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German Pages 512 Year 1965
RUDOLF
DARSTELLENDE
BEREIS
GEOMETRIE I
MATHEMATISCHE L E H R B Ü C H E R U N D M O N O G R A P H I E N
H E R A U S G E G E B E N VON D E R D E U T S C H E N A K A D E M I E D E R W I S S E N S C H A F T E N ZU INSTITUTE FÜR MATHEMATIK
I. A B T E I L U N G
MATHEMATISCHE
LEHRBÜCHER
B A N D XI
DARSTELLENDE GEOMETRIE I VON
RUDOLF BEREIS
AKADEMIE
- V E R L A G
1964
B E R L I N
BERLIN
DARSTELLENDE GEOMETRIE I
VON
DR. R U D O L F B E R E I S Professor und Direktor des Instituts für Geometrie an der Technischen Universität Dresden
Mit 361 Abbildungen
A K A D E M I E - V E R L A G • B E R L I N 1964
Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, Berlin W 8, Leipziger Str. 3 — 4 Copyright 1964 by Akademie-Verlag GmbH Lizenz-Nr. 202 • 100/480/64 Gesamtherstellung: VEB Druckerei „Thomas Müntzer 4 ' Bad Langensalza Bestellnummer: 5S30
• ES 19 B 3
VORWOBT
Das Unterrichtsfach „Darstellende Geometrie" ist aus der Grundausbildung von Studenten der Mathematik, des Maschinenbaus, des Bauingenieurwesens, der Kartographie, der Geodäsie usw. nicht mehr wegzudenken, wird doch durch das Studium der darstellenden Geometrie das räumliche Vorstellungsvermögen mehr als bei irgendeinem anderen Studium geweckt und gefördert. Darüber hinaus werden dem zukünftigen Ingenieur Konstruktionsmethoden zur Verfügung gestellt, die ihn befähigen, räumliche geometrische Probleme mit Hilfe gewisser Abbildungsarten in einer Zeichenebene graphisch zu lösen bzw. im Geist vorgestellte räumliche Gebilde anderen Personen durch Zeichnung mitzuteilen. Die darstellende Geometrie ist eben, wie der Wiener Geometer Josef KRAMES SO trefflich formulierte, die Hohe Schule des räumlichen Denkens und der bildhaften Wiedergabe des räumlich Gedachten. Vorliegendes Lehrbuch der darstellenden Geometrie weist einige Besonderheiten auf, die nachstehend kurz erklärt werden: 1. Das Lehrbuch ist zum Gebrauch für Direkt- und Fernstudenten aller Fachrichtungen geschrieben, bei denen die darstellende Geometrie als ein Grundlagenfach vorkommt. Es ist aber auch als Nachschlagewerk für den in der Praxis stehenden Ingenieur gedacht und soll nicht zuletzt eine wichtige Hilfe für die Lehrer der Fächer Mathematik, darstellende Geometrie und technisches Zeichnen sein. 2. Das Lehrbuch ist sowohl für den Gebrauch neben einer Vorlesung als auch zum Selbststudium bestimmt. Der Text ist daher besonders in den einführenden Teilen ausführlich gehalten, wobei auch Wiederholungen nicht gescheut wurden. Diese absichtliche Breite der Ausführungen soll die erfahrungsgemäß immer wieder auftretenden Schwierigkeiten bei einem ersten Studium der darstellenden Geometrie mildern. 3. Das Lehrbuch soll in drei Teilen erscheinen. Der vorliegende erste Band bringt die Grundlagen der darstellenden Geometrie bis zur Durchdringung krummer Flächen. Der gebotene Stoff geht dabei weit über den Rahmen einer einführenden Vorlesimg hinaus. Daher wird der vortragende Dozent eine geschickte Auswahl des gebrachten Stoffes zu treffen haben, damit er bei der geringen Stundenanzahl, die derzeit für die darstellende Geometrie vorgesehen ist, auch noch die für die entsprechende Fachrichtung wichtigen Teile der Bände zwei und drei in seine Vorlesung aufnehmen kann. Der zweite Band wird eine Einführung in die Lehre der Landkartenentwürfe, Schraublinien und Schraubflächen sowie ebene und sphärische Kinematik bringen.
VI
Vorwort
In den dritten Band sollen kotierte Projektion, Axonometrie und Perspektive aufgenommen werden. 4. Um den Studierenden ein leichteres Nachschlagen zu ermöglichen, wurden ganze Stoffpartien in das Schema „Aufgabe — Lösung" aufgegliedert und jedem Band ein Stichwortverzeichnis beigegeben. Auf eine (wenn auch nicht immer streng formal durchgeführte) Trennung in „gedankliche, räumliche Lösung" und ihre „konstruktive Durchführung" wurde Wert gelegt, wobei häufig die zu Beginn des ersten Bandes dargelegte „geometrische Kurzschrift" Verwendung fand. 5. Zum erfolgreichen Erarbeiten des gebotenen Stoffes ist unbedingt ein aktives Mitarbeiten des Lesers erforderlich. So sollten die zahlreichen beigefügten Figuren selbständig nochmals entworfen werden, wobei sich der Anfänger vor mechanischer Ausführung der Konstruktionen hüte. Von jeder gezeichneten Linie soll stets ihre räumliche Bedeutung erfaßt werden. Insbesondere sind die „Aufgaben für den Leser" dazu geeignet, das selbständige Durchdenken eines räumlichen Problems und dessen konstruktive Lösung in einer Zeichenebene dem Studierenden nahe zu bringen. Man lege bei der hierzu nötigen Zeichenarbeit Wert auf exakte, präzise Ausführung und scheue sich nicht, die eine oder andere Zeichnung mit Tusche auszuführen. In diesem Zusammenhang sei aus einer Rede des genialen französischen Mathematikers Gaspard MONGE (1746 — 1818) zitiert: Um die französische Nation von der Abhängigkeit, in welcher sie sich von der ausländischen Industrie befindet, zu befreien, muß der öffentliche Unterricht in Frankreich bestrebt sein, Dinge zu lehren, welche Genauigkeit erfordern und die Schüler an sorgfältiges und exaktes Arbeiten gewöhnen . . . Zur Erreichung dieser Ziele ist aber die Kenntnis der darstellenden Geometrie, dieser für den Ingenieur unerläßlichen Sprache, von ganz besonderer Wichtigkeit. Sie ist leicht zu erlernen, gewöhnt die Schüler durch die mit dem Unterricht zu verbindenden konstruktiven Übungen an Präzision und erweckt den Forschungstrieb, da sie immerfort sich damit beschäftigt, Unbekanntes aus Bekanntem zu ermitteln." 6. Jene durch Sternchen * . . . * gekennzeichneten Abschnitte und Aufgaben sind vor allem für Mathematikstudenten oder mathematisch besonders interessierte Leser gedacht und können von Studierenden anderer Fachrichtungen übersprungen werden. Diese Teile des Buches bezwecken zweierlei: a) Sie sollen auf rechnerisch-analytische Behandlungen von räumlichen Problemen hinweisen, ermöglicht doch eine Rechnung eine höhere Präzision als die genaueste Zeichnung. Um den heutigen gesteigerten Anforderungen an Exaktheit zu entsprechen, wird es bei manchen Problemen der Praxis vorteilhaft sein, sich durch graphische Verfahren an die Lösung heranzutasten und dann erst die Rechnung einzusetzen. Dadurch wird es in vielen Fällen möglich sein, schneller und billiger zu optimalen Ergebnissen zu gelangen.
