Zwischen Häuslichkeit und Öffentlichkeit: Die ersten deutschen Frauenzeitschriften im späten 18. Jahrhundert und ihr Publikum [Reprint 2010 ed.] 9783110936483, 9783484350618

Various literary magazines for women started appearing in the late 18th century in German-speaking countries, at least t

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German Pages 700 [704] Year 1998

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Table of contents :
Vorwort
I. Einleitung
II. Die Frauenzeitschriften und ihre Herausgeberinnen
1. Die Entstehung von Zeitschriften für ein weibliches Publikum
2. Die Frauenzeitschriften weiblicher Herausgeber
2.1 Ernestine Hofmann: Für Hamburgs Töchter, 1779
2.2 Charlotte Hezel: Wochenblatt für 's Schöne Geschlecht, 1779
2.3 Sophie von La Roche: Pomona für Teutschlands Töchter, 1783/1784
2.4 Caroline Friederike von Kamiensky: Luna, für die Gönner meiner Muse, 1788-1790
2.5 Das Museum für Frauenzimmer »von einigen ihrer Mitschwestern«, 1790
2.6 Marianne Ehrmann: Amaliens Erholungsstunden, 1790-1792 und Die Einsiedlerinn aus den Alpen, 1793/1794
2.7 Die Unterhaltungen in Abendstunden von einer »Gesellschaft baierischer Frauenzimmer«, 1792/1793
3. Verschollene Frauenzeitschriften weiblicher Herausgeber
3.1 Johanne Katharine Schulze und Christine Dorothea Gürnth: Oekonomisches, moralisches und gemeinnütziges Journal für Frauenzimmer, 1794/1795
3.2 »Die vier Schwestern v. R.***«: Archiv der weiblichen Belehrung und Unterhaltung, 1796
4. Von Frauen (mit-)herausgegebene Zeitschriften für ein gemischtes Publikum
4.1 Dorothea Lilien: Papiere einiger Freunde, 1780/1781
4.2 Friederike Helene Unger: Vermischte Erzählungen und Einfälle zur allgemeinen Unterhaltung, 1783-1786
5. Fiktive weibliche Redaktionen
5.1 Publizistischer Geschlechterkampf in Wien und Prag
5.2 Die »deutsche Damengesellschaft« des Franz Rudolph Grossing
6. Zwischenbetrachtung: Die Herausgeberinnen, ihre Frauenzeitschriften und ihr Umgang mit ›Feder und Nadel‹
III. Die Frauenzeitschriften auf dem literarischen Markt
1. Die Autorinnen: Chancen und Grenzen einer Professionalisierung
1.1 Von der Alleinverfasserin zur Frauenredaktion
1.2 Fiktive Mitarbeiterinnen
1.3 Einsendungen und Fremdbeiträge
2. Verlag und Vertrieb: Schwierigkeiten mit der Kommerzialisierung
2.1 Der Selbstverlag Sophie von La Roches und ihr Ärger über unbefugte Nachdrucker
2.2 Die Probleme Charlotte Hezels mit dem Postvertrieb
2.3 Der Konflikt der Ehrmanns mit der Cottaischen Verlagsbuch¬handlung
3. Zwischenbetrachtung: Die kurze Blüte des Frauenjournalismus
IV. Das Publikum der Frauenzeitschriften
1. Lesen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
2. Die Subskribentinnen und Subskribenten der Frauenzeitschriften
2.1 Soziale Zusammensetzung
2.2 Weibliche und männliche Subskribenten
2.3 Regionale Verbreitung und Zentren der Lektüre
2.4 Lesegesellschaften und Leihbibliotheken
2.5 Überschneidungen der Subskribentenkreise
3. Abgedruckte Leserbriefe
3.1 Leserinnen: Bestätigung der Herausgeberin und Selbstvergewisserung
3.2 Leser: Kritische Einwände
3.3 Abwehr männlicher Einflußnahme: Der Streit um die Thomson- Abdrucke in der Pomona
4. Die »gedoppelte Aufmerksamkeit« der professionellen Literaturkritik
4.1 Lob für die Lehrerinnen des eigenen Geschlechts
4.2 Verpflichtung zu Galanterie?
4.3 Tadel bei Überschreitung des geschlechtsspezifischen Bildungs¬auftrags
5. Zwischenbetrachtung: Bewegung im Publikum
V. Verständigungstexte in den Frauenzeitschriften
1. Räsonnement über die Ordnung der Geschlechter in der Gegenwart
1.1 Instruktionen zur Organisation des Hauses und Versorgung der Familie
1.2 Das offene Haus: Stimmen für und wider die Geselligkeit
1.3 Erlaubte Öffentlichkeit: patriotische, wohltätige Initiativen
2. Frauengeschichtsschreibung
2.1 Gelehrte Frauen: Wissenschaftlerinnen und Schriftstellerinnen
2.2 Mächtige Frauen: Fürstinnen und Mätressen
2.3 Kämpfende Frauen: Amazonen und Kriegsheldinnen
3. Zwischenbetrachtung: Die Vielstimmigkeit des Diskurses
VI. Schlußbetrachtung
VII. Anhang
1. Liste der Frauenzeitschriften im 18. Jahrhundert
2. Tabellen und Karten zur Subskription
3. Abkürzungen
VIII. Quellen- und Literaturverzeichnis
IX. Register
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Zwischen Häuslichkeit und Öffentlichkeit: Die ersten deutschen Frauenzeitschriften im späten 18. Jahrhundert und ihr Publikum [Reprint 2010 ed.]
 9783110936483, 9783484350618

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STUDIEN UND TEXTE ZUR SOZIALGESCHICHTE DER LITERATUR

Herausgegeben von Wolfgang Frühwald, Georg Jäger, Dieter Langewiesche, Alberto Marti no, Rainer Wohlfeil

Band 61

Ulrike Weckel

Zwischen Häuslichkeit und Öffentlichkeit Die ersten deutschen Frauenzeitschriften im späten 18. Jahrhundert und ihr Publikum

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1998

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort

Redaktion des Bandes: Rainer Wohlfeil

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Wecke l, Ulrike: Zwischen Häuslichkeit und Öffentlichkeit: die ersten deutschen Frauenzeitschriften im späten 18. Jahrhundert und ihr Publikum / Ulrike Weckel. - Tübingen : Niemeyer, 1998 (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur ; Bd. 61) ISBN 3-484-35061-X

ISSN 0174-4410

© Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG, Tübingen 1998 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier, Gesamtherstellung: Memminger Zeitung, Verlagsdruckerei GmbH, Memmingen

Vorwort

Vorworte sind eine zentrale Quellengruppe dieser Arbeit, In ihnen präsentierten sich die Herausgeberinnen von Frauenzeitschriften im 18. Jahrhundert erstmals ihrem Publikum und suchten es auf vielfältigen Wegen mit ihrem ungewöhnlichen Schritt an die Öffentlichkeit auszusöhnen und für ihr Werk einzunehmen. Dieses Vorwort verfolgt ein gänzlich anderes Ziel. Es schließt sich dem guten Brauch an offenzulegen, daß wissenschaftliche Qualifikationsarbeiten - eidesstattlichen Erklärungen zum Trotz - niemals ohne »fremde Hilfe« Zustandekommen. Ail denen, die mich während der letzten Jahre ermutigt und gefördert haben, die mir mit kompetentem fachlichen Urteil oder finanzieller Unterstützung zur Seite gestanden, die mir zugehört und meine Thesen und Ergebnisse mit mir diskutiert haben, möchte ich an dieser Stelle herzlich danken. Frau Prof. Dr. Barbara Vogel hat mich seit Studienzeiten zu historischer Neugier ermuntert. Sie hat diese Arbeit aufmerksam und wohltuend behutsam betreut. Ihre kritischen Nachfragen und ihr Zutrauen waren für mich immer eine Herausforderung. Herr Prof. Dr. Arno Herzig hat das lange Manuskript freundlicherweise als Zweitgutachter gelesen. Frau Prof. Dr. Claudia Opitz animierte mich, über die Journale hinauszublicken und die Aufklärung auch noch aus anderer Perspektive ins Auge zu fassen. Herr PD Dr. Michael Maurer war so großzügig, mir sein privates Briefarchiv zu Sophie von La Röche zur Verfügung zu stellen. Seine sicher nicht alltägliche Kollegialität weiß ich sehr zu schätzen, Herr Klaus Schmidt vom Göttinger Index deutscher Rezensions-Zeitschriften gab mir allerlei wertvolle Hinweise, insbesondere zur Literaturkritik, zu fiktiven Titeln und satirischen Ankündigungen im 18. Jahrhundert. Herr PD Dr. Holger Böning übermittelte mir Ergebnisse seiner Recherchen zur Deutschen Presseforschung. Frau Dr. Jutta Weber wies mich in die Benutzung der Zentralkartei der Autographen in der Staatsbibliothek Berlin ein und ermöglichte so manch neuen Handschriftenfund. Ortrud Weckel ließ nicht locker, bis wir auch noch den unleserlichsten Schriftzug entziffert hatten. Dorothea Nolde war mir mit ihren ausgezeichneten Fremdsprachenkenntnissen behilflich. Meine Freundin und Kollegin Dr, Kirsten Heinsohn machte aus meinen Vorlagen übersichtliche Tabellen. Sie und Anne Fleig, Dr. Brigitte Tolkemitt und Dr. Anne Conrad haben die Kapitel meiner Arbeit mit kritischem Blick durchgesehen und mit viel Sachverstand kommentiert, Ludolf Wecke! besserte am Ende noch einige Schnitzer aus. Die Friedrich-Ebert-Stiftung und die VW-Stiftung gewährten mir Stipendien, die VG Wort bewilligte einen Druckkostenzuschuß, Herrn Prof. Dr. Rainer Wohlfeil und den anderen Herausgebern der »Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur« danke ich für die Aufnahme der Arbeit in ihre Reihe.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

V

I.

