Zwischen Selbstselektion und Diskriminierung: Eine empirische Analyse von Frauenbenachteiligung am deutschen Arbeitsmarkt anhand alternativer Indikatoren unter besonderer Berücksichtigung der Berufswahl [1 ed.] 9783428525072, 9783428125074

Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt wird häufig nur anhand von Einkommensunterschieden untersucht. Dabei wird ign

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German Pages 389 Year 2007

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Zwischen Selbstselektion und Diskriminierung: Eine empirische Analyse von Frauenbenachteiligung am deutschen Arbeitsmarkt anhand alternativer Indikatoren unter besonderer Berücksichtigung der Berufswahl [1 ed.]
 9783428525072, 9783428125074

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Sozialwissenschaftliche Schriften Heft 43

Zwischen Selbstselektion und Diskriminierung Eine empirische Analyse von Frauenbenachteiligung am deutschen Arbeitsmarkt anhand alternativer Indikatoren unter besonderer Berücksichtigung der Berufswahl

Von Nicole Binder

Duncker & Humblot · Berlin

NICOLE BINDER

Zwischen Selbstselektion und Diskriminierung

Sozialwissenschaftliche Schriften Heft 43

Zwischen Selbstselektion und Diskriminierung Eine empirische Analyse von Frauenbenachteiligung am deutschen Arbeitsmarkt anhand alternativer Indikatoren unter besonderer Berücksichtigung der Berufswahl

Von

Nicole Binder

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Die Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat diese Arbeit im Jahre 2006 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-4808 ISBN 978-3-428-12507-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort „Frauen am Arbeitsmarkt“ – das ist der Oberbegriff für Themen, die wohl auch in näherer Zukunft noch unerschöpflich bleiben werden. Die Entstehung dieser Arbeit wurde begleitet von zunehmender öffentlicher Diskussion darüber, wie mehr Frauen für den Arbeitsmarkt aktiviert werden können und die Anzahl der Krippenplätze erhöht werden kann, in deren Zusammenhang aber junge Mütter auch auf ihr Recht pochten, selbst über die Art der Betreuung ihrer Kinder zu entscheiden. Nach Beendigung der Arbeit fand der alljährliche „Girls’ Day“, der Mädchen die Möglichkeit geben soll, in Männerberufe hineinzuschnuppern, gerade zum 6. Mal statt. Immer mehr wird so die Öffentlichkeit für die untersuchte Fragestellung sensibilisiert. Ausgangspunkt für die Wahl des Themas war indessen mein eigener Wechsel von einer kaufmännischen Ausbildung „typisch weiblicher“ Ausrichtung in das – eher „männlich“ geprägte – Studium der Volkswirtschaftslehre. Dabei konnte ich im Vergleich feststellen, wie unterschiedlich die Ziele im Erwerbsleben und die Einstellungen zum Beruf bei den jeweiligen Mitstreiterinnen und Mitstreitern häufig waren. Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2006/07 von der Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg als Dissertation angenommen. Die Wissenschaftliche Gesellschaft Freiburg i. Br. hat die Drucklegung dieser Arbeit mit einem Kostenzuschuss gefördert, wofür ich sehr dankbar bin. Zum Gelingen der Arbeit haben während der Jahre ihres Entstehens einige Personen und Institutionen beigetragen, bei denen ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken möchte. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Siegfried Hauser, der die Arbeit mit vielen hilfreichen Anregungen und konstruktiven Diskussionen unterstützt hat und von dem ich in den vergangenen Jahren während meiner Tätigkeit an seinem Lehrstuhl viel gelernt habe. Bedanken möchte ich mich auch bei Herrn Prof. Dr. Bernd Schauenberg für die Übernahme des Zweitgutachtens und wertvolle Ratschläge. Beiden danke ich zudem für ihre Unterstützung bei der Vorbereitung eines einmonatigen Forschungsaufenthalts an der Harvard University im März 2006. Darüber hinaus bin ich dankbar für das mir vom DAAD gewährte Kurzstipendium, das mir diesen Auslandsaufenthalt ermöglicht hat. Herr Pro-

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Vorwort

fessor Peter L. Murray, Harvard Law School, hat mir den Zugang zu den Bibliotheken der Universität vermittelt – auch ihm gilt mein herzlicher Dank. Dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin, bin ich verbunden für die Bereitstellung der in dieser Dissertation verwendeten Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Meinen Freunden sowie meinen Kollegen vom Lehrstuhl für empirische Wirtschaftsforschung und Ökonometrie danke ich herzlich für die fachliche und moralische Unterstützung, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Meinen ganz besonderen Dank verdient Agnieszka Stazka, die mir in all den Jahren in Höhen wie in Tiefen freundschaftlich beigestanden und die das Manuskript Korrektur gelesen hat. Für wertvolle Hinweise bin ich auch Herrn Prof. Dr. Michael Beckmann, der mir in der Anfangszeit als kritischer Diskussionspartner zur Verfügung stand, äußerst dankbar. Ebenfalls möchte ich mich ausdrücklich bei meinen Eltern und meinen Schwestern bedanken, die während meiner Studien- und Promotionszeit immer für mich da waren und jederzeit ein offenes Ohr für alle Dinge hatten, die mich in den letzten Jahren beschäftigt haben. Mein größter Dank jedoch gilt meinem Mann Jens für sein Vertrauen, seine Geduld und seine unermüdliche Motivationsgabe und nicht zuletzt für seine akribische Durchsicht des Manuskripts. Seine Hilfe war für mich von unschätzbarem Wert. Freiburg, im Mai 2007

Nicole Binder

Inhaltsverzeichnis Einführung und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Benachteiligung von Frauen: Theoretische Ansatzpunkte und Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Bandbreite zwischen Diskriminierung und Benachteiligung . . . . . . . 1. Der Begriff der Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Formen der Diskriminierung von Arbeitskräften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Pre- und Post-market-Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Diskriminierung oder Benachteiligung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Arbeitsmarkt in der allgemeinen Gleichgewichtstheorie . . . . . . . . . . . III. Ökonomische Erklärungsansätze für die Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Frühe Diskriminierungstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Präferenzmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der „taste for discrimination“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Diskriminierung durch den Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Diskriminierung durch Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Diskriminierung durch Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Marktunvollkommenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Crowding-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Marktmacht: Monopol und Monopson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Humankapitaltheoretischer Erklärungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorstellung der Humankapitaltheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterschiedliche Humankapitalausstattung von Männern und Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Feedback-Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Erklärungsansätze mit asymmetrischer Informationsverteilung . . . . . . a) Screening und statistische Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Signaling-Unterschiede und Selbstselektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Der Einfluß von Arbeitsverträgen und Lohnbildung . . . . . . . . . . . . . . . a) Unterschiedliche Arbeitsverträge für Männer und Frauen . . . . . . . b) Effizienzlohntheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Funktionen von Effizienzlöhnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Benachteiligung durch Effizienzlöhne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis c) Insider-Outsider-Theorie: die Rolle der Gewerkschaften und Betriebsräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gewerkschaften und Betriebsräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Lohnbildungsprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Meinungsbildungsprozesse in Gewerkschaften und Frauenbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Einflüsse der Gewerkschaften auf geschlechtsspezifische Lohnunterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Zusammenfassung der ökonomischen Erklärungsansätze . . . . . . . . . . . . IV. Nicht-ökonomische Erklärungsansätze für die Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Arbeitsmarktsegmentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Interner und externer Arbeitsmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Job-competition-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Widersprüche und Einordnungsmöglichkeiten bezüglich der Neoklassik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das „weibliche Arbeitsvermögen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hausarbeit und Erwerbsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nutzung des „weiblichen Arbeitsvermögens“ in den Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Qualifikations- und Beschäftigungsstruktur von Frauen und wirtschaftliche Dynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Präferenzstrukturen jenseits der neoklassischen Theorie . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung der nicht-ökonomischen Erklärungsansätze . . . . . . V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt: deskriptive Analyse zu verschiedenen Indikatoren anhand des Sozio-oekonomischen Panels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Datenbasis und Basisselektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Deskriptive Auswertung nach Indikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erwerbsbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Arbeitslosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Arbeitsplatzbezogene Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beschäftigungssituation nach Unternehmens- und Einsatzmerkmalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Arbeitszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Befristung und Zeitarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bildungsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Überqualifikation und horizontaler Qualifikationsmismatch . . e) Einkommenssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Arbeitszufriedenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

9

3. Abschließende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 B. Segregation und Berufswahlmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Berufs- und branchenspezifische Segregation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Segregation und die Relevanz der Berufswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Begriff der Segregation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Theoretische Erklärungsansätze für Segregation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Arbeitsangebotsseitige Theorien zur Berufswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Berufswahl aus neoklassischer Sicht: Kosten-Nutzen-Erwägungen und Arbeitsteilung innerhalb der Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterschiedliche Präferenzen bei der Berufswahl . . . . . . . . . . . . . . . c) Unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sozialisation: unterschiedliche Geschlechterrollen . . . . . . . . . . . . . . 2. Arbeitsnachfrageseitige und institutionelle Theorien zur Segregation a) Einstellungs- und Investitionsverhalten aus neoklassischer Sicht: Kosten-Nutzen-Erwägungen seitens der Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . b) „Taste for discrimination“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Pollution-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Theorien mit Marktunvollkommenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Arbeitsmarktsegmentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Interaktionen zwischen Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage . . . . . . . a) Theorien mit asymmetrischer Informationsverteilung . . . . . . . . . . . b) Das „weibliche Arbeitsvermögen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung: Eigenschaften typischer Frauenberufe . . . . . . . . . . III. Die Messung von Segregation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einteilung der Berufe und Branchen in Frauen- und Männerberufe bzw. -branchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verschiedene Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einteilung in Männer- und Frauenberufe bzw. -branchen bei verschiedenen Berufsklassifikationen und Brancheneinteilungen c) Die Lorenzkurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Empirische Determinanten von Frauen- und Männerberufen . . . . . 2. Segregationsindizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Segregationsindizes als relative Dispersionsmaße . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Dissimilaritätsindex von Duncan und Duncan . . . . . . . . . . . . . . c) Der Gini-Segregationsindex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Berechnungen des Dissimilaritäts- und des Segregationsindexes e) Dekomposition des Gini-Segregationsindexes nach Berufsgruppen und -ordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Dekomposition des Gini-Segregationsindexes nach Berufsgruppen und Branchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Abschließende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Der Prozeß der Berufsfindung und die Determinanten für die Wahl eines Männer- oder Frauenberufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Segregation und Berufswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bisherige Forschungsergebnisse zum Berufswahlverhalten . . . . . . . . . . Der Berufsfindungsprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geschlechterrollensozialisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ableitung von Hypothesen zum Berufswahlmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . Empirische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Spezifikation des ökonometrischen Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschreibung der Modellvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnisse der empirischen Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Abschließende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Teilzeitbeschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Teilzeitbeschäftigung als Benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Motive der Arbeitnehmer für Teilzeitarbeitsverhältnisse . . . . . . . . . c) Motive der Arbeitgeber für Teilzeitarbeitsverhältnisse . . . . . . . . . . . 2. Anwendungsmöglichkeiten von Diskriminierungs- und Benachteiligungstheorien auf Teilzeitbeschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ableitung von Hypothesen zu den Determinanten von Teilzeitbeschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Empirische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Spezifikation des ökonometrischen Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschreibung der Modellvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnisse der empirischen Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Abschließende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Befristete Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Befristete Verträge als Benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Motive der Arbeitnehmer für befristete Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . c) Motive der Arbeitgeber für befristete Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendungsmöglichkeiten von Diskriminierungs- und Benachteiligungstheorien auf Befristung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ableitung von Hypothesen zu den Determinanten von Befristung . . . 4. Empirische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Spezifikation des ökonometrischen Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschreibung der Modellvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnisse der empirischen Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Abschließende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mangelnde Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen als Benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

207 207 210 210 210 212 213 215 219 220 220 222 224 229 229 229 229 230 232 234 238 241 241 241 242 245 246 246

Inhaltsverzeichnis a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Motive der Arbeitnehmer für die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Motive der Arbeitgeber für das Interesse an Weiterbildung . . . . . . 2. Anwendungsmöglichkeiten von Diskriminierungs- und Benachteiligungstheorien auf Weiterbildungsteilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ableitung von Hypothesen zu den Determinanten von Weiterbildungsteilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Empirische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Spezifikation des ökonometrischen Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschreibung der Modellvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnisse der empirischen Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Abschließende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Überqualifikation und horizontaler Qualifikationsmismatch . . . . . . . . . . . 1. Überqualifikation und horizontaler Mismatch als Benachteiligung . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Motive der Arbeitnehmer für das Akzeptieren eines Qualifikationsmismatchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Motive der Arbeitgeber für den Einsatz inadäquat qualifizierter Beschäftigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendungsmöglichkeiten von Diskriminierungs- und Benachteiligungstheorien auf Überqualifikation und horizontalen Mismatch 3. Ableitung von Hypothesen zu den Determinanten eines Qualifikationsmismatchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Empirische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Spezifikation des ökonometrischen Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschreibung der Modellvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnisse der empirischen Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Abschließende Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Einkommensbenachteiligung von Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der klassische Indikator zur Messung von Benachteiligung . . . . . . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendungsmöglichkeiten von Diskriminierungs- und Benachteiligungstheorien auf Einkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ableitung von Hypothesen zu den Determinanten des Einkommens a) Klassische Determinanten des Einkommens: Die Mincer-Funktion und ihre Erweiterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Geschlecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Berufswahl und Segregation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Qualifikationsmismatch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Teilzeitbeschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11 246 248 250 252 256 259 259 262 263 270 270 270 270 272 276 278 282 285 285 287 289 293 295 296 296 296 298 303 303 305 306 308 309 310

12

Inhaltsverzeichnis g) Befristete Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Empirische Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Untersuchung der geschlechtsspezifischen Einkommenslücke . . . 2. Spezifikation des ökonometrischen Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beschreibung der Modellvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnisse der empirischen Analyse der Einkommensdeterminanten 5. Dekomposition der Einkommenslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ergebnisse der Dekomposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

312 312 312 315 317 319 326 330 334

Zusammenfassung und Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 Anhang 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 Anhang 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:

Erwerbstätigenquoten von Frauen und Männern im Vergleich

91

Abbildung 2:

Erwerbstätigenquoten von Frauen und Männern im Ost-WestVergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

Erwerbstätigenquoten von Frauen mit und ohne Partner bzw. Kinder im Haushalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

Abbildung 4:

Erwerbstätige nach der Stellung im Beruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

Abbildung 5:

Verteilung von weiblichen und männlichen Erwerbstätigen auf verschiedene Leistungsgruppen bei Arbeitern und Angestellten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

Abbildung 6:

Verteilung der weiblichen und männlichen Erwerbstätigen auf verschiedene Wirtschaftszweige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

Abbildung 7:

Verteilung der weiblichen und männlichen Erwerbstätigen auf verschiedene Unternehmensgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

Abbildung 8:

Verteilung der weiblichen Erwerbstätigen auf verschiedene Beschäftigungsarten nach Altersgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

Abbildung 9:

Verteilung der Frauen und Männer im erwerbsfähigen Alter auf verschiedene höchste Schul- und berufsbildende Abschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

Abbildung 3:

Abbildung 10: Anzahl der schulischen und beruflichen Ausbildungsjahre bei Männern und Frauen nach Altersgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Abbildung 11: Häufigkeitsverteilung der Anzahl der besuchten Weiterbildungskurse im Zeitraum 2001 bis Anfang 2004 bei männlichen und weiblichen Erwerbstätigen (logarithmierte Skala) . . . . . . . . 113 Abbildung 12: Durchschnittliche Einschätzungen zur Frage „Wie wahrscheinlich ist es, daß Sie in den nächsten zwei Jahren an einer Weiterbildungsmaßnahme teilnehmen?“ nach Altersgruppen . . . . . . 115 Abbildung 13: Verteilung der weiblichen und männlichen Erwerbstätigen auf Einkommensklassen (Bruttomonatsverdienste in Euro) . . . . . . . 120 Abbildung 14: Durchschnittliche Brutto-Stundenlöhne von Frauen und Männern sowie „Wahrscheinlichkeit einer außertariflichen Gehaltserhöhung in den nächsten zwei Jahren“ nach Altersgruppen . . 122 Abbildung 15: Arbeitszufriedenheit von Männern und Frauen während des Erwerbslebens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

14

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 16: „Sorgen um den Arbeitsplatz“ und „Wahrscheinlichkeit, in den nächsten zwei Jahren eine neue Stelle zu suchen“ bei Männern und Frauen im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Abbildung 17: Segregationskurve nach Berufsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 Abbildung 18: Segregationskurve nach Branchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Abbildung 19: Stilisierte Darstellung des Zusammenhangs zwischen GT, GB, CW und C0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Abbildung 20: Gegenseitige Einflußnahme der Indikatoren aufeinander . . . . . . 209

Tabellenverzeichnis Tabelle 1:

Erwerbstätigenquoten bei Frauen in Abhängigkeit vom Alter des jüngsten Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

Tabelle 2:

Arbeitslosenquoten in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

Tabelle 3:

Durchschnittliche Einschätzungen zur Frage „Wie wahrscheinlich ist es, daß Sie in den nächsten zwei Jahren Ihren Arbeitsplatz verlieren?“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

Tabelle 4:

Häufigste Berufsordnungen bei Frauen und Männern . . . . . . . . .

98

Tabelle 5:

Verteilung der weiblichen und männlichen Erwerbstätigen auf verschiedene Beschäftigungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

Tabelle 6:

Durchschnittliche vereinbarte, tatsächliche und gewünschte Wochenstunden bei erwerbstätigen Frauen und Männern (Vollzeit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

Tabelle 7:

Überstundenregelung bei weiblichen und männlichen in Vollzeit Erwerbstätigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

Tabelle 8:

Nebenberufliches Engagement und Mitgliedschaften bei weiblichen und männlichen Erwerbstätigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

Tabelle 9:

Befristung der Arbeitsverträge von Frauen und Männern und Zeitarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

Tabelle 10:

Noten des schulischen Abschlußzeugnisses bei Frauen und Männern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

Tabelle 11:

Weiterbildungsteilnahme von weiblichen und männlichen Erwerbstätigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

Tabelle 12:

Zuordnungsschema bezüglich unterwertiger Erwerbstätigkeit . . 117

Tabelle 13:

Vertikale Ausbildungsadäquanz der Erwerbstätigkeit von Frauen und Männern nach Qualifikationsniveau . . . . . . . . . . . . . 118

Tabelle 14:

Horizontale Ausbildungsadäquanz von Frauen und Männern . . 119

Tabelle 15:

Bruttostundenlöhne von weiblichen und männlichen Erwerbstätigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

Tabelle 16:

Einteilung der Berufe nach der Klassifikation des Statistischen Bundesamtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

Tabelle 17:

Die zehn am stärksten weiblich bzw. männlich dominierten Berufsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

16

Tabellenverzeichnis

Tabelle 18:

Die zehn am stärksten weiblich bzw. männlich dominierten Berufsgruppen mit ihrem jeweiligen Frauen-Männer-Verhältnis Fi /Mi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

Tabelle 19:

Klassifikation nach ISCO-88 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

Tabelle 20:

Berufshauptgruppen nach ISCO-88 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

Tabelle 21:

Die zehn am stärksten weiblich bzw. männlich dominierten Berufsgattungen nach ISCO-88 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

Tabelle 22:

Die zehn am stärksten weiblich bzw. männlich dominierten Branchen nach NACE mit ihrem jeweiligen Frauen-MännerVerhältnis Fi /Mi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

Tabelle 23:

Deskriptive Statistiken zu Determinanten von Frauen- und Männerberufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

Tabelle 24:

Dissimilaritätsindizes und Gini-Segregationsindizes für verschiedene Kriterien der Segregation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

Tabelle 25:

Dekomposition nach Berufsordnungen und -gruppen . . . . . . . . . . 173

Tabelle 26:

Dekomposition nach Berufsgruppen und Branchen . . . . . . . . . . . 177

Tabelle 27:

Umrechnung der Art des Schul- und Berufsabschlusses in Bildungsjahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199

Tabelle 28:

Determinanten der Berufswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

Tabelle 29:

Determinanten von Vollzeit-, Teilzeit- und geringfügiger Beschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226

Tabelle 30:

Determinanten befristeter Beschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244

Tabelle 31:

Determinanten von Weiterbildungsteilnahme – Probit-Modell . . 264

Tabelle 32:

Determinanten von Weiterbildungsteilnahme – Zero-inflated negative binomial regression-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266

Tabelle 33:

Determinanten von vertikalem und horizontalem Qualifikationsmismatch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290

Tabelle 34:

Determinanten der Erwerbsbeteiligung, 1. Stufe des Sampleselection-Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320

Tabelle 35:

Determinanten des Einkommens, Basismodell (nur HKVariablen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321

Tabelle 36:

Determinanten des Einkommens, erweitertes Modell . . . . . . . . . . 324

Tabelle 37:

Dekomposition der Einkommensdifferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332

Tabelle A1.1

Determinanten der Berufswahl (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345

Tabellenverzeichnis

17

Tabelle A1.2:

Determinanten von Vollzeit-, Teilzeit- und geringfügiger Beschäftigung (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze) . . . . . . . 346

Tabelle A1.3:

Determinanten befristeter Beschäftigung (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347

Tabelle A1.4:

Determinanten von Weiterbildungsteilnahme (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348

Tabelle A1.5:

Determinanten von vertikalem und horizontalem Qualifikationsmismatch (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze) . . . . . . . 349

Tabelle A1.6:

Determinanten der Erwerbsbeteiligung (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351

Tabelle A1.7:

Determinanten des Einkommens, Basismodell (nur HKVariablen) (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze) . . . . . . . . . . 351

Tabelle A1.8:

Determinanten des Einkommens, erweitertes Modell (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352

Tabelle A1.9:

Determinanten der Erwerbsbeteiligung (Frauen- und Männerberufe) (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze) . . . . . . 353

Tabelle A1.10: Determinanten des Einkommens, erweitertes Modell (Frauenund Männerberufe) (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze) . . 354 Tabelle A2.1:

Determinanten der Erwerbsbeteiligung, 1. Stufe des Sampleselection-Modells (getrennt nach Personen in Frauen- bzw. Männerberufen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355

Tabelle A2.2:

Determinanten des Einkommens, 2. Stufe des Sampleselection-Modells, erweitertes Modell (getrennt nach Personen in Frauen- bzw. Männerberufen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356

Einführung und Zielsetzung Das Thema „Frauen am Arbeitsmarkt“ weckt bei vielen Menschen die Assoziation des „Andersseins“, denn Frauen arbeiten seltener als Männer dauerhaft in einem sogenannten „Normalarbeitsverhältnis“: Sie unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit wegen Kindererziehungszeiten, sie arbeiten häufig in Teilzeit- oder geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen und haben schlechtere Aufstiegschancen. Unternehmen, in denen vorwiegend Frauen arbeiten, unterscheiden sich in ihrer Größe und ihrem Betätigungsfeld von typischen Männerunternehmen. Nicht zuletzt wählen Frauen typischerweise andere Berufe als Männer. Das alles kann zu schlechteren Chancen auf dem Arbeitsmarkt und schließlich zu einem geringeren Einkommen als dem der männlichen Erwerbstätigen führen. Wenn man nach den Gründen für all diese Benachteiligungen sucht, stößt man auf sehr unterschiedliche Aspekte. Selbst wenn Benachteiligungen objektiv feststellbar sind, so müssen sie nicht notwendigerweise auf Diskriminierung durch Arbeitgeber, Kollegen oder Institutionen am Arbeitsmarkt zurückzuführen sein. Zudem muß Diskriminierung nicht unbedingt gewollt sein. Vielmehr selektieren Frauen sich in vielerlei Hinsicht selbst in bestimmte Richtungen, wenn auch vielfach ein immer noch festes Rollenverständnis von Frauen und Männern in der Gesellschaft die Ursache davon ist, man also strukturelle Diskriminierung in Betracht ziehen könnte. So fühlen sich viele Frauen weitgehend oder sogar allein für die Erziehung der Kinder zuständig, oder aber sie werden von anderen Personen dafür verantwortlich gemacht. Ein weiteres wichtiges Beispiel, dem in dieser Arbeit besonderes Augenmerk zugewendet werden soll, stellt die Berufswahl dar. Vermutlich findet auch diese Entscheidung immer noch unter einigen Restriktionen statt: Eltern beeinflussen ihre Kinder, und diese schränken sich selbst bei ihrer Wahl ein, weil sie ihr eigenes zukünftiges Verhalten und das der potentiellen Arbeitgeber antizipieren. Andererseits gibt es heutzutage aber so gut wie keine echten geschlechtsspezifischen Schranken mehr bei der Berufswahl, so daß Jugendliche, wenn sie genügend Mut und Initiative aufbringen, durchaus einen für ihr Geschlecht untypischen Beruf erlernen können. Wenn typische „Frauenberufe“ identifiziert werden können, dann kann untersucht werden, ob Frauen (oder auch Männer) in diesen Berufen bestimmten Nachteilen ausgesetzt sind, was darauf hindeuten würde, daß das

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Einführung und Zielsetzung

unterschiedliche Berufswahlverhalten zu weiteren Unterschieden führen kann. Dies wirft aber auch die Frage auf, wie es Männern in typischen Frauenberufen ergeht: Werden sie in diesen Berufen genauso behandelt wie Frauen, so deutet dies darauf hin, daß zumindest teilweise der Einfluß des „Geschlechts“ des Berufes, d. h. des innerhalb dieses Berufes vorherrschenden natürlichen Geschlechts, den Einfluß des natürlichen Geschlechts auf verschiedene Benachteiligungsmechanismen dominiert. Aus diesem Grund wird im Verlauf dieser Arbeit nicht nur unterschieden zwischen den beiden Geschlechtern, sondern auch zwischen Personen in Männer- und in Frauenberufen, da hierdurch das natürliche Geschlecht in den Hintergrund treten kann und die mutmaßlich unterschiedlichen Präferenzen oder Fähigkeiten von Personen in Männer- und in Frauenberufen hervorgehoben werden können. Die Zuordnung der Personen zu den beiden Berufsgruppen kann nämlich selbst auch als grobe Identifikation der Präferenzen und Fähigkeiten der Personen herangezogen werden, unabhängig davon, ob diese angeboren oder durch Sozialisation angeeignet sind. Die Statistik zeigt1, daß Männerberufe ein höheres Durchschnittseinkommen aufweisen, während Frauenberufe häufig soziale Berufe sind, bei denen vermutet werden kann, daß man sie nicht in erster Linie wegen des Einkommens, sondern eher aus anderen Gründen ergreift. Das höhere Durchschnittseinkommen in Männerberufen kann zum einen eine Diskriminierung von Frauen mit dementsprechend niedrigerem Einkommensniveau in Frauenberufen zur Ursache haben, denn Frauenberufe werden definitionsgemäß von Frauen dominiert. Zum anderen ist aber auch eine Art Kompensation härterer Arbeitsbedingungen, höherer Verantwortung etc. durch einen Lohnaufschlag in Männerberufen denkbar, was im Umkehrschluß bedeutet, daß Frauenberufe andere Vorteile, wie z. B. Flexibilität, geringere körperliche Belastung oder eine „erfüllende“ soziale Komponente, aufweisen, die das geringere Lohnniveau in gewisser Weise rechtfertigen und ebenfalls kompensieren. Im ökonomischen Zusammenhang heißt das, daß die monetäre Orientierung zwischen den Geschlechtern oder Angehörigen der beiden Berufsgruppen unterschiedlich stark sein kann, was aber trotzdem keinen Widerspruch zum rationalen Verhalten gemäß der Präferenzen darstellen muß, da sich diese eben unterscheiden. Um diesen möglicherweise unterschiedlichen Präferenzen gerecht werden und sie ggf. indirekt überprüfen zu können, soll in dieser Arbeit nicht nur das Einkommen als Benachteiligungsindikator herangezogen werden, da dieses Merkmal zu eindimensional wäre und die Benachteiligung auf diese Art möglicherweise sogar überschätzt werden könnte, falls das Einkommen bei manchen Personen nur eine untergeordnete Rolle spielt. Das Ziel dieser Arbeit ist demnach, die Basis für die Messung von Benachteiligung auf an1

Vgl. Anhang 1, Tabelle A1.10.

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dere Indikatoren neben dem Einkommen auszuweiten und des weiteren zu überprüfen, ob die Berufswahl einen Einfluß auf die Benachteiligung, gemessen nach jedem einzelnen Indikator, ausübt. Bei diesen Indikatoren handelt es sich um die unterschiedliche Berufswahl selbst, die Verteilung von Männern und Frauen auf Teilzeit- bzw. geringfügige und Vollzeitbeschäftigungsverhältnisse, um die Befristung ihrer Arbeitsverträge, um die unterschiedliche Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen sowie um das Risiko, überqualifiziert oder nicht im ursprünglich erlernten Beruf tätig zu sein. Eine Benachteiligung nach einem Indikator kann zwar entweder im positiven Sinne auf eine freie Wahl der erwerbstätigen Person zurückgeführt werden (z. B. Teilzeit) oder im negativen Sinne eine durch den Erwerbstätigen ungewollte Benachteiligung, z. B. als Folge einer Einschränkung der Wahlmöglichkeiten durch den Arbeitgeber, darstellen. Sowohl positive als auch negative Ursachen wirken sich aber vermutlich dahingehend aus, daß diese Benachteiligung wiederum das Einkommen schmälert. Bei einer positiven Ursache könnte die Einkommenseinbuße eine Kompensation für die vordergründigen Vorteile darstellen, eine negative Ursache hingegen bedeutet doppelte Benachteiligung, möglicherweise sogar echte Diskriminierung. In dieser Arbeit soll der gegenseitige positive oder negative Einfluß der Benachteiligungsindikatoren aufeinander empirisch herausgearbeitet werden, so daß die Folgen von individuellen Entscheidungen hinsichtlich der Beschäftigungssituation transparent werden. Die Basis der herkömmlichen Diskriminierungsforschung soll in dieser Arbeit jedoch nicht nur in der Weise ausgeweitet werden, daß neben dem Einkommen auch andere Benachteiligungsindikatoren beleuchtet werden. Vielmehr soll auch auf eine weitere Ebene hingewiesen werden: Akzeptiert man den Einfluß unterschiedlicher Präferenzen als Ursache von Benachteiligung, so stellt sich geradezu zwangsläufig die weitere Frage, ob die vordergründige, vermeintlich objektive Benachteiligung, die von den Indikatoren widergespiegelt wird, auch immer auf der subjektiven Ebene des einzelnen Individuums eine Benachteiligung darstellen muß. Läßt man auch nicht-ökonomische, aber dennoch rationale Präferenzen zu, so besteht die Möglichkeit, daß selbst eine Person, die objektiv nach mehreren Indikatoren benachteiligt ist, sich nach ihrem eigenen subjektiven Maßstab nicht benachteiligt fühlt, weil sie ihre Beschäftigungssituation freiwillig so gewählt hat. Dieser subjektive, bei jeder Person unterschiedlich ausgestaltete Maßstab bildet einen höheren und vielleicht passenderen Ansatzpunkt zur Beurteilung von Benachteiligung ab als objektive Maßstäbe. Es versteht sich von selbst, daß, damit jedoch individuell eine subjektive Beurteilung der Beschäftigungssituation unverfälscht stattfinden kann, zum einen eine freie Wahl der Beschäftigungssituation und des Berufs gewähr-

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leistet sein muß; zum anderen müssen die Folgen individueller Entscheidungen hinsichtlich der eigenen Beschäftigungssituation offengelegt sein. Da zudem ein Meßproblem auf der subjektiven Ebene besteht, beschränkt sich diese Arbeit in ihrem empirischen Teil auf die Ausweitung der Messung der objektiven Benachteiligung mittels alternativer Indikatoren. Diese Arbeit gliedert sich wie folgt: Im anschließenden theoretischen Kapitel A. werden zunächst verschiedene Diskriminierungsbegriffe vorgestellt, und es soll erklärt werden, warum nicht jede Benachteiligung auch Diskriminierung darstellt und warum die Grenze zwischen beiden fließend ist. Auf eine kurze Darstellung des Arbeitsmarktes in der allgemeinen Gleichgewichtstheorie folgen verschiedene ökonomische Ansätze, die Benachteiligung ganz allgemein erklären sollen und die jeweils einzelnen Annahmen des Gleichgewichtsmodells in Frage stellen, da nach diesem Modell Diskriminierung langfristig nicht möglich ist. Das Unterkapitel wird ergänzt um eines, das verschiedene nicht-ökonomische Ansätze zur Erklärung von Benachteiligung vorstellt. Noch im selben Kapitel folgt eine deskriptive Statistik, die den auch später verwendeten Datensatz des Sozio-oekonomischen Panels von 2003 und 2004 untersucht hinsichtlich der Unterschiede bei Frauen und Männern in bezug auf Erwerbsbeteiligung, Arbeitslosigkeit, arbeitsplatzbezogene Merkmale, Bildungsmerkmale, Einkommenssituation und Arbeitszufriedenheit. Mit Segregation und Berufsfindung beschäftigt sich Kapitel B. Es werden arbeitsangebots- und -nachfrageseitige Erklärungen für die sogenannte berufsspezifische Segregation präsentiert; typische Eigenschaften von Frauenberufen werden abgeleitet. Die Herleitung und Berechnung verschiedener Segregationsindizes für Deutschland belegen dann u. a., daß der Arbeitsmarkt in Deutschland so stark segregiert ist, daß eine Einteilung der Berufe in Frauen- und Männerberufe durchaus sinnvoll sein kann. Es schließen sich theoretische Überlegungen zum Berufsfindungsprozeß von Jugendlichen an, die überleiten zu einem empirischen Modell, mit dem anhand von Einflußfaktoren aus Schule, Elternhaus und Umgebung die Wahl zwischen einem Frauen- und einem Männerberuf erklärt werden soll. Kapitel C. beschäftigt sich mit den vier alternativen Benachteiligungsindikatoren. Jedes der vier Unterkapitel geht zunächst darauf ein, warum das jeweilige Merkmal als Benachteiligungsindikator geeignet ist, und nennt Motive, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber dazu bewegen, eine solche Benachteiligung zu akzeptieren oder gar zu wünschen. Die in Kapitel A. vorgestellten Theorien werden jeweils dahingehend überprüft, ob sie zur Erklärung von Benachteiligung nach dem jeweiligen Indikator geeignet sind oder möglicherweise abgewandelt oder ergänzt werden müssen. Es werden Hypothesen zu den Determinanten des jeweiligen Indikators in Form der

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anderen Indikatoren, des Geschlechts und der Berufswahl aufgestellt. Anhand ökonometrischer Modelle werden diese Hypothesen dann empirisch überprüft. Der in anderen Studien am häufigsten verwendete Indikator „Einkommen“ wird in Kapitel D. untersucht. Auch hier gehen der empirischen Analyse die theoretische Prüfung der Anwendungsmöglichkeit der Benachteiligungstheorien sowie die Aufstellung von Hypothesen voraus. Die Einkommensregression berücksichtigt eine mögliche Selektionsverzerrung der Gruppe der Erwerbstätigen, insbesondere der weiblichen, mit Hilfe einer sogenannten Heckman-Korrektur. Sodann erfolgt eine Dekomposition der Einkommensdifferenz zwischen Frauen und Männern insgesamt sowie getrennt für Frauen- und für Männerberufe, um den erklärten, auf eine unterschiedliche Ausprägung verschiedener Merkmale (z. B. Berufswahl) zurückzuführenden Teil und den unerklärten, auf Diskriminierung zurückzuführenden Teil zu ermitteln. Es werden relativ viele Merkmale, die von den Individuen beeinflußbar sind, in die Analyse einbezogen, was den unerklärten Anteil der Einkommensdifferenz tendenziell verringert. Den Abschluß bilden die Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse und die Beurteilung der Einflußmöglichkeiten der Frauen auf ihre eigene Situation. Hierbei wird auch Stellung zu verschiedenen Ansätzen zur Förderung von Frauen bezogen. Plädiert wird insgesamt für eine Stärkung des Verantwortungsbewußtseins und der Eigeninitiative von Frauen und gegen eine generelle und unreflektierte Gleichbehandlung um ihrer selbst willen.

A. Benachteiligung von Frauen: Theoretische Ansatzpunkte und Bestandsaufnahme I. Die Bandbreite zwischen Diskriminierung und Benachteiligung 1. Der Begriff der Diskriminierung In der Literatur finden sich viele unterschiedliche Arten, den Begriff Diskriminierung zu definieren. Dabei wird der Begriff sowohl auf offene, direkte Formen der Diskriminierung angewandt als auch auf beobachtbare Unterschiede zwischen Frauen und Männern, die sehr unterschiedliche Ursachen haben können. Es soll zunächst geklärt werden, was der Begriff der Diskriminierung im Kern bedeutet und wie man unterschiedliche Arten, die teilweise unterschiedliche Ursachen haben, mit verschiedenen Begriffen belegen kann. Der Ursprung des Wortes Diskriminierung liegt im lateinischen Wort discriminare: trennen, scheiden. Im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch wird Diskriminierung als negativ angesehen, da es die Ungleichbehandlung durch Benachteiligung einzelner Personen oder Gruppen beschreibt.1 Ungleichbehandlung an sich bedeutet aber noch nicht notwendigerweise Diskriminierung, da nur dann von Diskriminierung die Rede sein kann, wenn die Differenzierung nicht aufgrund von sachlich gerechtfertigten, sondern aufgrund von willkürlichen Entscheidungen hervorgerufen wird. Dabei muß berücksichtigt werden, daß das Wertesystem festlegt, was sachlich gerechtfertigt und was willkürlich ist. Im deutschen Grundgesetz ist ein Anspruch auf Gleichberechtigung für Frauen und Männer verankert2, was bedeutet, daß eine Unterscheidung nach dem Geschlecht willkürlich wäre. Allerdings ist offen, ob für diesen Anspruch ein Diskriminierungsverbot ausreichend ist oder ob nicht die Durchsetzung faktischer Gleichberechtigung durch den Staat durch geeignete aktive Maßnahmen gefordert wird, wie es in der 1

Becker (1957) berücksichtigt auch Nepotismus, d. h. die Bevorzugung bestimmter Personen oder Gruppen, als positive Form der Diskriminierung, weil dies impliziert, daß nicht privilegierte Personen benachteiligt werden. 2 „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ [Art. 3 Abs. 2 GG].

I. Die Bandbreite zwischen Diskriminierung und Benachteiligung

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UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau vom 18. Dezember 1979 postuliert wurde.3 Begrifflich kann zunächst zwischen offener und versteckter Diskriminierung unterschieden werden, wobei bei beiden angenommen wird, daß es sich hier um willkürliche Diskriminierung handelt. Offene Diskriminierung äußert sich in Handlungen und Worten, die offen zutage treten, wie z. B. Verleumdungen und Belästigungen. Versteckte Diskriminierung hingegen ist nicht sofort erkennbar und eher unterschwellig, z. B. mittels doppeldeutiger Sprache. Weiterhin kann man zwischen mittelbarer (indirekter) und unmittelbarer (direkter) Diskriminierung unterscheiden. Direkte Diskriminierung liegt immer dann vor, wenn eine Vereinbarung oder eine Maßnahme so ausgestaltet ist, daß sie nur von einem Mann oder einer Frau erfüllt werden kann. Diese Art der Diskriminierung ist bis auf wenige Ausnahmen gesetzlich verboten.4 Indirekte Diskriminierung hingegen liegt vor, wenn eine ihrem Wortlaut nach geschlechtsneutrale Vorschrift ein Kriterium enthält, das tatsächlich für ein Geschlecht eine unverhältnismäßig nachteilige Wirkung hat, ohne daß dies zwingend gerechtfertigt ist.5 Daneben kann man zwischen echter und unechter Diskriminierung6 unterscheiden. Den Begriff „echt“ kann man zum einen dahingehend deuten, daß diese Art der Diskriminierung auf Vorurteilen beruht und willkürlich (im Gegensatz zu sachlich gerechtfertigt) ist. Zum anderen kann „echt“ auch einen Schritt weiter gehen und bedeuten, daß ganz bewußt und willentlich diskriminiert wird. Unechte Diskriminierung hingegen entsteht aus dem rationalen Gewinnma3 „Die Vertragsparteien treffen alle geeigneten Maßnahmen, um einen Wandel in den sozialen und kulturellen Verhaltensmustern von Mann und Frau zu bewirken, um so zur Beseitigung von Vorurteilen sowie von herkömmlichen und allen sonstigen auf der Vorstellung von der Unterlegenheit oder Überlegenheit des einen oder anderen Geschlechts oder der stereotypen Rollenverteilung von Mann und Frau beruhenden Praktiken zu gelangen.“ [Art. 5a, BGBI 1985 II, 648]. 4 „Der Arbeitnehmer darf einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme, insbesondere bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses, beim beruflichen Aufstieg, bei einer Weisung oder einer Kündigung, nicht wegen seines Geschlechts benachteiligen. Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts ist jedoch zulässig, soweit eine Vereinbarung oder eine Maßnahme die Art der vom Arbeitnehmer auszuübenden Tätigkeit zum Gegenstand hat und ein bestimmtes Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für diese Tätigkeit ist. Wenn im Streitfall der Arbeitnehmer Tatsachen glaubhaft macht, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, daß nicht auf das Geschlecht bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen oder das Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist.“ [§ 611a (1) BGB]. 5 Ein Beispiel wäre die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten. 6 Vgl. Kapphan (1994), S. 42–44 und S. 163.

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A. Benachteiligung von Frauen

ximierungskalkül der Unternehmen und ist durch Kostenunterschiede zwischen Arbeitnehmergruppen oder einzelnen Beschäftigten begründet. Der Unternehmer diskriminiert daher mit sachlich gerechtfertigtem Grund und nach rationaler Überlegung zwischen Gruppen. Damit verwandt ist der Begriff der ökonomischen Diskriminierung7, bei der Gruppen mit durchschnittlich gleichen Ausgangsvoraussetzungen für produktive Fähigkeiten nicht durchschnittlich gleich hoch entlohnt werden. Wenn also einige Frauen diskriminiert, andere aber bevorzugt werden, dann liegt für die gesamte Gruppe der Frauen keine Diskriminierung vor. Wenn hingegen im Durchschnitt Frauen schlechter gestellt sind als Männer, obwohl sie die gleichen Voraussetzungen aufweisen, dann liegt ökonomische Diskriminierung vor. Ebenfalls über Gruppenunterschiede läßt sich der Begriff der statistischen Diskriminierung8 herleiten: Aufgrund asymmetrischer Informationsverteilungen auf dem Arbeitsmarkt werden Arbeitnehmer infolge der mangelnden Beobachtbarkeit ihrer individuellen Eigenschaften auf Grundlage der statistischen Daten über die Gesamtheit der Gruppe, der sie angehören, beurteilt. Lechner (1998, S. 14 f.) entwickelt die Unterscheidung zwischen individueller und struktureller Diskriminierung. Erstere „besteht in der aktiven Handlung einer Person oder Institution, oder im Inhalt einer Regelung, durch die jemand aufgrund von für eine sachliche Entscheidung nicht relevanten Gegebenheiten im Vergleich zu Dritten zurückgesetzt, abgelehnt oder sonstwie benachteiligt wird“.9 Im Gegensatz zur aktiven Handlung einer Person besteht die strukturelle Diskriminierung in der „Einschränkung von Chancen und Wahlmöglichkeiten von Angehörigen einer Bevölkerungsgruppe, die durch gesamtgesellschaftliche Strukturmerkmale und deren Wechselwirkung mit dem Arbeitsmarkt bedingt ist“. Hier spielt also die Unterscheidung in Mikro- und Makroebene eine Rolle. Immer wenn sich Diskriminierungssituationen aufgrund von FeedbackEffekten verfestigen und nur sehr schwer abbauen lassen, spricht man von institutioneller Diskriminierung10. Wenn Frauen beispielsweise auf (vermeintlich) schlechtere Chancen am Arbeitsmarkt durch verringerte Investitionen in Humankapital reagieren, dann sinkt ihre Durchschnittsproduktivität aufgrund einer self-fulfilling prophecy.

7

Vgl. Lundberg/Startz (1983). Siehe Kap. A.III.5.a) für detailliertere Erklärungen. 9 Kursive Stellen auch im Original. 10 Vgl. Blau et al. (1998a). 8

I. Die Bandbreite zwischen Diskriminierung und Benachteiligung

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2. Formen der Diskriminierung von Arbeitskräften Spezielle Diskriminierungsarten, die sich nur auf die Benachteiligung von Arbeitskräften beziehen, lassen sich danach unterscheiden, ob sie auf heterogene oder homogene Arbeitskräfte anzuwenden sind. Wenn von homogenen Arbeitskräften ausgegangen wird, kann Lohndiskriminierung (i. e. S.)11 existieren, und zwar dann, wenn eine Gruppe von Arbeitskräften bei gleicher Produktivität und Verrichtung der gleichen Arbeit geringer entlohnt wird als eine andere. Diese Art der Diskriminierung ist nur auf homogenen Teilarbeitsmärkten möglich und kann auch eine Konsequenz von Konsumentenverhalten bzgl. angebotener Güter oder Dienstleistungen darstellen. Eine weitere Form stellt die Arbeitsplatzdiskriminierung12 dar. Sie liegt vor, wenn einer Gruppe von Personen trotz gleicher Qualifikation und trotz gleichen Arbeitsangebotsverhaltens der Zugang zu bestimmten Arbeitsplätzen nicht möglich oder erschwert ist. Auch hier sind homogene Teilarbeitsmärkte mit jeweils der gleichen Art von Arbeitsplätzen Voraussetzung. Wenn Mobilitätsbarrieren zwischen Teilarbeitsmärkten nicht nur aufgrund der Qualifikation bestehen, kann dies häufig mit der Segmentationstheorie begründet werden.13 Zur Arbeitsplatzdiskriminierung lassen sich auch Einstellungs-, Beschäftigungs- und Aufstiegsdiskriminierung14 zählen. Diese Arten beziehen sich auf sachlich nicht begründbare schlechtere Einstellungschancen, systematisch geringwertigere Arbeitsplätze oder geringere Weiterbildungsmöglichkeiten für bestimmte Gruppen. In der Folge können segmentierte Arbeitsmärkte entstehen, was zu branchen- und berufsmäßiger Segregation führen kann.15 Bei heterogenen Arbeitskräften liegt Lohndiskriminierung (i. w. S.)16 vor, wenn sich Arbeitskräfte in ihrer Produktivität unterscheiden, die Lohndifferenz zweier Arbeitskräfte bei der gleichen Arbeitsart aber nicht ihrer Produktivitätsdifferenz entspricht. Heterogene Arbeitskräfte können auch aufgrund statistischer Diskriminierung innerhalb ihrer Gruppe ungerechtfertigterweise gleich behandelt und somit diskriminiert werden.

11

Vgl. Lechner (1998), S. 23. Vgl. Lechner (1998), S. 24. Cain (1986), S. 700, macht deutlich, daß sich die Untersuchung von Lohndifferenzen auf „wage discrimination“ bezieht, während Segregation im Zusammenhang mit „employment discrimination“ steht. 13 Vgl. Kap. A.IV.1. 14 Vgl. Kapphan (1994), S. 40 f. 15 Vgl. Kap. B. 16 Vgl. Lechner (1998), S. 24. 12

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A. Benachteiligung von Frauen

3. Pre- und Post-market-Diskriminierung Die beiden im folgenden behandelten Formen von Diskriminierung finden nicht, wie im vorangegangenen Abschnitt beschrieben, direkt auf dem Arbeitsmarkt statt, sondern vor bzw. nach der Berufstätigkeit.17 Pre-market-Diskriminierung bezieht sich zu einem großen Teil auf strukturelle Diskriminierung. Vor allem durch gesellschaftliche Rahmenbedingungen wie Schule, Wohngegend, Schicht, Familie und vorgelebte Rollenmuster antizipieren junge Frauen vor Eintritt in den Arbeitsmarkt ihre Chancen und investieren dementsprechend in ihr Humankapital. Diese Tendenzen sind selbstverstärkend und können zur Persistenz führen. So bestimmen die schulische Ausbildung und die individuelle schulische Leistung weitgehend die späteren Möglichkeiten der Berufswahl, den Zugang zu Arbeitsplätzen und Weiterbildung und die individuelle Produktivität. Diese Faktoren werden ebenfalls beeinflußt von sozialen und kulturellen Vorbehalten gegenüber Mädchen in bestimmten Berufen sowie durch geschlechtsspezifische Vermittlung von formellen und informellen Qualifikationen in Schule und Elternhaus. Außerdem fehlen vielfach erfolgreiche Vorbilder. Mädchen und Frauen antizipieren Diskriminierung, tätigen Vorüberlegungen zu Vereinbarungsmöglichkeiten von Familie und Beruf und entscheiden und investieren dementsprechend. Die Folge davon sind häufig self-fulfilling prophecies, d. h. durch mehr oder weniger honoriertes Humankapital in Verbindung mit statistischer Diskriminierung schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Somit gehen angebots- und nachfrageseitige Gründe ineinander über und beeinflussen sich gegenseitig. Post-market-Diskriminierung hingegen spielt sich nach dem Arbeitsleben ab. Diese eher selten erwähnte Form bezieht sich hauptsächlich auf Benachteiligungen von Frauen hinsichtlich Sozialversicherungsleistungen wie Rentenzahlungen, die an das vorherige Einkommen und die Beitragszeiten gekoppelt sind. Hier werden Frauen doppelt gestraft, wenn sie schon im Arbeitsleben wenig verdient und Unterbrechungen im Arbeitsleben aufzuweisen haben. Zum Bereich der Post-market-Diskriminierung zählen aber auch die ungleiche Besteuerung gleicher Arbeitseinkommen (Splitting-Verfahren) und die unterschiedlichen Sozialversicherungsbeiträge (Wirkung der Beitragsbemessungsgrenze).

17 Vgl. Lechner (1998), S. 27 ff., Kapphan (1995), S. 39–44. Sloane (1985), S. 90 f., unterscheidet ganz ähnlich zwischen „pre-entry discrimination“ und „postentry discrimination“, blendet dabei aber eine mögliche Diskriminierung nach der Berufstätigkeit aus.

I. Die Bandbreite zwischen Diskriminierung und Benachteiligung

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4. Diskriminierung oder Benachteiligung? Im allgemeinen Sprachgebrauch wird gelegentlich der Eindruck erweckt, daß der Begriff Diskriminierung inflationär gebraucht wird, da er manchmal einfach gleichgesetzt wird mit Ungleichheit. Ungleichheit zwischen zwei Gruppen bedeutet immer eine Benachteiligung, d. h. eine objektive Schlechterstellung, einer der Gruppen, zumindest was den Maßstab betrifft, auf den sich die Ungleichheit bezieht. Ob dieser Maßstab hingegen geeignet ist, auf eine generelle Benachteilung dieser Gruppe zu schließen, ist eine andere Frage. Außerdem bedeutet eine Benachteiligung noch nicht zwangsläufig Diskriminierung, da für Benachteiligungen unterschiedliche Ursachen in Frage kommen. Diese Arbeit möchte keine Grenze festsetzen, bei welchen Tatbeständen es sich um Diskriminierung handelt und bei welchen nicht mehr. Es soll nur die Bandbreite verdeutlicht werden, mit der sich die Diskriminierungsforschung beschäftigt. Es läßt sich sicherlich übereinstimmend feststellen, daß offene und echte Diskriminierung ihren Namen verdient hat. Schwieriger wird es schon bei dem Dilemma, dem Unternehmer gegenüberstehen: Selbst wenn sie sich streng gegen jegliche Art von Diskriminierung aussprechen, so sind sie doch nicht immer gegen statistische Diskriminierung – z. B. bei Einstellungen – gefeit, wenn sie hierbei rational im Sinne von gewinnmaximierend handeln wollen. Der Begriff der Diskriminierung kann selbstverständlich auch hier zur Anwendung kommen, es muß aber betont werden, daß ein solches Verhalten nichts mit Willkür zu tun haben muß. Ebenso gibt es beispielsweise für Lohnunterschiede bei homogenen Arbeitskräften andere Gründe als echte Diskriminierung. Fraglich ist auch die Anwendung des Begriffs auf verfestigte Strukturen in der Gesellschaft, die Frauen in ihrer Berufswahl und bei ihrem Arbeitsangebotsverhalten beeinflussen können. Auch hier wird selten bewußt diskriminiert, vielmehr wird einfach nichts gegen die Persistenz unternommen. Wichtiger ist es zu sehen, daß sich Frauen in dieser Situation – auch wenn dabei häufig Geduld und Durchsetzungsvermögen gefragt sind – durchaus nicht selten selbst helfen können, was bei echter Diskriminierung, die z. B. auf Vorurteilen basieren kann, nicht so leicht möglich ist. Man kann also selten einfach unterscheiden, ob Diskriminierung vorliegt oder nicht; vielmehr gibt es eine große Bandbreite, in der Frauen aus den unterschiedlichsten Gründen Nachteilen ausgesetzt sind, die man entweder mehr oder weniger als Diskriminierung bezeichnen sollte. Dabei spielt auch eine Rolle, ob man Frauen als aktiv handelnde Individuen ansieht, die bewußt reagieren können, denn viele Benachteiligungen werden von den Frauen durch ihre Reaktion auf (mögliche oder vermeintliche) Diskriminierung selbst verstärkt. Ob man althergebrachte Strukturen, die Frauen beeinflussen können, als Diskriminierung bezeichnet, ist diskussionswürdig.

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A. Benachteiligung von Frauen

Dadurch, daß Frauen sich durch sie häufig nicht frei in ihren Entscheidungen fühlen, sind sie sicherlich benachteiligt. Ob dies aber eine systematische Benachteiligung der Frauen durch die Gesellschaft darstellt, ist fraglich, gerade weil die Frauen ihre Situation faktisch doch weitgehend selbst bestimmen können und der Begriff Diskriminierung vielfach „passive Opfer“ impliziert. In dieser Arbeit soll in vielen Punkten dem Leser überlassen werden, inwieweit Benachteiligungen als Diskriminierung bezeichnet werden können. Es soll vielmehr untersucht werden, welche Benachteiligungsfaktoren am ehesten von Frauen durchbrochen werden können. Dies müssen demnach solche sein, bei denen Frauen am ehesten selbst über ihre Situation entscheiden können, selbst wenn sie evtl. durch Diskriminierung vorgeprägt sind. Im folgenden wird eine Bandbreite an Theorien vorgestellt, die begründen, warum Frauen und Männer auf dem Arbeitsmarkt unterschiedlich behandelt werden oder handeln. Auch mit diesen Theorien läßt sich begründen, warum manche Forscher mehr und manche eher weniger von Diskriminierung sprechen, je nachdem, welchen Theorien man den Vorzug gibt und ob man das zwar beeinflußte, aber aktive Handeln von Frauen als Diskriminierung bezeichnet.

II. Der Arbeitsmarkt in der allgemeinen Gleichgewichtstheorie Um die nachfolgend dargestellten Theorien zur Erklärung von Frauenbenachteiligung richtig in den ökonomischen Zusammenhang einordnen zu können, soll zunächst kurz der Arbeitsmarkt in der allgemeinen Gleichgewichtstheorie der Neoklassik dargestellt werden. Im Prinzip lassen sich alle Fragestellungen der Neoklassik auf das Allokations- sowie das Optimierungsproblem zurückführen, d. h. auf die Frage, wie knappe Ressourcen ökonomisch am effizientesten eingesetzt werden können und wie der Nutzen der Konsumenten maximiert werden kann. Sind beide Probleme gelöst, so hat kein Wirtschaftssubjekt mehr einen Anreiz, eine Veränderung anzustreben. Die Gleichgewichtstheorie zeigt die Anpassungsmechanismen auf und leitet die Gleichgewichtsbedingungen ab. Die allgemeine Gleichgewichtstheorie geht u. a. von folgenden Annahmen aus: Die Produzenten auf der einen Seite streben Gewinnmaximierung an, während die Konsumenten auf der anderen Seite nach Nutzenmaximierung streben. Beide Akteure handeln simultan, und die Analyse ist statisch, d. h. daß u. a. die Präferenzordnung der Konsumenten sowie die Produktionsund Konsummengen konstant sind. Es herrscht vollkommene Information und vollständige Konkurrenz, so daß kein Marktteilnehmer durch seine

II. Der Arbeitsmarkt in der allgemeinen Gleichgewichtstheorie

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Aktionen die herrschenden Löhne und Preise verändern kann. Jedes Unternehmen kann zum gegebenen Marktpreis seine Produktion vollständig absetzen. Makroökonomisch werden drei Märkte unterschieden, die interdependent sind und durch simultane Aktionen im Gleichgewicht gehalten werden bzw. bei exogenen Störungen wieder zum Gleichgewicht geführt werden. Auf dem Kapitalmarkt wird das Gleichgewicht zwischen Investitionen und Sparen durch den Zinsmechanismus hergestellt. Auf dem Gütermarkt stellt das Say’sche Gesetz das Gleichgewicht sicher, d. h. jede Produktion schafft sich ihre Nachfrage selbst. Dies ist genau dann der Fall, wenn das Geldeinkommen übereinstimmt mit dem Wert der Produktion sowie den Konsumausgaben, wenn also alle Ersparnisse vollständig und sofort wieder investiert werden. Auf dem Arbeitsmarkt schließlich herrscht Gleichgewicht bei Vollbeschäftigung18, wobei sich die Arbeitsnachfrage an der Grenzproduktivität orientiert und das Arbeitsangebot dem Grenznutzentheorem folgt. Das Grenzproduktivitätstheorem ergibt sich aus der Annahme gewinnmaximierenden Verhaltens. Die Arbeitsnachfrage hängt demnach nicht nur von den Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch von den Absatzmöglichkeiten der erzeugten Produkte ab. Durch die Annahme der vollständigen Konkurrenz, nach der Löhne und Preise für die einzelnen Unternehmen feststehen, reduziert sich die Produktionsentscheidung des Unternehmens auf die Produktionsmenge und die Arbeitskräftenachfrage in Abhängigkeit vom Lohnsatz und vom Verlauf der Produktionsfunktion. Bei gegebener Kapitalausstattung erhöht sich durch jede neu eingestellte Arbeitskraft die Gesamtproduktion, allerdings laut Produktionsfunktion mit abnehmenden Zuwachsraten. Die Grenzproduktivität sinkt daher mit jeder zusätzlich eingestellten Arbeitskraft. Arbeitskräfte werden nun so lange nachgefragt, bis ihre Grenzkosten gleich dem Grenzerlös sind19, bis also der Grenzgewinn gleich Null ist. Dies impliziert, daß jedem Lohnsatz eine eindeutige Beschäftigungsmenge zugeordnet werden kann. Die Arbeitsnachfragefunktion weist einen sinkenden Verlauf auf, bei steigendem Lohnsatz fällt also die Nachfrage. Grundsätzlich wird von homogenen Arbeitskräften mit gleicher Produktivität ausgegangen, Arbeitnehmer sind also gegenseitig substituierbar. Neben der Homogenität wird für die Arbeitskräfte angenommen, daß sie uneingeschränkt mobil sind. Weiterhin sind die Arbeitsbedingungen transparent, und es liegt vollständige Information vor ohne jegliche Informations- und Anpassungskosten beim Arbeitsplatzwechsel. Lohnstruk18 Bei Vollbeschäftigung gibt es keine „unfreiwillige“ Arbeitslosigkeit, d. h. jeder Arbeitsanbieter, der bereit ist, zum gegebenen Lohnsatz zu arbeiten, findet auch tatsächlich eine Arbeitsstelle. 19 Nach der Wertgrenzproduktregel für den optimalen Faktoreinsatz werden so lange Arbeitskräfte eingestellt, bis das Wertgrenzprodukt dem Lohnsatz entspricht.

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A. Benachteiligung von Frauen

tur und Lohnhöhe werden ausschließlich ökonomisch festgelegt, d. h. ohne soziale Einflüsse. Alle Individuen sind Nutzenmaximierer, und die Arbeitsangebotsentscheidung folgt der Grenznutzentheorie. Die Bedürfnisse der Individuen bilden den Ausgangspunkt dieser Betrachtung. Um seine Bedürfnisse befriedigen zu können, muß ein Individuum Waren kaufen, für die es finanzielle Mittel in Form von Einkommen benötigt. Verfügt ein Wirtschaftssubjekt nicht über Boden oder Kapital, die für das nötige Einkommen sorgen, so muß es seine Arbeitskraft anbieten, um Lohn zu erhalten. Der Umfang des Arbeitsangebots hängt dabei von den Präferenzen hinsichtlich des Einkommens und der Freizeit ab. Ein Individuum bietet so lange seine Arbeitskraft an, bis der Nutzen einer zusätzlich erzielten Einkommenseinheit gleich dem Nutzen der Freizeiteinheit ist, auf die er zur Erzielung dieser Einkommenseinheit verzichtet hat. Dabei wird davon ausgegangen, daß das Präferenzsystem konstant ist, sich also auch bei steigendem Lohnsatz nicht ändert. Das Arbeitsangebot ist eine steigende Funktion des Reallohns, d. h. steigt der Lohn, so steigt auch das Arbeitsangebot. Die Annahmen der allgemeinen Gleichgewichtstheorie gelten in vielerlei Hinsicht als realitätsfern und sind somit Kritik unterworfen. Hinsichtlich der Annahmen bezüglich des Arbeitsmarkts wird z. B. die Annahme homogener Arbeit mit identisch produktiven Arbeitskräften kritisiert, die daher von der Humankapitaltheorie (Kap. III.4.) aufgegeben wurde. Auch das Präferenzmodell (Kap. III.2.), das dem neoklassischen Grundmodell am nächsten steht, nimmt eine Modifikation vor, indem es davon ausgeht, daß sich Arbeitskräfte in einem beobachtbaren, allerdings nicht produktivitätsrelevanten Merkmal unterscheiden. Vollkommene Konkurrenz ist ebenfalls nicht immer gewährleistet, so daß auch der Lohnsatz und die Produktpreise nicht grundsätzlich ein Datum für die einzelnen Unternehmen sein müssen. Mit Ansätzen, die von Marktunvollkommenheiten und eingeschränkter Mobilität zur Erklärung von Diskriminierung ausgehen, beschäftigt sich Kap. III.3. Ebenso ist die Annahme der vollständigen Information und Transparenz fragwürdig, auch sie wurde daher in weiterentwickelten Ansätzen zur Erklärung von Diskriminierung, bei der Theorie der statistischen Diskriminierung sowie in der Screening-, Signaling- und SelbstselektionsTheorie (Kap. III.5.), aufgegeben. In der Realität bieten tariflich festgelegte Löhne und Arbeitszeiten den Arbeitnehmern kaum Möglichkeiten, ihr Arbeitsangebot gemäß ihrer Arbeitszeit-Freizeit-Präferenzen flexibel anzupassen. Auch die Vernachlässigung von Transaktionskosten ist wenig realistisch. Erklärungsansätze, die diese Überlegungen mit einbeziehen und sich mit Arbeitsverträgen und Lohnbildung beschäftigen, finden sich in Kap. III.6.

III. Ökonomische Erklärungsansätze

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Konstante Präferenzordnungen und Produktionsfunktionen, wie in der allgemeinen Gleichgewichtstheorie angenommen, sind ebenfalls, gerade in Zeiten starken technischen Fortschritts und sich wandelnder Werte, höchst fragwürdig. Es stellt sich die Frage, ob eine rein ökonomische Sicht in bezug auf die Präferenzen der Arbeitnehmer überhaupt angebracht ist, denn der Spaß an der Arbeit wird – ebenso wie die Berufswahl – in der Neoklassik vollständig ausgeblendet. Nicht-ökonomische Theorieansätze, die die allgemeine Gleichgewichtstheorie grundsätzlich hinterfragen bzw. eigene Erklärungsansätze liefern, finden sich daher in Kap. IV.

III. Ökonomische Erklärungsansätze für die Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt 1. Frühe Diskriminierungstheorien Schon Ende des 19. Jahrhunderts beschäftigten sich Ökonomen mit geschlechtsspezifischen Lohnunterschieden, wobei es sich auch insgesamt um die ersten Ansätze der Diskriminierungsforschung handelte. Damals wurden hauptsächlich die Ursachen für die unterschiedlichen Lohnniveaus von Männern und Frauen erforscht; echte Theorien, die die Effekte von Diskriminierung untersuchten, entstanden erst später. Außerdem waren diese Arbeiten häufig Plädoyers für die Gleichberechtigung und daher nicht unbedingt rein ökonomische Theorien. Dennoch soll hier ein kurzer Überblick gegeben werden, um die nachfolgenden Theorien besser einordnen zu können. Eines der ältesten Konzepte für die Erklärung von Lohnunterschieden zwischen Männern und Frauen ist wohl der Ansatz der Familienentlohnung, der schon bei John Stuart Mill Mitte des 19. Jh. nachweisbar ist.20 Er geht von der klassischen Vorstellung aus, daß das Einkommen der Männer mindestens so hoch sein muß, daß diese ihre Kinder mitversorgen können, während das Einkommen der Frauen nur für ihre eigene Versorgung reichen muß. Der Ansatz basiert auf der Existenzlohntheorie21, nach der der gezahlte Lohn nicht von der Produktivität, sondern vom Bedarf abhängen soll. Dabei wird vorausgesetzt, daß Männer und Frauen unterschiedliche Pflichten innerhalb der Familie haben, wobei Männer die finanzielle Verantwortung übernehmen. Bei dieser Annahme haben die Frauen aufgrund ihrer Familienpflichten ein eingeschränktes Arbeitsangebotsverhalten und erhalten zudem einen geringeren Lohn, weil Arbeitgeber davon ausgehen, daß sie keine finanzielle Verantwortung für ihre Familie besitzen. Hierdurch 20 21

Vgl. Mill (1848), S. 242 f. Vgl. Say (1814), S. 116.

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wiederum wären sie aber auch theoretisch gar nicht in der Lage, eine Familie zu ernähren. An dieser Theorie wird schon die Bedeutung von Feedback-Effekten für das weibliche Arbeitsangebotsverhalten deutlich, die auch heute noch wirken, wie z. B. bei der „moderneren“ Erklärung des Arbeitsangebots über die Humankapitaltheorie in Kap. 4.c) klar werden wird. Mill formulierte 1848 in seinen Principles of Political Economy22 nicht nur die obige Theorie, sondern er war auch ein bedeutender Befürworter der Gleichberechtigung von Frauen. Er erklärte in diesem Buch auch, warum keine Gründe dagegen sprächen, die Abhängigkeit der Frau vom Mann zu beenden und sie gleichberechtigt am sozialen und politischen Leben und insbesondere am Arbeitsleben teilhaben zu lassen. Das erste Werk Mills, das sich vollständig diesem Thema widmete (The Subjection of Women), erschien 1869. Er sprach sich darin insbesondere für ein einheitliches Wahlrecht für Männer und Frauen aus.23 Genauso wie Mill beschäftigten sich in den folgenden Jahren einige weitere Ökonomen mit Marktzutrittsbarrieren für Frauen. Ihre Theorieansätze können als Vorläufer für die Crowding-Theorie, die in Kap. 3.a) beschrieben wird, angesehen werden. Sidney Webb (1891) sah die geringeren Löhne der Frauen in der öffentlichen Meinung über sie, in ihrer niedrigeren Produktivität, ihren geringeren Lohnforderungen aufgrund niedrigeren Lebensstandards und der Hilfe, die sie von Mann und Familie bekommen, ihrer mangelnden Mobilität und geringeren schulischen und betriebsspezifischen Ausbildung und Erfahrung begründet.24 Er schloß aber nicht aus, daß bei der Vielzahl an denkbaren Gründen für Lohnunterschiede zwischen arbeitenden Menschen „there is no special ‚women’s question‘ in this matter“.25 Seiner Meinung nach ist die Situation der Frauen mit derjenigen ungelernter Arbeiter zu vergleichen. Dieser Punkt der „non-competing groups“26 wurde dann von Millicent Fawcett aufgegriffen, die diese Gruppen genauer beschrieb und sich mit der Lohnbildung unterschiedlicher Gruppen befaßte. 1918 formulierte sie, daraus abgeleitet, als erste die Crowding-Theorie, die von getrennten Arbeitsmärkten für Frauen und Männer ausgeht, wobei der Markt für Frauen ein Überangebot an Arbeitskräften aufweist, was als Grund für die Lohnunterschiede genannt wird.27 Auch Francis Edgeworth stimmte dieser These zu, er formulierte aber auch Ursachen für die Markt22

Vgl. Mill (1848). Vgl. Mill (1869). 24 Vgl. Webb (1891). 25 Webb (1891), S. 659. 26 Vgl. Webb (1891), S. 660, und Fawcett (1892), S. 173. 27 Vgl. Fawcett (1912) und zur Weiterentwicklung der Crowding-Theorie Kap. A.III.3.a). 23

III. Ökonomische Erklärungsansätze

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zutrittsbarrieren von Frauen. Hier nannte er institutionelle und gesellschaftliche Hemmnisse, die entweder auf gesetzlichen Bestimmungen beruhten oder sich an traditionell verankerten Vorstellungen über die Rolle der Frau orientierten. Zudem sah Edgeworth die von Männern dominierte Gewerkschaftsbildung und damit bessere Interessenvertretung als Grund für die Lohndifferenz an.28 Bevor die Weiterentwicklung der angesprochenen Crowding-Theorie durch Barbara Bergmann in den 1970er Jahren beschrieben wird, soll zunächst auf die typisch neoklassische Präferenztheorie von Gary Becker aus den 1950er Jahren eingegangen werden, die als Neuerung gegenüber allen bis dahin aufgestellten Theorien die Annahme der direkten Diskriminierung aufgrund von Vorurteilen und Abneigungen seitens des Diskriminierenden aufweist. Nach der Crowding-Theorie soll dann auf den angebotsseitigen Erklärungsansatz durch die Humankapitaltheorie eingegangen werden, bevor am Ende dieses Unterkapitels der ökonomischen Erklärungsansätze neuere Theorien mit asymmetrischer Informationsverteilung, die Kontrakt- und die Effizienzlohntheorie sowie die Rolle der Gewerkschaften dargestellt werden.29 2. Präferenzmodell a) Der „taste for discrimination“ Gary Becker hat in den 1950er Jahren in seinem bahnbrechenden Werk The Economics of Discrimination30 das Konzept des „taste for discrimination“ entwickelt. Es ist ausschließlich nachfrageseitig konstruiert und geht vom neoklassischen Modellrahmen mit vollständiger Konkurrenz, symmetrischer Informationsverteilung und Arbeitskräften mit identischer Produktivität aus. Allerdings unterscheiden sich die Arbeitnehmer in einem nicht produktivitätsrelevanten Merkmal. Becker geht bei der Entwicklung des Konzepts von Schwarzen und Weißen aus, merkt aber an, daß sich das Modell auch ohne weiteres auf Frauen und Männer übertragen lasse.31 Un28

Vgl. Edgeworth (1922). Übersichten über verschiedene Diskriminierungstheorien finden sich z. B. bei Sloane (1985) oder Cain (1986). 30 Becker (1957). 31 Vgl. Becker (1957), S. 3. Blau et al. (1998a), S. 199 f., bemerken dazu jedoch, daß ein Unterschied zwischen der Abneigung von Männern gegenüber Frauen und derjenigen von Weißen gegenüber Schwarzen bestehen müsse, da Männer schließlich mit Frauen in Familien zusammenlebten. Die Abneigung von Männern gegenüber Frauen sei hier nur auf die ihrer Meinung nach unangemessene Rolle im Arbeitsleben (generell Beschäftigung von Frauen, Beschäftigung in bestimmten Berufen, Unternehmen(sbereichen) oder Hierarchieebenen) bezogen. Es gehe nicht 29

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ternehmer, Arbeitskollegen und/oder Kunden haben nach Beckers Vorstellung Präferenzen für eine Gruppe, wobei die Präferenzen aufgrund des neoklassischen Rahmens modellexogen vorgegeben sind. Diese Präferenzen stellen den Grund für Diskriminierung dar und können ihre Ursache in Abneigungen, Vorurteilen usw. haben, also aus psychologischen, soziologischen oder traditionellen Motiven entstehen. Die Erforschung der Ursachen und Hintergründe dieser Präferenzen ist aber aufgrund der Exogenität ausgeschlossen. Das Modell eröffnet daher hauptsächlich die Möglichkeit, die Auswirkungen von Diskriminierung in einer neoklassischen Modellwelt zu untersuchen. Nach diesem Konzept wird die Arbeitsnachfrageentscheidung nicht nur vom Gewinnmaximierungsziel geleitet, sondern der Diskriminierende maximiert auch seine Nutzenfunktion.32 Arrow argumentiert im gleichen Zusammenhang, daß bei Vorgabe identischer Produktivität Einkommensunterschiede am einfachsten durch Präferenzen erklärt werden könnten.33 Die Art von Diskriminierung, von der in diesem Modell die Rede ist, muß nicht notwendigerweise bewußt oder offen vonstatten gehen. Dies ist sogar eher selten der Fall, da der diskriminierend Handelnde quasi durch seine Präferenzen fremdbestimmt ist. Becker definiert einen Diskriminierungskoeffizienten, um die „tastes for discrimination“ in Geldgrößen zu messen. Er geht davon aus, daß die Zusammenarbeit mit Frauen in einer „unangemessenen“ Position bei Personen, die eine Abneigung gegen die Frauen haben, nichtmonetäre Kosten verursacht. Dem Diskriminierenden entsteht ein negativer Nutzen. Um diesen Nutzen zu kompensieren, muß dem Diskriminierenden ein Geldbetrag gezahlt werden. Eine Anstellung eines Mitglieds der nicht präferierten Gruppe kann demnach nur zu einem Lohn (1-d)w stattfinden, der unter dem Grenzproduktivitätslohn w liegt, denn von diesem muß der Kompensationsbetrag abgezogen werden. d wird dabei als Diskriminierungskoeffizient bezeichnet, der um so höher wird, je größer die Diskriminierungsneigung ist. Im folgenden soll die Anwendung dieses Konzepts auf die Diskriminierung durch den Arbeitgeber, durch Arbeitskollegen und durch Kunden dargestellt werden. b) Diskriminierung durch den Arbeitgeber Wenn sich die Präferenzen eines Arbeitgebers34 gegen Frauen richten, dann wird er sich laut Becker so verhalten, als entstünden ihm nichtmonedarum, soziale Distanz zu bewahren, wie dies bei der Diskriminierung von Schwarzen durch Weiße der Fall sein könne. 32 Vgl. Arrow (1973), S. 3 ff. 33 Vgl. Arrow (1971), S. 6.

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täre Kosten, sobald er Frauen einstellt. Um diese Kosten zu kompensieren, wird er Frauen einen um genau diesen Betrag verminderten Lohn auszahlen. Somit ergibt sich der Frauenlohn als wf = (1-d)wm , wobei wm den nicht verminderten Lohn darstellt, der Männern gezahlt wird. Die Summe aus dem Lohn, der Frauen gezahlt wird, und dem Kompensationsbetrag ergibt die vollen Kosten, die eine Frauenbeschäftigung mit sich bringt, und entspricht dem Männerlohn. Dies bedeutet, daß Frauen unter ihrer Produktivität entlohnt werden. Aus diesem Modell kann die Schlußfolgerung gezogen werden, daß das Ausmaß der Diskriminierung u. a. von dem Anteil der Frauen an allen Arbeitnehmern abhängen kann und davon, wie viele Arbeitgeber diskriminierend handeln. Wenn alle Frauen eine Beschäftigung bei einem nicht diskriminierenden Unternehmen finden, kommt es nicht zu Lohndiskriminierung. Je mehr Unternehmer aber Vorbehalte gegen Frauen haben und je mehr Frauen arbeiten wollen, um so häufiger und stärker bekommen sie Diskriminierung zu spüren. c) Diskriminierung durch Mitarbeiter Diskriminierung durch Mitarbeiter35 kann sich darin äußern, daß Männer sich weigern, mit Frauen zusammenzuarbeiten, oder zumindest darin, genügend mit ihnen über arbeitsrelevante Themen zu kommunizieren.36 Es können Probleme entstehen, wenn männliche Arbeitskräfte die Anweisungen von weiblichen Führungskräften nicht beachten und deren Autorität untergraben. Um männliche Arbeitnehmer, die eine Abneigung gegenüber Frauen – als Kolleginnen oder Vorgesetzte – haben, im Unternehmen zu behalten bzw. ihre Produktivität aufrechtzuerhalten, sehen sich Unternehmer, analog zum Fall der Diskriminierung durch Arbeitgeber, laut Becker gezwungen, eine Kompensationszahlung zu leisten, die sie daraus bestreiten, daß sie die an Frauen gezahlten Löhne um diesen Betrag verringern. Eine andere Möglichkeit, unter Berücksichtigung der Annahmen dieses Modells, könnte darin bestehen, die Arbeitnehmerschaft vollkommen zu segregieren, so daß Männer bei ihrer Arbeit keinerlei Kontakt mehr zu Frauen haben. Hierbei ergeben sich allerdings Anpassungskosten, weshalb nicht ohne weiteres vollkommene Segregation entstehen kann. Dies verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Segregation und Lohndifferenz: Es kommt 34

Vgl. Becker (1957), S. 31 ff. Vgl. Becker (1957), S. 47 ff., Bergmann/Darity (1981) und Bergmann (1989). 36 Positive Effekte von gemischten Belegschaften fallen hierbei nicht ins Gewicht oder treten gar nicht auf. Ohne Diskriminierung können gemischte Belegschaften z. B. für höhere Kreativität, geringeren Absentismus oder insgesamt ein besseres Betriebsklima sorgen. 35

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mittelfristig entweder zu einer hohen Lohndifferenz ohne Segregation, zu gleichen Löhnen bei vollkommener Segregation oder zu einer Situation dazwischen. Wenn der Markt nur teilweise segregiert ist, dann muß nur einem Teil der Männer eine Kompensationsleistung gezahlt werden, und zwar dem, der zum einen überhaupt mit Frauen zusammenarbeitet und der zum anderen eine Abneigung gegenüber weiblichen Kollegen hat. Damit ergeben sich, als logische Konsequenz, unterschiedliche Löhne zwischen Männern. Blau et al. (1998a, S. 205) weisen darauf hin, daß die geringeren Löhne der Frauen in gewisser Weise sogar „gerechtfertigt“ seien, da Frauen bei Diskriminierung durch ihre Kollegen tatsächlich weniger produktiv sein könnten, obwohl diese Konsequenz außerhalb des neoklassischen Rahmens mit der Annahme gleicher Produktivität liegt. Die niedrigere Produktivität könne sich daraus ergeben, daß Frauen im Unternehmen von Männern „geschnitten“ würden, diese sie nicht richtig einwiesen und nicht in informelle Netzwerke einbänden. d) Diskriminierung durch Kunden Die dritte Gruppe, auf die Becker dieses Modell bezieht, betrifft die der Kunden.37 Wenn Kunden nur von Frauen bedient werden können, sie aber eine Abneigung gegenüber Frauen in Positionen mit Kundenkontakt haben, muß ein Unternehmen die Preise für ihre Güter senken oder dem Kunden analog zu den beiden vorher beschriebenen Diskriminierungsarten auf andere Weise eine Kompensationszahlung leisten. Dies kann ebenfalls geringere Löhne für Frauen begründen. Wie im vorherigen Abschnitt ausgeführt, kann aber auch in diesem Fall eine möglicherweise geringere Produktivität der Frauen, die aufgrund der Abneigung der Kunden keine so großen Verkaufserfolge vorweisen können, für niedrigere Löhne verantwortlich sein. Auch in diesem Fall kann langfristig Segregation die Folge sein, bei der das Verkaufspersonal nur noch aus männlichen Mitarbeitern besteht. e) Kritik Das von Becker vorgestellte Modell kann für sich allein und bei vollständiger Konkurrenz keine Persistenz erklären, wenn auch nicht diskriminierende Unternehmen am Markt vertreten sind. Denn das diskriminierende Unternehmen muß auf die Frauen verzichten, die zu dem reduzierten Lohnsatz nicht bereit sind, in dem Unternehmen zu arbeiten, und nimmt daher Gewinneinbußen in Kauf. Von der unter dem Wertgrenzprodukt entlohnten Arbeitskraft dieser Frauen profitieren wiederum die nicht diskriminierenden 37

Vgl. Becker (1957), S. 56 ff.

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Unternehmen, die den reduzierten Lohnsatz nur marginal überbieten müssen, um Frauen anzuwerben. Diese Unternehmen können aufgrund der niedrigeren Löhne, die auch daraus resultieren, daß den männlichen Kollegen kein Aufschlag gezahlt werden muß, kostengünstiger produzieren und höhere Profite erzielen. Aufgrund der Gewinneinbußen wird das diskriminierende Unternehmen unter Wettbewerbsbedingungen nicht aufrechtzuerhalten sein. Gleichzeitig würde jedoch die Nachfrage nach den diskriminierten, billigen Arbeitskräften steigen, bis deren Lohn, sobald alle diskriminierenden Unternehmen vom Markt verschwunden sind, das Niveau der nicht diskriminierten Gruppe erreicht hätte. Arrow weist darauf hin, daß diese Anpassungsprozesse lange dauern könnten, vor allem, wenn man eine ungleiche Situation mit Diskriminierung und unterschiedlich stark diskriminierenden Unternehmen als historisch gegebene Voraussetzung annehme, die nur langsam mit hohen Umstellungskosten, verursacht beispielsweise durch Einstellung und Entlassung von Arbeitskräften, sowie dem damit verbundenen Verlust betriebsspezifischen Humankapitals, verändert werden könne.38 Die Umstellungskosten können auch bei der Akquisition nicht diskriminierender Kunden ein Grund dafür sein, daß ein Arbeitgeber sich kurz- oder mittelfristig besser stellt, wenn er nichts an der Situation mit Diskriminierung ändert. Die Einführung von Transaktionskosten kann jedoch das ursprüngliche Modell von Becker nicht unterstützen, denn diese Annahme ist im neoklassischen Rahmen nicht vorgesehen. Arrow weist in seiner Kritik nach, daß Beckers Modell, das eigentlich Lohndiskriminierung erklären soll, für diesen Zweck ungeeignet ist, allerdings durchaus Segregation39 erklären kann. Danach müsse die Diskriminierung aufgrund von Präferenzen langfristig zu einer totalen geschlechtsspezifischen Segregation nach Berufen, Branchen bzw. Unternehmen führen. Dafür sei es unerheblich, ob die Diskriminierung von seiten den Unternehmer, der Mitarbeiter oder der Kunden stattfinde. Da durch die Segregation sämtliche Diskriminierungsgründe wegfielen, müßten alle Arbeitskräfte den gleichen Lohn erhalten. Nach Arrow befand sich der Markt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung seiner Forschungsergebnisse in einer Situation, in der Lohnunterschiede noch existierten, in der die Marktkräfte aber schon in Richtung Segregation mit angeglichenen Löhnen arbeiteten. Gegen Beckers Theorie wird häufig vorgebracht, die diskriminierten Personen könnten sich ja zusammenschließen und ihre eigene Unternehmung gründen. Daß sie dies nicht tun, muß nicht bedeuten, daß keine Diskriminierung vorliegt. Denn sowohl institutionelle Barrieren als auch fehlendes Know-how und Kapital können Hinderungsgründe dafür sein. 38 39

Vgl. Arrow (1973). Vgl. zum Thema Segregation Kap. B.

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A. Benachteiligung von Frauen

Allerdings vernachlässigt diese rein nachfrageorientierte Theorie das Arbeitsangebotsverhalten der Frauen gänzlich. Durch die Lohndiskriminierung ist davon auszugehen, daß Frauen ihr Arbeitsangebot sowie die Investitionen in ihr Humankapital verringern, wenn sie die niedrigeren Löhne antizipieren. Diese Rückkopplungseffekte werden in Kap. 4.c) berücksichtigt. Wenn man als Ursache für die „Vorlieben“ für Diskriminierung nicht Vorurteile oder Ignoranz annimmt, sondern asymmetrische Informationsverteilung, bei der der Arbeitgeber zur Beurteilung der Qualifikation von Frauen mangels individueller Informationen die gesamte Gruppe der Frauen als Grundlage heranzieht, liegt statistische Diskriminierung40 als Ursache vor. In diesem Fall kann eine gewisse Persistenz durchaus erklärt werden, jedoch wird auch durch diese Annahme der neoklassische Rahmen gesprengt. Wenn die Konkurrenzsituation des neoklassischen Modellrahmens eingeschränkt wird, kann das Becker’sche Modell der Lohndiskriminierung aufgrund von Präferenzen Bestand haben. Dies gilt auch für fehlenden Konkurrenzdruck oder wenn ein Unternehmen einen sehr großen Anteil der Arbeitskräfte seines Marktes beschäftigt. Allerdings wird dieser Aspekt nicht von Becker aufgegriffen und soll daher im folgenden Abschnitt näher erläutert werden. 3. Marktunvollkommenheiten a) Die Crowding-Theorie Das Vorliegen unvollständiger Konkurrenz als Einschränkung der neoklassischen Annahmen kann unter bestimmten Voraussetzungen die Persistenz von Diskriminierung erklären. Hierfür wurden eigene Modelle, die sich mit Marktunvollkommenheiten beschäftigen, entwickelt. Dabei geht es einerseits um die sogenannte Crowding-Theorie, andererseits um Formen der Marktmacht wie Monopol und Monopson, die im nächsten Abschnitt besprochen werden. 1918 formulierte Millicent Fawcett als erste die Crowding-Theorie41, die dann 1974 von Barbara Bergmann wieder aufgegriffen wurde.42 Der Unterschied zwischen beiden ist, daß in den ersten Formulierungsansätzen die Ursachen der Diskriminierung im gesellschaftlichen Umfeld zu suchen sind, 40

Vgl. Kap. A.III.5.a). Vgl. Kap. A.III.1. Wie schon dort beschrieben, entwickelten auch Mill und Webb ähnliche Vorstellungen. 42 Vgl. Bergmann (1974). Vgl. zur empirischen Überprüfung der Crowding-Hypothese Sorensen (1990). 41

III. Ökonomische Erklärungsansätze

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während Bergmann das Verhalten der Arbeitsnachfrageseite in Form von Lohndiskriminierung der Frauen, die in das Hochlohnsegment der Männer einsteigen wollen, verantwortlich macht. Somit kann der Ansatz von Bergmann auch als Bindeglied zwischen der historischen Crowding-Theorie und dem Becker’schen Präferenzmodell angesehen werden.43 Nach der klassischen Crowding-Theorie geht man von zwei unterschiedlichen Arbeitsmarktbereichen aus: der eine beheimatet die Arbeitsplätze für Frauen, im anderen sind diejenigen für Männer angesiedelt. Männerarbeitsplätze sind für Frauen aufgrund von Mobilitätsbarrieren nicht oder kaum zugänglich. Somit besteht Arbeitsplatzdiskriminierung. Zusätzlich wird davon ausgegangen, daß Frauen und Männer innerhalb jedes Segments gemäß ihrer Grenzproduktivität entlohnt werden, es liegt also keine Lohndiskriminierung vor. Dennoch gibt es Lohndifferenzen, deren Ursache darin liegt, daß das Arbeitsmarktsegment der Frauen überfüllt („overcrowded“) ist, weil sie keine Möglichkeit haben, in ein anderes zu wechseln, und die Arbeitsnachfrage begrenzt ist. Im Frauensegment liegt also ein hohes Arbeitsangebot mit einem Gleichgewichtslohn unter demjenigen bei vollständiger Konkurrenz vor, im Männersegment herrscht ein Unterangebot an Arbeit, was zu höheren Löhnen als bei unsegmentierten Arbeitsmärkten führt. Das niedrigere Lohnniveau im Frauensegment senkt für verheiratete Frauen den Anreiz, überhaupt ihre Arbeitskraft am Markt anzubieten. Anzumerken ist, daß die Mobilitätshemmnisse nicht notwendigerweise zu vollkommen segmentierten Märkten führen müssen, damit die CrowdingTheorie gilt. Voraussetzung dafür ist lediglich, daß Frauen der Zugang zu Männerarbeitsplätzen erschwert ist, so daß in ihrem Segment ein Überangebot herrscht. Des weiteren geht diese Theorie nicht von homogenen Arbeitskräften aus, wie dies beim Präferenzmodell der Fall ist. Männer und Frauen unterscheiden sich zwar nicht in ihrer Produktivität, allerdings werden sie in unterschiedlich produktiven Berufen und auf unterschiedlich hoch entlohnten Arbeitsplätzen eingesetzt. Hier werden sie, wie schon oben beschrieben, nach ihrer Grenzproduktivität entlohnt, so daß von Lohndiskriminierung nicht die Rede sein kann. Zudem werden Männer, die im Frauensegment tätig sind, genauso hoch entlohnt wie die Frauen dieses Segments. Blau et al. (1998a, S. 211) merken dazu an, daß die Produktivitätsunterschiede in den Gruppen auch darauf zurückzuführen seien, daß Unternehmer im Frauensektor seltener Arbeit durch Kapital substituierten, im Männersektor dagegen viel häufiger, da hier die Löhne zu hoch seien, um arbeitsintensiv zu produzieren. Frauen hätten also gar keine Möglichkeit zu zeigen, daß sie potentiell genauso produktiv seien wie Männer: Ihnen stehe in ihrem Segment gar nicht genug Kapital dafür zur Verfügung. 43

Vgl. Walch (1980), S. 68.

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A. Benachteiligung von Frauen

Wenn man die Lage der letzten 20 Jahre auf dem Arbeitsmarkt betrachtet, so ist diese Theorie damit konsistent. Die Mobilitätshemmnisse werden zwar langsam kleiner, allerdings drängen immer mehr Frauen auf den Arbeitsmarkt, die früher nicht gearbeitet hätten. So wiegen die negativen Effekte mögliche positive auf. Diese Theorie kann zusammengefaßt also zwar nicht Lohndiskriminierung, wohl aber Lohnunterschiede und Arbeitsplatzdiskriminierung erklären. Zudem liefert sie durch die Annahme von Mobilitätshemmnissen als Einschränkung des neoklassischen Rahmens einen wichtigen Beitrag zur Erklärung von Segregation, obwohl sie sich nicht mit den Gründen für die Mobilitätsbarrieren befaßt. Dieser Ansatz erklärt auch nicht, warum so viele Frauen in typischen Frauenberufen arbeiten und keinen Männerberuf erlernen, während ihnen doch heutzutage nahezu alle Möglichkeiten offen stehen. Möglicherweise kann dies darauf zurückgeführt werden, daß die Anpassungsprozesse zum Abbau aller Barrieren faktisch noch nicht beendet sind oder daß Frauenberufe gegenüber Männerberufen andere Vorteile aufzuweisen haben, wie beispielsweise in einigen Fällen höhere oder frühere Einstiegsgehälter (im Vergleich zu Berufen, in denen lange Ausbildungszeiten nötig sind), bessere Arbeitsbedingungen, bessere Vereinbarkeit mit Familienpausen oder einfach mehr Übereinstimmung mit den Präferenzen und Talenten der Frauen hinsichtlich der beruflichen Inhalte. Ist dies der Fall, dann kann das sogenannte „compensating differential“44 zum Tragen kommen, das die geringeren Löhne von Frauen damit erklärt, daß diese andere Vorteile bei ihrer Beschäftigung haben. Männer, die schlechteren Arbeitsbedingungen ausgesetzt sind, wird daher zur Kompensation ein höherer Lohn gezahlt. Möglicherweise schätzen manche Frauen auch einfach die Tatsache, daß sie in Frauenberufen unter sich sind und die Diskriminierung dort geringer ist, und wählen daher eher einen Frauenberuf. Verwandt mit der Crowding-Theorie ist der Ansatz der segmentierten Arbeitsmärkte, der, da er nicht zu den ökonomischen, sondern zu den sozialwissenschaftlichen Ansätzen zählt, in Kap. IV.1. beschrieben wird. b) Marktmacht: Monopol und Monopson Weitere Modelle, die von unvollständiger Konkurrenz in einem grundsätzlich neoklassischen Modellrahmen ausgehen, sind solche, die sich mit Marktmacht in Form eines Monopols oder Monopsons beschäftigen. Diese Formen können auch in Ergänzung zur Präferenz- und Crowding-Theorie gesehen werden, denn diese lassen sich besser bei der Annahme von unglei44 Vgl. Smith (1776), S. 86 ff., Mill (1848), S. 233, Killingsworth (1985), Filer (1985).

III. Ökonomische Erklärungsansätze

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cher Machtverteilung auf dem Arbeitsmarkt anwenden. Im Fall von Arbeitgebermarktmacht ist die Befriedigung von Diskriminierungsabsichten vereinbar mit dem Streben nach Gewinnmaximierung. Zunächst einmal kann Marktmacht des Arbeitgebers dadurch entstehen, daß ein Monopol vorliegt, d. h. daß das Unternehmen einziger Produktanbieter auf dem Markt ist. In diesem Fall ist das Unternehmen u. U. auch einziger Arbeitsnachfrager, zumindest, was bestimmte Bereiche des Arbeitsmarkts, z. B. Berufe, betrifft. Somit gibt es – für den Fall des Präferenzmodells – nur einen einzigen Diskriminierungskoeffizienten, der beibehalten werden kann, da die Arbeitnehmer keine Möglichkeit haben abzuwandern. Zudem erzielt ein Monopolist höhere Gewinne als ein Polypolist und kann dadurch die Verluste aus seinem diskriminierenden Verhalten kompensieren. Somit kann anhaltende und langfristige Diskriminierung die Folge sein. Allerdings ist ein Monopolist nicht vor neu in den Markt eintretenden Wettbewerbern geschützt, weshalb er ggf. auf einen Teil seiner Monopolrente verzichten wird. Die Begründung von Diskriminierung anhand dieser Form von Marktmacht kann allerdings nur dann standhalten, wenn der Monopolist zumindest einen Teil des Arbeitsmarkts als einziger Arbeitsnachfrager für sich in Anspruch nehmen kann, wenn also die Annahme des homogenen Arbeitsangebots aufgegeben wird. Denn wenn Unternehmen eines anderen Produktionssektors um dieselben Arbeitskräfte (mit übergreifend einsetzbaren Berufen) konkurrieren und es keine sonstigen Mobilitätsbarrieren gibt, verliert der Monopolist seine Vormachtstellung auf dem Arbeitsmarkt. Eine weitere Form von Marktmacht ist die der monopsonistischen Arbeitsnachfrage. Joan Robinson formulierte 1933 erstmals ein analytisches Modell zu diesem Erklärungsansatz45, an den sich auch der spätere Ansatz von Janice Madden46 stark anlehnt, bei dem u. a. eine empirische Überprüfung der Modellannahmen vorgenommen wird. Die Theorie geht von einem einzigen Unternehmen als Arbeitsnachfrager aus47, das einem nicht völlig elastischen Arbeitsangebot gegenübersteht, so daß das Unternehmen einen Spielraum bei der Lohnsetzung hat, also nicht nur als Mengenanpasser agiert. Die mangelnde Elastizität ist vor allem bei Frauen festzustellen, da Frauen aufgrund von qualifikatorischen, geographischen oder anderen Hemmnissen nicht so mobil sind wie Männer. Diese angenommene Tatsache macht den Weg frei für Diskriminierung, da Frauen zu einem niedrigeren Lohnsatz eingestellt werden können als Männer. Im Fall völlig mobiler 45

Vgl. Robinson (1933). Vgl. Madden (1973) und (1975). 47 Dieses Modell kann jedoch auch auf andere Marktstrukturen, z. B. Kartelle, angewandt werden (vgl. Madden (1973), S. 69). 46

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A. Benachteiligung von Frauen

Männer mit elastischem Arbeitsangebot werden diese zum Lohnsatz bei vollständiger Konkurrenz beschäftigt, während der Lohn der Frauen unter diesem liegt. Frauen bieten dennoch dieselbe homogene Arbeitskraft an wie Männer, werden in Konsequenz daraus also unter ihrem Wertgrenzprodukt entlohnt. Im Gegensatz zu den bisher dargestellten Theorien besitzt diese auch einen angebotsseitigen Anknüpfungspunkt, da die Ursache der Diskriminierung, die eingeschränkte Angebotselastizität, nicht beim Unternehmen und nur indirekt bei der Gesellschaft zu finden ist. Frauen sind z. B. aufgrund ihrer mangelnden Qualifikation, ihrer Verantwortung in der Familie oder aber auch geographisch durch ihren Mann so gebunden, daß sie nicht so flexibel reagieren können wie Männer in ihrer Umgebung. Die Unternehmen reagieren nur ökonomisch darauf. Sowohl Robinson als auch Madden führen als Grund für die unterschiedliche Arbeitsangebotselastizität bei Männern und Frauen auch an, daß Männer häufiger in Gewerkschaften organisiert sind und diese für sie einen festen Lohnsatz verhandeln, so daß ihr Arbeitsangebot vollkommen elastisch wird.48 Madden baut diesen Gedanken zu ihrem Ansatz der „männlichen Marktmacht“49 aus, wonach ein von Männern beherrschter, nicht monopsonistischer Markt wie ein solcher funktionieren kann, wenn alle Männer dieselben Gruppeninteressen verfolgen. Kritisieren muß man an dieser Theorie die mangelnde empirische Evidenz, denn es scheint nicht so zu sein, daß Frauen ein unelastischeres Arbeitsangebot als Männer haben, sondern umgekehrt.50 Allerdings handelt es sich hierbei um einen aggregierten Zusammenhang, der längst nicht für alle Frauen, alle Branchen und alle Berufe gelten muß, so daß das MonopsonModell durchaus in einigen Bereichen oder auf lokalen Märkten seine Berechtigung hat. Gerade bei verheirateten Frauen lassen sich beide Annahmen begründen: Ein elastischeres Angebot läge vor, wenn der Mann allein zum Lebensunterhalt beitragen könnte und die Frau nur dann arbeitet, wenn sie eine adäquate Stellung mit dem entsprechenden Lohn findet. Wenn hingegen die Familie auf beide Einkommen angewiesen und zudem aufgrund einer guten Stellung des höher qualifizierten Mannes geographisch immobil ist, dann muß die Frau evtl. mehr Einschränkungen in Kauf nehmen. Ein zweiter Kritikpunkt liegt darin, daß Unternehmen heutzutage aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nicht mehr die Möglichkeit haben, für identische Tätigkeiten unterschiedliche Löhne zu zahlen, und daß in Deutschland für Gewerkschafts- und Nichtgewerkschaftsmitglieder der gleiche Lohnsatz gilt. 48

Vgl. Robinson (1933), S. 303, und Madden (1975), S. 153 ff. Vgl. Madden (1975), S. 156 ff. Dies schließt nicht nur männliche Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein, sondern auch politische Entscheidungsträger und Männer in der Umgebung der Frauen, die zu deren Sozialisation beitragen und sie somit beispielsweise in ihrer Berufsentscheidung beeinflussen. Vgl. hierzu Kap. B.II.2.d). 50 Vgl. Walch (1980), S. 81 f. 49

III. Ökonomische Erklärungsansätze

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4. Humankapitaltheoretischer Erklärungsansatz a) Vorstellung der Humankapitaltheorie Wie schon im historischen Abriß angedeutet, ist der humankapitaltheoretische Erklärungsansatz für die Situation von Frauen am Arbeitsmarkt, genauso wie die Vorstellung von der Familienentlohnung, angebotsseitig begründet. Im folgenden Abschnitt wird nun detaillierter beschrieben, wie die Situation der Frauen von ihrem eigenen Verhalten abhängen kann und welchen Beitrag die Einbeziehung sogenannter Feedback-Effekte liefert. Hierbei werden die Reaktionen auf das Angebot seitens der Unternehmen und das wiederum davon beeinflußte Verhalten der Frauen mitberücksichtigt. Hier kann also nicht von echter Diskriminierung, sondern höchstens von struktureller oder institutioneller Diskriminierung die Rede sein, da hier nicht bewußt und gewollt seitens eines bestimmten Individuums oder einer Institution diskriminiert wird. In diesem Modell werden die Annahmen des neoklassischen Rahmens dahingehend verändert, daß die Annahme der Homogenität des Faktors Arbeit modifiziert wird. Die Arbeitnehmer können zwar grundsätzlich als weitgehend homogen angesehen werden, sie können aber unterschiedlich lange ausgebildet werden und unterscheiden sich daher in ihrer Produktivität. Die Untersuchung des Verhaltens von Frauen nach der Humankapitaltheorie bezieht sich auf ihre Investitionen in Qualifikationen. Nach der Humankapitaltheorie, die ihre Wurzeln schon bei Adam Smith51 hat und in ihrer späteren Form Anfang der 1960er Jahre vor allem von Gary Becker, Jacob Mincer und Theodore Schultz52 formuliert wurde, ist die Summe der Fähigkeiten und Kenntnisse eines Menschen sein ihm eigenes Kapital, das im Gegensatz zu anderen Kapitalformen nicht auf andere übertragbar ist. Das Humankapital bestimmt das Arbeitsvermögen eines Menschen und somit seine Produktivität und das damit erzielbare Einkommen einer Person. Der Ausgangspunkt besteht bei diesem Ansatz darin, daß Bildung durch die damit verbundene Steigerung der Produktivität eine Ertragsrate hat. Ausbildung ist somit eine Investition in das Humankapital, und als mögliche Investoren kommen das Individuum selbst, die Eltern, Unternehmen und die Gesellschaft in Frage. Bei der Investition fallen direkte (z. B. Schulgeld) 51 Vgl. Smith (1776), S. 86 ff., der einen Menschen mit umfangreicher Ausbildung mit einer aufwendigen Maschine vergleicht: Bei beiden könne man erwarten, daß ein erheblicher Ertrag erzielt werde, der die Kosten für die Ausbildung bzw. die Anschaffung der Maschine überkompensiere. 52 Vgl. Becker (1964), Schultz (1961) und Mincer (1962). Zur speziellen Betrachtung von Frauen siehe auch Mincer/Polachek (1974), Mincer/Ofek (1982) und Polachek (1975).

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A. Benachteiligung von Frauen

und indirekte Kosten (Opportunitätskosten) an. Als Rendite dieser Investition wird das Einkommen der jeweiligen Person interpretiert, wobei das gesamte über den erwarteten Nutzungszeitraum erwartete Einkommen auf die Gegenwart abdiskontiert wird, um diesen Ertrag den ebenfalls abdiskontierten Kosten gegenüberstellen zu können. Humankapital unterliegt wie Sachkapital einer Entwertung, wenn nämlich Wissen mit der Zeit veraltet oder vergessen wird. Es wird von einer abnehmenden Grenzertragsrate ausgegangen, vor allem weil die Opportunitätskosten für die Bildung einer zusätzlichen Einheit um so höher sind, je höher das schon vorhandene Niveau an Humankapital ist. Allerdings kann auch davon ausgegangen werden, daß die Bildung dieser Einheit bei einem hohen Kapitalstock leichter fällt. Bei der Betrachtung der Humankapitalbildung im Lebenszyklus ist zu bedenken, daß sich die Bildung von Humankapital nur lohnt, wenn der Renditehorizont lang genug ist, d. h. auf das Arbeitsleben bezogen die Zeit bis zum Ruhestand noch lang genug ist, um genügend auf dem zusätzlichen Wissen basierendes Einkommen zu garantieren. Humankapital kann in allgemeines und in spezifisches Humankapital unterteilt werden.53 Allgemeines Humankapital kann universal, d. h. über alle Firmen hinweg sowie in der Freizeit eingesetzt werden. Es kann außerbetrieblich (off the job) durch schulische Aus- und Weiterbildung erworben werden sowie innerbetrieblich durch On-the-job-Training. Investitionen in diese Art von Humankapital werden üblicherweise nicht durch den Arbeitgeber getätigt, da dieser aufgrund der allgemeinen Verwertbarkeit eine Abwanderung des Arbeitnehmers in andere Unternehmen oder eine Abwerbung des ausgebildeten Arbeitnehmers durch andere Unternehmen („Poaching“)54, die somit keine eigenen Ausbildungsinvestitionen tätigen müssen, fürchten muß. Beim Arbeitgeber als Investor stünden somit den Kosten keine Erträge gegenüber. Damit diese Art von Investitionen überhaupt getätigt werden können, muß das Individuum einen geringeren Einstiegslohn hinnehmen, während die Firma über die Lohneinsparungen die Kosten trägt. Die übliche Form besteht jedoch darin, daß das Individuum selbst die Kosten trägt oder ein staatlicher Träger das Bildungsangebot mit den Kosten übernimmt.55 Bei spezifischem Humankapital hingegen ist der Arbeitnehmer kaum bereit, Investitionen selbst zu finanzieren, da er diese Art von Kapital nur in 53 Vgl. Becker (1962). „Spezifisches Humankapital“ wird häufig auch genauer als „betriebsspezifisches Humankapital“ bezeichnet. 54 Vgl. z. B. Stevens (1996). 55 Vgl. Becker (1964). Asymmetrische Information und Transaktionskosten können allerdings dazu führen, daß Arbeitgeber sich auch an den Kosten für allgemeine Humankapitalinvestitionen beteiligen (vgl. Acemoglu/Pischke (1998 und 1999), Katz/Ziderman (1990)), was empirisch bestätigt werden konnte (vgl. z. B. Barron et al. (1997)).

III. Ökonomische Erklärungsansätze

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der jeweiligen Firma produktiv nutzen kann und es für ihn fraglich ist, inwieweit sich die Kosten durch eine Lohnerhöhung und eine bestimmte notwendige weitere Betriebszugehörigkeitsdauer amortisieren. Da diese Art von Humankapital nicht in andere Unternehmen übertragbar ist, ist der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber abhängig, und dieser muß daher die Produktivitätssteigerung nicht notwendigerweise durch eine angemessene Lohnerhöhung honorieren. Da prinzipiell aber beide Partner an Investitionen in spezifisches Humankapital interessiert sind – der Arbeitnehmer erwartet eine Lohnerhöhung, der Arbeitgeber profitiert von dessen höherer Produktivität – bietet sich eine Teilung der Investitionskosten an: Die Unternehmen bieten den Mitarbeitern einen Lohn über ihrem Alternativlohn (am Arbeitsmarkt bzw. ohne die betreffende Humankapitalinvestition) an, um ihn an das Unternehmen zu binden, dieser Lohn liegt aber unter ihrem gestiegenen Wertgrenzprodukt.56 Mincer entwickelte zur empirischen Überprüfung der Humankapitaltheorie folgende Einkommensfunktion, auch genannt „schooling function“57: ln y ã b0 þ b1 s þ b2 x þ b3 x2 þ u

y steht dabei für das Einkommen. Der Koeffizient b1 gibt die Ertragsrate des allgemeinen Humankapitals an, da s die Anzahl der Schuljahre ist. b2 ist die Ertragsrate für das spezifische Humankapital mit x als Dauer der Berufserfahrung. Während b1 und b2 positive Vorzeichen besitzen, ist b3 negativ, denn es bildet die fallenden Grenzerträge des spezifischen Humankapitals, z. B. aufgrund von Veralten, ab. Diese Funktion ist üblicherweise die Grundlage für Einkommensregressionen, weshalb auf sie in Kapitel D. zurückzukommen sein wird. Um mehr Erklärungsgehalt zu erreichen, werden die obigen sogenannten Humankapitalvariablen häufig um weitere individuelle oder betriebsbezogene Variablen ergänzt. b) Unterschiedliche Humankapitalausstattung von Männern und Frauen Da die Humankapitaltheorie von einem im Grundsatz homogenen Faktor Arbeit ausgeht, unterstellt sie für jedes Individuum das gleiche Investitionskalkül. Allerdings können unterschiedliche Zeitpräferenzen, Risikoneigungen und Erwartungen bzgl. der Zukunft eine Begründung für unterschiedliche Humankapitalausstattungen liefern. Zur Erklärung unterschiedlicher Humankapitalausstattungen von Männern und Frauen wird davon ausgegan56 57

Vgl. Leber (2000), S. 231. Vgl. Mincer (1974).

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A. Benachteiligung von Frauen

gen, daß Frauen mit Kinderwunsch bei ihren Investitionsentscheidungen berücksichtigen, daß ihre spätere Erwerbstätigkeit (möglicherweise) nicht kontinuierlich sein wird. Aufgrund dieser eingeplanten Unterbrechung wissen Frauen, daß sich zu hohe Investitionen nicht lohnen, da der Ertragszeitraum kürzer ist als bei Männern und zudem mit einer Entwertung des Humankapitals während der „Familienpause“ zu rechnen ist. Somit werden Frauen im Durchschnitt weniger in ihr Humankapital investieren. Diese Überlegungen können nicht nur eine Erklärung für Einkommensunterschiede liefern, sondern u. U. auch für horizontale Segregation auf dem Arbeitsmarkt. Frauen werden nur solche Berufe wählen, bei denen sie davon ausgehen, daß die Entwertung ihres Humankapitals geringer „bestraft“ wird als bei anderen Berufen.58 Hierauf wird genauer in Kap. B.II.1.a) bei den Erklärungsansätzen für Segregation eingegangen. Einen zweiten Ausgangspunkt für die unterschiedliche Humankapitalausstattung von Männern und Frauen bildet die ökonomische Theorie der Familie59. Danach bildet die Familie eine Einheit, in der – ähnlich wie bei Individuen – der Nutzen maximiert wird. Jedes Familienmitglied hat eine festgelegte Menge an Zeit und Energie, deren Allokation optimiert wird. Ein Teil der Zeit muß für den Arbeitsmarkt aufgewandt werden, um Einkommen für den Konsum zu erzielen, ein anderer Teil wird für Arbeiten innerhalb der Familie benötigt. Analog zu den komparativen Vorteilen in der klassischen Außenhandelstheorie60 läßt sich nun nachweisen, daß eine Spezialisierung der Familienmitglieder auf die Aufgaben, die das jeweilige Individuum relativ am besten beherrscht, Kostenvorteile für die ganze Familie bringt. Wenn nun Mann und Frau gleichermaßen geeignet sind, Aufgaben innerhalb der Familie bzw. Aufgaben auf dem Arbeitsmarkt wahrzunehmen, ist es unerheblich, wer von beiden sich worauf spezialisiert. Liegt jedoch ein Ungleichgewicht vor, beispielsweise weil der Mann aufgrund höheren Humankapitals eine höhere Produktivität am Arbeitsmarkt hat oder weil die Frau wegen schon in der Kindheit erlernter Haushaltstätigkeiten eine höhere Produktivität im Haushalt hat, so ist es rational, wenn die Frau sich ganz der Familienarbeit im Haushalt widmet, während der Mann sich auf den Arbeitsmarkt konzentriert. Bilden ein Mann und eine Frau schon in der Ausbildungsphase eine Familie und zeichnet sich dabei schon ein Ungleichgewicht bei der Humankapitalausstattung ab, so kann es ökonomisch gesehen naheliegen, daß die Frau ihre Humankapitalinvestitionen verlangsamt oder abbricht, während der Mann all seine Energie auf den Arbeitsmarkt konzentriert. Das oben erwähnte Ungleichgewicht kann sehr unter58 59 60

Vgl. z. B. Polachek (1981). Vgl. Becker (1965). Vgl. z. B. Krugman/Obstfeld (2006), S. 24.

III. Ökonomische Erklärungsansätze

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schiedliche Ursachen haben, wenngleich einige davon in den letzten Jahrzehnten und in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung stark an Bedeutung verloren haben: Eine Frau kann zu Haushaltstätigkeiten erzogen worden sein, oder sie kann in ihrer Jugend antizipiert haben, später einen Mann mit ausgeprägtem Humankapital zu heiraten, und deshalb ihre Anstrengungen eingeschränkt haben. Biologische (psychische und physische) Faktoren können begründen, daß Frauen tatsächlich oder vermeintlich besser für die Kindererziehung sorgen können, die Sozialisation kann eine große Rolle spielen oder aber erwartete niedrigere Marktlöhne für Frauen z. B. aufgrund von Diskriminierung. Ist eine Spezialisierung einmal erfolgt, verstärkt sie sich im Laufe der Zeit, da jeder in seinem Sektor spezifisches Humankapital akkumuliert, wodurch sich die jeweilige Produktivität weiter erhöht. c) Feedback-Effekte Unter Feedback-Effekten versteht man Reaktionen einer Marktseite auf Aktionen oder erwartete Aktionen der jeweils anderen. Sollte eine Frau nicht nur aufgrund ihrer Familienpläne schon frühzeitig geringere Humankapitalinvestitionen tätigen, sondern auch, weil sie andere Nachteile auf dem Arbeitmarkt, z. B. durch Diskriminierung, antizipiert, so wird sie ebenfalls weniger investieren, weil sie damit rechnet, daß sich Investitionen nicht genügend rentieren. Wenn in der Folge Unternehmen wiederum erwarten, daß Frauen weniger Humankapital akkumulieren, diskontinuierliche Erwerbsverläufe aufweisen könnten, zeitinflexibel sind oder als Zweitverdiener möglicherweise eine höhere Kündigungswahrscheinlichkeit aufweisen61, werden sie Frauen bei Einstellungen, Ausbildung und Beförderungen anders behandeln als Männer, denn sie müssen bei Investitionen in betriebsspezifisches Humankapital mit verkürzten Amortisationszeiten und Produktivitätsverlusten rechnen. Dies kann z. B. geringere Weiterbildungsaktivitäten, höhere Arbeitsplatzunsicherheit und geringere Löhne von Frauen zur Folge haben. Feedback-Effekte sind im Zusammenhang mit Erwartungen und asymmetrischer Informationsverteilung zu sehen. Wie dieses Verhalten Vorurteile gegenüber Frauen bezüglich ihrer geringeren Produktivität verstärken bzw. aufrechterhalten kann und wie die „nächste Generation“ von Frauen darauf reagiert, wird in den folgenden Abschnitten, nach der Kritik der Humankapitaltheorie, beschrieben. Dabei wird auch deutlich, daß Frauen, die keine Erwerbsunterbrechung planen, es schwer haben, dies dem Arbeitgeber gegenüber glaubhaft zu machen. 61 Als Beispiel sei genannt, daß eine Frau ihren Mann bei einem möglichen Umzug in eine andere Region begleitet.

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A. Benachteiligung von Frauen

d) Kritik An der Humankapitaltheorie kann vor allem die mangelnde empirische Relevanz kritisiert werden, da eine typische Mincer-Einkommensregression ausschließlich mit Humankapitalvariablen nur einen geringen Teil der Einkommensunterschiede erklären kann, wie später noch zu sehen sein wird. So wichtig die Anzahl der Schuljahre als Einflußfaktor auf die Einkommenshöhe auch sind, so birgt dieser Einflußfaktor auch Risiken, die Beachtung finden sollten: Zum einen kann die Anzahl der Bildungsjahre sich durch „Sitzenbleiben“, d. h. durch die Wiederholung eines oder mehrerer Schuljahre erhöhen, was alles andere als einkommensfördernd sein dürfte. Zum anderen wird die Qualität der Schuljahre nicht beachtet: Weder die Art der Schule noch die Zeugnisnoten spielen in der Humankapitaltheorie eine Rolle. Ebensowenig wird Bezug genommen auf eine mögliche Signalfunktion von Abschlüssen: In vielen Fällen sind nicht Schul- oder Universitätsjahre an sich entscheidend für die Einschätzung der Produktivität der Arbeitnehmer durch die Arbeitgeber. Vielmehr sendet ein Abschluß auch das Signal aus, daß der Bewerber fähig und diszipliniert genug ist, um beispielsweise sämtliche Hürden eines Universitätsstudiums inkl. solcher, die Soft Skills wie Organisationstalent erfordern, zu meistern. Des weiteren ist an der Humankapitaltheorie zu bemängeln, daß außer acht gelassen wird, daß der Zugang zu Bildungseinrichtungen und Berufen in der Realität bei Männern und Frauen nicht identisch ist. Mädchen, die einen Studiengang belegen oder einen Beruf erlernen wollen, der von Männern dominiert wird, haben meist höhere Hürden zu überwinden als Jungen. Dies gilt allerdings auch umgekehrt. Die Potentiale von Mädchen und Jungen können daher zwar identisch sein, das Investitionskalkül kann bei beiden aber durch faktische oder antizipierte Zutrittsbarrieren gestört sein. Die oben beschriebenen Feedback-Effekte und die Antizipation von Ungleichbehandlung können schon Ungleichgewichte hervorrufen, so daß nicht von gleichen Ausgangspositionen die Rede sein kann. Ein weiterer grundsätzlicher Kritikpunkt vor allem an der ökonomischen Theorie der Familie ist die rein monetäre Betrachtung.62 Nutzen ist in der Realität nicht nur aufgrund von Geld realisierbar, sondern auch durch die Arbeit selbst ist ein Nutzengewinn möglich. Arbeit wird in diesem Fall auch als Konsumgut angesehen. Damit läßt sich z. B. begründen, warum viele Frauen als Zweitverdiener trotz Ehegattensplittings und des damit geringen Zusatzeinkommens für ihre Arbeit dennoch sehr gern den Kontakt zum Arbeitsmarkt halten wollen. Hinzu kommt, daß sie damit eine für den Arbeitsmarkt relevante höhere Humankapitalausstattung realisieren, was sie 62

Vgl. zu den Kritikpunkten an der Spezialisierung Blau et al. (1998a), S. 40 ff.

III. Ökonomische Erklärungsansätze

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unabhängiger von ihrem jeweiligen Partner macht. In diesem Zusammenhang läßt sich auch die Annahme der sicheren Erwartungen kritisieren, denn eine rational handelnde Frau kann durchaus zusätzlich zu ihrem Mann und ohne finanzielle Notwendigkeit am Arbeitsmarkt tätig sein, weil sie eine hohe Risikoaversion hat und somit eine Trennung vom Mann oder dessen Tod als Möglichkeit in Betracht zieht. Dieses Verhalten ist dann zwar vielleicht nicht ökonomisch, wohl aber ihren Präferenzen gemäß rational. 5. Erklärungsansätze mit asymmetrischer Informationsverteilung a) Screening und statistische Diskriminierung Sämtliche bis hierhin beschriebenen Theorien gehen von symmetrischer Informationsverteilung und sicherem Planungshorizont aus. Diese Annahme soll hier, ebenso wie die neoklassische Annahme homogener Arbeit, fallengelassen werden. Wenn asymmetrische Informationsverteilung vorherrscht, besitzen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterschiedlich detaillierte bzw. sichere Informationen über sich selbst und die jeweils andere Partei, was ihnen Entscheidungen erschwert. Das Wissen über den anderen ist eingeschränkt, und jede Informationsgewinnung zur Ausweitung des Wissens verursacht Kosten. Bei Einstellung ist dem Arbeitgeber daher nichts über die wahre Produktivität des Arbeitnehmers bekannt, da diese erst während der Verrichtung der Arbeit selbst feststellbar ist, weshalb häufig Probezeiten festgelegt werden. Nach der Konzeption des „Screening“63 versucht der Arbeitgeber nun, da er die tatsächliche Produktivität eines Bewerbers vor der Einstellung nicht beobachten kann, aufgrund anderer beim Bewerber beobachtbarer persönlicher und Gruppenmerkmale, bei denen er einen Zusammenhang mit der Produktivität vermutet, Rückschlüsse auf die tatsächliche Produktivität des Bewerbers zu ziehen. Individuelle Merkmale können Zeugnisse, Berufserfahrung oder Ergebnisse von Einstellungstests sein, zu den Gruppenmerkmalen gehören Geschlecht, Alter, Nationalität, Familienstand und Kinderzahl, die Qualität der besuchten Bildungseinrichtungen usw. Die kostengünstigsten Informationen liefern solche Merkmale, die auf den ersten Blick zu erkennen sind, wohingegen beispielsweise Einstellungstests mit höherem Aufwand verbunden sind.64 63

Vgl. Stiglitz (1975). Cornell/Welch (1996) argumentieren in diesem Zusammenhang, daß Arbeitgeber Arbeitnehmer, die denselben kulturellen Hintergrund (dies kann sich z. B. auch auf Rasse oder Geschlecht beziehen) besäßen wie sie selbst, besser einschätzen könnten, so daß hier die Screening-Kosten sänken und aufgrund des geringeren Risikos die Einstellungschancen für diese Bewerber stiegen. 64

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A. Benachteiligung von Frauen

Statistische Diskriminierung65 kann immer dann entstehen, wenn Gruppenmerkmale zur Beurteilung des Bewerbers herangezogen werden. In diesem Fall schließt der Arbeitgeber von den ihm bekannten durchschnittlichen Fähigkeiten der Gruppe, der der Bewerber angehört, auf die Fähigkeiten des individuellen Bewerbers. Im Fall der Frauen heißt das, daß dem Arbeitgeber bekannt ist, daß die Durchschnittsproduktivität der Frauen aufgrund geringerer Humankapitalinvestitionen gegenüber der der Männer niedriger ist und auch, daß viele Frauen diskontinuierliche Erwerbsverläufe aufweisen und somit ein Risiko für das Unternehmen in bezug auf Investitionen in betriebsspezifisches Humankapital darstellen können, da diese sich evtl. nicht amortisieren können. Mehr als die Gruppe der Männer setzt sich also die Gruppe der Frauen nicht aus homogenen Mitgliedern zusammen, sondern aus mehr oder weniger produktiven sowie aus solchen, die eine Erwerbsunterbrechung planen, und solchen, die dies nicht tun. Unter der Annahme, daß Frauen denselben Lohn wie Männer erhalten, wäre es für den Unternehmer rational, nur Männer zu beschäftigen, da diese für das Unternehmen nicht nur geringere Risiken bergen, sondern durchschnittlich auch eine höhere Produktivität aufweisen. Sind unterschiedliche Lohnsätze möglich, so liegt derjenige der Frauen unter dem der Männer, wobei die Frauen als Gruppe dann nicht diskriminiert werden, wenn ihre Durchschnittsproduktivität tatsächlich so weit unter der der Männer liegt, wie sich die beiden Löhne unterscheiden.66 Das hat allerdings zur Konsequenz, daß einige Frauen als Individuen oder Untergruppe (z. B. überdurchschnittlich produktive oder ledige ohne Kinder) durchaus diskriminiert werden, wohingegen andere im Vorteil sind. Daher werden bei der Einstellung oder der Entlohnung all die Frauen benachteiligt, die eigentlich besonders wertvoll für das Unternehmen wären. Dabei ist das Verhalten des Unternehmers dennoch konsistent mit dem Streben nach Gewinnmaximierung und daher auch mit Persistenz, denn es kann rentabler sein, auf diese Frauen zu verzichten als weitere kostspielige Screening-Instrumente einzusetzen. Wege aus der Persistenz sind in diesem Modell nur durch preiswertere und gleichzeitig leistungsfähige Screening-Instrumente möglich. Sollte ein Konkurrenzunternehmen über solche verfügen, dann sollte es keine Pro65

Vgl. Phelps (1972), Arrow (1973) und Aigner/Cain (1977). Selbst wenn der Lohnunterschied größer ist als der Produktivitätsunterschied, muß nicht notwendigerweise echte Diskriminierung vorliegen, denn dies könnte auch darauf beruhen, daß der (risikoaverse) Unternehmer bei der Entlohnung von Frauen eine Risikoprämie einplant, die eine mögliche Fehlentscheidung bei der Einstellung einer weiblichen Arbeitskraft kompensieren soll. Die Wahrscheinlichkeit für eine Fehlentscheidung ist bei heterogeneren Gruppen größer, und Frauen stellen, wie zuvor beschrieben, im Vergleich zu Männern und bezogen auf ihre Produktivität oder andere relevante Merkmale eine solche dar. Vgl. dazu Aigner/Cain (1977), S. 180 ff. 66

III. Ökonomische Erklärungsansätze

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bleme haben, unterbezahlte Frauen mit dem Angebot eines höheren Lohns aus anderen Firmen abzuwerben. Oder aber dieser Vorgang offenbart dem ursprünglichen Arbeitgeber den wahren „Wert“ der Frau, und er wird dadurch ihren Lohn erhöhen, um sie zu halten. Bessere Screening-Instrumente sind vor allem solche, die von einer homogeneren Gruppe als Bewertungsbasis ausgehen als von der sehr heterogenen der gesamten Frauen. Wenn ein Arbeitgeber also schon allein den Familienstand, das Alter u. ä. Merkmale mit einbezieht67, kann er eine Auswahl derjenigen Frauen treffen, die nicht nur innerhalb der Gesamtgruppe der Frauen durchschnittlich produktiver sind und weniger Ausfallrisiken aufweisen, sondern die auch homogener und dadurch einfacher zu beurteilen sind, so daß das Risiko einer Fehlentscheidung deutlich verringert wird. Diese Auswahl führt allerdings auch dazu, daß Frauen, die noch weitere Risikomerkmale aufweisen, um so mehr benachteiligt werden. Ähnliche Überlegungen stellt ein Unternehmer bei Beförderungen oder der Entscheidung über die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen an, obwohl ihm bis zu diesen Entscheidungen schon mehr Informationen über die Arbeitnehmer vorliegen als noch bei der Einstellung. Besonders nachteilig für karrierebewußte Frauen wirken sich zwei weitere Zusammenhänge aus: Häufig wenden Arbeitgeber, weil es kostengünstiger ist oder sie vielleicht schon vorliegen, veraltete Maßstäbe an68, wenn sie die Durchschnittsproduktivität der Frauen bestimmen. In einer Zeit, in der die Partizipationsrate der Frauen von Jahr zu Jahr steigt, können veraltete Annahmen sich besonders negativ auswirken. Das zweite Hemmnis liegt in den Feedback-Effekten, die schon im vorangegangenen Abschnitt angesprochen wurden. Dadurch, daß Frauen mit Nachteilen welcher Art und aus welchem Grund auch immer am Arbeitsmarkt rechnen, schränken sie ihre Humankapitalinvestitionen ein, und so kann es zu einer self-fulfilling prophecy kommen. So behalten Unternehmer recht, wenn sie die Arbeitskraft und die Teilnahme am Arbeitsmarkt bei Frauen geringer einschätzen und dementsprechend handeln. Das gleiche ist der Fall, wenn Frauen kündigen, weil sie im Unternehmen weniger gefördert werden als Männer, denn dann erfüllt sich die Annahme des diskontinuierlichen Erwerbsverlaufs bzw. der geringeren Betriebsbindung. Ohne die Berücksichtigung von Feedback-Effekten ist das Modell der statistischen Diskriminierung langfristig nicht haltbar, da der Unternehmer mit der Zeit die wahre Produktivität der Frauen herausfindet und aufgrund 67

Die Annahme, daß der ursprüngliche Arbeitgeber dies nicht tut, ist dabei nur hypothetisch und keineswegs realistisch, da auch die Information zu diesen Merkmalen alles andere als kostspielig sind. 68 Häufig sind diese Maßstäbe zudem falsch oder übertrieben.

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A. Benachteiligung von Frauen

des Konkurrenzdrucks seine Erwartungen bei neuen Bewerberinnen anpaßt. Sollten sich die Qualifikationssituation sowie die Wahrscheinlichkeit für diskontinuierliche Erwerbstätigkeit sehr schnell über die Zeit ändern, so ist ein time lag aufgrund von Anpassungsvorgängen erklärbar. Irgendwann aber muß aufgrund des Wettbewerbs die systematische Schlechterstellung der Frauen verschwinden, solange diese auf falschen Annahmen beruht.69 Ist hingegen die Annahme der unterschiedlichen Produktivität z. B. aufgrund von Feedback-Effekten korrekt, so ist es nur logisch, wenn hoch qualifizierte Frauen durch den Mechanismus benachteiligt werden und erst nach längerer Zeit bei einem Unternehmen ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen können. b) Signaling-Unterschiede und Selbstselektion Wenn Informationsasymmetrien vorliegen, haben Arbeitgeber neben dem aktiven Screening die Möglichkeit, sich passiv zu verhalten und vom Bewerber ausgesandte Signale auszuwerten. Signale wie z. B. Schulzeugnisse können ein Hinweis darauf sein, wie gut ein Bewerber für eine bestimmte Stelle geeignet ist. Das Signaling70 geht von der Prämisse aus, daß es nicht kostenlos ist, ein solches Signal zu erwerben und auszusenden, und daß diese Möglichkeit somit nur von solchen Arbeitnehmern genutzt wird, bei denen der Nutzen des Signals die Kosten für den Erwerb übersteigen. So durchlaufen die einzelnen Bewerber nur solche Ausbildungen, bei denen sie persönlich nicht unverhältnismäßig hohe Kosten in Form von Geld, Zeit und „Lernenergie“ aufbringen müssen. Arbeitsanbieter investieren nach ökonomischem Kalkül also solange in immer höhere Signale, bis die Grenzkosten der Investitionen dem Grenzertrag in Form von höherem erwarteten Einkommen entsprechen. Diesen Prozeß der Selbstselektion nutzen die Arbeitsnachfrager aus, indem sie davon ausgehen, daß höhere Signale höhere Produktivität71 bedeuten, und entlohnen den Arbeitsanbieter entsprechend diesem Signal. Wegen der höheren Varianz in ihrer Gruppe oder aufgrund von Vorurteilen ist es möglich, daß Frauen stärkere Signale setzen müssen als Männer, 69 Lundberg/Startz (2003) weisen in einem statischen Modellrahmen ohne Informationsgewinnung formal nach, daß statistische Diskriminierung mit gewinnmaximierenden Unternehmen bei vollkommener Konkurrenz allokativ nicht optimal ist und daß die Allokationseffizienz durch ein Verbot von statistischer Diskriminierung verbessert werden kann. 70 Vgl. Spence (1973). 71 Der Abschluß einer bestimmten Ausbildung weist nicht nur den Erwerb fachlicher Kenntnisse nach, sondern er signalisiert zusätzlich, daß beim Bewerber bestimmte Persönlichkeitsmerkmale vorhanden sind, ohne die er die Ausbildung nicht hätte absolvieren können.