Vorwort
VII
Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, daß für viele Zwecke der Praxis genügend genaue Konstruktionsverfahren existieren, die einfacher und schneller ausreichende Ergebnisse liefern als die Rechnung. b) In den durch Sternchen hervorgehobenen Teilen soll dargelegt werden, daß die darstellende Geometrie anschauliche Grundlagen der analytischen Geometrie des Raumes und der Differentialgeometrie liefert und daß umgekehrt die beiden genannten Disziplinen der darstellenden Geometrie erst die nötige Strenge und Exaktheit geben. Die in diesem Buch benützten Sätze der analytischen, der algebraischen und der Differentialgeometrie wurden (ohne Beweise) diesen Gebieten entnommen. Die auch mit analytischen Mitteln arbeitende darstellende Geometrie, die sich der anschaulich-konstruktiven Denkweise bedient und dermanauch alle graphischen Methoden der reinen und angewandten Mathematik zuweisen muß, wird nach dem Wiener Geometer Erwin K R U P P A als „Konstruktive Geometrie" bezeichnet. 7. Abweichend von den meisten Lehrbüchern der darstellenden Geometrie wird im vorliegenden Lehrbuch konsequent ein räumliches Rechtssystem verwendet, damit bei auftretenden Rechnungen kein Wechsel des Koordinatensystems vorgenommen werden muß. Der Leser wird nach intensivem Studitim des vorliegenden Lehrbuches der darstellenden Geometrie nicht nur in der Lage sein, technische Zeichnungen zu „lesen", die nach den geschilderten Verfahren der darstellenden Geometrie hergestellt wurden, sondern auch selbst solche zu entwerfen. Dadurch wird es ihm möglich sein, sich auf den verschiedensten technischen Gebieten leichter durchzusetzen, ist und bleibt doch die anschauliche Geometrie ein wesentlicher Bestandteil des Rüstzeuges des schaffenden Technikers jedes Zeitalters. Für die wertvolle Mithilfe bei der Anordnung des Stoffes, für Korrekturlesen und mancherlei Anregungen danke ich meinem Oberassistenten Herrn Dr. Gerhard G E I S E . Ferner haben mich beim Ausfeilen des Textes und beim Lesen der Korrekturen mein Oberassistent Herr Dr. Helmut GÜNTHER und die Herren Assistenten Dr. Eberhard SCHRÖDER, Dipl.-Math. Hans-Gerhard B U S S E und Dipl.Math. Adolf NOWOTNY in unermüdlicher Arbeit unterstützt. Ganz besonderer Dank gebührt meiner techn. Zeichnerin Frl. Ingeborg T I T T E L , die die vielen Textbilder in hervorragender Weise klischeefertig gezeichnet hat. Dem AkademieVerlag und seinen Mitarbeitern danke ich für viel Verständnis und Entgegenkommen und für die große Sorgfalt, mit der sie die Drucklegung dieses Buches durchgeführt haben. Dresden, im Herbst 1963
RUDOLF B E R E I S
INHALT
Hinweise für den Leser
XIV
I. G r u n d b e g r i f f e § § § §
1. Femelemente 2. Abbildungsverfahren und ihre Eigenschaften 3. Zentralprojektion 4. Parallelprojektion
1 2 3 6
II. Z u g e o r d n e t e N o r m a l r i s s e . O r t h o g o n a l e M e h r t a f e l Projektion § 5. Das räumliche kartesische Normalkoordinatensystem § 6. Grund-, Auf- und Kreuzriß § § § § § § § § § § § §
Abbildung der Baumelemente im Grund- und Aufrißverfahren Abbildung des Punktes Verschieben und Weglassen der Bildachse Abbildung einer Geraden allgemeiner Lage Neigungswinkel einer Geraden. Das Teilverhältnis dreier Punkte einer Geraden 11. Abbildung von Geraden besonderer Lage 12. Lage zweier Geraden zueinander 13. Bestimmung einer Ebene 14. Abbildung einer Ebene allgemeiner Lage 15. Angittern von Geraden und Punkten einer Ebene 16. Ausgezeichnete Geraden einer Ebene 17. Ebene perspektive Affinität 18. Abbildung von Ebenen besonderer Lage 7. 8. 9. 10.
7 9 11 17 20 23 24 31 34 35 36 37 43 46
Seitenrisse § 19. Einführung von Seitenrissen § 20. Die sechs Hauptrisse § 21. Eigentliche Seitenrisse
57 57 61
Schrägrisse § 22. Einführung von Schrägrissen § 23. Allgemeines über Schrägrisse § 24. Schiefe Projektion auf die Aufrißebene § 25. Kavalierperspektive § 26. Schiefe Projektion auf die Grundrißebene § 27. Militärperspektive
64 64 68 72 73 73
Drehungen § 28. Drehungen § 29. Gedrehter Seitenriß
74 79
X
Inhalt I I I . E l e m e n t a r e K o n s t r u k t i o n s a u f g a b e n in z u g e o r d n e t e n N o r malrissen § 30. Aufgaben der Lage und des Maßes § 31. Aufgaben der Lage und das Dualitätsprinzip des Raumes . . .
80 80
Aufgaben der Lage § 32. Aufsuchen der Spuren einer Ebene § 33. Schnittgerade zweier Ebenen § 34. Schnittpunkt einer Geraden mit einer nicht inzidenten Ebene .
81 82 84
Aufgaben des Maßeis § 35. Länge (und Tafelneigungen) einer Strecke § 36. Winkel zweier Geraden § 37. Wahre Gestalt einer ebenen Figur. Perspektive Affinität . . § 38. Normale zu einer Ebene. Abstand eines Punktes von einer Ebene § 39. Normalebene zu einer Geraden. Abstand eines Punktes von einer Geraden § 40. Gemeinlot und Abstand zweier zueinander windschiefer Geraden § 41. Winkel zweier Ebenen § 42. Winkel zwischen einer Geraden und einer Ebene
88 95 98 101 105 108 112 114
IV. E b e n f l ä c h i g b e g r e n z t e K ö r p e r Polyeder §43. Polygone § 44. Polyeder. Bild eines Polyeders § 45. Konvexe Polyeder § 46. Die Platonischen Körper § 47. Das Tetraeder § 48. Das Hexaeder (Der Würfel) § 49. Das Oktaeder § 50. Das Dodekaeder. Das regelmäßige Fünf- und Zehneck . . . . § 51. Das Ikosaeder
117 117 119 120 120 123 126 129 136
Pyramiden § 52. Grundbegriffe 140 § 53. Ebener Schnitt einer Pyramide. Perspektive Kollineation. . . 140 § 54. Pyramidenstumpf. Netz, Abwicklung des Mantels einer Pyramide 143 Prismen § 55. Grundbegriffe § 56. Ebener Schnitt eines Prismas. Perspektive Affinität § 57. Verebnung des Mantels eines schiefen Prismas
147 148 149
Durchdringung ebenflächig begrenzter Körper § 58. § 59. § 60. § 61. § 62.
Konstruktionsprinzipien Durchdringung zweier Pyramiden Durchdringung von Pyramide und Prisma Durchdringung zweier Prismen Dachausmittlungen
:
152 152 155 159 166
XI
Inhalt V. S c h a t t e n k o n s t r u k t i o n e n § 63. Allgemeines über Schattenkonstruktionen 175 § 64. Schlagschatten von Punkten und Geraden bei Parallelbeleuchtung 175 § 65. Eigen- und Schlagschatten ebener Figuren bei Parallelbeleuchtung 178 § 66. Schatten ebenflächig begrenzter Körper bei Parallelbeleuchtung 182 VI. P l a n i m e t r i s c h e B e h a n d l u n g d e r K e g e l s c h n i t t e Mittelpunktskegelschnitte (Brennpunktseigenschaften) § 67. Definition und Gleichung von Ellipse und Hyperbel. Bezeichnungen 186 § 68. Punktweise Konstruktion von Ellipse und Hyperbel 188 § 69. Tangenten einer Ellipse (Hyperbel) 189 196 § 70. Gemeinsame Definition von Ellipse und Hyperbel § 71. Krümmungskreise einer Ellipse (Hyperbel) 197 § 72. Die Evolute einer Ellipse (Hyperbel) 202 § 73. § 74. § 75. § 76. § 77.
Die Parabel (Brennpunktseigenschaften) Definition und Gleichung einer Parabel. Bezeichnungen . . . Punktweise Konstruktion der Parabel Tangenten einer Parabel Krümmungskreise einer Parabel Gemeinsame Definition von Ellipse, Hyperbel und Parabel . .