Einleitung

II.

Die Frauenzeitschriften und ihre Herausgeberinnen

1.

Die Entstehung von Zeitschriften für ein weibliches Publikum

. . .

20

2. 2.1 2.2 2.3 2.4

Die Frauenzeitschriften weiblicher Herausgeber Ernestine Hofmann: Für Hamburgs Töchter, 1779 . Charlotte Hezel: Wochenblattßr's Schöne Geschlecht, 1779 Sophie von La Roche: Pomona für Teutschlands Töchter, 1783/1784 Caroline Friederike von Kamiensky: Luna, für die Gönner meiner Muse, 1788-1790 Das Museum für Frauenzimmer »von einigen ihrer Mitschwestern«, 1790 Marianne Ehrmann: Amaliens Erholungsstunden, 1790-1792 und Die Einsiealerinn aus den Alpen, 1793/1794 Die Unterhaltungen in Abendstunden von einer »Gesellschaft baierischer Frauenzimmer«, 1792/1793

27 50 59 75

2.5 2.6 2.7

3. 3.1

3.2

4. 4.1 4.2

l 20

Verschollene Frauenzeitschriften weiblicher Herausgeber Johanne Katharine Schulze und Christine Dorothea Gürnth: Oekonomisches, moralisches und gemeinnütziges Journal für Frauenzimmer, 1794/1795 . . . »Die vier Schwestern v. R.***«: Archiv der weiblichen Belehrung und Unterhaltung, 1796 Von Frauen (mtt-)herausgegebene Zeitschriften für ein gemischtes Publikum Dorothea Lilien: Papiere einiger Freunde, 1780/1781 Friederike Helene Unger: Vermischte Erzählungen und Einfalle zur allgemeinen Unterhaltung, 1783-1786

104 111

115 142 158

160 164

167 171 175

VII

5. 5.1 5.2

Fiktive weibliche Redaktionen Publizistischer Geschlechterkampf in Wien und Prag Die »deutsche Damengesellschaft« des Franz Rudolph Grossing

. .

177 181 191

6.

Zwischenbetrachtung: Die Herausgeberinnen, ihre Frauenzeitschriften und ihr Umgang mit >Feder und Nadel
bürgerlich< sollte kein Standes- oder gar Klassenbegriff assoziiert werden. Die Charakterisierung der Öffentlichkeit als bürgerliche weist einerseits voraus auf die klassisch-liberalen Konzepte der modernen bürgerlichen Gesellschaft, die in dieser Öffentlichkeit in der Folgezeit entworfen wurden. Deutet man andererseits das späte 18. Jahrhundert nicht bloß als Vorgeschichte des bürgerlichen Zeitalters, so macht es insbesondere Sinn, die Bezeichnung 'bürgerlich' auf die >societas civtlis< zu beziehen. Der Begriff wies damals eine aufschlußreiche Bedeutungsvielfalt auf, Er meinte noch die politische Gemeinschaft der Hausväter, spielte nach wie vor auf das naturrechtliche Konzept des Gesellschaftsvertrags an, variierte zwischen ziviler und zivilisierter Gesellschaft und umfaßte schließlich auch bereits in Ansätzen den Gedanken einer Staatsbürgergesellschaft. Vgl, Ursula A.J. Becher: Einleitung. Societas civilis - »apolitischer Innenraum« oder »politische Gesellschaft«?, in: dies.: Politische Gesellschaft. Studien zur Genese bürgerlicher Öffentlichkeit in Deutschland, Göttingen 1978, S. 11-28; Manfred Riedel: Gesellschaft, bürgerliche, in: Brunner/Conze/Koselleck (Hg.): Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 2 (1975), S, 719-800; zur Mehrdeutigkeit des Bürgerbegriffsund seiner Geschichte vgl, außerdem ders.: Bürger, Staatsbürger, Bürgertum, ebd., Bd. l, S.672-726. l

eben Gewalt all jenen gegenübergetreten, die kein Amt innehatten: den Privatleuten. Diese Adressaten obrigkeitlicher Verlautbarungen hätten sich im 18. Jahrhundert allmählich zu einem Publikum räsonierender Privatleute versammelt, sich erst selbst und gegenseitig über die Erfahrungen ihrer neuen Privatheit verständigt und schließlich die öffentliche Gewalt gezwungen, sich vor der öffentlichen Meinung als vernünftig zu legitimieren. Zu diesem Zweck hätten sie die Presse umfunktioniert. Aus Organen für Hofnachrichten sei ein Forum zunächst der Selbstaufklärung, dann auch der Kritik geworden, von da an habe Publizität der Kontrolle staatlicher Herrschaft gedient. Dabei begreift Habermas das selbstaufklärerische, nicht um die Haupt- und Staatsaktionen des Absolutismus kreisende Räsonnement als ein »Übungsfeld«, eine »literarische Vorform«, aus der dann eine politisch fungierende, bürgerliche Öffentlichkeit erwachsen sei. Als weitere wichtige Institutionen der vorpolitischen literarischen Öffentlichkeit neben der Publizistik nennt Habermas die englischen Kaffeehäuser, französischen Salons und deutschen Gesellschaften.4 Im Anschluß an seine idealtypische Darstellung nahmen Historiker die bürgerliche Öffentlichkeit um so aufmerksamer in den Blick und untersuchten nun insbesondere das Vereinswesen der Aufklärung. 5 Das Zeitungs- und Zeitschriftenwesen * Jürgen Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft, 16. Aufl. Darmstadt, Neuwied 1984 (zuerst 1962), Zitate S.44. Weniger sympathetisch als Habermas, der das - wie er annimmt - unhierarchische, ausschließlich der Überzeugungskraft des besseren Arguments verpflichtete Räsonnement der Aufklärer als Vorbild für eine demokratische politische Kultur verstanden wissen will und die Ablösung dieses kommunikativen Handelns durch Kulturkonsum im Verlauf des Strukturwandels der Öffentlichkeit bedauert, hat zuvor Reinhart Koselleck diesen Prozeß beschrieben. Kritisch analysiert er die politische Funktion der bürgerlichen Moral, Ihrem unpolitischen Selbstverständnis zum Trotz habe die kritische Intelligenz dem absolutistischen Staat selbstgerecht den Prozeß gemacht und so seine Krise heraufbeschworen. Sie habe die Obrigkeit an genau den moralischen Forderungen gemessen, denen sie sich zuvor in ihrer Prtvatsphäre und ihren Geheimgesellschaften selbst unterworfen habe. Auf diesem Wegsei Moral zu einer indirekten, unkontrollierten politischen Gewalt geworden. Reinhart Koselleck: Kritik und Krise. Eine Studie zur Pathogenese der bürgerlichen Welt, Frankfurt/M. 1973 (zuerst 1959). Vgl. außerdem Richard Sennett: Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimität, 2. Aufl. Frankfurt/M. 1983 (englisch zuerst 1974), für den hier interessierenden Zeitraum bes. S. 63-145; Falco Schneider: Öffentlichkeit und Diskurs. Studien zur Entstehung, Struktur und Form der Öffentlichkeit im 18. Jahrhundert, Bielefeld 1992. s Vgl. Thomas Nipperdey; Verein als soziale Struktur in Deutschland im späten 18. und frühen 19, Jahrhundert, in: ders.: Gesellschaft, Kultur, Theorie. Gesammelte Aufsätze zur neueren Geschichte, Göttingen 1976, S. 174-205 (zuerst 1972), zur Konkretisierung der Thesen von Habermas s, bes. S. 195-205; Otto Dann: Die Anfänge politischer Vereinsbildung in Deutschland, in: Ulrich Engelhard/Volker Sellin/Horst Stuke (Hg,): Soziale Bewegung und politische Verfassung. Beiträge zur Geschichte der modernen Welt, Stuttgart 1976, S. 97-232; Rudolf Vierhaus (Hg.): Deutsche patriotische und gemeinnützige Gesellschaften, München 1980; Ulrich Im Hof: Das gesellige Jahrhundert. Gesellschaft und Gesellschaften im Zeitalter der Aufklärung, München 1982; Richard van Dülmen: Die Gesellschaft der Aufklärer. Zur bürgerlichen Emanzipation und aufklärerischen Kultur in Deutschland, Frankfurt/M. 1986; Helmut Reinalter (Hg.): Aufklärungsgesellschaften, Frankfurt/M. u.a. 1993. Daneben gibt es inzwischen zahlreiche Studien zu speziellen Gesellschaften.

