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der Contractssphäre." 13 Die Nichtigkeit des Vertrages bedeute nicht die Abwesenheit sämtlicher Wirkungen, sondern schließe nur die Verpflichtung zur Erfüllung aus. 14 Den Grund der Haftung sah er in einer Garantie des Kontrahierenden für die Zuverlässigkeit und Wahrheit seiner Äußerungen und Mitteilungen, die er durch den Vertragsschluß abgebe l5 • Auf den besonderen vertraglichen Schutz könne gar nicht verzichtet werden, "wenn nicht der contractliche Verkehr nach dieser Seite hin empfindlichster Weise bloß gestellt werden soll, jeder Contrahent der Gefahr Preis gegeben werden soll, das Opfer fremder Nachlässigkeit zu werden." 16 Obgleich den Verfassern des BGB die Iheringsche Theorie bekannt war, haben sie sich einer generellen Stellungnahme enthalten. Der Gedanke einer Verantwortlichkeit für culpa in contrahendo hat der Sache nach zwar in einzelne Vorschriften Eingang gefunden, aber ohne daß die gesetzliche Regelung von einem einheitlichen Konzept ausgeht. So schlagen die §§ 122 und 179 BGB den Weg einer verschuldensunabhängigen Einstandspflicht ein, während namentlich die §§ 307 und 309 BGB echte Fälle gesetzlicher Haftung für culpa in contrahendo sind 17. Ausdrücklich offen gelassen wurde bei den Gesetzesberatungen die Rechtsnatur der Haftung; die Beantwortung der Frage, ob sie eine solche aus Delikt oder aber aus der Verletzung vertraglicher Pflicht sei, überließ man der Wissenschaft 18. Aufgrund dieser Zurückhaltung des Gesetzes und seiner Urheber verhielten sich sowohl Rechtsprechung als auch Lehre in den ersten Jahren nach Inkrafttreten des BGB gegenüber einer allgemeinen vertragsähnlichen Haftung aus culpa in contrahendo ablehnend. Die Lösung wurde ausschließlich im Deliktsrecht gesucht 19. Dessen bekannte Grenzen - insbesondere die Ausklammerung des Vermögensschutzes in § 823 Abs. 1 BGB und die Exkulpationsmöglichkeit bei der Gehilfenhaftung in § 831 BGB - sowie der Umstand, daß die Existenz vorvertraglicher Sorgfaltspflichten längst Bestandteil des Rechtsbewußtseins geworden war 20 , sorgten bald für einen Umschwung. Meilenstein und Katalysator der weiteren Entwicklung war Franz Leonhards Monographie "Verschulden beim Vertragsschlusse", durch die er die sog. Zielvertragstheorie begründete: in ausdrücklicher Entgegensetzung zu Ihering erblickte Leonhard Aa.O., 4[ f. A.a.O., 29 und 32. IS Aa.O., 42 f. 16 Aa.O., 42; ähnlich S. 7 und 44. 17 BGH LM Nr. [ zu § 307 BGB; BGHZ 76, [6,22. 18 Mot. I, S. [95; Ir, S. 179. 19 Vgl. z.B. RGZ 61,207,213; RG JW [90S,657;JW [909,6S4;JW [910, 74S, 749; LZ [910, Sp. SO, S[; Demburg, Das Bürgerliche Recht des Deutschen Reichs, Bd. I, § 130 Ir, S. [40; weitere Nachweise zur sog. Deliktstheorie bei Hi[debrandt, Erklärungshaftung, S. 52 ff.; v. Lackum, S. 66. 20 Vgl. bereits oben Ein[eitung. 13 14
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den Grund für eine vorvertragliche Haftung in einem nachfolgenden, wirksamen Vertragsschluß, wogegen die Einstandspflicht für den nichtigen Abschluß durch das Gesetz abschließend geregelt sei 21. Das Reichsgericht schloß sich dieser Lehre in der Entscheidung vom 26.4.1912 zum Luisinlichtfall an 22 und auch seine folgenden Urteile beruhten zunächst noch auf der Vorstellung vom Zielvertrag23 • Die Zielvertragstheorie war indes nur eine Übergangserscheinung. Die grundlegende Entscheidung des Reichsgerichts vom 5.4.1922 zum Weinsteinsäurefall 24 erkannte erstmals mit ausführlicher Begründung eine Haftung aus culpa in contrahendo ohne gültigen Vertragsabschluß an; über eine Analogie zu den §§ 122, 179,307, 30Q,Und 663 BGB kam das Gericht zur Annahme einervorvertraglichen Verantwortlichkeit der Beklagten dafür, daß sie einen Dissens und damit die Nichtigkeit des Vertrages verschuldet hatte. In einer Anmerkung zu diesem Urteil hielt Levy der Zielvertragstheorie entgegen 25 : "Erkennt man einmal an, daß schon im Stadium der Vertragsverhandlungen dem anderen Teil gegenüber gewisse Pflichten zur Aufklärung und zur Verhütung von Schaden an Leib und Gut bestehen, so ist es ein hysteron proteron, die Begründung dieser Pflichten dann doch wieder von dem etwaigen Abschluß des Hauptvertrages abhängig zu machen, der selbst da, wo er wirklich nachfolgt, höchstens die eine Bedeutung haben kann, daß er den aus der Verletzungjener Pflicht erwachsenen Schaden besiegelt." Auf der gleichen Linie liegt die Kritik Heinrich Stolls26 : "Entweder gibt es besondere Rechtspflichten gegenüber dem anderen Teil schon vor Vertragsabschluß - dann müssen sie auch ohne ihn gelten, oder aber entstehen diese Rechtspflichten erst durch den Vertragsabschluß - dann können sie nicht vor, sondern erst mit diesem wirksam werden." Es war jedoch nicht nur diese Unstimmigkeit, welche die Zielvertragstheorie hinfällig werden ließ; insbesondere vom rein logischen Standpunkt aus betrachtet ist eine Rückwirkung durchaus denkbar. Maßgebend war daneben das praktische Bedürfnis nach einer gesteigerten Haftung auch bei bloßen Vorverhandlungen. Daß eine A.a.O., S. 58 sowie ders., Allgemeines Schuldrecht, 1929, S. 544 ff. RG JW 1912,743: Eine Partei wurde zum Schadenersatz verurteilt, weil sie der anderen vertraglich den Vertrieb von Luisinlicht übertragen hatte, obwohl sie wissen mußte, daß der Verkauf des Luisinlichts durch den Partner an Maßnahmen der Konkurrenz, die sich auf ein entgegenstehendes Patent berief, scheitern würde. 23 RGZ 88, 99, 105; 95, 58, 60; 97, 325, 327; 103, 47, 50; aus dem Schrifttum z.B. Cosack/ Mitteis, Bürgerliches Recht, Bd. I, § 135, S. 354 f.; umfassende Nachweise bei Hildebrandt, Erklärungshaftung, S. 56 ff. 24 RGZ 104,265. Bereits in RGZ 78,239 wurde der Schadenersatzanspruch der Kaufhauskundin, die durch umstürzende Linoleumrollen verletzt worden war und den beabsichtigten Kauf deshalb nicht getätigt hatte, zwar nicht ausdrücklich aus culpa in contrahendo, jedoch aus einem den Kauf vorbereitenden, vertrags ähnlichen Rechtsverhältnis hergeleitet. Auf der gleichen Entwicklungslinie liegt auch schon RGZ 97,336, wo Schadenersatz für die Vereitelung des Zuganges einer Vertragsannahme zuerkannt wurde; allerdings fehlte eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Theorie der culpa in contrahendo. 25 JW 1922, 1313. 26 LZ 1923, Sp. 532, 543. 21
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Haftung aus culpa in contrahendo ohne gültigen Vertragsschluß möglich sei, wurde im Anschluß an die Weinsteinsäureentscheidung daher sehr bald nicht mehr in Zweifel gezogen 27 • Die culpa in contrahendo umfaßte somit in Synthese der Iheringschen und der Leonhardschen Lehren sorgfaltswidriges Verhalten beim Vertragsschluß ohne Rücksicht darauf, ob der Vertrag wirksam wird; weitergehend wurde auch auf das Erfordernis eines äußeren Vertragsschlusses überhaupt verzichtet, so daß nicht zu Ende geführte Verhandlungen ausreichten28 • Umstritten blieb jedoch die theoretische Begründung der Haftung. Dem Übergangsstadium entsprachen rechtsgeschäftliche Erklärungsversuche. So behalf sich etwa Siber29 mit der Annahme stillschweigender Haftungsverträge JO • Diese Betrachtungsweise war aber nicht nur dem Einwand der Fiktion ausgesetzt 31 ; vor allem will derjenige, der verhandelt, sich in aller Regel noch nicht rechtsgeschäftlich binden 32 • Wesentlichen Anteil an der Fortentwicklung der culpa in contrahendo als eines Haftungsinstitutes nahm Heinrich Stoll 33 • Im Anschluß an v. Thur 34 ging er davon aus, daß schon in der Phase der Vertragsverhandlungen ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien bestehe. Dessen Grundlage glaubte er in einem einseitigen Rechtsgeschäft zu erkennen, das durch das Vertragsangebot oder durch die Aufforderung zum Eintritt in die Verhandlungen zustande komme 3s • Einseitige Rechtsgeschäfte sieht das Gesetz jedoch nur als Ausnahme vor; überdies begegnete diese Herleitung der vorvertraglichen Einstandspflicht dem Einwand der Fiktion in gleicher Weise wie die Theorie vom Haftungsvertrag. Die These eines einseitigen Rechtsgeschäfts als Geltungsgrund der Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen ist deshalb überholt. Weiterführend war dagegen die Annahme eines umfassenden Schuldverhältnisses der Vertragsanbahnung, das in der Folgezeit indes als vom Willen der Beteiligten losgelöst betrachtet wurde. Das Reichsgericht sprach von einem in Erweiterung gesetzlicher Einzelbestimmungen anzuerkennenden "vertragsähnlichen Vertrauensverhältnis" unter den Verhandlungsbeteiligten, das sie zur 27 Vgl. den Stand der Rechtsprechung zusammenfassend RGZ 120,249,251; 151,357,358; 159,33,54 f.; danach noch RGZ 162, 129, 156; RAG JW 1938,2994. 28 Vgl. RGZ 132, 26, 28; 143, 219, 221 f. 29 Planck/Siber Vorbem. 14 c vor §§ 275-292 BGB und JherJB 70 (1921), 223, 258 IT. 30 Für Erhaltungspflichten ebenfalls z.B. Hildebrandt, Erklärungshaftung, S. 225 ff. mit weiteren Nachweisen, der die Haftung für culpa in contrahendo auf die Verletzung von Erklärungspflichten beschränkte. Auch die Rechtsprechung hat sich mitunter der Konstruktion von Haftungsverträgen bedient; vgl. dazu Bohrer, Dispositionsgarant, S. 104 f.; Hildebrandt, a.a.O., S. 82 tT.; Pouliadis, Culpa in contrahendo, S. 34 tT. 31 Vgl. Dölle, ZgesStaatsW 103 (1943), 67, 70; Baumert, S. 20 f.; Diers, S. 20. 32 Ballerstedt, AcP 151 (1950/51),501, 505. 33 LZ 1923, Sp. 532 tT. 34 AT lI/I, § 62 VI, S. 488. 35 A.a.O., Sp. 544; ähnlich ders., JW 1933, 34, 36: "einseitiger Rechtsakt". Zustimmend Heck, Schuldrecht, 1929, § 41, 4, S. 124: "einseitiges Rechtsgeschäft", bei beiderseitiger Verhandlung" Verhandlungsabkommen".
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Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verpflichte 36 • Der Bundesgerichtshof faßte den Rechtsgedanken in seiner grundlegenden Entscheidung vom 20.6.1952 37 wie folgt zusammen: "Die Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluß ist eine solche aus einem in Ergänzung des geschriebenen Rechts geschaffenen gesetzlichen Schuldverhältnis, das aus der Aufnahme von Vertragsverhandlungen entspringt und zur verkehrsüblichen Sorgfalt im Verhalten gegenüber dem Geschäftsgegner verpflichtet." Hiermit kam die Entwicklung zu einem gewissen Abschluß. Nach ganz herrschender Lehre entsteht durch die Vertragsanbahnung ein ungeschriebenes gesetzliches, das heißt nicht rechtsgeschäftliches, wenn auch vertragsähnliches Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflicht 38. Dies bedeutet vor allem, daß auch für reine Vermögensschädigungen und gemäß § 278 BG B für den Sorgfaltsverstoß eines Erfüllungsgehilfen gehaftet wird. Dem Inhalt nach lassen sich die vorvertraglichen Pflichten als reine Schutz-, insbesondere Aufklärungspflichten, zum Teil aber auch weitergehend als Mitwirkungspflichten auffassen. 39
11. Hauptfallgruppen Eine nähere Auseinandersetzung mit der culpa in contrahendo macht es erforderlich, sich über ihre wesentlichen Tatbestände Aufschluß zu verschaffen. Mit Recht wird einhellig die Notwendigkeit einer Fallgruppenbildung gesehen 40 : nur RGZ 120, 249, 251; 159, 33, 54; 162, 129, 156. BGHZ 6, 330, 333. 38 Vgl. z.B. BGH LM Nr. 3 zu § 276 (Fa) BGB; WM 1955,728,729; BGHZ 60, 221, 224; 66, 51,54 und 56; NJW 1979, 1983; NJW 1986, 1109, 1110; BAG AP Nr. I zu § 276 BGB Verschulden bei Vertragsabschluß; Canaris, JZ 1965,475,476; Erman/Battes § 276 BGB Rz. 110; Esser ISchmidt, Schuldrecht AT, § 29 11 I, S. 435 f.; Fikentscher, Schuldrecht, § 20 H, S. 65 f.; Gottwald, JuS 1982,877 f.; Jauernig/Vollkommer § 276 BGB Anm. VI 1 c; Larenz, Schuldrecht AT, § 9 I a, S. 106; Lehmann, Vertragsanbahnung, S. 295 ff.; Lutter, Letter of Intent, S. 59; MK-Emmerich Vor § 275 BGB Rz. 32 ff.; Nirk, FS Möhring, 1965, S. 384,387 ff. und FS Möhring, 1975, S. 71, 72 ff.; Palandt/Heinrichs § 276 BGB Anm. 6 A a; RGRK-Alff § 276 BGB Rz. 96; Soergel/Wiedemann Vor § 275 BGB Rz. 5; Staudinger 1 Löwisch Vorbem. zu §§ 275-283 BGB Rz. 38; StoII, FS v. Caemmerer, S. 435 ff. Demgegenüber von einer zweiten Grundform rechtsgeschäftlicher Haftung ausgehend Ballerstedt, AcP 151 (1950/51),50 I, 507; dagegen zutreffend Flume, AT 11, § 10,4, S. 12 f.; Mielke, S. 46 ff.; Schmitz, Dritthaftung, S. 31. Abw. auch Evans-v.Krbek, AcP 179 (1979), 85, 100: Haftung analog rechtsgeschäftlichen Regeln. Kritisch gegenüber der Annahme einer gesetzlichen Verantwortlichkeit ferner Köndgen, Selbstbindung, S. 105 und 420. 39 Oft wird der Schutzzweck der vorvertraglichen Pflichten nur im Erhalt der Rechtsgüter des Partners und in der Vermeidung von Beeinträchtigungen seiner gegenwärtigen Vermögenslage gesehen; so z.B. Canaris, JZ 1965,475,476 ff. Eine solche Einschränkung ist jedoch nicht gerechtfertigt; vgl. dazu auch unten 5. Kap. H 3. 40 Vgl. Medicus, Reformgutachten, S. 479, 487 ff.; Nirk, RabelsZ 18 (1953), 310, 313; ders., FS Möhring, 1965, S. 385, 395; Hans StoII, FS v. Caemmerer, S. 435, 438 ff.; Soergel/Wiedemanmn Vor § 275 BGB Rz. 7; ferner Esser ISchmidt, Schuldrecht AT, § 29 11, S. 436 ff.; Fikentscher, Schuldrecht, § 20 I 4, S. 64; Gottwald, JuS 1982,877,878; Huber. Reformgut36
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dadurch lassen sich der Rechtsfigur klare Konturen verleihen und ihre Ausuferung zu einer vagen Billigkeitsklausel vermeiden; darüber hinaus wird deutlich, daß die für die Legitimation der Haftung maßgebenden Gesichtspunkte in den einzelnen Fallgruppen einen unterschiedlichen Stellenwert besitzen. Die grundlegende Unterscheidung richtet sich danach, ob Pflichten hinsichtlich vertragsfremder Rechtsgüter oder aber solche hinsichtlich des abzuschließenden Vertrages selbst verletzt werden 41 • Bei der ersten Gruppe geht es um die anläßlich der Vertragsanbahnung erfolgende Verletzung absoluter Rechte wie Gesundheit 42 oder Eigentum 43 , jedoch auch um bloße Vermögensschädigungen44 • Daß es sich um legitime Anwendungsfcille der culpa in contrahendo handelt, wird de lege ferenda, teilweise aber schon de lege lata mit der Begründung bestritten, sie beträfen "genuines Deliktsrecht" und die culpa in contrahendo diene hier ausschließlich dazu, dessen rechts politische Mängel zu beheben 45 • Sofern eine Reform des Deliktsrechts die Möglichkeit einer Exkulpation bei der Gehilfenhaftung (§ 831 BG B) beseitigt, entfällt für Fälle dieser Art in der Tat weitgehend die Notwendigkeit eines Rückgriffs auf die culpa in contrahendo; ob die Ausdehnung der Verjährungsfrist nach Vertragsregeln auf dreißig Jahre (§ 195 BGB) gegenüber der Heranziehung der dreijährigen deliktsrechtlichen Frist (§ 852 BGB) sachgerechter ist, mag man mit guten Gründen bezweiachten, S. 647, 748 ff.; Kreuzer, Verkehrspflichten, S. XIII ff.; Larenz, FS Ballerstedt, S. 397, 400 ff.; MK-Emmerich Vor § 275 BGB Rz. 39 ff. und Emmerich, Leistungsstörungen, §5 I I, S. 38; Staudinger/Löwisch Vorbem. zu §§ 275-283 BGB Rz. 42 ff.; grundlegende Ansätze finden sich bereits in RGZ 151,357,358 und bei Heinrich StoII, LZ 1923, Sp. 532, 533. 41 v. Caemmerer, Ges. Schriften I, S. 452, 461; Kreuzer, Verkehrspflichten, S. XIII; Medicus, Reformgutachten, S. 479, 487; StoII, FS v. Caemmerer, S. 435, 436; Soergel/Wiedemann Vor § 275 BGB Rz. 7. 42 RGZ 78, 239 Linoleumrolle -: Anwendbarkeit von § 278 BGB; BGH NJW 1962,31 = LM Nr. 13 zu § 276 (Fa) BGB - Bananenschale -: Beweislast analog § 282 BGB; BGHZ 66, 51 = LM Nr. 52 zu § 328 BGB (Hiddemann) - Gemüseblatt -: Erstreckung des Schutzbereichs auf Begleitpersonen und Verjährung nach § 195 BGB; BGH NJW 1986,2757 = BB 1986, 1185 = Betrieb 1986, 1771 = VersR 1986,765 = JR 1987, 69 (Baumgärtel) - gefahrlicher Fußbodenbelag -: Beweislast analog § 282 BGB. 43 BGH NJW 1968, 1472 = LM Nr. 36 zu § 852 BGB; NJW 1977,376 = LM Nr. 46 zu § 276 (Fa) BGB; Soergel/Wiedemann Vor § 275 BGB Rz. 10. 44 BGH NJW 1961, 1308 = LM Nr. 104 zu § 1 UWG: Abwerbung von Arbeitnehmern des Verhandlungspartners; kritisch dazu Medicus, Reformgutachten, S. 479, 493. Hierzu zählt beispielsweise auch die Verletzung von Diskretionspflichten; Larenz, FS Ballerstedt, S. 397,415; Soergel/Wiedemann Vor § 275 BGB Rz. 11. 45 Vgl. v. Bar, Verkehrspflichten, S. 247 ff. und 312 ff.; ders., JuS 1982, 637, 640; v. Caemmerer, Ges. Schriften I, S. 452, 461 ff.; Hohloch, JuS 1977,302,305 f.; Hopt, AcP 183 (1983),608,630; Köndgen, Selbstbindung, S. 418 ff.; Kreuzer, JZ 1976,778,780; Larenz, FS Ballerstedt, S. 397,402 f.; Medicus, Reformgutachten, S.479, 488 ff.; MK-Kramer Ein!. v. §241 8GB Rz. 81; Posch, ZfRV 15 (1974),165 ff.; Pouliadis, Culpa in contrahendo, S. 80 ff.;Schuhmacher, Verbraucherschutz, S. 180ff.; Staudinger I J. Schmidt § 242 BGB Rz. 1229 ff.; StoII, FS v. Caemmerer, S. 435, 437; Thiemann, Cu1pa in contrahendo, insbes. S. 103 ff.; außerdem Huber, Reformgutachten, S. 647,737 f. und 743; ders. in: Soergel § 4338GB Rz. 168 ff., der die Problematik vor allem dem Deliktsrecht zuordnet, ohne allerdings eine konkurrierende vertragsgleiche Haftung beseitigen zu wollen.
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feln 46 , ebenso wie Unterschiede in der Beweislastverteilung zunehmend eingeebnet werden und damit an Bedeutung verlieren47. Jedoch erscheint der erforder1iche Globalschutz durch das Recht der unerlaubten Handlungen selbst dann noch nicht gewährleistet, wie die Fälle der Vermögensschädigung durch den Mißbrauch der Verhandlungssituation zeigen48 • Die Problematik ist in diesem Zusammenhang nicht weiterzuxerfolgen. Wesentlich ist indes, daß diese Fallgruppe in der wissenschaftlichen Diskussion einen Raum einnimmt, der ihre praktische und theoretische Bedeutung überschreitet. Der Schwerpunkt der culpa in contrahendo liegt bei der Verletzung vertragsbezogener Loyalitätspflichten 49 ; die dogmatische Begründung der Einstandspflicht für culpa in contrahendo darf sich mithin nicht an der Fallgruppe der Erhaltungspflichten orientieren50 •
Im eigentlichen Bereich des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen läßt sich weiter unterteilen 51 : Der Vorwurf der Pflichtverletzung kann sich darauf gründen, daß ein lästiger und nicht erwartungsgerechter Vertrag abgeschlossen wird 52, oder im Gegenteil darauf, daß kein wirksamer Vertrag zustande kommt. Unter letzterem sind wiederum die Haftung wegen des nichtigen Abschlusses und diejenige wegen des Abbruches der Vertragsverhandlungen auseinanderzuhalten. Bei der Verantwortlichkeit für den nichtigen Abschluß liegt der Pflichtverstoß in der Erweckung des Vertrauens auf die Wirksamkeit des Vertrages; der Pflichtige trägt die Verantwortung dafür, daß die geschädigte Partei sich infolge mangelnder Aufklärung von der unzutreffenden Annahme leiten läßt, der Vertrag sei bereits perfekt. Nur solche Fallgestaltungen wollte Ihering mit seiner Theorie erfassen. Gesetzliche Anwendungsfälle sind die §§ 307 und 309 BGB; praktische Bedeutung hat diese Fallgruppe vor allem im Zusammenhang mit dem Abschluß formnichtiger Verträge 53 und beim Verstoß gegen Vertretungs46 v. Bar, Verkehrspflichten, S. 316 f.; Kreuzer, JZ 1976, 778, 781; für entsprechende Anwendung von § 852 BGB etwa Soergel/Wiedemann Vor § 275 BGB Rz. 119. 47 Für eine Angleichung der Beweislastverteilung nach Gefahrenbereichen z.B. v. Bar, Verkehrspflichten, S. 192 ff.; Larenz, FS Ballerstedt, S. 397,402 f.; Pouliadis, Culpa in contrahendo, S. 128 ff.; weitgehend auch BGHZ 67, 383, 387. BGH NJW 1986,2757 f. lehnt eine Analogie zu § 282 BGB bei deliktischen Ansprüchen zwar ab, gewährt aber Beweiserleichterungen hinsichtlich des Verschuldens. 48 Kritisch oder ablehnend gegenüber der Verlagerung ins Deliktsrecht Canaris, FS Larenz, 1983, S. 27, 84 ff.; Emmerich, Leistungsstörungen, § 5 I I, S. 39; Picker, AcP 183 (1983),369, 435 f., 437 ff. und 442 f.; Schmitz, Dritthaftung, S. 19 ff.; Soergel/Wiedemann Vor § 275 BGB Rz. 12 und 57 ff.; unter ökonomischen Gesichtspunkten Lehmann, Vertragsanbahnung, S.3IOff. 49 StolI, FS v. Caemmerer, S. 435, 437; Soergel/Wiedemann Vor § 275 BGB Rz. 7. 50 Ebe~so Larenz, FS Ballerst~dt, S. 397,403. 51 Vgl. Medicus, Reformgutachten, S. 479, 488; Nirk, FS Möhring, 1965, S. 385, 395. 52 Dazu näher Gottwald, JuS 1982, 877, 880 ff.; Soergel/Wiedemann Vor § 275 BGB Rz. 36ff.; StolI, FS v. Caemmerer, S. 435, 454 ff. 53 BGH NJW 1965,812'" LM Nr. 2zu§276(Fc)BGB; WM 1965,674 =LM Nr. 24zu §313 BGB; WM 1966, 89; Häsemeyer, Gesetzliche Form, S. 64 ff. und 296 ff.; Reinicke, Rechtsfolgen, S. 118 ff. und ders., Betrieb 1967, 109 ff.; dazu auch unten·7. Kap. II 1.
11. Hauptfallgruppen
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regelungen 54 • Tatbestände solcher Art sind nicht Gegenstand vorliegender Arbeit; sie befaßt sich vielmehr nur mit dem Abbruch der Vertragsverhandlungen, d.h. mit Fällen, in denen die Vertrauensbeziehung im allgemeinen weniger fortgeschritten ist, weil die Pflichtverletzung mit einem künftigen Vertragsschluß zusammenhängt. Beim Abbruch der Vertragsverhandlungen bezieht sich die vorvertragliche Pflicht darauf, daß im Partner die Erwartung hervorgerufen wird, der Vertrag werde demnächst zustande kommen. Die mögliche Pflichtverletzung kann, wie zu erörtern sein wird, darin bestehen, daß diese Erwartung bereits sorgfaltswidrig erweckt oder aufrechterhalten wird, oder aber darin, daß sie nachträglich, insbesondere durch einen Verhandlungsabbruch ohne triftigen Grund, enttäuscht wird. Die eingebürgerte Bezeichnung "Abbruch der Vertragsverhandlungen" ist dabei in mehrfacher Hinsicht zu präzisieren: - Erstens müssen keine Verhandlungen in Form individueller und ausführlicher Gespräche stattgefunden haben. Dies ist zwar die Regel, aber nicht notwendig. Eine Haftung kommt auch ohne Verhandlungen im strengen Sinne in Betracht, sofern durch die Einleitung der Vertragsanbahnung besonderes Vertrauen erzeugt wird, was im besonderen bei Ausschreibungsverfahren Bedeutung erlangt 55. - Zweitens ist für diese Fallgruppe nicht kennzeichnend, daß die Verhandlungen abgebrochen werden, bevor die geschädigte Partei sie für beendet hielt 56. Freilich ist das zumeist der Fall; häufig steht der Geschädigte indessen auf dem Standpunkt, der Vertrag sei schon abgeschlossen 57• Ist dieses Vertrauen jedoch unberechtigt und trifft den Partner an ihm kein Verschulden, so haftet er nicht deshalb, weil der Vertragsschluß unwirksam ist. Ein Verschulden kann aber darin liegen, daß er sich weigert, den Vertrag abzuschließen, oder über seine Bereitschaft und Fähigkeit hierzu eine unzutreffende Vorstellung erzeugt. Demzufolge ist die Fallgruppe des Verhandlungsabbruches immer dann einschlägig, wenn sich der Pflichtverstoß nicht auf die Erweckung des Vertrauens in die Gültigkeit des Vertrages, sondern auf die verweigerte oder unmögliche Mitwirkung am Zustandekommen eines wirksamen Abschlusses bezieht 58. 54 Z.B. BGHZ 6,330; NJW 1984,606; BAG AP Nr. 1 zu § 276 BGB Verschulden bei Vertragsabschluß = NJW 1956,398 = BAGE 2, 217. Zur Gruppe des nichtigen Abschlusses zählt auch der Weinsteinsäurefall RGZ 104,265; vgl. zusammenfassend BGHZ 99, 101, 106 f. = NJW 1987,639 = WM 1987, 135 = ZIP 1987,35 mit weit. Nachw.: Nichtigkeit des Vertrages wegen Sittenwidrigkeit. Diese Fallgruppe ist in manchen ausländischen Gesetzen als Tatbestand der culpa in contrahendo ausdrücklich und gesondert geregelt, beispielsweise in Art. 1338 ital. Codice civile; dazu unten 2. Kap. IV 4. 55 Vgl. unten 2. Kap. III I c und 7. Kap. IV I. 56 So Medicus, Reformgutachten, S. 479, 504, genauer dagegen S. 494. 57 Z.B. in BGH WM 1955,728; WM 1965, 1115; WM 1975,923; WM 1988, 163; LM Nr. 28 zu § 276 (Fa) BGB; LM Nr. 80 zu § 313 BGB; BGHZ 57, 191. 58 Besonders deutlich BGH LM Nr. 80 zu § 313 BGB BI. 4 f. = WM 1979,458,461 f.;außerdem etwa BGH WM 1965, 1115, 1116; WM 1969, 692, 694.