III. Ökonomische Erklärungsansätze

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wenn sie sich um dieselbe Stelle bewerben.72 Damit möchte der Arbeitsnachfrager Fehlentscheidungen unwahrscheinlicher machen bzw. kompensieren. Wenn angenommen wird, daß die Produktivität von Frauen und Männern potentiell gleich ist, wird der Männeranteil auf allen hierarchischen Ebenen, auf denen Frauen stärkere Signale setzen müssen, größer sein als der Frauenanteil. Es liegt also eine Benachteiligung der Frauen vor. Weiterhin können Frauen dadurch benachteiligt sein, daß für sie aufgrund verschiedener Hemmnisse der Erwerb eines Signals mit höheren Kosten verbunden ist als für Männer. Dies konnten noch vor nicht allzu langer Zeit institutionelle Schranken sein und noch heute insbesondere gesellschaftliche Vorbehalte gegenüber Frauen in bestimmten Berufen oder auf Qualifikationsstufen. Wegen der dadurch höheren Investitionskosten liegt bei Frauen das Signalniveau, bei dem Grenzkosten und Grenzertrag identisch sind, unter dem Niveau der Männer, weshalb Frauen durchschnittlich geringere Signale aufweisen, obwohl sie möglicherweise identische Kosten zu tragen haben. Neben Qualifikationszertifikaten ist die Nennung von Gehaltsvorstellungen eine weitere Art der Aussendung von Signalen, die allerdings kostenlos ist. Indem davon ausgegangen wird, daß sich Arbeitnehmer nicht oder nur gering unter Wert verkaufen wollen, findet eine positive Selbstselektion derjenigen statt, die genügend hohe, aber nicht übertriebene Gehaltsvorstellungen nennen, so daß der Arbeitgeber dies als ein Zeichen für hohe Produktivität auslegt. Negativ sortieren sich solche aus, die zu geringe Vorstellungen haben. Diese niedrigen Gehaltsvorstellungen müssen allerdings nicht unbedingt mit geringerer Produktivität einhergehen, sondern können ihre Ursache auch darin haben, daß der Bewerber schon einige Male, z. B. aufgrund von Diskriminierung, von anderen Unternehmen abgelehnt worden ist, so daß er sich gezwungen sieht, seine Vorstellungen sukzessive zu senken. Diesen Prozeß oder alternativ niedrigere Forderungen aufgrund der Antizipation von Diskriminierung kann man sich insbesondere bei Frauen vorstellen. Sollten Frauen tatsächlich systematisch niedrigere Lohnforderungen stellen als angemessen wären, so könnte dies eine Erklärung dafür sein, warum sie deshalb sehr häufig überqualifiziert beschäftigt sind.73 Solange vollständige Flexibilität zwischen den Stellen eines Unternehmens herrscht, ist obiges Argument langfristig jedoch nicht gültig, da, ebenso wie bei der statistischen Diskriminierung, der Arbeitgeber mit der 72

Oft wird ein Signal überhaupt nur von Frauen erwartet: Frauen als „potentielle Mütter“ müssen dem Unternehmen glaubhaft machen, daß sie nicht planen, ihre Karriere zu unterbrechen, während ein solches Signal aufgrund gesellschaftlicher Konventionen von Männern gar nicht verlangt wird (vgl. Lechner (1998), S. 187). 73 Zu dieser Idee siehe Kapphan (1994), S. 90. Zum daraus resultierenden Thema Überqualifikation siehe Kap. C.V.

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A. Benachteiligung von Frauen

Zeit die wahren Fähigkeiten der Frauen erkennen muß und sie adäquat zu höherem Lohn beschäftigen wird. Auch hier ist lediglich ein time lag erklärbar. Allerdings ist auch hier eine Benachteiligung von Frauen aufgrund von Feedback-Effekten nicht zu unterschätzen. Wenn Frauen eine „Familienpause“ oder Diskriminierung antizipieren, dann werden sie sich womöglich aus Kostengründen dazu entschließen, bestimmte Zertifikate erst gar nicht zu erwerben. 6. Der Einfluß von Arbeitsverträgen und Lohnbildung a) Unterschiedliche Arbeitsverträge für Männer und Frauen Die in diesem Abschnitt beschriebenen Ansätze sollen erklären, wie die Lohnbildung selbst systematisch zu unterschiedlichen Löhnen bei Männern und Frauen führen kann. Die Ansätze sind grundsätzlich neoklassisch orientiert, distanzieren sich aber von der freien Lohnbildung auf dem Arbeitsmarkt mit dem daraus resultierenden Gleichgewichtslohn, bei dem sich Angebot und Nachfrage treffen. Zunächst soll anhand der Theorie impliziter Verträge74 erklärt werden, wie es zu unterschiedlichen Arbeitsverträgen bei Männern und Frauen kommen kann und was daraus resultiert. Grundlage bildet dabei die Überlegung, daß Arbeitnehmer und Arbeitgeber unterschiedliche Ziele verfolgen. Arbeitnehmer wollen vor allem ein hohes Einkommen erzielen und gleichzeitig viel Freizeit, sie streben Flexibilität in Form von freier Zeiteinteilung und einfach durchführbaren Arbeitsplatzwechseln an, wobei sie sich aber vor Entlassung und Arbeitslosigkeit geschützt wissen wollen. Arbeitgeber hingegen haben zum Ziel, daß der Arbeitnehmer möglichst seine volle Produktivitätskapazität ausnutzt bei gleichzeitig möglichst geringem Lohn. Auch sie streben Flexibilität an, die sich allerdings auf die Möglichkeit umkomplizierter Entlassungen in schlechten Konjunkturphasen bezieht sowie darauf, in besseren Phasen schnell und einfach gut qualifizierte Arbeitnehmer einstellen zu können. Die Theorie der impliziten Verträge geht nun von Arbeitsverträgen mit zwei Teilvereinbarungen aus: zum einen der offiziellen, juristisch einklagbaren, die Entlohnung und Arbeitseinkommen regelt, und zum anderen einer freiwilligen, inoffiziellen und damit impliziten Vereinbarung, die Kün74 Vgl. zur Theorie impliziter Verträge den Survey von Rosen (1985). Die zur Theorie impliziter Verträge, auch Kontrakttheorie genannt, zusammengefaßten Ansätze wurden fast zeitgleich, aber unabhängig voneinander von Azariades (1975), Baily (1974) und Gordon (1974) entwickelt. Die hier gewählte Darstellung ist angelehnt an Franz (2003), S. 310 ff.

III. Ökonomische Erklärungsansätze

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digungsschutz und stetiges Einkommen garantieren soll und sowohl den Interessen des Arbeitgebers als auch denen des Arbeitnehmers entgegenkommt. Dies ist dadurch möglich, daß der Arbeitgeber sich implizit bereit erklärt, den Arbeitnehmer, außer bei stark und dauerhaft rückläufiger Geschäftslage, nicht zu entlassen, sondern ihn weiterhin zu beschäftigen und ggf. nur mit Urlaub oder Kurzarbeit zu reagieren. Der Arbeitnehmer seinerseits verspricht ebenfalls, nicht zu kündigen. Außerdem kann Vertragsbestandteil sein, daß der Arbeitnehmer bei guter Geschäftslage mehr und bei schlechter weniger arbeitet. Zu dieser scheinbar hauptsächlich dem Arbeitnehmer entgegenkommenden Regelung ist der Arbeitgeber nur bereit, wenn der Arbeitnehmer einen Lohn unter seiner Produktivität akzeptiert, denn den restlichen Teil behält der Arbeitgeber als „Versicherungsprämie“ ein, um dem Arbeitnehmer damit Arbeitsplatzsicherheit und von der Konjunkturlage unabhängige und damit gleichbleibende Lohnzahlungen garantieren zu können. Je risikoscheuer ein Arbeitnehmer ist, desto höhere Lohnabschläge zugunsten von mehr Sicherheit wird er akzeptieren. Je risikofreudiger ein Arbeitnehmer jedoch ist, desto höhere Löhne wird er verlangen und desto geringer wird seine Neigung sein, überhaupt einen impliziten Vertrag abzuschließen. Im Gegenzug dazu wird er jedoch zu den ersten gehören, die bei sich dauerhaft verschlechternder Geschäftslage entlassen werden. Die daraus resultierende Arbeitslosigkeit kann man jedoch als freiwillig bezeichnen, da dieser Arbeitnehmer keinen oder nur einen relativ schwachen impliziten Vertrag abgeschlossen und somit eine baldige Entlassung billigend in Kauf genommen hat. Da es sich bei dieser Vereinbarung um implizite Vertragsbestandteile handelt, sind die Forderungen daraus nicht einklagbar. Trotzdem liegt beiden Vertragspartnern an der Einhaltung: Der risikoscheue Arbeitnehmer wird weder kündigen noch höhere Löhne verlangen, da er ja den Wunsch nach Arbeitsplatzsicherheit mit stetiger Lohnzahlung hegt. Dies ist insbesondere deshalb der Fall, weil einzelne Beschäftigte im Gegensatz zu Unternehmen in der Regel nur beschränkten Zugang zum Kapitalmarkt haben, weshalb sie Einkommensschwankungen oft nur schwer durch Verschuldung ausgleichen können.75 Der Arbeitgeber hingegen profitiert von der Bezahlung des Arbeitnehmers unter seiner Produktivität und hätte bei Nichteinhaltung seinen Ruf zu verlieren, was in einer verschlechterten zukünftigen Verhandlungsposition resultiert. Diese Theorie kann einen Beitrag zu den Unterschieden von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt liefern, wenn man unterschiedliche Risikoneigungen für diese beiden Gruppen unterstellt. Dies kann damit begründet werden, daß Frauen aus unterschiedlichen Gründen einen kürzeren Zeithori75

Vgl. Franz (2003), S. 312.

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A. Benachteiligung von Frauen

zont für ihre Beschäftigung einplanen. Erwerbsunterbrechungen aufgrund einer oder mehrerer Familienphasen oder der erwartete Zwang zum Umzug und damit Aufgabe einer Tätigkeit aufgrund eines Ortswechsels des Mannes können Ursache für diese eher kurzfristigen Planungen sein. Auch die häufig geringere Humankapitalausstattung der Frauen im Verhältnis zu der der Männer tragen dazu bei, daß die Frauen sich nach ihren Männern richten, da diese dann eher für die Sicherung des Familieneinkommens zuständig sind. Somit haben Frauen kaum ein Interesse daran, zugunsten von Beschäftigungssicherheit auf Lohn zu verzichten, da diese Sicherheit innerhalb der Familie wieder zunichte gemacht werden kann. Zudem ist der Arbeitplatzverlust der Frau in einer Familie häufig nicht so schmerzhaft wie der des Mannes, da die Frau oft nur zusätzliches Einkommen verdient, auf das im Notfall auch verzichtet werden kann. Dies alles führt dazu, daß Frauen eher als Männer als risikofreudig angesehen werden können. Daher werden sie seltener implizite Verträge abschließen, was in einem höheren Arbeitsplatzverlustrisiko, aber auch in häufiger schwankenden und insgesamt höheren Löhnen resultiert. Dies erscheint im Hinblick auf die durchschnittlich geringeren Löhne der Frauen zunächst überraschend. Dieser Widerspruch kann jedoch aufgelöst werden, wenn man sich vorstellt, daß der eigentliche Grund für die Lohndifferenz z. B. in unterschiedlichen Humankapitalausstattungen oder in Diskriminierung zu suchen ist, während der oben beschriebene Mechanismus dieser Diskrepanz entgegenwirkt. Ohne diese impliziten Verträge, die hauptsächlich Männer abschließen, wäre die Lohnlücke also eventuell noch größer. Das höhere Arbeitslosigkeitsrisiko für Frauen ist empirisch nicht nachgewiesen. Aber auch hier muß man bedenken, welche anderen Faktoren, wie z. B. Unterschiede in der Verteilung auf Branchen und Berufe, dieses Risiko beeinflussen. Auch hier können sich gegensätzliche Wirkungen aufheben. Insgesamt scheint diese Theorie in Deutschland nur eine untergeordnete Rolle zu spielen, da hier Löhne hauptsächlich kollektiv ausgehandelt werden. Bei außertariflich beschäftigten und bezahlten Mitarbeitern, die eine hohe Qualifikation oder Spezialisierung aufweisen, kann diese Theorie hingegen eine Bedeutung haben. Auch wäre es denkbar, daß Gewerkschaften für ihre Mitglieder oder Betriebsräte für die Belegschaft insgesamt implizite Verträge aushandeln.76 Inwieweit dabei wiederum Frauen auf eine weitere Weise benachteiligt werden können, wird im übernächsten Abschnitt beschrieben.

76

Vgl. zu der Relevanz der Theorie Franz (2003), S. 312.

III. Ökonomische Erklärungsansätze

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b) Effizienzlohntheorien aa) Die Funktionen von Effizienzlöhnen Die verschiedenen Ansätze der Effizienzlohntheorien77 zeigen auf, wie es aus Arbeitgebersicht und aufgrund der Verfolgung seiner Ziele zu Löhnen kommen kann, die über dem markträumenden Gleichgewicht der Neoklassik liegen. Im Gegensatz zur allgemeinen Gleichgewichtstheorie spielen bei diesen Ansätzen Transaktionskosten eine wichtige Rolle. Die Mechanismen, die zu den erhöhten Lohnen führen, sind dabei rational im Sinne von gewinnmaximierend, müssen also nicht aufgrund von Wettbewerb langfristig verschwinden. Sie begründen die Existenz von Arbeitslosigkeit, die nicht durch Lohnunterbietungen abgebaut werden kann. Effizienzlohntheorien sind also konträr zur Neoklassik, die davon ausgeht, daß es keine unfreiwillige Arbeitslosigkeit gibt, da Arbeitslose immer den Lohn der Arbeitenden unterbieten können und zu diesem Lohn dann eingestellt werden. Der Lohn wird dabei so lange gesenkt, bis sich ein Gleichgewichtslohn bildet, bei dem sich Angebot und Nachfrage treffen und bei dem kein Arbeitsloser mehr bereit ist, diesen zu unterbieten, da er ihm keine Nutzenerhöhung mehr bringt im Vergleich zu seiner Situation als Arbeitsloser. Die Theorie der Effizienzlöhne beruht auf der Vorstellung, daß der Arbeitgeber durch die Zahlung höherer Löhne andere Kosten vermeiden kann, die den Lohnaufschlag übersteigen würden. Kosten können zunächst einmal dadurch vermieden werden, daß mit höheren Löhnen Shirking, also das Drücken vor der Arbeit, unterbunden werden kann. Zweitens sorgt der Arbeitgeber durch den Lohnaufschlag für geringere Fluktuationskosten, da weniger Mitarbeiter den Anreiz haben zu kündigen. Außerdem können höhere Löhne eine Selektionsfunktion haben, indem sich nur adäquat qualifizierte Bewerber für eine Stelle bewerben, wohingegen unproduktivere sich auf Stellenangebote mit niedrigerem Lohn bewerben. Dafür sinkt für den Arbeitgeber das Risiko, den falschen Bewerber auszuwählen. Zuletzt sind noch die soziologischen Ansätze zum Effizienzlohn zu nennen, die Gerechtigkeit und soziale Normen ins Spiel bringen. Der am weitesten verbreitete Grund für die Zahlung von Effizienzlöhnen ist vermutlich die Vermeidung von Shirking78. Üblicherweise wird davon ausgegangen, daß Arbeit einen negativen Nutzen stiftet und Arbeitnehmer deswegen versuchen, ihre Anstrengungen möglichst gering zu halten. Für 77

Übersichten zu diesen Ansätzen finden sich z. B. bei Akerlof/Yellen (1986), Stiglitz (1987), Scheuer (1987) und Gerlach/Hübler (1989). 78 Vgl. Yellen (1984), S. 201 f., für einen Überblick über effizienzlohntheoretische Shirking-Modelle.

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den Arbeitgeber besteht nun das Problem, daß in Arbeitsverträgen weder die Arbeitsintensität noch das Ergebnis explizit festgelegt werden kann. Selbst wenn dies möglich wäre, ergäbe sich immer noch das Problem, daß der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht vollständig im Hinblick auf seine Anstrengungen kontrollieren kann bzw. nur unter sehr großem Kostenaufwand. Daher kann der Arbeitnehmer seine Anstrengungen in gewissem Maße variieren. Sollte dennoch eine Kontrolle erfolgen, muß er damit rechnen, bei „Bummelei“ sofort seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Da der Arbeitgeber grundsätzlich keinerlei Interesse daran hat, Vertragsverhältnisse mit Arbeitnehmern aufzulösen, wird er versuchen, „Bummelei“ vorzubeugen. Dies kann er nach der Effizienzlohntheorie dadurch erreichen, daß er einen Leistungsanreiz setzt, indem er dem Arbeitnehmer einen Lohn über seinem Wertgrenzprodukt zahlt. Dieser erhöhte Lohn erfüllt somit einen Kontrollund Anreizeffekt, denn er diszipliniert den Arbeitnehmer dauerhaft trotz nur sehr unregelmäßiger und seltener Kontrollen. Dem Arbeitnehmer entstehen wegen dieses erhöhten Lohns höhere Opportunitätskosten, da er beim Verlust seines Arbeitsplatzes bei einem anderen Arbeitgeber nur zu einem geringeren Lohn beschäftigt oder aber arbeitslos würde, womit insgesamt eine Nutzeneinbuße verbunden wäre. Die Höhe der Effizienzlöhne muß in Relation zur allgemeinen Arbeitslosenquote gesehen werden: Ist diese hoch, erfüllt sie selbst schon eine Disziplinierungsfunktion, und es sind keine besonders hohen Effizienzlöhne nötig. In den oberen Ebenen der Lohnhierarchie werden Effizienzlöhne immer wichtiger, da eine Kontrolle dort schwieriger wird und zudem Shirking für das Unternehmen einen viel größeren Verlust bedeuten würde als auf niedrigeren Hierarchiestufen.79 Zudem motivieren Effizienzlöhne nicht nur zu einer guten Leistung, um den Arbeitsplatz nicht zu verlieren, sondern auch, um befördert zu werden, da auf der nächsthöheren Ebene ebenfalls Effizienzlöhne gezahlt werden, evtl. sogar prozentual höhere. Somit können Effizienzlöhne auch indirekt einen Beförderungseffekt haben, da sie Anreize setzen können, sich um eine Beförderung zu bemühen. Ein dritter Grund für die Zahlung von Effizienzlöhnen kann die damit verbundene Vermeidung von Fluktuation und deren Kosten sein.80 Durch die 79 Eine andere Möglichkeit, Shirking zu verhindern, kann die Entlohnung nach Seniorität sein. Hierbei wird ein Arbeitnehmer zu Beginn seiner Karriere unter seinem Wertgrenzprodukt entlohnt (u. a. um ihn damit an den Kosten für den Aufbau von betriebsspezifischem Humankapital zu beteiligen), während er gegen Ende seiner Karriere einen Lohn über seinem Wertgrenzprodukt erhält. Dies erfüllt den Zweck, ihn an den Betrieb zu binden sowie ihn zu einer hohen Leistung zu motivieren, da er sonst den Verlust seines Arbeitsplatzes mit seinem späteren Anspruch auf einen erhöhten Lohn riskieren würde. 80 Vgl. Stiglitz (1974) und Salop (1979).

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hohen Opportunitätskosten, die dem Arbeitnehmer bei Zahlung von Effizienzlöhnen entstehen, wird er daran interessiert sein, so lange wie möglich bei seinem Arbeitgeber beschäftigt zu bleiben. Effizienzlöhne können also einen Bindungseffekt haben. Wenn dieser Mechanismus wirkt, kann der Arbeitgeber hohe Fluktuationskosten durch das Anwerben und Einarbeiten neuer Mitarbeiter und den Verlust betriebsspezifischen Humankapitals beim abwandernden Arbeitnehmer vermeiden sowie sein Produktivitätsniveau erhalten, weil die „guten“ Arbeitnehmer im Unternehmen verbleiben.81 Auch in diesem Zusammenhang macht sich die Arbeitslosenquote bemerkbar: Der Bewerberpool ist bei einer geringen Arbeitslosenquote kleiner, und die Arbeitgeber haben ein Interesse daran, die Arbeitnehmer über hohe Löhne zu binden, da sich u. U. nur sehr schwer wieder ein geeigneter Bewerber findet. Die vierte Funktion von Effizienzlöhnen besteht im Selektionseffekt 82. Wenn bei asymmetrischer Informationsverteilung heterogene Bewerber nur schwer ex ante beurteilt werden können, kann die Festsetzung eines sehr hohen Lohns eine positive Selbstselektion hoch qualifizierter und geeigneter Bewerber bewirken, während schlechtere Arbeitsanbieter sich erst gar nicht bewerben, weil sie ihre Chancen für zu gering halten, sich die geforderte Leistung nicht zutrauen und sich somit die Bewerbungskosten nicht lohnen. Hohe Löhne, insbesondere Effizienzlöhne, können also einen Selektionseffekt haben. Dabei wird davon ausgegangen, daß der Anspruchslohn, ab dem sich ein Arbeitsanbieter bewirbt, positiv mit seinen Fähigkeiten korreliert ist. Bei einer automatischen Aussortierung der schlechteren Bewerber sinkt das Risiko für den Arbeitgeber, einen schlechten Bewerber auszuwählen. Damit sinken die Gefahr eines Mismatchs und die damit verbundenen Fluktuationskosten in Form einer Kündigung und anschließenden Suche nach einem besseren Bewerber. Die soziologischen Ansätze zum Effizienzlohn schließlich betonen die Rolle der Gerechtigkeit und bringen soziale Normen ins Spiel. Zum einen kann argumentiert werden, daß die Arbeitnehmer den über ihrem Anspruchslohn liegenden Effektivlohn als „Gegengeschenk“ für eine erhöhte Arbeitsleistung bekommen.83 Eben durch diesen höheren Lohn fühlen sich die Arbeitnehmer verpflichtet, sich mit einer höheren Leistung zu revanchieren. Zum anderen kann die individuelle Leistungsbereitschaft davon abhängen, ob der erhaltene Lohn als „gerecht“ empfunden wird.84 Als Vergleichs81

Vgl. Salop/Salop (1976). Vgl. Weiss (1980) und Stiglitz/Weiss (1983). Dieser Ansatz ist auf das „Lemon-Problem“ von Akerlof (1970) zurückzuführen, bei dem sich analog gute Bewerber bei zu geringem Lohnniveau erst gar nicht bewerben (adverse Selektion). 83 Vgl. zum sogenannten Modell des „partial gift exchange“ Akerlof (1982) und (1984). 84 Vgl. zur „Fair-wage-Hypothese“ Akerlof/Yellen (1990). 82

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basis können die Löhne auf der nächsthöheren Hierarchiestufe, die Löhne vergleichbarer Arbeitnehmer in anderen Unternehmen oder aber die finanzielle Situation des Unternehmens dienen. Wird der Lohn als „gerecht“ empfunden, so sind die Arbeitskräfte auch zu einer hohen Leistung bereit. bb) Benachteiligung durch Effizienzlöhne Es kann zu Benachteiligung von Frauen kommen, wenn man unterschiedliche Shirking-Wahrscheinlichkeiten für Männer und Frauen unterstellt. Hierbei muß man sich allerdings fragen, ob die Annahme einer geringeren oder einer höheren Shirking-Neigung plausibler ist.85 Dies hängt stark mit der angenommenen Arbeitsangebotselastizität der Frauen zusammen. Wie schon im Zusammenhang mit den Theorien zur Marktmacht dargelegt, können Frauen aufgrund ihrer geringeren Humankapitalausstattung oder wegen ihrer geringeren regionalen Mobilität oder Flexibilität entweder eine niedrigere Arbeitsangebotselastizität besitzen oder aber eine höhere, falls die Familie nicht auf ihr zusätzliches Einkommen angewiesen ist, da die Frau dann eine sogenannte Exit-Option besitzt und nur dann arbeitet, wenn die Arbeit und die Entlohnung ihr zusagen.86 Wird den Frauen nun eine hohe Arbeitsangebotselastizität unterstellt, so folgt daraus, daß Frauen, um eine höhere Arbeitsleistung und die Bindung an das Unternehmen zu sichern, sehr hohe Effizienzlöhne gezahlt werden müssen. Unternehmen werden also zunächst nur Männer zu niedrigeren Effizienzlöhnen einstellen und nur dann Frauen beschäftigen, wenn sie ihren Arbeitskräftebedarf nicht allein über Männer decken können oder wenn die Effizienzlöhne für Männer steigen, eben weil diese von allen Unternehmen zuerst eingestellt und damit männliche Bewerber rar werden. Hier liegt also Arbeitsplatzdiskriminierung mit höherem Arbeitslosigkeitsrisiko für Frauen vor, da Frauen seltener eingestellt werden. Lohndiskriminierung hingegen kann nicht festgestellt werden. Denn wenn Frauen eingestellt werden, dann werden sie höher als Männer bezahlt. Frauen können dann sogar ein Interesse daran haben, bei Firmen zu arbeiten, die ihnen eine besonders hohe Shirking-Neigung unterstellen, da sie dort besonders hoch entlohnt werden. 85

Auch in diesem Fall liegt wieder statistische Diskriminierung vor, wenn Unternehmen von der „durchschnittlichen“ Frau ausgehen. Denn auch hier werden diejenigen Frauen statistisch diskriminiert und somit benachteiligt, die nicht dem durchschnittlichen Frauenbild entsprechen. 86 Weiterhin können Frauen eine höhere Shirking-Neigung aufweisen, wenn sie die Wahrscheinlichkeit, beim „Bummeln“ erwischt zu werden, als sehr gering einstufen oder wenn sie subjektiv davon ausgehen, nach einer Entlassung sehr schnell wieder einen Arbeitsplatz zu finden. Vgl. hierzu Kapphan (1994), S. 99.

III. Ökonomische Erklärungsansätze

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Wenn den Frauen hingegen eine geringe Arbeitsangebotselastizität unterstellt wird, dann ist eine geringere Shirking-Neigung zu erwarten. Dies führt dazu, daß die Frauen geringer entlohnt werden als die Männer, daß sie im Gegenzug aber auch ein geringeres Arbeitslosigkeitsrisiko aufweisen. Dies erscheint, empirisch gesehen, unter Vernachlässigung anderer Effekte wie die geringere Humankapitalausstattung von Frauen plausibler, da die Lohndifferenz ein stärkeres Problem zu sein scheint als das höhere Arbeitslosigkeitsrisiko von Frauen. Dies wäre theoretisch auch eine plausible Erklärung für die Vermutung, daß Frauen für die gleiche Arbeit geringer entlohnt werden, dies ist jedoch nicht erlaubt.87 Die Selektionswirkung von Effizienzlöhnen kann ebenfalls eine Benachteiligung von Frauen zur Folge haben, und zwar unter der Annahme, daß Frauen ihre Leistungsfähigkeit häufiger als Männer unterschätzen oder aus anderen Gründen antizipieren, daß Bewerbungsanstrengungen sich nicht auszahlen. c) Insider-Outsider-Theorie: die Rolle der Gewerkschaften und Betriebsräte aa) Gewerkschaften und Betriebsräte Bei den bisher betrachteten Theorien wurde außer acht gelassen, daß Löhne üblicherweise nicht individuell für einzelne Unternehmen oder Arbeitnehmer ausgehandelt werden, sondern kollektiv. Eine individuelle Gestaltung darüber hinaus ist nur eingeschränkt möglich, da die Löhne nach unten durch die Tarifverträge begrenzt sind. Üblicherweise werden Tarifverträge von Gewerkschaften als Arbeitnehmervertreter ausgehandelt, auf Unternehmensebene übernehmen Betriebsräte diesen Part. Während Gewerkschaften in Deutschland auf Bundes- oder Regionalebene Löhne und Arbeitszeitregelungen mit Arbeitgebervertretern aushandeln, haben Betriebsräte im Unternehmen ein Mitwirkungsrecht bei Arbeitszeitfestlegung, Personalangelegenheiten und der innerbetrieblichen Lohngestaltung. Empirisch läßt sich feststellen, daß der Organisationsgrad von Frauen sowohl in Gewerkschaften als auch im Betriebsrat viel geringer ist als bei Männern.88 Dies liegt u. a. auch daran, daß die Mitgliedschaften in beiden Organisationen faktisch nicht unabhängig voneinander sind, da Betriebsratsmitglieder häufig auch Gewerkschaftsmitglieder sind. Aus dieser Feststellung lassen sich verschiedene Benachteiligungen von Frauen ableiten. Zunächst soll auf zwei Ansätze der Lohnbildung eingegangen werden, danach 87 88

Vgl. Art. 3 GG; § 7 AGG. Vgl. Kap. A.V.2.c)bb).

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werden Meinungsbildungsmechanismen in Gewerkschaften beschrieben, und am Schluß wird auf die Benachteiligung von Frauen eingegangen. bb) Lohnbildungsprozeß Für die Einflußnahme von Gewerkschaften an der Lohnbildung sollen zwei gegensätzliche Theorien vorgestellt werden: der Monopolansatz und die Theorie effizienter Verhandlungen.89 Beide gehen davon aus, daß entweder die Gewerkschaften allein oder in Verhandlung mit den Arbeitgebern die Löhne festlegen; der neoklassische Gedanke des Gleichgewichtslohns, der durch Aktionen und Reaktionen jedes einzelnen Arbeitnehmer und Arbeitgebers zustande kommt und pareto-optimal im Hinblick auf Lohnhöhe und Beschäftigung ist, wird in beiden Modellen negiert. Nach dem Monopolansatz besteht die Aufgabe der Gewerkschaften darin, Löhne über dem Gleichgewichtslohnsatz bei Konkurrenz durchzusetzen. Der Gewerkschaft wird soviel Macht zugestanden, daß sie diejenige ist, die den Lohn festlegt, während die Unternehmen nur ihre Arbeitsnachfrage bei gegebenem Lohn anpassen. Die Gewerkschaft maximiert ihre Zielfunktion U(w, N) mit dem Lohn w und der Beschäftigung N und unterliegt dabei der Nebenbedingung einer fallenden Arbeitsnachfragekurve der Unternehmen. Die Durchsetzung eines höheren Lohns ist also mit weniger Beschäftigung verbunden und umgekehrt. Die Gewerkschaft hat die Möglichkeit, alle Arbeitnehmer zu kontrollieren, so daß niemand individuell den ausgehandelten Lohn unterbieten kann. Wenn die Gewerkschaft unter diesen Bedingungen den Lohn festlegt und die Unternehmen darauf reagieren, ergibt sich ein höherer Lohn als im Konkurrenzgleichgewicht, was unfreiwillige Arbeitslosigkeit zur Folge hat. Diese Lösung ist nicht paretooptimal, da es Möglichkeiten gibt, sowohl die Gewerkschaften als auch die Unternehmen besserzustellen. Die Annahme einer so mächtigen Gewerkschaft ist jedoch unrealistisch, da Löhne üblicherweise verhandelt und nicht allein von Gewerkschaften festgelegt werden. In dem realistischeren Fall, daß Verhandlungen zugelassen sind, sind demnach Pareto-Verbesserungen möglich. In der Theorie effizienter Verhandlungen verhandeln Arbeitgeber und Gewerkschaften simultan über Lohn und Beschäftigung, was unter der Annahme von nur zwei Verhandlungspartnern tatsächlich zu einer effizienten Lösung führen kann. Im Gegensatz zur Konkurrenzlösung ist diese dennoch suboptimal, da auch hier unfreiwillige Arbeitslosigkeit möglich ist. Allerdings ist auch bei dieser Theorie wieder zu bezweifeln, daß Gewerkschaften simultan über Löhne 89

Vgl. z. B. Landmann/Jerger (1999), S. 152 ff.

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und Beschäftigung verhandeln, vor allem deshalb, weil Gewerkschaften nur daran interessiert sein dürften, ihre Mitglieder in Beschäftigung zu belassen, und weniger daran, Arbeitslosen, die nur selten Gewerkschaftsmitglieder sind, einen neuen Arbeitsplatz zu verschaffen. Hierbei spielt die Meinungsbildung innerhalb der Gewerkschaft eine große Rolle, worauf im folgenden eingegangen werden soll. cc) Meinungsbildungsprozesse in Gewerkschaften und Frauenbenachteiligung Prozesse der Meinungsbildung in Gewerkschaften können gleichgesetzt werden mit dem Zustandekommen einer kollektiven Nutzenfunktion. Hier sollen zwei Modelle vorgestellt werden, die beschreiben sollen, wie die Nutzenfunktion einer Gewerkschaft gebildet wird bzw. inwieweit auch die davon abweichenden verschiedenen Ziele von Gewerkschaftsfunktionären eine Rolle spielen können. Mit beiden Ansätzen kann direkt eine Benachteiligung von Frauen erklärt werden. Wenn eine Gewerkschaft nur aus homogenen Mitgliedern bestünde, würde die Nutzenfunktion der gesamten Gewerkschaft die Nutzenfunktion jedes einzelnen Mitglieds widerspiegeln. Sind die Mitglieder jedoch heterogen, so entscheidet die Mehrheit oder die Führung über die Durchsetzung der Interessen. Die Nutzenfunktion heterogener Mitglieder kann demokratisch über das Medianwähler-Modell bestimmt werden: Hierbei entscheidet die Mehrheit und die Minderheit wird weitgehend übergangen. Wie schon eingangs angedeutet, ist der Organisationsgrad von Frauen sowohl in Gewerkschaften als auch in Betriebsräten viel geringer als bei Männern. Dies trägt dazu bei, daß die Gewerkschaftsführung, die immer um ihre Wiederwahl bemüht ist, sich an den männlichen Mitgliedern und ihren Interessen orientiert. Dies wiederum führt dazu, daß Männer sich von einer Gewerkschaftsmitgliedschaft viel eher angesprochen fühlen als Frauen, was die Unterschiede beim Organisationsgrad noch verschärft. Für Frauen erscheint es jetzt nicht mehr rational, in männerdominierte Gewerkschaften einzutreten. Somit werden die wenigen weiblichen Mitglieder innerhalb der Gewerkschaft zu Randfiguren und die vielen nicht organisierten zu Outsidern ohne Interessenvertretung. Wenn also die Gewerkschaften in Verhandlungen mit Unternehmen zu Zugeständnissen bereit sind, dann betreffen diese hauptsächlich Frauenarbeitsplätze. Wenn man in diesem Zusammenhang noch einmal die Theorie der impliziten Verträge aufgreift, wird deutlich, daß auch beim Aushandeln solcher Verträge für eine ganze Gruppe diejenigen, die in der Minderheit sind, benachteiligt werden können. Unter der Annahme, daß Frauen eine höhere Risikoneigung als Männer aufweisen, sie aber in Verträge einwilligen müssen, die von einer risikoaversen Mehrheit

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ausgehandelt worden sind, können sie auf diese Weise benachteiligt werden, da sie kaum Nutzen aus Arbeitsplatzsicherheit ziehen können. Eine andere Benachteiligungsquelle kann sich aus dem Prinzipal-Agenten-Modell mit der Gewerkschaft als Prinzipal und der Gewerkschaftsführung als Agenten mit eigenen Zielen ergeben. Diese eigenen Ziele können durchaus gegen die eigenen Gewerkschaftsmitglieder gerichtet sein, denn ein Funktionär kann z. B. ein Interesse an einem möglichst hohen Budget oder einer hohen Mitgliederzahl haben bzw. versuchen, den Anteil derjenigen, von denen er potentiell wiedergewählt würde, zu maximieren. Solange der Großteil der Mitglieder durch die Entscheidungen des Funktionärs nicht beeinträchtigt ist, kann dieser seine Ziele durchsetzen. So kann der Funktionär durchaus einen „taste for discrimination“ gegen Frauen pflegen, da diese ja in der Minderheit sind und dieser „taste“ zudem seinen männlichen Wählern zugute kommt. Ähnlich ist dies innerhalb der Unternehmen über den Betriebsrat möglich. In beiden Modellen werden also Frauen benachteiligt, weil sie in der Unterzahl sind. Dafür können verschiedene Ursachen ausschlaggebend sein: Generell sind Frauen gegenüber Männern am Arbeitsmarkt unterrepräsentiert. Zudem sind Frauen häufiger in Gruppen, die schwierig zu organisieren sind, da sie z. B. in Teilzeit arbeiten oder ungelernt sind. Denkbar ist bei Annahme einer hohen Arbeitsangebotselastizität mit geringer Betriebsbindung auch, daß sich Frauen nicht mit Gewerkschafts- oder Betriebsratsmitgliedschaft identifizieren können. Intersektorale Unterschiede spielen ebenfalls eine große Rolle, worauf noch detailliert in Kapitel B. eingegangen werden wird: Es gibt nur sehr wenige Sektoren, in denen Frauen die Mehrheit bilden, da sie viel stärker in Branchen und Berufen konzentriert sind als Männer. In diesen wenigen frauendominierten Branchen bilden Frauen durchaus in Gewerkschaften die Mehrheit und können so auch eher ihre Ziele durchsetzen. Hieraus müßten demnach intersektorale Lohnunterschiede resultieren. dd) Einflüsse der Gewerkschaften auf geschlechtsspezifische Lohnunterschiede Gewerkschaften spielen eine große Rolle bei der Zuteilung von Stellen zu Lohngruppen und bei der Grundlohnbildung in diesen Gruppen. Stellenbeschreibungen wiederum lassen erkennen, daß nur Personen mit bestimmten Berufen für die jeweilige Stelle geeignet sind. Berufe, die typischerweise von Frauen ausgeübt werden, werden traditionell häufig als solche mit leichten (körperlichen) Tätigkeiten angesehen und eingestuft, weshalb die zugehörigen Stellen eher den unteren Lohngruppen zugeordnet werden.

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Stellen hingegen, die eher von Männern besetzt werden, gelten u. a. aufgrund des Berufs des Inhabers als solche mit schwerer körperlicher Arbeit. Diese Ansicht ist historisch bedingt und bei dem aktuell steigenden Einfluß des Dienstleistungssektors häufig nicht mehr praxisrelevant, das traditionelle Bild wirkt aber durchaus noch nach. Einige Stellen unterscheiden sich tatsächlich in den erforderlichen Anstrengungen, andere hingegen werden nur deshalb niedrig eingestuft, weil sie üblicherweise von Frauen besetzt sind, denen generell schwerere Arbeiten nicht zugetraut werden. Neben dieser Überrepräsentation der Frauen in den niedrigen Lohngruppen spielt auch die Form von Lohnerhöhungen eine große Rolle. Wenn die Gewerkschaften prozentuale Erhöhungen bevorzugen, folgt daraus eine Vergrößerung der absoluten Lohnunterschiede, von denen die Frauen, die eher am unteren Ende der Skala zu finden sind, am meisten betroffen sind. Bei der gegebenen Verteilung der Geschlechter auf die Lohngruppen ließe sich die daraus resultierende relative Einkommensdifferenz nur durch absolute Lohnerhöhungen verringern. Es sprechen allerdings viele Gründe dagegen, nur zum Zweck der Angleichung der Frauenlöhne an die Männerlöhne die Lohnspreizung zu verringern. Zum einen weist die Lohnspreizung den Vorzug des Leistungsanreizes auf, zum anderen würde die isolierte Betrachtung nur einer Ursache für Lohnunterschiede noch nicht das Problem der Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt lösen. Diese Theorie kann auch einen Beitrag dazu liefern zu erklären, warum Löhne in verschiedenen Betriebsgrößenklassen und Branchen unterschiedlich hoch sind. Zum einen ist die Einrichtung eines Betriebsrats in kleinen Unternehmen keine Pflicht, was sich auch auf den gewerkschaftlichen Organisationsgrad in diesem Unternehmen auswirken dürfte. Zum anderen sind die Gewerkschaften in den einzelnen Branchen unterschiedlich einflußreich. Gerade im Niedriglohnsektor, der häufig auch durch große Arbeitsplatzunsicherheit gekennzeichnet ist und in dem viele Frauen anzutreffen sind, werden die Gewerkschaften Zurückhaltung bei Forderungen zur Lohnerhöhung üben. 7. Zusammenfassung der ökonomischen Erklärungsansätze Die dargestellten ökonomischen Erklärungsansätze bauen prinzipiell auf den Annahmen der allgemeinen Gleichgewichtstheorie auf, jedoch wird bei jedem Ansatz mindestens eine Annahme kritisiert und gelockert, da Diskriminierung bzw. systematische Benachteiligung sonst nicht erklärt werden kann. Das Präferenzmodell nimmt an, daß sich die Arbeitskräfte in einem beobachtbaren, aber nicht produktivitätsrelevanten Merkmal unterscheiden. Es ist wohl der am meisten verbreitete, allerdings auch am häufigsten kriti-

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sierte Ansatz zur Erklärung von Diskriminierung, denn Diskriminierung kann ohne eine Lockerung weiterer Annahmen nach diesem Ansatz nur kurzfristig, jedoch nicht in der langen Frist erklärt werden. Allerdings kann dieses Modell durchaus zur Erklärung von Segregation beitragen, daher wird es in Kap. B.II.2.b) wieder aufgegriffen werden. Ansätze mit Marktunvollkommenheiten wie die Crowding-Theorie oder Ansätze, die Diskriminierung über Marktmacht zu erklären versuchen, kritisieren die Annahme der vollständigen Konkurrenz und uneingeschränkten Mobilität. An diesen Ansätzen ist vor allem die mangelnde empirische Evidenz zu bemängeln, auch sie können eher zur Erklärung von Segregation beitragen. Die Humankapitaltheorie kritisiert die Annahme homogener Arbeit mit identisch produktiven Arbeitskräften, so daß sich aus ihr auf diese Art mögliche Benachteiligungen ableiten lassen. Aber auch diese Theorie hat Schwachstellen: So ist ihre empirische Evidenz mangelhaft, sie beschränkt sich auf die monetäre Seite und läßt unterschiedlichen Zugang zu Bildung außer acht. Allerdings stellen die in dem Abschnitt vorgestellten FeedbackEffekte, gerade auch wenn sie sich aus unsicheren Erwartungen ableiten, eine wertvolle Ergänzung auch für andere Theorien dar. Danach antizipieren Frauen ihr eigenes Verhalten und das des Marktes in der Zukunft und versuchen, daraus im vorhinein die beste Erfolgsstrategie abzuleiten. Dies führt in vielen Fällen dazu, daß Frauen weniger in Humankapital investieren, da sie häufig ein diskontinuiertliches Erwerbsleben erwarten, bei dem sich ausgiebige Investitionen nicht rentieren würden. Die neoklassische Annahme der vollständigen Information wird beim Ansatz der statistischen Diskriminierung sowie bei der Screening-, der Signaling und der Selbstselektionstheorie aufgegeben. Sie bieten eine Erklärung dafür, warum Vorurteile über bestimmte Gruppen am Arbeitsmarkt nicht von heute auf morgen verschwinden und warum einzelne Personen aus diesen Gruppen, die auf äußerlich feststellbaren Eigenschaften wie dem Geschlecht basieren, große Schwierigkeiten haben zu zeigen, daß sie sich von den anderen Gruppenmitgliedern abheben (wollen). Den Prozeß der Lohnbildung versuchen Ansätze zu unterschiedlichen Arbeitsverträgen, zu Effizienzlöhnen und zur Insider-Outsider-Theorie einzubeziehen. Dabei wird auch das Problem der Transaktionskosten berücksichtigt, das ebenfalls im neoklassischen Grundmodell nicht vorkommt. Diese Ansätze eignen sich teilweise gut zur Erklärung von Einkommensunterschieden, für andere Benachteiligungsindikatoren sind sie aber eher weniger brauchbar, wie sich später zeigen wird. Insgesamt kann davon ausgegangen werden, daß keine dieser Theorien die komplexen Ursachen für verschiedene Arten der Benachteiligung von

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Frauen am Arbeitsmarkt hinreichend erklären kann. Sie sollten daher weniger als konkurrierende Theorien und eher als sich gegenseitig ergänzend angesehen werden. Eines haben jedoch alle diese Ansätze gemein: Sie haben einen ökonomischen Kern und gehen daher vom rational handelnden Individuum – sowohl auf der Arbeitnehmer- als auch auf der Arbeitgeberseite – aus. Im engeren, ökonomischen Sinne bedeutet dies vor allem Nutzen- bzw. Gewinnmaximierung, wobei sich der höchste Nutzen der Arbeitnehmer individuell bei einer bestimmten Kombination von Arbeitszeit bzw. Einkommen und Freizeit ergibt. Wird der ökonomische Rahmen gelockert, an der Rationalität im weiteren Sinne aber festgehalten, so ist es denkbar, daß die Präferenzen, die zur Nutzenmaximierung herangezogen werden, auch noch auf weiteren Faktoren außer Einkommen und Freizeit basieren. Im folgenden sollen daher weitere Theorieansätze vorgestellt werden, die nicht auf der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie aufbauen und daher als nichtökonomische Erklärungsansätze bezeichnet werden können. Zum einen sind hier die Ansätze zur Segmentation des Arbeitsmarktes zu nennen, des weiteren das „weibliche Arbeitsvermögen“ und schließlich zwei weitere Ursachen für Unterschiede zwischen Männern und Frauen, die auf der Gesamtstruktur des Arbeitsmarktes beruhen oder eben nicht-ökonomische Präferenzen zulassen.

IV. Nicht-ökonomische Erklärungsansätze für die Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt 1. Arbeitsmarktsegmentation a) Einführung Das Konzept der Arbeitsmarktsegmentation entstand in den 1960er und 1970er Jahren als Gegenpol zur Neoklassik und als kritische Antwort auf die Humankapitaltheorie.90 Zu diesem Konzept werden viele einzelne und teilweise sehr unterschiedliche Theorien gezählt, vom institutionalistischen Ansatz nach Doeringer und Piore91 über den am ehesten noch ökonomischen von Thurow92 bis hin zum radikal-marxistischen von Reich, Gordon und Edwards93. Entstanden ist das Konzept des segmentierten Arbeitsmark90 Vgl. zur Entstehung, zum Zusammenhang und zur historischen Einordnung der Theorien zur Arbeitsmarktsegmentation Sengenberger (1978) und Cain (1976). Eine empirische Überprüfung der Segmentationstheorie für den deutschen Arbeitsmarkt anhand der Daten des SOEP findet sich bei Szydlik (1990). 91 Vgl. Doeringer/Piore (1971). 92 Vgl. Thurow (1978). 93 Vgl. Reich et al. (1978).

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tes hauptsächlich aus der mangelnden empirischen Evidenz der Humankapitaltheorie.94 Der dort postulierte positive Zusammenhang zwischen Bildung und Einkommen wird nicht gänzlich negiert, wohl aber ergänzt bzw. eingeschränkt, indem weitere Faktoren aufgrund empirischer Analysen für wichtig befunden werden. Hierbei handelt es sich um individuelle Merkmale wie die soziale Herkunft oder das Geschlecht95 sowie um tätigkeitsbezogene Merkmale wie den Beruf, die Art der Tätigkeit und die Branche96. Diese durch induktives Vorgehen herausgefundenen Einflußfaktoren widersprechen der Humankapitaltheorie, da nach ihr allein die Bildung das Einkommen bestimmt. Aus der Beobachtung dieser Zusammenhänge wurde geschlossen, daß sich der Arbeitsmarkt in mehrere Teilarbeitsmärkte untergliedert, zwischen denen kaum Mobilität herrscht und in denen unterschiedlich gute Bedingungen für die Arbeitnehmer herrschen. Am üblichsten ist hier die Betrachtung der dichotomen Zweiteilung, also des „dualen Arbeitsmarkts“: Im primären Markt befinden sich gut ausgebildete Arbeitskräfte mit stabilen Arbeitsplätzen und guter Entlohnung sowie Aufstiegsmöglichkeiten und guten Arbeitsbedingungen, im sekundären Markt hingegen sind die Arbeitsplätze instabil, die Löhne sind gering, und es fehlt eine wirksame Vertretung der Arbeitnehmerbelange. In diesem zweiten Segment finden sich hauptsächlich Minderheiten und Immigranten sowie ein Teil der Frauen.97 Ursache für den Dualismus sind ökonomische und politische Interessen, die für eine immer weitere Verfestigung dieser Strukturen sorgen.98 Hierdurch wird der neoklassische Allokationsmechanismus außer Kraft gesetzt oder zumindest gestört, wobei die Störung nicht exogen gegeben ist, sondern als Resultat des Arbeitsmarktprozesses selbst gesehen wird.99 Dieses Grundmodell wurde dann aus den oben erwähnten verschiedenen Blickwinkeln weiterentwickelt, wobei teilweise sehr unterschiedliche Ursachen und Folgen hervorgehoben wurden. Zudem besteht ein großer Unterschied der Ansätze darin, ob sie von einer bewußt gewollten oder sich unbewußt und automatisch entwikkelnden Segmentation ausgehen. 94 Neoklassisch orientierte Arbeitsmarktökonomen reagierten auf diese segmentationstheoretische, nichtökonomische Kritik an der Humankapitaltheorie mit eigenen theoretischen Modellen, die den neoklassischen Rahmen mit Einschränkungen beibehalten. Dazu gehören die Theorie der impliziten Kontrakte [Kap. A.III.6.a)] sowie die Effizienzlohntheorie [Kap. A.III.6.b)]. Vgl. Kapphan (1994), S. 108, Fn. 3. 95 Vgl. Griliches/Mason (1972). 96 Vgl. Wachtel/Betsey (1972) und Gordon (1972). 97 Vgl. Piore (1969), Gordon (1972) und Weisskopf (1972). 98 Vgl. zu den Entstehungsgründen des dualen Arbeitsmarkts Walch (1980), S. 133 ff. 99 Vgl. Sengenberger (1978), S. 21.

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Im folgenden sollen die beiden Konzepte von Doeringer und Piore sowie von Thurow näher erläutert werden, auf eine detaillierte Beschreibung des radikalen Ansatzes wird verzichtet.100 b) Interner und externer Arbeitsmarkt Die Aufteilung in einen internen und einen externen Arbeitsmarkt wurde in dieser Weise als erstes von Doeringer und Piore formuliert101, geht aber in seinen Grundzügen auf frühere Arbeiten institutionalistisch orientierter Ökonomen102 zurück. Auch nach diesem Konzept gibt es ein bevorzugtes Arbeitsmarktsegment, den internen Markt, und eines, das mit Nachteilen und Einschränkungen für die Arbeitnehmer verbunden ist, den externen Markt. Abgeleitet wurde dieses Konzept aus der Beobachtung, daß Stellen in Unternehmen häufig nur intern besetzt werden, was auf die Existenz von Aufstiegs- bzw. Mobilitätsketten hindeutet. Nur am unteren Ende bestehen Einstiegsarbeitsplätze, die über „ports of entry“103 vom externen Markt zugänglich sind. Der externe Markt funktioniert dabei nach den neoklassischen Regeln, auf dem internen hingegen folgen Preisbildung und Allokation von Arbeitskräften administrativen und normativen Regeln und Verfahren (z. B. tarifliche Vereinbarungen, Gewohnheitsrechte und Gruppennormen).104 Da ihm diese Zweiteilung zu grob erschien, hielt Piore später eine Differenzierung des Konzepts für notwendig: Er integrierte die empirisch untermauerte Vorstellung des oben beschriebenen dualen Arbeitsmarkts. Danach setzt sich der primäre Sektor aus Industriezweigen oder Unternehmen mit internen Arbeitsmärkten zusammen.105 Hierbei ist aber zu beachten, daß die sich darin befindenden Berufe sehr heterogen sind, weshalb eine weitere Unterteilung des Primärarbeitsmarktes in einen oberen („enterprise market“) und unteren Teilsektor („craft market“)106 angemessener ist. Der obere Teilsektor bezieht sich dabei auf Arbeitsplätze, die dem Arbeitenden 100

Vgl. hierzu die oben genannte Quelle Reich et al. (1978). Dieser Ansatz sieht die Ursache für die Segmentation vor allem im Klassenkampf: Große Konzerne hätten als Monopolisten die Möglichkeit, ihre Interessen durchzusetzen und den Arbeitsmarkt nach ihren Wünschen zu gestalten. Hierbei entstünden z. B. stabile Kernbereiche aus gewinnträchtigen Unternehmensteilen mit entsprechend guten Bedingungen für die Arbeitnehmer und instabile Randbereiche mit hohem Arbeitslosigkeitsrisiko etc. 101 Vgl. Doeringer/Piore (1971). 102 Hier sind vor allem Kerr (1950 und 1954) zu nennen. Nach Auffassung der Institutionalisten wird das Marktgeschehen von Institutionen beherrscht, was das neoklassische Theoriegerüst außer Kraft setzt. 103 Vgl. Doeringer/Piore (1971), S. 42. 104 Vgl. Sengenberger (1978), S. 21. 105 Vgl. Doeringer/Piore (1971), S. 167.

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Kreativität und Eigeninitiative abverlangen, der untere hingegen beinhaltet Industriearbeitsplätze im herkömmlichen Sinn, die vor allem Arbeitsdisziplin und Zuverlässigkeit erfordern.107 Der sekundäre Arbeitsmarkt umfaßt einerseits Arbeitsplätze ohne sowie solche mit nur sehr schwach ausgeprägten internen Strukturen.108 Die mit diesen Arbeitsplätzen verbundenen verschiedenen Qualifikationsarten spielen als Charakteristika des internen und externen Marktes eine wichtige Rolle. Nach Doeringer und Piore sind „internal labor markets [. . .] a logical development in a competitive market in which three factors [. . .] may be present: (1) enterprise-specific skills, (2) on-the-job-training, and (3) custom“.109 Danach entstehen interne Arbeitsmärkte, weil aufgrund steigender Konkurrenz unternehmensspezifische Fähigkeiten immer wichtiger werden, was wiederum ein vermehrtes Streben der Unternehmen nach Betriebsbindung zur Folge hat. Doeringer und Piore greifen Beckers Konzept zur Humankapitalunterteilung in allgemeines und betriebsspezifisches auf und erweitern es dahingehend, daß allgemeines Humankapital nicht nur Qualifikationen, sondern auch andere Fähigkeiten und Eigenschaften wie z. B. Motivation enthalten. Sie betonen beim betriebsspezifischen Humankapital, daß dessen Substitution erhebliche Kosten bei der Entlassung und Rekrutierung von Arbeitskräften verursacht. Auch hier wird davon ausgegangen, daß die Unternehmen betriebsspezifisches Humankapital finanzieren müssen. Je spezifischer das Humankapital, um so höher sind die Kosten für das Unternehmen und um so höher das Interesse, den Arbeitnehmer an das Unternehmen zu binden. Dies läßt sich durch die Errichtung eines internen Arbeitsmarktes erreichen, der die Arbeitnehmer von anderen Märkten abschirmen und ihre Mobilität mindern soll. Allerdings ist zu bedenken, daß das Unternehmen auch einen Anreiz zu Investitionen in betriebsspezifisches Humankapital hat, da die Kosten dadurch relativiert werden, daß zu einem großen Teil die Herstellung dieser Fähigkeiten unmittelbar am Arbeitsplatz stattfindet, dadurch den Produktionsprozeß kaum stört und dem Unternehmer sogar Effizienzvorteile bietet, da sich Arbeitsvorgänge durch ihre Wei106 Doeringer/Piore (1971), S. 2 f. und 21 ff. In der deutschen Variante der Segmentationsansätze, der „Münchener Schule“ des ISF, werden diese beiden Bereiche „Märkte für bestriebsspezifische Qualifikation“ und „Märkte für fachliche Qualifikation“ genannt (vgl. Sengenberger (1975), S. 58 ff.). 107 Vgl. Piore (1972). 108 Die Konzepte des primären und sekundären Sektors sowie des internen und externen Arbeitsmarkts sind somit nicht deckungsgleich, da man sich sowohl selbständig tätige qualifizierte Arbeitskräfte im primären Bereich ohne betriebliche Bindung (also ohne interne Strukturen) als auch z. B. eher unqualifizierte Angehörige von Minderheiten aus dem sekundären Sektor in Unternehmen mit internen Strukturen (z. B. Tarifvereinbarungen) vorstellen kann. 109 Doeringer/Piore (1971), S. 39.

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tervermittlung ständig verbessern können. Zudem wird durch die anwendungsbezogene Übermittlung die Weitergabe überflüssiger Fähigkeiten vermieden.110 Die immer stärkere Spezialisierung kann wiederum zur Verfestigung der Arbeitsverhältnisse beitragen. Innerhalb des internen Arbeitsmarktes bilden sich soziale Gruppierungen, aufgrund derer sich Gewohnheiten („customs“) und ungeschriebene Arbeitsnormen entwickeln können, die innerhalb des Unternehmens von Generation zu Generation weitergegeben werden.111 Diese umfassen u. a. Entlohnung oder Aufstiegsregeln. An der Aufrechterhaltung dieser Regeln sind alle Beteiligten interessiert: Die Arbeitnehmer können sich auf die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes verlassen, sind vor Konkurrenz von außen geschützt, und haben gute Aufstiegs- und Entlohnungsbedingungen, da sie wissen, daß das Unternehmen diese Instrumente nutzt, um Betriebsbindung herzustellen. Für die Unternehmen ist weiterhin von Vorteil, daß der Kontrollaufwand erheblich verringert wird, wenn die Arbeitskollegen sich gegenseitig überwachen und im Rahmen der Gewohnheiten sanktionieren. Eine Benachteiligung von Frauen läßt sich im Kontext der internen Arbeitsmärkte auf verschiedene Weise herleiten. Unter der Annahme eines geringeren Interesses an Betriebsbindung läßt sich auch an dieser Stelle folgern, daß Unternehmen nicht bereit sind, eine teure firmenspezifische Ausbildung für Frauen zu finanzieren, da diese ein hohes Abwanderungsrisiko aufweisen. Dieses Argument ist aber haltlos, wenn nahezu alle Kosten dadurch verschwinden, daß betriebsspezifische Ausbildung tatsächlich on the job möglich ist. Eine weitere Benachteiligung kann daraus entstehen, daß Frauen im Unternehmen in der Minderheit sind oder waren, weshalb sich die Gewohnheiten nicht aus ihren Präferenzen heraus entwickelt haben, sondern aus denen der Männer. Die Vorstellungen der Frauen können im Hinblick auf die generelle Einstellung zur Arbeit oder hinsichtlich beruflicher Inhalte und Hierarchien durchaus anders sein. Wenn Unternehmen daraus folgern, daß Frauen sich nicht gut in die gegeben Gruppennormen einpassen und somit die Stabilität gefährden könnten, dann kann hieraus – über statistische Diskriminierung – eine Arbeitsplatzdiskriminierung folgen, da Frauen seltener eingestellt werden. Dies bedeutet, daß sie ggf. weniger Zugang zum internen Arbeitsmarkt haben und somit auf dem externen Markt bleiben müssen, was sie durch Instabilität, weniger Aufstiegschancen und geringere Löhne zu spüren bekommen können.

110 111

Vgl. Doeringer/Piore (1971), S. 19 ff. Vgl. Doeringer/Piore (1971), S. 23.

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A. Benachteiligung von Frauen

c) Job-competition-Modell Das auch als „Warteschlangenmodell“ bekannte Konzept von Thurow112 ist unter den Segmentationstheorien dasjenige, das der neoklassischen Theorie am nächsten steht. Auch hier konkurrieren die Arbeitsanbieter am Arbeitsmarkt, allerdings nicht um Lohn, sondern um Arbeitsplätze. Die Arbeitnehmer befinden sich aufgrund verschiedener Merkmale auf mehr oder weniger guten Plätzen in einer „Warteschlange“. Diejenigen Arbeitnehmer, die die geringsten Einarbeitungskosten erwarten lassen, werden als erste eingestellt. Aus Thurows Sicht werden die nötigen Fähigkeiten erst on the job erworben, weshalb die Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt nicht ihre Qualifikationen anbieten können, sondern sich um Arbeitsplätze bewerben müssen, auf denen sie erst die notwendige Ausbildung bekommen. Es gibt somit kein Qualifikationsangebot der Arbeitnehmer, sondern die Arbeitgeber fragen Qualifikationen je nach Bedarf nach, die nach Entstehung des Bedarfs erst im eigenen Betrieb gebildet werden. Somit ist der Arbeitnehmer genau so produktiv, wie sein Arbeitsplatz es von ihm fordert, die Produktivität ist also vom einzelnen Menschen abgekoppelt. Die nachfragenden Unternehmer schaffen sich ihr Angebot selbst, weshalb Angebots- und Nachfragefunktion zusammenfallen und kein gleichgewichtiger Lohnsatz existiert, mit der Folge unfreiwilliger Arbeitslosigkeit oder Beschäftigung auf einem externen Markt, falls der festgelegte Lohn über dem Gleichgewichtslohn liegt.113 Die Einarbeitung neu eingestellter Mitarbeiter erfolgt auch in diesem Modell durch erfahrene Mitarbeiter, die hierzu nur bereit sind, wenn sie von den neuen Kollegen keine Konkurrenz fürchten müssen. Dies kann nur der Fall sein, wenn der Lohnwettbewerb außer Kraft gesetzt wird und die Arbeitnehmer sich ihrer Arbeitsplätze sicher sein können. Dies leistet die „Job-Schlange“, die nicht nur vor der Einstellung im Betrieb besteht, sondern auch intern weitergeführt wird. Im Unternehmen werden z. B. bei Beförderungen diejenigen bevorzugt, die eher eingestellt worden sind, was im Umkehrschluß bedeutet, daß zuletzt eingestellte Arbeitnehmer die ersten wären, die entlassen würden, sollte die Notwendigkeit dazu bestehen. Hiermit ist auch das Kontrollproblem gelöst, denn erfahrene Mitarbeiter wehren sich nicht gegen neue Techniken, da sie keine Rationalisierung aufgrund neuer Techniken fürchten müssen. Zudem müssen Ausbilder nicht mehr 112

Thurow (1978). Thurow negiert den Lohnwettbewerb nicht (vgl. Thurow (1978), S. 118), er sieht ihn nur, zumindest für einige Teilmärkte, unterdrückt. Für den externen Markt mit Lohnwettbewerb würde sich ein Lohn unter dem allgemeinen Gleichgewichtslohn bilden mit möglicherweise starken Lohnschwankungen, je nach Konjunkturlage. 113

IV. Nicht-ökonomische Erklärungsansätze

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kontrolliert werden, ob sie ihr Wissen richtig weitergeben, denn sie haben ein Eigeninteresse daran, daß alle Mitarbeiter produktiv arbeiten, weil es dem gesamten Betrieb und damit auch ihnen selbst zugute kommt. An dieser Stelle wird klar, daß der Effizienzverlust, der sich aus der unterbundenen Konkurrenz um Lohn und Arbeitplätze innerhalb des Betriebs ergibt, von dem langfristigen Wachstumsgewinn, der sich aus der Stabilität des Systems und der guten Ausbildung ergibt, aufgewogen wird, denn sonst würden die Arbeitgeber dieses System nicht beibehalten. Die Position in der Warteschlange wird, wie schon anfangs angedeutet, aufgrund „individueller Hintergrundmerkmale“114 bestimmt. Hierbei spielt eine Rolle, inwieweit von diesen Merkmalen auf geringe Einarbeitungskosten geschlossen werden kann und inwieweit ein Merkmal ein geringes Risiko bezüglich dieser Voraussage darstellt. Bei Feststellung dieser Erwartung wird, wie im Modell der statistischen Diskriminierung, von der Zugehörigkeit eines potentiellen Arbeitnehmers zu einer Gruppe auf dessen erwartete Ausbildungskosten geschlossen. Sollte ein Arbeitgeber je nach Geschlecht zu unterschiedlichen Erwartungen kommen115, liegt statistische Diskriminierung vor, da einzelne Frauen, die von der Gruppe abweichen, benachteiligt werden. Ein wohl wichtigeres, weil sichereres Merkmal ist das bis zur Einstellung erworbene allgemeine Humankapital, das ebenfalls die Position in der Job-Schlange determiniert, denn man kann davon ausgehen, daß Arbeitsanbieter mit einer höheren Allgemeinbildung aufnahmefähiger sind und mehr Arbeitsdisziplin aufweisen.116 Sollten Frauen weniger in allgemeines Humankapital investieren, so werden sie durch eine schlechtere Position in der Job-Schlange benachteiligt. Aber selbst wenn sie die gleiche Humankapitalausstattung hätten, wäre es für das Unternehmen gleichgültig, ob es zunächst Frauen oder Männer einstellt. Es hätte also die Möglichkeit, bewußt Frauen innerhalb einer Qualifikationsstufe nach hinten zu stellen, was auch die Folge hätte, daß sie in konjunkturell schlechten Zeiten als erste entlassen würden. Diese Auswahlkriterien können genauso auf interne Karriereleitern angewandt werden, womit verschiedene Möglichkeiten bestehen, zu begründen, daß Frauen nicht nur bei der Einstellung, sondern auch bei Beförderungen benachteiligt werden. Wenn nun allein aufgrund der erwarteten Position in der Warteschlange viel allgemeines Humankapital nachgefragt wird, was auf aggregierter Ebene zu immer mehr und höheren Abschlüssen führt, dann ist leicht ein114

Vgl. Thurow (1978), S. 126 f., z. B. Alter, Geschlecht, angeborene Fähigkeiten. Z. B. weil Frauen aufgrund ihrer Exit-Option ein elastischeres Arbeitsangebot aufweisen und deshalb im Gegensatz zu Männern freiwillig kündigen könnten, womit ein Verlust firmenspezifischen Humankapitals verbunden ist. 116 In diesem Fall wird der Signalcharakter der absolvierten allgemeinen Ausbildung betont. 115

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A. Benachteiligung von Frauen

sichtig, warum dieser Ansatz einen der wichtigsten zur Erklärung des Phänomens der Überqualifikation darstellt.117 Häufige Überqualifikation bei Frauen kann damit begründet werden, daß sie auf jeder Qualifikationsstufe hinter den Männern stehen und deshalb auf in der Hierarchie niedrigeren Stellen eingesetzt werden, oder aber, daß sie, um mit Männern gleichziehen zu können, mehr Humankapitalinvestitionen tätigen und auf gleicher Hierarchiestufe im Unternehmen demnach mehr Humankapital aufweisen als Männer. d) Widersprüche und Einordnungsmöglichkeiten bezüglich der Neoklassik Alle Segmentationsansätze sind aus empirischer Beobachtung, die im Widerspruch zu orthodoxen Theorien stehen, entstanden. Sie kritisieren die Enge und die vielfach exogenen Annahmen orthodoxer Theorien, setzen also dort an, wo diese Theorien schwach sind oder gänzlich versagen, und wenden sich sowohl gegen die mikroökonomisch orientierte Neoklassik als auch gegen den Makro-Keynesianismus.118 Sie selbst stellen aber keine geschlossene und konsistente Theorie dar119, da jeder Ansatz einen anderen Mangel der althergebrachten Theorien betont. Problematisch an den Segmentationsansätzen ist vor allem, daß die Ursachen der Entstehung der Segmentation zu wenig erklärt werden. Dies wiederum liegt daran, daß das Phänomen der Segmentation beobachtet und erklärt wurde, ohne daß man sich der Ursachen dafür bewußt war. Den Segmentationsansätzen ist gemein, daß sie die Nachfrageseite, also die Bedeutung der Betriebe betonen. Zudem beachten sie „segmentationsverstärkende oder -konsolidierende Impulse durch kollektive soziale Prozesse und Organisation und durch Prozesse positiver Rückkopplung, die der Segmentation ein Maß an Stabilität über die rein ökonomischen Impulse hinaus verleihen“.120 Somit werden also erst in diesen Ansätzen FeedbackEffekte explizit berücksichtigt. Wachter als Vertreter der Neoklassik kritisiert die aus seiner Sicht mangelnde empirische Evidenz der Segmentationstheorie, versucht aber dennoch, diesen Ansatz in die Neoklassik zu integrieren121, indem er innerhalb dieses Modellrahmens Institutionen zuläßt. Nach dieser Sicht können die beobachteten sozialen Phänomene wie Diskriminierung, Armut, Arbeitslosigkeit etc. als „effiziente“ Reaktionen des Arbeitsmarktmechanismus auf be117 118 119 120 121

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

hierzu Kap. C.V. Sengenberger (1978), Sengenberger (1978), Sengenberger (1978), Sengenberger (1978),

S. S. S. S.

41. 39. 41. 25, und Wachter (1978).

IV. Nicht-ökonomische Erklärungsansätze

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stimmte institutionelle Bedingungen erklärt werden. Ökonomische Rationalität kann mittels dieses Kunstgriffs also wieder hergestellt werden, und gleichzeitig ist die in der Neoklassik nicht mögliche Erklärung von Persistenz möglich. Insofern sind Diskriminierungspräferenzen in Verbindung mit Marktmacht, asymmetrischer Informationsverteilung, dem Einfluß von Gewerkschaften sowie den daraus resultierenden Feedback-Effekten bei Frauen und der dualistische Arbeitsmarkt nur zwei Seiten derselben Medaille. 2. Das „weibliche Arbeitsvermögen“ a) Hausarbeit und Erwerbsarbeit Der soziologisch orientierte Ansatz des „weiblichen Arbeitsvermögens“ versucht, das Arbeitsmarktverhalten und die Berufswahl von Frauen zu erklären sowie die Reaktionen der Nachfrageseite darauf zu analysieren. Der Ansatz wurde von Elisabeth Beck-Gernsheim122 in den 1970er Jahren in ihrer Arbeit „Der geschlechtsspezifische Arbeitsmarkt“ entwickelt. Diese Zweiteilung wird aus der traditionellen Rollenverteilung auf die beiden gesellschaftlichen Arbeitsbereiche der Marktarbeit und der Hausarbeit hergeleitet.123 Der Ausgangspunkt dieses Ansatzes besteht darin, daß sich nach der traditionellen geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung in fast allen Kulturen die Zuständigkeit der Frauen für den Haushalt ergibt.124 Sozialisationsbedingt125 bzw. als Vorbereitung auf diese Rolle oder bei Ausübung werden daher laut Beck-Gernsheim bestimmte Verhaltensweisen und Fähigkeiten bei Frauen gefordert und gefördert. Um die dabei erlernten Tätigkeiten auch im Beruf nutzen zu können, tendierten Frauen zur Wahl bestimmter Berufe und verhielten sich am Arbeitsmarkt nach ihren Präferenzen. Aus den Haushaltspflichten heraus entwickelten die Frauen also bestimmte Fähigkeiten, bei denen sie Männern überlegen seien, wohingegen andere Fähigkeiten, die im Haushalt nicht benötigt würden, in ihrer Entwicklung bei Frauen gehemmt würden.126 Das daraus folgende Arbeitsmarktverhalten der 122

Beck-Gernsheim (1976). Kleber (1988), S. 172, hebt richtig und auch heute noch vielfach zutreffend hervor: „Diese Arbeitsteilung hat zwar ihre Selbstverständlichkeit eingebüßt, ohne aber bislang faktisch aufgehoben zu sein.“ 124 Vgl. Beck-Gernsheim (1976), S. 43. 125 Vgl. zum geschlechtsspezifischen Sozialisationsprozeß Beck-Gernsheim (1976), S. 43 ff., sowie Hagemann-White (1984), S. 9 ff. 126 Dies muß nicht heißen, daß Frauen diese Fähigkeiten überhaupt nicht besitzen, sondern nur, daß bei ihnen haushaltsspezifische Fähigkeiten relativ mehr ausgeprägt sind. 123

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A. Benachteiligung von Frauen

Frauen basiere nicht nur auf ihrer eigenen Selbsteinschätzung, sondern sei auch Folge von Fremdeinschätzung, Erfahrungen anderer Frauen sowie insgesamt von der beobachteten gesellschaftlichen Position des weiblichen Geschlechts. Der Ziel der Arbeit im Haushalt läßt sich laut Beck-Gernsheim in erster Linie als die Sorge für die Stabilität der Familie beschreiben. Hausarbeit könne als komplementär zur Erwerbsarbeit angesehen werden127, da sie sich mit der Befriedigung von Bedürfnissen beschäftige, die über den Markt nicht oder nicht vollkommen befriedigt würden. Das für diese Bedürfnisbefriedigung notwendige Einkommen werde mit der Erwerbsarbeit erzielt. Zudem bestehe die Komplementarität von seiten der Erwerbsarbeit auch darin, daß bei höheren Hierarchiestufen häufig eine Vereinbarkeit von Haus- und Erwerbsarbeit nicht mehr möglich sei und vorausgesetzt werde, daß Hausarbeit delegiert werde. Erwerbsarbeit zeichne sich demzufolge dadurch aus, daß Verhaltensweisen erwartet würden, die den im Haushalt notwendigen in starkem Maße widersprächen. So fordere der Beruf die Fähigkeit zur Abgrenzung, zur Autonomie und zum Wettbewerb128, das Ergebnis der individuellen Arbeit für das Unternehmen sei für den einzelnen kaum sichtbar. Demgegenüber sei der Haushalt wettbewerbsfrei, er verlange eher Fähigkeiten wie Empathie, Solidarität und Denken in Beziehungen. Hier sei das Ergebnis der Arbeit direkt sichtbar, denn es bestehe meist aus der Bedürfnisbefriedigung anderer Familienmitglieder.129 Aus der traditionellen Zuständigkeit der Frau für den Haushalt und den unterschiedlichen geforderten Fähigkeiten leitet Beck-Gernsheim den geschlechtsspezifischen Arbeitsmarkt her, der davon ausgeht, daß Frauen sich genau die Berufe auswählen, bei denen sie die Fähigkeiten, die im Haushalt wichtig sind, anwenden können, und zwar unter anderem auch deshalb, weil sie die typischen berufsbezogenen Verhaltensweisen vermeiden wollen. So seien Frauen häufig an Berufen interessiert, die im weitesten Sinne mit Pflegen, Helfen und sozialem Engagement zu tun hätten oder auch mit Mode und Schönheit.130 Sie wiesen im Schnitt mehr manuelle Geschicklichkeit auf und seien durch ihre mangelnde Konkurrenzfähigkeit oder -bereitschaft eher zur Unterordnung bereit als Männer, da sie aufgrund ihrer sozialen Kompetenz vermeiden wollten, ihre Interessen gegen andere durchzusetzen. Im Bewußtsein, dies zu vermeiden, akzeptierten sie daher auch eher Sackgassenpositionen als Männer, d. h. sie wählten im Zweifel eher inhaltlich als hierarchisch befriedigende Arbeit.131 127 128 129 130 131

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Beck-Gernsheim Beck-Gernsheim Beck-Gernsheim Beck-Gernsheim Beck-Gernsheim

(1976), (1976), (1976), (1976), (1976),

S. S. S. S. S.

35 ff. 32. 29 ff. 77 ff., sowie Ostner (1978), S. 210 ff. 84.

IV. Nicht-ökonomische Erklärungsansätze

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Dies kann als ein wichtiger Ansatz dafür angesehen werden, daß Frauen viel häufiger eine Stellung akzeptieren, für die sie überqualifiziert sind, als Männer. Wenn Berufsarbeit für Frauen weder inhaltlich noch hierarchisch befriedigend sei, dann blieben der Frau für ihre eigene Bedürfnisbefriedigung immer noch die sozialen Kontakte am Arbeitsplatz und zuhause. Daher spricht nach dieser Theorie viel für ein elastischeres Arbeitsangebot der Frauen, da sie die Möglichkeit haben, sich ganz der Familie zu widmen, unter der Voraussetzung, daß der Mann allein den gesamten Familienunterhalt bestreiten kann. Da laut Beck-Gernsheim Männer keinen ebenso großen Nutzen aus den sozialen Beziehungen ziehen können, werden diese mehr als Frauen nach einem hinsichtlich Inhalt und Hierarchie erfüllten Berufsleben streben. Hieraus leite sich auch die unterschiedliche Motivation, für seine Rechte im Arbeitsleben zu kämpfen, her. Frauen seien durch ihre Sozialisation im Konkurrenzkampf unterlegen, was systematisch zu Nachteilen führen könne. Mittels dieser Theorie können also neben der berufsspezifischen Segregation auch andere Benachteiligungen aufgrund des mangelnden „Kampfgeistes“ der Frauen erklärt werden. Nach der kritischen Analyse Klebers (1988) kann das „weibliche Arbeitsvermögen“ aus verschiedenen Gründen nicht als Humankapital angesehen werden.132 Dieses Arbeitsvermögen bestehe vielmehr aus Präferenzen, die die Berufs- und Arbeitsplatzwahl beeinflußten. Als Kapital könne es deshalb nicht gelten, weil es zwar funktionale Qualifikationen wie manuelle Geschicklichkeit und soziale Kompetenz beinhalte, aber nicht Gegenstand bewußter Investitionsentscheidungen sei. Diese Fähigkeiten seien auch nicht direkt im Berufsleben nutzbar, sondern auf ihnen könnten bestimmte Ausbildungen in Frauen- oder Männerberufen mehr oder weniger gut aufbauen. Als dritter Grund spreche gegen die Anwendung des Begriffs Humankapital die Tatsache, daß Frauen aufgrund der genannten Präferenzen zur Konfliktvermeidung und Resignation neigten, was zur Folge haben könne, daß ihre Fähigkeiten nicht optimal eingesetzt und somit kein angemessenes Einkommen erzielt werden könne. Interessant ist diese Theorie u. a. für die Erklärung des Berufswahlverhaltens von Frauen. Hier kann man sich die Frage stellen, ob dieses Verhalten auf der Erziehung im Kinder- und Jugendalter beruht (d. h. daß Frauen nur „weibliche“ Eigenschaften aufweisen) oder ob sie aufgrund der Sozialisation und der Beobachtung des Arbeitsmarktes Frauenberufe wählen, wobei ihre „männlichen“ Eigenschaften dann brach liegen.133 In Kap. B.IV.6. werden zu diesem Thema empirisch Einflußfaktoren aus der Kindheit und Ju132

Vgl. Kleber (1988), S. 175 f. Vgl. Kleber (1988), S. 172 f. und 176. Im Nachhinein wird die zweite Möglichkeit dann oft als Ausdruck von Präferenzen angesehen, allerdings unter der 133

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gend auf das Berufswahlverhalten von Männern und Frauen untersucht werden. Hierbei ist es aber unerheblich, ob die Einflußfaktoren Ausdruck von Erziehung, eingeschränkter Chancen oder von Präferenzen sind. Es bleibt aber festzuhalten, daß sämtliche Einflußfaktoren, die vor der eigentlichen Berufswahl eine Rolle diesbezüglich spielen, der Wirksamkeit staatlicher Maßnahmen wie Frauenquoten, die erst im Berufsleben zum tragen kommen, widersprechen.134 b) Nutzung des „weiblichen Arbeitsvermögens“ in den Unternehmen Die beschriebene Einteilung in Frauen- und Männerarbeitsbereiche verfestigt sich noch, wenn die Unternehmen ins Spiel kommen, denn auch Reaktionen der Nachfrageseite können die Angebotsseite sowie die Gesellschaft, die am Sozialisationsprozeß mitwirkt, beeinflussen. Bezogen auf – laut Beck-Gernsheim – typisch weibliche Eigenschaften können sich Betriebe vor allem soziale Kompetenz sowie manuelle Fertigkeiten zunutze machen.135 Weiterhin können sie von der höheren Fähigkeit und Bereitschaft sich unterzuordnen sowie von höherer Loyalität und Zuverlässigkeit der Frauen profitieren. Außerdem können in bestimmten Bereichen kommunikative Fähigkeiten sowie „das weibliche Äußere“ von Nutzen sein. Diese Eigenschaften können u. U. schon einen Teil der allgemeinen Ausbildung ersetzen oder ergänzen. In Berufen, die sehr nahe der Hausarbeit angesiedelt sind und die schon nach kurzer Anlernzeit ausgeübt werden können, wird zudem u. U. nicht viel zusätzliche berufsspezifische Ausbildung benötigt, was den Betrieben sehr entgegenkommt, die aufgrund der erwarteten Diskontinuität sonst eventuell nicht in die Ausbildung von Frauen investieren würden. Kleber sieht in der optimalen Ausnutzung der Eigenschaften verschiedener Arbeitsanbietergruppen wie z. B. der Frauen das Babbage-Prinzip verwirklicht.136 Es besagt, daß in einer Arbeitsorganisation alle Einzeltätigkeiten, die durch das Produkt und die Technik festgelegt sind, so den verschiedenen Arbeitsanbietergruppen zugeordnet werden, daß die Lohnkostensumme minimal ist.137 Das bedeutet, daß Arbeitsanbieter genau in der Funktion arbeiten, die sie am besten ausfüllen, d. h. ihre Ausbildung und Voraussetzung, daß aus der gegebenen nachteiligen Situation „das beste gemacht wurde“. 134 Vgl. Beck-Gernsheim (1976), S. 78. 135 Vgl. Ostner (1978), S. 207 f. 136 Vgl. Kleber (1988), S. 180 ff. 137 Diese Minimalkostenkombination kann auch die in der Warteschlangentheorie nicht genannte Ursache für die Zuteilung der Arbeitskräfte auf verschiedene Arbeitsplätze sein (vgl. Kapphan (1994), S. 157).

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Fähigkeiten werden optimal genutzt. Dies geschieht so, daß keine Tätigkeit mit gleicher Produktivität, aber zu geringerem Lohn ausgeführt werden könnte. Voraussetzung für die Anwendung dieses Prinzips ist zum einen, daß verschiedene Arbeitsanbietergruppen mit unterschiedlichen Löhnen verfügbar sind. Die Arbeitsplätze werden dann auf diese konkreten Gruppen zugeschnitten. Zudem muß die Lohnhierarchie zwischen den Gruppen stabil sein, damit die Arbeitsorganisation zumindest eine gewisse Zeit lang Bestand haben kann und nicht mit baldigen neuerlichen Anpassungskosten aufgrund von Umorganisationen gerechnet werden muß. Die Verschiedenartigkeit der Arbeitsanbieter kann nun u. a. daraus resultieren, daß die Gruppen mit unterschiedlichen Voraussetzungen auf dem Arbeitsmarkt auftreten. Frauen werden demnach besonders gern auf Arbeitsplätzen eingesetzt, auf denen sie nur angelernt werden müssen und für die alternativ nur zu gut ausgebildete Männer zu entsprechend höheren Löhnen zur Verfügung stünden. Des weiteren wird der Traditionseffekt ausgenutzt, d. h. für bestimmte Tätigkeiten werden nur Frauen eingesetzt, so daß eine Eingruppierung in niedrigere Lohngruppen möglich ist und Frauen ihre Arbeit nicht unmittelbar mit der der Männer vergleichen können. Ein weiterer Bereich für Frauen ist der oben schon angesprochene, in dem innerbetriebliche Ausbildungskosten dadurch gespart werden können, daß die schon vorhandenen Fähigkeiten der Frauen ausgenutzt werden. Außerdem werden Frauen gern auf Arbeitsplätzen mit starken zeitlichen Schwankungen in der Arbeitsauslastung eingesetzt (z. B. Teilzeit), was sie dann akzeptieren werden, wenn ihr Einkommen nicht unmittelbar lebensnotwendig für den Familienunterhalt ist. Des weiteren haben Frauenarbeitsplätze häufig implizite Aufstiegs- und/oder Altersgrenzen.138 Alle diese Faktoren können zu Lohnkosteneinsparungen nach dem Babbage-Prinzip führen. Hierbei dient der Einsatz von Frauen häufig zum Füllen von Lückenarbeitsplätzen, die nicht (oder vielmehr nicht zu diesen Konditionen) mit Männern besetzt werden können. Bei Antizipation dieser Arbeitsmarktsituation können bei Frauen wieder Feedback-Effekte zum Tragen kommen, wenn sie ihr Arbeitsangebot an die Situation anpassen. Damit kann es dann aber zu einer self-fulfillig prophecy kommen, durch die sich die Situation verfestigt. Da die Arbeitsorganisation zumindest mittelfristig starr ist, würde ein erhöhtes Arbeitsangebot der Frauen zu Crowding und zu fallenden Löhnen führen. Falls Frauen dann anstreben, über höhere Humankapitalinvestitionen auch zu anderen Arbeitsplatzgruppen zugelassen werden, müssen sie Durchhaltevermögen beweisen, da eine Neuorganisation aufgrund der Anpassungskosten erst dann vorgenommen wird, wenn es sich für das Unterneh138 Vgl. für weitere Ausführungen mit Beispielen zu diesen Einsatzgebieten Kleber (1988), S. 182 ff.

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men merklich rentiert. Bis dahin kann mittels dieser Theorie gut der höhere Anteil der Frauen, die für ihre Stelle überqualifiziert sind, erklärt werden.139 Eine besondere Benachteiligung einzelner „untypischer“ Frauen liegt auch bei der Verfolgung des Babbage-Prinzips wieder vor, wenn nämlich Frauen aufgrund ihres Geschlechts in Gruppen auf bestimmten Arbeitsplätzen eingesetzt werden, bei denen gerade die „weiblichen“ Eigenschaften genutzt werden sollen. Dies wird – selbst bei regelmäßig stattfindenden Neuorganisationen – solange möglich sein, wie Frauen im Durchschnitt andere Eigenschaften aufweisen wie Männer. 3. Qualifikations- und Beschäftigungsstruktur von Frauen und wirtschaftliche Dynamik Neben den bisher beschriebenen ökonomischen und nicht-ökonomischen Erklärungsansätzen für die Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt gibt es noch eine Reihe weiterer Faktoren, die allerdings nicht auf Theorien basieren, sondern eher auf sachlogischen Überlegungen. Zunächst ist ein Bereich zu nennen, der sich auf die aktuelle Beschäftigungssituation der Frauen vor dem Hintergrund einer dynamischen Wirtschaft bezieht. Prinzipiell kann man diese Überlegung auch im Zusammenhang mit dem allgemeinen Gleichgewichtsmodell sehen, bei dem man die Annahme der wirtschaftlichen Statik ohne technischen Fortschritt anzweifelt. Technischer Fortschritt, auch im aktuellen Zusammenhang mit der Globalisierung, führt im allgemeinen dazu, daß sich die Struktur der Wirtschaft verändert, da der Faktor Arbeit durch den Faktor Kapital ersetzt wird. Dies hat zur Folge, daß sich die Gewichte der Wirtschaftssektoren in bezug auf die Anzahl der Arbeitsplätze verändern; der produzierende Bereich wird kleiner, während Dienstleistungen mehr gefragt werden.140 In diesem Zusammenhang werden bestimmte Berufe immer wichtiger, während andere unwichtiger werden, bis hin zum Aussterben. Ebenso müssen einige Branchen um ihr Überleben kämpfen, während andere geradezu aufblühen. Je nachdem, in welchen dieser Branchen oder Berufe Frauen üblicherweise beschäftigt sind und welche Qualifikationen sie aufweisen, haben sie mehr oder weniger Nachteile zu erwarten. Da Frauen traditionell eher weniger im produzierenden Gewerbe anzutreffen sind und statt dessen eher im Dienstleistungsbereich, kann vermutet werden, daß der technische Fortschritt eher zu ihren Vorteil ausfallen wird. Zudem hat, wie später zu sehen sein wird 139

Wird der Einsatz der Frauen direkt nach einer Weiterbildung angepaßt, ist das Babbage-Prinzip verletzt, denn in diesem Modellrahmen findet kurzfristig keine Anpassung statt. 140 Vgl. Engelbrech (2002b), S. 9.

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und entgegen den theoretischen Vermutungen, eine Annäherung der allgemeinen Humankapitalinvestitionen der Frauen an die der Männer stattgefunden, so daß Frauen für die sogenannte „Wissensgesellschaft“ bestens gerüstet sein müßten. Sollte eine stärkere Dynamik der Wirtschaft hinsichtlich der Innovationen allerdings dazu führen, daß Humankapital schneller veraltet und häufigere Weiterbildung notwendig wird, so kann dies auch zum Nachteil derjenigen Frauen ausfallen, die eine kürzere oder längere Familienpause planen. Regelungen, die prinzipiell dem Schutz der Frauen dienen sollen oder ihren Präferenzen entgegenkommen, sind ebenfalls zweischneidig.141 Beschäftigungsverbote für Frauen, die sich heutzutage jedoch fast ausschließlich auf Schwangere (Verbot des Umgangs mit bestimmten Stoffen und der Arbeit in schädlicher Umgebung sowie Verbot bestimmter Tätigkeiten und Lohnformen, § 4 MuSchG; Verbot der Mehrarbeit, Nacht- und Sonntagsarbeit, § 8 MuSchG) und auf Mütter direkt nach der Geburt beziehen,142 können von vornherein zu einer gesteigerten Nachfrage nach männlichen Arbeitskräften führen, die die jeweiligen Stellen dann besetzen. Dadurch kann es in anderen Bereichen zu einem Crowding von Frauen mit den entsprechenden negativen Konsequenzen kommen. Nach den Regelungen zum Mutterschutz dürfen Schwangere außerdem in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nur noch mit ihrer Einwilligung (§ 3 Abs. 2 MuSchG) und junge Mütter in den ersten acht Wochen nach der Entbindung gar nicht (§ 6 Abs. 1 MuSchG) beschäftigt werden, der Betrieb muß aber einen Teil des Entgelts weiter zahlen. Außerdem muß er sich in seinem eigenen Interesse um eine Ersatzkraft kümmern. Auch diese Faktoren können sich nachteilig auf den Betrieb auswirken, weshalb dieser möglicherweise von vornherein eine Beschäftigung von Frauen im gebärfähigen Alter zu verhindern sucht oder die erwarteten Mehrkosten durch niedrigere Löhne auf die Betroffenen überwälzt. Ebenfalls nicht zu unterschätzen war die Pflicht des Arbeitgebers, sanitäre Einrichtungen für männliche und weibliche Arbeitskräfte getrennt bereitzustellen, sobald Angehörige beider Geschlechter in der Belegschaft vorzufinden sind. In Kleinbetrieben mit typischen Männerberufen kann eine derartige Regelung dazu führen, daß im Zweifelsfall erst gar keine Frauen eingestellt werden, vor allem wenn genügend männliche Bewerber vorhanden sind. Diese Regelung wurde 2004 allerdings abgemildert, so daß der Arbeitgeber nun nur noch eine getrennte Nutzung gewährleisten muß (§ 6 Abs. 2 ArbStättV 2004). Gesetze, die mehr Teilzeit und somit eine bessere Vereinbarkeit der Erwerbs- und Familienarbeit ermög141

Vgl. Franz (2003), S. 219. Ein generelles Beschäftigungsverbot für Frauen gibt es in Deutschland nur bei schweren körperlichen Arbeiten im Bergbau (§ 64a BbergG). 142

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lichen sollen (TzBfG), führen einerseits dazu, daß insgesamt mehr Frauen arbeiten und somit weniger Frauen von dem Einkommen ihres Mannes abhängig sind. Andererseits tragen sie nicht dazu bei, die Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen zu verringern, sondern sie vergrößern sie vielmehr faktisch, da Teilzeitkräfte pro Stunde weniger verdienen. 4. Präferenzstrukturen jenseits der neoklassischen Theorie Ein zweiter Bereich, der üblicherweise nicht von der Literatur zur Diskriminierung aufgegriffen wird, aber dennoch einen Erklärungsbeitrag zu den Unterschieden von Männern und Frauen am Arbeitsmarkt leisten kann, betrifft die neoklassische Annahme der Einkommensmaximierung bzw. den Trade-off zwischen Einkommen und Freizeit. Es ist nicht unplausibel anzunehmen, daß noch weitere Faktoren einen Einfluß auf das Arbeitsangebotsverhalten von Männern und Frauen ausüben, die nicht rein ökonomisch begründbar sind.143 Es soll hier nicht darum gehen, die Annahme rationaler Entscheidungen anzuzweifeln – obwohl dies ein weiterer Kritikpunkt an der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie sein kann –, sondern darum, den Rahmen von im engeren Sinne rationalen, ökonomischen Entscheidungen auf im weiteren Sinne rationalen und ebenfalls den Präferenzen gemäßen Entscheidungen zu erweitern, wobei die Präferenzen neben dem Faktor Freizeit durch weitere nicht-monetäre Faktoren determiniert sein können. So dürften beispielsweise Flexibilität in bezug auf die Arbeitszeit, die Art und Länge des Arbeitswegs, aber auch Faktoren wie Status und Macht oder soziale Gründe wie „Erfüllung“, Selbstverwirklichung oder das Gefühl, eine „sinnvolle“ Arbeit zu verrichten, eine Rolle spielen, so daß der Nutzen des Individuums sich nicht nur aus der Höhe des Einkommens und der Freizeit ergibt. Inwiefern die individuellen Arbeitnehmer Wert auf weitere Faktoren legen, dürfte u. a. von ihrer Persönlichkeit, ihrer sozialen Umgebung oder ihrer Erziehung abhängen. Wird nun angenommen, daß sich Männer und Frauen, sei es aus Gründen der Sozialisation, der Erziehung oder aus anderen Gründen, im Durchschnitt in ihrer Persönlichkeitsstruktur unterscheiden144, so werden sie auch unterschiedlichen Wert auf die genannten nicht-ökonomischen Bestimmungsfaktoren des Arbeitsangebots legen. Da das erzielte Einkommen nicht unabhängig ist von diesen Faktoren, kann ein Teil der Einkommensdifferenz hierauf zurückzuführen sein, insbe143

Dies ist insbesondere deshalb nicht abwegig, da auf vielen Stellen der Arbeitnehmer die für ihn optimale Freizeit-Einkommen-Relation gar nicht flexibel verwirklichen kann, weil die Arbeitszeit für ihn ein Datum darstellt und er im besten Fall nur zwischen Vollzeit und Teilzeit wählen kann. 144 Die Annahme homogener Arbeitskräfte muß dabei grundsätzlich nicht aufgegeben werden.

IV. Nicht-ökonomische Erklärungsansätze

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sondere wenn diese Faktoren dazu führen, daß Männer und Frauen unterschiedliche Berufe wählen.145 Diskriminierung kann in diesem Fall, wenn überhaupt, nur strukturell begründet sein. Dasselbe gilt für den ökonomischen Trade-off zwischen Einkommen und Freizeit: Unterscheiden sich die Präferenzen bei Männern und Frauen, beispielsweise aufgrund von verschiedenen Pflichten innerhalb der Familie, so kann auch dies zu unterschiedlichen Einkommen führen, ohne daß echte Diskriminierung vorliegt. Geht man von unterschiedlichen Präferenzen bei Männern und Frauen aus, so muß man sich generell fragen, ob eine Diskriminierungsforschung, die sich auf Einkommensunterschiede beschränkt, wirklich ausreichend ist. Einkommen ist zwar aufgrund seines Geldcharakters und somit seiner Flexibilität der Faktor, mit dem man die meisten anderen Unvollkommenheiten im Berufs- und Privatleben kompensieren kann, gewisse weiche Faktoren wie soziale Erfüllung am Arbeitsplatz oder einfach Spaß an der Arbeit kann es aber nicht unbedingt ersetzen. Zur Diskussion steht an dieser Stelle allerdings die Frage, ob vielleicht nur solche Personen (insbesondere Frauen) den Sinn bei ihrer beruflichen Tätigkeit in „Erfüllung“ suchen, die antizipieren, in bezug auf hohes Einkommen keinen Erfolg zu haben, quasi als Second-best-Lösung mit einer hohen Erfolgswahrscheinlichkeit im Hinblick auf das Ziel der „Erfüllung“. Daß diese Personen sich dann mit ihrer suboptimalen Situation abfinden und das Beste daraus machen (und somit auch „Erfolg“ haben), während andere überhaupt erst zwischen First- und Second-best-Lösung auswählen können, kann dann auch als Benachteiligung, wenn nicht sogar als strukturelle bzw. institutionelle Diskriminierung aufgrund der mangelnden Chancengleichheit aufgefaßt werden. In jedem Fall sollen in dieser Arbeit aus den genannten Gründen nicht nur der Benachteiligungsindikator „Einkommen“, sondern auch andere untersucht werden, die möglichen Unterschieden in der Persönlichkeitsstruktur und den Präferenzen vielleicht – in ihrer Gesamtheit – eher gerecht werden, obwohl sie alle auch wiederum den Faktor „Einkommen“ beeinflussen. Am ehesten würde man wohl allen Personen gerecht werden, wenn man einen möglichst globalen Indikator für die Diskriminierungsforschung wählen würde, wie z. B. Arbeits- oder Lebenszufriedenheit. Allerdings besteht bei dieser Art von Indikatoren immer das Problem der ungenügenden Objektivität und Reliabilität. Dies ist u. a. auf die oben beschriebene mangelnde Chancengleichheit zurückzuführen. So können Personen, die ihre geringen Chancen voll ausnutzen, zufriedener sein als solche, denen alle Wege offen stehen, die aber unzufrieden sind, weil sie mit dieser Situation 145 An dieser Stelle sei auch auf das in Kap. A.III.3.a) erwähnte „compensating differential“, d. h. einen Lohnaufschlag für Personen mit schlechteren Arbeitsbedingungen verwiesen.

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A. Benachteiligung von Frauen

überfordert sind. Da dieses Problem mit den vorliegenden Daten nicht gelöst werden kann, soll ein Zufriedenheitsindikator nicht für die empirische Analyse herangezogen werden. Wohl aber wird er in dem nun folgenden Unterkapitel, das deskriptiv die Situation der Frauen am Arbeitsmarkt beschreibt, kurz behandelt. 5. Zusammenfassung der nicht-ökonomischen Erklärungsansätze Allen in diesem Abschnitt dargestellten Erklärungsansätzen für die Benachteiligung von Frauen ist gemein, daß sie sich von dem Allgemeinen Gleichgewichtsmodell distanzieren bzw. gänzlich andere Ursachen für die Benachteiligung hervorheben. Die Ansätze der Segmentationstheorie entstanden als kritische Antwort auf die empirisch nur mangelhaft nachweisbare Humankapitaltheorie. Sie betonen neben der Bildung auch andere Faktoren, die einen Einfluß auf die Benachteiligung ausüben können, und versuchen, die Benachteiligung über die Zuordnung der Arbeitnehmer zu verschiedenen Segmenten, vor allem zum internen und externen Arbeitsmarkt, zu erklären. Die verschiedenen, in sich nicht geschlossenen Ansätze dieser Theorie können zwar die Entstehung der Segmentation nicht erklären, wohl aber deren Fortbestehen. Der Ansatz des „weiblichen Arbeitsvermögens“ erklärt die Unterschiede von Männern und Frauen am Arbeitsmarkt vor allem aus ihrer Berufswahl, weshalb auf diesen Ansatz später noch einmal zurückgegriffen werden wird. Da sich aus Tradition eine Zuständigkeit der Frau für Haushalt und Familie ergibt, besitzen Frauen nach dieser Theorie eine besondere Affinität zu haushaltsnaher Tätigkeit, was sich auch in ihrer Berufswahl widerspiegelt. Da sie bei der Ausübung dieser Tätigkeiten Vorteile gegenüber Männern aufweisen, machen sich Unternehmen dies zunutze und stellen für bestimmte Tätigkeiten bevorzugt Frauen ein, was diese Trennung verfestigt. Auch die unterschiedliche Qualifikationsstruktur von Frauen und Männern kann einen Teil der Unterschiedlichkeit der Geschlechter am Arbeitsmarkt erklären. Von der relativen Verschiebung der Wichtigkeit der Wirtschaftssektoren werden vermutlich die Frauen langfristig eher profitieren. In diesem Abschnitt wurde auch auf die Zweischneidigkeit von Schutzgesetzen für Frauen eingegangen, die zwar einerseits Frauen einen besonderen Schutz gewähren sollen, was andererseits aber dazu führen kann, daß Frauen aus diesem Grund ungern überhaupt erst eingestellt werden. In dem vorangegangenen Abschnitt wurde detailliert auf die Möglichkeit eingegangen, daß Frauen, aber auch Männer, bezüglich ihres Arbeitsangebots Präferenzen aufweisen, die sich nicht auf die Optimierung der Einkommen-Freizeit-Relation beschränken, sondern weitere Faktoren wie Selbstver-

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt

87

wirklichung oder Flexibilität berücksichtigen können. Dies ist einer der wichtigsten Gründe, warum sich diese Arbeit nicht auf die Untersuchung der Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen beschränkt, sondern weitere Benachteiligungsindikatoren untersucht, die die Arbeitszufriedenheit beeinträchtigen können. Auch für die hier dargestellten Erklärungsansätze gilt, daß wohl keiner dieser Ansätze das Potential besitzt, allein einen großen Teil der Benachteiligung von Frauen zu erklären. Auch sie sind eher als sich und die zuvor dargestellten Theorien ergänzend als sich gegenseitig ausschließend zu betrachten. Diese Arbeit versucht keine Überprüfung einzelner Theorien, sondern möchte als Grundlage für die weiteren empirischen Untersuchungen ein breite Darstellung möglicher Ursachen für Benachteiligung oder Diskriminierung bieten. Um einen Überblick über die aktuelle Situation von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt hinsichtlich Erwerbsbeteiligung, Arbeitslosigkeit, arbeitsplatzbezogener Merkmale, Bildung, Einkommen und Arbeitszufriedenheit zu geben, wird im folgenden Unterkapitel anhand der Daten des Sozio-oekonomischen Panels deskriptiv hierauf eingegangen, wobei, vorbereitend auf die spätere empirische Analyse der Benachteiligungsindikatoren, auch schon auf die Operationalisierung der einzelnen Variablen hingewiesen wird.

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt: deskriptive Analyse zu verschiedenen Indikatoren anhand des Sozio-oekonomischen Panels 1. Datenbasis und Basisselektion Datenbasis sämtlicher Untersuchungen sind die Informationen des Soziooekonomischen Panels (SOEP) bis zum Jahr 2004. Das SOEP wird vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) unterhalten und seit 1984 jährlich in Westdeutschland und seit 1990 auch in den neuen Bundesländern durchgeführt.146 Da es sich um ein Panel handelt, werden jedes Jahr dieselben Personen und als übergeordnete Einheit die Haushalte, in denen die Personen leben, befragt. Mit dem Datensatz sind somit sowohl Quer- als auch Längsschnittanalysen möglich. Neben einem Satz an Standardfragen zu Fakten und Meinungen aus den verschiedensten Lebensbereichen, u. a. zum Thema Bildungs- und Arbeitsmarktpartizipation, enthalten die Fragebögen auch weitere Fragen zu jährlich wechselnden Schwerpunkten. Grundsätzlich ist das SOEP als Haushaltsstichprobe angelegt, d. h. alle 146 Vgl. Projektgruppe Sozio-oekonomisches Panel (1993), Wagner et al. (1994), Frick (2004).

88

A. Benachteiligung von Frauen

im jeweiligen Haushalt lebenden Personen, die mindestens 16 Jahre alt sind, werden jedes Jahr befragt. Zusätzlich zu den Haushaltsfragebögen werden alle Mitglieder des Haushalts individuell mittels eines Personenfragebogens interviewt. Das SOEP startete 1984 mit einer für die bundesdeutsche Wohnbevölkerung repräsentativen Stichprobe, die knapp 6 000 Haushalte mit rund 12 000 Befragten umfaßte. Die Datenbasis wurde und wird auch weiterhin laufend erweitert, indem abgespaltete Haushalte (durch Auszug von Personen aus dem bisherigen Haushalt und Gründung eines neuen), neu in bestehende Panelhaushalte eingezogene Personen sowie solche Haushaltsmitglieder, die im jeweiligen Jahr 16 Jahre alt wurden, hinzukommen. Im Gegenzug gehen dem Panel mit der Zeit Haushalte und Personen aufgrund von Antwortverweigerung, Kontaktverlust, Wegzug ins Ausland oder Tod verloren. Die ursprüngliche Stichprobe enthielt neben Deutschen und „sonstigen Ausländern“ (Stichprobe „A“) eine überproportional große Stichprobe mit Haushaltsvorständen aus den früheren Hauptanwerbeländern für Gastarbeiter (Stichprobe „B“). In den späteren Jahren kamen noch weitere spezielle Bevölkerungsgruppen in überproportional großen Sonderstichproben zum Panel hinzu: Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde das Panel um die Stichprobe „C“ aus den neuen Bundesländern ergänzt. Des weiteren kamen 1994/95 die Stichproben „D1“ und „D2“, bestehend aus Immigranten, sowie 2002 die Stichprobe „G“ (Hocheinkommensbezieher) hinzu. Daneben wurde das Panel 1998 um die Stichprobe „E“ (Refreshment) sowie 2002 um die Stichprobe „F“ (Innovation) ergänzt, die hauptsächlich dazu dienten, das Panel nach den Ausfällen bis zu diesem Zeitpunkt aufzufrischen. Aufgrund dieser verschiedenen Sonderstichproben bildet das SOEP die deutsche Wohnbevölkerung nicht repräsentativ ab. Um dennoch sinnvolle Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit zu ermöglichen, bedient man sich bei deskriptiven Auswertungen sogenannter Querschnittsgewichtungsfaktoren, die das Oversampling neutralisieren. Diese Gewichtungsfaktoren ermöglichen es, die Verzerrungen so zu beseitigen, daß die gesamte Stichprobe (Haushalte und Personen) danach hinsichtlich verschiedener Kriterien genauso strukturiert ist wie der Mikrozensus, der eine repräsentative 1%Stichprobe der deutschen Wohnbevölkerung abbildet. Die Kriterien beinhalten für die Haushalte die Haushaltsgröße sowie Nationalität, Geschlecht und Alter des Haushaltsvorstandes. Die Personendaten werden u. a. hinsichtlich des Geschlechts, des Alters und der Schulbildung gewichtet. Für Längsschnittanalysen werden wegen des Problems der Panel-Mortalität ebenfalls Gewichtungsfaktoren benötigt, die jeweils für Untergruppen des gesamten Samples verschiedene Drop-out-Raten berücksichtigen und die Gruppen daher unterschiedlich gewichten. In dieser Untersuchung finden

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt

89

nur Gewichtungsfaktoren für die Querschnittsanalyse Anwendung, und dies lediglich in deskriptiven Statistiken.147 Dies hat nicht nur den Zweck der Gewichtung, sondern die Faktoren ermöglichen es auch, die Angaben der gut 18 000 Befragten unter 65 im Jahr 2003 (von denen knapp 13 000 erwerbstätig sind) auf die Gesamtbevölkerung hochzurechnen, d. h. geschätzte echte Zahlen für sämtliche Einwohner der BRD darzustellen. Danach würden sich hochgerechnet gut 36 Millionen Erwerbstätige148 und knapp 17 Millionen nicht Erwerbstätige im Alter von 16 bis unter 65 Jahren ergeben, was eine plausible Zahl für die BRD darstellt. Gelegentliche Verzerrungen bei kleinen Samples des SOEP sind bei diesem Vorgehen allerdings nicht auszuschließen und müssen daher als Nachteil hingenommen werden. Für die folgenden deskriptiven Auswertungen des Datensatzes hinsichtlich der später multivariat zu untersuchenden Indikatoren für eine mögliche Benachteiligung von Frauen werden verschiedene Basisselektionen vorgenommen, auf die in den einzelnen Abschnitten detailliert eingegangen wird. Die deskriptiven Analysen zur Erwerbsbeteiligung und zur Arbeitslosigkeit beziehen sich auf alle Mitglieder des Panels von 16 bis unter 65 Jahren und jeder Nationalität, wohingegen sich die restlichen Auswertungen nur auf tatsächlich erwerbstätige Personen beziehen können. Hierbei erfolgen jedoch teilweise Beschränkungen hinsichtlich Personen, die sich (noch) in Ausbildung befinden oder ihre Ausbildung im Ausland absolviert haben. Sämtliche Untersuchungen nach Altersgruppen sind Querschnittsanalysen. Rückschlüsse auf „durchschnittliche Lebensläufe“ sind also nur bedingt möglich, da hier verschiedene Personen unterschiedlichen Alters gegenübergestellt werden und nicht der Erwerbsverlauf verschiedener Personen betrachtet wird.149 2. Deskriptive Auswertung nach Indikatoren a) Erwerbsbeteiligung Zunächst soll die Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern in der BRD laut SOEP untersucht werden. Insgesamt sind 46,8% aller Erwerbstä147 Eine Anwendung der Gewichtungsfaktoren in multivariaten Analysemethoden würde die Ergebnisse erheblich verfälschen, da jede einzelne Person mit der ihr eigenen Kombination der Merkmalsausprägungen rund ein- bis zweitausendmal in die Analyse mit einbezogen würde, was dementsprechend die Stichprobengröße erweitern und die Signifikanz der Modelle ungerechtfertigterweise verbessern würde. Da eine gewichtete Analyse also nicht erlaubt ist, werden alle späteren Regressionen ungewichtet durchgeführt. 148 Nach der in Kap. A.V.2.a) beschriebenen Abgrenzung der Erwerbstätigkeit. 149 Dies hat allerdings den Vorteil der höheren Aktualität, da nicht nur Personen, deren Erwerbsverlauf schon abgeschlossen ist, betrachtet werden können.

90

A. Benachteiligung von Frauen

tigen im SOEP weiblich, die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland sind nur minimal. Als erwerbstätig gelten hierbei nicht nur alle, die Vollzeit-, Teilzeit- oder geringfügig beschäftigt sind, sondern auch Personen in Ausbildung, im Wehr- bzw. Zivildienst sowie Beschäftigte in Behindertenwerkstätten, so daß alle Personen, die einer der obigen Beschäftigungen nachgehen, denjenigen gegenüberstehen, die nicht erwerbstätig sind. Bei den Frauen im Alter von 16 bis unter 65 Jahren liegt hiernach die Erwerbsbeteiligung in der BRD bei 61,7%, bei den Männern beträgt sie 75,3%. Die getrennte Untersuchung nach West- und Ostdeutschland liefert überraschende Ergebnisse: Nach obiger Abgrenzung der Erwerbstätigkeit liegt die Erwerbsbeteiligung150 in Westdeutschland bei 62,7% für Frauen und 77,3% bei Männern. In den neuen Bundesländern ist sie mit 57,2% bei Frauen und 66,7% bei Männern deutlich geringer, obwohl bekannt ist, daß die DDR generell und insbesondere bei Frauen hohe Erwerbsquoten aufwies.151 Eine plausible Erklärung dafür könnte sein, daß in dieser Untersuchung anstelle der Erwerbspersonen die tatsächlich Erwerbstätigen den nicht Erwerbstätigen, die auch die gemeldeten Arbeitslosen beinhalten, gegenübergestellt werden, d. h. es wird die Erwerbstätigenquote anstelle der Erwerbsquote bestimmt. Da die neuen Bundesländer deutlich höhere Arbeitslosenquoten aufweisen, würde eine Berechnung der Erwerbsquote als Anteil der Erwerbspersonen an der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter zu höheren Erwerbsbeteiligungen im Osten Deutschlands führen. Da im SOEP aber keine Angaben dazu enthalten sind, welche Personen zu den Erwerbspersonen gezählt werden können, ist eine Berechnung der Erwerbsquote nicht möglich. Bei der Betrachtung der Erwerbstätigenquoten im Lebenszyklus von Männern und Frauen sind unterschiedliche Muster zu erkennen (s. Abb. 1). Die linke Abbildung zeigt das Erwerbsverhalten von Männern und Frauen im gesamten Bundesgebiet. Dabei ist noch recht deutlich das bekannte „M“Muster152 bei den Frauen zu erkennen. Es ergibt sich daraus, daß viele Frauen im Alter zwischen etwa 25 und 35 Jahren nach einer anfänglichen Erwerbstätigkeit ihre Karriere zwecks Familiengründung unterbrechen und erst danach wieder einsteigen, so daß die Erwerbstätigenquoten später wieder ansteigen und ihren Höhepunkt erreichen.153 Bei Männern liegt zum 150

Anteil der Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung im erwerbsfähigen Al-

ter. 151

Vgl. z. B. Engelbrech (1992), S. 21 f. Vgl. zum Beispiel Blau et al. (1998a), die für die USA diesen Effekt für Frauen allerdings nur bis in die 1970er Jahre und nicht mehr für die 1990er Jahre nachweisen können. 153 Daß die linke Erhebung des „M“ nicht, wie noch einige Jahre und Jahrzehnte zuvor, deutlich zutage tritt, kann damit begründet werden, daß der Anteil der weib152

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt Gesamt

Nur Unverheiratete

,9

,9 Erwerbstätigenquote

1,0

Erwerbstätigenquote

1,0

,8 ,7 ,6 ,5

91

,8 ,7 ,6 ,5

,4

,4

,3

,3

,2

,2

17–20 25–30 35–40 45–50 55–60 20–25 30–35 40–45 50–55 60–65

17–20 25–30 35–40 45–50 55–60 20–25 30–35 40–45 50–55 60–65 Altersgruppen

Altersgruppen Fälle gewichtet nach TPHRF

Geschlecht

weiblich

männlich

Quelle: Eigene Darstellung nach Daten des SOEP (2003).

Abbildung 1: Erwerbstätigenquoten von Frauen und Männern im Vergleich

einen die Erwerbstätigenquote über den gesamten Lebenszyklus hinweg deutlich über derjenigen der Frauen. Zum anderen ist nur sehr schwach ein leichter Rückgang der männlichen Erwerbsquote in der Mitte des Erwerbslebens zu erkennen, der auf Verzerrungen in dem für diese Betrachtungsweise relativ kleinen Datensatz154 zurückgeführt werden kann, die in der lichen Studenten mittlerweile sehr hoch ist [vgl. Kap. A.V.2.d)aa)]. Daraus ergibt sich, daß sich nicht mehr alle Frauen im etwa gleichen Alter vom Arbeitsmarkt zurückziehen, sondern daß dies zunächst bei solchen mit betrieblicher Ausbildung der Fall ist und diejenigen mit Studium erst später eine Pause einlegen, wenn diejenigen, die früh Kinder bekommen, schon wieder erwerbstätig sind. Erst im Alter von nahezu vierzig befinden sich dann die meisten Frauen wieder am Arbeitsmarkt. 154 Die Anzahl der Befragten in den einzelnen Kohorten ist sehr klein, so daß der „Knick“ eindeutig auf sehr hohe Gewichtungsfaktoren bei zwei nicht erwerbstätigen männlichen Personen in der Kohorte der 40- bis 45jährigen zurückzuführen ist. Bei einer Darstellung mit ungewichteten Fällen verschwindet der „Knick“ fast vollkommen. Dies zeigt, daß die Gewichtungsfaktoren den Datensatz als ganzen zwar repräsentativ machen, daß jedoch bei der Auswertung kleiner Gruppen Verzerrungen durch die Gewichtung entstehen können oder daß die Verzerrungen, falls sie auch bei ungewichteten Fällen vorhanden sind, hierdurch noch verstärkt werden können. Dies gilt insbesondere für die Auswertung nach Variablen, die nicht für die Berechnung der Gewichtungsfaktoren herangezogen werden.

92

A. Benachteiligung von Frauen

rechten Abbildung noch deutlicher zutage treten. Bei der alleinigen Betrachtung derjenigen Männer und Frauen, die nicht verheiratet, also ledig, geschieden oder verwitwet sind (rechte Abbildung), nähern sich die Kurven der Männer und Frauen einander an, d. h. daß der Unterschied in der linken Abbildung fast ausschließlich auf den Rückzug der verheirateten Frauen zum Zweck der Familiengründung zurückgeführt werden kann. Des weiteren ist beobachtbar, daß verheiratete Männer mehr als ledige Männer, verheiratete Frauen hingegen weniger als ledige Frauen arbeiten, was die These unterstützt, daß sich Frauen nach der Hochzeit oder spätestens beim ersten Kind auf die Arbeit im Haushalt und Männer auf die Erwerbsarbeit konzentrieren, um eine Aufgabenspezialisierung zu realisieren. Abbildung 2 macht das unterschiedliche Erwerbsverhalten von Frauen in den alten und neuen Bundesländern deutlich. Obwohl bei dieser Darstellung nicht nur die verheirateten, sondern alle Männer und Frauen betrachtet werden, dominiert das oben beschriebene typische Verhalten der verheirateten Frauen im Westen Deutschlands. Während im Westen das „M“ deutlich zu erkennen ist und sich die Kurven ab einem Alter von Mitte zwanzig deutlich voneinander entfernen und sich auch später nicht mehr richtig an-

Alte Bundesländer

Neue Bundesländer 1,0

,8

,8

Erwerbstätigenquote

Erwerbstätigenquote

1,0

,6

,4

,6 ,4

,2

,2

0,0

17–20 25–30 35–40 45–50 55–60 20–25 30–35 40–45 50–55 60–65

17–20 25–30 35–40 45–50 55–60 20–25 30–35 40–45 50–55 60–65

Altersgruppen Fälle gewichtet nach TPHRF

Altersgruppen Geschlecht

weiblich

Quelle: Eigene Darstellung nach Daten des SOEP (2003).

Abbildung 2: Erwerbstätigenquoten von Frauen und Männern im Ost-West-Vergleich

männlich

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt

93

1,0

Erwerbstätigenquote

,8

,6 ohne Partner und ohne Kind im HH

,4

mit Partner und ohne Kind im HH ohne Partner und mit Kind im HH

,2

mit Partner und mit Kind im HH

0,0 17–25

25–35

35–45

45–55

55–65

Altersgruppen Fälle gewichtet nach TPHRF Quelle: Eigene Darstellung nach Daten des SOEP (2003).

Abbildung 3: Erwerbstätigenquoten von Frauen mit und ohne Partner bzw. Kinder im Haushalt

nähern, liegen die Kurven der Männer und Frauen in Ostdeutschland viel näher zusammen. Außerdem scheint der Zeitpunkt der Erwerbsunterbrechung, wenn sie denn überhaupt vorgenommen wird, in Ostdeutschland später im Lebenszyklus einer Frau zu liegen.155 Betrachtet man neben dem Familienstand der Frauen auch noch, ob sie Kinder haben (Abbildung 3), so wird deutlich, daß die Erwerbsbeteiligung noch stärker zurückgeht, sobald Kinder im Haushalt leben. Es besteht allerdings ein großer Unterschied zwischen den Arbeitsangebotsentscheidungen der Frauen mit Kindern, denen ein Partner im Haushalt zur Seite steht, und den alleinerziehenden Frauen. Letztere sind meist darauf angewiesen, allein für den Unterhalt der Familie zu sorgen, weshalb die Erwerbstätigenquote stark ansteigt, sobald es für die Frau nach der Geburt des Kindes wieder möglich wird. 155 Dies ist eine weitere Erklärung dafür, daß das „M“ für die gesamtdeutschen Frauen kaum eine linke Spitze aufweist.

94

A. Benachteiligung von Frauen Tabelle 1 Erwerbstätigenquoten bei Frauen in Abhängigkeit vom Alter des jüngsten Kindes

Alter des jüngsten Kindes keine Kinder

erwerbstätige Frauen (in 1 000)

Erwerbstätigenquote

11 293

64,0%

Kind(er) von 0–1 Jahr

172

16,9%

Kind(er) von 2–3 Jahren

714

47,0%

Kind(er) von 3–6 Jahren

1 035

57,6%

Kind(er) von 7–16 Jahren

3 678

68,1%

16 893

61,7%

Insgesamt

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

Ergänzend zeigt Tabelle 1, wie sich die Erwerbstätigenquoten der Frauen mit dem Alter des jüngsten Kindes im Haushalt verändern. Hierbei fällt besonders auf, daß Frauen mit sehr kleinen Kindern sehr selten arbeiten, Frauen mit Schulkindern jedoch häufiger als Frauen ohne Kinder, da ein Haushalt mit Kindern eher auf einen Zweitverdiener angewiesen sein dürfte als ein Haushalt ohne Kinder. b) Arbeitslosigkeit So wie die amtlichen Statistiken nur die Arbeitslosenquote ausweisen können, so kann auch in dieser Untersuchung keine Erwerbslosenquote bestimmt werden. Bei den Arbeitslosen handelt es sich um denjenigen Teil der Erwerbslosen, der sich bei den Arbeitsämtern offiziell als arbeitslos registrieren lassen hat. Wie hoch tatsächlich die Zahl der Erwerbslosen, die zusammen mit den Erwerbstätigen die Erwerbspersonen bilden, ist, läßt sich allenfalls schätzen, da es sich hierbei zusätzlich zu den Arbeitslosen um Personen handelt, die „freiwillig arbeitslos“ sind, also arbeiten könnten und ggf. auch würden, sich aber nicht beim Arbeitsamt gemeldet haben. Mittels der Daten des SOEP läßt sich daher nur die Arbeitslosenquote bestimmen.156 Diese kann im allgemeinen nur als untere mögliche Grenze für die 156 Auch hierbei gibt es zwei Berechnungsmöglichkeiten: Entweder bezieht man die Zahl der Arbeitslosen auf alle Erwerbspersonen, die Zahl ist hier aber nicht bekannt. Oder aber man bezieht die Zahl der Arbeitslosen auf die abhängigen Erwerbspersonen, d. h. auf alle sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäf-

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt

95

Tabelle 2 Arbeitslosenquoten in Deutschland Deutschland gesamt

alte Bundesländer

neue Bundesländer

Frauen

13,5%

10,7%

25,5%

Männer

13,4%

10,8%

24,6%

gesamt

13,5%

10,7%

25,0%

Quelle: Eigene Darstellung nach Daten des SOEP (2003).

Erwerbslosenquote angesehen werden. Den Unterschied machen vor allem verheiratete Frauen aus, die meist keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben und sich daher erst gar nicht beim Arbeitsamt melden, obwohl sie vielleicht gern arbeiten würden. Daher dürfte sich gerade die frauenspezifische Arbeitslosenquote stark von der Erwerbslosenquote unterscheiden. Tabelle 2 zeigt die aus den Daten des SOEP bestimmten Arbeitslosenquoten insgesamt und jeweils getrennt nach Männern und Frauen bzw. den alten und den neuen Bundesländern. Läßt man die vermutete Diskrepanz zwischen Arbeitslosen- und Erwerbslosenquoten außer acht, so zeigt diese Tabelle für Gesamtdeutschland und die alten Bundesländer keine nennenswerten Unterschiede bei den Arbeitslosenquoten von Frauen und Männern. In den neuen Bundesländern allerdings sind Frauen etwas stärker von Arbeitslosigkeit betroffen als Männer, aber auch dieser Unterschied ist, verglichen mit vorherigen Jahren, relativ klein.157 Die Differenzverkleinerung beruht allerdings nicht auf einer Verbesserung der Lage der Frauen, sondern auf einer Erhöhung der männerspezifischen Arbeitslosenquote. tigten (inkl. Auszubildende) sowie Beamte und Arbeitslose. Diese Untersuchung geht nach dem zweiten Konzept vor, das aufgrund der kleineren Basisgröße grundsätzlich höhere Werte liefern muß als das erste Konzept. Dabei ist zu beachten, daß im Gegensatz zu allen Erwerbspersonen hierbei die Selbständigen und mithelfenden Familienangehörigen herausgerechnet werden. 157 Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (2004) blieb die Arbeitslosenquote für Frauen in Ostdeutschland im Zeitraum von 2000 bis 2003 relativ konstant bei etwa 20%, während sie bei Männern im gleichen Zeitraum von 17,8 auf 20,6% anstieg. Die Abweichung der mit Hilfe des SOEP berechneten Arbeitslosenquote von der von der Bundesagentur für Arbeit ausgewiesenen ist darauf zurückzuführen, daß im SOEP trotz der Gewichtungsfaktoren offenbar überproportional viele Arbeitslose enthalten und die Zahlen somit verzerrt sind. Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit basieren auf der gleichen Definition der Arbeitslosenquote wie die in dieser Arbeit gewählten.

96

A. Benachteiligung von Frauen Tabelle 3 Durchschnittliche Einschätzungen zur Frage „Wie wahrscheinlich ist es, daß Sie in den nächsten zwei Jahren Ihren Arbeitsplatz verlieren?“ Deutschland gesamt

alte Bundesländer

neue Bundesländer

€x

s

€x

s

€x

s

Frauen

23,19

27,09

21,49

26,66

31,45

27,65

Männer

21,65

25,60

19,71

24,77

31,39

27,40

gesamt

22,38

26,32

20,55

25,69

31,42

27,52

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

Das SOEP bietet neben der Darstellung der Arbeitslosenquoten die Möglichkeit der Auswertung der subjektiv gestellten Einschätzungsfrage „Wie wahrscheinlich ist es, daß Sie innerhalb der nächsten 2 Jahre Ihren Arbeitsplatz verlieren?“ Diese Frage wurde nur Erwerbstätigen gestellt, dementsprechend werden zur Analyse alle abhängig beschäftigten Personen (ohne Auszubildende) sowie Selbständige und Beamte158 herangezogen. Tabelle 3 zeigt die arithmetischen Mittel €x der angegebenen Wahrscheinlichkeiten mit den jeweiligen Standardabweichungen s. Hierbei zeigt sich, daß Männer in Westdeutschland ihre Lage als besser einschätzen als die westdeutschen Frauen, die allerdings auch eine höhere Standardabweichung aufweisen. In den neuen Bundesländern hingegen schätzen beide Geschlechter ihre Lage etwa gleich schlecht ein. Insgesamt deuten die Ergebnisse zur Arbeitslosigkeit und zur subjektiven Einschätzung der Arbeitsplatzsicherheit nicht auf eine erhebliche Benachteiligung der Frauen hin. Es besteht allerdings, wie schon erwähnt, die Möglichkeit, daß sich verheiratete Frauen mit besonders schlechten Arbeitsmarkchancen nicht arbeitslos melden, weil sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II hätten. Wenn diese Frauen daher auch nicht zu den Erwerbstätigen gehören, dann ist es möglich, daß Tabelle 3 eine „geschönte“ Lage der Frauen abbildet, da diese „schlechten Risiken“ gar nicht zu der befragten Gruppe gehören. 158 Beamte haben zwar ein sehr geringes Risiko, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, insbesondere wenn sie Beamte auf Lebenszeit sind. Dennoch werden sie mit in die zu untersuchende Gruppe aufgenommen, da ein Bild über die Einschätzung aller Erwerbstätigen gewonnen werden soll, das nur verfälscht werden kann, wenn man einzelne Personengruppen ausschließt. In die Zahlen fließen somit implizit auch die Wahrscheinlichkeiten für Männer und Frauen ein, überhaupt verbeamtet zu werden.

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt

97

c) Arbeitsplatzbezogene Merkmale aa) Beschäftigungssituation nach Unternehmens- und Einsatzmerkmalen Nach der Erwerbsbeteiligung aller Personen des SOEP im erwerbsfähigen Alter und der Arbeitslosigkeit sollen nun die tatsächlich beschäftigten Personen betrachtet werden. Hierfür werden alle erwerbstätigen Personen im Alter von 16 bis unter 65, die sich nicht in Ausbildung159 befinden und die in Vollzeit, in Teilzeit oder geringfügig beschäftigt160 sind, in die Untersuchung einbezogen. Zunächst soll auf verschiedene Faktoren, die das beschäftigende Unternehmen, den dortigen Arbeitseinsatz und den ausgeübten Beruf betreffen, eingegangen werden, bevor in den weiteren Abschnitten die Arbeitszeit und die Vertragsart behandelt werden. Tabelle 4 soll zunächst einmal zeigen, welche Berufsordnungen161 bei Männern und Frauen am häufigsten vorkommen. Die Aufstellung zeigt, daß es fast keine Überschneidungen zwischen den häufigsten Berufen bei Männern und Frauen gibt, was schon darauf hindeutet, daß diese Berufe auch weitgehend „typische“ Männer- und Frauenberufe sind.162 Es wird weiterhin deutlich, daß die Berufe der Frauen fast alle in niedrigeren Hierarchiestufen angesiedelt sind, wohingegen es bei den Männern eine viel größere Spreizung gibt. Zudem kann vermutet werden, daß insgesamt das Spektrum der von Männern gewählten Berufe größer sein dürfte, da 37,9% aller weiblichen Erwerbstätigen in eine dieser 10 Berufsordnungen fallen, jedoch nur 21,1% der Männer sich auf die 10 häufigsten Berufsordnungen der 159 Genauer gesagt: Auszubildende und solche Personen, die in (Vollzeit-)Weiterbildung sind und einen Auszubildendenstatus auf der betrachteten Arbeitsstelle besitzen, da diese Personen nur kurzfristig bis zum Ende ihrer Ausbildung die jeweilige Stelle innehaben. Eingeschlossen werden alle, die neben ihrer eigentlichen Tätigkeit eine Weiterbildung absolvieren und demnach keinen Auszubildendenstatus besitzen. 160 Geringfügige Beschäftigung beihaltet sowohl die geringfügig entlohnte Beschäftigung, d. h. mit einer maximalen monatlichen Entlohnung von 400 e, als auch die kurzfristige Beschäftigung, die begrenzt ist auf höchstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage im Jahr. Diese Beschäftigungsarten sind nicht sozialversicherungspflichtig, der Arbeitgeber zahlt einen Pauschalbetrag für Versicherung und Steuer bzw. nur Steuer. 161 Vgl. zu den Klassifikationsmöglichkeiten ausführlicher Kap. B.III.1.b) und Statistisches Bundesamt (1992). Berufsordnungen sind die zweitdetaillierteste Klassifikationsmöglichkeit des Statistischen Bundesamtes, sogenannte Dreisteller. Es werden 369 Berufsordnungen unterschieden, jede von ihnen enthält wiederum mehrere Berufsklassen. Da die Einteilung nach Berufsklassen sehr detailliert ist und längst nicht jede von den hierbei unterschiedenen 2 287 Klassen im SOEP besetzt ist, wird hier auf die Berufsordnungen zurückgegriffen, um Zufallseffekte bei der Hochrechnung zu vermeiden. 162 Vgl. dazu Kap. B.III.1.a).