Affine Eigenschaften der (nicht zerfallenden) Kegelschnitte § 78. Perspektive Affinität und Parallelprojektion § 79. Die Ellipse als perspektiv-affines Bild eines Kreises § 80. Perspektive Affinität zwischen einer Ellipse und ihren Scheitelkreisen § 81. Normalriß eines Kreises § 82. Ergänzende Betrachtungen über die Hyperbel § 83. Ergänzende Betrachtungen über die Parabel
203 205 205 210 212 213 214 219 225 228 232
VII. K e g e l f l ä c h e n § 84. Grundbegriffe § 85. Kegel zweiter Ordnung
237 237
Drehkegel § 86. Drehkegel § 87. Tangentialebene, Umriß und Flächennormale § 88. Schnitt einer Geraden mit einem Kegel
238 241 244
Ebene Schnitte eines Drehkegels § 89. Zerfallende Kegelschnitte § 90. Nichtzerfallende Kegelschnitte § 91. Konstruktive Durchführung eines elliptischen Schnittes eines Drehkegels § 92. Ebener Schnitt eines Drehkegels und perspektive Kollineation . § 93. Verebnung des Mantels eines Drehkegels § 94. Verebnung eines Kegels mit elliptischem Schnitt § 95. Verebnung eines Kegels mit hyperbolischem Schnitt
246 246 255 258 259 263 268
Inhalt
XII
§ 96. Verebnung eines Kegels mit parabolischem Schnitt § 97. Besondere Kurven auf Drehkegelmänteln
275 277
Ebene Schnitte eines schiefen Kreishegels § 98. Schnittkriterien § 99. Elliptischer Schnitt eines schiefen Kreiskegels § 100. Hyperbolischer Schnitt eines schiefen Kreiskegels § 101. Parabolischer Schnitt eines schiefen Kreiskegels § 102. Verebnung des Mantels eines schiefen Kreiskegels § 103. Anwendungen
282 282 285 285 285 288
VIII. Zylinderflächen § 104. Grundbegriffe § 105. Zylinder zweiter Ordnung
291 291
Drehzylinder § 106. Drehzylinder § 107. Tangentialebene, Umriß und Flächennormale § 108. Schnitt einer Geraden mit einem Drehzylinder § 109. Ebener Schnitt eines Drehzylinders und perspektive Affinität. § 110. Konstruktive Durchführung eines ebenen Schnittes eines Drehzylinders § 111. Schrägriß eines Drehzylinders § 112. Verebnung des Mantels eines Drehzylinders § 113. Rektifikation des Kreises § 114. Konstruktive Durchführung der Verebnung eines Drehzylindermantels
306
Der schiefe Kreiszylinder § 115. Der schiefe Kreiszylinder § 116. Ebene Schnitte eines schiefen Kreiszylinders § 117. Verebnung des Mantels eines schiefen Kreiszylinders
310 312 315
291 293 294 295 297 300 303 304
Abbildung von Kegel und Zylinder § 118. Normal- und Schrägrisse von Kegeln und Zylindern in allgemeiner Lage 318 § 119. Konstruktionen von Drehkegeln und Drehzylindern aus gegebenen Stücken 322 I X . Die K u g e l § 120. Grundbegriffe § 121. Potenz an der Kugel § 122. Die Kugel in zugeordneten Normalrissen § 123. Polarsystem einer Kugel § 124. Ebener Schnitt einer Kugel § 125. Schnitt einer Geraden mit einer Kugel § 126. Konstruktion einer Kugel aus gegebenen Stücken § 127. Schrägriß einer Kugel § 128. Konstruktion von Kegelschnitten aus gegebenen Bestimmungsstücken mittels räumlicher Betrachtungen X. Drehflächen § 129. Grundbegriffe § 130. Beispiele von Drehflächen § 131. Eine Drehfläche in zugeordneten Normalrissen
323 325 326 329 331 337 338 339 343 346 347 358
XIII
Inhalt Ebene Schnitte von Drehflächen § 132. Schnitt einer Drehfläche mit einer § 133. Schnitt einer Drehfläche mit einer (e nicht parallel zu n 2 ) § 134. Schnitt einer Drehfläche mit einer (s nicht parallel zu Jij) § 135. Schnitt einer Drehfläche mit einer
aufrißparallelen Ebene . . 362 erstprojizierenden Ebene e 365 zweitprojizierenden Ebene e 368 allgemein liegenden Ebene . 372
XI. D r e h f l ä c h e n z w e i t e r O r d n u n g § 136. Singulare Drehflächen zweiter Ordnung § § § § § § §
Reguläre Drehflächen zweiter Ordnung 137. Das Drehellipsoid 138. Daa Drehhyperboloid 139. Das einschalige Drehhyperboloid 140. Das Polarsystem eines einschaligen D r e h h y p e r b o l o i d e s . . . . 141. Die Berührungskorrelation 142. Hyperboloidräder 143. Das Drehparaboloid
§ § § § §
144. 145. 146. 147. 148.
Drehflächen zweiter Ordnung mit geneigter Achse Eiförmiges Drehellipsoid Linsenförmiges Drehellipsoid Einschaliges Drehhyperboloid Zweischaliges Drehhyperboloid Drehparaboloid
XII. D i e K r e i s r i n g f l ä c h e (Torus) § 149. Grundbegriffe § 150. Ebener Schnitt eines Torus § 151. Der Torus als Rohrfläche § 152. Torus mit geneigter Achse § 153. Parallelkurven
373 374 377 378 382 388 389 391 396 397 397 401 403
405 407 412 413 413
XIII. D u r c h d r i n g u n g k r u m m e r F l ä c h e n § 154. Allgemeines Verfahren zur Konstruktion der Durchdringungskurve zweier krummer Flächen 422 Spezielle Fälle von Durchdringungen § 155. Durchdringung zweier Drehflächen, deren Achsen einander schneiden (Kugel- und Ebenenverfahren) § 156. Durchdringung zweier Drehflächen mit parallelen Achsen (Ebenenverfahren) § 157. Durchdringung von Drehflächen mit windschiefen Achsen . . § 158. Durchdringung von Kegel- und Zylinderflächen (Pendelebenenverfahren) § 159. Durchdringung von Kugel mit schiefem Kreiskegel und Kreiszylinder
424 446 451 457 471
Literaturverzeichnis
481
Sachwortverzeichnis
483
HINWEISE
FÜR DEN
LESER
a) Im allgemeinen werden bezeichnet: Punkte mit lateinischen Großbuchstaben oder arabischen bzw. römischen Zahlen: A, B, . . . ,P,Q,... ,0,1,2,..., 1,11,... Kurven, insbesondere Geraden, mit kleinen lateinischen Buchstaben: a,b,.
. . ,lc,l,m,n,
...;
Körper und Flächen mit großen griechischen oder deutschen Buchstaben: A, B, r , . . . , K,...,
0 , . . . , Q;
. . . , St,...,
8;
Ebenen und Winkel mit kleinen griechischen Buchstaben: a,,ß,y, . . . ,e, . . . ,p,v,
. . . , P3 stimmen hingegen überein: ( p / p ; • P,') = i ^ t j y j y = ( P j P 3 • cos Äj):(P 2 P 3 • cos aj) = P\P$ '• P^P 3 = (P,P2 • P 3 ) . Analog ist im Aufriß: ( P / P 2 " • P 3 ") = ( P ^ • P 3 ). Somit gilt der S a t z . Das Teilverhältnis je dreier Punkte einer Geraden bleibt bei Normalprojektion und, wie aus dem Strahlensatz folgt, auch bei schiefer Parallelprojektion ungeändert, wenn die Gerade nur kein Projektionsstrahl ist. Das Teilverhältnis dreier P u n k t e einer Geraden ist eine sogenannte Invariante der Parallelprojektion. Daraus folgt insbesondere, daß die Punktreihen, die auf einer Geraden g und auf ihren durch Parallelprojektion erhaltenen Bildern liegen, ähnlich sind (den Fall, d a ß g Projektionsstrahl ist, ausgeschlossen).
24
II. Zugeordnete Normalrisse. Orthogonale Mehrtafel-Projektion § 11. Abbildung von Geraden besonderer Lage
Wir wollen n u n jene Geraden betrachten, die (im oben angegebenen Sinn) keine allgemeine Lage haben oder durch eine Besonderheit von Interesse sind. 1. g 'parallel zu NX (zunächst seien die Geraden normal zu TI2 ausgeschlossen). (Figur 19.) Eine solche Gerade heißt 1. Hauptlinie oder Horizontale oder Höhenlinie. I h r Grundriß ist eine Gerade (nicht normal zu x12), ihr Aufriß ist parallel zur Bildachse. Der erste Spurpunkt ist ein Fernpunkt. Der erste Neigungswinkel «j ist Null, der zweite Neigungswinkel a 2 erscheint im Grundriß in wahrer
Figur 20
§11. Abbildung von Geraden besonderer Lage
25
Größe. Jede Strecke auf einer solchen 1. Hauptlinie wird im Grundriß in wahrer Größe abgebildet. Auf g und g' liegen demnach kongruente Punktreihen. In Figur 19b sind auch Koinzidenz- und Symmetriepunkt eingezeichnet worden. 2. g parallel zu TT2 (zunächst seien die Geraden normal zu TT, ausgeschlossen). (Figur 20.) Man spricht in diesem Fall von einer 2. Hauptlinie oder Frontalen oder Frontlinie (Frontgeraden). Ihr Grundriß ist parallel zur Rißachse, ihr Aufriß ist eine Gerade nicht normal zu ¡r12. Ihr 1. Spurpunkt ist ein eigentlicher Punkt, ihr 2. Spurpunkt ein Fernpunkt. Der 2. Neigungswinkel ot2 ist Null, während der 1. Neigungswinkel % im Aufriß in wahrer Größe erscheint. Jede Strecke auf einer zweiten Hauptlinie wird im Aufriß in wahrer Größe abgebildet. Auf g und g" liegen kongruente Punktreihen.