I. Kap.: Entwicklung und Dogmatik der c.i.c.
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Maßgebend für die Abgrenzung ist also nicht die subjektive Vorstellung der Beteiligten im Zeitpunkt des Scheiterns der Vertragsanbahnung. Vielmehr kommt es auf den Inhalt der verletzten Pflicht an, nämlich ob diese auf die Überzeugung des Partners von der Vertragsperfektion oder aber auf die vorausgehende Erwartung, der Vertrag werde demnächst wirksam abgeschlossen, ausgerichtet ist. Diese Unterscheidung ist wesentlich, weil die Anforderungen an die Schutzwürdigkeit des Vertrauens und die Haftungsregeln verschieden sind. - Drittens trifft die Haftung überwiegend, jedoch nicht immer diejenige Partei, welche die Verhandlungen einseitig abbricht. So kann, wie sich zeigen wird, ein Anspruch auch bestehen, wenn die geschädigte Seite selbst die Konsequenz aus dem Fehlschlag der Verhandlungen zieht und die Verhandlungen ihrerseits abbricht. Allgemeiner formuliert, geht es mithin um die Haftung für das Scheitern von Vertragsverhandlungen.
IH. Rechtsgrund der Haftung Schon das Bedürfnis nach systematischer Einordnung und Klärung erfordert es, den Rechtsgrund zu bestimmen, auf den die Haftung für culpa in contrahendo zurückzuführen ist. Darüber hinaus kann eine klare Abgrenzung der Haftungsvoraussetzungen innerhalb der einzelnen Fallgruppen sowie eine Grenzziehung gegenüber dem De1iktsrecht nur erfolgen, wenn die Gesichtspunkte erkannt sind, welche eine vertragsähnliche Einstandspflicht für sorgfaltswidriges Verhalten bei Vertragsverhandlungen rechtfertigen. Der Hinweis auf die gewohnheitsrechtliche Anerkennung, die ja nicht für die konkreten Pflichten gilt, hilft in diesem Zusammenhang ebenso wenig weiter wie die Umschreibung der Haftung als solcher aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis. Eine Rechtsanalogie zu den §§ 122,179,307,309,523 Abs. 1,524 Abs. 1,600,663,694 BGB 59 vermag die Feststellung des Rechtsgrundes gleichfalls nicht zu ersetzen; abgesehen davon, daß für die einzelnen Vorschriften umstritten ist, ob sie ein gesetzlicher Anwendungsfall des Institutes der culpa in contrahendo sind 6(\ setzt die Analogie gerade voraus, daß sich ein diese gesetzlichen Bestimmungen tragender gemeinsamer Rechtsgedanke finden läßt 61 • Vor allem aber ist die vorvertragliche Haftung sowohl hinsichtlich ihrer Tatbestände als auch hinsichtlich der Rechtsfolgen über die Ansätze des Gesetzes qualitativ hinausgewachsen 62. 59
So etwa RGZ 104, 265, 267; 107, 357, 362; 120, 249, 251; Erman/Battes § 276 BGB
Rz. 112; Fikentscher, Schuldrecht, § 20 IV 2, S. 67; dagegen z.B. Schmitz, Dritthaftung, S. 34 f.
mit weit. Nachw. 60 Vgl. Schmitz, Dritthaftung, S. 35. 61 Vgl. Weiser, ÖJZ 1973, 281, 283. 62 In diesem Sinne auch Larenz, Schuldrecht AT, § 9 I a, S. 108; Nirk, FS Möhring, 1975, S. 71,78: Rechtsfortbildung nicht aus, sondern unabhängig vom Gesetz.
III. Rechtsgrund der Haftung
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1. Meinungsstand a) Herleitung aus dem Prinzip des Vertrauensschutzes
Nach Ansicht der Rechtsprechung beruht die Haftung für culpa in contrahendo auf dem Gebot des Vertrauensschutzes 63 • Ballerstedt hat diesen Gesichtspunkt in die klassische Formel gefaßt, es handele sich um eine Verpflichtung aus der Gewährung in Anspruch genommenen Vertrauens 64 : entscheidend dafür, ob und welche Schutz-, Erhaltungs-, Erklärungs- und Unterlassungspflichten entstünden, sei in jedem Abschnitt der Verhandlungen der Grad des Vertrauens, das gefordert und gewährt werde 65 • Das überwiegende Schrifttum erblickt im Vertrauensgedanken ebenfalls die wesentliche Legitimationsgrundlage der Haftung66 • Ballerstedt forderte jedoch subjektives, wenn auch berechtigtes 67 Vertrauen; liege im Einzelfall solches Vertrauen nicht vor, so entstehe auch keine Vertrauensbindunl8• Demgegenüber wird von einem Teil der Literatur das Erfordernis des Vertrauens weitgehend normativiert. Es komme nicht notwendig darauf an, ob der Berechtigte subjektiv vertraut habe, sondern darauf, ob er habe vertrauen dürfen 69 • Eine differenzierende Auffassung vertritt Larenz 70: Der Grund für die erhöhten Sorgfalts- und Rücksichtspflichten 63 Vg!. nur BGH LM Nr. 3 und 43 zu § 276 (Fa) BGB; WM 1955,728; NJW 1966,498,499= LM Nr. 1 zu VOBI A; BGHZ 49,77,78; 60, 221, 226; 66, 51, 54; 71, 386,393; NJW 1981, 1035, 1036; NJW 1981, 1673; NJW 1986, 1109, 1110; WM 1988,790,791; BAG AP Nr. 1 zu § 611 BGB Vertragsabschluß = BAGE 4, 196, 198; RGZ 120,249,251; 159,33,54; zurückhaltend aber BGH ZIP 1988,505,506 re. Sp. = NJW 1988,2234. 64 AcP 151 (1950/51), 501, 507. 65 A.a.O., 506. 66 Mit unterschiedlicher Akzentsetzung z.B.: Bohrer, Dispositionsgarant, S. 197 ff.; Canaris, JZ 1965,475,477; v. Craushaar, JuS 1971, 127, 128; Dölle, ZgesStaatsW 103(1943),67,74 und 86; Diers, S. 50 ff.; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 43 III, S. 191; Fikentscher, Schuldrecht, § 20 11 2, S. 65; Gottwald, JuS 1982,877,878; Hohloch, JuS 1977,302,306; Hübner, AT, Rz. 560; Jauernig/Vollkommer § 276 BGB Anm. VI 1 c; Karassis, S. 5; Larenz, Schuldrecht AT, § 9 I a, S. 106; Lehrnann, Vertragsanbahnung, S. 305 ff.; Lorenz, FS Larenz, 1973, S. 575, 618; Lutter, Letter oflntent, S. 59; Medicus, Schuldrecht AT, § 14 V, S. 59; MK-Kramer Einl. v. § 241 BGB Rz. 73; Müller, NJW 1969, 2169; Nirk, FS Möhring, 1975, S. 71, 73 ff.; Palandt/Heinrichs § 276 BGB Anm. 6 A a; RGRK-Alff § 276 BGB Rz. 96; Sack, WRP 1974, 445,454; Schimikowski, JA 1986, 345, 351; Soergel/Wiedemann Vor § 275 BGB Rz. 56 ff.; Staudinger/Löwisch Vorbem. zu §§ 275-283 BGB Rz. 38; Staudinger IWeber § 242 BGB A 418; StoII, FS Flume, S. 741 ff. (Vertrauenshaftung kraft "einseitigen Leistungsversprechens", dazu unten 4. Kap. 11 1 b aa). 67 AcP 151 (1950/51), 501, 507 Fn. 17 und 508. 68 A.a.O., 506. 69 Z.B. Frost, Schutzpflichten, S. 99 ff.; v. Lackum, s. 101 f.; Sticht, S. 43; Stöcker, S. 65 f.; Thiele, JZ 1967, 649, 652; zur Normativierung des Vertrauensbegriffes auch Fikentscher, Schuldrecht, § 27 I 4, S. 129; Köndgen, Selbstbindung, S. 116. 70 FS Ballerstedt, S. 397, 399 und 414 f. und Schuldrecht AT, § 9 I a, S. 106; zustimmend Gottwald, JuS 1982,877,878; Grote, Eigenhaftung, S. 86; Jauernig/Vollkommer § 276 BGB Anm. VI 1 c; Lehmann, Vertragsanbahnung, S. 306; MK-Kramer (1. Aufl.) Ein!. v. § 241 BGB Rz. 78; Schuhmacher, Verbraucherschutz, S. 190 f.; Staudinger 1 Dilcher Vorbem. zu §§ 145 ff. BGB Rz. 32.
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1. Kap.: Entwicklung und Dogmatik der c.i.c.
liege darin, daß derjenige, der mit einem anderen geschäftliche Beziehungen aufnehme, regelmäßig erwarte, es mit einem redlich denkenden, sich loyal verhaltenden Partner zu tun zu haben, und daß diese "allgemeine Redlichkeitserwartung" den Schutz der Rechtsordnung verdiene, weil ohne sie ein reibungsloser Geschäftsverkehr nicht möglich wäre. Darüber hinaus gebe es Fälle, in denen der eine dem anderen aufgrund besonderer Umstände ein gesteigertes Vertrauen entgegenbringe; dieses könne denjenigen, der es geweckt habe oder in Anspruch nehme, zu erhöhter Sorgfalt oder Loyalität verpflichten. b) Kritik und andere Begründungsansätze
Die Begründung der Haftung aus dem Prinzip des Vertrauensschutzes ist nicht unumstritten geblieben, wie sich das Vertrauen als selbständiger Haftungsgrund gegenwärtig überhaupt gewissen Vorbehalten ausgesetzt sieht 71. Von der Rechtslehre sind abweichende Gesichtspunkte entwickelt worden, die den Rückgriff auf den Vertrauensgedanken ersetzen, ihn teilweise aber auch nur ergänzen sollen. Die prägnanteste Kritik an der vertrauenstheoretischen Ableitung insbesondere bei Ballerstedt hat Frotz vorgetragen 72 : Das nachträgliche Vertrauen auf die Richtigkeit einer im Rahmen der Verhandlungen erteilten Auskunft vermöge nicht die vorherige Existenz einer Pflicht zur wahrheitsgemäßen Auskunft zu begründen. Die Schutzpflicht müsse schon im Zeitpunkt ihrer Verletzung vorliegen und deshalb bereits einsetzen, bevor ein Verhalten gezeigt werde, das eine Vertrauensgrundlage abgebe. Für die Entstehung der Schutzpflichten in contrahendo müsse mithin ganz von der späteren Entwicklung abgesehen werden. Das Gewähren von Vertrauen sei nur die normale Haftungsvoraussetzung der Ursächlichkeit des Verhaltens für den Schaden 73 • Ferner bleibe bei der Begründung aus dem Vertrauensprinzip unerklärlich, "warum in contrahendo das ,Vertrauen' stärker zu schützen ist als im normalen außervertraglichen Leben, das ebenfalls recht enge Kontakte und ausgeprägtes Verhalten kennt" 74. Frotz betrachtet die vorvertraglichen Schutzpflichten statt dessen als Korrelat privatautonomer Gestaltungsmöglichkeit 75. Es bestehe eine Verantwortung für 11 V gl. zur Vertrauenshaftung allgemein die grundlegende Arbeit von Canaris, Vertrauenshaftung, sowie aus jüngster Zeit Köndgen, Selbstbindung, S. 97 ff. 72 GS Gschnitzer, S. 163, 168 ff. und Verkehrsschutz, S. 60 ff. 13 GS Gschnitzer, S. 163, 169; zustimmend Flume, AT 11, § 10,4, S. 129 Fn. 36 a; Schmitz, Dritthaftung, S. 108; ebenso schon Erman, AcP 139 (1934), 273, 312. ,. A.a.O., 171 f. Kritisch oder ablehnend gegenüber der selbständigen rechtlichen Begründungsfunktion des Vertrauens auch Assmann, Prospekthaftung, S. 230 ff.; Evans-v.Krbek, AcP 179 (1979), 85, 87; Hopt, AcP 183 (1983), 608, 640 ff.; Picker, AcP 183 (1983),369,418 ff.; Prölss, JuS 1986, 169 Fn. 2; Schmitz, Dritthaftung, S. 36ff. und 105ff.; Staudinger/J. Schmidt § 242 BGB Rz. 1222 f.; Thiemann, Culpa in contrahendo, S. 41 ff. und 147 ff.; zurückhaltend auch Emmerich, Leistungsstörungen, § 5 I 2, S. 40. 15 GS Gschnitzer, S. 163, 172 ff. Insoweit zustimmend Canaris, Vertrauenshaftung, S. 442 Fn. 16 und 538 f.; MK-Kramer (1. Aufl.) EinI. v. § 241 BGB Rz. 79; Ostheim, JBI 1980, 522, 5Z.6 f.; Staudinger /Dilcher Vorbem. zu §§ 145 ff. BGB Rz. 31; StoU, FS v. Caemmerer, S. 435,
III. Rechtsgrund der Haftung
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den Schutz desjenigen, der sich mit Rücksicht auf die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit privatautonomer Gestaltung in den fremden Einflußbereich begebe oder hineingezogen werde und sich daher einem größeren Schadensrisiko aussetze als dem ohnehin mit jedem menschlichen Zusammenleben verbundenen. Müßte jeder Verkehrsteilnehmer damit rechnen, bis zur Grenze der deliktischen Verantwortung beherrsche die Rücksichtlosigkeit und Unbekümmertheit als legitimes Prinzip die Anbahnung rechtsgeschäftlicher Sonderverbindungen, so würde der rechts geschäftliche Verkehr untragbar durch ängstliche Vorsicht und Mißtrauen behindert. Da die Gemeinschaft auf einen störungsfreien und gefahrlosen Ablauf des rechtsgeschäftlichen Verkehrs angewiesen sei, müsse sie als Kehrseite der eingeräumten privatautonomen Gestaltungsmöglichkeit eine gesteigerte Verantwortung der Partner anerkennen. In der übrigen Literatur finden sich weitere Erklärungsansätze, die in ähnlicher Weise auf die Besonderheiten des rechtsgeschäftlichen Verkehrs abstellen 76 • So steht dem Gedanken eines Ausgleiches für das erhöhte Risiko durch privatautonome Betätigung die Vorstellung nahe, die Haftung aus culpa in contrahendo finde ihre Rechtfertigung in dem geschäftlichen Interesse, das der Pflichtige mit der Aufnahme geschäftlichen Kontaktes verfolge. Die vorvertraglichen Pflichten seien die notwendige Folge der Inanspruchnahme des Gegners zur eigenen Interessenwahrnehmung. Der geschäftliche Kontakt auch im Rahmen der Vertragsanbahnung bedeute eine Chance, die nutzbar gemacht werden könne. Dafür, daß sich der Partner im Interesse des anderen besonderen Gefahren aussetze, sei diesem quasi als "Entgelt" die erhöhte Sorgfalt zumutbar 77 • 468; Weiser, ÖJZ 1973,281, 284; auch Larenz, FS Ballerstedt, S. 397,415; kritisch Bohrer, Dispositionsgarant, S. 174 fT.; Frost, Schutzpflichten, S. 83 fT.; Grote, Eigenhaftung, S. 86 f.; Picker, AcP 183 (1983), 369, 408; Schmitz, Dritthaftung, S. 54 f.; allgemein auch Köndgen, Selbstbindung, S. tol fT. und 118. 76 Abw. die Lehre vom sozialen Kontakt, die die Haftung auch im außerrechtsgeschäftlichen Verkehr eingreifen läßt; Dölle, ZgesStaats W 103 (1943), 67, 74 ff.; ihm folgend Baumert, S.24 fT.; Blomeyer, Allg. Schuldrecht, § 17 III I b, S. 72; Esser/Schmidt, Schuldrecht AT, § 29 I, S. 430 ff.; Staudinger/J. Schmidt, § 242 BGB Rz. 1227 f.; Thiele, JZ 1967,649,652; dagegen z.B. BGHZ 51, 91, 99; 66, 51, 54; NJW 1974, 1503, 1504; WM 1983, 1189, 1192. Auf diese Lehre, die sich nicht durchgesetzt hat, braucht hier nicht näher eingegangen zu werden, weil sie lediglich für die deliktsähnlichen Schutzpflichten relevant wird, dagegen nicht für die den Vertragsabschluß betrefTenden Loyalitätspflichten; vgl. Dölle, a.aO., 86. Im übrigen wird sie zumeist mit dem Vertrauensgedanken verbunden. 77 Weiser, ÖJZ 1973,281,285 und ders., Vertretung, S. 76f.; ähnlich Daum, NJW 1968,372, 376; Koziol, Haftpflichtrecht H, S. 72; Larenz, MDR 1954,515,518; Sack, WRP 1974,445,454; Schleeh, S. 76 fT.; auch BGHZ 47, 224, 230; Erman, AcP 139 (1934), 273,320; unter ökonomischen Überlegungen Lehmann, Vertragsanbahnung, S. 317 fT. ("Deckungsbeitrag der Käuferseite"); kritisch oder ablehnend Baumert, S. 22 fT.; Diers, S. 44 ff.; Evans-v.Krbek, AcP 179 (1979), 85, 99; Frost, Schutzpflichten, s. 60 fT.; Mielke, S. 53; Schmitz, Dritthaftung, S. 50; Thiemann, Culpa in contrahendo, S. 64 fT. Die Kritik richtet sich zum Teil dagegen, daß der Gesichtspunkt des geschäftlichen Interesses mit dem Rechtsgedanken und der Anwendbarkeit des § 278 BG B verbunden wird. Die Gehilfenhaftung macht allerdings nur einen relativ kleinen Bereich der aIlgemeinen Problematik vorvertraglicher Haftung aus. Jedoch ist der Aspekt des geschäftlichen Interesses nicht notwendig auf die Anwendung des § 278 BGB gemünzt. 3 Küpper
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I. Kap.: Entwicklung und Dogmatik der c.i.c.
In neuerer Zeit wird vermehrt der Versuch unternommen, die den Vertragsverhandlungen entspringenden Sorgfaltspflichten aus dem Interesse an einer funktionstüchtigen Rechtsgeschäftsordnung herzuleiten. Dieser Gedanke, der schon bei Frotz anklingt, ist vor allem von Weiser weiterentwickelt worden 78 : Die generelle Gestattung von Sorglosigkeit gegenüber dem Vermögen des Partners führe wie im vertraglichen so auch im vorvertraglichen Stadium zu keiner Erleichterung, sondern im Gegenteil zu einer Erschwernis des Verkehrs. So müßte jeder Teil selber erhöhte Sorgfalt aufwenden, weil er sich bis zur Grenze der Arglist auf die Äußerungen des Gegners nicht verlassen könnte. Das würde zu einer Verteuerung des Geschäftsverkehrs führen, welche die Folge einer unwirtschaftlichen Vorgehensweise wäre, die einfach dadurch vermeidbar sei, daß jener Teil die nötige Sorgfalt aufwende, dem dies leichter falle. Für die Statuierung von Sorgfaltspflichten in contrahendo spreche also der Gedanke der Ökonomie des rechtsgeschäftlichen Verkehrs oder, allgemeiner formuliert, die Notwendigkeit des Aufbaues einer funktionstüchtigen Rechtsgeschäftsordnung. Nicht das Vertrauen an sich begründe die Sorgfaltspflichten, sondern der Vertrauensschutz sei vom Institut des Rechtsgeschäfts her notwendig. Eine Präzisierung dieses Begründungsweges durch eine ökonomische Analyse der Vertragsanbahnung ist das Ziel Michael Lehmanns 79: Die Haftung für vorvertragliches Verschulden erfahre ihre Rechtfertigung in dem Bemühen um die Minimierung der mit den Verhandlungen notwendig verbundenen Transaktionskosten 80• Je primitiver eine Wirtschaftsgesellschaft sei, desto weniger werde sie rechtlich das Vertrauen des einen auf die Erklärung des anderen bei der Durchführung von Austauschvorgängen schützen. Jeder Tauschvorgang müsse daher notwendig mit Mißtrauen, ökonomisch gesprochen, mit unnötigen Kosten der Absicherung belastet sein. Eine Senkung der volkswirtschaftlich betrachtet immer verschwendeten Transaktionskosten könne mit zivilrechtlichen Mitteln am besten durch die Schaffung einer Einstandspflicht für unnötige 78
ÖJZ 1973,281,284 und ders., Vertretung, S. 75 f., ebenso österr. OGH JBI1977, 315, 317
= SZ 49/94; Koziol, Haftpflichtrecht H, S. 72; Krejci, ÖZW 1979, 97, 99; Larenz, FS
Ballerstedt, S. 397, 414; MK-Kramer (I. Aufl.) Einl. v. § 241 BGB Rz. 79; Schmitz, Dritthaftung, S. 52 ff. und 109 ff.; ähnlich AK-Dubischar Vor §§ 275 ff. BGB Rz. 43. Der Gesichtspunkt des Verkehrsschutzes wurde auch schon früher hervorgehoben; vgI. Ihering, JherJB 4 (1861), 1,7,42 und 44; Erman, AcP 139(1934),273,321; RG JW 1912,743,744; RGZ 104,265, 268; 107, 356, 362; 143, 219, 222. In der neue ren Rechtsprechung wird die funktionale und ökonomische Notwendigkeit des Vertrauensschutzes für Verhandlungen betont, die auf einen planungsrechtlichen Kooperationsvertrag mit einem öffentlich-rechtlichen Planungsträger abzielen; vgl. BGHZ 71, 386, 393f.; 76,16,27; 76, 343, 348; LM Nr. 54 zu § 133(C) BGB BI. 4. Auf den Gedanken des Institutionsschutzes, freilich nicht auf den rechtsgeschäftlichen Bereich beschränkt, stellt auch ab Staudinger/J. Schmidt § 242 BGB Rz. 1223. 79 Vertragsanbahnung, S. 307 ff. und NJW 1981, 1233, 1239. 80 Darunter sind alle Kosten zu verstehen, die im Zuge der Vorbereitung und Abwicklung von Güteraustauschvorgängen entstehen; Lehmann, Vertragsanbahnung, S. 231 Fn. 18; ähnlich ders., NJW 1981, 1233, 1235 Fn. 21; vgl. ferner Behrens, Ökonomische Grundlagen, S. 106 ff.; Salje, Rechtstheorie 15 (1984),277,281. Im vorliegenden Zusammenhang läßt sich auch von Verhandlungskosten sprechen.
III. Rechtsgrund der Haftung
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Kosten und deren Zuweisung an den zur Kostenminderung am besten geeigneten Transaktionspartner, den "cheapest cost avoider", bewältigt werden 81 . Vor diesem ökonomischen Grundgedanken ließen sich sowohl die am Vertrauen orientierten Begründungsansätze als auch der Gedanke der gesteigerten Haftung für einen geschäftlichen Kontakt zusammenführen; beide Ansätze verfolgten die optimale Gestaltung eines möglichst reibungslosen Geschäftsverkehrs 82 . 2. Stellungnahme a) Vertrauensbegriff und rechtlicher Vertrauensschutz
Der Begriff des Vertrauens ist vieldeutig. Um ihn juristisch handbar zu machen, ist es erforderlich, seine verschiedenen Bedeutungsebenen zu klären. Vertrauen ist als jene Vorstellung "zwischen Hoffnung und Zuversicht,,83 zunächst ein empirisches Phänomen, das zwar subjektiv ist, aber im Verhalten des Vertrauenden nach außen in Erscheinung treten kann. Es ist allgemein und insbesondere im sozialen Zusammenleben ein notwendiger Ersatz für fehlendes Wissen 84 • Vielfach wird ein Handeln nur möglich, wenn das betreffende Individuum mangelnde und nicht erreichbare Gewißheit durch das Vertrauen auf bestimmte gegenwärtige oder zukünftige Umstände oder Ereignisse ausgleicht 85. Vertrauen ist deshalb, soweit es sich auf eine ausreichende Grundlage stützt und nicht leichtfertig erscheint, ein sinnvolles und sozial unentbehrliches Handlungsprinzip, daher Vertrauensschutz auch ein anerkannter Grundsatz des geltenden Rechts 86. Das Vertrauen bleibt jedoch aus der Sicht des Rechts weitgehend indifferent. Dessen Aufgabe besteht darin, nur solches Vertrauen, das nach rechtlichen Maßstäben schutzwürdig ist, zu fördern. Diese rechtliche Schutz81 Vertragsanbahnung, S. 308. So weitgehend auch Schuhmacher, Verbraucherschutz, S. 185, 189 f. und 207 ff., für den der Gesichtspunkt des "cheapest cost avoider" allerdings nur die "stabilisierende Komponente innerhalb des gedanklichen Referenzsystems" vorvertraglicher Informationspflichten ist; zu seiner Abgrenzung gegenüber Lehmann vgl. a.a.O., S. 191 ff. Allgemein zur ökonomischen Analyse des Vertragsrechts P.~sner, Economic Analysis of Law, Ch. 4, S. 65 ff., übersetzt in Assmann/Kirchner /Schanze, Okonomische Analyse des Rechts, S. 203 ff.; aus der anschwellenden deutschen Literatur: Behrens, Ökonomische Grundlagen, insbes. S. 106 ff. und 155 ff.; Esser /Schmidt, Schuldrecht AT, §2 IV, S. 33 ff.; Horn, AcP 176 (1976), 307, 319 ff.; Lehmann, Vertragsanbahnung, S. 226 ff.; Salje, Rechtstheorie 15 (1984),277,297 ff.; Schäfer /Ott, Ökonomische Analyse, S. 274 ff., 157 (zur c.i.c.) und 327 ff. (allgemein zum Vertrauensschutz); kritisch Fezer, JZ 1986,817 ff. und ders., JZ 1988,223 ff.; Ott/Schäfer, JZ 1988, 213 ff. 82 Vertragsanbahnung, S. 308. 83 Eichler, Vertrauen, S. 3. 84 v. Craushaar, Einfluß des Vertrauens, S. 21; in diesem Sinne auch Luhmann, Vertrauen, S. 21 ff.: "Reduktion sozialer Komplexität". 85 Vgl. Luhmann, Vertrauen, S. 21: "riskante Vorleistung". 86 Dazu allgemein Canaris, Vertrauenshaftung, S. 3; Larenz, AT, § 2 IV, S. 43 f. sowie BGHZ 71, 386,393, wo insbesondere auf den Vertrauensschutz im öffentlichen Recht (§§ 48 Abs.2 u. 3, 38 Abs. 2 VwVerfG) hingewiesen wird.