98

A. Benachteiligung von Frauen Tabelle 4 Häufigste Berufsordnungen bei Frauen und Männern

häufigste Berufsordnungen bei Frauen (mit Nummer der Berufsordnung)

in Prozent aller weibl. Erwerbstätigen

780 Bürofachkräfte, kaufm. Angestellte o. n. A.

5,9

714 Berufskraftfahrer

3,7

853 Krankenschwestern, Hebammen

5,0

801 Soldaten, Grenzschutz-, Polizeibedienstete

2,7

934 Gebäudereinigerinnen, Raumpflegerinnen

5,0

751 Geschäftsbereichsleiter, Direktionsassistenten

2,2

787 Verwaltungsfachleute (mittl. Dienst) a. n. g.

4,8

787 Verwaltungsfachleute (mittl. Dienst) a. n. g.

2,1

660 Verkäuferinnen o. n. A.

3,5

750 Unternehmer, Geschäftsführer, a. n. g.

2,0

863 Erzieherinnen

3,3

691 Bankfachleute

1,9

856 Sprechstundenhelferinnen

3,2

281 Kraftfahrzeug-, Zweiradmechaniker

1,7

789 Sekretärinnen

2,4

310 Elektriker o. n. A., Elektroinstallateure

1,6

873 Grund-, Haupt-, Real-, Sonderschullehrerinnen

2,4

765 Verwaltungsfachleute (geh. Dienst), a. n. g.

1,6

788 Büro- und kaufm. Sachbearbeiterinnen a. n. g.

2,4

744 Lager-, Transportarbeiter

1,6

häufigste Berufsordnungen bei Männern (mit Nummer der Berufsordnung)

in Prozent aller männl. Erwerbstätigen

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

Männer aufteilen. Die Konzentration der Frauen hinsichtlich der gewählten Berufe ist also deutlich größer. Die Abbildungen 4 und 5 beschäftigen sich nun mit der Stellung der Erwerbstätigen im Beruf und der Aufteilung auf verschiedene Leistungsgruppen bei Arbeitern und Angestellten. Frauen sind gemäß Abbildung 4 demnach zum überwiegenden Teil in Angestelltenarbeitsverhältnissen anzutreffen, wohingegen Männer etwa gleich häufig Arbeiter oder Angestellte sind und fast doppelt so häufig selbständig163 tätig sind wie Frauen. Die beiden Schaubilder in Abbildung 5 untersuchen im Detail die Aufteilung auf ver163 Hierzu zählen auch freiberuflich Tätige sowie mithelfende Familienangehörige, die wiederum zum überwiegenden Teil weiblich sind.

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt

99

Prozent 80 67,2

70 60 50

40,8 40

weiblich männlich

36,4

30 20

19,7 13,8 7,2

10

5,9

9,1

0 Arbeiter

Selbständige

Angestellte

Beamte

Quelle: Eigene Darstellung nach Daten des SOEP (2003).

Abbildung 4: Erwerbstätige nach der Stellung im Beruf

schiedene Hierarchieebenen bei Arbeitern und Angestellten. Auffällig ist, daß in beiden Fällen Frauen viel häufiger die niedrigeren Hierarchiestufen bekleiden und Männer deutlich öfter die höheren. Frauen sind trotz relativ geringer Bildungsunterschiede164 insbesondere in Leitungspositionen viel seltener anzutreffen als Männer, weshalb häufig von einem sogenannten „glass ceiling“165 für Frauen die Rede ist. Mit der Verteilung der männlichen und weiblichen Erwerbstätigen auf verschiedene Branchen beschäftigt sich Abbildung 6. „Klassische“ Arbeitsbereiche für Männer stellen demnach das Verarbeitende sowie das Baugewerbe dar, wohingegen Frauen vor allem bei den öffentlichen und privaten Dienstleistungen166 sowie beim Handel überwiegen. Insgesamt sind 26,7% 164

Vgl. Kap. A.V.2.d)aa). Vgl. Wirth (2001). 166 Hierzu gehören das Gastgewerbe, der Bereich Erziehung und Unterricht, Gesundheit, Veterinärmedizin und Sozialwesen, die privaten Haushalte und Hauspersonal sowie sonstige öffentliche und private Dienstleistungen. Die Brancheneinteilung orientiert sich an den vom Statistischen Bundesamt definierten 17 Abschnitten der Wirtschaftszweige nach WZ93 (vgl. Statistisches Bundesamt (2003)). Aus den Abschnitten wurde die oben beschriebene Zusammenfassung der öffentlichen und privaten Dienstleistungen vorgenommen. Des weiteren wurde der Bereich Land- und Forstwirtschaft mit Fischerei zusammengefaßt, Bergbau, Steine und Erden bilden 165

100

A. Benachteiligung von Frauen Arbeiter

Angestellte

27,9

I

I

5,6 51,1

II

3,8 20,7

III

19,3 52,4

weiblich männlich

9,4

II

29,6

III

8,8 54,3

IV

37,7

1,2

IV

9,1

0

13,9

V

0,5 V 3,3

I. II. III. IV. V.

0,6 3,0

41,9

VI 1,14,9 20

40 Prozent

ungelernter Arbeiter angelernter Arbeiter gelernte und Facharbeiter Vorarbeiter, Kolonnenführer Meister, Polier

60

0

20

40 Prozent

60

I. Industrie- und Werkmeister II. Angestellter mit einf. Tätigkeiten, ohne Ausbildungsabschluß III. Angestellter mit einf. Tätigkeiten, mit Ausbildungsabschluß IV. Angestellter mit qual. Tätigkeiten V. Angestellter mit hochqual. Tätigkeiten, Leitungsfunktion VI. Angestellter mit umfassenden Führungsaufgaben

Industrie- und Werkmeister werden zu den Angestellten gezählt, sind hierarchisch aber schwierig einzuordnen. Am ehesten entsprechen sie der Gruppe IV, verrichten aber andersartige Arbeitsaufgaben. Quelle: Eigene Darstellung nach Daten des SOEP (2003).

Abbildung 5: Verteilung von weiblichen und männlichen Erwerbstätigen auf verschiedene Leistungsgruppen bei Arbeitern und Angestellten

aller Erwerbstätigen im öffentlichen Dienst tätig, das sind 32,1% (rd. 4,4 Mio.) aller weiblichen und 22% (rd. 3,5 Mio.) aller männlichen Erwerbstätigen, so daß auch in diesem Bereich insgesamt mehr Frauen tätig sind. Zuletzt soll noch ein Blick auf die Aufteilung der Geschlechter auf verschiedene Unternehmensgrößen geworfen werden (s. Abb. 7). Männer sind demnach häufiger selbständig tätig als Frauen und sind häufiger in großen mit Energie und Wasserversorgung eine Gruppe sowie Kredit und Versicherung mit Grundstücks- und Wohnungswesen, Vermietung beweglicher Sachen und Erbringung von anderen wirtschaftlichen Dienstleistungen eine weitere Gruppe. Die exterritorialen Organisationen wurden dem Bereich der öffentlichen Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherungen zugerechnet.

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt 0,5 1,9

Land- u. Forstwirtschaft, Fischerei Energie- u. Wasserversorgung, Bergbau

101

0,1 0,5 14,8

Verarbeitendes Gewerbe

32,3 1,8

Baugewerbe

10,6

weiblich

17,3

Handel

9,6

männlich

3,7 6,0

Verkehr u. Nachrichtenübermittlung

13,2 13,7

Kredit- u. Versicherungswesen, wirt. DL 8,4 9,1

öff. Verwaltung, Sozialversicherungen

40,3

öff. u. priv. DL

16,1

0

5

10

15

20 25 30 Prozent

35

40

45

Quelle: Eigene Darstellung nach Daten des SOEP (2003).

Abbildung 6: Verteilung der weiblichen und männlichen Erwerbstätigen auf verschiedene Wirtschaftszweige

und sehr großen Unternehmen anzutreffen, wohingegen Frauen in Unternehmen bis 20 Beschäftigte in der Überzahl sind. Bei der Betrachtung der Betriebszugehörigkeitsdauer stellt man fest, daß diese bei Frauen deutlich geringer ausfällt als bei Männern, denn sie liegt mit durchschnittlich 9,5 Monaten gut zwei Monate unter der der Männer. bb) Arbeitszeit Ein weiteres arbeitsplatzbezogenes Merkmal stellt die Arbeitszeit dar. Hierbei soll aber nicht nur untersucht werden, inwieweit Frauen in Vollzeit, in Teilzeit oder geringfügig beschäftigt sind, sondern auch ihre Wochenarbeitszeit im einzelnen mit Überstunden soll betrachtet werden sowie ergänzend ihre Zeitinvestition in den täglichen Weg zur Arbeit und in nebenberufliches Engagement. In die Untersuchung werden dieselben Personen einbezogen wie im vorherigen Abschnitt, d. h. Vollzeit-, Teilzeit- oder geringfügig Beschäftigte167 zwischen 16 und unter 65 Jahren, die sich auf der

102

A. Benachteiligung von Frauen

Prozent

weiblich

30

männlich 24,1

25 20,3

19,3

20

21,2

18,7 18,5 16,9

15

13,4 9,7

10

5

13,3 8,5 9,1

4,2 2,9

0 Selbständig – bis 5 ohne Mitarb.

6–20

21–100

101–200

201–2000 über 2000

Quelle: Eigene Darstellung nach Daten des SOEP (2003).

Abbildung 7: Verteilung der weiblichen und männlichen Erwerbstätigen auf verschiedene Unternehmensgrößen

betrachteten Arbeitsstelle nicht in einer Vollzeit-Aus- oder Weiterbildung befinden. Zunächst soll die Verteilung der Frauen und Männer auf Vollzeitarbeitsverhältnisse sowie verschiedene „untypische“ Beschäftigungsarten betrachtet werden. Tabelle 5 zeigt, daß deutlich mehr Männer in Vollzeit erwerbstätig sind als Frauen, diese hingegen nehmen fast allein den Bereich der Teilzeitbeschäftigung, d. h. weniger als 30 Stunden pro Woche, in Anspruch. Geringfügige Beschäftigung findet sich ebenfalls hauptsächlich bei Frauen, zumindest im Westen Deutschlands, wo „untypische“ Beschäftigungsarten offenbar populärer sind als in den neuen Bundesländern. Jobsharing, an dem ebenfalls fast ausschließlich Frauen beteiligt sind, findet sich auch häufiger in den alten Bundesländern, was aber mit dem hier höheren Anteil an Teilzeitbeschäftigung zusammenhängt, denn nur hierbei ist Job-sharing sinnvoll möglich.

167

Vgl. Kap. A., Fn. 160.

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt

103

Tabelle 5 Verteilung der weiblichen und männlichen Erwerbstätigen auf verschiedene Beschäftigungsarten Deutschland gesamt

alte Bundesländer

neue Bundesländer

Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer voll erwerbstätig

55,0%

94,8%

52,3%

95,1%

68,0%

Teilzeitbeschäftigung

93,4%

35,1%

3,2%

36,7%

3,2%

27,3%

3,3%

geringfügig beschäftigt

9,9%

2,0%

11,0%

1,7%

4,7%

3,3%

davon Job-sharinga

2,7%

0,1%

3,1%

0,1%

0,9%

0,2%

a

In Prozentpunkten von allen mit weniger als 30 Stunden pro Woche.

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

Betrachtet man die Aufteilung der Frauen auf die verschiedenen Beschäftigungsarten nach Altersgruppen, so zeigt sich kein überraschendes Bild: 100% 90% 80% 70% 60%

Geringfügig beschäftigt Teilzeitbeschäftigung Voll erwerbstätig

50% 40% 30% 20% 10% 0% 17–25

25–35

35–45

45–55

55–65

Altersgruppe Quelle: Eigene Darstellung nach Daten des SOEP (2003).

Abbildung 8: Verteilung der weiblichen Erwerbstätigen auf verschiedene Beschäftigungsarten nach Altersgruppen

104

A. Benachteiligung von Frauen

Tabelle 6 Durchschnittliche vereinbarte, tatsächliche und gewünschte Wochenstunden bei erwerbstätigen Frauen und Männern (Vollzeit) Deutschland gesamt

alte Bundesländer

neue Bundesländer

Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer Wochenstunden vereinbart

38,0

38,9

37,8

38,7

38,8

39,8

Wochenstunden tatsächlich

41,5

44,9

41,1

44,7

42,7

46,3

Wochenstunden gewünscht

36,1

39,7

35,8

39,7

37,2

40,0

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

Frauen gehen zu Anfang ihres Erwerbslebens zum überwiegenden Teil einer Vollzeitbeschäftigung nach, in der Lebensphase, in der viele eine Familie gründen, präferieren Frauen jedoch sehr häufig Teilzeitbeschäftigung. Dieser Anteil scheint im Laufe des Lebens nicht mehr abzunehmen, denn die Frauen scheinen ihre Teilzeitstellen weiterhin zu behalten. Dieser Schluß ist aber nicht zwingend, da hier, wie einführend beschrieben, keine Längsschnitt- sondern eine Querschnittsbetrachtung durchgeführt wird. Das heißt, daß der Anteil der Frauen, die in den letzten beiden Kohortengruppen Teilzeit arbeiten, in genau diesen beiden Kohorten vor 10 bzw. 20 Jahren viel höher gewesen sein kann als jetzt und evtl. auch höher war als er jetzt bei den jüngeren Frauen ist. Das SOEP bietet die Möglichkeit, nicht nur die vereinbarten Wochenstunden zu untersuchen, sondern auch die tatsächlichen und die gewünschten. Um einen sinnvollen Vergleich zu ermöglichen, sind hier nur die durchschnittlichen Angaben der voll Erwerbstätigen aufgeführt (s. Tab. 6). Zunächst fällt auf, daß alle betrachteten Erwerbstätigen im Durchschnitt mehr arbeiten als vereinbart, in den neuen Bundesländern wird außerdem länger gearbeitet als in den alten Bundesländern, und Männer arbeiten länger als Frauen. Frauen würden gerne nicht nur insgesamt weniger arbeiten, sondern sogar weniger als vereinbart. Dies kann ein Hinweis darauf sein, daß zu wenig Teilzeitstellen für Frauen zur Verfügung stehen. Im nächsten Schritt soll ein Blick auf die Überstundenregelung von voll Erwerbstätigen geworfen werden. Laut Tabelle 7 leisten Männer häufiger

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt

105

Tabelle 7 Überstundenregelung bei weiblichen und männlichen in Vollzeit Erwerbstätigen Deutschland gesamt

alte Bundesländer

neue Bundesländer

Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer 74%

79%

72%

78%

81%

86%

durch Freizeit

62,1%

42,8%

61,0%

41,6%

65,7%

48,1%

teils, teils

16,1%

23,4%

16,7%

23,4%

14,1%

23,7%

6,6%

14,3%

6,7%

14,6%

6,5%

12,8%

15,2%

19,5%

15,7%

20,4%

13,8%

15,4%

16,7

20,6

17,8

20,7

12,8

20,2

2,2

6,1

2,3

6,1

1,6

5,9

Anteil der Beschäftigten, die Überstunden leisten Überstundenabgeltung

bezahlt nicht abgegolten Überstundenanzahl Überstunden im letzten Monat bezahlte Überstunden im letzten Monat

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

Überstunden als Frauen, und sie werden ihnen auch häufiger geldmäßig abgegolten als Frauen. Die Daten sagen leider nichts darüber aus, ob Frauen freiwillig lieber Überstunden durch Freizeit ausgleichen als sie sich bezahlen zu lassen, oder ob diese Regelung vom Betrieb vorgegeben ist. Vermutet werden kann analog zur Betrachtung der vorherigen Tabelle, daß Frauen und Männer unterschiedliche Präferenzen hinsichtlich Zeit und Geld haben: Frauen tendieren dazu, wann immer möglich, weniger zu arbeiten, und dies ist ihnen mehr wert als Bezahlung. Hier kann nur der Grund darin vermutet werden, daß sie die Zeit für ihre Pflichten in Haushalt und Familie mehr benötigen als Männer, wahrscheinlich, weil ihre Pflichten umfangreicher sind. Zudem ist dies die optimale Zeitallokation beider Haushaltsmitglieder für den Fall, daß der Mann mehr verdient, was wahrscheinlicher ist. Die hohe Zeitpräferenz der Frauen kann auch u. U. daran abgelesen werden, daß bei ihnen die Entfernung von der Wohnung zur Arbeit durchschnittlich

106

A. Benachteiligung von Frauen

13,1 km (in Zeit: 23 Min.), bei Männern hingegen 18,8 km (26 Min.) beträgt.168 Hierbei kann auch eine Rolle spielen, daß Frauen aufgrund ihrer insgesamt etwas geringeren Ausbildung169 eine größere Auswahl an passenden Stellen haben. Allerdings ist es auch möglich, daß Frauen die Nähe ihres Arbeitsplatzes für wichtiger halten als andere Merkmale. Des weiteren kann im Hinblick auf Arbeitszeit untersucht werden, wie viele von allen erwerbstätigen Frauen und Männern einem Nebenerwerb nachgehen. Etwa zwei Prozent aller Erwerbstätigen haben einen regelmäßigen und weitere zwei einen gelegentlichen Nebenerwerb, hierbei gibt es jedoch keinen nennenswerten Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland und zwischen Männern und Frauen. Die letzte Tabelle zum Bereich der Zeitverwendung (Tab. 8) widmet sich dem nebenberuflichen Engagement und der Mitgliedschaft in arbeit- und freizeitbezogenen Organisationen. Auch diese Angaben weisen wieder auf eine unterschiedliche Zeitpräferenz von Männern und Frauen hin. Männer sind in allen Bereichen stärker engagiert bzw. häufiger Mitglied als Frauen. In den neuen Bundesländern ist das Engagement tendenziell etwas niedriger als in den alten, auffällig ist nur, daß ostdeutsche Frauen viel häufiger Gewerkschaftsmitglied sind als westdeutsche. Die Zahlen sagen in bezug auf Frauen vor allem zweierlei aus: Frauen nutzen offenbar die Zeit außerhalb ihrer Erwerbstätigkeit anders als Männer. Obwohl Männer längere Arbeitszeiten aufweisen, nutzen sie ihre Freizeit häufiger für oben genannte Initiativen. Was Frauen in dieser zur Erwerbstätigkeit komplementären Zeit tun, kann nur vermutet werden: Zum einen werden sie sich vor allem um Haushalt und Familie kümmern, zum anderen neigen sie evtl. eher zu „inoffiziellen“ Tätigkeiten, wie z. B. Nachbarschaftshilfe oder Pflegen eines Hobbys. Vielleicht besteht der Freundeskreis der Männer häufiger aus Kollegen der oben genannten Initiativen und bei Frauen eher aus „frei gewählten“ Freunden. Diese Vermutung führt zum zweiten Gedanken: Wenn dies der Fall ist, dann sind Männer mehr in Netzwerke eingebunden, die für ihre Karriere nützlich sein könnten. Und der bei Männern höhere Anteil an Gewerkschaftsmitgliedern, zumindest was Westdeutschland betrifft, stützt die Insider-Outsider-Theorie. cc) Befristung und Zeitarbeit Als letzte arbeitsplatzbezogene Merkmale sollen die Befristung und die Zeitarbeit170 betrachtet werden. Hierfür werden wieder alle Vollzeit-, Teil168 169

Bezogen auf alle Erwerbstätigen. Vgl. Kap. A.V.2.d)aa).

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt

107

Tabelle 8 Nebenberufliches Engagement und Mitgliedschaften bei weiblichen und männlichen Erwerbstätigen Deutschland gesamt

alte Bundesländer

neue Bundesländer

Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer Beteiligung in Parteien, Kommunalpolitik, Bürgerinitiativen

2,1%

4,1%

2,1%

4,0%

2,1%

4,6%

Ehrenamtl. Tätigkeiten in Vereinen, Verbänden oder sozialen Diensten

14,7%

19,8%

15,4%

20,3%

10,8%

17,3%

Mitglied in einer Gewerkschaft

13,4%

21,7%

12,2%

22,1%

19,3%

19,9%

Mitglied in einem Berufsverband

8,5%

14,5%

8,6%

14,9%

7,9%

12,3%

Mitglied im Betriebsoder Personalrat

3,2%

4,4%

3,3%

4,6%

2,2%

3,0%

Mitglied in Umweltschutzorganisation

4,4%

6,0%

5,1%

6,5%

1,1%

3,7%

31,6%

40,9%

33,6%

43,0%

21,9%

30,4%

Mitglied in sonstiger Org. oder einem Verein

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

zeit- und geringfügig Beschäftigten, die sich nicht in Vollzeit-Ausbildung befinden, in der Untersuchung berücksichtigt (s. Tab. 9). Das sich bei dieser Betrachtung ergebende Bild ist durchwachsen, denn in Westdeutschland haben mehr Frauen einen befristeten Arbeitsvertrag, und in Ostdeutschland sind es die Männer. Letzteres kann darauf zurückgeführt werden, daß sich Männer in Ostdeutschland häufiger auf ABM- oder SAM-Stellen befinden, die grundsätzlich befristet sind. Dies kann als relativer Vorteil der Männer gegenüber den Frauen aufgefaßt werden, wenn man davon ausgeht, daß ABM/SAM der Arbeitslosigkeit vorzuziehen ist und Frauen in Ostdeutschland häufiger als Männer arbeitslos sind. Keinen Arbeitsvertrag haben vor allem Selbständige und Freiberufler, so daß hier nicht automatisch von einem Nachteil die Rede sein kann. 170 Der Begriff „Zeitarbeit“ wird hier gleichbedeutend benutzt mit den Begriffen „Arbeitnehmerüberlassung“ und „Leiharbeit“. Zu Trends, zur Einsatzlogik und zum Unterschied zu anderen Flexibilisierungsinstrumenten vgl. Rudolph/Schröder (1997).

108

A. Benachteiligung von Frauen

Tabelle 9 Befristung der Arbeitsverträge von Frauen und Männern und Zeitarbeit Deutschland gesamt

alte Bundesländer

neue Bundesländer

Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer 7,2%

6,0%

7,1%

5,3%

7,7%

9,6%

0,4%

0,7%

0,2%

0,2%

1,5%

2,8%

Unbefristet

75,9%

76,2%

74,5%

76,3%

82,8%

75,7%

kein Arbeitsvertrag

16,9%

17,8%

18,4%

18,4%

9,5%

14,7%

3,5%

2,5%

3,9%

2,6%

1,7%

2,3%

Befristet davon ABM/SAM

Zeitarbeit

a

a

In Prozentpunkten von befristeten Arbeitsverhältnissen, ABM = Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, SAM = Strukturanpassungsmaßnahme. Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

Zeitarbeit wird im Westen häufiger von Frauen in Anspruch genommen und im Osten eher von Männern. Dies kann daran liegen, daß in West- und Ostdeutschland die Beliebtheit der Zeitarbeit in den einzelnen Branchen unterschiedlich ist. Zeitarbeit kann ebenfalls zumindest als Second-best-Alternative zur Arbeitslosigkeit angesehen werden und dient häufig als Sprungbrett für eine reguläre Arbeitsstelle. d) Bildungsmerkmale aa) Ausbildung Einen weiteren großen Untersuchungsabschnitt zur Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt bilden verschiedene Ausbildungskriterien. Für die Analyse der Schul- und Berufsausbildung in diesem Unterabschnitt werden alle Panelteilnehmer zwischen 16 und unter 65 Jahren einbezogen. Die beiden Graphiken in Abbildung 9 zeigen die Verteilung von Frauen und Männern im erwerbsfähigen Alter auf verschiedene Schulabschlüsse sowie auf die jeweils höchsten abgeschlossenen Berufs- und Hochschulausbildungen. Frauen und Männer unterscheiden sich nur sehr wenig in ihrer Schulausbildung: Frauen tendieren etwas mehr zum Realschul- und Männer zum Hauptschulabschluß. Das Abitur ist bei beiden etwa gleich stark vertreten. Bei den berufsbildenden und Hochschulabschlüssen sind Männer häufi-

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt 100%

100%

80%

80%

60%

60%

40%

40%

20%

20%

0%

109

0% Frauen

Männer

Abitur Fachhochschulreife Realschulabschluß Hauptschulabschluß Ohne Abschluß verlassen Anderer Abschluß Noch kein Abschluß

Frauen

Männer

Universität, TH Fachhochschule Ingenieur-, Fachschule (Ost) Beamtenausbildung Fachschule, Meister Schule Gesundheitswesen Berufsfachschule, Gesundheit Lehre sonstiger Abschluß kein Berufsabschluß

Hochschulabschlüsse in Ost- und Westdeutschland sowie im Ausland werden zur Rubrik „Universität, TH“ zusammengefaßt. Quelle: Eigene Darstellung nach Daten des SOEP (2003).

Abbildung 9: Verteilung der Frauen und Männer im erwerbsfähigen Alter auf verschiedene höchste Schul- und berufsbildende Abschlüsse

ger als Frauen bei den Universitäts- und Fachhochschulabschlüssen vertreten, Frauen hingegen absolvieren häufiger als Männer Berufsfachschulen und haben auch häufiger als Männer keinen Berufsabschluß. Es ist aber zu beachten, daß es sich hier um eine gleichzeitige Betrachtung aller Kohorten handelt. Abbildung 10 zeigt die Anzahl der absolvierten Bildungsjahre für Männer und Frauen nach Altersgruppen. Sie macht deutlich, daß sich die leichten Bildungsunterschiede zwischen Männern und Frauen vor allem auf die älteren Kohorten zurückführen lassen. Es zeigt sich, daß sich die Bildungsunterschiede zwischen Männern und Frauen im Laufe der Jahre verändert haben. Während bei den älteren, d. h. in den 1940er bis 1970er Jahren ausgebildeten Jahrgängen eindeutig die Männer eine längere Ausbildungszeit aufweisen, so wandelt sich das Bild seit den 1980er Jahren.

110

A. Benachteiligung von Frauen

Bildungs- 13,0 jahre 12,5

12,5

12,6

12,5

12,4 11,9

12,0 11,5

weiblich männlich

12,6

12,0 11,5

11,3

11,0 10,7

10,5 10,0 9,5 17–25

25–35

35–45

45–55

55–65

Altersgruppe Quelle: Eigene Darstellung nach Daten des SOEP (2003).

Abbildung 10: Anzahl der schulischen und beruflichen Ausbildungsjahre bei Männern und Frauen nach Altersgruppen

Mädchen haben im Verhältnis zu Jungen aufgeholt und sie mittlerweile sogar überholt. Da in den Daten des SOEP auch die Noten des schulischen Abschlußzeugnisses in den Fächern Mathematik, Deutsch und erste Fremdsprache enthalten sind, sollen auch hierzu kurz die Unterschiede zwischen Männern und Frauen dargestellt werden. Zusätzlich wurde aus diesen drei Noten für jede Person ein Notendurchschnitt (arithmetisches Mittel) berechnet, der in späteren Analysen einen Indikator für die Qualität des Humankapitals darstellen soll. Tabelle 10 zeigt, daß Frauen im Durchschnitt bessere Noten als Männer auf ihren Abschlußzeugnissen vorzuweisen haben, allerdings sind Verzerrungen aufgrund der unterschiedlichen besuchten Schultypen nicht auszuschließen. Die Noten in den einzelnen Fächern bestätigen ein Klischee: Während Jungen mathematisch begabter sind, sind Mädchen eher sprachlich orientiert und erreichen hier die besseren Noten. Ob diese Talente jedoch auf biologische Unterschiede zwischen Männern und Frauen zurückgeführt werden können oder ob sie soziologisch begründet sind, ist eine andere Frage. Zudem ist es auch vorstellbar, daß Lehrer dieselbe Leistung bei Mädchen und Jungen unterschiedlich bewerten.

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt

111

Tabelle 10 Noten des schulischen Abschlußzeugnisses bei Frauen und Männern Notendurchschnitt

Note Mathematik

Note Deutsch

Note erste Fremdsprache

Frauen

2,56

2,69

2,40

2,58

Männer

2,73

2,59

2,73

2,89

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

bb) Weiterbildung Die Teilnahme an berufsbezogenen Weiterbildungsmaßnahmen dient dazu, der Alterung von Humankapital entgegenzuwirken oder neues Wissen für veränderte Tätigkeiten zu akkumulieren. Mangelnde Weiterbildungsteilnahme stellt eine Benachteiligung dar, zum einen wegen der negativen Folgen, die sich z. B. in geringem Einkommenswachstum oder mangelnden Aufstiegschancen äußern, zum anderen auch schon allein dadurch, daß man, anders als Kollegen, von bestimmten Maßnahmen ausgeschlossen wird. Betrachtet werden in der Analyse zur Weiterbildung alle Vollzeit-, Teilzeit- oder geringfügig Beschäftigten zwischen 16 und unter 65 Jahren, die sich auf der betrachteten Arbeitsstelle nicht in einer Vollzeit-Aus- oder Weiterbildung befinden. Es soll nur der Teil von Weiterbildung betrachtet werden, bei dem zum einen ein Kurs oder Lehrgang besucht wird171 und bei dem zum anderen der Zweck in der Qualifikation für einen beruflichen Aufstieg oder in der Anpassung an neue Anforderungen in der bisherigen Tätigkeit besteht.172 Da sich dieser Indikator nicht wie die anderen auf einen Zeitpunkt, sondern auf einen Zeitraum bezieht, stellen sich bei der Analyse der Weiterbildungsbeteiligung einige Probleme. In den Daten des SOEP für 2003 liegen nur Informationen darüber vor, ob sich eine Person momentan, also zum Zeitpunkt des Interviews, in Weiterbildung befindet. Würde man diese Variable zur Untersuchung heranziehen, so muß mit Verzerrungen und Zufallseffekten gerechnet werden, da diese Information nichts über die Intensität 171

Das Lesen von Fachliteratur und der Besuch von Kongressen und Messen wird daher außer acht gelassen. 172 Umschulung auf einen anderen Beruf oder Einarbeitung an einem neuen Arbeitsplatz werden nicht analysiert.

112

A. Benachteiligung von Frauen

der Weiterbildung aussagt und auch nur eine Unterscheidung in „berufliche Umschulung“, „berufliche Fortbildung“, „berufliche Rehabilitation“ und „allgemeine oder politische Weiterbildung“ vorgenommen wird. In der Befragung des SOEP im Jahr 2004 hingegen werden detaillierte Fragen zur Weiterbildungsaktivität im Zeitraum von 2001 bis zum Interview in den ersten Monaten des Jahres 2004 gestellt. Es liegen u. a. Informationen173 darüber vor, wie viele Kurse in den letzten drei Jahren besucht worden sind, und detaillierte Angaben zu den letzten drei besuchten Kursen. Aus diesen Angaben kann geschlossen werden, wer im Zeitraum von Anfang 2003 bis zum Interview Anfang 2004 an Maßnahmen teilgenommen hat. Diese Angabe soll – neben der Anzahl der besuchten Kurse – in der späteren empirischen Analyse als abhängige Variable herangezogen werden, da hier gewährleistet ist, daß die Weiterbildungsteilnahme nach der Erfassung der Informationen für die unabhängigen Variablen stattgefunden hat und somit in den meisten Fällen davon ausgegangen werden kann, daß die Weiterbildungsteilnahme die Folge der Einflußfaktoren darstellt und nicht umgekehrt. Für diejenigen Analysen, in denen die Weiterbildungsteilnahme selbst einen Einflußfaktor auf andere Merkmale darstellt, wird ermittelt, ob die jeweilige Person eindeutig174 an Weiterbildungsmaßnahmen in den Jahren 2001 und 2002 teilgenommen hat. Hierbei fand die Weiterbildungsteilnahme demnach eindeutig zeitlich vor der Erfassung der aktuellen Daten der anderen Merkmale von 2003 statt, so daß hier Weiterbildung als mögliche Ursache für die anderen Merkmale untersucht werden kann. Diese deskriptive Darstellung bezieht sich immer auf den gesamten Zeitraum von 2001 bis Anfang 2004. Abbildung 11 zeigt die Häufigkeitsverteilung der Anzahl der besuchten Weiterbildungskurse zum Zweck des beruflichen Aufstiegs oder der Anpassung an neue Anforderungen in der bisherigen Tätigkeit im Zeitraum 2001 bis Anfang 2004. 173 Weitere Informationen, die hier nicht genutzt werden, bestehen z. B. in der genauen Dauer der letzten drei Weiterbildungskurse, in der Finanzierungsbeteiligung und im Veranstalter der Maßnahmen. 174 Bei einer kleinen Menge von Personen, deren letzten drei Weiterbildungskurse 2003 bzw. 2004 stattgefunden haben und die angeben, im Zeitraum seit 2001 mehr als drei Kurse besucht zu haben, läßt sich nicht genau feststellen, wann diese zusätzlichen Kurse stattgefunden haben. Da nicht eindeutig angenommen werden kann, daß ein Teil der Kurse vor 2003 stattgefunden hat, wird für diese Personen festgelegt, daß sie 2001 und 2002 nicht an Weiterbildungskursen teilgenommen haben. Diese Annahme ist nicht unplausibel, da vermutet werden kann, daß, wenn schon die letzten drei Kurse 2003 und 2004 zeitlich nahe beieinander lagen, auch der Kurs bzw. die Kurse vorher bei vielen Personen ebenfalls in diesem Zeitraum lag bzw. lagen.

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt

113

Anzahl Personen 100000000 weiblich männlich

10000000

1000000

100000

10000

1000

100

10

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21–29 30–39 40–49 50 +

1 Anzahl Weiterbildungskurse

Quelle: Eigene Darstellung nach Daten des SOEP (2003 und 2004).

Abbildung 11: Häufigkeitsverteilung der Anzahl der besuchten Weiterbildungskurse im Zeitraum 2001 bis Anfang 2004 bei männlichen und weiblichen Erwerbstätigen (logarithmierte Skala)

Die Abbildung macht deutlich, daß die weitaus meisten Erwerbstätigen in den letzten Jahren gar nicht an Weiterbildung zum Zweck der Qualifikation für einen beruflichen Aufstieg oder der Anpassung an neue Anforderungen in der bisherigen Tätigkeit teilgenommen haben. Die Häufigkeitsverteilung der Personen nimmt dann mit der Anzahl der Kurse im weiteren Verlauf, wie erwartet werden konnte, ab, weshalb am oberen Ende der Verteilung Klassen gebildet wurden. Ein Unterschied bei der Weiterbildungsteilnahme von Männern und von Frauen ist kaum festzustellen. Tabelle 11 zeigt, nach Regionen und Geschlechtern getrennt, den Anteil der Personen, die im Zeitraum 2001 bis Anfang 2004 an Weiterbildungsmaßnahmen zum Zweck der Qualifikation für einen beruflichen Aufstieg oder der Anpassung an neue Anforderungen in der bisherigen Tätigkeit teil-

114

A. Benachteiligung von Frauen

Tabelle 11 Weiterbildungsteilnahme von weiblichen und männlichen Erwerbstätigen Deutschland gesamt

alte Bundesländer

neue Bundesländer

Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer 24,4%

26,5%

22,8%

27,0%

32,2%

24,4%

davon in Anpassungsmaßnahmen

87,8%

86,8%

85,9%

86,3%

94,4%

89,7%

davon in Aufstiegsmaßnahmen

29,3%

32,7%

32,2%

33,4%

19,7%

28,5%

Teilnahme an Weiterbildung im Zeitraum 2001–Anf. 2004

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003 und 2004).

genommen haben. Ergänzend wird aufgeführt, wieviel Prozent der Teilnehmer an Anpassungs- bzw. Aufstiegsmaßnahmen teilgenommen haben, wobei sich beide Arten nicht ausschließen müssen, da die Personen auch an beiden teilgenommen haben können. Ebenso wie die vorher betrachtete Graphik weist auch diese Tabelle zunächst keine nennenswerten Unterschiede in der Weiterbildungsteilnahme von Männern und Frauen aus. In Westdeutschland nehmen Männer etwas häufiger teil, während in den neuen Bundesländern die Teilnahmequote bei Frauen höher liegt. Betrachtet man hingegen den Zweck der Weiterbildungsmaßnahmen, so lassen sich interessante Unterschiede zwischen Westund Ostdeutschland sowie zwischen Männern und Frauen ausmachen: Insgesamt dominieren Anpassungsmaßnahmen, in Westdeutschland jedoch nehmen deutlich mehr Personen an Aufstiegsmaßnahmen teil als in Ostdeutschland. Während in Westdeutschland Männer und Frauen nahezu gleich häufig an Aufstiegsmaßnahmen teilnehmen, so sind es in Ostdeutschland deutlich mehr Männer. Wenn also der Zweck der Weiterbildungsmaßnahme in den Vergleich der Weiterbildungsteilnahme von Männern und Frauen einbezogen wird, so wird deutlich, daß, insbesondere in Ostdeutschland, Frauen deutlich weniger Weiterbildung zum Zweck der Qualifikation für einen beruflichen Aufstieg zuteil wird. Dies kann sowohl eine Folge mangelnder Aufstiegschancen von Frauen darstellen als auch als mögliche Ursache dafür angesehen werden. Abschließend zum Merkmal „Weiterbildung“ soll noch eine Auswertung der Einschätzung der Erwerbstätigen zu der Möglichkeit, in nächster Zeit

arithm. Mittel „Weiterqualifizierung in nächsten 2 Jahren“

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt

115

60,0

50,0

40,0

30,0

20,0

10,0 17–25

Geschlecht weiblich männlich 25–35

35–45

45–55

55–65

Altersgruppen

Fälle gewichtet nach TPHRF Quelle: Eigene Darstellung nach Daten des SOEP (2003).

Abbildung 12: Durchschnittliche Einschätzungen zur Frage „Wie wahrscheinlich ist es, daß Sie in den nächsten zwei Jahren an einer Weiterbildungsmaßnahme teilnehmen?“ nach Altersgruppen

an Weiterbildung teilzunehmen, vorgenommen werden. Die Erwerbstätigen sollten diese Wahrscheinlichkeit in Prozent selbst einschätzen (Abb. 12). Die Graphik zeigt, daß die Erwerbstätigen mit zunehmendem Alter immer weniger vermuten, in nächster Zeit an Weiterbildung teilzunehmen, was nach der Humankapitaltheorie nicht weiter verwunderlich ist. Frauen schätzen offenbar ihre Teilnahmewahrscheinlichkeit durchweg geringer ein als Männer. Dies kann zwei Gründe haben: Zum einen kann diese Einschätzung auf Beobachtungen bei anderen Personen oder bei sich selbst sowie auf geplante Maßnahmen zurückgeführt werden, andererseits ist es aber auch möglich, daß Frauen ihre Chancen generell pessimistischer bzw. Männer die ihren optimistischer oder selbstbewußter einschätzen. cc) Überqualifikation und horizontaler Qualifikationsmismatch Einen weiteren Benachteiligungsindikator stellt der qualifikatorische Mismatch dar, der zwischen adäquater Beschäftigung und Arbeitslosigkeit einzuordnen ist, da hier große Teile des erworbenen Humankapitals brachlie-

116

A. Benachteiligung von Frauen

gen. Zwei Arten von qualifikatorischem Mismatch können unterschieden werden: Unterwertige Beschäftigung (Überqualifikation) liegt vor, wenn für die jeweilige Stelle das Niveau der erreichten Qualifikation nicht benötigt wird. Unter horizontalem Mismatch wird hingegen verstanden, daß ein Erwerbstätiger nicht in dem Beruf beschäftigt ist, den er ursprünglich erlernt hat. Zur Identifikation beider Arten von Qualifikationsmismatch kann das sogenannte „objektive“ oder das „subjektive“ Konzept175 herangezogen werden. Da das „subjektive“ Konzept, bei dem die Erwerbstätigen selbst entscheiden, ob ihre Beschäftigung als adäquat eingestuft werden kann oder nicht, in der Regel zu besseren Ergebnissen führt, wird auch in dieser Analyse diesem Konzept gefolgt. Überqualifikation kann festgestellt werden, indem man das höchste erworbene Qualifikationsniveau mit dem von den Erwerbstätigen angegebenen Job-Anforderungsniveau vergleicht und gleichzeitig noch die berufliche Stellung mit einbezieht. Dabei wird nach leichter bis mittlerer (Typ A) oder starker (Typ B) Unterwertigkeit der Beschäftigung unterschieden. Das hier gewählte Klassifikationsschema ist in Tabelle 12 dargestellt. Zur Analyse der unterwertigen Beschäftigung muß eine sorgfältige Auswahl der Panelteilnehmer vorgenommen werden, da eine Zuordnung nicht immer sinnvoll bestimmt werden kann. In die Analyse gehen daher alle Personen ein, für die obige Angaben vorliegen, die im erwerbsfähigen Alter (16 bis unter 65 Jahre) und die in Vollzeit, in Teilzeit oder geringfügig beschäftigt sind, ohne arbeitslos gemeldet zu sein. Es werden alle ausgeschlossen, die sich in Vollzeit-Ausbildung oder im Praktikum befinden oder die keine Berufsausbildung abgeschlossen haben, da sie sich nicht in einem endgültigen Arbeitsverhältnis befinden bzw. definitionsgemäß nicht unterwertig beschäftigt sein können. Mangels Vergleichbarkeit werden auch alle ausgeschlossen, die ihren Berufsabschluß im Ausland gemacht haben oder die nach ihrer Ausbildung zwischen Ost- und Westdeutschland gewandert sind. Zusätzlich ist für manche laut Zuordnungsschema die Entscheidung nicht zu treffen, weil ihre Kombination unplausibel oder nicht eindeutig ist. Daher bezieht sich die Häufigkeitstabelle nur auf alle Personen, die den obigen Voraussetzungen entsprechen und für die eine Einordnung eindeutig möglich ist. Dies sind gut 22 Mio. Beschäftigte, von denen jeweils gut 1,8 Mio. eine leicht bis mittelmäßig bzw. stark unterwertige Beschäftigung aufweisen. Tabelle 13 zeigt die Verteilung der inadäquaten Erwerbstätigkeit nach Qualifikationsniveaus. Frauen sind auch hier in nahezu allen Bereichen ge175 Für eine Gegenüberstellung beider Konzepte vgl. Büchel (1998), S. 66–69, sowie Kap. C.V.4.b).

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt

117

Tabelle 12 Zuordnungsschema bezüglich unterwertiger Erwerbstätigkeit Job-Anforderungsniveau

Berufliche Stellung

Einstufung hinsichtlich der Adäquanz der Erwerbstätigkeit Erworbenes Qualifikationsniveau Hochschule/ Ingenieur-/ abgeschlosFH Fachschule sene Berufsausbildung (nur neue BL)

Keine besondere Ausbildung erforderlich/ nur kurze Einweisung am Arbeitsplatz erforderlich

Ungelernte/angelernte Arbeiter Facharbeiter/Vorarbeiter/Meister Einfache Angestellte Qualifizierte Angestellte Hochqualifizierte Angestellte Selbständige Beamte

uw Typ B + uw Typ B + – uw Typ B –

uw Typ B – uw Typ B + – uw Typ B –

uw Typ B – uw Typ B + – uw Typ B –

Längere Einarbeitung im Betrieb erforderlich

Ungelernte/angelernte Arbeiter Facharbeiter/Vorarbeiter/Meister Einfache Angestellte Qualifizierte Angestellte Hochqualifizierte Angestellte Selbständige Beamte

uw Typ A + uw Typ A + + uw Typ A +

uw Typ B – uw Typ B + + uw Typ B –

uw Typ B – uw Typ B + + uw Typ B –

Besondere Lehrgänge oder Kurse erforderlich/abgeschlossene Berufsausbildung erforderlich

Ungelernte/angelernte Arbeiter Facharbeiter/Vorarbeiter/Meister Einfache Angestellte Qualifizierte Angestellte Hochqualifizierte Angestellte Selbständige Beamte

+ ad ad ad ad ad ad

uw uw uw uw ad uw ad

uw uw uw uw ad uw ad

Ingenieur- oder Fachschulausbildung erforderlich (nur neue BL)

Ungelernte/angelernte Arbeiter Facharbeiter/Vorarbeiter/Meister Einfache Angestellte Qualifizierte Angestellte Hochqualifizierte Angestellte Selbständige Beamte

– – – ad ad ad ad

– – + ad ad ad ad

– – uw Typ A uw Typ A ad ad ad

Hochschulstudium erforderlich

Ungelernte/angelernte Arbeiter Facharbeiter/Vorarbeiter/Meister Einfache Angestellte Qualifizierte Angestellte Hochqualifizierte Angestellte Selbständige Beamte

– – – – ad ad –

– – – – ad ad ad

– – – + ad ad ad

Typ Typ Typ Typ

B A A A

Typ A

Typ Typ Typ Typ

B A A A

Typ A

ad: ausbildungsadäquate Erwerbstätigkeit; uw Typ A: unterwertige Erwerbstätigkeit (leichte und mittlere Qualifikationsverluste); uw Typ B: unterwertige Erwerbstätigkeit (hohe Qualifikationsverluste); +: Adäquanzzuordnung nicht eindeutig möglich; –: unplausible Kombination. Alle Berufsausbildungswege (Lehre, Berufsfachschule, Schule des Gesundheitswesens, Fachschule, Meister, Beamtenausbildung) werden unter der Kategorie „abgeschlossene Berufsausbildung“ zusammengefaßt. Quelle: Büchel (1998), S. 190.

118

A. Benachteiligung von Frauen Tabelle 13 Vertikale Ausbildungsadäquanz der Erwerbstätigkeit von Frauen und Männern nach Qualifikationsniveau mit abgeschlossener Berufsausbildung

mit Ingenieur-/ Fachschul- (Ost), FH- oder Hochschulabschluß

Frauen Männer Frauen Männer

Gesamt

Frauen %

N (in 1000)

Männer %

N (in 1000)

Alte Bundesländer Ausbildungs81,7% adäquat beschäftigt

87,6%

78,1%

87,6%

81,0% 6 653 87,6% 8 586

Inadäquat beschäftigt (Typ A)

4,8%

6,1%

17,8%

10,1%

7,2%

592

7,2%

708

Inadäquat beschäftigt (Typ B)

13,5%

6,3%

4,1%

2,3%

11,8%

967

5,1%

503

Ausbildungs82,5% adäquat beschäftigt

86,6%

59,0%

76,6%

74,1% 1 496 83,6% 1 787

Neue Bundesländer

Inadäquat beschäftigt (Typ A)

4,7%

5,2%

37,4%

18,9%

16,4%

331

9,4%

201

Inadäquat beschäftigt (Typ B)

12,8%

8,1%

3,6%

4,5%

9,5%

192

7,0%

150

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

genüber Männern benachteiligt, vor allem sind sie von starker Überqualifikation häufiger betroffen. Außerdem ist erkennbar, daß leichte bis mittlere Qualifikationsverluste bei höheren Abschlüssen wahrscheinlicher sind, während bei einer abgeschlossenen Berufsausbildung die Gefahr starker Qualifikationsverluste viel höher ist. Besonders auffällig ist der hohe Anteil der Frauen mit höherer Ausbildung im Osten, die überqualifiziert beschäftigt sind. Die Zuordnung, ob jemand horizontal nicht adäquat beschäftigt ist, erfolgt nach den im SOEP gestellten Fragen: „Welche berufliche Tätigkeit üben Sie derzeit aus?“ und „Entspricht diese Tätigkeit Ihrem erlernten Be-

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt

119

Tabelle 14 Horizontale Ausbildungsadäquanz von Frauen und Männern Deutschland gesamt

alte Bundesländer

neue Bundesländer

Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer im erlernten Beruf tätig

63,4

64,3

63,2

66,6

64,4

52,7

nicht im erlernten Beruf tätig

36,6

35,7

36,8

33,4

35,6

47,3

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

ruf?“ Für den horizontalen Mismatch wird also das subjektive Konzept angewandt, wobei die Panelteilnehmer selbst festlegen, ob die Grenzziehung zu einem „anderen“ Beruf eng oder weit gefaßt wird. Da viele Stellen von Absolventen unterschiedlicher Berufsausbildungen besetzt werden können, dürfte diese Grenzziehung in den meisten Fällen nicht allzu eng sein. Tabelle 14 zeigt den Anteil der Männer und Frauen in West- und Ostdeutschland, die nicht in dem von ihnen erlernten Beruf tätig sind. Den Daten zufolge bestehen grundsätzlich keine großen Unterschiede zwischen Männern und Frauen hinsichtlich eines horizontalen Qualifikationsmismatchs. In den neuen Bundesländern allerdings sind deutlich mehr Männer nicht in dem von ihnen ursprünglich erlernten Beruf tätig. Betrachtet man dies im Verhältnis zu den oben festgestellten Werten für überqualifizierte Beschäftigung bei ostdeutschen Frauen, so fällt auf, daß Frauen dort im Zweifelsfall offenbar den vertikalen Mismatch „bevorzugen“ (oder Frauen häufiger als Männer von Unternehmen unterwertig eingestellt werden), während Männer sich eher eine Stelle in einem fremden Beruf suchen, wenn sie keine geeignete in ihrem Bereich finden. Daß beide Qualifikationsmismatches dennoch nicht unabhängig voneinander sind, zeigt die folgende Zahl: 80% derer, die überqualifiziert beschäftigt sind, üben eine Tätigkeit aus, die nicht ihrem erlernten Beruf entspricht, und knapp 57% derjenigen, die nicht in dem von ihnen erlernten Beruf tätig sind, sind für ihre Stelle überqualifiziert. Vielfach sind also Personen deshalb unterwertig beschäftigt, weil sie in einem fachfremden Bereich tätig sind und dort nicht das Maß an Verantwortung übertragen bekommen, das ihnen in ihrem vertrauten Bereich übertragen werden könnte, wenn sie dort eine Stelle fänden.

120

A. Benachteiligung von Frauen

e) Einkommenssituation Ein weiteres großes Kapitel der Frauenbenachteiligung stellt die Betrachtung der Einkommensunterschiede dar. Dieses Thema bildet in den meisten Untersuchungen den Haupt-, wenn nicht sogar den einzigen Indikator, da die oben dargestellten Indikatoren darauf hinauslaufen. Das Einkommen sollte jedoch nicht das einzige Kriterium sein, zumal festgestellt werden konnte, daß Frauen eine andere Zeitpräferenz als Männer haben, was sich auch auf ihre Geldpräferenz durchschlagen könnte. In die folgenden Analysen werden wieder alle Erwerbstätigen, die sich nicht in einer Vollzeit-Ausbildung befinden, einbezogen. Zunächst erfolgt eine Einteilung der weiblichen und männlichen Erwerbstätigen in Einkommensklassen (Abb. 13). Konsistent mit den Ergebnissen zur beruflichen Stellung und zu den Leistungsgruppen ergibt sich das Bild einer für Frauen eher linkssteil und für Männer eher rechtssteil verlaufenden Einkommensverteilung, zumindest bei diesen nicht äquidistanten Klassen. Frauen sind demnach eher in den unteren Einkommensklassen angesiedelt, was auch aus ihrer höheren Betei-

3500000

weiblich männlich

3000000 2500000 2000000 1500000 1000000 500000 0 bis 300 bis 600 bis 1000 unter unter unter bis 300 600 1000 unter 1500

1500 bis unter 2000

2000 bis unter 2500

2500 bis unter 3000

3000 bis unter 4000

4000 bis unter 6000

6000 und mehr

Einkommensklassen (in Euro) Quelle: Eigene Darstellung nach Daten des SOEP (2003).

Abbildung 13: Verteilung der weiblichen und männlichen Erwerbstätigen auf Einkommensklassen (Bruttomonatsverdienste in Euro)

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt

121

Tabelle 15 Bruttostundenlöhne von weiblichen und männlichen Erwerbstätigen Deutschland gesamt

alte Bundesländer

neue Bundesländer

Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer voll erwerbstätig

15,54

19,72

16,25

20,78

12,87

14,41

Teilzeitbeschäftigung

14,65

15,05

14,94

15,45

12,95

13,26

8,38

6,89

8,67

7,74

4,42

5,16

geringfügig beschäftigt

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

ligung an Teilzeit- und geringfügiger Beschäftigung resultiert. Dies erklärt auch, warum die zweite Klasse gegenüber der ersten so stark besetzt ist: In ihr befindet sich die Obergrenze der geringfügig entlohnten Beschäftigung von 400 e.176 Tabelle 15 zeigt die verschiedenen durchschnittlichen Bruttostundenlöhne für die unterschiedlichen Beschäftigungsarten.177 Es ist nicht überraschend, daß Männer, die durchschnittlich über mehr Bildung verfügen und höhere Stellungen im Beruf innehaben, am meisten verdienen, und zwar in Westwie in Ostdeutschland sowie in Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung. Geringfügig beschäftigte Frauen hingegen verdienen etwas mehr als ihre männlichen Kollegen, allerdings liegt diese Gruppe weit abgeschlagen hinter den beiden anderen. Die Tatsache, daß Teilzeitbeschäftigte deutlich weniger verdienen als Vollzeitbeschäftigte, könnte darauf beruhen, daß die Möglich176 Diese Grenze gilt seit dem 1. April 2003. Vorher betrug sie 325 e und fiel daher ebenfalls in diese Klasse. 177 Die Bruttolöhne werden den Nettolöhnen vorgezogen, da die Zuordnung zu den unterschiedlichen Lohnsteuerklassen das Bild sonst erheblich – zuungunsten der häufiger in den individuell nachteiligen Steuerklassen angesiedelten Frauen – verfälschen würde. Die Durchschnittslöhne wurden bestimmt, indem das Bruttoeinkommen des letzten Monats auf die vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit (für vier Wochen) bezogen wird. Da das Bruttoeinkommen auch das Entgelt für Überstunden enthält, müßte dies eigentlich herausgerechnet werden, andererseits liefert die Berücksichtigung des Gesamtgehalts ein realistischeres Bild über die tatsächlichen Zahlen. Da aber keine Angaben darüber vorliegen, wie viele Überstunden hier verrechnet werden, ist dies nicht möglich. Die Angaben über die Anzahl bezahlter Überstunden beziehen sich ebenfalls auf den vergangenen Monat, das Bruttoeinkommen muß aber nicht notwendigerweise die Vergütung für die Überstunden des Vormonats beinhalten, es ist wahrscheinlicher, daß hier die Überstunden des vorvorherigen oder eines noch früheren Monats verrechnet werden.

122

A. Benachteiligung von Frauen arithm. Mittel „Außertarifliche Gehaltserhöhung“

arithm. Mittel Bruttostundenlohn (Vollzeit)

24,0 22,0 20,0 18,0 16,0 14,0 12,0 10,0 17–25

25–35

35–45

45–55

40,0

30,0

20,0

10,0

55–65

0,0 17–25

Altersgruppen Fälle gewichtet nach TPHRF

25–35

35–45

45–55

55–65

Altersgruppen Geschlecht

weiblich

männlich

Quelle: Eigene Darstellung nach Daten des SOEP (2003).

Abbildung 14: Durchschnittliche Brutto-Stundenlöhne von Frauen und Männern sowie „Wahrscheinlichkeit einer außertariflichen Gehaltserhöhung in den nächsten zwei Jahren“ nach Altersgruppen

keiten zur Teilzeitbeschäftigung in höher qualifizierten Jobs mit mehr Einkommen nur sehr beschränkt sind. Die linke Graphik in Abbildung 14 macht zwei sehr wichtige Zusammenhänge deutlich: Zum einen wird klar, daß die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen nicht von Anfang an bestehen, sondern sich erst mit der Zeit und immer mehr aufbauen.178 Zweitens zeigt die Graphik, daß Einkommenszuwächse bei Frauen in der Zeit, in der sie üblicherweise Kinder bekommen, gehemmt werden und auch danach keinen starken Anstieg mehr verzeichnen können. Die rechte Graphik dient der Ergänzung; sie zeigt, daß die Selbsteinschätzung der Männer und Frauen zu ihrer zukünftigen Einkommenssituation („Wahrscheinlichkeit einer außertariflichen Gehaltserhöhung“) mit der tatsächlichen konform ist, denn gerade die Erwartung einer Einkommenssteigerung der Männer ist in dem Alter am 178 Allerdings sollte auch hier beachtet werden, daß es sich um eine Querschnittsbetrachtung handelt.

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt

123

höchsten, in dem auch die tatsächlichen Zuwächse – ob tariflich oder außertariflich – am drastischsten sind. f) Arbeitszufriedenheit Eine alternative Herangehensweise zur Betrachtung der Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt ist die subjektive Selbsteinschätzung der Benachteiligung. Subjektive Einschätzungen bergen zwar auch Nachteile, da sie streng genommen nicht zwischen den Personen vergleichbar sind, da jeder unterschiedliche Maßstäbe ansetzt. Dies ist jedoch die einzige Methode um einzubeziehen, daß Frauen verschiedene arbeitsbezogene Merkmale anders bewerten als Männer. So kann es sein, daß Frauen beispielsweise freiwillig weniger oder mehr Stunden arbeiten oder eine Stelle antreten, für die sie überqualifiziert sind, die ihnen aber vielleicht einen kürzeren Arbeitsweg oder sonstige Vorteile verschafft. Dabei ist allerdings auch nicht die Möglichkeit zu vernachlässigen, daß Frauen sich mit ihrer insgesamt schlechteren Situation abgefunden haben könnten und eine hohe Arbeitszufriedenheit daraus resultieren könnte, daß sie das Gefühl haben, das Beste aus ihrer nachteiligen Situation gemacht zu haben. Die Ergebnisse sind daher mit Vorsicht zu betrachten, bieten aber dennoch eine interessante und eher unübliche Perspektive auf die Situation der Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Im SOEP wurden 2003 drei verschiedene Fragen gestellt, die zu diesem Thema ausgewertet werden können: Zum einen wurden die Frauen danach gefragt, wie zufrieden auf einer elfstufigen Skala sie mit ihrer Arbeit sind, des weiteren, wie hoch sie die Wahrscheinlichkeit einschätzen, daß sie sich in den nächsten zwei Jahren eine neue Stelle suchen werden, und ob sie sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen. Die Antworten auf diese Fragen sollen jeweils getrennt für Männer und Frauen und für verschiedene Altersgruppen dargestellt werden. Berücksichtigt werden dabei alle Erwerbstätigen, die Vollzeit-, Teilzeit- oder geringfügig beschäftigt sind. Hinsichtlich der allgemeinen Arbeitszufriedenheit besteht kaum ein Unterschied zwischen Männern und Frauen. Das arithmetische Mittel bei Annahme einer Intervallskala liegt bei beiden Geschlechtern bei 6,98 Punkten (auf einer Skala von 0 = Niedrig bis 10 = Hoch) mit einer Standardabweichung von 2,083 bei Frauen und 2,020 bei Männern. Über die verschiedenen Phasen des Erwerbslebens hinweg gibt es jedoch durchaus Unterschiede bei der Arbeitszufriedenheit von Männern und Frauen. Abbildung 15 zeigt, daß Frauen zu Beginn und gegen Ende ihres Erwerbslebens deutlich zufriedener mit ihrer Arbeit sind als Männer. In der für Frauen „schwierigen“ Zeit von Mitte zwanzig bis zum Alter von etwa vierzig Jahren hingegen weisen sie geringere Arbeitszufriedenheitswerte auf. Diese dürften zum einen Probleme widerspiegeln, die mit der Vereinbarkeit von Beruf und Fami-

124

A. Benachteiligung von Frauen

arithm. Mittel Arbeitszufriedenheit

7,3

7,2

7,1

7,0

6,9

6,8 17–25

Geschlecht weiblich männlich 25–35

35–45

45–55

55–65

Altersgruppen Fälle gewichtet nach TPHRF Quelle: Eigene Darstellung nach Daten des SOEP (2003).

Abbildung 15: Arbeitszufriedenheit von Männern und Frauen während des Erwerbslebens

lie zu tun haben; zum anderen können diese Werte aber auch ausdrücken, daß Frauen im gebärfähigen Alter, die keine Kinder bekommen wollen, über statistische Diskriminierung enttäuscht sind. Betrachtet man die „Sorgen um Arbeitsplatzsicherheit“ (auf einer dreistufigen Skala mit 1 = große Sorgen, 2 = einige Sorgen, 3 = kleine Sorgen) so zeigt sich in Abbildung 16, daß sich Frauen nur zu Beginn ihres Erwerbslebens größere Sorgen machen als Männer. Ab einem Alter von etwa 30 Jahren geben Frauen subjektiv geringere Sorgen an als Männer. Bei beiden Geschlechtern nehmen die Sorgen ab einem Alter von etwa 50 Jahren deutlich ab, was sich auch in einer höheren Arbeitszufriedenheit widerspiegelt. Ein Grund hierfür können die längeren Kündigungsfristen bei lange bestehenden Arbeitsverträgen sein. Insgesamt liegt das arithmetische Mittel179 bei Frauen bei 2,3 und bei Männern bei 2,25. Die Standardabweichungen unterscheiden sich nur geringfügig. 179 Die Annahme einer Intervallskalierung ist in diesem Fall problematischer als bei der Untersuchung der Arbeitszufriedenheit, dennoch soll hier davon ausgegangen werden, weil die Bestimmung des Medians nicht so aussagekräftig wäre.

2,7 2,6 2,5 2,4 2,3 2,2 2,1 17–25

25–35

35–45

45–55

Altersgruppen Fälle gewichtet nach TPHRF

55–65

arithm. Mittel „Neue Stelle suchen in nächsten 2 Jahren“

arithm. Mittel „Sorgen um Arbeitsplatzsicherheit“

V. Die Situation der Frauen am deutschen Arbeitsmarkt

125

50,0

40,0

30,0

20,0

10,0

0,0 17–25

Geschlecht

25–35

35–45

45–55

55–65

Altersgruppen weiblich

männlich

Quelle: Eigene Darstellung nach Daten des SOEP (2003).

Abbildung 16: „Sorgen um den Arbeitsplatz“ und „Wahrscheinlichkeit, in den nächsten zwei Jahren eine neue Stelle zu suchen“ bei Männern und Frauen im Vergleich

Vergleicht man zuletzt die von Frauen und Männern angegebenen Wahrscheinlichkeiten, sich in den nächsten zwei Jahre eine neue Stelle zu suchen, was ebenfalls ein Indiz für Arbeitsunzufriedenheit oder den Wunsch nach Veränderung sein kann, so sind hierbei keine nennenswerten Unterschiede zu beobachten. Bei beiden Geschlechtern sinken sie kontinuierlich im Lauf des Erwerbslebens, was wenig überraschend ist. Abschließend ist zu den Auswertungen der subjektiven Angaben zum Bereich der Arbeitszufriedenheit anzumerken, daß Frauen und Männer sich hierbei nur dann unterscheiden, wenn man ihr Alter mit einbezieht. Diese Angaben relativieren daher alle festgestellten Nachteile, denen Frauen im Laufe ihres Erwerbslebens gegenüberstehen. Dies gilt aber nur mit der Einschränkung, daß Frauen bei der Beurteilung ihrer Lage denselben Maßstab anwenden wie Männer, also nicht genügsamer sind, und außerdem, daß sich diese Ergebnisse nur auf tatsächlich erwerbstätige Frauen beziehen. Frauen also, die ggf. unzufrieden mit ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter sind und nicht erwerbstätig sind, werden nicht einbezogen.

126

A. Benachteiligung von Frauen

3. Abschließende Bemerkungen Nach den Ergebnissen der deskriptiven Statistik ist schon erkennbar, daß Frauen in einigen Bereichen benachteiligt sind: Beispielsweise ist ihr Einkommen geringer, und sie sind häufiger überqualifiziert beschäftigt. Andere Indikatoren, wie z. B. Arbeitslosigkeit, Befristung, Weiterbildung oder horizontaler Mismatch weisen keine Benachteiligung oder großen Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland auf. Die Betrachtung von Bildungsmerkmalen deutet darauf hin, daß Mädchen Jungen mittlerweile überholt haben, so daß die Grundlage für eine veränderte Situation der Frauen am Arbeitsmarkt für die Zukunft gelegt ist. Heute sind die Möglichkeiten aber noch nicht ausgeschöpft, denn insbesondere bei der Besetzung von Positionen über alle Hierarchieebenen hinweg sind Frauen noch deutlich benachteiligt. Nach diesem breiten Überblick sollen nun einige Indikatoren, die die Situation der Frauen am Arbeitsmarkt beschreiben können, herausgegriffen und detailliert untersucht werden. Dazu werden die vorgestellten Benachteiligungstheorien in Beziehung zu den jeweiligen Indikatoren gesetzt, bevor dann anhand der Theorien Hypothesen zum jeweiligen Indikator aufgestellt werden, die dann empirisch überprüft werden sollen. Begonnen wird im nächsten Kapitel mit der berufsspezifischen Segregation von Männern und Frauen, für die zusätzliche Erklärungsansätze dargestellt werden. Segregation kann auf arbeitsangebots- oder -nachfrageseitige Ursachen zurückgeführt werden, die Berufswahl kann also eine wichtige Rolle spielen. Da später versucht werden soll, die anderen Indikatoren u. a. mittels der Berufswahl zu erklären, soll nach einer Untersuchung der Segregation mit Hilfe von Indizes ein empirisches Modell zur Berufswahl aufgestellt werden. Auf die Relevanz der Berufswahl wird im folgenden näher eingegangen.

B. Segregation und Berufswahlmechanismen I. Berufs- und branchenspezifische Segregation 1. Segregation und die Relevanz der Berufswahl Wie bereits angedeutet, soll es in diesem und im nächsten Kapitel darum gehen, die vorgestellten Benachteiligungstheorien auf die verschiedenen Indikatoren anzuwenden. Es soll untersucht werden, inwieweit die einzelnen Theorien für die Erklärung der Benachteiligung nach den einzelnen Indikatoren hilfreich sein können, ob die jeweiligen Theorien dafür abgewandelt oder eingeschränkt betrachtet werden müssen und ob es noch weitere Erklärungsansätze für die speziellen Benachteiligungen nach den einzelnen Indikatoren geben kann. Die meisten der in Kapitel A. vorgestellten Theorien dienen ursprünglich dazu, die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen zu erklären, auf die sich dann Kapitel D. bezieht. Es ist sinnvoll, sich zunächst einmal klarzumachen, ob der jeweilige Benachteiligungsindikator eher angebots- oder eher nachfrageseitig erklärt werden kann. Wenn arbeitsnachfrageseitige Gründe im Spiel sind, die Frauen nicht beeinflussen können, dann kann das ein Hinweis darauf sein, daß Frauen diskriminiert werden. Aber auch eine angebotsseitiger Erklärung der Benachteiligung muß nicht notwendigerweise bedeuten, daß die Frauen aus freier Entscheidung eine Benachteiligung in Kauf nehmen. Da es besonders im Fall des Indikators „Segregation“, d. h. der unterschiedlichen Aufteilung von Männern und Frauen auf verschiedene Berufe, sinnvoll ist, zwischen arbeitsangebotsseitigen Theorien auf der einen Seite und arbeitsnachfrageseitigen auf der anderen zu unterscheiden, wird in diesem Kapitel von der Gliederung der Theorien nach ihrer Abweichung vom neoklassischen Grundmodell abgewichen. So kann besser erklärt werden, wie es zur Benachteiligung nach diesem Indikator kommt, und das Wechselspiel zwischen Arbeitsangebots- und -nachfrageseite kann so klarer zur Geltung kommen. Außerdem kann so explizit die Sicht der Arbeitsangebotsseite herausgearbeitet werden, denn diese soll den Schwerpunkt der Arbeit bilden. Am Ende dieses Kapitels wird ein arbeitsangebotsseitiges Modell zur Berufswahl, basierend auf Variablen aus der Kindheit und Jugend, geschätzt, d. h. es wird eine Quelle für die spätere Segregation näher untersucht. Für die Berufswahl spielt zwar auch die Arbeitsnachfrage eine große Rolle, insbesondere, wenn Frauen bei ihrem Arbeitsangebot ein bestimmtes Verhalten der Unter-

128

B. Segregation und Berufswahlmechanismen

nehmen antizipieren. Das Modell wird allerdings nur rein angebotsseitige Variablen enthalten, da Variablen, die die Antizipation repräsentieren sollen, schwer zu konstruieren sind. Die Güte des Modells wird u. a. Aufschluß darüber geben, inwieweit diese beschränkte Sicht zur Erklärung des Berufswahlverhaltens ausreicht. Dieses Modell dient als Vorbereitung darauf, daß die Wahlvariable „Frauen- oder Männerberuf“ als vor dem Eintritt in den Arbeitsmarkt abgeschlossene Entscheidung in die Erklärung der einzelnen in Kapitel C. folgenden Indikatoren einbezogen werden soll. Es wird nämlich die Hypothese aufgestellt, daß das Geschlecht, das den von einer Person gewählten Beruf dominiert, ähnlich wie das natürliche Geschlecht, einen Einfluß auf verschiedene Arbeitsplatzmerkmale haben kann. Im folgenden soll zunächst erklärt werden, was unter Segregation zu verstehen ist und wie sie – arbeitsangebotsseitig über die Berufswahl sowie arbeitsnachfrageseitig – zustande kommen kann. Dieser Abschnitt schließt mit einer Zusammenfassung der Eigenschaften und Determinanten typischer Frauenberufe. Im Anschluß daran wird die Messung von Segregation mittels Indizes behandelt, und die Berufe der Panelteilnehmer werden in Frauenund Männerberufe eingeteilt. Der letzte Teil des Kapitels zur Segregation beschäftigt sich dann noch detaillierter mit den Determinanten der Berufswahl in bezug auf Männer- und Frauenberufe, beschreibt den Prozeß der Berufswahl und stellt ein ökonometrisches Modell zur Berufswahl auf.

2. Der Begriff der Segregation Wenn von Segregation am Arbeitsmarkt die Rede ist, ist damit in erster Linie die berufsspezifische (occupational) Segregation zwischen den Geschlechtern oder zwischen Rassen gemeint. In einer neoklassischen Welt mit homogenen Arbeitskräften kann Segregation – ebenso wie Diskriminierung – eigentlich nicht vorkommen. Wenn von homogenen Arbeitskräften ausgegangen wird, dann hat weder das individuelle Geschlecht noch die Zuordnung der Personen zu Berufen eine Bedeutung. Segregation entsteht erst aufgrund der Unterschiedlichkeit der Arbeitskräfte hinsichtlich ihrer Fähigkeiten, ihrer Bildung, ihrer Erfahrung und vieler weiterer individueller Merkmale. Genauso unterscheiden sich Berufe voneinander, indem sie gewisse Fähigkeiten und Fertigkeiten verlangen und bestimmte Arbeitsbedingungen bieten und somit mehr oder weniger zu den Arbeitskräften, die diese Berufe ausüben, passen müssen. Occupational oder berufsspezifische Segregation liegt dementsprechend vor, wenn verschiedene Gruppen von Arbeitskräften (z. B. Männer gegenüber Frauen) nicht gleichmäßig auf die Berufe oder auf Berufsgruppen verteilt sind. Ebenso unterscheiden sich Arbeitsplätze nicht nur nach den für sie nötigen Berufsausbildungen, son-

I. Berufs- und branchenspezifische Segregation

129

dern auch nach den Unternehmen, in denen sie angesiedelt sind, und insbesondere nach der Branche, in dem sich das Unternehmen befindet. Somit kann eine zweite Art der Segregation, nämlich die branchenspezifische Segregation, identifiziert werden, welche vorliegt, wenn verschiedene Gruppen von Arbeitskräften nicht gleichmäßig auf die Branchen verteilt sind. Beide Arten zusammengenommen, ergibt sich eine Art Gesamtsegregation. Dies könnte beliebig fortgesetzt werden, indem z. B. auch noch die Verteilung auf Unternehmensgrößen1 beachtet, die Betriebsebene hinzugenommen2 oder die unterschiedliche Segregation bei verschiedenen Gruppen3 untersucht wird, was aber in der Untersuchung in dieser Arbeit zu weit führen würde. Segregation kann horizontal oder vertikal gemessen werden: Horizontale Segregation untersucht die Verteilung auf Berufe derselben Hierarchieebene oder unterteilt die Berufe nur nach Tätigkeiten, nicht aber nach der üblicherweise im jeweiligen Beruf übernommenen Verantwortung4, während sich die vertikale Segregation in erster Linie an den Hierarchieebenen orientiert. Eine Segregationsmessung, die beides vereint, muß eine Berufseinteilung zur Grundlage haben, die sowohl nach der Tätigkeit im jeweiligen Beruf als auch nach der üblichen Hierarchieebene mit dem Maß der übernommenen Verantwortung unterscheidet. In Kap. III. wird der Punkt der Messung wieder aufgenommen werden, und es werden verschiedene Konzepte vorgestellt, die die Vorstellung gemein haben, daß es eine theoretische Untergrenze der Segregation gibt, bei der die Aufteilung von Männern und Frauen auf Berufe sich exakt gleicht, und eine Höchstgrenze, bei der Frauen und Männer in vollkommen abgeschotteten Segmenten tätig sind. Theorien, die Segregation erklären wollen, müssen nach der obigen Argumentation also erklären können, warum das Merkmal „Geschlecht“ dazu führt, daß die ansonsten potentiell homogenen Arbeitskräfte in unterschiedlichen Berufen und Branchen angesiedelt sind. Des weiteren sollten sie in der Lage sein zu erklären, unter welchen Bedingungen Segregation bestehen bleibt und unter welchen sich die Situation ändert.5 1

Vgl. z. B. Carrington/Troske (1995). Vgl. Hinz/Schübel (2001). 3 Vgl. z. B. Elliott (2005), die Segregationsunterschiede bei Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten untersucht, und Hirsch et al. (2000), die die unterschiedlich hohe Segregation bei jüngeren und älteren neu eingestellten und bei älteren bereits beschäftigten Arbeitnehmern untersuchen. 4 Die Klassifikation der Berufe durch das Statistische Bundesamt geht in dieser Weise vor [vgl. Kap. B.III.1.b)]. 5 Überblicke zu den Theorien zur Segregation finden sich z. B. bei Jonung (1996), Reskin/Hartmann (1986), Blau (1984), Preston (1999), Anker (1997) und mit kritischer Hinterfragung bei Blackburn et al. (2002). Patriarchalische Theorien werden in dieser Arbeit ausgeblendet (vgl. z. B. Hartmann (1976), Walby (1986)). 2

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B. Segregation und Berufswahlmechanismen

II. Theoretische Erklärungsansätze für Segregation 1. Arbeitsangebotsseitige Theorien zur Berufswahl a) Berufswahl aus neoklassischer Sicht: Kosten-Nutzen-Erwägungen und Arbeitsteilung innerhalb der Familie Aus der Humankapitaltheorie (mit unterschiedlich produktiven Arbeitskräften), die sich aus der neoklassischen Theorie ableitet, kann gefolgert werden, daß Individuen unterschiedliche Berufe ergreifen, mit denen sie ihren persönlichen Nutzen maximieren. Jeder Beruf verlangt unterschiedliche Investitionen, bietet aber auch unterschiedliche sich daraus ergebende Renditen. Ein Individuum wählt demnach den Beruf, in dem es erwartungsgemäß seinen Nutzen maximieren kann.6 Individuen wählen also aus zwei Gründen unterschiedliche Berufe: Zum einen fallen bei ihnen aufgrund individueller komparativer Vorteile7 unterschiedliche Kosten zum Erlangen der notwendigen Fähigkeiten und Fertigkeiten an, zum anderen bewerten Individuen den Nutzen von verschiedenen Berufen unterschiedlich. Wenn Segregation zwischen Männern und Frauen arbeitsangebotsseitig erklärt werden soll, dann heißt dies, daß es systematische Unterschiede zwischen beiden Geschlechtern hinsichtlich Kosten-Nutzen-Erwägungen bezüglich der Berufswahl geben muß. Um diese zu erforschen, genügt es allerdings nicht, nur den individuellen Nutzen zu betrachten, sondern es muß auf die ökonomische Theorie der Familie, die schon bei der Erklärung der unterschiedlichen Humankapitalausstattungen von Männern und Frauen herangezogen wurde, zurückgegriffen werden. Diese Theorie geht von der Annahme aus, daß eine Familie eine gemeinsame Nutzenfunktion hat und daß bei Arbeitsteilung innerhalb der Familie der Nutzen am höchsten ist. Arbeitsteilung bedeutet dabei, daß ein Ehepartner seine Arbeitskraft am Markt zur Verfügung stellt, während der andere Hausarbeit verrichtet. Welcher Ehepartner am Markt und welcher im Haushalt arbeitet, hängt davon ab, wer am Markt ein höheres Einkommen erzielen kann, denn dieses Einkommen muß die Familie ernähren. Es spielt also eine Rolle, wer von beiden eine höhere Humankapitalrendite aufweist, aber auch, wer produktiver im Haushalt ist. Nach der Theorie der komparativen 6 Blackburn et al. (2002), S. 515 f., gehen auch auf die Bedeutung der Rationalchoice-Theorie in diesem Zusammenhang ein, nach der Individuen diejenige aus mehreren Alternativen auswählen, die am besten mit ihren eigenen Interessen vereinbar ist. Sie betonen jedoch die Nähe zur Humankapitaltheorie, da die Alternativen immer auch von den erreichbaren Möglichkeiten abhingen, die sich u. a. aus dem individuell vorhandenen Humankapital ableiteten. 7 Vgl. Paglin/Rufolo (1990), S. 124 ff.

II. Theoretische Erklärungsansätze für Segregation

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Vorteile arbeitet derjenige am Markt, der relativ ein höheres Einkommen erzielen kann, und derjenige im Haushalt, der in diesem Bereich relativ produktiver ist. Die Theorie erklärt nicht, warum es meistens Frauen sind, die die Hausarbeit verrichten, während die Männer ihre Arbeitskraft am Markt anbieten. Erklärungen hierfür müssen außerhalb des Modells gesucht werden, sei es in tatsächlicher oder antizipierter Diskriminierung, Tradition, Präferenzen oder Fähigkeiten oder anderen Gründen, die die unterschiedlichen komparativen Vorteile erklären. Schon geringfügige Gründe können dazu führen, daß sich die Ehepartner auf das spezialisieren und konzentrieren, wozu sie relativ am besten fähig sind, wodurch sich die tatsächliche Arbeitsteilung verstärkt. Dadurch wiederum wird Segregation ausgelöst, wobei der Begriff der Segregation dann weiter gefaßt ist als bisher beschrieben8, denn hierbei bietet ein Partner – regelmäßig die Frau – seine Arbeitskraft gar nicht am Markt an, sondern verrichtet nur Hausarbeit. Die Frau wird sich in der Folge nur noch darauf konzentrieren, ihre Produktivität im Haushalt zu optimieren (möglicherweise hat sie das auch vor der Ehe schon getan, weil sie diese Situation erwartet hat), während der Mann weiterhin Investitionen in sein Humankapital tätigt, die seine Produktivität am Markt erhöhen. Sollte sich die Frau nun doch dazu entschließen, erwerbstätig zu sein (z. B. in Teilzeit oder nach der Kindererziehung), so wird sie am Markt bevorzugt die Fähigkeiten anbieten, die sie während ihrer Haushaltsphase erlernt hat, da sie hier am produktivsten ist: Sie wird haushaltsnahe Tätigkeiten verrichten oder sich um die Pflege von Menschen kümmern wollen. Dabei wird sie aufgrund der Familienpflichten, die sie immer noch hat, besonders gern Stellen in Teilzeit, mit flexibler Arbeitszeit, ohne Überstunden und mit keiner großen räumlichen Distanz von ihrem Wohnort besetzen wollen. Sollte eine junge Frau eine solche Arbeitsteilung für die Zukunft vermuten, dann wird sie sich ggf. von vornherein in ihren Humankapitalinvestitionen auf solche Berufe festlegen. Bei der Antizipation einer kürzeren Lebensarbeitszeit wird sie Berufe mit geringen Investitionen oder Investitionskosten wählen, die zudem relativ wenig Erfahrung erfordern. Aus der familiären Arbeitsteilung kann indirekt auch hergeleitet werden, daß Frauen, selbst wenn sie sich gemäß der Humankapitaltheorie „atypisch“ verhalten und sich für eine relativ hohe Qualifikation entscheiden, solche Berufe wählen, die am besten mit ihrer Familienrolle vereinbar sind: Auch hier ist es wichtig, daß die Berufe eine hohe zeitliche Flexibilität bieten und daß die Qualifikationsphase möglichst vor dem Berufseinstieg abgeschlossen ist, so daß keine kontinuierliche, zeitraubende Weiterbildung erforderlich ist.9 8

Vgl. Jonung (1996), S. 22. Vgl. Crompton/Harris (1998), die Frauen in zwei unterschiedlichen hochqualifizierten Berufen mit hohem Frauenanteil (Mediziner und Bankmanager) inter9

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B. Segregation und Berufswahlmechanismen

Ein weiterer Aspekt, den Frauen bei der Berufswahl beachten, ist der Umstand, daß Investitionen in ihr berufsspezifisches Humankapital10 während einer Familienpause möglichst wenig veralten, was zum Beispiel in sehr innovativen und dynamischen Wirtschaftsbereichen häufig vorkommt.11 Berufe, in denen auch kurze Berufspausen schon dafür sorgen, daß die Chancen am Arbeitsmarkt danach rapide sinken, sind also für Frauen, die eine solche Pause planen, nicht geeignet, da sich Investitionen dann nicht auszahlen, möglicherweise nicht einmal amortisieren. Sie müssen daher auf Berufe zurückgreifen, die eine geringe „depreciation rate“12 besitzen, bei denen also das Veralten von Humankapital während einer Pause möglichst wenig „bestraft“ wird.13 Hierbei handelt es sich hauptsächlich um Berufe mit wenig Dynamik im berufsspezifischen Wissen, bei denen also beispielsweise technischer Fortschritt keine große Rolle spielt. Ebenso ist betriebsspezifisches Wissen weniger wichtig. Zudem handelt es sich hierbei häufig um Berufe, die relativ wenig oder breit anwendbares Humankapital erfordern, so daß ein Berufsein- und -ausstieg flexibel möglich ist, falls nötig auch an einem anderen Wohnort. Da u. U. mit einem viewen. Sie finden heraus, daß Frauen in sogenannten „professionellen“ Berufen eher ihre traditionelle Rolle in der Familie aufrechterhalten (können) und somit auch häufiger Kinder haben als Frauen in Managerberufen. Somit scheint weniger die Höhe der Qualifikation als vielmehr die Führungsverantwortung eine Rolle zu spielen. 10 Becker erwähnt in seinem Konzept der Humankapitaltheorie nicht die Möglichkeit des berufsspezifischen Humankapitals, sondern unterscheidet lediglich allgemeines und (betriebs-)spezifisches Humankapital. Dennoch ist es sinnvoll, neben diesen beiden Arten auch berufsspezifisches Humankapital zu unterscheiden: Es kann zwischen spezifischem und allgemeinem Humankapital eingeordnet werden, denn es ist in dem Sinne allgemein, daß es nicht nur die Produktivität in einem, sondern in verschiedenen Betrieben erhöht, allerdings ist es auch spezifisch, da es sich auf die Ausübung eines speziellen Berufs bezieht, nicht jeder Beruf in jedem Betrieb ausgeübt werden kann und sich die Art der Berufsausübung zwischen den einzelnen Betrieben ebenfalls unterscheiden kann. Berufsspezifisches Humankapital kann auch als Berufserfahrung i. e. S. bezeichnet werden, d. h. wie lange eine Person in einem bestimmten Beruf gearbeitet hat – im Gegensatz zum landläufigen Begriff der Berufserfahrung, der sich meist auf die Arbeitsmarkterfahrung bezieht (vgl. zur Abgrenzung von Berufs- und Arbeitsmarkterfahrung Velling/Bender (1994), S. 217). 11 Hansen (1997) findet für Norwegen heraus, daß insbesondere der öffentliche Sektor attraktiv für Frauen ist. Die Verdienstmöglichkeiten seien im privaten Sektor zwar höher, die Nachteile bei einer Familienpause, gerade in Berufen mit hohem Männeranteil, allerdings auch. Für Berufe im öffentlichen Sektor mit ebenso großem Männeranteil hingegen stellt sie keine solchen Benachteiligungen fest. 12 Vgl. z. B. Mincer/Polachek (1974), Polachek (1981), Mincer/Ofek (1982), Becker (1985). 13 Die Untersuchung von England (1982) führt jedoch zum gegenteiligen Ergebnis. Danach zeichnen sich typische Frauenberufe eben nicht durch geringere „depreciation rates“ aus.

II. Theoretische Erklärungsansätze für Segregation

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Umzug mit dem besser ausgebildeten Mann gerechnet werden muß, wäre es für die Frau sehr nachteilig, wenn sie einen Beruf mit sehr speziellem Humankapital14 wählen würde, für den nur sehr wenige Stellen, vielleicht sogar regional begrenzt, zur Verfügung stehen. Da Berufe mit niedrigen „depreciation rates“ von eher geringen Humankapitalinvestitionen geprägt sind, sind während des Berufsverlaufs nur geringe Steigerungsraten des Einkommens möglich. Damit ein Anreiz besteht, einen solchen Beruf zu wählen, müssen – so eine These – in diesen Berufen relativ hohe Einstiegsgehälter geboten werden. Dadurch werden diese Berufe insbesondere für Personen mit einer kurzen Erwerbstätigkeitsdauer im Leben interessant.15 Diese These ist jedoch sehr umstritten und wurde teilweise empirisch widerlegt. In einer jahrelangen wissenschaftlichen Auseinandersetzung, hauptsächlich zwischen Polachek und England16, berief sich Polachek zugunsten dieser These auf flachere Lohnprofile von Frauen, die – relativ zu ihrem späteren Einkommen – zu Anfang viel verdienten, während England betonte, daß die Anfangsgehälter von Frauen trotzdem niedriger seien als diejenigen der Männer, die ja zudem steile Lohnprofile aufwiesen. Dies widerspreche der „depreciation“-These.17 Beide beachteten dabei m. E. allerdings nicht, daß Frauen und Männer im Durchschnitt zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihres Lebens in den Arbeitsmarkt eintreten und demnach auch unterschiedlich lange in ihrem Leben erwerbstätig sind, da Männer häufiger als Frauen ein Studium aufnehmen – zumindest zum 14 Dies kann auch für höhere Hierarchiestufen gelten, da es auch hier u. U. weniger Stellen gibt, so daß die Frau inflexibler wird. Mit der Höhe der Hierarchieebene steigt allerdings auch die Wahrscheinlichkeit, daß die Frau derjenige Partner ist, der eine höhere Einkommenskapazität aufweist und somit die Familie auf einen Wohnort festlegt. Als Konsequenz dieser Überlegung dürften Frauen mit hoch qualifizierten Ehemännern nach ökonomisch-rationalem Maßstab einerseits nicht in stark spezialisierten Studiengängen, in denen sie für eine Führungsposition ausgebildet werden, anzutreffen sein, andererseits ermöglicht die gute finanzielle Situation eines solchen Paares auch die Einrichtung zweier Wohnsitze und die Erledigung der Hausarbeit durch Dritte. 15 Vgl. Zellner (1975), S. 128. 16 Vgl. Polachek (1981), England (1982), Beller (1982), England (1984), Polachek (1985), England et al. (1988), Duncan/Prus (1992). 17 Die absolut höheren Einstiegsgehälter bei Berufen mit steilen Lohnprofilen können – im Verhältnis zu dem Durchschnittseinkommen in diesen Berufen über das gesamte Berufsleben hinweg – durchaus relativ gesehen geringer sein als die Einstiegsgehälter in Berufen mit flachen Lohnprofilen. Da die Steigerungsraten bei flachen Lohnprofilen geringer sind als bei steilen, muß auch das Einstiegsgehalt in Berufen mit flachen Lohnprofilen relativ zu dem späteren Durchschnittseinkommen hoch sein. Insofern hat Polachek in bezug auf die relativen Einstiegsgehälter recht, England hingegen in bezug auf die absoluten. Zur Berechnung des erwarteten Lebenseinkommens ist nur das absolute Einkommen relevant, es muß jedoch auch die erwartete Dauer der Erwerbstätigkeit berücksichtigt werden.

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B. Segregation und Berufswahlmechanismen

damaligen Zeitpunkt des Auseinandersetzung –, was sowohl ihre höheren Einstiegsgehälter nach dem Studium als auch ihre dann steileren Lohnprofile rechtfertigen kann. Während Frauen also in einem bestimmten Alter schon ein Einkommen erzielen, investieren Männer in dieser Zeit noch und müssen noch auf die Rendite warten. Zu diesem Zeitpunkt sind die Einkommen der Frauen also tatsächlich höher als die der Männer, die im Zeitraum ihres Studiums gar kein Einkommen erzielen. Für einen Vergleich zwischen dem Einkommen von Männern und Frauen zu Beginn ihres Berufslebens sollten daher nicht die Einkommen im ersten Berufsjahr verglichen werden, sondern man sollte das Einkommen von Personen desselben Alters einander gegenüberstellen. Trotz der doppelten Benachteiligung kann eine solche Karriere für manche Frauen attraktiv sein, weil sie ihnen schon in dem Zeitraum ein Einkommen bietet, in dem viele Männer noch nicht erwerbstätig sind. Insbesondere für Frauen, die eine frühe und lange Familienpause planen und in den Jahren direkt nach ihrem Schulabschluß möglichst viel Einkommen akkumulieren wollen oder müssen, bietet sich diese Strategie an.18 Bei solchen Berufen sind also niedrige Einstiegslöhne und flache Lohnprofile der Preis für die Vorteile – zumindest aus der Sicht mancher Frauen – einer frühen Erwerbstätigkeit, einer niedrigen „depreciation rate“ und geringer Humankapitalinvestitionen. Die Arbeitsteilung kann also denjenigen Teil der Segregation erklären, bei denen die Berufe aufgrund der verschiedenen „depreciation rates“ und für sie nötigen Humankapitalinvestitionen von Männern und Frauen unterschiedlich besetzt sind. Allerdings kann diese Theorie weder erklären, warum viele Frauenberufe mehr Erfahrung und spezielles Wissen voraussetzen als viele Männerberufe, noch, warum es teilweise sehr starke Segregation in Berufen mit ähnlichen „depreciation rates“ gibt. Ungeklärt bleibt danach schließlich, warum auch unverheiratete Frauen ohne Kinderwunsch häufig in typischen Frauenberufen anzutreffen sind. Für sie müßte es vielmehr ökonomisch sinnvoller sein, einen Männerberuf zu erlernen, da diese höhere Einkommenschancen bieten.

18 Vgl. Zellner (1975), S. 127. Eine wichtige Rolle spielt bei dieser Argumentation auch, daß sich der Zeitpunkt einer Familienpause nicht beliebig im Lebenslauf nach hinten verschieben läßt. Frauen, die also sowohl eine Familienpause planen als auch vorher ein Studium aufnehmen, werden in der Zeit zwischen Studium und Familienpause aufgrund des kürzeren Erwerbszeitraums und trotz eines vermutlich höheren Einkommensniveaus kaum mehr Einkommen akkumulieren können, als wenn sie direkt nach der Schulausbildung erwerbstätig geworden wären. Die Unterschiede im Lebenseinkommen bilden sich also meist erst nach der Familienpause heraus, so daß ein Studium mit Einkommensverzicht nur bei langem Planungshorizont rational erscheint.

II. Theoretische Erklärungsansätze für Segregation

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b) Unterschiedliche Präferenzen bei der Berufswahl Bei der Theorie unterschiedlicher Präferenzen wird an Kosten-Nutzen-Erwägungen in Form von exogen gegebenen, intrinsischen Präferenzen angeknüpft, wobei die rein ökonomische Betrachtungsweise aufgegeben wird.19 Die Präferenzen finden ihren Ausdruck in verschieden hohem Nutzen bei der Ausübung unterschiedlicher Berufe. Hierbei spielt nicht nur das Einkommen, sondern auch die Arbeitszufriedenheit und die Identifikation mit dem Beruf eine große Rolle. Die Theorie der unterschiedlichen Präferenzen nimmt die genetischen Unterschiede von Männern und Frauen als Basis für die Präferenzen: So wird dargelegt, daß Frauen z. B. lieber soziale, helfende und haushaltsnahe Berufe in einer Umgebung mit wenig Konkurrenz20 und guten Arbeitsbedingungen erlernten, während Männer sich eher für „maskuline“ Berufe entschieden, bei denen körperlicher Einsatz oder Macht eine Rolle spielten. Aus diesem Grund entschieden sich auch eher Frauen als Männer dafür, nicht am Arbeitsmarkt teilzunehmen21, und Frauen seien nicht so stark an monetärem Nutzen22, Aufstieg und Ansehen23 interessiert wie Männer. Vielmehr seien sie eher zur Unterordnung bereit und akzeptieren eher „Sackgassenpositionen“.24 Ein Indiz für diese Präferenzen kann in einigen Fällen auch die Studienfachwahl sein, da Frauen ihr Fach häufiger aus reinem Interesse zu wählen scheinen, während für Männer offenbar die späteren Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten eine große Rolle spielen. Frauen präferierten eher kleinere Betriebe, da sie hier den Überblick über die Arbeitsorganisation nicht verlören und einen direkteren Bezug zum Ergebnis ihrer Tätigkeit hätten.25 Diese Theorie hat einige Schwachstellen, denn sie kann z. B. nicht erklären, worin die Präferenzen begründet liegen, warum bestimmte Vorlieben eher Männern oder Frauen zugeordnet werden können und warum bestimmte Berufe eher Männer- oder Frauenberufe sind. Sie kann nicht vorhersagen, 19

Vgl. Killingsworth (1987 und 1990). Vgl. Niederle/Vesterlund (2005) und Beck-Gernsheim (1976), S. 111 ff. 21 Vgl. Hakim (1996 und 2000) zur Heterogenität von weiblichen Präferenzen hinsichtlich Arbeitsorientierung. 22 Vgl. Schweikert/Meissner (1984) in Kap. B.IV.2. sowie Murray/Atkinson (1981). Nach Doorewaard et al. (2004), S. 22, sind weibliche Erwerbstätige in bezug auf ihre Beschäftigung eher berufs- oder menschenorientiert, während männliche Erwerbstätige eher einkommensorientiert sind. Die Autoren betonen aber, daß dies nicht unbedingt auf Präferenzen, sondern auch auf Sozialisation zurückgeführt werden könne, da z. B. Frauen in einer schwierigen finanziellen Situation ebenfalls eher einkommensorientiert seien. 23 Vgl. Beck-Gernsheim (1976), S. 84. 24 Vgl. Beck-Gernsheim (1976), S. 91 f. 25 Vgl. Ostner (1978), S. 203. 20

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B. Segregation und Berufswahlmechanismen

welche Eigenschaften Männer- und Frauenberufe haben müssen, damit sie besonders gut zu den Präferenzen des einen oder des anderen Geschlechts passen. Vielmehr geht diese Theorie von der gegebenen Situation aus und analysiert, welche Merkmale bei welchen Berufen zu finden sind, um daraus den Schluß zu ziehen, daß Frauen bzw. Männer sich besonders auf die Berufe konzentrieren, die schon von vielen Frauen bzw. Männern ausgeübt werden. So kommt sie u. a. zu dem Schluß, daß Frauen Berufe auf niedrigeren Hierarchiestufen und mit einem geringeren Gehalt präferieren, was nur schwer zu erklären ist. Ob allerdings Präferenzen unbedingt angeboren sein müssen oder nicht vielmehr auch auf anderen Faktoren, insbesondere auf der Sozialisation, beruhen können, ist eine offene Frage; die noch zu besprechende Sozialisationstheorie lehnt rein intrinsische Präferenzen mit gewichtigen Gründen ab. Zudem gibt es Frauen in Männerberufen, die demnach männliche Präferenzen haben müßten, und umgekehrt. Die Theorie erwähnt auch nicht, daß sich eine solche Segregation auch aus dem Grund ergeben kann, daß Männer und Frauen vielleicht lieber in einer vom anderen Geschlecht weitgehend abgeschotteten Umgebung arbeiten und sich daher, möglicherweise ungeachtet ihrer Präferenzen hinsichtlich der sonstigen Berufsmerkmale, allein aus diesem Grund für einen bestimmten Beruf entscheiden. Ursache dafür kann u. a. die Annahme sein, daß weibliche mehr als männliche Kollegen eine Frau bei Problemen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie verstehen und unterstützen.26 c) Unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten Eine andere Theorie geht ebenfalls im weitesten Sinne von Kosten-Nutzen-Erwägungen aus, da sie voraussetzt, daß Männer und Frauen aus biologischen Gründen unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten besitzen bzw. sie sich mit unterschiedlich hohem Aufwand aneignen können. Frauen wird beispielsweise eine geringere physische Stärke sowie weniger mathematische und naturwissenschaftliche Begabung nachgesagt, ihre Stärken hingegen sollen in mehr sozialer Kompetenz, feinmechanischen Fertigkeiten und einer höheren Sprachbegabung liegen.27 Männer und Frauen wählen hiernach diejenigen Berufe aus, in denen sie einen komparativen Vorteil bei dem Erlernen und der Ausübung der Tätigkeiten besitzen. Auf dieser Grund26

Vgl. Bender et al. (2005), die anhand von US-amerikanischen Daten bei Frauen eine höhere Arbeitszufriedenheit feststellen, wenn diese in einem frauendominierten Beruf arbeiten. Die Autoren vermuten, daß die höhere Arbeitszufriedenheit darauf zurückgeführt werden kann, daß Frauen eine höhe Flexibilität besonders hoch bewerten und daß besonders Frauenberufe diese Flexibilität bieten. 27 Vgl. zu den stereotypen Charakteristika von Frauen Anker (1997), S. 324 ff.

II. Theoretische Erklärungsansätze für Segregation

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lage müßte man vermuten, daß Männer in typischen Männerberufen wegen ihres komparativen Vorteils in diesen Berufen mehr verdienen, während Frauen in Frauenberufen mehr Einkommen erzielen. Dies ist allerdings nicht der Fall, denn Männer verdienen in allen Berufen mehr, doch liegt ihr Lohn in Frauenberufen nicht so weit über dem Frauenlohn wie in Männerberufen. Als Konsequenz liegt der Durchschnittslohn bei Frauenberufen unter dem Durchschnittslohn bei Männerberufen.28 Eine mögliche Erklärung unter der genannten Prämisse unterschiedlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten ließe sich wie folgt zusammenfassen: Frauenberufe werden vielleicht nicht nur deshalb von Frauen gewählt, weil viele Tätigkeiten in diesen Berufen von der Art her eher von Frauen ausgeübt werden können, sondern weil sie es auch tatsächlich schon wurden. Weil Frauen die Arbeitsaufgaben auf ihre weibliche Art erledigen, mit typisch weiblichen, als solche perfektionierten Lösungen versehen und diese an die nächste Frauengeneration weiterreichen, sind diese Berufe noch deutlicher weiblich geprägt, was die Segregation noch verstärkt. Dies kann auch erklären, warum Frauen in „ihren“ Bereichen nur ungern Männer zulassen, da eine gemischte Arbeitsgruppe durch die verschiedenen Arten der Aufgabenerledigung möglicherweise unproduktiver wird. Nicht segregierte Berufe hingegen sind nach dieser Argumentation dann deshalb gemischt, weil sie von den Ideen, die Frauen und Männer austauschen, und den Denkanstößen, die sie sich gegenseitig geben, profitieren. Ein Faktor, der nach dieser Theorie die Segregation vermindern müßte, ist der technische Fortschritt, der eher die Bedienung von Computern und Maschinen verlangt als die Fähigkeit, selbst körperlich oder feinmechanisch zu arbeiten. d) Sozialisation: unterschiedliche Geschlechterrollen Die beiden vorherigen Theorien, aber vor allem der erste Ansatz, der die Berufswahl mit unterschiedlichen Präferenzen begründet, haben den Nachteil, daß sie nicht erklären können, wie es zu diesen Unterschieden kommt und warum auch Frauen Männerberufe und umgekehrt29 ergreifen. Die in diesem Abschnitt beschriebene Theorie erweitert nun den Rahmen, indem 28

Vgl. Sorensen (1994). Vgl. Simpson (2004) zur Situation von Männern in Frauenberufen, die in dieser Arbeit nicht weiter beleuchtet werden kann. Ein Hauptergebnis dieser Interviewstudie ist, daß Männer in Frauenberufen, sei es, daß sie ihren Beruf per Zufall gefunden oder aber ihn bewußt gewählt haben, sich größtenteils darin wohl fühlen, meist aber die weiblich geprägte Art der Arbeitsverrichtung nicht nachahmen, sondern sie durch ihre eigene männliche ersetzen. 29

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B. Segregation und Berufswahlmechanismen

sie davon ausgeht, daß Präferenzen und Fähigkeiten sich über die Zeit verändern können, beispielsweise durch die Erziehung oder durch den Einfluß der Eltern. Wenn Mädchen und Jungen also in ihrer Kindheit und Jugend Rollenmuster kennenlernen, denen sie zu entsprechen versuchen, dann kann man hier auf den Begriff der strukturellen bzw. Pre-market-Diskriminierung (siehe Kap. A.I.3.) durch Sozialisation30 zurückgreifen. So werden Mädchen aus Tradition typische Frauenberufe wählen, einfach weil diese Berufe seit langem „für Frauen offenstehen, passend erscheinen und nicht zuletzt den Frauen der Mut zum Einstieg in neue, unkonventionelle Berufsfelder fehlt.“31 Aufgrund ihrer traditionellen Geschlechterrolle werden sich Frauen eher „familiär-reproduktionsbezogenen“ Aufgaben zuwenden, während Männer eher „tauschwertorientiert“ sind.32 Vorbilder, die die Sozialisation verstärken, können Eltern oder andere Bezugspersonen sein, die in ihren traditionellen Rollen verharren, oder aber Gleichaltrige, die ihre Rolle einzunehmen versuchen. Jeder, der sich dem nicht anschließt, muß damit rechnen, als Außenseiter zu gelten. Vorbilder im positiven Sinne – also in Richtung der Segregationsverminderung – können dieselben Personen sein, indem sie vorleben, daß ein Ausbruch aus der vermeintlich vorgegebenen Rolle möglich ist. Wenn im Unterschied zu angeborenen Präferenzen und Fähigkeiten diese nur anerzogen sind, dann sollte es möglich sein, daß diese Rollen sich im Laufe der Zeit verändern, wenn sich herausstellt, daß die Situation nicht optimal ist, da ggf. sowohl Arbeitnehmer, Arbeitgeber als auch die gesamte Gesellschaft ihren Nutzen durch eine Änderung erhöhen können.33

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Ein Überblick zum Einfluß der Sozialisation auf die Berufswahl findet sich bei Marini/Brinton (1984). 31 Beck-Gernsheim (1976), S. 79. 32 Vgl. Beck-Gernsheim (1976), S. 34 f., sowie Ostner (1978) zur „Berufsarbeit als Arbeit unter Tauschbedingungen“ (S. 18 ff.) und „Hausarbeit als unmittelbar reproduktive Arbeit“ (S. 89 ff.). 33 Daß diese Revision der Rollen aber schwierig, langwierig und u. U. auch gar nicht möglich ist, zeigt z. B. das Modell des „Bayesian learning“ von Breen/GarcíaPeñalosa (2002): Selbst wenn identische Präferenzen für Männer und Frauen unterstellt werden, kann sich ihre Berufswahl unterscheiden, wenn sie sie unter der Bedingung treffen, daß sie beobachten, inwieweit andere Mitglieder ihres Geschlechts vor ihnen am Arbeitsmarkt erfolgreich waren, und wenn sie daraus ihre Erfolgserwartungen für bestimmte Berufe ableiten. Das „dynastic learning“, d. h. das Lernen der Frauen über Generationen hinweg, besteht darin, sich Erfolg und Karrierewege vergangener Generationen anzusehen und eigene aktuelle Erfolge vor der Berufswahl in bezug auf die Erfolgswahrscheinlichkeit in bestimmten Karrieren zu interpretieren. Vgl. dazu auch Beck-Gernsheim (1976), S. 80 f.

II. Theoretische Erklärungsansätze für Segregation

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2. Arbeitsnachfrageseitige und institutionelle Theorien zur Segregation a) Einstellungs- und Investitionsverhalten aus neoklassischer Sicht: Kosten-Nutzen-Erwägungen seitens der Arbeitgeber Viele der Überlegungen, die aus humankapitaltheoretischer Sicht die Berufswahl einer Person beeinflussen, werden auch auf Arbeitgeberseite bei der Einstellung neuer Mitarbeiter und bei der Auswahl von Mitarbeitern für Beförderung und Weiterbildung angestellt. Stellen sollen möglichst optimal in bezug auf die Produktivität des Stelleninhabers besetzt sein, vor allem bei der Annahme, daß bei Kündigung und Neueinstellung Transaktionskosten für den Arbeitnehmer entstehen, und die Investitionen in das Humankapital der Arbeitnehmer sollen sich rentieren. Wenn Segregation zwischen Männern und Frauen arbeitsnachfrageseitig erklärt werden soll, dann heißt dies, daß es systematische Unterschiede zwischen beiden Geschlechtern hinsichtlich der Kosten-Nutzen-Erwägungen von Arbeitgebern bezüglich des Einsatzes der Geschlechter geben muß. Die Kostenüberlegungen zuungunsten der Frauen beziehen sich in erster Linie auf deren erwartete Betriebszugehörigkeitsdauer, die Abwanderungsgefahr und den Absentismus.34 Diese negativen Faktoren führen, genauso wie bei den Überlegungen der Frauen selbst hinsichtlich ihrer Berufswahl, dazu, daß Betriebe weniger Anreize haben, in das Humankapital der Frauen zu investieren, da sich diese Investitionen nicht rentieren, wenn die Verweildauer zu kurz ist. Da Frauen aus Flexibilitätsgründen möglicherweise ebenfalls nicht stark am Erwerb betriebsspezifischen Humankapitals interessiert sind, wird der Betrieb diese Art von Investition auch nicht unterstützen, da ihnen bei Abwanderung dieses Kapital verloren ginge. Betriebe werden auf Stellen und in Berufen, die viel betriebsspezifisches Human34 Anker (1997), S. 319, erwähnt zu diesen Risiken eine Reihe von Studien, die sich allerdings vorwiegend auf Entwicklungsländer beziehen. Danach weisen zwar einzelne Frauen eine deutlich höhere Absentismusrate auf als Männer, im Durchschnitt unterscheiden sich Männer und Frauen hier aber kaum (vgl. Kap. A., Fn. 66 zur größeren Heterogenität von Frauen). In der Anzahl der Arbeitsplatzwechsel unterscheiden sich Frauen und Männer überraschenderweise ebenfalls nur geringfügig, da Männer häufiger als Frauen ein Unternehmen wegen einer Stelle in einem anderen Unternehmen verlassen, während Frauen ein Unternehmen eher wegen einer Familienpause verlassen. Nach Barth/Dale-Olsen (2000) weisen Frauen – zumindest in Norwegen – zwar eine durchschnittlich höhere Churning-Rate (Anteil des Beschäftigten-Turnovers eines Unternehmens, der über den Turnover, der auf das Wegfallen und Neuschaffen von Arbeitsplätzen zurückgeführt werden kann, hinausgeht) auf, die Autoren begründen dies aber damit, daß Frauen in Bereichen eingesetzt werden, in denen generell die Churning-Raten höher sind. Diese werden somit zu frauendominierten Arbeitsbereichen. Frauen, die in männerdominierten Arbeitsbereichen tätig sind, weisen sogar niedrigere Churning-Raten auf als Männer.

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B. Segregation und Berufswahlmechanismen

kapital und Erfahrung erfordern, bevorzugt Männer einsetzen, da diesen eine höhere Betriebsbindung und eine geringe Wahrscheinlichkeit für eine Familienpause nachgesagt wird. Da in gehobenen Positionen die Kosten durch Abwanderung noch größer wären und die Betriebe Frauen in diesen Positionen möglicherweise ebenfalls seltener einsetzen, kann auch ein Teil der vertikalen Segregation auf diese Weise erklärt werden. In Betrieben in sehr innovativen Branchen werden daher vermutlich auch wenig Frauen eingestellt werden. Um Frauen entgegenzukommen und somit ihre Betriebsbindung und Arbeitszufriedenheit zu steigern, werden Betriebe ihnen möglichst Stellen anbieten, die eine hohe zeitliche Flexibilität mit wenig Überstunden ermöglichen, was nicht in allen Berufen der Fall ist. Wenn mit höherem Absentismus von bestimmten Frauen aufgrund von Familienpflichten gerechnet werden muß, dann kann es für den Betrieb sehr nachteilig sein, wenn er diesen Frauen verantwortungsvolle Aufgaben überträgt, weshalb er davon Abstand nehmen wird. Ein weiterer Grund, warum einige Betriebe nur ungern Frauen einstellen, kann in speziellen Kosten oder Umständen liegen, die durch Gesetze zum Schutz der Frauen entstehen. So dürfen etwa Schwangere in bestimmten Gefahrenbereichen nicht eingesetzt werden.35 b) „Taste for discrimination“ Die Präferenztheorie, die von der unterschiedlichen Behandlung homogenener Arbeitskräfte, die sich in einem äußeren Merkmal unterscheiden, ausgeht, erklärt Diskriminierung aufgrund exogen gegebener Präferenzen seitens des Arbeitgebers, der Arbeitskollegen oder der Kunden.36 Da sich die Diskriminierung zunächst in geringeren Löhnen bei den diskriminierten Personen äußert, werden diese ihre Konsequenzen ziehen und diskriminierende Arbeitgeber meiden, denn sie können bei nicht oder weniger diskriminierenden Arbeitgebern mehr verdienen. Es ist nicht unplausibel anzunehmen, daß die Präferenzen der Arbeitgeber mit der Branche, in dem das Unternehmen angesiedelt ist, zusammenhängen. Von der Branche wiederum hängen die Berufe ab, die in dem Unternehmen ausgeübt werden können. Angehörige der diskriminierten Gruppe werden also bestimmte Branchen und Unternehmen meiden, und wenn sie dies vor ihrer Berufswahl antizipieren können, auch von bestimmten Berufen Abstand nehmen, die sie nur bei diskriminierenden Unternehmen ausüben können. Nach dieser Theorie entsteht also zunächst Lohndiskriminierung von seiten der Arbeitgeber, die aber auf35 36

Vgl. Kap. A.IV.3. Vgl. Kap. A.III.2. und Bergmann (1974).

II. Theoretische Erklärungsansätze für Segregation

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grund der Reaktionen der Arbeitnehmer längerfristig zu Segregation37 führt, so daß sich das Lohnniveau der weiblichen Arbeitskräfte wieder dem Lohnniveau der Männer annähert.38 Wie auch schon in der Kritik zum Präferenzmodell [Kap. A.III.2.e)] ausgeführt, hat diese Diskriminierungstheorie einige Schwächen. An dieser Stelle sei nur genannt, daß – ebenso wie bei der Berufswahl aufgrund von Präferenzen – auch hier keine Gründe für die exogen gegebenen Präferenzen genannt werden, die darauf schließen lassen, warum bestimmte Berufe eher mit Frauen und andere eher mit Männern besetzt sind. Zudem ist fraglich, wie ein gewinnmaximierender Unternehmer diskriminierendes Verhalten langfristig durchsetzen kann. Dies scheint nur möglich, wenn die neoklassische Annahme der vollständigen Konkurrenz eingeschränkt wird oder Feedback-Effekte, die sich in einer veränderten Berufswahl der Frauen äußern, einbezogen werden. c) Pollution-Theorie Goldin schlägt eine sogenannte „Pollution“-Theorie39 vor, die viel mit dem Präferenzmodell gemeinsam hat, aber zusätzlich asymmetrische Informationsverteilung einbezieht. Im Gegensatz zu Becker argumentiert sie: „Men often have wives, sometimes daughters and sisters, and by necessity mothers. One cannot attribute to most men a desire for distance from women the same way one might interpret current or past discrimination between other groups, such as blacks and whites, Catholics and Protestants, Arabs and Israelis.“40 Vielmehr setzten sich die Männer nur dann für eine Trennung von den Frauen ein, wenn es um berufliche Belange gehe, was darauf beruhe, daß sie eine „Pollution“, d. h. eine Degradierung des Status und des Prestiges ihrer typisch männlichen Berufe befürchteten, wenn Frauen diese Berufe ergriffen. Das Prestige eines Männerberufs basiert nach dieser Konzeption auf produktivitätsbezogenen Eigenschaften, wie z. B. körperlicher Stärke oder spezieller Ausbildung. Eine „Pollution“ erfolgt dadurch, daß ein Individuum aus einer Gruppe (in diesem Fall die der Frauen), deren Mitglieder in der Gesellschaft hinsichtlich des produktivi37 Welch (1975), S. 69 ff., spricht bei dieser Theorie daher auch eher von einer Segregations- als von einer Diskriminierungstheorie. 38 Jonung (1996), S. 41, weist darauf hin, daß auch Vorschriften zur gleichen Bezahlung von Männern und Frauen, also das Verbot von Lohndiskriminierung, zu Segregation führen könnten, da Frauen, statt geringer bezahlt zu werden, einfach nicht mehr eingestellt würden. 39 Vgl. Goldin (2002a). In Goldin (2002b) nimmt die Autorin eine Anwendung der Theorie zur Erklärung der Veränderung der Segregation in den USA während des 20. Jahrhunderts vor. 40 Vgl. Goldin (2002a), S. 1.

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B. Segregation und Berufswahlmechanismen

tätsrelevanten Merkmals nur aufgrund des Gruppendurchschnitts, nicht aber individuell beurteilt werden, einen Männerberuf ergreift. Liegt der Gruppendurchschnitt in bezug auf dieses Merkmal unter dem der Männer, die bisher diesen Beruf ausgeübt haben, so ist die Aufnahme einer Frau in diesen Beruf ein Signal an die Gesellschaft, daß sich die Anforderungen in diesem Beruf aufgrund technischen Wandels verringert haben müssen, was zu einem allgemeinen Prestigeverlust dieses Berufs führt. Im Modell wird angenommen, daß die Gesellschaft selbst unvollständige Informationen über das aktuelle Anforderungsniveau in dem Beruf, über den technischen Wandel und über die Produktivität der individuellen Frauen hat. Ihr ist nur die Verteilung der Produktivität der Männer sowie das Anforderungsniveau zum Zeitpunkt vor einem möglichen technischen Wandel, zu dem der Beruf nur von Männer ausgeübt wurde, bekannt. Dieser Mechanismus führt laut Goldin dazu, daß selbst Frauen, die überdurchschnittlich qualifiziert und somit gut für die Ausübung dieses Berufs geeignet wären, von den Männern abgelehnt werden, da der Gesellschaft verborgen bleibt, daß gerade diese Frauen über dem Gruppendurchschnitt liegen. Fortschrittliche Frauen sind also besonders benachteiligt. Aus diesem Grund kann diese Theorie auch die geringeren Löhne und die Überqualifikation von Frauen erklären, die darauf beruht, daß Männer es ablehnen, sie adäquat zu beschäftigen. Die einzige Möglichkeit, daß qualifizierte Frauen dennoch eingestellt werden, besteht laut Goldin darin, der Gesellschaft die individuellen Eigenschaften dieser Frauen zu verdeutlichen und damit zu zeigen, daß sie über dem Gruppendurchschnitt liegen. Dafür geeignet sind Zertifikate und Einstellungstests, die glaubhaft sind und die die Gesellschaft einschätzen kann. In diesem Fall kommt die Beschäftigung der qualifizierten Frauen in Männerberufen nicht nur ihnen selbst, sondern auch den Männern zugute, da sie das durchschnittliche Niveau des produktivitätsrelevanten Merkmals in der Gruppe der Beschäftigten in diesem Beruf aufrecht erhalten oder sogar erhöhen. d) Theorien mit Marktunvollkommenheiten Theorien mit Marktunvollkommenheiten schränken den neoklassischen Rahmen ein, indem sie die Annahme der vollständigen Konkurrenz und der Mobilität der Arbeitnehmer aufgeben. Nach der Crowding-Theorie41 bestehen Mobilitätshemmnisse aufgrund gesellschaftlicher Konventionen oder Traditionen zwischen dem Marktsegment, in dem die Männer tätig sind, und dem Marktsegment, in dem die Frauen beschäftigt sind. Letzteres ist überfüllt, weil die Frauen nur die alternative Option haben, gar nicht zu ar41

Vgl. Kap. A.III.3.a).

II. Theoretische Erklärungsansätze für Segregation

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beiten, und weil in Zeiten, in denen der Anteil der erwerbstätigen Frauen sich erhöht, immer mehr Frauen in dieses Segment drängen, was zu einer Senkung des Lohnniveaus aufgrund eines Angebotsüberhangs führen muß. Die Mobilitätsbarrieren aufgrund gesellschaftlicher Zwänge hindern die Frauen theoretisch oder tatsächlich daran, einen Männerberuf zu erlernen, da sie keinen Zutritt zum Segment der Männer haben. Madden geht in ihrem Ansatz zur „männlichen Marktmacht“ im Zusammenhang mit einer monopsonistischen Arbeitsmarktstruktur direkt auf die Segregationswirkungen dieser Form von Marktmacht ein.42 Der direkte und indirekte männliche Einfluß auf die Arbeitsangebotselastizität der Frauen wirke sich dahingehend aus, daß diese einen geringeren Lohn hinnehmen müßten und von bestimmten Karrieren quasi ausgeschlossen würden, wobei beides jeweils den Männern zugute komme, die keinen Anreiz hätten, etwas an der Situation zu verändern. Ihr direkter und indirekter Einfluß lasse sich beispielsweise auf formelle oder informelle Regelungen in bezug auf die Ausübung bestimmter Berufe, wie Arbeitsschutzgesetze für Frauen, auf Bildungsdiskriminierung von Frauen oder auf die Sozialisation von Frauen durch Männer in ihrer Umgebung zurückführen. Diese kann sich etwa darin äußern, daß Frauen von den Männern ermuntert werden, einen Frauenberuf zu ergreifen, oder aber, sich erst gar nicht am Arbeitsmarkt zu beteiligen. Weibliche Präferenzen bewirken dann ein übriges. All diese Faktoren tragen nach dieser Theorie dazu bei, daß bestimmte Berufe von Frauen erst gar nicht gewählt werden (können). Daher liegt die Grundlage der Segregation bereits bei der Berufswahl und beim Berufseinstieg. Bei einem echten Monopson bzw. bei Unternehmen, die alle in ihrer Tätigkeitsstruktur sehr unterschiedlich sind und somit alleinige Nachfrager und Ausbilder für bestimmte Berufe sind, kommt noch hinzu, daß sie die Zusammensetzung ihrer Auszubildenden nach Geschlecht selbst wählen können, was automatisch zu Segregation führt, wenn Berufe jeweils nur in einem einzigen Betrieb erlernt werden können. e) Arbeitsmarktsegmentation Die Theorien zur Arbeitsmarktsegmentation sind ebenfalls zur Erklärung des Phänomens der Segregation geeignet. Die Eigenschaften typischer Frauenberufe (geringer Lohn, wenig Aufstiegschancen) stimmen weitgehend mit der Charakterisierung des sekundären Segments überein. Frauen ist der Eintritt in das primäre Segment mit den besseren Arbeitsbedingungen erschwert, ebenso wie eine Karriere im internen Arbeitsmarkt in verantwortungsvollen Positionen. Nach der Theorie der internen Arbeitsmärkte wird 42

Vgl. Madden (1975), S. 156 ff.

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B. Segregation und Berufswahlmechanismen

die Benachteiligung von Frauen im Zusammenhang mit betrieblichen Bedingungen und Organisationsstrukturen gesehen. Im internen Arbeitsmarkt erfolgen beispielsweise Entlohnungen und Beförderungen nicht nach Angebot und Nachfrage, sondern durch administrative Regeln, z. B. nach Seniorität und Berufsposition, und weniger nach individueller Leistung. Da sich auf diesen Arbeitsmärkten Ausbildungsinvestitionen nur für Arbeitskräfte lohnen, bei denen mit Sicherheit die Erträge im Laufe des Berufslebens dem Betrieb wieder zufließen, stellen insbesondere junge Frauen mit eventuellen Unterbrechungsphasen ein hohes Risiko für den Betrieb dar. Daher kommen diese Frauen eher selten für betriebliche Ausbildungsinvestitionen und Anfangspositionen einer Karriereleiter in Frage. In bestimmten attraktiven Berufsgruppen haben Frauen daher von vornherein einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Männern. Daher entsteht Segregation in diesem Falle schon beim Eintritt in das Beschäftigungssystem; sie verstärkt sich im Laufe des geschlechtsspezifischen Aufstiegsprozesses noch und kommt insbesondere in vertikaler Segregation zum Ausdruck. 3. Interaktionen zwischen Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage a) Theorien mit asymmetrischer Informationsverteilung Arbeitsangebot und -nachfrage sollten nie völlig getrennt voneinander betrachtet werden, da zwischen ihnen Wechselwirkungen bestehen. Aus diesem Grund ist es kaum möglich, nur eine der beiden Theoriegruppen anzuerkennen, da sich beide gegenseitig bedingen und daher eher als komplementär denn als sich gegenseitig ausschließend betrachtet werden sollten.43 Arbeitnehmer richten sich z. B. in ihrem Investitionsverhalten bezüglich Humankapital nach der Nachfrage der Arbeitgeber. Diese hingegen passen ihre Nachfrage dem Angebot an. Wird ein bestimmtes Verhalten der anderen Marktseite antizipiert, so reagiert die jeweilige Marktseite nicht nur auf tatsächliches Verhalten, sondern auch auf erwartetes, was seinerseits wieder Reaktionen auslöst. Ob die Wechselwirkungen auf tatsächliches oder antizipiertes Verhalten zurückzuführen sind, hängt davon ab, ob ein Modell mit vollständiger und symmetrischer Informationsverteilung angenommen wird oder ein Modell, in dem jede Marktseite nur unvollständig über das Verhalten und die Eigenschaften der anderen Marktseite informiert ist. 43 Vgl. z. B. Blau (1984) und England (1992) sowie Kap. A.III.4.c) zu FeedbackEffekten. Gupta (1993) weist empirisch sowohl nach, daß Frauen häufiger typische Frauenberufe wählen, als auch, daß Arbeitgeber Frauen seltener in einigen nicht typisch weiblichen Berufen einsetzen. Sie schlußfolgert, daß sowohl angebotsseitige Präferenzen als auch das Auswahlverhalten der Arbeitsnachfrageseite eine Rolle bei der unterschiedlichen Verteilung der Geschlechter auf Berufe spielen.

II. Theoretische Erklärungsansätze für Segregation

145

Zur Gruppe der Theorien mit asymmetrischer Informationsverteilung gehören, wie schon in Kap. A.III.5. ausgeführt, die statistische Diskriminierung sowie Signaling und Selbstselektion. Allen Theorien ist gemeinsam, daß sie davon ausgehen, daß nicht ohne weiteres allen Marktteilnehmer die Motive und Charakteristika der anderen Marktteilnehmer als kostenlose Informationen zur Verfügung stehen. Es bestehen also auf allen Seiten Unsicherheiten, die Einfluß auf die Unterschiede der Geschlechter am Arbeitsmarkt haben.44 Bei statistischer Diskriminierung zieht der Arbeitgeber aus der Gruppenzugehörigkeit eines Bewerbers, den er individuell nicht einschätzen kann, Rückschlüsse auf deren produktivitätsrelevante Merkmale. Dem Arbeitgeber liegt dabei das Wissen über die durchschnittliche Ausprägung einiger Eigenschaften in der Gruppe vor. Wenn Frauen im Durchschnitt hinsichtlich ihrer Produktivität schlechter bewertet werden oder aufgrund ihrer größeren Heterogenität ein größeres Risiko für den Arbeitgeber bergen, dann wird dieser sich, insbesondere wenn in bestimmten Berufen oder Positionen umfangreiche Humankapitalinvestitionen in den Bewerber zu tätigen sind, im Zweifel eher für einen Mann entscheiden.45 Wenn Frauen dies wiederum antizipieren, werden sie von vornherein nicht solche Stellen und Berufe anstreben, was die „typische Frauenrolle“ im Betrieb und in der Gesellschaft noch weiter festigt. Sowohl das Einstellungsverhalten der Unternehmen als auch die Feedback-Effekte auf das Verhalten der Frauen bieten also die Grundlage für Segregation, insbesondere auch für die vertikale Art. Der Effekt kann sich nur abschwächen, wenn es sich für die Arbeitgeber nicht mehr lohnt, statistische Diskriminierung auszuüben, weil sich die Grundlagen geändert haben: Wenn etwa die Produktivitätsvariabilität unter den Frauen zunimmt, dann kann es sich für die Arbeitgeber lohnen, kostenintensivere Screening-Methoden anzuwenden, um die produktivsten Frauen herauszufiltern. Asymmetrische Informationsverteilung auf der Arbeitsangebotsseite kann ebenfalls zu Segregation führen, wenn die Bewerber keine vollständigen In44 Lundberg/Startz (1997) haben sich in einem Modell mit asymmetrischen Informationen der Persistenz von Segregation zwischen Gruppen unterschiedlicher ethnischer Herkunft gewidmet. Die Herkunft dient dabei Arbeitnehmern und Arbeitgebern als Signal, da beide die Mitglieder ihrer eigenen Gruppe besser einschätzen können und damit einen Informationsvorteil besitzen. Durch diese Segregation und mangelnde Durchmischung wird der Informationsvorteil immer größer und es kommt zur Persistenz. Dieses Modell ist für die Erklärung der Segregation zwischen den Geschlechtern aber nur in sehr geringem Maße nützlich, insbesondere weil das Modell von einer Minoritätengruppe ausgeht, was auf Frauen nicht zutrifft. 45 Vgl. Bielby/Baron (1986), deren empirische Ergebnisse in vielen Unternehmen stark auf statistische Diskriminierung als Ursache für Segregation hinweisen.