konnte bereits auf eine längere Forschungsgeschichte zurückblicken. 6 Im Rahmen der neueren Forschungen wurde deutlich, wie sich über Geselligkeit und Publizität, Räsonnement, Lektüre und Textproduktion in der zweiten Hälfte des 18, Jahrhunderts die Gebildeten als eine neue ständische Gruppierung konstituierten und einen Diskurs entfalteten, der ausgeprägte normative Wirkungen zeitigte. Da dieser Prozeß nicht auf gemeinsamen sozio-ökonomischen Interessen und dem Bewußtsein einer einheitlichen Klassenlage beruhte, läßt er sich kaum sinnvoll als Klassenbildungsprozeß beschreiben. Die neue gesellschaftliche Gruppe war jedoch auch kein Geburts-, Berufs- oder politischer Stand im herkömmlichen Sinn. Sie umfaßte vielmehr sowohl Adlige als auch Bürgerliche, beschränkte sich nicht auf bestimmte Erwerbszweige und bestand mit einer großen Anzahl an Staatsdienern zu einem wesentlichen Teil aus »Eximierten« der Sländegesellschaft. Gleichzeitig war die Zugehörigkeit zu dieser Bildungselite keineswegs unabhängig von Herkommen, Tätigkeit und Habitus. Auch erhoben die Gebildeten durchaus Anspruch auf Allgemeingültigkeit der von ihnen gewonnenen Einsichten und verkündeten Werte, hatten aufgrund ihrer Bildung also zwar keine besonderen politischen Rechte, wohl aber Definitionsmacht. Bei ihrer Gruppenbildung verbanden sich demnach Vorgänge sozialer und kultureller Differenzierung auf eigentümliche und neuartige Weise. Ein Teil der Bürgertumsforschung spricht daher vom »Bildungsbürgertum« mit Max Weber als einem Typus »ständischer Vergesellschaftung«, Durch prätendiertes Bildungwissen, eine spezifische Lehensführung, durch innere Verbindung und Abgrenzung nach außen - gegen die Ungebildeten - hätten die vergesellschafteten Personen eine »positive Privilegierung in der sozialen Schätzung« erzielt, 7 Trotz dieser Präzisierung verwende ich in dieser Studie nicht den Forschungsbegriff »Bildungsbürgertum«, sondern die zeitgenössische Terminologie, spreche also von den »gebildeten höheren Ständen«, g allerdings nicht vom »Mittelstand«, wie sich viele f

' Die einschlägige Forschungsliteratur wird zu Beginn der Kapitel II und III vorgestellt und erläutert. 7 M. Rainer Lepsius: Das Bildungsbürgertum als ständische Vergesellschaftung, in; ders. (Hg.); Bildungsbürgerium im 19. Jahrhundert, Hd.3: Lebensführung und ständische Vergesellschaftung, Stuttgart 1992, S.8-18, Zitat Max Webers S.9. Zuvor ebenfalls schon in Orientierung an Weber; Ulrich Engelhardt; »Bildungsbürgertum«. Begriffs- und Dogrnengeschichte eines Etiketts, Stuttgart 1986, hier bes. S.24-27; Jürgen Kocka: Bildungsbürgertum - Gesellschaftliche Formation oder Historikerkonstrukt?, in: ders. (Hg,): Bildungsbürgertum im 19. Jahrhundert, Bd.4: Politischer Einfluß und gesellschaftliche Formation, Stuttgart 1989, S,9-20. In erklärtem Gegensatz zur »Bieiefelder« Bürgertumsforschung betonen Lothar Gall und seine »Schule« den Anteil des alten Stadtbürgertums, insbesondere der Großkaufleute, am gesellschaftlichen Wandel. Vgl. Lothar Gall; Bürgertum in Deutschland, Berlin 1989; ders. (Hg.): Vom alten zum neuen Bürgertum. Die mitteleuropäische Stadt im Umbruch 1780-1820 (= Beiheft zur Historischen Zeitschrift 14), München 1991, s. darin bes. Galls eigenen Beitrag gleichen Titels, 5,1-18, Unter der hier entfalteten Fragestellung können diese Arbeiten allerdings weitgehend vernachlässigt werden. " Vgl. Engelhardt, S, 64-96; s. auch Rudolf Vierhaus: Bildung, in: Brunner/Conze/Koselleck (Hg.): Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. I, S.508-551, hier S.525/526. Weniger zur Begriffs- als vielmehr zur Sozialgeschichte der gebildeten Stände vgl, Hans Erich Bödeker:

Gebildete wohl in Anspielung auf eine mögliche gesellschaftliche Mittlerstellung, allerdings in völliger Verkennung ihrer Zugehörigkeit zu einer zahlenmäßig noch sehr kleinen Oberschicht mitunter auch bezeichneten.9 Liest man die einschlägigen historischen Forschungsarbeiten, so gewinnt man den Eindruck, daß ausschließlich Männer die bürgerliche Öffentlichkeit bevölkerten. 10 Die Frauen der gleichen Schicht organisierten demnach die damals ebenfalls neu entdeckte Privatsphäre, die aüerdings von der bundesrepublikanischen Geschichtswissenschaft kaum näher untersucht wird. 11 Offenbar Hegt dieser PrioritäDie »gebildeten Stände« im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert: Zugehörigkeit und Abgrenzungen, Mentalitäten und Handlungspotentiale, in: Kocka (Hg,); Bildungsbürgertum, Bd.4, S.21-52, sowie die zunächst kaum rezipierte soziologische Dissertation des ins Exil gezwungenen Hans H. Gerth: Bürgerliche Intelligenz um 1800. Zur Soziologie des deutschen Früh liberalism us (1935), hg. v. Ulrich Herrmann, Göttingen 1976. Für einen knappen Überblick im größeren zeitlichen Rahmen vgl Rudolf Vierhaus: Umrisse einer Sozialgeschichte der Gebildeten in Deutschland, in: ders.: Deutschland im 18. Jahrhundert. Politische Verfassung, soziales Gefüge, geistige Bewegungen. Ausgewählte Aufsätze, Göttingen 1987, S. 167-182 {zuerst 1980), g Zahlenangaben sind im vorstatistischen Zeitalter besonders vage. Nach Durchsicht verschiedener lokalgeschichtlicher Untersuchungen schätzt Hans Erich Bodeker den Anteil der Gebildeten an der städtischen Bevölkerung auf 5 %. Dabei muß berücksichtigt werden, daß irn 18. Jahrhundert immer noch ca. 80% der Bevölkerung auf dem Land lebte. Bodeker: »Gebildete Stände«, S.26; Wehler, S. 140. 1(1 Dies gilt nicht nur für die Arbeiten zum Assoziationswesen und zur Publizistik, sondern auch für die meisten der angeführten Veröffentlichungen zum Büdungsbürgertum. Ohne einen Hinweis auf Ausschlußtendenzen (etwa durch Auf- und Ausbau eines staatlich reglementierten höheren (Mä'nner-)Bildungswesens) wird hier zumeist unreflektiert ausschließlich über Männer gehandelt. Eine Ausnahme bildet Rainer Lepsius, der immerhin kurz vermerkt, daß in bildungsbürgerlichen Familien ganz maßgeblich den Frauen die Aufgabe zukam, einen entsprechenden Lebensstil zu organisieren. Dagegen erklärt Jürgen Kocka die Rolle der Frauen und das Geschlechterverhältnis im Bildungsbürgertum zu einem »Einzelaspekt«. Ute Frevert teilt zwar nicht die weitgehende Ignoranz gegenüber der Kategorie >Geschlecht< in der Bürgertumsforschung, verläßt sich aber auf deren Ergebnisse und konstatiert insofern ausdrücklich den Ausschluß von Frauen. Obwohl sie von lesenden Frauen und Salongastgeberinnen zu berichten weiß, behauptet sie, das »bürgerliche Publikum« habe »ausschließlich männliche Privatpersonen« umfaßt, die »bürgerliche Aufklärungskultur« habe sich »bewußt als männliche Kultur« konstituiert. Lepsius: Bildungsbürgertum, S. 16/17 (in diesem von ihm herausgegebenen Band finden sich denn auch zwei Beiträge zu den normativen Weiblichkeitsvorstellungen des Bildungsbürgertums, allerdings erst für das späte 19. Jahrhundert); Kocka: Gesellschaftliche Formation, S. 11; Ute Frevert: »Tatenarm und gedankenvoll«? Bürgertum in Deutschland 1780-1820, in: Helmut Berding/Etienne Fran9Ois/Hans-Peter Ullmann (Hg.): Deutschland und Frankreich im Zeitalter der Französischen Revolution, Frankfurt/M. 1989, S.263-292, Zitate S. 275/276. 11 Anders in Frankreich, wo Philippe Aries und Georges Duby in den achtziger Jahren eine fünfbändige Geschickte des privaten Lebens herausbrachten, die inzwischen auch auf deutsch vorliegt. Für den hier interessierenden Zeitraum vgl. Philippe Aries/Roger Chartier (Hg.): Geschichte des privaten Lebens, Bd. 3: Von der Renaissance zur Aufklärung, Frankfurt/M. 1991, Dena Goodman weist zurecht darauf hin, daß sowohl die Arbeiten von Koselleck und Habermas, die von der bürgerlichen Öffentlichkeit ausgehen, als auch die Studien von Aries und Chartier, die das private Leben erforschen wollen, letztlich alle bei