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l. Kap.: Entwicklung und Dogmatik der c.i.c.
würdigkeit bedarf jeweils besonderer Begründung. Vertrauen ist stets - subjektiv mehr oder weniger deutlich - auf bestimmte Umstände oder Ereignisse gerichtet 87• Diese Gerichtetheit des Vertrauens ist gerade für die rechtliche Beurteilung wesentlich; denn sofern Vertrauen zur Grundlage einer Rechtspflicht wird, bestimmt seine Richtung deren Inhalt. Da die Haftung aus culpa in contrahendo auf einer Pflichtverletzung beruht und letztere nur in einem menschlichen Verhalten liegen kann, kommt als ein die Verhandlungspflichten begründendes Vertrauen nur ein solches in Betracht, welches auf ein bestimmtes Verhalten des Partners gerichtet ist, das heißt eine Verhaltenserwartung88• Nur wenn man diesen Zusammenhang im Auge behält, lassen sich die vorvertraglichen Pflichten genauer herausarbeiten und ihr Inhalt mit der Richtung des Vertrauens in eine Beziehung setzen 89 • Der rechtliche Vertrauensschutz steht somit zum empirischen Vertrauensbegriff in enger Verbindung. Jedoch ist er von diesem in zweifacher Hinsicht unabhängig: Er ist enger, weil nicht jedes tatsächliche Vertrauen geschützt wird. Zugleich kann er weiter sein, indem er nicht in jedem Falle ein subjektiv vorhandenes Vertrauen voraussetzt, sondern unabhängig von diesem die Voraussetzungen schaffen soll, unter denen Vertrauen erst möglich ist 90. Ebenso wie ein aktuelles Vertrauen nicht mit gleichsam naturgesetzlicher, kausaler Notwendigkeit, sondern nur kraft rechtlicher Wertung eine Vertrauenspflicht erzeugt, schließt umgekehrt das Fehlen eines solchen Vertrauens eine seinem Schutz dienende Pflicht nicht aus. Rechtlicher Vertrauensschutz ist damit vor allem funktional, keineswegs kausal zu verstehen. Das rechtlich bedeutsame Vertrauen ist nicht lediglich vom rein tatsächlichen, sondern auch vom ethischen Vertrauens bereich zu unterscheiden, bei dem es ebenfalls um eine Bewertung des Vertrauens und seiner Mißachtung geht. Der Vertrauensschutz durch das Recht verfolgt zwar wesentlich den Zweck, rechtsethischen Anschauungen Geltung zu verschaffen. Jedoch sind ethisch wertvolle Vertrauensbeziehungen im gesamten gesellschaftlichen Leben und somit auch im rechtsfreien, nicht durch besondere rechtliche Verhaltensanforderungen beherrschten Raum anzutreffen 91 ; das Recht beabsichtigt nur den Mindestschutz sittlicher Vorstellungen. Außerdem können für die Anerkennung einer rechtlichen Vertrauenshaftung andere als ethische Gründe, beispielsweise ökonomische Erwägungen leitend oder zumindest mitbestimmend sein. 87 Dies betont zu Recht v. Craushaar, Einfluß des Vertrauens, S. 13 f.; ders., JuS 1971, 127, 129; zu den verschiedenen Vertrauensrichtungen auch K öndgen, Selbstbindung, S. 115, der den Begriff des Vertrauens durch den der .Iegitimen Erwartung" ersetzen will. 88 Vgl. Bohrer, Dispositionsgarant, S. 80 und 92 f. Allerdings äußert sich die rechtliche Wirkung von Vertrauen nicht stets im Entstehen einer Verhaitenspflicht, wie beispielsweise die Rechtsscheinhaftung (dazu Canaris, Vertrauenshaftung, S. 9 ff.) oder § 122 BGB zeigen. 89 VgI. dazu unten 4. Kap. III und 5. Kap. I. 90 Der Sache nach auf das gleiche hinauslaufend, wenn auch psychologisch zweifelhaft, Canaris, Vertrauenshaftung, S. 503 f.: Das Vertrauen sei keine psychische Tatsache, die von Fall zu Fall positiv festgestellt werden müsse; Vertrauen sei häufig nicht mehr als das Fehlen von Mißtrauen. Ähnlich v. Craushaar, JuS 1971, 127, 129 Fn. 18. 91 VgI. Eichler, Vertrauen, S. 4 ff.; Mielke, S. 58 f.
III. Rechtsgrund der Haftung
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Damit berührt sich, daß dem Vertrauen selbst auf der Ebene des Rechts eine unterschiedliche Bedeutung zukommt. Wie Frotz zutreffend herausgestellt hat, kennt auch das außervertragliche Leben ausgeprägtes Vertrauen, ohne daß es dort eine gesteigerte, überdeliktische Verantwortlichkeit auslöst 92 • Zwar kann es gerade im Deliktsrecht ein für die Intensität der Verhaltenspflichten mehr oder weniger ausschlaggebender Gesichtspunkt sein; die deliktische Verantwortlichkeit wird damit aber nicht zur Vertrauenshaftung93 • Von einer solchen läßt sich sinnvoll nur sprechen, wenn das Vertrauen ein, sei es auch im Zusammenwirken mit anderen Gesichtspunkten, tragender Haftungsgrund ist 94 • Es ist folglich die Frage zu stellen, ob und welche spezifische Funktion das Vertrauen in den verschiedenen Tatbeständen der culpa in contrahendo ausübt; zum anderen bedarf einer Erklärung, warum das Vertrauen gerade im Rahmen der Vertragsanbahnung besonderen Schutz verdient. b) Bedeutung des Vertrauens für die verschiedenen Tatbestände der culpa in contrahendo
Für die Entstehung des Rechtsverhältnisses der Vertragsverhandlungen ist ein konkretes, das heißt besonderes und subjektives Vertrauen weder in allen Fällen nachweisbar noch notwendig. Es genügt - gemäß der treffenden Formulierung von Larenz - die allgemeine Redlichkeitserwartung 95 : jeder, der am rechtsgeschäftlichen Verkehr teilnimmt, erwartet von seinem Partner, daß dieser ihn über die für den Geschäftsabschluß wesentlichen Umstände in verkehrsüblicher Weise aufklärt und die sonstigen Grundregeln eines loyalen Geschäftsverkehrs einhält 96 • Ein solches allgemeines, nicht personen- oder situations bezogenes und daher typisiertes Vertrauen hat keinen besonderen rechtsethischen Eigenwert. Die Rechtsordnung schützt es, weil es zur Gewährleistung eines loyalen und reibungslosen Geschäftsverkehrs unentbehrlich ist. Demgemäß kommt es auch weder darauf an, ob der geschützte Partner subjektiv Vertrauen gefaßt hat und dieses für sein Handeln maßgebend geworden ist, noch darauf, ob er nach den Umständen des Falles Anlaß zum Mißtrauen gehabt hat 97 • Ausschlaggebend ist, 92 Vgl. die Beispiele aus dem Straßenverkehr bei Larenz, MDR 1954,515,517; Picker, AcP 183 (1983), 369,421; StoII, FS Flurne, S. 741, 753. 93 Canaris, Vertrauens haftung , S. 2 f. Zur Bedeutung des Vertrauens für die Entstehung von deliktischen Verkehrssicherungspflichten vgl. BGH NJW 1974, 1503, 1504; v. Bar, Verkehrspflichten, S. 117 ff.; MK-Mertens Vor §§ 823-853 BGB Rz. 47; bei § 826 BGB MK-Mertens § 826 BGB Rz. 32. 94 Canaris, Vertrauenshaftung, S. 2 f.; dazu auch Köndgen, Selbstbindung, S. 112. 9S Ähnlich schon Erman, AcP 139 (1934), 273, 274; vgl. auch BGH WM 1986, 1047= NJWRR 1986, 1478: "allgemeines Verhandlungsvertrauen". 96 Dem entspricht auch die vielfach verwendete Bestimmung des Pflichteninhalts, wonach die "verkehrsübliche Sorgfalt" einzuhalten ist; z.B. RGZ 120, 249, 251; BGHZ 6, 330, 333. 97 Von einem subjektiven Vertrauensbegriff aus abw. Ballerstedt, AcP 151 (1950/51),501, 506 ff.; Medicus, JuS 1965,209, 213.
1. Kap.: Entwicklung und Dogmatik der c.i.c.
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daß derjenige, der Verhandlungen aufnimmt, sich im Interesse eines redlichen und reibungslosen Verkehrs in einer Weise verhalten muß, die eine loyale und vertrauensvolle Zusammenarbeit ermöglicht. Die allgemeine Redlichkeitserwartung als Grundlage für die Entstehung vorvertraglicher Sorgfaltspflichten hat vor allem Bedeutung in der Fallgruppe der Haftung für einen nicht erwartungsgerechten Vertrag. Sie begründet die Pflicht zur korrekten Mindestinformation über für den Vertragsschluß wesentliche Umstände. Daneben übernimmt die culpa in contrahendo hier die Aufgabe, unerwünschte Verträge zu kontrollieren oder zu verhindern 98 • Aus konkretem, situationsabhängigem Vertrauen können aber weitergehende Pflichten folgen. Derartiges Vertrauen hat zunächst die Funktion, die sich aus der allgemeinen Redlichkeitserwartung ergebende Pflichtenlage zu intensivieren 99 • Darüber hinaus ist es bei manchen Tatbeständen der culpa in contrahendo sogar in dem Sinne konstitutiv, daß es die entsprechende Pflicht erst begründet und somit ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal bildet. Eine Vertrauensbindung als Grundlage für eine Haftung entsteht hier nur, soweit in dem anderen ein besonderes, sich von der allgemeinen Verhandlungserwartung abhebendes Vertrauen erweckt wird. Dabei muß man sich allerdings davor hüten, das Vertrauen als bedingungsloses Sich-Verlassen zu verstehen. Das entspräche der ethischen Betrachtungsweise. Im rechtlichen Sinne ist entscheidend, daß das Verhalten der einen Seite zurechenbar aufVertrauenserweckung angelegt ist und daß sich die andere Seite dadurch zu einer Änderung ihrer Lage bewegen läßt; etwaige innere Bedenken und Zweifel schlagen demgegenüber nicht durch. Charakteristisch für diese Funktion des Vertrauens ist die Fallgruppe des Abbruches der Vertragsverhandlungen 1oo• Dort kann sich eine Haftung ausschließlich dann ergeben, wenn beim Partner ein besonderes Vertrauen, welches die mit dem Eintritt in Verhandlungen stets verbundene Erfolgshoffnung überschreitet, hervorgerufen worden ist 101 • Soweit die Einstandspflicht auf dem nachträglichen Bruch des Vertrauens durch das Scheiternlassen der Verhandlungen beruht, handelt es sich um einen typischen AnwendungsfaIl der Ballerstedtschen Formel von der Bindung durch die Inanspruchnahme gewährten Vertrauens. Nach dieser Formel wird bei der Haftung aus gesteigertem Vertrauen dieses der Entstehung und Verletzung der Pflicht zeitlich zumeist vorausgehen. Jedoch kann es - das hat Frotz richtig herausgestellt - auch anders liegen. Es ist anerkannt, daß vorvertragliehe Sorgfaltspflichten bereits durch eine einseitige MaßVgl. Soergel/Wiedemann Vor § 275 BGB Rz. 62 und 63. Larenz, Schuldrecht AT, § 9 I a, S. 106. 100 Ostheim, JBI 1980, 522, 528; Soergel/Wiedemann Vor § 275 BGB Rz. 61. IOI BGH NJW 1967,2199 = LM Nr. 23 zu § 276 (Fa) BGB; Ostheim, JBI 1980,570,573; StoII, FS v. Caemmerer, S. 435, 445; vor allem diese Fälle hat Nirk vor Augen, wenn erwenngleich verallgemeinernd - feststellt, die Haftung für culpa in contrahendo setze stets ein besonderes Vertrauen voraus; vgl. FS Möhring, 1975, S. 71,75 ff. 98 99
III. Rechtsgrund der Haftung
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nahrne, die auf die Anbahnung geschäftlichen Kontakts abzielt, entstehen können l02 • So muß jemand, der einen anderen zu Verhandlungen oder gar zur Abgabe eines Angebotes auffordert, schon hierbei die erforderliche Sorgfalt aufwenden, sich insbesondere vergewissern, ob er den Vertrag überhaupt abschließen will und kann, sofern er damit rechnen muß, daß dem anderen durch die geforderten Handlungen Aufwendungen erwachsen lO3 • In diesen Fällen eine Aufklärungsverpflichtung erst dann einsetzen zu lassen, wenn das Vertrauen später entsteht 104, würde nicht nur den Haftungsschwerpunkt in gezwungener Weise verlegen 105; eine solche Pflicht zur nachträglichen Beseitigung der bereits gesetzten Schadensursache käme überdies zu spät, falls sich der Schaden bereits durch die Vertrauensbestätigung des Partners - etwa in Form von Reisekosten oder Aufwendungen für die Angebotsbearbeitung - ergibt, ohne daß es zuvor zu einem gegenseitigen Kontakt gekommen ist. Die für den Schaden ursächliche Vertrauens pflichtverletzung kann demnach mit dem Setzen eines besonderen Vertrauenstatbestandes zusammenfallen und dem Vertrauen des Partners zeitlich vorangehen. Schon das auf Vertrauenserwecken gerichtete Verhalten unterliegt gesteigerten Verhaltensanforderungen. Entgegen Frotz ist daraus aber nicht zu folgern, das Vertrauensprinzip sei in diesem Fall außerstande, eine Haftung zu begründen, und das Vertrauen lediglich als notwendiger Kausalitätsmittler - was es freilich auch ist - aufzufassen lO6 • Oben wurde betont, daß die haftungs begründende Wirkung des Vertrauens nicht in einem kausalen Sinne zu verstehen ist. Selbst wenn das entgegengebrachte Vertrauen der Verletzung der Pflicht zeitlich nachfolgt, dient letztere doch seinem Schutz. Da das Recht auch etwas Zukünftiges schützen kann, steht die frühzeitige Pflichentstehung der Ableitung aus dem Vertrauensschutzprinzip nicht entgegen; die Pflicht hat ihren Geltungsgrund folglich im Erfordernis des Vertrauensschutzes.
102 Vgl. Erman, AcP 139 (1934), 273, 319 f.; Lehmann, Vertragsanbahnung, S. 340 ff.; Soergel/Wiedemann Vor § 275 BGB Rz. 72; Weiser, ÖJZ 1973,281,286; allgemein unten 6. Kap. II I. IOJ Vgl. das Beispiel von Erman, AcP 139 (1934), 273, 320: Ein Bauer wird durch irreführende Werbung eines Kaufhauses zur Fahrt in die Stadt verleitet, wo er feststellen muß, daß die inserierte Ware nicht vorhanden ist. 104 So Koziol, Haftpflichtrecht II, S. 73 Fn. 19. 105 Zutreffend Frotz, GS Gschnitzer, S. 163, 170; Weiser, ÖJZ 1973,281, 286. 106 So jedoch auch Sack, WRP 1974,445,454; Schmitz, Dritthaftung, S. 107. Die Erwiderung von Larenz (FS Ballerstedt, S. 397, 399) auf die Frotzsche Kritik trifft zwar den Regelfall, jedoch ist es keineswegs zwingend, daß der Abgabe einer vorvertraglichen SorgfaItsanforderungen unterliegenden Erklärung oder Auskunft ein entsprechendes Begehren der anderen Seite vorausgeht, mit dem diese ihr Vertrauen bereits bekundet. Soweit in den Fällen gescheiterter Vertragsverhandlungen die Pflichtverletzung in unterlassener Aufklärung besteht, wird in diesem Sinne zwar vielfach eine konkrete Erwartung, nicht über die Wahrscheinlichkeit des Abschlusses irregeführt zu werden, vorliegen, bevor es zur Pflichtverletzung kommt. Es kann aber, wie im Text dargelegt, auch so sein, daß das konkrete Vertrauen erst durch den Pflichtverstoß hervorgerufen wird, und jedenfalls ist die konkrete Erwartung des Vertragsabschlusses regelmäßig die Folge gerade der Ptlichtwidrigkeit.
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I. Kap.: Entwicklung und Dogmatik der c.i.c.
Es läßt sich festhalten, daß es bei allen Tatbeständen der culpa in contrahendo im eigentlichen Sinne um den Schutz von Vertrauen geht. Insofern liegt dem Institut trotz seines weitgefächerten Anwendungsbereichs ein allgemeiner Rechtsgedanke zugrunde. Allerdings ist die Bedeutung des Vertrauens bei näherer Betrachtung unterschiedlich: teilweise reicht eine allgemeine Redlichkeitserwartung, also typisiertes Vertrauen aus, ohne daß es auf ein besonderes, subjektives Vertrauen ankommt; teilweise, dies gilt insbesondere für die Haftung aus dem Scheitern von Vertragsverhandlungen, ist gerade ein solches Vertrauen als pflichtensteigernder oder -begründender Faktor erforderlich, der aber nicht in jedem Falle schon im Zeitpunkt der Pflichtentstehung vorliegen muß. c) Berechtigung des besonderen Vertrauensschutzes im Stadium der Vertragsanbahnung
Den Kritikern des Vertrauensschutzgedankens ist zuzugeben, daß es einer Begründung dafür bedarf, weshalb das Vertrauen im Stadium der Vertragsanbahnung anders als im außervertraglichen Bereich einem besonderen, vertragsähnlichen Schutz unterstellt wird. Der entscheidende Grund ist darin zu sehen, daß bereits durch die Anbahnung eines Vertragsverhältnisses eine Sonderverbindung zwischen den Beteiligten zustande kommt. Der Schutz des Vertrauens hat seine allgemeine Grundlage in dem Prinzip von Treu und Glauben (§ 242 BGB) 107. Dieses Prinzip gilt, da es zwischen den Rechtssubjekten eine besondere, über den Maßstab der "guten Sitten" (§ 826 BGB) hinausgehende Pflichten lage erzeugt, indes nur in Sonderverbindungen lO8 • Deshalb kann Vertrauen außerhalb einer solchen Beziehung kein selbständiger Haftungsgrund sein, sondern allenfalls im Rahmen deliktsrechtlicher Normen pflichtenintensivierend wirken. Eine Sonderverbindung ergibt sich aber nicht erst durch den Vertragsabschluß. Sie entsteht vielmehr schon durch die, selbst einseitige Maßnahme der Kontaktaufnahme umfassende, Anbahnung des Vertragsverhältnisses, da der Partner zur Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes, nämlich der Überprüfung der Möglichkeit und der Voraussetzungen des Vertragsschlusses, seinen Rechtskreis gegenüber dem anderen bewußt öffnen soll, wodurch er sich 107 Vg\. etwa BGH NJW 1970, 1840, 1841 = LM Nr. 34 zu § 276 (Fa) BGB; BGHZ 60, 221, 224; BAG AP Nr. 4 zu § 276 BGB Verschulden bei Vertragsabschluß; Canaris, JZ 1965,465, 466; Fikentscher, Schuldrecht, § 20 IV 1, S. 67; Frost, Schutzpflichten, S. 80; Frotz, Verkehrsschutz, S. 66; Larenz, Schuldrecht AT, § 9 I a, S. 106; MK-Kramer Ein\. v. § 241 Rz. 73; Sticht, S.41. Eine ausdrückliche Erstreckung des Gebots von Treu und Glauben auf das vorvertragiiche Verhandlungsverhältnis enthalten Art. 1337 des italienischen Codice civile und Art. 197 des griechischen ZGB; dazu unten 2. Kap. IV 4 und 5. 108 Erman/Sirp § 242 BGB Rz. 19 und 21; Fikentscher, Schuldrecht, § 27 I a, S. 127; Frost, Schutzpflichten, S. 41 f.; Larenz, Schuldrecht AT, § 10 I, S. 127 f.; MK-Roth § 242 BGB Rz. 2 und 53 ff.; Palandtl Heinrichs § 242 BGB Anm. 1 c; Soergel/Teichmann § 242 BGB Rz. 30 ff.; Staudinger/Weber § 242 BGB A 26; abw. Staudinger/J. Schmidt § 242 BGB Rz. 113 ff. offen lassend BGH NJW 1988,255,257.
III. Rechtsgrund der Haftung
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der erhöhten Möglichkeit einer Schädigung aussetze 09 • Dies hebt das Verhältnis zwischen den Verhandlungsparteien untereinander aus dem zufalligen Kontakt heraus, der die typische Domäne des DeIiktsrechts ist und begründet eine vertragsähnliche Rechtsbeziehung. Die Existenz einer Sonderverbindung hat dadurch, daß sie den außervertraglichen Vertrauensbereich ausgrenzt I 10, eine haftungsbeschränkende Funktion. Jedoch liegt in der bewußten Herbeiführung einer besonderen Einwirkungsmöglichkeit auf die Rechts- und Vermögenssphäre des anderen zugleich ein haftungsbegründendes Elemene ll . Dieses trägt einen dynamischen Charakter. Je ausgeprägter die Vertrauensbeziehung wird, um so stärker und spezifischer in der Verhandlungssituation verwurzelt sind die aus der Sonderverbindung resultierenden Gefahren; desto stärker und berechtigter ist das Bedürfnis nach einem vertragsähnlichen Schutz des Vertrauens. Daß das Vertrauen innerhalb der Sonderverbindung der Vertragsparteien ein tragfähiges Haftungsprinzip abgibt, läßt sich daher nicht in Abrede stellen. Mit der Einordnung des Verhandlungsverhältnisses als einer Sonderverbindung ist der grundlegende Gesichtspunkt aufgezeigt, der den Vertrauensschutz gerade in contrahendo legitimiert. Deshalb erweisen sich die übrigen im Schrifttum angeführten Kriterien keinesfalls als überflüssig. Sie ersetzen das Ver109 Eingehend dazu Frost, Schutzpflichten, S. 66 Ir.; ferner Canaris, FS Larenz, 1983, S. 27, 34 und 88; Erman, AcP 139 (1934), 273, 320f.; Evans-v.Krbek, AcP 179(1979), 85, 98 f.; Hildebrandt, Erklärungshaftung, S. 124; Lutter, Letter of Intent, S. 70; Medicus, JuS 1986,666,668; Mielke, S. 60 ff.; MK-Roth § 242 BGB Rz. 189; R. Raiser, AcP 127 (1927), 1,24 f. und43; StoII, AcP 136 (1932),257,288 f.; Soergel/Wiedemann Vor § 275 BGB Rz. 59; BGHZ 70, 337,345; auch BGHZ 51, 91, 99 ff. 110 Allerdings gibt es, was hier nicht weiter zu vertiefen ist, auch im außervertraglichen Verkehr Sonderbeziehungen, die einen nach § 242 BGB gesteigerten Vertrauensschutz erfordern. Hierzu rechnet etwa die Auskunftshaftung; vgl. Canaris, FS Larenz, 1983, S. 27, 93 ff. und 106 ff.; ders., Vertrauenshaftung, S. 538 f.; gleiches mag bei Vereinbarungen im familiären Bereich gelten; dazu StoII, FS Flurne, S. 741, 770; Hildebrandt, Erklärungshaftung, S. 125. Stets ist aber das Vorliegen eines - vor allem durch die gemeinsame Zweckrichtung begründeten - SonderverhäItnisses zu prüfen, um nicht die Grenzziehung zu den allgemeinen deliktischen Verkehrspflichten zu verwischen; vgl. Soergel/Wiedemann Vor § 275 BGB Rz. 183 ff. (insbesondere zur Prospekthaftung). Das Merkmal der Sonderverbindung erfüllt schließlich selbst beim deliktsrechtlichen Vermögensschutz eine abgrenzende Aufgabe; vgl. Canaris, FS Larenz, 1983, S. 27, 41 ff. Daraus folgt indes nicht seine U ngeeignetheit für die Abgrenzung des rechtsgeschäftlichen vom deliktischen Bereich; es besagt lediglich, daß Sonderverbindungen zusätzlich unter dem Schutz des - die reine Vermögensschädigung im allgemeinen ausklammernden - Deliktsrechts stehen können; dazu auch unten 3. Kap. II 2 c. 111 Das berücksichtigt Picker in seiner Kritik an den Vertrauenstheorien nicht hinreichend; vgl. AcP 183 (1983), 369,418 ff. Er führt die Haftung statt dessen auf ein rechtsideales Postulat des "neminem laedere" zurück; a.a.O., 460 ff. Ein derartiges Ideal ist anders als das Prinzip des Vertrauensschutzes als Bestandteil des positiven Rechts nicht nachweisbar. Die Vorstellung eines allgemeinen Schädigungsverbotes widerspricht im Gegenteil dem vom Grundsatz her nur auf den Schutz absoluter Rechte ausgerichteten Deliktsrecht, wie es in den §§ 823 ff. BGB niedergelegt ist, und kann schon von daher keine größere Überzeugungskraft als der Vertrauensgedanke ausüben. Zur notwendigen Einschränkung des allgemeinen Schädigungsverbotes greift Picker im übrigen auch auf das Kriterium der Sonderverbindung zurück; aa.O., 476 ff. Im Ergebnis ergeben sich folglich keine Abweichungen zur herrschenden Lehre.
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I. Kap.: Entwicklung und Dogmatik der c.i.c.
trauensprinzip nicht, geben aber dem Vertrauensschutz, je nach Haftungstatbestand und Verhandlungsphase sowie dem Charakter des Vertrauens mit unterschiedlichem Gewicht, eine weitere Begründung. So trägt der Gedanke einer verstärkten Verantwortlichkeit als Ausgleich für die Inanspruchnahme des Partners zur eigenen Interessenverfolgung im Regelfall die Haftung aus culpa in contrahendo mit ll2 . Er entfaltet zusätzliche Überzeugungskraft, wenn bei den Verhandlungen dadurch besonderes Vertrauen hervorgerufen wird, daß eine Seite die andere zu Vorleistungen auf den Vertragsschluß auffordert oder veranlaßt. Dann verlangt die erhöhte Gefährdung des anderen zum Zwecke der eigenen Interessenwahrnehmung, daß als "Gegenleistung" auf die Interessen des anderen besondere Rücksicht genommen wird. Dies ist ein Gesichtspunkt, der gerade bei der Haftung für das Scheitern der Vertragsverhandlungen Bedeutung erlangt 113 • Die Sicht der Vertrauenshaftung als Korrelat der Privatautonomie hebt zutreffend hervor, daß letztere nicht unbeschränkt gilt. Vielmehr sind Selbstverantwortung als Schranke privatautonomer Betätigung und Vertrauensschutz die bei den Seiten ein und derselben Medaille ll4 • Wer mit dem Ziel, eine privatautonome Bindung einzugehen, Kontakt zu einem anderen aufnimmt, tritt aus der Deliktssphäre heraus und muß infolgedessen die Regeln eines loyalen Geschäftsverkehrs beachten. Diese Betrachtungsweise trägt in besonderem Maße zum Verständnis des Zusammenspiels von Vertragsfreiheit und Vertrauensbindung in den Fällen des Scheiterns von Vertragsverhandlungen bei ll5 . Die Notwendigkeit eines vertragsähnlichen Vertrauensschutzes bei der Anbahnung eines Vertragsverhältnisses läßt sich auch mit ökonomischen Erwägungen belegen. In außervertraglichen Verhältnissen würde eine Haftung für unbedachte Äußerungen oder für den Bruch des gegebenen Wortes zu einer unerträglichen Einengung der Handlungsfreiheit führen. Die immer erkennbare Möglichkeit, einen anderen durch Unachtsamkeit zu nachteiligen Dispositionen zu bewegen, müßte jeden zu größter Zurückhaltung veranlassen und würde den 112 Eine Ausnahme bilden die weniger bedeutsamen Fälle, in denen ein unentgeltlicher Vertrag abgeschlossen werden soll; Baumert, S. 23; Mielke, S. 53; Schmitz, Dritthaftung, S. 50; abw. Schleeh, S. 78. 113 Ostheim, JBl 1980, 570, 573. 114 So MK-Kramer (I. Aul1.) Ein!. v. § 241 BOB Rz. 79; ähnlich Canaris, Vertrauenshaftung, S. 442 Fn. 16; auch schon Meier-Hayoz, Vertrauens prinzip, S. 103 f. Den Einwand von Schmitz (Dritthaftung, S. 55), daß eine Haftung aus culpa in contrahendo auch beim gesetzlichen Kontrahierungszwang möglich sei (vgl. BOH NJW 1974, 1903, 1904 = LM Nr. 14 vor § 145 BOB), hat Frotz selbst bereits widerlegt; vg!. OS Oschnitzer, S. 163, 180. 115 Dazu unten 3. Kap. I 2. Diese Fälle zeigen zugleich, daß der Ansatz Schuhmachers (Verbraucherschutz, S. 184), in Abgrenzung zu Frotz nicht von der Privatautonomie des Pl1ichtigen auszugehen, sondern den tragenden Haftungsgesichtspunkt im Schutz der Vertragsfreiheit des Berechtigten zu sehen, zu eng ist und nur die Fälle verletzter Aufklärungspflicht (mit)erfassen kann; vg!. 4. Kap. I 1 b bb. Beim Abbruch der Vertragsverhandlungen geht es dagegen zentral um die Beschränkung der Privatautonomie des abbrechenden Partners.