%
Figur 21 3. g parallel zur Bildachse x12. (Figur 21.) Die Gerade g ist erste und zweite Hauptlinie zugleich. Beide Spurpunkte sind Fern punkte und fallen in den Fernpunkt der Bildachse. Beide Neigungswinkel sind Null. Sowohl im Auf- wie im Grundriß liegen kongruente Punktreihen zur Punktreihe auf g vor. 4. g normal zu TCr (Figur 22.) Eine zur 1. Bildebene normale Gerade, nennt man, wie bereits erwähnt, erstprojizierend. Ihr Grundriß ist ein Punkt, ihr Aufriß eine zur Bildachse normale Gerade. Eine erstprojizierende Gerade ist zugleich eine zweite Hauptlinie. Ihr zweiter Spurpunkt liegt im Unendlichen. Der 1. Neigungswinkel beträgt 90°, der zweite ist Null. Auf g und g" liegen kongruente Punktreihen. 5. g normal zu (Figur 23.) Steht eine Gerade zur zweiten Bildebene normal, so heißt sie zweitprojizierend. Ihr Aufriß ist ein Punkt, ihr Grundriß eine zur Bildachse normale Gerade, g ist in diesem Fall auch eine 1. Hauptlinie. Ihr 1. Spurpunkt liegt im Unendlichen. Der zweite Neigungswinkel beträgt 90°, der erste ist Null. Auf g und g' liegen kongruente Punktreihen.
26
II. Zugeordnete Normalrisse. Orthogonale Mehrtafel-Projektion 9" 9"
s
9
JZ
7 ff'
a)
Figur 22
6. g normal zur Bildachse x12 (d. h. parallel zur Kreuzrißebene; g sei nicht erstoder zweitprojizierend). (Figur 24.) Da eine solche Gerade zur Kreuzrißebene parallel verläuft, nennt man sie eine 3. Hauptlinie oder Profilgerade. Vorliegender Fall ist der einzige, wo durch Angabe von Auf- und Grundriß (beide Bilder fallen in Ordnerrichtung) die Gerade im R a u m nicht festgelegt ist. Es ist durch Ordnerziehen nicht möglich, zum Grundriß P' eines Punktes P von g seinen Aufriß zu bestimmen, oder umgekehrt. Die Gerade wird erst dann bestimmt, wenn Aufund Grundriß zweier auf ihr liegender P u n k t e gegeben sind. In Figur 24 b ist durch die Punkte A(A',A") und B(B', B") eine Gerade g gegeben. Man erkennt, wie man etwa zu dem Aufriß G" eines weiteren Punktes C von g durch eine rein planimetrische Konstruktion (auf Grund der Invarianz der Teilverhältnisse
ff1
9"
7 ,5' a) Figur 23
9'
b
'
§11. Abbildung von Geraden besonderer Lage
A
Figur 25
27
28
II. Zugeordnete Normalrisse. Orthogonale Mehrtafel-Projektion
(A"B" • C") = (AB • C) = (A'B' • C')) den Grundriß C' finden kann. Auch die beiden Spurpunkte sind mittels der Hilfsgeraden g zu konstruieren. (Die Richtungen der beiden verwendeten Parallelstrahlbüschel sind dabei willkürlich wählbar.) 1 ) Die Einführung eines Kreuzrisses würde hier ebenfalls zum Ziele führen, doch soll darauf erst später eingegangen werden. 7. g in der Symmetrieebene er. (Figur 25.) Liegt eine Gerade g in der Symmetrie ebene, so schneidet sie die Bildachse und ist gegen beide Bildebenen gleich geneigt (der Leser beweise die Gleichheit der beiden Neigungswinkel!). Auch ihre Projektionen schneiden einander in der Bildachse und liegen zu ihr spiegelbildlich. Beide Spurpunkte fallen mit dem Koinzidenzpunkt K zusammen. Als Symmetriepunkt S kann jeder Punkt der Geraden angesprochen werden. Ist insbesondere
die Gerade g eine erste und damit auch eine zweite Hauptlinie von er, so liegen ihre beiden Bilder parallel und symmetrisch zur Bildachse. 8. g parallel zu a. (Figur 26.) Die Gerade g ist gegen beide Bildebenen gleich geneigt (Beweis ?), schneidet aber die Bildachse nicht. Auch g' und g" sind gegen die Bildachse gleich geneigt. Die Verbindungsgerade ihrer Spurpunkte Q-ß2 liegt parallel zur Rißachse. Der Symmetriepunkt ist ein Fernpunkt. Man kann die Lage der beiden Bilder auch so schildern: g' und g" sind Spiegelbilder bezüglich der Parallelen zur Bildachse durch die (zusammenfallenden) Risse des Koinzidenzpunktes K von g. 9. g in der Koinzidenzebene x. (Figur 27.) Liegt eine Gerade in der Koinzidenzebene, so schneidet sie die Bildachse und ist gegen beide Bildebenen gleich geneigt (der Leser weise die Gleichheit der beiden Neigungswinkel nach!). Ihre beiden ] ) Diese Konstruktion läßt eine interessante räumliche Deutung zu, vgl. A. B A B T J O H : Die Verwendung der Koinzidenzebene zur Lösung von Aufgaben der Darstellenden Geometrie. Jahresber. DMV 29 (1920) 123-129.
§11. Abbildung von Geraden besonderer Lage
/
Figur 27
/
Figur 28
29
30
II. Zugeordnete Normalrisse. Orthogonale Mehrtafel-Projektion
Bilder g', g" decken einander. Die beiden Spurpunkte fallen mit den beiden Bildern des Symmetriepunktes S (in der Bildachse) zusammen. Jeder P u n k t der Geraden kann als Koinzidenzpunkt von g angesprochen werden. 10. g •parallel zu x. (Figur 28.) Beide Bilder von g gehen durch Parallelverschiebung ineinander über. Der Koinzidenzpunkt K ist ein Fernpunkt. * Sind von einer Geraden g zwei P u n k t e gegeben: A(av a2, a 3 ) u n d B(blt b2, b3), so lautet eine Parameterdarstellung von g: x = a1 -f t (öj — fflj) y = a2 + t (b2 — a2)
( — oo < t < oo) .
(1)
a
b
z = «3 + t ( 3 — s) Durch Elimination von t erhält man eine parameterfreie Darstellung: (¿>2 — a j x — (öj — a j y — (®i h -
a
2 bi) =
0
.1
(2)
(63 - a 3 ) x - (&!.— ax) z - («j &3 - a 3 bx) = 0 .1
Die erste Gleichung von (2) gibt den Grundriß g' von g und zugleich die erstprojizierende Ebene durch g an, die zweite Gleichung kennzeichnet den Aufriß g" und die zweitprojizierende Ebene durch g. (Dabei wurde allgemeine Lage von g angenommen.) Zur Berechnung des 1. Spurpunktes Gx setzt man etwa in der dritten Gleichung von (1) f ü r die Kote z = 0 und geht mit dem daraus berechneten Wert von t in die beiden ersten Gleichungen von (1). So erhält man 1 Gifo» Vi> «i)
mit
Vi
_a1b3-a3b1 1 - o3 63
:
a„ b3 — a„ b„ do
Zj = 0 oder in homogenen Koordinaten: G
i [(&s - «3) : («1 b3 ~ «3 bi) («2 h ~ «3 bi) • 0] •
Analog findet man f ü r den zweiten Spurpunkt G2: G2 [(&! - aj) :0: (a2 bt — a1 b2): (a3 \ - ax bs)] . Symmetrie- und Koinzidenzpunkt erhält man dadurch, d a ß man die Parameterwerte berechnet, die zu x = ¿ z gehören. So ist £ {[(a3 - «i) - (bs - &i)]: [a3 bi ~ «i
: &
[ 2 ( « 3 - «1) - «2 (bs-
:
[«3 bi~
«1 &3]}
und K {[(a 3 + «!) - (63+ 6j)]: [a 3 \ - a x fc3]: [ö2 (a 3 -f ax) - a 2 (b3+ \)]: - [ a 3
a x 6S]} .