tensetzung eine Einschätzung zugrunde, wonach das häusliche Leben nicht nur weniger Quellen hinterläßt, sondern auch in sehr viel geringerem Maß als die Öffentlichkeit einem historischen Wandel unterliegt. Dabei war die Vorstellung einer abgetrennten häuslichen Sphäre genauso neu wie das Öffentliche Räsonnement. Beides entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit der Vergesellschaftung der Gebildeten, die nun neben ihrem außerhäuslichen, tendenziell unbeschränkten Wirken über einen kleinen, abgegrenzten, heimeligen Rückzugsort verfügen wollten. 12 Selbstverständlich hatte es das Haus, die Hausgemeinschaft unter der Herrschaft des Hausvaters und - bedingt - der Hausmutter schon vorher in weiten Teilen der Bevölkerung gegeben, genauso wie die meisten frühneuzeitlichen Menschen die Öffentlichkeit der Straße, des Marktplatzes, der Kirche und des Wirtshauses kannten. Niemand wäre jedoch damals auf den Gedanken gekommen, diese Orte des Alltags einander entgegenzusetzen und die täglich mehrfach überschrittene Schwelle des Hauses zu einer bedeutsamen Grenze zu erklären.1·1 Wenn die Forschung die im späten 18. Jahrhundert entstehende bürgerliche Gesellschaft durch eine Zweiteilung in Öffentlichkeit und Privatheit sowie eine klare Geschlechtersegregation charakterisiert, so folgt sie damit einem Diskurs, der da-

der Sphäre der Geselligkeit landen. Sie betont, daß Habermas die neue bürgerliche Öffentlichkeit schließlich dem Privatbereich zurechne. Dabei übersieht sie allerdings meines Erachtens, daß Habermas das Problem lediglich begrifflich elegant verschiebt, wenn er für die »Privatleute« (verstanden als Nicht-Herrschaftsträger) dann doch zwischen ihren Öffentlichen Aktivitäten und ihrer »Privatsphäre« unterscheidet. (Dena Goodman: Public Sphere and Private Life: Toward a Synthesis of Current Historiographical Approaches to the Old Regime, in: History and Theory. Studies in the Philosophy of History 31 (1992), S. t-20; Habermas, S. 45/46.) Diese »Privatsphäre« im Sinne von Häuslichkeit fällt in der Bundesrepublik weitgehend aus dem Blick der historischen Forschung, Mit ihr beschäftigen sich noch am ehesten die Familiensoziologie und die historische Familienforschung, die dabei allerdings vielfach in Typisierungen verschiedener Haushaltsformen bzw. im Nachweis eines Wandels vom »ganzen Haus« zur bürgerlichen Kleinfamiiie steckenbleiben. Vgl. Michael Mitterauer/Reinhard Sieden Vom Patriarchat zur Partnerschaft. Zum Strukturwandel der Familie, München 1977; Heidi Rosenbaum: Formen der Familie. Untersuchungen zum Zusammenhang von Familienverhältnissen, Sozialstruktur und sozialem Wandel in der deutschen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts, Frankfurt/M. 1982, hier S.251-309; dies. (Hg.): Familie und Gesellschaftsstruktur, Materialien zu den sozioökonomischen Bedingungen von Familienformen, Frankfurt/M. 1978. Zu weiterer Forschungsliteratur und kritischer Auseinandersetzung mit ihren Ergebnissen vgl. Kap. V.l. 12 Der dritte Band der Geschichte des privaten Lebens erklärt den in der Zeit von der Renaissance bis zur Aufklärung ausgemachten Prozeß einer »Privatisierung« mit drei neuzeitlichen Entwicklungen: der Konsolidierung des Staates, der Verbreitung des Lesens und dem Aufkommen neuer Praktiken der Religiosität. Vgl, insbesondere Aries: Einleitung: Zur Geschichte des privaten Lebens, S, 7-19; Chartier: Vorbemerkung, S.23-27. !S In der Frühneuzeitforschung findet daher das Haus auch viel mehr Beachtung. So beginnt etwa Richard van Dülmen sein dreibändiges kulturgeschichtliches Handbuch mit einem Band zum häuslichen Leben. Richard van Dülmen: Kultur und Alltag in der Frühen Neuzeit, Bd. 1: Das Haus und seine Menschen, i6,-18, Jahrhundert, München 1990; vgl. auch Paul Münch: Lebensformen in der frühen Neuzeit, Frankfurt/M., Bertin 1992.

mals ausgesprochen rege unter Philosophen, Pädagogen, Theologen, Staatsrechtslehrern und anderen Gelehrten über das anvisierte Gesellschaftsprojekt geführt wurde. Hier findet sich denn auch bereits die Vorstellung, daß Männer im größeren Kreis für das Gemeinwohl tätig werden sollten, während Frauen am besten den kleineren häuslichen Zirkel versorgten. Es sei geradezu ihre »Bestimmung«, Gattin, Hausfrau und Mutter zu werden. Die Natur habe sie zu diesen Zwecken mit entsprechenden Charaktereigenschaften ausgestattet, dies könne man unschwer an der unterschiedlichen physischen Konstitution und dem jeweiligen Anteil der Geschlechter am Akt der menschlichen Fortpflanzung erkennen: Der Mann sei stark, aktiv, vorwärtsstrebend und rational, um außerhalb des Hauses in Zusammenarbeit und Konkurrenz mit anderen Männern seine Geschäfte zu besorgen. Die Frau hingegen sei schwach, duldend, fürsorglich und emotional und könne daher um so besser irn Haus die Ihren pflegen und umhegen, erziehen, trösten und erheitern. Auch wenn in den Schriften des späten 18. Jahrhunderts noch nicht das Begriffspaar >Qffentlichkeit/Privatheit< auftauchte, so zeigt sich doch allenthalben die Vorstellung zweier voneinander getrennter, sich dabei aber ideal ergänzender und in der Ehe von Mann und Frau zusammengeführter Gesellschaftsbereiche,14 Wie problematisch es für eine Frau höheren Standes war, mit der Öffentlichkeit assoziiert zu werden, mag der Sprachgebrauch andeuten, wonach Prostituierte auch als >öffentliche Frauen< bezeichnet wurden. 13 Die etablierte Geschichtswissenschaft macht diesen Teil des aufklärerischen Räsonnements bislang kaum zu ihrem Thema.16 Statt zu fragen, was es wohl im späten 18. Jahrhundert für die Zeitgenossen erforderlich erscheinen ließ, sich dermaßen ausführlich über das Verhältnis der Geschlechter zueinander und insbesondere über den gesellschaftlichen Ort der Frau zu verbreiten, nehmen die meisten For14

Es gab zwar aus dem Lateinischen entlehnt den Gegensatz >publicusi/>pri vatusöffentlichprivat< abgelöst wurde, doch bezog der sich noch auf den Unterschied staatlich/nicht-staatlich, bzw. auf das, was dem Gemeinwohl, und das, was der Einzelperson diente. Für die gesellschaftliche Sphäre, die in der Forschung rückblickend als »bürgerliche Öifent!ichkeit< bezeichnet wird, war im 18. Jahrhundert der Begriff >Publikum< gebräuchlich. Oft meinte er konkret das Lesepublikum oder die Zuhörer und Zuschauer einer kulturellen Veranstaltung, konnte daneben aber als fiktive Größe auch normative und utopische Züge annehmen, so etwa wenn ganz allgemein dem (gebildeten) Publikum eine Richterfunktion zuerkannt wurde. Zu diesem Begriff gab es keinen Gegenbegriff und folglich - anders als bei der Rede vom großen und vom kleinen Kreis, von der Welt und vom Haus - keine ausdrückliche geschlechterspeztfische Zuweisung. Lucian HÖlscher: Öffentlichkeit, in; Brunner/Conze/Koselleck (Hg,): Geschichtliche Grundbegriffe, Bd.4 (1978), S.413-467; ders.: Öffentlichkeit und Geheimnis. Eine begriffsgeschichtliche Untersuchung zur Entstehung der Öffentlichkeit in der frühen Neuzeit, Stuttgart 1979. ls Bei Jean Paul heißt es etwa: »Ist es nicht Grausamkeit eines Dichters, welcher ihr [der Schauspielerin] eine Öffentlichkeit aufdringt, deren sich eine Öffentliche schämt?« Zit. n. Hölscher; Öffentlichkeit und Geheimnis, S. 119. '* Ulrich Im Hof stellt bereits eine beachtliche Ausnahme dar, wenn er dem »Diskurs über die Rolle der Geschlechter« knapp sechs Seiten seiner Darstellung widmet. Ulrich Im Hof: Das Europa der Aufklärung, München 1993, S.213-218.