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B. Segregation und Berufswahlmechanismen

formationen über den Arbeitgeber und über die Karrieremöglichkeiten in den unterschiedlichen Unternehmen und Berufen besitzen. Auch Arbeitnehmer werden versuchen, die Informationskosten möglichst gering zu halten. Dies kann dadurch geschehen, daß sie nur Berufe wählen oder sich nur in solchen Unternehmen bewerben, die sie schon durch Vorbilder aus dem Kreis der Eltern, Verwandten oder Freunde kennen. Eine andere Art besteht darin, nur solche Berufe zu wählen, in denen schon viele Personen des eigenen Geschlechts beschäftigt sind, da dies beweist, daß dieses Geschlecht einen gewissen Erfolg in dem Beruf zu haben scheint und offensichtlich nicht stark diskriminiert wird, zumindest jedoch weniger als in Berufen, in denen hauptsächlich das andere Geschlecht vertreten ist. Diese Überlegungen machen deutlich, wie wichtig Vorbilder und Mentoren für die Berufswahl sein können. b) Das „weibliche Arbeitsvermögen“ Die Theorie des „weiblichen Arbeitsvermögens“46 in Kombination mit der Anwendung des Babbage-Effektes in diesem Zusammenhang durch Kleber (1988)47 kann Segregation sowohl auf Arbeitnehmer- als auch auf Arbeitgeberseite erklären, da auch hier starke Interaktionen zwischen beiden Seiten angenommen werden. Die geschlechtsspezifischen Motivationen und Interessen der Berufswahl werden zusammengeführt mit den betrieblichen Strategien und Personaleinsatzplanungen. Frauen werden durch die Gesellschaft in bestimmter Weise geprägt, und Betriebe machen sich hiernach diese Besonderheiten der Frauen zunutze, indem sie sie auf solchen Stellen einsetzen, auf denen geschlechtsspezifisches Wissen und Fähigkeiten besonders nützlich sind. Dies wiederum entspricht den Interessen der Frauen, die sich diese Eigenschaften, die sie eigentlich mehr für die Familien und weniger für die Berufsarbeit qualifizieren, im Sozialisationsprozeß erwerben. Frauenberufe sind nach diesem Konzept u. a. solche, in denen sie die bereits gelernten Elemente des weiblichen Arbeitsvermögens, wie die Versorgung, Pflege und Erziehung anderer, anwenden können, was insbesondere im Dienstleistungssektor der Fall ist. In vielen Frauenberufen haben die verwendeten Arbeitsmittel einen engen Bezug zur Hausarbeit, oder es finden sich Parallelen, die an familiäre Beziehungen erinnern. Andere typisch „weibliche“ Berufe sind dadurch gekennzeichnet, daß sie Fingerfertigkeit verlangen, daß das äußere „hübsche“ Erscheinungsbild eine Rolle spielt oder daß Frauen eigentlich eher „geschäftsmäßigen“ Berufen eine persönlichere und menschlichere Note verleihen.48 Nach dieser Theorie läßt sich also geschlechtsspezifische Segregation auf die Nähe der beruflich geforder46 47

Vgl. Beck-Gernsheim (1976), Ostner (1978) sowie Kap. A.IV.2. Vgl. Kleber (1988), S. 180 ff.

II. Theoretische Erklärungsansätze für Segregation

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ten Qualifikation zu den Elementen des weiblichen Arbeitsvermögens zurückführen. Betriebe nutzen dies, indem sie spezielle Frauenberufe herausbilden, was in ihrem eigenen ökonomischen Interesse liegt, da nach dieser Theorie nur Frauen in diesen Berufen besonders effizient sind und deshalb das wichtigste Einstellungskriterium, das Geschlecht, leicht zu identifizieren ist. Diese geschlechtsspezifische Arbeitsteilung auch in Betrieben wird immer wieder reproduziert, weil der Sozialisationsprozeß bei den Frauen selbst und die Einsatzinteressen der Betriebe dafür sorgen, daß sowohl die Frauen selbst sich für typische Frauenberufe entscheiden als auch daß die Betriebe diese Berufswahl unterstützen. Selbst in Berufen, die sowohl von Männern als auch von Frauen gewählt werden, ist eine interne geschlechtsspezifische Arbeitsteilung zu beobachten.49 4. Zusammenfassung: Eigenschaften typischer Frauenberufe Nach den beschriebenen Überlegungen zum Berufswahlverhalten der Arbeitnehmer in Kombination mit der Arbeitsnachfrageseite ergeben sich – theoretisch – für typische Frauenberufe einige Determinanten bzw. Eigenschaften, die im folgenden noch einmal zusammengefaßt werden. Frauenberufe benötigen nach der Humankapitaltheorie weniger betriebsspezifisches Humankapital, da weder Betriebe noch die Frauen selbst einen Anreiz haben, hierin zu investieren, wenn von einem diskontinuierlichen Berufsverlauf der Frauen ausgegangen werden kann. Betriebe investieren nicht in die Qualifikation der Frauen, wenn sie nicht sicher sein können, ob sich diese Investitionen rentieren. Frauen selbst dürften nach dieser Theorie generell Abstand davon nehmen, in Humankapital – sei es betriebs- oder berufsspezifisch oder aber allgemein – zu investieren, wenn sie sich nicht sicher über ihre Zukunft und ihren Erwerbsverlauf sind. Sie werden am ehesten in allgemeines Humankapital investieren und Berufe wählen, die möglichst flexibel einsetzbar sind, denn sie dürften an leichten Berufsein- und -ausstiegen interessiert sein, die jederzeit und überall möglich sind. Da Frauen wegen ihrer – wie auch immer begründeten – Verantwortung für Haushalt und Familie üblicherweise weniger Erfahrung am Arbeitsmarkt aufweisen, werden sie bevorzugt Berufe wählen, in denen Erfahrung keine große Rolle spielt. 48 Vgl. Beck-Gernsheim (1976), S. 136 f. Ostner (1978), S. 211, unterscheidet drei Kriterien: zum einen den „beruflichen Arbeitsgegenstand“, wobei Frauen sich hier, soweit es gehe, auf den Dienstleistungsbereich konzentrierten; als zweites Bestimmungsmoment nennt sie die „Vertrautheit des Arbeitsmittels“, die dann gewährleistet sei, wenn das Arbeitsmittel aus der häuslichen Tätigkeit unmittelbar bekannt sei; das dritte bildet die „Ähnlichkeit der Arbeitsorganisation“, die vorliege, wenn Parallelen zum Mutter-Kind- oder zum Ehefrau-Ehemann-Verhältnis gezogen werden könnten. 49 Vgl. Beck-Gernsheim (1976), S. 78.

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B. Segregation und Berufswahlmechanismen

Außerdem setzen typische Frauenberufe wenig Humankapital voraus, das schnell veraltet, sie sind also tendenziell nicht in innovativen und dynamischen Sektoren anzutreffen, in denen die „depreciation rate“ höher ist. Frauenberufe weisen, zumindest nach der Theorie, relativ hohe Anfangsgehälter auf, die schon früh in der Karriere gezahlt werden. Die Lohnprofile jedoch sind flach und die Durchschnittsgehälter in Frauenberufen niedriger als in Männerberufen. Weil Frauen in Berufen mit weniger Humankapital, insbesondere mit weniger betriebsspezifischem, ausgebildet werden, kann vermutet werden, daß ihre Aufstiegschancen ebenfalls geringer sind. Die Gruppe der hoch qualifizierten Frauen wird vermutlich am ehesten Berufe wählen, bei denen die Qualifikationen vor allem vor dem Berufseinstieg erworben werden, und Berufe meiden, die eine starke und kontinuierliche Weiterbildung während der Berufsausübungsphase erfordern. Wegen ihrer Verantwortung für Kinder und Haushalt werden Frauen Stellen bzw. Berufe mit möglichst hoher zeitlicher Flexibilität bevorzugen. Dies können z. B. Teilzeitstellen, solche mit wenig Überstunden, mit planbaren Arbeitszeiten und mit einer geringen räumlichen Distanz vom Wohnort sein. Falls Betriebe von höheren Absentismusraten der Frauen ausgehen, werden sie ihnen weniger Verantwortung übertragen. Viele Frauenberufe zeichnen sich durch haushaltsnahe, soziale und helfende Aufgaben aus; feinmotorische Fähigkeiten, Einfühlungsvermögen, Freundlichkeit und äußere Attraktivität sind nach der Theorie des „weiblichen Arbeitsvermögens“ Eigenschaften, die Bewerber besonders für Frauenberufe qualifizieren. Während Männer, u. a. in ihrer gesellschaftlich geprägten Eigenschaft als Erstverdiener, großen Wert darauf legen (müssen), in ihrem Beruf ein hohes Einkommen zu erzielen, werden Frauen ihren Beruf möglicherweise eher aus Interesse oder Selbstverwirklichungsgründen wählen. Nach dem traditionellen Rollenbild befinden sich Frauen hier sogar im „Vorteil“, falls das Einkommen des Mannes zur Versorgung der Familie ausreicht, da sie eine größere „Freiheit“ bei der Wahl ihrer Beschäftigung haben. Wenn Frauen sich aus anderen als monetären Gründen für einen Beruf entscheiden, dann muß dies allerdings nicht heißen, daß dies wirklich ihre erste Wahl ist. Möglicherweise ist ihnen nur daran gelegen, irgendeinen Erfolg oder eine Freude an der Arbeit zu haben. Wenn sie antizipieren, aufgrund von Diskriminierung keinen Erfolg in Form von Macht oder Einkommen zu erlangen, so werden sie die Second-best-Alternative des Erfolgs durch Selbstverwirklichung wählen, bei der die Erfolgswahrscheinlichkeit größer ist. Zu den Eigenschaften von Frauenberufen merkt Anker (1997) kritisch an50, daß es zwei Möglichkeiten gebe, warum Frauenberufe so gut den In50 Vgl. Anker (1997), S. 329: „[. . .] the flexibility and low pay associated with many typical ‚female‘ occupations are due, to a large extent, to the fact that these

III. Die Messung von Segregation

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teressen der Frauen entsprechen: Die eine besteht darin, daß Frauenberufe tatsächlich die Eigenschaften bieten, die Frauen sich wünschen, die andere, daß Frauenberufe diese Eigenschaften haben, gerade weil sie von Frauen besetzt und durch sie geprägt sind. Wenn in bezug auf die empirischen Analysen in dieser Arbeit die Variable „Frauen-“ oder „Männerberuf“ erwähnt wird, so ist es wichtig zu beachten, daß – im Gegensatz zur oben dargestellten theoretischen Unterscheidung von Frauen- und Männerberufen – von der empirischen bzw. faktischen Unterscheidung ausgegangen wird. Wie im nächsten Abschnitt beschrieben wird, gibt es verschiedene Ansätze, um diese Unterscheidung anhand der Daten vorzunehmen. Es kann nicht im einzelnen überprüft werden, inwieweit die empirische Abgrenzung mit der theoretischen übereinstimmt, auch weil viele Berufe auf den ersten Blick kaum als typisch weiblich oder männlich geprägt eingestuft werden können. Die empirische Abgrenzung bezieht nicht nur die Art der Tätigkeit ein, sondern auch alle anderen Merkmale eines Berufs, die dazu führen, daß er ein Männer- oder Frauenberuf ist sowie die Kombination und die Gewichtung der Merkmale. So ist es beispielsweise möglich, daß ein Beruf deshalb empirisch gesehen ein Männerberuf ist, weil er auf einer hohen Hierarchiestufe angesiedelt ist, was mit viel Verantwortung, hoher Humankapitalintensität und hoher zeitlicher Belastung einhergeht. Dennoch kann sich dieser Beruf in einem typischen Frauensektor befinden, da es sich beispielsweise um einen Beruf in der Leitungsebene einer großen karitativen Einrichtung handelt. Die empirische Abgrenzung beruht also immer auf mehreren Dimensionen gleichzeitig, wobei Merkmale hinzukommen können, die in der theoretischen Betrachtung gar nicht angesprochen und möglicherweise auch nicht erklärt werden können.

III. Die Messung von Segregation 1. Einteilung der Berufe und Branchen in Frauen- und Männerberufe bzw. -branchen a) Verschiedene Konzepte Die einfachste Darstellung der ungleichen Aufteilung der Geschlechter auf Berufe und Branchen ist mit der Angabe der jeweiligen Geschlechteranteile in den Berufen bzw. Branchen möglich. Mit Hilfe dieser Angaben lassen sich die Berufe und Branchen in typische Männer- und Frauenberufe are ‚female‘ occupations. There is no reason to consider any occupation [. . .] as inherently either more or less flexible.“ [kursiv im Original]

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B. Segregation und Berufswahlmechanismen

bzw. -branchen unterteilen. Hierfür wiederum stehen verschiedene Konzepte zur Verfügung.51 Zunächst ist der Ansatz von Oppenheimer 52 zu nennen, der die Berufe (oder Branchen, die folgenden Ausführungen werden beispielhaft für Berufe vorgenommen) nach ihrem Geschlechteranteil ordnet. Oppenheimer legte fest, daß Berufe mit mehr als 50% Frauen als „disproportionately female“, also frauendominiert, zu bezeichnen sind und solche mit weniger als 20% Frauen als „disproportionately male“ (männerdominiert). Alle Berufe in der Spanne dazwischen können nicht als in irgendeiner Weise dominiert bezeichnet werden, weshalb sie auch „well-represented“ (ausgewogen) genannt werden können. Der Nachteil dieses Ansatzes ist die willkürliche Festlegung der Grenzen, die zwar in den 1960er Jahren, aus denen der Ansatz stammt, angebracht gewesen sein mag, es aber heute nicht mehr sein muß, da die Partizipationsrate von Frauen generell zugenommen hat, so daß die Kategorie „well-represented“ eher weiter in der Mitte der Skala angesiedelt werden müßte. Einen dazu „alternativen Ansatz“53, der die Partizipationsrate mit einbezieht und damit universeller ist, stellt der folgende dar: als frauendominierte Berufe bzw. „Frauenberufe“ werden all diejenigen bezeichnet, bei denen das Frauen-Männer-Verhältnis innerhalb des Berufs größer ist als das Frauen-Männer-Verhältnis am gesamten Arbeitsmarkt54, also Fi /Mi > F/M mit den Berufen i = 1, 2, . . ., n. Da für „Männerberufe“ Fi /Mi < F/M gilt, gibt es demnach keine Mittelkategorie, die als ausgewogen bezeichnet werden könnte. Dies kann als Nachteil für diesen Ansatz angesehen werden, denn sowohl Berufe am Rand als auch in der Mitte der Skala werden als frauen- bzw. männerdominiert bezeichnet, obwohl die Zuordnung der Berufe in der Mitte der Skala nicht unerheblich vom Zufall abhängt, so daß man diesen Bereich als „Unschärfebereich“ bezeichnen kann. Als drittes soll der Marginal-matching-Ansatz 55 vorgestellt werden. Hiernach werden zunächst alle Berufe absteigend nach Fi /Mi geordnet. In einem zweiten Schritt werden dann die Männer- von den Frauenberufen an der Stelle abgegrenzt, an der die Gesamtzahl aller Beschäftigten in Frauenberufen gleich der Gesamtanzahl der weiblichen Beschäftigten ist. Auch dieser 51 Vgl. zu den verschiedenen Konzepten auch Flückiger/Silber (1999), S. 5 ff., zu den unterschiedlichen in der Literatur verwendeten Grenzen vgl. Anker (1998), S. 82 ff. 52 Vgl. Oppenheimer (1969). 53 Die Bezeichnung stammt von Flückiger/Silber (1999), S. 7. 54 Unter Zuhilfenahme der Gewichtungsfaktoren ergibt sich ein Frauen-MännerVerhältnis am Arbeitsmarkt von 0,8475. Es bezieht sich auf hochgerechnete rund 30,58 Mio. Beschäftigte. 55 Vgl. Blackburn et al. (1993).

III. Die Messung von Segregation

151

Ansatz bezieht also den Gesamtanteil der Frauen an allen Beschäftigten in die Berechnung ein, besitzt aber auch einen unscharfen Mittelbereich. Trotz des Unschärfebereichs soll im folgenden nach dem „alternativen Ansatz“ vorgegangen werden, da dieser transparenter ist und gleichzeitig eine willkürliche Festlegung des Mittelbereichs vermeidet. Der Nachteil hierbei kann allerdings darin bestehen, daß aufgrund des Unschärfebereichs bei der Einteilung der Berufe der Panelteilnehmer in Männer- und Frauenberufe ebenfalls Unschärfen bei der Schätzung der ökonometrischen Modelle auftreten können, in die die Berufswahlvariable als erklärende Variable aufgenommen werden wird. Dies kann sich dann ggf. in den Signifikanzniveaus niederschlagen. Für die Analyse in Kap. IV.6., bei der für die Variable „Berufswahl“ eine möglichst trennscharfe Abgrenzung benötigt wird56, weil sie die abhängige Variable darstellt, wird allerdings eine leichte Abwandlung dieses Ansatzes vorgenommen, der dazu führt, daß einige nicht signifikante Männer- oder Frauenberufe der mittleren Kategorie oder solche Berufe mit sehr kleiner Besetzung als neutrale Berufe eingestuft und Personen mit diesen Berufen daher aus der Analyse ausgeschlossen werden. Zu diesem Zweck wird für jeden Beruf mittels eines t-Tests im homograden Fall getestet, ob sich der Frauen- bzw. Männeranteil (Fi /Ti bzw. Mi /Ti) in der ungewichteten Stichprobe signifikant von dem Frauen- bzw. Männeranteil am gesamten Arbeitsmarkt (ebenfalls ungewichtet mittels der gegebenen Stichprobe berechnet) unterscheidet. Bei nur geringer Abweichung oder bei sehr kleiner Besetzung eines Berufs ergibt sich häufig kein signifikanter Unterschied, so daß diese Berufe nicht als typische Männer- oder Frauenberufe bezeichnet werden können. Diese rund 17% aller Berufstätigen werden der neutralen Gruppe zugeordnet.57 b) Einteilung in Männer- und Frauenberufe bzw. -branchen bei verschiedenen Berufsklassifikationen und Brancheneinteilungen Um beispielhaft die am meisten frauen- bzw. männerdominierten Berufe und Branchen darstellen zu können, muß zunächst geklärt werden, was ge56 In den anderen Analysen und bei den Berufen der Eltern wird keine neutrale Kategorie identifiziert, da auch die einfache Abgrenzung gute Ergebnisse liefert und zudem so keine Fallzahlverminderung stattfinden muß. 57 Zu beachten ist, daß ein großer Unterschied zwischen den „mittleren“ Berufen und den Berufen mit sehr kleiner Besetzung (z. B. nur ein oder zwei Personen) bestehen kann. Letztere können durchaus in der Grundgesamtheit extreme Berufe hinsichtlich des Männer- oder Frauenanteils sein, dies kann aber mittels der Stichprobe nicht geklärt werden, so daß die Hypothese, daß dieser Beruf ein „Extremberuf“ ist, allein aufgrund der kleinen Fallzahl verworfen werden muß. Da es sich hierbei allerdings um relativ seltene Berufe handeln dürfte, treffen auf diese Berufe Erklärungstheorien, die sich auf „typische bekannte Frauenberufe“ beziehen, sowieso nicht zu.

152

B. Segregation und Berufswahlmechanismen Tabelle 16 Einteilung der Berufe nach der Klassifikation des Statistischen Bundesamtes

Klassifikationsebene

Beispiel

6 Berufsbereiche 33 Berufsabschnitte 88 Berufsgruppen

V Dienstleistungsberufe Va Warenkaufleute 67 Groß- und Einzelhandelskaufleute, Ein- und Verkaufsfachleute 671 Groß- und Außenhandelskaufleute 6713 Außenhandelskaufleute

369 Berufsordnungen 2287 Berufsklassen

Quelle: Eigene Darstellung nach Statistisches Bundesamt (1992).

nau unter den Begriffen „Beruf“ und „Branche“ verstanden wird bzw. welche Klassifikationsmöglichkeiten vorhanden sind und verwendet werden. Was die Einteilung nach Berufen betrifft, liegen im SOEP für die meisten erwerbstätigen Personen zwei unterschiedliche Angaben vor. Die erste bezieht sich auf die Angabe des Berufs nach der Klassifikation des Statistischen Bundesamtes 58. Tabelle 16 zeigt, wie die Berufe nach dieser Klassifikation eingeteilt und hierarchisch gegliedert werden. Aufgrund der relativ geringen Größe des SOEP sind längst nicht alle Berufsklassen besetzt, weshalb in den nachfolgenden Untersuchungen auf diese feine Unterteilung verzichtet wird. Statt dessen wird auf die Berufsordnungen (auch 3-Steller genannt) und Berufgruppen (2-Steller) zurückgegriffen.59 Auch von den Berufsordnungen sind nur 347 tatsächlich besetzt, bei den Berufsgruppen allerdings liegen Werte für alle 88 vor. Da im SOEP nur die Berufsklassen ausgewiesen sind, müssen die Berufsordnungen und -gruppen durch Elimination der letzten bzw. der letzten zwei Stellen bestimmt werden. Wie an dem Beispiel nachzuvollziehen ist, „fassen [die Berufsgruppen] die fachlich näher zueinander gehörenden, dem Wesen ihrer Berufsaufgabe und Tätigkeit nach verwandten Berufe zusammen, wobei in 58

Vgl. Statistisches Bundesamt (1992). Jonung (1996), S. 20, stellt fest, daß die Berufe so voneinander abgegrenzt werden sollten, daß zwischen ihnen keine Substitution möglich ist. Dies allerdings ist häufig selbst bei Arbeitskräften desselben Berufs nicht möglich, andererseits kommt es auch vor, daß Arbeitskräfte mit verschiedenen Berufen eine Stelle besetzen können. Die Einteilung hängt somit von verschiedenen Faktoren ab, und es kann nur festgestellt werden, daß die Substituierbarkeit der Berufe bei höherer Aggregation (z. B. von Berufsordnungen zu Berufsgruppen als Variable für den Beruf) immer weiter abnimmt. 59

III. Die Messung von Segregation

153

Tabelle 17 Die zehn am stärksten weiblich bzw. männlich dominierten Berufsordnungen weiblich dominierte Berufsordnungen

männlich dominierte Berufsordnungen

856 Sprechstundenhelfer(innen)

281 Kraftfahrzeug-, Zweiradmechaniker(innen) 441 Maurer, Feuerungs- und Schornsteinbauer(innen) 254 Konstruktionsmechaniker(innen) (Ausrüstungstechnik) und zugehörige Metallbauer(innen) 290 Werkzeugmechaniker(innen), Werkzeugmacher(innen) o. n. F. 268 Zentralheizungs-, Lüftungsbauer und -bauerinnen 540 Maschinenführer(innen), Maschinisten/Maschinistinnen, Maschinenwärter(innen) o. n. A. 274 Industriemechaniker(innen) (Betriebstechnik), Betriebs- und Reparaturschlosser(innen) 802 Berufsfeuerwehr-, Brandschutzfachleute 221 Dreher(innen) 488 Dachdecker(innen)

789 Sekretäre/Sekretärinnen 923 Hauswirtschaftliche Gehilfen/ Gehilfinnen und Helfer/Helferinnen 867 Kinderpfleger(innen) 858 Pharmazeutisch-technische Assistenten/Assistentinnen 514 Glas-, Keram-, Porzellanmaler(innen) 053 Floristen/Floristinnen

358 Textilnäher(innen) a. n. g. 352 Oberbekleidungsnäher(innen) 865 Familienpfleger(innen), Dorfhelfer(innen)

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

den Fertigungsberufen vielfach das verwendete Material als Leitprinzip dient, weil es die Art der Berufstätigkeit entscheidend prägt“.60 Die in den Berufsordnungen zusammengefaßten Berufe „sind nach dem Wesen ihrer Berufsaufgabe und Tätigkeit gleichartig“.61 Die Aufstellung in Tabelle 17 zeigt die zehn jeweils am stärksten weiblich bzw. männlich dominierten Berufsordnungen mit ihren jeweiligen Klassifikationsziffern.62 Unter den Panelteilnehmern ist kein einziger Mann, der 60

Statistisches Bundesamt (1992), S. 13. Statistisches Bundesamt (1992), S. 13. 62 Hier sowie in allen weiteren empirischen Untersuchungen, bei denen die Art des Berufs von Interesse sein wird, bezieht sich die Angabe des Berufs darauf, welche Tätigkeit aktuell ausgeübt wird, und nicht darauf, welcher Beruf erlernt wurde. 61

154

B. Segregation und Berufswahlmechanismen

einer dieser weiblich dominierten Berufsordnungen zugeordnet wird. Für Frauen in den zehn von Männern dominierten Berufsordnungen gilt das gleiche. Daher kann für keine der Berufsordnungen sinnvoll ein FrauenMänner-Verhältnis Fi /Mi hochgerechnet werden, denn alle weiblich dominierten Berufsordnungen würden ein Verhältnis von 00 aufweisen, während alle männlich dominierten ein Frauen-Männer-Verhältnis von 0 hätten, was unrealistisch ist. Bevor auf die Berufsordnungen näher eingegangen wird, sollen noch die zehn am stärksten weiblich bzw. männlich dominierten Berufsgruppen mit ihrem jeweiligen Frauen-Männer-Verhältnis Fi /Mi dargestellt werden (s. Tab. 18). Zumindest für die weiblich dominierten Berufsgruppen läßt sich nun das jeweilige Frauen-Männer-Verhältnis bestimmen, da auf dieser höheren Aggregationsebene eine Hochrechnung möglich ist. Jede der am stärksten weiblich dominierten Berufsgruppen wird also auch von Männern ausgeübt, während in den männlich dominierten Berufsgruppen keine Panelteilnehmerinnen anzutreffen sind. Dies deutet darauf hin, daß die Bandbreite von Berufen, die Frauen ausüben, kleiner ist als die, in denen Männer anzutreffen sind. Die Tabellen machen deutlich, daß sich Männer- und Frauenberufe meist sehr deutlich in ihrer Tätigkeit unterscheiden. Frauen verrichten häufig haushaltsnahe Tätigkeiten, haben soziale Berufe oder solche, in denen sie von ihren besser ausgeprägten feinmotorischen Fähigkeiten profitieren können. Außerdem arbeiten sie häufig in Berufen, die eine helfende oder assistierende Funktion haben. Dies erkennt man auch daran, daß sich die jeweils ersten Ziffern der Berufsordnungen und -gruppen, die auf die Berufsbereiche und -abschnitte63 hindeuten, stark unterscheiden: Männer weisen häufig als erste Ziffer eine 0, 1, 2, 4 oder 5 auf, d. h. sie dominieren viele landwirtschaftliche, Bergbau- und Fertigungsberufe, wohingegen Frauen häufig als erste Ziffer eine 3, 5 oder 6 bis 9 aufweisen, also einige Fertigungsberufe sowie technische und Dienstleistungsberufe dominieren. Hieran erkennt man allerdings auch, daß vor allem der gesamte Berufsbereich II Es wird darauf verzichtet, nur solche Personen zu betrachten, die noch in ihrem erlernten Beruf tätig sind, da zum einen eine große Anzahl von Fällen verlorenginge und zum anderen argumentiert werden kann, daß mit der aktuellen Tätigkeit die langfristige, „gleichgewichtige“, Berufswahl widergespiegelt wird, während die anfängliche Berufswahl auch Fälle mit unausgereiften und später revidierten Berufsentscheidungen beinhaltet. Vgl. Kap. B., Fn. 146. 63 Die Einteilung in Berufsbereiche ist folgende: I Berufe in der Land-, Tier-, Forstwirtschaft und im Gartenbau: Berufsgruppen 1 bis 6; II Bergleute, Mineralgewinner: Berufsgruppen 7 und 8; III Fertigungsberufe: Berufsgruppen 10 bis 55; IV Technische Berufe: Berufsgruppen 60 bis 65; V Dienstleistungsberufe: Berufsgruppen 66 bis 93; VI Sonstige Arbeitskräfte: Berufsgruppen 97 bis 99. Zur Einteilung in Berufsabschnitte siehe Statistisches Bundesamt (1992), S. 20 ff.

III. Die Messung von Segregation

155

Tabelle 18 Die zehn am stärksten weiblich bzw. männlich dominierten Berufsgruppen mit ihrem jeweiligen Frauen-Männer-Verhältnis Fi /Mi weiblich dominierte Berufsgruppen

Fi /Mi

männlich dominierte Berufsgruppen

Fi /Mi

92 Haus- und ernährungswirtschaftliche Berufe

30,80

28 Fahr-, Flugzeugbau- und -wartungsberufe

0

35 Berufe in der Textilverarbeitung

12,09

44 Hochbauberufe

0

90 Berufe in der Körperpflege

7,43

54 Maschinen-, Anlagenführer und -führerinnen, a. n. g.

0

86 Soziale Berufe

6,96

06 Forst-, Jagdberufe

0

13 Berufe in der Glasherstellung und -bearbeitung

6,00

46 Tiefbauberufe

0

85 Übrige Gesundheitsberufe

5,70

19 Berufe in der Hütten- und Halbzeugindustrie

0

97 Mithelfende Familienangehörige außerhalb der Landwirtschaft, a. n. g.

5,07

07 Bergleute

0

66 Verkaufspersonal

4,76

55 Maschineneinrichter(innen), a. n. g.

0

93 Reinigungs- und Entsorgungs- 3,77 berufe

20 Gießereiberufe

0

34 Berufe in der Textilherstellung

03 Verwaltungs-, Beratungsund technische Fachkräfte in der Land- und Tierwirtschaft

0

3,19

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

der Fertigungsberufe keineswegs eindeutig weiblich oder männlich dominiert sein muß, da es hier sowohl Frauen- als auch Männerberufe gibt: Frauen überwiegen beispielsweise im Berufsabschnitt der Textil- und Bekleidungsberufe (Berufsgruppen 33–36), Männer wiederum sind z. B. im Berufsabschnitt der Metall-, Maschinenbau- und verwandte Berufe (Berufsgruppen 25–30) in der Überzahl. Dies läßt die Schlußfolgerung zu, daß es durchaus sehr stark frauendominierte Berufe innerhalb einer männerdominierten darüberstehenden Hierarchiestufe geben kann. Auf dieses Aggregationsphänomen wird in Kap. 2.e) näher eingegangen. Neben der Berufsklassifikation nach dem Statistischen Bundesamt liegen für die Erwerbstätigen des SOEP auch die Angaben nach der Methode

156

B. Segregation und Berufswahlmechanismen Tabelle 19 Klassifikation nach ISCO-88 Klassifikationsebene 10 Berufshauptgruppen 28 Berufsgruppen 116 Berufsuntergruppen 390 Berufsgattungen Quelle: Elias/Birch (1993).

ISCO-88 vor. Diese International Standard Classification of the Occupations gilt EG-weit und wurde 1988 eingeführt.64 Sie unterscheidet sich von der Klassifikation des Statistischen Bundesamtes dadurch, daß sie zusätzlich zur Ähnlichkeit der ausgeübten Tätigkeit den Grad der Komplexität der Aufgaben und der Eigenverantwortung einbezieht, so daß damit auch die für die Ausübung des Berufs nötige Ausbildung bzw. die hierarchische Stellung von Beschäftigten in diesem Beruf berücksichtigt wird. Tabelle 19 zeigt, wie die Klassifikation vorgenommen wird; jede Klassifikation unterteilt dabei die nächsthöhere. Um zu veranschaulichen, inwieweit diese Klassifikationsart Tätigkeiten, Komplexität und hierarchische Stellung gleichzeitig berücksichtigt, werden in Tabelle 20 die zehn Berufshauptgruppen aufgeführt. Für die Erwerbspersonen im SOEP liegen die Angaben zu den Berufsgattungen vor; hiervon sind allerdings nur knapp 300 tatsächlich mit Panelteilnehmern besetzt. Die Anzahl auf dieser Ebene ist also vergleichbar mit der der Berufsordnungen. In Tabelle 21 sind die zehn am deutlichsten weiblich bzw. männlich dominierten Berufsgattungen aufgelistet, wobei wieder auf die Angabe der jeweiligen Frauen-Männer-Verhältnisse verzichtet wird, da keine dieser Berufsgattungen von Panelteilnehmern des jeweils anderen Geschlechts besetzt ist. Die Ergebnisse ähneln denen nach der Klassifikation des Statistischen Bundesamtes sehr, da sich beide Konzepte zu einem großen Teil überlappen. Auch hier wird deutlich, wie stark sich Frauen- und Männerberufe inhaltlich unterscheiden. Da diese Art der Klassifikation auch die vertikale Ebene berücksichtigt, wird sich die Ableitung der Variable für die Berufswahl in den später zu schätzenden ökonometrischen Modellen auf die Einteilung nach ISCO-88 und nicht auf die Einteilung des Statistischen Bundesamtes stützen. 64

Vgl. Elias/Birch (1993).

III. Die Messung von Segregation

157

Tabelle 20 Berufshauptgruppen nach ISCO-88 Berufshauptgruppen 1 Angehörige gesetzgebender Körperschaften, leitende Verwaltungsbedienstete und Führungskräfte in der Privatwirtschaft 2 Wissenschaftler 3 Techniker und gleichrangige nichttechnische Berufe 4 Bürokräfte, kaufmännische Angestellte 5 Dienstleistungsberufe, Verkäufer in Geschäften und auf Märkten 6 Fachkräfte in der Landwirtschaft und Fischerei 7 Handwerks- und verwandte Berufe 8 Anlagen- und Maschinenbediener sowie Montierer 9 Hilfsarbeitskräfte 0 Soldaten Quelle: Elias/Birch (1993).

Zuletzt soll in Ergänzung zu den Berufen noch eine Einteilung nach Branchen vorgenommen werden. Auch hier wird analysiert, welche Branchen einen überdurchschnittlich hohen Frauen- bzw. Männeranteil aufweisen. Die Brancheneinteilung im SOEP erfolgt nach der für Deutschland geltenden Norm WZ 93, die auf dem für die EG einheitlichen System NACE (National Classification of Economic Activities) basiert.65 Im SOEP finden sich Teilnehmer tatsächlich nur in 62 verschiedenen Branchenabteilungen, wobei die Verteilungsstruktur sehr unterschiedlich ist. Bei dieser Unterteilung kommt es nicht auf die Tätigkeit der Erwerbstätigen an, sondern es geht nur um die Branche, in der das jeweilige Unternehmen, in dem sie tätig sind, angesiedelt ist. Tabelle 22 zeigt die am stärksten weiblich bzw. männlich dominierten Branchen. Auch hier wird wieder das Frauen-Männer-Verhältnis Fi /Mi angegeben. Die Charakterisierung der Branchen als frauen- oder männerdominiert läßt in weiten Teilen Rückschlüsse zu auf die zuvor erörterte Charakterisierung der Berufe, zumal viele Berufe sehr branchenspezifisch sind. Auch hier wird wieder der hohe Anteil von Frauen bei unterschiedlichen Dienstleistungen sowie im Handel und einigen Teilen des verarbeitenden Gewerbes deutlich, während Männer z. B. im primären Sektor und im produzierenden Gewerbe anzutreffen sind. Auch bei den Branchen lassen sich wieder 65

Statistisches Bundesamt (1995).

158

B. Segregation und Berufswahlmechanismen

Tabelle 21 Die zehn am stärksten weiblich bzw. männlich dominierten Berufsgattungen nach ISCO-88 weiblich dominierte Berufsgattungen

männlich dominierte Berufsgattungen

4115 Sekretärinnen

7231 Kraftfahrzeugmechaniker und -schlosser

9131 Haushaltshilfen und Reinigungspersonal in Privathaushalten

7214 Baumetallverformer und Metallbaumonteure

4222 Empfangsbürokräfte und Auskunftspersonal

7122 Maurer, Bausteinmetzen

3228 Pharmazeutische Assistenten

3113 Elektrotechniker

5111 Reisebegleiter und Stewards

7132 Fußboden- und Fliesenleger

7324 Glas-, Keram- und verwandte Dekormaler

8332 Führer von Erdbewegungsund verwandten Maschinen

3232 Nicht-wissenschaftliche Hebammen/Geburtshelfer

5161 Feuerwehrleute

5133 Haus- und Familienpfleger

1236 Leiter der EDV

7215 Verspannungsmonteure und Seilspleißer66

7131 Dachdecker

5113 Reiseführer

8333 Kranführer, Aufzugsmaschinisten und Bediener verwandter Hebeeinrichtungen

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

mehr Bereiche ermitteln, in denen Männer – zumindest bezogen auf die Panelteilnehmer – völlig isoliert sind, während in den frauendominierten Bereichen immer auch einige Männer anzutreffen sind. c) Die Lorenzkurve Um die Bandbreite der Geschlechteraufteilung auf die Berufe und Branchen graphisch darzustellen und gleichzeitig zur Segregationsmessung überzuleiten, kann die Lorenzkurve zu Hilfe genommen werden. Dieses Konzept wurde von Lorenz 1905 zur Analyse von Einkommensungleichheiten vorgeschlagen.67 Angewandt auf die Segregationsforschung bezüglich der 66 Dieses überraschende Ergebnis ist auf die äußerst geringe Fallzahl im Panel in dieser Berufsgattung zurückzuführen und ist daher stark vom Zufall abhängig. 67 Vgl. Lorenz (1905).

III. Die Messung von Segregation

159

Tabelle 22 Die zehn am stärksten weiblich bzw. männlich dominierten Branchen nach NACE mit ihrem jeweiligen Frauen-Männer-Verhältnis Fi /Mi weiblich dominierte Branchen

Fi /Mi

männlich dominierte Branchen Fi /Mi

Abwasser- und Müllentsorgung o. ä.

9,93

Baugewerbe

0

Bekleidungsgewerbe

8,52

Holzgewerbe ohne Herstellung von Möbeln

0

Erbringung von sonst. DL

5,93

Maschinenbau

0

Luftfahrt

4,06

Wasserversorgung

0,04

Gesundheits-, Veterinär-, Sozialwesen

3,12

Forstwirtschaft

0,09

Ledergewerbe, Herstellung von Schuhen

2,71

Metallerzeugung und -bearbeitung

0,11

Textil- und Bekleidungsgewerbe 2,26

Bergbau u. Gewinnung v. Steinen, Erden

0,11

Einzelhandel

2,13

Fischerei, Fischzucht

0,13

Gewinnung von Erdöl, Erdgas

1,89

Gewinnung von Steinen und Erden

0,13

Tabakverarbeitung

1,84

Schiffahrt

0,14

68

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

Berufe läßt sich das Vorgehen nach dieser graphischen Darstellungsweise folgendermaßen beschreiben: In einem Quadrat mit der Seitenlänge P 1 werden auf der horizontalen Achse die kumulierten Anteile Cmi ã j  i Mj =M der männlichen Arbeitskräfte in den einzelnen Berufen i = 1,P . . ., n und auf der vertikalen Achse die jeweiligen kumulierten Werte Cfi ã j  i Fj =F der weiblichen Arbeitskräfte abgetragen. Dabei werden die Berufe aufsteigend nach Fi /Mi geordnet, was gewährleistet, daß die Segregationskurve, also die Verbindung der Punkte für die einzelnen Berufe mit wachsendem i ansteigt. Diese Kurve wird auch Lorenzkurve genannt und verläuft um so bauchiger, je ungleicher die Aufteilung der Männer und Frauen auf die jeweiligen Berufe ist. Wenn die Aufteilung identisch ist, also keine Segregation vorliegt, ist die Segregationskurve gleich der Diagonalen des Quadrats, die auch Gleichverteilungsgerade genannt wird. Allgemein wird die Fläche zwischen der Gleichverteilungsgerade und der Segregationskurve Konzentrationsflä68 Dieses überraschende Ergebnis unterliegt aufgrund einer kleinen Fallzahl einem Zufallseffekt. Vgl. Kap. B., Fn. 65.

160

B. Segregation und Berufswahlmechanismen Cf i

1,0

,8

,6

,4 K ,2

0,0 0,0

,2

,4

,6

,8

1,0 Cm i

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

Abbildung 17: Segregationskurve nach Berufsordnungen

che (K) genannt.69 Auch diese ist ein Maß für die ungleiche Aufteilung der Männer und Frauen auf die Berufe, denn sie wird um so größer, je bauchiger die Segregationskurve ist. Abbildung 17 und Abbildung 18 zeigen die Segregationskurven für die jeweils kumulierten Anteile der Frauen und Männer für Berufsordnungen und für Branchen, wobei die Konzentrationsflächen und der jeweils maximale vertikale Abstand zwischen der Konzentrationskurve und der Gleichverteilungsgerade gekennzeichnet sind. Die Segregationskurve nach Berufsordnungen weist einen deutlich bauchigeren Verlauf auf als diejenige nach Branchen, was sich auch in der Größe der jeweiligen Konzentrationsfläche niederschlägt. Dies resultiert hauptsächlich aus der höheren Aggregierung im Fall der Branchen, denn es werden hier 62 Branchen 347 Berufsordnungen gegenübergestellt.70 Dies macht eine größere Variabilität bei den Berufsordnungen möglich, was sich in einer höheren Segregation niederschlägt. 69 Eine graphische Darstellung dieser Zusammenhänge findet sich z. B. bei Hauser (1981), S. 42 f. 70 Siehe hierzu auch Kap. B.III.2.e).

III. Die Messung von Segregation Cf i

161

1,0

,8

,6

,4 K ,2

0,0 0,0

,2

,4

,6

,8

1,0 Cm i

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

Abbildung 18: Segregationskurve nach Branchen

Im übernächsten Abschnitt soll darauf eingegangen werden, wie geeignete Kennzahlen für die Messung von Segregation berechnet werden können. Dabei wird sich herausstellen, daß diese in einem engen Zusammenhang mit der Konzentrationsfläche bzw. dem maximalen vertikalen Abstand zwischen Gleichverteilungsgerade und Segregationskurve stehen. Doch zuvor sollen deskriptive Statistiken getrennt für Männer- und Frauenberufe nach dem zuvor abgeleiteten „alternativen Ansatz“ präsentiert und in Verbindung zu den in Kap. II.4. dargestellten theoretischen Eigenschaften von Frauenberufen gebracht werden. d) Empirische Determinanten von Frauen- und Männerberufen Tabelle 23 zeigt, getrennt für Frauen- und Männerberufe, das jeweilige arithmetische Mittel sowie für metrisch skalierte Merkmale die Standardabweichung verschiedener Determinanten dieser Berufsarten. Personen in Frauenberufen verdienen laut Tabelle deutlich weniger als Personen in Männerberufen, der Unterschied beträgt rund 4,40 e. Während sich die potentielle Berufserfahrung nicht stark unterscheidet, weisen Personen in Männerberufen durchschnittlich eine höhere Betriebszugehörigkeits-

162

B. Segregation und Berufswahlmechanismen

Tabelle 23 Deskriptive Statistiken zu Determinanten von Frauen- und Männerberufen Frauenberufe arithm. Mittel bzw. Anteilssatz Mann ln (Bruttolohn/Stunde) Bildungsdauer (in Jahren)a potentielle Berufserfahrung potentielle Berufserfahrung2 /100 Betriebszugehörigkeit Betriebszugehörigkeit2 /100 letzter Notendurchschnittb überqualifizierte Beschäftigungc Tätigkeit im erlernten Beruf Weiterbildung 2001/02d Westdeutschland verheiratete Teilzeitbeschäftigungf geringfügige Beschäftigung Zeitarbeit befristete Beschäftigung Arbeitsweg in kmg Mitglied in Gewerkschaft Mitglied im Berufsverband Mitglied im Betriebsrat Angestellter (Arbeiter) Beamter Selbständig Betriebsgröße: Selbst. o. Mitarb. (Betriebsgröße bis unter 5 Besch.) Betriebsgröße bis unter 20 Besch. Betriebsgröße bis unter 100 Besch. Betriebsgröße bis unter 200 Besch. Betriebsgröße bis unter 2000 Besch. Betriebsgröße ab 2000 Besch. Branche: Baugewerbe Branche: Bergb./Energie/Wasser Branche: Handel Branche: Kredit, Vers., wirt. DL Branche: Land-/Forstw., Fischerei Branche: öff. Verw., Sozialvers.h Branche: verarb. Gewerbe Branche: Verkehr, Nachrichten (Branche: öff. u. priv. DL) N

0,2502 2,7718 13,1692 24,4581 6,9856 12,1548 2,5673 2,5340 0,1597 0,7250 0,1823 0,8089 0,8082 0,3676 0,0423 0,0190 0,0584 12,7980 0,1692 0,1080 0,0489 0,7724 . 0,1335 0,0175 0,0029 . 0,1699 0,2166 0,0926 0,2086 0,2137 0,0124 0,0000 0,1481 0,1306 0,0029 0,0904 0,1072 0,0343 .

Std.Abweichung

0,5129 2,6155 10,0218 4,8580 10,4435 3,5852 0,6573

14,7126

1 371

Männerberufe arithm. Mittel bzw. Anteilssatz 0,7890 3,0228 13,6338 23,8910 6,7163 13,1816 2,9136 2,5693 0,1264 0,6870 0,2162 0,8126 0,8230 0,0671 0,0087 0,0183 0,0567 20,3034 0,2554 0,1552 0,0401 0,5144 . 0,1630 0,0331 0,0078 . 0,1090 0,1848 0,0898 0,2581 0,3025 0,0671 0,0070 0,0628 0,1203 0,0139 0,1639 0,3540 0,0706 .

Std.Abweichung

0,5219 2,9145 10,0465 4,8557 10,8494 3,9495 0,7287

26,8724

1 147

III. Die Messung von Segregation

163

Tabelle 23 (Fortsetzung) a

berechnet als Alter – Bildungszeit – 6 arithmetisches Mittel der Noten des schulischen Abschlußzeugnisses in den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache c Überqualifizierte Beschäftigung des Typs A oder B. Vgl. Kap. A.V.2.d)cc) d Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen mit Ziel „Qualifizierung für den beruflichen Aufstieg“ oder „Anpassung an neue Anforderungen in meiner bisherigen Tätigkeit“ im Zeitraum 2001 bis 2002 e einschließlich mit Partner zusammenlebend, ohne getrenntlebende Verheiratete f unter 30 Std./Woche g einfache Entfernung Wohnung – regelmäßige Arbeitsstätte h einschließlich exterritorialer Organisationen Jeweilige Referenzkategorien stehen in Klammern. Berücksichtigt sind alle Personen des SOEP von 16 bis unter 65 Jahren, für die alle Variablen vorliegen bzw. berechnet werden können. b

Quelle: Eigene Auswertung des SOEP (2003).

dauer sowie eine längere Bildungsdauer auf. Die höhere Standardabweichung dieser Variable deutet darauf hin, daß es sowohl Männerberufe mit relativ geringen Bildungsvoraussetzungen als auch solche gibt, die eine hohe Qualifikation erfordern, während Frauenberufe hier insgesamt homogener sind. Diese Annahme wird auch dadurch gestützt, daß, bei ähnlichem Mittelwert, die Standardabweichung des Notendurchschnitts bei Personen in Männerberufen ebenfalls deutlich höher ist als bei Personen mit Frauenberufen. Der höhere Anteil bei Personen in Frauenberufen, die überqualifiziert sind, und bei Personen in Männerberufen, die nicht in ihrem erlernten Beruf tätig sind, bestätigt die in Kap. II.4. aufgestellte Vermutung hinsichtlich der verschiedenen Arten von qualifikatorischem Mismatch. Personen in Frauenberufen sind deutlich häufiger in Teilzeit oder geringfügig beschäftigt als Personen in Männerberufen, was darauf hindeutet, daß diese Berufe entweder generell besser mit diesen Erwerbsformen vereinbar sind, oder aber, daß sie zum überwiegenden Teil von Frauen ausgeübt werden, die häufig eine verkürzte Arbeitszeit wählen. Interessant ist auch die Beobachtung, daß Personen in Männerberufen durchschnittlich einen deutlich längeren Arbeitsweg in Kauf nehmen. Dies kann zum einen darin begründet liegen, daß die Auswahl eines passenden Arbeitsplatzes sich bei höherer Qualifikation schwieriger gestaltet. Zum anderen kann aber auch die höhere Teilzeitquote in Frauenberufen dafür verantwortlich sein, da sich weite Anfahrten bei Teilzeitarbeitsplätzen seltener lohnen. Zur Betriebsgröße ist zu bemerken, daß Kleinbetriebe häufiger Arbeitsplätze mit Frauenberufen anbieten, während in Großbetrieben solche für Männerberufe überwiegen. Typische Branchen für Frauenberufe sind der Handel sowie öffentliche und private Dienstleistungen, während Männerberufe z. B. eher im Bau- und im verarbeitenden Gewerbe, in der öffentlichen

164

B. Segregation und Berufswahlmechanismen

Verwaltung und den Sozialversicherungen sowie im Bereich Verkehr und Nachrichten anzutreffen sind.

2. Segregationsindizes a) Segregationsindizes als relative Dispersionsmaße Zur ungleichen Aufteilung der Geschlechter auf die Berufe bzw. Branchen lassen sich neben der Lorenz- bzw. Segregationskurve als graphische Darstellungen auch Indexzahlen berechnen und mit der Lorenzkurve in Verbindung bringen. Im folgenden sollen die Herleitung und Interpretation zweier Maße, des Dissimilationsindexes und des Gini-Segregationsindexes, beschrieben werden. Zunächst soll für diesen Zweck erklärt werden, inwiefern Segregationsindizes auch als relative Streuungsmaße verstanden werden können. Das Frauen-Männer-Verhältnis F/M, das für die gewichteten Paneldaten 0,8475 beträgt, kann auch als gewichtetes arithmetisches Mittel m für das durchschnittliche Frauen-Männer-Verhältnis in allen Berufen aufgefaßt werden, denn F/M ergibt sich mit Mi /M als Gewichtungsfaktor für Fi /Mi auch als n X F ã M iã1

È1ê



Mi M

   Fi  Mi

Als absolutes Streuungsmaß für diese Verteilung bietet sich dann die Standardabweichung an:

È2ê

1 "     # 1 "    2 # 2 2 2 n  X Fi F Mi Fi F sã E ã   M M Mi M Mi iã1

Alternativ dazu kann die lineare Streuung (mean deviation) als     n  X Mi  Fi F  DM ã  M  M  M

È3ê

iã1

i

oder die durchschnittliche Differenz (mean difference) als È4ê



     n X n  X Mi Mj  Fi Fj    M M M M  iã1 jã1

i

j

III. Die Messung von Segregation

165

berechnet werden. Obwohl die beiden letzten Maße eher unüblich sind, können sie zur Herleitung der Segregationsindizes herangezogen werden.71 Generell sind absolute Streuungsmaße nicht aussagekräftig, wenn man Verteilungen mit unterschiedlichen Dimensionen bzw. unterschiedlicher Basis vergleichen möchte. Da die Abweichungsbasis bei der Berechnung von Streuungsmaßen das Frauen-Männer-Verhältnis F/M ist, kann man auch hier bei einem Vergleich über die Zeit, zwischen Ländern oder auch bei einem Vergleich von F/M nach Berufen und nach Branchen nicht davon ausgehen, daß die Basis konstant ist.72 Um möglicherweise auftretende Vergleichsprobleme zu umgehen, werden daher häufig relative Streuungsmaße berechnet, die die jeweiligen Dimensionen durch Division durch den Mittelwert m eliminieren. Am bekanntesten dabei ist der Variationskoeffizient (coefficient of variation): È5ê

CV ã

s m

Analog zu dieser Vorgehensweise ergibt sich unter Zuhilfenahme der linearen Streuung als absolutes Streuungsmaß È6ê

ID ã

   1 DM 2 m

wobei ID auch als Dissimilaritätsindex von Duncan und Duncan bekannt ist. Bei Verwendung der durchschnittlichen Differenz ergibt sich der Gini-Segregationsindex: È7ê

GS ã

   1 D 2 m

Auf diese beiden am weitesten verbreiteten Maßzahlen für die Messung von Segregation soll im folgenden detailliert eingegangen werden.

71 Vgl. zur Herleitung der Indizes (auch in den folgenden Kapiteln) Flückiger/ Silber (1999), Kap. 3 und 4. 72 Die Unterschiede bei F/M bei der Betrachtung nach Berufen und Branchen innerhalb eines Landes und zu einem gegebenen Zeitpunkt ergeben sich natürlich nicht daraus, daß dieses Frauen-Männer-Verhältnis für Berufe und Branchen jeweils verschieden ist, denn es sollen ja die gesamten Erwerbstätigen in die Untersuchung mit eingehen. Unterschiede können dennoch auftreten, wenn die Angaben zu Beruf und Branche für einen unterschiedlich großen Anteil der Panelteilnehmer gegeben ist.

166

B. Segregation und Berufswahlmechanismen

b) Der Dissimilaritätsindex von Duncan und Duncan Nach Einsetzen von Formel (3) in Formel (6) folgt nun für den Dissimilaritätsindex È8ê

 "X     #,  n  1 Mi  Fi F  F ID ã  M  M  2 M M i iã1

bzw. durch Umformen È9ê

 ,X    n  1 Fi Mi   ID ã  F  M  2 iã1

Diese Form ist die bekannteste Darstellung des Dissimilaritätsindexes von Duncan und Duncan73, dem bekanntesten Index zur Messung berufsspezifischer Segregation.74 Er kann so interpretiert werden, daß ID den Anteil der Frauen darstellt, der in andere Berufe versetzt werden müßte, damit in allen Berufen das gleiche Frauen-Männer-Verhältnis besteht. Je größer also der Dissimilaritätsindex ist, um so unterschiedlicher ist die Aufteilung von Männern und Frauen auf die gesamte Bandbreite von Berufen. Bei der graphischen Darstellung der Konzentration zeigt sich außerdem, daß die Höhe des Dissimilaritätsindexes identisch ist mit der größten vertikalen Differenz zwischen Segregationskurve und Gleichverteilungsgerade.75 Dies kann auch an den gestrichelten Linien in Abbildung 17 und Abbildung 18 nachvollzogen werden. c) Der Gini-Segregationsindex Ebenso wie der Dissimilaritätsindex läßt sich, wie oben gezeigt, der Segregationsindex von Gini als relatives Streuungsmaß herleiten. Nach Einsetzen von Formel (4) in Formel (7) ergibt sich: È10ê

73

 (X      ),  n X n  1 Mi Mj  Fi Fj  F GS ã  M  M  2 M M M i j iã1 jã1

Vgl. Duncan/Duncan (1955). Anwendungen in bezug auf berufsspezifische Segregation in verschiedenen Ländern und zu verschiedenen Zeiträumen finden sich z. B. bei Falk (2002) für West- und Ostdeutschland, bei Jacobsen (1994), Blau et al. (1998b), Rytina (1981) und Wells (1999) für die USA zwischen 1960 und 2000, bei Melkas/Anker (1997) für Skandinavien und bei Karmel/MacLachlan (1988) für Australien. 75 Vgl. Flückiger/Silber (1999), S. 89–90. 74

III. Die Messung von Segregation

167

Diese Form des Indexes ist als Gini-Segregationsindex bekannt und stellt eine Anwendung des allgemeinen Gini-Konzentrationsindexes76 auf die Fragestellung der berufsspezifischen Segregation dar. Umgeformt ergibt sich: GS ã

È11ê

 X      n X n  1 Mj Fj Mi   Fi   2 iã1 jã1 F M F M 

und weiter mit fi = Fi /F und mi = Mi /M:  X n X n   1  fi mj  fj mi  GS ã 2 iã1 jã1

È12ê

Nach Umbenennung von Fi /Mi in ri kann auch folgende Schreibweise gewählt werden: È13ê

GS ã

n X  X

n X  X   f i mj  fj mi , GS ã fj mi  fi mj

i ã 1 j : ri > rj

i ã 1 j : ri < rj

Dieser Ausdruck ergibt sich, weil ( fimj – fj mi) immer dann positiv ist, wenn fi mj > fj mi bzw. ( fi /mi) > ( fj /mj). Da (fi /mi) > ( fj /mj) , ri > rj, ist ( fi mj – fj mi) immer positiv, falls ri > rj , und negativ, falls ri < rj. Nach dieser Berechnungsmöglichkeit des Indexes werden also alle Berufe absteigend nach ri geordnet, so daß sich nach einigen Umformungen für Formel (13) auch folgende Schreibweise ableiten läßt:77 È14ê

GS ã ½ :::

mi

::: Å G ½ ::: fj

::: Å0

In den beiden Vektoren sind mi bzw. fj absteigend nach ri geordnet, G ist eine n × n-Matrix (die sogenannte G-Matrix), deren Elemente gij 0 sind, falls i = j, sie sind –1, falls j > i und +1, falls i > j.78 Für die Berechnung erweist sich folgendes Vorgehen als gut praktikabel: È15ê

GS ã

n X

Èmi Cfi  fi Cmi ê

iã1

76

Vgl. Gini (1916). Vgl. zur Ableitung Flückiger/Silber (1999), S. 61, mit dort fehlerhafter Vektorschreibweise. 78 Die G-Matrix wurde eingeführt von Berrebi/Silber (1987) und auf die Segregationsforschung angewandt von Silber (1989). 77

168

B. Segregation und Berufswahlmechanismen

Hierbei sind Cfi bzw. Cmi die kumulierten Werte von fi bzw. mi für diejenigen Berufe, deren Frauen-Männer-Verhältnis jeweils größer79 als ri ist, d. h. hier werden die Berufe absteigend nach ri geordnet. Der Gini-Segregationsindex liegt wie der Dissimilaritätsindex zwischen 0 und 1 und kann in Bezug zur Darstellung der Segregationskurve in Abbildung 17 und Abbildung 18 als Anteil der Konzentrationsfläche an der gesamten Fläche unterhalb der Gleichverteilungsgerade verstanden werden. Da die Seitenlängen des Quadrats bei dieser Form der Darstellung 1 betragen, ist der Gini-Segregationsindex identisch mit dem doppelten Wert der Konzentrationsfläche. Dieser Segregationsindex zeigt also den Anteil der vorliegenden Konzentration an der möglichen Maximalkonzentration.80 Die beiden hier beschriebenen Indizes sind nur ein kleiner Teil der in der Segregationsforschung vorgeschlagenen Maße, wenngleich diese beiden zu den wichtigsten und bekanntesten gehören.81 Zudem weisen sie mehr vorteilhafte Eigenschaften82 auf als viele der anderen Indizes, und sie lassen sich sehr gut und anschaulich mit der graphischen Darstellung der Segregationskurve in Verbindung bringen. d) Berechnungen des Dissimilaritäts- und des Segregationsindexes Der Dissimilaritätsindex sowie der Gini-Segregationsindex werden nun nach unterschiedlichen Kriterien für die rund 30,58 Mio. hochgerechneten Erwerbstätigen des SOEP bestimmt.83 Dabei werden nicht nur die schon an79 Bei Flückiger/Silber (1999), S. 62, fehlerhaft mit „smaller than the gender ratio ri “, wenn ri = Fi /Mi definiert wird (S. 61). 80 Vgl. zur Herleitung Flückiger/Silber (1999), S. 90–92. 81 Eine Übersicht über weitere Maße findet sich in Flückiger/Silber (1999), S. 53–71. 82 Vgl. zu diesen Eigenschaften Hutchens (2004) und Flückiger/Silber (1999), S. 77–85. Zu diesen Eigenschaften gehört z. B. die Beschränkung auf das Intervall von 0 bis 1 („lower and upper bound“), das Vergleiche und Einschätzungen der Werte besser möglich macht. Außerdem ändert sich der Wert dieser Indizes nicht, wenn die Perspektive gewechselt und somit in den Formeln F gegen M und umgekehrt ausgetauscht wird („symmetry“). Beide Maße sind unabhängig von der absoluten Höhe der Beschäftigtenzahl („size invariance“), und sie ändern sich nicht, wenn Berufe mit demselben Frauen-Männer-Verhältnis gruppiert werden („occupation equivalence“) oder wenn Beschäftigte eines Berufs i ihre Stelle mit Beschäftigten desselbes Geschlechts des Berufs j tauschen („impartialty with respect to the occupations“). 83 Kritisch anzumerken ist, daß nur solche Personen in die Berechnung eingehen, für die das jeweilige Merkmal überhaupt vorliegt. Würde man die Gruppe der Hausfrauen (und Hausmänner) als zusätzliche homogene Kategorie bei der Berechung der Indizes für die berufliche Segregation hinzunehmen (vgl. Kap. B., Fn. 8), so würde sich der Wert des Indexes stark erhöhen. Dieses Vorgehen wäre vor allem

III. Die Messung von Segregation

169

gesprochenen Einteilungen nach Berufsgruppen, -ordnungen und -gattungen sowie nach Branchen berücksichtigt, sondern auch die sehr feine Einteilung nach der vierstelligen Klassifikation des Statistischen Bundesamts (Berufsklassen) und weitere Kriterien. Es handelt sich dabei um die unterschiedliche Verteilung der Geschlechter auf Schulabschlüsse und den jeweils höchsten Berufsabschluß. Hierfür werden fünf verschiedene Schulabschlüsse sowie acht verschiedene höchste Berufsabschlüsse, jeweils inkl. der Kategorie „kein Abschluß“, allerdings ohne „noch kein Abschluß“ (d. h. in Ausbildung) und „anderer Abschluß“, betrachtet. Ausländische Hochschulabschlüsse sowie Abschlüsse an Ingenieur-, Fach- und Hochschulen in Ostdeutschland wurden wegen mangelnder Vergleichbarkeit außer acht gelassen. Des weiteren wurden Indizes für die unterschiedliche Aufteilung der Geschlechter hinsichtlich der Kriterien „Stellung im Beruf“ (28 Abstufungen) und „Betriebsgröße“ (7 Abstufungen, inkl. Selbständige als einzelne Kategorie) berechnet. Außerdem wurde die unterschiedliche Aufteilung auf Fächer bei denjenigen Männern und Frauen, die in den letzten fünf Jahren eine Berufsausbildung oder eine Hochschulausbildung abgeschlossen haben, betrachtet. Es handelt sich bei den Absolventen einer Berufsausbildung um eine hochgerechnete Fallzahl von knapp 3 Mio. Personen mit 150 verschiedenen Berufen und bei den Absolventen einer Hochschulausbildung um rund 1,5 Mio. Personen mit 47 verschiedenen Fächern.84 Tabelle 24 zeigt die Dissimilaritätsindizes und Gini-Segregationsindizes für die einzelnen Kriterien mit den tatsächlich belegten Kategorien und ihren jeweiligen gewichteten Fallzahlen.85 ID und GS liegen, wie beschrieben, immer zwischen 0 und 1, und der Dissimilaritätsindex ist, bedingt durch die Art der Berechnung, immer kleiner als der Gini-Segregationsindex. Die ersten Ergebnisse zur Segregation nach Berufen zeigen, daß die gemessene Segregation um so größer ausfällt, je feiner die Berufe untergliedeshalb nicht abwegig, weil es sich bei der Haushaltstätigkeit ebenfalls um Arbeit, wenn auch nicht um Erwerbsarbeit, handelt. 84 Diese Zahlen sind aufgrund der Hochrechnung verzerrt, denn zum einem erscheinen die Fallzahlen für fünf Jahrgänge zu groß, zum anderen sind 150 Berufe bzw. 47 Hochschulfächer zu wenig. Dennoch spricht viel für die Annahme, daß eine Gewichtung insgesamt weniger Verzerrung verursacht als eine gleichgewichtete Berücksichtigung jedes einzelnen Falles. Insgesamt ist das SOEP zu klein, um für fünf Jahrgänge exakte Ergebnisse liefern zu können. Deshalb können die Ergebnisse allenfalls eine Tendenz zeigen. Mehr als fünf Jahre wurden nicht ausgewählt, weil eine möglichst aktuelle Abbildung der Ausbildungssegregation nach Fächern gewünscht ist. 85 Sämtliche Ergebnisse ändern sich nur sehr geringfügig, wenn mit ungewichteten Werten gerechnet wird.

170

B. Segregation und Berufswahlmechanismen Tabelle 24 Dissimilaritätsindizes und Gini-Segregationsindizes für verschiedene Kriterien der Segregation

Segregationskriterium

Kategorien

gewichtete Fallzahl

ID

GS

Berufsklassen (4stellig)

1 123

30 577 525

0,6492

0,8263

Berufsordnungen (3stellig) Berufsgruppen (2stellig) Berufsgattungen (ISCO-88) Branche Schulabschluß höchster Berufsabschluß Stellung im Beruf Betriebsgröße Fächer der Berufsabschlüsse der letzten 5 Jahre Fächer der Hochschulabschlüsse der letzten 5 Jahre

347

30 577 525

0,5815

0,7489

88

30 577 525

0,4921

0,6579

296

30 577 525

0,5713

0,7433

62

30 577 525

0,3595

0,4953

5

28 706 061

0,0906

0,1161

8

28 807 759

0,1198

0,1758

28

30 577 525

0,3923

0,5050

7

30 577 525

0,0906

0,1265

150

2 992 889

0,7080

0,8764

47

1 526 653

0,3588

0,5397

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

dert sind.86 Das heißt, daß jede Aggregationsstufe die Segregation der feineren Untergliederungen vernachlässigt. So berücksichtigt z. B. die Segregation nach Berufsgruppen nur die Segregation zwischen den Gruppen, aber nicht innerhalb der Gruppen. Daher fällt auch die Segregation nach Berufsordnungen und Berufsgattungen in etwa gleich aus, denn hier ist die Berufsuntergliederung vergleichbar detailliert. Die Berechnung mit Berufsgattungen bezieht die vertikale Segregation indirekt mit ein87, während sich die Berechnung mit Berufsordnungen stärker auf die horizontale Segregation konzentriert. Auch bei den weiteren Kriterien fällt auf, daß die Höhe der Indizes stark von der Kategorienzahl abhängt. Daher ist die Indexberechnung für Kriterien mit sehr wenigen Kategorien auch eher unüblich. 86

Vgl. dazu auch Preston (1999), S. 613. Vgl. Blackburn et al. (2001), die eine Aufspaltung der gemessenen Gesamtsegregation in eine horizontale und eine vertikale Komponente vorschlagen, auf die hier jedoch verzichtet wird. Für die Messung der vertikalen Komponente wird jedem Beruf das Einkommen, das Beschäftigten in diesem Beruf durchschnittlich gezahlt wird, zugeordnet, so daß diejenige Komponente der Segregation isoliert werden kann, die für Einkommensunterschiede verantwortlich ist. 87

III. Die Messung von Segregation

171

Sie sind hier trotzdem der Vollständigkeit halber dargestellt. So kann etwa gezeigt werden, daß eine erhebliche Segregation hinsichtlich der Stellung im Beruf herrscht, die – gerade auch, wenn man die Anzahl der Kategorien mit berücksichtigt – größer ist als die Segregation nach Betriebsgröße. Überraschenderweise ist die Segregation nach Schul- und Berufsabschlüssen nicht besonders groß, was unterstreicht, daß die Bildungschancen der Frauen in Deutschland nicht erheblich von denen der Männer abweichen können, wie auch schon in Kap. A.V.2.d)aa) gezeigt werden konnte. Die Unterschiede liegen hier weniger im Bildungsniveau, als vielmehr in den Ausbildungsfächern:88 Die Segregation bei den Berufsabschlüssen der letzten fünf Jahre ist trotz relativ geringer Untergliederung erheblich, was darauf hindeutet, daß Frauen und Männer sich auch in Zukunft nicht gleichmäßig auf die Berufe aufteilen werden. Bei den Fächern der Hochschulabsolventen ist die Segregation etwas geringer, was aber auch auf die Kategorienanzahl zurückgeführt werden könnte. Die Ergebnisse dieser letzten beiden Untersuchungen dürften aufgrund der geringen ungewichteten Fallzahl einen hohen Zufallsanteil haben, dennoch sind sie aber aussagekräftig genug, um zu zeigen, daß Männer und Frauen ein immer noch deutlich unterschiedliches Berufswahlverhalten aufweisen. Der Gini-Segregationsindex ist über die Messung der Segregation hinaus auch dafür geeignet, die Gesamtsegregation in unterschiedliche Teilbereiche aufzuspalten. Dabei sollen in dieser Arbeit zwei unterschiedliche Aufspaltungen betrachtet werden: Zum einen soll im nächsten Abschnitt die Segregation aufgespaltet werden in einen Teil, der auf die gröbere Klassifikation der Berufsgruppen, und einen anderen, der auf die feinere Klassifikation der Berufsordnungen innerhalb der Berufsgruppen zurückgeführt werden kann. Zum anderen soll im übernächsten Abschnitt eine zweidimensionale Gesamtsegregation berechnet werden, in die die Aufteilung auf Berufe und Branchen eingeht. e) Dekomposition des Gini-Segregationsindexes nach Berufsgruppen und -ordnungen Im vorangegangenen Abschnitt wurde festgestellt, daß die gemessene Gesamtsegregation bei der Aggregierung der einzelnen Berufsordnungen 88 Zu diesen Ergebnissen kommt auch schon Blossfeld (1987), S. 300 f., der betont, daß „die berufliche Ausbildungswahl auch nach der Bildungsexpansion noch immer die entscheidende Schaltstelle für die Herausbildung von geschlechtsspezifischen Strukturen im Lebenslauf darstellt. Die Frauen und Männer der jeweils jüngeren Kohorten wählen zwar in der Regel nicht mehr dieselben Ausbildungsberufe wie ihre Vorgängerinnen und Vorgänger, aber sie wählen mehr denn je eine Ausbildung für Frauen- bzw. Männerberufe.“

172

B. Segregation und Berufswahlmechanismen

(3stellig) zu Berufsgruppen (2stellig) abnimmt, d. h. daß ein Teil der gemessenen Unterschiede bei der Aufteilung der Männer und Frauen auf die Berufsordnungen bei alleiniger Betrachtung der Gruppen verschwindet. So werden beispielsweise kaufmännische Berufe generell von keinem der beiden Geschlechter besonders dominiert; geht man innerhalb dieses Bereichs allerdings ins Detail, so kann man durchaus eine starke Segregationstendenz feststellen: Beispielsweise ist der Beruf des Sekretärs bzw. der Sekretärin fast ausschließlich weiblich besetzt, während z. B. kaufmännische Berufe im Bereich der Logistik eher männlich besetzt sind. Bei der im folgenden beschriebenen Aufspaltung des Gini-Segregationsindexes nach Berufsordnungen läßt sich also ein Teil der Segregation auf die Unterschiedlichkeit, die schon bei der groben Betrachtung nach Berufsgruppen vorliegt, zurückführen, ein weiterer Teil auf die Segregation innerhalb der einzelnen Berufsgruppen und ein weiterer Teil auf einen Interaktionsterm dieser beiden Teilbereiche. Dies kann folgendermaßen formuliert werden: È16ê

GT ã GB þ CW þ C0

wobei GT (total) für den gesamten Gini-Segregationsindex, also nach Berufsordnungen, steht, GB (between) für den Segregationsindex nach den zweistelligen Berufsgruppen, CW (within) für den Beitrag der Segregation innerhalb der einzelnen Berufsgruppen zur gesamten Segregation und C0 für einen Interaktionsterm zwischen diesen beiden Einflüssen.89 Für die Berufsgruppen i = 1, . . ., I und die Berufsordnungen h = 1, . . ., ni innerhalb der Berufsgruppen i können GT und GB dann analog zu Formel (14) formuliert werden als È17ê

 Mih GT ã ::: M

  Fih ::: G ::: F

:::

0

È18ê

 Mi: GB ã ::: M

  Fi: ::: G ::: F

:::

0

CW stellt das gewichtete arithmetische Mittel aus den einzelnen Segregationsindizes nach Berufsordnungen innerhalb jeder Berufsgruppe dar und ergibt sich somit als È19ê

  I  X Fi: Mi: CW ã Gi F M iã1

89 Vgl. zu dem beschriebenen Vorgehen bei der Aufspaltung Flückiger/Silber (1999), S. 109–111.

III. Die Messung von Segregation

173

Tabelle 25 Dekomposition nach Berufsordnungen und -gruppen GT (= GS der Berufsordnungen)

0,7489

GB (= GS der Berufsgruppen)

0,6579

CW

0,0097

C0

0,0813

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

mit 

È20ê

Mih Gi ã ::: Mi





Fih ::: G ::: Fi

0 :::

Um die Formeln (17), (18) und (19) anwenden zu können, müssen die jeweiligen Vektorelemente wieder absteigend nach Fih /Mih bzw. Fi. /Mi. geordnet werden. C0 aus Formel (16) ergibt sich dann als Residualterm, der folgendermaßen interpretiert werden kann: Er stellt die Differenz zwischen einer absteigenden Ordnung aller Berufsordnungen nach Fih /Mih und einer Ordnung zunächst nach Berufsgruppen und innerhalb dieser nach Berufsordnungen dar. Diese Differenz ist um so größer, je mehr sich die Berufsordnungen innerhalb jeder einzelnen Gruppe unterscheiden und je mehr somit die Reihenfolge von CW in Kombination mit GB von der Reihenfolge des gesamten Terms GT abweicht. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn in mehreren männlich dominierten Berufsgruppen auch jeweils einige weiblich dominierte Berufsordnungen anzutreffen sind. Auf die Erwerbstätigen des SOEP angewandt, ergibt sich die in Tabelle 25 aufgeführte Dekomposition. Die Ergebnisse zeigen, daß der größte Teil der vorhandenen Segregation bereits im Gini-Segregationsindex nach Berufsgruppen enthalten ist und daß CW , also die Segregation innerhalb der einzelnen Berufsgruppen, nicht besonders groß ist. Die für jede einzelne Berufsgruppe ausgerechneten internen Segregationen, die dann gewichtet zu CW zusammengefaßt werden, weisen allerdings eine große Streubreite auf. Am bemerkenswertesten ist, daß C0 größer ist als CW.90 Dies bedeutet, daß die Reihenfolge der einzelnen Berufsordnungen sich um einiges von der Reihenfolge der Berufsordnungen nach vorheriger Ordnung nach Gruppen 90 Flückiger/Silber (1999), S. 116, kommen für die Schweiz zu vergleichbaren Ergebnissen. Auch hier ist C0 deutlich größer als CW.

174

B. Segregation und Berufswahlmechanismen nur Berufsgruppen h (h = 1, ..., ni)

Berufsgruppen i Berufsordnungen h (i = 1, ..., I ) (h = 1, ..., ni) innerhalb der Berufsgruppen i 1

11 21

2

12 22

3

13 23 33

. . .

. . .

↓ GB

↓ CW

11 12 21 13 22 23 33 . . .

↓ C0

↓ GT

Quelle: Eigene Darstellung.

Abbildung 19: Stilisierte Darstellung des Zusammenhangs zwischen GT, GB, CW und C0

unterscheidet. Dieser Term zeigt, welcher Einfluß zur Gesamtsegregation noch nicht durch die Segregation zwischen und innerhalb der Berufsgruppen abgebildet werden kann. Abbildung 19 soll den Zusammenhang stilisiert verdeutlichen, wobei die Spalten 1 und 4 jeweils absteigend nach dem Frauen-Männer-Verhältnis geordnet sind und die Werte in Spalte 2 innerhalb jeder Berufsgruppe ebenfalls. C0 zeigt den kombinierten Einfluß von Berufsgruppen und -ordnungen, der entsteht, wenn z. B. männerdominierte Berufsordnungen in frauendominierten Berufsgruppen zu finden sind. Betrachtet man die Reihenfolge der Berufsordnungen nach vorheriger Sortierung nach Berufsgruppen gegenüber der reinen Reihenfolge der Berufsordnungen, so sind erstere zu einem gewissen Grad „durcheinandergeraten“, weil ja zunächst nach Berufsgruppen sortiert wurde. Diese Abweichung wird von C0 abgebildet. f) Dekomposition des Gini-Segregationsindexes nach Berufsgruppen und Branchen Die zweite Form der Aufspaltung geht von einer Gesamtsegregation aus, die sowohl Berufsgruppen als auch Branchen umfaßt. Die Gesamtsegregation kann aufgespaltet werden in einen Teil, der nur auf der Segregation

III. Die Messung von Segregation

175

aufgrund einer unterschiedlichen Aufteilung auf die Berufsgruppen beruht, in einen zweiten Teil aufgrund der Segregation zwischen den Branchen sowie in einen Interaktionsterm. Hierbei sind zwei Vorgehensweisen möglich: Entweder wird die Segregation zwischen den Berufsgruppen der Segregation nach Branchen innerhalb der Berufsgruppen, ergänzt durch einen Interaktionsterm, gegenübergestellt, oder aber es wird die Segregation zwischen den Branchen und innerhalb der Branchen nach Berufsgruppen plus Interaktionsterm betrachtet. Beide Vorgehensweisen müssen zum selben Wert für die Gesamtsegregation führen. Diese kann für die Berufsgruppen i und die Branchen j folgendermaßen formuliert werden:91 

È21ê



 Fij ::: G ::: F

Mij GS ã ::: M

0 :::

Demgegenüber lauten die Formeln für die jeweils alleinige Betrachtung nach Berufsgruppen oder Branchen: È22ê

GBerufe S

È23ê

GBranchen S



Mi: ã ::: M  M: j ã ::: M



 Fi: ::: G ::: F  F: j ::: G ::: F

0 :::



0 :::

Auch bei Anwendung dieser drei Formeln müssen alle Vektorelemente absteigend nach Fij /Mij, Fi. /Mi. bzw. F.j /M.j geordnet sein. Der Unterschied zwischen den Formeln (21) und (22) besteht darin, daß die erste die Segregation innerhalb der Berufsgruppen nach Branchen einbezieht, d. h. die Unterschiede in den Fih /Mih (mit den Branchen h = 1, . . ., H) der Branchen innerhalb jeder einzelnen Berufsgruppe. Formel (23) unterscheidet sich von Formel (21), weil erstere die Segregation innerhalb der Branchen nach Berufsgruppen berücksichtigt, d. h. die Ungleichheiten in den Fkj /Mkj (mit den Berufsgruppen k = 1, . . ., K) der Berufsgruppen innerhalb jeder Branche. Formel (21) kann unter Zuhilfenahme von Formel (22) folgendermaßen aufgespaltet werden: È24ê

GS ã GBerufe þ S

X  Mi:  Fi:  i

M

F

GW S; i þ I1

91 Vgl. zur Vorgehensweise Flückiger/Silber (1999), S. 112–114. Eine ähnliche Vorgehensweise, jedoch in bezug auf den Karmel/Maclachlan-Index findet sich bei Watts/MacPhail (2004).

176

B. Segregation und Berufswahlmechanismen

wobei È25ê

 Mij GW ã ::: S; i Mi:

  Fij ::: G ::: Fi:

 :::

Dieser Term wird für jede einzelne Berufsgruppe i berechnet und stellt die Segregation nach Branchen innerhalb jeder Berufsgruppe dar. Für die Gesamtsegregation nach Formel (24) wird hieraus dann ein gewichtetes arithmetisches Mittel berechnet. I1 ist ein Interaktionsterm, der residual ermittelt wird und sich auf die Unterschiedlichkeit der GW S;i in den einzelnen Berufsgruppen bezieht. Analog zu diesem Vorgehen kann auch eine Aufspaltung nach Branchen vorgenommen werden: È26ê

GS ã GBranchen þ S

X  M : j   F: j  GW S; j þ I2 M F j

Der zweite Term auf der rechten Seite von Formel (24) stellt nichts anderes dar als den spezifischen Einfluß der branchenbedingten Segregation auf die Gesamtsegregation, da hierbei der Einfluß der Berufsgruppen konstant gehalten wird. In Formel (26) hingegen stellt der zweite Term den isolierten Einfluß der Berufsgruppen auf die Gesamtsegregation dar. Bei Berechnung von GS nach beiden Formeln können diese beiden Terme miteinander verglichen werden, um so herauszufinden, ob der Einfluß der Segregation nach Berufsgruppen oder derjenigen nach Branchen insgesamt größer ist. Tabelle 26 zeigt die Ergebnisse der Dekomposition nach beiden oben beschriebenen Methoden. Wie auch schon in Kap. d) gesehen, ist die Segregation nach Berufsgruppen trotz vergleichbarer Kategorienanzahl um einiges größer als die Segregation nach Branchen.92 Dies wird hier zum einen und GBranchen deutlich, zum anderen aber auch durch die Werte für GBerufe S S beim Vergleich der beiden jeweils zweiten Terme der Dekompositionsformel. Der Wert für den isolierten Einfluß der Branchen (0,0104) innerhalb der einzelnen Berufsgruppen ist weniger als halb so groß wie der Einfluß der Berufsgruppen (0,0246) auf die Gesamtsegregation. Frauen und Männer verteilen sich also besser auf Branchen als auf Berufsgruppen. Das kann bedeuten, daß Männer und/oder Frauen zwar bestimmte „Berufe des anderen Geschlechts“ meiden, z. B. weil sie ihre Karrierechancen als geringer einstufen, einzelne Branchen werden aber seltener gemieden. Das bedeutet 92 Auch hier kommen Flückiger/Silber (1999), S. 117, für die Schweiz zu ähnlichen Ergebnissen, der zweite Term von Formel (24) ist ebenfalls kleiner als der zweite Term von Formel (26).

III. Die Messung von Segregation

177

Tabelle 26 Dekomposition nach Berufsgruppen und Branchen GS = 0,7702 GBerufe S X Mi: Fi:  i

I1

M

F

0,6579 GW S; i

0,0104 0,1019

GBranchen S X M: j F: j  GW S; j M F j

0,4953

I2

0,2503

0,0246

Quelle: Eigene Berechnung nach Daten des SOEP (2003).

auch, daß vielfach Männer und Frauen nebeneinander, also in der gleichen Branche, aber in sehr unterschiedlichen Berufen tätig sind. Dieses „Nebeneinander“ muß aber nicht notwendigerweise im selben Unternehmen stattfinden, es deutet vielmehr manches darauf hin, daß einige Unternehmen einer bestimmten Branche sich eher auf Frauen (mit entsprechenden Frauenberufen) und andere eher auf Männer spezialisiert haben93, was als Anzeichen z. B. für die Crowding- oder die Segmentationstheorie gesehen werden kann. 3. Abschließende Bemerkungen Das vorangegangene Unterkapitel diente vor allem dazu festzustellen, wie stark der deutsche Arbeitsmarkt berufsspezifisch segregiert ist. Zur Einteilung der Berufe in Männer- und Frauenberufe wurde der „alternative Ansatz“ ausgewählt, nach dem ein Beruf dann ein Frauenberuf ist, wenn das in diesem Beruf vorherrschende Frauen-Männer-Verhältnis größer ist als das Frauen-Männer-Verhältnis auf dem gesamten Arbeitsmarkt. Sowohl die graphische Darstellung der Segregationskurve als auch die Berechnung der damit zusammenhängenden Segregationsindizes lassen den Schluß zu, daß die berufsspezifische Segregation zwischen Männern und Frauen am deut93 Vgl. Hinz/Schübel (2001): Falls Betriebe sich nicht hauptsächlich auf Frauen oder auf Männer als Arbeitnehmer konzentrierten, so liege jedoch innerhalb vieler Unternehmen eine sehr starke Segregation nach Berufen vor, die die berufliche Segregation am Arbeitsmarkt weit übersteige. Unternehmen besetzen also Berufe häufig nur mit Angehörigen jeweils eines Geschlechts, sie weichen mit ihrer Gesamtbelegschaft damit aber nicht notwendigerweise von der Frauen-Männer-Zusammensetzung des Arbeitsmarktes ab. Die Autoren erklären sowohl diese Art der Segregation als auch die zuvor beschriebene Segregation zwischen den Betrieben u. a. mit „sozialer Homophilie“ (S. 298), daß also in geschlechtshomogenen Gruppen weniger Konflikte auftreten.

178

B. Segregation und Berufswahlmechanismen

schen Arbeitsmarkt so hoch ist, daß es zulässig und sinnvoll erscheint, zwischen Frauen- und Männerberufen zu unterscheiden und diese Variable in den weiteren empirischen Analysen zu verwenden. Drei weitere wichtige Erkenntnisse dieses Unterkapitels sind hervorzuheben: Erstens verteilen sich die erwerbstätigen Frauen in Deutschland auf viel weniger Berufe als die erwerbstätigen Männer. Zweitens ist eine um so größere berufsspezifische Segregation festzustellen, je detaillierter die Berufsfelder betrachtet werden, da beispielsweise innerhalb jeder Berufsgruppe noch eine Segregation aufgrund der Wahl verschiedener Berufsordnungen auftreten kann. Drittens ist die berufsspezifische Segregation deutlich höher als die branchenspezifische Segregation.

IV. Der Prozeß der Berufsfindung und die Determinanten für die Wahl eines Männer- oder Frauenberufs 1. Segregation und Berufswahl Zu Beginn dieses Kapitels wurde beschrieben, welche Theorieansätze zur Erklärung von Segregation herangezogen werden können, wobei zwischen arbeitsangebots- und -nachfrageseitigen Theorien sowie solchen, die die Interaktion beider Seiten berücksichtigen, unterschieden werden kann. Nach den Theorieansätzen wurde eine Messung der geschlechtsspezifischen Segregation hinsichtlich der Berufe und Branchen in Deutschland vorgenommen. Hierbei stellte sich heraus, daß der deutsche Arbeitsmarkt hinreichend segregiert ist, um sinnvoll zwischen der Gruppe der Frauen- und der Männerberufe unterscheiden zu können. Zur besseren Abgrenzung kann eine neutrale Gruppe von Berufen unbeachtet bleiben. Bevor die Zugehörigkeit der Individuen zu den Männer- oder Frauenberufen als erklärende Variable in verschiedenen Analysen zu Benachteiligungsindikatoren eingesetzt wird, soll im folgenden die Zugehörigkeit zu den einzelnen Berufsgruppen als abhängige Variable untersucht werden. Dabei soll herausgefunden werden, welche Determinanten bei der Berufswahl junger Menschen eine Rolle spielen, d. h. wovon es abhängt, ob sie sich für einen Frauen- oder einen Männerberuf entscheiden. Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Operationalisierung eines arbeitsnachfrageorientierten Modells wird in dem sich anschließenden Modell nur die Arbeitsangebotsseite betrachtet, wobei besonderer Wert auf die Erklärung gelegt wird, daß die Jugendlichen bei ihrer Berufswahl zusätzlich zu eigenen Überlegungen und Reflexionen einer Fremdselektion durch die Sozialisation unterliegen. Die Antizipation von zukünftigem Verhalten und von der Situation am Arbeitsmarkt durch die Jugendlichen soll dabei weitestgehend ausgeklammert werden und statt dessen

IV. Determinanten für die Wahl eines Männer- oder Frauenberufs

179

vielmehr auf erklärende Variablen aus der Kindheit und der familiären und schulischen Umgebung zurückgegriffen werden.94 Im folgenden sollen zunächst verschiedene Ansätze zur Theorie und zum Prozeß der Berufswahl bzw. zum Berufsfindungsverhalten von Jugendlichen beschrieben werden. Dabei werden einige angebotsseitige Erklärungsansätze für Segregation wieder aufgegriffen. Während es bisher um mögliche Ursachen für Segregation ging, soll nun detaillierter auf den angebotsseitigen Prozeß der Berufswahl auf der individuellen Ebene eingegangen werden, d. h. es soll die Frage untersucht werden, welche Faktoren bei der konkreten Berufsfindung von Jugendlichen eine Rolle spielen. Dafür werden psychologische und soziologische Ansätze zur Erklärung der Berufsfindung kurz beleuchtet und der Einfluß der Geschlechterrollensozialisation auf die geschlechtsspezifische Berufswahl beschrieben, bevor daraus konkrete Hypothesen für das sich anschließende empirische Modell abgeleitet werden. Doch zunächst werden bisherige Forschungsergebnisse zu den Determinanten der geschlechtsspezifischen Berufswahl zusammengefaßt. 2. Bisherige Forschungsergebnisse zum Berufswahlverhalten In der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Literatur sind nur wenige empirische Modelle zu finden, die die Berufswahl in bezug auf Männerund Frauenberufe zu erklären versuchen. Was ökonomische Arbeiten betrifft, so finden sich vor allem Einkommensregressionen, in denen der Männer- bzw. Frauenanteil im jeweiligen Beruf als erklärende Variable aufgenommen wird.95 Bezüglich des Einflusses des Berufs der Eltern auf den Beruf der Kinder ist die Untersuchung von Constant und Zimmermann (2003) zu nennen. Mittels eines multinomialen Logit-Modells wird der Einfluß von 94 Es ist auch fraglich, ob die Antizipation die Berufswahl überhaupt beeinflussen muß oder ob nicht vielmehr beide auch unabhängig voneinander sein können. Dies würde bedeuten, daß die hier ausgewählten Variablen aus der Kindheit und familiären und schulischen Umgebung sowohl die Berufswahl als auch die Art der Antizipation der später eingenommenen Rolle direkt beeinflussen und daß sich daher die Berufswahl nicht erst aus der Antizipation ergeben muß. Eine typische „Mädchenerziehung“ mit Einbindung in Haushaltstätigkeiten kann beispielsweise zum einen bewirken, daß das Mädchen später einen typischen Frauenberuf ergreift, weil es viele der notwendigen Fertigkeiten schon erworben hat. Zum anderen kann diese Erziehung, die häufig nicht erwerbstätige Mütter ihren Töchtern gewähren, dazu führen, daß das Mädchen antizipiert, später ebenso wie die Mutter für eine längere Zeit eine traditionelle Hausfrauenrolle einzunehmen. In diesem Beispiel ist die Berufswahl des Mädchens unabhängig von der Antizipation, beides läßt sich direkt auf die Erziehung zurückführen. Dennoch scheint das antizipierte Rollenbild die Berufswahl zu beeinflussen. 95 Vgl. dazu Kap. D.I.3.c).

180

B. Segregation und Berufswahlmechanismen

Schulbildung, Bildung der Eltern und Berufsgruppe des Vaters auf die Berufswahl der Kinder (zehn verschiedene Kategorien) untersucht. Die Ergebnisse belegen, daß das Geschlecht einen signifikanten Einfluß auf die Berufswahl ausübt und daß besser gebildete Jugendliche Berufe auf höheren Hierarchieebenen wählen. Insbesondere wenn der Vater gut ausgebildet ist, nehmen ihn sich deutsche Jugendliche häufig als Vorbild.96 Blakemore/Low (1984) schätzen ein ähnliches Modell. Sie untersuchen die Abhängigkeit der Berufswahl (5 Kategorien) von Variablen wie „Wichtigkeit des Einkommens“, „Wichtigkeit der Sicherheit des Arbeitsplatzes“, „Familienorientierung“ und „erwartete Kinderanzahl“. Ein Ergebnis dieser Untersuchung lautet, daß familienorientierte Personen und solche, die erwarten, Kinder zu haben, sowie Personen, denen es wichtig ist, immer einen Arbeitsplatz zu haben, vergleichsweise häufig einen lehrenden Beruf anstreben, u. a. weil dieser viel Flexibilität bietet und offensichtlich auch aufgrund seines inhaltlichen Bezugs ausgeübt wird. Auch die Wahl anderer typisch weiblicher Bereiche hängt von der erwarteten Kinderzahl ab. Insgesamt scheinen diese Ergebnisse die Wichtigkeit der „depreciation rate“ aus der Humankapitaltheorie zu bestätigen. Bei Polachek (1978) findet sich eine ähnliche empirische Analyse. Auch hier ergibt sich, daß u. a. das Bildungsniveau der Mutter, die Fähigkeiten und der erwartete spätere Familienstand eine Rolle bei der Wahl eines bestimmten Berufsfeld spielen. Zusätzlich zu diesen und anderen erklärenden Variablen ist aber auch schlicht der Einfluß des Geschlechts signifikant, was der Autor auf Präferenzunterschiede oder „rationale“ Erwartungen bezüglich möglicher Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt zurückführt. Lehrer/Stokes (1985) formulieren ein Modell, in dem sie ebenfalls teilweise Antizipationsvariablen zur Erklärung der Zugehörigkeit von Frauen zur Gruppe der Personen mit Frauen- oder mit integrierten oder Männerberufen heranziehen. Zu den exogenen Variablen gehören dabei die erwartete Familiengröße, ob die Frau annimmt, im Alter von 35 erwerbstätig zu sein, ob die Mutter der Frau in einem Männer- oder Frauenberuf tätig war sowie die Bildung des Vaters und der Mutter und der IQ-Wert der jeweiligen Person. Es stellt sich heraus, daß die Antizipationsvariable „erwartete Familiengröße“ und der IQ-Wert den erwarteten Einfluß auf die Wahrscheinlichkeit für die Wahl eines Frauen- bzw. integrierten oder Männerberufs haben. Die geplante Erwerbstätigkeit sowie die Berufsart und Bildung der Mutter hingegen wirken sich nicht direkt auf die Wahl der Berufsart der Tochter aus. Vielmehr tragen diese Variablen zur Erklärung des Bildungsniveaus des gewählten Berufs der Tochter bei. 96

Vgl. Constant/Zimmermann (2003), S. 15 f.

IV. Determinanten für die Wahl eines Männer- oder Frauenberufs

181

Li et al. (1998) beschäftigen sich zwar in ihrer empirischen Studie über Frauen nicht mit dem Berufswahlverhalten zu Beginn des Berufslebens, wohl aber mit den Determinanten für die Entscheidung, von einem typischen Frauenberuf in einen Männerberuf zu wechseln. Sie finden für die Schweiz heraus, daß die Art der Berufsausbildung einen großen Einfluß auf die Mobilität zwischen den Berufen hat. Der Zusammenhang zwischen Bildungsdauer und Wechselwahrscheinlichkeit hingegen ist nicht linear: Während gut ausgebildete Frauen die Chance haben und nutzen, in einen attraktiven Männerberuf zu wechseln, haben schlechter ausgebildete Frauen oder Frauen mit einer langen Erwerbsunterbrechung häufig keine andere Wahl als in einen einfachen Männerberuf mit relativ schlechten Arbeitsbedingungen und niedriger Bezahlung zu wechseln. In der sozialwissenschaftlichen Literatur, die sich hauptsächlich mit den im nächsten Abschnitt beschriebenen soziologischen Berufswahltheorien beschäftigt, sind zumeist Fallstudien zum Thema Berufswahl zu finden. Fobe und Minx (1996) befassen sich in ihrer Arbeit mit Berufswahlprozessen bei Jugendlichen in Ost- und Westdeutschland und stützen sich im empirischen Teil auf eine qualitative Aufsatzbefragung von 1800 Schulabgängern. Hier wird deutlich, daß Eltern mit höherer Schulbildung ihren Kindern bessere materielle und ideelle Unterstützung in ihrer Schulbildung und geistigen Entwicklung bieten können, was sich u. a. auf die Schulbildungsform der Kinder auswirkt.97 Es wird für die Eltern der Jugendlichen in Westdeutschland eine stärkere geschlechtsspezifische Segmentierung festgestellt als für die ostdeutschen Eltern.98 Die genannten Wunschberufe der Jugendlichen stellen keine Überraschung dar: Auch hier deutet sich starke Segregation an.99 Die Autorinnen ziehen aus den ausgewerteten Aufsätzen der Schulabgängerinnen folgenden Schluß: „Auf die jungen Frauen – und unter den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen ganz besonders auf die ostdeutschen jungen Frauen – wirkt augenscheinlich [. . .] ein besonders hoher ‚Antizipations- und Planungsdruck‘. Sie können sich weniger als ihre männlichen Altersgefährten darauf verlassen, daß sich eine gewisse Erwerbsbiographie zu gegebener Zeit schon irgendwie einstellen 97

Vgl. Fobe/Minx (1996), S. 32. Vgl. Fobe/Minx (1996), S. 37. 99 Vgl. Fobe/Minx (1996), S. 40 f. Zwar wird an erster Stelle für beide Geschlechter „Bank-/Industrie-/Versicherungs-/Büro-/Werbe-/Groß- und Außenhandelskaufleute u. ä.“ genannt (innerhalb dieser Gruppe muß wiederum mit Segregation gerechnet werden), auf den nächsten Plätzen folgen jedoch für männliche Schulabgänger Berufe wie Kfz-Mechaniker, Sicherheits- und Elektroberufe, während Schulabgängerinnen am liebsten künstlerisch (bspw. als Schauspielerin) oder im sozialen Bereich als Krankenschwester oder Arzthelferin tätig sein möchten. Zu den Diskrepanzen zwischen der Häufigkeit der Wunschberufe und der tatsächlich erlernten Berufe vgl. Feller (1996), S. 176–180. 98

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B. Segregation und Berufswahlmechanismen

wird.“100 Als Einflußfaktoren auf die Berufswahl nennen die Autorinnen u. a. die Herkunftsfamilie und das personelle und institutionelle Umfeld der Jugendlichen. Was die Eltern betrifft, so wird überraschenderweise berichtet, daß die Mehrheit der Jugendlichen ihr berufliches Leben im Kontrast zum Leben der Eltern gestalten will. Außerdem äußerten sich Mädchen häufiger als Jungen negativ über ihr Verhältnis zu den Eltern; insbesondere Mädchen in Westdeutschland streben an, anders als die Mutter entscheiden zu wollen. Generell wollen alle Jugendlichen eher der Tradition des Vaters folgen, die Vorbildfunktion der Eltern und die Aufgeschlossenheit der Jugendlichen gegenüber ihren Ratschlägen ist aber bei den Abgängern der verschiedenen Schulformen unterschiedlich, wobei allerdings von allen eher Rat bei der Mutter als beim Vater gesucht wird.101 Als ähnliche, aber ältere Studien aus den 80er Jahren sind zudem die „Bremer Studie“102, eine qualitativ konzipierte Längsschnittstudie über die Entwicklung von Berufsvorstellungen und -entscheidungen im Prozeß der Eingliederung von Hauptschülern in den Arbeits- und Ausbildungsstellenmarkt, sowie die „Münchner Längsschnittstudien“103 zur Problematik des Berufseinstiegs im regionalen Kontext zu nennen. Beide beschäftigen sich u. a. damit, wie Jugendliche ihre (beschränkten) Chancen am Arbeitsmarkt wahrnehmen und ihren Wunschberuf in Einklang mit dem realen Ausbildungsmarkt bringen. Für den ostdeutschen Ausbildungsmarkt seit Mitte der 80er Jahre läßt sich die „Leipziger Längsschnittstudie“104 heranziehen. Neben dem starken Einfluß der sozialen Herkunft und der elterlichen Bildung105 auf die Bildung der Kinder kann festgestellt werden, daß kognitive Fähigkeiten und Schulnoten für bestimmte Bildungswege Selektionscharakter aufweisen. Der positive Einfluß höher gebildeter Eltern wirkt dabei nicht nur direkt auf die stärkere Förderung der Leistungen der Kinder, sondern diese können beim Berufseinstieg auch häufiger von einem größeren Netzwerk der Eltern profitieren.106 Einen Einfluß des Geschlechts wie des besuchten Schultyps auf die Berufswünsche von Jugendlichen stellen Klevenow et al. (1990) fest. Die Untersuchung basiert auf den von Schülern im Schuljahr 1989/90 ausge100 Fobe/Minx (1996), S. 59. Auch Beck-Gernsheim (1976), S. 90, erwähnt die „vageren, unbestimmteren, offeneren“ beruflichen Entscheidungen und Pläne der Mädchen, da Flexibilität immer eine Nebenbedingung ist. 101 Vgl. Fobe/Minx (1996), S. 80–87. 102 Vgl. Heinz et al. (1985). 103 Vgl. Projekt Jugend und Arbeit (1990). 104 Vgl. Höckner (1996). 105 Selbst eine hohe Bildung nur eines Elternteils erhöht schon das Niveau der Schulnoten des Kindes (vgl. Höckner (1996), S. 55). 106 Vgl. Höckner (1996), S. 57 f.

IV. Determinanten für die Wahl eines Männer- oder Frauenberufs

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füllten „STEP-PLUS“-Fragebögen, mit Hilfe derer Schüler ihre Fähigkeiten und Interessen zum Zweck der späteren Berufswahl kennenlernen sollen. Realschüler weisen demnach höhere Kenntnisse über die Breite des Berufsspektrums auf als Hauptschüler, zudem nennen sie anspruchsvollere Berufswünsche.107 Zum Berufsinformationsprozeß vor der Berufswahl ist die ebenfalls schon etwas ältere Studie von Schweikert und Meissner (1984) zu erwähnen, die sich mit Entscheidungskriterien bei den Jugendlichen beschäftigt. Hierzu wurden Befragungen im Berufsinformationszentrum (BIZ) durchgeführt. Als wichtigste Kriterien für die Berufswahl werden von den Jugendlichen „Spaß am Beruf“ und „Eignung“ genannt. Während Mädchen dann der Umgang mit und die Hilfe für Menschen wichtig ist, konzentrieren sich Jungen eher auf Berufe mit Aufstiegschancen und hohem Verdienst.108 Eltern wirken dieser Untersuchung zufolge selten direkt auf die Entscheidung ihrer Kinder ein, stehen aber meist als hilfreiche Gesprächspartner zur Seite. Auch hier wird von einer hohen Korrelation der Bildungsform der Kinder mit der Bildungsform der Eltern berichtet.109 Gymnasiasten weisen offensichtlich ein anderes Informationsverhalten auf als Haupt- und Realschüler, d. h. sie sind unsicherer in ihrer Entscheidung, suchen länger und kommen häufiger allein ins BIZ.110 Stegmann und Kraft (1986), die unterschiedliche Datenquellen darauf untersuchen, welche Chancen und Risiken eine Ausbildung in einem Männerberuf für Mädchen birgt, weisen schließlich u. a. darauf hin, daß Mädchen in Großstädten einer untypischen Berufswahl offensichtlich aufgeschlossener gegenüberstehen und daß sie dort auch eher Unterstützung bei Betrieben finden.111 Schließlich ist noch der Übersichtsartikel von Marini und Brinton (1984) zu nennen, der die Ergebnisse einiger empirischer Studien zum Einfluß der Eltern auf die Berufswahl der Kinder zusammenfaßt. Danach nehmen sich Mädchen ihre Mütter häufiger dann zum Vorbild, wenn diese erwerbstätig sind. Dies wird noch verstärkt, wenn die Mütter eine positive Einstellung zu ihrer Tätigkeit haben. Einige wenige Studien, die jedoch nur eine beschränkte Aussagekraft aufweisen, zeigen, daß die Erwerbstätigkeit der Mutter einen positiven Einfluß auf eine untypische Berufswahl der Tochter hat, andere Studien wiederum widerlegen diesen Zusammenhang. Statt dessen scheint es vielmehr die Art der Tätigkeit der Mutter zu sein, d. h. eine 107 108 109 110 111

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Klevenow et al. (1990), S. 21 ff. Schweikert/Meissner (1984), S. 173. Schweikert/Meissner (1984), S. 188. Schweikert/Meissner (1984), S. 191 ff. Stegmann/Kraft (1986), S. 441 f.

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traditionelle oder nicht traditionelle Berufswahl, die auf die Berufswahl der Tochter einwirkt.112 3. Der Berufsfindungsprozeß Mit Blick auf das berufssuchende Individuum wird üblicherweise zwischen zwei Theorieansätzen113 zur Berufswahl114 unterschieden, die sich allerdings keineswegs ausschließen müssen, sondern vielmehr auch ergänzend zueinander gesehen werden können: Zum einen wird der Prozeß der Berufsfindung aus den Individuen selbst erklärt, indem die Berufswahl als eigene, aktive Entscheidung gesehen wird, zum anderen spielt das gesellschaftliche Umfeld eine große Rolle, indem es den Jugendlichen in ihrer Wahl beeinflußt. Der Begriff Berufswahl kann sich in diesem Zusammenhang einerseits auf die Wahl aus einer Vielzahl von Berufen beziehen, aber auch auf die Wahl zwischen einem Männer- und einem Frauenberuf, was zu dem nachfolgenden empirischen Modell überleiten soll. Zu den Theorieansätzen, die die Entscheidung für einen bestimmten Beruf allein beim Individuum sehen, gehören zunächst die psychologisch orientierten Ansätze der entwicklungstheoretischen115 sowie der persönlichkeitsorientierten116 Richtung. Unter dem ersten Aspekt wird der Prozeß der Berufswahl aus der allgemeinen Persönlichkeitsentwicklung hergeleitet, indem angenommen wird, daß Berufswünsche sich analog zur allgemeinen Entwicklung verändern und den jeweiligen Phasen angepaßt werden. Die persönlichkeitsorientierte Richtung hingegen stellt nicht auf die Entwicklung der Persönlichkeit ab, sondern geht schon von verschiedenen Persönlichkeitstypen aus, die wiederum Einfluß nehmen auf Karriereorientierung und Präferenzen hinsichtlich der Berufswahl. Die Person, die eine Berufswahl treffen muß, strebt nach dieser Theorie eine optimale Zuordnung von Persönlichkeitsstruktur und beruflichen Anforderungen an.117 112

Vgl. Marini/Brinton (1984), S. 210 f. Übersichten zu Berufswahltheorien mit einigen weiteren, hier nicht genannten Ansätzen finden sich z. B. bei Marini/Brinton (1984), S. 193 ff., bei Wahler/Witzel (1996), S. 15 f., sowie bei Körner (2004), S. 63–75. 114 Da die Berufswahl, genauer gesagt, eigentlich eher ein Prozeß ist und nicht ein Vorgang, der zu einem bestimmten Zeitpunkt stattfindet, wird auch häufig von Berufsfindung gesprochen, um den längerdauernden Charakter hervorzuheben (vgl. z. B. Haubrich/Preiß (1996), S. 78). Dennoch müssen natürlich zu bestimmten Zeitpunkten wichtige Wahlentscheidungen getroffen werden, z. B. im Moment der Unterzeichnung eines Ausbildungsvertrags. 115 Vgl. Ginsberg et al. (1951) und Super (1953). 116 Vgl. Holland (1959). 117 Vgl. Körner (2004), S. 64. 113

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Ebenfalls auf der eigenständigen individuellen Entscheidung basiert der entscheidungstheoretische Ansatz.118 Dieser beschäftigt sich mit dem Prozeß der Entscheidungsfindung, der von Abwägungsüberlegungen hinsichtlich der erwarteten Konsequenzen von Entscheidungsalternativen geprägt ist, die wiederum beeinflußt werden können von Kriterien wie Nützlichkeitserwartungen und individuellen Charakteristika der Person. Die Berufswahl wird nach dieser Theorie als rationale Entscheidung angesehen, d. h. als Beurteilung verschiedener Möglichkeiten und bewußte Wahl einer dieser Alternativen. Inwieweit die Rationalität der Entscheidung begrenzt ist, hängt u. a. von Emotionen119 oder vom Bildungsgrad120 ab. Als dritte Richtung innerhalb der individuellen Entscheidungsansätze ist der humankapitaltheoretische zu nennen, der auch schon zur Erklärung der Segregation herangezogen wurde. Hierbei stellt das Individuum KostenNutzen-Überlegungen für verschiedene Berufswahlalternativen an, so daß es nur dann Investitionen in bestimmte Ausbildungsarten unternimmt, wenn sie sich rentieren. Die bisher beschriebenen Theorien können noch nicht erklären, warum Männer und Frauen systematisch unterschiedliche Berufe wählen. Diesen Mangel will die Humankapitaltheorie dadurch ausgleichen, daß unter der Annahme verschiedener Eigenschaften oder Lebensvorstellungen bei Männern und Frauen die Kosten-Nutzen-Abwägungen unterschiedlich angestellt bzw. gewichtet werden. So wurde schon zur Erklärung der Segregation, die sich ja aus unterschiedlichem Berufswahlverhalten ergeben kann, das Konzept der „depreciation rate“121 herangezogen. Mit dem Ziel der Maximierung des Lebenseinkommens wählen Frauen demnach solche Berufe aus, die eine mögliche Familienpause möglichst wenig mit Einkommenseinbußen oder anderen Karrierenachteilen „bestrafen“. Dieser Ansatz kann zwar einen Teil der Segregation erklären, er erklärt aber nicht, warum diese Berufe inhaltlich häufig sehr stark sozial und haushaltsnah geprägt sind.122 Zur Erklärung dieses Phänomens können zum einen unterschiedliche angeborene oder quasi „automatisch“ erlernte Fähigkeiten und Fertigkeiten von Männern und Frauen herangezogen werden123, oder aber man bezieht ein, daß die Berufs118 Vgl. z. B. Lange (1978) und Kaldor/Zytowski (1969). Der Versuch einer empirischen Überprüfung dieser Theorie findet sich bei Schreiber (2005). 119 Vgl. Schreiber (2005), S. 5. 120 Vgl. Körner (2004), S. 65. 121 Vgl. Kap. B.II.1.a). 122 Aus dieser Frage ergibt sich vermutlich auch die mangelnde empirische Evidenz bzw. die sich widersprechenden empirischen Ergebnisse der Humankapitaltheorie zur Erklärung des Berufswahlverhaltens und der Segregation (vgl. Kap. B., Fn. 13). 123 Vgl. Kap. B.II.1.c)

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wahl in der Lebensphase des Erwachsenwerdens stattfindet, in der Mädchen sich selbst mit widersprüchlichen Anforderungen bezüglich ihrer beruflichen und familiären Rolle konfrontieren, denen scheinbar am besten entsprochen werden kann, indem ein „Beruf mit Menschen“ ergriffen wird.124 Neben den soeben dargestellten Theorien zur Erklärung der Berufswahl, die die Rolle des selbst entscheidenden und von außen nahezu unbeeinflußten Individuums betonen, gibt es eine zweite Gruppe von Theorien, die der Sozialisation des Individuums von außen eine gewichtige Rolle zuschreiben und ebenfalls teilweise dazu beitragen können, die speziellen Unterschiede in der Berufswahl von Männern und Frauen zu erklären. Bei der Erklärung der Berufswahl über die sogenannte Geschlechterrollensozialisation125 wird davon ausgegangen, daß Individuen einen Prozeß durchlaufen, in dem sie lernen, welches Verhalten in ihrer kulturellen und gesellschaftlichen Umwelt adäquat für Mitglieder ihres Geschlechts ist. Den Geschlechtern werden also von außen Rollen zugeschrieben.126 Zu diesem zweiten großen Bereich der Berufswahltheorien gehören wiederum verschiedene Untertheorien, die auf das Verhältnis und Wechselspiel zwischen Individuum und Gesellschaft abstellen. Zunächst ist die Theorie des sozialen Lernens127 zu nennen. Hiernach lernen Jungen und Mädchen, meist in ihrer frühen Kindheit, welches Verhalten für sie in welcher Situation angemessen ist, indem sie für „richtiges“ Verhalten belohnt und für „falsches“ bestraft werden. Dies ist selbstverständlich vom sozialen Kontext abhängig und kann einem relativ schnellen Wandel unterworfen sein. Ausgehend von den Überlegungen Piagets zur kognitiven Entwicklung des Kindes128, kann ein Ansatz abgeleitet werden, nach dem Kinder und Jugendliche – im Gegensatz zur vorherigen Theorie – selbst über verschiedene Reifungsstufen hinweg eigene Konzepte über das adäquate Verhalten von Männern und Frauen entwickeln und daher eine wichtige Rolle für ihre eigene Entwicklung spielen. Als Motivation für das Bilden und Befolgen dieser Konzepte, die sie sich selbst durch Beobachtung aneignen, wird der Wille identifiziert, erfolgreich zu sein und sich in seiner Umwelt zu behaupten.129 124 Vgl. zu psychologisch orientierten Ansätzen zur Erklärung des Berufsfindungsprozesses speziell bei jungen Frauen Körner (2004), S. 66–69. 125 Vgl. dazu auch Kap. B.II.1.d). 126 Vgl. Meixner (1996) zum Einfluß geschlechtsspezifischer Rollenmuster auf die Vorstellung vom Traumberuf bei Kindern. 127 Vgl. Reese/Overton (1970). 128 Vgl. Piaget/Inhelder (1972). 129 Vgl. Marini/Brinton (1984), S. 195 f.

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Informationsverarbeitungstheorien130 hingegen gehen davon aus, daß Geschlechterrollen als Schemata dazu dienen, soziale Informationen zu organisieren und zu strukturieren. Schemata dienen generell dazu, Informationen zu filtern, und je femininer bzw. maskuliner eine Person ist, d. h. je stärker eine geschlechtsspezifische Rolle angenommen wird, um so mehr werden Informationen, die die Rolle des anderen Geschlechts betreffen, aus der Fülle an täglichen Informationen aussortiert und ausgeblendet. Dies führt dazu, daß das Individuum sich erst gar nicht fragt, inwieweit eine geschlechtsuntypische Berufswahl überhaupt in Frage kommt, da es kaum Informationen zu Berufen des anderen Geschlechts aufgenommen hat. Freuds Psychoanalytik bildet die Basis für die sogenannten Identifikationstheorien131. Danach wird angenommen, daß bestimmte Verhaltensmuster inkorporiert sind und Männer und Frauen unterschiedlich danach handeln. Hierbei spielt die Identifikation mit dem Elternteil desselben Geschlechts eine wichtige Rolle, was wiederum zur Erklärung der Persistenz unterschiedlicher Persönlichkeitswahrnehmungen der Geschlechter dienen kann. 4. Geschlechterrollensozialisation Nachdem die zuvor beschriebenen Theorien einen Beitrag zur Erklärung des Prozesses und des Einflusses der Sozialisation liefern können, soll nun erklärt werden, wie diese Geschlechterrollen inhaltlich zustandekommen bzw. worin sie bestehen. Die Rollen sind zwar nicht in allen Gesellschaften identisch, es läßt sich aber dennoch nahezu überall eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung feststellen. Nimmt man diese Arbeitsteilung, wonach der Mann für das finanzielle Auskommen der Familie sorgt, während die Frau die Hauptverantwortung für Haushalt und Familie übernimmt, als gegeben oder zumindest als aktuell vorhanden an, dann ergeben sich daraus für Frauen und Männer unterschiedliche Sichtweisen für das Verständnis von Erwerbsarbeit sowie unterschiedliche Implikationen bei der Berufswahl: Frauen versuchen in erster Linie, Erwerbs- und Familienarbeit in Einklang zu bringen, sehen also die Erwerbsarbeit eher als „Job“ und weniger als Karrieremöglichkeit, während Männer eher auf den finanziellen Aspekt und den Status achten.132 Je mehr eine Frau sich mit ihrer traditionellen Familienrolle identifiziert und versucht, diese Rolle auszufüllen, desto hö130 Vgl. Frey/Irle (2002) und speziell in bezug auf Geschlechterstereotypen als Schemata Bem (1981). 131 Vgl. Marini/Brinton (1984), S. 196. 132 Nach Beck-Gernsheim (1976), S. 44 f., ist die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung so tief verfestigt, daß sie selbst dann noch erhalten bleibt, wenn Frauen ebenso wie Männer einer Erwerbsarbeit nachgehen. In diesem Fall spiegelt sich die Rollenverteilung dann in der Berufswahl wider.

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B. Segregation und Berufswahlmechanismen

her ist dann auch die Wahrscheinlichkeit, daß diese Frau auch im Erwerbsleben einen typischen Frauenberuf ausübt.133 Die Berufe, die üblicherweise von typischen „Familienfrauen“ gewählt werden, verlieren gerade dadurch an Status, weshalb sie in der Folge weniger von den statusorientierten Männern gewählt werden. Zum anderen mögen typischen Frauenberufe flexibler sein, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht. Außerdem sind typische „Familienfrauen“ vermutlich traditioneller und rollenbewußter eingestellt, so daß sie daher wohl auch eher einen typischen Frauenberuf wählen. Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen hinsichtlich der beruflichen Orientierung vor der eigentlichen Berufswahl und vor dem Eintritt in den Arbeitsmarkt entstehen bei der Reflexion über das erwartete Rollenverhalten, aufgrund der Erwartungen über die Arbeitsmarktsituation und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie in Verbindung mit dem erworbenen Wissen über einzelne Berufe und deren Einsatz am Arbeitsmarkt. Die Art der Überlegungen selbst kann auch wiederum geschlechtsspezifisch unterschiedlich ausfallen, da Frauen bei ihren Überlegungen vermutlich andere Schwerpunkte setzen als Männer. Die Berufswahl selbst ist dann „mindestens ebensosehr Ausdruck objektiv eingeschränkter Berufschancen wie Ausdruck persönlicher Entscheidungen und Präferenzen“.134 Die Hauptquellen für das Lernen der Geschlechterrollen können gleichzeitig als Determinanten der Berufswahl bezeichnet werden, die somit als Anhaltspunkte für das Aufstellen der Hypothesen im folgenden Abschnitt für das Modell der Wahl zwischen Männer- und Frauenberufen dienen können. Da argumentiert wird, daß die Geschlechterrollen in der Kindheit und Jugend erlernt werden, ist zunächst einmal der Einfluß der Eltern zu nennen, da Eltern als Rollenvorbilder dienen können. Allerdings muß es nicht notwendigerweise so sein, daß Mütter nur Vorbilder für Töchter und Väter nur Vorbilder für Söhne sind, denn gerade in weniger traditionell ausgerichteten Familien ist auch eine Querverbindung denkbar. In eher traditionellen Familien, in denen die Mutter keiner Erwerbsarbeit nachgeht, kann sie nicht nur als Vorbild dienen für die Wahl eines Frauen- oder Männerberufs, sondern sie kann ihrer Tochter auch den extremeren Fall der Hausfrau und Mutter vorleben. Eltern sind allerdings nicht nur Vorbilder, sondern sie können auch die wichtigste Quelle für die unterschiedliche Behandlung von 133

Vgl. Marini/Brinton (1984), S. 198. Kleber (1988), S. 178. Nach ihrer Auffassung findet im Laufe des Berufsfindungsprozesses eine „resignative Aussöhnung“ mit den eingeschränkten Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten statt, d. h. die Mädchen passen ihre Lebensentwürfe den tatsächlichen Möglichkeiten an. Nachträglich würden die getroffenen Entscheidungen nach innen und außen so dargestellt und rekonstruiert, als seien diese Folge eigener Interessen. 134

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Mädchen und Jungen sein. Vielfach haben Eltern auch, je nach Stärke ihrer traditionellen Ausrichtung, unterschiedliche Erwartungen an Mädchen und Jungen. Da der Zeitraum des Berufswahlprozesses häufig deckungsgleich ist mit dem Zeitraum des Loslösens vom Elternhaus, kann sich in der Berufswahl somit u. U. auch das Verhältnis des Jugendlichen zu seinen Eltern während dieser Zeit widerspiegeln. Dies kann bedeuten, daß Jugendliche bewußt dem Vorbild der Eltern folgen oder aber sich davon absetzen wollen. Die Jugendlichen müssen sich dabei auch nicht notwendigerweise an den konkreten Berufen ihrer Eltern orientieren, sondern die Auseinandersetzung mit dem elterlichen Vorbild kann sich auch vielmehr auf die beobachteten Begleiterscheinungen verschiedener Berufsgruppen sowie Arbeitszeitund Lebensmodelle beziehen.135 Eine weitere Quelle für das Erlernen der Geschlechterrolle kann in der Schule liegen. Auch hier können den Kindern unterschiedliche Rollenerwartungen vermittelt werden, z. B. wenn von den Kindern gute Leistungen in geschlechtsspezifisch unterschiedlichen Fächern erwartet oder wenn sie mit unterschiedlichen Schwerpunkten gefördert werden. Hierbei ist auch denkbar, daß der Schultyp eine Rolle spielt. Daneben werden auch durch die Medien Rollenvorbilder vermittelt, oder die Kinder und Jugendlichen haben erste Erfahrungen am Arbeitsmarkt gemacht oder die Lage und das Verhalten der Geschlechter zumindest beobachtet. 5. Ableitung von Hypothesen zum Berufswahlmodell Aus den vorangegangenen Abschnitten sollen nun Hypothesen für das nachfolgende Berufswahlmodell aufgestellt werden. Hierbei soll es um die Determinanten gehen, die eine Rolle bei der Entscheidung, einen Männeroder Frauenberuf zu ergreifen, spielen. Im Modell soll der Schwerpunkt auf Einflußfaktoren aus der Kindheit und Jugend sowie auf Fähigkeiten der Jugendlichen liegen. Aufgrund von Problemen bei der Operationalisierung und wegen nicht vorhandener Daten können keine Variablen zu zukünftigen Erwartungen hinsichtlich Kinderzahl, Familienstand und Heiratsalter verwendet werden, denn die später realisierten Werte können nicht ohne Probleme als Antizipationsvariablen herangezogen werden. Aus diesem Grund werden auch keine Hypothesen zu diesem Thema aufgestellt. Des weiteren können ebenfalls aufgrund von Operationalisierungs- und Datenproblemen keine Variablen zu der antizipierten Arbeitsnachfragesituation verwendet werden. Erwartete Berufs- und Arbeitsmarktchancen zum Zeitpunkt der Be135 Vgl. Haubrich/Preiß (1996), S. 81. Als Begleiterscheinung werden hier die sozialen Folgen für die Familiensituation (Streß, zeitliche Belastung, „Arbeitstrott“) genannt.

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rufswahl müssen demnach ebenso außer acht gelassen werden wie die Möglichkeit, daß Betriebe in bestimmten Berufen nur Männer oder Frauen einstellen. Dennoch liegen einige wichtige Informationen zu den Individuen, zu ihren Fähigkeiten, der Umwelt in der Kindheit, der Ausbildung und dem Beruf der Eltern usw. vor, die die beiden Bereiche des individuellen und soziologischen Einflusses auf die Berufswahl der Jugendlichen abbilden können. Die Ergebnisse der empirischen Analyse sind jedoch mit der Einschränkung zu interpretieren, daß aufgrund fehlender Variablen die Schätzer verzerrt sein können. Zunächst sollen Hypothesen zu den individuellen soziodemographischen Eigenschaften aufgestellt werden. Hier kann vermutet werden, daß das Geschlecht, das Alter sowie die Region (West- oder Ostdeutschland), in der die Person aufgewachsen ist, eine Rolle spielen; die Wirkungsrichtung ist aber keineswegs immer eindeutig. Danach werden Hypothesen zur Schulbildung der Kinder und der Eltern, zum Beruf der Eltern, zu Geschwistern und Tätigkeiten in der Kindheit aufgestellt. Betrachtet man das Geschlecht, so sollte angenommen werden, daß dieses den größten Einfluß auf die Wahl eines Männer- oder eines Frauenberufs hat, da diese Variable ja mittelbar aus der Geschlechtszugehörigkeit bestimmt wird. Obwohl diese konkrete Abhängigkeit nur über die Berechnung zustande kommt, sollte diese Variable unbedingt in das Berufswahlmodell aufgenommen werden, da sonst die wichtigste Variable zur Berufswahl fehlen würde. Hypothese 1.1: Frauen wählen wahrscheinlicher einen Frauenberuf, Männer wählen einen Männerberuf. Die Variable „Alter“ ist nur sehr schwierig einzuordnen, zumal die Aufteilung in Männer- und Frauenberufe auf den aktuellen Zeitpunkt bezogen ist und somit Kohorteneffekte bei der Berufswahl und Verschiebungen in der Berufswahl und in der Zuordnung verschiedener Berufe zur Gruppe der Frauen- oder Männerberufe über die Zeit nicht beachtet werden können. Dennoch kann die Vermutung aufgestellt werden, daß Frauen in früheren Zeiten eher einen Frauenberuf gewählt haben, da die geschlechtsspezifische Sozialisation damals möglicherweise noch stärker war. Hypothese 1.2: Ältere Frauen sind eher in einem Frauenberuf tätig. Die Variable „Alter“ soll jedoch, ebenso wie die Regionszugehörigkeit (West oder Ost), in erster Linie der Kontrolle dienen.136 Letztere Variable bezieht sich nämlich nicht auf die Region, in der die betrachtete Person als

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Kind aufgewachsen ist, sondern auf die Region, in der die Person aktuell wohnt.137 Da zusätzlich die Berufsverteilung in Westdeutschland nicht mit derjenigen in Ostdeutschland übereinstimmen dürfte und die Gruppe der Frauenberufe in Westdeutschland nicht deckungsgleich mit der Gruppe der Frauenberufe in Ostdeutschland ist, kann diese Variable nicht sinnvoll als Einflußfaktor interpretiert werden, zumal nur ein gemeinsames Modell für West- und Ostdeutschland aufgestellt wird. Betrachtet man die Art des Schulabschlusses und somit den besuchten Schultyp, so ist vorstellbar, daß Kinder in verschiedenen Schulen unterschiedlich geprägt werden, sei es durch die geschlechtliche Zusammensetzung in den Klassen oder durch Fächer wie Handarbeiten, Werken, Mathematik, Fremdsprachen und Sport, bei denen ein gewisser Bezug zu typischen Männer- oder Frauenberufen festzustellen ist. Nicht nur die Fächer selbst, sondern auch die Art, wie die Fächer gelehrt werden und die Schüler in den Schultypen mehr oder weniger traditionell in ihrem Rollenverhalten bestätigt werden, können sie in ihrem Berufswahlverhalten beeinflussen. Es ist allerdings schwierig, im Vorfeld Vermutungen darüber anzustellen, welche speziellen Schultypen die Segregation vermindern und welche sie verstärken. Hypothese 1.3: Die Art der besuchten Schule hat einen Einfluß auf die Berufswahlentscheidung von Schülern. Vermutet werden kann, daß manche Schultypen die Segregation verstärken, indem sie den Schülern Anreize setzen, geschlechtertypische Berufe zu wählen. Nicht nur der besuchte Schultyp, sondern auch die tatsächliche Anzahl der Schulbildungsjahre kann einen gewissen Einfluß auf die Berufswahl haben. Männerberufe bestehen zum einen aus einigen Berufen, bei denen nur eine sehr geringe Qualifikation, aber starker körperlicher Einsatz vorausgesetzt wird, zum anderen gehören dazu sehr viele Berufe mit hohem Qualifikationsbedarf, was entsprechende Stellungen in der Hierarchie und ein 136

Das heißt, daß der Einfluß dieser Variablen herausgerechnet (kontrolliert) werden soll, damit die Koeffizienten der interessierenden Variablen keiner Verzerrung aufgrund nicht aufgenommener Variablen unterliegen. 137 Eine Identifikation der Region, in der eine Person aufgewachsen ist, ist nicht möglich, da der Wohnort nur bis zum Anfang des Panels zurückverfolgt werden kann. Alternativ wäre ein Abgleich der Region, in der die Person ihre Ausbildung absolviert hat, und der Region, in der die Person jetzt wohnt, möglich, um Migranten zwischen Ost und West zu identifizieren. Allerdings liefert dies auch nur Angaben zu Umzügen seit der Berufswahl und nicht zur Region, in der die Person aufgewachsen ist.

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hohes Einkommen zur Folge hat. Wenn die zuletzt erwähnten Berufe bei den Männerberufen insgesamt überwiegen, dann kann davon ausgegangen werden, daß Personen mit längerer Schulbildung eher in einem Männerberuf tätig sind. Hypothese 1.4: Schüler, die insgesamt länger die Schule besuchen, was in den meisten Fällen zu einer höheren Qualifikation führt, ergreifen vermutlich (eine höhere Qualifikation voraussetzende) Männerberufe. Bei dem Notendurchschnitt kann ähnliches vermutet werden. Je besser der Abschluß eines Schülers ist, desto besser sind die Stellen, für die er sich bewerben wird. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Stellen in Männerberufen. Wenn allerdings davon ausgegangen wird, daß der Bewerbermarkt für Frauenberufe übersättigt ist und sich viele Frauen einen Frauenberuf wünschen, dann werden möglicherweise nur Frauen mit einem sehr guten Abschluß des jeweiligen Schultyps den gewünschten Beruf ergreifen können, während andere z. B. auf unqualifizierte Männerberufe zurückgreifen müssen. Hypothese 1.5: Schüler mit besseren Noten werden insgesamt eher einen Männerberuf ergreifen, Frauen mit guten Noten aber möglicherweise auch einen bei Bewerberinnen begehrten Frauenberuf. In Kap. 2. wurden Studien genannt, die den Einfluß der Eltern auf die Berufswahl der Kinder belegen: Kinder nehmen ihre Eltern entweder als Vorbild, oder aber sie planen ihr Leben genau entgegengesetzt. Konkret nehmen sich Kinder eher ein Beispiel am Vater (während die Mütter eher um Rat gefragt werden), und besonders junge Frauen wollen ihr Leben anders planen als ihre Mütter, wenn diese eine sehr traditionelle Lebensgestaltung aufweisen. Daraus kann u. U. auch geschlossen werden, daß Mütter dann ihren Töchtern als Vorbild dienen, wenn sie „fortschrittlich“ sind, d. h. entgegen der Sozialisation einen Männerberuf ergriffen haben.138 Zudem kann die Schulbildung der Eltern die Berufswahl der Kinder indirekt beeinflussen, wenn nämlich die Eltern aufgrund ihrer Bildung ein breiteres Wissen über die Arbeitsmarktsituation haben oder die Kinder zu höherer Bildung verhelfen, was tendenziell, wie soeben dargestellt, eher zu der Wahl eines besser qualifizierten Männerberufs führen dürfte. 138 Dies kann für qualifizierte Männerberufe im positiven Sinne, allerdings auch für sehr gering qualifizierte Männerberufe im negativen Sinne gelten.