§ 12. Lage zweier Geraden zueinander
31
II
Die oben angeführten zehn besonderen Lagen einer Geraden lassen sich nun durch folgende Spezialisierungen der Koordinaten von A und B gewinnen: 1. 9 II 0), wobei
e < 1 für die Ellipse e = 1 für die Parabel e > 1 für die Hyperbel
(1)
gilt, (e = numerische Exzentrizität.) * Auch bei der Aufstellung der Gleichung eines Kegelschnittes in Polarkoordinaten mit einem Brennpunkt als Pol und der Kegelschnittachse durch diesen
§ 78. Perspektive Affinität und Parallelprojektion
213
Brennpunkt als Polarachse t r i t t das Gemeinsame der drei Kegelschnittarten deutlich hervor, findet man doch diese Polargleichung mit r=
^ . 1 + £ . cos q>
g Dabei bedeutet e = — die numerische Exzentrizität und p den P a r a m e t e r ; bei der Ellipse (Hyperbel) i s t p = — (siehe Seite 199). Auch beider Polargleichung gelten a die in (1) angegebenen Bedingungen f ü r e.*
Affine Eigenschaften der (nicht zerfallenden) Kegelschnitte § 78. Perspektive Affinität und Parallclprojektion
I m folgenden werden perspektive Affinitäten einer Ebene e auf sich betrachtet. Der Leser erinnere sich dabei der Tatsache, daß jede solche ebene perspektive Affinität durch Parallelprojektion einer räumlichen perspektiven Affinität zwischen zwei verschiedenen Ebenen auf e hervorgerufen werden kann (und zwar auf mannigfache Art und Weise). Jede der folgenden Aussagen gestattet daher neben ihrer Auslegung in der Ebene auch eine räumliche Deutung, auf die das in Klammern gesetzte Wort Parallelprojektion hindeuten soll. Eine ebene perspektive Affinität f ü h r t Fernpunkte wieder in Fernpunkte über, ohne dabei an deren Realität eine Änderung hervorzurufen (d. h., reelle P u n k t e bleiben reell, (konjugiert) komplexe (konjugiert) komplex). Dies gilt auch f ü r beliebig viele aufeinanderfolgende perspektive Abbildungen. 1 ) Dies bedeutet, daß bei einer affinen Abbildung (Parallelprojektion) Ellipse in Ellipse (Kreis einbegriffen), Hyperbel in Hyperbel und Parabel in Parabel übergeht. Die Invarianten der affinen Abbildung sind: 1. der Parallelismus von Geraden (vgl. § 17), 2. das Teilverhältnis von drei Punkten einer Geraden (vgl. § 17) (affine Invarianten). Beachtet man die beiden angegebenen affinen Invarianten, so zeigt sich, daß alle Kegelschnitte einer Art Eigentümlichkeiten gemeinsam haben, die bei beliebigen perspektiv-affinen Abbildungen erhalten bleiben (affine Eigenschaften von Ellipse bzw. Hyperbel bzw. Parabel). Sie können f ü r konstruktive Zwecke ausgenützt werden. Insbesondere erweist sich dies f ü r die Ellipse, die durch passende perspektive Affinitäten in Kreise übergeführt werden kann, als vorteilhaft, da der Kreis konstruktiv sehr einfach zu beherrschen ist. * x) Durch das Hintereinanderausführen zweier perspektiv-affiner Transformationen entsteht im allgemeinen eine nicht-perspektive, reguläre affine Abbildung. Die regulären affinen Abbildungen der Ebene bilden eine sechsgliedrige Gruppe, die affine Gruppe @6. *
214
VI. Planimetrische Behandlung der Kegelschnitte § 79. Die Ellipse als perspektiv-aftines Bild eines Kreises
(Figur 182.) Eine perspektive Affinität 31 sei durch ein sich entsprechendes Punktepaar O0, Ot und die Perspektivitätsachse s 01 (nicht durch O0 oder Ox) gegeben. O0 sei die Mitte eines Kreises k0 mit dem Radius r0. Die dem Kreis k0 in 91 entsprechende Ellipse soll untersucht werden. Den Endpunkten P 0 , Q0 eines Durchmessers von k0 entsprechen die Punkte P1, Q1 von kv die zufolge der Invarianz des Teilverhältnisses zu 01 symmetrisch liegen. Den zueinander parallelen Kreistangenten in P 0 und Q0 entsprechen die zueinander parallelen Tangenten an k 1 in P x und Q v Die Strecke P t Qi ist demnach ein Durchmesser und 01 die Mitte der Ellipse kv Daher gilt: Eine perspektive Affinität (Parallelprojektion) führt i. a. einen Kreis kQ{O0\ r0) in eine Ellipse mit der Mitte 01 über. Jedem Kreisdurchmesser entspricht dabei ein Ellipsendurchmesser. Alle zum Kreisdurchmesser P0Q0 normalen Sehnen werden von P0Q0 halbiert. Daher werden alle entsprechenden Sehnen von kv die zu den Ellipsentangenten in P j , Q1 parallel sind, von dem Ellipsendurchmesser P t Q t halbiert. Man nennt diese (untereinander parallelen) Sehnen von k1 konjugiert zum Durchmesser PjQv Somit gilt: Zu jedem, Ellipsendurchmesser P1Q1 gibt es oo 1 konjugierte (untereinander parallele) Sehnen. Sie werden von P1Q1 halbiert. Zu ihnen gehören auch die Tangenten in P1 und Qv Die zu PXQj konjugierten Sehnen gehen durch die perspektive Affinität 9t aus jenen Kreissehnen hervor, die zu dem entsprechenden Durchmesser P0Q0 des affinen Kreises k0 normal stehen. Oder: Parallele Sehnen einer Ellipse biert. Oder:
werden durch den konjugierten Durchmesser
Eine Ellipse ist in bezug auf jeden ihrer Durchmesser
hal-
schiefsymmetrisch.
(Figur 183.) Unter den zum Kreisdurchmesser P0Q0 normalen Sehnen befindet sich auch der zu P0Q0 normale Durchmesser PaS0. Die perspektive Affinität 91 führt ihn in den zu P ^ i konjugierten Ellipsendurchmesser B1S1 über. Die Tangenten in B1 und S1 an kl sind zu PlQ1 parallel. Also gilt: Zu jedem Ellipsendurchmesser P1Q1 gibt es einen konjugierten Durchmesser R1S1. Die Tangenten in den Endpunkten eines Durchmessers sind zum konjugierten Durchmesser parallel. Besteht zwischen einer Ellipse und einem Kreis eine perspektive Affinität, so entspricht jedem Paar zueinander normaler Kreisdurchmesser ein Paar konjugierter Ellipsendurchmesser und umgekehrt. Es gibt nur ein Paar gleich langer konjugierter Ellipsendurchmesser. Diese liegen zu den Achsen symmetrisch. Das einzige zueinander normale Paar konjugierter Durchmesser einer Ellipse besteht aus den Achsen der Kurve. (Figur 184.) Übt man auf die Ellipse ^ eine weitere perspektive Affinität (Parallelprojektion) aus, so entsteht i. a. wieder eine Ellipse k2, wobei jedem
§ 79. Die Ellipse als perspektiv-affines Bild eines Kreises
215
Figur 182
Paar konjugierter Durchmesser von ein ebensolches Paar der Ellipse k2 entspricht. Man beachte, daß die Ellipsen k1 und k2 die Affinitätsachse s12 in den gleichen Punkten schneiden (in Figur 184 sind diese Schnittpunkte reell getrennt) und daß jene Durchmesser der beiden Ellipsen, die zu s12 parallel sind, einander in dieser perspektiven Affinität entsprechen und gleich lang sind. * Aufgabe 97 (für den Leser). Gegeben seien zwei Ellipsen kt und k2. Man kann stets eine (i. a. nicht perspektive) Affinität angeben, die in kt überführt, indem man auf kt zwei Punkte P1 und Q1 wählt, die zu konjugierten Durchmessern gehören, und diesen zwei ebensolche Punkte von k2 zuordnet und die beiden Mitten einander entsprechen läßt. Der Leser beweise diese Behauptung. * 4,
NA J U
gl
c^
* S,
Figur 183
\
216
VI. Planimetrische Behandlung der Kegelschnitte
Aufgabe 98 (für den Leser). Man zeige, daß man einer Ellipse jeden Kreis perspektiv-affin zuordnen kann, der mit der Ellipse zwei parallele Tangenten gemeinsam hat. Aufgabe 99 (für den Leser). Eine Ellipse k sei durch ein Paar konjugierter Durchmesser PQ und RS gegeben. a) Man konstruiere Punkte und Tangenten von k, indem man über einem der beiden Durchmesser, etwa über PQ, einen Kreis k0 zeichnet und eine der beiden möglichen perspektiven Affinitäten benützt, die i j in k0 überführt. (Beachte, daß dem zu PQ konjugierten Durchmesser RS der zu PQ normale Kreisdurchmesser zugeordnet werden muß; die Perspektivitätsachse liegt in PQ.) b) Aus einem Punkt T sind die Tangenten an k zu legen. (Anleitung: Man ordne der Ellipse k einen perspektiv-affinen Kreis k0 zu, übertrage T in das Feld von k0 und lege aus diesem Punkt T0 die Tangenten i lt , kj) die Hauptachse, f ü r die Affinität ü 21// (fc ^ &//) die Nebenachse Affinitätsachse. Bei 2t r ist die Charakteristik 3/ = ^ , b bei
2IJJ
gilt du = — , wie man durch die Betrachtung der Scheitel von k und der
affin entsprechenden Kreispunkte ablesen kann. Daher geht ein Ellipsenpunkt P(x, y) durch
über in den P u n k t Pj ix, ~ y\, durch 9iXI hingegen in Pn C,
Figur 187
(—x,y\.