scher diesen normativen Diskurs unreflektiert für eine Beschreibung historischer Realität. Anders jedenfalls ist schwerlich zu erklären, weshalb in der entstehenden bürgerlichen Öffentlichkeit nur Männer gesucht und folglich auch nur solche gefunden werden, und warum die damals nachdrücklich beschworene kulturelle Ordnung der Geschlechter nicht in ihrer Bedeutung für die Seibstdefintion der bürgerlichen Gesellschaft aus der Sicht männlicher Bürger untersucht und erkannt wird. Dabei hat Habermas in seiner ansonsten so viel zitierten Untersuchung immerhin angemerkt, daß »die weibliche Leserschaft, auch Lehrlinge und Dienstboten an der literarischen Öffentlichkeit oft stärkeren Anteil« gehabt hätten »als die Privateigentümer und Familienväter selbst«. Erst aus der politischen Öffentlichkeit seien Frauen wie alle Unselbständigen »faktisch wie juristisch ausgeschlossen« worden. 17 Auch Habermas befand allerdings diese bemerkenswerte Reduzierung der bürgerlichen Öffentlichkeit keiner weiterführenden Untersuchung wert. 1K Dagegen hat die in den siebziger Jahren auch in der Bundesrepublik entstandene disziplinenübergreifende Frauenforschung die Erfindung polarer »Geschlechtscharaktere« und die Produktion literarischer Frauenbilder schnell zu einem ihrer Schwerpunkte gemacht. iy Während die artikulierten Weiblichkeitsideale von An17

Habermas, S. 74. '" In seinem Vorwort zur Neuauflage von 1990 räumt Habermas ein, 1962 übersehen zu haben, daß die »Exklusion der Frauen« anders als der Ausschluß der unterprivilegierten Männer für die bürgerliche Gesellschaft konstitutiv gewesen sei und »eine strukturbildende Kraft« gehabt habe. Tatsächlich sei nicht nur die familiäre Privatsphäre, sondern auch die bürgerliche Öffentlichkeit »patriarchalisch« geprägt gewesen. Feministischer Skepsis gegenüber einer Chance auf gleichberechtigte Integration von Frauen in die politische Öffentlichkeit halt Habermas allerdings entgegen, daß die universalistischen Diskurse der bürgerlichen Öffentlichkeit »von Anbeginn unter selbstbezüglichen Prämissen« gestanden hätten und daher gegen Kritik nicht immun seien. Sie verhinderten nicht, wie die von Foucault analysierten machthabenden Diskurse, die Kommunikation mit den ausgeschlossenen »Anderen«, vielmehr könnten sich die feministischen Kritikerinnen gerade auf den bürgerlichen Anspruch auf »uneingeschränkte Inklusion und Gleichheit« berufen und täten genau dies ja auch. Aus solch optimistischer Perspektive bleibt das Eingeständnis, der Ausschluß der einen Häifte der Menschheit sei konstitutiv und strukturbildend gewesen, eine Anmerkung, die Habermas erneut nicht weiterverfolgt. Jürgen Habermas; Vorwort zur Neuauflage 1990, in: ders.; Strukturwandel der Öffentlichkeit, Frankfurt/M. 1990, S, 11 -50, bes. S. 15-20, Zitate S. 19/20. lw An einen ersten programmatischen Aufsatz von Karin Hausen schlössen sich etliche Studien an. Karin Hausen: Die Polarisierung der >GeschlechtscharaktereSozialen< Zu ergänzen. Karen V. Hansen: Feminist Conceptions of the Public and Private: A Critical Analysis, in: Berkeley Journal of Sociology 32 (1987), S. 105-128.

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schichtlichen Studien konfrontiert, wobei immer wieder »Ungereimtheiten« 2 "* ins Auge fallen. So agierten selbst in etablierten bürgerlichen Gesellschaften Frauen sehr wohl in der Öffentlichkeit, wenn auch oft im Namen familiärer Belange.30 Gleichzeitig finden sich Männer, die sich im Haus engagierten, etwa bei der Kindererziehung.·11 Bürgerhäuser waren mitnichten geschlossene häusliche Kreise, son-

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" Karin Hausen/Heide Wunder; Einleitung, in; dies. (Hg.), S. 9-16, hier S. 15. Die im folgenden genannten sozialgeschichtlichen Studien stellen selbstverständlich nur eine kleine Auswahl dar. -1" Für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts in Deutschland vgl. Carola Lipp (Hg.): Schimpfende Weiher und patriotische Jungfrauen, Frauen im Vormärz und in der Revolution 1848/49, Moos, Baden-Baden 1986; Helga Grubitzsch/Hannelore Cyrus/Eike Haarbusch (Hg.): Grenzgängerinnen. Revolutionäre Frauen im 18. und 19. Jahrhundert, Weibliche Wirklichkeit und männliche Phantasien, Düsseldorf 1985; Gabriella Hauch: Frau Biedermann auf den Barrikaden. Frauenleben in der Wiener Revolution 1848, Wien 1990; speziell zur Revolution vgl. auch den Forschungsüberblick von Sylvia Paletschek: Frauen im Umbruch. Untersuchungen zu Frauen im Umfeld der deutschen Revolution von 1848/49, in; Beate Fieseler/Birgit Schulze (Hg.): Frauengeschichte: gesucht - gefunden? Auskünfte zum Stand der historischen Frauen forsch ung, Köln, Weimar, Wien 1991, S, 47-64; für Nordamerika, insbesondere die Zeit des Unabhängigkeitskrieges vgl. Paula Baker: The Domestication of Politics; Women and American Political Society, 1780-1920, in: AHR89 (1984),S.620-647. 31 Leonore Davidoff und Catherine Hall stießen bei ihren Studien zum Familienleben irn englischen Bürgertum zwischen 1780 und 1850 auf erheblich komplexere Beziehungen zwischen den Geschlechtern als dies das zeitgenössische Klischee privater, gefühlsbetonter Moralität von Frauen und öffentlich wirksamer, marktbezogener Zwectcrationalität von Männern vorgesehen hätte. Einen vergleichbaren Ansatz verfolgt Anne-Charlolt Trepp, die anhand privater Korrespondenz aus dem Hamburger Bürgertum im gleichen Zeitraum zeigen kann, daß die Ideologie polarer Geschlechtscharaktere keineswegs dem Ideal und Selbstverständnis dieser Frauen und Männer entsprach. Die Arbeit leidet allerdings etwas darunter, daß die Autorin meint, die meisten Frauenforscherinnen vor ihr hätten - auf der Suche nach den ungerechten Widrigkeiten im Leben von Frauen - den Geschlechterdiskurs mit der Realität verwechselt und sie sei nun nahezu die erste, die eine »undogmatische« Geschlechtergeschichte schreibe. In ihrer durchgehend konfrontativen Haltung und ihrem Bemühen, eine gelebte Realität der Liebesehe zu rekonstruieren, vernachlässigt sie ihrerseits kritische Überlegungen zu normativ geprägten Selbstinszenierungen. Leonore Davidoff/Catherine Hall: Family Fortunes. Men and Women of the English Middle Class 1780-1850, London 1987: dies,: Family Fortunes neu betrachtet - Geschlecht und Klasse im frühen 19. Jahrhundert, in: Logie Barrow/Dorothea Schmidt/Jutta Schwarzkopf (Hg.): Nichts als Unterdrückung? Geschlecht und Klasse in der englischen Sozialgeschichte, Münster 1991, S, 225-247; leider reichlich unsystematisch verarbeitet Leonore Davidoff ihre Erkenntnisse aus diesem Forschungsprojekt erneut in: »Alte Hüte«. Öffentlichkeit und Privatheit in der feministischen Geschichtsschreibung, in: L'Homme Z.F.G, 4 (1993), Heft 2, S.7-36; Anne-Charlott Trepp: Sanfte Männlichkeit und selbständige Weiblichkeit. Frauen und Männer im Hamburger Bürgertum zwischen 1770 und 1840, Göttingen 1996, Zitat S. 9; dies.: Männerwelten privat: Vaterschaft im späten 18. und beginnenden 19. Jahrhundert, in: Thomas Kühne (Hg,); Männergeschichte - Geschlechtergeschichte, Männlichkeit im Wandel der Moderne, Frankfurt/M. 1996, S. 31 -50. 11