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Verkehr beeinträchtigen, wenn nicht gar lähmen 1I6 • Der Schutz des anderen kann folglich lediglich in engen Grenzen anerkannt werden. Das BGB bedient sich dazu in den §§ 823 ff. BGB eines abgestuften Systems des Deliktsschutzes; für unrichtige Äußerungen wird, vom Ehr- und Kreditschutz abgesehen, nach § 826 BGB nur bei sittenwidriger und vorsätzlicher Schädigung gehaftet l17 • Anders liegt es im vertraglichen, aber auch im vorvertraglichen Verkehr. Hier hat sich jeder Teilnehmer bewußt zu sein, daß der Partner ihm erteilte Auskünfte und Zusicherungen zur Grundlage seines HandeIns machen kann. Die Handlungsfreiheit muß daher auf engere Schranken stoßen, da eine bis an die Grenze der Arglist betriebene Rücksichtslosigkeit den rechtsgeschäftlichen Verkehr belasten würde; vielfach müßte man entweder aus übergroßer Vorsicht von einem Vertragsschluß Abstand nehmen oder man sähe sich jedenfalls zu zeit- und kostenaufwendigen Vorsichtsmaßregeln gezwungen, die durch eine loyale Zusammenarbeit vermieden werden können. Der Aspekt der Reibungslosigkeit des Geschäftsverkehrs hat, wie bereits erwähnt, insbesondere für den Schutz der allgemeinen Redlichkeitserwartung eine legitimierende Funktion. Indem der Pflichtige angehalten wird, gewisse Mindestinformationen zu erteilen, weil er sich diese einfacher und damit zeit- sowie kostengünstiger als der Partner beschaffen kann, wird der Geschäftsverkehr von unnötigen Reibungen entlastet und der Entstehung überflüssiger Kosten entgegengewirkt. Für die Statuierung und Ausformung von Aufklärungspflichten ist gerade dieser Gedanke der Haftungszuweisung an den "cheapest cost avoider" von wesentlicher Bedeutung 1I8 • Freilich erscheint es weder möglich noch notwendig, alle rechtlichen Wertungen auf ökonomische Kategorien zurückzuführen 1I9 • Die vorvertraglichen Sorgfaltspflichten haben zwar weitgehend die Aufgabe, einen reibungslosen, von nutzlosen Transaktions- oder konkreter: Verhandlungs kosten möglichst freien Geschäftsverkehr zu ermöglichen. Jedoch sollen sie allgemein und darüber hinaus ein redliches und loyales Geschäftsverhalten gewährleisten. In diese Zielsetzung fließen auch Wertungen ein - etwa über die besondere SchutzbedürfIIh Weiser, ÖJZ 1973,281,284; ebenso schon Ihering, JherJB 4 (1861), I, 12 f.: Die Ausdehnung der Haftung würde zu "einer wahren Geißel des Umganges und Verkehrs werden, alle Unbefangenheit der Conversation wäre dahin; das harmloseste Wort würde zum Strick!" 117 Eine Einschränkung ist gleichermaßen unumgänglich, wenn man, wie viele ausländische Rechte, über eine deliktische Generalklausel auch das Vermögen schützt; vgl. Larenz, Schuldrecht BT, § 71 I b,S. 591 f.; v. Bar, Reformgutachten, S. 1681, 1694. Zur Problematik des deliktsrechtlichen Vermögensschutzes vgl. 3. Kap. 11 2 c. 118 Vgl. dazu Lehmann, Vertragsanbahnung, S. 230 f., 238 ff., 248 ff. und 307 f.; ders., NJW 1981, 1231, 1239 f.; Schuhmacher, Verbraucherschutz, S. 189 f. und 207 ff.; ferner Assmann, Prospekthaftung, S. 239 f.; Hopt, AcP 183 (1983),608,652 ff.; Horn, AcP 176 (1976), 307, 322; Salje, Rechtstheorie 15 (1984),277,285 f.; allgemein zur Präventivfunktiondes Haftungsrechts - die mit einer solchen Haftungszuweisung verbunden ist - auch KoUer, ZIP 1986, 1089, 1090 mit weit. Nachw. 119 Ebenso Schuhmacher, Verbraucherschutz, S. 196. Ein Totalitätsanspruch der ökonomischen Analyse wird zu Recht ganz überwiegend abgelehnt; vgl. etwa Horn, AcP 176 (1976), 307, 331; Lehmann, Vertragsanbahnung, S. 237 Fn.47; Salje, Rechtstheorie 15 (1984), 277, 290.
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tigkeit einer Partei -, denen die wirtschaftliche Betrachtung allenfalls neutral gegenübersteht oder die aus ihr zumindest nicht zwingend abzuleiten sind. Da die Verhandlungs pflichten aber jedenfalls der Gewährleistung eines geordneten Rechtsgeschäftsverkehrs dienen, liegt darin ein weiterer Grund, sie dem Vertragsrecht zuzuordnen 120. Der ökonomische Aspekt verliert als Legitimationsgrundlage der vorvertraglichen Haftung allerdings an Gewicht, soweit gesteigertes Vertrauen erweckt worden ist. Dieses enthält, anders als die allgemeine Redlichkeitserwartung, einen rechtsethischen Eigenwert, der eine Vertrauenshaftung schon alleine zu rechtfertigen vermag. Das schließt eine Berücksichtigung der Erfordernisse des Rechtsgeschäftsverkehrs indes nicht aus. Der Vertrauensschutz erscheint legitimer, wenn er auch aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll ist. Das ist aber für jeden Tatbestand der culpa in contrahendo gesondert zu untersuchen. Bei der Fallgruppe des Scheiterns der Vertragsverhandlungen wird sich erweisen, daß eine Einstandspflicht dann der Verwirklichung einer effizienten Rechtsgeschäftsordnung dient und damit eine zusätzliche rechtsökonomische Begründung erfährt, wenn besonderes Vertrauen in Anspruch genommen wird. Dies zeigt zugleich, daß die ökonomischen Überlegungen den Vertrauensgedanken nicht bloß allgemein ergänzen. Sie können überdies für die Abgrenzung der Haftungsvoraussetzungen und die Lösung von Detailproblemen fruchtbar gemacht werden. Ergibt die Argumentation aus dem Vertrauensgedanken und aus sonstigen im engeren Sinne dogmatischen Gesichtspunkten kein eindeutiges Ergebnis, so kann der Rückgriff auf wirtschaftliche Erwägungen mittmter weiterführen l21 •
Vgl. Lehmann, Vertragsanbahnung, S. 315 f. und 320 ff. Rechtsmethodisch handelt es sich um einen Fall der Folgenberücksichtigung. Diese ist, da wohl kein Streit daruber entstehen kann, daß die Effektivität der Rechtsgeschäftsordnung erstrebenswert ist, unproblematisch, soweit sie nicht in Konflikt mit entgegengesetzten Gesichtspunkten tritt; allgemein zur Folgenberücksichtigung Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre, 1982, S. 227 ff.; Larenz, Methodenlehre, S. 145. 120
III
2. Kapitel
Der Abbruch der Vertragsverhandlungen in der Rechtsentwicklung Zunächst sind die Änderungen zu untersuchen, welche die rechtliche Beurteilung des Scheiterns von Vertragsverhandlungen im Laufe der Zeit erfahren hat. Dem kommt wesentliche Bedeutung zu, weil sich eine entsprechende Haftung nur durch eine Rechtsfortbildung begründen läßt. Deren Zulässigkeit hängt aber maßgebend vom Wandel der rechtlichen Anschauungen sowie dem der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse ab.
I. RechtsgeschichtIicher Rückblick Historisch ist der Vertrag als rechtliche Einrichtung ein relativ spätes Produkt der Rechtsentwicklung. Insbesondere auf den Austausch von Gütern gerichtete und insoweit auch verpflichtende, nicht nur bestätigende "Zweckkontrakte" haben sich im Gegensatz zu den "Statuskontrakten" etwa des Familien- und Erbrechts erst auf der Grundlage einer sich arbeitsteilig differenzierenden, auf dem Austausch von Waren beruhenden Gesellschaft herausbilden können'. Nachdem der Zustand früher Rechtsordnungen, die nur verhältnismäßig wenige, in strengen und feierlichen Formen geschlossene Geschäfte ihres Schutzes für würdig befunden hatten, durch das Auftreten frei abzuschließender, nicht formgebundener Verträge erst einmal überwunden war, muß das freie Aushandeln von Verträgen und damit der Abbruch von Vertragsverhandlungen eine alltägliche Erscheinung geworden sein. Insofern liegt die Erwägung nahe, auch für ältere Rechtsordnungen müsse sich schon die Frage gestellt haben, ob das Scheitern von Verhandlungen unter gewissen Umständen die Haftung einer der Parteien nach sich ziehen kann. Bereits ein kurzer Blick in die Rechtsgeschichte lehrt das Gegenteil. Das römische Recht 2 kannte eine vom Deliktsrecht unabhängige Haftung für die culpa in contrahendo nur in Ansätzen und lediglich in besonderen Fällen 3 • I Zu diesen geschichtlichen Zusammenhängen ausführlich Weber, Rechtssoziologie, § 2, S. 128-149; ferner Meier-Hayoz, Vertrauensprinzip, S. 31 tT.; Raiser, JZ 1958, 1,2. 2 Zur Dogmengeschichte des Vertrages seit dem römischen Recht siehe Tosch, Lehre vom Vertrag, S. 5 tT.; zum letzteren im besonderen auch Kaser, Römisches Privatrecht, §§ 5 und 6, S. 38 f.; § 38 11, S. 178 f.
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Dabei scheint es in der byzantinischen Periode unter bestimmten Voraussetzungen auch bei nichtigen Vertragsabschlüssen zur Anerkennung einer Haftung gekommen zu sein 4 • Aus der Unausgereiftheit der weitgehend noch an Förmlichkeiten und bestimmte Kontraktstypen anknüpfenden römischen Vertragsauffassung 5 erklärt sich aber, daß demgegenüber gar nicht erst in Erwägung gezogen wurde, ob sich schon aus fehlgeschlagenen, selbst äußerlich noch nicht zum Abschluß gelangten Verhandlungen ein Ersatzanspruch ergeben kann. Gleiches läßt sich für die gesamte weitere Entwicklung bis in das 19. Jahrhundert sagen. Das rationale Naturrecht des 17. und 18. Jahrhunderts, als dessen für die Herausbildung der Vertragslehre wichtigste Vertreter Hugo Grotius und Samuel von Pufendorf zu nennen sind 6, entwickelte die neuzeitliche Vorstellung des Vertrages als einer rechtlichen Form des freien, also privatautonomen Zusammenschlusses von Individuen 7• Ihm war aber auch der Gedanke des Vertrauensschutzes keineswegs fremd 8• So enthielt etwa das preußische Allgemeine Landrecht von 1794 als typisches Gesetzeswerk der Naturrechtsepoche in I 5 §§ 284/285 9 Bestimmungen über das Verschulden beim Vertragsschluß. Sie galten nach überwiegender Ansicht indes nur, wenn ein gültiger Vertrag zustande kam 10. Zwar wurde unter dem Einfluß der Iheringschen Theorie von der Rechtslehre später auch für nicht gültig abgeschlossene Verträge eine allgemeine, freilich bloß auf das negative Interesse gerichtete Haftung aus culpa in contrahendo entwickelt und weitgehend anerkannt 11. Jedoch hatte man hierbei keineswegs den Fall abgebrochener Vertragsverhandlungen im Auge.
3 Vgl. Heldrich, Verschulden beim Vertragsabschluß, S. I ff.; Hildebrandt, Erklärungshaftung, S. 25 ff.; Nirk, Diss., S. 6 ff. 4 Heldrich, Verschulden beim Vertragsabschluß, S. 18 ff., 40; Hildebrandt, Erklärungshaftung, S. 32; Ihering, JherJB 4 (1861), 1,8 ff.; Nirk, Diss., S. 7 f. 5 Vgl. Tosch, Lehre vom Vertrag, S. 10 ff.; Kaser, Römisches Privatrecht, § 5 11, S. 39. 6 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 249 f.; Tosch, Lehre vom Vertrag, S. 15 ff. 7 Coing, Europäisches Privatrecht I, § 79 VIII, S. 405 f. 8 Wieacker, Sozialmodell, S. 24 f. So erblickte Grotius nicht nur im Willen, sondern auch in der Erklärung ein wesentliches Element der Willenserklärung; außerdem nahm er beim Irrtum eine Vertrauenshaftung des Irrenden, beim Kauf weitgehende Rücksichts- und Aufklärungspflichten des Verkäufers an; vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 293-296; ferner MeierHayoz, Vertrauens prinzip, S. 47. 9 "Was wegen des bey Erfüllung des Vertrages zu vertretenden Grades der Schuld Rechtens ist, gilt auch für den Fall, wenn einer der Contrahenten bey Abschließung des Vertrags die ihm obliegenden Pflichten vernachläßigt hat." "Wer bey Abschluß oder Erfüllung des Vertrags seine Pflichten vorsetzlich oder aus grobem Versehen verletzt hat, muß dem Anderen sein ganzes Interesse vergüten." 10 RGZ 8, 248, 253; Förster /Eccius, Preußisches Privatrecht I, § 78 III, S. 455, N. 28; Koch, Allgemeines Landrecht I, S. 250, N.94. 11 So Förster /Eccius, a.a.O., S. 455 ff. (indes unter Hervorhebung der außerkontraktlichen Natur des Schadenersatzanspruches); Dernburg, Preußisches Privatrecht 11, § 16, S. 39, N.2 (Herleitung der Haftung aus I 5 §§ 284/285 ALR).
I. Rechtsgeschichtlicher Rückblick
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Ihering selbst, als Begründer der modernen Lehre von der culpa in contrahendo, befaßte sich - wie bereits oben erwähnt '2 - ausschließlich mit Fallgestaltungen, in denen ein nichtiger Vertrag zustande gekommen oder ein Vertrag;abschluß zumindest der äußeren Form nach erfolgt ist. Sieht man von der besonders gelagerten Problematik der Zurücknahme einer öffentlichen Auslobung ab I3 , so war für ihn unabdingbare Anwendungsvoraussetzung seiner Theorie, daß der Vertrag jedenfalls äußerlich besteht. Keine Ausnahme davon bildet die Postulierung eines Schadenersatzanspruches beim Widerruf einer Offerte vor Abschluß des Kontraktes '4 . Im Gemeinen Recht bedingte der Vertragsabschluß die gleichzeitige Willensübereinstimmung im Moment der Angebotsannahme. Hatte der Offerent zu diesem Zeitpunkt bereits einen Widerruf abgesendet, so kam infolge mangelnden Konsenses kein wirksamer Vertrag zustande. Ihering nahm lediglich für die Fälle eine Haftung an, in denen der Empfänger des Angebots (Oblat) dieses akzeptiert hatte, bevor ihm der Widerruf zuging, so daß der Vertrag rein äußerlich schon abgeschlossen war. Eine Ersatzpflicht für vor diesem Zeitpunkt eingetretene Schäden lehnte er dagegen mit folgender Begründung ab '5 : "Wer unvorsichtig genug ist, aus Anlaß einer Offerte, anstatt dieselbe vorher zu acceptiren, bereits zu handeln, Maßregeln zur Ausführung des Contracts zu machen, daraufhin mit Dritten zu contrahieren U.S.W., ist selbst in culpa, denn er mußte auf die Möglichkeit des Widerrufs der Offerte bis zum Moment ihrer Acceptation gefaßt sein." Es versteht sich von selbst, daß damit ein Anspruch aus culpa in contrahendo wegen des Beendigens von Verhandlungen, die noch nicht bis zur Abgabe einer Offerte gediehen sind, erst recht ausgeschlossen war. Ihering stimmte folglich mit der zeitgenössischen Rechtslehre insoweit überein, als diese den Vertragsverhandlungen eine eigenständige rechtliche Bedeutung absprach '6 . Diese Bemerkungen belegen ungeachtet ihres nur schlaglichtartigen Charakters mit hinreichender Deutlichkeit, daß das Phänomen des Scheiterns von Vertragsgesprächen bis in das 20. Jahrhundert hinein noch nicht einmal als Rechtsproblem aufgefaßt wurde. Die Befugnis zum sanktions losen Abbruch der Verhandlungen entsprach im Gegenteil dermaßen dem allgemeinen Rechtsverständnis, daß sie als selbstverständlich galt. Der Grund dafür, daß erst in den Vgl. I. Kap. I. JherJB 4 (1861), 1,93 ff.; dazu auch unten Kap. 6 I. 14 A.a.O., S. 86 ff.; unzutreffend Baumert, S. 18. 15 A.a.O., S. 43, ähnlich S. 89 und 105. 16 Kennzeichnend hierfür ist die 1868 erschienene gemeinrechtliche Abhandlung von Regelsberger "Die Vorverhandlungen bei Verträgen". Entgegen dem Titel befaßt sie sich nur mit der Frage des Vertragsschlusses. Zu den eigentlichen Vorverhandlungen heißt es lapidar (a.a.O., S. 48): "Erst diese Handlung (seil. das Angebot) hat rechtliche Bedeutung; vorgängige Anfragen und Besprechungen sind rechtlich betrachtet noch nicht einmal ein Schritt zum Vertragsschluß. " Zu dieser bis in unser Jahrhundert hinein üblichen Bewertung der Vorverhandlungen, soweit sie im Schrifttum überhaupt Erwähnung fanden, auch Roth, Vorvertrag, S. 219 ff. und 328 ff. 12 13
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letzten Jahrzehnten eine entsprechende Problemerkenntnis aufgekommen ist, kann allgemein in einer Verfeinerung der Verkehrsmoral 17 erblickt werden. Eine weitere wesentliche Ursache liegt jedoch in der unterschiedlichen Struktur des Verhandlungsprozesses: relativ einfachen Formen von Verträgen und Vertragsabschlüssen in früherer Zeie s stehen heute zunehmend komplexe Formen gegenüber. Die Verhandlungen sind im allgemeinen nicht nur zeitaufwendiger geworden, sondern verlangen vielfach Vorausleistungen im Hinblick auf den Abschluß oder Vollzug des Vertrages. Damit erscheint auch die Verhandlungsphase in einem anderen Licht. Hierauf ist noch zurückzukommen.
11. Entwicklung von der Schaffung des BGB bis 1945 1. Gesetzesmaterialien
Die Motive zum ersten Entwurf des BGB sprechen das Scheitern von Vertragsverhandlungen, wenn auch eher beiläufig, in der Begründung zu § 78, dem späteren § 154 BGB, an. Dort heißt es 19: ,,Allerdings ist nach der Bestimmung des Entwurfes nicht ausgeschlossen, daß nach langen Unterhandlungen und nachdem über die gesetzlichen Bestandteile des Vertrages vollständige Einigung erreicht ist, die endliche Vertragsschließung an einem Nebenpunkte scheitert und vielleicht in Wirklichkeit nicht einmal wegen dieses Nebenpunktes, sondern weil der eine oder andere Theil im Laufe der Unterhandlungen seine Meinung über die Nützlichkeit des Geschäftes geändert hat. Allein hiergegen sich zu sichern, muß den Vertragsschließenden selbst überlassen werden. Jeder Vertragsschließende weiß oder muß wissen, daß, wenn er auf die Anträge des Gegners nicht eingeht, sondern über einzelne Punkte Verhandlungen anknüpft, hieran das Zustandekommen des ganzen Vertrages scheitern kann. Will er dem vorbeugen, so ist es seine Aufgabe, eine Vereinbarung zu erwirken, welche die Geltung des Vertrages ohne Rücksicht auf die Erledigung der betreffenden Punkte sicherstellt." Die Möglichkeit eines Schadenersatzanspruches insbesondere aus der an anderen Stellen erwähnten Figur der culpa in contrahendo 20 hat die I. Kommission nicht erwogen, da sie diese wie Ihering ausschließlich auf unwirksame Vertragsabschlüsse bezog. Andererseits hat sie eine Schadenersatzpflicht auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich, daß es um die Frage geht, ob eine noch nicht vollständige EiniVgl. Thiele, JZ 1967,649. So ging es in Rom zumeist um relativ einfache Kaufgeschäfte, welche die Parteien persönlich oder durch Hilfspersonen auf dem Markt abschlossen; vgl. dazu etwa Jansen, S. 14 mit weit. Nachw. 19 Mot. I, S. 162. 20 Mot. I, S. 195, 228; 11, S. 179, 745. 17 18
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gung schon vertraglich bindend sein solle, wobei der Richter gegebenenfalls über die offenen Nebenpunkte nach der Natur des Vertrages entscheiden könne 2 \ oder ob einer unvollständigen Einigung noch keine vertragliche Bindungskraft beigelegt werden dürfe. Unter Berufung auf den Gesichtspunkt der Vertragsfreiheit 22 hat sich die I. Kommission für letzteres entschieden. Gegenstand ihrer Erwägungen ist also das Zustandekommen eines Vertrages. Das davon zu unterscheidende Problem einer Vertrauenshaftung auf Ersatz von Aufwendungen und sonstigen durch die Verhandlungen entstandenen Vermögensnachteilen findet sich jedoch weder in dem obigen Zitat aus den Motiven noch in den übrigen Gesetzesmaterialien erörtert. Insbesondere hat der Gesetzgeber nicht berücksichtigt, ob ein Verhandlungspartner selbst dann seine Meinung über die Nützlichkeit des Geschäftes ändern kann, ohne rechtliche Nachteile gewärtigen zu müssen, wenn er den anderen vorher zu besonderen Vermögensdispositionen veranlaßt hat. Und schließlich geht seine Begründung auch davon aus, daß bereits ein annahmefahiger Antrag vorliegt, den der andere nur deshalb nicht angenommen hat, weil er mit einzelnen Punkten des Vertrages nicht einverstanden ist. 2. Rechtsprechung Das Reichsgericht hatte nur in wenigen Fällen Anlaß, sich mit dem Abbruch von Vertragsverhandlungen zu beschäftigen. Dennoch gibt es einige bedeutsame Entscheidungen, die eine Entwicklung der Rechtsprechung erkennen lassen und die vor dem Hintergrund der sich wandelnden Auffassung vom rechtlichen Verhältnis zwischen den Verhandlungsparteien betrachtet werden müssen. Die erste, sich noch ganz in deliktsrechtlichen Bahnen bewegende reichsgerichtliche Entscheidung erging zum sog. Hypothekenverlängerungsfall (Urt. v. 29.11.1909, LZ 1910, Sp. 80 Nr. 2): Die Parteien verhandelten über den Kauf zweier Grundstücke. Unter Berücksichtigung von Schwierigkeiten bei der Straßen führung und nachdem der Beklagte als Kaufmteressent seine Bereitschaft erklärt hatte, sich selbst um die für die Regulierung notwendige Einigung mit dem Grundstücksnachbarn zu bemühen, legten die Parteien den Kaufpreis auf 190.000 RM fest. Der Beklagte machte den Vertragsabschluß allerdings von der Voraussetzung abhängig, daß eine auf dem Grundstück lastende Hypothek in Höhe von 75.000 RM auf drei Jahre verlängert würde. Auf den nachdrücklichen Hinweis des Verhandlungsführers der Klägerin, daß mit der Prolongation erhebliche Kosten verbunden seien, erwiderte der Beklagte: "Wenn ich Ihnen sage, ich kaufe das Grundstück, dann tue ich es auch, ich bin ein ernstlicher Käufer." Im Vertrauen auf diese Zusicherung bemühte sich die Klägerin um eine 21 22
So Art. 2 Abs. 1 und 2 schweiz OR. Mot. I, S. 162.
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Prolongation der Hypothek, die sie unter Entstehung erheblicher Kosten auch erreichte. Der Beklagte verweigerte jedoch später den Abschluß eines notariellen Kaufvertrages, nach Darstellung der Klägerin plötzlich ohne jeden Grund, nach dem Vorbringen des Beklagten, weil die Grundstücke für ihn ohne die Regulierung der anliegenden Straße nicht von Interesse gewesen seien. Der I. Senat hat die Klage auf Erstattung der Aufwendungen für die Prolongation abgewiesen. Eine Haftung wegen culpa in contrahendo komme nur aus dem Gesichtspunkt der Verpflichtung zum Schadenersatz aus unerlaubter Handlung in Betracht 23 • Sie sei nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB oder nach § 826 BGB lediglich dann möglich gewesen, falls der Kläger schon bei der Erklärung seiner Kautbereitschaft entschlossen gewesen wäre, nicht zu kaufen, und die Klägerin in einen Irrtum über seine wahre Absicht versetzt hätte. Dagegen könne auch dann, wenn der zurücktretende Teil wisse, daß der andere Teil, um den Vertrag zum Abschluß zu bringen, Aufwendungen gemacht habe, die er, wenn der Vertrag hinfällig werde, nicht ersetzt erhalte und die für ihn nutzlos seien, in der Weigerung, den Vertrag als rechtsverbindlich gelten zu lassen, nicht ein nach allgemeiner Anschauung Sitte und Anstand verletzendes Verhalten gefunden werden. Dabei mache es keinen Unterschied, ob der zurücktretende Teil die Aufwendungen dadurch, daß er sie als Voraussetzung des Abschlusses gefordert habe, veranlaßt oder ob sie der andere Teil ohne sein Zutun getroffen habe. Ob dann, falls eine Partei vom Kauf zurücktrete, um die andere zu schädigen (§ 226 BG B), die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllt seien, bleibt dahingestellt, denn der behauptete Rücktritt ohne jeden Grund sei jedenfalls noch nicht sittenwidrig. Das nächste Urteil folgte erst am 24.2.1931. Zu dieser Zeit war die culpa in contrahendo in Rechtsprechung und Schrifttum längst als eigenständiges Rechtsinstitut anerkannt, welches auch eingreifen kann, ohne daß es zum Vertragsschluß kommt. Der III. Senat hatte in RGZ 132, 26 über folgenden Fall zu befinden: Die Beklagten traten mit dem Kläger und zwei anderen Beteiligten in Verhandlungen über die Umwandlung eines Werkes, das einem der Beklagten gehörte, in eine Aktiengesellschaft. Die Beteiligten ließen sich von einem Notar Entwürfe mehrerer für die Umwandlung erforderlicher Urkunden anfertigen. Obwohl bei einer der Besprechungen sämtliche Beteiligten einschließlich des Klägers über alle Einzelpunkte einig geworden waren, verweigerte der Kläger bei diesem Anlaß seine Unterschrift zum Gründungsakt. Der Kläger, welcher einen Teil der angefallenen Notarkosten beglichen hatte, nahm die Beklagten nach §§ 426 BGB in Regreß, weil sie mit ihm dem Notar gegenüber als Gesamtschuldner hafteten. Die Beklagten beriefen sich demgegenüber auf einen Schadenersatzanspruch aus culpa in contrahendo. Die Vorinstanz hatte die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe es zur Anfertigung der 23 Charakteristisch für diese, eine eigenständige rechtliche Bedeutung der Vorverhandlungen leugnende Betrachtungsweise ist etwa auch RGZ 48, 133, 134 (Urt. v. 24.4.1901): abgrenzend vom Vorvertrag wird dort von "rechtsunerheblichen Vorverhandlungen" gesprochen.