220
VI. Planimetrische Behandlung der Kegelschnitte
Daraus ist zu ersehen, daß Pn durch die zentrische Streckung y von 0aus in Pj übergeht. Pn liegt daher im Schnittpunkt des Halbmessers OPj mit dem Nebenscheitelkreis. Damit ergibt sich eine einfache punktweise Konstruktion der Ellipse k: (Figur 187.) Man lege durch 0 einen Strahl, schneide ihn mit kj in Pj und mit kn in Pu. Sodann zeichne man durch Pj die Normale, durch Pn die Parallele zur Hauptachse. Diese beiden Geraden schneiden sich in einem Punkt P der Ellipse. — Diese punktweise Konstruktion der Ellipse war bereits P H I L I P P E D E L A H X R E (1685) bekannt. Wir wollen sie im folgenden als die Zweikreiskonstruktion der Ellipse bezeichnen. Die perspektiven Affinitäten SI7 und 2IJJ benützt man auch bei Tangentenkonstruktionen : A u f g a b e 105. Eine Ellipse k sei durch ihre Haupt- und Nebenscheitel gegeben, a) (Figur 188.) Man konstruiere die Tangente in einem Punkt P von k. L ö s u n g . Durch die perspektive Affinität SC/ geht die Ellipsentangente t von P in die Kreistangente tx des Kreispunktes Pj über, tj steht normal zu OP[. Bei der Zurückführung von tj in das Ellipsenfeld bleibt ihr Schnittpunkt Tj mit der Affinitätsachse ( = Hauptachse von k) fest. E s ist somit t = PTj. In analoger Weise hätte man den Nebenscheitelkreis kn zur Konstruktion heranziehen können, wie Figur 188 zeigt.
Figur 188
§ 80. Perspektive Affinität zwischen einer Ellipse und ihren Scheitelkreisen
221
b) Man konstruiere die Tangenten aus einem Punkt P an k. Lösung. Man führt den Punkt P (außerhalb k) etwa mit der perspektiven Affinität in das Feld des Hauptscheitelkreises kr über. Dies ist möglich, da man von dieser Affinität 2I7 die Achse ( = Hauptachse von k) und ein Paar entsprechender Punkte, etwa C und Cz, kennt. Die Tangenten tu, t2I aus P r an k, werden sodann wieder in das Ellipsenfeld zurückgeführt. Analog erfolgt die Lösung von: c) Man konstruiere die Tagenten an k parallel zu einer gegebenen Geraden g. d) Man schneide die Ellipse k mit einer gegebenen Geraden g.
4
Figu- 189a—b Die Papierstreifenkonstruktion einer Ellipse: (Figur 189a.) Es sei P ein Punkt der Ellipse k, PT sein perspektiv-affin entsprechender Punkt auf kIt Pn der auf kTI. Die Parallele zur Geraden OPj durch P schneidet dieEllipsenachsen in Qi bzw. Qn. Dadurch entstehen zwei Parallelogramme, nämlichOQ/P-P//und Daher gilt QrP = JruO = b und QIIPI=a. Damit hat man folgende kinematische Erzeugungsweise einer Ellipse gewonnen: (Figur 189b.) Zwingt man zwei Punkte PIt Pn eines Stabes g (etwa mittels drehbar angebrachter Hülsen) auf zwei zueinander normale Führungsschienen und bewegt den Stab g, so beschreibt jeder Punkt P von g eine Ellipse mit der Mitte 0, der halben Hauptachse a — PnP und der halben Nebenachse b = PjP. (Figur 189c.) Ersetzt man den Stab durch einen Papierstreifen, auf dem die drei Punkte P, PIt Pu derart markiert werden, daß PPu = a und PPj = b einer zu zeichnenden Ellipse k sind, so kann man in entsprechender Weise in rascher Aufeinanderfolge genügend viele Punkte von k finden, um die Ellipse sauber zeichnen zu können. — Diese punktweise Konstruktion einer Ellipse heißt ihre Papierstreifenkonstruktion. Sie war bereits PKOKLTJS (410—485) bekannt.
222
VI. Planimetrische Behandlung der Kegelschnitte
Figur 1 8 9 c - d
Aufgabe 106 (für den Leser). Man zeige, daß die Punkte P, Pj, Pu auf dem Papierstreifen auch so angebracht werden können, daß P zwischen Px und Pu liegt. Es gilt dann : PnP = a, ~PPr = b (Figur 189d).
Die den zwei Papierstreifenkonstruktionen zugrundeliegenden Ellipseneigenschaften werden bei mehreren Ellipsenzirkeln verwendet. Die gefundenen Strekkenrelationen werden unter anderem konstruktiv bei folgenden Aufgaben benützt: Aufgabe 107. Von einer Ellipse kennt man die Hauptscheitel A und B und einen Punkt P. Man konstruiere die Nebenscheitel C und D. Lösung. (Figur 190.) Da sich der Gedankengang der Lösung (umgekehrte Papierstreifenkonstruktion) aus Figur 190 leicht ergibt, sei bloß die konstruktive Durchführung angedeutet:
§ 80. Perspektive Affinität zwischen einer Ellipse und ihren Scheitelkreisen
223
1 _ . AÖ = OB = a , 2. 0±^AB (diese Gerade trägt die Nebenachse) , 3. Kreis kP(P', a) schneidet die Nebenachse in Pu und Pu , 4. PnP • AB = Pj oder PnP • AB =- P , , 5. Pj> = b bzw. = b. Aufgabe 108 (für den Leser). Von einer Ellipse kennt man die Nebenscheitel C und D und einen Punkt P. Man konstruiere die Hauptscheitel A und B. Aufgabe 109. Eine Ellipse k ist durch zwei konjugierte Durchmesser gegeben. Man konstruiere ihre Achsen. Lösung. (Figur 191a.) Häufiger als die direkte Achsenkonstruktion (siehe Seite 217) wird die sogenannte RYTZscAe Achsenkonstruktion angewandt. Zu ihrer Herleitung zeichne man zunächst von einer durch ihre Scheitel festgelegten Ellipse nach der Zweikreiskonstruktion zwei Punkte P und Q derart, daß PjOQi = 90° ist. Dann sind P und Q Endpunkte zweier konjugierter Durchmesser von k. Durch eine Drehung des Dreiecks QuQQi um 0 durch 90° erhält man das Dreieck mit den Ecken Q*j = Pu, Q*, Q* = PIt das das Dreieck PIIPPI zu einem Rechteck ergänzt. Durch zentrische Streckung 2 : 1 von der Mitte M der Strecke PjPu aus geht das Rechteck PnPPjQ* in das Rechteck 0-I-R-II über, wobei die Ecken /und II auf die Haupt- bzw. Nebenachse von k zu liegen kommen. Somit gelten folgende Relationen: ÖP^ : PjR= ÖPi = PnR OB
= TTI
TP = Q*H = b , = IQ* = P II = a sowie =a
+ b.
Die Punkte O, I, II und R liegen auf dem Kreis um M mit dem Radius
(a-\- b).
Durch Ausnützung dieser Relationen ergibt sich wie folgt die von D. RYTZ (1845) angegebene Achsenkonstruktion: (Figur 191b.) Man drehe einen der beiden Halbmesser, etwa OQ, um 0 durch 90° (in beliebigem Sinn) in die Lage OQ*. Sodann verbinde man P mit Q*, halbiere die Strecke PQ* und zeichne um diesen Punkt M den Kreis durch 0. Dieser schneidet die Gerade PQ* in den Punkten I und II, die bereits den Achsen der Ellipse angehören. Die Länge der Halbachsen von k erhält man durch TQ* = PTl
= a und TP = Q*7I
= b.