dem vielmehr Orte reger Geselligkeit.32 Und abgesehen von den komplexen Zusammenhängen und Wechselwirkungen zwischen Häuslichkeit und Öffentlichkeit lassen sich verschiedene Bereiche gesellschaftlicher Praxis, etwa Religiosität, überhaupt nicht in dieses starre Schema pressen.33 Wenn einerseits entsprechende Arbeiten immer wieder deutlich machen, daß die propagierten Normen geschiechtsspezifischen Verhaltens niemals mit historischer Realität übereinstimmen, so läßt sich andererseits feststellen, daß sie auch keineswegs ohne Wirkungen auf das Handeln und die Handlungsmöglichketten der Geschlechter blieben. Für viele Fragestellungen aus dem Bereich der Frauen- und Geschlechtergeschichte ist es daher unerläßlich, Ideen- und Sozialgeschichte miteinander zu verbinden und auf diese Weise zu einer Kulturgeschichte zu gelangen.34 Nur in der Betrachtung von sowohl Verhalten als auch Verhaltensanforderungen läßt sich ermessen, welche Bedeutung Zeitgenossinnen und Zeitgenossen Normen beilegten, wie sie sie für sich interpretierten und unter Umständen instrumentalisierten. Genau dies ist der Ansatz der vorliegenden Studie. Sie beschäftigt sich mit den ersten weiblichen Herausgebern von Frauenzeitschriften im deutschsprachigen Raum zwischen 1779 und 1796, mit den Journalen sowie mit ihrem Publikum. Die Publizistinnen, von denen es im späten 18. Jahrhundert im Gegensatz zum frühen 19. Jahrhundert gleich eine ganze Reihe gab, bestätigen zunächst einmal, daß zur literarischen, der politischen vorausgehenden bürgerlichen Öffentlichkeit Frauen sehr wohl hinzugehörten. Sie fanden wiederum die besondere Aufmerksamkeit von Leserinnen und Gelegenheitsautorinnen und wirkten insofern moblisierend auf 32

Vgl. Brigitte Schnegg: Soireen, Salons, Sozietäten, Geschlechtsspezifische Aspekte des Wandels städtischer Öffentlichkeit im Ancien Regime arn Beispiel Berns, in: Anne-Lise Head-König/A!bert Tanner (Hg.); Frauen in der Stadt, Zürich 1993, S. 163-183; Brigitte Tolkcmitt: Knotenpunkte im Beziehungsnetz der Gebildeten: Die gemischte Geselligkeit in den offenen Häusern der Hamburger Familien Reimarus und Sieveking, in; Ulrike Weckel/CIaudia Opitz/dies./Olivia Hochstrasser (Hg.): Ordnung, Politik und Geselligkeit der Geschlechter im 18. Jahrhundert, Göttingen 1998 (im Druck); Trepp: Sanfte Männlichkeit, S. 370-398. M Vgl. Anne Conrad: »Wir verplauderten die Zeit recht angenehm, sprachen von Geistersehen, Ahnungen und dergleichen.« Religion als Thema aufklärerischer Geselligkeit, in: Weckel/Opitz/Tolkemitt/Hochstrasser (Hg.), (im Druck); Sylvia Paletschek: Frauen und Dissens. Frauen im Deutschkatholizismus und in den Freien Gemeinden 1841-1852, Göttingen 1990. 34 Nach kulturgeschichtlichem Verständnis sind Menschen weder durch sozioökonomische Strukturen determiniert noch normativen Diskursen hilflos ausgeliefert. Sie sind zwar nicht autonom, aber doch Akteure, die ihre vorfindlichcn Bedingungen deuten, sie sich handelnd aneignen und ihnen auf diese Weise Realität verleihen. Vgl. Roger Chartier: Einleitung: Kulturgeschichte zwischen Repräsentationen und Praktiken, in: ders,: Die unvollendete Vergangenheit. Geschichte und die Macht der Weltauslegung, Lizenzausgabe Frankfurt/M. 1992 (auf deutsch zuerst 1989), S.7-23; Lynn Hunt; Introduction: History, Culture, and Text, in: dies, (Hg.): The New Cultural History, Berkeley, Los Angeles, London 1989, S. l -22; Ute Daniel: »Kultur« und »Gesellschaft«. Überlegungen zum Gegenstandsbereich der Sozialgeschichte, in: CG 19 (1993), S, 69-99; Reinhard Sieder: Sozialgeschichte auf dem Weg zu einer historischen Kulturwissenschaft?, in; GG 20 (1994), S, 445468.

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Frauen, sich ihrerseits am Räsonnement zu beteiligen. Ausgangspunkt dieser Untersuchung ist also der Befund, daß Frauen mitschrieben an einem Diskurs über die Ordnung der Geschlechter, von dem die Frauenforschung bislang weitgehend annimmt, er sei allein von Männern verfaßt worden. Tatsächlich zirkulierten aber im späten 18. Jahrhundert unter den Gebildeten durchaus auch Texte, in denen die »Häuslichkeit« einmal nicht aus der Perspektive des heimkehrenden Mannes, sondern aus dem Blickwinkel der zur Spezialistin erklärten Frau geschildert wurde. Mein besonderes Interesse gilt daher der Frage, welchen Handlungsraum diese Frauen ihrem eigenen Geschlecht zuwiesen, wo sie diesen innerhalb der Gesellschaft lokalisierten und wie sie ihn ausmaßen. Wenn Frauen hier einmal anders als in den meisten Analysen des Weiblichkeitsdiskurses nicht nur als Objekte, sondern maßgeblich auch als Subjekte in Erscheinung treten, so soll damit keineswegs der Eindruck erweckt werden, als habe es vor der Wende zum 19, Jahrhundert keinerlei Behinderungen für schreibende Frauen gegeben. Es ist mir im Gegenteil wichtig herauszuarbeiten, unter welchen konkreten Bedingungen Frauen sich in einem Diskurs zu Wort meldeten, bei dem männliche »Meisterdenker« 3S bereits die Richtung vorgegeben hatten. Schon durch ihren öffentlichen Auftritt und ihre selbständige Unternehmung gerieten die Herausgeberinnen von Frauenzeitschriften in Widerspruch zur damals allenthalben propagierten »häuslichen Bestimmung« der Frau,^ Insofern sahen sich die meisten genötigt, öffentlich über ihren ungewöhnlichen Schritt Rechenschaft abzulegen. Darüber hinaus soll untersucht werden, wie sie sich auf dem expandierenden literarischen Markt behaupten konnten, welche Resonanz sie erfuhren und weshalb sie ihre Journale nach einer Weile wieder einstellten, Im Hinblick auf das Publikum versuche ich schließlich zu rekonstruieren, wie sich Leserinnen und Leser die Frauenjournale aneigneten, ob sie die Texte auf ihr Leben bezogen, welche Deutungen und Anwendungen sich erkennen lassen. Ich werde also am Beispiel der Frauenzeitschriften Handlungsmöglichkeiten und tatsächliche Handlungen von Frauen zwischen Häuslichkeit und Öffentlichkeit genauer ausleuchten, statt sie in ein von Forschung und zeitgenössischem Diskurs vorgegebenes abstraktes dichotomes Gesellschaftsmodell einzupassen. Die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts zählt zu den Zeitabschnitten, die aus der Sicht der Frauen- und Geschlechtergeschichte noch nicht sonderlich gut erforscht