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notariellen Entwürfe überhaupt nicht kommen lassen dürfen, solange er zum Abschluß des Vertrages nicht gewillt gewesen sei. Das RG hob das Urteil auf, schloß aber grundsätzlich die Möglichkeit einer Haftung des Klägers wegen eines Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen nicht aus. Wörtlich heißt es: "Gewiß kann es ein Verschulden bedeuten, wenn der Kläger seine Weigerung erst zu einer Zeit erklärt hat, als bereits Kosten entstanden waren; aber dazu bedarf es der einwandfreien Feststellung, daß er die Weigerung zu einer früheren Zeit hätte aussprechen können und von seinem eigenen Standpunkt aus früher hätte aussprechen sollen." Im Anschluß an die Darlegung, warum es nicht auszuschließen sei, daß die notariellen Entwürfe zur Vorbereitung der Beratungen notwendig gewesen waren, fährt die Begründung fort: "Zudem kann der Kläger, selbst wenn er früher fest entschlossen gewesen sein sollte, die Gründung mitzumachen, hinterher durch gewichtige Gründe bestimmt worden sein, seine Absicht wieder aufzugeben." Ein Verschulden hat das RG jedenfalls in dem Veranlassen von Aufwendungen ohne hinreichend gefestigten Abschlußwillen gesehen. Auf den ersten Blick nicht ganz eindeutig ist dagegen die Bedeutung, die den gewichtigen Gründen beigemessen wird. Denkbar wäre es, daß der grundlose Abbruch ebenfalls schuldhaft sein soll. Aus dem Zusammenhang geht indes hervor, daß das Vorliegen gewichtiger Gründe als Indiz für die ursprüngliche Sorgfalt der Verhandlungsführung betrachtet wird: wenn diese Gründe für den Kläger nämlich erst bei der Beurteilung der notariellen Entwürfe festzustellen waren, so konnte ihm hinsichtlich der Entstehung von Notarkosten auch keine Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Erstmals angenommen hat das RG einen Anspruch aus culpa in contrahendo wegen des nicht erfüllten Versprechens, einen Vertrag einzugehen, in RGZ 143, 219 (Urt. v. 19.1.1934): Die Klägerin hatte von einer GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagte war, aus früheren Lieferungen von Zeitungspapier noch offenstehende Forderungen in Höhe von mehr als 60.000 RM. Wegen der Sicherstellung und Tilgung dieser Ansprüche hatte sie sich an den Beklagten gewandt, der ihr daraufhin am 21.4.1931 zusagte, aus seinem Vermögen hinreichende Sicherheiten zu stellen. Diese Zusage erstreckte sich auch auf zukünftige Lieferungen von Zeitungspapier. Am 6.8.1931 trat der Beklagte der Klägerin außerdem eine nicht bestehende Hypothek ab. In der Zeit ab dem 21.4.1931 lieferte die Klägerin an die vermögenslose GmbH weiteres Zeitungspapier im Wert von über 47.000 RM. Übereinstimmend mit dem Berufungsgericht lehnte der VII. Senat des RG eine Haftung aus dem Versprechen, Sicherheiten zu stellen, ab, weil dieses zu unbestimmt gewesen sei, nahm jedoch einen Anspruch auf Schadenersatz aus culpa in contrahendo an 24 • Unter Beru24 Abweichend F1ume (AT 11,2. Aufl. 1975, § 33, 8, S. 617; zustimmend aber in der 3. Aufl.): Die ursprünglich unbestimmte Sicherungsvereinbarung sei durch die Hypothekenabtretung nachträglich vervollständigt und wirksam geworden, so daß der Beklagte vertraglich gehaftet habe. Eine vertragliche Haftung hätte sich aber aUenfalls auf die Lieferungen nach dem 6.8.1931 beziehen können. Eine Rückwirkung der Vervollständigung hätte nicht nur voraus-
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fung auf Staudinger /Werner (9. Aufl., Anm. 12 zu § 276 BGB) wertete er es als Verschulden bei den Vertragsverhandlungen, wenn jemand in einem anderen bei Verhandlungen fahrlässigerweise die objektiv unbegründete Hoffnung auf die Möglichkeit eines Geschäftsschlusses erweckt und ihn dadurch in einer für ihn selbst erkennbaren Weise zu Aufwendungen veranlaßt, die diesem Abschluß dienlich sein sollen, aber beim Ausbleiben des Abschlusses nutzlos sind. Die Möglichkeit, den Geschädigten auf § 826 BGB zu verweisen, ist als unzureichend erkannt; hierfür hätte der Beklagte die Schädigung in seinen Willen aufnehmen müssen. Im konkreten Fall hat das RG das Verschulden darin erblickt, daß der Beklagte das unbedachte, an einen Kreditauftrag streifende Versprechen zur Leistung von Sicherheiten gegeben habe, obwohl er sich habe sagen müssen, daß er solche nicht stellen könne. Dadurch habe er bei der Klägerin die objektiv unbegründete Hoffnung auf die Möglichkeit eines Geschäftsschlusses über diese Sicherheiten erweckt und sie veranlaßt, der GmbH weiter Papier zu liefern. Das Verschulden soll mithin in der Verletzung einer Offenbarungspflicht liegen 25 • Aus der Zeit vor 1945 sind schließlich noch einige obergerichtliche Urteile zu nennen. Hierunter verdient die Entscheidung des KG vom 18.2.1929 (lW 1929, 3024 Nr. 2) wegen ihres neuartigen Begründungsansatzes besondere Bedeutung: Vier Beteiligte hatten Verhandlungen zur Durchführung eines Ringtausches von Wohnungen eingeleitet. Der Ringtausch scheiterte daran, daß der Beklagte die ihm zugedachte Wohnung ablehnte. Das KG hat die Klage auf Erstattung der durch die Verhandlungen entstandenen Aufwendungen unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß dem Grunde nach für berechtigt erklärt. Für alle Beteiligten seien schon vor Abschluß einer bindenden Tauschvereinbarung Aufwendungen zu gewärtigen gewesen, die ein jeder mache, weil er sich darauf verlasse, daß die anderen Beteiligten ebenso wie er ernsthaft gewillt seien, an der erfolgreichen Durchführung des Tausches mitzuwirken. Aus dem gesetzt, daß der Beklagte - entgegen der Annahme des RG - mit Rechtsbindungswillen gehandelt hat; darüber hinaus hätte dieser gerade auf eine entsprechende Rückwirkung der Hypothekenabtretung gerichtet sein müssen. Zumindest die Annahme des letzteren liefe auf eine Fiktion hinaus. Der Sachverhalt legt es jedoch nahe, daß die Klägerin schon vorher im Vertrauen auf die Zusicherungen geliefert hatte. Deshalb war der Rückgriff auf die Grundsätze der culpa in contrahendo unentbehrlich. Vgl. auch StolI, FS Flurne, S. 741, 763, der die Haftung aus einem "einseitigen Leistungsversprechen" ableitet (dazu unten 4. Kap. 11 I b aa). Stoll ordnet den Fall dem Problemkreis der Eigenhaftung des Vertreters für culpa in contrahendo zu. Dies ist allerdings irreführend; denn der Beklagte sollte die Verträge über die Sicherheiten im eigenen Namen abschließen, also selbst Vertragspartner werden. 25 Im übrigen sind lediglich zwei weitere Entscheidungen des RG zu erwähnen: RGZ 151, 357 (Urt. v. 22.6.1936) sah ein Verschulden beim Vertragsschluß darin, daß das Vertrauen in den längeren Bestand eines später zwar abgeschlossenen, jedoch vor Vertragsdurchführung wieder durch Rücktritt beendeten Mietverhältnisses hervorgerufen worden war. RGZ 159,33, 55 (Urt. v. 29.10.1938) führt in einem obiter dictum als einen Fall der culpa in contrahendo an, "daß man das Vertrauen auf das demnächstige Zustande kommen oder auf das Bestehen eines längeren Vertragsverhältnisses erweckt und den anderen dadurch zu Aufwendungen veranlaßt."
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durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen entstehenden Vertrauensverhältnis erwachse daher für die Beteiligten die Rechtspflicht, im Rahmen des eigenen vernunftgemäß zu beurteilenden Interesses auf die Belange der anderen Beteiligten gebührende Rücksicht zu nehmen und nicht letzten Endes durch grundloses Abspringen den Ringtausch zum Scheitern zu bringen. Nach Auffassung des KG hatte der Beklagte keine Gründe vorgebracht, die sein Abspringen nach diesen Kriterien gerechtfertigt hätten 26 • Das Wesentliche, diese Entscheidung von den bisher erwähnten Erkenntnissen Abhebende liegt darin, daß das KG die Pflichtwidrigkeit gerade im grundlosen Abspringen vom Ringtausch an sich, nicht in der Erweckung übertriebenen Vertrauens erblickt hat. Demgegenüber hat sich das OLG Karlsruhe (Vrt. v. 25.5.1939, HRR 1939 Nr. 1239) auf die Annahme einer verletzten Aufklärungspflicht gestützt. In dem zugrundeliegenden Fall waren Verhandlungen über den Abschluß eines Mietvertrages bereits so weit fortgeschritten, daß man sich über die Wohnung und den Mietpreis einig war; darüber hinaus wurden auch schon von den Beklagten als zukünftigen Mietern gewünschte Veränderungen der Wohnung besprochen und vom Kläger vorgenommen. Erst später erörterten die Parteien offenbar zum ersten Mal die Frage einer längeren Mietdauer. Da die Beklagten an einem längerfristigen Vertrag nicht interessiert waren, zerschlugen sich die Verhandlungen. Der Kläger begehrte Ersatz für Aufwendungen, die er im Hinblick auf die von den Beklagten gewünschten Änderungen getätigt hatte. Das OLG erkannte einen solchen Anspruch grundsätzlich an. Der Kläger habe, bevor die Dauer des Mietverhältnisses besprochen wurde, bereits zu der Überzeugung gelangen dürfen, daß es zu einem formularmäßigen Mietvertrag kommen werde. Daher hätten die Beklagten sofort oder wenigstens gleich einige Tage später, nachdem die Vertragsdauer erstmalig erörtert worden war, unmißverständlich erklären müssen, daß für sie eine so lange Mietdauer untragbar sei, und die Verhandlungen nicht hinauszögern dürfen. Das Gericht ging von einer aus dem Verhandlungsverhältnis entstehenden Pflicht der Beklagten aus, den Kläger vor sinnlosen Vermögensdispositionen zu bewahren. Es rechnete allerdings dem Kläger nach § 254 BG B als Mitverschulden an, daß er den Bedenken der Beklagten hinsichtlich der vorgeschlagenen Mietdauer nicht die gebotene Aufmerksamkeit geschenkt habe. Das LAG Breslau (Vrt. v. 7.12.1939, ARS 38, LAG 58 Nr. 15) verurteilte die Trägerin eines Kindergartens zu Schadenersatz, weil sie der Klägerin die Stelle einer Kindergärtnerin als sicher in Aussicht gestellt, ihr aber verschwiegen hatte, 26 Eine Besonderheit des Falles lag darin, daß der ins Auge gefaßte Ringtausch außerdem der Genehmigung durch die zuständigen Wohnungsämter bedurft hätte. Das Gericht sah darin keinen Entlastungsgrund für den Beklagten, weil während des Schwebezustandes, in dem sich ein Vertrag bis zur behördlichen Genehmigung befinde, eine rechtliche Gebundenheit bestehe, die selbst dann gegenseitige Verpflichtungen auslöse, wenn der Vertrag infolge der Versagung der Genehmigung nicht rechtswirksam werde. Diese Grundsätze würden bereits vor dem Zustandekommen des Vertrages gelten. Vgl. dazu unten 7. Kap. IH.
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daß die Einstellung noch von einzuholenden Auskünften abhing. Dadurch hatte sie die Klägerin, was die Beklagte wissen mußte, zur Kündigung ihrer bisherigen Stelle veranlaßt. Das Verschulden wurde darin erkannt, daß die Beklagte nicht rechtzeitig vor der Kündigung auf die Zweifel an der bereits zugesicherten Anstellung hingewiesen hatte 27 • Insgesamt läßt die Rechtsprechung aus der Zeit des Reichsgerichts klare dogmatische Grundsätze für die Beurteilung des Abbruchs von Vertragsverhandlungen lediglich ansatzweise erkennen. Immerhin hat sie den engen, am Deliktsrecht orientierten Standpunkt, welcher der Entscheidung zum Hypothekenverlängerungsfall zugrunde lag, später verlassen und die Lösung im Rahmen der Rechtsfigur der culpa in contrahendo gesucht. Trotz der geringen Anzahl von Entscheidungen läßt sich feststellen, daß insoweit zu Beginn der dreißiger Jahre eine allgemeine Übereinstimmung erreicht worden ist. Außerdem haben sich in den Begründungen schon die zwei möglichen Typen ptlichtwidrigen Verhaltens heraus kristallisiert: dieses kann einmal darin liegen, daß das Vertrauen des Partners erweckt oder aufrechterhalten wird, obwohl der Ptlichtige den Vertrag nicht abschließen will oder kann; während die überwiegenden Entscheidungen auf dieser Betrachtungsweise beruhen, ergab sich nach Ansicht des KG im Ringtausch fall das Verschulden aus dem grundlosen Abbruch als solchem. 3. Schrifttum Soweit sich aus den ersten Jahren nach Inkrafttreten des BGB Stellungnahmen zur Problematik des Scheiterns von Vertragsverhandlungen finden lassen, sind diese gegenüber einer Haftung des Abbrechenden grundsätzlich ablehnend 28 • So schloß Dernburl9 als Vertreter der Deliktstheorie naturgemäß aus, 27 Kurz gestreift hat die Problematik auch RAG JW 1932,2193,2194 = ARS 14,341 Nr. 75 (Urt. v. 10.2.1932): Dort wurde der Anspruch eines Stellenbewerbers auf Ersatz seiner Vorstellungskosten aus culpa in contrahendo jedoch wegen eines Vorbehaltes bei der Einladung zum Vorstellung5gespräch verneint. Hingegen ist die Möglichkeit einer solchen Haftung in RAG ARS 36, S. 44 N r. 10 (Urt. v. 25.4.1939) gänzlich unerwähnt geblieben; vgl. dazu die Anm. v. Hueck, ebenda, S. 48. Ein Fall, der im weiteren Sinne zum Problemkreis der feWgescWagenen Erwartung einer Anstellung gehört, lag RAG ARS 33, 243 Nr. 41 (Urt. v. 9.3.1938) zugrunde: Der Kläger war zur Aufgabe seiner bisherigen Stelle als Schiffsingenieur bewogen worden, um bei der Beklagten zunächst als Maschinist zur Probe zu arbeiten. Ihm war möglicherweise fahrlässig zugesichert worden, demnächst eine sichere Anstellung als Angestellter zu erhalten. Da diese endgültige Anstellung später unterblieb, scWoß das RAG einen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen nicht aus. Vgl. auch RAG ARS 27, 46 Nr. 12 = Recht 1936, 503 Nr. 5207 (Urt. v. 29.1.1936) und ARS 34, 200 Nr. 35 (Urt. v. 13.4.1938): Verletzung vorvertraglicher Sorgfaltspflichten sei möglich, wenn über Umstände, die einer Dauerstellung entgegenstehen, nicht genügend aufgeklärt werde. 28 Teil weise beschränkte man sich auf die Verneinung jeglicher Bindungswirkung von Vorverhandlungen, ohne die Frage des Verhandlungsabbruches überhaupt anzusprechen; so z.B. Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Bd. I, § 106, I, S. 615 f.; zu dieser Einstellung auch Roth, Vorvertrag, S. 331 mit weit. Nachw.
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daß jedes willkürliche Abbrechen angebahnter Vertragsunterhandlungen haftbar mache, denn dies sei ein Recht des Kontrahenten, solange er sich nicht an einen Antrag gebunden habe. Etwas anders gelte nach § 826 BGB ausschließlich bei vorsätzlicher, gegen die guten Sitten verstoßender Schädigung durch das Anbahnen von Vertragsverhandlungen. Die gleiche Ansicht vertrat v. Thur30 • Zwar nahm er bereits ein besonderes Rechtsverhältnis der Vertragsverhandlungen an, das zur Aufklärung über für die Entschließung des Gegners wesentliche Tatsachen verpflichte 3l • Trotzdem könne jeder Teil noch nicht abgeschlossene Vertragsverhandlungen abbrechen. Anders sei nach § 826 BGB nur zu entscheiden, wenn je~and Verhandlungen anbahne in der Absicht, sie abzubrechen und den Gegner dadurch zu schädigen. Eine gewisse Auflockerung dieser engen Betrachtungsweise bedeutete der Standpunkt, den Co sack und Mitteis 32 in den zwanziger Jahren eingenommen haben. Allerdings war ihre Auffassung von der culpa in contrahendo noch ganz in den Vorstellungen der Zielvertragstheorie befangen. Schadenersatzansprüche wegen des Scheiterns eines Vertrages verneinten sie deshalb folgerichtig; wie bei Beginn der Verhandlungen seien die Parteien sich auch dann fremd und pflichtenfrei geblieben, wenn es nicht zum Abschluß eines Vertrages gekommen sei 33. Dennoch gebe es einzelne Fälle, in denen auch bei erfolglosen Verhandlungen eine Haftung zwischen den Parteien bestehe. Diese könne sich auf einen zwischen den Parteien abgeschlossenen Vor- oder Nebenvertrag gründen. Als Beispiel wird genannt, daß der Käufer, der sich privatschriftlich zum Kauf eines Grundstücks bereit erklärt habe, willkürlich nicht zum vereinbarten Auflassungstermin erscheine; der Käufer könne aufgrund eines nicht formbedürftigen Nebenvertrages Ersatz der Kosten für seine weite Anreise verlangen. Hierbei handelte es sich um eine typische Übergangslösung, die zudem für die Mehrzahl der problematischen Fälle nur Bedeutung hätte erlangen können, wenn solche Begleitverträge als Regel unterstellt worden wären. Sie hat bei den Gerichten und auch in der übrigen Lehre jener Zeit keinen Widerhall gefunden. Auf theoretisch fortgeschrittenerem Niveau bewegte sich Heinrich Stoll in seiner grundlegenden Abhandlung von 1923 über die Haftung für das Verschulden während der Vertragsverhandlungen 34 • Da er hierin dem Gedanken, daß eine Haftung aus culpa in contrahendo auch für ein Verhalten vor Vertragsschluß möglich ist, maßgeblich zum Durchbruch verholfen hat, konnte er die Das Bürgerliche Recht des Deutschen Reichs, Bd. I, § 130 11, S. 440. AT 111, § 62 VI, S. 490. 31 A.a.O., S. 488. 32 Bürgerliches Recht, Bd. I, § 135 11, S. 355 f. 33 Leonhard als Begründer der Zielvertragstheorie stellte sich die Frage einer Haftung für den Fehlschlag von Verhandlungen erst gar nicht: "Es wäre nicht richtig, aus bloßen Vorverhandlungen, die nicht zum Ziele führen, eine Haftung abzuleiten", (Verschulden beim Vertragsschlusse, S. 58). 34 LZ 1923, Sp. 532 ff. 29
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Fälle des Abbrechens von Verhandlungen ebenfalls erfassen. Ihm kam es allerdings entscheidend auf diese Frage des Zeitpunktes und die theoretische Begründung der vorvertraglichen Haftung im allgemeinen an. Für die weitere dogmatische Durchdringung der Haftung im vorkonsensualen Bereich sind seine Ausführungen nicht sehr ergiebig, wie schon daraus erhellt, daß er die Fälle des Scheiterns von Verträgen mit denen der Schädigung absoluter Rechte bei Vertragsverhandlungen in einer Fallgruppe zusammenfaßte: die Schädigung werde nicht erst durch das Scheitern eines gültigen Vertrages herbeigeführt, sondern trete auch ohne diesen unabhängig vom Erfolg der Vorverhandlungen ein 35 • Hierbei verkannte er, daß beim Abbruch von Verhandlungen die Schädigung in nutzlosen Vermögensdispositionen besteht und daher ohne ein Scheitern des Vertrages gar nicht erst entstehen kann 36 • Beachtung verdienen aber seine Erläuterungen zu dem von ihm berichteten Bürgermeisterfall und zum Hypothekenverlängerungsfall des RG. Im ersteren Fa1l 37 hatte ein Bürgermeister mit einem Buchhändler den Verkauf eines städtischen Grundstückes vereinbart. Der Stadtverordnetenausschuß mußte den Vertrag noch genehmigen. Obwohl sich die Vorlage an den Ausschuß verzögerte, zerstreute der Bürgermeister Zweifel an der Genehmigung des Vertrages. Die Vorlage wurde jedoch weiter verzögert, bis schließlich der Wert der Reichsmark fiel und die Stadt aus diesem Grund an dem geplanten Verkauf kein Interesse mehr hatte. Stoll nahm eine nicht näher umschriebene Pflichtverletzung des Bürgermeisters an und bejahte deswegen einen Anspruch des Buchhändlers auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens38 • In diesem Fall konnte die Haftung noch mit der fehlerhaften Aufklärung durch den Bürgermeister über die Wahrscheinlichkeit der Genehmigung begründet werden. Stoll kritisierte indes auch die Entscheidung des RG zum Hypothekenverlängerungsfall. Hier sei das Verlangen des Grundstückseigentümers nach Ersatz seiner Aufwendungen ebenfalls berechtigt gewesen. Da der Kaufbewerber den Kläger durch die sichere Zusage des Kaufes zu einer Auslage verlockt habe, sei er verpflichtet gewesen, entweder einen gültigen Vertrag abzuschließen, wenn seine Forderung auf Hypothekenverlängerung bewilligt würde, oder, wenn er sich nicht zum endgültigen Kauf habe entschließen wollen, die Kosten der Verlängerung zu tragen 39 • Wenngleich er es nicht in allgemeiner Form ausdrückte, erkannte Stoll damit der Sache nach eine Haftung für das willkürliche Scheitemlassen eines Vertrages an, dessen Abschluß vorher zugesichert worden ist.
A.a.O., Sp. 535. Insoweit berechtigt ist die Kritik von Koerfer, S. 52, der aber seinerseits das Spezifische dieser Fälle verfehlte, indem er sie, namentlich den Hypothekenverlängerungsfall des RG, der Haftung für die Nichtigkeit des Vertrages (§ 307 BGB) zuordnete, a.a.O., S. 44 f. 37 A.a.O., Sp. 536. 38 A.a.O., Sp. 547. 39 A.a.O., Sp. 547. 3S
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Hildebrandt 40 ging davon aus, daß die Erklärungshaftung aus culpa in contrahendo nicht die Hoffnung auf den künftigen Geschäftsabschluß, wohl aber das Vertrauen auf die Richtigkeit erkennbar wesentlicher Tatsachenbehauptungen schütze. Da die Zukunft, wie jeder wissen müsse, stets ungewiß sei, verdiene der Glaube an sie keinen Schutz. In dem Versprechen, künftig unter bestimmten Bedingungen abzuschließen, liege allerdings regelmäßig die Behauptung, gegenwärtig fest dazu entschlossen zu sein und trotz sorgfältiger Prüfung keine Abstandsgründe zu kennen oder vorauszusehen. Treffe dies zu, so fehle es an einer Erklärungsverletzung, auch wenn der Erklärende später aus unvoraussehbarem Anlaß seinen Willen ändere41 • Hildebrandt kam im Ergebnis zu einer Haftung für den Fall, daß die Willensänderung auf einem voraussehbaren Anlaß beruht, begründete dies aber mit einer Tatsachenvermutung: An sich löse auch die spätere Willensänderung aus erkennbarem oder voraussehbarem Grund die Haftung nicht aus, denn konkludent erklärt sei nur, daß nach seiner damaligen Einstellung diese Tatsachen trotz sorgfältiger Prüfung nicht geeignet seien, den Erklärenden vom Geschäftsabschluß abzuhalten. Aber wenn der Erklärende aus einem für ihn damals schon erkennbaren Grunde abschwenke, werde es kaum jemals zutreffen, daß er wirklich zum Abschluß fest entschlossen gewesen sei und die Abstandsgründe sorgfältig überprüft habe 42 • Demgemäß ließ Hildebrandt im Hypothekenverlängerungsfall die Haftung davon abhängen, ob der Kaufinteressent die Gründe für seinen Rückzug gekannt hatte oder hätte kennen müssen 43 • Breiteren Raum hat Erman in seinem 1934 erschienenen Aufsatz44 dem Problemkreis des Fehlschlagens von Vertragsverhandlungen eingeräumt. Er hielt die Parteien in der Regel nicht für verpflichtet, auf den Vertrag hinzuarbeiten und mit offenem Visier zu verhandeln 45 • Pflichtwidrig und haftungsbegründend sei aber das fehlerhafte Verhandeln. Man habe es zu unterlassen, Verhandlungen zu beginnen oder fortbestehen zu lassen, wenn sie nicht oder nicht mehr ernsthaft gewollt seien 46 • Es bestehe folglich auch eine Pflicht, bei begonnenen Verhandlungen in dem Maße, in welchem sich der andere nach den Umständen habe psychisch gebunden fühlen können, mehr oder minder exakt erkennbar zu machen, daß man nicht mehr weiterverhandele47 • Die Verkehrssitte lasse in der Regel zwar eine Täuschungsspanne zu, anstatt völliger Chancenverneinung den Schein ganz unsicherer Chancen bestehen zu lassen. Wo der andere Teil allerdings verkehrsüblich auch bei unsichersten Chancen Kosten
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Erklärungshaftung, S. 215. Vgl. auch seine Stellungnahme zu KG JW 1929,3024 - Ringtauschfall-, a.a.O.,S. 109. A.a.O., S. 215, Fn. 262. A.a.O., S. 217. AcP 139 (1934), 273 ff. A.a.O., 281 ff. A.a.O., 277, 293 f.
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aufwenden müsse, sei auch in einem solchen Falle entweder abzubrechen oder auf die Unsicherheit hinzuweisen 48 • Dogmatisch grenzte Erman diese Verpflichtung von einer Erklärungspflicht ab. Es handele sich um eine einheitliche Unterlassungspflicht, die erfüll bar sei entweder durch Nichtverhandeln oder durch richtiges Verhandeln und allgemein auf das Unterlassen falschen Verhandelns gerichtet sei 49 • Nicht maßgebend sei dagegen die Art des Abbrechens. Da man nicht verpflichtet sei, den Vertrag abzuschließen, habe der Gegner kein Recht, die Gründe für den Abbruch der Verhandlungen zu erfahren oder gar zu fordern, daß man diesen nur unter richtiger Begründung vollzieheSO. Von dieser klaren Aussage rückte Erman zum Schluß seiner Abhandlung jedoch teilweise ab, indem er dort unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einer gesteigerten, nicht verschuldensabhängigen Haftung aus culpa in contrahendo erwog: "Wer in einer Weise zu Vertragsverhandlungen einlädt oder sich auf sie einläßt, die verkehrsüblich bedeutet, ich habe alles so weit geklärt, daß du mir, wenn du das normale oder sonst von mir erwartete bietest, als Käufer recht bist, der darf diese Erwartung höchstens aus schwerwiegenden Gründen enttäuschen, z.B. wegen naheliegender Möglichkeit einer erheblichen Preissteigerung, wenn der Käufer sich nicht zu einer entsprechenden höheren Zahlung oder eventuellen Nachzahlung erbietet,,51. Hierbei handele es sich um einen verschuldensähnlichen Tatbestand, bei dem daran zu denken sei, die Haftung auf Reisekosten und andere unmittelbare Schäden zu beschränken 52 . A.a.O., 293. A.a.O., 276 f. 50 A.a.O., 290 und 326. Ähnlich Krückmann, AcP 137 (1933), 167, 183 ff.: Jede Verhandlungspartei müsse ernsthaft verhandeln, weil sie die Gegenpartei zu dem Vertrauen darauf ermächtige, daß die Verhandlungen ernstlich gemeint seien. Allerdings könne sie die Verhandlungen einfach abbrechen, so daß der Partner sie von diesem Augenblick an nicht mehr durch seine Dispositionen verpflichten könne, a.a.O., 186. 51 A.a.O., 335. 52 Die sonstige Literatur ist nicht weiterführend. Am ausftihrlichsten hat sich Mühlich, S. 26 geäußert: Im allgemeinen stehe der Abbruch der Verhandlungen im Belieben der Parteien; es gebe aber Fälle, in denen der Abbruch unter solchen Umständen von einer Partei veranlaßt werde, die die andere auf besondere Weise schädigten und die, weil sie von einem Verschulden begleitet seien, dem Verletzer mit Ersatzpflicht zuzurechnen seien. Worin das Verschulden betehen kann, ist nicht näher erläutert. Für den Hypothekenverlängerungsfall hat Mühlich jedenfalls eine Haftung des Kaufbewerbers beftirwortet. Ebenso Koerfer, S. 44 f. und Berger, S. 9 f.; dieser verlangte im übrigen besondere Voraussetzungen, die in specie dann vorlägen, wenn jemand in der Gegenseite die unbegründete Hoffnung erwecke, es werde zum Vertragsschluß kommen, a.a.O., S. 28. Kober, S. 17, beschränkte sich auf die Feststellung, das Verschulden einer Partei könne auch darin bestehen, daß sie vorsätzlich oder fahrlässig das Zustandekommen eines Vertrages verhindere, während Hartig, S.28, eine Schadenersatzpflicht im Falle von RGZ 132,26 (gescheiterter Gesellschaftsvertrag) davon abhängig machte, ob die Weigerungsgründe berechtigt waren. Bogusch, S.58 (der sogar eine Pflicht zur Offenbarung des vollzogenen, heimlichen Abbruchs verneinte), Jacoby, S. 32 und 35, Steffen, S. 29, Heldrich, S. 44, und Herz, S. 55 lehnten demgegenüber eine Haftung wegen willkürlichen Verhandlungsabbruches ausdrücklich, wenn auch ohne nähere Begründung ab; Herz billigte einen Ersatzanspruch ausschließlich bei einem Verstoß gegen das Schikaneverbot (§ 226BGB) zu. 48
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Zusammenfassend ergibt sich, daß die Rechtslehre parallel zur Rechtsprechung ihre zunächst ablehnende und rein deliktsrechtliche Sicht der Haftung für das Scheitern von Vertragsverhandlungen aufgegeben und das Institut der culpa in contrahendo zur Erfassung der Problematik herangezogen hat. Insoweit bestand spätestens zu Beginn der dreißiger Jahre ein Grundkonsens. Wenn auch zunächst nicht klar herausgearbeitet, sondern lediglich schemenhaft, läßt sich zudem bei Teilen des Schrifttums (z.B. StolI, Erman) eine Entwicklung dahingehend konstatieren, nicht nur das Verhandeln ohne ernsthaften oder sorgfältig geprüften Abschlußwillen, sondern auch den willkürlichen Abbruch selbst als pflichtwidrig zu werten. Allerdings kann hierin nicht mehr als eine bloße Tendenz gesehen werden. Ein entsprechender, eindeutig umrissener Haftungstatbestand wurde nicht formuliert, sondern im Gegenteil überwiegend abgelehnt.