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Hypothese 1.6: Berufswahl und Schulbildung der Eltern haben einen Einfluß auf die Berufswahl der Kinder. Insbesondere wenn Mütter einen Männerberuf ausüben, wählen ihre Töchter möglicherweise auch eher einen Männerberuf. Nicht nur Eltern, sondern auch Geschwister können einen Einfluß auf Berufswahlentscheidungen haben. Es ist denkbar, daß Kinder andersgeschlechtliche Geschwister nachahmen oder aber sich genau entgegengesetzt verhalten, indem sie sich auf „ihre“ Geschlechterrolle konzentrieren. Dieser Einfluß kann auch von den Eltern stammen, die, wenn sie Kinder unterschiedlichen Geschlechts haben, diese eher in den traditionellen Rollen erziehen als wenn sie nur Kinder eines Geschlechts haben, die das Nichtvorhandensein des anderen Geschlechts evtl. zu einem Teil kompensieren müssen. Hypothese 1.7: Geschwister üben einen Einfluß auf die Berufswahlentscheidung von Kindern aus. Wenn Geschwister des jeweils anderen Geschlechts vorhanden sind, kann vermutet werden, daß die Kinder eher einen geschlechtstypischen Beruf wählen. Wenn Kinder auf dem Land (oder in einer kleinen Stadt) aufwachsen, könnte sie dies ebenfalls eher traditionell beeinflussen, da dort engere gesellschaftliche Zwänge bestehen könnten, weil weniger Anonymität herrscht. Hypothese 1.8: Wenn Kinder auf dem Land aufwachsen, wählen sie eher einen Beruf, der typisch für ihr Geschlecht ist. Zuletzt soll noch auf bestimmte Tätigkeiten, die im Datensatz vorhanden sind und u. U. mit Frauen- und Männerberufen in Verbindung gebracht werden können, eingegangen werden. Zum einen wird nach dem aktiven Musizieren in der Jugend gefragt, zum anderen danach, ob Sport getrieben wurde. Da musisches Interesse eher Mädchen zugeschrieben wird139, kann man die Hypothese aufstellen, daß Kinder, die musizieren, generell eher einen Frauenberuf wählen. Bei Kindern hingegen, die in ihrer Jugend Sport treiben, womit u. a. körperlicher Einsatz und/oder Kampfgeist assoziiert werden kann, kann vermutet werden, daß diese sich besonders für Männerberufe eignen oder interessieren. 139 Berufe im musischen Bereich sind auch eher ungeeignet, um damit ein überdurchschnittliches Einkommen zu erzielen. Letztere Eigenschaft gilt auch für viele Frauenberufe.

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B. Segregation und Berufswahlmechanismen

Hypothese 1.9: Kinder, die aktiv musizieren, ergreifen eher einen Frauenberuf, während Kinder, die Sport treiben, eher einen Männerberuf wählen. Der folgende Abschnitt zur empirischen Analyse beginnt mit einer detaillierten Beschreibung der Fallselektion und der Modellvariablen. Es folgen die Spezifikation des ökonometrischen Modells und die Ergebnisse der empirischen Analyse. 6. Empirische Analyse a) Spezifikation des ökonometrischen Modells Da diese Analyse eine binäre dichotome abhängige Variable besitzt, kann die gewöhnliche (multiple) lineare Regression nicht verwendet werden, denn diese setzt eine metrisch skalierte abhängige Variable voraus. Zudem ist die Voraussetzung normalverteilter Residuen verletzt. Die prognostizierten Werte können außerhalb des plausiblen Bereichs liegen, da hier nur Werte von Null bis Eins sinnvoll sind. Diese können als Wahrscheinlichkeit der Zugehörigkeit zu der mit Eins kodierten Gruppe bzw. des Eintritts dieses Ereignisses interpretiert werden. Probit- und Logit-Modelle140 versuchen im Gegensatz zur linearen Regression nicht, direkt den empirischen Beobachtungswert abzuleiten, sondern sie leiten die Eintrittswahrscheinlichkeiten der abhängigen Variable ab. Als unabhängige Variablen kommen sowohl kategoriale als auch metrisch skalierte Variablen in Frage, wobei, wie auch im Fall der linearen Regression, die Kategorialvariablen in binäre Dummy-Variablen zerlegt werden, für die einzelne Koeffizienten geschätzt werden. Da die Werte bei Regressionen mit einer binären abhängigen Variable zwischen 0 und 1 liegen, ist es sinnvoll, eine nicht-lineare Funktion für den Zusammenhang zwischen der abhängigen Variable und den unabhängigen Variablen zu unterstellen, die die Werte auf diesen Bereich beschränkt und zudem berücksichtigt, daß die Werte 0 und 1 bei der Voraussage häufiger als die dazwischen liegenden vorkommen sollten. Diese nicht-lineare Eigenschaft findet sich bei theoretischen Verteilungsfunktionen: Probit-Regressionen gehen von einer Standardnormalverteilung für die vorausgeschätzten Werte zwischen 0 und 1 aus, während Logit-Regressionen die logistische Verteilungsfunktion nutzen. Beide Verteilungen sind sich sehr ähnlich und haben einen s-förmigen Verlauf, wobei die logistische Verteilung weniger steil ist und somit von einer höheren Wahrscheinlichkeit für größere Störwerte ausgeht.141 140

Vgl. z. B. Greene (2003), S. 665 ff.

IV. Determinanten für die Wahl eines Männer- oder Frauenberufs

195

Im folgenden soll die Ableitung des univariaten142 Probit-Modells mit der abhängigen Variable „Berufswahl“ beschrieben werden. Gegeben sei eine latente Variable yi , die durch folgende lineare Regressionsgleichung erklärt werden kann: yi ã b 0 xi þ ui

È27ê

yi selbst ist zwar unbeobachtbar, allerdings kann für jedes Individuum i die Dummy-Variable yi (Berufswahl) beobachtet werden, für die gilt: yi ã 1 falls yi > 0 ÈM¨annerberufê

È28ê

yi ã 0 falls yi  0 ÈFrauenberufê

mit: b: zu schätzender Koeffizientenvektor xi: Vektor der erklärenden Variablen ui: Störvariable i = 1, . . ., N Daraus können folgende Wahrscheinlichkeiten (Pr) abgeleitet werden:

È29ê

PrÈyi ã 1 j xi ; bê ã PrÈyi > 0ê ã PrÈb 0 xi þ ui > 0ê ã PrÈui > b 0 xi ê ã 1  FÈb 0 xi ê

141 Die Varianz der vorhergesagten Werte beim Probit-Modell ist auf 1 normiert, (1991), S. 30). Somit während sie beim Logit-Modell p2 3 beträgt (vgl. pRonning ffiffiffi müssen die Koeffizienten eines Logit-Modells mit 3 p multipliziert werden, um sinnvoll mit denjenigen eines Probit-Modells verglichen werden zu können. Die dann noch vorhandenen Unterschiede zwischen den Koeffizienten können auf die beiden verschiedenen zugrundegelegten Verteilungen zurückgeführt werden. Da sich die Ergebnisse beider Modelle meist sehr stark ähneln, gibt es kaum überzeugende Kriterien für die Wahl des einen oder anderen Modells. Das Probit-Modell wird – zumindest von Ökonomen – traditionell häufiger angewandt, da es den Vorteil hat, auf der Normalverteilung zu basieren, jedoch ist die Ableitung des Modells schwieriger als beim Logit-Modell. Letzteres hat u. a. den Vorteil, daß die Koeffizienten in Odd Ratios (Chancenverhältnis von Eintrittswahrscheinlichkeit zur Gegenwahrscheinlichkeit, vgl. Backhaus et al. (2006), S. 442 ff.) umgerechnet und somit besser interpretiert und zudem auch bei unterschiedlichen Dimensionen direkt miteinander verglichen werden können. Vgl. zu Gegenüberstellungen beider Modelle Cameron/Trivedi (2005), S. 469 ff., und Amemiya (1986), S. 269. 142 Neben univariaten Modellen, d. h. mit einer abhängigen Variablen, gibt es auch multivariate Probit-Modelle. Einen Sonderfall dieser Gruppe bildet das bivariate Probit-Modell, das in Kap. C.II.4. zur Anwendung kommen wird. Die folgende Ableitung orientiert sich an Maddala (1999), S. 22 ff.

196

B. Segregation und Berufswahlmechanismen

sowie     Pr yi ã 0 j xi ; b ã F b 0 xi

È30ê

wobei F die Verteilungsfunktion für ui darstellt. Im Fall des Probit-Modells handelt es sich um die Standardnormalverteilung, so daß alternativ geschrieben werden kann: PrÈyi ã 1 j xi ; bê ã 1  FÈb 0 xi ê

È31ê

ã FÈb 0 xi ê

Die beobachtbaren Werte für yi sind also Realisationen eines binomialen Prozesses mit den Wahrscheinlichkeiten aus Formel (30), die von xi abhängen. Daraus ergibt sich die folgende zu maximierende Likelihood-Funktion, in die Formel (31) eingesetzt wird:143 Lã

Y

  Y   F b 0 xi 1  F b 0 xi

i : yi ã 0

È32ê ã

N Y

i : yi ã1

 0  yi   1yi F b xi 1  F b 0 xi

iã1

Durch Logarithmierung läßt sich die folgende Log-Likelihood-Funktion ableiten: È33ê

N N     X   X   È1  yi ê log 1  F b 0 xi log L b ã ‘ b ã yi log F b 0 xi þ iã1

iã1

Durch Differenzierung nach b und Gleichsetzen mit 0 ergibt sich der ML-Schätzer. Da die Gleichungen nicht-linear in b sind, müssen sie durch ein iteratives Verfahren gelöst werden.144 Die auf diese Weise bestimmten Koeffizienten können aufgrund der Nichtlinearität nicht analog zum linearen Regressionsmodell interpretiert werden. Zunächst ist zu bemerken, daß ein positives Vorzeichen eines Koeffizienten in die Richtung der mit 1 kodierten Ausprägung wirkt und ein negatives Vorzeichen in die Gegenrichtung. Die Stärke des Einflusses der einzelnen unabhängigen Variablen, die man grundsätzlich am Betrag der zugehörigen Koeffizienten ablesen kann, ist jedoch nicht ohne weiteres 143 Es soll hiermit die Wahrscheinlichkeit maximiert werden, die empirischen Beobachtungswerte (y = 1 bzw. y = 0) für möglichst alle erhobenen Fälle zu erhalten. 144 Für eine detaillierte Erklärung vgl. Maddala (1999), S. 25 ff. Die Schätzer der ML-Methode sind effizient, bei großen Stichproben konsistent und normalverteilt (vgl. Amemiya (1986), S. 270 f.).

IV. Determinanten für die Wahl eines Männer- oder Frauenberufs

197

zwischen den Koeffizienten zu vergleichen, da die unabhängigen Variablen meist in unterschiedlichen Dimensionen vorliegen. Zur Ableitung von Gütemaßen zur Beurteilung des geschätzten Modells bietet es sich an, ein sogenanntes reduziertes (restricted) Modell zu schätzen, in dem alle Koeffizienten außer der Konstante gleich Null gesetzt werden. Für beide Schätzungen wird ein Log-Likelihood-Wert berechnet, und das relevante Modell ist um so besser, je mehr sich die beiden Log-Likelihood-Werte unterscheiden. Der Wert für das reduzierte Modell (‘€) ist dabei immer kleiner (im Betrag größer) als der Wert für das eigentliche Modell (‘). Mittels der Likelihood-Ratio (LR)-Teststatistik wird die Nullhypothese getestet, daß alle Koeffizienten außer der Konstante Null sind. Sie wird berechnet als 2È‘€  ‘ê, ist x2 -verteilt und kann analog zur F-Statistik bei der linearen Regression interpretiert werden. Analog zum R2 bei der linearen Regression kann im Probit-Modell ein sogenanntes Pseudo-R2 nach McFadden berechnet werden, und zwar als Likelihood-Ratio-Index 1  ‘=‘€. Es liegt ebenfalls zwischen Null und Eins, wobei bereits bei Werten im Bereich von 0,2 bis 0,4 von einer guten Modellanpassung gesprochen werden kann.145 b) Beschreibung der Modellvariablen Das zuvor beschriebene Berufswahlmodell geht davon aus, daß verschiedene individuelle Einflußfaktoren (z. B. eigene Schulbildung) und solche aus der Umgebung in der Kindheit und Jugend (z. B. Geschwister, Eltern) eine Rolle für die Entscheidung spielen können, einen typischen Männeroder Frauenberuf zu erlernen.146 Die Definition für die Abgrenzung der Männer- und Frauenberufe wurde in Kap. III.1.a) geliefert: Als Frauenberufe werden solche bezeichnet, in denen das Frauen-Männer-Verhältnis Fi /Mi größer ist als am gesamten Arbeitsmarkt. Zur Vermeidung eines Unschärfebereichs wird nun, wie beschrieben, für jeden Beruf getestet, ob sein 145

Vgl. Urban (1993), S. 62. Da bei der Klassifikation der Berufe als Männer- oder Frauenberufe die Berufe von Kohorten, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihren Beruf gewählt haben, gepoolt werden, sind Verzerrungen bei der Klassifikation von Berufen, die sich im Lauf der Zeit hinsichtlich ihrer Geschlechteraufteilung gewandelt haben, nicht ausgeschlossen. Tatsächlich handelt es sich außerdem bei den Berufsangaben im SOEP nicht um den erlernten, sondern um den momentan ausgeübten Beruf. Es besteht zwar die Möglichkeit, die Personen, die laut Angabe nicht im ursprünglich erlernten Beruf tätig sind, herauszufiltern, andererseits ist es aber auch durchaus sinnvoll, den ausgeübten Beruf als Variable heranzuziehen, da dieser die Berufswahl darstellt, die sich langfristig eingestellt hat und somit frei ist von Fehlentscheidungen am Anfang des Berufslebens. Die Schätzergebnisse beider Modelle unterscheiden sich hinsichtlich der Koeffizienten nur geringfügig. Der einzige nennenswerte Unterschied betrifft den Einfluß der Berufswahl der Eltern (vgl. Kap. B., Fn. 157). 146

198

B. Segregation und Berufswahlmechanismen

Frauen-Männer-Verhältnis signifikant vom Frauen-Männer-Verhältnis am gesamten Arbeitsmarkt abweicht. Ist die Abweichung nicht signifikant, so wird der jeweilige Beruf der Gruppe „neutraler“ Berufe zugeordnet und zur besseren Abgrenzung der Frauen- und Männerberufe eliminiert. Nun soll das Ergreifen eines dieser beiden Berufe als abhängige Variable angesehen werden, in Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren, die zeitlich vor der Berufswahl angesiedelt sind. Es können für die Analyse nur solche Personen berücksichtigt werden, für die eine Berufsangabe vorliegt. Dies ist insbesondere für die Erwerbstätigen der Fall, aber auch für einige momentan nicht Erwerbstätige. Für die Analyse wird die Einteilung nach ISCO-88147 gewählt, da diese mehr als die Klassifizierung des Statistischen Bundesamtes auch die übliche Hierarchieebene der Berufe mit einbezieht. Für die Individuen sind neben der besuchten Schulart148 und der Schulbildungsdauer in Jahren149 auch Angaben zu ihren Abschlußnoten in Deutsch, Mathematik und der ersten Fremdsprache vorhanden, aus denen eine Durchschnittsnote gebildet wird. Des weiteren wird angegeben, ob die jeweilige Person einen oder mehrere Brüder oder eine oder mehrere Schwestern hat. Außerdem liegt die Information vor, ob der Befragte auf dem Lande, in einer Kleinstadt oder in einer Großstadt aufgewachsen ist, wobei die ersten beiden Kategorien für die Analyse zusammengefaßt werden. Zudem werden die beiden Variablen, ob die Person in ihrer Jugend aktiv musiziert bzw. Sport getrieben hat, in das Modell aufgenommen. Als weiterer wichtiger Einflußfaktor auf die Berufswahl eines Jugendlichen kann die Berufsart der Eltern eine Rolle spielen, d. h. ob Mutter und Vater einen Männer- bzw. Frauenberuf ausgeübt haben oder noch ausüben.150 Auch wichtig erscheint die Schulund Berufsbildung der Eltern, die für eine bessere Handhabbarkeit nach Tabelle 27 in Bildungsjahre umgerechnet wird, da diese Angabe im SOEP zwar für die Befragten selbst, nicht aber für ihre Eltern vorliegt.151 147

Vgl. Kap. B.III.1.b). Personen mit „anderer Abschluß“ und mit „noch kein Abschluß“ werden nicht berücksichtigt. 149 Die Schulbildungsdauer ist zwar nicht unabhängig vom besuchten Schultyp, sie beinhaltet aber auch den schulischen Teil der beruflichen Ausbildung. Es wird die theoretische Schulbildungsdauer je nach besuchter Ausbildungsstätte ausgewiesen, Wiederholungs- oder übersprungene Schuljahre werden außer acht gelassen. 150 Es wurde trotz unterschiedlichen Alters pauschal für alle Eltern zusammen eine erneute Abgrenzung von Männer- und Frauenberufen analog zur Abgrenzung für die Individuen [Kap. B.III.1.a)] vorgenommen. Aufgrund möglicher Verschiebungen der Berufe über die Zeit und das Wegfallen alter und Hinzukommen neuer Berufe ergibt sich für die Eltern nicht exakt die gleiche Abgrenzung wie für die Kinder. 151 Fälle mit „noch kein Schulabschluß“ werden mit fehlenden Werten versehen und gehen somit nicht in Analyse ein, Fälle mit „noch keine Ausbildung“, „angelernt“, „z. Zt. in Ausbildung“, „angelernt bzw. längere Ausbildung in ausländischem 148

IV. Determinanten für die Wahl eines Männer- oder Frauenberufs

199

Tabelle 27 Umrechnung der Art des Schul- und Berufsabschlusses in Bildungsjahre Art der Schulbildung

Jahre

Art der Berufsbildung

kein Abschluß/keine Schule besucht

7

gewerbl. oder kaufm. Lehre

Hauptschule oder sonst. Abschluß

8

berufsbildende Schule im Ausl. oder Schule des Gesundheitswesens

Jahre 1,5 2

Realschulabschluß

10

Fachschule (inkl. Lehre)

4

Fachhochschulreife

12

FH oder Beamtenausbildung

3

Allg. Hochschulreife

13

Universität

5

Quelle: Eigene Überlegungen.

Leider liegen keine Angaben darüber vor, ob die Mutter in der Jugend des Kindes erwerbstätig war oder den eher traditionellen Weg der reinen Hausfrau gegangen ist. In sämtlichen noch folgenden Analysen sollen zunächst zwei einzelne Modelle für jedes Geschlecht und dann ein Gesamtmodell für beide Geschlechter aufgestellt werden. Das Gesamtmodell dient u. a. dazu, zu erkennen, ob die Variable „Geschlecht“ einen signifikanten Einfluß hat. Die beiden Einzelmodelle hingegen untersuchen, ob die übrigen Einflußfaktoren bei den Geschlechtern unterschiedlich stark und ggf. in unterschiedliche Richtungen wirken. Diese Einzelmodelle sind leichter zu interpretieren als ein Gesamtmodell, in dem einzelne Interaktionseffekte der Einflußfaktoren mit dem Geschlecht berücksichtigt werden. Da die Einzelmodelle zur Berufswahl jedoch nur wenig Erklärungsgehalt aufweisen, wurde in der folgenden Analyse zusätzlich ein gepooltes Modell mit Interaktionseffekten für Frauen aufgestellt.152 Betrieb“ werden als 0 Berufsbildungsjahre angesehen. Fälle mit „sonstige Berufsbildung“ werden mit fehlenden Werten bei den Berufsbildungsjahren versehen. Die Jahre der Berufsbildung beziehen sich auf den theoretischen Teil der Ausbildung, wodurch sich z. B. bei der Lehre (da es sich um eine duale Ausbildung handelt) 1,5 Jahre statt einer Gesamtdauer von drei Jahren ergeben. Es ergeben sich Abweichungen bei der Zuordnung der Jahre zu „Hauptschule/Sonst. Abschluß“ gegenüber der im SOEP vorgenommenen Zuordnung bei den Panelteilnehmern selbst, da hier mit einer Dauer von neun Jahren beim Hauptschulabschluß gerechnet wird. Da bis 1968 die Volksschule nur eine Dauer von acht Jahren aufwies, wird bei der Elterngeneration von diesem Wert ausgegangen.

200

B. Segregation und Berufswahlmechanismen

c) Ergebnisse der empirischen Analyse Zur Erklärung des Berufswahlverhaltens werden vier Modelle geschätzt. Die beiden Modelle für Frauen und Männer getrennt ergeben zwar schon ein erstes Bild, doch kann man es nicht bei ihnen bewenden lassen, da die Aussagekraft mit einem Pseudo-R2 von 0,1239 bzw. 0,0621 unbefriedigend ist. Dies kann damit zusammenhängen, daß die Verteilung der Ausprägungen 0 und 1 (rund 18% Frauen in Männerberufen und rund 21% Männer in Frauenberufen, d. h. jeweils die Ausprägung 0) sehr ungleich ist. Zum anderen fehlt in beiden Einzelmodellen die wichtigste Variable für die Wahl zwischen einem Männer- und einem Frauenberuf, nämlich das Geschlecht. Wird dies in dem Gesamtmodell aufgenommen, ergibt sich sogleich ein viel besserer Wert für das Gütemaß. Da hiermit allerdings nicht herausgefunden werden kann, welcher Einflußfaktor eine traditionelle Berufswahl fördert, d. h. jedes Geschlecht für sich zur Wahl eines jeweils zu dem Geschlecht „passenden“ Berufs ermutigt – denn dies kann nur für die Geschlechter getrennt herausgefunden werden – wird ein viertes Modell mit Interaktionseffekten geschätzt. Hierbei werden zum einen die Koeffizienten für alle Variablen für beide Geschlechter gleichzeitig geschätzt, zum anderen aber auch die Koeffizienten für alle Variablen in Verbindung mit der Bedingung, daß die betrachtete Person eine Frau ist. Durch das gleichzeitige Heranziehen der Interaktionseffekte werden die einfachen Koeffizienten von Einflüssen bereinigt, die speziell und nur für Frauen gültig sind. Die Vorteile eines solchen gepoolten Modells mit Interaktionseffekten liegen darin, daß man bei einer guten Modellanpassung durch Hinzunahme der Variable „Geschlecht“ gleichzeitig die speziellen Effekte für Frauen schätzen kann. Dies ist sinnvoll, wenn man realistischerweise davon ausgeht, daß nicht nur die Tatsache, daß eine Frau eine Frau ist, bei der Berufswahl wichtig ist, sondern auch, daß die Geschlechtszugehörigkeit in Verbindung mit anderen Variablen eine mehr oder weniger starke Rolle spielt. Dies kann alternativ so interpretiert werden, daß eine Frau nur deshalb als Frau eine bestimmte Berufsart wählt, weil sie – und zwar sie speziell als Frau – durch andere Einflußfaktoren dazu ermutigt wird, was ja auch schon das erste Modell, das sich nur auf Frauen bezieht, aussagt. Tabelle 28 (s. Seite 202) zeigt alle vier geschätzten Modelle.153 Wie erwartet und im gepoolten Modell zu sehen, hat die Variable „Geschlecht“ den größten Einfluß auf die Berufswahlentscheidung. Im gepoolten Modell 152

Die Berücksichtigung der Interaktionseffekte erfolgt dadurch, daß zusätzlich zu den einfachen Koeffizienten solche für das Produkt aus „Frau“ und der jeweiligen Variable geschätzt werden. 153 Deskriptive Statistiken zu allen Modellen finden sich im Anhang.

IV. Determinanten für die Wahl eines Männer- oder Frauenberufs

201

mit Interaktionseffekten hingegen ist die Einzelvariable nicht signifikant, weil der gesamte Einfluß der Geschlechtszugehörigkeit durch die Interaktionseffekte aufgefangen wird. Hypothese 1.1 kann somit bestätigt werden. Was das Alter betrifft, so ist festzustellen, daß dies im Gesamtmodell und im Modell für Frauen einen signifikanten Einfluß hat, auch wenn diese Variable, wie schon bei der Aufstellung der Hypothesen erwähnt, nur schwer zu interpretieren ist. Je älter Frauen (im Gesamtmodell: Frauen und Männer) sind, desto eher sind sie in einem Männerberuf tätig. Dieser Effekt ist allerdings nicht linear, d. h. er nimmt mit zunehmendem Alter ab, wie die Signifikanz der Variable „Alter2 /100“ beweist. Dieses Ergebnis widerspricht direkt Hypothese 1.2, denn Frauen sind mit steigendem Alter weniger statt häufiger in Frauenberufen anzutreffen. Eine überzeugende Erklärung zu diesem Phänomen kann kaum geliefert werden, denn in diesem Fall dürften Verschiebungen zwischen Frauen- und Männerberufen im Laufe der Zeit die Ursache sein. Da diese bei der Bestimmung der Frauenund Männerberufe berücksichtigt wird, spiegelt sich diese Entwicklung nur im Alter der Frauen (und auch Männer) wider. Dies könnte bedeuten, daß junge Menschen generell häufig in Berufen tätig sind, die zu den Frauenberufen gehören, weil sie zum überwiegenden Teil von Frauen ausgeübt werden. Hierbei kann es sich beispielsweise um Dienstleistungsberufe handeln, in denen Frauen schon länger und heute insgesamt auch noch überwiegen, die seit kurzem aber aufgrund des Sektorwandels auch von Männern gern gewählt werden. Ältere Frauen hingegen arbeiten in Berufen, die zu den Männerberufen zählen, in ihrer Jugend aber möglicherweise noch typische Frauenberufe gewesen sein mögen. Da der Frauenanteil an allen Erwerbstätigen aber in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen ist, würde ein Beruf, der vor Jahrzehnten als Frauenberuf galt, weil der Frauenanteil in diesem Beruf höher war als der Frauenanteil an allen Erwerbstätigen, heute als Männerberuf eingestuft, wenn der ursprünglich relativ hohe Frauenanteil unter dem heutigen Frauenanteil an allen Erwerbstätigen liegt. Diese Kohorteneffekte müssen aber in dieser Arbeit aufgrund der zu geringen Fallzahl und zugunsten der Möglichkeit, die Berufe möglichst disaggregiert zu betrachten, außer acht gelassen werden. Der Einfluß der Region (West/Ost) kann aufgrund genereller Unterschiede beim Berufswahlverhalten in der ehemaligen DDR und der Bundesrepublik ebenfalls kaum interpretiert werden.154 Laut Schätzergebnis werden in Westdeutschland eher Frauenberufe gewählt, dies hängt aber damit zusammen, daß die Gruppe der Frauenberufe in Westdeutschland nicht mit 154 Vgl. zur Berufswahl in der DDR Engelbrech (1992), S. 24 ff., und Schenk (1992), S. 36 ff.

202

B. Segregation und Berufswahlmechanismen Tabelle 28 Determinanten der Berufswahl Frauen

Konstante Frau Alter Alter2 /100 Westdeutschland kein Schulabschluß (Hauptschulabschluß) Realschulabschluß Fachhochschulreife Allg. Hochschulreife Schulbildungsdauer (in Jahren) letzter Notendurchschnitta Vater mit Männerberuf Mutter mit Männerberuf Bildungsdauer Vater (in Jahren) Bildungsdauer Mutter (in Jahren) Schwester(n) Bruder/Brüder auf dem Land aufgewachsenb aktives Musizieren in der Jugend Sport getrieben in der Jugend Frau * Realschulabschluß Frau * Fachhochschulreife Frau * Allg. Hochschulreife Frau * Schulbildungsdauer Frau * letzter Notendurchschnitta Frau * Vater mit Männerberuf Frau * Mutter mit Männerberuf Frau * Bildungsdauer Vater Frau * Bildungsdauer Mutter Frau * Schwester(n) Frau * Bruder/Brüder Frau * auf dem Land aufgew.b Frau * aktives Musizieren Frau * Sport getrieben Log-L LR-Statistik McFadden R2 N 0 1

Männer

–3,6465***

–1,4067

0,0822** –0,0923** –0,0596

0,0408 –0,0525 –0,3003** –0,8196* . –0,8023*** –1,3220*** –1,7085*** 0,1783*** 0,0663 0,1166 –0,1193 –0,0026 0,0119 0,1740* –0,0115 0,0121 –0,0450 –0,1288

c

. –0,1427 0,1394 0,3936 0,0412 –0,1464* 0,0175 0,3839*** 0,0909*** –0,0291 –0,0932 –0,1820* 0,1024 0,0780 0,2005*

–363,3703 102,7297***

–396,1364 52,4883***

gepoolt

–1,5221** –1,7221*** 0,0448* –0,0546* –0,2025** –0,6192 . –0,5487*** –0,7292*** –0,7521*** 0,1190*** –0,0025 0,1232 0,1152 0,0467* –0,0069 0,0342 –0,0810 0,0549 0,0512 0,0733

–801,3376

gepoolt mit Interaktionseffekten –1,9322** –1,2269 0,0620** –0,0731** –0,1817** –0,8459** . –0,7653*** –1,2794*** –1,6388*** 0,1652*** 0,0487 0,1336 –0,1187 –0,0005 0,0218 0,1693 –0,0180 0,0237 –0,0646 –0,1299 0,5500** 1,3394*** 1,9181*** –0,1111* –0,1670 –0,1278 0,4976*** 0,0899* –0,0573 –0,2554* –0,1659 0,0725 0,1407 0,3376** –760,8442

733,8706***

814,8575***

0,1239

0,0621

0,3141

0,3487

875 716 159

814 174 640

1 689 890 799

1 689 890 799

IV. Determinanten für die Wahl eines Männer- oder Frauenberufs

203

Fortsetzung Tabelle 28 Signifikanzniveau: *** = p < 0,01, ** = p < 0,05, * = p < 0,1 abhängige Variable: Männerberuf (1) oder Frauenberuf (0) (ohne neutrale Berufsgruppen) Binomiales univariates Probit-Modell a arithmetisches Mittel der Noten des schulischen Abschlußzeugnisses in den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache b Land oder Kleinstadt c Variable aufgrund ungenügender Fallzahl bei mindestens einer Ausprägung der abhängigen Variable eliminiert Jeweilige Referenzkategorien stehen in Klammern. Berücksichtigt sind alle Personen des SOEP, für die alle Variablen vorliegen bzw. berechnet werden können. Quelle: Eigene Auswertung des SOEP (2003).

der Gruppe der Frauenberufe in Ostdeutschland identisch ist. Diese Variable sollte also nur als Kontrollvariable betrachtet werden. Die Betrachtung des Schultyps hingegen ist besonders interessant. Hier wurde vermutet, daß die einzelnen Schultypen die Schüler in unterschiedlichem Maß darin unterstützen, „geschlechtsadäquate“ Berufe zu wählen. Dies ist, über alle betrachteten Kohorten gesehen, tatsächlich der Fall. So ist ein sehr starker Einfluß der Hauptschule (Referenzgruppe) zu erkennen: Sämtliche andere Schultypen erhöhen – bei Betrachtung der Männer und beider Geschlechter gleichzeitig – die Wahrscheinlichkeit für einen Frauenberuf. Dies kann nur heißen, daß der Besuch der Hauptschule die Wahrscheinlichkeit, einen Männerberuf zu ergreifen, außerordentlich erhöht. Bei der Formulierung der Hypothesen wurde schon erwähnt, daß Männerberufe neben hochqualifizierten Berufen zu einem großen Teil aus Berufen bestehen, die nur sehr geringe Qualifikationen voraussetzen. Diese Tatsache kommt hier zum Tragen. Je höher der betrachtete Abschluß hingegen ist, um so wahrscheinlicher ist es, daß die Person in einem Frauenberuf tätig ist. Dies gilt für Männer und für die gleichzeitige Betrachtung aller Personen. Unter der Bedingung dieses generellen Zusammenhangs für beide Geschlechter gilt nun aber zusätzlich für Frauen, daß diese um so eher einen Männerberuf ergreifen, je höher ihr Abschluß ist, was aus den Koeffizienten der Interaktionseffekte des vierten Modells abgeleitet werden kann. Dies bedeutet, daß sich beide Effekte bei Frauen gerade aufheben, weshalb der Schultyp beim Frauen-Modell auch nicht mehr signifikant ist. Dies kann man sich beispielsweise folgendermaßen erklären: Je besser der Abschluß im Vergleich zum Hauptschulabschluß ist, um so eher wird kein Männerberuf ergriffen. Dies bezieht sich vermutlich auf Berufe mit geringen Qualifikationsanforderungen. Wenn Frauen hingegen das Abitur absolvieren, dann steigt für sie wiederum die Wahrscheinlichkeit, einen Männerberuf zu ergreifen, wobei es sich bei diesen Männerberufen um ganz andere handelt, nämlich um solche, die eine hohe Qualifikation voraussetzen.

204

B. Segregation und Berufswahlmechanismen

Das Gesamtergebnis des Einflusses der Schultypen muß nicht notwendigerweise in diesem Ausmaß auch für die aktuell erreichten Abschlüsse gelten, denn es gehen ja verschiedene Kohorten in die Untersuchung ein, und die Bedeutung der einzelnen Schultypen hat sich über die letzten Jahrzehnte verschoben. Dennoch kann Hypothese 1.3, daß nämlich die verschiedenen Schultypen die Berufswahl unterschiedlich beeinflussen, bejaht werden. Allerdings kann in den geschätzten Modellen kein Schultyp identifiziert werden, der die Schüler zu besonders traditioneller Berufswahl mit der Konsequenz einer starken Segregation anhält, denn dies könnte man daran ablesen, daß der Interaktionseffekt bei Frauen ein negatives Vorzeichen hätte. Dann nämlich würden Frauen mit diesem Abschluß dahingehend beeinflußt, einen Frauenberuf zu wählen. Ob dies eventuell für Männer gilt, kann hier nicht festgestellt werden, da nur die Interaktionseffekte für Frauen geschätzt werden und in dem Modell, das nur für Männer geschätzt wird, auch kein Schultyp identifiziert werden kann, der sie zur Wahl eines Männerberufs ermutigt. Wird jedoch statt des Hauptschulabschlusses der Realschulabschluß als Referenzgruppe gewählt, so ergibt sich für das gepoolte Modell mit Interaktionseffekten ein signifikant positiver Koeffizient für beide Geschlechter und für den Interaktionseffekt zwischen „Frau“ und „Hauptschulabschluß“ ein signifikant negativer Koeffizient. Die Hauptschule ermutigt also Frauen, einen Frauenberuf zu ergreifen. Ähnliches ergibt sich im reinen Männermodell: Männer mit Hauptschulabschluß tendieren in Relation zu Männern mit Realschulabschluß signifikant stärker dazu, einen Männerberuf zu ergreifen. Der Hauptschulabschluß ermutigt demnach Angehörige beider Geschlechter zur Wahl eines geschlechtstypischen Berufes. Hypothese 1.4 kann ebenfalls bestätigt werden: Eine längere Schulbildungsdauer führt eher zu einem Männerberuf. Dieser Effekt gilt aber nur für Männer oder bei gleichzeitiger Betrachtung von Männern und Frauen. Es kann davon ausgegangen werden, daß es sich dabei um Berufe mit höherer Qualifikation handelt. Was den Notendurchschnitt155 und somit Hypothese 1.5 betrifft, so kann dieser Einfluß für Frauen bejaht werden. Je besser ihr Abschlußzeugnis ist156, um so wahrscheinlicher ergreifen sie einen Männerberuf. Hierbei ist logischerweise an Männerberufe mit überdurchschnittlicher Qualifikation zu denken. Nach den Modellen hat die Bildung und der Beruf der Eltern nur einen Einfluß auf die Berufswahl bei Mädchen, nicht aber bei Jungen.157 Für Mädchen kann also Hypothese 1.6 bestätigt werden: Sie profitieren von 155 Analysen mit den Abschlußnoten in den einzelnen Fächern ergeben keine signifikanten Koeffizienten. 156 Dies bedeutet geringere Werte bei der Variable „letzter Notendurchschnitt“.

IV. Determinanten für die Wahl eines Männer- oder Frauenberufs

205

einer längeren Bildung ihres Vaters und von dem Vorbild der Mutter, wenn diese einen Männerberuf ausübt oder ausgeübt hat. Die längere Bildung des Vaters könnte sich darin niederschlagen, daß die Mädchen ebenfalls besser ausgebildet werden und somit die Möglichkeit bekommen, einen qualifizierten (Männer-)Beruf zu ergreifen. Und wenn die Mutter einen außergewöhnlichen Beruf wählt, fühlt sich ein Mädchen möglicherweise ebenso ermutigt, einen für Mädchen untypischen Beruf zu wählen. Auch Hypothese 1.7 kann, wenn auch mit Einschränkungen, bestätigt werden. In den beiden Einzelmodellen für Frauen und für Männer ist die Variable zu den Geschwistern des jeweils anderen Geschlechts auf dem 10%-Niveau signifikant. Das heißt, daß Frauen mit Brüdern eher einen Frauenberuf und Männer mit Schwestern eher einen Männerberuf ausüben, sei es, weil sie selbst ihre Geschlechterrolle in der Familie auf den Beruf übertragen wollen oder weil die Eltern sie zu typischen Frauen und Männern erzogen haben, weil sie nicht die Rolle von nicht vorhandenen Geschwistern des anderen Geschlechts mit übernehmen müssen. Kinder passen sich also offenbar nicht den Eigenschaften der Geschwister anderen Geschlechts an, sondern setzen sich von ihnen ab, wenn es um die Berufswahl geht. Einschränkend ist zu diesem Thema zu sagen, daß der Effekt bei dem gepoolten Modell mit Interaktionseffekten verschwindet, denn hier hat nur bei Frauen das Vorhandensein von Schwestern einen signifikanten Einfluß, und zwar beeinflußt dies positiv die Wahrscheinlichkeit, einen Frauenberuf zu ergreifen. Dies muß sich nicht widersprechen, denn es kann bedeuten, daß Mädchen sich im Kontrast zu ihren Brüdern, aber im Einklang mit ihren Schwestern verhalten. Hypothese 1.8 kann in keiner Weise bestätigt werden: Ob ein Kind auf dem Land oder in einer Kleinstadt aufwächst, hat nach dieser Untersuchung keinen signifikanten Einfluß darauf, ob es eher einen Männer- oder Frauenberuf ergreift. Was Hypothese 1.9 betrifft, so kann sie teilweise für Frauen bestätigt werden. Ob in der Jugend musiziert wird, hat keinen Einfluß auf die Berufswahl, wohl aber, ob Sport getrieben wird, allerdings gilt dies nur für Frauen. Wenn Mädchen Sport treiben, erhöht sich für sie die Wahrscheinlichkeit, später einen Männerberuf auszuüben. Dabei kann der Kampfgeist in bezug auf eine höher qualifizierte Tätigkeit oder aber der körperliche 157 Werden nur solche Personen berücksichtigt, die noch im erlernten Beruf tätig sind (vgl. Kap. B., Fn. 146), so ist der Koeffizient für die Berufswahl der Mutter bei Mädchen nicht signifikant, der für die Berufswahl der Vaters bei Jungen jedoch schon. Damit kann möglicherweise darauf geschlossen werden, daß erst langfristig ein Einfluß von der Berufswahl der Mutter auf die Berufswahl von Mädchen ausgeht, der kurzfristig noch nicht vorhanden ist, während er bei Männern in bezug auf die Berufswahl ihres Vaters langfristig verschwindet.

206

B. Segregation und Berufswahlmechanismen

Einsatz bei einer eher geringer qualifizierten Tätigkeit, beispielsweise im Handwerk, eine Rolle spielen. 7. Abschließende Bemerkungen Die empirische Analyse zur Berufswahl deutet vor allem auf folgende wichtige Determinanten hin: Die Hauptschule ermuntert ihre Schüler, einen geschlechtertypischen Beruf zu ergreifen, und eine höhere Bildung bzw. ein (notenmäßig) besserer Abschluß führt eher zu einem Männerberuf. Bildung und Berufswahl der Eltern haben ebenfalls einen Einfluß auf die Berufswahl der Kinder. Bisherige Forschungsergebnisse zu diesem Thema können also bestätigt bzw. ergänzt werden. Nach dieser Untersuchung erhöhen eine höhere Bildung des Vaters und eine geschlechteruntypische Berufswahl der Mutter bei Mädchen die Wahrscheinlichkeit, daß sie ebenfalls einen Männerberuf ergreifen; bei Jungen ist ein solcher Einfluß nicht feststellbar. Auch das Geschlecht der Geschwister kann sich auf die Berufswahl von Mädchen auswirken, ebenso wie die Tatsache, daß ein Mädchen in seiner Jugend Sport getrieben hat. Die Ergebnisse legen somit nahe, daß es von Eltern beeinflußbare bzw. abhängige Faktoren gibt, die auf die Berufswahl der Töchter einwirken. Sowohl ihre eigene Bildung und Berufswahl als auch die Frage, auf welche Schule die Eltern ein Mädchen schicken und welche Freizeitbeschäftigung sie unterstützen, spielen eine Rolle. Insbesondere die Vorbildfunktion von Müttern, die sich in ein männerdominiertes Berufsfeld vorgewagt haben, ist zu betonen, d. h. diese Wahl wirkt sich nicht nur auf die Höhe der Segregation in der Elterngeneration aus, sondern wirkt auch fort bis in die Generation der Kinder. Aus diesem Zusammenhang kann indirekt auch abgelesen werden, daß bei Mädchen, die durch die untypische Berufswahl ihrer Mütter besser über männliche Berufsfelder informiert sind und somit freier in ihrer Entscheidung sein dürften, aber dennoch einen Frauenberuf ergreifen, andere Faktoren als der des gesellschaftlichen Zwangs vorliegen dürften. Gerade bei diesen Mädchen kann zumeist davon ausgegangen werden, daß bei der Berufswahl ihre wahren Präferenzen zum Tragen kommen. Die Ergebnisse weisen aber auch darauf hin, daß viele Einflußfaktoren, die entweder im Datensatz nicht vorliegen oder generell nur schwer zu operationalisieren sind, in der empirischen Analyse fehlen, was an der mangelhaften Güte des Gesamtmodells abzulesen ist. Daher sollten auch die vorliegenden Koeffizienten mit Vorsicht interpretiert werden, da eine Verzerrung aufgrund nicht berücksichtigter Variablen nicht auszuschließen ist. Vermutlich spielen unbeobachtbare persönlichkeitsbezogene Merkmale und Variablen, die die Antizipation der zukünftigen Rolle in Familie und Erwerbsleben abbilden, eine wichtige Rolle, die hier vernachlässigt werden mußte.

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung I. Einführung Zur Analyse der Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt ist eine isolierte Betrachtung der Einkommensdifferenz zwischen Männern und Frauen aus verschiedenen Gründen, die nachfolgend diskutiert werden, zu einseitig. Die Differenz ergibt sich vermutlich teilweise aus der Segregation, weshalb diese zuvor eingehend analysiert worden ist. Segregation soll jedoch nicht nur im Hinblick auf die Erklärung der Einkommensdifferenz instrumentalisiert werden, sondern soll per se schon einen zum Einkommen alternativen Benachteiligungsindikator darstellen. Ebenso sollen im folgenden noch weitere Indikatoren zur Beurteilung der Benachteiligung von Frauen am deutschen Arbeitsmarkt herangezogen werden, für die zwar ebenfalls ein Einfluß auf die Einkommensdifferenz vermutet werden kann, die aber für sich auch schon einen Maßstab zur Beurteilung von Benachteiligung von Frauen am deutschen Arbeitsmarkt darstellen können. Die schon im ersten und im vorangegangen Kapitel angesprochenen unterschiedlichen Präferenzen von Männern und Frauen lassen vermuten, daß eine Benachteiligungsanalyse, die sich auf den monetären Faktor beschränkt, möglicherweise den Präferenzen mancher Frauen nicht gerecht wird, denn eine eindimensionale Bezifferung der Benachteiligung von Frauen anhand des Faktors Einkommens setzt voraus, daß das alleinige Ziel der Erwerbstätigkeit die Einkommenserzielung ist. Falls noch andere Ziele eine Rolle spielen und somit ggf. zwischen verschiedenen Zielen abgewogen werden muß, wird dies bei Betrachtung der Einkommenslücke vernachlässigt. Ein Teil der Einkommenslücke wird zwar durch den Ausstattungseffekt „erklärt“, d. h. dadurch, daß Frauen im Durchschnitt weniger Humankapital aufweisen als Männer und – in der erweiterten Form der Einkommensregression – auch andere Merkmale, wie der Wille, Teilzeit zu arbeiten, bei den Geschlechtern unterschiedlich ausgeprägt sind. Daß solche Merkmale selbst aber auch einen Indikator für eine andere Form von Benachteiligung, die sich nicht nur am Monetären orientiert, darstellen, wird häufig vernachlässigt. Entscheidet sich eine Frau beispielsweise bewußt für Teilzeitarbeit, so vermindert dies zwar ihren durchschnittlichen Stundenlohn. Daß diese Wahl aber freiwillig ist und der Frau aufgrund ihrer stark zeitorientierten Präferenzen vielleicht einen hohen Nutzen verschafft, der die Diskriminierung eventuell kompensieren kann, wird nicht berücksichtigt. Für die Ver-

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C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

nachlässigung anderer Indikatoren können insbesondere zwei Gründe angeführt werden: Zum einen können die wahren Präferenzen der Frauen häufig nicht festgestellt werden, weshalb nicht ermittelt werden kann, ob eine Teilzeitbeschäftigung wirklich freiwillig oder nicht vielmehr aufgrund familiärer Verpflichtungen ergriffen wird. Zum anderen wird häufig argumentiert, daß das Einkommen als monetäre Größe so flexibel ist, daß es mit nahezu allen Präferenzen kompatibel ist. Güter können nur käuflich erworben werden, und selbst negative Komponenten einer Beschäftigung können vielfach durch ein höheres Einkommen kompensiert werden. Dennoch muß Geld nicht immer das Maß aller Dinge sein, denn es sprechen auch viele theoretische Gründe und Beobachtungen dafür, anzunehmen, daß sich die Präferenzen von Männern und Frauen unterscheiden, was z. B. durch die deskriptive Statistik zur gewünschten Arbeitszeit gestützt wird: Danach wünschen sich Frauen eine deutlich kürzere wöchentliche Arbeitszeit als Männer. Ein weiteres Beispiel sind die bisherigen Ausführungen zur unterschiedlichen Berufswahl von Frauen und Männern: Bei Frauen spielt das Einkommen offenbar eine nicht so wichtige Rolle wie bei Männern.1 Auch wenn diese Arbeit keinen Beitrag dazu leisten will und kann, zu untersuchen, ob sich die Präferenzen von Männern und Frauen tatsächlich systematisch unterscheiden, so spricht dennoch einiges dafür, daß dies zumindest bei einem Teil der Frauen der Fall ist. Möglicherweise handelt es sich hierbei gerade um „typische“ Frauen, d. h. um solche, bei denen sich dies auch in ihrer Berufswahl äußert. Die Berufswahl kann dabei auch als Proxy für unbeobachtbare weibliche Präferenzen aufgefaßt werden, wenn man den Präferenzen bei der Berufswahl eine gewichtige Rolle zugesteht. Aus diesem Grund soll in diesem Kapitel insbesondere der Einfluß der Berufswahl auf mögliche alternative Indikatoren geprüft werden. Es werden folgende Indikatoren ausgewählt: Teilzeitbeschäftigung, befristeter Arbeitsvertrag, Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen sowie horizontaler und vertikaler Qualifikationsmismatch. Alle Indikatoren können wiederum einen Einfluß auf das Einkommen haben; es soll aber betont werden, daß die Indikatoren an sich auch schon eine Benachteiligung ausdrücken können. Es ist also auch denkbar, daß Frauen zwar beim Einkommen benachteiligt werden, dafür haben sie aber vielleicht Vorteile bei anderen Indikatoren. Auf der anderen Seite können auch bei jedem Indikator Gründe dafür sprechen, diese vermeintliche Benachteiligung freiwillig zu akzeptieren, da andere Vorteile mit ihr verbunden sein können oder aufgrund einer angespannten Arbeitsmarktlage das „perfekte Arbeitsverhältnis“ schwer zu realisieren ist. In diesem Fall muß sich der Arbeitnehmer für einen Kompromiß entscheiden, der u. U. in einer freiwilligen Reduktion der Einkommensansprüche 1

Vgl. z. B. Kap. B.II.1.b).

I. Einführung

209

münden kann, um andere Ziele zu realisieren. Die Liste der hier gewählten Benachteiligungsindikatoren erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vorstellbar sind weitere Indikatoren wie das Arbeitslosigkeitsrisiko, Aufstiegsmöglichkeiten oder Arbeitszufriedenheit, auf die hier allerdings nicht eingegangen werden kann. Die gewählten Indikatoren können nicht als vollkommen unabhängig voneinander angesehen werden, vielmehr bestehen teilweise gegenseitige Einflüsse, jedoch nicht zwischen allen Indikatoren gleichermaßen. Daher werden die Indikatoren gegenseitig als erklärende Variablen in die jeweiligen Modelle aufgenommen, es besteht allerdings nur in einem Fall ein wirkliches Endogenitätsproblem mit Interdependenz. Einen Überblick über die angenommenen Wirkungsrichtungen der einzelnen Indikatoren aufeinander liefert nachfolgende Graphik (Abb. 20). Die Abbildung zeigt, daß Interdepenzen dadurch weitgehend vermieden werden können, daß die Teilnahme an Weiterbildung in der Vergangenheit als erklärende Variable gewählt wird, während die aktuelle Teilnahme an Weiterbildung die erklärte Variable bildet. Die Hypothesen zu den Vorzeichen werden in den folgenden Unterkapiteln hergeleitet und überprüft. Das einzige Indikatorenpaar, bei dem die Ursache-Wirkungs-Richtung nicht

Weiterbildung 2001/02

Weiterbildung 2003/04





+/–

– Befristung

+



+/– +

Teilzeit-/ geringfügige Beschäftigung

! +/– Qualifikationsmismatch

+



+





Einkommen Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 20: Gegenseitige Einflußnahme der Indikatoren aufeinander

210

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

eindeutig ist (siehe Warnzeichen), wird gebildet durch den Qualifikationsmismatch und die Teilzeit- bzw. geringfügige Beschäftigung. Da vermutet wird, daß der jeweilige Indikator nicht die wichtigste erklärende Variable für den jeweils anderen Indikator darstellt, wird die Interdependenz vernachlässigt, d. h. beide Indikatoren werden jeweils als exogen betrachtet, wenn sie den anderen erklären sollen. Letztendlich wirken alle Indikatoren dieses Kapitels mehr oder weniger auf das Einkommen ein, ein möglicher Einfluß des (erwarteten) Einkommens auf die anderen Indikatoren sowie eine nicht auszuschließende Interdependenz der Indikatoren mit Humankapitalvariablen wird außer acht gelassen.

II. Teilzeitbeschäftigung 1. Teilzeitbeschäftigung als Benachteiligung a) Einführung Warum der Indikator „Teilzeitbeschäftigung“2 der Beschreibung der Benachteiligung von Frauen dienen kann, bedarf der Erklärung, da man zunächst einmal nicht davon ausgehen würde, daß Frauen, die Teilzeit arbeiten, grundsätzlich benachteiligt sind. Vielmehr sind es ja häufig die Frauen selbst, die eine Teilzeitbeschäftigung wünschen und froh sind, wenn der Arbeitgeber diese für sie einrichten kann. Aus diesem Grund ist dieser Indikator nicht der nächstliegende, und Teilzeitbeschäftigung an sich stellt auch nicht für alle Frauen einen Nachteil dar. Es gibt allerdings auch nicht wenige Frauen, die nur deshalb Teilzeit arbeiten, weil sie keine Vollzeitstelle finden. In diesen Fall ist die Benachteiligung dann offensichtlich.3 Der Indikator wird in die Liste aufgenommen, da er zwar oft nicht vordergründig, aber auf den zweiten Blick durchaus eine Benachteiligung darstellen kann, selbst wenn die Frauen, die freiwillig Teilzeit arbeiten, sich dessen gar nicht gewahr sind. Zunächst einmal kann die Benachteiligung darin bestehen, daß Frauen aufgrund ihres Rollenmusters in Teilzeit ge2 Teilzeitbeschäftigung kann in unterschiedlichen Formen auftreten (vgl. Schmal (1997), S. 26): Dazu gehören die tägliche Arbeit mit verminderter Stundenzahl sowie die Schichtarbeit in Teilzeit und die Blockteilzeitarbeit an einigen Tagen der Woche, die auch Job-sharing beinhalten können. Daneben gibt es weitere Arten der Teilzeitarbeit wie z. B. Arbeitszeitkonten, variable Arbeitszeit auf Abruf oder Arbeit in zeitautonomen Gruppen. Hinzu kommt die Form der Altersteilzeit, bei denen Beschäftigte vor ihrem Austritt aus dem Erwerbsleben weniger Stunden arbeiten. 3 Eine Übersicht über internationale Literatur zu Teilzeit mit Trends liefert Kalleberg (2000). Zum Vergleich zwischen „guten“ und „schlechten“ Teilzeitjobs bzw. „typischen“ und „atypischen“ Beschäftigungsverhältnissen vgl. Kalleberg et al. (2000).

II. Teilzeitbeschäftigung

211

drängt werden.4 Dabei haben sie möglicherweise ihre Rolle schon so verinnerlicht, daß sie diese Abdrängung gar nicht mehr bemerken und eine Teilzeitarbeitsstelle nur im Vergleich zur Alternative der reinen Hausarbeit betrachten. Aus dieser Perspektive stellt Teilzeit sicherlich einen großen Vorteil dar. Verglichen mit Vollzeit ist dies aber nur eine Second-best-Lösung, vor allem, wenn man sich die weiteren Nachteile einer Teilzeitbeschäftigung näher betrachtet. Diese bestehen nämlich darin, daß – wie in Kapitel D. eingehend geprüft werden wird – ein Lohnabschlag beim Stundenlohn allein aufgrund der Teilzeitbeschäftigung in Kauf genommen werden muß, der sich auch auf zukünftige Löhne auswirken kann. Weiterhin können andere mutmaßliche Nachteile genannt werden, wie z. B. eine geringere Teilnahme von Teilzeitbeschäftigten an Weiterbildung sowie mangelnde Aufstiegs- und Karrierechancen. Natürlich kann es auch möglich sein, daß die Präferenzen vieler Frauen sich dahingehend von denen der Männer unterscheiden, daß sie sehr gerne oder sogar lieber Teilzeit arbeiten als Männer, weil ihnen viel daran liegt, genügend Zeit für die Familie zu haben. Dies trifft aber sicherlich nicht auf alle Mütter zu, und vielfach ist der Wunsch nach Teilzeit nicht intrinsisch motiviert, sondern entsteht aufgrund des Rollenzwangs, wegen fehlender Kinderbetreuungsangebote oder weil die Hausarbeit nicht gleichmäßig auf den Schultern der Frauen und Männer lastet.5 Mit der Entscheidung für Teilzeit werden allerdings zwangsläufig stets Auswirkungen auf andere Merkmale, insbesondere auf das Einkommen, in Kauf genommen. Große Teile der Argumentation sind nicht nur auf Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse anwendbar, sondern auch auf geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, obwohl diese nicht so typisch für Frauen sind wie die Teilzeitarbeit und zudem häufig eine Nebenerwerbstätigkeit darstellen. Bei dieser nicht sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsart sind die Nachteile für Frauen jedoch klarer: Sie erwerben keine Rentenansprüche und sind somit weitgehend von ihren Ehemännern abhängig. Die Determinanten der Teilzeitbeschäftigung sollen nicht nur mittels der Abgrenzung von der Vollzeitbeschäftigung bestimmt werden, sondern auch im Verhältnis zur geringfügigen Beschäftigung. Somit stellt die Teilzeitbeschäftigung später die Referenzgruppe in einem multinomialen Logit-Modell dar. Wenn im folgenden auf die Motive der Arbeitgeber und insbesondere der Arbeitnehmer eingegangen wird, dann sollen damit nicht nur ökonomische, sondern auch nicht-ökonomische Gründe angesprochen werden, die auf im weiteren Sinne rationale Präferenzen zurückgeführt werden können. 4 Vgl. zur Rolle der Teilzeitarbeit im Zusammenhang mit der „traditionellen innerfamiliären Arbeitsteilung“ Schimany (1991). 5 Vgl. Killmann/Klein (1997), S. 84, und Bäcker/Stolz-Willig (1994).

212

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

b) Motive der Arbeitnehmer für Teilzeitarbeitsverhältnisse Das Hauptmotiv, warum viele Frauen „freiwillig“6 eine Teilzeittätigkeit anstreben, ist der Wunsch nach Zeitsouveränität.7 Diese Art der Tätigkeit vergrößert den Spielraum für eine flexible Arbeitszeit- und Lebensgestaltung, was nicht nur die Zeit für die Familie verlängert und die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit ermöglicht, sondern auch die Möglichkeit für mehr Freizeit, für die Erfüllung von Ehrenämtern, für Weiterbildung und für einen eventuellen Nebenerwerb bietet. Bei Männern in Teilzeitarbeitsverhältnissen spielen letztere Gründe ebenso eine Rolle wie eine starke Präferenz für Freizeit oder aber gesundheitliche Einschränkungen, die keine Vollzeittätigkeit erlauben.8 Für Frauen kann Teilzeit ein Mittel dazu sein, den Berufswiedereinstieg zu erleichtern9, denn so können sie frühzeitig nach einer Familienpause wieder Kontakt zum Arbeitmarkt aufnehmen, so daß ihr Humankapital möglichst wenig Entwertung erfährt. Sie können evtl. neue Qualifikationen erwerben und weiterhin Berufserfahrung sammeln. Diese immerhin gegebenen Vorteile beim Wiedereinstig implizieren aber gleichzeitig auch Nachteile: So, wie die Bereitstellung von Teilzeitarbeitsplätzen im positiven Fall dafür sorgt, daß der Anteil der Frauen an den Erwerbstätigen steigt, so kann diese Bereitstellung gleichzeitig zur Folge haben, daß immer weniger Frauen Vollzeit arbeiten. Dies kann dazu beitragen, daß die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau zementiert wird, was zur 6 Zur Diskussion, inwieweit der Wunsch nach Teilzeit wirklich freiwillig ist, vgl. z. B. Hakim (1995) und Walsh (1999). Während Hakim die feministische Sichtweise, nach der Frauen zu Teilzeit gezwungen werden, kritisiert und betont, daß viele Frauen freiwillig Teilzeit arbeiteten und das Ansehen von Teilzeitbeschäftigung von Feministen schlechtgeredet werde, nimmt Welsh eine detaillierte Analyse der Teilzeitbeschäftigten vor und bezieht sich auf die große Heterogenität in den freiwilligen und unfreiwilligen Motiven bei den Frauen, die Teilzeit arbeiten. Levenson (2000) findet in einer Längsschnittstudie für die USA heraus, daß bezüglich der „Freiwilligkeit“ Unterschiede zwischen Männern und Frauen bestehen. Danach seien Männer häufig dann von unfreiwilliger Teilzeit betroffen, wenn sie „low-skill workers“ seien. Bei Frauen hingegen sei unfreiwillige Teilzeit zu einem großen Teil auf die steigende Erwerbsbeteiligung von Frauen im Zeitablauf zurückzuführen, denn es könnten nicht immer zeitgleich genügend Vollzeitarbeitsplätze bereitgestellt werden. Daher wird das Problem für Frauen als ein vermutlich vorübergehendes bezeichnet. 7 Übersichten zu den unterschiedlichsten Motiven von Arbeitnehmern und Arbeitgebern für Teilzeitarbeitverhältnisse finden sich z. B. bei Schmal (1997), Kap. 1, und Walwei/Werner (1995). Zu den Gefahren vgl. auch Bäcker/Stolz-Willig (1994). 8 Vgl. Killmann/Klein (1997), S. 87. Männer tendieren in diesen Fällen allerdings eher zu geringfügiger Beschäftigung, unter den nicht Vollzeit arbeitenden befinden sich viele Studenten oder Rentner, während Frauen sich hauptsächlich mitten im erwerbsfähigen Alter befinden, wenn sie Teilzeit arbeiten (vgl. Wanger (2004), S. 2). 9 Vgl. Walwei/Werner (1995), S. 366.

II. Teilzeitbeschäftigung

213

weiteren Segmentierung am Arbeitsmarkt führt.10 Eine solche für alle „bequeme“ Lösung ohne starke Anreize für Frauen, Vollzeit zu arbeiten, kann u. U. gefährlicher für die Karrierechancen von Frauen sein als eine kurze Familienpause, der sich ein Vollzeitarbeitsverhältnis anschließt. Teilzeitarbeit kann zu mangelnden Karrierechancen oder sogar zu Abstiegsprozessen führen. Beim Einkommen pro Stunde müssen zusätzliche Abschläge in Kauf genommen werden, und Renten- und Arbeitslosengeldansprüche sinken, was u. U. eine höhere Abhängigkeit vom Mann nach sich zieht. Eventuell muß mit einem Ansehens- und Statusverlust sowie mit der Gefährdung der Rückkehr auf eine Vollzeitstelle und anderen Problemen im Unternehmen gerechnet werden. Ebenso wie auch befristete Arbeitsverhältnisse instabile Erwerbsverläufe erst hervorrufen können11 und somit nicht immer eindeutig positiv von der Arbeitslosigkeit abgegrenzt werden können, können auch Teilzeitarbeitsverhältnisse zu einer Stigmatisierung der betreffenden Personen führen. Dies ist insbesondere auch dann der Fall, wenn Arbeitslose mangels Vollzeitalternativen Teilzeitarbeitsplätze annehmen. c) Motive der Arbeitgeber für Teilzeitarbeitsverhältnisse Die Motive der Arbeitgeber für den Einsatz von Teilzeit können vielfältig sein12, es bleibt aber meist offen, ob der Anstoß für Teilzeitarbeit von seiten der Unternehmen oder vielmehr von den Arbeitnehmern kommt. Unternehmen versprechen sich von dem Einsatz von Teilzeitarbeitskräften mehr Rationalität und Produktivität, was u. a. auf eine höhere Arbeitsmotivation und einen flexibleren Personaleinsatz mit erhöhter Personalverfügbarkeit z. B. bei Krankheit, Urlaub oder Kündigung von Mitarbeitern zurückgeführt werden kann.13 Die Betriebszeit kann ausgedehnt werden, so daß Betriebsmittel durch zeitlich versetzte Anwesenheit länger genutzt werden können. Durch eine Kombination von Vollzeit- und Teilzeitarbeitskräften kann Mehrarbeit mit den entsprechenden Zuschlägen verringert werden. Nicht nur für Mütter, sondern auch für gesundheitlich Eingeschränkte oder zur Vorbeugung von Gesundheitsschäden mit entsprechend höheren Fehlzeiten kann Teilzeitarbeit eine adäquate Alternative sein. Bewährte Mitarbeiterinnen können nach einer Familienpause weiterbeschäftigt werden, so daß keine Verschwendung von Humankapitalinvestitionen auftreten muß. Als weiterer Grund für Teil10

Vgl. Killmann/Klein (1997), S. 89, und Notz (1992), S. 52. Vgl. Kap. C.III.1.b). 12 Vgl. zu den Motiven der Arbeitgeber auch Wanger (2004), S. 2 ff. 13 Lee et al. (2000) untersuchen, inwieweit bewußt reduzierte Arbeitszeiten bei Managern auch zum „organizational learning“ beitragen können. Reduzierte Arbeitslast könne dazu genutzt werden, produktivere Arbeitswege zu finden und Prioritäten im Hinblick auf das „core business“ zu setzen. 11

214

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

zeit wird, ähnlich wie bei befristeten Arbeitsverhältnissen, die Möglichkeit des Screenings der Arbeitnehmer für Vollzeitstellen genannt.14 Durch den Einsatz von Teilzeitarbeit können dem Unternehmen aber auch Nachteile entstehen. Üblicherweise ist der Koordinations- und Kontrollaufwand höher, und die Personalkosten in Form von Arbeitsfixkosten steigen. Mehr Teilzeitarbeit bedeutet in den meisten Fällen mehr Stellen, so daß mit höheren Infrastrukturkosten pro Arbeitsstunde gerechnet werden muß. In einigen Fällen sind Stellen oder Arbeitsaufgaben nicht teilbar, so daß Teilzeit nicht in Frage kommt. Kleinere Betriebe, die ihre Mitarbeiterzahl unter der Schwelle für die Einrichtung eines Betriebsrats oder das Gelten bestimmter Kündigungsschutzregelungen halten wollen, werden lieber weniger Vollzeit- als mehr Teilzeitkräfte einstellen. Aufgrund dieser Nachteile kann der Wunsch nach Teilzeit also durchaus ein Einstellungshemmnis darstellen.15 Häufig rationalisieren Unternehmen bei Bildung einer Teilzeitstelle lediglich die Aufgaben einer Vollzeitstelle.16 Dies impliziert für das Unternehmen eine höhere Produktivität, für den Arbeitnehmer kann es aber auch mehr Streß verursachen, was die Produktivität u. U. wieder sinken läßt.17 Negativ für Beschäftigten und das Unternehmen wirkt sich zudem aus, daß der Einsatz von Teilzeitarbeitskräften der Kooperation und Kommunikation zwischen den Beschäftigten nicht dienlich ist, da die Gefahr der Isolierung von Teilzeitbeschäftigten mit mangelndem Informationsaustausch besteht. Außerdem werden Teilzeitbeschäftigte von vielen Unternehmen als nicht genügend berufsidentifiziert angesehen.18 Selbst wenn der Produktivitätseffekt von Teilzeit gegenüber Vollzeit nicht eindeutig ist, so genügen vielfach schon Vorurteile, um die Benachteiligung von Teilzeitarbeitskräften begründen zu können. Bestimmte betriebliche Kontextfaktoren scheinen den Einsatz von Teilzeitarbeitskräften zu begünstigen. Es kann aber auch erhöhter Teilzeitein14

Vgl. Houseman (2001). Vgl. Wanger (2004), S. 5. 16 Vgl. Wanger (2004), S. 5. 17 Kreuz/Preisendörfer (1984) weisen darauf hin, daß empirisch kein Zusammenhang zwischen der Länge der Arbeitszeit und der psychosomatischen Belastung besteht; vielmehr spiele der Zeitdruck eine viel größere Rolle für die Streßentwicklung. Dies spricht gegen Teilzeit mit einer Intensivierung der Arbeit, allerdings ist auch zu beachten, daß Teilzeit wiederum den privaten Streß abbauen kann, der auch Auswirkungen auf die Arbeit haben kann. Barzel (1973) weist in diesem Zusammenhang allerdings auch auf Start-up-Effekte hin, die die Produktivität von Teilzeitbeschäftigten verringerten, weil diese, ebenso wie Vollzeitbeschäftigte, zu Beginn eines jeden Arbeitstages eine Anlaufphase benötigten. 18 Vgl. Bäcker/Stolz-Willig (1994). 15

II. Teilzeitbeschäftigung

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satz zu bestimmten betrieblichen Strukturen führen. So geht eine hohe Nutzung von Teilzeitarbeit mit einem hohen Frauenanteil im Betrieb und einem niedrigen Qualifikationsniveau der Belegschaft einher. Unternehmen mit hoher Teilzeitquote sind eher jünger, schneiden aber in ihrer wirtschaftlichen Innovationskraft und bei ihren Erweiterungsinvestitionen schlechter ab. Diese Betriebe haben eine entwickelte Personalarbeit und besonders häufig einen Betriebsrat.19 Es handelt sich dabei vielfach um kleinere Betriebe, und zwar besonders im Handel und privaten Dienstleistungsbereich. Die Ausweitung der Teilzeit während des letzten Jahrzehnts ist sowohl auf eine stärkere Nutzung der Teilzeit insgesamt als auch auf eine Ausweitung der Betriebe, die überhaupt Teilzeit anbieten, zurückzuführen.20 2. Anwendungsmöglichkeiten von Diskriminierungs- und Benachteiligungstheorien auf Teilzeitbeschäftigung Die vorangegangenen Abschnitte haben gezeigt, welche Faktoren auf Seiten der Arbeitnehmer und Arbeitgeber den Einsatz von Teilzeitarbeitsverträgen begünstigen, aber auch, was dagegenspricht. Es wurde dargelegt, inwieweit Frauen von Teilzeit besonders betroffen sind, und warum dies unter mehreren Gesichtspunkten als Benachteiligung angesehen werden kann. Nun soll überprüft werden, inwieweit die in Kapitel A. herausgearbeiteten Theorieansätze zu Diskriminierung und Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt auf den Indikator „Teilzeit“ anwendbar sind. Dabei soll nicht explizit untersucht werden, ob echte Diskriminierung oder Benachteiligung aus anderen Gründen vorliegt. Es sollen lediglich die aufgrund der Theorien möglichen Wirkungsmechanismen, die zur Benachteiligung führen, aufgezeigt sowie untersucht werden, ob die jeweilige Theorie im Zusammenhang mit diesem Indikator eher nachfrage- oder angebotsseitig anwendbar ist. Betrachtet man analog zu Kapitel A. zunächst die ökonomischen Theorien und bezieht auch die jeweilige Kritik daran mit ein, dann ist zuallererst die „Urform“ der Diskriminierungstheorien, das Präferenzmodell, zu überprüfen. Aufgrund der grundsätzlichen Kritik an diesem Modell kann auch in bezug auf Teilzeit im Prinzip nur bei Vorliegen von Marktunvollkommenheiten, d. h. in Verbindung mit Marktmacht bei unvollständiger Konkurrenz, diskriminiert werden, da sonst das diskriminierende Unternehmen im Wettbewerbsprozeß vom Markt verdrängt wird. Aufgrund des negativen Nutzens, der durch weibliche Mitarbeiter entsteht, ist es zwar nicht naheliegend, aber immerhin theoretisch vorstellbar, daß sich Arbeitgeber oder Kollegen dafür einsetzen, daß Frauen möglichst nur halbtags im Unternehmen 19 20

Vgl. Leber (1999), S. 4. Vgl. Düll/Ellguth (1999), S. 271 und 279.

216

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

sind. Wenn Frauen in typischen Vollzeitbranchen aufgrund eines hohen negativen Nutzens beim Arbeitgeber oder bei den Mitarbeitern sehr hohe Einkommenseinbußen hinnehmen müßten, dann ist es auch möglich, daß sie sich anderen Branchen zuwenden, in denen Teilzeit üblicher ist und sie eher „geduldet“ werden. Aus Sicht der Crowding-Theorie, die sich mit Arbeitsmarktbarrieren bei Frauen beschäftigt, oder bei Vorliegen eines Monopsons mit einem nicht vollkommen elastischen Arbeitsangebot von Frauen ist der hohe Frauenanteil bei Teilzeitstellen damit zu erklären, daß den Frauen bei ihren eingeschränkten Möglichkeiten keine andere Wahl bleibt, als Teilzeitstellen anzunehmen, wenn zu wenig Vollzeitstellen zur Verfügung stehen. Diese drei Theorien wären also in gewissem Maße geeignet zu erklären, warum Frauen häufiger auf den „schlechteren“ Teilzeitstellen anzutreffen sind. Allerdings gehen diese Theorien von einer nachfrageseitigen Erklärung aus, und dies dürfte bei Teilzeit im überwiegenden Maße nicht der Fall sein. Vielmehr wünschen sich die Frauen (mehr oder weniger freiwillig) selbst, auf einer Teilzeitstelle eingesetzt zu werden. Für diese Fälle wären also angebotsorientierte Theorieansätze zur Erklärung des hohen Frauenanteils besser geeignet. Hier ist zunächst die Humankapitaltheorie zu nennen, mit der auch die negativen Folgen einer Teilzeitbeschäftigung erklärt werden können. Frauen könnten sich schon vor einer Teilzeitbeschäftigung dazu entschließen, wenig in ihr Humankapital zu investieren, weil sie antizipieren, daß sie später im Familienzusammenhang mehr als ihr Mann für die Haus- und Familienarbeit zuständig sein werden. Tritt dieser Fall dann ein, so wird es tatsächlich zu dieser Arbeitsteilung kommen, da es sinnvoller ist, daß der wahrscheinlich besser ausgebildete Mann Vollzeit arbeitet, weil er ein höheres Einkommen erzielen kann. Die Frau hingegen wird sich für Teilzeit entscheiden, weil ihr Einkommen vergleichsweise gering wäre. Aufgrund der niedrigeren Humankapitalinvestitionen, aber auch wegen der Teilzeitarbeit, wird die Frau weniger verdienen und geringere Aufstiegschancen haben, was die eigentlichen Benachteiligungen bei Teilzeit sind. Tatsächliche oder antizipierte statistische Diskriminierung wirkt auf dieselbe Weise über Feedback-Effekte: Wenn Frauen sich schlechtere Arbeitsmarktchancen ausrechnen, werden sie weniger in ihr Humankapital investieren, so daß es zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung kommt und es für sie sinnvoller ist, nur Teilzeit zu arbeiten, um auch Zeit für den Haushalt zu haben. Über die statistische Diskriminierung baut sich bei den Arbeitgebern das Bild der Frau auf, die in der Familienphase sehr wahrscheinlich Teilzeit arbeiten will. Dies beeinflußt die Humankapitalinvestitionen der Betriebe in die Frauen negativ. Sollte es von der Betriebs-, d. h. von der Nachfrageseite her nötig sein, beispielsweise aus Rationalisierungsgründen einige Vollzeitstellen in Teilzeitstellen umzuwandeln, dann werden die Be-

II. Teilzeitbeschäftigung

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triebe diese Stellen hauptsächlich Frauen anbieten, da diese sie sowieso früher oder später wünschen würden und es den Betrieben auch gelegen kommt, daß diejenigen Mitarbeiter, in die sie viel investiert haben (demnach also Männer), Vollzeit arbeiten, damit sich die Investitionen auszahlen. Wenn aufgrund der statistischen Diskriminierung Betriebe auch eine kürzere Verweildauer von Frauen im Betrieb erwarten, werden sie Frauen ebenfalls lieber auf Teilzeitstellen sehen, da der Verlust einer Teilzeitkraft aufgrund von Abwanderung nicht so hohe (finanzielle) Risiken birgt wie der Verlust einer Vollzeitkraft. So fallen einige selbstverstärkende Effekte zusammen, aufgrund derer Frauen eher Teilzeit arbeiten, mit den genannten negativen Konsequenzen. Bei der Ausschreibung von Teilzeitstellen ist sehr stark mit einer Selbstselektion von Frauen zu rechnen. Wenn sich überwiegend Frauen auf die Stelle bewerben, dann ist auch die Wahrscheinlichkeit höher, daß sie letztendlich mit einer Frau besetzt wird. Möglich ist auch, daß allein das Signal „Frau“ dazu führt, daß eine Frau bei der Besetzung von Teilzeitstellen bevorzugt wird, sei es aus Tradition21 oder aus den vorher beschriebenen Risikoüberlegungen des Unternehmens. Die Theorien der impliziten Verträge sowie der Effizienzlöhne sind nur schwer mit der Erklärung des hohen Frauenanteils bei Teilzeit in Verbindung zu bringen, da sie hauptsächlich zur Erklärung von Lohnunterschieden aufgestellt wurden. Falls Teilzeitstellen ein Zugeständnis an die Frauen sind, dann kann nach der Theorie der impliziten Verträge damit als Ausgleich ein geringeres Einkommen einhergehen. Damit erklärt diese Theorie aber noch nicht, worin der höhere Anteil von Frauen auf Teilzeitstellen begründet liegt. Werden Männer häufiger auf Effizienzlohnstellen eingesetzt und behalten sie diese nur, wenn sie sich bereit erklären, Vollzeit zu arbeiten, dann kann dies auch ein Grund dafür sein, daß Männer häufiger Vollzeit arbeiten als Frauen. Das Insider-Outsider-Modell kann eine Erklärung dafür liefern, warum Teilzeitstellen schlechter bezahlt werden, denn Gewerkschaftsfunktionäre werden sich üblicherweise hauptsächlich für die „Normalarbeitsverhältnisse“ stark machen. Dies kann sich nur negativ auf Teilzeitstellen auswirken, insbesondere was Entlohnung, Urlaub und dergleichen betrifft. Sollte Teilzeit aufgrund von Rationalisierungs- und Einsparmaßnahmen notwendig werden, dann werden sich Gewerkschaften und Betriebsräte, die zur Mehrzahl aus Männern bestehen, dafür einsetzen, daß dies möglichst nur typische Frauenarbeitsplätze betrifft. Sie werden argumentieren, daß Frauen so21 Männer müßten vermutlich explizit eine Begründung liefern, warum sie Teilzeit arbeiten wollen (und würden dabei u. U. als „unnormal“ gelten), während von Frauen normalerweise keine verlangt wird.

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C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

wieso häufig Teilzeit wünschen und daß Männern, die häufig Alleinverdiener in Familien sind, eine Teilzeitstelle nicht zugemutet werden kann. Aber schon allein der „gut gemeinte“ Einsatz des Betriebsrates für mehr Teilzeit kann schädlich sein, da dann mehr Frauen zwar in dem von ihnen gewünschten Teilzeitarbeitsverhältnis arbeiten können, dies aber die entsprechenden negativen Folgen verstärkt und Teilzeit auf noch mehr Frauen ausbreitet. Nun sollen noch die dargestellten nicht-ökonomischen Theorien überprüft werden. Wenn Teilzeitstellen wiederum aufgrund von Lohnabschlägen und geringeren Aufstiegschancen als Stellen im sekundären Markt angesehen werden, dann kann die Segmentationstheorie durchaus einen Beitrag zur Erklärung der Benachteiligung von Frauen durch Teilzeit liefern. Dies wird auch bei den Job-competition-Theorie von Thurow deutlich: Wenn Frauen auf jeder Stufe hinter den Männern in der Warteschlange stehen, dann müssen sie sich damit zufriedengeben, was ihnen übrigbleibt, und das sind möglicherweise nicht genug Vollzeitstellen für alle, die gern Vollzeit arbeiten würden. Wenn Teilzeitstelleninhaber hinter Vollzeitstelleninhabern in der Schlange positioniert sind, so werden die negativen Konsequenzen von Teilzeit in Form von geringeren Aufstiegschancen sichtbar. Als nächstes soll die Theorie des „weiblichen Arbeitsvermögens“ beleuchtet werden. Sie ist hier allerdings nur insoweit zur Erklärung geeignet, als die Herleitung der eigentlichen Theorie brauchbar ist. Da davon ausgegangen wird, daß Frauen besonders gut dafür geeignet sind, Familienarbeit zu übernehmen, kann auch erklärt werden, daß sie nur halbtags erwerbstätig sind und sich ansonsten um Familie und Haushalt kümmern. Die Qualifikations- und Beschäftigungsstruktur von Frauen kann kaum in Zusammenhang mit dem Indikator „Teilzeitbeschäftigung“ gebracht werden. Allerdings liefern die auch unter dieser Rubrik angesprochenen Gesetze, die Frauen entgegenkommen, einen großen Beitrag zur Erklärung, warum Frauen mehr Teilzeit arbeiten. Wenn ihnen – wie im Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG), das seit 2001 in Deutschland gilt – von rechts wegen die Möglichkeit zusteht und sie weniger individuell um eine Teilzeitstelle kämpfen müssen, dann werden sie sich eher für eine solche entscheiden. Die Präferenzstruktur von Frauen kann u. U. auch dazu beitragen, daß Frauen häufiger Teilzeit arbeiten. Wenn sie weniger Wert auf Einkommen und vielleicht mehr auf freie Zeit legen, so werden sich Frauen vielleicht eher als Männer dazu entschließen, Teilzeit zu arbeiten, insbesondere wenn sie nur „Hinzuverdiener“ in einem Haushalt sind.

II. Teilzeitbeschäftigung

219

3. Ableitung von Hypothesen zu den Determinanten von Teilzeitbeschäftigung Aus den vorangegangenen Abschnitten, die die Motive der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie die verschiedenen Diskriminierungstheorien zur Erklärung der höheren Teilzeitquote bei Frauen im Gegensatz zu Männern herangezogen haben, sollen nun zusammenfassend Hypothesen zum Zusammenhang dieses Indikators mit den anderen Indikatoren und vor allem mit der Geschlechts- und der Berufsgruppenzugehörigkeit aufgestellt werden. Die Hypothesen sind hier wie in den weiteren Unterkapiteln ceteris paribus zu verstehen. Zunächst soll das Geschlecht betrachtet werden. Die deskriptiven Statistiken haben aufgezeigt, daß der Anteil der Frauen, die Teilzeit arbeiten, deutlich höher ist als der Anteil der Männer. Auch die Theorien geben verschiedene schlagkräftige Argumente vor, warum vor allem Frauen Teilzeit arbeiten. Daraus wird die folgende Hypothese abgeleitet: Hypothese 2.1: Frauen arbeiten häufiger Teilzeit als Männer. Da Frauen ihren Beruf u. a. danach aussuchen, ob dieser mit der Familientätigkeit vereinbar ist, liegt es nahe zu vermuten, daß Frauenberufe häufiger in Verbindung mit Teilzeit ausgeübt werden, da beides zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beiträgt. Möglicherweise werden auch von der Arbeitsnachfrageseite speziell in Frauenberufen mehr Teilzeitstellen angeboten, um den Frauen entgegenzukommen und gut ausgebildete Frauen zur Bewerbung zu ermuntern oder um sie an den Betrieb zu binden. Hypothese 2.2: Frauenberufe werden häufiger in Teilzeit ausgeübt als Männerberufe. Die zu prüfenden Hypothesen zum Zusammenhang zwischen Teilzeit und den anderen Indikatoren sind deutlich schwieriger aufzustellen, da die Überlegungen zu der Ursache-Wirkungs-Richtung der einzelnen Indikatoren untereinander einbezogen werden müssen.22 Es kann z. B. aufgrund der Insider-Outsider- oder der Segmentationstheorie argumentiert werden, daß Arbeitsplätze, die auf eine bestimmte Art vom „Normalarbeitsverhältnis“ abweichen, auch häufig in bezug auf andere Indikatoren unüblich, d. h. benachteiligt sind, da eine Benachteiligung eine andere nach sich ziehen kann. Allerdings ist eine solche Argumentation dann nicht so sinnvoll, wenn die Benachteiligung bewußt in Kauf genommen oder sogar gewünscht wird, wie es häufig bei Teilzeit der Fall sein kann. 22

Vgl. Kap. C.I.

220

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

Es ist humankapitaltheoretisch vorstellbar, daß eine Teilzeittätigkeit dann um so weniger zögerlich angenommen wird, je weniger Aus- oder Weiterbildung im Vorfeld stattgefunden hat, denn dann sind um so weniger Einbußen dahingehend zu erwarten, daß sich die Bildungsaktivitäten nicht auszahlen. Dies trifft sowohl auf privat als auch auf vom Unternehmen finanzierte Weiterbildung zu. Die jeweilige Partei wird im Falle von vorheriger Weiterbildung ein Interesse daran haben, nicht Teilzeit arbeiten zu müssen oder kein Teilzeitverhältnis anbieten zu müssen. Hypothese 2.3: Je weniger Weiterbildung stattgefunden hat, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für ein Teilzeitarbeitsverhältnis. Wenn eine Person überqualifiziert oder nicht im erlernten Beruf tätig ist, dann kann damit zu rechnen sein, daß diese Person nicht besonders zufrieden ist mit der Stelle und sich daher dafür einsetzt, nicht Vollzeit arbeiten zu müssen. Insbesondere Frauen, die zugunsten der Karriere ihres Mannes und ihrer Familie auf eine eigene Karriere auf einer angemessenen Stelle verzichten, werden ebenfalls aus diesen Gründen eine Teilzeitstelle bevorzugen, um Zeit für die Familie zu haben. Hypothese 2.4: Unterwertig oder nicht im erlernten Beruf Beschäftigte werden eher als adäquat Beschäftigte zu einer Teilzeittätigkeit neigen. Bezüglich Befristung kann kein sinnvoller Einfluß auf Teilzeittätigkeit aufgestellt werden, so daß diese Variable nicht in das Modell aufgenommen wird. Zu den Variablen in den Hypothesen sollen noch einige weitere soziodemographische Variablen, Humankapitalvariablen, Unternehmens- und Arbeitsplatzmerkmale und einige weitere persönliche Variablen in das spätere Modell aufgenommen werden, sei es aus Vollständigkeitsgründen, d. h. um möglichst viele relevante Variablen zu berücksichtigen, oder um auch diese Variablen auf einen möglichen Einfluß auf Teilzeitarbeit zu untersuchen. 4. Empirische Analyse a) Spezifikation des ökonometrischen Modells Um nicht nur die Einflußfaktoren auf die Wahl zwischen einem Teilzeitund einem Vollzeitbeschäftigungsverhältnis abzubilden, sondern zusätzlich auf Unterschiede zwischen einem Teilzeit- und einem geringfügigen Be-

II. Teilzeitbeschäftigung

221

schäftigungsverhältnis zu untersuchen, bietet sich ein multinomiales LogitModell 23 an. Im Prinzip wird dafür das univariate Modell, das in Kap. B.IV.6.a) eingehend beschrieben wurde, dahingehend ausgedehnt, daß die dichotome abhängige Variable mehr als zwei mögliche Ausprägungen besitzt. Im vorliegenden Fall wird die Wahrscheinlichkeit (Pr), daß Individuum i in der Beschäftigungsart j beschäftigt ist, folgendermaßen modelliert:24 0

ebj xi PrÈyi ã jê ã 2 P b 0x ej i

È34ê

jã0

mit: bj: zu schätzender Koeffizientenvektor der Alternative j xi: Vektor der erklärenden Variablen i = 1, . . ., N j = 0, 1, 2 Damit die Koeffizientenvektoren geschätzt werden können, muß eines der bj gleich Null gesetzt werden. Diese Beschäftigungsart dient dann als Referenzkategorie für den Vergleich mit den beiden anderen Beschäftigungsarten. In dieser Untersuchung wird die „mittlere“ Alternative Teilzeitbeschäftigungsverhältnis als Referenz ( j = 0) gewählt, so daß gilt: È35ê

b0 ã 0

Somit werden nur zwei Koeffizienten geschätzt, und zwar für die Alternativen Vollzeitbeschäftigung sowie für die geringfügige Beschäftigung. Diese werden dann jeweils in bezug auf die Alternative Teilzeitbeschäftigung interpretiert. Die beiden Log-Odd Ratios25 werden bestimmt als: 

È36ê

PrÈyi ã jê ln PrÈyi ã 0ê



 ã bj 0  b0 0 xi ã bj 0 xi mit j ã 1; 2

23 Vgl. Greene (2003), S. 720 ff. Neben den im multinomialen Fall üblicherweise verwendeten Logit-Modellen gibt es auch multinomiale Modelle auf Basis der Normalverteilung, die jedoch aufgrund ihrer komplizierten Ableitung nur äußerst selten Anwendung finden. Bei Annahme einer logistischen Verteilungsfunktion (Notation: ) folgt analog zu Formel (31) für den binomialen Fall: 0 e b xi ã Èb 0 xi ê. PrÈyi ã 1 j xi ; bê ã 1 þ e b 0 xi 24 Das binomiale Logit-Modell, analog zum binomialen Probit-Modell aus Kap. B.IV.6.a), stellt eine Sonderform mit j = 0, 1 dar. 25 Vgl. Kap. B., Fn. 141.

222

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

Um die zu maximierende Likelihood-Funktion abzuleiten, muß zunächst definiert werden: 

È37ê

dij ã

1 falls yi ã j 0 sonst

Damit ist sichergestellt, daß für jedes Individuum nur genau ein dij gleich Eins ist. Die zu maximierende Likelihood-Funktion ergibt sich dann als: È38ê



N Y 2 Y iã1 jã0

0

½

ebj xi Å 2 P b 0x j i e

dij

jã0

Daraus folgt die Log-Likelihood-Funktion als: È39ê

N X 2   X log L b ã dij log PrÈyi ã jê iã1 jã0

Diese Gleichung kann iterativ mit Hilfe von Standardverfahren der nichtlinearen Optimierung maximiert werden. Als Gütemaße bieten sich die schon in Kap. B.IV.6.a) beschriebene Likelihood-Ratio sowie das McFadden-R2 an. b) Beschreibung der Modellvariablen Die folgende Analyse bezieht sich auf alle in Vollzeit, in Teilzeit oder ausschließlich geringfügig Beschäftigten zwischen 16 und unter 65 Jahren. Ausgeschlossen werden alle Personen in Ausbildung oder Vollzeit-Weiterbildung, so daß nach Berücksichtigung von fehlenden Werten für die abhängige oder für unabhängige Variablen die Daten von 3 348 Personen in die Analyse eingehen. Für das SOEP liegt die Abgrenzung zwischen Vollzeitund Teilzeitbeschäftigung bei 30 Stunden pro Woche. In der Gruppe der Teilzeitbeschäftigten sind auch Personen mit Altersteilzeit inbegriffen. Als erklärende Variablen wird zunächst das Geschlecht und die Berufswahl in das Modell aufgenommen. Während bei den separaten Schätzungen für Frauen bzw. Männer nur die Dummy-Variable „Männerberuf“ berücksichtigt wird26, werden im gepoolten Modell die beiden Variablen „Ge26 Eine Alternative hierzu wären Dummys für einzelne Berufsgruppen, die zwar eine feinere Unterteilung der Berufe zulassen würden, allerdings nicht unmittelbar mit der Charakterisierung eines Berufs oder einer Berufsgruppe als typisch männlich oder weiblich in Verbindung gebracht werden können. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Frauenanteil in dem von der jeweils betrachteten Person ausgeübten Beruf als Variable heranzuziehen [vgl. dazu ausführlich im Zusammenhang mit der

II. Teilzeitbeschäftigung

223

schlecht“ und „Berufswahl“ miteinander verbunden, so daß vier Kategorien entstehen. „Mann im Männerberuf“ bildet als „Normalfall“ auf dem Arbeitsmarkt die Referenzgruppe, so daß die Effekte für Personen mit anderem Geschlecht und/oder anderer Berufswahl auf die Entscheidung für eine Vollzeit- oder geringfügige Beschäftigung mit dieser Gruppe verglichen werden können. Die gemeinsame Berücksichtigung dieser beiden Variablen läßt es zu, die besondere Situation von Männern in Frauenberufen zu untersuchen, die Rückschlüsse darauf erlauben kann, inwieweit Benachteiligungen sich nicht nur auf das Geschlecht, sondern auch auf die Berufswahl, insbesondere auf eine für das jeweilige Geschlecht untypische, beziehen. Eine Beobachtung dieses speziellen Effekts wäre nicht möglich, wenn allein die Variable „Geschlecht“ und die Variable „Männerberuf“ im Modell enthalten wären. Diese Methode soll auch bei den Analysen zu den anderen Indikatoren in den späteren Unterkapiteln angewandt werden. Des weiteren werden standardmäßig als erklärende Variablen einige soziodemographische Informationen in das Modell aufgenommen, wobei Besonderheiten der Variablen auch unter den Schätztabellen aufgeführt sind. Die Variable „Ausländer“ bezieht sich darauf, ob die jeweilige Personen die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder nicht. „Westdeutschland“ kennzeichnet die Region, in der die befragte Person zum Zeitpunkt der Befragung gelebt hat. Da für die verschiedenen in dieser Arbeit untersuchten Entscheidungen eher der „gelebte“ Familienstand für ausschlaggebend gehalten wird, werden Personen, die tatsächlich als Paar in einem Haushalt leben, als „verheiratet“ bezeichnet, während alle anderen Personen, die nicht mit einem Partner zusammen in einem Haushalt leben, der Alternativkategorie zugeordnet werden. Für die Entscheidung, ob man Vollzeit arbeitet oder nicht, wird insbesondere für wichtig gehalten, ob Kinder im Haushalt leben und wie alt sie sind. Die typischerweise berücksichtigten Humankapitalvariablen wie „Bildungsdauer“ und „Betriebszugehörigkeit“ werden in diesem Modell sowie in den Modellen zu den anderen Indikatoren ergänzt durch die folgenden: Das SOEP enthält die Angaben zu den Noten im schulischen Abschlußzeugnis in den Fächern Deutsch, Mathematik und der ersten Fremdsprache. Aus diesen Noten wird eine Durchschnittsnote gebildet, die als Indikator nicht für die Quantität, sondern für die Qualität des Humankapitals herangezogen werden soll. Dies ist zwar in der Humankapitaltheorie nicht vorgesehen, doch ist zu beobachten, daß Bewerber mit besseren Abschlußnoten Formulierung der Einkommensfunktion Kap. D.I.3.c)]. Sowohl die hier verwendete Variable als auch die zweite beschriebene Alternative stellen nicht nur einen Indikator für das den Beruf dominierende Geschlecht dar, sondern können gleichzeitig als Proxy für die Präferenzen der jeweiligen Person hinsichtlich der in dem Beruf ausgeübten Tätigkeiten angesehen werden (vgl. Macpherson/Hirsch (1995), S. 463).

224

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

weitaus größere Chancen auf einen adäquaten Arbeitsplatz haben als solche mit schlechten Noten. Noch besser in das Modell würde wahrscheinlich die Abschlußnote der Berufsausbildung passen. Allerdings liegt diese Information im SOEP nicht vor, und zudem bestehen erhebliche Unterschiede in den üblicherweise vergebenen Noten bei den verschiedenen Ausbildungsarten, so daß ein Vergleich kaum möglich ist. Bei den Schulnoten kann dieser Effekt als viel schwächer eingestuft werden. Ebenfalls eher die Qualität des Humankapital betreffend sind die beiden Variablen „Tätigkeit im erlernten Beruf“ und „überqualifizierte Beschäftigung“ zu nennen, denn sie zeigen an, inwieweit die Anzahl der Bildungsjahre überhaupt voll zur Anwendung kommen kann, denn wenn man im „falschen“ Beruf tätig ist, liegt immer ein Teil des akkumulierten Humankapitals brach.27 Als weitere Humankapitalvariable wird die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen berücksichtigt. Da eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen der Weiterbildungsteilnahme und den anderen Indikatoren, insbesondere der Teilzeitbeschäftigung, vermutet werden kann, wird unterschieden zwischen Weiterbildung als abhängige und als unabhängige Variable.28 Um die Ursache-WirkungsRichtung eindeutiger herauszuarbeiten und Endogenitätsprobleme zu verringern, bezieht sich Weiterbildung als erklärende Variable immer auf die Vergangenheit, also auf den Zeitraum vor der Befragung. Da im Datensatz des SOEP vom Jahr 2003 keine brauchbaren Informationen zur Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen vorliegen, werden die Zusatzinformationen zu diesem Thema, die 2004 erhoben wurden, herangezogen. Weiterbildung als Determinante eines anderen Indikators, wie hier der Entscheidung für Teilzeit, beinhaltet somit immer die Teilnahme an Maßnahmen, die für einen beruflichen Aufstieg qualifizieren oder an neue Anforderungen in der bisherigen Tätigkeit anpassen, im Zeitraum 2001 bis 2002. Als arbeitsplatzspezifische Merkmale im engen und im weiteren Sinn wird der Arbeitsweg in km in das Modell aufgenommen, da vermutet werden kann, daß sich bei einer Stelle, die nicht in Vollzeit ausgeübt wird, ein sehr langer Anfahrtsweg kaum lohnen würde. Des weiteren werden die Mitgliedschaft in Betriebsrat, Berufsverband und Gewerkschaft sowie die berufliche Stellung berücksichtigt. Außerdem werden Betriebsgröße und Branche des Unternehmens als Kontrollvariablen aufgenommen. c) Ergebnisse der empirischen Analyse Zur Bestimmung der Determinanten für die Entscheidung „Vollzeit-, Teilzeit- oder geringfügige Beschäftigung“ werden drei Modelle geschätzt, eines 27 28

Vgl. Kap. C.V. Vgl. Kap. A.V.2.d)bb).

II. Teilzeitbeschäftigung

225

für alle Personen, die einer dieser Gruppen zugeordnet werden können, eines nur für Frauen und eines nur für Männer (s. Tab. 29). Jedes Modell hat die Gruppe der Teilzeitbeschäftigten als Referenz, so daß die Koeffizienten der beiden anderen Gruppen im Hinblick auf diese Gruppe interpretiert werden können. Bei allen Modellen kann in bezug auf das Pseudo-R2 von McFadden von einer guten Modellanpassung gesprochen werden. Wie erwartet zeigt das gepoolte Modell, daß Frauen deutlich mehr als Männer zu einer Teilzeitbeschäftigung neigen, da sie sowohl seltener Vollzeit als auch seltener geringfügig beschäftigt sind. Somit kann Hypothese 2.1 bestätigt werden. Auch die Berufswahl hat einen Einfluß darauf, ob eine Person teilzeitbeschäftigt ist. Die separaten Schätzungen für Männer bzw. Frauen zeigen, daß Personen in Männerberufen signifikant häufiger zu Vollzeitbeschäftigung neigen, was Hypothese 2.2 bestätigt. An den Koeffizienten des gepoolten Modells ist abzulesen, daß der „typische“ Arbeitnehmer, nämlich ein Mann im Männerberuf, am häufigsten vollzeitbeschäftigt ist und daß das Geschlecht insgesamt einen viel größeren Einfluß ausübt als die Berufswahl. Die Berufswahl hat hingegen keinen signifikanten Einfluß auf die Entscheidung zwischen Teilzeit- und geringfügiger Beschäftigung. Hinsichtlich der soziodemographischen Merkmale sind Unterschiede zwischen Männern und Frauen festzustellen, beide Zusammenhänge sind jedoch nicht linear, wie der signifikante Koeffizient für „Alter2 /100“ zeigt. Während Frauen offensichtlich mit zunehmendem Alter zunächst weniger vollzeitbeschäftigt sind, die Wahrscheinlichkeit für diese Beschäftigungsart bei ihnen jedoch im Laufe der Zeit wieder zunimmt, gilt für Männer, daß sie mit zunehmendem Alter häufiger vollzeitbeschäftigt sind; dieser Effekt schwächt sich aber im Laufe des Lebens ab, was möglicherweise auf Altersteilzeit zurückzuführen ist. Personen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, sind besonders häufig vollzeitbeschäftigt, Schwerbehinderte (insbesondere Männer) hingegen besonders häufig nur geringfügig. Der Familienstand „verheiratet“ (inkl. zusammenlebend) sowie die Tatsache, daß Kinder im Haushalt leben, wirken sich nur bei Frauen signifikant auf die Entscheidung, vollzeit- oder teilzeitbeschäftigt zu sein, aus, und zwar in der erwarteten Richtung. Insbesondere wenn sehr kleine Kinder im Haushalt leben, ist eine Frau eher teilzeit-, wenn nicht sogar nur geringfügig beschäftigt. Was die Humankapitalvariablen betrifft, so läßt sich kein Einfluß der Bildungsdauer auf die Beschäftigungsart feststellen. Die Dauer der Betriebszugehörigkeit hingegen wirkt sich bei Frauen signifikant positiv auf eine längere Arbeitszeit aus, denn sie erhöht die Wahrscheinlichkeit für eine Vollzeitbeschäftigung und senkt die Wahrscheinlichkeit für eine gering-

226

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung Tabelle 29 Determinanten von Vollzeit-, Teilzeit- und geringfügiger Beschäftigung gepoolt Vollzeitbesch.

geringfügige Besch.

Konstante

8,8582***

5,1407**

(Mann im Männerberuf)

.

.

–0,6660**

Frau im Frauenberuf

–4,0620*** –0,9567**

Frau im Männerberuf

–3,2829*** –1,2611**

Männerberufa –0,1317*** –0,2589** 2

Vollzeitbesch.

geringfügige Besch.

6,9728*

0,8623

Männer Vollzeit- geringfügige besch. Besch. –1,9783

3,1378

0,1279

Mann im Frauenberuf

Alter

Frauen

Alter /100

0,0877

Ausländer

1,1228*** –0,2546

0,3331***

0,8558*** –0,3686

0,6218*

–0,3271

–0,2074*** –0,1331

0,2475*

–0,3248

–0,3102**

0,5036

0,1681**

0,1931

1,1633**

0,1881

i

i

Westdeutschland

–0,7070***

0,6347*

–0,9641***

1,0627**

0,6343

0,9006

verheiratetb

–1,0365***

0,0634

–1,2312***

0,3403

–0,2378

–0,5254

schwerbehindertc

–0,0353

1,6169***

0,3489

–0,1761

Kind von 0 bis 1 Jahr im HH

–0,8385*

0,8732

0,3450 –2,0574**

4,0529***

1,5805**

i

i

i

i

Kind von 2 bis 3 Jahren im HH

–0,7961***

0,3852

–1,2278***

1,0153*

Kind von 4 bis 6 Jahren im HH

–1,1441*** –0,0797

–1,8932***

0,0057

–0,2235

0,7879

Kind von 7 bis 16 Jahren im HH

–0,8849***

0,2501

–1,2051***

0,3374

0,3809

0,8795

0,0435

–0,0658

–0,0383

0,0733

0,0192**

–0,0326*

0,0107

–0,2701

–0,2674*** –0,3526*

–0,0677

–0,6681

Bildungsdauer (in Jahren) Betriebszugehörigkeit

–0,0263

0,0201*** –0,0516***

letzter Notendurchschnittd e

Weiterbildung 2001/02

überqualifizierte Beschäftigungf Tätigkeit im erlernten Beruf Arbeitsweg in km

0,0287

g

Mitglied im Betriebsrat Mitglied im Berufsverband Mitglied in Gewerkschaft

–0,2072** 0,0981 –0,4563** 0,1959

–0,3883** –0,5611 0,8672*** –0,2382

0,0217*** –0,0618*** i

0,4196** –0,1633

i

–0,7111 –0,2373

0,0330 –0,5222** 0,1729

–0,6768 1,1017*** –0,1846

0,0270*** –0,0596*** i

0,4066** –0,0650

i

0,7233

–0,1746

–0,7939

0,4419

0,2935

0,0701

0,0043

–0,0429

i

i

–0,7338

0,7038

0,3671

–0,1339

–0,9396**

–2,4896*

Stellung: Arbeiter

0,2450

0,8921***

0,4625*

0,4797

0,1943

3,4024**

(Stellung: Angestellter)

.

.

.

.

.

.

Stellung: Beamter

i

i

i

i

i

i

Stellung: Selbständiger

1,2979***

0,8276*

1,3669***

0,7812

1,4032

2,8086*

II. Teilzeitbeschäftigung

227

Tabelle 29 (Fortsetzung) gepoolt Vollzeitbesch. Betriebsgröße: Selbst. o. Mitarb.

geringfügige Besch.

–0,7891*

–0,0113

Frauen Vollzeitbesch.

geringfügige Besch.

–0,4064

0,4878

Männer Vollzeit- geringfügige besch. Besch. –2,1913**

–4,2992**

(Betriebsgröße bis unter 5 Besch.)

.

.

.

.

.

.

Betriebsgröße bis unter 20 Besch.

0,1794

0,0594

0,2166

0,0378

0,0813

0,0702

Betriebsgröße bis unter 100 Besch.

0,6128*** –0,4019

0,6247**

–0,2803

0,3997

–0,1969

Betriebsgröße bis unter 200 Besch.

0,3891

–0,8348

0,3981

–0,8291

0,6615

–1,3074

Betriebsgröße bis unter 2000 Besch.

0,5601**

–1,0142**

0,4564*

–0,9521*

0,8005

–2,4420

Betriebsgröße ab 2000 Besch.

0,2221

–1,6254***

0,1618

–1,5503**

0,4932

0,2660

Branche: Baugewerbe

0,8261*

–1,1047

1,1084

–1,6335

Branche: Bergb./Energie/Wasser

i

–0,1723

Branche: Handel Branche: Kredit, Vers., wirt. DL Branche: Land-/Forstw., Fischerei Branche: öff. Verw., Sozialvers.

i

h

0,3750** 1,7657

i

0,2548

0,8802

–2,2474

0,5984

–0,2235

–0,1497

–0,6233

Branche: Verkehr, Nachrichten

0,8214**

–0,4300

(Branche: öff. u. priv. DL)

.

N

i

0,4454**

0,2050

McFadden R2

i

–0,4088**

0,9018***

LR-Statistik

i

0,4924

Branche: verarb. Gewerbe

Log-L

i

0,0775

2,7239**

0,1510

i

. –1314,4182 1764,12***

1,4801 0,1712 0,9093*** 0,6652* .

2,9152

i

i

–0,2993

i

i

0,1972

1,0093*

0,5991

–0,3509

1,9191*

–1,8611

. –1026,8352

.

. –203,5897

763,47***

153,47***

0,4016

0,2710

0,2737

3 348

1 600

1 748

Signifikanzniveau: *** = p < 0,01, ** = p < 0,05, * = p < 0,1 abhängige Variable: Vollzeit-, Teilzeit (unter 30 Std./Woche)- (Referenzgruppe; 0) oder geringfügiges Beschäftigungsverhältnis Multinomiales Logit-Modell a Vgl. Kap. B.III.1.a) b einschließlich mit Partner zusammenlebend, ohne getrenntlebende Verheiratete c Behinderungsgrad mindestens 50% d arithmetisches Mittel der Noten des schulischen Abschlußzeugnisses in den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache e Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen mit Ziel „Qualifizierung für den beruflichen Aufstieg“ oder „Anpassung an neue Anforderungen in meiner bisherigen Tätigkeit“ im Zeitraum 2001 bis 2002 f Vgl. Kap. A.V.2.d)cc), Überqualifikation des Typs A oder B g einfache Entfernung Wohnung – regelmäßige Arbeitsstätte h inkl. exterritorialer Organisationen i Variable aufgrund ungenügender Fallzahl bei mindestens einer Ausprägung der abhängigen Variable eliminiert Jeweilige Referenzkategorien stehen in Klammern. Quelle: Eigene Auswertung des SOEP (2003 und 2004).

228

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

fügige Beschäftigung, wenn Teilzeitbeschäftigung die Referenzgruppe bildet.29 Entgegen Hypothese 2.3 wirkt sich Weiterbildung im Vorfeld nicht auf die Entscheidung für oder gegen ein Teilzeitarbeitsverhältnis aus. Überraschenderweise spielt nicht die Quantität (Bildungsdauer), sondern die Qualität des Humankapitals, die anhand der Durchschnittsnote im schulischen Abschlußzeugnis beurteilt werden kann, eine Rolle bei der Entscheidung, ob Vollzeit oder Teilzeit gearbeitet wird. Dieser Einfluß ist allerdings nur bei Frauen feststellbar; bei Männern ist weder die Dauer noch die Note ausschlaggebend. Bessere Noten sorgen bei Frauen für eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine Vollzeittätigkeit. Dies kann vielfältige Ursachen haben: Frauen mit besseren Noten weisen potentiell eine höhere Einkommenskapazität auf, so daß entweder sie diejenigen in einer Partnerschaft sind, die im Gegensatz zum Partner erwerbstätig sind, oder aber beide Partner sind voll erwerbstätig. Unternehmen werden gute weibliche Arbeitskräfte möglicherweise dazu ermuntern, nach einer kurzen Familienpause wieder vollzeitbeschäftigt zu sein, was den Frauen entgegenkommen dürfte, da ihre Opportunitätskosten höher sind als diejenigen einer Frau mit durchschnittlichen Noten. Ein berufsspezifischer Mismatch hat ebenfalls keine Auswirkung, wohingegen Überqualifikation sich stark bemerkbar macht, allerdings wiederum nur bei Frauen. Überqualifiziert beschäftigte Arbeitnehmer sind signifikant seltener vollzeit- als teilzeitbeschäftigt, und sie sind besonders häufig geringfügig beschäftigt30, weshalb Hypothese 2.4 zumindest für Frauen und in bezug auf überqualifizierte Beschäftigung bestätigt werden kann. Die Länge des Arbeitsweges hat, wiederum nur bei Frauen, den erwarteten Einfluß auf die Entscheidung, ob man eine Vollzeit-, Teilzeit- oder geringfügige Beschäftigung wählt. Je weniger Stunden gearbeitet werden, um so geringer ist der Gesamtlohn und um so weniger lohnt sich ein langer Arbeitsweg. Die Mitgliedschaft im Berufsverband geht ebenso vornehmlich mit Vollzeitbeschäftigung einher. Hinsichtlich der Branchen ist hervorzuheben, daß Teilzeitbeschäftigung hauptsächlich im Handel vorkommt und daß diese Stellen offenbar meist mit Frauen besetzt sind.

29

Ein umgekehrter Zusammenhang ist auch nicht auszuschließen: Vollzeitmitarbeiter gehören offenbar zur Stammbelegschaft und weisen aus diesem Grund auch eine längere Betriebszugehörigkeitsdauer auf. 30 Auch hier ist die Ursache-Wirkungs-Richtung nicht eindeutig, weshalb die Variablen „Teilzeitbeschäftigung“ und „geringfügige Beschäftigung“ auch später zur Erklärung von Überqualifikation herangezogen werden.

III. Befristete Verträge

229

5. Abschließende Bemerkungen Es bleibt festzuhalten, daß eine Teilzeit- oder geringfügige Beschäftigung sowohl eine Benachteiligung darstellen kann, da sie das Einkommen pro Stunde vermindern, als auch – bei freiwilliger Wahl eines solchen Arbeitsverhältnisses – von Vorteil sein kann, da die betreffende Person zeitlich flexibler ist und ein geringeres Arbeitsvolumen bewältigen muß. Frauen und Personen in Frauenberufen sind deutlich häufiger nicht in Vollzeitarbeitsverhältnissen beschäftigt als Männer, was vermutlich darauf zurückzuführen ist, daß sie Erwerbs- und Familienarbeit miteinander vereinbaren wollen. Dies wird dadurch bestätigt, daß der Familienstand ebenfalls eine signifikante Rolle spielt. Nimmt man diese Rollenverteilung als gegeben hin und nimmt man weiter an, daß viele Frauen nicht unzufrieden damit sind, ist die Möglichkeit für sie, Teilzeit zu arbeiten, in jedem Fall positiv zu bewerten, da viele von ihnen ansonsten vermutlich gar nicht erwerbstätig wären. Eine Gleichstellung von Männern und Frauen bezüglich Einkommen und Positionen ist dadurch jedoch nicht zu erreichen, da die Ausweitung von Teilzeitarbeitsstellen in dieser Hinsicht kontraproduktiv ist. Dienen diese Arbeitsverhältnisse allerdings dazu, Frauen überhaupt erst einmal auf dem Arbeitsmarkt zu halten bzw. sie dafür zu mobilisieren, so kann langfristig eine Angleichung der Positionen von Männern und Frauen angestrebt werden, wenn Frauen mehr und mehr zu Vollzeit übergehen oder wenn Männer vermehrt auch Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse annehmen. Allerdings ist fraglich, ob die Mehrheit der deutschen Frauen dieses Gleichstellungsziel überhaupt anstrebt oder ob nicht vielmehr das Ziel um seiner selbst willen verfolgt wird. Man sollte sich vor Augen führen, daß die beiden Ziele der Angleichung der Einkommen und Positionen sowie der Ausweitung von Teilzeitpositionen nahezu unmöglich miteinander vereinbar sind. Voraussetzung dafür wäre in jedem Fall eine umfangreiche Debatte über das Rollenverständnis in der Familie und eine Änderung der gegebenen Strukturen, die sicherlich auch von äußeren Rahmenbedingungen (z. B. Betreuungsangebote für Kinder) beeinflußt werden dürften.

III. Befristete Verträge 1. Befristete Verträge als Benachteiligung a) Einführung Der Begriff der befristeten Verträge wird immer wieder im Rahmen der Deregulierungsdebatte genannt, wenn es darum geht, Arbeitslosigkeit abzubauen. Den Unternehmern sollen so mehr Freiheiten eingeräumt werden, da

230

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

davon ausgegangen wird, daß Unternehmer eher bereit sind, Arbeitskräfte einzustellen, wenn sie nicht verpflichtet sind, sie dauerhaft zu halten. Insofern steht die Diskussion um befristete Verträge auf einer Stufe mit der Diskussion um den Kündigungsschutz, da sowohl Befristungen als auch Kündigungen ähnliche Instrumente darstellen, um den Unternehmern Flexibilität zu bieten.31 Ob man Befristung als Benachteiligung sieht, hängt vom Standpunkt und der allgemeinen Lage auf dem Arbeitsmarkt ab: Arbeitslose werden vielfach mangels Alternativen eine befristete Tätigkeit ihrer Situation vorziehen, während Arbeitnehmer, die zwischen befristeten und unbefristeten Verträgen wählen können, zumeist die unbefristete Anstellung bevorzugen. Außerdem sind Situationen vorstellbar, in denen Arbeitnehmer zwischen zwei „Übeln“ wählen können, z. B. zwischen einer überqualifizierten oder ungewollten Teilzeitbeschäftigung auf der einen Seite und einer befristeten Beschäftigung, die ansonsten allen Präferenzen entspricht, auf der anderen Seite. In diesem Fall kann es auch möglich sein, daß sich die Person freiwillig für die befristete Stelle entscheidet. Insofern bilden befristet Beschäftigte keine homogene Gruppe, da zum einen sehr unterschiedliche Gründe32 für Befristung bzw. die Annahme einer befristeten Anstellung vorliegen können und zum anderen auch die Dauer der Befristung oft sehr verschieden ist.33 Zudem ist der Einsatz befristeter Verträge von verschiedenen Unternehmens- und Arbeitnehmermerkmalen abhängig. Es ist bekannt, daß Berufsanfänger oder -rückkehrer häufig zunächst befristet eingestellt werden und daß befristete Verträge im öffentlichen Dienst häufiger Anwendung finden als in der Privatwirtschaft. In bestimmten Berufen wie z. B. im künstlerischen Bereich sind ebenfalls befristete Verträge üblich. Inwieweit speziell Frauen oder Frauenberufe besonders von Befristung tangiert werden, soll in der nachfolgenden empirischen Analyse herausgefunden werden. b) Motive der Arbeitnehmer für befristete Verträge Wie schon im vorangegangenen Abschnitt beschrieben, wird Befristung von Arbeitnehmern – außer als Alternative zur Arbeitslosigkeit – meist ne31 Vgl. zu einer Literaturübersicht und zu aktuellen internationalen Trends zu „atypischen“ Beschäftigungsformen wie befristete und Zeitarbeitsverhältnisse Kalleberg (2000). 32 Walwei (1990), S. 52, bietet eine Zusammenstellung der Fallgruppen einer sachlichen Rechtfertigung befristeter Arbeitsverträge. 33 Bielinski (1998), S. 178, weist mit Hilfe eigener Untersuchungsergebnisse darauf hin, daß „ein befristetes Arbeitsverhältnis [. . .] also keineswegs immer nur von kurzer, vorübergehender Dauer [ist]. Und ein unbefristeter Arbeitsvertrag sichert umgekehrt nicht in allen Fällen eine langfristige Beschäftigung.“

III. Befristete Verträge

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gativ und somit als Benachteiligung empfunden, da die meisten Arbeitnehmer eine unbefristete Anstellung anstreben werden.34 Ausnahmen davon bilden z. B. Schüler und Studenten, die bewußt nur einen Job für eine bestimmte Zeit suchen. Des weiteren ist vorstellbar, daß Arbeitnehmer sich für befristete Stellen entscheiden, weil sie zukünftigem Einkommen keine Bedeutung beimessen und nicht an einer langfristigen Beschäftigung interessiert sind. Hierbei kann es sich z. B. um Rentner handeln, um Personen, die eine Selbständigkeit planen, oder um solche, denen in nächster Zukunft eine Familienpause oder ein Umzug bevorsteht.35 Zudem kann es möglich sein, daß befristete Stellen u. U. interessanter oder angesehener sind als unbefristete und somit als (Karriere-)Sprungbrett für eine spätere unbefristete Stellung dienen. Hierbei wird eine befristete Stelle bewußt als Investition in das Humankapital gewählt. Der Vorteil von befristeten Verträgen kann auch darin liegen, daß der Arbeitnehmer Kündigungsschutz bis zum Laufzeitende genießt, während andere unbefristete Stellen in dieser Hinsicht durchaus unsicherer gestaltet sein können. Insofern kann ein befristet Beschäftigter besser und sicherer seine Zukunft planen. Befristete Stellen können unter Umständen relativ besser bezahlt sein, wenn auf vergleichbaren unbefristeten Stellen nach Seniorität36 entlohnt wird. In diesem Fall verdient ein befristet Beschäftigter zu Anfang mehr als ein unbefristet Beschäftigter, was interessant sein kann für Arbeitnehmer, die Wert auf sofortiges hohes Einkommen legen. Zudem ist vorstellbar, daß – je nach Höhe des Arbeitsangebots – dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eine finanzielle Entschädigung für die Inkaufnahme des Nachteils der Befristung gezahlt wird. Wenn man als Referenzgruppe die Gruppe der Arbeitslosen betrachtet, gibt es einige Vorteile der befristeten Beschäftigung.37 Im Gegensatz zur Arbeitslosigkeit wird hier der Kontakt zum Arbeitsmarkt gewahrt und einer Entwertung des Humankapitals vorgebeugt; es besteht evtl. die Möglichkeit der späteren Übernahme, gerade wenn Befristung auch als Bewährungsprobe angesehen wird. Das Einkommen ist bei befristeter Beschäftigung hö34

Vgl. zu den Motiven der Arbeitnehmer Walwei (1990), S. 139 ff. Casey/Alach (2004) argumentieren und analysieren anhand neuseeländischer Daten sogar, daß viele Frauen heutzutage atypisch, insbesondere auch befristet, beschäftigt seien, weil dies zu ihrem individuellen Lebensstil passe. Nach ihrer Auffassung wehrten sich Frauen bewußt gegen die Annahme, sie würden in diese Beschäftigungsart gedrängt, und sie nähmen sich bewußt die Freiheit, Arbeitsverhältnisse nicht nach ökonomischen Gesichtspunkten auszuwählen. 36 Vgl. Lazear (1981). Hierbei wird zum Zweck der Betriebsbindung zunächst über einen gewissen Zeitraum unter dem Wertgrenzprodukt bezahlt und erst bei längerer Betriebszugehörigkeit über dem Wertgrenzprodukt. 37 Walwei (1998), S. 7, nennt Arbeitslosigkeit einen Push-Faktor zur Annahme einer befristeten Beschäftigung. 35

232

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

her als bei Arbeitslosigkeit, und die Ausgangslage für die Bewerbung um eine unbefristete Stelle kann u. U. vorteilhafter sein als die Bewerbung aus der Arbeitslosigkeit heraus. Allerdings können mehrere (kurze) befristete Anstellungen hintereinander auch zur Stigmatisierung eines Bewerbers führen (als sogenannter Job-hopper), so daß dies nicht immer von Vorteil sein muß.38 Ein weiterer Nachteil einer befristeten Anstellung besteht auf jeden Fall darin, daß diese nach der vereinbarten Zeit beendet wird und somit nur innerhalb dieser Frist Kündigungsschutz besteht, nicht jedoch am Ende. Der Arbeitnehmer ist einer großen Unsicherheit dahingehend ausgeliefert, daß er zwar über den Zeitpunkt des Vertragsendes Bescheid weiß, nicht jedoch über den Zeitraum danach. Der Arbeitnehmer hat gegenüber unbefristet Beschäftigten einen großen Flexibilitätsnachteil, da er seine Stelle nicht so lange behalten kann, wie er möchte oder bis er eine adäquate alternative Stelle gefunden hat. Zudem verfällt sein betriebsspezifisches Humankapital, wenn er den Betrieb verlassen muß. Insgesamt lassen sich zwar mit der Alternative Arbeitslosigkeit oder für bestimmte Gruppen Vorteile einer befristeten Anstellung ausmachen, die Nachteile hingegen dürften bei den meisten Beschäftigten überwiegen. c) Motive der Arbeitgeber für befristete Verträge Werden nun den Motiven der Arbeitnehmer diejenigen der Arbeitgeber gegenübergestellt, so ergibt sich hier ein völlig anderes Bild, denn für Arbeitgeber gibt es sehr unterschiedliche Gründe, auf Befristung zurückzugreifen. Zwei große Bereiche lassen sich ausmachen: Zum einen kann Befristung als Instrument der Beschäftigungsanpassung dienen, zum anderen kann mit Befristung aber auch gezielt Personalpolitik betrieben werden.39 Befristete Verträge bieten einem Unternehmen ein enormes Flexibilitätspotential, zumindest soweit man dies numerisch betrachtet.40 Befristete Ver38 Vgl. zu dieser zweischneidigen Sichtweise und zur „Befristungsfalle“ AmuedoDorantes (2000), die für den spanischen Markt, der mit einer Befristungsquote von über 30% den höchsten Befristungsanteil in Europa aufweist, die Übergänge von befristeten zu unbefristeten Arbeitsverhältnissen untersucht. Die eher positiv argumentierende Studie von Farber (1999) mit US-amerikanischen Daten hingegen ergibt, daß Arbeitnehmer, die zuvor arbeitslos waren, signifikant häufiger befristet beschäftigt werden, daß auf diese Beschäftigung aber meist unbefristete Beschäftigung folgt. 39 Vgl. zu den Motiven der Arbeitgeber Walwei (1990), S. 148 ff., Houseman (2001). 40 Je nach Unternehmensart, Branche oder wirtschaftlicher Lage kann ein eher stabiler Personalstamm oder aber möglichst viel Flexibilität von Vorteil sein. Beide

III. Befristete Verträge

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träge können die Personalkosten senken, indem immer nur genau soviel Personal eingesetzt wird, wie gerade benötigt wird. Daraus ergibt sich wenig Leerlauf, und auch das Beschäftigungsrisiko in Form von Kündigungsschutz ist gering, da man Arbeitnehmer gezielt für einen bestimmten Zeitraum anwerben kann. Allerdings ergeben sich Anpassungskosten in Form von Einstellungs- und Einarbeitungskosten. Daneben können sich Kosten für die Vorausschätzung des schwankenden Arbeitskräftebedarfs ergeben sowie Kontrollkosten wegen der evtl. niedrigeren Leistungsbereitschaft der befristet Beschäftigten.41 Anpassungskosten begründen eine eher längere Frist der Beschäftigung, während die Unsicherheit über den schwankenden Arbeitskräftebedarf eher für eine kürzere Frist spricht. Zudem sind befristete Verträge nur sinnvoll und effizient, wenn die dafür anfallenden Kosten niedriger sind als die Kosten für festes Personal, einschließlich eventueller Entlassungskosten. Wenn dies nicht der Fall ist, bieten Überstunden und evtl. sogar Arbeitskräftehortung eine Alternative. Ebenso könnte ein Unternehmen auf Leiharbeit zurückgreifen, wenn sich dies als eine bessere oder effizientere Alternative erweist. Die Entscheidung für die jeweils beste Alternative hängt dabei von der Art des Unternehmens und der Branche, von den Flexibilitätsanforderungen und dem benötigten betriebsspezifischen Humankapital ab, welches sich in den Anpassungskosten widerspiegelt.42 Da die einzelnen Berufe unterschiedlich viel betriebsspezifisches Humankapital erfordern, kann mittelbar auch ein Effekt von der Berufswahl auf die Befristungswahrscheinlichkeit ausgehen. Befristung zum Zweck der gezielten Personalpolitik läßt sich durch die asymmetrische Informationsverteilung am Arbeitsmarkt erklären. Arbeitgeber kennen die Qualität der verschiedenen Bewerber nicht und können diese hinsichtlich relevanter Eigenschaften wie z. B. Leistungsbereitschaft, Sorgfalt, Zuverlässigkeit, Fehlzeiten oder Gesundheitszustand nicht oder nur sehr schwer, d. h. unter hohem Kostenaufwand, einschätzen. Auf der anderen Seite ist auch der Arbeitnehmer unsicher bezüglich seiner Aufstiegsmöglichkeiten und der Beschäftigungssicherheit im Unternehmen. Insbesondere wenn die Qualitäten eines Bewerbers zu einem großen Teil nur on the job, also nicht über Screening festgestellt werden können, kann eine befristete Einstellung eines Bewerbers ein adäquates Mittel für den Arbeitgeber Strategien können sich aber auch ergänzen (vgl. Walwei (1990), S. 148). Dies hängt insbesondere von der Höhe des betriebsspezifischen Humankapitals ab. 41 Insbesondere gegen Ende der Beschäftigung können sich – wie bei anderen Beschäftigungsverhältnissen, bei denen der Endzeitpunkt schon feststeht – sogenannte Endspieleffekte ergeben. Dadurch, daß Sanktionen nicht mehr glaubwürdig angedroht werden können, weil der Beschäftigte sowieso „nichts mehr zu verlieren hat“, hat der Beschäftigte die Möglichkeit, seine Leistung zu verringern. 42 Vgl. Davis-Blake/Uzzi (1993).

234

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

sein, um die Qualitätsunsicherheit abzubauen. Die Probephase während der Befristung steigert die Produktivität, da unproduktive Bewerber aussortiert werden und die Bewerber sich besonders anstrengen, um übernommen zu werden. Diese Phase muß um so länger sein, je höher die Qualifikationsanforderungen auf der betreffenden Stelle sind, denn dies ist mit hohen Humankapitalinvestitionen verbunden. Zudem stellt sich bei Eigenschaften wie Loyalität erst nach längerer Zeit heraus, ob der Bewerber sie aufweist. In besonderen „Verschleißbereichen“, wie Kunst oder Sport, werden befristete Verträge eingesetzt, um das Abwechslungsbedürfnis der Nachfrager zu befriedigen; in der Wissenschaft werden befristete Verträge mit der Meinungsvielfalt gerechtfertigt.43 In der Regel verfolgt ein Arbeitgeber mit befristeten Arbeitsverträgen entweder das Ziel der Beschäftigungsanpassung, oder er betreibt gezielte Personalpolitik; nur selten spielen beide Ziele gleichzeitig eine Rolle. Dies kann jedoch der Fall sein, wenn man bei der Beschäftigungsanpassung gleichzeitig den Mitnahmeeffekt der Qualitätsselektion ausnutzt. Gerade wenn die Arbeitnehmer wissen, daß nur ein Teil von ihnen in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen wird, werden sie sich besonders anstrengen.44 Die hier aufgezählten Motive zeigen, inwieweit sich befristete Verträge aufgrund der Wünsche von Arbeitnehmern und Arbeitgebern ergeben können. Im folgenden Abschnitt soll untersucht werden, inwieweit die in Kapitel A. dargestellten Diskriminierungstheorien zusätzlich erklären können, warum Arbeitnehmer befristet beschäftigt werden, denn es kann auch Einstellungs- bzw. Beschäftigungsdiskriminierung45 vorliegen. 2. Anwendungsmöglichkeiten von Diskriminierungs- und Benachteiligungstheorien auf Befristung Da im Gegensatz zur Teilzeitbeschäftigung angenommen werden kann, daß der Anstoß für befristete Verträge meist von der Arbeitsnachfrageseite kommt, sind die Präferenz- und Marktmachtmodelle möglicherweise geeignet, um Befristung zu erklären. Ein Blick in die deskriptiven Statistiken in Kap. A.V. beweist jedoch, daß zwar Frauen im Westen etwas häufiger von 43

Vgl. Walwei (1990), S. 50. Dies kann dann zu sogenannten „Rattenrennen“ führen (vgl. Akerlof (1976), Kräkel/Schauenberg (1994)). Aus Arbeitgebersicht wird allerdings nur dann das gewünschte Ergebnis erzielt, wenn neben anderen speziellen Voraussetzungen die Arbeitsleistung individuell meßbar ist und die objektive und subjektive Wahrscheinlichkeit, in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen zu werden, weder nahe bei 1 noch nahe bei 0 liegt. 45 Vgl. Kap. A.I.2. 44

III. Befristete Verträge

235

Befristung betroffen sind als Männer, daß sich jedoch im Osten das umgekehrte Bild zeigt, so daß man nicht von einer systematischen Benachteiligung von Frauen hinsichtlich befristeter Verträge sprechen kann. Ob dies allerdings möglicherweise auf Frauenberufe zutreffen könnte, wird später in diesem Unterkapitel diskutiert. Trotzdem soll an dieser Stelle der Versuch unternommen werden, die Diskriminierungstheorien auf ihre Anwendungsmöglichkeiten zu überprüfen, selbst wenn das Gesamtbild gegen eine systematische Diskriminierung spricht. Das muß allerdings nicht heißen, daß Frauen nicht doch im Hinblick auf einige Theorien benachteiligt werden, während andere Theorien in die Gegenrichtung wirken. Zudem könnte es sein, daß Diskriminierung theoretisch zwar möglich wäre, aber in der Realität nicht zwangsweise stattfinden muß und auch tatsächlich nicht vorliegt. Die Anwendung des Präferenzmodells – aufgrund der sonst stattfindenden Verdrängung im Wettbewerb nur in Zusammenhang mit Marktmacht – scheint eine brauchbare Möglichkeit zur Erklärung der unterschiedlichen Behandlung von Männern und Frauen hinsichtlich befristeter Verträge zu sein. Denn wenn angenommen wird, daß weibliche Arbeitnehmer einen negativen Nutzen bei Arbeitgebern und Mitarbeitern hervorrufen, dann muß dieser negative Nutzen kompensiert werden, indem Frauen eine Benachteiligung irgendeiner Art in Kauf nehmen.46 Diese könnte z. B. darin bestehen, daß sie diejenigen sind, die „schlechtere“ (befristete) Verträge akzeptieren müssen, um ihre männlichen Kollegen vor solchen Verträgen zu bewahren. Daneben ist denkbar, daß der negative Nutzen beim Arbeitgeber und bei männlichen Kollegen durch die weiblichen Arbeitnehmer nicht so groß ist, wenn sie wissen, daß sie die Frauen nur für eine bestimmte befristete Zeit „ertragen“ müssen. Auch die Crowding-Theorie und die monopsonistische Arbeitsnachfrage wären geeignet, Diskriminierung in bezug auf Befristung zu erklären: Wenn Frauen über geringere Flexibilität und ein unelastischeres Arbeitsangebot verfügen und zusätzlich Barrieren zwischen einem weiblichen und einem männlichen Arbeitsmarkt bestehen, dann kann ein Überangebot im begrenzten weiblichen Sektor entstehen. Dies kann dazu führen, daß Frauen alle Arbeitsverträge, die ihnen angeboten werden, akzeptieren müssen, um überhaupt arbeiten zu dürfen. Die angebotsseitige Humankapitaltheorie, die nur über Feedback-Effekte die Nachfrageseite einbeziehen kann, scheint nur im Zusammenhang mit der Job-search-Theorie47 die Entscheidung für ein befristetes Arbeitsverhältnis erklären zu können. Hiernach sucht ein Bewerber so lange nach einer 46 Nach der ursprünglichen Argumentation von Becker (1957) sind das Einkommenseinbußen. 47 Vgl. Stigler (1961).