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Vgl, den Aufsatztitel von Ute Frevert. Dies wird sehr plastisch in Friedrich Schillers Gedicht Die berühmte Frau, in dem der Dichter einen Ehemann darüber klagen ließ, daß seine schriftstellernde Gattin »dem ganzen menschlichen Geschlechte« gehöre, »in allen Buden feit geboten« werde und sich von »jedem Schulfuchs [...] kunstrichterlich (...) mustern lassen« müsse, wohlgemerkt die Frau und nicht bloß ihr publiziertes Werk. Auch Joachim Heinrich Campe wollte sich »nie überreden lassen, daß ein Weib sich mit dem Publiko vermählen und demohngeachtet nur einem einzigen Manne angehören könne«. Friedrich Schiller; Die berühmte Frau, in: Schillers Werke, Nationalausgabe, Bd.1: Gedichte 1776-1799, hg. v, Julius Petersen und Friedrich Beißner, Weimar 1943, S, 196-200, Zitate S. 196; Joachim Heinrich Campe: Väterlicher Rath für meine Tochter, Ein Gegenstück zürn Theophron. Der erwachsenen weiblichen Jugend gewidmet, 2 Bde, Braunschweig 1791 (zuerst 1789), Zitat Bd. l, S.70. 13

sind. Ganz deutlich überwiegen für diese Phase des gesellschaftlichen Umbruchs und der Entstehung der bürgerlichen Gesellschaft Untersuchungen zum normativen Weiblichkeitsdiskurs. Sozialgeschichtliche Studien sind sehr viel dünner gesät, und eine abwägende Synthese gelang bisher äußerst selten. Insbesondere in frühen Arbeiten führte die Tatsache, daß Frauen in der »allgemeinen« Geschichtsschreibung über diese Zeit nicht auftauchen, zu der voreiligen These, Frauen seien damals - gefesselt durch Konventionen und häusliche Pflichten - tatsächlich kaum mehr aus ihren Häusern herausgekommen. 37 Diese Einschätzung, die voraussetzt, daß die propagierte Geschlechterordnung in der gesellschaftlichen Praxis bereits durchgesetzt war, findet sich vor allem dort, wo das späte 18. Jahrhundert mehr oder weniger bloß als Vorgeschichte des 19, Jahrhunderts in den Blick gerät.Sii Angesichts dessen, daß in Deutschland die Aufklärungsbewegung im 18. Jahrhundert weitgehend auf die gebildeten Stände begrenzt blieb und nicht in eine politische Revolution mündete, beschäftigt sich auch die Frauen- und Geschlechtergeschichte überwiegend mit der Bildungselite. Die spätaufklärerische Frauenbildung ist einer ihrer Forschungsschwerpunkte, und wiederum sind die Bildungsidealc besser bekannt als die Praxis.39 Ausgeprägter als in anderen Epochen und bedingt durch die Überliefe17

Vgl. Ute Gerhard: Verhältnisse und Verhinderungen. Frauenarbeit, Familie und Rechte der Frauen im 19. Jahrhundert. Mit Dokumenten, Frankfurt/M. 1978 (die Darstellung beginnt mit dem letzten Jahrzehnt des 18, Jahrhunderts); Ute Frevert: Frauen-Geschichte. Zwischen Bürgerlicher Verbesserung und Neuer Weiblichkeit, Frankfurt/M. 1986, S. 1562, zur Domestizterungsthese s. bes. S.46; Rita Bake/Birgit Kiupel; Unordentliche Begierden. Liebe, Sexualität und Ehe im 18. Jahrhundert, Hamburg 1996; zu vernachlässigen ist das höchst assoziative, voller Pauschalierungen, Fehleinschätzungen und sachlicher Irrtümer steckende Buch von Marie-Ciaire Hoock-Demarle: Die Frauen der Goethezeit, München 1990, S.3-118. Angesichts dessen, daß die Forschung für eine Überhlicksdarstellung noch nicht weit genug gediehen ist, erweisen sich Einzelstudien vielfach als nützlicher. Vgl. insbesondere folgende Sammelbände: Viktoria Schmidt-Linsenhoff (Hg.): Sklavin oder Bürgerin? Französische Revolution und Neue Weiblichkeit 1760-1830. Katalogbuch, Marburg 1989; Iris Bubenik-Bauer/Ute Schalz-Laurenze (Hg.): Frauen in der Aufklärung, »., .ihr werten Frauenzimmer, auf!«, Frankfurt/M. 1995; Weckel/Opitz/Tolkernitt/Hochstrasser (Hg.), (irn Druck). 3!t Durch die Epochengrenze zwischen Frühneuzeit und Neuzeit sowie eine entsprechende Spezialisierung der Historikerinnen und Historiker werden selten sowohl die vorausgegangene Entwicklung als auch die längerfristigen Folgen differenziert betrachtet. Zur »Vorgeschichte« des späten 18, Jahrhunderts aus Sicht der Frauen- und Geschlechtergeschichte vgl. Heide Wunder; »Er ist die Sonn', sie ist der Mond«, Frauen in der Frühen Neuzeit, München 1992; sowie in populärwissenschaftlicher Form: Helga Möbius/Harald Olfarich: Mit Tugend ist sie wohl geziert. Das Barock, Hamburg 1994. -19 Elisabeth Blochmann: Das »Frauenzimmer« und die »Gelehrsamkeit«. Eine Studie über die Anfänge des Mädchenschulwesens, Heidelberg 1966; Ulrich Herrmann: Erziehung und Schulunterricht für Mädchen im 18. Jahrhundert, in; Wolfenbütteler Studien zur Aufklärung 3 (1976), S. 101 -127; Gerda Tornieporth: Studien zur Frauenbildung, Weinheim, Basel 1977, bes. S.9-83; Brehmer/Jacobi-Dittrich/Kleinau/Kuhn (Hg.); Dagmar Grenz; Mädchenliteratur. Von den moralisch-belehrenden Schriften im 18. Jahrhundert zur Herausbildung der Backfischüteraturim 19. Jahrhundert, Stuttgart 1981; PiaSchmtd; Bürgerliche 'Ifteorien zur weiblichen Bildung. Klassiker und Gegenstimmen um 1800, in: Otto Hansmann/Winfried Marotzki (Hg.); Diskurs Bildungstheorie II; Problemgeschichtliche 14

rung kreisen die Darstellungen um mehr oder minder bekannte Frauen, die sich in ihrer Zeit als Briefautorinnen. Dichterinnen, Schriftstellerinnen und Gefährtinnen berühmter Männer einen Namen gemacht haben. 4 " Folglich wird dieses Feld nicht nur von Historikerinnen, sondern in erster Linie von Literaturwissenschaftlerinnen beackert, wobei Fragestellungen und methodisch-theoretische Zugänge zum Material oft erheblich auseinandergehen. Traditionellerweise ist es ein Anliegen der feministischen Literaturwissenschaft, die eigene Zunft auf vergessene Literatinnen aufmerksam zu machen, die ästhetische Qualität ihrer Schriften zu prüfen und den Ausschluß der Frauenüteratur aus dem Kanon zu diskutieren. 41 Dieser Ansatz verbindet sich oft mit sozialgeschichtlichen Fragen zu Biographie und Produktionsbedingungen einer Autorin, Dagegen verschiebt sich in poststrukturalistisch inspirierten Untersuchungen das Interesse weg von einer Autorin, ihren Intentionen und dem historischen Kontext ihres Werkes hin zur Schreibweise und der Sinnentfal-

Orientierungen. Rekonstruktion der Bildungstheorie unter Bedingungen der gegenwärtigen Gesellschaft, Weinheim 1989,5.537-559; Peter Petschauer: The Education of Women in Eighteenth-Century Germany: New Directions From The German Female Perspective, Lewiston, Latnpeter, Queenston 1989; Johanna Hopfner: Mädchenerziehung und weibliche Bildung um 1800. Im Spiegel der populär-pädagogischen Schriften der Zeit, Bad Heübrunn/Obb. 1990; Querelies. Jahrbuch für Frauenforschung 1996, Bd.1: Gelehrsamkeit und kulturelle Emanzipation, Stuttgart, Weimar 1996; siehe vor allern das Handbuch: Elke Kleinau/Claudia Opitz (Hg.): Geschichte der Mädchen- und Frauenbildung. Bd.l: Vom Mittelalter bis zur Aufklärung, Frankfurt/M., New York 1996. *"' Vgl. die Kollektivbiographien: Eva Walter: Schrieb oft, von Mägde Arbeit müde. Lebenszusammenhänge deutscher Schriftstellerinnen um 1800 - Schritte zur bürgerlichen Weiblichkeit, Düsseldorf 1985; Friederike Fetting: »Ich fand in mir immer eine Welt«, Eine sozial- und literaturgeschichtiiche Untersuchung zur deutschen Romanschriftstellerin um 1800: Charlotte von Kalb, Caroline von Wolzogen, Sophie Mereau-Brentano, Johanna Schopenhauer, München 1992; Christa Bürger: Leben Schreiben. Die Klassik, die Romantik und der Ort der Frauen, Stuttgart 1990; Birgit Panke-Kochinke: Göttinger Professorenfamilien. Strukturmerkmale weiblichen Lebenszusammenhangs im 18./19. Jahrhundert, Pfaffenweiler 1993, Daneben gibt es zahlreiche Einzelbiographien, die zum Teil durchaus den Anspruch erheben, exemplarisch zu sein, wie etwa die psychoanalytische Interpretation der Texte der Cornelia Goethe von Ulrike Prokop: Die Illusion vom Großen Paar, Bd. 1: Weibliche Lebensentwürfe im deutschen Bildungsbürgertum 1750-1770, Bd,2; Das Tagebuch der Cornelia Goethe, Frankfurt/M. 1991. Solche am Leben und Werk einer einzelnen Frau orientierten Studien werden hier nur insoweit berücksichtigt, wie sie sich auf Frauen beziehen, die auch in dieser Arbeit zur Diskussion stehen, 41 Vgl. Christine Touaillon: Der deutsche Frauenroman des 18. Jahrhunderts, Wien, Leipzig 1919 {Reprint Berlin, Frankfurt/M., Las Vegas 5979); Barbara Becker-Cantarino: Der lange Weg zur Mündigkeit: Frau und Literatur (1500- 1800), Stuttgart 1987; Lydia Schteth: Die Entwicklung des deutschen Frauenromans im ausgehenden 18. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Gattungsgeschichte, Frankfurt/M., Bern, New York, Paris 1987; Eva Kamrnler: Zwischen Professionalisierung und Dilettantismus. Romane und ihre Autorinnen um 1800, Opladen 1992. Vgl. vor allem die in ihrem theoretischen Vorverständnis nicht einheitlichen und daher vielfältigen Sammelbände: Gisela Brinker-Gabler (Hg.): Deutsche Literatur von Frauen, Bd. 1: Vom Mittelatter bis zum Ende des 18, Jahrhunderts, München 1988; Helga Gallas/Magdalene Heuser (Hg.): Untersuchungen zum Roman von Frauen um 1800, Tübingen 1990. 15