Man beachte, daß die Hauptachse stets im spitzen Winkel der beiden konjugierten Durchmesser liegt. Aufgabe 110 (für den Leser). Man zeige, daß die Verbindungsgerade PR die Ellipsennormale im Punkt P ist. Aufgabe 111 (für den Leser). Achsenkonstruktion einer Ellipse k, die durch zwei konjugierte Halbmesser gegeben ist, nach R. JAKOBI (1952). Es seien OP und OQ zwei konjugierte Halbmesser einer Ellipse k. Man ziehe durch P das Lot n
224
VI. Planimetrische Behandlung der Kegelschnitte
0) \
Figur 191
auf 0Q und trage den Halbmesser 0Q auf n von P aus nach beiden Seiten ab. Man erhält die Punkte R und S (ÖR > OS). Die Winkelsymmetralen der Geraden OR und OS tragen die Achsen von k. Die Länge der Halbachsen a, b erhält man durch OR =a + b, OS = a —b. — Der Leser beweise die Richtigkeit der J A K O B I schen Konstruktion.
225
§ 81. Normalriß eines Kreises
§ 81. Normalriß eines Kreises E i n e Parallelprojektion f ü h r t einen Kreis k(0; r) im allgemeinen in eine perspektiv-affine Ellipse k j über (siehe Seite 214). Dies gilt n a t u r g e m ä ß in vollem U m f a n g f ü r eine N o r m a l p r o j e k t i o n von k, ü b e r die hier n o c h zusätzliche Ausf ü h r u n g e n folgen. Bei der N o r m a l p r o j e k t i o n des in der E b e n e e liegenden Kreises k, etwa auf die Grundrißebene werden alle Durchmesser v e r k ü r z t abgebildet bis auf jenen, d e r auf der 1. Spurparallelen d u r c h 0 liegt. Der auf der e r s t e n Fallinie d u r c h 0 liegende Durchmesser erscheint a m s t ä r k s t e n v e r k ü r z t . Somit g i l t : Bei der Normalprojektion eines Kreises k auf eine Bildebene geht der Hauptliniendurchmesser in die Hauptachse, der Falliniendurchmesser in die Nebenachse der Bildellipse über. Diese T a t s a c h e ergibt sich a u c h d a r a u s , d a ß die beiden Kreisdurchmesser, die auf der d u r c h 0 gehenden H a u p t - bzw. Fallinie der Kreisebene liegen, d a s einzige rechtwinkelige D u r c h m e s s e r p a a r von k sind, das bei der N o r m a l p r o j e k t i o n in ein rechtwinkeliges D u r c h m e s s e r p a a r der Bildellipse ü b e r g e h t . A u f g a b e 112. E i n Kreis k(0; r) liege etwa in einer zweitprojizierenden E b e n e e mit dem ersten Neigungswinkel a. Man konstruiere Auf- u n d G r u n d r i ß von k. L ö s u n g . (Figur 192.) Der A u f r i ß k" erscheint als d o p p e l t ü b e r d e c k t e Strecke von der Länge 2r, sofern m a n sich auf reelle P u n k t e von k b e s c h r ä n k t . D a H a u p t und Nebenachse des Grundrisses k' von k auf den Grundrissen der ersten H a u p t u n d Fallinie d u r c h 0 von e liegen, h a t in diesem besonderen Fall die H a u p t a c h s e von k' O r d n e r r i c h t u n g ; die Nebenachse liegt n o r m a l d a z u . Sowohl die ersten Fallinien von e als a u c h die Kreisachse von k sind zweite Hauptlinien. E s bestehen d a h e r folgende Beziehungen: Im Aufriß
Im Grundriß
CW'
= (TT)" = r ,
TO'
TW'
= CTB" = 0 .
CV' = GTD'= r • cos r, so hat £ mit ® keinen reellen Punkt gemeinsam. * Legt man in die Mitte 0 einer Kugel St' vom Radius r ein räumliches kartesisches Normalkoordinatensystem, so liefert die Distanzformel als Gleichung von x2 + y2 + z2 = f2 • Wählen wir eine Ebene e parallel zur a;i/-Ebene, was keine Einschränkung der Allgemeinheit bedeutet, setzen also für e . . . z = d, so gilt für den Schnittkreis x2 21*
y2 = r2 — d2, z = d .
324
IX. Die Kugel
Dies bedeutet f ü r z — 0 . . . den Großkreis x2 + y2 — r2, 0 < \z\ < r . . . den Kleinkreis x2 + y2 = r 2 — d2, \z\ = r . . . das Minimalgeradenpaar {x
iy) (x — iy) = 0 ,
(1)
\z\ > r . . . den nullteiligen Kreis x2 + y2 = — (d2 — r2) . Aus Gleichung (1) folgt, daß die Kugel in jedem reellen Punkt ein Paar (konjugiert komplexe) isotrope Erzeugende besitzt. Schneidet man schließlich die Kugel ft) mit der Fernebene a>, setzt also in der homogen geschriebenen Kugelgleichung K^i — eine nullteilige Kurve i von 2. Ordnung. Da in den Gleichungen f ü r i weder die Koordinaten des Kugelmittelpunktes noch die Länge des Kugelradius eingehen, ist i eine allen Kugeln des Raumes gemeinsame Kurve. Man bezeichnet sie als den absoluten Kugelkreis. Man kann daher eine Kugel auch als eine Fläche 2. Ordnung definieren, die durch den absoluten Kugelkreis i hindurchgeht. Figur 260 zeigt eine projektive Skizze dieser Auffassung. *
§ 121. Potenz an der Kugel
325
§ 121. Potenz an der Kugel
Es sei 0(m, n, o) die Mitte einer Kugel ® vom Radius r. Mit inhomogenen kartesischen Normalkoordinaten wird S1 beschrieben durch (x - mf + (y - n)2 + (z - o)2 - r 2 = 0 . Setzt man für die laufenden Koordinaten x, y, z die Koordinaten xv yu z1 eines Punktes P ein, der nicht auf der Kugel liegt, so ist der Ausdruck auf der linken Seite von Null verschieden. Es gilt (xi — mf + (y1 - nf + (Zj - of - r2 = p2 , und zwar ist p2 > 0 . . . für P außerhalb Sf, p2 = 0 . . . für P auf ffi, p2 < 0 . . . für P innerhalb Man nennt p2 die Potenz des Punktes P in bezug auf die Kugel Die Potenz p2 hat folgende geometrische Bedeutung: Legt man durch einen P u n k t P eine beliebige Gerade g und sind A, B die Schnittpunkte g so gilt unabhängig von der Wahl von g PA - PB = const = p2 . Befindet sich P außerhalb S, so gibt p die Länge einer aus P a n S legbaren Tangente an. Für einen Punkt P innerhalb St ist der Radius jenes Kugelkreises, dessen Mitte in P liegt. A u f g a b e 180 (für den Lsser). Der Leser beweise die geometrische Aussage über die Potenz eines Punktes in bezug auf die Kugel. Man kann zum Begriff einer Kugel auch auf kinematischem Wege kommen. Dreht man nämlich einen Kreis m um einen seiner Durchmesser a, so überstreicht m eine Kugelfläche S. Jeder Punkt von m durchläuft dabei einen Kreis. Die so definierten Kreise von ® liegen in parallelen (zur Drehachse a normalen) Ebenen. Man nennt sie Parallelkreise. Jener Großkreis von Si, der dieser Schar von Parallelkreisen angehört, heißt Äquatorkreis. Dieser Schar von Parallelkreisen gehören auch zwei Nullkreise an, die die Durchstoßpunkte Plt P2 der Drehachse a mit S' sind. Man nennt Plt P2 die Pole des Äquatorkreises. Da man jeden Durchmesser einer Kugel als Drehachse auffassen kann, gehören zu jedem Großkreis einer Kugel zwei Pole, nämlich jene beiden Punkte, die die Achse des Großkreises aus ® ausschneidet. (Figur 261.) Den erzeugenden Kreis m und jede seiner Lagen während der Drehung um a nennt man einen Meridian von Die beiden (einparametrigen) Scharen der Parallel- und Meridiankreise bilden auf 0 — abgesehen von den Polen (* und den absoluten Kreispunkten der Äquatorebene *) — ein orthogonales Netz, das zum Angittern von Punkten verwendet werden kann (Figur 262).