236

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

Arbeitsstelle, bis er sein Kosten-Nutzen-Verhältnis mit Kosten in Form von direkten Kosten der Arbeitssuche und indirekten Kosten durch entgangenen Lohn bei längerer Suche nicht mehr verbessern kann. Der Nutzen erhöht sich, je länger man sucht, da dann die Wahrscheinlichkeit steigt, eine bessere Stelle zu finden. Wenn die Arbeitsmarktlage so angespannt ist, daß auch eine längere Suche keine unbefristete Stelle verspricht, kann es für das Individuum rational sein, möglichst schnell eine befristete Stelle anzunehmen, insbesondere wenn die Suche aus der Arbeitslosigkeit heraus geschieht. Denn je kürzer die Periode der Arbeitslosigkeit ausfällt, um so geringer ist die Entwertung des Humankapitals. Eine weitere Erklärung im Rahmen der Humankapitaltheorie ist die bei den Motiven der Arbeitnehmer angesprochene bewußte Annahme eines befristeten Arbeitsverhältnisses als Karrieresprungbrett. Auch statistische Diskriminierung mit der Annahme asymmetrischer Informationsverteilung kann ihren Beitrag zur Erklärung von unterschiedlich verteilten befristeten Verträgen liefern. Wenn Frauen durchschnittlich ein größeres Risiko für Unternehmen darstellen, weil ihre Abwanderungsgefahr größer ist, dann werden die Unternehmen im Zweifel eher Männern unbefristete Arbeitsverhältnisse anbieten, um sie stärker an den Betrieb zu binden. Wenn Frauen eine für sie schlechtere Arbeitsmarktlage (mit möglicherweise besseren Chancen bei befristeten Stellenangeboten) antizipieren, werden sie sich möglicherweise gleich verstärkt auf befristete Stellen bewerben, hier findet also eine Selbstselektion bei der Bewerbung statt. Werden zudem absolut gleiche Signale von Männern und Frauen relativ unterschiedlich – mit Nachteil für die Frauen – interpretiert, müssen also Frauen bessere Signale aufweisen, um dieselben Arbeitsmarktchancen wie Männer zu haben, werden ebenfalls Männer bevorzugt, wenn Frauen diese Anstrengungen nicht tätigen oder sie ihnen nicht gelingen.48 Wird im Gegensatz zur Crowding-Theorie angenommen, daß das Arbeitsangebot von Frauen sehr elastisch ist49, weil die Familie auf das Einkommen des Zweitverdieners, also der Frau, nicht unbedingt angewiesen ist oder weil eine Frau wegen ihrer geplanten Unterbrechungen im Erwerbsverlauf sowieso nicht so stark wie der Mann an einem unbefristeten, sicheren Arbeitsverhältnis interessiert ist, so läßt sich auch die Theorie der impliziten Verträge zur Erklärung heranziehen, warum Frauen häufiger befristet tätig 48

Neben Zertifikaten sind hier insbesondere Signale gemeint, die darauf hindeuten, daß eine Frau karriereorientiert ist und keine Familienpause plant. Während man dies bei Männern häufig für selbstverständlich erachtet, müssen Frauen schon besondere Anstrengungen leisten, um ihre Einstellung glaubwürdig zu vermitteln, wobei sich der Arbeitgeber auch dann nicht vollkommen sicher sein kann. 49 Vgl. zur Diskussion der Arbeitsangebotselastizität von Frauen Kap. A.III.3.a).

III. Befristete Verträge

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sind. Der implizite Vertrag, an dem sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber interessiert sind, besteht dann darin, daß dem Arbeitnehmer höhere Löhne gezahlt werden, wenn er im Gegenzug dazu weniger Sicherheit in Form eines befristeten Arbeitsverhältnisses in Kauf nimmt. Die Theorie der Effizienzlöhne steht zunächst im Widerspruch zu befristeten Verträgen, da Effizienzlöhne u. a. deshalb gezahlt werden, um Arbeitnehmer an den Betrieb zu binden. Der Widerspruch läßt sich nur dann auflösen, wenn man Unternehmen zugesteht, unterschiedliche Erfolgsstrategien anzuwenden, was sogar innerhalb desselben Unternehmens der Fall sein kann. Es ist also denkbar, das bestimmte Arbeitsplätze längerfristig angelegt sind, während andere ihren Zweck in der kurzen Frist erfüllen. Im Zusammenhang mit transaktionskostentheoretischen Modellen, zu denen die Effizienzlöhne gehören, läßt sich zudem argumentieren, daß befristete Arbeitsverträge immer dann abgeschlossen werden, wenn die Entlassungskosten ohne Befristung sehr hoch wären. Nach dem Insider-Outsider-Modell, das von einer Stärkung der männlichen Interessen aufgrund der männlichen Überzahl der Gewerkschaftsfunktionäre und -mitglieder ausgeht und nach dem „Normalarbeitsverhältnisse“ besonders geschützt werden, weil sich die meisten Gewerkschaftsmitglieder in einem solchen befinden, kann ebenfalls erklärt werden, warum sich die Angehörigen der Minderheit eher in einem benachteiligten, in diesem Fall befristeten Arbeitsverhältnis befinden. Sollten Gewerkschaften oder Betriebsräte in Krisenzeiten darüber mitentscheiden dürfen, in welchen Unternehmensbereichen Arbeitsplätze nur befristet eingerichtet werden, so werden sie sich für diejenigen Bereiche entscheiden, in denen überwiegend Frauen und damit Frauenberufe angesiedelt sind. Falls sich Gewerkschaften, Betriebsräte oder auch die Politik dazu entschließen, die Verbreitung von befristeten Arbeitsverhältnissen einzudämmen, kann das zu der negativen Konsequenz führen, daß noch mehr (weibliche) Arbeitnehmer arbeitslos sind statt „immerhin“ befristet tätig, weil die befristeten Stellen dann möglicherweise ganz eingespart werden. Auch die nicht-ökonomischen Erklärungsansätze können einen Beitrag leisten: Sowohl in den Segmentationstheorien als auch im Job-competitionModell werden Frauen als benachteiligt angesehen, weil sie sich entweder im weniger geschützten externen Sektor mit wenig Betriebsbindung befinden oder in der Job-Schlange hinter den Männern stehen und nur dann in den Genuß von Vorteilen (in Form von Beförderungen, Lohnerhöhungen, aber auch von unbefristeten Stellen) kommen, nachdem die Männer bedient worden sind. Sind dann nicht genügend unbefristete Stellen mehr vorhanden, um allen arbeitswilligen Frauen solche Stellen anbieten zu können, so müssen sich einige mit befristeten Stellen begnügen.

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C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

Die Theorie des „weiblichen Arbeitsvermögens“, die hauptsächlich zur Erklärung der Berufswahl von Frauen aufgestellt wurde und somit nicht im Zusammenhang mit befristeten Arbeitsverhältnissen steht, kann keinen Erklärungsbeitrag für dieses Problem leisten. Ebensowenig kann die Qualifikations- und Beschäftigungsstruktur von Frauen in Zusammenhang mit Befristung gebracht werden. Die unterschiedliche Präferenzstruktur von Frauen in bezug auf die generelle Wichtigkeit ihrer Erwerbstätigkeit kann u. U. dazu führen, daß Frauen „schlechtere“, also möglicherweise auch befristete, Arbeitsverhältnisse in Kauf nehmen, wenn diese andere Vorzüge haben, d. h. beispielsweise einen kürzeren Anfahrtsweg oder flexiblere Arbeitszeiten haben oder aber in anderer Hinsicht den Interessen der Frauen entgegenkommen. Warum Frauen trotz der verschiedenen theoretischen Erklärungsmöglichkeiten hinsichtlich dieses Indikators nicht wesentlich benachteiligt werden und in Ostdeutschland sogar relativ wenige befristete Arbeitsverhältnisse aufweisen, kann vielfältige Gründe haben. Für Ostdeutschland sei auf folgenden möglichen Erklärungsansatz hingewiesen: Da Frauen in Ostdeutschland eine etwas höhere Arbeitslosenquote aufweisen als Männer, zeigt sich, daß Männer bei gemeinsamer Betrachtung der beiden Indikatoren „Arbeitslosigkeit“ und „befristete Arbeitsverträge“ keineswegs benachteiligt werden. Hier liegt der Verdacht nahe, daß Männer diejenigen sind, die bei der Vergabe von befristeten Arbeitsverhältnissen bevorzugt werden, während Frauen in Arbeitslosigkeit verharren müssen.

3. Ableitung von Hypothesen zu den Determinanten von Befristung Nun sollen für den Benachteiligungsindikator „Befristung“ zusammenfassende Hypothesen aus den vorangegangenen Abschnitten abgeleitet werden. Dabei sollen auch hier, wie schon beim Indikator „Teilzeit“, Vermutungen über die Zusammenhänge mit den anderen Indikatoren sowie mit der Geschlechts- und der Berufsgruppenzugehörigkeit aufgestellt werden. Gerade bei diesem Indikator kann ein starker Zusammenhang zu einer Variable, die nicht zu den Indikatoren gehört, nämlich die Betriebszugehörigkeitsdauer, vermutet werden. Dieser Zusammenhang muß bei der Aufstellung der Hypothesen bewußt ausgeblendet werden, da jeweils nur auf den isolierten Zusammenhang mit den Indikatoren abgehoben werden soll. Die Hypothesen setzen daher fast immer bei jüngeren Beschäftigungsverhältnissen an und untersuchen hierfür, welche Bewerber eher als andere mit Befristung zu rechnen haben bzw. bei welchen Bewerbern die Befristung besonders lang ist.50

III. Befristete Verträge

239

Zunächst soll auch hier das Geschlecht betrachtet werden. Laut deskriptiver Statistik werden Frauen in Deutschland etwas häufiger befristet beschäftigt als Männer, in Ostdeutschland liegt der Anteil der befristet beschäftigten Männer allerdings über dem Anteil bei Frauen. Daher ist fraglich, ob das Geschlecht einen signifikanten Einfluß auf befristete Arbeitsverhältnisse hat. Einige Theorien jedoch deuten darauf hin, daß Frauen aufgrund des Abwanderungsrisikos evtl. eher als Männer nur befristet eingestellt werden. Zudem sind Frauen häufig nicht auf sichere Arbeitsverhältnisse angewiesen und werden daher eher als Männer ein befristetes Verhältnis akzeptieren. Daraus wird die erste Hypothese abgeleitet: Hypothese 3.1: Frauen sind häufiger befristet beschäftigt als Männer. Liegt ein Überangebot von Arbeitnehmern in Frauenberufen vor, so ist es möglich, daß nicht allen Bewerbern ein unbefristetes Arbeitsangebot unterbreitet werden kann. Andererseits befinden sich Frauenberufe häufig nicht in besonders dynamischen Branchen, die oft stark konjunkturabhängig sind, so daß auch vermutet werden kann, daß Männerberufe häufiger befristet ausgeübt werden. Hypothese 3.2: Frauenberufe werden ebenso häufig befristet ausgeübt wie Männerberufe. Positive und negative Effekte des Berufs gleichen einander aus. Wer viel Weiterbildung genossen hat, verfügt meist über Zertifikate, die einem neuen Arbeitgeber signalisieren, daß der Bewerber leistungsfähig und leistungsbereit ist, da er selber oder seine früherer Arbeitgeber sich zu einer Weiterbildung entschlossen hat. Da der Arbeitgeber ihn somit besser einschätzen kann, wird er eine größere Chance auf ein unbefristetes Angebot haben als ein Bewerber ohne Weiterbildung. Hypothese 3.3: Arbeitnehmer mit viel Weiterbildungserfahrung sind seltener befristet beschäftigt als Arbeitnehmer mit wenig Weiterbildungserfahrung. Personen, die überqualifiziert beschäftigt sind, weil sie keine Alternative haben, werden im Zweifel auch noch eine Befristung in Kauf nehmen. Dagegen kann aber sprechen, daß beide Benachteiligungsindikatoren Substitute sein können, d. h. ein Bewerber nimmt die Stelle mit der Eigenschaft an, 50

delt.

Aufgrund der Querschnittsbetrachtung werden hier beide Fälle gleich behan-

240

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

der er Priorität einräumt, nämlich entweder keine Befristung oder aber adäquate Beschäftigung. Hypothese 3.4: Unterwertig Erwerbstätige sind ebenso häufig befristet beschäftigt wie adäquat Beschäftigte. Positive und negative Effekte der Überqualifikation gleichen einander aus. Personen, die nicht im erlernten Beruf tätig sind, werden häufiger mit Befristung rechnen müssen, da sie dem Arbeitgeber keinerlei Zertifikat über ihre Befähigung zeigen können und dieser sie daher nur unter Vorbehalt einstellen wird. Hypothese 3.5: Arbeitnehmer, die nicht im erlernten Beruf tätig sind, sind häufiger befristet beschäftigt als Arbeitnehmer, die im erlernten Beruf tätig sind. Unternehmensseitig und segmentationstheoretisch läßt sich herleiten, daß zwischen „Normalarbeitsverhältnissen“, für die eine starke Betriebsbindung angestrebt wird und die bezüglich verschiedener Einschnitte in Krisenzeiten einen besonderen Schutz erfahren, und „Randarbeitsverhältnissen“, die zur flexiblen Ergänzung aufrechterhalten werden, unterschieden wird. Es kann angenommen werden, daß die Arbeitnehmer mit Priorität, also diejenigen, die „normal“ in Vollzeit arbeiten und zur Stammbelegschaft gehören, zuletzt entlassen würden, während z. B. Teilzeitbeschäftigte keinen so starken Schutz erfahren. Dies könnte sich auch bei Einstellungen widerspiegeln und wird unterstützt von der häufig vertretenen Meinung in Unternehmen, daß Teilzeitmitarbeiter keine hohe Identifikation mit dem Betrieb und somit auch keine hohe Betriebsbindung aufweisen. Auch dies würde auf Seiten der Unternehmen dafür sprechen, Teilzeitmitarbeiter „mit Vorsicht zu genießen“, sie also nur befristet einzustellen. Hypothese 3.6: Teilzeitarbeitsverhältnisse sind häufiger befristet als Vollzeitarbeitsverhältnisse. Zu den Variablen in den Hypothesen sollen auch in dieser Untersuchung weitere soziodemographische und individuelle Variablen, Humankapitalvariablen sowie Unternehmens- und Arbeitsplatzmerkmale als unabhängige Variablen herangezogen werden.

III. Befristete Verträge

241

4. Empirische Analyse a) Spezifikation des ökonometrischen Modells Zur Untersuchung, welche Einflußfaktoren auf die individuelle Entscheidung, befristet beschäftigt zu sein oder nicht, bzw. auf die betriebliche Entscheidung, einen Bewerber befristet einzustellen, eine Rolle spielen, eignet sich wiederum das binomiale univariate Probit-Modell, das bereits in Kap. B.IV.6.a) eingehend beschrieben wurde. Gegeben sei auch hier eine latente Variable yi , die durch folgende lineare Regressionsgleichung erklärt werden kann: yi ã b 0 xi þ ui

È40ê

mit: b: zu schätzender Koeffizientenvektor xi: Vektor der erklärenden Variablen ui: Störvariable i = 1, . . ., N Beobachtbar ist für jedes Individuum i die Dummy-Variable yi , für die gilt: È41ê

yi ã 1 falls yi > 0 Èbefristet besch¨aftigtê yi ã 0 falls yi  0 Èunbefristet besch¨aftigtê

Zur Ableitung der Log-Likelihood-Funktion sei auf Kap. B.IV.6.a) verwiesen. b) Beschreibung der Modellvariablen Die Analyse zu den Determinanten der befristeten Beschäftigung bezieht sich auf alle Personen zwischen 16 und unter 65 Jahren, die sich nicht in Ausbildung oder Vollzeitweiterbildung befinden. Personen ohne Arbeitsvertrag sowie Selbständige werden nicht berücksichtigt. Insgesamt liegen für 2 753 Personen Informationen zu allen relevanten Variablen vor; von ihnen sind 171 befristet beschäftigt. Wie schon in der Variablendefinition zum Teilzeitmodell beschrieben, wird zunächst die Kombination der Variablen „Geschlecht“ und „Männerberuf“ mit der Referenzgruppe „Mann im Männerberuf“ in das Modell aufgenommen. Des weiteren werden als Standardinformationen die Angaben zum Alter, zur Nationalität, zur Region West/Ost, zum Familienstand und zur Schwerbehinderung herangezogen.

242

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

Als quantitative Humankapitalvariablen werden die Bildungsdauer, die Betriebszugehörigkeit und die Weiterbildung im Zeitraum 2001 bis 2002 berücksichtigt. Zu qualitativen Beurteilung des Humankapitals, u. a. in bezug auf die Stelle, die der Bewerber innehat, gehen die Durchschnittsnote des schulischen Abschlußzeugnisses sowie die Angabe, ob ein Arbeitnehmer für seine Stelle überqualifiziert und in dem von ihm erlernten Beruf tätig ist, in das Modell ein. In bezug auf Arbeitsplatzmerkmale werden laut der zuvor aufgestellten Hypothesen ein Einfluß von Vollzeit-, Teilzeit- bzw. geringfügiger Beschäftigung sowie ein sehr starker Effekt des Merkmals „Zeitarbeit“ auf die Wahrscheinlichkeit der Befristung vermutet. Personen mit Zeitarbeitsvertrag haben, entgegen allen Vermutungen, nach ihren eigenen Angaben im SOEP nicht automatisch einen befristeten Vertrag. Wäre dies der Fall, dann dürfte die Variable nicht in das Modell aufgenommen werden. Da dies aber nicht zutrifft, ist die Angabe zur Zeitarbeit eine wichtige Variable, die nicht ignoriert werden sollte und von der trotz allem ein sehr starker Einfluß auf die Befristung ausgehen dürfte. Des weiteren wird wieder die Länge des Arbeitswegs berücksichtigt, obwohl im Vorfeld keine Vermutung über einen möglichen Einfluß geäußert werden kann. Die Mitgliedschaft in Betriebsrat, Berufsverband und Gewerkschaft wird ebenso wie die Informationen über Betriebsgröße und Branche standardmäßig als betriebliche Merkmale in das Modell aufgenommen. c) Ergebnisse der empirischen Analyse Für die Analyse der Determinanten befristeter Beschäftigung werden ein gepooltes Modell sowie jeweils ein separates für Männer bzw. Frauen geschätzt (s. Tab. 30 Seite 244). Die Güte der Anpassung ist bei allen Modellen mittelmäßig, aber ausreichend. Nicht optimal ist das Ungleichgewicht bei der Aufteilung der Fälle in die Gruppen „befristet (= 1)“ und „unbefristet (= 0)“. Hypothese 3.1 kann nicht bestätigt werden, denn die Koeffizienten des gepoolten Modells sind für die kombinierten Merkmale „Geschlecht“ und „Männerberuf“ nicht signifikant. Da somit auch die Berufswahl keine Rolle spielt, was auch durch die nicht signifikanten Koeffizienten in den für Männer bzw. Frauen separaten Modellen unterstützt wird, kann Hypothese 3.2 bestätigt werden: Mögliche positive und negative Effekte der Berufswahl gleichen einander aus. Was die soziodemographischen Merkmale betrifft, so kann nur das Alter als signifikante Determinante für die Befristung identifiziert werden. Je älter eine Person, ob Mann oder Frau, ist, um so weniger wahrscheinlich

III. Befristete Verträge

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wird diese Person nur befristet eingestellt. Dieser Effekt ist jedoch nicht linear, denn er nimmt im Laufe des Arbeitslebens ab. Bei Frauen spielt zusätzlich Schwerbehinderung auf dem 10%-Signifikanzniveau eine Rolle für die Befristungswahrscheinlichkeit. Je mehr Bildungsjahre eine Person aufweist, um so höher ist die Wahrscheinlichkeit für ein befristetes Arbeitsverhältnis. Vermutlich spiegelt sich hierin wider, daß die Befristungsquote bei Hochschulabsolventen deutlich höher liegt als bei Personen mit weniger Bildungsjahren. Dies mag darin begründet liegen, daß Arbeitgeber aus Angst vor Fehlentscheidungen bei der Einstellung auf höheren Hierarchieebenen eine längere Probezeit, z. B. in Form eines zunächst befristeten Vertrags, einplanen, da die Einstellung eines unpassenden Bewerbers hier weiterreichende negative Konsequenzen hat als auf niedrigeren Hierarchieebenen. Überraschenderweise ist sowohl der Koeffizient für die Variable „Alter“ als auch derjenige für die Variable „Betriebszugehörigkeit“ für beide Geschlechter auf dem 1%-Niveau signifikant. Die Betriebszugehörigkeit dominiert somit nicht das Alter, sondern das Alter ist ein Faktor, der per se eine Rolle spielt. Verwunderlich ist diese Signifikanz, insbesondere bei der Dauer der Betriebszugehörigkeit, nicht, denn je länger ein Arbeitnehmer bei einem Unternehmen beschäftigt ist, um so mehr wird die Unsicherheit hinsichtlich eines potentiellen Mismatchs abgebaut und um so eher erhält der Arbeitnehmer einen unbefristeten Vertrag. Der Notendurchschnitt des schulischen Abschlußzeugnisses spielt nur bei Männern eine signifikante Rolle: Je schlechter die Noten waren, um so wahrscheinlicher ist es, daß diese Person nur befristet beschäftigt wird. Der Effekt von Weiterbildung auf Befristung ist entgegen der Erwartung nicht eindeutig, so daß Hypothese 3.3 nicht bestätigt werden kann. Von beiden Arten von qualifikatorischem Mismatch geht ebenfalls kein signifikanter Einfluß auf die Befristungswahrscheinlichkeit aus, so daß Hypothese 3.4, die keinen Einfluß von unterwertiger Beschäftigung vermutet hat, bestätigt werden kann, während Hypothese 3.5, daß Arbeitnehmer im erlernten Beruf seltener befristet beschäftigt sind, verworfen werden muß. Hypothese 3.6 hingegen, die sich auf den ersten Indikator, die Teilzeitbeschäftigung, bezieht, kann für Frauen bestätigt werden, denn Frauen in Teilzeitarbeitsverhältnissen werden signifikant häufiger befristet eingestellt. Für geringfügige Beschäftigung kann dieser Effekt aber nicht festgestellt werden. Zeitarbeit hat, wie erwartet, den größten Einfluß auf Befristung, sie sagt Befristung aber nicht perfekt vorher. Bei den weiteren arbeitsplatzund betriebsspezifischen Merkmalen sind kaum nennenswerte Einflüsse zu beobachten.

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C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung Tabelle 30 Determinanten befristeter Beschäftigung

Konstante (Mann im Männerberuf) Mann im Frauenberuf Frau im Frauenberuf Frau im Männerberuf Männerberufa Alter Alter2 /100 Ausländer Westdeutschland verheiratetb schwerbehindertc Bildungsdauer (in Jahren) Betriebszugehörigkeit Weiterbildung 2001/02f letzter Notendurchschnittd überqualifizierte Beschäftigunge Tätigkeit im erlernten Beruf Teilzeitbeschäftigungg geringfügige Beschäftigung Zeitarbeit Arbeitsweg in kmh Mitglied im Betriebsrat Mitglied im Berufsverband Mitglied in Gewerkschaft Stellung: Arbeiter (Stellung: Angestellter) Stellung: Beamter (Betriebsgröße bis unter 5 Besch.) Betriebsgröße bis unter 20 Besch. Betriebsgröße bis unter 100 Besch. Betriebsgröße bis unter 200 Besch. Betriebsgröße bis unter 2000 Besch. Betriebsgröße ab 2000 Besch. Branche: Baugewerbe Branche: Bergb./Energie/Wasser Branche: Handel Branche: Kredit, Vers., wirt. DL

gepoolt

Frauen

2,2075*** . 0,1444 –0,0814 0,2137

3,1675***

1,7849*

0,2713 –0,3109*** 0,3562*** –0,2588 0,0914 0,1334 0,6707* 0,0904*** –0,0600*** –0,0050 0,0731 –0,0688 –0,2399 0,3717** –0,1552 1,3433*** 0,0004 –0,3810 –0,0934 –0,4267* 0,6017** . 0,3397 . 0,4878 0,3737 0,8344** 0,7698** 0,5124

–0,0784 –0,1867*** 0,2086*** 0,1964 –0,2139 –0,0919 0,1270 0,0617** –0,0402*** –0,1464 0,2754*** 0,0564 –0,0170 0,1787

–0,2382*** 0,2704*** –0,0887 –0,0462 0,0400 0,3279 0,0733*** –0,0476*** –0,0671 0,1761** 0,0270 –0,1674 0,2755** –0,4863 1,3939*** 0,0013 –0,5736* 0,2551* –0,1974 0,2531 . 0,2539 . 0,1693 0,2483 0,4376* 0,3176 0,1853 –0,8942** j

–0,6136*** –0,3966**

j j

–0,5570** –0,5115**

Männer

j

1,1464*** 0,0017 –0,6555 0,4306** –0,0629 0,0068 . 0,2238 . –0,3023 –0,0607 –0,1450 –0,2978 –0,3371 –0,7786* j

–0,7827** –0,3693*

III. Befristete Verträge

245

Tabelle 30 (Fortsetzung) gepoolt Branche: Land-/Forstw., Fischerei Branche: öff. Verw., Sozialvers.i Branche: verarb. Gewerbe Branche: Verkehr, Nachrichten (Branche: öff. u. priv. DL) Log-L LR-Statistik McFadden R2 N 0 1

j

Frauen j

–0,2103 –0,2835** –0,3773 . –483,7394

Männer j

–0,4332 –0,0430 –0,0909 . –235,5898

–0,1030 –0,3727* –0,5344 . –231,7874

314,0165***

200,7814***

144,3283***

0,2450

0,2988

0,2374

2 753 2 582 171

1 351 1 259 92

1 402 1 323 79

Signifikanzniveau: *** = p < 0,01, ** = p < 0,05, * = p < 0,1 abhängige Variable: befristete Beschäftigung (1) oder unbefristete Beschäftigung (0) Binomiales univariates Probit-Modell a Vgl. Kap. B.III.1.a) b einschließlich mit Partner zusammenlebend, ohne getrenntlebende Verheiratete c Behinderungsgrad mindestens 50% d arithmetisches Mittel der Noten des schulischen Abschlußzeugnisses in den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache e Vgl. Kap. A.V.2.d)cc), Überqualifikation des Typs A oder B f Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen mit Ziel „Qualifizierung für den beruflichen Aufstieg“ oder „Anpassung an neue Anforderungen in meiner bisherigen Tätigkeit“ im Zeitraum 2001 bis 2002 g unter 30 Std./Woche h einfache Entfernung Wohnung – regelmäßige Arbeitsstätte i inkl. exterritorialer Organisationen j Variable aufgrund ungenügender Fallzahl bei mindestens einer Ausprägung der abhängigen Variable eliminiert Jeweilige Referenzkategorien stehen in Klammern. Quelle: Eigene Auswertung des SOEP (2003 und 2004).

5. Abschließende Bemerkungen Befristete Arbeitsverhältnisse stellen gegenüber solchen mit unbefristeten Verträgen immer einen Nachteil dar. Normalerweise werden sie nur dann angenommen, wenn es keine Alternative gibt, was bei einer angespannten Arbeitsmarktlage oder in bestimmten Branchen der Fall sein kann. Hypothesen, inwieweit das Geschlecht einen Einfluß auf die Befristung haben kann, sind nur schwer aufzustellen, die empirische Analyse ergibt jedoch auch keinen signifikanten Einfluß.

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C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

Eine Teilzeitbeschäftigung erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Befristung zwar leicht, weshalb Frauen insgesamt etwas häufiger betroffen sein könnten. Andererseits wirkt sich ein schlechter Notendurchschnitt bei Männern ebenfalls negativ aus, so daß keine generelle Benachteiligung eines Geschlechts festgestellt werden kann, was auch schon das Unterkapitel zur deskriptiven Statistik ergeben hat. Es bleibt nun noch zu untersuchen, inwieweit Befristung einen negativen Einfluß auf das Einkommen hat und ob dieser Einfluß bei Frauen und Männern bzw. in Frauen- und Männerberufen gleich stark ist.

IV. Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen 1. Mangelnde Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen als Benachteiligung a) Einführung In einer Wissensgesellschaft mit ständig neuen und steigenden Anforderungen und Innovationen ist es für Betriebe und Arbeitnehmer essentiell, sich diesen Herausforderungen zu stellen und immer auf dem neuesten Stand zu bleiben. Die berufliche Erstausbildung reicht hier häufig nicht mehr aus, vielmehr muß man später berufsbegleitende Weiterbildungen vornehmen, um sich auf kommende Situationen vorzubereiten und die aktuellen Anforderungen meistern zu können. Sowohl Betriebe als auch Arbeitnehmer haben ein Interesse an Weiterbildungsmaßnahmen. Sie tragen zur Konkurrenzfähigkeit der Betriebe bei und halten das Humankapital auf dem neuesten Stand, was den Arbeitnehmern helfen kann, Einkommenserhöhungen zu realisieren. Im Detail wird auf die Motive der Arbeitnehmer und Arbeitgeber in den folgenden beiden Abschnitten eingegangen werden. Als benachteiligt kann dementsprechend gelten, wer nicht oder nur wenig an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen kann oder darf, denn sein Wert als Arbeitskraft sinkt in vielen, insbesondere in wissensbasierten, Berufen und Branchen mit der Zeit immer mehr, was eine Erhöhung des Entlassungsrisikos und geringe Aufstiegschancen zur Folge haben kann. Grundsätzlich kann Weiterbildung das Ziel verfolgen, Ungleichheiten im Bildungsniveau einer Belegschaft, die z. B. aufgrund des unterschiedlichen Zugangs zur Erstausbildung entstanden sind, auszugleichen oder zumindest zu mindern.51 Allerdings sprechen auch viele Indizien dafür, daß das Ge51

Vgl. Bellmann/Leber (2003), S. 15.

IV. Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen

247

genteil der Fall ist, da Höherqualifizierte mehr von Weiterbildung profitieren und sich gegebene Bildungsunterschiede dadurch noch verstärken.52 Im folgenden soll geklärt werden, welche Bereiche die Weiterbildung einschließt und worauf sich die folgende Analyse beschränken wird. Die Expertenkommission „Finanzierung Lebenslangen Lernens“ definiert Weiterbildung sehr breit: „Weiterbildung ist die Fortsetzung oder Wiederaufnahme von formalem, nicht-formalem und/oder informellem Lernen allgemeiner oder beruflicher Inhalte nach Abschluß einer ersten berufsqualifizierenden Ausbildung.“53 Weiterbildung kann danach also entweder allgemeine oder berufliche Inhalte haben, und sie kann am Arbeitsplatz (on the job) oder außerhalb des Arbeitsplatzes (off the job, z. B. für Arbeitslose) in formaler, nicht-formaler oder informeller Form vermittelt werden. Des weiteren kann zwischen betrieblicher und individueller Weiterbildung unterschieden werden. Von Interesse kann auch sein, wer der Initiator und der Kostenträger einer Maßnahme ist und ob sie während der Arbeitszeit stattfindet. In dieser Analyse soll eine engere Begriffsdefinition gewählt werden54, und es soll nur berufsbezogene Weiterbildung in Form von Lehrgängen oder Kursen einbezogen werden. Allgemeine Weiterbildung oder Weiterbildung durch das Lesen von Fachliteratur wird somit ausgeschlossen, da ihr Wert für die berufliche Produktivität sehr unterschiedlich sein kann. Es werden nur Erwerbstätige betrachtet; die Weiterbildung oder Umschulung von Arbeitslosen wird außer acht gelassen. Entsprechendes gilt für die Umschulung und die informelle Einweisung in einen Arbeitsplatz bei Erwerbstätigen, da der Übergang von informellen und nicht-formalen Aktivitäten zur tatsächlichen Tätigkeit fließend ist. Unerheblich und nicht ausschlußrelevant für die Analyse ist hingegen, ob die Weiterbildungsmaßnahme im Betrieb oder extern stattfindet, ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer den Anstoß für die Maßnahme gegeben haben, wer die Kosten für die Weiterbildung trägt und ob sie während der Arbeitszeit stattfindet. Die Untersuchung dieser Teilbereiche würde in dieser Analyse zu weit führen, da hier nur die allgemeine Teilnahme an Weiterbildung von Interesse ist. Dennoch spielen die letztgenannten Merkmale eine wichtige Rolle bei der nun folgenden Betrachtung der unterschiedlichen Motive von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, insbesondere wenn noch die übliche 52 Vgl. Bellmann/Leber (2003), S. 15, und zu theoretischen Überlegungen Baethge (1992). 53 Expertenkommission Finanzierung Lebenslangen Lernens (2002), S. 56. 54 Ähnliche Einschränkungen finden sich auch in anderen Studien, die sich mit den Determinanten der Weiterbildungsbeteiligung von Arbeitnehmern befassen. Vgl. z. B. Pannenberg (1995), Büchel/Pannenberg (2004), die in Weiterbildung im weiteren und engeren Sinne unterteilen (S. 76), und Behringer (1999).

248

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

Unterteilung der Weiterbildung als Investition in betriebsspezifisches und allgemeines Humankapital erfolgt. b) Motive der Arbeitnehmer für die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen Wie schon in der Einführung angedeutet, müssen Arbeitnehmer ständig ihr Humankapital auf dem neuesten Stand halten, um den steigenden und sich ständig verändernden Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt gewachsen zu sein. Die negativen Konsequenzen, die ihnen drohen, wenn sie nicht Schritt halten, können schon allein einen starken Anreiz zur Teilnahme an Weiterbildung setzen. Je nach Branche, Beruf und Stellung im Unternehmen bestehen jedoch Unterschiede, inwieweit Arbeitnehmer an Weiterbildung teilnehmen müssen oder dürfen.55 Motivierend dürfte für Arbeitnehmer ebenso wie für Arbeitslose und Personen, die nach einer Erwerbsunterbrechung wieder eine Tätigkeit aufnehmen wollen, vor allem die Aussicht auf die Sicherung oder Verbesserung ihrer Einkommens- und Beschäftigungschancen sein. Weiterbildungsmaßnahmen sind Investitionen in das Humankapital, diese Investitionen erhöhen nach der Humankapitaltheorie die Produktivität, was wiederum für eine Einkommensverbesserung sorgt. Zusätzlich steigen die Beschäftigungssicherheit sowie die Chancen für einen inner- oder evtl. auch außerbetrieblichen Aufstieg. Dies jedoch hängt stark von der Art der Weiterbildungsmaßnahme ab. Hier ist zu unterscheiden zwischen betriebsspezifischem und allgemeinem, d. h. in andere Unternehmen übertragbarem Humankapital.56 Ersteres ist nur im aktuellen Betrieb verwertbar, und prinzipiell hat der Arbeitnehmer wenig Interesse daran, freiwillig in diese Humankapitalart zu investieren, da es nicht transferierbar ist. Der Arbeitgeber wird deshalb diese Art von Investitionen weitgehend selbst finanzieren müssen, da sie hauptsächlich in seinem Sinne sind. Daher spricht allerdings auch vieles dafür, daß der Arbeitgeber den Hauptanteil der Erträge aus diesen Investitionen selbst erhält, denn nur unter der Bedingung, daß die Erträge die Kosten übersteigen, tätigt er überhaupt Investitionen. Handelt es sich hingegen um übertragbares, also allgemeines Humankapital, wird der Arbeitgeber sich kaum an den Investitionen beteiligen, da er mit der Abwanderung des Mitarbeiters rechnen müßte. Diese Kosten muß der Arbeitnehmer zu einem großen Teil allein tragen, ihm fallen dann allerdings auch die Erträge zu. Inwieweit Weiterbildung die Betriebsbindung oder aber die Mobilität verstärkt und dies positiv oder negativ für den Arbeitnehmer zu sehen ist, 55 56

Vgl. Schömann/Becker (1995) und Kap. C., Fn. 65. Vgl. A.III.4.a).

IV. Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen

249

kann nicht eindeutig geklärt werden. Die Mobilität, sei es aufgrund von Entlassung oder eigener Kündigung, hängt hingegen davon ab, inwieweit die Produktivitätszuwächse des Arbeitnehmers eher im aktuellen oder in anderen Betrieben gewürdigt werden, um welche Kapitalart es sich handelt und ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer die Maßnahme finanziert haben.57 Grundsätzlich wird ein Arbeitnehmer nur Humankapitalinvestitionen (also auch Weiterbildungsinvestitionen) tätigen, wenn es sich für ihn lohnt, wenn er also das Gelernte am Arbeitsplatz verwerten kann und die Erträge die Kosten übersteigen. Dabei können tatsächliche monetäre Kosten der Maßnahme, die beim Arbeitnehmer anfallen, eine Rolle spielen, aber auch die in Weiterbildungsmaßnahmen verbrachte Zeit, insbesondere auch Freizeit. Andererseits werden die Erträge betrachtet, die in bedeutendem Maße von der erwarteten Verwertbarkeit des Gelernten abhängen. Die Verwertbarkeitsdauer hängt mit der Wissensdynamik im jeweiligen Sektor oder Beruf, mit der erwarteten Betriebszugehörigkeitsdauer bei betriebsspezifischem und der erwarteten Dauer der Erwerbstätigkeit bei allgemeinem Humankapital zusammen. Hier ist anzunehmen, daß die Amortisationsdauer bei älteren Arbeitnehmern aufgrund der zeitlichen Nähe zum Ruhestand und bei Frauen wegen einer eventuellen Familienpause geringer ist. Auch bei jungen Arbeitnehmern kann die Amortisationsdauer bei betriebsspezifischem Humankapital u. U. nicht erreicht werden, weil eine größere Mobilität wegen der Matching-Unsicherheit vorliegt. Höher Qualifizierte können aus mehreren Gründen zu verstärkter Weiterbildungsintensität neigen: Sie dürften mehr Mühe haben, ihren hohen Humankapitalstand und eventuell auch ihre berufliche Stellung zu wahren, als niedrig Qualifizierte. Zudem sind die zu erwartenden absoluten Einkommenszuwächse bei Besserverdienern höher, und sie haben schon häufiger in ihrem Leben die Erfahrung gemacht, daß sich Investitionen in Humankapital auszahlen und daß sie Menschen sind, denen das Lernen leichtfällt, denn sonst hätten sie ihre berufliche Position nicht erreicht. Im Zweifelsfall sind es auch eher die Besserverdiener, die keine Probleme mit der Eigenfinanzierung der Weiterbildung haben dürften.58 Weitere Gründe seitens des Arbeitnehmers für die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen können darin liegen, daß von seiten des Arbeitgebers ein Zwang zur Teilnahme mit den oben beschriebenen negativen Konsequenzen bei Nichtteilnahme ausgeht. Der Arbeitnehmer kann auch mit der Teilnahme an Weiterbildung das Ziel verfolgen, seine eigene Verhandlungsposition gegenüber dem Arbeitgeber zu stärken. Zudem sendet die Teilnah57 Vgl. Pannenberg (1995), Hübler/König (1999), Backes-Gellner/Schmidtke (2001). 58 Vgl. dazu auch Kap. C., Fn. 62 und 65, und Kap. D., Fn. 29.

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C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

me an Weiterbildung positive Signale aus, besonders wenn damit Zertifikate erlangt werden können. Eventuell hebt sich der Arbeitnehmer durch Eigeninitiative von seinen Kollegen ab und zeigt damit seine Motivation. Ein weiterer Grund für die Teilnahme kann darin bestehen, daß der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Maßnahme vorschlägt und mit diesem Vorschlag suggeriert, daß die Maßnahme für den Arbeitnehmer sinnvoll ist. Vielfach sehen Arbeitnehmer aber nicht nur die ökonomischen Vorteile, sondern sie streben mit der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen an, „einfach mal wieder Neues zu lernen“.59 Arbeitnehmer, denen der berufliche Erfolg oder die durch die Investition erwartete Einkommenserhöhung nicht sehr wichtig sind, haben Grund, von einer Weiterbildung Abstand zu nehmen, insbesondere, wenn sie Kosten verursacht, die sie selbst zu tragen haben. c) Motive der Arbeitgeber für das Interesse an Weiterbildung Der Strukturwandel zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft zwingt Unternehmen zur Wahrung ihrer Konkurrenzfähigkeit vielfach, die Arbeit neu zu organisieren, zu internationalisieren und die Belegschaft auf dem neuesten Wissensstand zu halten und an den technischen Fortschritt anzupassen.60 Je mehr dies – abhängig von der Branche, der Personalstruktur, der Komplexität und dem technischen Stand des Betriebs – der Fall ist, um so mehr ist Weiterbildung nötig. Der Erfolg eines Unternehmens kann sowohl das Ergebnis als auch – bei bestimmten Unternehmenstypen – die Ursache verstärkter Weiterbildungsaktivität sein.61 Ein weiterer Einflußfaktor kann das Vorhandensein eines Betriebsrats sein, da dieser sich für die Weiterbildung der im Betrieb beschäftigten Personen einsetzen kann. Die Hauptziele, die ein Arbeitgeber anstrebt, sind die direkte Steigerung der Produktivität oder die Steigerung über den „Umweg“ der Motivation62 mit der Folge der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Der Arbeitgeber erhofft sich außerdem von Weiterbildung eine verbesserte Betriebsbindung der Mitarbeiter63, denn Mobilität verursacht Kosten.64 Daher wird er auch nur solchen Mitarbeitern Weiterbildung anbieten, bei denen eine hohe Betriebsbindung erwartet werden kann.65 59 Vgl. Bolder et al. (1994), wonach bei einer Befragung von Erwerbstätigen rund ein Viertel dieses Ziel angegeben hat. 60 Hier ist besonders an Informations- und Kommunikationstechnik zu denken. 61 Vgl. Bellmann/Büchel (2001). 62 Hierbei ist aber zu bedenken, daß eine verstärkte Weiterbildungsaktivität auf höheren Hierarchieebenen die Motivation derjenigen auf den niedrigeren Ebenen auch schwächen kann. Vgl. Baethge (1992) zur Segmentation. 63 Vgl. Glance et al. (1997) und Hübler/König (1999). 64 Vgl. Kap. C.III. zur Befristung.

IV. Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen

251

Viele der Gründe, die bei den Arbeitnehmern aufgeführt sind, können auch hier genannt werden, da der Arbeitgeber ja auf seine gut ausgebildeten Arbeitnehmer angewiesen ist. Außerdem wird ein Arbeitgeber grundsätzlich nur dann in Weiterbildung investieren, wenn er sich einen positiven Nettonutzen davon verspricht. Gerade was unterschiedliche Amortisationsdauern – unter Berücksichtigung der Betriebsbindung – betrifft, wird der Arbeitgeber am ehesten Männer mittleren Alters in ihren Weiterbildungsaktivitäten ermuntern. Benachteiligt dürften jüngere Frauen sein, da bei vielen von ihnen eine Familienpause erwartet wird.66 Teilzeitbeschäftigte weisen ebenfalls einen geringeren Ertrag auf, da sie durchschnittlich eine kürzere Zeit pro Tag im Betrieb verbringen.67 Befristet Beschäftigten und solchen mit Honorar- und Werkverträgen wird weniger (betrieblich finanzierte) Weiterbildung angeboten68, weil ihre Betriebsbindung geringer sowie der Amortisationszeitraum zu kurz ist und das gewonnene Humankapital nach Ausscheiden aus dem Unternehmen für dieses unbrauchbar wird oder sogar gänzlich verfällt, wenn es sich um sehr spezifische Investitionen handelt. Der Arbeitgeber wird sich insbesondere auf Hochqualifizierte konzentrieren69, da von ihnen die höchsten Erträge und zudem ggf. auch Multiplikatorwirkungen auf die gesamte Organisationsoptimierung und auf andere Mitarbeiter, vor allem auf solche unter ihrer Verantwortung, zu erwarten sind. Allerdings sind auch negative Effekte zu erwarten, wenn die Abwesenheit der betreffenden Person Produktivitätseinbußen erwarten läßt und wenn die Opportunitätskosten bei sehr gut Bezahlten hoch sind, denn sie müssen in der Zeit, in der sie abwesend sind, um Weiterbildungsmaßnahmen zu besuchen, weiter entlohnt werden. Zuletzt soll noch kurz auf die Unterschiede bei der Betriebsgröße eingegangen werden. Hierbei ist empirisch belegt, daß bei größeren Betrieben 65 Vgl. zu den arbeitnehmer- und arbeitgeberseitigen Determinanten der Weiterbildung Frazis et al. (2000) mit Linked-employer-employee-Daten sowie Altonji/ Spletzer (1991), Behringer (1999) und Wilkens/Leber (2003). 66 Vgl. Barron et al. (1993). Danach werden Frauen aufgrund ihrer höheren erwarteten Mobilität eher auf Stellen eingesetzt, die weniger On-the-job-Training benötigen und insgesamt weniger humankapitalintensiv sind. Willich et al. (2002), S. 14, stellen einen starken Unterschied in der Weiterbildungsbeteiligung zwischen Frauen mit und ohne Kindern fest. Der Unterschied zwischen Männern und Frauen lägen weniger in der Beteiligungsquote als vielmehr darin, daß Frauen häufiger selbst die Initiative ergreifen und die Maßnahme finanzieren müßten. 67 Vgl. Willich et al. (2002), S. 7: Die Autoren ermitteln, daß der Unterschied in der Teilnahme an Weiterbildung zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten zwar nicht gravierend ist, daß jedoch Teilzeitbeschäftigte diese Maßnahmen viel häufiger selbst finanzieren müssen. 68 Vgl. Willich et al. (2002), S. 7 f., wo dieser Zusammenhang für Hochschulabsolventen festgestellt wird. 69 Vgl. Bellmann/Leber (2003).

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C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

der Anteil der Betriebe, die überhaupt weiterbilden, höher ist als bei Kleinbetrieben70, was allerdings noch nicht heißen muß, daß bei den größeren Betrieben der Anteil der Mitarbeiter, die eine Weiterbildung durchlaufen, ebenfalls höher sein muß. Vielmehr kann das auch darauf zurückzuführen sein, daß nicht alle Kleinbetriebe so strukturiert sind, daß eine Weiterbildung der Mitarbeiter sinnvoll oder unbedingt nötig ist, was vielleicht auch auf die verschiedenen Abteilungen eines Großbetriebs zutreffen kann. Allerdings spricht dennoch einiges dafür, daß es Großbetrieben leichter fällt, Weiterbildung anzubieten. Zum einen können sie einfacher betriebsinterne Maßnahmen organisieren, an denen genügend Mitarbeiter teilnehmen, damit sich die Organisation lohnt. Zum anderen sind Großbetriebe bezüglich der finanziellen Mittel und auch bezüglich der Vertretung von Weiterbildungsteilnehmern flexibler. Zudem ist die Komplexität von Großbetrieben größer. Dies macht ein weiteres Ziel der Weiterbildung erforderlich: Weiterbildung für Mitarbeiter allein aus dem Grund, ein besseres Verständnis der Gesamtorganisation und der Arbeit der Kollegen und anderen Abteilungen zu vermitteln. 2. Anwendungsmöglichkeiten von Diskriminierungs- und Benachteiligungstheorien auf Weiterbildungsteilnahme Auch für den klassischen Humankapitalindikator „Weiterbildung“ soll nach der Erläuterung der Motive der Arbeitnehmer und Arbeitgeber nun dargelegt werden, inwieweit die verschiedenen Diskriminierungstheorien aus Kapitel A. dazu geeignet sind zu erklären, warum Frauen weniger an eigenoder betriebsinitiierter Weiterbildung teilnehmen.71 Die Erklärung hierfür kann sowohl auf der Arbeitsangebots- als auch auf der -nachfrageseite gesucht werden, wobei auch Feedback-Effekte eine wichtige Rolle spielen. Bevor der für diesen Indikator wichtigste Ansatz, die Humankapitaltheorie, überprüft wird, soll auch hier auf Präferenz- und Marktmachtmodelle eingegangen werden. Das Präferenzmodell behauptet, daß Arbeitgeber, Kollegen oder Kunden einen negativen Nutzen daraus ziehen, daß sie mit Frauen zusammenarbeiten, so daß ihnen eine Kompensation gezahlt werden muß, was gleichbedeutend damit ist, daß die Frauen Abschläge in Kauf nehmen müssen. Wie in den Unterkapiteln zur Teilzeitarbeit und zur Befri70 Vgl. Leber (2002). Vgl. dazu auch Barron et al. (1987), die belegen, daß größere Betriebe neu eingestellten Mitarbeitern mehr Weiterbildung ermöglichen als kleinere Betriebe. Sie begründen dies mit den höheren Überwachungskosten bei Großbetrieben. 71 Vgl. Tabelle 11. Dieser Zusammenhang läßt sich nur für Westdeutschland nachweisen. In ganz Deutschland nehmen Frauen jedoch seltener als Männer an Weiterbildungsmaßnahmen zum Zweck des beruflichen Aufstiegs teil.

IV. Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen

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stung festgestellt worden ist, müssen diese Abschläge nicht notwendigerweise in weniger Einkommen zum Tragen kommen. Weniger Zeit (sei es pro Tag oder in der langen Frist) kann nach der dort vorgenommenen Argumentation auch einen Abschlag darstellen. Die geringere Teilnahme an Weiterbildung in dieses Bild einzufügen, scheint problematisch zu sein und würde auch hier wieder nur in Kombination mit Marktmacht funktionieren. Wenn man allerdings die Konstellation auf die Weiterbildungskurse selbst überträgt, also davon ausgeht, daß an Weiterbildung teilnehmende Männer einen negativen Nutzen erfahren, wenn an dem Kurs auch Frauen teilnehmen, dann kann dies dazu führen, daß der Arbeitgeber aufgrund von Beschwerden72 der Männer Frauen zu bestimmten Kursen nicht zuläßt, damit die Männer unter sich sind und den Kurs daher mit größerem Erfolg abschließen. Die starken negativen Folgen dieser Art von Diskriminierung können dann darin bestehen, daß Frauen systematisch von bestimmten Kursen, Lehrgängen und somit Wissen ausgeschlossen werden, was evtl. eine Voraussetzung für eine Beförderung sein kann. Der Unterschied verstärkt sich nicht nur dadurch, daß Frauen ausgeschlossen werden, sondern auch dadurch, daß Arbeitgeber gar keine andere Möglichkeit besitzen, als die besser ausgebildeten Männer zu befördern – mit den sich selbst verstärkenden Konsequenzen. Nach der Crowding-Theorie können Frauen von bestimmten Bereichen des Arbeitsmarktes abgeschottet sein, so daß bestimmte Berufe und Hierarchieebenen für sie nicht in Frage kommen. Zudem herrscht ein Überangebot an Frauen, die in ihrem beschränkten Bereich arbeiten wollen. Wenn die Barrieren tatsächlich vor bestimmten Berufen und Hierarchieebenen stehen, dann kann es durchaus plausibel sein, daß dies sehr begehrte Stellen betrifft, die entsprechend große Karrieremöglichkeiten und Weiterbildungsbedarf aufweisen. Sind Frauen dort nicht zugelassen oder können sie diese Stellen aufgrund mangelnder Flexibilität oder Mobilität (abgeleitet aus den Annahmen eines Monopsons) nicht annehmen, so liegt die Weiterbildungsbeteiligung bei den flexibleren Männern automatisch höher. Die Humankapitaltheorie kann einige wichtige Beiträge zur Erklärung der unterschiedlichen Teilnahme an Weiterbildung liefern. Zunächst einmal werden Betriebe nur dann in das Humankapital der Arbeitnehmer investieren, d. h. eine Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen befürworten, wenn sie davon ausgehen können, daß sich diese Investition auch lohnt, was ins72 Die gleichzeitige Teilnahme von Männern und Frauen an einem Kurs muß allerdings nicht immer zu Beschwerden seitens der Männer führen. Wenn der Arbeitgeber beobachtet, daß Männer im Beisein von Frauen unaufmerksam beim Lernen sind, dann kann dies auch ein Grund für getrennte Kurse und einen Ausschluß der Frauen sein. Hinzuzufügen ist, daß sich bei vielen Kursen allerdings auch ein Produktivitätsvorteil beim Lernen ergibt, wenn die Gruppe gemischtgeschlechtlich ist.

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C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

besondere von der erwarteten Verweildauer der potentiellen Teilnehmer abhängt. Wenn diese bei Frauen geringer ist, dann werden sie seltener an Weiterbildung teilnehmen. Dies gilt vor allem für betrieblich initiierte und auch finanzierte Maßnahmen. Frauen müssen dies dann möglicherweise verstärkt durch Eigeninitiative und -finanzierung wettmachen. Wenn Frauen allerdings von vornherein schlechtere Arbeitsmarktchancen erwarten, werden sie kaum verstärkte Eigeninitiative zeigen. Des weiteren werden Unternehmen eher in hoch gebildete Arbeitnehmer, die Vollzeit arbeiten, investieren, da bei ihnen die erwarteten Erträge am höchsten sind und sie schon gezeigt haben, daß sie eine hohe Lernproduktivität aufweisen. Wenn Frauen in diesen Gruppen unterdurchschnittlich stark vertreten sind, dann werden sie auch weniger als Männer an Weiterbildung teilnehmen. Ein letzter Punkt betrifft die von Frauen gewählten Berufe: Wie im Kapitel zu den Segregationstheorien angesprochen, werden Frauen eher nicht diejenigen Berufe wählen, bei denen eine starke Innovationsdynamik herrscht und sie sich permanent weiterbilden müssen, denn eine Familienpause würde in diesem Fall einen starken Rückschlag bedeuten. Statt dessen wählen sie Berufe, die auch nach einer längeren Pause noch gut ausgeübt werden können und die demnach nicht viel Weiterbildung bedürfen. Statistische Diskriminierung kann die Entscheidungen der Arbeitgeber noch einmal verstärken, wenn dieser bei Vorliegen asymmetrischer Informationsverteilung seine Erwartungen bezüglich der Verweildauer von Frauen aus dem Durchschnitt ableitet. Dies kann über Feedback-Effekte wiederum dazu führen, daß Frauen dieses Verhalten antizipieren, sich von vornherein weniger bilden und dem Arbeitgeber noch einmal Anlaß dafür geben, so zu handeln. Somit hat sich dann seine Prophezeiung erfüllt. Auch Selbstselektion und Signaling kann zu einer Benachteiligung von Frauen führen. Denkbar ist auch hier, daß Frauen wegen des Risikos für das Unternehmen mehr oder stärkere Signale setzen müssen, um das Unternehmen davon zu überzeugen, daß sich Investitionen in Weiterbildung lohnen. Ein mögliches Signal kann dabei sein, daß Frauen die Kosten verstärkt selbst übernehmen müssen oder durch hohe selbstinitiierte Humankapitalbildung zeigen müssen, daß sie damit rechnen, daß sich diese Investition lohnt. Dies ist nur der Fall, wenn die Frauen keine lange Familienpause einplanen. Es ist auch denkbar, daß sich Männer und Frauen dahingehend unterscheiden, wieviel sie sich zutrauen, ob sie also Weiterbildungsmaßnahmen selbst für lohnenswert halten, und wieviel Eigenengagement bezüglich des Vorschlags eines Weiterbildungsbesuchs sie zeigen. Signalisieren Männer in dieser Hinsicht mehr Selbstbewußtsein und Engagement, schlagen sie von sich aus eher Weiterbildung vor und vermitteln sie dem Arbeitgeber somit die Erwartung, daß sich Weiterbildung lohnt, so werden sie ebenfalls häufiger an Weiterbildung teilnehmen.

IV. Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen

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Während die Theorie der impliziten Verträge für die Erklärung von Unterschieden zwischen Frauen und Männern bei der Weiterbildungsteilnahme ungeeignet erscheint, kann der Effizienzlohnansatz möglicherweise einen, wenn auch eher geringen Beitrag leisten. Wenn Frauen aufgrund ihrer geringeren Qualifikation und der daraus folgenden negativen Selbstselektion seltener Stellen innehaben, auf denen Effizienzlöhne gezahlt werden73, dann werden sie weder die damit meist verbundenen höheren Aufstiegschancen wahrnehmen können, noch kann auf diese Art ihre Betriebsbindung gesteigert werden. Beide Effekte der Effizienzlöhne können einen höheren Weiterbildungsbedarf des Arbeitnehmers auslösen. Somit erklärt die Theorie der Effizienzlöhne zwar nicht direkt die Teilnahme an Weiterbildung, dennoch ist diese aber Folge der unterschiedlichen Besetzung von Effizienzlohnstellen. Für die Anwendung des Insider-Outsider-Modells gilt wieder, daß Männer, solange sie in Gewerkschaften und Betriebsräten die Mehrheit bilden, versuchen werden, vor allem ihren eigenen Bereichen oder Berufsgruppen Vorteile zukommen zu lassen. Bei der Weiterbildung dürfte vor allem der Betriebsrat und weniger die jeweilige Gewerkschaft eine Rolle spielen. Der Betriebsrat kann sich dafür einsetzen, daß bestimmte männlich dominierte Bereiche (beispielsweise bestimmte Berufsgruppen, aber auch unbefristete Vollzeitstellen) durch Weiterbildung gestärkt werden. Doch auch wenn der Betriebsrat nur ganz allgemein mehr Weiterbildung fordert, kann das eine sehr ungleiche Verteilung der Weiterbildungsaktivitäten zur Folge haben74, denn üblicherweise partizipieren nicht alle Gruppen gleich: Hoch gebildete, in Vollzeit arbeitende Männer sind die bevorzugten Arbeitnehmer, denen Weiterbildung nahegelegt wird. Auch die nicht-ökonomische Segmentation kann unter gewissen Annahmen zur Erklärung der Unterschiede bei der Weiterbildungsbeteiligung beitragen, und zwar in derselben Weise wie schon bei den vorangegangenen Theorien. Wenn Frauen aufgrund der Segmentation als Außenseiter im „schlechteren“ externen Sektor ohne Aufstiegschancen und mit wenig Betriebsbindung tätig sind, dann gibt es weder für die Betriebe noch für die Frauen selbst Anlaß, in Weiterbildung zu investieren, denn die Betriebe werden vielmehr Männer bei deren Weiterbildungsaktivitäten unterstützen, während die Frauen ohne Aussicht auf eine Stelle im internen Sektor sich kaum 73 Eine weitere Möglichkeit besteht darin, daß Frauen seltener Effizienzlohnstellen angeboten werden, weil sie eine höhere erwartete Mobilität aufweisen, denn wenn schon Effizienzlöhne gezahlt werden, dann ist ja Betriebsbindung eines der Ziele. Selbst wenn man damit die Betriebsbindung der Frauen erhöhen könnte, würde man sich dennoch eher für Männer entscheiden, weil diese ja ohnehin eine geringere Mobilität erwarten lassen. 74 Vgl. Baethge (1992).

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C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

einen positiven Nettonutzen aus einer Weiterbildung erhoffen dürften. Zu beachten ist allerdings, daß in diesem Modellrahmen davon ausgegangen wird, daß Aus- und Weiterbildung zum größten Teil direkt am Arbeitsplatz stattfindet und nicht in Kursen und Lehrgängen. Dies gilt auch für das Job-competition-Modell, bei dem die Arbeitgeber Qualifikationen – abgesehen von allgemeinem Humankapital – nach Bedarf nachfragen und erst im eigenen Betrieb bilden. Daher ist es fraglich, ob Weiterbildung, wie sie hier untersucht wird, in diesem Modell überhaupt vorkommen kann. Sollte dies dennoch der Fall sein, und sollten Frauen in der Job-Schlange auf jeder Stufe hinter den Männern stehen, dann werden auch bei einer beschränkten Teilnehmerquote für Weiterbildung eher Männer an Weiterbildung teilnehmen können, zumal diese bevorzugt überhaupt erst eingestellt werden. Zudem sorgen auch die für Männer günstigen Beförderungschancen dafür, daß diese im Zuge dessen eher in den Genuß von Weiterbildung kommen dürften. Auch die Theorie des „weiblichen Arbeitsvermögens“ kann über Umwege ihren Beitrag leisten. Da diese Theorie die Berufswahl von Frauen erklärt und Frauen (ebenso wie nach der Humankapitaltheorie) diejenigen Berufe wählen, die keine hohe „depreciation rate“ aufweisen, also nicht viel kontinuierliche Weiterbildung erfordern, kann auch hiermit möglicherweise ein Teil der geringeren Weiterbildungsbeteiligung von Frauen erklärt werden. Die Qualifikations- und Beschäftigungsstruktur von Frauen dürfte in einigen Bereichen dazu beitragen, daß diesen mehr Weiterbildung zukommt, insbesondere im Dienstleistungssektor. Wenn angenommen wird, daß Personen mit mehr Bildung häufiger an Weiterbildung teilnehmen, so haben Frauen auch hier langfristig keinen Nachteil, da junge Frauen mittlerweile im Durchschnitt über die gleichen Schulabschlüsse verfügen wie Männer. Bezogen auf die möglicherweise unterschiedliche Präferenzstruktur von Männern und Frauen ist es jedoch schwierig abzuleiten, warum das eine oder andere Geschlecht mehr oder weniger an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen wird. Wenn Männer karrierebewußter sind und eher als Frauen einen beruflichen Aufstieg anstreben, so werden sie sich möglicherweise eher dafür einsetzen, an Kursen teilzunehmen. Frauen hingegen könnten vielleicht eher aus Interesse an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen, falls sie sich besonders mit ihrem Beruf identifizieren. 3. Ableitung von Hypothesen zu den Determinanten von Weiterbildungsteilnahme In diesem Abschnitt sollen nun aus den dargestellten Motiven der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie aus den Diskriminierungstheorien Hypothesen für die Teilnahme an Weiterbildung abgeleitet werden. Dabei sollen

IV. Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen

257

wieder analog zu der Hypothesenaufstellung in den vorherigen Indikatorkapiteln die Zusammenhänge zwischen der Teilnahme an Weiterbildung und der Geschlechts- und der Berufsgruppenzugehörigkeit sowie den anderen Indikatoren beleuchtet werden. Zu beachten ist, daß immer der Gesamteffekt auf alle Weiterbildungsmaßnahmen gemessen werden soll und nicht nach Initiator, Finanzierungsart oder betriebsspezifischem gegenüber berufsspezifischem oder allgemeinem Humankapital unterschieden wird. Bei der Aufstellung der Hypothese zum Zusammenhang zwischen Geschlecht und Weiterbildung läßt sich das Argument der statistischen Diskriminierung und der Erwartungsbildung über die Durchschnittsbetrachtung anführen: Wenn für Frauen allgemein eine geringere Betriebsbindung sowie kürzere Verweildauern erwartet werden, dann liegt es für die Betriebe nahe, Frauen weniger als Männer an Weiterbildungsmaßnahmen zu beteiligen. Daraus wird die erste Hypothese abgeleitet: Hypothese 4.1: Frauen nehmen seltener an Weiterbildungsmaßnahmen teil als Männer. Da Frauenberufe dadurch charakterisiert sind, daß sie eher in den unteren Hierarchieebenen sowie eher im sozialen als im technischen Bereich angesiedelt sind und wenig Innovationsdynamik unterliegen, spricht einiges dafür, daß in diesen Berufen weniger in Weiterbildung investiert wird als bei Männerberufen. Allerdings befinden sich mehr Frauen- als Männerberufe im Dienstleistungssektor, was einen gegenteiligen Effekt auslösen kann. Hypothese 4.2: In Frauenberufen Beschäftigte nehmen ebenso häufig an Weiterbildung teil wie Personen in Männerberufen. Positive und negative Effekte des Berufs gleichen einander aus. Da Weiterbildung in vielen Fällen dazu dienen soll, Personen auf ihrer jeweiligen Arbeitsstelle flexibler zu machen, ihnen neueste Entwicklungen zu vermitteln oder sie auf einen möglichen Aufstieg vorzubereiten, ist damit zu rechnen, daß überqualifizierte Arbeitnehmer weniger Weiterbildung erfahren, da sie schon über „zu viel“ Wissen verfügen. Hypothese 4.3: Unterwertig Erwerbstätige nehmen seltener an Weiterbildungsmaßnahmen teil als adäquat Beschäftigte. Personen, die nicht im erlernten Beruf tätig sind, müssen vielfach erst noch einige ihrer Wissenslücken schließen, um einen nicht erlernten Beruf ausüben zu können. Daher kann vermutet werden, daß diese Personen häu-

258

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

figer an Weiterbildung teilnehmen. Allerdings wäre auch in einigen Fällen denkbar, daß eine Tätigkeit in einem nicht erlernten Beruf nur dann stattfindet, wenn eine Einarbeitung leicht on the job und ohne viel Aufwand vorgenommen werden kann. Hypothese 4.4: Arbeitnehmer, die nicht im erlernten Beruf tätig sind, nehmen ebenso häufig an Weiterbildungsmaßnahmen teil wie Arbeitnehmer, die im erlernten Beruf tätig sind. Positive und negative Effekte gleichen einander aus. Humankapitaltheoretisch argumentiert, lohnen sich Weiterbildungsmaßnahmen bei Teilzeitbeschäftigten weniger als bei Vollzeitbeschäftigten, da sich bei letzteren diese Investitionen eher amortisieren. Außerdem kann eine Teilzeitbeschäftigung auch als Signal einer geringeren Betriebsbindung verstanden werden, so daß mit kürzeren Verweildauern zu rechnen ist. Allerdings kann genau dieses Signal dazu führen, daß Teilzeitbeschäftigte verstärkt auf eigene Initiative hin versuchen werden, an Weiterbildung teilzunehmen, um Betriebsbindung zu signalisieren. Dagegen spricht allerdings, daß Teilzeitbeschäftigte ungern an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen werden, die außerhalb der Arbeitszeit liegen oder die einen Arbeitsstau verursachen, wenn sie während der Arbeitszeit stattfinden, denn das Motiv vieler Teilzeitbeschäftigter für die Wahl eines solchen Arbeitsverhältnisses ist ja, möglichst viel private Zeit für sich zu haben. Daher wird insgesamt die folgende Hypothese abgeleitet: Hypothese 4.5: Teilzeitbeschäftigte nehmen seltener an Weiterbildungsmaßnahmen teil als Vollzeitbeschäftigte. Sind Arbeitnehmer befristet beschäftigt, spricht – bei Investitionen in betriebsspezifisches Humankapital sowohl angebots- als auch nachfrageseitig – das Argument der mangelnden Betriebsbindung gegen Weiterbildungsmaßnahmen. Allerdings ist ebenfalls in einigen Fällen denkbar, daß Arbeitnehmer gerade während eines unsicheren Arbeitsverhältnisses Anstrengungen unternehmen werden, um Engagement und Leistung zu signalisieren und deshalb auf eigene Initiative hin an selbst finanzierter Weiterbildung (im Hinblick auf allgemeines oder berufsspezifisches Humankapital) teilnehmen. Dadurch können sie die Chancen auf eine unbefristete Übernahme steigern oder alternativ auf eine Stelle bei einem anderen Arbeitgeber bei einer neuerlichen Suche am Ende der Befristungszeit. Dieser Effekt wird aber als nicht stark vermutet, weshalb die folgende Hypothese uneingeschränkt formuliert wird:

IV. Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen

259

Hypothese 4.6: Befristet Beschäftigte nehmen seltener an Weiterbildungsmaßnahmen teil als unbefristet Beschäftigte. Zusätzlich zu den Variablen in den Hypothesen werden auch in dieser Untersuchung weitere soziodemographische und persönliche Variablen, Humankapitalvariablen sowie Unternehmens- und Arbeitsplatzmerkmale untersucht, damit möglichst viele relevante Variablen berücksichtigt werden.

4. Empirische Analyse a) Spezifikation des ökonometrischen Modells Um die Einflußfaktoren auf die Teilnahme von Beschäftigten an Weiterbildung zu untersuchen, stehen unterschiedliche sinnvolle Möglichkeiten zur Verfügung. Aus diesem Grund sollen im folgenden zwei verschiedene ökonometrische Modelle geschätzt werden. Zunächst einmal soll die abhängige Variable ganz einfach die Entscheidung „Weiterbildung: ja oder nein?“ abbilden. Das hieraus zu spezifizierende Modell ist dann – wie auch schon in Kap. B.IV.6. und Kap. II.4. – das binomiale univariate Probit-Modell. Gegeben sei eine latente Variable yi , die durch folgende lineare Regressionsgleichung erklärt werden kann: yi ã b 0 xi þ ui

È42ê

mit: b: zu schätzender Koeffizientenvektor xi: Vektor der erklärenden Variablen ui: Störvariable i = 1, . . ., N Beobachtbar ist für jedes Individuum i die Dummy-Variable yi, für die gilt: È43ê

yi ã 1 falls yi > 0 ÈWeiterbildungsteilnahme 2003=04ê yi ã 0 falls yi  0 Èkeine Weiterbildungsteilnahme 2003=04ê

Zur Ableitung der Log-Likelihood-Funktion sei wiederum auf Kap. B.IV.6.a) verwiesen. Des weiteren können allerdings auch Untersuchungen mit anderen abhängigen Variablen vorgenommen werden. Denkbar ist z. B. eine detailliertere Quantifizierung der Weiterbildungsteilnahme, beispielsweise in Form der

260

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

gesamten Weiterbildungsdauer über einen bestimmten Zeitraum oder aber in Form der Anzahl der absolvierten Kurse. Da der Datensatz von 2004 mit der Sondererhebung zu Weiterbildungsaktivitäten nur die Dauer der letzten drei Kurse ausweist, ist diese Variable rechts zensiert und damit für eine Analyse ungeeignet. Aus diesem Grund soll die Anzahl der absolvierten Kurse im Zeitraum 2001 bis 2003 als abhängige Variable herangezogen werden. Diese Variable weist einige spezielle Eigenschaften auf, die sie ungeeignet für eine lineare Regression machen: Zum einen ist diese Variable nicht normalverteilt, sondern sie unterliegt einer rechtsschiefen Verteilung. Die Wahrscheinlichkeit sinkt mit der Anzahl der absolvierten Kurse, da die meisten Beschäftigten entweder keinen, einen oder aber einige wenige Weiterbildungskurse in einem solchen Zeitraum absolvieren.75 Dies führt zur zweiten Besonderheit der Variable: Die Wahrscheinlichkeit nimmt zwar im Bereich ein bis unendlich viele Kurse stetig ab, wobei von einer negativen Binomialverteilung76 ausgegangen werden kann, die Wahrscheinlichkeit für überhaupt keinen absolvierten Kurs hingegen ist überproportional hoch und paßt somit nicht in die Verteilung. Die Wahrscheinlichkeit, daß jemand an überhaupt keinem Kurs teilnimmt, ist demnach relativ gesehen „inflationär“, daher ist hier die Anwendung des Zero-inflated negative binomial regression-Modells adäquat. Es berücksichtigt sowohl die Schiefe und Breite der Verteilung als auch die hohe Wahrscheinlichkeit für die Teilnahme an keinem Kurs.77 Gegeben sei die Variable yi , für die zwei Prozeduren, sogenannte „Regimes“ gelten können: Nach dem ersten Regime ergibt sich immer yi = 0, d. h. es werden keine Weiterbildungskurse besucht, nach dem zweiten Regime ergibt sich die latente Variable yi , die negativ binomialverteilt ist. zi sei eine Indikatorvariable, die anzeigt, welches Regime gilt: È44ê

yi ã 0 falls zi ã 1 ÈRegime 1; kein Besuch von Weiterbildungskursenê yi ã yi falls zi ã 0 ÈRegime 2; Anzahl der besuchten Weiterbildungskurseê

Es ergeben sich die folgenden Wahrscheinlichkeiten (Pr):

75

Vgl. Kap. A.V.2.d)bb). Vorstellbar wäre auch eine Poissonverteilung. Nach Prüfung mittels Kolmogorov-Smirnov-Test und Betrachtung des Verteilungsdiagramms muß die Hypothese einer Poissonverteilung jedoch verworfen werden, da die Streuung dieser Verteilung zu groß (d. h. größer als ihr Mittelwert) ist. In diesem Fall kann als Alternative die negative Binomialverteilung herangezogen werden, bei der diese Annahme gelockert ist (vgl. Greene (2003), S. 744, und Cameron/Trivedi (1998), S. 70 ff.). 77 Vgl. Greene (1994). 76

IV. Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen

261

    Pr yi ã 0 j xi ; b ã PrÈregime 1ê þ Pr yi ã 0 j xi ; b; regime 2 PrÈregime 2ê  ã PrÈregime 1ê þ (45)

q q þ li

q PrÈregime 2ê

    Pr yi ã j j xi ; b ã Pr yi ã j j xi ; b; regime 2 PrÈregime 2ê !

y

ã

qq li i GÈq þ yi ê GÈyi þ 1êGÈqêÈli þ qê

qþyi

PrÈregime 2ê

mit: b: zu schätzender Koeffizientenvektor xi: Vektor der erklärenden Variablen GÈê: Verteilungsfunktion der Gammaverteilung li: bedingter Erwartungswert von yi , ln li ã b 0 xi q: zusätzlicher Parameter78 i = 1, . . ., N j = 1, 2, . . . Hier wird deutlich, daß das Ergebnis „null Weiterbildungskurse“ auf zwei Arten erreicht werden kann: Entweder unter Regime 1 oder aber unter Regime 2, falls yi ã 0. Als nächstes muß ein Probit-Modell für die Wahrscheinlichkeit von Regime 1 (yi ã 0, keine Weiterbildungskurse) spezifiziert werden. Hierbei wird davon ausgegangen, daß die exogenen Variablen bei der hier relevanten Entscheidung „null oder mehr Weiterbildungskurse“ dieselben sind wie im obigen Modell bei der Entscheidung über die Anzahl der Weiterbildungskurse, der Vektor b hingegen kann von b im obigen Modell abweichen, weshalb er hier als bþ bezeichnet wird. È46ê



0    0 Pr yi ã 0 j xi ; bþ ã 1  Fu bþ xi ã F bþ xi

Das Probit-Modell bezieht sich auf die Fundamentalentscheidung der Individuen, überhaupt darüber nachzudenken, an Weiterbildung teilzunehmen oder dies von vornherein abzulehnen. Interessiert sich ein Individuum dann für Weiterbildung, so entscheidet es im zweiten Schritt darüber, an wie vielen Kursen es tatsächlich teilnimmt. Selbst wenn ein Individuum Weiterbildung für sich nicht ausschließt, so kann es u. U. doch möglich sein, daß es den größten Nutzen daraus zieht, keine Kurse zu besuchen, weil es nach   1 Die bedingte Varianz der Verteilung ist li 1 þ li im Gegensatz zu li bei q der Poissonverteilung. 78

262

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

der angestellten individuellen Kosten-Nutzen-Analyse nicht erwartet, daß sich die Investition auszahlt. Die Likelihood-Funktion wird über das gesamte Modell aus den Formeln (45) und (46) gebildet: Lã È47ê



  Yh i 0 0 1  F bþ xi þ F bþ xi Pr yi ã 0 j xi ; b; regime 2 yi ã 0

  Yh i 0 F bþ xi Pr yi ã j j xi ; b; regime 2

yi ã j

Durch Logarithmierung läßt sich die folgende Log-Likelihood-Funktion ableiten, mittels derer die Vektoren b und bþ durch Maximierung geschätzt werden können:



  h i   X 0 0 Log L b; bþ ã log 1  F bþ xi þ F bþ xi Pr yi ã 0 j xi ; b; regime 2 yi ã 0

È48ê þ

X

  h i 0 log F bþ xi Pr yi ã j j xi ; b; regime 2

yi ã j

b) Beschreibung der Modellvariablen Betrachtet werden in der Analyse zur Weiterbildung alle Vollzeit-, Teilzeit- oder geringfügig Beschäftigten zwischen 16 und unter 65 Jahren, die sich auf der betrachteten Arbeitsstelle nicht in einer Vollzeit-Aus- oder Weiterbildung befinden. Die beiden Analysen beziehen sich somit auf 3 336 bzw. 3 343 Personen, von denen knapp bzw. gut ein Drittel an Weiterbildung teilgenommen hat. Da sich die abhängige Variable bei den beiden Analysen unterscheidet und auf unterschiedliche Zeiträume bezieht, wie in den folgenden Abschnitten beschrieben wird, sind die Samples – abgesehen von der nicht identischen Stichprobengröße – nicht deckungsgleich. Die abhängige Variable beim Probit-Modell bildet die Teilnahme an berufsbezogenen Lehrgängen und Kursen zum Zweck der Qualifikation für einen beruflichen Aufstieg oder zum Zweck der Anpassung an neue Anforderungen in der bisherigen Tätigkeit. Betrachtet wird der Zeitraum von 2003 bis zum Zeitpunkt des Interviews Anfang 2004.79 Die Angaben zur Weiter79 Die Interviews finden zwar nicht alle exakt zum selben Zeitpunkt zu Beginn eines Jahres statt, jedoch werden etwa 90% der Interviews bis Ende Februar durchgeführt. Der Beginn des Jahres 2004 wird mit einbezogen, um die Fallzahl der Weiterbildungsteilnehmer zu erhöhen und um die detaillierten Angaben zu Weiterbildungsaktivitäten aus der Befragung 2004 nutzen zu können [vgl. Kap. A.V.2.d)bb)].

IV. Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen

263

bildungsteilnahme wurden also zeitlich nach den Angaben zu den exogenen Variablen erhoben, so daß für die meisten Fälle von einer eindeutigen Ursache-Wirkungs-Richtung ausgegangen werden kann und somit Exogenität der erklärenden Variablen in bezug auf Weiterbildung gewährleistet ist. Beim Zero-inflated negative binomial regression-Modell jedoch besteht die Schwierigkeit, daß zwar die Anzahl der Weiterbildungskurse in den Jahren 2001, 2002 und 2003 bekannt ist, allerdings liegt nur für die drei letzten Kurse das Datum vor, so daß nicht herausgefunden werden kann, wie viele Kurse im Zeitraum von 2003 bis Anfang 2004 absolviert wurden. Zudem ist für die länger zurückliegenden Kurse der Zweck der Weiterbildungsmaßnahme nicht bekannt, so daß insgesamt alle Kurse im Zeitraum 2001 bis 2003 berücksichtigt werden müssen. Bei diesem Modell sei daher darauf hingewiesen, daß die Weiterbildungsvariable u. U. auch einen Einfluß auf die unabhängigen Variablen haben kann. Als exogene Variablen wird, wie in den Modellen zuvor auch, eine Kombination der Variablen „Geschlecht“ und „Männerberuf“ aufgenommen. Daneben gehen Standardinformationen zu Alter, Nationalität, Region, Familienstand und Schwerbehinderung in das Modell mit ein. Als Humankapitalvariablen werden die Bildungsdauer und die Betriebszugehörigkeit herangezogen sowie die Durchschnittsnote des schulischen Abschlußzeugnisses und horizontaler bzw. vertikaler Qualifikationsmismatch. In bezug auf arbeitsplatzbezogene Merkmale werden die zuvor aufgestellten Hypothesen der Wirkung von Vollzeit-, Teilzeit- bzw. geringfügiger Beschäftigung sowie von Befristung auf die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen getestet. Ebenfalls berücksichtigt wird ein möglicher Einfluß von Zeitarbeit und Arbeitsweg sowie von Mitgliedschaften in Betriebsrat, Berufsverband und Gewerkschaft. Standardmäßig werden zusätzlich die Kontrollvariablen „Betriebsgröße“ und „Branche“ in das Modell aufgenommen.

c) Ergebnisse der empirischen Analyse Zur Bestimmung der Determinanten der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen wurden zwei verschiedene Modelle, jeweils für alle Personen und für Männer bzw. Frauen getrennt, spezifiziert, die im folgenden parallel ausgewertet werden sollen. Die Tabellen 31 und 32 (s. Seiten 264 und 266) zeigen die Ergebnisse für beide Spezifikationen. Die Anpassungsgüte beider Modelle ist nur sehr begrenzt, weil vermutlich wichtige Variablen fehlen, die u. a. persönliche Eigenschaften der Personen betreffen könnten. Interpretationen sind daher mit Vorsicht vorzunehmen.

264

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung Tabelle 31 Determinanten von Weiterbildungsteilnahme – Probit-Modell

Konstante

gepoolt

Frauen

Männer

–2,0503***

–2,7596***

–1,4836**

.

(Mann im Männerberuf) Mann im Frauenberuf

–0,0547

Frau im Frauenberuf

–0,1260*

Frau im Männerberuf

–0,0678

a

0,0707

0,0193

0,0714***

0,0888***

0,0470

Alter /100

–0,0961***

–0,1119***

–0,0721**

Ausländer

–0,1934

–0,1248

–0,2528

–0,1527**

–0,2110**

–0,1550

Männerberuf Alter 2

Westdeutschland verheiratet

b

schwerbehindert

0,0261 c

–0,2803*

–0,0948

0,1560

–0,5542**

–0,1406

0,0344**

0,0216

Bildungsdauer (in Jahren)

0,0281***

Betriebszugehörigkeit

0,0012

–0,0004

0,0010

–0,0168

0,0539

–0,0578

d

letzter Notendurchschnitt

überqualifizierte Beschäftigung Tätigkeit im erlernten Beruf

e

–0,2713*** 0,1081*

–0,2242* 0,1827*

–0,2970** 0,0568

Teilzeitbeschäftigungf

–0,1436*

–0,1307

geringfügige Beschäftigung

–0,4146**

–0,4038**

0,1877

Zeitarbeit

–0,6492***

befristete Beschäftigung Arbeitsweg in km

g

–0,2190

–0,7748**

–0,5608

0,1164

0,1770

0,1068

–0,0003

0,0001

–0,0006

Mitglied im Betriebsrat

0,3351***

0,2174

0,4244***

Mitglied im Berufsverband

0,0518

0,0567

0,0897

Mitglied in Gewerkschaft

0,1582**

0,0964

0,1936**

Stellung: Arbeiter

–0,4399***

–0,6746***

–0,4383***

(Stellung: Angestellter)

.

.

.

Stellung: Beamter

0,1426

0,2352*

0,0710

Stellung: Selbständig

0,0170

0,1560

–0,0576

IV. Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen

265

Tabelle 31 (Fortsetzung)

Betriebsgröße: Selbst. o. Mitarb.

gepoolt

Frauen

Männer

–0,1754

–0,2118

–0,2192

(Betriebsgröße bis unter 5 Besch.)

.

.

Betriebsgröße bis unter 20 Besch.

0,0721

0,1337

–0,0070

Betriebsgröße bis unter 100 Besch.

0,2134**

0,2383

0,2196

Betriebsgröße bis unter 200 Besch.

0,0909

0,1099

0,0943

Betriebsgröße bis unter 2000 Besch.

0,2722**

0,2813*

0,2945*

0,2764**

Betriebsgröße ab 2000 Besch. Branche: Baugewerbe

–0,1548

Branche: Bergb./Energie/Wasser

–0,8376

Branche: Handel

–0,4154***

0,2763* –0,1283 i

–0,6079***

.

0,3054* –0,0302 –0,6742 –0,0939 0,2437**

0,0773

0,0189

–0,0413

–0,6091

0,3284

–0,0310

–0,0281

0,0952

Branche: verarb. Gewerbe

–0,2480***

–0,3419***

–0,1189

Branche: Verkehr, Nachrichten

–0,4343***

–0,7079***

–0,2494

Branche: Kredit, Vers., wirt. DL Branche: Land-/Forstw., Fischerei Branche: öff. Verw., Sozialvers.

(Branche: öff. u. priv. DL) Log-L LR-Statistik McFadden R2

h

.

.

.

–1816,678

–818,5309

–981,9568

328,3314***

195,5150***

158,7724***

0,0829

0,1067

0,0748

N

3 336

1 598

1 738

0

2 399

1 182

1 217

1

937

416

521

Signifikanzniveau: *** = p < 0,01, ** = p < 0,05, * = p < 0,1 abhängige Variable: Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen mit Ziel „Qualifizierung für den beruflichen Aufstieg“ oder „Anpassung an neue Anforderungen in meiner bisherigen Tätigkeit“ (1) oder keine Teilnahme (0) im Zeitraum 2003 bis Anfang 2004 (Zeitpunkt des jeweiligen Interviews) Binomiales univariates Probit-Modell Jeweilige Referenzkategorien stehen in Klammern, Anmerkungen zu den Variablen finden sich unter Tabelle 32. Quelle: Eigene Auswertung des SOEP (2003 und 2004).

266

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung Tabelle 32 Determinanten von Weiterbildungsteilnahme – Zero-inflated negative binomial regression-Modell gepoolt neg. bin.

Probit

Frauen neg. bin. 2,0872**

Probit

neg. bin.

Probit

2,3954

–0,1378

0,6771

–0,1809*

–0,0228

0,0511

–0,0509

Konstante

0,5665

1,2629**

(Mann im Männerberuf)

.

.

Mann im Frauenberuf

0,1538

0,0981

Frau im Frauenberuf

0,1780*

0,2923***

Frau im Männerberuf

0,1407

0,2827** –0,0035

–0,0388

0,0050

–0,0721***

–0,0536

–0,0892**

Alter2 /100

–0,0071

0,1054***

0,0630

Ausländer

–0,0802

0,2671

–0,0250

Westdeutschland

–0,0360

0,1583*

0,0232

0,0193

0,0221

–0,0715

–0,4909**

0,1340

–0,9981** –0,0004

–0,0640***

Männerberufa Alter

verheiratet

b

schwerbehindertc Bildungsdauer (in Jahren)

0,0111

–0,0476***

Männer

0,1231***

–0,0631

0,0815*

0,1102

–0,0527

0,4177

0,2961**

–0,0392

0,1231

0,1704

0,0898

–0,1263

–0,1228

–0,2577

0,1698

0,0246

–0,0292

0,0075

0,0080

0,0058

letzter Notendurchschnittd

–0,0241

0,0326

–0,0725

–0,1035

–0,0136

0,1219*

überqualifizierte Beschäftigunge

–0,1666

0,3162***

–0,2457

0,2092

0,0218

0,4653**

–0,0669

Betriebszugehörigkeit

0,0083**

0,0056

0,0108*

Tätigkeit im erlernten Beruf

–0,0731

–0,1312*

–0,0943

–0,1993*

Teilzeitbeschäftigungf

–0,0102

0,1118

0,1050

0,0981

geringfügige Beschäftigung

–0,5071*

–0,0664

–0,5260*

–0,1917

–1,4325

Zeitarbeit

–1,0098***

0,1288

–1,3913**

–0,2772

–0,9425

0,4219

–0,0872

–0,0627

–0,2230

0,3065

–0,0081

–0,0661

–0,7389** –0,1679 –0,7917

befristete Beschäftigung

0,1119

Arbeitsweg in kmg

0,0020

0,0011

0,0016

–0,0028

0,0025*

0,0020

Mitglied im Betriebsrat

0,0942

–0,4073**

0,0855

–0,4615*

0,0992

–0,3558

0,0817

–0,0931

0,1742

0,0357

–0,0295

–0,2342*

–0,0249

–0,3125***

–0,0528

–0,3175**

0,0610

–0,2610**

Stellung: Arbeiter

0,0415

0,7090***

0,0696

0,9331***

0,0360

0,6621***

(Stellung: Angestellter)

.

.

.

.

.

.

Stellung: Beamter

0,1702

Stellung: Selbständig

0,3991***

Mitglied im Berufsverband Mitglied in Gewerkschaft

Betriebsgröße: Selbst. o. Mitarb.

–0,5541*

–0,1602 0,2798** –0,1039 .

0,0171 0,6210** –0,3217 .

–0,3349 0,0813 0,0807 .

0,3594** –0,0513 0,1583

0,3561*

–1,0592** –0,3907 .

(Betriebsgröße bis unter 5 Besch.)

.

Betriebsgröße bis unter 20 Besch.

0,0543

–0,0414

0,1643

–0,1168

–0,2045

–0,0166

Betriebsgröße bis unter 100 Besch.

0,2530*

–0,1667

0,4539**

–0,1949

–0,1484

–0,2084

.

IV. Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen

267

Tabelle 32 (Fortsetzung) gepoolt neg. bin.

Probit

Frauen neg. bin.

Probit

Männer neg. bin.

Probit

Betriebsgröße bis unter 200 Besch.

–0,0561

–0,2215

0,1629

–0,2248

–0,3945

–0,2329

Betriebsgröße bis unter 2000 Besch.

0,2497

–0,2325*

0,2311

–0,3139

–0,0177

–0,2458

Betriebsgröße ab 2000 Besch.

0,1958

–0,3638**

0,2915

–0,4632**

–0,1491

–0,3489

Branche: Baugewerbe

–0,3250

0,1764

–0,5589

0,2318

–0,2403

–0,0063

Branche: Bergb./Energie/Wasser

–1,0542

0,4018

–1,0670

0,0250

0,0444

0,1931

Branche: Handel

0,0944

0,5600***

i

–0,0004

i

0,6865***

Branche: Kredit, Vers., wirt. DL

–0,0070

–0,0843

–0,0905

–0,0531

0,0899

–0,2571

Branche: Land-/Forstw., Fischerei

–0,4709

–0,1466

–0,3144

0,5350

–0,3900

–0,5491

Branche: öff. Verw., Sozialvers.h

–0,2496**

–0,1723

–0,2447

–0,2478

–0,3171*

–0,2754

Branche: verarb. Gewerbe

–0,0532

0,3533***

–0,0844

0,4336***

0,0126

0,1730

Branche: Verkehr, Nachrichten

0,2073

0,6612***

0,1966

1,0025***

0,1986

0,3453*

(Branche: öff. u. priv. DL)

.

.

.

.

.

.

Log-L

–4748,145

–2170,98

–2542,989

LR-Statistik

77,78***

56,06**

53,89**

N

3 343

1 603

1 740

0

2 077

1 030

1 047

1

1 266

573

693

Signifikanzniveau: *** = p < 0,01, ** = p < 0,05, * = p < 0,1 abhängige Variable: Probit: Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen mit Ziel „Qualifizierung für den beruflichen Aufstieg“ oder „Anpassung an neue Anforderungen in meiner bisherigen Tätigkeit“ (0) oder keine Teilnahme (1) im Zeitraum 2003 bis Anfang 2004 bzw. negativ binomiale Regression: Anzahl der Weiterbildungskurse im Zeitraum 2001–2003 Zero-inflated negative binomial regression-Modell (ZINB) a Vgl. Kap. B.III.1.a) b einschließlich mit Partner zusammenlebend, ohne getrenntlebende Verheiratete c Behinderungsgrad mindestens 50% d arithmetisches Mittel der Noten des schulischen Abschlußzeugnisses in den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache e Vgl. Kap. A.V.2.d)cc), Überqualifikation des Typs A oder B f unter 30 Std./Woche g einfache Entfernung Wohnung – regelmäßige Arbeitsstätte h inkl. exterritorialer Organisationen i Variable aufgrund ungenügender Fallzahl bei mindestens einer Ausprägung der abhängigen Variable eliminiert Jeweilige Referenzkategorien stehen in Klammern. Quelle: Eigene Auswertung des SOEP (2003 und 2004).

268

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

Bezüglich der zweiten Spezifikation ist anzumerken, daß sich die jeweils zweite Spalte, analog zur ersten Spezifikation, auf die Entscheidung bezieht, überhaupt an Weiterbildung teilzunehmen oder nicht. Dabei ist zu beachten, daß die Vorzeichen im Vergleich zu ersten Spezifikation umgekehrt zu interpretieren sind, da zi = 1, welches sich auf die Probit-Schätzung innerhalb des Zero-inflated negative binomial regession-Modell bezieht, zur Folge hat, daß yi = 0 gilt, was bedeutet, daß die Person generell nicht an Weiterbildung teilnimmt. Bei Betrachtung der ersten Variable, des Geschlechts, ergibt sich ein nicht ganz eindeutiges Bild, was die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen betrifft. Die zweite Spezifikation zeigt, daß Frauen signifikant seltener überhaupt an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen als Männer, die erste Spezifikation jedoch zeigt nur einen schwachen Effekt, und zwar nur für Frauen in Frauenberufen. Daher kann Hypothese 4.1 nur mit Einschränkungen bestätigt werden. Bei Männern in Frauenberufen ist kein Einfluß feststellbar. Interessant ist, daß die Merkmalsausprägung „Frau im Frauenberuf“ sich sowohl auf die Wahrscheinlichkeit, überhaupt an Weiterbildung teilzunehmen, als auch auf die Anzahl der Kurse auswirkt. Hieraus läßt sich auch der schwache Effekt in der ersten Spezifikation erklären. Frauen in Frauenberufen nehmen generell seltener überhaupt an Weiterbildungsmaßnahmen teil als Personen in den anderen Gruppen. Wenn sie aber teilnehmen, dann nehmen sie an überdurchschnittlich vielen Kursen teil. Dies deutet darauf hin, daß es einige Frauenberufe geben mag, in denen Weiterbildung außerordentlich wichtig ist, beispielsweise im Gesundheits- oder Dienstleistungssektor. Somit kann Hypothese 4.2 bestätigt werden, denn sie leitet sich daraus ab, daß in Frauenberufen Beschäftigte sowohl häufiger als auch weniger häufig als in Männerberufen Beschäftigte an Weiterbildung teilnehmen. Beide Effekte gleichen einander insgesamt aus. Das Alter als erstes soziodemographisches Merkmal weist für Frauen eine steigende Wahrscheinlichkeit für Weiterbildungsteilnahme auf. Der Zusammenhang schwächt sich aber im Lauf des Arbeitslebens ab. Während diese Abschwächung auch bei Männern festzustellen ist, stellt das Alter selbst bei ihnen keine signifikante Einflußvariable dar. Möglicherweise führt die Familienpause vieler Frauen mit anschließend hohem Weiterbildungsbedarf zu diesem Ergebnis. Offensichtlich nehmen Frauen in Westdeutschland und schwerbehinderte Frauen seltener an Weiterbildungsmaßnahmen teil, während beides für Männer nicht gilt. Schwerbehinderte Frauen nehmen nicht nur insgesamt seltener teil; sie nehmen, wenn sie teilnehmen, auch an weniger Kursen teil.

IV. Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen

269

Die Bildungsdauer spielt ebenfalls nur bei Frauen eine Rolle. Während sie bei ihnen generell die Wahrscheinlichkeit für eine Kursteilnahme erhöht, ist die Kursteilnahme bei Männern unabhängig von der Bildungsdauer. Mit zunehmender Betriebszugehörigkeitsdauer erhöht sich für Frauen signifikant die Anzahl der Kurse, die sie besuchen. Der Notendurchschnitt des schulischen Abschlußzeugnisses spielt, ebenso wie beim Indikator „Befristung“, nur bei Männern eine Rolle, der Einfluß ist jedoch nur auf dem 10%-Niveau signifikant. Je schlechter die Noten sind, um so geringer ist die Wahrscheinlichkeit, an Weiterbildung teilzunehmen, da dies dem Arbeitgeber offensichtlich signalisiert, daß die Erträge aus Weiterbildung als zu gering erwartet werden dürften. Wiederum nur bei Frauen spielt es auf dem 10%-Signifikanzniveau eine Rolle, ob diese im erlernten Beruf tätig sind, denn dies erhöht für sie die Wahrscheinlichkeit, an Weiterbildung teilzunehmen, während dies bei Männern unerheblich ist. Hypothese 4.4 kann somit indirekt bestätigt werden, da kein eindeutiger Zusammenhang für beide Geschlechter feststellbar und der Zusammenhang für Frauen nur schwach signifikant ist. Unterwertige Beschäftigung hingegen verringert bei beiden Geschlechtern, insbesondere aber bei Männern, signifikant die Wahrscheinlichkeit für eine Kursteilnahme, weshalb Hypothese 4.3 insgesamt bestätigt werden kann. Der signifikante negative Koeffizient für die Variable „Teilzeit“ in der ersten Spezifikation leitet sich daraus ab, daß Männer in einem Teilzeitbeschäftigungsverhältnis offensichtlich signifikant weniger Kurse besuchen als solche, die Vollzeit arbeiten. Die Wahrscheinlichkeit, überhaupt an Kursen teilzunehmen, ist davon aber nicht betroffen. Somit kann Hypothese 4.5 nur eingeschränkt für Männer bestätigt werden. Bei geringfügiger Beschäftigung gilt ähnliches für Frauen. Frauen in Zeitarbeit besitzen, im Gegensatz zu Männern, nach der ersten Spezifikation eine geringere Wahrscheinlichkeit, an Weiterbildungskursen teilzunehmen. Die zweite, detailliertere Spezifikation deckt auf, daß in Wirklichkeit nicht die Wahrscheinlichkeit für Frauen in Zeitarbeitsverhältnissen geringer ist, sondern daß sie lediglich an weniger Kursen teilnehmen. Befristung hat bei keinem der Geschlechter einen negativen Effekt auf die Weiterbildungsteilnahme, weshalb Hypothese 4.6 verworfen wird. Insbesondere männliche Mitglieder von Betriebsrat oder Gewerkschaft nehmen häufiger an Weiterbildungsmaßnahmen teil, da sie wahrscheinlich über mehr Informationen zu Weiterbildung verfügen. Während Arbeiter und Selbständige generell seltener teilnehmen, besuchen diejenigen Selbständigen, die tatsächlich teilnehmen, besonders viele Kurse. Hier scheint möglicherweise, ähnlich wie bei Frauenberufen, die Art der Tätigkeit eine wich-

270

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

tige Rolle zu spielen. Die Betrachtung der Branchen liefert möglicherweise einen Erklärungsbeitrag für das Phänomen bei den Frauenberufen bzw. bestätigt die oben aufgestellte Vermutung zu Berufen in bestimmten Bereichen: Frauen, die in den Branchen Handel, verarbeitendes Gewerbe sowie Verkehr und Nachrichten beschäftigt sind, nehmen signifikant seltener überhaupt an Weiterbildungsmaßnahmen teil. 5. Abschließende Bemerkungen Bei der Betrachtung des Indikators „Weiterbildungsteilnahme“ ergeben sich interessante Erkenntnisse bezüglich der Geschlechter und der Berufswahl: Bei Frauen wirkt sich sowohl ihr Geschlecht als auch ihre bevorzugte Berufswahl auf die Wahrscheinlichkeit, an Weiterbildung teilzunehmen, aus. Während Frauen, besonders solche in Frauenberufen, generell signifikant seltener an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen, gibt es offenbar wiederum einige Frauenberufe, in denen besonders viel Weiterbildung angeboten wird. Insgesamt sind Frauen bezüglich dieses Indikators also offenbar benachteiligt, was entweder darauf zurückzuführen ist, daß Männer andere Positionen bekleiden, daß sie sich aktiver für Weiterbildung einsetzen oder aber daß Frauen mehr oder weniger gezielt von Weiterbildung ausgeschlossen werden. Diese Benachteiligung dürfte sich nicht unwesentlich auf die Einkommenshöhe auswirken. Eine Verminderung dieses Effekts kann möglicherweise nur durch eine stärkere Initiative der Frauen oder durch eine vermehrte Eigenfinanzierung erreicht werden.

V. Überqualifikation und horizontaler Qualifikationsmismatch 1. Überqualifikation und horizontaler Mismatch als Benachteiligung a) Einführung Obwohl andere Probleme auf dem Arbeitsmarkt, vor allem Arbeitslosigkeit, zumindest politisch gesehen, eine größere Rolle in Deutschland spielen, weil sie als wichtiger bewertet werden, haben Qualifikationsmismatches als Benachteiligungsindikatoren ebenfalls ihre Berechtigung, denn auch sie können Ineffizienzen und andere Probleme hervorrufen, die sich in Nachteilen für die gesamte Volkswirtschaft, aber auch für Unternehmen und die einzelnen Arbeitnehmer widerspiegeln. Wenn Teile des Humankapitals der Arbeitnehmer systematisch brachliegen, weil sie für ihre Position über-

V. Überqualifikation und horizontaler Qualifikationsmismatch

271

qualifiziert80 sind oder weil ihr Berufsausbildungsabschluß nicht mit dem für die Stelle erforderlichen Abschluß übereinstimmt81, dann stimmt die Verteilung der verschiedenen Qualifikationen in der Volkswirtschaft offensichtlich nicht mit der benötigten Qualifikationsstruktur überein. Unternehmen machen von Teilen des Humankapitals ihrer Mitarbeiter keinen Gebrauch, und die Mitarbeiter müssen aufgrund ihrer suboptimalen Position auf Teile ihres potentiellen Lohns verzichten und sind zudem vielfach noch demotiviert. Wie in Kap. A.V.2.d)cc) gezeigt werden konnte, sind insbesondere Frauen vom Problem der Überqualifikation betroffen, während das Bild bei horizontalem Mismatch gemischt ausfällt, da dieser in Westdeutschland häufiger bei Frauen und in Ostdeutschland häufiger bei Männern vorkommt. Ein gewisser Anteil von Qualifikationsmismatches ist allerdings nicht zu vermeiden, da sich die Wirtschaft aufgrund des Strukturwandels permanent weiterentwickelt und sich flexibel anpassen muß. Das Problem der Überqualifikation zog in Deutschland erst in den letzten zehn Jahren die Aufmerksamkeit breiterer Forschungskreise auf sich.82 Zum Thema „horizontaler Qualifikationsmismatch“, d. h. Tätigkeit nicht im erlernten Beruf, liegen – bis auf wenige Ausnahmen83 – kaum Untersuchun80 Üblicherweise bezeichnet man als „überqualifizierte Beschäftigung“ oder auch „unterwertige Erwerbstätigkeit“, „ausbildungsinadäquate Erwerbstätigkeit“ oder „vertikalen Mismatch“ „eine Tätigkeit, bei der die im Ausbildungssystem erworbenen beruflichen Kenntnisse nicht voll zur Anwendung kommen“ (vgl. Büchel (1998), S. 19). Ausbildungsinadäquate Erwerbstätigkeit schließt im strengen Sinne zwar auch Unterqualifikation ein, diese wird aber im Rahmen dieser Untersuchung nicht als Problem angesehen. 81 Von einem „horizontalen Mismatch“ bzw. einem „berufsspezifischen Mismatch“ kann gesprochen werden, wenn jemand zwar eine Stelle innehat, die in etwa seiner Ausbildungsstufe entspricht, die jedoch inhaltlich u. U. völlig andere Kenntnisse erfordert und somit nicht seinem erlernten Beruf entspricht. Horizontaler Mismatch kann nach Büchel (1998), S. 19, nicht als Effizienzschwäche des Bildungswesens ausgelegt werden, da er in einem gewissen Rahmen strukturell unvermeidbar ist. Dennoch soll daran festgehalten werden, auch den horizontalen Mismatch als Benachteiligung aufzufassen, da in dieser Arbeit eine Individualbetrachtung erfolgt. Die betrachteten Statistiken zu diesem Merkmal stellen also Obergrenzen für den horizontalen Mismatch da, da sicherlich nicht in jedem Fall von Benachteiligung gesprochen werden kann und dieses Problem in einem gewissen Maße auf jeden Erwerbstätigen zutreffen kann. 82 Brinkmann/Wiedemann (1997), Büchel/Weißhuhn (1997a) und (1998) beispielsweise untersuchen das Problem im deutsch-deutschen Vergleich, Büchel/Weißhuhn (1997b) und Büchtemann et al. (1993) nehmen einen Vergleich zwischen Deutschland und den USA vor, Büchel (1994) und Büchel/Neubäumer (2002) beschäftigen sich mit der Situation von Absolventen einer Berufsausbildung und Rippe (1988), Plicht el al. (1994) sowie Büchel/Matiaske (1996) mit der Situation von Universitätsabsolventen. Vgl. aus der „Frühphase“ der Überqualifikationsforschung auch Schlegelmilch (1987).

272

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

gen vor. Beide Benachteiligungsarten können insbesondere dann miteinander in Verbindung stehen, wenn die Tätigkeit außerhalb des erlernten Berufs dazu führt, daß man nicht gemäß der erreichten Ausbildungsstufe eingesetzt wird oder die Beförderungs- und Karrierechancen dadurch gehemmt sind, daß man „Quereinsteiger“ ist. Daher sollten beide Probleme auch nicht getrennt voneinander untersucht werden. Wenn horizontaler Mismatch außer acht gelassen wird, dann wird ignoriert, daß Personen, die – aus welchem Grund auch immer – nicht in dem Beruf tätig sind, für den sie ausgebildet wurden, nicht erwarten können, auf einer hierarchisch zu ihrer Qualifikationsstufe passenden Position eingesetzt zu werden, da ihnen das nötige Fachwissen fehlt. Bisher wurde in der Überqualifikationsforschung vernachlässigt, daß ein bestimmtes Qualifikationslevel einen Arbeitnehmer nicht generell dazu befähigt, jegliche zu dieser Stufe passende Position einzunehmen. Wird also horizontaler Mismatch vernachlässigt, so kann in vielen Fällen keine Erklärung für Überqualifikation geliefert werden, obwohl sie doch gerade durch den horizontalen Mismatch weitgehend gerechtfertigt ist. Um dies zu berücksichtigen, werden in der empirischen Analyse beide Probleme parallel und unter Bezugnahme auf die Interdependenz zwischen ihnen untersucht. Zunächst soll jedoch aufgezeigt werden, wie es von seiten der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber zu überqualifizierter Beschäftigung oder zu einem horizontalen Mismatch kommen kann, während im Anschluß daran versucht wird, die Diskriminierungstheorien auf diese Phänomene anzuwenden. b) Motive der Arbeitnehmer für das Akzeptieren eines Qualifikationsmismatchs Wie bei der Annahme von befristeten Verträgen, gilt auch bei der Annahme einer Stelle, für die man nicht adäquat qualifiziert ist, daß sie eine willkommene Alternative zur Arbeitslosigkeit darstellt, so daß solche Stellen vielfach dankbar angenommen werden und auf eine weitere, möglicherweise erfolglose Suche verzichtet wird.84 Auch hier gilt allerdings wieder 83 Witzel (1993) und Witte/Kalleberg (1995) analysieren die Situation von Absolventen einer Berufsausbildung in Deutschland, Solga/Konietzka (1999) untersuchen horizontalen Mismatch im deutsch-deutschen Vergleich, und Wolbers (2002) bezieht das Problem auf verschiedene europäische Länder. Nur sehr wenige Studien analysieren beide Arten von Mismatch gleichzeitig; genannt seien hier besonders Szydlik (1996), für deskriptive Vergleiche auch Behringer (2002). 84 Nach der humankapitalorientierten Job-search-Theorie (vgl. Stigler (1961)) setzt ein Arbeitssuchender so lange seine Suche nach einer adäquaten Stelle fort, wie die weiteren Kosten für die Suche geringer sind als die erhofften Erträge durch einen besseren Arbeitsplatz. Bei einer sehr angespannten Arbeitsmarktlage kann dies dazu führen, daß Arbeitskraft auch unter Wert angeboten wird, weil der erwar-

V. Überqualifikation und horizontaler Qualifikationsmismatch

273

der Nachteil, daß eine Stigmatisierung erfolgen und ein Arbeitnehmer sich dann in einer Überqualifikationsfalle wiederfinden kann, aus der er nur schwer wieder herauskommt. Daher kann es durchaus auch Vorteile haben, eine Weile länger arbeitslos zu sein, um eine adäquate Stelle zu suchen.85 Aufgrund unterschiedlicher Arbeitsangebots- oder -nachfrageüberhänge hinsichtlich der Berufe treffen diese Argumente allerdings nicht auf alle Berufe und in allen Branchen gleichermaßen stark zu. Wenn im Laufe der Zeit die Zahl der hoch Ausgebildeten inflationär steigt86, ergibt sich daraus ein Überangebot und somit eine Entwertung bestimmter Abschlüsse, so daß vielen Arbeitnehmern gar nichts anderes übrig bleibt, als eine inadäquate Stellung anzunehmen, insbesondere, wenn die Note ihres Abschlusses zu wünschen übrig läßt. Der Einfluß der Abschlußnote wurde überraschenderweise bisher in der Forschung zu Qualifikationsmismatches gänzlich vernachlässigt. Abschlüsse können auch in dem Sinne entwertet werden, daß das gelernte Wissen bei manchen Berufen nach einigen Jahren überholt und ohne kontinuierliche Weiterbildung nicht mehr viel wert ist. Es gibt aber nicht nur Gründe, warum Arbeitnehmer unfreiwillig in inadäquate Beschäftigung gedrängt werden, sondern es spricht einiges dafür, warum sie diese Situation möglicherweise freiwillig wählen. Dies läßt sich beispielsweise mit unterschiedlichen Präferenzen hinsichtlich der Leistungsbereitschaft, der Flexibilität und Mobilität, der Einkommensmaximierung, der Freizeit oder der Wichtigkeit der Tätigkeit erklären. Sobald die Annahme der Einkommensmaximierung als einziges Ziel der beruflichen Tätigkeit fallengelassen wird, kann man sich Personen vorstellen, die bewußt eine weniger anstrengende Tätigkeit wählen, um mehr Zeit für sich, die Familie, ehrenamtliches Engagement o. ä. zu haben. Vielen ist auch der „Sinn“ ihrer Tätigkeit (z. B. für die Gesellschaft) besonders wichtig.87 Sie tete Nutzen einer fortgesetzten Suche gering ist. Außerdem wird die Kosten-NutzenAbwägung durch individuelle Merkmale subjektiv geprägt. 85 Zu diesen Anstrengungen wird es bei Arbeitslosen aber eventuell gar nicht kommen, wenn von seiten der Arbeitsagentur aufgrund der Zumutbarkeitsregelung Stellen angeboten werden, bei denen der Arbeitslose unter Wert arbeiten würde. Somit können auch diese Zumutbarkeitsregelungen unterwertige Beschäftigung fördern. 86 Als Grund dafür kann u. a. die in Deutschland (noch) weitgehend unentgeltliche Bereitstellung von Hochschulbildung herangezogen werden und die über die Jahrzehnte gesunkenen Anforderungen beim Abitur sowie das sinkende Ansehen von Haupt- und Realschulabschluß. Es ist allerdings anzumerken, daß der Bedarf an höheren Abschlüssen an dem immer komplexer werdenden Arbeitsmarkt mit der steigenden Bedeutung von Wissen wahrscheinlich auch dann steigen würde, wenn die Anforderungen bei den Abschlüssen konstant geblieben wären. 87 Vgl. Schlegelmilch (1982).

274

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

möchten vielleicht lieber eine unterwertige Tätigkeit im Bereich ihres Traumberufs ausüben, als einen horizontalen Mismatch in Kauf nehmen zu müssen.88 Des weiteren sind (seltene) Fälle möglich, in denen auf einer unterwertigen Stelle zumindest kurzfristig mehr verdient werden kann89, was insbesondere Erwerbstätigen mit höher Präferenz für den Gegenwartskonsum oder mit nur kurzer geplanter Beteiligung am Arbeitsmarkt gelegen kommt. Hier werden also hohe Einstiegsgehälter gegenüber steilen Lohnprofilen mit anfangs geringer Bezahlung bevorzugt. In dieser Richtung argumentiert auch die „Karrieremobilitätstheorie“90, die bezogen auf die Überqualifikation allerdings nicht von anfangs geringen Einstiegsgehältern, sondern von einfachen Tätigkeiten auf bestimmten Stellen ausgeht. Arbeitnehmer nehmen dies in Kauf, wenn sie die späteren Karrieremöglichkeiten auf diesen Stellen als besonders hoch einschätzen, so daß diese die anfänglich niedrige Bildungsrendite später überkompensieren.91 Andere Personen, denen Einkommen wichtiger ist als der „Sinn“ der Arbeit und die Wert darauf legen, möglichst eine Tätigkeit, die ihrer Qualifikationsstufe entspricht, auszuüben, werden sich im Zweifel für eine Tätigkeit außerhalb ihres erlernten Berufs bewerben, wenn sie keine horizontal und vertikal adäquate Stellung finden. In den meisten Fällen dürfte ein horizontaler Mismatch weniger Einkommenseinbußen zur Folge haben als ein vertikaler Mismatch; in manchen Fällen führt ein Berufswechsel sogar zu Einkommenssteigerungen. Ein weiterer Grund für einen horizontalen Mismatch kann auch einfach 88 Laut Feller (1996), S. 184 f., ist die Arbeitszufriedenheit bei Personen, die im erlernten oder einem verwandten Beruf tätig sind, höher als bei anderen Personen. Fachhochschul- und Hochschulberechtigte seien mit einem horizontalen Mismatch allerdings noch zufriedener als Real- und Hauptschulabsolventen. Sie bezieht sich dabei auf das Ergebnis einer Teilzeitschülerpanelbefragung mit Erhebungen in den Jahren 1989 (Ausbildungsbeginn) und 1991. Danach seien außerdem Auszubildende, die nicht ihren Wunschberuf erlernt hätten, zwei Jahre nach Ausbildungsbeginn mit höherer Wahrscheinlichkeit nicht in ihrem erlernten Beruf tätig. Der horizontale Mismatch muß in diesem Fall allerdings keine Benachteiligung darstellen, sondern zeigt vermutlich eher, daß die Absolventen im Nachhinein versuchen, sich über Umwege doch noch ihrem Traumberuf zu nähern. 89 Hier sind z. B. Stellen für Hochschulabsolventen gemeint, bei denen sie direkt ins Berufsleben einsteigen, im Gegensatz zu weiterqualifizierenden Trainee-Programmen oder Praktika, die häufig gering bezahlt werden, aber später möglicherweise hohe Beförderungschancen aufweisen. 90 Vgl. zur Anwendung dieser Theorie auf das Einkommen Rosen (1972). Er argumentiert, daß Arbeitnehmer gern einen Lohnabschlag und damit eine (monetär gesehen) zu geringe Bildungsrendite in Kauf nähmen, wenn damit in der Zukunft um so höhere inner- oder außerbetriebliche Aufstiegschancen verbunden seien. Vgl. zur Anwendung auf die Überqualifikation Sicherman/Galor (1990) und Sicherman (1991). 91 Dieser Ansatz hat auch für den Arbeitgeber Vorteile, nämlich dadurch, daß er die neu eingestellten Arbeitkräfte zu Anfang „billig testen“ kann.

V. Überqualifikation und horizontaler Qualifikationsmismatch

275

darin bestehen, daß der Arbeitnehmer nur mit großen Einschränkungen eine adäquate Stellung findet oder daß ihm der ursprünglich erlernte Beruf keinen Spaß mehr macht und er sich als Quereinsteiger in einem anderen Beruf versuchen möchte. Möglicherweise liegen ihm Angebote aus Bereichen vor, in denen mangels adäquat qualifizierter Bewerber dringend Quereinsteiger zu guten Konditionen gesucht werden. Es gibt sehr unterschiedliche Erklärungsansätze, warum gerade Frauen überdurchschnittlich stark von unterwertiger Erwerbstätigkeit betroffen sind92 bzw. eine solche Arbeitsstelle besonders häufig sogar freiwillig akzeptieren. Zum einen ist die Theorie der „Differential Overqualification“93 zu nennen, die von verheirateten Frauen ausgeht und das Phänomen damit erklärt, daß Ehepartner ihren Nutzen, d. h. ihr Einkommen gemeinsam zu maximieren versuchen. Unter diesem Gesichtspunkt wird der besser ausgebildete Ehepartner (meistens der Mann) zuerst eine möglichst optimale Anstellung suchen, bei der er viel verdient. Damit legt er sich und seine Familie örtlich bzw. regional fest, und seine Frau muß sich möglichst auch in dieser Region eine Arbeitsstelle suchen.94 Da die Anzahl der Stellen dort beschränkt ist, wird sich die Frau ggf. mit einer suboptimalen Stelle, also z. B. einer, für die sie nicht adäquat qualifiziert ist, zufrieden geben müssen. Frauen können auch aus anderen Gründen weniger flexibel sein: So können etwa alleinerziehende Frauen darauf angewiesen sein, möglichst schnell eine Stelle zu finden, da sie besonders stark auf das Einkommen angewiesen sind. Verheiratete Frauen hingegen sind u. U. besonders flexibel95, wenn sie nicht notwendigerweise zum Familieneinkommen beitragen müssen. Sie können besonders lange nach einer optimalen Arbeitsstelle suchen, allerdings können sie sich auch mit einer für sie aus anderen Gründen interessanten Stelle, für die sie nicht adäquat qualifiziert sind, zufrieden geben. Hier kommen wieder unterschiedliche Präferenzen ins Spiel: Frauen legen möglicherweise besonders starken Wert auf zeitliche Unabhängigkeit (beispielsweise auf einer Teilzeitstelle) und auf räumliche Nähe der Arbeitsstelle zum Zuhause, um die Erwerbsarbeit besser mit der Familienarbeit vereinbaren zu können. Ein weiterer Grund, warum besonders häufig Frauen von Überqualifikation betroffen sind, könnte darin liegen, daß sie sich vielleicht nicht so gut „verkaufen“ können, sich systematisch unterschätzen und sich nur auf 92

Vgl. Büchel/Weißhuhn (1997c). Vgl. Frank (1978). 94 Die Frau wird somit zu einem „tied mover“, wenn sie ihre alte Stellung aufgeben muß, um mit ihrem Mann umzuziehen, oder zu einem „tied stayer“, wenn sie bei ihrem Mann wohnen bleibt, obwohl sie in einer anderen Gegend eine bessere Stelle finden würde. 95 Vgl. auch die Diskussion über die Arbeitsangebotselastizität bei Frauen in Kap. A.III.3.a). 93

276

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

Stellen bewerben, bei denen sie sämtliche Anforderungen erfüllen.96 Männer sind möglicherweise in der Hinsicht selbstbewußter und dürften daher vermutlich gelegentlich sogar überwertig beschäftigt sein. Wenn Frauen tatsächlich weniger gern als Männer in einer hierarchisch höheren Position arbeiten, weil sie die Konkurrenz zu Kollegen meiden wollen oder weil sie einfach nicht so viel Wert auf das höhere Einkommen legen97, dann kann auch dies erklären, warum Frauen sich eher als Männer mit unterwertiger Beschäftigung zufriedengeben. c) Motive der Arbeitgeber für den Einsatz inadäquat qualifizierter Beschäftigter In Zeiten eines Überangebots an gut ausgebildeten Arbeitnehmern spricht aus der Sicht der Arbeitgeber wenig dagegen, jede Stelle mit einem möglichst gut ausgebildeten Arbeitnehmer zu besetzen. Herrscht eine „Akademikerschwemme“, bleibt den Arbeitnehmern auch nicht viel anderes übrig, als diese Stellen anzunehmen, selbst wenn sie dafür überqualifiziert sind. Stehen nicht genügend adäquat qualifizierte Bewerber für Stellen zur Verfügung, wird der Arbeitgeber im Zweifel auf die höher Gebildeten zurückgreifen, insbesondere wenn er die überregionale Suche nicht für lohnend erachtet, weil diese teurer wäre als eine eventuell leicht erhöhte Entlohnung der überqualifizierten Bewerber. Eine andere Möglichkeit besteht darin, Quereinsteiger aus anderen Berufen anzuwerben, so daß der Mangel an adäquaten Bewerbern auch eine logische Erklärung für horizontalen Mismatch sein kann. Es spricht aber auch einiges dafür, warum Arbeitgeber bewußt überqualifizierte Bewerber einstellen. Vielfach kommt es nicht nur auf die tatsächliche Produktivität im alltäglichen routinemäßigen Arbeitsleben an, sondern auf die potentielle Produktivität, das Wissen und die Flexibilität in Extremsituationen.98 Hierfür kann es dem Arbeitgeber sinnvoll und ökonomisch lohnend erscheinen, Wissen und Produktivität zu horten, um im Notfall schnell und effizient reagieren zu können. Dies kann enorme Kosten für die kurzfristige Suche geeigneter Arbeitnehmer während der Krisensituation und durch eventuelle Fehlentscheidungen der möglicherweise nicht optimal auf die Situation reagierenden adäquat qualifizierten Mitarbeiter einsparen. Des weiteren signalisieren gut ausgebildete Bewerber generell geringe Bildungskosten, denn sonst hätten sie ihren bisherigen Bildungsweg nicht auf 96

Vgl. Beck-Gernsheim (1976), S. 92 f. Vgl. Kap. B.II.1.b). 98 Vgl. zum Einsatz überqualifizierter Arbeitnehmer zur Krisenbewältigung Becker/Kräkel (2001) sowie Haugrund (1990) zu „Qualifikationsreserven“. 97

V. Überqualifikation und horizontaler Qualifikationsmismatch

277

sich genommen. Auch hier können eventuell leicht erhöhte Einkommen für überqualifizierte Arbeitnehmer leicht in Kauf genommen werden, wenn im Gegenzug dazu geringere Einarbeitungs- und Weiterbildungskosten anfallen. Hier stehen also Überqualifizierte generell weiter vorn in der „Schlange“ der Bewerber, die eingestellt werden,99 und verdrängen somit adäquat ausgebildete Bewerber.100 Üblicherweise sind neu eingestellte Bewerber häufiger inadäquat beschäftigt als solche mit längerer Betriebszugehörigkeit. Dies kann damit begründet werden, daß der Arbeitgeber die wahre Produktivität des Bewerbers noch nicht lange genug beobachten konnte und dieser den Betrieb erst kennenlernen muß, weshalb der Arbeitgeber ihn lieber „vorsichtig“ einsetzt. Im Laufe der Zeit sollte sich der Mismatch auflösen, indem der Bewerber entweder befördert wird, weil seine wahren Qualitäten entdeckt werden, oder aber indem er kündigt, weil sie unbeobachtet geblieben sind. Eine Strategie, die auch zur Kündigung führen soll, ist die folgende: Wenn Arbeitnehmer nur schwer regulär entlassen werden können, z. B. aufgrund ihres Vertrags oder anderer rechtlicher Restriktionen oder weil sich der Arbeitgeber in einer schlechten Verhandlungsposition gegenüber dem Betriebsrat befindet, so können Arbeitnehmer vorsätzlich inadäquat beschäftigt werden, um ihnen damit indirekt nahezulegen, selbst zu kündigen.101 Es gibt allerdings auch einige Nachteile, die mit dem Einsatz inadäquat qualifizierter Mitarbeiter verbunden sind: So ist mit einer höheren Mobilität aufgrund von Kündigung zu rechnen, sobald der Arbeitnehmer eine bessere Stelle gefunden hat. Ist der Arbeitnehmer nicht mit der inadäquaten Erwerbstätigkeit zufrieden102, so ist mit einer geringen Motivation, hoher Unzufriedenheit und dem damit verbundenen gesteigerten Absentismus103 bis hin zur „Sabotage“104 zu rechnen.

99 Vgl. zum hier angesprochenen „Job-competion-Modell“ Kap. A.IV.1.c) sowie bezogen auf die Überqualifikation Thurow (1975), S. 75 ff. 100 Vgl. zur Verdrängung Rumberger (1981), S. 27 ff. 101 Vgl. Jovanovic (1979). 102 Fälle für das Gegenteil wurden im vorangegangenen Abschnitt aus unterschiedlichen Präferenzen hergeleitet. 103 Diese Überlegungen gelten offenbar nicht für alle überqualifiziert Beschäftigten, denn Büchel (2001) weist empirisch nach, daß Überqualifizierte weder eine geringere Arbeitszufriedenheit aufweisen noch häufiger fehlen. Insgesamt hätten sie sogar einen deutlich besseren Gesundheitszustand als adäquat Beschäftigte auf vergleichbaren Stellen. 104 Vgl. Tsang/Levin (1985) sowie Haugrund (1990), S. 233.

278

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

2. Anwendungsmöglichkeiten von Diskriminierungs- und Benachteiligungstheorien auf Überqualifikation und horizontalen Mismatch Auch hier soll wieder eine Überprüfung der Diskriminierungstheorien im Hinblick auf ihre Anwendbarkeit auf das Problem der unterwertigen Beschäftigung und des horizontalen Mismatchs vorgenommen werden. Wie im vorangegangenen Abschnitt beschrieben, kann beides sowohl angebots- als auch nachfrageseitig begründet sein und zustande kommen. Sollte Diskriminierung von Frauen im Hinblick auf diese Indikatoren vorliegen, so äußert sich diese in Einstellungs- und Aufstiegsdiskriminierung, bei horizontalem Mismatch auch in Beschäftigungsdiskriminierung, da die Frauen dann in bestimmten Berufen nicht eingestellt werden. Wird zunächst das Becker’sche Präferenzmodell betrachtet, so gibt es keine überzeugende Erklärung, warum das Phänomen des vertikalen oder horizontalen Mismatchs auf diese Art erklärt werden sollte. Wenn Frauen eine solche Beschäftigung annehmen und somit einen Abschlag in bezug auf ein Normalarbeitsverhältnis in Kauf nehmen, dann ist dieser Abschlag nicht dazu geeignet, den negativen Nutzen der männlichen Kollegen oder Arbeitgeber in irgendeiner Weise zu kompensieren. Eine Lohndiskriminierung aufgrund des Präferenzmodells allerdings kann mittelbar ebenso wie Segregation einen Qualifikationsmismatch erklären: Sind die Lohnabschläge in bestimmten Berufen oder auf bestimmten Stellen zu hoch, so werden sich Frauen andere Stellen suchen. Dies sind u. U. solche, für die sie nicht adäquat qualifiziert sind. Wie jedem Modell, das sich am neoklassischen Grundmodell orientiert, muß jedoch auch dem Becker’schen Ansatz die Erklärung von Qualifikationsmismatches schon konzeptionell schwerfallen, da zum einen in der Neoklassik aufgrund der Annahme homogener Arbeit nicht zwischen Berufen unterschieden wird und zum anderen in der langen Frist weder horizontaler noch vertikaler Mismatch theoretisch überhaupt vorkommen können. Der Marktmechanismus induziert bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern Anpassungsprozesse in ihrem Nachfrage- bzw. Investitionsverhalten, die sich solange fortsetzen, bis kein Mismatch mehr besteht. Crowding hingegen ist möglich, wenn man von Arbeitsmarktbarrieren für Frauen ausgeht. In diesem Modell wird die Annahme der homogenen Arbeit aufgehoben. Die Barrieren rufen ein Überangebot der Frauen in ihrem Segment hervor. Wenn dies einhergeht mit durchschnittlich zu hoher oder der Nachfrage nicht angepaßter Bildung für das Segment, dann werden einige Frauen falsch oder überqualifiziert eingesetzt werden. Im Zusammenhang mit diesem Modell ist auch – zumindest theoretisch – denkbar, daß die Barrieren für Frauen auf dem Arbeitsmarkt höher sind als im Zugang zu Bildung. Werden Frauen also zu Bildungsarten zugelassen, die sie dann

V. Überqualifikation und horizontaler Qualifikationsmismatch

279

später am Arbeitsmarkt nicht einsetzen dürfen, weil sie auf den zugehörigen Stellen nicht eingesetzt werden, dann muß daraus auch automatisch Überqualifikation oder horizontaler Mismatch folgen, da sie sich mit inadäquaten Stellen zufriedengeben müssen. Wenn für Frauen, z. B. für Alleinerziehende, ein unelastischeres Arbeitsangebot angenommen wird, dann ergeben sich bei monopsonistischer Arbeitsmarktstruktur ähnliche Folgen wie beim Crowding, da sie nicht flexibel sind und den nächstbesten Job annehmen müssen. Unternehmen können dann selbst entscheiden, wen sie für welche Stelle vorsehen, und aufgrund mangelnden Wettbewerbs werden sie nicht für falsche Entscheidungen bestraft. Dies kann dazu führen, daß Unternehmen, selbst wenn die Unsicherheit bei der Verweildauer der Frauen nur geringfügig höher ist als bei den Männern, auf verantwortungsvollen Stellen nur Männer einsetzen, so daß für Frauen nur die Stellen übrigbleiben, auf denen sie falsch oder überqualifiziert sind. Die auf der Humankapitaltheorie aufbauende, aber verfeinerte Jobsearch-Theorie105, die sich mit dem Suchprozeß nach einer geeigneten Stelle befaßt, erklärt Qualifikationsmismatches wie folgt: Sollten die Kosten-Nutzen-Überlegungen einer Jobsuche bei Männern und Frauen unterschiedlich sein, weil Frauen inflexibler sind (z. B. Alleinerziehende) und möglichst schnell eine Stelle benötigen, dann kann dies erklären, daß Frauen häufiger nicht adäquat beschäftigt sind, weil die Suchzeit zu kurz war. Dagegen spricht allerdings, daß viele Frauen sogar flexibler sind als Männer, da sie nicht die Last tragen, die Familie finanziell versorgen zu müssen und sich daher Zeit für die Suche nehmen können. Die schon zuvor angesprochene Karrieremobilitätshypothese106 kann zwar zur allgemeinen Erklärung von Überqualifikation herangezogen werden, es ist aber nicht anzunehmen, daß in dieser Hinsicht Unterschiede zwischen Männern und Frauen bestehen und daß somit diese Theorie einen Beitrag zur Erklärung des Unterschieds leisten kann. Eine weitere Theorie, die der Differential Overqualification, kann im weitesten Sinne auch unter dem Oberbegriff der Humankapitaltheorie zusammengefaßt werden, da sie den optimalen Einsatz des gesamten Humankapitals eines Ehepaares als Grundlage nimmt. Wie schon im Abschnitt zu den Motiven der Arbeitnehmer beschrieben, sucht sich zunächst der besser ausgebildete Partner, also meist der Mann107, eine Arbeitsstelle, auf der er sein Humankapital optimal nutzen kann, und erst danach sucht sich die Frau in der vom Mann vorgegebenen geographischen 105

Vgl. Kap. C., Fn. 84. Vgl., Kap. C., Fn. 90. 107 Zu den verschiedenen Gründen der geringeren Humankapitalausstattung bei Frauen siehe Kap. A.III.4. 106

280

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

Region eine Stelle. Die Wahrscheinlichkeit, daß diese Stelle für die Frau ebenfalls optimal ist, ist dann auf jeden Fall geringer als beim Mann. Sie wird höchstwahrscheinlich einen vertikalen oder aber alternativ einen horizontalen Mismatch in Kauf nehmen müssen oder sogar beides. Geht man von asymmetrischer Informationsverteilung aus, kann auf zwei Arten begründet werden, warum Frauen häufiger überqualifiziert beschäftigt sind als Männer: Zunächst einmal argumentiert die Assignment-Theorie108 über Unsicherheit am Arbeitsmarkt, denn hiernach wird gesagt, daß die Zuordnung von Arbeitnehmern zu Stellen immer fehlerbehaftet sein muß, da von vornherein nicht sämtliche Qualifikationen des Bewerbers und Anforderungen der Stelle bekannt sein können. Hier kommt es also automatisch immer wieder zu Mismatches in vertikaler oder horizontaler Form. Diese verschwinden allerdings mit der Zeit, wenn nämlich der Arbeitgeber seine Entscheidung anpaßt und den Arbeitnehmer adäquat versetzt oder entläßt oder aber der Arbeitnehmer kündigt, weil er dem Arbeitgeber seine Fähigkeiten nicht glaubhaft vermitteln kann. Die zweite Möglichkeit mit asymmetrischer Informationsverteilung funktioniert über Durchschnittsbildung, also über statistische Diskriminierung. Wenn Unternehmen Frauen als risikobehafteter hinsichtlich der Verweildauer einstufen oder ihnen aufgrund von Vorurteilen weniger zutrauen als Männern, dann werden sie sie nur ungern auf verantwortungsvollen Stellen in den höheren Hierarchieebenen einsetzen. Hierunter haben dann besonders die hochqualifizierten Frauen zu leiden, denn sie werden unterwertig eingesetzt, da dies der Risikokalkulation der Unternehmen entspricht, die im Zweifelsfall eher einen Mann auswählen. Hochqualifizierte Frauen können sich aus dieser Situation nur durch starke Signale befreien, indem sie zeigen, daß nicht mit einer kürzeren Verweildauer zu rechnen ist. Diese Signale müßten vor allem aus Bildungszertifikaten bestehen, die unterstreichen, daß Frauen selbst auch an der Amortisation ihrer Bildungsausgaben interessiert sind. Im Verhältnis zu Männern müßten diese Signale also im Durchschnitt höher ausfallen. Wenn Frauen diese verstärkten Anstrengungen nicht auf sich nehmen, dann müssen sie häufiger mit Überqualifikation rechnen. Mangelndes Signalisieren von Selbstbewußtsein und Flexibilität tun ihr übriges. Hinsichtlich der Selbstselektion läßt sich sagen, daß Frauen sich häufig wegen ihres geringeren Selbstbewußtseins109 oft nur auf Stellen bewerben, für die sie ganz sicher nicht unterqualifiziert sind, während Männer mehr Risiko eingehen, was ihnen gelegentlich gute Chancen einbringen kann. Auch dies führt zu einem Unterschied zwischen Männern und Frauen. 108 109

Vgl. Tinbergen (1956), Sattinger (1975) und Hartog (1981). Vgl. Kap. C., Fn. 96.