III. Entwicklung nach 1945 1. Rechtsprechung a) Bundesgerichtshof
Die Spruchpraxis des BGH zum Abbruch der Vertragsverhandlungen ist umfangreich und reicht in die fünfziger Jahre zurück. Bis zur heutigen Zeit sind über vierzig, z.T. unveröffentlichte Urteile ergangen. Die frühen Entscheidungen sind durch Unsicherheit in der dogmatischen Begründung gekennzeichnet. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, daß auch die neuere Judikatur zu keiner einheitlichen Linie gefunden hat, daß vielmehr über die Anforderungen und den Umfang der Haftung unterschiedliche Auffassungen zum Ausdruck kommen. Die erste Entscheidunl3 , in der Schadenersatz wegen des Fehlschlagens von Verhandlungen zuerkannt worden ist, erging vom I. Senat (U rt. v. 16.3.1954 - I 53 Als erste Entscheidung wird in der Literatur (etwa Ostheim, JBI 1980, 570) auch BG HZ 6, 330 (Urt. v. 20.6.1952 - V ZR 34/51) genannt: Dort war eine Stadtgemeinde verklagt worden, weil sie einen Pachtvertrag über einen Schrottlagerplatz nicht wirksam hatte zustande kommen lassen. Obwohl die Klägerin das Gelände mit Einverständnis der Beklagten schon in Benutzung genommen hatte, verpachtete diese das Gelände später an ein anderes Unternehmen. Dem Kläger wurde Ersatz seines Vertrauensschadens mit der Begründung zuerkannt, die Beklagte habe bei der Klägerin die Vorstellung hervorgerufen, der Pachtvertrag sei bereits wirksam abgeschlossen (a.a.O., S. 335). Die Pflichtverletzung ist also nicht in der Weigerung, den Vertrag wirksam werden zu lassen, sondern in der mangelnden Aufklärung über die an § 37 DGO scheiternde Wirksamkeit des Vertrages erblickt worden. Die Entscheidung ist folglich der Fallgruppe des Verschuldens wegen des Abschlusses eines unwirksamen Vertrages, nicht der des Abbruches von Verhandlungen zuzuordnen. Allerdings wäre der Fall auch geeignet gewesen, den Vorwurf der Pflichtwidrigkeit an den - wahrscheinlich - grundlosen Abbruch der Vertragsanbahnung zu knüpfen, wie die Revision hilfsweise vorgetragen hatte (a.a.O., S.332).
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2. Kap.: Abbruch der Vertragsverhandlungen -
Rechtsentwicklung
ZR 255/52, LM NT. 3 zu § 276 (Fa) BGB = MDR 1954,346): Die Klägerin lieferte der Beklagten seit längerer Zeit im Rahmen einer laufenden Geschäftsverbindung Ausrüstungsgegenstände für Bergleute, wobei nach den Einkaufsbedingungen der Beklagten deren Bestellungen nur in Schriftform gültig waren. Wegen Untauglichkeit der bis dahin verwendeten Bergmannskappen hatte die Klägerin Gummikappen mit Stahleinlagen entwickelt. Diese Entwicklung war in Zusammenarbeit mit der Beklagten, insbesondere zwei Mitarbeitern der Abteilung für Arbeiterschutzbekleidung erfolgt, die zwar selbst nicht zeichnungsberechtigt, aber mit Kenntnis der zeichnungsberechtigten Vertreter der Beklagten weitgehend selbständig tätig geworden waren. Nach Abschluß der Entwicklungsarbeiten erklärte einer der Sachbearbeiter, in Zukunft kämen nur noch Bergmannskappen mit Stahleinlage in Betracht, die Herstellung der Werkzeuge für die Herstellung dieser Stahleinlagen müsse vordringlich, u. U. sogar unter Zurückstellung anderer Aufträge in Angriff genommen werden. Der andere Sachbearbeiter bestellte sodann bei der Klägerin am 1.9.1948 telefonisch 20.000 der neu entwickelten Kappen. Den schriftlichen Auftrag stellte er dabei in Aussicht. Außerdem wies er auf die Dringlichkeit der Lieferung hin, da die Fertigung der Formen längere Zeit in Anspruch nehme. Die Klägerin bestellte daraufhin ihrerseits, ohne einen schriftlichen Auftrag der Beklagten erhalten zu haben, bei einer Zulieferfirma die erforderlichen Stahleinlagen. Da die Beklagte die Abnahme der Kappen später verweigerte, nahm die Klägerin sie auf Befreiung der von ihr gegenüber der Zulieferfirma eingegangenen Verbindlichkeiten in Anspruch. In den Gründen der stattgebenden Entscheidung heißt es, die Vorverhandlungen für sich allein hätten nicht auf eine Bindung oder eine dahingehende Absicht der Beklagten schließen lassen. Das Ferngespräch vom 1.9.1948 sei aber, zumal in Anbetracht der vorangegangenen Erklärungen des ersten Sachbearbeiters, dazu angetan gewesen, bei der Klägerin, wenn nicht die Annahme hervorzurufen, daß schon eine Bestellung erfolgen solle, so doch zum mindesten den Eindruck zu erwecken, daß jedenfalls die alsbaldige Erteilung eines ersten Lieferauftrages über 20.000 Kappen gesichert sei und daß von ihr erwartet werde, unverzüglich alle zur Ausführung dieses Auftrages notwendigen Maßnahmen zu treffen. Ein schuldhaftes Verhalten bei Vertragsverhandlungen könne darin liegen, daß das Vertrauen auf das demnächstige Zustandekommen eines längeren Vertragsverhältnisses erweckt und der andere Teil dadurch zu Aufwendungen veranlaßt werde. Ein Verschulden der Sachbearbeiter, welches der Beklagten gemäß § 278 BGB zuzurechnen sei, sah das Gericht in der Zusicherung des Auftrages, obwohl sie sich nicht vergewissert hätten, daß die Beklagte in der Tat entschlossen war, wenigstens einen ersten Lieferauftrag über 20.000 Kappen zu erteilen. Daß die Erteilung des Auftrages der Schriftform bedurfte und daß die Sachbearbeiter keine Vertretungsmacht hatten, habe die Beklagte nicht von ihrer Pflicht zur verkehrsüblichen Sorgfalt entbinden können und hindere deshalb nicht eine Haftung auf Ersatz des negativen Interesses.
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In der Entscheidung des V. Senats vom 4.3.1955 - V ZR 66/54 (WM 1955, 728 = BB 1955, 429 = Betrieb 1955, 479) ging es um einen mißlungenen Grundstückskauf: Die Klägerin war am Erwerb eines Hausgrundstückes der Beklagten interessiert. Sie behauptete, bei den Verhandlungen habe immer Einigkeit darüber bestanden, daß nur sie als Käuferin in Frage komme; der Verkauf des Hauses sei ihr außerdem fest zugesichert worden. Ihre Klage war auf Auflassung des Grundstücks, hilfweise auf Ersatz des Schadens gerichtet, der ihr entstanden sei, weil sie im Vertrauen auf die Zusicherung vom Kauf anderer Grundstücke Abstand genommen habe. Ebenso wie der I. Senat in der vorerwähnten Entscheidung sieht der V. Senat ein eventuelles Verschulden darin, daß das Vertrauen auf das Zustandekommen eines Vertragsverhältnisses erweckt wird. Da das Verschulden im Hervorrufen des Vertrauens liege, könne nach dem allgemeinen Grundsatz des § 249 BGB ein Anspruch aus culpa in contrahendo hier von vornherein lediglich auf Ersatz des negativen Interesses gerichtet sein, denn auch ohne das schuldhafte Verhalten wäre kein Erfüllungsanspruch entstanden. Folglich wies er schon aus diesem Grund den Antrag auf Auflassung ab. Zum Hilfsantrag auf Ersatz des Vertrauensschadens heißt es, ein Schadenersatzanspruch wegen Verschuldens beim Vertragsschluß erfordere keine vollständige Einigung, insbesondere keinen mündlichen Kaufvertrag. Vielmehr genüge es, wenn die Klägerin nach dem Verhalten der Beklagten bei den Vertragsverhandlungen damit habe rechnen können, daß es zum Abschluß eines Kaufvertrages kommen werde. Diese Voraussetzung hielt der Senat nach dem Ergebnis der vorinstanzlichen Beweisaufnahme nicht für erfüllt, so daß dem Hilfsantrag der Klägerin ebenfalls kein Erfolg beschieden war. In beiden Urteilen wurde als Haftungsgrund nur das sorgfaltswidrige Erwecken der Erwartung des Vertragsabschlusses in Betracht gezogen. Eine Akzentverschiebung findet sich erstmalig in der Entscheidung des V. Senats vom 2.5.1956 - V ZR 171/54 (Schäfer-Finnern Z 2.10 BI.2)54: Der Kläger wollte in das sogenannte Kornhaus, ein historisches Gebäude, welches im Eigentum der beklagten Stadtgemeinde stand, ein Lichttheater einbauen. Er verhandelte aus diesem Grund mit der Beklagten über einen Vertrag zur langfristigen Nutzungsüberlassung des Gebäudes. Nachdem der Gemeinderat sich am 26.9.1952 mit dem Projekt prinzipiell einverstanden erklärt hatte, reichte der Kläger bei einem Stadtpfleger einen Entwurf für einen Mietvertrag und zwei Entwürfe für die Bestellung eines Dauernutzungsrechts ein. Am 10.11.1952 beschloß der Gemeinderat, die Überlassung des Gebäudes solle auf der Grundlage eines dreißig Jahre laufenden Mietvertrages erfolgen. Der Stadtpfleger setzte den Rechtsbeistand des Klägers von diesem Beschluß in Kenntnis. In dem darauf folgenden Schriftwechsel mit dem Stadtpfleger trat der Kläger für die Einräumung eines Dauernutzungsrechts ein und machte auch hinsichtlich anderer 54 Lediglich unvollständig wiedergegeben in LM Nr. 21 zu § 242 (Bb) BGB; WM 1956,863; NJW 1956, 1275; BB 1956,575 und Betrieb 1956,641.
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2. Kap.: Abbruch der Vertragsverhandlungen -
Rechtsentwicklung
Punkte des Gemeinderatsbeschlusses abweichende Vorschläge. Nach nochmaliger Beratung des Gemeinderates legte der Kläger am 11.12.1952 wieder je einen Entwurf flir ein Dauernutzungsrecht und für einen Mietvertrag vor. Er erklärte sich nunmehr bereit, auch einen Mietvertrag einzugehen. Unterdessen hatte ein Konkurrent des Klägers einen Antrag auf Genehmigung eines weiteren Lichtspieltheaters gestellt, dem die Beklagte am 27.1.1953 stattgab. Vorher, am 12.12.1952, hatte der Rat den Beschluß gefaßt, das Kornhaus nicht mehr zum Einbau und Betrieb eines Lichtspielhauses zu verwenden, was dem Kläger am 29.1.1953 mitgeteilt worden war. Mit seiner Klage verlangte dieser Ersatz der ihm anläßlich der Verhandlungen entstandenen Aufwendungen, insbesondere Erstattung von Architektenhonoraren. Die Klage wurde abgewiesen. Der Senat billigte die Ausführung des Berufungsgerichts, bis zum Beginn der Verhandlungen mit dem Stadtpfleger habe der Kläger nicht auf den Abschluß eines Vertrages vertrauen dürfen, weil er mit einem Wechsel der Mehrheitsverhältnisse im Rat habe rechnen müssen. Bis zu diesem Zeitpunkt sei ein Verschulden der Beklagten schon aus diesem Grund nicht festzustellen. Für die Zeit ab dem 26.9.1952 ging das Gericht zwar von einer gefestigten Vertrauensgrundlage aus, verneinte aber einen Ersatzanspruch, der sich aus einem schuldhaften Verhalten der Beklagten bei der Vertrauenserweckung hätte ergeben können. Es sei weder anzunehmen, daß die Beklagte die Verhandlungen bloß zum Schein geführt, noch daß sie den Stadtpfleger unzureichend instruiert habe, nur um den Kläger hinzuhalten 55 • Der Senat hielt aber offenbar auch eine Haftung unabhängig von einem vorangegangenen Verschulden flir möglich, wenn die Beklagte ohne hinreichenden Grund von dem Vertrag Abstand genommen hätte. Denn er bezog sich zustimmend auf die Begründung der Vorinstanz, wonach es darauf ankomme, ob flir die Beendigung der Verhandlungen triftige, erst im Laufe der Verhandlungen erkennbar gewordene Gründe vorhanden gewesen seien. Wesentlich sei mithin, ob am 12.12.1952 neue Gesichtspunkte bestanden hätten, so daß der Abbruch auch unter Berücksichtigung der vom Kläger bereits erbrachten Opfer nach Treu und Glauben gerechtfertigt gewesen sei 56. Im zu entscheidenden Fall liege ein solcher Grund darin, daß der Konkurrent des Klägers zwischenzeitlich einen Antrag auf Genehmigung eines zusätzlichen Kinos eingereicht habe. Dadurch sei eine neue Sachlage geschaffen worden. Die Beklagte habe diesem Antrag gemäß den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen stattgeben müssen, während der Abschluß mit dem Kläger zur Zeit der AntragsteIlung noch weit entfernt gewesen sei. Deshalb habe der Gemeinderat die Frage der Zweckmäßigkeit des Vertragsschlusses mit dem Kläger erneut prüfen und wegen des nunmehr erhöhten wirtschaftlichen Risikos ohne Verstoß gegen die vorvertraglichen Verhandlungs pflichten ablehnen dürfen.
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Schäfer/Finnern Z 2.10 BI. 4 R. Schäfer/Finnern Z 2.10 BI. 5 R.
III. Entwicklung nach 1945
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Der in dieser Entscheidung gewählte Ansatz, auch das Abbrechen ohne triftigen Grund als Verhandlungsverschulden zu werten, wird ebenfalls erkennbar in einer unveröffentlichten Entscheidung des VIII. Senats (Urt. v. 23.6.1959 VIII ZR 90/58)57: Die als Klägerin aufgetretene Stadt machte ausstehende Pachtzinsansprüche geltend. Im Jahre 1946 hatte sie dem Beklagten ein Grundstück mit einem durch Kriegseinwirkung weitgehend zerstörten Hotel verpachtet. Der Beklagte ließ das Grundstück nach dem Krieg aufräumen und behelfsmäßig wieder herrichten. Nach einigen Jahren beabsichtigte er, das Gebäude erneut aufzubauen, wozu er jedoch aus verschiedenen Gründen nur bereit war, wenn die Klägerin ihm für die Dauer von sechzig Jahren ein Erbbaurecht einräumen würde. Die Verhandlungen über den Vertrag zur Bestellung eines Erbbaurechts 58 verliefen zunächst erfolgversprechend. In einem Schreiben teilte die Klägerin sogar mit, die zuständigen Vertretungs körperschaften hätten schon beschlossen, dem Beklagten das begehrte Erbbaurecht einzuräumen. Zum Abschluß eines Vorvertrages kam es indes nicht, nach dem Vorbringen der Klägerin, weil die Beklagte nicht den Nachweis einer gesicherten Finanzierung des Bauvorhabens erbracht habe, nach dem des Beklagten, weil die Klägerin ihm das Erbbaurecht überhaupt nicht mehr habe gewähren wollen. Gegenüber der Pachtzinsklage rechnete der Beklagte mit etwaigen Schadenersatzansprüchen aus Verschulden bei Vertragsschluß auf. Während das Berufungsgericht solche Ansprüche verneint hatte, schloß sie der VIII. Senat nicht aus. Die Klägerin habe der Beklagten durch ihr Verhalten bei den Verhandlungen, insbesondere durch das Inaussichtstellen des Erbbaurechtsvertrages geradezu ermuntert, Aufwendungen für Planentwürfe zu tätigen sowie Mietausfälle in Kauf zu nehmen, in der Hoffnung, demnächst mit dem Wiederaufbau des Hotelgebäudes beginnen zu können. Es bedürfe deshalb nicht nur einer näheren Prüfung, ob die Klägerin nicht insofern ein Verschulden treffe, als sie es versäumt habe, den Beklagten von vornherein auf ihre Einstellung aufmerksam zu machen. Dem Berufungsgericht sei auch nicht ohne weiteres darin zu folgen, daß die Klägerin die Verhandlungen willkürlich habe abbrechen dürfen, ohne sich schadenersatzpflichtig zu machen. Es sei zu erwägen gewesen, ob die Klägerin so weit gebunden gewesen sei, daß sie sich nur aus im Rahmen der bisherigen Verhandlungen liegenden Gründen, nicht dagegen aus stadtplanerischen Überlegungen habe anders entschließen dürfen. Diese Formulierungen sind zwar vorsichtig gehalten, lassen aber deut57 Nicht eindeutig hingegen Urt. v. 27.5.1957 VII ZR 223/56, WM 1957,883,885 (insoweit in BGHZ 24, 297 und NJW 1957, 1275 nicht abgedruckt): Hier verneinte der VII. Senat eine Haftung für culpa in contrahendo auf Ersatz des Schadens, den die Klägerin dadurch erlitten hatte, daß sie im Vertrauen auf eine telegrafische Bürgschaftsübemahme einen Kredit erteilt hatte. Es hätten weder besondere Verhandlungen stattgefunden, noch seien irgendwelche Zusicherungen gegeben worden. Ein Anspruch auf das negative Interesse unter dem Gesichtspunkt, daß die Beklagte sich geweigert habe, eine formunwirksame durch eine wirksame Bürgschaftserklärung zu ersetzen, liefe dem Zweck des § 766 BGB entgegen. 58 Gemeint ist das formbedürftige Kausalgeschäft; vgl. § 1l Abs. 2 ErbbaurechtsVO i. V.m. § 313 BGB.
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2. Kap.: Abbruch der Vertragsverhandlungen -
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lich erkennen, daß die Abstandsnahmevonfortgeschrittenen Vorverhandlungen ohne hinreichenden Grund als Verstoß gegen die Pflichten aus dem Verhandlungsverhältnis zu betrachten sei59 • Die gleiche Tendenz kommt im Urteil des VIII. Senats vom 19.10.1960 - VIII ZR 133/59(LM Nr. 11 zu § 276 (Fa) BGB =WM 1960, 1384=NJW 1961, 169= MDR 1961, 49 = BB 1960, 1366 = Betrieb 1960, 1452) zum Ausdruck: Der Kläger stand mit dem beklagten Land in Verhandlungen über den Abschluß eines Grundstücksmietvertrages. Das Land als Eigentümer gestattete ihm schon während der Verhandlungen, mit dem vorgesehenen Aufbau des krieg;zerstörten Gebäudes auf dem Grundstück zu beginnen. Dabei übergab es ihm sog. Sicherstellungsscheine, in denen es hieß, daß alle Bestimmungen des Musterrnietvertrages, der dem späteren Abschluß zugrunde gelegt werden sollte, "schon jetzt bindend" seien. Der genaue Inhalt des Musterrnietvertrages stand nicht fest, weil das Land im Laufe der Zeit Musterverträge verschiedenen Inhalts verwendet hatte. Nachdem sich die Vertrag;gespräche über eine längere Dauer hingezogen hatten, legte das Land dem Kläger einen Vertragsentwurf vor, den dieser jedoch wegen verschiedener Änderungswünsche nicht unterschrieb, so daß das Land den Abschluß des Mietvertrages schließlich ablehnte. Der Kläger begehrte Ersatz seiner auf das Grundstück gemachten Aufwendungen sowie des sonstigen durch das Unterbleiben des Abschlusses entstandenen Schadens. Der Senat hob das abweisende Urteil der Vorinstanz auf. Hinsichtlich der wertsteigemden Aufwendungen kam nach seiner Ansicht auch ein vertraglicher Anspruch in Betracht, da die Sicherstellung;scheine im Zusammenhang mit dem Musterrnietvertrag insoweit Grundlage für einen Vertrag über Aufwendungsersatz hätten sein können 60 • Ein Anspruch auf Ersatz des gesamten Vertrauensschadens, also auch der nicht wertsteigemden Aufwendungen, konnte jedoch ausschließlich durch ein Verschulden bei Vertragsverhandlungen begründet worden sein. Hierzu führte der Senat aus 61 , das Gestatten, mit dem Aufbau des zerstörten Bauwerks zu beginnen, habe die Verhandlungen über bloße, keine die 59 Anders demgegenüber noch das unveröffentlichte Urteil des gleichen Senats vom 18.3.1958 - VII I ZR 64/57 in derselben Angelegenheit: Hier ging es um die vorangegangene Klage der Verpächterin auf Räumung des Grundstückes. Der Senat erörterte u.a., ob dem Räumungsanspruch ein Anspruch aus culpa in contrahendo auf Einräumung des Erbbaurechts im Wege eines ZUTÜckbehaitungsrechts entgegengehalten werden könne. Er lehnte es aber ab, denn unterstellt, die Klägering habe einen falschen Eindruck über die Aussichten der Erbbaurechtsbestellung erweckt, so könne deswegen lediglich Ersatz des negativen Vertragsinteresses beansprucht werden. In der Entscheidung vom 23.5.1958 - VIII ZR 75/57, UFITA 1959 III (Bd. 29),372, 378 ff., sprach der Senat eine Verurteilung unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen aus, weil der Beklagte schon beim Abschluß eines wegen Unbestimmtheit unwirksamen Pachtvertrages nicht fest entschlossen gewesen war, eine ernsthafte vertragliche Bindung einzugehen. Die mangelnde Ernsthaftigkeit wurde der Begründung des Beklagten für seine Weigerung entnommen, den Hauptvertrag abzuschließen. 60 WM 1960, 1384, 1387. 61 A.a.O., 1386.
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Parteien verpflichtende Besprechungen hinausgehoben. Es habe zwischen den Parteien kein vertragsloser Zustand mehr geherrscht, weil der Kläger durch die Sicherstellungsscheine seinerseits bestimmte Verpflichtungen übernommen habe und das beklagte Land habe erkennen müssen, daß er bestimmte Aufwendungen treffen werde, die er nicht machen würde, wenn er nicht mit dem Mietvertrag rechnete. Alle diese Umstände hätten für das beklagte Land die Verpflichtung entstehen lassen können, die Verhandlungen nicht ohne triftigen Grund abzubrechen. Diese Pflicht habe es möglicherweise verletzt, indem es die Abänderungswünsche des Klägers zum Anlaß genommen habe, den Abschluß des Mietvertrages aus sachfremden Erwägungen zum Scheitern zu bringen. Daß über die Abgrenzung des Grundstückes und über den Mietzins noch keine volle Einigung erzielt worden war, sei unerheblich, denn insoweit habe kein wesentlicher Streit bestanden und der Zins habe vom zuständigen Stadtbauamt ermittelt werden sollen. Einen weiteren Anknüpfungspunkt für eine vorvertragliche Haftung sah der Senat in dem eventuellen Versäumnis des Landes, den Kläger darüber aufzuklären, daß er trotz Vorlage eines Musterrnietvertrages nicht damit habe rechnen können, daß der Vertrag zu dessen Bedingungen abgeschlossen würde. Entscheidend sei insofern, ob das Land eine unzutreffende Vorstellung erweckt und damit die den Verhandlungen entspringenden vorvertraglichen Treuepflichten schuldhaft verletzt habe. Obgleich in den Entscheidungsgründen nicht eindeutig klargestellt, sollen beide Erscheinungsformen eines Vorverhandlungsverschuldens offenbar nebeneinander bestehen können. Über die Voraussetzungen und den Umfang der vorvertraglichen Aufklärungspflicht hat sich der gleiche Senat in dem unveröffentlichten Urteil v. 28.11.1960 - VIII ZR 4/60 geäußert: Beamte der beklagten Bundespost hatten bei dem Kläger nachgefragt, ob er angesichts akuter Raumnot der Deutschen Bundespost bereit und in der Lage sei, ein bestimmtes Grundstück zu vermieten. Dieses war zu jener Zeit mit einem Erbbaurecht zugunsten einer Filmtheatergesellschaft belastet. Der Kläger wies die Beamten darauf hin und sagte zu, Verhandlungen über die Möglichkeit der Aufhebung des Erbbaurechts aufzunehmen. Obschon es ihm gelang, die Filmtheatergesellschaft zur Aufgabe ihres Erbbaurechts zu bewegen, kam ein Vertrag mit der Beklagten nach längeren Verhandlungen doch nicht zustande. Die Schadenersatzklage wurde abgewiesen. Nach Auffassung des Senats erforderte eine Haftung der Beklagten für ein Verschulden bei Vertragsverhandlungen zwar nicht, daß ihre Beamten den Kläger unter Vorspiegelung des sicheren Abschlusses eines Mietvertrages zur Auflösung des Erbbaurechtsvertrages mit der Filmtheatergesellschaft gedrängt hatten. Es genüge, wenn bei dem anderen Teil fahrlässigerweise die unbegründete Hoffnung auf die Möglichkeit eines Geschäftsabschlusses erweckt und dieser dadurch in einer erkennbaren Weise zu Aufwendungen, das heißt Vermögensopfern, veranlaßt werde, die dem Geschäftsabschluß dienlich sein könnten, aber beim Ausbleiben des Abschlusses nutzlos seien. Ein der Beklagten 5 Küpper
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zurechenbares Verschulden der Beamten wurde nach diesem Maßstab jedoch deshalb verneint, weil sie den Kläger lediglich dazu angeregt hätten, mit der Filmgesellschaft über die Aufhebung des Erbbaurechts zu verhandeln. Keineswegs hätten sie damit rechnen müssen, daß der Kläger ohne feste Aussicht auf den Vertragsschluß von sich aus schon eine derart weitreichende Maßnahme wie die Auflösung des Erbbaurechtsvertrages ergreifen würde. Eine deutlich einschränkende Linie verfolgen demgegenüber einige Urteile des VII. Senats aus den sechziger Jahren. In der Entscheidung vom 8.1.1962 - VII ZR 64/61 (WM 1962,347 = VersR 1962,562 = Betrieb 1962,404) hat er allerdings der Klage eines Lederwarenherstellers stattgegeben, der im Vertrauen auf einen von der beklagten Bank in Aussicht gestellten, später aber ausgebliebenen Kredit mit der Umstellung seines Produktions betriebes auf Autokoffer begonnen hatte. Nach der tatrichterlichen Würdigung hatte die Beklagte den Kläger hierzu veranlaßt, um den kreditbewilligenden Stellen einen produzierenden Betrieb vorzustellen. Die Vorinstanz hatte eine Treuepflichtverletzung in dem Versäumnis der Beklagten gesehen, den Kläger auf die Unsicherheit der Lage hinzuweisen und ihn vor der endgültigen Klärung von einer ProduktionsumsteIlung abzuhalten. Der Senat billigte dies und hob darauf ab, daß die Beklagte dem Kläger nicht mitgeteilt habe, daß sie nur bei der Vorbereitung der Kreditvergabe habe mitwirken können; deshalb habe sie ihn vor der Produktionsurnstellung warnen müssen, jedenfalls die Aussichten nicht in einem so günstigen Licht schildern dürfen, wie sie es getan habe. Daß der Kläger die Unsicherheit selbst erkennen konnte, wurde unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens (§ 254 BGB) berücksichtigt. In mehreren nachfolgenden Urteilen hat dieser Senat jedoch wesentlich strengere Anforderungen aUfgestellt 62 : Es sei nicht als schuldhaftes Verhalten einer Partei einzustufen, wenn sie schließlich einen Vertragsabschluß, auch ohne triftigen Grund, ablehne. Das gelte auch dann, wenn der andere Teil, wie dem Abbrechenden bekannt, in der Erwartung, der Vertrag werde demnächst zustande kommen, bereits erhebliche Aufwendungen gemacht habe. Auch dann sei die Ablehnung des Vertrages in aller Regel kein schuldhaftes Verhalten, das den Ablehnenden dazu verpflichte, seinem Verhandlungspartner die von diesem gemachten Aufwendungen zu ersetzen. Vielmehr könne der, der die Verhandlungen abgebrochen habe, nur dann zum Ersatz von Aufwendungen verpflichtet sein, wenn er durch sein früheres Verhalten in diesem schuldhaft das Vertrauen geweckt und genährt habe, der Vertrag werde mit Sicherheit zustande kommen. Ein Anspruch wurde also 62 Urt. v. 17.5.1962 VII ZR 224/60, WM 1962,936 = BB 1962,816 = Betrieb 1962,963: Nicht hinreichend war, daß der an einem Generalvertretervertrag interessierte Kläger schon vor Vertragsschluß als Generalvertreter aufgetreten war und Werbeaufwendungen gemacht hatte; Urt. v. 20.9.1962 - VII ZR 90/61, WM 1962, 1174: Gescheiterte Mietverhandlungen unter Einschaltung eines Strohmannes; die Sache wurde zUTÜckverwiesen; Urt. v. 8.10.1962 VII ZR 146/61 (unveröffentlicht): Tätigwerden nach der "Zusage" eines späteren Handelsvertretervertrages wurde nicht für ausreichend befunden, weil entsprechender Klägervortrag zu unsubstantiiert war.