326
IX. Die Kugel
Figur 262
§ 122. Die Kugel in zugeordneten Normalrissen P r o j i z i e r t m a n die reellen P u n k t e einer K u g e l n o r m a l auf eine Bildebene, e t w a auf die G r u n d r i ß e b e n e n l t so erfüllen die G r u n d r i ß p u n k t e d a s I n n e r e u n d die Peripherie eines gewissen Kreises. Dieser ist G r u n d r i ß jenes Großkreises w1; der in einer waagrechten E b e n e liegt. Man e r h ä l t diesen Großkreis u1 auch als B e r ü h r kreis m i t einem S? umgeschriebenen Drehzylinder, der a u s ersten Sehstrahlen b e s t e h t . D e r z u r Grundrißebene parallele Großkreis u x ist d a h e r d e r erste w a h r e U m r i ß , sein G r u n d r i ß u ^ der erste scheinbare U m r i ß von Analog ist d e r zweite scheinbare U m r i ß w 2 " der A u f r i ß jenes Großkreises u 2 , der in einer E b e n e parallel zur Aufrißebene jr2 liegt. (Figur 263.) D e r Aufriß u " des ersten wahren Umrisses « j ist der waagrechte Durchmesser des zweiten scheinbaren Umrisses u2" von E n t s p r e c h e n d ist der G r u n d r i ß m2' von m2 der waagrechte Durchmesser von w / . W ä h l t m a n im I n n e r e n von u^ einen P u n k t P', so k a n n P' als G r u n d r i ß zweier K u g e l p u n k t e P u n d P g e d e u t e t werden. Die zugehörigen A u f r i ß p u n k t e k a n n m a n e t w a so f i n d e n : Man d e n k t sich d u r c h P den w a a g r e c h t e n Kleinkreis k gelegt, dessen G r u n d r i ß kt' sich in w a h r e r G e s t a l t abbildet, also d e r K r e i s u m 0
• • • Radien der Scheitelschmiegkreise.
Da ferner O'Px' — r sin « ist, wie Figur 266 zeigt, gehen die Grundrisse P / , P , ' der beiden Pole P 1 ; P 2 von k aus den Brennpunkten Fv P 2 von k durch eine Viertelschwenkung um O' hervor. Man nennt zwei solche P u n k t e die Antibrenn•punkte der Ellipse k'. Somit gilt:
332
IX. Die Kugel
Die Grundrisse der beiden Pole eines Großkreises k einer Kugel ® sind die beiden Antibrennpunkte der Grundrißellipse k'. B e m e r k u n g . Die waagrechte Ebene durch den tiefsten Kreispunkt D schneidet die Kreisachse in einem Punkt, dessen Grundriß in die Krümmungsmitte KD, von k' fällt. (Folgt unmittelbar aus den obenstehenden Formeln für den Scheitelkrümmungsradius Qd,.) A u f g a b e 186. Eine in Auf- und Grundriß gegebene Kugel ® (0; r) ist mit einer zweitprojizierenden Ebene e (e nicht durch die Kugelmitte 0 ) vom 1. Neigungswinkel a zu schneiden. L ö s u n g . (Figur 267.) Bezeichnet d den Abstand der Kugelmitte O von der Ebene e, so gilt für den Radius Q des Schnittkreises k = e wie bereits erwähnt, Q = (/ r2 — d2. Der Aufriß k" von k ist jene doppelt überdeckte Sehne von u2"
§ 124. Ebener Schnitt einer Kugel
333
(bei Beschränkung auf reelle Punkte von k), die von 0" den Abstand d besitzt und gegen die Waagrechte unter a geneigt ist. Für die Grundrißellipse k' gilta = Q = j/r2 — d 2 , b = q cos a = cos a |/r2 — d2 , e = q sin a = sin a [/r2 — 6 (Figur 282 b).
Drehellipsoid
ja 00 b, so spricht man von einem ringförmigen oder offenen Torus. Ist a = b, so entsteht ein geschlossener Torus. In der Torusmitte befindet sich ein sogenannter biplanarer Knotenpunkt. * Dort existieren nur eine reelle, hingegen unendlich viele komplexe Flächentangenten, die zwei komplexe Ebenen erfüllen. * Ist a < b, so treten zwei sogenannte Knotenpunkte auf. In ihnen zeigt die Fläche ein ähnliches Verhalten wie ein Kegel in seiner Spitze. Man spricht daher auch von konischen Knotenpunkten. In einem konischen Knotenpunkt ist keine eindeutige Tangentialebene erklärt. In den Knotenpunkten hängen zwei Teile des Torus zusammen, ein zitronenförmiger Teil, auch Spindel genannt, und ein apfelförmiger Teil. Dieser sich überschneidende Torus oder Spindeltorus hat zwei Äquatorkreise, aber keinen Kehlkreis. A u f g a b e 229 (für den Lsser). Der Leser zeige, daß bei Rotation eines Kegelschnittes k um eine Gerade g (g soll zur Kegelschnittebene nicht normal stehen, keine Achse von k tragen und für den Fall, daß g zur Kegelschnittebene e parallel liegt, darf ihre Normalprojektion auf s in keine Achse von k fallen) eine algebraische Drehfläche vierter Ordnung entsteht. Liegt ein ringförmiger Torus 0 vor (a > b), so beschreibt der Punkt des rotierenden Kreises m mit dem kleinsten Achsenabstand den Kehlkreis, der mit dem.
406
X I I . Die Kreisringfläche (Torus)
größten Achsenabstand den Äquatorkreis von 0. Der höchste und tiefste Punkt von TO (bei lotrechter Drehachse) durchlaufen je einen Flachkreis von 0 . Die Flachkreise, die aus parabolischen Flächenpunkten bestehen, teilen die Ringfläche in zwei Gebiete: Erstens in das innere Gebiet, auch Kehle genannt, das nur Io
aus hyperbolischen Flächenpunkten besteht, und zweitens in das äußere Gebiet, den Wulst, das nur elliptische Flächenpunkte besitzt. In einem Punkt der Kehle kehrt der zugehörige Meridiankreis der Drehachse die konvexe Seite zu, in einem Punkt des Wulstes die konkave. A u f g a b e 230 (für den Leser). Der Leser beschreibe jene Drehfläche, die durch Rotation eines Kreises m um eine Achse o entsteht, deren Normalprojektion auf die Kreisebene ein Durchmesser von m ist.
§ 150. Ebener Schnitt eines Torus
407
§ 160. Ebener Schnitt eines Torus
Da der Torus 0 eine algebraische Fläche vierter Ordnung ist, wird er von jeder Ebene nach einer (ebenen) Kurve vierter Ordnung geschnitten. Interessante Sonderfälle ebener Torusschnitte sind: 1. Schnittebene e normal zur Drehachse o Ist c die Kote der schneidenden Ebene e bezogen auf die Äquatorebene von 0 (die folgenden Diskussionen werden nur für den ringförmigen Torus durchgeführt), so zerfällt die Schnittkurve k = £0 für a)
c = 0 . . . in Kehl- und Äquatorkreis,
b) 0 < |c| < b . . . in zwei reelle konzentrische Parallelkreise, c)
|c| = b . . . in zwei zusammenfallende Parallelkreise, die Flachkreise von 0 sind,
d)
|c| > ö . . . in zweinullteilige konzentrische Kreise.
Zur rechnerischen Erfassung dieser speziellen ebenen Schnitte setzt man 0 . . . (x* + y* - f z2 + a 2 - b2)2 = 4 a 2 (x2 + y 2 ) , e .. . z = c und erhält nach Elimination von 2 für den Grundriß der Schnittkurve k je2 + y* = a 2 + &2 - c 2 ± 2 a)/b* - c 2 . A u f g a b e 231 (für den Leser). Der Leser diskutiere diese Gleichung. 2. e durch die Drehachse o Definitionsgemäß gibt der Schnitt des Torus mit einer Ebene durch o zwei bezüglich o symmetrische Meridiankreise. 3. s || o (Figur 315) Jene (ebenen) Kurven vierter Ordnung, die aus einem Torus 0 von Ebenen parallel zur Drehachse o ausgeschnitten werden, nennt man spirische Kurven. Es sind bizirkulare Quartiken mit zwei zueinander normalen Symmetrieachsen. Ihre Gestalt ändert sich mit dem Achsenabstand c der Schnittebene e. So wird die Schnittkurve k = e0 (bei dem ringförmigen Typus . . . a >b) für a) b)
c = 0 0
" MTt/T " =n " ,?i " o " = N"; nr/f 0
8 . . . P'^N"
s
0
0
= n"; P" 1 n" = t" ( = Tangente an k" in
9 . . . u^e = 1', 2'; Ordner liefern 1" und 2" auf
P")\
u ;
10 . . . ( l ' O ' ) km' = lm'; lm" (auf km") = Kt (k") = K r ü m m u n g s m i t t e von k"in
1",
11 . . . km' ( = Grundriß der beiden Flachkreise) geschnitten mit e' ergibt die P u n k t e 5', 6', 7', 8'\ Ordner liefern im Aufriß die höchsten und tiefsten P u n k t e von k" (keine Scheitel!); 12 . . . Kreis um 0', der e' b e r ü h r t ; B e r ü h r p u n k t = 3' und 4'; mit Hilfe des Hauptmeridians die P u n k t e 3" und 4" aufsuchen ( = Scheitel von k"); 13 . . . (J/ 2 "