V. Überqualifikation und horizontaler Qualifikationsmismatch

281

In dieselbe Richtung geht auch die Selbstselektion bei der Zahlung von Effizienzlöhnen: Frauen schätzen sich bei mangelndem Selbstbewußtsein und Unkenntnis über Effizienzlöhne möglicherweise als unfähig für eine Stelle ein, wenn hier ein hoher Lohn geboten wird, und werden sich deshalb nicht darauf bewerben. Ebenfalls ist möglich, daß sie aufgrund des hohen Lohns vermuten, daß vom Stelleninhaber eine hohe Leistungsfähigkeit und -bereitschaft gefordert wird, was viele Frauen abschreckt, wenn sie aufgrund ihrer Familienverpflichtungen nicht dazu fähig oder bereit sind. Sie werden sich also vielleicht lieber freiwillig für eine flexiblere Stelle entscheiden, bei der sie aufgrund des geringeren Lohns auch nicht so sehr unter Druck stehen. Während die Theorie der impliziten Verträge und das Insider-OutsiderModell kaum zur Erklärung von Qualifikationsmismatches herangezogen werden können, scheinen die Segmentations- und die Job-competition-Theorie als nicht-ökonomische Theorien besser geeignet zu sein. Sie werden gern zur Erklärung von unterwertiger Beschäftigung, insbesondere bei Frauen, und deren Persistenz herangezogen, weil sie zusammen ein sehr plausibles Bild ergeben. Da Frauen aufgrund des durchschnittlich höheren Risikos der Abwanderung für die Unternehmen und aufgrund der stärkeren Signale, die sie aufweisen müssen, hinter den Männern in der Berufsschlange stehen, ist die Wahrscheinlichkeit, daß alle von ihnen einen angemessenen Arbeitsplatz bekommen, geringer als bei Männern. Diejenigen, die keine adäquate Stelle bekommen, müssen in das externe Arbeitsmarktsegment ausweichen. Da die Durchlässigkeit zwischen den Segmenten nur sehr gering ist, besteht die Gefahr, daß sie sich nicht mehr daraus befreien können. Auch die Theorie des „weiblichen Arbeitsvermögens“ hat bei der Erklärung von unterwertiger Erwerbstätigkeit und horizontalem Mismatch ihre Berechtigung, wobei in diesem Fall aber stark zwischen den beiden Fällen unterschieden werden muß. Wie schon in Kap. A.IV.2. angedeutet, legen Frauen nach dieser Theorie besonders starken Wert darauf, etwas „Sinnvolles“ und inhaltlich Befriedigendes zu tun, während die hierarchische Stellung im Zweifelsfall nachrangig ist.110 Diese Einstellung muß natürlich zwangsläufig dazu führen, daß Frauen sogar mehr oder weniger freiwillig unterwertig tätig werden. Für den horizontalen Mismatch bedeutet dies hingegen, daß Frauen unbedingt in dem nach ihren Präferenzen ausgewählten, „sinnvollen“ Beruf arbeiten möchten und viel eher einen hierarchischen Abstieg in Kauf nehmen würden, als in einem anderen als dem erlernten Beruf zu arbeiten. Die Qualifikations- und Beschäftigungsstruktur kann – ebenso wie der steigende Anteil erwerbstätiger Frauen – auch ihren Beitrag zur Erklärung 110

Vgl. Beck-Gernsheim (1976), S. 84.

282

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

von Qualifikationsmismatches leisten. In einer dynamischen, sich ändernden Wirtschaft kommt es ständig zu Verschiebungen der geforderten Qualifikationen, so daß Berufe plötzlich nicht mehr aktuell und daher weniger gefragt sind. Die sogenannte Wissensgesellschaft vermittelt zusätzlich den Eindruck, daß immer mehr Qualifikationen im Berufsalltag notwendig werden, was dazu führt, daß immer mehr Schüler die Allgemeine Hochschulreife erreichen und somit auch immer mehr Personen ein Studium aufnehmen. Dies scheint bei Frauen und Männern gleichermaßen der Fall zu sein. Unter der Annahme, daß sich Frauen dennoch vorwiegend für Frauenberufe interessieren, werden Frauen besonders häufig überqualifiziert sein, da Frauenberufe durchschnittlich weniger Qualifikation erfordern als Männerberufe. Falls (einige) Frauenberufe so beliebt sind, daß in diesen Berufen Crowdingerscheinungen zu beobachten sind, verstärken sich die Bildungsanstrengungen der Frauen noch mehr, da sie sich nur mit einem hohen und guten Bildungsabschluß überhaupt gegen andere Frauen, die sich um die begehrten Stellen in diesen Berufen bewerben, durchsetzen können. Die möglicherweise unterschiedliche Präferenzstruktur von Männern und Frauen könnte sich dahingehend äußern, daß Frauen besonders häufig überqualifiziert sind, falls es ihnen wichtig ist, in ihrem Traumberuf zu arbeiten. Sollten sie keine adäquate Stellung finden, so werden sie im Zweifelsfall eher Abstriche bei der hierarchischen Stellung machen, ihrem Berufsfeld aber treu bleiben. Männer hingegen, angenommen, sie legen besonderen Wert auf Einkommen und Macht, werden im Zweifelsfall eher den Beruf wechseln, um möglichst noch „standesgemäß“ beschäftigt sein zu können. Möglicherweise sind Frauen auch außerberufliche Interessen wie viel Freizeit oder ein kurzer Arbeitsweg wichtig. Dies würde dann eine Begründung dafür liefern, warum Frauen insgesamt eher von einem Qualifikationsmismatch betroffen sind als Männer. 3. Ableitung von Hypothesen zu den Determinanten eines Qualifikationsmismatchs Ausgehend von den Motiven der Arbeitnehmer und Arbeitgeber für den Einsatz oder das Akzeptieren von unterwertiger Beschäftigung oder horizontalem Mismatch sowie mit Hilfe der Diskriminierungstheorien sollen nun zusammenfassende Hypothesen für diese beiden eng miteinander verbundenen Indikatoren aufgestellt werden. Dabei sollen wieder die vermuteten Zusammenhänge zu den anderen Benachteiligungsindikatoren sowie zum Geschlecht und zur Berufsgruppenzugehörigkeit betrachtet werden. Die deskriptiven Statistiken zeigen, daß Frauen häufiger unterwertig beschäftigt sind als Männer. Dies läßt sich nach den Theorien im vorherigen Abschnitt auf die unterschiedlichsten Arten begründen.

V. Überqualifikation und horizontaler Qualifikationsmismatch

283

Hypothese 5.1a: Frauen sind häufiger unterwertig beschäftigt als Männer. Wie in den vorangegangenen Abschnitten beschrieben, werden Frauen, falls sie bei ihrer Arbeitsplatzwahl einen Kompromiß eingehen müssen, vermutlich eher Abstriche bei der horizontalen Adäquanz machen, als in einem nicht erlernten Beruf tätig zu sein, da ihnen der „Sinn“ ihrer Tätigkeit möglicherweise wichtiger ist als das Einkommen. Männer werden sich im Zweifelsfall eher eine Tätigkeit, die nicht ihrem erlernten Beruf entspricht, suchen, da diese u. U. mit weniger Einkommenseinbußen verbunden ist. Hypothese 5.1b: Frauen sind häufiger im erlernten Beruf tätig als Männer. Nach der Theorie des „weiblichen Arbeitsvermögens“, die maßgeblich für die Erklärung der Berufswahl herangezogen werden kann, liegen Frauenberufe u. a. eher im sozialen Bereich. Wenn sich eine Person für einen solchen Beruf entscheidet, dann bedeutet das in den meisten Fällen auch, daß ihr der Inhalt bzw. „Sinn“ des Berufs besonders wichtig ist und sie weniger Wert auf die hierarchische Stellung und die vertikale Adäquanz der Stelle legt. Kommt Crowding in diesen Berufen hinzu, wird der Effekt noch verstärkt. Hypothese 5.2a: In Frauenberufen Beschäftigte sind häufiger unterwertig erwerbstätig als in Männerberufen Beschäftigte. Wer einen Frauenberuf aus den oben beschriebenen ideologischen Gründen erlernt hat, der wird sich auch stark bemühen, eine Stelle in diesem Beruf zu bekommen, um nicht auf einen anderen Beruf ausweichen zu müssen. Hypothese 5.2b: In Frauenberufen Beschäftigte sind häufiger im erlernten Beruf tätig als in Männerberufen Beschäftigte. Verstärkte Weiterbildung sollte dazu führen, daß Beschäftigte im Laufe der Zeit eine Stellung im Unternehmen erreichen, die ihrer Ausbildung entspricht. Aus diesem Grund scheinen von Weiterbildungsaktivitäten positive Anstöße im Hinblick auf adäquate Beschäftigung auszugehen. Hypothese 5.3a: Beteiligung an Weiterbildungsaktivitäten senkt das Risiko einer unterwertigen Erwerbstätigkeit. Bezogen auf die Tätigkeit im Beruf ergibt sich aber ein umgekehrtes Bild: Je mehr ein Arbeitnehmer an Weiterbildungsaktivitäten teilnimmt, um

284

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

so eher kann er sich damit für eine Tätigkeit qualifizieren, die nicht seinem erlernten Beruf entspricht.

Hypothese 5.3b: Beteiligung an Weiterbildungsaktivitäten erhöht die Wahrscheinlichkeit für die Tätigkeit in einem nicht erlernten Beruf. Wer sich eine Teilzeitstelle sucht, für den hat häufig die kurze Arbeitszeit erste Priorität; alle anderen Merkmale der Stelle sind nachrangig. Daher geben sich Teilzeitbeschäftigte auch häufig mit unterwertiger Beschäftigung zufrieden.

Hypothese 5.4a: Teilzeitbeschäftigte sind häufiger unterwertig beschäftigt als Vollzeitbeschäftigte. Dasselbe kann auf das Merkmal „Tätigkeit im erlernten Beruf“ zutreffen: Wenn die Zeit vorrangig ist, wird auch eine abweichende Tätigkeit in Kauf genommen.

Hypothese 5.4b: Teilzeitbeschäftigte sind häufiger nicht im erlernten Beruf tätig als Vollzeitbeschäftigte. Liegt ein befristetes Arbeitsverhältnis vor, so kann dies in einigen Fällen dazu führen, daß Arbeitnehmer noch nicht optimal im Unternehmen eingesetzt sind, d. h. daß sie zunächst unterwertig oder in einem anderen als dem erlernten Beruf beschäftigt werden. Hierfür ist dann allerdings nicht die Befristung die notwendige Ursache, sondern die kurze Betriebszugehörigkeitsdauer. Von einem befristeten Arbeitsverhältnis selbst lassen sich hingegen keine plausiblen Schlüsse im Hinblick auf nicht adäquate Beschäftigung ziehen, weshalb diese mögliche Einflußgröße nicht weiter betrachtet und aus der Analyse ausgeschlossen wird. Werden zum Schluß noch die gegenseitigen Einflüsse der Indikatoren „unterwertige Beschäftigung“ und „Tätigkeit im erlernten Beruf“ aufeinander untersucht, ergibt sich folgendes Bild: Wenn ein Arbeitnehmer nicht im erlernten Beruf tätig ist, sondern in einem anderen, dann muß er auf diesem Weg Statuseinbußen hinnehmen, denn ein hoher Berufsabschluß ist bei der Ausübung eines anderen Berufs möglicherweise nicht mehr viel wert, weil das nötige Fachwissen fehlt.

V. Überqualifikation und horizontaler Qualifikationsmismatch

285

Hypothese 5.5: Arbeitnehmer, die nicht im erlernten Beruf tätig sind, sind häufiger unterwertig beschäftigt als Arbeitnehmer, die im erlernten Beruf tätig sind. Umgekehrt lassen sich keine sinnvollen Schlüsse zum Einfluß des Indikators „unterwertige Beschäftigung“ auf „Tätigkeit im erlernten Beruf“ ziehen. Wie bei den bisherigen Indikatoren auch, werden die genannten Einflußfaktoren auf einen Qualifikationsmismatch durch eine Reihe weiterer erklärender Variablen ergänzt. 4. Empirische Analyse a) Spezifikation des ökonometrischen Modells Aus den theoretischen Überlegungen läßt sich ableiten, daß die „Entscheidungen“, unterwertig erwerbstätig zu sein und nicht im erlernten Beruf tätig zu sein, zum einen nicht unabhängig voneinander sind und zum anderen von sehr ähnlichen Faktoren beeinflußt werden dürften. Wird die Ursache-Wirkung-Richtung zwischen diesen beiden Variablen betrachtet, so kann davon ausgegangen werden, daß die Wahrscheinlichkeit, unterwertig beschäftigt zu sein, davon abhängt, ob man eigentlich im erlernten Beruf tätig ist. Denn selbst wenn man eine recht anspruchsvolle Ausbildung absolviert hat, in diesem Bereich dann aber keine Anstellung findet oder annimmt, so ist es wahrscheinlich, daß die Arbeitsstelle, auf der man sich dann tatsächlich befindet, ein eher niedrigeres Ausbildungsniveau verlangt und man diese Stelle, für die man inhaltlich eigentlich nicht qualifiziert ist, nur bekommen hat, weil man einen höheren Ausbildungsabschluß in einem anderen Bereich vorweisen kann. Teilweise wird dabei also mangelnde fachliche Ausbildung durch ein höheres fachfremdes Ausbildungsniveau substituiert. Die dennoch höhere Wahrscheinlichkeit für Überqualifikation resultiert daraus, daß Fachfremden keine besonders verantwortungsvollen Aufgaben übertragen werden. Wenn zwei abhängige Variablen gleichzeitig analysiert werden sollen und zudem die eine der beiden Variablen die andere beeinflußt, dann bietet sich als ökonometrisches Modell das binomiale bivariate Probit-Modell mit „mixed structure“111 an. Hierbei handelt es sich um ein rekursives Simultangleichungsmodell mit der folgenden allgemeinen Form: È49ê 111

y1i ã b1 y2i þ g1 0 x1i þ u1i Vgl. Maddala (1999), S. 117 ff.

286

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

È50ê

y2i ã b2 y1i þ g2 0 x2i þ u2i

mit: y1i : latente Variable „im erlernten Beruf tätig“ y2i : latente Variable „überqualifiziert“ bj , gj : zu schätzende Koeffizienten bzw. Koeffizientenvektoren xji: Vektoren der erklärenden Variablen uji: Störvariable i = 1, . . ., N j = 1, 2 Beobachtbar sind für jedes Individuum i die Dummy-Variablen y1i und y2i , für die gilt: y1i ã 1 falls y1i > 0 y1i ã 0 falls y1i  0 (51)

y2i ã 1 falls y2i > 0 y2i ã 0 falls y2i  0

Damit Modelle dieser Art konsistent geschätzt werden können, müssen folgende Parameterrestriktionen erfüllt sein:112 Eine der beiden Variablen y1i oder y2i muß aus der jeweiligen Gleichung ausgeschlossen werden, d. h. entweder b1 oder b2 muß gleich Null sein. Wie zuvor inhaltlich dargelegt, beeinflußt die Variable „überqualifiziert“ in keiner Weise die Variable „im erlernten Beruf tätig“, so daß in diesem Fall b1 ã 0 gesetzt werden kann. Zur Identifikation des Modells ist zusätzlich erforderlich, daß g1 mindestens eine Variable enthält, die in g2 nicht vorhanden ist. Hierfür wurden die Dummy-Variablen zur Stellung im Beruf ausgewählt, die in die Gleichung zur Überqualifikation nicht aufgenommen werden, da sich die Klassifikation, ob eine Person überqualifiziert vom Typ A oder B ist, u. a. direkt aus der beruflichen Stellung ableitet, so daß nicht eindeutig geklärt werden kann, ob es für diese Variable eher sinnvoll ist, aufgenommen oder gerade aus diesem Grund ausgeschlossen zu werden. Unter der Annahme, daß u1 und u2 symmetrischen Verteilungen unterliegen mit der gemeinsamen Verteilungsfunktion F È ; ê, folgt für die gemeinsame Wahrscheinlichkeitsfunktion von Èy1 ; y2 ê:113 112

Vgl. Maddala (1999), S. 117–123, „Model 6“. Vgl. Maddala (1999), S. 123, mit Notationsfehlern bei den Vorzeichen der r und dem Exponenten des letzten Faktors der Likelihood-Funktion. 113

V. Überqualifikation und horizontaler Qualifikationsmismatch

287

  P11 ã PrÈy1i ã 1; y2i ã 1ê ã F g1 0 x1i ; b2 þ g2 0 x2i ; r   P10 ã PrÈy1i ã 1; y2i ã 0ê ã F g1 0 x1i ; b2  g2 0 x2i ; r (52)

  P01 ã PrÈy1i ã 0; y2i ã 1ê ã F g1 0 x1i ; g2 0 x2i ; r   P00 ã PrÈy1i ã 0; y2i ã 0ê ã F g1 0 x1i ; g2 0 x2i ; r

Die zu maximierende Likelihood-Funktion lautet dann: È53ê

N   Y y È1  y2i ê È1  y1i êy2i È1  y1i ê È1  y2i ê y y L b2 ; g1 ; g2 ã P111i 2i P101i P01 P00 iã1

b) Beschreibung der Modellvariablen In der folgenden Analyse werden alle erwerbstätigen Befragten des Panels zwischen 16 und unter 65 Jahren berücksichtigt, für die bestimmt werden kann, ob auf der Stelle, die sie innehaben, ein vertikaler oder horizontaler Mismatch in bezug auf ihre Qualifikation vorliegt. Dafür muß insbesondere die Voraussetzung erfüllt sein, daß die Personen eine Berufsausbildung und/oder ein Universitätsstudium in Deutschland absolviert haben. Personen, die sich zum Zeitpunkt der Befragung in Aus- oder Vollzeitweiterbildung befinden, werden ausgeschlossen. Die Daten des SOEP enthalten keine direkten Angaben zu Überqualifikation und zu berufsspezifischem Mismatch, so daß die Werte für die abhängigen Variablen erst noch ermittelt werden müssen. Für beide Arten bieten sich grundsätzlich der „objektive“ sowie der „subjektive“ Ansatz an.114 Objektive Maße, die vor allem zu Beginn der Überqualifikationsforschung in den USA angewandt wurden, basieren nicht auf der subjektiven Einschätzung der Arbeitnehmer hinsichtlich seiner Ausbildungsadäquanz, sondern das tatsächlich vom Bewerber erreichte Qualifikationsniveau wird mit dem Niveau, das für die Stelle notwendig ist, verglichen.115 Beim berufsspezifischen Mismatch würde analog der Beruf, der für eine Stelle notwendig ist, 114

Vgl. Büchel (1998), S. 66–71, für eine Diskussion dieser beiden Konstruktionsprinzipien und für weitere „unorthodoxe“ Maße. 115 Hierfür wird eine Stelle zunächst in Verbindung gebracht mit einem bestimmten Beruf, der im Dictionary of Occupational Titles (DOT, vgl. Fine (1968)) aufgelistet ist. Jedem dieser Berufe wird dann ein „general education development“ (GED)-Niveau von einer Skala zugeordnet, welches anschließend in Bildungsjahre umgerechnet wird (vgl. Eckaus (1964)). Aus dem Vergleich dieser Anzahl mit der Anzahl der vom Stelleninhaber tatsächlich absolvierten Bildungsjahre kann schließ-

288

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

mit dem tatsächlich erlernten Beruf des Stelleninhabers verglichen. Da objektive Maße zu wenig einbeziehen, wie stark sich einzelne Stellen in der Realität in ihren Anforderungen unterscheiden, und da subjektive trotz möglicher Reliabilitätsprobleme für leistungsfähiger gehalten werden116, werden objektive Maße kaum noch benutzt, und es wird statt dessen auf subjektive Maße zurückgegriffen. Subjektive Maße beziehen das Urteil der Stelleninhaber mit ein, da diese diejenigen Personen sind, die ihre Stelle sowie ihre Fähigkeiten besser als alle anderen kennen. Hierbei stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung: Entweder wird ein Stelleninhaber direkt danach gefragt, ob er adäquat beschäftigt ist, wie dies im SOEP mit den beiden Fragen „Welche berufliche Tätigkeit üben Sie derzeit aus?“ und „Entspricht diese Tätigkeit Ihrem erlernten Beruf?“ hinsichtlich des berufsspezifischen Mismatchs der Fall ist. Oder ein Stelleninhaber wird danach gefragt, welche Qualifikation üblicherweise für die Verrichtung seiner Tätigkeit benötigt wird. Mittels der Antwort auf diese Frage117 kann, in Kombination mit der beruflichen Stellung und der erreichten Ausbildungsstufe (berufliche Ausbildung oder Universitätsabschluß) nach dem Konzept von Büchel (1998)118 auf die vertikale Adäquanz geschlossen werden. Hieraus folgt, daß nur solche Personen in die Analyse einbezogen werden können, für die die notwendigen Informationen zur Klassifikation des Mismatchs vorliegen. Insgesamt werden die Daten von 3 102 Personen für die Analyse herangezogen. Als unabhängige Variablen werden das Merkmal „Männer- oder Frauenberuf“, erneut im gepoolten Modell mit Interaktion zum Geschlecht, einbezogen sowie weitere soziodemographische Informationen (Alter, Nationalität, West-/Ostdeutschland, Familienstand, Schwerbehinderung) berücksichtigt. Das Modell beinhaltet als Humankapitalvariablen zunächst den Typ der schulischen und der beruflichen Ausbildung, da weniger ein Einfluß der lich errechnet werden, wie viele Bildungsjahre zu wenig oder zu viel (Maß für Überqualifikation, vgl. Rumberger (1981)) dieser aufweist. 116 Vgl. Hartog (1985) und Witte/Kalleberg (1995). Plicht/Schreyer (2002) wenden jedoch ein, daß subjektive Einschätzungen bei Akademikern die Dimension der Inadäquanz überschätzten. 117 Die vorgegebenen Antworten lauten: „Keine besondere Ausbildung erforderlich/nur kurze Einweisung am Arbeitsplatz erforderlich“, „Längere Einarbeitung im Betrieb erforderlich“, „Besondere Lehrgänge oder Kurse erforderlich/abgeschlossene Berufsausbildung erforderlich“, „Ingenieur- oder Fachschulausbildung erforderlich (nur neue BL)“ und „Hochschulstudium erforderlich“. 118 Vgl. Kap. A.V.2.d)cc) mit dem detaillierten Klassifikationsschema für die Einteilung in die Kategorien „ausbildungsadäquat beschäftigt“, „überqualifiziert nach Typ A“ (leichte und mittlere Qualifikationsverluste), „überqualifiziert vom Typ B“ (hohe Qualifikationsverluste), „Adäquanzzuordnung nicht eindeutig möglich“ sowie „unplausible Kombination“.

V. Überqualifikation und horizontaler Qualifikationsmismatch

289

Bildungsjahre als vielmehr ein Einfluß der verschiedenen Abschlüsse vermutet wird. Des weiteren sind Betriebszugehörigkeit, Notendurchschnitt im Abschlußzeugnis sowie Weiterbildungsteilnahme in den Jahren 2001 bzw. 2002 enthalten. Ferner werden arbeitsplatzbezogene Merkmale (Teilzeitund geringfügige Beschäftigung, Zeitarbeit, Arbeitsweg, Mitgliedschaft in Betriebsrat, Berufsverband oder Gewerkschaft, Stellung im Beruf sowie Unternehmensgröße und -branche) in das Modell aufgenommen. c) Ergebnisse der empirischen Analyse Nach der zuvor dargestellten Spezifikation werden die Koeffizienten für die beiden abhängigen Variablen „Überqualifikation“ und „Tätigkeit im erlernten Beruf“ im folgenden in einem simultanen Modell geschätzt. Tabelle 33 zeigt die Schätzergebnisse für das Modell für alle Befragten sowie die beiden getrennten Modelle nur für Männer bzw. Frauen. Es sei angemerkt, daß positive Koeffizienten bei der ersten abhängigen Variable die Wahrscheinlichkeit für einen vertikalen Mismatch erhöhen, da „Überqualifikation“ mit 1 kodiert ist, während sie bei der zweiten abhängigen Variable die Wahrscheinlichkeit für einen horizontalen Mismatch senken, da „Tätigkeit außerhalb des erlernten Berufs“ mit 0 kodiert ist. Die hohen und hoch signifikanten Korrelationskoeffizienten in jedem der drei Modelle zeigen, daß es sinnvoll ist, beide Variablen kombiniert zu untersuchen. Die hohen Werte der Wald-Statistik belegen eine genügende Anpassungsgüte des Modells. Die Variable „Geschlecht“ ist eine wichtige Variable zur Erklärung von Mismatch; ihr Einfluß ist aber vielschichtig und liefert in Kombination mit der Berufswahl interessante Erkenntnisse. Das gepoolte Modell zeigt, daß Frauen in beiden Berufsgruppen signifikant häufiger unterwertig beschäftigt sind als Männer in Männerberufen. Somit kann Hypothese 5.1a bestätigt werden. Von horizontalem Mismatch sind Frauen signifikant häufiger betroffen, wenn sie einen Männerberuf ausüben, so daß Hypothese 5.1b für diese Frauen eindeutig abgelehnt werden muß. Für die gemeinsame Gruppe aller Frauen kann diese Hypothese ebenfalls nicht angenommen werden. Was die Berufswahl angeht, so kann der Schluß gezogen werden, daß Personen in Frauenberufen generell häufiger für ihre Stelle überqualifiziert sind, denn es ist auch ein signifikanter Koeffizient für Männer in Frauenberufen zur Referenzgruppe Männer in Männerberufen festzustellen. Den stärksten Effekt jedoch weisen Frauen in Frauenberufen auf. Hypothese 5.2a kann somit bestätigt werden. Besonders stark betroffen von horizontalem Mismatch sind Frauen in Männerberufen, dies gilt für Männer in dieser Berufsgruppe nur eingeschränkt. Daher kann Hypothese 5.2b für Frauen bestä-

290

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

Tabelle 33 Determinanten von vertikalem und horizontalem Qualifikationsmismatch

Konstante (Mann im Männerberuf) Mann im Frauenberuf Frau im Frauenberuf Frau im Männerberuf Männerberufa Alter Alter2 /100 Ausländer Westdeutschland verheiratetb schwerbehindertc (kein Schulabschluß) Hauptschulabschluß Realschulabschluß Fachhochschulreife Allgemeine Hochschulreife (sonst. berufsbildender Abschluß) Beamtenausbildung Berufsfachschule Fachhochschule Fachschule, Meister Schule des Gesundheitswesens Ingenieur-, Fachschule (nur Ost) Lehre Universität, TH Betriebszugehörigkeit letzter Notendurchschnittd Weiterbildung 2001/02e Teilzeitbeschäftigungf geringfügige Beschäftigung Zeitarbeit Arbeitsweg in kmg Mitglied im Betriebsrat Mitglied im Berufsverband Mitglied in Gewerkschaft Stellung: Arbeiter (Stellung: Angestellter) Stellung: Beamter Stellung: Selbständig

gepoolt

Frauen

Männer

Überqua- Tätigkeit im lifikation erlern. Beruf

Überqua- Tätigkeit im lifikation erlern. Beruf

Überqua- Tätigkeit im lifikation erlern. Beruf

2,2505*** 2,2146*** . . 0,2249** 0,0681 0,3526*** 0,0808 0,2504** –0,2515*** –0,0332 0,0250 0,0283 –0,1896** –0,3581*** 0,3888** . –0,2428 –0,6078 –0,9140** –0,9688** . –1,0339** –0,4712 1,4676*** –0,4067 i

0,6602* –0,2301 0,8934*** –0,0076 0,1466*** –0,2876*** 0,1196 0,3720** 0,5838*** –0,0041** –0,0899 –0,1480 0,1189

–0,0521** 0,0332 –0,0186 0,1526** –0,1589** 0,1015 . –0,1399 0,0763 0,0678 0,0607 . 0,1683 0,2528 0,5574** 0,3749 0,5758 0,1147 0,0948 0,5764** 0,0300*** –0,0812* 0,0412 –0,1935** –0,6490*** 0,1596 –0,0014 0,0210 0,3311*** 0,0637 –0,5409*** . 0,5749*** –0,3331***

3,0274***

2,8383***

–0,3583*** –0,0746** 0,0571 0,3243 –0,0286 –0,1039 0,0349 . –0,3270 –0,1702 –0,2245 –0,2367 . i 0,4677 0,3080 –0,2681 2,1769*** 0,4765 0,4556 0,0456 i 0,4821 1,1672** –0,0070 0,2484 –0,0066 1,5328*** 0,6188* 0,0350*** –0,0047 –0,0577 0,1570* 0,0166 –0,2198 –0,1346 0,3028* 0,8705** –0,5194*** 0,4803 0,5446* 0,0007 –0,0085 –0,0483 0,1695 0,7006*** –0,2698 0,0867 0,0206 –1,0607*** . 1,2451*** –0,1425 –0,0577 0,0499 –0,1814 –0,3749*** –0,3093** 0,6335** . –0,2747 –0,7545 –1,1228 –1,3214* .

–0,3850**

2,1903**

1,5651*

–0,2177** –0,0363 0,0360 –0,2162 0,0920 –0,4114*** 0,1849 . –0,0598 –0,1545 –0,3922 –0,3680 . –1,0568 –0,1087 0,9830** –0,3735

–0,1541* –0,0185 0,0000 –0,2029 0,2817*** –0,2159** 0,1179 . 0,0174 0,2751 0,3293 0,2919 . 0,1483 0,3840 0,6500* 0,3114

i

0,2577 –0,1392 0,5545 –0,0066 0,1035 –0,2937* –0,1568 0,2801 0,7673** –0,0030** –0,2272 –0,0422 0,2106*

i

0,4278 0,0046 0,5641 0,0252*** –0,1101** 0,0638 –0,3978* –0,8141** –0,0725 0,0019* –0,0235 0,1782* 0,0511 –0,2465*** . 0,4625*** –0,2902**

V. Überqualifikation und horizontaler Qualifikationsmismatch

291

Tabelle 33 (Fortsetzung)

Betriebsgröße: Selbst. o. Mitarb. (Betriebsgröße bis unter 5 Besch.)

gepoolt

Frauen

Männer

Überqua- Tätigkeit im lifikation erlern. Beruf

Überqua- Tätigkeit im lifikation erlern. Beruf

Überqua- Tätigkeit im lifikation erlern. Beruf

–0,2270

–0,3391

–0,1213

.

.

–0,0370 .

.

–0,2151

–0,2904

.

.

Betriebsgröße bis unter 20 Besch.

–0,1814

–0,0302

–0,1403

–0,0195

–0,2860*

–0,2068

Betriebsgröße bis unter 100 Besch.

–0,2013*

–0,2320**

–0,1253

–0,2289*

–0,4000**

–0,4056**

Betriebsgröße bis unter 200 Besch.

–0,2270

–0,1760

–0,0289

–0,0846

–0,4566**

–0,3730*

–0,2329**

–0,2040

–0,2245

–0,4915*** –0,3676** –0,6913*** –0,6272***

Betriebsgröße bis unter 2000 Besch. –0,2958** Betriebsgröße ab 2000 Besch.

–0,4741*** –0,4373***

–0,2892

–0,3564**

Branche: Baugewerbe

–0,0511

0,1561

–0,1731

–0,4942*

0,3195

–0,4352

Branche: Bergb./Energie/Wasser

i

i

0,0969

0,3269*

0,2164

–0,5322

Branche: Handel

–0,0176

–0,2340***

–0,1625

–0,2305*

0,2858

–0,2281

Branche: Kredit, Vers., wirt. DL

–0,0791

–0,2545***

–0,1621

–0,3088**

0,0614

–0,1620

Branche: Land-/Forstw., Fischerei

0,4107

Branche: öff. Verw., Sozialvers.h

–0,2493*

0,3401 –0,5137***

i

0,6716

–0,2713

–0,4140***

0,8125*** –0,0898

0,2466 –0,5773***

Branche: verarb. Gewerbe

0,0303

–0,0545

0,0541

–0,0339

0,1354

–0,0388

Branche: Verkehr, Nachrichten

0,0232

–0,5144***

0,0465

–0,5456**

0,0365

–0,4405**

(Branche: öff. u. priv. DL)

.

Tätigkeit im erlernten Beruf Korrelationskoeffizient r Log-L Wald-Statistik N

.

.

.

–2,4528***

–2,6894*** 0,8497*** –2287,3779

.

–2,6110***

0,8801*** –1058,7404

0,9653*** –1151,4072

2010,96***

1041,48***

1167,15***

3 102

1 481

1 621

Signifikanzniveau: *** = p < 0,01, ** = p < 0,05, * = p < 0,1 abhängige Variable: Überqualifizierte Beschäftigung des Typs A oder B (1) oder adäquate Beschäftigung (0) sowie Tätigkeit im erlernten Beruf (1) oder nicht (0) Binomiales bivariates Probit-Modell a Vgl. Kap. B.III.1.a) b einschließlich mit Partner zusammenlebend, ohne getrenntlebende Verheiratete c Behinderungsgrad mindestens 50% d arithmetisches Mittel der Noten des schulischen Abschlußzeugnisses in den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache e Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen mit Ziel „Qualifizierung für den beruflichen Aufstieg“ oder „Anpassung an neue Anforderungen in meiner bisherigen Tätigkeit“ im Zeitraum 2001 bis 2002 f unter 30 Std./Woche g einfache Entfernung Wohnung – regelmäßige Arbeitsstätte h inkl. exterritorialer Organisationen i Variable aufgrund ungenügender Fallzahl bei mindestens einer Ausprägung der abhängigen Variable eliminiert Jeweilige Referenzkategorien stehen in Klammern. Quelle: Eigene Auswertung des SOEP (2003 und 2004).

292

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

tigt werden. Offensichtlich sind also Personen, besonders Frauen, in Frauenberufen häufiger von vertikalem Mismatch betroffen, was ein Erklärungsansatz für die Diskrepanz zwischen der Ähnlichkeit der Berufsabschlüsse von Männern und Frauen und der trotzdem unterschiedlichen hierarchischen Verteilung im Berufsleben sein kann. Personen in Männerberufen hingegen sind eher von horizontalem Mismatch betroffen. Das Alter spielt im Hinblick auf die Tätigkeit im Beruf eine Rolle, denn ältere Frauen sind signifikant seltener im ursprünglich erlernten Beruf tätig. Da bei ihnen die Berufsausbildung schon weit in der Vergangenheit liegt, können sich für sie im Lauf des Lebens viele Möglichkeiten ergeben haben, ihren Beruf zu wechseln. In Westdeutschland ist die Wahrscheinlichkeit für beide Mismatches geringer. Dies wirkt sich bei Frauen auf die geringere Wahrscheinlichkeit für Überqualifikation aus und bei Männern auf die geringere Wahrscheinlichkeit für einen horizontalen Mismatch. Verheiratete Frauen sind, ebenso wie verheiratete Männer, überraschenderweise signifikant seltener überqualifiziert tätig; verheiratete Männer müssen allerdings in Kauf nehmen, häufiger nicht im erlernten Beruf tätig zu sein. Schwerbehinderung wirkt sich auch bei diesem Indikator wieder nur bei Frauen aus: Sie sind signifikant häufiger von einem vertikalen Mismatch betroffen. Die Humankapitalvariablen, die in dieser Untersuchung nicht die Bildungsjahre beinhalten, sondern die einzelnen Schul- und berufsbildenden Abschlüsse, zeigen folgendes Bild: Höhere Schulabschlüsse wie Fachhochschul- und Hochschulreife verringern tendenziell die Wahrscheinlichkeit für Überqualifikation, während hohe Berufsabschlüsse wie ein Fachhochschuloder Universitätsabschluß sie signifikant erhöhen.119 Eine Beamtenausbildung senkt tendenziell das Risiko, unterwertig beschäftigt zu sein, Beamte sind im übrigen auch stark vor einem horizontalen Mismatch geschützt, wie der Koeffizient für diese berufliche Stellung anzeigt. Die Betriebszugehörigkeitsdauer wirkt sich nur auf den horizontalen Mismatch aus: Je länger diese ist, um so unwahrscheinlicher ist es, daß man nicht im erlernten Beruf tätig ist, im Laufe der Zeit findet also offensichtlich eine Anpassung statt. Der Notendurchschnitt des beruflichen Abschlußzeugnisses wirkt sich nur bei Frauen negativ auf das Risiko eines vertikalem Mismatchs aus, während Männer mit schlechten Noten eher von einem horizontalen Mismatch betroffen sind. Dies kann auch ein Indiz dafür sein, daß Frauen und Männer unterschiedliche Strategien für die Wahl ihrer Second-best-Lösung haben, da Frauen offensichtlich den vertikalen Mismatch bevorzugen, während Männer sich für den horizontalen Mismatch entscheiden.120 Weiterbildungsteilnahme 119 Dies kann allerdings auch daran liegen, daß ein vertikaler Mismatch sich bei so hohen Abschlüssen generell nur nach unten auswirken kann, während geringer Qualifizierte theoretisch auch überwertig beschäftigt sein können.

V. Überqualifikation und horizontaler Qualifikationsmismatch

293

wirkt sich nur bei Männern aus, indem sie das Risiko für Überqualifikation verringert. Eine Verringerung von horizontalem Mismatch mittels Weiterbildung kann nicht festgestellt werden. Hypothese 5.3a kann also für Männer bestätigt werden, während Hypothese 5.3b verworfen werden muß. Teilzeitbeschäftigte Frauen sind signifikant häufiger überqualifiziert tätig, während teilzeitbeschäftigte Männer signifikant häufig nicht in ihrem erlernten Beruf tätig sind. Auch hier lassen sich wieder die unterschiedlichen Strategien der Geschlechter erkennen. Hypothese 5.4a kann also für Frauen, Hypothese 5.4b für Männer bestätigt werden. Geringfügige Beschäftigung wirkt sich bei Frauen auf beide Mismatch-Risiken negativ aus, während geringfügig beschäftigte Männer mit einem horizontalen Mismatch rechnen müssen. Personen mit einem Zeitarbeitsvertrag sind signifikant häufiger überqualifiziert. Bei Männern wird deutlich, daß der Arbeitsweg in bezug auf einen vertikalen Qualifikationsmismatch eine Rolle spielen kann, denn je kürzer der Arbeitsweg ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, daß unterwertige Beschäftigung vorliegt. Hier kommen möglicherweise unterschiedliche Präferenzen zum Tragen. Kaum überraschend ist die Tatsache, daß Personen, die Mitglied im Berufsverband sind, deutlich seltener nicht in ihrem erlernten Beruf tätig sind. Arbeiter und Selbständige tendieren eher dazu, nicht im erlernten Beruf tätig zu sein, während Beamte besonders häufig im erlernten Beruf tätig sind, vermutlich weil die Beamtenlaufbahn relativ starr ist und wenig Anreize bestehen, seinen Beruf zu wechseln. Je größer ein Unternehmen ist, um so seltener kommt Überqualifikation vor, aber um so häufiger ist ein Arbeitnehmer auch nicht in seinem erlernten Beruf tätig. Der wichtigste Einflußfaktor für unterwertige Beschäftigung ist die Variable „Tätigkeit im erlernten Beruf“, wie der hohe Koeffizient, der zudem signifikant auf dem 1%-Niveau ist, zeigt. Daher sollte diese Variable auf keinen Fall ignoriert werden. Hypothese 5.5 wird somit bestätigt. 5. Abschließende Bemerkungen Die Untersuchungen in diesem Unterkapitel zeigen, daß die beiden Arten eines Qualifikationsmismatchs nicht getrennt voneinander untersucht werden sollten. Vielmehr ist es sinnvoll, die Koeffizienten beider Modelle simultan zu schätzen und dabei den Einfluß des horizontalen Mismatchs auf eine unterwertige Beschäftigung zu berücksichtigen. Der Einfluß ist, wie gezeigt werden konnte, signifikant. Ein Beschäftigter, der nicht in seinem erlernten Beruf tätig ist, besitzt auch eine geringere Wahrscheinlichkeit, auf 120

Vgl. Kap. C.V.1.b).

294

C. Indikatoren für die Messung von Benachteiligung

einer dem erlernten Beruf entsprechenden Position in der Hierarchie eingesetzt zu werden, da ihm das berufliche Fachwissen fehlt. Obwohl es auch Gründe dafür gibt, ganz bewußt einen Mismatch zu akzeptieren, so dürfte er dennoch in den meisten Fällen dann in Kauf genommen werden, wenn ein Bewerber keine ideale Stelle findet. Offenbar bestehen dann zwischen Männern und Frauen bzw. Personen in Männerund Frauenberufen unterschiedliche Strategien, mit einer solchen Situation umzugehen. Laut deskriptiver Statistik sind Frauen und Männer in Westdeutschland in etwa gleich häufig nicht im erlernten Beruf tätig, in Ostdeutschland sind hiervon aber vor allem Männer betroffen. Überqualifikation trifft in ganz Deutschland deutlich häufiger Frauen. Mittels der multivariaten Analyse kann dieses Bild noch verfeinert werden, indem zusätzlich die Berufswahl beachtet wird. Danach sind es vor allem Personen in Frauenberufen – und hier sind Frauen noch einmal besonders stark betroffen –, die häufiger überqualifiziert tätig sind, während Personen in Männerberufen häufiger nicht in ihrem erlernten Beruf tätig sind. Die Berufswahl dominiert bei diesem Indikator also das natürliche Geschlecht. Männer sind somit von Benachteiligungen, die eigentlich eher die Frauen betreffen (Überqualifikation), dann auch betroffen, wenn sie sich bezüglich ihrer Berufswahl wie Frauen verhalten. Das heißt, daß nicht das Geschlecht selbst, sondern vor allem die Berufswahl bzw. die hinter der Berufswahl stehenden Präferenzen die Benachteiligung bestimmt. Es kann vermutet werden, daß die Präferenzen von Personen in Frauenberufen „typisch“ weiblich sind, d. h. daß ihnen die Tätigkeit und die inhaltliche Erfüllung bei ihrer Arbeit wichtiger sind als die Position, die sie bekleiden, oder die Höhe des Gehalts. Daher nehmen sie im Zweifel eher einen vertikalen Mismatch in Kauf, um wenigstens in dem von ihnen gewählten Berufsfeld tätig bleiben zu können. Personen in Männerberufen hingegen sind häufiger nicht in ihrem erlernten Beruf tätig, verdienen dafür aber vermutlich mehr als Personen in Frauenberufen. Möglicherweise werden Frauenberufe auch deshalb gewählt, weil es dort – trotz möglichen Crowdings – absolut viele Stellen gibt und die Wahrscheinlichkeit, später in diesem Beruf auch wirklich arbeiten zu können, recht hoch ist. Viele Frauen sind eventuell nur dann erwerbstätig, wenn sie auch tatsächlich eine fachlich adäquate Stellung finden. Bei einigen Männerberufen, insbesondere bei solchen, die eine geringe Qualifikation erfordern, handelt es sich häufig um Berufe, in denen man eher unfreiwillig tätig sein muß, falls man keine Stelle im erlernten Beruf findet. Möglicherweise wird in diesen Berufen generell auch eher fachfremd eingestellt als in vielen Frauenberufen. Zu diesem Unterkapitel ist schließlich noch anzumerken, daß die Abschlußnote in der Schule als Indikator für die Qualität des Humankapitals

VI. Zwischenfazit

295

eine wichtige Variable zur Erklärung beider Arten von Mismatch darstellt. Dies kann auch ein Hinweis darauf sein, daß diese Variable auch zur Erklärung der Einkommenshöhe in Kapitel D. herangezogen werden sollte. Überraschenderweise wurde diese Variable in der bisherigen Forschung zu Qualifikationsmismatches nie beachtet, obwohl es sehr naheliegend, wenn nicht sogar trivial erscheint, diesen Einfluß zu berücksichtigen. Vermutlich ist es auf eine mangelhafte Datenlage zurückzuführen, daß diese Variable bisher ignoriert wurde.

VI. Zwischenfazit In Ergänzung zu dem am meisten benutzen Benachteiligungsindikator, dem Einkommen, wurden in diesem Kapitel vier weitere Indikatoren vorgestellt, die ebenfalls aufzeigen können, ob Frauen oder aber Personen in Frauenberufen gegenüber Männern oder Personen in Männerberufen benachteiligt sind oder nicht. Der Ergänzung um diese Indikatoren bedarf es, da plausibel angenommen werden kann, daß die Präferenzen vieler Arbeitnehmer, insbesondere von weiblichen, nicht auf das Monetäre beschränkt sind, so daß der Indikator „Einkommen“ zu eindimensional ist. Dieses Kapitel sollte zeigen, ob es neben der geringeren Einkommenshöhe möglicherweise weitere Benachteiligungen von Frauen gibt oder ob eventuell die Einkommensbenachteiligung durch Vorteile in anderen Bereichen teilweise kompensiert werden kann. Offenbar besteht beim Indikator „Befristung“ kein Unterschied zwischen den Geschlechtern; Frauen, besonders in Frauenberufen, nehmen aber signifikant seltener an Weiterbildung teil und sind häufiger von der „Benachteiligung“ Teilzeit betroffen, obwohl dies vermutlich meist auf eine bewußte Entscheidung zurückgeht. Besonders interessant ist, daß beim Indikator „Mismatch“ die Berufswahl die Geschlechtszugehörigkeit offenbar dominiert. Es sei noch einmal darauf hingewiesen, daß die Liste der hier untersuchten Benachteiligungsindikatoren keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Als weitere Indikatoren wären beispielsweise das Arbeitslosigkeitsrisiko oder Beförderungen denkbar. Eine Schwäche der vorangegangenen Untersuchung kann darin bestehen, daß Interdependenzen zwischen den Indikatoren oder ein Einfluß des erwarteten Einkommens auf den jeweiligen Indikator nicht ausgeschlossen werden können; diese Effekte werden aber als gering eingestuft. Im folgenden Kapitel soll nun der klassische Indikator, das Einkommen, untersucht werden, wobei angenommen wird, daß die vier bisherigen Indikatoren alle wiederum einen Einfluß auf das Einkommen ausüben.

D. Einkommensbenachteiligung von Frauen I. Der klassische Indikator zur Messung von Benachteiligung 1. Einführung Die Untersuchung der sogenannten Einkommenslücke (wage gap) zwischen den Geschlechtern gehört zu den am häufigsten behandelten ökonomischen Fragestellungen überhaupt. Besonders interessiert man sich für die vielfältigen Ursachen dieser Differenz und dafür, inwieweit sie auf Diskriminierung oder auf andere Faktoren zurückgeführt werden kann. Das Einkommen stellt den klassischen Indikator zur Überprüfung von Benachteiligung dar, denn es hat besondere Vorzüge gegenüber anderen Indikatoren. Zum einen drücken die oben behandelten Indikatoren sowie weitere zwar per se auch schon eine Benachteiligung aus; sie resultieren ihrerseits letztlich aber in einer weiteren Benachteiligung, nämlich in Einkommensabschlägen. Des weiteren ist das Einkommen eine monetäre Größe, die objektiv beziffert und untersucht werden kann. Anhand dieses objektiven Maßstabs werden deshalb auch gern Vergleiche zwischen Ländern oder im Zeitverlauf angestellt. Durch seinen monetären Charakter hat das Einkommen den Vorzug, viele andere Benachteiligungen kompensieren zu können, da Geld sehr flexibel einsetzbar ist. Dennoch sind, wie in den vorangegangenen Kapiteln vorgestellt, Präferenzen denkbar, die nicht allein über den Trade-off zwischen Einkommen und Freizeit beschrieben werden können, sondern die auch andere Faktoren wie z. B. Flexibilität, Arbeitszufriedenheit und Erfüllung umfassen können. So spricht nach den bisher durchgeführten Analysen beispielsweise viel dafür, daß der Grenznutzen des Geldes bei Frauen bzw. bei Personen in Frauenberufen stärker abnimmt als bei anderen. Diese Personen scheinen Geld schneller durch andere, „weiche“ Faktoren zu ersetzen, was neben den Präferenzen möglicherweise im Familienzusammenhang oder durch ihr geringeres Einkommen pro Stunde erklärt werden kann. Trotz – oder nach der letztgenannten Ursache vielleicht sogar gerade wegen – dieses Einwands stellt das Einkommen denjenigen Benachteiligungsindikator dar, auf den am wenigsten verzichtet werden kann und der deshalb auch am häufigsten untersucht wird. Neben Ländervergleichen und Betrachtungen im Zeitablauf wird die Einkommenslücke auch anhand der verschiedensten Datensätze untersucht, es werden immer wieder weiter-

I. Der klassische Indikator zur Messung von Benachteiligung

297

entwickelte Schätz- und Dekompositionsverfahren angewandt, und in speziellen Analysen wird die Exogenität einzelner Einflußvariablen in Frage gestellt und untersucht. Nachdem im vorangegangenen Kapitel die Benachteiligungsindikatoren „Teilzeit- und geringfügige Beschäftigung“, „Befristung“, „Weiterbildungsteilnahme“ und „vertikaler und horizontaler Qualifikationsmismatch“ behandelt wurden, soll nun deren Einfluß auf den bekanntesten Indikator, das Einkommen, im Mittelpunkt stehen, denn letztlich wirken sich alle Indikatoren vermutlich negativ auf die Einkommenshöhe aus. Während bei manchen dieser Indikatoren gute Gründe dafür sprechen, diese Form von Benachteiligung zu akzeptieren oder sogar zu wünschen, weil so in bezug auf bestimmte Präferenzen ein noch höherer Nutzen erreicht und die Einkommenseinbuße somit überkompensiert werden kann, stellen dieselben Indikatoren bei anderen Präferenzen sowie andere Indikatoren für sich schon eine reine Benachteiligung dar, die dann durch die Einkommenseinbußen in einer weiteren Benachteiligung mündet. Neben dem Einfluß dieser vier Merkmale soll auch der Einfluß der Segregation auf die Einkommensdifferenz untersucht werden. Segregation selbst wird häufig überhaupt nicht als Benachteiligung angesehen, sondern es wird nur auf ihre Ursachen oder auf die negativen Auswirkungen auf die Lohndifferenz abgestellt. Da aus unterschiedlichen Gründen, beispielsweise aufgrund von Crowding, ein starker Lohnabschlag für Personen in Frauenberufen vermutet werden kann, darf diese Variable bei der Erklärung der Lohnlücke nicht fehlen, zumal dies ein Einflußfaktor ist, der von den Frauen nicht unbeeinflußbar ist. Nach der Ableitung von Hypothesen zu verschiedenen Bestimmungsfaktoren der Einkommenshöhe gliedert sich Kapitel 5. in zwei Hauptteile: Zunächst werden Lohnregressionsgleichungen geschätzt, mittels derer dann im zweiten Schritt eine Dekomposition der Einkommensdifferenz vorgenommen wird. Im einzelnen wird wie folgt vorgegangen: Für die Schätzung der Lohnregressionen werden verschiedene Spezifikationen herangezogen, um den Unterschied und die Auswirkung auf die Erklärung der Einkommenslücke zu zeigen. Zuerst wird in Anlehnung an die „schooling function“ von Mincer1 eine Schätzung nur mit Humankapitalvariablen durchgeführt. Dann werden Erweiterungen vorgenommen sowie eine Korrektur des Selektivitätsbias, der vor allem bei Frauen dadurch auftritt, daß nicht eine Zufallsauswahl aller Frauen tatsächlich erwerbstätig ist, sondern daß die Entscheidung, am Arbeitsmarkt teilzunehmen, von anderen Variablen abhängt. Nach der getrennten Schätzung von Einkommensregressionen für Männer und Frauen wird sodann eine Dekomposition der Einkommenslücke nach einem Standardverfahren vorgenommen. Dies beruht auf folgender Erwä1

Vgl. Kap. A.III.4.a).

298

D. Einkommensbenachteiligung von Frauen

gung: Die Differenz der durchschnittlichen Einkommen von Männern und Frauen wird aufgeteilt in einen sogenannten erklärten, nicht auf Diskriminierung zurückzuführenden Teil und einen nicht erklärten Teil, der auf Diskriminierung zurückgeht. Der erklärte Teil der Lohnlücke ergibt sich aus den unterschiedlichen Merkmalsausprägungen bei Frauen und Männern (beispielsweise sind Frauen häufiger in Teilzeit beschäftigt oder besitzen weniger Humankapital – zumindest war das lange Zeit der Fall); man nennt diesen Teil der Lohndifferenz daher auch Ausstattungseffekt. Der andere, nicht erklärte Teil ergibt sich aus den unterschiedlichen Koeffizienten der Einkommensregressionen bei Männern und Frauen (beispielsweise können die Lohnaufschläge für ein weiteres Bildungsjahr bei Frauen geringer sein als bei Männern). Da es für die Unterschiede in den Koeffizienten keinen objektiven Grund gibt, werden diese auf Diskriminierung zurückgeführt, denn für die Unterschiede ist allein die Geschlechtszugehörigkeit verantwortlich. Wie sich zeigen wird, hat die Anzahl der in die Einkommensregression einbezogenen Variablen einen starken Einfluß auf die Dekomposition: Je mehr Einflußfaktoren berücksichtigt werden, um so höher wird der erklärte Teil der Einkommenslücke, da ja mehr Merkmale und somit mehr Unterschiede in den Merkmalsausprägungen einbezogen werden. Dieser Effekt dominiert meist den Effekt der Unterschiede in den Koeffizienten, so daß der auf Diskriminierung zurückzuführende Anteil kleiner wird. Neben einer Dekomposition der Einkommenslücke für alle Erwerbstätigen wird auch eine Aufspaltung getrennt für Frauen- und Männerberufe vorgenommen, nachdem die entsprechenden Regressionen geschätzt worden sind. Hierdurch soll herausgefunden werden, ob in einer dieser Berufsgruppen stärkere Diskriminierung herrscht. Es stellt sich dabei auch die interessante Frage, ob der Diskriminierungsanteil in derjenigen Gruppe am höchsten ist, in der auch die Lohndifferenz am größten ist. So können in diesem Kapitel u. a. die Fragen geklärt werden, wie es Frauen in Männerberufen gegenüber Frauen in Frauenberufen ergeht und welche dieser beiden Gruppen ein höheres Einkommen aufweist und welche weniger diskriminiert wird. 2. Anwendungsmöglichkeiten von Diskriminierungs- und Benachteiligungstheorien auf Einkommen Wie auch schon bei den vorherigen Indikatoren soll nun geprüft werden, inwieweit die in Kapitel A. vorgestellten Theorien zur Erklärung von Benachteiligung und Diskriminierung von Frauen dazu geeignet sind, das durchschnittlich niedrigere Einkommen bei Frauen zu erklären. Im Gegensatz zu den bisherigen Indikatoren, bei denen jeder Theorieansatz auf ein Merkmal angewandt wurde, auf das er ursprünglich nicht ausgerichtet war,

I. Der klassische Indikator zur Messung von Benachteiligung

299

ist das Einkommen der Benachteiligungsindikator, auf den fast alle Theorien zielen. Daher fällt es in diesem Fall leichter, die Anwendungsmöglichkeit der Ansätze zu überprüfen. Das Präferenzmodell als erster ökonomischer Ansatz zielt direkt darauf ab, Einkommensunterschiede zu erklären, denn hier wird davon ausgegangen, daß Arbeitgeber Frauen nur einstellen bzw. Arbeitnehmer nur mit Frauen zusammenarbeiten, wenn ihnen eine Kompensationszahlung für das daraus entstehende „Leid“ gezahlt wird. Diese Kompensationszahlung ergibt sich daraus, daß bei Frauen ein Teil des üblichen Lohnes zurückbehalten wird. Somit ergibt sich eine Einkommenslücke zwischen beiden Geschlechtern zum einen daraus, daß das Einkommen der Frauen geschmälert ist, und zum anderen daraus, daß die Arbeitnehmer einen Zuschlag auf ihr Einkommen erhalten. Das Präferenzmodell ist somit – allerdings unter Berücksichtigung der in Kap. A.III.2.e) genannten Einschränkungen – geeignet, Einkommensunterschiede zu erklären. Dieses Modell kann allerdings nicht nur zu Einkommensunterschieden führen, sondern zusätzlich oder alternativ Segregation zur Folge haben, wenn nämlich die Frauen Berufe, Unternehmen und Branchen meiden, in denen sie besonders diskriminiert werden. Somit kann sich theoretisch eine Situation mit hohen Einkommensunterschieden, aber ohne Segregation, eine Situation mit hoher Segregation, aber gleichem Einkommen oder aber eine Situation zwischen beiden Extremen ergeben. Auch die Crowding-Theorie kann Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen gut erklären, wenn Mobilitätsbarrieren eine Rolle spielen. Weil Frauen in diesem Modellrahmen nicht so mobil sind wie Männer, drängen sie sich in einem abgeschotteten Arbeitsmarktsegment. Insbesondere wenn die Anzahl der erwerbstätigen Frauen im Laufe der Zeit steigt, ergibt sich ein Angebotsüberhang in diesem Segment, was zu sinkenden Löhnen führt, die dann unter dem Lohnniveau des Segments, in dem Männer tätig sind, liegt. Dieses Modell liefert zwar keine Erklärung für Einkommensdiskriminierung im eigentlichen Sinne, da davon ausgegangen wird, daß Männer und Frauen in unterschiedlichen Berufen eingesetzt und dort gemäß ihrer Grenzproduktivität entlohnt werden. Einkommensdifferenzen aufgrund von Arbeitsplatzdiskriminierung allerdings können erklärt werden. Niedrigere Frauenlöhne ergeben sich auch bei monopsonistischer Arbeitsnachfrage. Wenn Frauen eine geringere Arbeitsangebotselastizität als Männer aufweisen – letztere haben als Gewerkschaftsmitglieder möglicherweise sogar ein völlig elastisches Angebot mit kollektiv ausgehandeltem Lohn – müssen sie Stellen annehmen, auf denen sie geringer bezahlt werden als Männer. Die Humankapitaltheorie kann ebenfalls zur Erklärung von Einkommensunterschieden herangezogen werden. Lohndiskriminierung liegt jedoch auch

300

D. Einkommensbenachteiligung von Frauen

hier nicht vor, solange die unterschiedlich produktiven Arbeitskräfte gemäß ihrer Grenzproduktivität entlohnt werden. Es wurden Gründe genannt, warum Frauen im Durchschnitt weniger Humankapital aufweisen: Zum einen kann die familieninterne Arbeitsteilung, bei der sich ein Partner auf die Hausarbeit konzentriert, eine Rolle spielen, zum anderen tragen Feedback-Effekte und die Antizipation der zukünftigen eigenen Situation auf dem Arbeitsmarkt dazu bei. Wenn Frauen und auch Betriebe von einem unregelmäßigen Erwerbsverlauf bei Frauen ausgehen, dann wird bei beiden der Anreiz sinken, in das Humankapital von Frauen zu investieren, da sich Investitionen ab einem bestimmten Grad nicht mehr lohnen. Da Humankapital aber dafür sorgt, die Produktivität eines Arbeitnehmers und somit seine Einkommenskapazität zu steigern, führen eingeschränkte Humankapitalinvestitionen bei Frauen notwendigerweise zu niedrigerem Einkommen als bei Männern. Auch statistische Diskriminierung kann Einkommensdifferenzen erklären, und zwar wenn von unvollständiger bzw. asymmetrischer Informationsverteilung ausgegangen wird. Diese führt dazu, daß die Produktivität einzelner Bewerber nicht bekannt ist, wohl aber die Durchschnittsproduktivität und der durchschnittlich zu erwartende Erwerbsverlauf von Gruppen, die sich äußerlich durch ein beobachtbares Merkmal unterscheiden. Wenn bekannt ist, daß Frauen im Durchschnitt geringeres Humankapital aufweisen oder ein höheres Abwanderungsrisiko bergen, so werden sie im Durchschnitt geringer entlohnt werden als Männer, und Investitionen in ihr Humankapital werden, wie oben beschrieben, ebenfalls eingeschränkt, was langfristig zu zusätzlichen Einkommenseinbußen führt. Solange die Differenz des durchschnittlichen Lohnniveaus der einen und der anderen Gruppe mit der Produktivitätsdifferenz der beiden Gruppen übereinstimmt, liegt keine Diskriminierung der niedriger entlohnten Gruppe vor, und die Einkommensdifferenz ist grundsätzlich gerechtfertigt. Allerdings können einzelne Individuen in der niedriger entlohnten Gruppe, die eine hohe Produktivität aufweisen, dennoch diskriminiert werden. Wenn Frauen grundsätzlich wegen der im Abschnitt zur Humankapitaltheorie genannten Gründe weniger Bildungszertifikate aufweisen oder aber, um dieselben Chancen für eine bestimmte Stelle zu haben, mehr Zertifikate als Signal ihrer Eignung liefern müssen, dann kann auch dies dazu führen, daß Frauen weniger verdienen, denn bessere Stellen werden dann vermutlich eher mit Männern besetzt. Ebenso kann Selbstselektion dazu führen, daß Frauen sich erst gar nicht für hoch entlohnte Stellen bewerben. Wie schon in Kap. A.III.6.a) erwähnt, tragen implizite Verträge eher dazu bei, die Einkommensdifferenz zwischen Männern und Frauen zu verringern, wenn davon ausgegangen wird, daß Frauen eine hohe Arbeitsangebotselastizität und einen kurzen Erwerbshorizont aufweisen und somit weniger an

I. Der klassische Indikator zur Messung von Benachteiligung

301

der Sicherheit ihres Arbeitsplatzes und vielmehr an einem höheren Einkommen interessiert sind. Insofern kontrastiert diese Theorie, zumindest unter den angenommenen Voraussetzungen, mit allen bisherigen, was allerdings bei der gegebenen Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen nicht heißen muß, daß diese Theorie nicht ihre Berechtigung haben kann, denn womöglich wäre die Einkommenslücke ohne die hier beschriebenen Effekte noch größer. Ähnliche Effekte ergeben sich bei der Zugrundelegung der Effizienzlohntheorie, je nachdem, ob eine hohe oder eine geringe Arbeitsangebotselastizität für Frauen unterstellt wird. Eine hohe Elastizität wird mit einer hohen Shirking-Wahrscheinlichkeit, d. h. Neigung zur „Bummelei“, in Verbindung gebracht, diese wiederum erfordert hohe Effizienzlöhne. Liegen diese bei Frauen höher als bei Männern, so bietet auch diese Theorie keine Erklärung dafür, warum Frauenlöhne grundsätzlich geringer sind als Männerlöhne. Entweder ist also die Voraussetzung einer hohen Arbeitsangebotselastizität falsch, oder die von dieser Theorie berücksichtigten Zusammenhänge hätten ebenfalls zur Folge, daß die Lohnlücke nicht noch größer ist, als sie tatsächlich schon ist. Werden allerdings nicht auf allen Stellen Effizienzlöhne gezahlt, sondern nur auf solchen auf höheren Hierarchieebenen bzw. ohne Tarifbindung, so können Effizienzlöhne dennoch einen Beitrag zur Erklärung der Lohndifferenz zwischen Männern und Frauen liefern. Da Frauen seltener auf diesen Stellen eingesetzt werden (und sich vielleicht auch seltener für Stellen mit viel Verantwortung bewerben), erhalten sie seltener als Männer überhaupt Effizienzlöhne, und ihr Einkommensniveau ist somit durchschnittlich niedriger. In Kap. A.III.6.c)dd) wurde schon im Rahmen des Insider-OutsiderModells beschrieben, inwieweit männerdominierte Gewerkschaften und Betriebsräte einen Einfluß auf die geschlechtsspezifische Lohndifferenz ausüben können. Unter ihrer Mithilfe erfolgt die Zuordnung von Arbeitsplätzen zu Lohngruppen, wobei davon ausgegangen wird, daß männerdominierte Institutionen ein Interesse daran haben, typische Männerarbeitsplätze oder Männertätigkeiten bei der Bewertung zu bevorzugen. Aus dem Kreis der nicht-ökonomischen Theorien soll wieder zuerst die Segmentationstheorie betrachtet werden. Nach der empirischen Abgrenzung der Arbeitsmarktsegmente, die diese Theorie vorgenommen hat, befinden sich im sekundären Arbeitsmarkt die benachteiligten Arbeitsplätze und Arbeitnehmer, was insbesondere an dem niedrigeren Lohnniveau in diesem Segment, aber auch an der höheren Arbeitsplatzunsicherheit abzulesen ist. Insofern bietet diese Theorie zwar keine Erklärung, wie es zu dieser Situation gekommen ist, sie liefert aber eine Zuordnung der Stellen und Beschreibung der Situation, die auch beinhaltet, daß besonders häufig Frauen

302

D. Einkommensbenachteiligung von Frauen

im dualen Segment vorzufinden sind. Diese Kombination führt zu durchschnittlich geringeren Löhnen für Frauen. Da es wegen ihrer möglicherweise höheren Einarbeitungskosten, ihres höheren Abwanderungsrisikos und geringeren Humankapitals genügend Gründe für den Arbeitgeber gibt, Frauen nach der Job-competition-Theorie nicht in die vorderen Plätze der „Job-Schlange“ einzureihen, haben diese weniger Möglichkeiten, innerhalb des Unternehmens aufzusteigen und somit eine höhere Einkommensstufe zu erreichen. Somit kann auch diese Theorie dazu herangezogen werden, einen Teil der Einkommensdifferenz zu erklären. Die Theorie des „weiblichen Arbeitsvermögens“ kann jedoch kaum eine Erklärung zu Einkommensunterschieden liefern, da sie vielmehr die Berufswahl und die Zuordnung von Frauen und Männern zu bestimmten Stellen im Unternehmen beschreibt. Werden allerdings diese Stellen sowie die den Frauen zugeschriebenen komparativen Vorteile und Eigenschaften näher betrachtet, so ergibt sich, daß die speziellen Fähigkeiten nicht auf besonderem Humankapital beruhen und daß die Eigenschaften die Frauen nicht dazu befähigen, besonders verantwortungsvolle Stellungen im Unternehmen zu besetzen. Beides führt dazu, daß diese Stellen eher zu den niedrig bezahlten gehören dürften und Frauen, insbesondere in Frauenberufen, niedriger als Männer bezahlt werden. Die Qualifikations- und Beschäftigungsstruktur der Frauen dürfte diesen in bezug auf das Einkommensniveau eher entgegenkommen als ihnen schaden, da die Qualifikationen, über die sie verfügen, und die Branchen, in denen vielen Frauen eingesetzt sind, aktuell immer mehr gefragt sind, insbesondere der Dienstleistungsbereich. Durch die Angleichung der Schulabschlüsse zwischen Mädchen und Jungen ist auch dies grundsätzlich und langfristig keine Quelle mehr für die Rechtfertigung von Einkommensunterschieden. Die unterschiedlichen Präferenzstrukturen von Männern und Frauen hingegen können Einkommensunterschiede wieder begründen. Sollten Frauen tatsächlich häufiger als Männer nicht-ökonomische Ziele im Leben, bei ihrer Berufswahl und bei ihrer Erwerbstätigkeit verfolgen, wie z. B. in Kap. B.II.1. zur Berufwahl beschrieben, so müssen sie damit rechnen, auch geringer entlohnt zu werden. Sollte die erste Priorität vieler Frauen nicht in einem hohen Einkommen bestehen, Männer aber großen Wert auf diesen Faktor sowie auf Macht legen, so werden Männer sich in Richtung relativ gut bezahlter Positionen orientieren, während Frauen sich möglicherweise eher inhaltlich befriedigenden Arbeiten zuwenden. Die bessere Bezahlung der von Männern gewählten Berufe läßt sich dabei u. U. auf das „compensating differential“2 für schlechtere Arbeitsbedingungen zurückführen. 2

Vgl. Kap. A.III.3.a).

I. Der klassische Indikator zur Messung von Benachteiligung

303

3. Ableitung von Hypothesen zu den Determinanten des Einkommens a) Klassische Determinanten des Einkommens: Die Mincer-Funktion und ihre Erweiterungen Die Anfänge der empirischen Untersuchung der Bestimmungsfaktoren der Lohnhöhe finden sich u. a. bei Mincer, der die sogenannte „schooling function“3 und aus dieser die „general earnings function“4 entwickelt hat, die auch nachschulische Bildungsinvestitionen einbezieht. 1974 prägte er als Folge dieser Überlegungen den Begriff „human capital earnings function“.5 Da diese Funktionen auf der Humankapitaltheorie aufbauen, werden in der ursprünglichen Version nur Bildungsvariablen als Determinanten der (logarithmierten) Lohnhöhe zugelassen, da nach dieser Theorie allein die Bildungsdauer Einfluß auf die Produktivität hat. Diese wiederum ist alleinige Determinante des Einkommens. Die abhängige Variable der Lohnhöhe wird üblicherweise logarithmiert gemessen, es gibt jedoch Unterschiede in der Betrachtung als Brutto- oder Nettogröße, als Monats-, Jahres- oder Stundenlohn sowie bei letzterem bezogen auf die vertraglich vereinbarten oder tatsächlich gearbeiteten Stunden. Die Funktion berücksichtigt als erklärende Variablen allgemeines Humankapital, also die Bildungsdauer in allgemeinbildenden Schulen, sowie spezifisches Humankapital. Für das berufsspezifische Humankapital wird meist die Dauer der bisherigen Berufserfahrung6 eingesetzt. Einen dritten Term bildet das berufsspezifische Humankapital im Quadrat, wodurch die negativen Grenzerträge dieser Art von Humankapital Berücksichtigung finden sollen. Ist die tatsächliche Dauer nicht bekannt, so wird häufig ersatzweise die potentielle Dauer der Berufserfahrung herangezogen, d. h. Alter –Schuljahre –6 = die Anzahl der Lebensjahre nach dem allgemeinbildenden Schulabschluß, wenn die Person im siebten Lebensjahr in die allgemeinbildende Schule eingetreten ist.7 Zusätzlich zu dieser Variable wird häufig auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit als erklärende Variable benutzt, 3

Vgl. Kap. A.III.4.a). Vgl. Mincer (1970). 5 Vgl. Mincer (1974). Einen Überblick über die verschiedenen Stadien der Entwicklung dieser Funktionen findet sich bei Chiswick (2003). 6 Da meist keine Angaben darüber vorliegen, inwieweit die jeweiligen Personen immer im selben Beruf gearbeitet haben, bezieht sich hier der Begriff „Berufserfahrung“ auf die Dauer der Arbeitsmarkterfahrung und berufsspezifisches Humankapital somit darauf, inwieweit am Arbeitsmarkt praktisches, zwischen Betrieben übertragbares berufliches Wissen gesammelt wurde. Dies muß sich nicht notwendigerweise auf einen einzigen Beruf beschränken. 4

304

D. Einkommensbenachteiligung von Frauen

da diese speziell auf das betriebsspezifische Humankapital abheben kann.8 Sind weder die Berufserfahrung noch die Betriebszugehörigkeit bekannt, bleibt noch die Möglichkeit, nur die Dauer der Schulbildung und das Alter als erklärende Variablen zu benutzen. Da allein Humankapitalvariablen nur einen relativ geringen Anteil der Einkommenshöhe erklären können, werden diese meist um andere individuelle und betriebliche Merkmale ergänzt.9 Während sich die nächsten Abschnitte mit den in dieser Arbeit detailliert untersuchten Determinanten „Geschlecht“, „Berufswahl“, „Teilzeitbeschäftigung“, „Befristung“, „Weiterbildung“ sowie „Qualifikationsmismatch“ beschäftigen, soll an dieser Stelle auf weitere Determinanten der Einkommenshöhe eingegangen werden, die häufig in Einkommensregressionen verwendet und zum großen Teil auch in der folgenden empirischen Analyse berücksichtigt werden.10 Da eine bestimmte Anzahl an Bildungsjahren in der Realität weder zwischen Schulen noch zwischen Individuen verglichen werden kann, kann in der Einkommensregression entweder die Intelligenz der jeweiligen Person, die Qualität und Art der Schule oder die Qualität des Schulabschlusses in Form der Abschlußnote berücksichtigt werden. Alternativ kann auch der Rang im jeweiligen Abschlußjahrgang oder das gewählte Fächerspektrum in Betracht gezogen werden. Je besser das Ansehen der jeweiligen Ausbildung ist und je besser eine Person abschneidet, um so höher wird das spätere Einkommen vermutet. Individuelle Merkmale, die zur Erklärung der Lohnhöhe herangezogen werden können, umfassen z. B., je nach Zusammenhang und Umgebung, die Staatsangehörigkeit oder Rasse einer Person, den Familienstand, möglicherweise auch die Kinderzahl, den Gesundheitszustand (liegt Schwerbehinderung vor?), die Region (für Deutschland wird zwischen alten und neuen Bundesländern unterschieden), die Größe des Wohnorts und – damit zusam7

Bei der Annahme, daß Frauen häufigere oder längere Erwerbsunterbrechungen vorweisen als Männer, wird ihre Berufserfahrung auf diese Weise im Durchschnitt stärker überschätzt als die der Männer. 8 In bezug auf die Variable der Betriebszugehörigkeit haben Abraham/Farber (1987) herausgefunden, daß nicht die Betriebszugehörigkeit an sich produktivitätssteigernd ist, sondern daß eine lange Dauer dieses Merkmals auf einen besonders guten Match zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hindeutet, was für sich eine hohe Produktivität gewährleistet. Nur Arbeitsbeziehungen, bei denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sehr gut zusammenpaßten, währten lange, der reine Senioritätseffekt werde also überschätzt. 9 Dieses Vorgehen geht zurück auf die Entwicklung der Segmentationtheorien, vgl. Kap. A.IV.1.a). 10 Cain (1986), S. 748 ff., liefert einen Überblick zu verschiedenen frühen Studien mit Einkommensregressionen und führt auf, welche erklärenden Variablen jeweils benutzt wurden.

I. Der klassische Indikator zur Messung von Benachteiligung

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menhängend – die Arbeitsmarktlage in der jeweiligen Region und die Länge des Arbeitswegs. Arbeitsplatzmerkmale können sich – zusätzlich zu den in den nächsten Abschnitten dargestellten Indikatoren – auf die Stellung im Beruf oder die Mitgliedschaft in Institutionen wie Gewerkschaft oder Betriebsrat beziehen. Daneben können die Wochenarbeitszeit, Zeitflexibilität und Überstundenregelung berücksichtigt werden sowie der Grad der übernommenen Verantwortung in der jeweiligen Position. In der Literatur sind auch Längsschnittbetrachtungen zu finden, die Erwerbsunterbrechungen und -biographie, Fehlzeiten und Anzahl der Stellen- bzw. Arbeitgeberwechsel während des bisherigen Berufslebens einbeziehen.11 Häufig wird auch den Merkmalen „Größe“ und „Branche“ des Unternehmens, in dem die jeweilige Person beschäftigt ist, besondere Beachtung geschenkt.12 Insbesondere in bezug auf die geschlechtsspezifische Lohndifferenz ist die Unternehmensgröße interessant, denn Frauen sind tendenziell häufiger als Männer in Kleinbetrieben beschäftigt. Gleichzeitig kann beobachtet werden, daß diese Betriebe durchschnittlich geringere Löhne zahlen. Als mögliche Gründe für dieses Phänomen kann angeführt werden, daß größere Unternehmen durch economies of scale oder Monopolstellungen höhere Gewinne erzielen, daß die in diesen Unternehmen schlechteren Arbeitsbedingungen durch höhere Löhne kompensiert werden müssen oder daß die in größeren Unternehmen häufiger vorzufindenden anspruchsvolleren Technologien qualifiziertere Mitarbeiter erfordern. Dies wiederum rechtfertigt nicht nur generell höhere Löhne, sondern kann zusätzlich Effizienzlöhne erforderlich machen.13 Lohnunterschiede zwischen Branchen können beispielsweise auf die unterschiedlich starke Macht der Gewerkschaften zurückgeführt werden oder auf verschiedene Realisierungsmöglichkeiten von Gewinnen sowie in diesem Zusammenhang auch auf die Innovationsdynamik in der jeweiligen Branche. b) Geschlecht Wie die zuvor noch einmal kurz dargestellten Theorien zur Erklärung der Einkommensbenachteiligung von Frauenbelegen, bestehen genügend Gründe anzunehmen, daß Frauen sowohl „gerechtfertigt“, z. B. aufgrund einer geringeren Humankapitalausstattung, als auch möglicherweise durch Diskriminierung im Durchschnitt weniger verdienen als Männer. Daher kann die folgende zu testende Hypothese aufgestellt werden: 11 12 13

Vgl. z. B. Beblo/Wolf (2003) und Kunze (2002). Vgl. z. B. Wolf (1999). Vgl. Kapphan (1994), S. 150.

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D. Einkommensbenachteiligung von Frauen

Hypothese 6.1: Frauen verdienen durchschnittlich weniger als Männer. Wenn Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern untersucht werden, wird dieses Merkmal meist nicht als erklärende Variable in ein einziges Modell aufgenommen, sondern es werden – wie in der vorliegenden Arbeit auch – für jedes Geschlecht einzeln Regressionen geschätzt und dann miteinander verglichen14, da Anlaß zu der Vermutung besteht, daß nicht nur das Geschlecht selbst einen Einfluß auf die Lohnhöhe ausübt, sondern daß auch Interaktionseffekte anderer Merkmale mit dem Geschlecht zu beobachten sind. Ist dies der Fall, dann unterscheiden sich die geschätzten Koeffizienten in den beiden Regressionen in ihrer Höhe und Signifikanz. Dies ist dann gleichzeitig ein Beweis dafür, daß das Geschlecht selbst eine Rolle bei der Lohnhöhe spielt, selbst wenn diese Variable nicht in das Modell aufgenommen wird. c) Berufswahl und Segregation Es kann davon ausgegangen werden, daß die Geschlechterzusammensetzung des Berufes einer Person einen ähnlichen Effekt auf die Einkommenshöhe hat wie das Geschlecht selbst. Zwischen verschiedenen Berufs- oder Arbeitsgruppen mögen sich die Lohnstrukturen und die Lohnfestsetzung teilweise stark unterscheiden; innerhalb von Arbeitsgruppen, in denen alle Personen denselben Beruf oder vergleichbare ausüben, werden die Mitglieder dieser Gruppe jedoch ähnlich entlohnt werden, insbesondere wenn die Lohnhöhe kollektiv festgelegt wird. Da Männer generell im Durchschnitt mehr verdienen als Frauen15, kann vermutet werden, daß auch die Mitglieder von Arbeitsgruppen mit typischen Männerberufen, in denen sich hauptsächlich Männer befinden, höher entlohnt werden als die Mitglieder weiblicher Arbeitsgruppen, während das Einkommensniveau gemischter Gruppen mit gemischten Berufen dazwischen liegt. Des weiteren kann vermutet werden, daß auf dem Arbeitsmarkt typische männliche Fähigkeiten höher bewertet werden als solche, die in typisch weiblichen Berufen benötigt werden. Daher wird die folgende Hypothese aufgestellt: Hypothese 6.2: In Frauenberufen ist das Einkommensniveau niedriger als in Männerberufen. Die Berufswahl bzw. Segregation kann in unterschiedlichen Formen Einzug in Lohngleichungen und in die Untersuchung der geschlechtsspezifi14 Vgl. hierzu Sloane (1985), S. 121. Für einen umfassenden Literaturüberblick zur Untersuchung der Lohndifferenz vgl. Kap. D.II.1. 15 Vgl. Kap. A.V.2.e).

I. Der klassische Indikator zur Messung von Benachteiligung

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schen Lohnlücke finden. Zum einen kann der Prozentsatz von weiblichen Arbeitnehmern in dem ausgeübten Beruf16 (Ein-, Zwei- oder Dreisteller nach ISCO-88) oder in dem Unternehmen einbezogen werden, oder es werden Dummys für die Berufsgruppen selbst17 eingeführt. Alternativ kann, wie in dieser Arbeit, eine Klassifikation der Berufe in die Kategorien „Männerberuf“ und „Frauenberuf“ vorgenommen werden, oder es kann der direkte Einfluß von typisch männlichen oder weiblichen Fähigkeiten auf die Einkommenshöhe untersucht werden.18 In der Literatur sind auch getrennte Einkommensschätzungen für Männer- und Frauenberufe19 oder für verschiedene Berufsgruppen20 zu finden sowie die Berücksichtigung der möglichen Endogenität21 der Berufsgruppenzugehörigkeit. 16 Vgl. Macpherson/Hirsch (1995), S. 463, die den Frauenanteil in der Einkommensregression als „proxy for unmeasured skills, preferences, and job attitudes“ verwenden. Den direkten Effekt der Geschlechterzusammensetzung in einem Beruf halten sie dabei für gering. Hübler (1991) schätzt einen mehrdimensionalen Segmentzuordnungsindex im Hinblick auf die Frauenanteile in den Sektoren, Berufen, bei der jeweiligen beruflichen Stellung und in Typen von Ausbildungskategorien, der wiederum in die Einkommensregression eingeht. Der Autor betont, daß sich dieses Vorgehen „in Analogie zu den Self-Selection-Modellen [. . .] entwickeln [läßt]. Nur handelt es sich hier um keine Wahl der Betroffenen – Frauen und Männer – sondern um eine Zuordnung.“ (S. 614) Er hält es für möglich, „daß überhaupt keine direkte geschlechtsspezifische Einkommensdiskriminierung existiert, sondern nur indirekte, die auf die überwiegende Zuordnung von Frauen und Männern zu bestimmten Sektoren, Berufen, Positionen und Ausbildungsgängen zurückzuführen ist“ (S. 613). 17 Vgl. z. B. Daymont/Andrisani (1984), die verschiedene Arten von Präferenzen (z. B. „viel Geld verdienen“, „anderen helfen“, „mit Menschen arbeiten“) sowie Berufsgruppen einbeziehen. 18 Paglin/Rufolo (1990) untersuchen den Einfluß von heterogenem Humankapital auf das Einkommen und finden heraus, daß typisch männliche Berufsfelder häufiger mathematische Fähigkeiten verlangen und daß diese Art von Humankapital höhere Ertragsraten ausweist als andere, weil sie seltener bei Personen hoch ausgeprägt ist. 19 Vgl. z. B. Flückiger/Silber (1999), S. 150 ff., und Duncan/Prus (1992). Pitts (2002) schätzt ebenfalls getrennte Modelle und weist nach, daß Frauen, die in Frauenberufen tätig sind, ein höheres erwartetes Einkommen haben als wenn sie in Männerberufen tätig wären. Sie schließt daraus auf ein effizientes Matching zwischen Beruf und Fähigkeiten bei diesen Frauen und lehnt Segregations- und Crowding-Ansätze als Erklärung ab. 20 Vgl. z. B. Reilly (1991). Brown et al. (1980) wenden eine weitere Methode an: Sie berechnen den hypothetischen Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen, unter der Annahme, daß Frauen dieselbe Berufsstruktur (15 verschiedene Kategorien) aufweisen wie Männer, unter Beibehaltung aller anderen Charakteristika. Die Analyse ergibt, daß der unerklärte Teil der Lohnlücke eher auf Unterschiede innerhalb jeder Kategorie als zwischen den Kategorien zurückgeführt werden kann. 21 Vgl. z. B. Hansen/Wahlberg (2000). Sorensen (1989) schätzt ein zweistufiges Modell mit der Erklärung der Entscheidung für einen Männer- oder einen Frauenberuf auf der ersten Stufe.

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D. Einkommensbenachteiligung von Frauen

In der vorliegenden Arbeit werden, neben Modellen mit exogenen Dummys für einen Männer- oder Frauenberuf, die auch als Proxy für nicht beobachtbare Merkmale aufgefaßt werden können22, für diese beiden Berufsgruppen zusätzlich getrennte Modelle geschätzt.23 Hiermit soll dann in einem nächsten Schritt berechnet werden, wie hoch der Anteil der nicht erklärten Einkommensdifferenz an der gesamten Einkommensdifferenz zwischen Männer- und Frauenberufen ist. d) Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen Obwohl die klassischen Humankapitalvariablen nur aus der Dauer der Schulbildung und der Dauer der Berufserfahrung bzw. der Betriebszugehörigkeit bestehen, kann die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen ebenso als erklärende Humankapitalvariable in die Einkommensregression aufgenommen werden. Sie kann zeigen, inwieweit entweder Schulbildung aufgefrischt wird, obwohl in der Mincer-Funktion nicht von einer Veraltung des allgemeinen Humankapitals ausgegangen wird, oder inwieweit dem Veralten von berufs- oder betriebsspezifischem Humankapital entgegengewirkt werden kann. So kann davon ausgegangen werden, daß berufsbegleitende Weiterbildung – genau auf diese Art von Weiterbildung wird hier Bezug genommen – die Akkumulation von berufs- oder betriebsspezifischem Humankapital intensiviert und ergänzt. Somit kann beruflicher Weiterbildung – vor allem bei einer (Mit-)Finanzierung durch den Arbeitnehmer24 – vermutlich ein zusätzlicher Einkommenseffekt zugeschrieben werden: Hypothese 6.3: Die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen hat einen positiven Effekt auf die Einkommenshöhe. Um Weiterbildung in einer Einkommensregression zu berücksichtigen, muß zunächst geklärt werden, auf welche Art von Weiterbildung man sich beziehen will. Als Variable kommt dann entweder eine Dummy-Variable in Frage, die ausdrückt, ob die jeweilige Person in einem bestimmten Zeitraum an Weiterbildung teilgenommen hat oder nicht, oder aber man betrachtet diese Variable detaillierter, indem man sich auf die Anzahl der besuchten Kurse innerhalb eines Zeitraums bezieht oder auf die Dauer der insgesamt besuchten Kurse.25 In dieser Arbeit wird dem ersten Vorschlag gefolgt. Des 22

Vgl. Kap. D., Fn. 16. Eine sehr ähnliche Spezifikation findet sich bei Flückiger/Silber (1999). 24 Vgl. Kap. C.IV.1.b). Werden Weiterbildungsmaßnahmen allein durch den Arbeitgeber finanziert, so fällt ihm (theoretisch) auch der überwiegende Teil der Erträge zu. 25 Vgl. Pannenberg (1995) zu unterschiedlichen Spezifikationen. 23

I. Der klassische Indikator zur Messung von Benachteiligung

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weiteren kann es interessant sein zu untersuchen, ob die Finanzierung eine Rolle spielt bzw. wer die Anregung zur Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme geliefert hat.26 Untersuchungen beziehen sich entweder auf die Arbeitnehmerseite, indem sie den Einkommenseffekt27 von Weiterbildung untersuchen, oder auf die Arbeitgeberseite, indem sie Produktivitätseffekte28 untersuchen. Ein weiterer Teil der Literatur bezieht sich darauf, inwieweit Weiterbildung Einkommensungleichheit erhöht, wenn besser ausgebildete Arbeitnehmer auch häufiger an Weiterbildung teilnehmen.29 e) Qualifikationsmismatch Da ein Arbeitnehmer nur dann seine maximale Produktivität erreichen kann, wenn er optimal für seine Stelle ausgebildet ist, d. h. wenn er genau das Humankapital aufweist, das für die Ausübung der Stelle notwendig ist, müssen bei einem Qualifikationsmismatch Abstriche im Hinblick auf die Produktivitätskapazität des Arbeitnehmers hingenommen werden. Wenn ein Teil seines Humankapitals brachliegt und somit nicht genutzt werden, dann muß er auch Einkommenseinbußen in Kauf nehmen. Daher können die folgenden Hypothesen aufgestellt werden: Hypothese 6.4a: Erwerbstätige, die überqualifiziert sind, weisen ein niedrigeres Einkommensniveau auf als adäquat qualifizierte Erwerbstätige. 26 Vgl. Pannenberg (1997). Danach können sich Arbeitgeber Erträge von Weiterbildungsinvestitionen sichern, wenn sie an der Finanzierung beteiligt sind. Eine Finanzierung durch den Arbeitgeber hat ebenso einen signifikanten positiven Einfluß auf die Wahrscheinlichkeit einer Beförderung. 27 Nach Hill (1995) führt die Weiterbildungsteilnahme bei Frauen sowohl zu einem stärkeren Einkommenswachstum als auch zu einer höheren Wahrscheinlichkeit der Erwerbstätigkeit in fortgeschrittenem Alter. Schömann/Becker (1998) finden für Frauen einen positiven Einkommenseffekt von Weiterbildung bei inner- und zwischenbetrieblichen Arbeitsplatzwechseln. Bei Männern ergibt sich ein positiver Effekt von Weiterbildung bei innerbetrieblichen Tätigkeitswechseln. Büchel/Pannenberg (2004) stellen einen positiven Einkommenseffekt von Weiterbildung besonders bei jüngeren Erwerbstätigen fest. Nach einer Untersuchung von Duncan/Hoffman (1979) weisen zwar Personen, je nach Geschlecht und Hautfarbe, unterschiedliche Beteiligung an On-the-job-Training auf, die Einkommenseffekte pro zusätzlichem Jahr unterscheiden sich jedoch nicht zwischen den Gruppen. 28 Vgl. z. B. Barrett/O’Connell (2001), die einen größeren Produktivitätseffekt für Aus- und Weiterbildungskurse bzgl. allgemeinen Humankapitals finden. Sie argumentieren, daß das Angebot solcher Kurse von seiten der Arbeitgeber eine höhere Produktivität bei den Arbeitnehmern induziere, weil es ein lang andauerndes Interesse des Arbeitgebers an den Arbeitnehmern signalisiere. 29 Vgl. Kap. C., Fn. 62 und Marcotte (2000), Constantine/Neumark (1996).

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D. Einkommensbenachteiligung von Frauen

Hypothese 6.4b: Erwerbstätige, die nicht im erlernten Beruf tätig sind, weisen ein niedrigeres Einkommensniveau auf als adäquat Beschäftigte. Es kann vermutet werden, daß der negative Effekt auf die Einkommenshöhe bei einem vertikalen Qualifikationsmismatch höher ist als bei einem horizontalen, denn wenn Personen zwar fachfremd, aber gemäß dem von ihnen erreichten Qualifikationsniveau tätig sind, so weisen sie immerhin keine „überflüssigen“ Bildungsjahre im Sinne der Humankapitaltheorie auf. Um den Einfluß eines horizontalen oder vertikalen Mismatchs auf das Einkommen zu untersuchen, können zusätzlich zu den klassischen Humankapitalvariablen Dummys30 eingeführt oder die „überschüssigen“ Bildungsjahre31 bei Überqualifikation spezifiziert werden. Beide Möglichkeiten zeigen an, ob die jeweilige Art des Mismatchs vorliegt oder nicht und inwieweit sich dieser Mismatch auf die Einkommenshöhe auswirkt. Neben der Quantität des Humankapitals wird somit ebenso die Qualität bzw. die Adäquanz einbezogen. Dabei kann zusätzlich das Studienfach einbezogen werden.32 Die folgende Spezifikation beinhaltet jeweils eine Dummy-Variable für horizontalen und vertikalen Mismatch. f) Teilzeitbeschäftigung Die Wirkung einer Teilzeit- (oder einer geringfügigen) Beschäftigung im Gegensatz zu einer Vollzeitbeschäftigung auf das Einkommen kann aus den unterschiedlichsten Gründen als negativ vermutet werden. Je höher eine Stelle im Unternehmen angesiedelt ist und je mehr Verantwortung mit ihr verbunden ist, um so geringer ist die Wahrscheinlichkeit, daß diese Tätigkeit in Teilzeit ausgeübt wird oder werden kann. Diese Stellen sind aber gerade die höher bezahlten. Des weiteren kann eine Rolle spielen, daß Teilzeitarbeitnehmer als wenig karriereorientiert oder berufsidentifiziert gelten und somit den Eindruck geringerer Produktivität vermitteln können, was ebenfalls zur Rechtfertigung geringerer Löhne herangezogen werden 30 Vgl. z. B. Szydlik (1997), Alba-Ramírez (1997). Wird zusätzlich zur gesamten Anzahl der Bildungsjahre eine Dummyvariable aufgenommen, die Überqualifikation anzeigt, so deutet das negative Vorzeichen des Koeffizienten dieser Dummyvariablen darauf hin, daß die Einkommenszuwächse bei nicht benötigten Bildungsjahren sinken. 31 Vgl. Rumberger (1987), Daly et al. (1997), Hersch (1991). Die Untersuchungen beider Studien ergeben, daß „überschüssige“ Bildungsjahre in den meisten Fällen das Einkommen zwar – ebenso wie benötigte Bildungsjahre – signifikant erhöhen, der Effekt ist bei letzteren jedoch deutlich stärker. 32 Vgl. Patrinos (1997). Hiernach ist der Lohnabschlag für überqualifizierte Universitätsabsolventen in den Rechts- und Sozialwissenschaften am größten.

I. Der klassische Indikator zur Messung von Benachteiligung

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kann.33 Der tatsächliche Produktivitätseffekt von Teilzeit hingegen ist nicht eindeutig, da Start-up-Effekte zu Beginn eines Tages bei Teilzeit prozentual mehr Arbeitszeit in Anspruch nehmen als bei Vollzeitarbeitskräften. Andererseits weisen Vollzeitarbeitskräfte am Ende ihres Arbeitstages vermutlich mehr Ermüdungserscheinungen auf als Teilzeitarbeitskräfte. Die Ermüdungserscheinungen, die u. a. auf ein höheres Arbeitsleid zurückgeführt werden können, rechtfertigen allerdings auch wieder höhere Löhne: Vollzeitarbeitskräften kann ein „compensating wage differential“ dafür zugestanden werden, daß sie durch ihre längere Arbeitszeit einem höheren Arbeitsleid ausgesetzt sind. Die Arbeitskosten, die beim Arbeitgeber anfallen, können ein weiterer Anlaß sein, das Lohnniveau für Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte zu senken.34 Die Arbeitsfixkosten sind für Teilzeit- und Vollzeitarbeitnehmer gleich hoch, Teilzeitarbeitnehmer erbringen aber pro Tag eine insgesamt geringere Leistung, was der Arbeitgeber durch eine geringere Entlohnung auszugleichen versucht. Damit werden Teilzeitstellen insgesamt auch weniger attraktiv, was dem Arbeitgeber zugute kommt, falls für ihn mehr Nachteile als Vorteile durch Teilzeit entstehen. Bei geringfügiger Beschäftigung ist es möglich, daß die Pauschalsteuer, die vom Arbeitgeber abgeführt werden muß, auf den Arbeitnehmer überwälzt wird und das Lohnniveau daher sinkt. Insgesamt kann daher für den Zusammenhang zwischen Teilzeit- und geringfügiger Beschäftigung und dem Einkommen folgende Hypothese formuliert werden: Hypothese 6.5: Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte erhalten einen geringeren Stundenlohn als Vollzeitbeschäftigte. Die Arbeitsform der Teilzeit- oder geringfügigen Beschäftigung kann entweder – wie in dieser Arbeit – als Dummy-Variable in die Einkommensregression aufgenommen werden, indem eine Stundengrenze zwischen Teilzeit und Vollzeit festgelegt wird, oder aber die genaue Stundenanzahl wird als erklärende Variable aufgenommen. Studien mit dem Hauptzweck der Untersuchung des Einkommenseffekts von Teilzeit gehen häufig weiter ins Detail: Sie unterscheiden beispielsweise zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Teilzeitbeschäftigung35 oder kritisieren die Exogenitätsannahme für 33 Die Ursache-Wirkungs-Richtung kann in diesem Fall jedoch auch umgekehrt sein, wenn adverse Selektion bei Teilzeitkräften aufgrund geringerer Löhne ins Spiel gebracht wird. Adverse Selektion kann somit ein Anlaß zur gleichen Stundenentlohnung von Teilzeit- und Vollzeitkräften sein, denn nur dann kann auch eine hohe Qualität der flexibel einsetzbaren Teilzeitkräfte gewährleistet werden (vgl. Walwei/Werner (1995), S. 371). 34 Vgl. Hirsch (2005), S. 526 f.

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die erklärende Variable „Teilzeit“ bzw. „Anzahl der Arbeitsstunden“, um die Entscheidung dann explizit zu modellieren.36 g) Befristete Verträge Der Effekt von Befristung auf die Einkommenshöhe ist nicht eindeutig. Auf der einen Seite läßt sich argumentieren, daß befristet Beschäftigten eine Kompensationszahlung für ihre höhere Arbeitsplatzunsicherheit gezahlt werden müßte, zum anderen gehören befristete Stellen zum benachteiligten Arbeitsmarktsegment und ihre Inhaber sind im Vergleich zu unbefristet Beschäftigten Außenseiter im Unternehmen, so daß mit niedrigeren Löhnen zu rechnen ist. Somit kann nur die folgende Hypothese aufgestellt werden: Hypothese 6.6: Befristung kann einen negativen oder einen positiven Effekt auf die Einkommenshöhe haben. Möglicherweise gleichen beide Effekte einander gerade aus. Bentolila/Dolado (1994) beziehen sich auf beide Effekte und betonen, daß die Stärke des Outsider-Effektes u. a. davon abhänge, inwieweit befristet Beschäftigte in den Betriebsrat gewählt würden und ob sie an den Wahlen teilnehmen dürften. Das Merkmal „Befristung“ wird in der folgenden Analyse als Dummy-Variable spezifiziert.

II. Empirische Analyse 1. Die Untersuchung der geschlechtsspezifischen Einkommenslücke Bei der Untersuchung der geschlechtsspezifischen Einkommenslücke sind meist zwei Ansatzpunkte von Interesse: Zum einen können mittels der im vorherigen Unterkapitel angesprochenen „general earnings function“ mit einer geeigneten ökonometrischen Spezifikation die Determinanten der Einkommenshöhe bestimmt werden. Sind die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen das Untersuchungsziel, so wird meist für jedes Geschlecht ein Modell geschätzt, so daß beider Koeffizienten miteinander verglichen werden können. Der zweite Ansatzpunkt besteht in der Untersuchung der Einkommenslücke selbst: Mittels sogenannter Dekompositionsverfahren wird die Einkommenslücke in zwei Teile aufgespaltet, von denen der eine denjenigen Teil der Einkommenslücke widerspiegelt, der auf Dis35 36

Vgl. Barrett/Doiron (2001), Walsh (1999). Vgl. z. B. Wolf (2003).

II. Empirische Analyse

313

kriminierung beruht, und der andere denjenigen, der auf die unterschiedliche Humankapitalausstattung und arbeitsplatzbezogene Merkmale zwischen den Geschlechtern zurückgeführt werden kann. In diesem Abschnitt soll auf den ersten Ansatzpunkt, d. h. auf die Möglichkeiten zur Schätzung der Einkommensregressionen eingegangen werden. Nach der dann im nächsten Abschnitt beschriebenen ökonometrischen Spezifikation für den konkreten Fall dieser Arbeit sowie der Darstellung der Ergebnisse der empirischen Analyse befaßt sich Kap. 5. dann näher mit dem zweiten Ansatzpunkt, der Dekomposition der Einkommenslücke. In Kap. I.3.a) wurde schon erwähnt, daß die „general earnings function“ ihren Ursprung in der Humankapitaltheorie hat, daß aber neben den Humankapitalvariablen auch andere Merkmale als unabhängige Variablen berücksichtigt werden können, wenn davon ausgegangen werden kann, daß sie die Höhe des Einkommens beeinflussen. Die umfangreiche Literatur, die in den letzten Jahrzehnten zur Analyse der Einkommens entstanden ist, zeigt, daß dieses Thema zu den am meisten beachteten in der Ökonomie gehört.37 Vielfach dreht es sich in der Literatur nicht nur um die Determinanten des Einkommens, sondern um die Diskussion über die geeignete ökonometrische Spezifikation zur Analyse dieser Determinanten.38 Im folgenden sollen einige dieser Spezifikationen vorgestellt werden, um zu zeigen, auf welche speziellen Probleme bei der Schätzung von Einkommensregressionen in der Literatur näher eingegangen wird. Zunächst sind Spezifikationen zu nennen, bei denen eine mögliche Endogenität bestimmter exogener Variablen explizit modelliert wird.39 Dies ist u. a. mit einer Instrumentenvariablenschätzung möglich, bei der andere Variablen, die exogen sind und mit dem betreffenden Merkmal hoch korreliert sind, an seiner Stelle als Instrumente in der Schätzung verwendet werden. Die Schwierigkeit besteht hier darin, geeignete Instrumente zu finden. 37 Einen allgemeinen Überblick über dieses Thema bieten z. B. Franz et al. (2003) und Hübler (2003). Für einen internationalen Vergleich siehe Blau/Kahn (2001). Als Beispiele für die zahlreichen Untersuchungen für den US-amerikanischen Arbeitsmarkt seien besonders beachtete Studien von Blau/Kahn (1994 und 1997) sowie von O’Neill/Polachek (1993) genannt. Weichselbäumer (2002), S. 64–93, führt eine Meta-Analyse mit bestehenden Studien zur Untersuchung der Einkommensdifferenz durch, um z. B. den Einfluß verschiedener Spezifikationen, Datensätze und Länder herauszufinden. Eine weitere Meta-Analyse findet sich bei Stanley/Jarrell (1998); hier werden auch Merkmale des Forschers (z. B. das Geschlecht), der die Analyse durchführt, als Einflußfaktoren auf die berechnete Diskriminierung untersucht. 38 Vgl. Kunze (2000), die eine ausführliche Übersicht liefert über die wichtigsten ökonometrischen Spezifikationen der Einkommensgleichung und über verschiedene Dekompositionstechniken. 39 Im einzelnen ist schon in Kap. D.I.3. auf einige Studien verwiesen worden.

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D. Einkommensbenachteiligung von Frauen

In der 1980er Jahren wurde die Methode der Umkehrregression (reverse regression) entwickelt, mittels derer dem Problem der möglichen Verzerrung der geschätzten Koeffizienten, die sich bei einer ungenauen oder falschen Messung von Proxies für die Produktivität ergibt, begegnet werden soll.40 Die Überlegung zu dieser Methode besteht darin, die Einkommensregression umzukehren, indem das Qualifikationsniveau, das als Produktivitätsproxy dienen soll, zwischen Gruppen (Frauen und Männer) mit demselben Einkommensniveau verglichen wird. Die abhängigen Variablen wie Schulbildung, Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeit werden also durch das Einkommen, das Geschlecht und andere Variablen erklärt. Aufgrund sehr restriktiver Annahmen und anderer Kritikpunkte41 konnte sich dieser Ansatz jedoch langfristig nicht durchsetzen. Soll die Untersuchung der Einkommensverteilung im Vordergrund stehen, so bietet sich die Anwendung von Quantilsregressionen an.42 Hiermit kann analysiert werden, ob die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen in verschiedenen Bereichen der Einkommensverteilung differieren. Für eine solche Analyse ist jedoch ein relativ großer Datensatz notwendig. Eine weitere Spezifikation, die ebenfalls einen sehr großen Datensatz erfordert und somit für die Daten des SOEP nicht geeignet ist, ist die folgende: Zur Untersuchung der Lohnunterschiede werden sogenannte Job-Zellen betrachtet, d. h. Frauen und Männer, die denselben Beruf im selben Betrieb ausüben. Die Lohnregression wird also mit fixen Effekten für diese beiden Merkmale geschätzt. Sind die Lohnunterschiede innerhalb der Zellen gering, auf dem gesamten Arbeitsmarkt aber hoch, so kann daraus geschlossen werden, daß innerhalb der Betriebe nur sehr wenig diskriminiert wird und daß Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen vor allem auf die unterschiedliche Allokation der männlichen und weiblichen Arbeitskräfte auf Berufe und Betriebe zurückzuführen sind.43 Um den Einfluß der Determinanten auf das Einkommensniveau nicht nur aus den Unterschieden zwischen den Personen zu bestimmen, sondern auch aus den Unterschieden bei den einzelnen Personen über die Zeit, können Panelregressionen angewandt werden, bei denen die unbeobachtete Heterogenität der Personen kontrolliert wird.44 Auch hier muß gewährleistet sein, daß der Datensatz nicht zu klein ist, was insbesondere aufgrund der Panel40

Vgl. z. B. Kamalich/Polachek (1982). Vgl. z. B. Hübler (1990) und Conway/Roberts (1983). 42 Vgl. z. B. Fitzenberger/Wunderlich (2000) und Fitzenberger/Reize (2003). 43 Vgl. z. B. Hinz/Gartner (2005). 44 Vgl. zu verschiedenen Ansätzen von Panelschätzungen in bezug auf Einkommensregressionen Polachek/Kim (1994) sowie die erwähnten Studien in Cameron/ Trivedi (2005), S. 697 ff. 41

II. Empirische Analyse

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sterblichkeit ein Problem sein kann, denn es werden Daten zu denselben Personen über einen gewissen Zeitraum benötigt. Probleme können bei diesem Ansatz daraus entstehen, daß die unbeobachteten Einflüsse zeitinvariant sein müssen.45 In dieser Arbeit wird eine andere, insbesondere im Zusammenhang mit der Dekomposition der Einkommenslücke häufig angewandte Spezifikation gewählt, die eine Selektionsverzerrung mittels der sogenannten HeckmanKorrektur korrigiert. Diese Verzerrung entsteht daraus, daß die Gruppe der Erwerbstätigen keine Zufallsauswahl aus allen Personen ist. Auf die genaue Spezifikation wird im folgenden Abschnitt eingegangen. 2. Spezifikation des ökonometrischen Modells Um die Lohngleichungen für Männer und Frauen zu schätzen, ist die OLS-Methode ungeeignet, da sie nicht für die gesamte Population, sondern nur für die Untergruppe der tatsächlich Beschäftigten geschätzt werden können, denn nur für diese liegen auch Angaben zur Lohnhöhe vor. Daher würde der geschätzte Zusammenhang auch nur für diese Untergruppe gelten, da sie keine Zufallsstichprobe aller Männer und Frauen darstellt. Wenn man mittels dieses Zusammenhangs die Einkommenshöhen der nicht Beschäftigten prognostizieren würde, so müßte man hierfür die geschätzte Gleichung für die Beschäftigten zu Hilfe nehmen, die nicht notwendigerweise für die nicht Beschäftigten gelten müßte. Die mit diesen vermutlich verzerrten Werten geschätzte Lohngleichungen für alle Männer und Frauen würden daher ebenfalls verzerrte Koeffizienten aufweisen. Dies liegt darin begründet, daß die Subpopulation der Beschäftigten keine Zufallsstichprobe darstellt, sondern daß die Entscheidung, ob man erwerbstätig ist oder nicht, wiederum durch einen anderen Zusammenhang dargestellt werden kann, der demnach eine systematische Auswahl vornimmt. Hieraus ergibt sich eine sogenannte Selektionsverzerrung (selectivity bias): Würden die Lohngleichungen nur für die Untergruppen der Beschäftigten geschätzt, so würden sie, wie oben beschrieben, nur für diese Gruppe gelten und weiterhin die Schwierigkeit aufweisen, daß die Schätzungen der Koeffizienten inkonsistent wären aufgrund der fehlenden Variablen, die die Wahlmöglichkeit, ob man arbeitet oder nicht, berücksichtigen würde. Als Ausweg für dieses Problem hat Heckman das folgende zweistufige Verfahren (Sample-selectionModell) vorgeschlagen:46 Zunächst wird der Selektionsmechanismus mittels eines Probit-Modells geschätzt, wobei die latente Variable z die Entschei45

Vgl. zu den Problemen von Panelschätzern Hübler (2003), S. 547 f. Vgl. Heckman (1976), Heckman (1979). Die folgende Darstellung orientiert sich an Greene (2003), S. 782 ff. 46

316

D. Einkommensbenachteiligung von Frauen

dung des Individuums i, am Arbeitsmarkt teilzunehmen, in Abhängigkeit verschiedener individueller Merkmale abbildet: zi ã g 0 wi þ ui

È54ê

mit: g: zu schätzender Koeffizientenvektor wi: Vektor der erklärenden Variablen ui: Störvariable i = 1, . . ., N Beobachtbar ist für jedes Individuum i die Dummy-Variable zi , für die gilt: zi ã 1 falls zi > 0 ÈTeilnahme am Arbeitsmarktê zi ã 0 falls zi  0 Èkeine Teilnahme am Arbeitsmarktê (55)

  PrÈzi ã 1ê ã F g 0 wi   PrÈzi ã 0ê ã 1  F g 0 wi

Für jedes Individuum wird sodann mittels des geschätzten Probit-Modells die inverse Mill’s-Ratio li berechnet als È56ê

  ^ 0 wi f g l^i ã  0  ^ wi F g

mit: fÈê: Wahrscheinlichkeitsfunktion der Normalverteilung FÈê: Verteilungsfunktion der Normalverteilung Die Grundlage der zweiten Stufe bildet das lineare Regressionsmodell zur Erklärung der Einkommenshöhe yi mit dem exogenen Variablenset xi , dem zu schätzenden Koeffizientenvektor b und der Störgröße ei: yi ã b 0 xi þ ei ; nur f u¨ r zi ã 1 (57)

Èui ; ei ê e bivariat normal 0; 0; 1; s e ; r

Um zu berücksichtigen, daß die Störgrößen beider Modelle korreliert sind, wird mittels der geschätzten Werte l^i ein Korrekturterm in die Einkommensgleichung aufgenommen, für den ein weiterer Koeffizient bl ã rs e geschätzt wird. Somit ergibt sich als bedingter Erwartungswert für yi È58ê

    E yi j zi ã 1 ã b 0 xi þ bl li g 0 wi

II. Empirische Analyse

317

Dies verdeutlicht, daß die Koeffizienten der Lohnregression nur dann ohne die vorgeschaltete Probit-Schätzung konsistent geschätzt werden können, wenn kein Zusammenhang zwischen den Störtermen der beiden Gleichungen besteht. Dies ist aber sehr unwahrscheinlich. Bliebe dieser letzte Term dann unberücksichtigt, hätte man den Effekt unberücksichtigter Variablen.47 Damit die Lohngleichung identifiziert ist, ist es notwendig, daß die Partizipationsgleichung der ersten Stufe mindestens eine erklärende Variable enthält, die in der Lohngleichung nicht vorkommt.48 Das Sample-selectionModell kann dann entweder insgesamt mittels Maximum Likelihood geschätzt werden, üblicherweise wird aber – wie im vorliegenden Fall – die zweistufige Variante verwendet, bei der zunächst die Partizipationsgleichung und dann die Lohngleichung geschätzt wird.49 Diese zweistufige Prozedur wird zunächst einmal nur mit einem Humankapitalvariablenset auf der zweiten Stufe und dann mit einer Erweiterung der Variablen geschätzt, und zwar jeweils für das gesamte Sample sowie für Frauen und Männer getrennt. Zum Vergleich werden auf der zweiten Stufe auch die Ergebnisse der OLS-Schätzung ohne Korrektur des Selectivity-bias aufgeführt. Im Anschluß wird das gesamte Verfahren dann noch getrennt für Frauen- und Männerberufe durchgeführt; die Ergebnisse finden sich jedoch nur im Anhang. Auf sie wird gelegentlich zum Vergleich verwiesen und nur zum Zweck der Dekomposition näher im Text in Kap. 6. eingegangen. 3. Beschreibung der Modellvariablen In der folgenden Analyse werden alle Befragten des Panels zwischen 16 und unter 65 Jahren berücksichtigt. Auf der ersten Stufe wird analysiert, ob sie erwerbstätig (in Vollzeit, Teilzeit oder geringfügig) oder nicht erwerbstätig sind. Die Gruppe der Erwerbstätigen beinhaltet in diesem Fall auch Auszubildende, Personen in Vollzeitweiterbildung, in Altersteilzeit, in Behindertenwerkstätten und im Wehr- oder Zivildienst. Die deskriptive Statistik50 für dieses Sample (17 259 Personen) zeigt, daß 64,63% der Frauen 47

Vgl. Heckman (1979). Vgl. Cameron/Trivedi (2005), S. 551. 49 Vgl. Green (2003), S. 784. Beblo et al. (2003), S. 9, Fn. 4, nennen zwei Gründe für die Bevorzugung der zweistufigen Methode zur Schätzung des SampleSelection-Modells: Zum einen liefert die ML-Methode inkonsistente Koeffizienten, falls die Annahme der bivariaten Normalverteilung der Störgrößen in beiden Gleichungen verletzt ist. Die zweistufige Methode ist daher flexibler. Zum anderen ist der Erwartungswert der Störgröße bei einer OLS-Schätzung gleich Null, was für die ML-Schätzung dieses Modells nicht gilt. 50 Vgl. Tabelle A1.6 im Anhang. 48

318

D. Einkommensbenachteiligung von Frauen

und 79,46% der Männer erwerbstätig sind.51 Als unabhängige Variablen in diesem Partizipationsmodell werden verschiedene soziodemographische Merkmale ausgewählt: Es kann vermutet werden, daß das Alter eine Rolle spielt sowie das Alter der Kinder und der Familienstand. Neben Kindererziehung kann auch die Tatsache, daß eine pflegebedürftige Person im Haushalt lebt, die Arbeitsangebotsentscheidung beeinflussen. Daneben werden die Region in Deutschland sowie die Frage, ob die jeweilige Person die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, berücksichtigt. Außerdem wird die Bildungsdauer und das Merkmal der Schwerbehinderung in das Modell einbezogen. Auf der zweiten Stufe wird zunächst ein Modell zur Erklärung der Einkommenshöhe nur mit Humankapitalvariablen geschätzt; im Anschluß daran wird ein erweitertes Modell formuliert und geschätzt. Als abhängige Variable in allen Modellen wird der logarithmierte Bruttolohn pro Stunde gewählt. Dieser berechnet sich aus dem Bruttolohn des letzten Monats (inkl. eventueller Überstundenvergütung), dividiert durch das Vierfache der vereinbarten Wochenarbeitszeit.52 Die deskriptive Statistik53 für das Sample des Modells, das nur Humankapitalvariablen enthält (2 790 Personen), zeigt, daß die durchschnittliche Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern umgerechnet 5,94 e beträgt, d. h. daß Frauen im Durchschnitt 72% der Einkommens der Männer verdienen. Das erste Modell enthält die klassischen Variablen der „earnings function“: Bildungsdauer sowie potentielle Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeit, beide zusätzlich quadriert. Ergänzend werden der letzte Notendurchschnitt und die beiden Variablen zum horizontalen und vertikalen Mismatch aufgenommen, um die Qualität bzw. Adäquanz des Humankapitals zu berücksichtigen. Außerdem enthält das Modell eine Variable zur Weiterbildungsteilnahme in den zwei Jahren vor der Erhebung des Datensatzes sowie die Region in Deutschland, in der die jeweilige Person lebt. Zu erwähnen ist, daß in dem gepoolten Modell für alle Erwerbstätigen eigentlich die Variable zur Geschlechtszugehörigkeit fehlt. Dennoch wird das Modell auf diese Weise geschätzt, da für die spätere Dekomposition der Einkommens51 Bei den getrennten Stichproben für Frauen- bzw. für Männerberufe sind 90,96% bzw. 90,92% der Frauen und 94,63% bzw. 93,48% der Männer erwerbstätig. Diese hohen Anteile sind darauf zurückzuführen, daß nur Personen betrachtet werden können, für die eine Berufsangabe vorliegt, was bei vielen nicht Erwerbstätigen nicht der Fall ist. Diese fallen daher schon von vornherein aus der Analyse heraus. 52 Vgl. zu den Gründen, warum die Brutto- den Nettolöhnen vorgezogen werden, und den Schwierigkeiten der Einbeziehung der Überstunden und ihrer Vergütung Kap. A., Fn. 177. 53 Vgl. Tabelle A1.7 im Anhang.

II. Empirische Analyse

319

differenz drei Modelle (für alle Erwerbstätigen, für Frauen sowie für Männer) mit exakt demselben Variablenset benötigt werden. Die erweiterte Spezifikation enthält zusätzliche potentielle Determinanten der Einkommenshöhe. Es wird berücksichtigt, ob die jeweilige Person einen Männer- oder Frauenberuf ausübt und ob sie verheiratet (inkl. mit Partner zusammenlebend) ist. Mögliche Interaktionseffekte zwischen Berufswahl und Geschlecht müssen unbeachtet bleiben, da sich sonst für die drei Modelle (für alle Erwerbstätigen, für Männer sowie für Frauen) unterschiedliche Variablensets ergeben. Das Vorliegen einer Teilzeit- oder geringfügigen Beschäftigung, von Zeitarbeit oder Befristung sowie die Länge des Arbeitswegs und die berufliche Stellung werden als beschäftigungsrelevante Merkmale einbezogen. Des weiteren werden Mitgliedschaften in Gewerkschaft, Berufsverband oder Betriebsrat berücksichtigt sowie Informationen über die Größe und die Branche des Unternehmens, in dem die betreffende Person arbeitet. Bei den Modellen der zweiten Stufe mit Korrektur des Selectivity-bias wird zusätzlich die Korrekturvariable li einbezogen. Da identische Variablensets benötigt werden, wird nicht nur, wie üblich, eine Korrektur der Selektivitätsverzerrung für Frauen, sondern auch für Männer vorgenommen. 4. Ergebnisse der empirischen Analyse der Einkommensdeterminanten Im folgenden sind zunächst die Ergebnisse der ersten Stufe des Sampleselection-Modells, d. h. der Partizipationsgleichung, dargestellt (s. Tab. 34). Ältere Personen weisen eine größere Wahrscheinlichkeit auf, am Arbeitsmarkt teilzunehmen, bei allerdings abnehmenden Wachstumsraten im Alter, wie der signifikante negative Koeffizient für das quadrierte Alter anzeigt. Personen mit Kindern, besonders Frauen und solche mit sehr kleinen Kindern, sowie Personen, in deren Haushalt ein Pflegebedürftiger wohnt, tendieren im Verhältnis zu anderen dazu, eher nicht zu arbeiten. Das gleiche gilt für Ausländer, Personen mit geringer Bildungsdauer sowie Schwerbehinderte. Interessanterweise weisen verheiratete Männer eine größere Partizipationswahrscheinlichkeit auf als unverheiratete, während der Familienstand Frauen in dieser Hinsicht nicht beeinflußt. Es ist anzunehmen, daß der negative Effekt auf die Partizipationswahrscheinlichkeit aufgrund von Kindern den Einfluß des Familienstandes bei Frauen dominiert. Die getrennten Schätzungen für Frauen- und Männerberufe54 weisen sehr ähnliche Koeffizienten aus, allerdings mit etwas geringeren Signifikanzniveaus, was 54

Vgl. Tabelle A2.1 im Anhang.

320

D. Einkommensbenachteiligung von Frauen

Tabelle 34 Determinanten der Erwerbsbeteiligung, 1. Stufe des Sample-selection-Modells gepoolt

Frauen

Männer

–3,3141*** 0,1759*** –0,2319*** –0,8446*** –0,5408*** –0,3056*** –0,1714*** –0,2430*** 0,0952*** 0,2241*** –0,2242*** 0,0815*** –0,7377***

–3,4549*** 0,1982*** –0,2654*** –1,4358*** –0,9581*** –0,5068*** –0,3702*** –0,2402** –0,0629 0,1304*** –0,2710*** 0,0766*** –0,6952***

–3,2617*** 0,1663*** –0,2178*** –0,3044*** 0,0422 –0,0084 0,0549 –0,2619*** 0,2924*** 0,3861*** –0,2689*** 0,0807*** –0,8750***

2845,155***

1954,012***

1473,378***

McFadden R2

0,1387

0,1701

0,1724

N

17 259

8 842

8 417

Konstante Alter Alter2 /100 Kind von 0 bis 1 Jahr im HH Kind von 2 bis 3 Jahren im HH Kind von 4 bis 6 Jahren im HH Kind von 7 bis 16 Jahren im HH Pflegebedürftige Person im HH verheirateta Westdeutschland Ausländer Bildungsdauer (in Jahren) Schwerbehinderung LR-Statistik

Signifikanzniveau: *** = p < 0,01, ** = p < 0,05, * = p < 0,1 abhängige Variable: 0 = nicht erwerbstätig, 1 = erwerbstätig (in Vollzeit, Teilzeit und geringfügig Beschäftigte sowie Auszubildende u. a.) Binomiales bivariates Probit-Modell (1. Stufe des Sample-selection-Modells) a einschließlich mit Partner zusammenlebend, ohne getrenntlebende Verheiratete Quelle: Eigene Auswertung des SOEP (2003).

auf kleinere Samples und einen geringen Anteil erwerbstätiger Personen in dem Sample zurückzuführen sein dürfte. Letzteres wirkt sich negativ auf die Trennfähigkeit des Modells zwischen den beiden Gruppen aus. Die Ergebnisse der zweiten Stufe des Sample-selection-Modells nur mit Humankapitalvariablen bzw. die Koeffizienten einer einfachen OLS-Schätzung ohne Korrektur des Selectivity-bias finden sich in Tabelle 35. Die Koeffizienten beider Modelle ähneln sich sehr stark, die Signifikanzniveaus sind nahezu identisch. Dies ist vermutlich zum größten Teil, zumindest bei dem gesamten Sample bzw. bei den Frauen darauf zurückzuführen, daß der Koeffizient für den Korrekturterm li (Lambda) nicht hochsignifikant bzw. gar nicht signifikant ist, was zumindest für die Gruppe der

2 790

1 369

0,4468 1 421

0,4632

123,55***

2 790

0,4453

204,56***

1 369

0,4467

101,42***

1 421

0,4654

113,39***

1,3401*** 0,0800*** 0,0259*** –0,0245* 0,0128*** –0,0291*** –0,0572*** –0,3115*** 0,0309 0,0230 0,3735*** –0,2822*** 0,9657*** 0,0887*** 0,0199*** –0,0344*** 0,0230*** –0,0406*** –0,0182 –0,2286*** 0,0685*** 0,0885*** 0,2680*** –0,0555

0,8316*** 0,0926*** 0,0286*** –0,0471*** 0,0219*** –0,0406*** –0,0138 –0,3179*** 0,0365* 0,0714*** 0,3417*** 0,1461**

1,1208*** 0,0842*** 0,0358*** –0,0488*** 0,0128*** –0,0295*** –0,0601*** –0,3201*** 0,0285 0,0263 0,4205*** ---

0,9226*** 0,0896*** 0,0214*** –0,0387*** 0,0233*** –0,0413*** –0,0183 –0,2296*** 0,0676** 0,0897*** 0,2698*** --111,49***

Männer

Frauen

gepoolt

Männer

Frauen

mit Korrektur des Selectivity-bias, 2. Stufe Sample-selection-Modell

Quelle: Eigene Auswertung des SOEP (2003 und 2004).