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zumindest für den Regelfall- an ein schuldhaftes Verhalten bei der Vertrauenserweckung gebunden 63 • Außerdem hat der VII. Senat in den letzteren Entscheidungen an die Intensität des Vertrauenstatbestandes einen strengen Maßstab gelegt, indem er das Vertrauen auf das sichere Zustandekommen des Abschlusses vorausgesetzt hat, während er in dem ersten Urteil umgekehrt eine Pflicht angenommen hatte, auf die Ungewißheit des Kredits hinzuweisen. Der dortige Fall weist allerdings die Besonderheit auf, daß die beklagte Bank den Kläger zu bestimmten Aufwendungen ausdrücklich veranlaßt hatte 64 • Der V. Senat hat hingegen in einer Entscheidung vom 29.6.1965 - V ZR 153/62 (WM 1965, 1115 = Betrieb 1965, 1739) die in LMNr. 11 zu § 276 (Fa) BG B enthaltenen Ansätze weitergeführt: Der Kläger hatte sich bei der beklagten Bauträgerin um ein Eigenheim für lustizbedienstete beworben. In der Folgezeit bezahlte er schon 14.000 DM auf das Eigenkapital an die Beklagte, erteilte mit deren Einvernehmen in größerem Umfang Sonderaufträge an die einzelnen Handwerker zur Durchführung baulicher Sonderwünsche und machte sonstige Aufwendungen auf das Haus. Die Verhandlungen schlugen schließlich fehl, weil sich die Parteien nicht über den Auflassungstermin einigen konnten. Das Gericht hielt dafür, daß eine vorvertragliche Treuepflicht der Beklagten bereits in dem Zeitpunkt entstanden sein könne, in dem sie dem Kläger auf seine Kosten die Durchführung der baulichen Sonderwünsche gestattet habe, denn seitdem habe sie gewußt oder wissen müssen, daß der Kläger Aufwendungen im Hinblick auf den Vertragsabschluß tätigen würde. Inhaltlich gehe diese Treuepflicht dahin, auf die Interessen des Partners Rücksicht zu nehmen, ihn insbesondere 63 Im Urteil v. 6.5.1963 VII ZR 76/62 (unveröffentlicht) stellte derselbe Senat zur Klageabweisung allerdings auf den Grund zum Abbruch ab: Die Klägerin hatte in einem Schreiben, mit dem sie die Beklagte zur Einhaltung des angeblich abgeschlossenen Vertrages aufforderte, beleidigende Äußerungen verwendet und insbesondere angedroht, "die Sache in die Öffentlichkeit zu bringen". Durch dieses grob vertragswidrige, die Beklagte kränkende Benehmen habe die Klägerin den Anlaß zum endgültigen Abbruch der Vertragsverhandlungen gegeben. Das schließe einen Anspruch aus culpa in contrahendo aus. 64 Unterschiedliche Anforderungen an die Vertrauenserweckung werden auch in anderen Entscheidungen des gleichen Senats deutlich. Weit formuliert das Urt. v. 29.1.1968 - VII ZR 126/65, WM 1968,531: Unter dem Aspekt des AufkIärungsverschuldens wurde ein Anspruch der Kläger auf Ersatz eines Konkursausfallschadens für möglich gehalten, weil die Beklagte als Schuldnerin des Gemeinschuldners den Klägern vor Eröffnung des Konkurses die sichere Aussicht eröffnet habe, sei werde die für die Zession der Forderungen des Gemeinschuldners notwendige schriftliche Genehmigung erteilen. Zum allgemeinen Umfang der Aufklärungspflichten heißt es, jeder Teil müsse insbesondere aufklären, wenn er bemerke, daß der andere für ihn erhebliche Umstände nicht kenne oder falsch beurteile. Im Urt. v. 21.12.1967 - VII ZR 39/65 und 171/66, Schäfer /FinnernZ 2.301 BI. 29, 31 ging es darum, daß eine bereits beim ursprünglichen Vertragsschluß erwartete Vertragsänderung nicht zustande kam. Ob zu verlangen sei, daß der Änderungsvertrag mit Sicherheit habe erwartet werden können, ließ der Senat dahinstehen; jedenfalls müßten strenge Maßstäbe angelegt werden, die nicht erfüllt seien. Das Urt. v. 18.1.1971 - VII ZR 82/69, Schäfer/Finnern Z 3.00 BI. 188, 189R hat eine Haftung dagegen abgelehnt, weil die Erklärungen der abbrechenden Partei keine Vertragsangebote enthalten hätten.
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über Umstände aufzuklären, die für ihn erkennbar erheblich seien, und auch die Verhandlungen nicht ohne triftigen Grund abzubrechen. Der Senat gestand der Beklagten jedoch das Recht zu, den Vertragsschluß scheitern zu lassen, weil der Kläger auf einen Termin für die Auflassung des Grundstückes bestanden hatte, der von der Terminbestimmung abwich, die der Vertragsentwurf enthalten hatte. Der Kläger habe von vornherein damit rechnen müssen, daß er sich auf die üblichen, auch für die übrigen Bewerber geltenden Vertragsbestimmungen werde einlassen müssen. Dennoch wurde der Revision teilweise stattgegeben. Die Beklagte habe möglicherweise ihre Aufklärungspflicht verletzt. Sie habe dem Kläger die Zusendung des Vertragsentwurfes "in Kürze" zugesagt. Angesichts dessen und wegen der Billigung baulicher Sonderwünsche könne der Beklagten die Pflicht erwachsen sein, den Kläger alsbald über die in Aussicht genommenen vertraglichen Einzelbestimmungen aufzuklären. Gegen diese Pflicht könne sie duch eine verspätete Übersendung des Vertragsentwurfes verstoßen haben, so daß sie dann zum Ersatz des Schadens verpflichtet sei, der dem Kläger infolge des nicht rechtzeitigen Beendens der Verhandlungen entstanden war 65 • Auf dem Grundsatz, daß der unberechtigte Abbruch der Verhandlungen als solcher einen Schadenersatzanspruch begründen kann, beruht auch die Entscheidung des VIII. Senats vom 19.4.1967 - VIII ZR 8/65 (WM 1967,798 = Betrieb 1967, 1085)66: Die Beklagte, eine Brauerei, suchte für eine alteingesessene 65 Für den Abbruch ohne triftigen Grund hat der Senat sogar einen Anspruch auf Ersatz des Nichterfüllungsschadens in Betracht gezogen, a.aO., S. 1117 f. Nach dem Urteil des gleichen Senats v. 27.9.1968 - V ZR 53/65, WM 1968,1402 kann der Anspruch bei einem beabsichtigten Grundstückskauf aber nicht auf Naturalerfüllung gerichtet sein. Vgl. dazu näher unten 7. Kap. 11 3. 66 Widersprüchlich dagegen das Urteil dieses Senats v. 24.11.1%5 VIII ZR 219/63 (teilweise wiedergegeben in Betrieb 1966, 105): Hier wurde die Klage einer FleischwarenhersteUerin abgewiesen, welche mit einer nicht abschlußberechtigten Standortverwaltung der Bundeswehr einen Vertrag über die Lieferung von Wurst- und Fleischkonserven abgeschlossen und daraufhin ihrerseits schon vorbereitende Wareneinkäufe getätigt hatte; die mangelnde Vertretungsberechtigung war der Klägerin bekannt gewesen. Zum Schadenersatz soll es nach Ansicht des Senats einerseits verpflichten, den als sicher hingestellten Vertragsabschluß aus sachfremden Erwägungen scheitern zu lassen; andererseits aber komme ein Anspruch nur in Betracht, falls schuldhaft das Vertrauen erweckt werde, der Vertrag komme mit Sicherheit zustande. In concreto wurde ein Anspruch ausgeschlossen, weil die Klägerin nicht auf die Genehmigung durch die zuständige Wehrbereichsverwaltung habe vertrauen dürfen. Aus ähnlichen Erwägungen blieb der Kläger erfolglos im Urt. v. 14.7.1967 - V ZR 120/64, LM Nr. 23 zu § 276 (Fa) BGB = WM 1%7, 1010 = NJW 1967,2199 = JR 1%8,98 = MDR 1%7,913 = BB 1967,979 = Betrieb 1967, 1581: Die Verhandlungen über den Kauf eines Schloßgrundstückes waren erfolglos geblieben. Der beklagte Eigentümer hatte sie aber ursprünglich als "unverbindlich" dargesteUt. Da er den Abschluß in diesem Stadium nicht zugesichert habe, brauche er für Aufwendungen des Klägers, die dieser aufgrund der Verhandlungen getätigt hatte, nicht aufzukommen. Eine später erfolgte Zusicherung sei für den vorher begründeten Schaden, der mit der Klage ausschließlich geltend gemacht wurde, nicht mehr kausal gewesen. Das Urteil vom 16.4.1969 - VIII ZR 64/66, WM 1969,919 = BB 1%9, 1456 hat als Haftungsvoraussetzung ein schuldhaftes Vertrauenserwecken gefordert. Daran habe es im konkreten Fall gefehlt, weil lediglich ein Mietvertragsentwurf übersendet worden sei.
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Gaststätte einen Nachfolger ihres bisherigen Pächters. Nach mündlichen und schriftlichen Erörterungen wählte der persönlich haftende Gesellschafter der Beklagten, 0., den Kläger aus und stellte ihn der Belegschaft der Gaststätte bei einer Weihnachtsfeier als den neuen Pächter vor. Am 19.1.1963 suchte der Kläger D. in der Gaststätte auf, unterschrieb die ihm vorher bereits übersandten Pachtvertragsexemplare und gab sie 0., der freilich nicht sogleich unterzeichnete, weil er den Vertrag nochmals mit den anderen Gesellschaftern durchsprechen wollte. Bei dieser Gelegenheit erklärte D. dem Kläger auf Anfrage, er könne nun seine geplanten Anschaffungen machen. Am 21.1.1963 war der Kläger erneut in der Gaststätte und verhandelte hier in Gegenwart des D. mit dem früheren Pächter wegen der Übernahme des Klein-Inventars, das er ihm für 15.000,- DM abkaufte, und über einen Konzessionsverzicht zugunsten des Klägers. In diesen Tagen bestellte der Kläger auch neues Inventar sowie Wein, Sekt und Spirituosen, insgesamt für fast 50.000,-DM. Am 22.1.1963 entschloß sich D. aber, die Gaststätte dem Kläger doch nicht zu verpachten, da er aus den wiederholten Besprechungen, insbesondere der letzten Tage habe feststellen müssen, daß der Kläger das Haus nicht im ursprünglichen Stil werde fortführen können und wollen. Dem Kläger wurde Ersatz für seine nutzlosen Aufwendungen gewährt. Diese seien ab dem Zeitpunkt zu erstatten, in welchem D. dem Kläger gesagt habe, er könne die geplanten Anschaffungen machen. Dadurch habe er das Vertrauen in das Zustandekommen des Vertrages erweckt. Einen ausreichenden Grund für den Verhandlungsabbruch erkannte der Senat nicht. Nach Abschluß des Vertrages hätte die Umwandlung der traditionsgebundenen Gaststätte nur nach Abmahnung zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Zwar könne es sein, daß vor seinem endgültigen Zustandekommen weniger gewichtige Gründe, als sie eine fristlose Kündigung erfordere, ausreichen könnten, um eine Haftung für culpa in contrahendo auszuschließen. Die Beklagte habe aber in jedem Fall versuchen müssen, den Kläger von seinem Vorhaben abzubringen und sich von ihm versprechen zu lassen, die Gaststätte "im Geiste des Vertrages" zu führen. Viel diskutiert worden ist die Entscheidung des 11. Senats vom 6.2.1969 11 ZR 86/87 (LM Nr. 28 zu § 276 (Fa) BGB = WM 1969,595 = MDR 1969,641 =BB 1969,464 = Betrieb 1969,655)67, in der es um den mißglückten Versuch einer Gesellschaftsbeteiligung ging: Die Beklagten waren zusammen mit Dr. S. Gesellschafter der späteren Kommanditgesellschaft S., die schon vor dem Zweiten Weltkrieg Geschäftsbeziehungen zur Klägerin unerhalten hatte. Im Jahre 1956 wandte sich einer der Beklagten an die Klägerin mit der Bitte, sie solle sich zur Behebung von Liquiditionsschwierigkeiten an der Gesellschaft beteiligen. Die Klägerin gewährte zunächst ein Darlehen von 15.000,- DM; im Zusammenhang damit verpflichtete sich der erwähnte Beklagte notariell, die 67 Vgl. dazu ausführlich v. Craushaar, JuS 1971, 127; ferner Larenz,FS Ballerstedt, S. 397, 417; Nirk, FS Möhring, 1975, S. 71, 87 f.; StolI, FS v. Caemmerer, S. 435,448.
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2. Kap.: Abbruch der Vertragsverhandlungen -
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Klägerin als Kommanditistin aufzunehmen, wobei die bis dahin als OHG bestehende Gesellschaft in eine KG umgewandelt werden sollte. Über die Grundbestimmungen des künftigen Gesellschaftsstatuts bestand zwischen den Parteien bald Übereinstimmung. Lediglich Dr. S. weigerte sich, seine Stellung als persönlich haftender Gesellschafter - wie vorgesehen - in die eines Kommanditisten umzuwandeln. Die Beklagten erhoben gegen ihn aus diesem Grund am 19.6.1957 Klage auf Ausschließung aus der Gesellschaft. Die Klägerin wurde von den bestehenden Schwierigkeiten mit Dr. S. unterrichtet. Die weiteren Verhandlungen kamen in einer Besprechung vom 28.11.1957 zu einem gewissen Abschluß; in einer Aktennotiz hierüber wurde festgestellt, daß der Gesellschaftsvertrag zu im einzelnen aufgeführten Bedingungen alsbald abgeschlossen werden sollte. Am 15.7.1959 übersandte die Klägerin einen fertigen, von ihr unterzeichneten Gesellschaftsvertrag nebst Geschäftsordnung und Schiedsvertrag mit der Bitte um Gegenzeichnung. Die S. teilte der Klägerin daraufhin mit, sie könne in die wünschenswerten Schlußverhandlungen nicht eintreten, weil Dr. S. den "zwischen uns als endgültig konzipierten" Vertragswerken nicht zugestimmt habe. Als Dr. S. dann am 31.12.1959 durch einen außergerichtlichen Vergleich aus der Gesellschaft ausschied, verlangten die Beklagten, die bereits ausgehandelten Beteiligungsverhältnisse und den Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Gesellschaftsvertrages den veränderten Verhältnissen anzupassen. Die Verhandlungen scheiterten schließlich, weil die Klägerin darauf nicht einging. Diese begehrte Ersatz für Verluste, die ihr durch die Ablehnung der Aufnahme in die Gesellschaft entstanden seien. Der H. Senat billigte, daß die Vorinstanz eine vertragliche Bindung, auch eine aus einem Vorvertrag, mit der Begründung ausgeschlossen hatte, zu keinem Zeitpunkt, weder bei der Besprechung vom 28.11.1957 noch im Frühjahr 1959, hätten die Parteien einen rechtsgeschäftlichen Bindungswillen gehabt 68. Nicht abschließend beurteilen lasse sich demgegenüber, ob die Klägerin aus einem anderen Grunde Schadenersatz verlangen könne. Wörtlich heißt es: "Dem Berufungsgericht ist auch zuzustimmen, daß sich mit dem Verhandlungsabbruch vom Herbst 1960 als solchem ein zum Schadensersatz verpflichtender schuldhafter Verstoß der Beklagten gegen Sorgfaltspflichten, die bei den Vertragsverhandlungen entstehen können, nicht begründen läßt. Da sie sich nicht gebunden hatten, waren sie aus keinem Rechtsgrund verpflichtet, weiterzuverhandeln und den Vertrag zu schließen. Ein Verhandlungspartner kann sich aber, wenn er sich mit der Gegenseite über das abzuschließende Vertragswerk ganz oder im wesentlichen einig geworden ist, unter Umständen auch dann schadensersatzpflichtig machen, wenn er sich hierbei rechtlich nicht gebunden, bei den Verhandlungen aber tatsächlich so verhalten hat, daß der andere Teil berechtigterweise auf das Zustandekommen des Vertrages mit dem ausgehandelten Inhalt vertrauen durfte und vertraut hat. Lehnt er den Vertragsabschluß am Ende dennoch ohne triftigen Grund ab und 68
WM 1969, 595, 596.
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enttäuscht er damit das erweckte Vertrauen des anderen, so ist die Sach- und Rechtslage dem Fall ähnlich, in dem ein Vertrag zwar wirksam zustandegekommen ist, der eine Teil aber nachträglich seine Erklärungen wegen Irrtums anficht. Hier wie da ist es sachgerecht, daß der in seinem Vertrauen auf die (entstandene oder erwartete) vertragliche Bindung enttäuschte Teil von dem anderen die wirtschaftlichen Nachteile ersetzt verlangen kann, die er infolge dieses Vertrauens auf sich genommen hat (vgl. § 122 BGB)." Eine solche feste Vertrauensgrundlage war nach Ansicht des Senats wohl am 28.11.1957 entstanden, als die Verhandlungen einen gewissen Abschluß erreicht hatten 69 • Es verwies die Sache jedoch zur weiteren Aufklärung zurück, weil er nicht abschließend beurteilen könne, ob die Beklagten einen triftigen Grund für ihren Wunsch nach Neuver~ungen gehabt hätten und weil die Klägerin ihren Schaden nicht genügend substantiiert habe 70 • Die Bedeutung des Urteils liegt zum einen darin, daß in ihm zwar keineswegs zum ersten Mal, aber in bis dahin nicht anzutreffender Deutlichkeit ausgesprochen ist, daß eine Haftung wegen des Scheiternlassens von Vertragsverhandlungen nicht nur durch das schuldhafte Erwecken des Vertrauens auf den Vertragsschluß, sondern auch durch die spätere grundlose Enttäuschung dieses Vertrauens selbst eintreten kann 7l • Zum anderen hat der Verweis auf die Rechtslage bei der Irrtumsanfechtung das Schrifttum zu Erörterungen herausgefordert, ob damit eine reine Vertrauenshaftung oder ein verschuldensabhängiger Haftungstatbestand gemeint sei 72 • Auch andere Senate des BGH haben die Entscheidung als Begründung einer reinen Vertrauenshaftung interpretiert und deshalb die Anwendung des in ihr formulierten Rechtssatzes auf Verhandlungen abgelehnt, die Verträge zum Gegenstand haben, welche dem Formgebot des § 313 BGB unterliegen 73 • Demgegenüber wurde in den meisten nachfolgenden Kritisch dazu v. Craushaar, JuS 1971, 127, 128. Zur Schaden berechnung weist der Senat darauf hin, daß die Klägerin nicht so gestellt werden könne, als ob sie in die Gesellschaft aufgenommen worden wäre, sondern nur Ausgleich für den Schaden beanspruchen dürfe, der entstanden sei, weil sie auf den Vertragsschluß vertraut habe. Der Schaden könne allerdings auch darin liegen, daß die Beteiligung an einem gleichartigen Unternehmen versäumt worden sei. 7l Hierauf beruht auch schon das Urteil des 11. Senats vom 25.4.1966 11 ZR 227/64, WM 1966, 737: Dort wurde ein Anspruch jedoch verneint, weil der Kläger, der in die Gesellschaft der Beklagten eintreten wollte, entgegen den vorangegangenen Erörterungen u.a. unerwartet hohe Gehaltsforderungen gestellt hatte; der Abbruch sei daher nicht ohne triftigen Grund oder aus sachfremden Erwägungen erfolgt. 72 Vgl. Larenz, FS Ballerstedt, S. 397,417; Nirk, FS Möhring, 1975, S. 71,87 f.; Stoll, FS v. Caemmerer, S. 435, 448. 73 V. Senat: Urt. v. 18.10.1974 V ZR 17173, LM Nr. 64/65 zu § 313 BGB = WM 1974, 1223 = NJW 1975, 43 = MDR 1975, 127 = Betrieb 1974, 2395: Schadenersatzanspruch ausschließlich bei schuldhaftem Vertrauenserwecken; Urt. v. 8.10.1982 - V ZR 216/81, WM 1982, 1436 = DNotZ 1983, 621; nur auf Täuschung über den Abschlußwillen abstellend auch Urt. v. 22.6.1973 - V ZR 146171, LM Nr. 32zu § 242 (Ca) BGB = WM 1973,1047,1048 f. = NJW 1973, 1455, 1456; anders dagegen noch Urt. v. 29.6.1965 - V ZR 153/62, WM 1965, 1115; Urt. v. 10.7.1970 - V ZR 159/67, LM Nr. 34 zu § 276 (Fa) BGB = WM 1970, 1110 = NJW 1970, 1840 sowie das oben erwähnte Urteil des VIII. Senats v. 23.6.1959- VIII ZR 90/58 (unveröffentlicht); vgl. ferner Urt. v. 21.3.1969 - V ZR 87/67, WM 1969,692, 694. Den 69
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Urteilen der grundlose Verhandlungsabbruch als Unterfall des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen aufgefaßt 74. In diesem Sinne hat auch der 11. Senat selbst seine Entscheidung verstanden 75 , so daß durch das Urteil dieses Senats vom 6.2.1969 in der Rechtsprechung keineswegs die Anerkennung einer verschuldensunabhängigen, reinen Vertrauenshaftung für das grundlose Beenden von Vorverhandlungen eingeleitet worden ist 76.
neueren Vrtei1en des V. Senats folgt der I. Senat: Vrt. v. 19.1.\979 - I ZR 172/76, LM Nr. 80 zu § 313 BGB = WM 1979,458 = NJW 1979, 915 (Leitsatz) = Betrieb 1979,741 = BB 1979,598 = MDR 1979,469 = DNotZ 1979,332; Schadenersatz teilweise zuerkannt, weil Beklagte ohne ernsthafte Absicht weiterverhandelt hatte. Vgl. aber auch III. Senat Vrt. v. 20.9.1984 -111 ZR 47/83, BGHZ 92, 164, 175 = LM Nr. 31 zu § 276 (Fb) BGB = NJW 1985, 1778 = MDR 1985, 298 = Betrieb 1985,593 und jetzt Vrt. v. 2\.9.1987- 11 ZR 16/87, WM 1988, 163, 164 = NJWRR 1988,288 = MDR 1988,382. 74 Auf dieser Grundlage haben später eine Haftung für den grundlosen Abbruch von Verhandlungen ebenfalls befürwortet: 111. Senat: Vrt. v. 8.6.1978 - III ZR 48/76, BGHZ 71, 386 = LM Nr. 65a zu § 276 (Fa) BGB (Krohn) = WM 1978,1082= NJW 1978,1802 =MDR 1978, 1002 = BB 1978, 1385; V rt. v. 7.2.1980 - III ZR 23/78, BG HZ 76, 343 = LM Nr. 68a zu § 276 (Fa) BGB (Krohn) = WM 1980,808 = NJW 1980, 1683 =MDR 1980,653; Vrt. v.1.l2.1983III ZR 38/82, LM Nr. 54 zu § 133 (C) BGB = MDR 1984,471; Beschl. v. 20.10.1983 - III ZR 32/83, WM 1984, 205 (allerdings unter Vermengung beider Haftungstatbestände); Vrt. v. 20.9.1984 - III ZR 47/83 (vgl. vorige Fn.); Vrt. v. 3.10.1985 - III ZR 60/84, MDR 1986, 65\. V. Senat: Vrt. v. 10.7.1970 - V ZR 159/67 (vgl. vorige Fn.). VIII. Senat: Vrt. v. 26.3./2.4.1973 - III ZR 2/73, WM 1974,508; Vrt. v. 25.3.1987 - VIII ZR 43/86, NJW 1987,2004,2006; wohl auch Vrt. v. 28.3.1977 - VIII ZR 242/75, WM 1977, 918, 920 = Betrieb 1977, 1548 = AP Nr. 28 zu § 6\1 BGB Konkurrenzschutzklausel. X. Senat: Vrt. v. 12.6.1975 - X ZR 25/73, LM Nr. 43 zu §276(Fa) BGB = WM 1975,923 = NJW 1975, 1774 = MDR 1975, 1016 = BB 1975, \128 = Betrieb 1975,1694= GRVR 1975,616 (v. Falck). Nur auf das schuldhafte Vertrauenserwecken stellte hingegen der VII. Senat ab im Vrt. v. 16.6.1977 - VII ZR 316/74, WM 1977, 1054, 1055: Scheitern eines Architektenvertrages nach Inaussichtstellen des Auftrages. 75 Vgl. Vrt. v. 13.4.1972 - 11 ZR 51170, WM 1972,772,773: Hier allerdings unter Vermengung beider Haftungstatbestände; die Verhandlungen dürften nicht grundlos abgebrochen werden, wenn zuvor das Vertrauen geweckt oder genährt wurde, daß der Vertrag mit Sicherheit zustande komme; Vrt. v. 23.11.1972 - 11 ZR 126/70, WM 1973,67,68,69: Haftung wegen der Verweigerung des Vertragsschlusses aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen sei nur auf das negative Interesse gerichtet, Vrt. v. 10.1 \.1975 - 11 ZR 94/73, WM 1976, 180, 181: Anspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen abgelehnt, weil noch keine Einigkeit über den wesentlichen Vertragsinhalt erzielt war; ohne sie bestehe in aller Regel noch keine hinreichende Grundlage für das Vertrauen auf einen künftigen Vertragsschluß; Vrt. v. 15.4.1981 - 11 ZR 105/80, WM 1981, 787: Die Verletzung vorvertraglicher Rücksichtspflichten durch den Abbruch ohne triftigen Grund berechtige nicht zum Ersatz des Interesses an der Erfüllung des in Aussicht genommenen Vertrages; Vrt. v. 12.12.1983 -11 ZR 251182, WM 1984,253: Anspruch sei begründet, falls Beklagte den Abschluß eines Garantievertrages als sicher hingestellt, dann aber aus betriebsinternen, von ihr zu vertretenen Gründen davon Abstand genommen habe; Vrt. v. 21.9.1987 - 11 ZR 16/87, WM 1988,163,164= NJWRR 1988, 288: Haftung wegen grundlosen Abbruches von Verhandlungen über Gesellschaftsvertrag. Als Fall des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen wurde die Haftung auch schon aufgefaßtim Vrt. v. 25.4.1966 - 11 ZR 227/64, WM 1966,737,739. VgJ. fernerVrt. v. 6.6.1974 - 11 ZR 157/72, WM 1974, 754 = BB 1974, 1039: gescheiterte Arbeitsgemeinschaft.
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Auch die weitere Rechtsprechung enthält mehrere Entscheidungen, die für das Verständnis der Grundlagen und die nähere Ausgestaltung der Haftung wegen des Abbruchs von Vertragsunterhandlungen aufschlußreich sind. Im Falle des Urteils vom 10.7.1970 - V ZR 159/67 (LM Nr. 34 zu § 276 (Fa) BGB = WM 1970,1110 = NJW 1970,1840= MDR 1970, 831 =BB 1970, 1024 = Betrieb 1970, 1636) verhandelte der Kläger mit der beklagten Stadtgemeinde über die Anmietung eines Grundstücks für gewerbliche Zwecke. Einige Jahre zuvor hatte er von der Beklagten bereits ein anderes Grundstück gemietet, nutzte dieses aber nicht in der vertraglich festgelegten Form. Die Verhandlungen zerschlugen sich, da der Rat der Beklagten die Verhandlungen "bis auf weiteres" ausgesetzt hatte, solange die Klägerin das schon gemietete Grundstück nicht vertragc;gemäß nutzte. Die Klage wurde in erster Linie deswegen abgewiesen, weil die notwendige Vertrauens grundlage für eine Haftung entfallen sei. Denn die Klägerin habe der Beklagten in angemessener Frist Klarheit darüber verschaffen müssen, ob sie ihrerseits einen Vertrag mit dem vorgeschlagenen Inhalt habe abschließen wollen oder nicht; insoweit könnten die §§ 145 ff. BGB entsprechend berücksichtigt werden. Die Klägerin hatte jedoch einen Verhandlungsvorschlag der Stadt mehrere Monate unbeantwortet gelassen. Zusätzlich 77 begründete der V. Senat seinen Urteilsspruch damit, daß die Beklagte auch nicht aus sachfremden Erwägungen von den Verhandlungen zurückgetreten sei. Es habe keine unzumutbare Bedingung dargestellt, wenn die Beklagte auf der Einhaltung des schon bestehenden Mietvertrages bestanden habe, bevor sie ein weiteres Grundstück ebenfalls zu gewerblichen Zwecken habe vermieten wollen. Im Urteil v. 13.4.1972 - 11 ZR 51170(WM 1972, 772) ging es darum, daß Verhandlungen über die Vermietung eines Tankschiffes an die Bundeswehr fehlgeschlagen waren, nachdem die Kläger schon Aufwendungen auf den Umbau des Schiffs getätigt hatten. Die Klage auf Ersatz der Aufwendungen blieb erfolglos. Ein Anspruch wegen Abbruchs der Unterhandlungen ohne triftigen Grund scheide aus, da der ins Auge gefaßte Vertrag noch nicht in allen wesentlichen Punkten ausgehandelt, also keine reine "Formsache" gewesen sei; vielmehr sei das Vorhaben erkennbar in der Schwebe geblieben. Eine Pflicht der Beklagten, die Kläger auf die bestehende Unsicherheit aufmerksam zu machen, habe gleichermaßen nicht bestanden. Die Beklagte wäre für das von den Klägern übernommene Risiko nur mitverantwortlich geworden, wenn sie diesen den Abschluß eines Mietvertrages fest zugesagt hätte. Sie habe aber keine Aufklärungs- und Fürsorgepflicht getroffen, weil die Kläger, wie die Beklagte habe erkennen können, nicht etwa einen Umbau unternommen hätten, der nur für die Verwendung des Schiffes bei der Bundeswehr hätte zweckmäßig sein können. 76 Der grundlose Verhandlungsabbruch läßt sich ohne weiteres als Verstoß gegen die Verhandlungspflichten begreifen; dazu unten 4. Kap. 11 I a una b. 77 Vg1. WM 1970, 1110, 1111.
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Ebenfalls über eine Klage wegen erfolgloser Mietverhandlungen hatte der VIII. Senat im Urteil v. 26.3./2.4.1974 - VIII ZR 2/73 (WM 1974,508) zu entscheiden: Die Vertragsgespräche waren soweit gediehen, daß die Beklagte zur Anmietung des Grundstückes der Kläger grundsätzlich bereit war. Sie wollte eine Monatsrniete von 4.500,- DM akzeptieren, sofern vier, im wesentlichen die Herstellung des Grundstücks für ihre Zwecke betreffende Zusatzvorschriften in den Mietvertrag aufgenommen würden. Am 24.2.1971 schrieb der Anwalt der Kläger an den eingeschalteten Makler, die Kläger seien mit dem Abschluß zu den geforderten Bedingungen einverstanden. Einen Tag später antwortete die Beklagte und wies darauf hin, daß sie aufgrund dieses Einverständnisses bestimmte behördliche Genehmigungen für die geplante Zweigniederlassung ihres Betriebes beantragen werde; auf Wunsch der Beklagten ließen die Kläger zudem gewisse bauliche Veränderungen auf dem Grundstück vornehmen. Am 17.5.1971 bat die Beklagte um Vorlage eines Mietvertrages, weil sie bereits am 1.6.1971 einziehen wolle, und forderte die Kläger auf, die Räumung des Grundstücks durch den Vormieter zu veranlassen. Nachdem ihr am 26.5.1971 der von den Klägern unterzeichnete Mietvertrag übersandt worden war, trat die Beklagte jedoch von den Verhandlungen zurück. Die Kläger begehrten Ersatz des Mietausfalles für sechs Monate. Nach Auffassung des Senats konnte dieses Begehren begründet sein. Der Beklagten sei zwar nicht vorzuwerfen, daß sie bereits schuldhaft bei den Klägern das Vertrauen in das sichere Zustandekommen des Vertrages geweckt habe. Ein Verstoß gegen die vorvertraglichen Pflichten könne aber auch dann gegeben sein, wenn sie in den Klägern das Vertrauen auf den Abschluß erweckt und diesen dann grundlos oder jedenfalls ohne triftigen Grund vereitelt habe. Eine ausreichende Vertrauens grundlage lag nach Auffassung des Senats zumindest nahe, weil die Parteien insbesondere schon konkrete Vorbereitungen für den Vollzug des Vertrages getroffen hätten; die Kläger hätten auf Wunsch der Beklagten bauliche Veränderungen auf dem Grundstück durchführen lassen, die Beklagte notwendige Genehmigungen beantragt. Einen triftigen Grund für die spätere Abstandnahme vom Vertrag konnte der Senat auch nicht feststellen. Eine etwaige Verzögerung der Übersendung des Vertragstextes hätte zum Abbruch lediglich berechtigen können, falls die Beklagte den Entwurf vorher angemahnt hätte. Die Möglichkeit eines anderen Abschlusses sei zwar an sich als genügender Grund in Betracht gekommen; auch nach der Vertragszusage vom 25.2.1971 sei die Beklagte, solange der Mietvertrag nicht fest abgeschlossen gewesen sei, grundsätzlich frei geblieben, vom Vertragsschluß mit den Klägern Abstand zu nehmen und ein anderes Gelände zu mieten. Hiervon habe sie nach ihrem vorangegangenen Verhalten, wenn sie Schadenersatzansprüche habe vermeiden wollen, die Kläger indes rechzeitig verständigen müssen. Sie habe dagegen den Abschluß mit den Klägern nicht über drei Monate hinweg als sicher hinstellen, dann aber im Augenblick, in dem die Vertragsunterzeichnung möglich gewesen sei, den Abschluß unerwartet ablehnen dürfen. Außerdem habe die Beklagte ihre
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Weigerung selbst nicht mit einem derartigen Sachverhalt begIiindet. Deshalb sei schließlich auch der Umstand nicht erheblich, daß der übersandte Vertragsentwurf Bestimmungen enthalten habe, die noch nicht besprochen worden seien. Wenn das Verhalten der Beklagten pflichtwidrig gewesen sei, so könne es nicht mit Beweggründen entschuldigt werden, die auf seine Entscheidung keinen Einfluß gehabt hätten. Die Beklagte habe im übrigen gegebenenfalls auf eine Änderung des Entwurfes dringen müssen. Ein Anspruch scheide nur dann aus, wenn die Beklagte, wie von ihr behauptet, die Kläger mehrmals telefonisch darauf hingewiesen habe, sie werde von einem Vertragsschluß absehen, wenn die Vorlage des Vertrages sich weiter verzögere; denn dann habe es an der wesentlichen Haftungsvoraussetzung gefehlt, daß die Kläger auf den Abschluß weiterhin hätten vertrauen dürfen. Gegenstand der Entscheidung des X. Senats vom 12.6.1975 - X ZR 25/73 (LM Nr. 43 zu § 276 (Fa) BGB = WM 1975,923 = NJW 1975, 1774 = MDR 1975,1016 = BB 1975, 1128 = Betrieb 1975, 1694 = GRUR 1975,616 (v. Fa1ck» waren Ansprüche, welche die Klägerin daraus herleitete, daß sich die Beklagte weigerte, einen Lizenzvertrag mit ihr abzuschließen. 1968 waren das Vorstandsmitglied der Klägerin K. und die Beklagte in Verhandlungen eingetreten wegen der Erteilung einer Herstellerlizenz an eine von K. im Iran noch zu gründende Gesellschaft, die spätere Klägerin. Lizenzgeber sollte eine Tochtergesellschaft der Beklagten sein. Am 15.8.1968 sandte die Beklagte an K. einen als endgültigen Vertragstext bezeichneten Entwurf, den sie ausschließlich deshalb noch nicht unterzeichnet hatte, weil der Vertrag ohnehin nochmals auf die zu gründende Gesellschaft hätte umgeschrieben werden müssen. Sollte dieses Schreiben für die Zwecke K. 's bei den iranischen Behörden nicht ausreichen, so sei sie bereit, einen unterschriebenen Vertragstext nachzusenden. In der Nachfolgezeit korrespondierten die Verhandlungsparteien über Fragen der aufzunehmenden Fabrikation sowie über Baupläne für das zu errichtende Fabrikgebäude. In einem Schreiben der Beklagten vom 11.7.1969 hieß es, selbstverständlich müßten alle vertraglichen Beziehungen noch geregelt werden. Nachdem K. hierauf im Dezember 1969 geantwortet hatte, wies ihn die Beklagte mit Schreiben vom 17.12.1969 darauf hin, daß sie zwischenzeitlich auch Verhandlungen mit einer anderen iranischen Gruppe geführt habe, da sie von K.lange nichts gehört habe, und forderte ihn auf, bis zum 15.12.1970 verbindlich mitzuteilen, ob er den ihm übergebenen Lizenzvertrag zu unterzeichnen gedenke. Noch im gleichen Monat erklärte sich K. damit schriftlich einverstanden und führte dabei auch behördliche Schwierigkeiten an, die zuvor hätten geklärt werden müssen. Nachdem die Beklagte im April 1970 bei einem persönlichen Gespräch noch darauf verwiesen hatte, es gebe bereits einen Lizenzvertrag zwischen der Tochtergesellschaft und der Klägerin, erklärte sie am 9.6.1970 schließlich, zum Vertragsschluß nicht mehr bereit zu sein; da ihr Vertragsangebot vom 15.8.1968 nicht rechtzeitig unterzeichnet worden sei, habe sie Verhandlungen mit einer anderen iranischen Gruppe aufgenommen. In Übereinstimmung mit der Vorinstanz sprach der X.
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Senat der Klägerin Ersatz ihres Vertrauensschadens zu. Er billigte die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe auf den Abschluß des Lizenzvertrages vertrauen dürfen. Grundlage für diese Erwartung sei nicht nur das Schreiben vom 15.8.1968 gewesen. Aufgrund der weiteren Verhandlungen, insbesondere der anschließenden Korrespondenz habe die Beklagte erkennen können, daß Schritte zur Gründung der späteren Klägerin und zur Errichtung der Fabrikanlagen unternommen würden und daß mit der Entstehung von Kosten zu rechnen gewesen sei. Soweit der in Aussicht genommene Vertrag mit einer noch zu gründenden Gesellschaft abgeschlossen werden sollte, hänge es von den Umständen des Einzelfalles ab, inwieweit eine demnächst gegründete Gesellschaft darauf habe vertrauen dürfen, daß der Vertrag mit ihr zustande kommen werde. Bei einer derartigen Sachlage könne zwar der andere Teil ein Interesse daran haben, sich seine Entschließungsfreiheit voll zu bewahren, bis er genauere Kenntnis über Art und Zusammensetzung der zu gründenden Gesellschaft erlangt habe. Er könne aber auch, wenn es sich um eine von seinem Verhandlungspartner zu gründende Gesellschaft handele, diesem einen gewissen Gestaltungsspielraum zugestehen und insoweit, wenn der Partner sich auf das Zustandekommen des Vertrages verlassen dürfe, seine eigene Entschließungsfreiheit einschränken. Deswegen sei es auch kein ausreichender Grund für die Verweigerung der Lizenzvergabe, wenn K. als Verhandlungspartner der Klägerin lediglich mit 16 % des Grundkapitals beteiligt sei, denn auch bei einem solchen Beteiligungsverhältnis wäre das besondere Geheimhaltungsinteresse der Lizenzgeberin gewahrt geblieben. Auf die Verzögerung der Vertragsunterzeichnung um ein knappes halbes Jahr könne sich die Beklagte nicht berufen, weil die Gegenseite auf das Schreiben vom 17.12.1969 prompt reagiert und eine schnelle Klärung der Angelegenheit somit nur in den Händen der Beklagten gelegen habe 78 • Als Vertreterin der Tochtergesellschaft hafte die Beklagte persönlich; sie habe die Verhandlungen so geführt, daß der Partner habe meinen dürfen, das Zustande kommen des Vertrages hänge allein von ihrer Entschließung ab 79 • Ein besonders gestalteter Sachverhalt lag dem Urteil des I. Senats vom 27.2.1976 - I ZR 122/73 (WM 1976,923 = Betrieb 1976,2011 = FWW 1976, 265) zugrunde: Die Klägerin hatte mit 'dem früheren Eigentümer, dessen Erben die Beklagten waren, Verhandlungen über den Kauf eines Grundstückes geführt. Sie behauptete, sie habe im Einvernehmen mit dem Eigentümer zur Vorbereitung ihres Bauvorhabens Aufwendungen auf das Grundstück gemacht, und zwar für hydrotechnische und geologische Untersuchungen (3.500,- DM), Planung der Kanalisation (16.000,- DM) und als Architektenhonorar (138.238,DM) zuzüglich gewisser Nebenkosten (1681,03 DM), wovon sie einen Teilbetrag von 26.000,- DM geltend machte. Sie trug vor, sie habe den Verhandlungsbevollmächtigten des Eigentümers darauf hingewiesen, daß die erforderlichen Unter78 79
WM 1975,923,925. WM 1975, 923, 924 f.
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suchungen zur Feststellung der Bebauungsfähigkeit des Grundstücks Kosten verursachen würden, und es sei davon gesprochen worden, daß eine Einigung über den Ersatz notwendiger Aufwendungen schon zustande kommen werde, sollte der Vertrag nicht geschlossen werden; der Eigentümer werde nicht kleinlich sein. Die Verhandlungen schlugen später fehl, weil die Beklagten das Grundstück nach dem Tod des Eigentümers an die Stadt verkauften. Der Senat lehnte einen Anspruch der Klägerin auf Ersatz ihres vollen Interesses unter dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo ab, denn sie habe sich die Kaufentscheidung selbst noch vorbehalten und habe daher auch nicht darauf vertrauen dürfen, der Eigentümer werde bei den Verhandlungen über die Vertragsbedingungen auf ihre Vorschläge eingehen und ihr bei einer Einigung das Grundstück überlassen. Sollte jedoch ihre Behauptung zutreffen, der Eigentümer habe eine Einigung über den Kostenersatz in Aussicht gestellt, so habe sie darauf vertrauen dürfen, daß ihr gewisse Unkosten jedenfalls dann vom Verkäufer ersetzt würden, wenn sie bereit gewesen sei, auf die Bedingungen des Verkäufers einzugehen, dieser aber willkürlich mit einem Dritten abschließen sollte. Selbst ein Vertrauen in diesem beschränkten Umfang sei schutzwürdig; auch derjenige, der sich die Entscheidung über den Abschluß des Geschäfts vorbehalte, müsse unter den gegebenen Umständen darauf vertrauen dürfen, daß nach Treu und Glauben den anderen Teil Pflichten aus gegenseitigem Vertrauen treffen, zumal wenn dem anderen Teil die Aufwendungen wie im Streitfall nützlich sein könnten. Zu ersetzen seien regelmäßig nur die Kosten für solche Aufwendungen, die bei jedem Kauf von Bauland notwendigerweise aufgewendet werden müßten, solle der Kauf nicht zu einem Spekulationsgeschäft werden. Der Erfolg der Klage hing in der Sicht des Senats davon ab, ob die Klägerin bereit und in der Lage gewesen war, das Gelände zu den gleichen Bedingungen zu erwerben, zu denen es die Stadt gekauft hatte, und welche Kosten im dargelegten Sinne erforderlich gewesen warenso. Die Entscheidung läßt einige Fragen offen: Nicht zweifelsfrei ist, ob der Anspruch auf ein Verschulden bei Vertragsverhandlungen zurückgeführt wird 81 • Andererseits wird er aber auch nicht auf ein einseitiges Leistungsversprechen des Inhalts gestützt, daß die Kosten in jedem Fall übernommen würden, also auch bei nicht willkürlichem Scheiternlassen des Vertrages; denn der Anspruch soll davon abhängen, daß das Vertrauen willkürlich verletzt wird. Damit knüpft der Senat, ohne es eindeutig offenzulegen, an den Tatbestand des Verhandlungsabbruchs ohne triftigen Grund an. Eine ausdrückliche Einordnung der Haftung unter das Institut der culpa in contrahendo scheint offenbar nur aus der Erwägung heraus unterblieben zu sein, ein Anspruch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt setze 80 Daneben war auch die Stadt auf Schadenersatz belangt worden; gegen sie kam ein Anspruch jedoch nur unter delikts rechtlichen Gesichtspunkten (§ 826 BGB) in Betracht; vgl. WM 1976,923,924. 81 Zutreffend Medicus, Reformgutachten, S. 479, 502; vgl. auch Köndgen, Selbstbindung, S. 189: "unvollständiges Leistungwersprechen".
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voraus, daß der Berechtigte mit dem Vertragsschluß sicher habe rechnen können 82 • Im Falle der Entscheidung des VIII. Senats vom 28.3.1977 - VIII ZR 242/75 (WM 1977,618 = Betrieb 1977, 1548 = AP Nr. 28 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel) waren Verhandlungen über den Erwerb einer Apotheke erfolglos geblieben, weil der Beklagte, von dem die Apotheke schon längere Zeit verwaltet worden war, zwischenzeitlich eine andere Apotheke gekauft hatte. Der VIII. Senat wies die Klage ab. Die Klägerin habe das Zustandekommen des Vertrages nicht mit Sicherheit annehmen können, denn die Parteien seien sich einig gewesen, daß der Beklagte nicht jeden von Gutachtern ermittelten Preis akzeptieren werde. Der Senat begnügte sich nicht mit dieser Begründung, sondern legte auch näher dar, daß der Beklagte berechtigt gewesen sei, ein anderes Grundstück am gleichen Ort zu erwerben, selbst nachdem die Klägerin mit seinem Einverständnis einen Sachverständigen zur Erstattung eines Gutachtens über den Wert des Grundstücks und der Apotheke beauftragt hatte. Das Haus habe, um den gesetzlichen Anforderungen für den Weiterbetrieb als Apotheke zu genügen, noch umgebaut werden müssen, während der Beklagte als Verwalter der Apotheke lediglich bis zu einem bestimmten Termin habe tätig sein dürfen; es sei für ihn mithin ein Risiko gewesen, sich darauf zu verlassen, daß der beabsichtigte Kaufvertrag zustandekommen würde. Das habe sich die Klägerin ebenfalls sagen müssen. Deshalb habe auch keine Rechtspflicht bestanden, die Klägerin über die anderweitigen Verhandlungen zu unterrichten. Er habe sie nur vom Abschluß des Kaufvertrages verständigen müssen, dies jedoch auch getan. Der III. Senat hat sich mit dem Problemkreis gescheiterter Vertragsgespräche zumeist 83 im Zusammenhang mit Verhandlungen zu beschäftigen gehabt, die darauf abzielten, im Bereich der Bauleitplanung die Basis für eine nicht nur vorübergehende privat- oder öffentlich-rechtliche Zusammenarbeit zwischen einem Träger staatlicher Gewalt und einem privaten Partner zu schaffen 84 • Er 82 Für eine Einordnung unter die culpa in contrahendo auch Sto1l, FS v. Caemmerer, S. 435, 449 Fn. 59 und FS Flume, S. 741, 751; Palandt/Heinrichs § 276 BGB Anm. 6 B a. 83 Im BeschI. v. 20.10.1983 III ZR 32183, WM 1984,205 (Vorinstanz OLG Karlsruhe, ebendort, S. 200) hat er die Kosten eines Zwischenkredits zuerkannt, weil die Verhandlungsgehilfen der Beklagten deren Zustimmung zur Übernahme eines Bausparvertrages unzutreffend als bloße "Formsache" dargeste1lt hatten. 84 Urt. v. 8.6.1978 III ZR 48176, BGHZ 71, 386= LMNr. 65azu §276(Fa) BGB(Krohn) = WM 1978, 1082 = NJW 1978, 1802 = MDR 1978, 1002 = BB 1978, 1385 (öffentlich-rechtlicher Folgelastenvertrag); Urt. v. 7.2.1980 - III ZR 23/78, BGHZ 76, 343 = LM Nr. 68a zu § 276 (Fa) BGB(Krohn) = WM 1980,808 = NJW 1980, 1683 =MDR 1980,653 = DNotZ 1981, 35 (öffentlich-rechtlicher Erschließungsvertrag); Urt. v. 1.12.1983 - III ZR 38/82, LM Nr. 54 zu § 133 (C) BGB = MDR 1984,471 (Kooperationsvertrag; dazu auch Enge1hardt, JZ 1984, 933 f.); Urt. v. 20.9.1984 - III ZR 47/83, BGHZ 92,164 = L.M Nr. 31 zu § 276 (Fb) BGB = NJW 1985, 1778 = MDR 1985, 298 = Betrieb 1985, 593 (privatrechtlicher Kooperationsvertrag); Urt. v. 3.10.1985 - III ZR 60/84, DWW 1986,72, teilw. abgedruckt in NJW 1986, 1109 = MDR 1986,651 = JZ 1986, 155 (öffentlich-rechtlicher Folgelastenvertrag); vgl. auch Urt. v. 22.6.1978 - III ZR 135/76, LM Nr. 53 zu § 276 (Fa) BGB = MDR 1979,36: fehlgeschiagene Verhandlungen über die Umsiedlung eines Betriebes aus Gründen des Hochwasserschutzes.
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geht hierbei von dem anerkannten Grundsatz aus, daß jeder Vehandlungspartner dem anderen im Hinblick auf das durch die Verhandlungen begründete Vertrauensverhältnis zumutbare Rücksichtnahme auf dessen berechtigte Belange schulde. Dazu gehöre namentlich, daß er die Verhandlungen nicht grundlos (ohne triftigen Grund, aus sachfremden Erwägungen) abbreche, wenn er zuvor das Vertrauen des anderen Teils, der Vertrag werde zustande kommen, erweckt habe. Eine schuldhafte Verletzung dieser Pflicht könne zu der Verpflichtung führen, dem Verhandlungspartner den dadurch verursachten Vertrauensschaden zu ersetzen85 • Der Gemeinde sei es aber unbenommen, eine andere Planungskonzeption zu entwickeln und das bisherige Planaufstellungsverfahren aufzuheben. Angesichts der Planungsfreiheit des Ortsgesetzgebers stelle sich die Frage nicht, ob der Abbruch dann grundlos sei 86. Ein Verschulden könne insoweit ausschließlich in einem Verhalten bestehen, das außerhalb der eigentlichen Bauleitplanung liege 87 • Bei Verhandlungen bestünden daneben regelmäßig auch Aufklärungspflichten. Ein schuldhafter Verstoß gegen diese könne darin liegen, daß das Vertrauen einer Verhandlungs partei auf das Zustandekommen eines (länger dauernden) Vertragsverhältnisses erweckt und die Partei zu Aufwendungen veranlaßt werde, die sie nicht gemacht hätte, wenn sie nicht mit dem Vertragsschluß gerechnet hätte 88 • Insbesondere sei der Verhandlungspartner über die Risiken und den Stand des Planungsverfahrens zutreffend aufzuklären, wobei sich die Intensität der Verpflichtung nach dem Stand des Verhandlungsprozesses richte 89• Um einen Fall sorgfaltswidriger Vertrauenserweckung ging es auch in einem der letzten Urteile zur Frage gescheiterter Verhandlungen (Urt. v. 17.10.198311 ZR 146/82; LM Nr. 79 zu § 276 (Fa) BGB = WM 1983,1385 = NJW 1984,866 = ZIP 1984,40 = MDR 1984,379 = Betrieb 1984,399 = JZ 1984,745 m. Besprechung Grunewald, ebenda, S. 708): Die Klägerin, eine Mineralölgesellschaft, hatte eine Partie Kerosin gekauft. Dem Verkäufer stand ein Recht zum Rücktritt für den Fall zu, daß die Klägerin nicht bis zum Geschäftsschluß in New York am BGHZ 71,386,395; 76, 343, 349; MDR 1986,651 = DWW 1986, 72. BGHZ 71, 386, 395 f.; 76, 343, 349; LM Nr. 54 zu § 133 (C) BGB; MDR 1986,651; insofern ebenso bereits BayObLGZ 1976,47,53 = BayVBI. 1976,378,379; anders noch der VIII. Senat im berichteten Urt. v. 23.6.1959 - VIII ZR 90/58. 87 Was in BGHZ 76, 343 der Fall gewesen wäre, hätte die Beklagte zu Unrecht eine überhöhte Bürgschaft als Voraussetzung des Abschlusses gefordert; zum Verfahrensausgang vgl. Urt. v. 5.5.1983 - III ZR 177/81, LM Nr. 5 zu § 123 BBauG = WM 1983,993. Als unbegründet wurde der Abbruch einer städtebaulichen Kooperation in BGHZ 92, 164, 176 betrachtet: Der Abbruch war erfolgt, weil die beklagte Stadt ihre Richtlinien zur Vergabe von Baugrundstücken geändert hatte; zuvor hatte die Stadt die Klägerin im Vertrauen auf die Fortsetzung der Kooperation aufwendige Vorplanungen durchfuhren lassen. 88 BGHZ 71, 386, 396. 89 BGHZ 71,383,396 ff.; DWW 1986,72,74; vgl. auch Urt. v. 22.11.1979 -IIIZR 186/77, BGHZ 76,16,23 f. = NJW 1980,826,827; Urt. v. 22.10.1981 - III ZR 37/80, LM Nr. 71 zu § 276 (Fa) BGB = MDR 1982,462 = VersR 1982,98 = NVwZ 1982, 145. 85
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2.11.1979 ein unwiderrufliches Akkreditiv stellte. Den Auftrag zur Eröffnung des Akkreditivs erteilte die Klägerin der Beklagten. Deren Vorstand und Kreditausschuß mußten der Auftragsannahme zustimmen. Am 2.11.1979 lagen bis 14.00 Uhr sämtliche notwendigen Zustimmungen der Mitglieder des Vorstandes und des Kreditausschusses mit Ausnahme der des englischen Mitgliedes vor. Erst am späten Nachmittag wurde der Klägerin mitgeteilt, daß die zustimmende Erklärung dieses Mitgliedes nicht zu erlangen sei und das Akkreditiv nicht eröffnet werden könne. Da ein anderweitiges Akkreditiv in der verbleibenden Zeit nicht mehr zu erreichen war, entging der Klägerin der Gewinn aus dem beabsichtigten Mineralölgeschäft. Der 11. Senat hielt die auf Ausgleich dieses Gewinnverlustes gerichtete Klage für begründet, wenn die Klägerin ihre Behauptung beweisen könne, daß der zuständige Leiter der Kreditabteilung der Beklagten sie auf eine am 2.11.1979 erfolgte Anfrage, ob sie sich nach einer anderen Finanzierungsmöglichkeit umsehen solle, beruhigt und ihr versichert habe, er schaffe es schon noch. Denn damit hätte er die Klägerin im letzten möglichen Augenblick davon abgehalten, sich das benötigte Akkreditiv anderswo zu beschaffen, obwohl er mit der Nichteröffnung des Akkreditivs habe rechnen müssen. Erwecke der Geschäftsbesorger bei seinem Auftraggeber das Vertrauen, daß der Auftrag angenommen werde, und halte er den Auftraggeber infolgedessen vorsätzlich oder fahrlässig davon ab, das Geschäft auf andere Weise durchzuführen, so mache er sich aufgrund eines Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen schadenersatzpflichtig. b) Bundesarbeitsgericht
Zahlreiche Entscheidungen von Arbeitsgerichten hatten über Fälle zu befinden, in denen der Abschluß eines Arbeitsvertrages in Aussicht gestellt, diese Zusage dann aber nicht eingehalten worden war. Oft war der Stellenbewerber zur vorzeitigen Aufgabe seiner bisherigen Stellung veraniaßt worden, was dem Arbeitgeber, wenn er den Bewerber nicht gar dazu aufgefordert hatte90 , bekannt gewesen war oder hätte bekannt sein müssen 91 ; teilweise hatte es der Bewerber im Vertrauen auf die Zusage versäumt, sich rechtzeitig um eine andere Stelle zu bemühen92 • Daß dies bei schuldhaftem Verhalten des Arbeitgebers eine Haftung aus culpa in contrahendo auszulösen vermag, ist in der arbeitsgerichtlichen 90 So in LAG Frankfurt AP 51 Nr. 202 (Larenz); AP 51 Nr. 288 (Beitzke) = IPRsp 1950/51 Nr.20. 91 So in LAG Bremen BB 1955, 287 f.; LAG DüsseidorfIKö1n Betrieb 1961, 679; LAG Hannover BB 1958, 808. 92 So in LAG Baden-Württemberg AP Nr. 3 zu § 276 BGB Verschulden bei Vertragsabschluß; LAG Hannover AP 50 Nr. 219 (Hueck); vgl. im übrigen LAG Baden-Württemberg BB 1958, 1132; LAG Berlin BB 1978, 1671; LAG Bremen Betrieb 1965, 1330; LAG Düsse1dorflKöln BB 1965,287; LAG Hamm Betrieb 1966, 1569; ArbG Bayreuth ARSt XVI Nr. 419; ArbG Marburg Betrieb 1969, 2041 = BB 1969, 1351.
III. Entwi