Signifikanzniveau: *** = p < 0,01, ** = p < 0,05, * = p < 0,1 abhängige Variable: ln(Bruttolohn/Stunde) bezogen auf den Bruttolohn des letzten Monats (inkl. Überstundenvergütung) und die tatsächlich im Durchschnitt gearbeiteten Stunden einschließlich evtl. Überstunden OLS-Modell (2. Stufe des Sample-selection-Modells) a berechnet als Alter –Bildungszeit –6 b arithmetisches Mittel der Noten des schulischen Abschlußzeugnisses in den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache c Vgl. Kap. A.V.2.d)cc), Überqualifikation des Typs A oder B d Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen mit Ziel „Qualifizierung für den beruflichen Aufstieg“ oder „Anpassung an neue Anforderungen in meiner bisherigen Tätigkeit“ im Zeitraum 2001 bis 2002

N

Korr. R

0,4445

224,15***

F

2

0,9615*** 0,0897*** 0,0241*** –0,0353*** 0,0218*** –0,0403*** –0,0124 –0,3154*** 0,0378* 0,0691*** 0,3310*** ---

Konstante Bildungsdauer (in Jahren) potentielle Berufserfahrunga potentielle Berufserfahrung2 /100 Betriebszugehörigkeit Betriebszugehörigkeit2 /100 letzter Notendurchschnittb überqualifizierte Beschäftigungc Tätigkeit im erlernten Beruf Weiterbildung 2001/02d Westdeutschland Lambda

gepoolt

ohne Korrektur des Selectivity-bias

Tabelle 35 Determinanten des Einkommens, Basismodell (nur HK-Variablen)

II. Empirische Analyse 321

322

D. Einkommensbenachteiligung von Frauen

Frauen eine Überraschung darstellt.55 Dies bedeutet nämlich, daß eine Korrektur des Selectivity-bias bei der Gruppe der Frauen nicht nötig ist, da die Verteilung der Merkmale in der Gruppe der weiblichen Erwerbstätigen nicht stark von der Verteilung bei allen Frauen abweicht und die Gruppe der weiblichen Erwerbstätigen somit wie eine Zufallsauswahl aus allen Frauen behandelt werden kann. Die Koeffizienten zeigen, daß sowohl Männer als auch Frauen ein höheres Einkommen erreichen, je mehr Bildungsjahre sie aufweisen und je länger ihre Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeit ist. Die Wachstumsraten schwächen sich bei längerer Dauer jedoch ab, wie die signifikanten negativen Koeffizienten für die jeweiligen quadrierten Terme zeigen. Die Überlegungen der Humankapitaltheorie finden somit Bestätigung. Der Einfluß des letzten Notendurchschnitts als Indikator für die Qualität des Humankapitals ist nur signifikant für Männer, d. h. Männer mit schlechteren Noten verdienen signifikant weniger Einkommen. Im Verhältnis zu Frauen weisen sie jedoch auch durchschnittlich schlechtere Noten auf. Sowohl horizontaler als auch vertikaler Qualifikationsmismatch wirken sich generell negativ auf die Einkommenshöhe aus. Speziell bei Männern jedoch sind keine Einkommenseinbußen zu erwarten, wenn sie in einem anderen als dem erlernten Beruf tätig sind. Weiterbildung hingegen wirkt sich nur bei Frauen positiv auf die Einkommenshöhe aus, bei Männern ist kein solcher Effekt zu verzeichnen. In Tabelle 36 (s. Seite 324) wird nun das vorherige Modell um einige Einkommensdeterminanten, die sich nicht auf das Humankapital beziehen, erweitert. Das erweiterte Modell zeigt für die Humankapitalvariablen ähnliche Koeffizienten mit vergleichbaren Signifikanzniveaus wie das vorherige Modell. Somit kann Hypothese 6.3 (positiver Einfluß der Weiterbildung) zumindest für Frauen bestätigt werden. Der größte Unterschied besteht darin, daß der Notendurchschnitt nun bei keiner Gruppe mehr signifikant ist, während sich nun auch bei Männern ein horizontaler Qualifikationsmismatch negativ auswirkt. Die Hypothesen 6.4a und 6.4b des negativen Einflusses eines Qualifikationsmismatchs kann somit bestätigt werden, wobei die Lohnabschläge bei Überqualifikation deutlich stärker ausfallen als bei horizontalem Mismatch. Auch in diesem Modell sind die Koeffizienten für die Selektionsvariable li bei den Untergruppen der Frauen und Männer nicht signifikant. Da die Variable „Geschlecht“ nicht in den Modellen enthalten ist, kann Hypothese 6.1 nicht eindeutig bestätigt oder widerlegt werden. Wie in Kap. I.3.b) angedeutet, kann jedoch ein für die beiden Geschlechter jeweils unterschiedlicher Einfluß der Merkmale auf das Einkommen auch 55 Nicht signifikante Koeffizienten für l finden sich auch bei Oglobin (1999), i S. 619.

II. Empirische Analyse

323

ein Hinweis auf die Bedeutung der Geschlechtszugehörigkeit bei der Einkommenserzielung sein. Dies läßt sich an den teilweise erheblichen Unterschieden der Koeffizienten für Frauen und Männer (beispielsweise bei der Berufswahl, bei Weiterbildung und Teilzeit, aber auch beim Familienstand und bei der Stellung im Beruf) ablesen, auch wenn diese Unterschiede nicht auf Signifikanz getestet werden. Von besonderem Interesse ist nun die Variable „Männerberuf“: Bei allen Gruppen wirkt sich die Wahl eines Männerberufs positiv auf die Einkommenshöhe aus, bei Frauen jedoch ist der Effekt schwächer und nur auf dem 10%-Niveau signifikant. Somit kann insgesamt Hypothese 6.2 bestätigt werden. Wenig überraschend ist der negative Einfluß von Teilzeit- und geringfügiger Beschäftigung auf das Einkommen, wobei betont werden kann, daß der negative Teilzeiteffekt bei Männern deutlich stärker ist, vermutlich weil Männer in Teilzeitbeschäftigung im Gegensatz zu Frauen Außenseiter sind. Hypothese 6.5 kann somit ebenfalls bestätigt werden. Ebenfalls negativ auf die Einkommenshöhe wirkt sich bei Männern Zeitarbeit aus. Da sich der diskriminatorische Teil der Lohnlücke, der im nächsten Abschnitt berechnet wird, aus dem Unterschied der Koeffizienten der beiden Schätzungen für Männer und Frauen ergibt, kann im Falle von Teilzeit und Zeitarbeit eine deutliche Diskriminierung von Männern festgestellt werden, denn bei ihnen fallen die Lohnabschläge bei der Wahl einer dieser Beschäftigungsformen deutlich größer aus als bei Frauen. Dies gilt im übrigen auch für Männer, die überqualifiziert tätig sind. Frauen sind zwar von diesen beiden Benachteiligungsfaktoren häufiger als Männer betroffen, wenn sie aber bei Männern vorkommen, so haben diese deutlich stärkere Einkommensnachteile zu verzeichnen als Frauen. Befristung hat auf das Einkommen keinerlei positiven oder negativen Effekt, möglicherweise gleichen auch beide einander gerade aus. Somit wird Hypothese 6.6, die beide Möglichkeiten für denkbar hält, genau bestätigt. Eine weitere interessante Variable stellt der Arbeitsweg dar: Je weiter der Weg ist, um so höher ist das Einkommen. Das zeigt, daß Erwerbstätige eine Stelle mit weitem Arbeitsweg nur dann akzeptieren, wenn das Einkommen angemessen ist. Der Einfluß der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft, im Berufsverband oder im Betriebsrat ist gemischt. Am deutlichsten ist der positive Einfluß der Mitgliedschaft im Berufsverband. Deutlich positiv wirkt bei allen Gruppen auch die Betriebsgröße: Je größer ein Unternehmen ist, um so höher ist das Einkommen, das dort erzielt wird. In einigen Branchen, insbesondere im Handel, in der Land- und Forstwirtschaft, in der öffentlichen Verwaltung oder im Bereich „Verkehr und Nachrichten“ wird signi-

324

D. Einkommensbenachteiligung von Frauen Tabelle 36 Determinanten des Einkommens, erweitertes Modell ohne Korrektur des Selectivity-bias

mit Korrektur des Selectivity-bias 2. Stufe Sample-selection-Modell

gepoolt

Frauen

Männer

gepoolt

Frauen

0,6232*** 0,0716*** 0,0245*** –0,0324*** 0,0154*** –0,0302*** 0,0011 –0,1609*** 0,0661*** 0,0393** 0,1304*** 0,3043*** 0,0466** –0,1283*** –0,5162*** –0,1146** –0,0401 0,0017*** 0,0029 0,0829*** –0,0543*** 0,1954*** . 0,0926*** 0,5659*** –0,0369 . 0,2167*** 0,3055*** 0,3183*** 0,3489*** 0,3984*** 0,0331 –0,0549 –0,1063*** 0,0487** –0,2806*** –0,0843*** 0,0820*** –0,0922*** . ---

0,6869*** 0,0696*** 0,0229*** –0,0362*** 0,0170*** –0,0332*** –0,0088 –0,0989*** 0,0645** 0,0552** 0,0501* 0,2734*** –0,0204 –0,0358 –0,4161*** 0,0046 –0,0065 0,0018*** 0,0487* 0,1044** –0,0903* 0,2492*** . 0,2498*** 0,4341*** 0,0319 . 0,1711*** 0,2767*** 0,2672*** 0,2966*** 0,3927*** –0,0044 –0,2743 –0,1245*** 0,0207 –0,3025** –0,0614* 0,0518 –0,1368** . ---

0,8522*** 0,0656*** 0,0251*** –0,0310*** 0,0142*** –0,0287*** –0,0204 –0,1998*** 0,0503* 0,0119 0,0893*** 0,3029*** 0,0739*** –0,2023*** –0,4741*** –0,2047*** –0,0405 0,0014*** –0,0371 0,0851*** –0,0408 0,2304*** . 0,0489 0,7168*** –0,0019 . 0,2102*** 0,2760*** 0,2975*** 0,3341*** 0,3550*** 0,0067 0,0140 –0,0917** 0,0543 –0,2663*** –0,0770** 0,0713** –0,0848* . ---

0,4205*** 0,0761*** 0,0319*** –0,0519*** 0,0156*** –0,0309*** –0,0008 –0,1632*** 0,0640*** 0,0418** 0,1283*** 0,3221*** 0,0456** –0,1291*** –0,5230*** –0,1257** –0,0345 0,0018*** 0,0064 0,0795*** –0,0580* 0,2046*** . 0,0974*** 0,5707*** –0,0389 . 0,2137*** 0,3029*** 0,3161*** 0,3438*** 0,3951*** 0,0337 –0,0534 –0,1031*** 0,0536** –0,2761*** –0,0789*** 0,0859*** –0,0907*** . 0,2391***

0,6354*** 0,0707*** 0,0249*** –0,0415*** 0,0172*** –0,0338*** –0,0085 –0,0995*** 0,0634** 0,0557** 0,0501* 0,2761*** –0,0231 –0,0393* –0,4209*** 0,0003 –0,0057 0,0018*** 0,0493* 0,1027*** –0,0884* 0,2507*** . 0,2491*** 0,4332*** 0,0317 . 0,1712*** 0,2774*** 0,2689*** 0,2966*** 0,3926*** –0,0033 –0,2780 –0,1232*** 0,0223 –0,2993** –0,0607* 0,0529 –0,1350** . 0,0600

0,7591*** 0,0671*** 0,0286*** –0,0401*** 0,0143*** –0,0291*** –0,0214 –0,2014*** 0,0500** 0,0128 0,0909*** 0,3192*** 0,0858*** –0,2026** –0,4982*** –0,2058*** –0,0390 0,0014*** –0,0364 0,0854*** –0,0466 0,2320*** . 0,0486 0,7189*** –0,0063 . 0,2062*** 0,2744*** 0,2957*** 0,3322*** 0,3533*** 0,0070 0,0157 –0,0898** 0,0558 –0,2654*** –0,0745** 0,0727** –0,0848* . 0,1174

F

101,57***

43,70***

51,56***

99,99***

42,58***

50,23***

Korr. R2

0,5965

0,5550

0,6000

0,5991

0,5546

0,6000

2 518

1 270

1 248

2 518

1 270

1 248

Konstante Bildungsdauer (in Jahren) potentielle Berufserfahrunga potentielle Berufserfahrung2 /100 Betriebszugehörigkeit Betriebszugehörigkeit2 /100 letzter Notendurchschnittb überqualifizierte Beschäftigungc Tätigkeit im erlernten Beruf Weiterbildung 2001/02d Männerberufe Westdeutschland verheiratetf Teilzeitbeschäftigungg geringfügige Beschäftigung Zeitarbeit befristete Beschäftigung Arbeitsweg in kmh Mitglied in Gewerkschaft Mitglied im Berufsverband Mitglied im Betriebsrat Angestellter (Arbeiter) Beamter Selbständig Betriebsgröße: Selbst. o. Mitarb. (Betriebsgröße bis unter 5 Besch.) Betriebsgröße bis unter 20 Besch. Betriebsgröße bis unter 100 Besch. Betriebsgröße bis unter 200 Besch. Betriebsgröße bis unter 2000 Besch. Betriebsgröße ab 2000 Besch. Branche: Baugewerbe Branche: Bergb./Energie/Wasser Branche: Handel Branche: Kredit, Vers., wirt. DL Branche: Land-/Forstw., Fischerei Branche: öff. Verw., Sozialvers.i Branche: verarb. Gewerbe Branche: Verkehr, Nachrichten (Branche: öff. u. priv. DL) Lambda

N

Männer

II. Empirische Analyse

325

Tabelle 36 (Fortsetzung) Signifikanzniveau: *** = p < 0,01, ** = p < 0,05, * = p < 0,1 abhängige Variable: ln(Bruttolohn/Stunde) bezogen auf den Bruttolohn des letzten Monats (inkl. Überstundenvergütung) und die tatsächlich im Durchschnitt gearbeiteten Stunden einschließlich evtl. Überstunden OLS-Modell (2. Stufe des Sample-selection-Modells) a berechnet als Alter –Bildungszeit –6 b arithmetisches Mittel der Noten des schulischen Abschlußzeugnisses in den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache c Überqualifizierte Beschäftigung des Typs A oder B. Vgl. Kap. A.V.2.d)cc) d Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen mit Ziel „Qualifizierung für den beruflichen Aufstieg“ oder „Anpassung an neue Anforderungen in meiner bisherigen Tätigkeit“ im Zeitraum 2001 bis 2002 e Vgl. Kap. B.III.1.a) f einschließlich mit Partner zusammenlebend, ohne getrenntlebende Verheiratete g unter 30 Std./Woche h einfache Entfernung Wohnung – regelmäßige Arbeitsstätte i einschließlich exterritorialer Organisationen Jeweilige Referenzkategorien stehen in Klammern. Berücksichtigt sind alle Personen des SOEP von 16 bis unter 65 Jahren, für die alle Variablen vorliegen bzw. berechnet werden können. Quelle: Eigene Auswertung des SOEP (2003 und 2004).

fikant weniger verdient als im Dienstleistungsbereich, während ceteris paribus im verarbeitenden Gewerbe höhere Einkommen erzielt werden. Hinsichtlich der getrennten Schätzungen für Frauen- und Männerberufe56 sollen noch einige bemerkenswerte Ergebnisse erwähnt werden. Zunächst ist festzuhalten, daß beide Geschlechter in Männerberufen im Durchschnitt mehr verdienen, daß aber die Lohndifferenz in Männerberufen kleiner ist. Auch bei diesen Schätzungen sind die Koeffizienten für li nicht signifikant, und zwar auch nicht für das gesamte Sample. Dies kann möglicherweise darauf zurückgeführt werden, daß – wie schon zu Beginn dieses Abschnitts erwähnt wurde – die Partizipationsgleichung eine relativ geringe Trennfähigkeit aufweist, da von vornherein viele nicht erwerbstätige Personen aus der Analyse ausgeschlossen worden sind, weil für sie die Art des Berufs nicht vorliegt. Des weiteren ist zu erwähnen, daß die Weiterbildungsteilnahme nur in Männerberufen einen signifikanten Effekt auf die Einkommenshöhe hat. Dies kann mit der theoretisch höheren Innovationsdynamik in Männerberufen erklärt werden; allerdings sind mehr und mehr Frauen im Dienstleistungsbereich beschäftigt, der ebenfalls zum großen Teil viel Weiterbildung erfordert. Der negative Einfluß einer Teilzeitbeschäftigung ist nicht bei Frauen in Frauenberufen zu beobachten, vermutlich, weil diese Beschäftigungsform hier sehr üblich ist (47% der Frauen in Frauenberufen arbeiten Teilzeit). Frauenberufe sind vermutlich besser für Teilzeit geeignet, und gerade aus diesem Grund sind sie Frauenberufe. 56

Vgl. Tabelle A2.2 im Anhang.

326

D. Einkommensbenachteiligung von Frauen

5. Dekomposition der Einkommenslücke Im vorherigen Abschnitt wurden zwei semi-logarithmische Lohnregressionen getrennt für Männer und Frauen geschätzt, woraus sich mittels der empirischen Beobachtungen der Durchschnittswerte die folgenden Gleichungen ergeben: È59ê

^ 0€xm lnÈw € mê ã b m

È60ê

  ^ 0 €xf €f ã b ln w f

€ m und w € f als die durchschnittlichen Bruttolöhne pro Stunde für Mänmit w ner bzw. Frauen, mit €xf und €xf als die Vektoren der Durchschnittswerte der ^ 0 als die zugehöri^ 0 und b Regressoren für Männer bzw. Frauen und mit b f f gen Vektoren der geschätzten Koeffizienten. In diesem Abschnitt soll nun die beobachtbare geschlechtsspezifische Lohnlücke und ihre Aufspaltung in einen diskriminierenden und einen nicht diskriminierenden Teil berechnet werden. Es soll dabei prinzipiell nach der 1973 von Oaxaca und Blinder57 unabhängig voneinander entwickelten Methode der Komponentenzerlegung vorgegangen werden; später werden jedoch auch Weiterentwicklungen dieser Methode verwendet. Nach dieser Zerlegungsmethode ist der nicht diskriminierende Einkommensunterschied auf die unterschiedliche Humankapitalausstattung und weitere Individualmerkmale in der Lohnregression zurückzuführen, während der dann verbleibende residuale Anteil der Einkommensdifferenz als diskriminierender Teil bezeichnet werden kann. Er kann berechnet werden auf Grundlage der Unterschiede zwischen den Koeffizienten für Männer und für Frauen bei jeder einzelnen Variable. Diese Unterschiede drücken aus, inwieweit die einzelnen Merkmale bei Männern und Frauen verschieden starke Auswirkungen auf die Einkommenshöhe haben. Zunächst wird von dem folgenden Diskriminierungskoeffizienten D ausgegangen, der sich aus dem Unterschied zwischen tatsächlich beobachtbarem Lohnquotienten (wm /wf) zwischen den Geschlechtern sowie dem hypothetischen Lohnquotienten (wm /wf)0 bei Abwesenheit von Diskriminierung ableitet:58 57

Vgl. Oaxaca (1973) und Blinder (1973). Zu beachten sind die Unterschiede, aber auch die Ähnlichkeiten zwischen D und dem in Kap. A.III.2.a) definierten Diskriminierungskoeffizienten d nach Becker. d steht im Fall perfekt gegeneinander substituierbarer weiblicher und männlicher Arbeitskräfte in folgender Beziehung zum Verhältnis des Frauenlohns zum Männerlohn: wf =wm ã 1  d , d ã 1  wf =wm . Der Becker’sche Diskriminierungskoeffi58

II. Empirische Analyse

È61ê



327

wm =wf  Èwm =wf ê0 Èwm =wf ê0

oder in äquivalenter logarithmierter Form: È62ê

lnÈD þ 1ê ã lnÈwm =wf ê  lnÈwm =wf ê0

An dieser Stelle ist anzumerken, daß nach dem Prinzip der Kostenminimierung (wm /wf )0 dem Verhältnis der Grenzprodukte von Männern und Frauen auf einem nicht diskriminierenden Arbeitsmarkt entspricht. Da (wm /wf )0 nicht beobachtbar ist, ist die Ermittlung von D äquivalent mit der Ermittlung dieses Verhältnisses. Dies ist mittels der gegebenen Daten allerdings nur unter der Voraussetzung möglich, daß die aktuelle Lohnstruktur der Frauen bei Abwesenheit von Diskriminierung auch auf die Männer angewandt werden können muß und umgekehrt.59 Auf einer dieser Annahmen basierend (im folgenden wird die Lohnstruktur der Frauen als Referenz gewählt) und mit Hilfe von Formel (62) wird nun eine neue Größe G definiert als È63ê È64ê



€m  w €f w bzw: €f w

lnÈG þ 1ê ã lnÈ€ wm ê  lnÈ€ wf ê

Durch Einsetzen der Gleichungen (59) und (60) und mit D€x ã €xm  €xf ^0 ã b ^ 0b ^ 0 ergibt sich und Db f m

È65ê

^ 0 €xm  b ^ 0 €xf lnÈG þ 1ê ã b m f

 0 ^ ^ ^ 0€xf ã bf  Db 0 €xm  b f ^ 0€xm  Db ^ 0 €xm  b ^ 0 €xf ãb f f ^ 0 D€x  Db ^ 0 €xm ãb f

zient repräsentiert also den prozentualen Lohnabschlag aufgrund von Diskriminierung. Sind weibliche und männliche Arbeitskräfte keine perfekten Substitute, so ergibt sich d ã Èwf =wm ê0  wf =wm . d bildet also die Differenz zwischen dem Lohnquotienten im hypothetischen Fall ohne Diskriminierung und diesem Quotienten bei Vorliegen von Diskriminierung ab. Abgesehen vom Vorzeichen bei der hier gewählten Definition unterscheidet sich D von d nur dadurch, daß d noch auf das Verhältnis von Frauenlöhnen zu Männerlöhnen im hypothetischen Fall ohne Diskriminierung bezogen wird. Beide Maße sind also verwandt, und beide Berechnungen benötigen nicht die Voraussetzung der perfekten Substituierbarkeit zwischen den Arbeitskräften (vgl. Oaxaca (1973), S. 695). Sowohl D als auch d sind zwischen 0 und 1 normiert, je höher beide sind, um so stärkere Diskriminierung liegt vor. 59 Vgl. Oaxaca (1973), S. 695.

328

D. Einkommensbenachteiligung von Frauen

Wiederum auf der Basis von Gleichung (62) und unter der Annahme, daß die Lohnstruktur der Frauen ohne Diskriminierung auch auf Männer angewandt werden kann, kann gezeigt werden, daß 

È66ê

È67ê

wm d ln wf

0

^ 0 D€x ãb f

^ 0 €xm lnÈDd þ 11ê ã Db

Alternativ kann zur Darstellung der Aufspaltung in einen diskriminierenden und einen nicht diskriminierenden Teil der Einkommensdifferenz unterschieden werden: È68ê

     ^ 0b ^ 0 €xm ^ 0 €xm  €xf þ b € m ê  ln w €f ã b lnÈw f m f |fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl} |fflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl} HKAusstattungseffekt

Diskriminierungseffekt

Anstelle der Annahme, daß die Lohnstruktur der Frauen ohne Diskriminierung auch auf Männer angewandt werden kann, kann auch die Lohnstruktur der Männer als Referenz genommen werden. Hiernach ergeben sich dann zwei Möglichkeiten, die beiden obigen Effekte zu berechnen, die allerdings unterschiedliche Ergebnisse hervorbringen. Neumark (1988) argumentiert aufgrund dieser Einschränkung, daß es weder realistisch sei, daß sich in einer nichtdiskriminatorischen Umgebung die Lohnstruktur der Männer durchsetze, noch, daß die der Frauen für alle gelte. Vielmehr müsse man von einer wahren nichtdiskriminatorischen Lohnstruktur ausgehen, die zwischen den beiden angesiedelt sei. Dies läßt sich folgendermaßen ausdrücken: È69ê



     ^ 0b ^ 0 €xm þ b ^ 0b ^ 0 €xf ^ 0 €xm  €xf þ b € m ê  ln w €f ã b lnÈw p m p p f |fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl} |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl} HKAusstattungseffekt

Diskriminierungseffekt

^ die geschätzten Koeffizienten der gepoolten LohnHierbei stellen die b p regression von Männern und Frauen dar. Der Diskriminierungseffekt läßt sich auf diese Weise unterteilen in den Lohnvorteil der Männer (zweiter Term) und den Lohnnachteil der Frauen (dritter Term). Des weiteren gilt es, bei der Dekomposition die Korrektur des Selectivity-bias durch das Sample-selection-Modell zu berücksichtigen. Oaxaca (1973) ging bei der ursprünglichen Herleitung dieser Aufspaltung von einer einstufigen Schätzung der beiden Lohngleichungen für Männer und Frauen aus. Wenn allerdings – wie in dieser Arbeit – diese Gleichungen zweistufig

II. Empirische Analyse

329

über das Sample-selection-Modell geschätzt werden, wird dieser Dekomposition noch ein weiterer Term hinzugefügt, der sich aus €l^m und €l^f mit ihren jeweiligen Koeffizienten zusammensetzt. Bei Berücksichtigung dieses Terms ergibt sich folgende mögliche Dekomposition der beobachteten Lohnlücke:60



     ^ 0b ^ 0 €xm þ b ^ 0b ^ 0 €xf ^ 0 €xm  €xf þ b € m ê  ln w €f ã b lnÈw p m p p f |fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl} |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl} HKAusstattungseffekt

È70ê

Diskriminierungseffekt

 ^f ^ €l^m  b ^ € l þ b lm lf |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl} Selektionseffekt

Diese Art der Dekomposition ist keineswegs die einzig mögliche, doch ist sie sehr häufig in der Literatur zu finden, da sie eine der einfachsten Möglichkeiten darstellt, den Korrekturterm zu integrieren.61 Problematisch in der Interpretation ist jedoch, daß das Vorzeichen des Selektionseffekts nicht eindeutig ist, wenn man verschiedene Studien, die diese Art von Dekomposition anwenden, vergleicht.62 Theoretisch ist anzunehmen, daß das Vorzeichen des Selektionseffekts negativ ist, denn wenn man diesen Term auf die linke Seite der Gleichung transferiert und ihn von der beobachteten Lohndifferenz subtrahiert, dann erhält man die potentielle Lohndifferenz, falls alle Erwerbspersonen tatsächlich am Arbeitsmarkt partizipieren würden. Zu erwarten wäre, daß die potentielle Lohndifferenz die tatsächliche übersteigt. Ein weiteres Problem in der Vorgehensweise, den Selektionseffekt auf die linke Seite zu bringen, besteht darin, daß dann die verbleibende Dekomposition auf der rechten Seite die potentielle Lohnlücke auf der linken Seite aufspaltet. Diese Dekomposition muß aber nicht notwendigerweise mit derjenigen der beobachteten Lohnlücke übereinstimmen, die ja eigentlich erklärt werden soll und von der die Berechnung ausgeht.63 60 Bei Hinzunahme weiterer Variablen zu den Humankapitalvariablen ist die Bezeichnung HK-Ausstattungseffekt irreführend. Gemeint ist, daß dieser Teil der Lohnlücke durch Unterschiede im Humankapital bzw. ggf. bei anderen individuellen und arbeitsplatzbezogenen Merkmalen, wohingegen der zweite Term den nicht gerechtfertigten und somit auf Diskriminierung zurückzuführenden Teil der Lohnlücke bezeichnet. 61 Beblo et al. (2003), S. 11 ff., liefern einen Überblick über verschiedene Möglichkeiten, wie in der Literatur der Selektionseffekt bei der Dekomposition gehandhabt wird. Oaxaca/Neuman (2003), S. 4 ff., schlagen weitere Möglichkeiten der Dekomposition mit Integration des Korrekturterms vor, die allerdings aufwendiger sind, ohne dabei unbedingt an Aussagekraft zu gewinnen. 62 Beispielhaft auch hier Oaxaca/Neuman (2003), S. 27, die je nach Stichprobe positive oder negative Vorzeichen erhalten. Oglobin (1999), S. 622, erhält ein positives Vorzeichen für diesen Effekt, während sich bei Flückiger/Silber (1999), S. 159, ein negatives ergibt.

330

D. Einkommensbenachteiligung von Frauen

Aus diesem Grund und wegen der Unklarheit über das Vorzeichen des Selektionseffektes wird zwar Formel (70) zur Dekomposition verwendet, der Selektionseffekt wird allerdings als dritter Term, der neben dem HK-Ausstattungseffekt und dem Diskriminierungseffekt einen zusätzlichen Beitrag zur Erklärung der beobachteten Lohnlücke liefert, auf der rechten Seite der Gleichung belassen. Zur Berechnung des Diskriminierungsanteils wird der Diskriminierungseffekt zur beobachteten Lohnlücke ins Verhältnis gesetzt und nicht, wie in einigen Studien üblich, auf die potentielle Lohnlücke, die nach dem soeben beschriebenen Vorgehen berechnet werden kann, bezogen. 6. Ergebnisse der Dekomposition Wie hoch die tatsächliche gemessene Diskriminierung ist, hängt stark davon ab, welche bzw. wie viele Variablen man in die Gleichung mit aufnimmt. Deshalb soll im folgenden zunächst eine Dekomposition nur mit klassischen Humankapitalvariablen durchgeführt werden, und zwar basierend auf den Ergebnissen der OLS-Regression sowie des zweistufigen Sample-selection-Modells. Sodann werden die Ergebnisse der um andere Variablen erweiterten Modelle und der für Frauen- und Männerberufe getrennt vorgenommenen Schätzungen verwendet, um ebenfalls Dekompositionen zu berechnen. Die Ergebnisse sind in Tabelle 37 aufgeführt. Der Vergleich der Ergebnisse zeigt zunächst, daß der gerechtfertigte Teil der Lohnlücke um so größer wird, je mehr Variablen berücksichtigt werden, da dieser Teil ja durch die beobachtbaren Unterschiede bei Männern und Frauen erklärt werden kann. Die meisten zusätzlich verwendeten Variablen (neben den Humankapitalvariablen) weisen unterschiedliche Ausstattungseffekte bei Frauen und Männern auf, die Koeffizienten jedoch sind sich sehr ähnlich und deuten somit auf wenig Diskriminierung hin. Der Ausstattungseffekt, d. h. der nicht diskriminierende Teil der Einkommenslücke, steigt somit, während der diskriminierende Anteil automatisch sinkt, je mehr Variablen berücksichtigt werden. Allerdings ist fraglich, ob alle Variablen in der Einkommensregression gerechtfertigt sind, selbst wenn sie einen Beitrag dazu leisten, die Einkommensdifferenz zu erklären. Da einige Variablen nicht eindeutig exogen gegeben sind, bilden sie möglicherweise die Quelle einer anderen Form von Diskriminierung ab, die mit der hier benutzten Dekompositionsmethode nicht gemessen werden kann. Wenn z. B. die Variablen „Teilzeitbeschäftigung“ oder „überqualifizierte Beschäftigung“ betrachtet werden, so kann schon die Unterschiedlichkeit der Geschlechter hinsichtlich solcher Variablen Diskriminierung darstellen, wenn argumen63 Vgl. Oglobin (1999) und Flückiger/Silber (1999), die diese Vorgehensweise benutzen.

II. Empirische Analyse

331

tiert wird, daß die Wahl der Variablenausprägungen bei den Geschlechtern (und besonders bei Frauen) nicht immer vollkommen freiwillig geschieht, sondern auf Druck von außen.64 Durch die Zuordnung dieses Unterschieds zum Ausstattungseffekt wird somit ein Teil der Einkommensdifferenz „erklärt“, diese „Erklärung“ vernachlässigt jedoch, daß auch beim Ausstattungseffekt Diskriminierung im Spiel sein kann. Da diese mögliche versteckte Diskriminierung aber nur schwer feststellbar und noch weniger quantifizierbar ist, kann nur festgehalten werden, daß das wahre Ausmaß an Diskriminierung sich höchstwahrscheinlich zwischen dem Diskriminierungsanteil im Modell nur mit Humankapitalvariablen und dem im erweiterten Modell befindet. Der Vergleich der Dekompositionen der ersten beiden Modelle zeigt, daß die Berücksichtigung des Selectivity-bias die ausgewiesene Diskriminierung erhöht. Dieser Effekt verschwindet jedoch, wenn weitere Variablen hinzugenommen werden. Vergleicht man nun die Spezifikation, die nur Humankapitalvariablen enthält, mit dem erweiterten Modell, so wird deutlich, daß einige Variablen den Ausstattungseffekt signifikant erhöhen: Der Effekt der Berufswahl beläuft sich auf ein Viertel des gesamten Ausstattungseffekts, und die Variable „Teilzeit“ macht etwa ein Fünftel dieses Effekts aus. Werden also alle Variablen des Modells einbezogen, so beläuft sich der diskriminierende Teil der Einkommenslücke nur auf gut 25% der Einkommenslücke. Die letzten zwei Spalten zeigen die Ergebnisse für die nach Frauen- und Männerberufen getrennten Schätzungen. Die Lohndifferenz ist offensichtlich in Frauenberufen deutlich größer als in Männerberufen.65 Dies bedeutet vermutlich, daß Männer in Frauenberufen meist gut ausgebildet und somit im Durchschnitt höher qualifiziert sind als Frauen in Frauenberufen, während Frauen in Männerberufen relativ hoch entlohnt werden, wie die im 64 Dies kann im übrigen auch bei den klassischen Humankapitalvariablen der Fall sein: Wenn z. B. Mädchen weniger Schulbildung gewährt wird als Jungen, dann taucht dies in der Diskriminierungsmessung (die sich allerdings auch nur auf den Arbeitsmarkt beziehen soll) nicht auf. So kann also der HK-Ausstattungseffekt an sich eine völlig andere Art von Diskriminierung darstellen, wenn die Unterschiede hier nicht freiwillig, sondern aufgezwungen sind. Vgl. dazu auch Polachek (1978), der das Über- oder Unterschätzen des diskriminierenden Anteils der Lohnlücke diskutiert. Er argumentiert, daß der diskriminierende Anteil unterschätzt werde, wenn die Bildungsunterschiede aufgrund von Diskriminierung außer acht gelassen werden. Andererseits könne dieser Anteil aber auch überschätzt werden, wenn die beschäftigungsrelevanten Unterschiede zwischen Männern und Frauen auf die Nachfrageseite zurückgeführt werden, obwohl sie angebotsseitig induziert sind (beispielsweise freiwillige Teilzeitbeschäftigung und andere auf Präferenzen basierende Merkmale). 65 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen Flückiger/Silber (1999), S. 162, mit Schweizer Daten.

332

D. Einkommensbenachteiligung von Frauen Tabelle 37 Dekomposition der Einkommensdifferenz Basismodell Basismodell erw. Modell erw. Modell erw. Modell erw. Modell ohne Korr. mit Korr. ohne Korr. mit Korr. mit Korr. mit Korr. d. Selecd. Selecd. Selecd. Selec(Frauen(Männertivity-bias tivity-bias tivity-bias tivity-bias berufe) berufe)

1. Einkommensdifferenz:   € m ê  ln w €f lnÈw

0,3346

0,3346

0,3345

0,3345

0,3525

0,1856

2. erklärter Teil der Einkommensdifferenz:   ^ 0 €xm  €xf b p

0,0891

0,0878

0,2489

0,2464

0,2443

0,0708

0,0067 0,0316 –0,0258 0,0710 –0,0419 –0,0026 0,0015 0,0289 0,0023

0,0069 0,0427 –0,0343 0,0713 –0,0422 –0,0028 0,0014 0,0291 0,0024

–0,0599 0,0840 –0,0549 0,0422 –0,0299 0,0024 0,0048 0,0207 0,0001

0,0132

0,0119 0,0382 –0,0305 0,0476 –0,0299 –0,0002 0,0013 0,0131 0,0017 0,0686 0,0145 0,0004 0,0521 0,0214 0,0009 0,0004 0,0128 0,0007 0,0036 –0,0007 –0,0414 0,0406 0,0190

0,0383 0,0361 –0,0275 0,0631 –0,0340 –0,0013 0,0031 0,0091 0,0012

0,0128

0,0112 0,0293 –0,0190 0,0468 –0,0292 0,0002 0,0013 0,0129 0,0016 0,0697 0,0137 0,0004 0,0517 0,0211 0,0008 0,0004 0,0126 0,0003 0,0037 –0,0007 –0,0396 0,0410 0,0181

0,0175 0,0001 0,0352 0,0193 0,0011 0,0000 0,0100 0,0050 0,0109 –0,0003 –0,0050 0,0504 0,0120

0,0212 –0,0017 0,0517 0,0132 0,0011 0,0025 0,0041 –0,0037 –0,0030 –0,0010 –0,0519 0,0118 0,0169

0,1206

0,2409

0,0433

0,0985

0,0218

0,0620

0,1250

0,0521

0,0423

–0,0137

0,0035

0,0080

---

–0,0495

---

0,0033

0,0826

0,0447

73,40%

87,57%

25,59%

25,35%

7,18%

37,72%

davon: Bildungsdauer (in Jahren) potentielle Berufserfahrunga pot. Berufserfahrung2 /100 Betriebszugehörigkeit Betriebszugehörigkeit2 /100 letzter Notendurchschnittb Tätigkeit im erlernten Beruf Überqual. Beschäftigungc Weiterbildung 2001/02d Männerberufe Westdeutschland verheiratetf Teilzeitbeschäftigungg geringfügige Beschäftigung Zeitarbeit befristete Beschäftigung Arbeitsweg in kmh Mitglied in Gewerkschaft Mitglied im Berufsverband Mitglied im Betriebsrat berufl. Stellung Betriebsgröße Branche 3. auf Diskriminierung zurückzuführende Teile der Einkommensdifferenz:

 ^ 0b ^ 0 €xm b m p

 ^ 0b ^ 0 €xf b p f 4. Selektionseffekt:

 ^ €l^m  b ^ l€^f b lm

lf

Einkommensdiskriminierung: (3)/1

II. Empirische Analyse

333

Tabelle 37 (Fortsetzung) a b c d e f g h

berechnet als Alter –Bildungszeit –6 arithmetisches Mittel der Noten des schulischen Abschlußzeugnisses in den Fächern Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache Überqualifizierte Beschäftigung des Typs A oder B. Vgl. Kap. A.V.2.d)cc) Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen mit Ziel „Qualifizierung für den beruflichen Aufstieg“ oder „Anpassung an neue Anforderungen in meiner bisherigen Tätigkeit“ im Zeitraum 2001 bis 2002 Vgl. Kap. B.III.1.a) einschließlich mit Partner zusammenlebend, ohne getrenntlebende Verheiratete unter 30 Std./Woche einfache Entfernung Wohnung – regelmäßige Arbeitsstätte

Quelle: Eigene Auswertung des SOEP (2003 und 2004).

Vergleich zu den anderen Modellen sehr niedrige Lohndifferenz nahelegt. Frauen in Männerberufen sind vermutlich auf der ganzen Breite der Palette der Männerberufe tätig, d. h. nicht nur in besonders hoch oder niedrig entlohnten Berufen. Überraschenderweise ist jedoch der (relative und absolute) diskriminierende Anteil der Lohndifferenz in Männerberufen deutlich höher66, obwohl die gesamte Lohndifferenz nur halb so groß ist wie in Frauenberufen. Dies erscheint auf den ersten Blick paradox, weist aber bei näherer Betrachtung vielmehr darauf hin, daß die Größe der Lohndifferenz nicht unbedingt das Ausmaß der Diskriminierung beeinflussen muß. Dies bedeutet, daß Frauen in Männerberufen durchschnittlich sowohl Vorteile als auch Nachteile haben: Was tatsächliche Diskriminierung betrifft, sind sie dort stärker betroffen, jedoch ist gleichzeitig die Differenz zwischen ihrem eigenen und dem Einkommen der Männer niedriger. Der geringere Diskriminierungsanteil in Frauenberufen reflektiert möglicherweise, daß Frauen Berufe, in denen sie eine starke Diskriminierung antizipieren, meiden und statt dessen Berufe ergreifen, in denen sie kaum oder keiner Diskriminierung ausgesetzt sind. Falls Präferenzen oder Fähigkeiten einen starken Einfluß auf die Berufswahl und auf die Bildung eines typisch weiblichen Sektors ausüben, ist es auch denkbar, daß Diskriminierung dort gering ist, weil sich nur wenige Männer in diesem Sektor befinden, die die Frauen überhaupt diskriminieren können. Im Durchschnitt haben Frauen – in bezug auf die Einkommenshöhe und die Einkommensdifferenz – in Männerberufen mehr Erfolg. Aber als Minderheit sind sie dort stärker als in Frauenberufen Diskriminierung ausgesetzt. Wenn Frauen 66 Auch hier kommen Flückiger/Silber (1999), S. 162, zu ähnlichen Ergebnissen. Hansen/Wahlberg (2000) jedoch erhalten für schwedische Daten entgegengesetzte Ergebnisse. Sie beobachten bei Männerberufen keine signifikante Diskriminierung. Allerdings ist anzumerken, daß die Autoren eine andere ökonometrische Spezifikation benutzen und daß der schwedische Arbeitsmarkt in bezug auf Diskriminierung und auf die Rolle der Frau speziell ist.

334

D. Einkommensbenachteiligung von Frauen

häufiger Männerberufe ergreifen würden, kann mit zwei positiven Konsequenzen gerechnet werden: mit durchschnittlich besseren Positionen für Frauen und mit weniger Diskriminierung von Frauen in Männerberufen, weil der Status der Frauen in diesen Berufen dadurch gestärkt würde, daß sie dann immer weniger eine Minderheit darstellen. Vermutlich bedarf es zur Überwindung der aktuellen Persistenz hinsichtlich der Segregation aber einer „kritischen Masse“ an „Vorreiterinnen“, die erst einmal erreicht werden muß.

III. Fazit Offenbar hängt das Ausmaß der Lohndiskriminierung stark von der ökonometrischen Spezifikation, d. h. vor allem von der Anzahl der berücksichtigten Variablen, ab. Daraus läßt sich schlußfolgern, daß der Diskriminierungsanteil kaum exakt quantifizierbar ist, da zum einen nicht objektiv entschieden werden kann, welche Variablen für die Dekomposition eigentlich berücksichtigt werden sollen. Zieht man wie in der ursprünglichen „earnings function“ nur Humankapitalvariablen heran, so ist der nicht erklärte Anteil der Lohndifferenz sehr groß, während er bei Hinzunahme weiterer Variablen immer mehr abnimmt. Des weiteren läßt sich nicht endgültig klären, inwieweit die exogenen Variablen tatsächlich alle exogen gegeben sind. Es sind äußere Einflüsse auf viele der Variablen denkbar; diese wiederum basieren möglicherweise auf Pre-market-Diskriminierung, die mittels der Dekompositionstechnik aber nicht gemessen werden kann und sich außerdem auch nicht auf Lohndiskriminierung beschränkt. Da nicht der möglichen Endogenität vieler Variablen gleichzeitig Beachtung geschenkt werden kann – es erscheint mittels des hier verwendeten Datensatzes kaum möglich, geeignete Instrumente für eine IV-Schätzung zu finden – und keine gravierenden Interdependenzen zwischen endogener Variable und den exogenen Variablen vermutet werden müssen, wurde die vorliegende Spezifikation gewählt. Als weitere mögliche Probleme dieser Spezifikation sind zu nennen, daß, selbst unter Einbeziehung nicht erwerbstätiger Personen in die zweistufige Schätzung der Einkommensregression, Sample-selectivityProbleme sich nie ganz vermeiden lassen und daß trotz des großen Variablensets immer noch wichtige Variablen fehlen können.67 67 Vgl. zu diesen Problemen auch Daymont/Andrisani (1984), S. 422. Wichtige fehlende Variablen können u. a. die Einsatzbereitschaft oder die Unternehmensbindung sein, denn falls diese bei Frauen geringer sind, würde sich der auf Diskriminierung zurückzuführende Anteil der Lohndifferenz weiter verkleinern. Solche produktivitätsrelevanten Faktoren werden meist viel zu wenig in Einkommensanalysen beachtet. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, daß diese Unterschiede auch durch Diskriminierung begründet sind (vgl. Hinz/Gartner (2005), S. 6 f.).

III. Fazit

335

Die berechneten Diskriminierungsanteile der Einkommensdifferenz nach den Spezifikationen können somit nur mögliche Maximal- und Minimalwerte für die Diskriminierung anzeigen, es bleibt also dem Leser überlassen zu entscheiden, ob er die Größe des Variablensets für angemessen hält. Je mehr man die aktive Rolle der Frau betonen möchte, um so mehr Variablen sollten berücksichtigt werden, insbesondere wenn man in einem Land wie Deutschland davon ausgehen kann, daß Frauen zumindest theoretisch, aber durchaus auch faktisch viele Freiräume bei der Wahl ihres Berufs, ihrer Arbeitsstätte, ihrer Arbeitszeit etc. haben. Da nicht quantifiziert werden kann, inwieweit andere Formen von Diskriminierung eine Rolle für die Lohndiskriminierung spielen oder der Einfluß der Antizipation von Diskriminierung auch selbst wieder eine Art Diskriminierung darstellt, ist es nicht sinnvoll, sich auf eine Punktschätzung des Diskriminierungsanteils festzulegen. Dieses Kapitel zum Hauptbenachteiligungsindikator, dem Einkommen, läßt, neben den Ergebnissen der Dekomposition, noch einige weitere interessante Schlußfolgerungen zu, die insbesondere mit den verschiedenen Spezifikationen der Einkommensregression zusammenhängen. Offensichtlich und sehr überraschend trifft das Problem des Selektionsverzerrung auf die Erwerbstätigen dieses Datensatzes nicht zu. Die Ergänzung der Humankapitalvariablen um weitere Erklärungsvariablen der Einkommenshöhe führt zu einer deutlichen Verbesserung des Erklärungsgehalts des Modells, obwohl hiermit der theoretische Rahmen der Humankapitaltheorie verlassen werden muß. Aber nicht nur eine Ergänzung um diese Variablen, sondern auch um (untypische) Humankapitalvariablen im weiteren Sinne liefert sehr plausible Ergebnisse: Werden die Schulabschlußnote als Proxy für die Qualität des Humankapitals sowie „Überqualifikation“ und „Tätigkeit im erlernten Beruf“ als Matching-Variablen aufgenommen, so ergeben sich teilweise hoch signifikante Koeffizienten, bei denen man sich fragen kann, warum diese Variablen bisher so wenig Beachtung fanden.

Zusammenfassung und Folgerungen Das Ziel dieser Arbeit war, zum einen alternative Möglichkeiten aufzuzeigen, Benachteiligungen von Frauen am deutschen Arbeitsmarkt aufzudecken. Dabei ist der Begriff Benachteiligung weiter gefaßt als der Begriff Diskriminierung, da Benachteiligungen u. U. auch auf Selbstselektion oder Sozialisation zurückgeführt werden können. Außerdem sollte nicht nur der Benachteiligungsindikator „Einkommen“ beleuchtet werden, sondern auch weitere, die ggf. auch nicht-monetären Präferenzen besser gerecht werden. Zum anderen wurde ein besonderes Augenmerk auf eine der wichtigsten Entscheidungen der Arbeitsanbieter gerichtet: die Berufswahl. Im ersten Schritt wurde untersucht, welche Einflußfaktoren aus der familiären und schulischen Umgebung von Kindern eine Rolle bei ihrer Wahl zwischen einem Frauen- und Männerberuf spielen. Hierbei handelt es sich insbesondere um den besuchten Schultyp, die Berufswahl und Bildungsdauer der Eltern, aber auch teilweise um das Geschlecht der Geschwister. In einem nächsten Schritt wurde dann untersucht, inwieweit sich die Wahl zwischen einem Frauen- und einem Männerberuf auf die verschiedenen Benachteiligungsindikatoren auswirkt. Bei einigen Indikatoren konnte ein Einfluß der Berufswahl nachgewiesen werden. Dies bedeutet, daß die Arbeitsanbieter durch ihre Berufsentscheidung die Wahrscheinlichkeit, von bestimmten Benachteiligungsformen betroffen zu sein, zu einem gewissen Teil mitbestimmen können. Um überhaupt sinnvoll zwischen Frauen- und Männerberufen unterscheiden zu können, ist eine hinreichende berufliche Segregation der Geschlechter Voraussetzung. Daß diese gegeben ist, zeigen die für Deutschland berechneten Segregationsindizes. Die Untersuchungen haben ergeben, daß Frauen, insbesondere in Frauenberufen, deutlich häufiger Teilzeit arbeiten als Männer oder Personen in Männerberufen. Hier ist aber davon auszugehen, daß ein großer Teil dieser Personen freiwillig Teilzeit arbeitet, insbesondere da dies besser mit der Familienarbeit zu vereinbaren ist. Dafür spricht auch, daß Frauen im Durchschnitt eine Verringerung ihrer Arbeitszeit wünschen. Beim Benachteiligungsindikator „Befristung“ ist keinerlei signifikanter Unterschied zwischen Frauen und Männern oder zwischen Personen in Frauen- und Männerberufen festzustellen. Frauen in Frauenberufen nehmen jedoch im Durchschnitt signifikant seltener an Weiterbildungsmaßnahmen teil, was eine klare Benachteiligung darstellt. Hinsichtlich des Benachteiligungsindikators „hori-

Zusammenfassung und Folgerungen

337

zontaler bzw. vertikaler Qualifikationsmismatch“ ist eine klare Trennung zwischen Frauen- und Männerberufen feststellbar, das natürliche Geschlecht spielt hier nur eine untergeordnete Rolle: Während Personen in Frauenberufen häufiger überqualifiziert sind, sind Personen, die aktuell einen Männerberuf ausüben, häufiger außerhalb ihres ursprünglich erlernten Berufs tätig, was möglicherweise auf unterschiedliche Präferenzen hinsichtlich der Second-best-Lösung hindeutet, falls eine Beschäftigung mit optimalem Match nicht realisierbar ist. Bei der Untersuchung des Hauptindikators für Benachteiligung, des Einkommens, ergab sich schließlich, daß auch hier die Berufswahl eine eindeutige Rolle bei der Erklärung der Einkommenslücke spielt. Die Einkommenslücke zwischen Frauen und Männern ist in Männerberufen deutlich kleiner als in Frauenberufen, allerdings ist der Anteil der Einkommenslücke, der auf Diskriminierung zurückgeführt werden kann, in Männerberufen außerordentlich hoch. Neben der Berufswahl spielt auch die Entscheidung für Teilzeit eine wichtige Rolle in bezug auf die Höhe des Einkommens. Durch die Einbeziehung dieser beiden Variablen kann der erklärte Anteil der Lohndifferenz um rund zwölf Prozentpunkte gesteigert werden. Personen in Teilzeit nehmen also „freiwillig“ hohe Lohnabschläge in Kauf, die bei Männern deutlich stärker ausfallen als bei Frauen; hier kann also von einer echten Diskriminierung derjenigen Männer, die Teilzeit arbeiten wollen, gesprochen werden. Auch Überqualifikation wirkt sich deutlich stärker negativ auf das Einkommen aus als horizontaler Qualifikationsmismatch, wobei überqualifizierte Personen „immerhin“ wenigstens in dem von ihnen präferierten Fachbereich arbeiten können. Möglicherweise schätzen sie dies so sehr, daß sie dafür die höheren Einkommenseinbußen im Vergleich zu einem horizontalen Mismatch in Kauf nehmen. Dies ist insbesondere deshalb plausibel, weil es sich hier meist um verheiratete Frauen handelt, die – als Zweitverdiener in der Familie – nicht die gleiche Verantwortung für das Familieneinkommen tragen wie Männer. Eine veränderte Berufswahl, die offenbar im Zusammenhang mit anderen Arbeitsplatzmerkmalen wie „Teilzeitbeschäftigung“ oder „qualifikatorischer Mismatch“ steht, könnte also unter Umständen und unter bestimmten Voraussetzungen die Situation der Frauen am Arbeitsmarkt verbessern, also Benachteiligung verringern. Dies gilt zumindest, wenn man den Begriff „Benachteiligung“ auf die gewählten Indikatoren bezieht. Es stellt sich allerdings die Frage, worin überhaupt die geeignete Basis für die Messung von Benachteiligung besteht. Die traditionelle Diskriminierungsforschung beschränkt sich meist auf das Einkommen als Maßstab. Da in dieser Arbeit ein Einfluß der Berufswahl auf die Höhe des Einkommens nachgewiesen werden konnte, könnte

338

Zusammenfassung und Folgerungen

der Abbau der Segregation ein probates Mittel dafür darstellen, Benachteiligung nach der herkömmlichen Definition zu verringern. Zu Beginn von Kapitel D. dieser Arbeit wurde jedoch hergeleitet, daß das Einkommen als Maßstab für Benachteiligung in vielen Fällen nicht ausreichend sein kann, da viele Anhaltspunkte dafür sprechen, daß die Annahme rein monetär orientierter Präferenzen zu eindimensional ist. Das Einkommen wurde daher um weitere Indikatoren ergänzt, die diesen Präferenzen gerecht werden sollten. Auch für Beurteilung von Benachteiligung nach Maßgabe dieser Definition gilt, wie soeben festgestellt, daß eine veränderte Berufswahl die Benachteiligung verringern kann. Aber ist diese erweiterte Basis wirklich zur Beurteilung von Benachteiligung geeignet? Sie ist, wie das Einkommen, ein objektiver Maßstab und stellt zudem ein Instrument dar, um auch Präferenzen zu berücksichtigen, die nicht rein monetär sind. Die Ausweitung auf andere objektiv meßbare Benachteiligungsindikatoren (Teilzeitbeschäftigung, Befristung, mangelnde Weiterbildungsteilnahme und Qualifikationsmismatch) bietet mehr Dimensionen als das Einkommen und wird damit den unterschiedlichen Präferenzen der Beschäftigten besser gerecht. Es ist allerdings noch eine weitere, abstraktere Ebene der Beurteilung von Benachteiligung denkbar, denn es stellt sich die Frage, ob die vordergründige objektive Benachteiligung auch immer auf der subjektiven Ebene des einzelnen Individuums eine Benachteiligung darstellen muß. Unter der Voraussetzung nicht-ökonomischer, aber dennoch rationaler Präferenzen ist es denkbar, daß eine Person, die objektiv nach mehreren Indikatoren benachteiligt ist, sich nach ihrem eigenen subjektiven Maßstab gar nicht benachteiligt fühlt, weil sie ihre Beschäftigungssituation freiwillig so gewählt hat. Dieser individuelle subjektive Maßstab bildet einen höheren und möglicherweise passenderen Ansatzpunkt zur Beurteilung von Benachteiligung ab als jeder objektive Maßstab. Der Nachteil dieses Konzepts ist freilich, daß eine objektive empirische Diskriminierungsforschung danach kaum mehr möglich ist. Schon in den Ausführungen zur „Arbeitszufriedenheit“, die am ehesten das passende objektive Meßinstrument für dieses Konzept darstellen dürfte, wurde auf die mangelnde Reliabilität hingewiesen.1 Aus diesem Grund beschränkt sich diese Arbeit bei den empirischen Untersuchungen auf die Ausweitung der Messung der objektiven Benachteiligung mittels alternativer Indikatoren. Damit individuell eine subjektive Beurteilung der Beschäftigungssituation unverfälscht stattfinden kann, muß zum einen eine freie Wahl der Beschäftigungssituation und des Berufs gewährleistet sein; zum anderen müssen die Folgen individueller Entscheidungen hinsichtlich der eigenen Beschäftigungssituation offengelegt sein. Diskriminierung läßt sich dann nicht mehr 1

Vgl. Kap. A.IV.4. und A.V.2.f).

Zusammenfassung und Folgerungen

339

aus Einkommensunterschieden oder Unterschieden bei anderen Benachteiligungsindikatoren bestimmen, sondern allein aus dem Ausmaß der Einschränkung der individuellen Wahlfreiheit und aus mangelnder Transparenz bezüglich der Wahlmöglichkeiten mit deren jeweiligen Konsequenzen. Auf der traditionellen Ebene wird Diskriminierung eher aus einer „technischen“ Perspektive betrachtet, wobei ein Ziel der Forschung darin besteht, den nicht erklärten Teil der Einkommenslücke begreifbar zu machen. Legt man das Konzept der höheren Ebene zugrunde, so darf eine Veränderung der Berufswahl nur so weit unterstützt werden, wie sie noch kompatibel mit den Präferenzen ist. Es sollte somit nicht Ziel sein, die Segregation um ihrer selbst willen oder zur Verringerung der Lohndifferenz abzuschaffen. Allerdings sollte gewährleistet werden, daß die Präferenzen ebenfalls nicht aufgrund von Druck entstehen, daß es also keine Diskriminierung durch Sozialisation vor dem Arbeitsmarkt gibt. Ein wichtiger Faktor für die Transparenz der Entscheidungsvoraussetzungen ist auch eine richtige und neutrale Berufsberatung und die Offenlegung der Folgen, die eine geschlechteruntypische Berufswahl mit sich bringen kann. Diese Offenlegung bezieht sich im übrigen auch auf die Folgen bei den Entscheidungen hinsichtlich der anderen Indikatoren, wie z. B. die Lohnabschläge bei Teilzeitbeschäftigung. Berufsberater sollten weder eine geschlechteruntypische Berufswahl uneingeschränkt propagieren, noch sollten sie generell davor warnen.2 Sollten Bedenken gegenüber dieser Berufswahl herrschen, so dürfen diese korrekterweise nicht vom Geschlecht des Beratenen, sondern nur von seiner Persönlichkeit oder Ausbildung sowie ggf. von der speziellen Arbeitsmarktlage für den Beruf abhängen. Wenn Frauen einen Männerberuf ergreifen, können sie zwar im Durchschnitt ein höheres Einkommen erzielen. Ceteris paribus, d. h. für eine einzelne Frau, die keine Verschiebung der Berufsstruktur von Männern und Frauen bewirken kann, gilt aber, daß eine untypische Berufswahl eine höhere Einkommensdiskriminierung bewirkt. Eine solche Berufswahl kann auch andere Nachteile implizieren, wie z. B. ein höheres Arbeitslosigkeitsrisiko im Vergleich zu Männern in demselben Beruf3, ein höheres Risiko der Ausbildungsinadäquanz4 sowie eine höhere Abbruchquote bei der Ausbildung, die allerdings darauf zurückzuführen ist, daß Mädchen Männerberufe häufig aus Mangel an Alternativen wählen und nicht, weil es ihr Traumberuf ist.5 Bei der ersten Berufstätigkeit werden Frauen, die eine Ausbildung in einem 2 Vgl. auch Lehn (2003), S. 5, die in einer dänischen Studie mit Berufsberatern herausgefunden hat, „. . . that about 50% of the counsellors studied seem to consider untraditional education and occupational wishes as unserious and unsustainable“. 3 Vgl. Schreyer (1999). 4 Vgl. Plicht et al. (1994), S. 184 f. 5 Vgl. Stegmann/Kraft (1986), S. 443.

340

Zusammenfassung und Folgerungen

Männerberuf absolviert haben, deutlich häufiger als un- oder angelernte Arbeitskräfte eingesetzt als in allen Vergleichsgruppen.6 Teilweise können jedoch auch Vorteile ausgemacht werden, wie z. B. eine geringere Befristungswahrscheinlichkeit.7 Sind die Voraussetzungen für die höchste Ebene der Beurteilung von Benachteiligung erfüllt, ist also vollständige Entscheidungsfreiheit und Transparenz über die Folgen der Entscheidungen gegeben und herrschen keine sozialen Zwänge vor, die die Berufswahl beeinflussen können, so kann man sich fragen, inwieweit die gegebene Segregation dann automatisch abnehmen würde und ob damit eine Verbesserung der Lage der Frauen nach den anderen Indikatoren, insbesondere nach dem klassischen Indikator, dem Einkommen, verbunden wäre. Sollten die Präferenzen so gestaltet sein, daß Frauen mehr und mehr auch Männerberufe ergreifen, sei es, weil ihre Erwerbsbeteiligung steigt oder weil ein größerer Anteil von ihnen einen Männerberuf auswählt, so kann es zu folgendem Mechanismus kommen: Herrscht in den Männerberufen Diskriminierung vor, so werden nur wenige Frauen tatsächlich in einem solchen Beruf tätig sein, da die Lohnabschläge hoch sein werden. Die meisten Frauen werden weiterhin in einem Frauenberuf tätig sein, zumindest so lange, wie der Diskriminierungseffekt auf den Lohn in den Männerberufen den Crowding-Effekt im Frauenbereich überwiegt. Dies kann sich im Falle von Diskriminierung nur durch eine steigende Erwerbsbeteiligung von Frauen ändern, denn dann wird Diskriminierung immer teurer, so daß es sich viele Diskriminierer nicht mehr leisten können und die Männerberufe für Frauen öffnen bzw. die Lohnabschläge für Frauen verringern müssen.8 Indem Frauen in diese Berufe eintreten, wird aber gleichzeitig die Diskriminierung vermindert: Zum einen können Frauen zeigen, daß sie fähig sind, diese Berufe auszuüben, und damit gleichzeitig stereotype Vorstellungen schwächen. Spannungen auf individueller Ebene bleiben dabei natürlich nicht aus, denn dem einzelnen männlichen Arbeitnehmer, der diskriminiert, entstehen keine persönlichen Nachteile daraus.9 Zum anderen dienen die er6

Vgl. Stegmann/Kraft (1986), S. 445. Vgl. Minks (2001), der die Lage von Frauen, die technisch-naturwissenschaftliche Studiengänge absolviert haben, untersucht hat. Beim Vergleich dieser Absolventinnen mit anderen Absolventinnen zeigt sich, „daß die Wahl technischer und naturwissenschaftlicher Studiengänge mindestens ebenso gute, in vielen Aspekten bessere berufliche Erfolge verheißt“, wobei der Autor sich u. a. auf die unbefristeten Verträge bezieht (S. 84). 8 Vgl. Jonung (1996), S. 43. 9 Nach Zellner (1972) ist der für den Diskriminierenden kostenlose „Konsum des Gutes Diskriminierung“ eine mögliche Ursache für eine geringe Nachfrageelastizität nach weiblichen Arbeitskräften, die den Fortschritt des Integrationsprozesses mindern kann. 7

Zusammenfassung und Folgerungen

341

sten Frauen in Männerberufen als „Vorreiterinnen“ für andere Frauen, indem sie ihnen einerseits als Vorbild dienen und ihnen andererseits den Weg in diese Berufe freimachen, wenn sie an deren Einstellung beteiligt sind. Hinzu kommt, daß die Diskriminierung durch Kunden abnimmt, weil immer mehr Frauen ein eigenes Einkommen haben und somit selbst zu Kunden werden. Die ehemaligen Männerberufe würden zudem weiblicher, was ihre Attraktivität für weitere Frauen erhöht. Abnehmende Segregation kann nun auf zwei Arten für eine Verringerung der Einkommensdifferenz, dem Anliegen der herkömmlichen Diskriminierungsforschung, sorgen: Zum einen verdienen die Frauen, die Männerberufe ergreifen, mehr, zum anderen nimmt das mögliche Überangebot von Personen in Frauenberufen ab, so daß auch hier das Lohnniveau steigen kann. Nur bei völliger Integration und bei Abwesenheit von jeglicher Diskriminierung kann eine Angleichung der Einkommensniveaus von Frauen und Männern erwartet werden10, dies ist aber aus anderen Gründen, wie z. B. unterschiedlichen Präferenzen von Frauen und Männern, unrealistisch. Volkswirtschaftlich gesehen ist eine Verringerung der Segregation ebenfalls durchaus wünschenswert, da sie die Effizienz des Arbeitsmarkts steigert, indem sich die Größe des Bewerberpools bei allen Berufen angleicht, wenn man davon ausgeht, daß Segregation u. a. eine Folge von Crowding ist. Zudem werden Bottleneck-Probleme vermieden, wenn Berufe sowohl von Männern als auch von Frauen ausgeübt werden können, was insgesamt die Flexibilität des Arbeitsmarktes steigert.11 Theoretisch bietet also eine steigende Erwerbsbeteiligung von Frauen nach der Präferenztheorie die beste Gelegenheit zur Integration, denn Diskriminierung wird damit immer teurer. Neben dieser Theorie spielen jedoch auch andere Ansätze zum Arbeitsangebot, zur Arbeitsnachfrage und zu Feedback-Effekten eine wichtige Rolle, mit denen eine Persistenz der Segregation eher erklärt werden kann. Wenn es also nur eingeschränkt möglich ist, die Einkommensdifferenz über Integration zu verringern, so kann man sich die in der herkömmlichen Diskriminierungsforschung häufig aufgeworfene Frage stellen, ob ein Diskriminierungsverbot das Problem vielleicht löst. Ein vorgeschriebenes gleiches Lohnniveau hat jedoch wiederum andere Ausweichmechanismen zur Folge:12 Wenn Betrieben nur das Lohn10 In diesem Fall wären alle Einflußfaktoren auf die Lohnlücke (1. Lohndifferenz innerhalb der Berufe aufgrund von Diskriminierung, 2. Lohndifferenz zwischen den Berufen, 3. berufliche Verteilung von Männern und Frauen und 4. Einordnung der Männer- und Frauenberufe in die Lohnhierarchie) eliminiert. 11 Vgl. Lehn (2003), S. 14. 12 Vgl. Blau/Kahn (1992). Umgekehrt bei Breen/García-Peñalosa (2002), S. 917: „Countries where wage determination [. . .] [is] left to the market would generate a greater wage gap but fewer differences in the career choices of men and women.“

342

Zusammenfassung und Folgerungen

niveau vorgeschrieben wird, nicht jedoch, wen sie einstellen, dann werden sie sich auf Männer konzentrieren, was wiederum Segregation zur Folge hat. Der Grad dieser Segregation ist dann vermutlich stärker, als er durch weibliche Präferenzen gerechtfertigt wäre, denn Frauen hätten dann generell einen Anreiz, an traditioneller Berufswahl festzuhalten, selbst wenn sie gern etwas Neues ausprobieren würden. Diese Möglichkeit führt also auf der höheren Argumentationsebene, auf der der subjektive Maßstab jeder einzelnen Person für die Beurteilung der Benachteiligung herangezogen wird, nicht zu einem befriedigenden Ergebnis, da sie vermutlich den Präferenzen der Frauen widerspricht. Eine ebenfalls häufig vorgeschlagene Alternative bestünde darin, Einstellungsquoten in männerdominierten Berufen einzuführen, also eine Einstellungsdiskriminierung zu verhindern. Auf diesem Weg soll dann gleichzeitig langfristig eine Angleichung der Einkommen erreicht werden. Prinzipiell ist dieser Weg insofern besser, weil er der Ursache der Einkommensunterschiede ein Stück näher rückt, denn er setzt an der unterschiedlichen Stellenbesetzung an. Diese Möglichkeit ist jedoch nur sinnvoll, wenn wirklich davon ausgegangen werden kann, daß manche Frauen sich für Männerberufe interessieren und daß sie keine andere Möglichkeit haben, diese Berufe tatsächlich ausüben zu können. Dieser Vorschlag kann nur effektiv funktionieren, wenn die Frauen, die diese Quote erfüllen sollen, auch die notwendige Qualifikation aufweisen. Das heißt, daß sie Männerberufe überhaupt erst einmal erlernen müssen. Erfüllen Frauen diese Voraussetzung, so ist es möglich, daß Quoten, die nur damit gerechtfertigt werden sollten, daß Frauen übergangsweise von bestimmten Nachteilen betroffen sind13, schnell überflüssig werden. Es ist also prinzipiell sinnvoll, Frauen zu der Wahl eines Männerberufes, insbesondere eines qualifizierten, zu ermutigen, zumal die schulischen Qualifikationsvoraussetzungen gegeben sind. Im Gegenzug soll dies im übrigen ebenso für Männer gelten, denn auch hier besteht kein Anlaß, sie faktisch von Frauenberufen auszuschließen. Allerdings sollten in jedem Fall die oben genannten Voraussetzungen vorliegen, d. h. die Präferenzen der Frauen und Männern sollten respektiert werden und die möglichen positiven oder negativen Folgen sollten im Sinne von neutralen Informationen aufgezeigt werden. Diese Vorgehensweise hat auch die positive Konsequenz, daß der einzelne sich stärker und aktiver mit seiner Entscheidung auseinandersetzen muß. Sie ist Regulierungen, die die Situation von Frauen verändern sollen, ohne bei den Frauen selbst das Bewußtsein für die Ursachen des Problems zu wecken, vorzuziehen. Dies gilt vor allem, wenn die Frauen einen Teil der Ursachen selbst beeinflussen können. Hier sei nicht nur auf die Berufs13 Beispielsweise Schwierigkeiten bei der Überwindung von Vorurteilen gegenüber Frauen oder mangelnde Einbindung in traditionelle Netzwerke.

Zusammenfassung und Folgerungen

343

wahl, sondern auch auf die Bereitschaft, Teilzeit zu arbeiten oder einen Qualifikationsmismatch zu akzeptieren, verwiesen. Es genügt jedoch nicht, Frauen zu einer veränderten Berufswahl zu ermutigen, denn ohne begleitende Maßnahmen verläuft diese Spur vermutlich im Sande, vor allem, wenn die „kritische Masse“, die benötigt wird, um die Geschlechterstruktur in den einzelnen Berufen wirklich zu verändern, nur schwer erreicht werden kann. Wie genau diese flankierenden Maßnahmen14 ausgestaltet sein müssen und wie eine Motivation der Jugendlichen ohne Überforderung stattfinden kann, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. Solche Maßnahmen, die vorübergehend ineffizient sein können, können damit gerechtfertigt werden, daß sie langfristig zu einer höheren Effizienz führen, wenn es in keinem Beruf mehr einen Angebots- oder Nachfrageüberhang gibt. Eine veränderte Berufswahl kann also teilweise zu einer verbesserten Situation der Frauen auf dem Arbeitsmarkt führen. Man sollte sich aber vor dem Hintergrund der anfangs erwähnten Voraussetzungen fragen, ob eine sehr starke Verringerung der Segregation und eine völlige Angleichung des Lohnniveaus der Frauen an das der Männer überhaupt realistisch angestrebt werden kann oder sollte, denn dies müßte immer auch eine Einschränkung der Wahlfreiheit und eine Negierung unterschiedlicher Präferenzen von Männern und Frauen bedeuten. Würden alle Frauen und Männer rational im Sinne eines rein ökonomischen Kalküls zur Optimierung ihrer individuellen Einkommen-Freizeit-Relation handeln, so blieben die Unterschiede in den Präferenzen auf diese beiden Größen beschränkt. Sobald aber eine Abweichung von diesen weitgehend ökonomisch-monetären Präferenzen festgestellt werden kann und weitere Faktoren eine Rolle spielen können, genügt zur Beschreibung der Benachteiligung ein ökonomischer Maßstab mit monetären Indikatoren nicht mehr. Wenn also beispielsweise Frauen ihre Ziele der Einkommensmaximierung, Flexibilität und Selbstverwirklichung sorgfältig abwägen, übrigens auch im Zusammenhang mit einer effizienten Arbeitsteilung innerhalb der Familie, und schließlich die Einkommensmaximierung nicht erste Priorität genießt, so ist es auch unangebracht, ihre Lage auf dem Arbeitsmarkt nur mit der Einkommensdifferenz zu beschreiben. Ökonomische Maßstäbe passen eben nur zu ökonomischen Präferenzen, auch wenn zugestanden werden muß, daß Geld die flexibelste Quelle ist, 14 Beispielsweise Gleichstellungsbeauftragte, Quoten, aktuelle Informationen für Betriebe zur Qualifikationsstruktur von Frauen zur Vorbeugung von statistischer Diskriminierung, Schärfen des Bewußtseins für die Wichtigkeit des Problems der Segregation und der Einkommensdifferenz. Als bestehende breit angelegte Programme zur Ermutigung von Frauen, einen atypischen Beruf zu erlernen, sind vor allem das EQUAL-Programm auf europäischer Ebene (vgl. z. B. Miller et al. (2004), S. 50–54) sowie verschiedene Projekte auf deutscher Ebene zu nennen (einen umfassenden Überblick dazu liefern Schuster et al. (2004)), die sich auch mit den notwendigen ergänzenden Maßnahmen beschäftigen.

344

Zusammenfassung und Folgerungen

um den Nutzen auf möglichst viele verschiedene Arten zu erhöhen. Dennoch kann Geld weder ein Ersatz für Freizeit noch für einen erfüllenden Beruf sein. Wenn man dies berücksichtigt und rationale Präferenzen im weiteren Sinne zuläßt, daß also die Nutzenmaximierung auf mehr Faktoren als nur auf Einkommen und Freizeit beruht, dann ist der Benachteiligungsindikator „Einkommen“ in jedem Fall zu eindimensional und bedarf der Ergänzung um andere. Dies rechtfertigt auch die Einbeziehung vieler Variablen in die Dekomposition der Einkommenslücke, was zu einem geringeren Diskriminierungsanteil führt. Falls also die Vermutung zutrifft, daß Männer aufgrund des höheren Einkommens eher einen horizontalen Mismatch wählen als einen vertikalen, Frauen aber aufgrund ihrer Präferenzen eher Überqualifikation in Kauf nehmen und überwiegend Teilzeit arbeiten, so wird damit zum einen ein großer Teil der Einkommenslücke erklärt, zum anderen wird aber auch deutlich, daß dieser Indikator nicht ausreichend ist, da andere Präferenzen eine Rolle spielen. Danach wäre dann gar nicht mehr eindeutig klärbar, ob die Frau oder der Mann stärker benachteiligt wird. Ob die angestellte Vermutung jedoch tatsächlich zutrifft, kann an dieser Stelle letztlich nicht geklärt werden, denn die Wahl dieser Optionen kann durch ein bestimmtes Rollenverständnis verzerrt und möglicherweise nicht freiwillig getroffen sein, so daß die wahren Präferenzen gar nicht zum Tragen kommen. Wichtiger als die Schließung der Einkommenslücke ist also in jedem Fall die Gewährleistung, daß diese freiwillig zustande kommt, daß also Frauen wie Männer theoretisch und faktisch die gleiche Wahlfreiheit zur Gestaltung ihres beruflichen Werdegangs besitzen.

Anhang 1

Tabelle A1.1 Determinanten der Berufswahl (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze)1 gepoolt

Frauen

Männer

Männerberuf

0,4731

0,1817

0,7862

Frau

0,5181

1

Alter

41,4778

41,1406

41,8403

Alter2 /100

0

18,3324

18,0505

18,6354

Westdeutschland

0,7034

0,7086

0,6978

kein Schulabschluß

0,0083

0,0057

0,0111

(Hauptschulabschluß)

.

.

.

Realschulabschluß

0,4269

0,4617

0,3894

Fachhochschulreife

0,0622

0,0526

0,0725

Allg. Hochschulreife

0,3191

0,3211

0,3170

13,2803

13,2051

13,3612

letzter Notendurchschnitt

2,5006

2,4133

2,5944

Vater mit Männerberuf

0,7833

0,8046

0,7604

Mutter mit Männerberuf

0,1711

0,1623

0,1806

Bildungsdauer Vater (in Jahren)

9,1948

9,1389

9,2549

Bildungsdauer Mutter (in Jahren)

8,9819

8,9594

9,0061

Schwester(n)

0,5435

0,5406

0,5467

Bruder/Brüder

0,5595

0,5771

0,5405

auf dem Land aufgewachsen

0,5737

0,5794

0,5676

aktives Musizieren in der Jugend

0,3375

0,4126

0,2568

Sport getrieben in der Jugend

0,6483

0,5611

0,7420

1 689

875

814

Schulbildungsdauer (in Jahren)

N

1 Erklärungen zu den Variablen finden sich im Hauptteil der Arbeit bei den jeweiligen Modellen.

346

Anhang 1 Tabelle A1.2 Determinanten von Vollzeit-, Teilzeit- und geringfügiger Beschäftigung (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze)

Teilzeitbeschäftigung geringfügige Beschäftigung Mann im Frauenberuf Frau im Frauenberuf Frau im Männerberuf Männerberuf Alter Alter2 /100 Ausländer Westdeutschland verheiratet schwerbehindert Kind von 0 bis 1 Jahr im HH Kind von 2 bis 3 Jahren im HH Kind von 4 bis 6 Jahren im HH Kind von 7 bis 16 Jahren im HH Bildungsdauer (in Jahren) Betriebszugehörigkeit Weiterbildung 2001/02 letzter Notendurchschnitt überqualifizierte Beschäftigung Tätigkeit im erlernten Beruf Arbeitsweg in km Mitglied im Betriebsrat Mitglied im Berufsverband Mitglied in Gewerkschaft Stellung: Arbeiter (Stellung: Angestellter) Stellung: Beamter Stellung: Selbständiger Betriebsgröße: Selbst. o. Mitarb. (Betriebsgröße bis unter 5 Besch.) Betriebsgröße bis unter 20 Besch. Betriebsgröße bis unter 100 Besch. Betriebsgröße bis unter 200 Besch. Betriebsgröße bis unter 2000 Besch. Betriebsgröße ab 2000 Besch. Branche: Baugewerbe Branche: Bergb./Energie/Wasser Branche: Handel Branche: Kredit, Vers., wirt. DL Branche: Land-/Forstw., Fischerei Branche: öff. Verw., Sozialvers. Branche: verarb. Gewerbe Branche: Verkehr, Nachrichten (Branche: öff. u. priv. DL) N

gepoolt

Frauen

Männer

0,2091 0,0354 0,1357 0,3775 0,1016

0,4109 0,0644

0,0236 0,0086

44,2597 20,5649 0,0255 0,8170 0,8247 0,0273 0,0213 0,0449 0,0896 0,3271 13,5177 12,6785 0,1896 2,5510 0,1435 0,7112 16,0791 0,0389 0,1714 0,1851 0,1540 . 0,1345 0,1138 0,0252 . 0,1534 0,1968 0,0797 0,2082 0,2259 0,0449 0,0027 0,1099 0,1477 0,0126 0,1073 0,2100 0,0479 .

0,2120 43,3271 19,7244 0,0269 0,7967 0,8130 0,0231 0,0113 0,0325 0,0750 0,3246 13,3268 11,2729 0,1701 2,4505 0,1864 0,6961 12,2420 0,0344 0,1251 0,1463 0,0826 . 0,1176 0,0888 0,0263 . 0,1814 0,2051 0,0801 0,1814 0,1839 0,0200 0,0006 0,1445 0,1363 0,0081 0,0932 0,1182 0,0319 .

0,7395 45,1173 21,3377 0,0242 0,8355 0,8355 0,0311 0,0305 0,0564 0,1029 0,3295 13,6932 13,9709 0,2076 2,6435 0,1041 0,7251 19,6073 0,0431 0,2139 0,2208 0,2197 . 0,1501 0,1369 0,0242 . 0,1277 0,1892 0,0794 0,2329 0,2645 0,0679 0,0046 0,0782 0,1581 0,0167 0,1202 0,2944 0,0627 .

3 338

1 599

1 739

Anhang 1

347

Tabelle A1.3 Determinanten befristeter Beschäftigung (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze)

befristet beschäftigt Mann im Frauenberuf Frau im Frauenberuf Frau im Männerberuf Männerberuf Alter Alter2 /100 Ausländer Westdeutschland verheiratet schwerbehindert Bildungsdauer (in Jahren) Betriebszugehörigkeit Weiterbildung 2001/02 letzter Notendurchschnitt überqualifizierte Beschäftigung Tätigkeit im erlernten Beruf Teilzeitbeschäftigung geringfügige Beschäftigung Zeitarbeit Arbeitsweg in km Mitglied im Betriebsrat Mitglied im Berufsverband Mitglied in Gewerkschaft Stellung: Arbeiter (Stellung: Angestellter) Stellung: Beamter (Betriebsgröße bis unter 5 Besch.) Betriebsgröße bis unter 20 Besch. Betriebsgröße bis unter 100 Besch. Betriebsgröße bis unter 200 Besch. Betriebsgröße bis unter 2000 Besch. Betriebsgröße ab 2000 Besch. Branche: Baugewerbe Branche: Bergb./Energie/Wasser Branche: Handel Branche: Kredit, Vers., wirt. DL Branche: Land-/Forstw., Fischerei Branche: öff. Verw., Sozialvers. Branche: verarb. Gewerbe Branche: Verkehr, Nachrichten (Branche: öff. u. priv. DL) N

gepoolt

Frauen

Männer

0,0621 0,1398 0,3999 0,0908

0,0681

0,0563

43,7603 20,1285 0,0254 0,8078 0,8144 0,0269 13,3961 12,7144 0,1998 2,5499 0,1380 0,7120 0,2216 0,0218 0,0174 16,9121 0,0436 0,1264 0,2089 0,1729 . 0,1300 . 0,1366 0,2121 0,0897 0,2434 0,2564 0,0374 0,0033 0,1043 0,1326 0,0080 0,1115 0,2347 0,0516 .

0,1850 42,9289 19,3814 0,0252 0,7876 0,8038 0,0259 13,2284 11,4099 0,1828 2,4536 0,1739 0,7076 0,4271 0,0392 0,0207 13,1177 0,0400 0,0984 0,1628 0,0829 . 0,1199 . 0,1762 0,2250 0,0888 0,2080 0,2087 0,0141 0,0007 0,1369 0,1295 0,0067 0,1014 0,1273 0,0340 .

0,7254 44,5613 20,8484 0,0257 0,8274 0,8245 0,0278 13,5578 13,9714 0,2161 2,6427 0,1034 0,7161 0,0235 0,0050 0,0143 20,5685 0,0471 0,1534 0,2532 0,2596 . 0,1398 . 0,0984 0,1997 0,0906 0,2775 0,3024 0,0599 0,0057 0,0728 0,1355 0,0093 0,1213 0,3381 0,0685 .

2 753

1 351

1 402

348

Anhang 1 Tabelle A1.4 Determinanten von Weiterbildungsteilnahme (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze) gepoolt Probit

Weiterbildung 2003/04 Anzahl Wb.-Kurse 2001–2003 Mann im Frauenberuf Frau im Frauenberuf Frau im Männerberuf Männerberuf Alter Alter2 /100 Ausländer Westdeutschland verheiratet schwerbehindert Bildungsdauer (in Jahren) Betriebszugehörigkeit letzter Notendurchschnitt überqualifizierte Beschäftigung Tätigkeit im erlernten Beruf Teilzeitbeschäftigung geringfügige Beschäftigung Zeitarbeit befristete Beschäftigung Arbeitsweg in km Mitglied im Betriebsrat Mitglied im Berufsverband Mitglied in Gewerkschaft Stellung: Arbeiter (Stellung: Angestellter) Stellung: Beamter Stellung: Selbständig Betriebsgröße: Selbst. o. Mitarb. (Betriebsgröße bis unter 5 Besch.) Betriebsgröße bis unter 20 Besch. Betriebsgröße bis unter 100 Besch. Betriebsgröße bis unter 200 Besch. Betriebsgröße bis unter 2000 Besch. Betriebsgröße ab 2000 Besch. Branche: Baugewerbe Branche: Bergb./Energie/Wasser Branche: Handel Branche: Kredit, Vers., wirt. DL Branche: Land-/Forstw., Fischerei Branche: öff. Verw., Sozialvers. Branche: verarb. Gewerbe Branche: Verkehr, Nachrichten (Branche: öff. u. priv. DL) N

Frauen

ZINB

0,2809

Probit

Männer

ZINB

0,2603

Probit

ZINB

0,2998

0,1355 0,3775 0,1016

1,4649 0,1358 0,3787 0,1008

44,2680 20,5715 0,0255 0,8171 0,8246 0,0273 13,5169 12,6859 2,5512 0,1430 0,7113 0,2089 0,0351 0,0177 0,0537 16,0818 0,0390 0,1715 0,1853 0,1541 . 0,1346 0,1139 0,0252 . 0,1532 0,1969 0,0797 0,2083 0,2260 0,0450 0,0027 0,1100 0,1478 0,0126 0,1073 0,2101 0,0480 .

44,2668 20,5755 0,0254 0,8169 0,8238 0,0272 13,5165 12,6993 2,5499 0,1427 0,7122 0,2091 0,0353 0,0176 0,0541 16,0781 0,0386 0,1708 0,1843 0,1541 . 0,1349 0,1134 0,0254 . 0,1529 0,1974 0,0799 0,2085 0,2261 0,0452 0,0027 0,1104 0,1487 0,0126 0,1074 0,2097 0,0476 .

0,2121 43,3379 19,7325 0,0269 0,7972 0,8129 0,0232 13,3257 11,2798 2,4504 0,1859 0,6959 0,4105 0,0645 0,0238 0,0613 12,2359 0,0344 0,1252 0,1464 0,0826 . 0,1176 0,0889 0,0263 . 0,1815 0,2053 0,0801 0,1815 0,1840 0,0200 0,0006 0,1446 0,1364 0,0081 0,0932 0,1183 0,0319 .

0,2102 43,2969 19,6994 0,0268 0,7973 0,8122 0,0231 13,3247 11,2639 2,4490 0,1853 0,6974 0,4105 0,0649 0,0237 0,0618 12,2676 0,0337 0,1241 0,1447 0,0823 . 0,1167 0,0892 0,0268 . 0,1797 0,2059 0,0799 0,1815 0,1853 0,0200 0,0006 0,1447 0,1379 0,0081 0,0936 0,1179 0,0318 .

0,7399 45,1231 21,3430 0,0242 0,8354 0,8354 0,0311 13,6928 13,9788 2,6438 0,1036 0,7255 0,0236 0,0081 0,0121 0,0466 19,6180 0,0432 0,2140 0,2209 0,2198 . 0,1502 0,1369 0,0242 . 0,1272 0,1893 0,0794 0,2330 0,2647 0,0679 0,0046 0,0783 0,1582 0,0167 0,1203 0,2946 0,0627 .

0,7391 45,1603 21,3826 0,0241 0,8351 0,8345 0,0310 13,6931 14,0216 2,6429 0,1034 0,7259 0,0236 0,0080 0,0121 0,0471 19,5885 0,0431 0,2138 0,2207 0,2201 . 0,1517 0,1356 0,0241 . 0,1282 0,1897 0,0799 0,2333 0,2638 0,0684 0,0046 0,0787 0,1586 0,0167 0,1201 0,2943 0,0621 .

3 336

3 343

1 598

1 603

1 738

1 740

1,4074

1,5178

Anhang 1

349

Tabelle A1.5 Determinanten von vertikalem und horizontalem Qualifikationsmismatch (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze) gepoolt

Frauen

Männer

überqualifizierte Beschäftigung

0,1302

0,1668

0,0969

Tätigkeit im erl. Beruf

0,7182

0,7056

0,7298

(Mann im Männerberuf)

.

Mann im Frauenberuf

0,1386

Frau im Frauenberuf

0,3778

Frau im Männerberuf

0,0996 0,2086

0,7347

Alter

44,2102

43,3039

45,0383

Alter2 /100

20,5338

19,7192

21,2780

Ausländer

0,0103

0,0108

0,0099

Westdeutschland

0,8088

0,7880

0,8279

verheiratet

0,8246

0,8143

0,8341

schwerbehindert

0,0284

0,0236

0,0327

(kein Schulabschluß)

.

.

.

Hauptschulabschluß

0,2350

0,2066

0,2610

Realschulabschluß

0,3553

0,4126

0,3029

Fachhochschulreife

0,0758

0,0614

0,0888

Allgemeine Hochschulreife

0,3285

0,3147

0,3411

(sonst. berufsbildender Abschluß)

.

.

.

Beamtenausbildung

0,0332

0,0203

0,0450

Berufsfachschule

0,0983

0,1479

0,0531

Fachhochschule

0,1032

0,0851

0,1197

Fachschule, Meister

0,0700

0,0479

0,0901

Schule des Gesundheitswesens

0,0013

0,0020

0,0006

Ingenieur-, Fachschule (nur Ost)

0,0148

0,0176

0,0123

Lehre

0,4310

0,4700

0,3954

Universität, TH

0,2389

0,1992

0,2751

12,9051

11,4830

14,2044

letzter Notendurchschnitt

2,5769

2,4731

2,6717

Weiterbildung 2001/02

0,1918

0,1715

0,2104

Teilzeitbeschäftigung

0,2102

0,4153

0,0228

geringfügige Beschäftigung

0,0319

0,0574

0,0086

Zeitarbeit

0,0171

0,0223

0,0123

16,2025

12,1323

19,9210

Mitglied im Betriebsrat

0,0393

0,0338

0,0444

Mitglied im Berufsverband

0,1725

0,1276

0,2134

Mitglied in Gewerkschaft

0,1873

0,1458

0,2252

Männerberuf

Betriebszugehörigkeit

Arbeitsweg in km

350

Anhang 1

Tabelle A1.5 (Fortsetzung) gepoolt

Frauen

Männer

Stellung: Arbeiter

0,1467

0,0736

0,2134

(Stellung: Angestellter)

.

.

.

Stellung: Beamter

0,1386

0,1222

0,1536

Stellung: Selbständig

0,1125

0,0871

0,1357

Betriebsgröße: Selbst. o. Mitarb.

0,0242

0,0243

0,0241

(Betriebsgröße bis unter 5 Besch.)

.

.

.

Betriebsgröße bis unter 20 Besch.

0,1538

0,1816

0,1283

Betriebsgröße bis unter 100 Besch.

0,1973

0,2046

0,1906

Betriebsgröße bis unter 200 Besch.

0,0774

0,0756

0,0790

Betriebsgröße bis unter 2000 Besch.

0,2079

0,1843

0,2295

Betriebsgröße ab 2000 Besch.

0,2273

0,1850

0,2659

Branche: Baugewerbe

0,0451

0,0216

0,0666

Branche: Bergb./Energie/Wasser

0,0026

0,0007

0,0043

Branche: Handel

0,1106

0,1452

0,0790

Branche: Kredit, Vers., wirt. DL

0,1444

0,1303

0,1573

Branche: Land-/Forstw., Fischerei

0,0132

0,0088

0,0173

Branche: öff. Verw., Sozialvers.

0,1099

0,0939

0,1246

Branche: verarb. Gewerbe

0,2083

0,1175

0,2912

Branche: Verkehr, Nachrichten

0,0490

0,0338

0,0629

(Branche: öff. u. priv. DL)

.

.

.

N

3 102

1 481

1 621

Anhang 1

351

Tabelle A1.6 Determinanten der Erwerbsbeteiligung (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze) gepoolt erwerbstätig

Frauen

Männer

0,7186

0,6463

0,7946

Alter

42,1732

41,9899

42,3658

Alter2 /100

19,3682

19,1935

19,5516

Kind von 0 bis 1 Jahr im HH

0,0340

0,0353

0,0327

Kind von 2 bis 3 Jahren im HH

0,0617

0,0631

0,0602

Kind von 4 bis 6 Jahren im HH

0,0969

0,0998

0,0939

Kind von 7 bis 16 Jahren im HH

0,2896

0,2973

0,2816

Pflegebedürftige Person im HH

0,0261

0,0252

0,0271

verheiratet

0,7400

0,7518

0,7277

Westdeutschland

0,7634

0,7657

0,7611

Ausländer

0,0842

0,0835

0,0851

12,2833

12,1677

12,4047

Schwerbehinderung

0,0542

0,0504

0,0581

N

17 259

8 842

8 417

Bildungsdauer (in Jahren)

Tabelle A1.7 Determinanten des Einkommens, Basismodell (nur HK-Variablen) (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze) gepoolt ln(Bruttolohn/Stunde)

Frauen

Männer

2,8825

2,7121

3,0467

Bildungsdauer (in Jahren)

13,3301

13,2922

13,3666

potentielle Berufserfahrung

24,1835

23,4215

24,9177

6,8618

6,4906

7,2194

12,5632

10,9056

14,1601

Betriebszugehörigkeit2 /100

2,7216

2,1926

3,2314

letzter Notendurchschnitt

2,5621

2,4573

2,6631

überqualifizierte Beschäftigung

0,1455

0,1921

0,1006

Tätigkeit im erlernten Beruf

0,7065

0,6866

0,7255

Weiterbildung 2001/02

0,1946

0,1775

0,2111

Westdeutschland

0,8072

0,7874

0,8262

Lambda

0,3468

0,4171

0,2446

2 790

1 369

1 421

potentielle Berufserfahrung2 /100 Betriebszugehörigkeit

N

352

Anhang 1 Tabelle A1.8 Determinanten des Einkommens, erweitertes Modell (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze)

ln(Bruttolohn/Stunde) Bildungsdauer (in Jahren) potentielle Berufserfahrung potentielle Berufserfahrung2 /100 Betriebszugehörigkeit Betriebszugehörigkeit2 /100 letzter Notendurchschnitt überqualifizierte Beschäftigung Tätigkeit im erlernten Beruf Weiterbildung 2001/02 Männerberuf Westdeutschland verheiratet Teilzeitbeschäftigung geringfügige Beschäftigung Zeitarbeit befristete Beschäftigung Arbeitsweg in km Mitglied in Gewerkschaft Mitglied im Berufsverband Mitglied im Betriebsrat Angestellter (Arbeiter) Beamter Selbständig Betriebsgröße: Selbst. o. Mitarb. (Betriebsgröße bis unter 5 Besch.) Betriebsgröße bis unter 20 Besch. Betriebsgröße bis unter 100 Besch. Betriebsgröße bis unter 200 Besch. Betriebsgröße bis unter 2000 Besch. Betriebsgröße ab 2000 Besch. Branche: Baugewerbe Branche: Bergb./Energie/Wasser Branche: Handel Branche: Kredit, Vers., wirt. DL Branche: Land-/Forstw., Fischerei Branche: öff. Verw., Sozialvers. Branche: verarb. Gewerbe Branche: Verkehr, Nachrichten (Branche: öff. u. priv. DL) Lambda N

gepoolt

Frauen

Männer

2,8861 13,3809 24,1998 6,8629 12,6225 2,7250 2,5501 0,1446 0,7077 0,1978 0,4555 0,8106 0,8149 0,2307 0,0270 0,0187 0,0576 16,2168 0,2085 0,1295 0,0449 0,6549 . 0,1469 0,0246 0,0052 . 0,1422 0,2021 0,0913 0,2311 0,2542 0,0373 0,0032 0,1092 0,1259 0,0079 0,1239 0,2196 0,0508 . 0,3441

2,7203 13,3032 23,6055 6,5717 11,1138 2,2454 2,4526 0,1843 0,6976 0,1772 0,1906 0,7882 0,8102 0,4307 0,0472 0,0220 0,0630 12,6394 0,1551 0,1071 0,0386 0,7654 . 0,1268 0,0244 0,0055 . 0,1827 0,2126 0,0874 0,1969 0,2063 0,0173 0,0008 0,1457 0,1236 0,0055 0,1016 0,1150 0,0346 . 0,4155

3,0549 13,4599 24,8045 7,1592 14,1579 3,2132 2,6493 0,1042 0,7179 0,2188 0,7252 0,8333 0,8197 0,0272 0,0064 0,0152 0,0521 19,8574 0,2628 0,1522 0,0513 0,5425 . 0,1675 0,0248 0,0048 . 0,1010 0,1915 0,0954 0,2660 0,3029 0,0577 0,0056 0,0721 0,1282 0,0104 0,1466 0,3261 0,0673 . 0,2409

2 518

1 270

1 248

Anhang 1

353

Tabelle A1.9 Determinanten der Erwerbsbeteiligung (Frauen- und Männerberufe) (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze) Frauenberufe

erwerbstätig Alter Alter2 /100 Kind von 0 bis 1 Jahr im HH Kind von 2 bis 3 Jahren im HH Kind von 4 bis 6 Jahren im HH Kind von 7 bis 16 Jahren im HH Pflegebedürftige Person im HH verheiratet Westdeutschland Ausländer Bildungsdauer (in Jahren) Schwerbehinderung N

Männerberufe

gepoolt

Frauen

Männer

gepoolt

Frauen

Männer

0,9184 41,0937 18,2264 0,0262 0,0410 0,0844 0,2972 0,0193 0,7358 0,7837 0,0631 12,4697 0,0330

0,9096 40,9445 18,0658 0,0248 0,0364 0,0805 0,3065 0,0187 0,7421 0,7714 0,0629 12,2772 0,0293

0,9463 41,5649 18,7336 0,0306 0,0557 0,0965 0,2678 0,0211 0,7158 0,8226 0,0639 13,0775 0,0449

0,9299 41,7815 18,7071 0,0340 0,0642 0,1065 0,3147 0,0188 0,7597 0,7600 0,0843 12,6820 0,0281

0,9092 40,9538 17,8741 0,0243 0,0340 0,0900 0,2909 0,0130 0,7318 0,7342 0,0827 13,4437 0,0308

0,9348 41,9762 18,9031 0,0362 0,0713 0,1104 0,3202 0,0202 0,7663 0,7661 0,0846 12,5029 0,0274

6 117

4 646

1 471

6 480

1 234

5 246

354

Anhang 1 Tabelle A1.10 Determinanten des Einkommens, erweitertes Modell (Frauen- und Männerberufe) (arithmetische Mittel bzw. Anteilssätze) Frauenberufe

ln(Bruttolohn/Stunde) Bildungsdauer (in Jahren) potentielle Berufserfahrung potentielle Berufserfahrung2 /100 Betriebszugehörigkeit Betriebszugehörigkeit2 /100 letzter Notendurchschnitt überqualifizierte Beschäftigung Tätigkeit im erlernten Beruf Weiterbildung 2001/02 Westdeutschland verheiratet Teilzeitbeschäftigung geringfügige Beschäftigung Zeitarbeit befristete Beschäftigung Arbeitsweg in km Mitglied in Gewerkschaft Mitglied im Berufsverband Mitglied im Betriebsrat Angestellter (Arbeiter) Beamter Selbständig Betriebsgröße: Selbst. o. Mitarb. (Betriebsgröße bis unter 5 Besch.) Betriebsgröße bis unter 20 Besch. Betriebsgröße bis unter 100 Besch. Betriebsgröße bis unter 200 Besch. Betriebsgröße bis unter 2000 Besch. Betriebsgröße ab 2000 Besch. Branche: Baugewerbe Branche: Bergb./Energie/Wasser Branche: Handel Branche: Kredit, Vers., wirt. DL Branche: Land-/Forstw., Fischerei Branche: öff. Verw., Sozialvers. Branche: verarb. Gewerbe Branche: Verkehr, Nachrichten (Branche: öff. u. priv. DL) Lambda N

Männerberufe

gepoolt

Frauen

Männer

gepoolt

Frauen

Männer

2,7718 13,1692 24,4581 6,9856 12,1548 2,5673 2,5340 0,1597 0,7250 0,1823 0,8089 0,8082 0,3676 0,0423 0,0190 0,0584 12,7980 0,1692 0,1080 0,0489 0,7724 . 0,1335 0,0175 0,0029 . 0,1699 0,2166 0,0926 0,2086 0,2137 0,0124

2,6836 13,0433 24,0997 6,8098 11,1618 2,2532 2,4791 0,1780 0,7111 0,1683 0,7938 0,8035 0,4737 0,0525 0,0214 0,0574 11,2520 0,1469 0,0866 0,0399 0,7957 . 0,1109 0,0185 0,0029 . 0,2023 0,2160 0,0875 0,1897 0,1829 0,0126

3,0360 13,5467 25,5321 7,5126 15,1309 3,5086 2,6987 0,1050 0,7668 0,2245 0,8542 0,8222 0,0496 0,0117 0,0117 0,0612 17,4315 0,2362 0,1720 0,0758 0,7026 . 0,2012 0,0146 0,0029 . 0,0729 0,2187 0,1079 0,2653 0,3061 0,0117

0,1481 0,1306 0,0029 0,0904 0,1072 0,0343 . 0,1355

0,1576 0,1187 0,0029 0,0798 0,0934 0,0311 . 0,1436

0,1195 0,1662 0,0029 0,1224 0,1487 0,0437 . 0,1010

3,0228 13,6338 23,8910 6,7163 13,1816 2,9136 2,5693 0,1264 0,6870 0,2162 0,8126 0,8230 0,0671 0,0087 0,0183 0,0567 20,3034 0,2554 0,1552 0,0401 0,5144 . 0,1630 0,0331 0,0078 . 0,1090 0,1848 0,0898 0,2581 0,3025 0,0671 0,0070 0,0628 0,1203 0,0139 0,1639 0,3540 0,0706 . 0,1160

2,8764 14,4070 21,5062 5,5607 10,9099 2,2122 2,3402 0,2107 0,6405 0,2149 0,7645 0,8388 0,2479 0,0248 0,0248 0,0868 18,5331 0,1901 0,1942 0,0331 0,6364 . 0,1942 0,0496 0,0165 . 0,0992 0,1983 0,0868 0,2273 0,3058 0,0372 0,0041 0,0950 0,1446 0,0165 0,1942 0,2066 0,0496 . 0,1261

3,0620 13,4271 24,5287 7,0253 13,7891 3,1012 2,6306 0,1039 0,6994 0,2166 0,8254 0,8188 0,0188 0,0044 0,0166 0,0486 20,7768 0,2729 0,1448 0,0420 0,4818 . 0,1547 0,0287 0,0055 . 0,1116 0,1812 0,0906 0,2663 0,3017 0,0751 0,0077 0,0541 0,1138 0,0133 0,1558 0,3934 0,0762 . 0,1086

1 371

1 028

343

1 147

242

905

Anhang 2

Tabelle A2.1 Determinanten der Erwerbsbeteiligung, 1. Stufe des Sample-selection-Modells (getrennt nach Personen in Frauen- bzw. Männerberufen) Frauenberufe

Männerberufe

gepoolt

Frauen

Männer

gepoolt

Konstante Alter Alter2 /100 Kind von 0 bis 1 Jahr im HH Kind von 2 bis 3 Jahren im HH Kind von 4 bis 6 Jahren im HH Kind von 7 bis 16 Jahren im HH Pflegebedürftige Person im HH verheirateta Westdeutschland Ausländer Bildungsdauer (in Jahren) Schwerbehinderung

–1,0277*** 0,1044*** –0,1341*** –1,5017*** –0,1576 –0,1545* –0,1434** 0,2341 0,0246 0,2059*** –0,0658 0,0471*** –0,3055**

–1,0346*** 0,1061*** –0,1360*** –1,8534*** –0,2949** –0,1780* –0,1787*** 0,3064 –0,0076 0,2049*** 0,0048 0,0452*** –0,4281***

–0,5493 0,0889*** –0,1216*** –0,1437 0,5190 –0,2596 0,0621 –0,0070 0,1945 0,2132 –0,3428* 0,0396* –0,0186

–0,7958*** 0,0767*** –0,0974*** –0,6180*** 0,0664 –0,0556 0,0618 –0,2984** 0,1545** 0,3361*** –0,1753** 0,0493*** –0,4829***

LR-Statistik

291,423*** 307,013***

34,670***

179,573***

McFadden R N

2

Frauen –1,6281** 0,1214*** –0,1560*** –1,8464*** 0,3838 –0,4494** –0,0516 –0,0353 0,2999** 0,3660*** –0,2573 0,0402** –0,4485*

Männer –0,8012** 0,0718*** –0,0910*** –0,2951** 0,0055 0,0546 0,0722 –0,3598** 0,0871 0,3206*** –0,1368 0,0635*** –0,4843***

93,271*** 132,631***

0,0843

0,1089

0,0563

0,0546

0,1242

0,0524

6 117

4 646

1 471

6 480

1 234

5 246

356

Anhang 2

Tabelle A2.2 Determinanten des Einkommens, 2. Stufe des Sample-selection-Modells, erweitertes Modell (getrennt nach Personen in Frauen- bzw. Männerberufen) Frauenberufe

Konstante Bildungsdauer (in Jahren) potentielle Berufserfahrung potentielle Berufserfahrung2 /100 Betriebszugehörigkeit Betriebszugehörigkeit2 /100 letzter Notendurchschnitt überqualifizierte Beschäftigung Tätigkeit im erlernten Beruf Weiterbildung 2001/02 Westdeutschland verheiratet Teilzeitbeschäftigung geringfügige Beschäftigung Zeitarbeit befristete Beschäftigung Arbeitsweg in km Mitglied in Gewerkschaft Mitglied im Berufsverband Mitglied im Betriebsrat Angestellter (Arbeiter) Beamter Selbständig Betriebsgröße: Selbst. o. Mitarb. (Betriebsgröße bis unter 5 Besch.) Betriebsgröße bis unter 20 Besch. Betriebsgröße bis unter 100 Besch. Betriebsgröße bis unter 200 Besch. Betriebsgröße bis unter 2000 Besch. Betriebsgröße ab 2000 Besch. Branche: Baugewerbe Branche: Bergb./Energie/Wasser Branche: Handel Branche: Kredit, Vers., wirt. DL Branche: Land-/Forstw., Fischerei Branche: öff. Verw., Sozialvers.i Branche: verarb. Gewerbe Branche: Verkehr, Nachrichten (Branche: öff. u. priv. DL) Lambda F Korr. R2 N

Männerberufe

gepoolt

Frauen

Männer

gepoolt

0,5617*** 0,0760*** 0,0252*** –0,0392*** 0,0159*** –0,0271*** –0,0058 –0,1251*** 0,0565** 0,0214 0,2897*** 0,0042 –0,0829*** –0,4726*** –0,1102 0,0016 0,0016** 0,0562** 0,1278*** –0,0094 0,1937*** . 0,1713*** 0,6180*** –0,1218 . 0,1924*** 0,2889*** 0,3131*** 0,3036*** 0,3667*** 0,0007

0,6796*** 0,0697*** 0,0219*** –0,0364*** 0,0160*** –0,0267** –0,0105 –0,0945*** 0,0850*** 0,0303 0,2685*** –0,0315 –0,0125 –0,3772*** –0,0306 –0,0235 0,0014 0,0645** 0,1310*** –0,0539 0,2284*** . 0,2750*** 0,5317*** –0,1421 . 0,1633*** 0,2726*** 0,2824*** 0,2852*** 0,3652*** –0,0167

0,5281* 0,0824*** 0,0263** –0,0379 0,0196*** –0,0430** –0,0406 –0,1793*** –0,0061 –0,0075 0,2414*** 0,0693 –0,2145*** –0,6701*** –0,4541** 0,0584 0,0009 0,0172 0,0474 0,0130 0,1701** . 0,0915 1,0972*** –0,0460 . 0,4718*** 0,4232*** 0,4047*** 0,4257*** 0,4416*** 0,1302

0,7261*** 0,0611*** 0,0278*** –0,0375*** 0,0147*** –0,0336 0,0082 –0,1940*** 0,0820*** 0,0627** 0,3479*** 0,0855*** –0,2257*** –0,6492*** –0,1344* –0,0655 0,0018*** –0,0445* 0,0600** –0,1174** 0,2458*** . 0,0609 0,5519*** 0,0491 . 0,2032*** 0,2947*** 0,3201*** 0,3935*** 0,4224*** 0,0331 –0,0549 –0,0444 0,0602 –0,2782*** –0,1002** 0,0738** –0,0983** . 0,3290

0,9039*** 0,0556*** 0,0223** –0,0239 0,0186** –0,0604 –0,0079 –0,0937 0,0383 0,1768*** 0,3122*** 0,0157 –0,1478** –0,6307*** 0,0436 0,0281 0,0024*** 0,0500 0,0697 –0,3832*** 0,3231*** . 0,3209** 0,2673 0,3309 . 0,1819 0,2750** 0,1819 0,3485*** 0,4275*** 0,0304 –0,3246 –0,1247 –0,0201 –0,2590 –0,2241*** 0,0156 –0,1495 . –0,3531

0,9818*** 0,0563*** 0,0271*** –0,0376*** 0,0120*** –0,0238 –0,0063 –0,2136*** 0,0848*** 0,0177 0,3115*** 0,0893*** –0,2019** –0,3598** –0,1393 –0,0936* 0,0015*** –0,0665** 0,0886*** –0,0537 0,2681*** . 0,0267 0,6981*** 0,0190 . 0,1495** 0,2619*** 0,3088*** 0,3632*** 0,3846*** 0,0138 –0,0011 0,0165 0,0436 –0,2526** –0,0723 0,0602 –0,1039** . 0,0018

46,68***

8,80***

41,20***

–0,1054*** –0,1113*** –0,0860 0,0631** 0,0298 0,1585*** –0,2847* –0,3352* –0,1576 0,0228 0,0207 0,0080 0,0967*** 0,0719* 0,1326** –0,1022* –0,1298** –0,0163 . . . 0,4022*** 0,2158* 1,1242 53,10***

36,50***

14,12***

Frauen

Männer

0,5779

0,5544

0,5800

0,5959

0,5450

0,6220

1 371

1 028

343

1 147

242

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Stichwortverzeichnis ABM siehe Arbeitsbeschaffungsmaßnahme Abschlußnote siehe Zeugnisnote Absentismus 33, 139 f., 277 Abwanderungsrisiko 46, 61, 73, 139 f. adverse Selektion 61, 311 Allokation – von Arbeitskräften 30, 54, 70 f., 314 – von Zeit siehe Zeitallokation alternativer Ansatz zur Einteilung der Berufe 150 Altersteilzeit 210, 225 Amortisation 47 ff., 132, 249 ff. Anfangsgehalt siehe Einstiegsgehalt Anfangsposition siehe Einstiegsposition Angebotselastizität siehe Arbeitsangebotselastizität Anpassungskosten 31, 81, 233 Anpassungsmaßnahmen 114 Anreizeffekt 60 Antizipation 28, 47 ff., 130 ff., 178 f. Arbeitnehmerüberlassung siehe Zeitarbeit Arbeitsangebotselastizität 43 f., 62 f., 79, 143 Arbeitsaufgaben 48, 77 ff., 137 ff. Arbeitsbedingungen 42, 70, 135 Arbeitsbeschaffungsmaßnahme 107 f. Arbeitslosenquote 60 f., 94 ff. Arbeitslosigkeit 31, 56 ff., 94 ff., 229 ff. Arbeitsmarktchancen 28, 51 ff., 71 ff. Arbeitsmarkterfahrung 132, 303 Arbeitsmarktsegmentation 69 ff., 143 f.

Arbeitsorganisation 76, 80 ff., 135, 251 f. Arbeitsplatzsicherheit 56 ff., 96, 124 ff. Arbeitsplatzverlustrisiko siehe Entlassungsrisiko Arbeitsschutzgesetze 83, 143 Arbeitssuche siehe auch Job-searchTheorie 125 Arbeitsteilung 77, 130 ff., 187 Arbeitsverträge siehe implizite Verträge, Theorie Arbeitsweg 84, 105 f., 163 Arbeitszeit siehe auch Zeitpräferenz 101 ff., 210 ff. Arbeitszufriedenheit 85 ff., 123 ff., 135 f. asymmetrische Informationsverteilung 46, 51 ff., 61, 141, 144 f., 233 atypische Beschäftigung 210, 230 f. Aufspaltung siehe Dekomposition Aufstiegschancen 73, 211 ff., 246, 274 Aufstiegsketten siehe Mobilitätsketten Aufstiegsmaßnahmen 114 Ausbildung siehe auch Humankapital 108 f. Ausbildungsadäquanz siehe Qualifikationsmismatch Ausbildungsdauer 47, 109 f., 198 ff., 303 Ausstattungseffekt 298, 328 ff. Babbage-Prinzip 76 ff., 142 Beamte 96, 99, 109, 292 f. Beförderung 49, 60, 74 f. Beförderungseffekt 60

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Stichwortverzeichnis

Befristung 106 ff., 207 ff., 229 ff., 312 Benachteiligung 29 f. Benachteiligungsindikatoren 127, 207 ff., 296 ff. Berufsabschluß siehe berufsbildender Abschluß Berufsabschnitte 152 ff. Berufsanfänger siehe Berufseinstieg Berufsart siehe Frauenberufe Berufsausstieg 132 Berufsberatung 339 Berufsbereiche 152 ff. berufsbildender Abschluß 109, 169 ff., 290 ff. Berufschancen 188 Berufseinstieg 131 f., 230 Berufserfahrung 47, 132, 303 f. Berufsfindung 178 f., 184 ff. Berufsgattungen 156, 158, 170 Berufsgruppen siehe auch Berufsart 152 ff., 170 ff. Berufshauptgruppen 156 f. Berufsklassen 97, 152, 170 Berufsklassifikation 152 ff. Berufsordnungen 97 f., 152 ff., 160, 170 ff. berufsspezifische Segregation siehe Segregation, berufsspezifische Berufsuntergruppen 156 Berufsverband 107 Berufswahl 178 ff., 306 ff., 336 ff. Berufswechsel 274 Berufswunsch siehe Wunschberuf Beschäftigungsanpassung 213, 232 ff. Beschäftigungsarten 102 f., 210 ff. Beschäftigungssicherheit siehe Arbeitsplatzsicherheit Beschäftigungsverbot 83 Betriebsbindung siehe auch Arbeitsangebotselastizität 72 f., 140, 248 ff. Betriebsgröße 67, 100 ff., 163, 169 ff., 251 f., 305

Betriebsrat 63 ff. Betriebsratsmitgliedschaft 106 f. Bewerberqualitäten 51 ff., 233 f. Bildungsjahre siehe Ausbildungsdauer Bildungsmerkmale 108 ff. Bildungsniveau siehe auch Qualifikationsmismatch 171, 180 Bildungsunterschiede 108 ff., 247 Bindungseffekt 61 biologische Unterschiede 136 Branchen 99 ff., 149 ff. Branchenabteilungen 157 Branchenklassifikation 99 ff., 157 branchenspezifische Segregation siehe Segregation, branchenspezifische Bruttomonatsverdienst 120 f., 318 Bruttostundenlohn 121 f., 318 Bummelei siehe Shirking Chancengleichheit 26 ff., 85 Churning 139 compensating differential 20 f., 42 Crowding 34, 40 ff., 142 ff. Datenbasis 87 ff. Dekomposition – der Einkommensdifferenz 326 ff. – des Gini-Segregationsindexes 171 ff. depreciation rate 132 ff. Dienstleistungssektor 82, 99 ff., 154 ff. Differential Overqualification 275, 279 Diskriminierung 24 ff. – Arbeitsplatzdiskriminierung 27, 41 f., 62, 73, 299 – Aufstiegsdiskriminierung 27, 278 – Beschäftigungsdiskriminierung 27, 234, 278 – Bildungsdiskriminierung 143 – direkte 25, 35 – echte 25, 29, 45, 52, 85, 337

Stichwortverzeichnis – Einstellungsdiskriminierung 27, 234, 278, 342 – indirekte 25 – individuelle 26 – institutionelle 26, 45, 85 – Lohndiskriminierung 27, 37 ff., 62, 140 f., 296 ff. – mittelbare 25 – offene 25, 29 – ökonomische 26 – Post-market 28 – Pre-market 28, 138, 334 – statistische 26 ff., 51 ff., 144 f. – strukturelle 26, 28, 45, 85, 138 – unechte 25 – unmittelbare 25 – versteckte 25, 331 Diskriminierungseffekt 326 ff. Diskriminierungskoeffizient 36, 43, 327 Diskriminierungsneigung 36 Dispersionsmaße siehe Streuungsmaße Dissimilaritätsindex 165 ff. dualer Arbeitsmarkt 70 f. durchschnittliche Differenz 64 f. Durchschnittsproduktivität 52 f. economies of scale 305 effiziente Verhandlungen, Theorie 64 f. Effizienzlohntheorien 59 ff. Ehegattensplitting 28, 50 ehrenamtliche Tätigkeit 106 f. Eigeninitiative 23, 250, 254 Einarbeitungskosten 39, 74 f., 233, 277 Einkommen 84 f., 120 ff., 226 ff. Einkommensbenachteiligung 296 ff. Einkommensdifferenz, geschlechtsspezifische 33 ff., 120 ff., 296 ff. Einkommensfunktion 47, 303 Einkommenskapazität 133, 228

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Einkommenslücke siehe Einkommensdifferenz, geschlechtsspezifische Einkommensmaximierung 69, 84, 185, 273, 343 f. Einkommensregression siehe auch Einkommensfunktion 215 ff. Einstellungstests 51, 142 Einstiegsgehalt 42, 46, 133 f., 274 Einstiegsposition 71, 144 Endogenitätsproblem 209, 224, 307, 334 Endspieleffekte 233 Entlassungskosten 39, 233 Entlassungsrisiko 56 ff., 246 entscheidungstheoretischer Ansatz der Berufswahl 185 entwicklungstheoretischer Ansatz der Berufswahl 184 erlernter Beruf, Tätigkeit im e. B. siehe Qualifikationsmismatch, horizontaler Erwartungen siehe Antizipation Erwerbsarbeit 77 f., 187 f. Erwerbsbeteiligung 89 ff., 319 ff., 340 f. Erwerbsbiographie siehe Erwerbsverlauf Erwerbslosenquote 94 f. Erwerbspersonen 90, 94 f. Erwerbsquote 90 f. Erwerbstätigenquote 90 ff., 150 Erwerbstätigkeit – ausbildungsinadäquate siehe Qualifikationsmismatch – unterwertige siehe Überqualifikation Erwerbsunterbrechung 48 ff., 90 f., 130 ff. Erwerbsverlauf 51 ff., 90 ff., 130 ff. Existenzlohntheorie 33 Exit-Option 62, 75 Exogenität – von Präferenzen 36, 76, 135 – von Variablen 210, 311 ff., 330 externer Arbeitsmarkt 71 ff.

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Stichwortverzeichnis

Fähigkeiten 75 ff., 130 ff., 136 Familie, siehe ökonomische Theorie der Familie Familienentlohnung 33 Familiengründung 90 ff. Familienpause siehe Erwerbsunterbrechung Familienstand 223 Feedback-Effekte 49 ff., 76 f., 144 ff. Fehlzeiten siehe Absentismus Fertigkeiten 80, 130, 136 f. Finanzierung von Bildung 46, 72 f., 249 ff., 308 f. Fixkosten 214, 311 Flexibilität – des Arbeitgebers 56, 213, 232 f., 276 – des Arbeitnehmers 56, 84 f., 131 ff., 212 Fluktuation 59 ff. Fortbildung siehe Weiterbildung Frauenanteil 149 ff. Frauenberufe siehe auch Segregation 97 ff., 147 ff., 151 ff. Frauen-Männer-Verhältnis 150, 154 ff., 164 ff., 197 f. Frauenquote 343 Freizeit siehe Zeitpräferenz Gehaltserhöhung 47, 67, 122 geringfügige Beschäftigung 97, 101 ff., 207 ff., 310 ff. Geschlechterrollensozialisation 137 f., 186 ff. Geschlechterstereotypen 136, 187 Gesellschaft, Einfluß der 26 ff., 77 ff., 135 ff., 141 ff., 184 ff. Gesundheitszustand 212 f., 233, 277 Gewerkschaften 63 ff. Gewerkschaftsmitgliedschaft 106 f. Gewichtungsfaktoren 88 f. Gewinnmaximierung 30, 36, 52 Gini-Konzentrationsindex 167

Gini-Segregationsindex 164 ff. glass ceiling 99 Gleichbehandlung 24 f. Gleichberechtigung 24, 33 f. Gleichgewichtslohn 31, 41, 56, 59, 64, 74 Gleichgewichtstheorie, Allgemeine 30 ff. Gleichstellung 229 Gleichstellungsbeauftragte 343 Gleichverteilungsgerade 159 ff., 166 Grenzerlös 31 Grenzertrag 46, 54 f. Grenzgewinn 31 Grenzkosten 31, 54 f. Grenznutzen 31 f., 296 Grenznutzentheorem 31 f. Grenzproduktivität 31, 36, 41 Grenzproduktivitätstheorem 31 Gruppennormen siehe Normen Gütemaße 197 Hausarbeit siehe Haushaltstätigkeiten Haushaltstätigkeiten 48 f., 77 ff., 130 ff., 135 Haushaltsverantwortung 48 f., 77 ff., 130 ff., 212 ff. Heckman-Korrektur siehe Sample-selection-Modell heterogene Arbeitskräfte 27, 45 ff., 51 ff. Hierarchie 97 ff. Hobbys 106 Hochrechnung siehe auch Gewichtungsfaktoren 89, 154, 168 f. homogene Arbeitskräfte 27 ff. Homophilie, soziale 177 Humankapital 45 ff. – allgemeines 46, 72, 75, 147, 248 – berufsspezifisches 132 – betriebsspezifisches siehe Humankapital, spezifisches

Stichwortverzeichnis – spezifisches 46 ff., 72, 147, 232 f., 248 Humankapitalausstattung 47 ff., 326 Humankapitalinvestitionen 45 ff., 51 ff., 130 ff., 139 ff. Humankapitaltheorie 45 ff., 130 ff., 185, 303 Identifikationstheorie 187 implizite Verträge, Theorie 56 ff. Informationskosten 31, 51, 146 Informationsverarbeitungstheorie 187 Innovationsdynamik 82 ff., 132, 249, 305 Insider-Outsider-Theorie 63 ff. Instrumentenvariablenschätzung 313 Interaktionseffekt 199 ff. International Standard Classification of the Occupations siehe ISCO-88 interner Arbeitsmarkt 71 ff., 143 f. Investitionsentscheidung siehe Humankapitalinvestitionen ISCO-88 156 ff. Job-Anforderungsniveau 116 f. Job-competition-Theorie 74 ff. Job-hopper 232 Job-Schlange siehe Job-competitionTheorie Job-search-Theorie 235, 272, 279 Job-sharing 102 f., 210 Job-Zellen 314 Karriere siehe Erwerbsverlauf Karrierechancen siehe Aufstiegschancen Karrieresprungbrett 236 Kinderbetreuungsangebote 211, 229 Kindererziehung 130 ff. Klassifikation – der Berufe siehe Berufsklassifikation

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– der Branchen siehe Branchenklassifikation kognitive Entwicklung des Kindes 186 Kompensationszahlung 36 ff. Konjunktur 56 f., 74 f. Konkurrenzbereitschaft 78 f., 135 Konkurrenzfähigkeit 78 f., 250 Kontrakttheorie siehe implizite Verträge, Theorie Kontroll- und Anreizeffekt 60 Kontrollproblem 60, 73 ff., 233 Konzentration siehe auch Segregation 98, 168 Konzentrationsfläche 159 ff., 168 Korrekturterm (Lambda) 316, 329 Korrelationskoeffizient 289 Kostenminimierung 327 Kosten-Nutzen-Erwägungen 130 ff., 139 f., 249 ff., 279 Kündigungsschutz 214, 230 ff. Kurzarbeit 57 Lambda siehe Korrekturterm Lebensarbeitszeit 131 Lebenseinkommen 133 f. Lebenslauf siehe Erwerbsverlauf Lebenszyklus 46, 90 ff. Leiharbeit siehe Zeitarbeit Leistungsgruppen 98 ff. lineare Streuung 64 f. Logit-Modell – binomiales 194 f. – multinomiales 220 f. Lohnbildungsprozeß 64 f. Lohnerhöhung siehe Gehaltserhöhung Lohnprofile, steile u. flache 133 f. Lohnspreizung 67 Lohnsteuerklassen 121 Lohnunterschied siehe Einkommensdifferenz, geschlechtsspezifische Lohnwettbewerb 74 Lorenzkurve siehe Segregationskurve

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Stichwortverzeichnis

Männerberufe siehe Frauenberufe Marginal-matching-Ansatz 150 f. Marktmacht 42 ff., 143 Marktunvollkommenheiten 40 ff., 142 f. Marktzutrittsbarrieren siehe auch Mobilitätsbarrieren 34 f. Medianwähler-Modell 65 Meinungsbildungsprozeß 65 f. Mikrozensus 88 Mill’s Ratio, inverse 316 Minimalkostenkombination 80 Minorität 145 Mismatch siehe Qualifikationsmismatch Mitgliedschaft in Organisationen 106 ff. Mobilität siehe auch Arbeitsangebotselastizität 34, 40 ff., 70 ff., 248 ff. Mobilitätsbarriere 27, 41 ff., 143 Mobilitätsketten 71 Modellanpassung siehe Gütemaße Monopol 42 ff., 64, 71, 305 Monopson 42 ff., 143 Motivation 213, 250, 277 Multiplikator 251 Mutterschutz 83 NACE 157 Nachfragefunktion 31, 74 National Classification of Economic Activities siehe NACE nebenberufliches Engagement 106 f. Nebenerwerb 106 f., 211 f. Neoklassik 30 ff., 128 ff., 139 f. Nepotismus 24 Netzwerk 38, 106, 182 Normen 61, 71 ff. Notendurchschnitt siehe Zeugnisnote Nutzen siehe Kosten-Nutzen-Erwägungen und Präferenzen Nutzenfunktion – der Familie 48, 130

– individuelle und kollektive 65 Nutzenmaximierung 30 ff., 36 Odd Ratio 195, 221 Off-the-job-Training 46, 247 ökonomische Theorie der Familie 48, 130 ff. On-the-job-Training 46, 72 ff., 247, 251 Oppenheimer, Ansatz von 150 Opportunitätskosten 46, 60 f., 251 Organisation siehe Arbeitsorganisation Organisationsgrad 63 ff. Oversampling 88 Panel, Sozio-oekonomisches siehe SOEP Panelregression 314 Panelsterblichkeit 314 f. Partizipation siehe Erwerbsbeteiligung Partizipationsgleichung siehe Sampleselection-Modell (1. Stufe) Partizipationsrate siehe Erwerbstätigenquote Persistenz 28 f., 38 ff., 77, 334 Personaleinsatzplanung 80 ff., 146 Personalpolitik siehe Beschäftigungsanpassung Personalrat 107 Persönlichkeitsmerkmale siehe Soft Skills persönlichkeitsorientierter Ansatz der Berufswahl 184 Persönlichkeitsstruktur 84 f., 184 Planungshorizont 134 Poaching 46 „Pollution“-Theorie 141 f. ports of entry siehe Einstiegsposition Präferenzen 84 ff., 135 ff., 207 ff., 336 ff. Präferenzmodell 35 ff., 140 f. Prestigeverlust 141 f. primärer Arbeitsmarkt 69 ff., 143

Stichwortverzeichnis Prinzipal-Agenten-Modell 66 Probit-Modell – binomiales bivariates 285 ff. – binomiales univariates 195 ff. Produktionsfunktion 31 Produktivität 27 f., 31 ff. produzierendes Gewerbe 82, 99 ff. Pseudo-R2 197 Qualifikationsmismatch – berufsspezifischer siehe Qualifikationsmismatch, horizontaler – horizontaler 115 ff., 270 ff., 309 f. – vertikaler siehe Überqualifikation Qualifikationsverluste siehe Überqualifikation Qualitätsunsicherheit siehe Bewerberqualitäten Quantilsregression 314 Quereinsteiger 275 f. Rationalisierung 74, 216 Rationalität 25 ff., 51, 84, 130 ff. Rattenrennen 234 Reliabilität 85, 288 Rollenverteilung siehe auch Geschlechterrollensozialisation 77 ff., 130 ff., 211 f. SAM siehe Strukturanpassungsmaßnahme Sample-selection-Modell 315 ff. Say’sches Gesetz 31 schooling function siehe Einkommensfunktion 47, 303 Schulabschluß 108 f., 169 ff., 199, 203 f. Schutzgesetze siehe Arbeitsschutzgesetze Schwangerschaft 83 Screening 51 ff., 145 Second-best-Lösung 85, 108, 148, 211, 292

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Segmentation siehe Arbeitsmarktsegmentation Segregation 127 ff. – berufsspezifische 128, 151 ff. – branchenspezifische 129, 157 ff., 170, 174 ff. – Gesamtsegregation 170 ff. – geschlechtsspezifische siehe Segregation – horizontale 129, 170 – occupational siehe Segregation, berufsspezifische – studienfachbezogene 170 f. – vertikale 129, 170 Segregationsindex siehe Gini-Segregationsindex Segregationskurve 158 ff., 166 sekundärer Arbeitsmarkt siehe primärer Arbeitsmarkt Selbstselektion 54 f., 61 Selbstverwirklichung 84 f., 148, 343 Selectivity-bias siehe Selektionsverzerrung Selektionseffekt – der Dekomposition 329 ff. – von Effizienzlöhnen 61 Selektionsverzerrung 315 ff., 328 self-fulfilling prophecy 26, 53, 81 Seniorität 60, 144, 231 Shirking 59 ff. Signaling 54 f., 145 Sitzenbleiben 50, 198 SOEP 87 ff. Soft Skills 50 soziales Lernen, Theorie 186 Sozialisation siehe Gesellschaft, Einfluß der Sozio-oekonomisches Panel siehe SOEP Spezialisierung 48 ff., 73, 131 ff. Splitting-Verfahren siehe Ehegattensplitting Start-up-Effekt 214, 311

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Stichwortverzeichnis

Stellung, berufliche 98 f., 116 f., 169 ff. Stichprobe siehe auch Hochrechnung 87 ff., 151, 315 Streuungsmaße 164 f. Strukturanpassungsmaßnahme 108 Strukturwandel 82 f., 250, 271 Studienfachwahl 135, 170 f. taste for discrimination siehe Präferenzmodell technischer Fortschritt siehe auch Innovationsdynamik 82, 132, 137, 250 Teilzeitbeschäftigung 101 ff., 207 ff., 310 ff. Tradition siehe Gesellschaft, Einfluß der Transaktionskosten 32, 39, 46, 59, 139 Transparenz 31 f., 339 f. Traumberuf siehe Wunschberuf Überqualifikation 115 ff., 270 ff., 309 f. Überstunden 104 f., 121, 140, 233 Umkehrregression 314 Umschulung 111 f., 247 Unternehmensgröße siehe Betriebsgröße unterwertige Beschäftigung siehe Überqualifikation Variationskoeffizient 165 Verantwortung im Beruf 129, 140, 156

Vereinbarkeit von Beruf und Familie 188, 212 Versicherungsprämie 57 Verweildauer, betriebliche 139, 217 Vollbeschäftigung 31 vollständige Information 30 ff. vollständige Konkurrenz 30 ff., 38 ff. Vollzeitbeschäftigung 101 ff., 210 ff. Vorbilder 138, 146, 180 ff., 188 f., 341 Vorurteile 25, 36, 49, 54, Wahlfreiheit 26, 339 ff. Warteschlangenmodell siehe Job-competition-Theorie Wechselwirkungen siehe auch Feedback-Effekte 144 „weibliches Arbeitsvermögen“ 77 ff., 146 f. Weiterbildung 111 ff., 207 ff., 246 ff., 308 f. Wertgrenzprodukt 31, 38, 44, 47, 60 Wirtschaftszweige siehe Branchen Wissensgesellschaft 83, 246 Wunschberuf 181 f., 274 Zeitallokation 48, 105 Zeitarbeit 107 f., 233 Zeitpräferenz 32, 84 ff., 105 ff., 212 Zeitverwendung 106 Zero-inflated negative binomial regression-Modell 260 ff. Zertifikate 54 ff., 142 Zeugnisnote 50, 110 f., 223 f., 294 f., 318