tung des Textes als solchem.42 Unabhängig vom jeweiligen Text Verständnis steht jedoch in literaturwissenschaftlichen Arbeiten das Verhältnis schreibender Frauen zu ihrem Publikum und damit zur entstehenden bürgerlichen Öffentlichkeit kaum je im Zentrum der Überlegungen.43 Trotzdem können Historikerinnen und Historiker, die sich mit literarischen Texten befassen, von literaturwissenschaftlichen Interpretationsverfahren noch viel lernen. Sinnvoll wäre eine engere Zusammenarbeit der Disziplinen auch bei der Erforschung der in Hinblick auf Mischformen zwischen Öffentlichkeit und Privatsphäre so besonders aussagekräftigen Briefkultur. Während es hier aus beiden Fächern bereits einige aufschlußreiche Studien gibt,44 steht die Erforschung weiblicher Autobiographien und Tagebücher noch am Anfang, glaubte man doch auch in der feministischen Literaturwissenschaft lange, daß sich dieses identitätsstiftende Genre Frauen gleichsam verweigere. Nichtsdestotrotz sind in letzter Zeit einige erhalten gebliebene autobiographische Dokumente von Frauen (neu) ediert worden, und weitere Funde sind sicher nicht auszuschließen.45 n

VgL Sigrid Weigel: Der schielende Blick. Thesen zur Geschichte weiblicher Schreibpraxis, in: Inge Stephan/dies.: Die verborgene Frau. Sechs Beiträge zu einer feministischen Literaturwissenschaft, Berlin 1983, S.83-l37; Helga Meise: Die Unschuld und die Schrift. Deutsche Frauenromane im 18. Jahrhundert, Frankfurt/M. 1992. 43 Das gilt auch für die bislang vorliegenden Arbeiten zu den Frauenzeitschriften weiblicher Herausgeher, die sämtlichst von Literaturwissenschaflierinnen stammen. Vgl. Kap. II.2. Zur Leserforschung vgl. Kap. IV.l. 44 Außer der bereits genannten historischen Untersuchung von Anne-Charlott Trepp vgl. Karin Sträter: Frauenbriefe als Medium bürgerlicher Öffentlichkeit. Eine Untersuchung anhand von Quellen aus dem Hamburger Raum in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Frankfurt/M., Bern, New York, Paris 1991; Beatrix Niemeyer: Der Brief als weibliches Bildungsrneöiurn im 18. Jahrhundert, in; Kleinau/Opitz (Hg.), Bd.l, S.440-452 (die Verfasserin hat kürzlich ihre Dissertation zum gleichen Thema abgeschlossen); aus literaturwissenschaftlicher Sicht vgl. Marianne Schuller: Aus den Tagen der Briefe: Meta Klopstock, in; Barbara Vogel/Ulrike Wecket (Hg,): Frauen in der Ständegesellschaft, Leben und Arbeiten in der Stadt vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit, Hamburg 1991, S. 265285; Barbara Becker-Cantarino: Leben ais Text, Briefe als Ausdrucks- und Verständigungsmittel in der Briefkultur und Literatur des 18. Jahrhunderts, in: Hiltrud Gnüg/Renate MÖhrmann (Hg.): Frauen Literatur Geschichte. Schreibende Frauen vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Stuttgart 1985, S.83-l03; Reinhard M.G. Nickisch: Briefkultur: Entwicklung und sozialgeschichtliche Bedeutung des Frauenbriefs im 18. Jahrhundert, in: Gisela Brinker-Gabler (Hg.): Deutsche Literatur, Bd. l, S.389-409; ders.: Die Frau als Briefschreiberin im Zeitalter der deutschen Aufklärung, in: Wolfenbüttelcr Studien zur Aufklärung 3 (1976), S. 29-65; Magdalene Heuser: Das beständige Angedencken vertritt die Stelle der Gegenwart, Frauen und Freundschaften in den Briefen der Frühaufklärung und Empfindsamkeit, in: Barbara Becker-Cantarino/Wolfgang Mauser (Hg,): Frauenfreundschaft - Männerfreundschaft, Literarische Diskurse im 18. Jahrhundert, Tübingen 1991, S. 141-166. 45 Inge Bück (Hg.): Ein fahrendes Frauenzimmer. Die Lebenserinnerungen der Komödiantin Karolinc Schulze-Kumrnerfeld 1745-1815, Berlin 1988; Margarete E. Milow: Ich will aber nicht murren, hg. v. Rita Bake und Birgit Kiupel, Hamburg 1993; »Ich wünschte so gar gelehrt zu werden«. Drei Autobiographien von Frauen des 18, Jahrhunderts [das sind: Dorothea Friederika Baidinger, Charlotte von Einem und Angelika Rosa]. Texte und Erläuterungen, hg. v. Magdalene Heuser, Ortrun Niethammer, Marion Roilzheim-Elsfeld und Petra Wulbusch, Göttingen 1994, Etliche weitere Texte sind in älteren Ausgaben leicht

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Diese Studie gliedert sich in vier Kapitel, die zwar in engem thematischen Zusammenhang stehen, aber auch für sich gelesen werden können. So führe ich anfangs immer in den jeweiligen Themenschwerpunkt ein, stelle den entsprechenden Forschungsstand dar und nehme aus der Sicht der Arbeit dazu Stellung. Arn Ende jedes dieser vier Kapitel ziehe ich in einer Zwischenbetrachtung meine Schlüsse und formuliere Ausblicke. Das erste Kapitel (Kap. II) stellt nach einem historischen Überblick über die Entstehung von Frauenzeitschriften in Deutschland und einem kurzen Vergleich zur Entwicklung in England und Frankreich zunächst einmal die acht im Zentrum dieser Arbeit stehenden Frauenzeitschriften und ihre Herausgeberinnen einzeln vor. Die Porträts konzentrieren sich zum einen auf die Frage, wie sich eine Verfasserin in ihrem Blatt präsentierte und ihr öffentliches Auftreten vor dem Publikum rechtfertigte, zum anderen charakterisieren sie das jeweilige Frauenjournal vor allem in Hinblick auf das Bildungsprogramm, das es seinen Leserinnen bot. Im Anschluß trage ich zusammen, was sich heute noch über die inzwischen verschollenen Frauenzeitschriften weiblicher Herausgeber feststellen läßt, berichte von den Redakteurinnen, die nachweislich im 18. Jahrhundert Zeitschriften für ein gemischtes Publikum (mit-)verantworteten, und nenne schließlich jene Frauenjournale, die nach meinen Forschungen eine Frauenredaktion lediglich vortäuschten, tatsächlich aber allein von Männern gemacht wurden. Das zweite Kapitel (Kap. III) beschäftigt sich mit Produktion, Verlag und Vertrieb der acht erhaltenen von Frauen herausgegebenen Frauenzeitschriften. Ich gehe hier in einem ersten Schritt der Frage nach, inwieweit sich die Herausgeberinnen mit ihren Periodika professionalisieren konnten und in welchem Ausmaß sie auch anderen schreibenden Frauen in ihren Blättern Veröffentlichungsmöglichkeiten einräumten und ihnen auf diese Weise einen Einstieg ins literarische Geschäft eröffneten. In einem zweiten Schritt untersuche ich die Schwierigkeiten der Herausgeberinnen auf dem sich rasch kommerzialisierenden Literatur- und Pressemarkt. Aufgrund der Quellenlage kann dies nur exemplarisch geschehen. Die drei Konflikte, die sich heute noch rekonstruieren lassen, stehen dabei allerdings für genau die drei Ebenen, auf denen es im späten 18. Jahrhundert leicht zu Problemen kommen konnte. Es handelt sich um den unautorisierten Nachdruck, den Ärger einer Selbstverlegerin mit dem Postvertrieb und schließlich einen handfesten Streit einer

erreichbar, s. die Bibliographie von Eda Sagarra: Quellenbibliographie autobiographischer Schriften von Frauen im deutschen Kulturraum 1730-1918, in: IASL 11 (1986), S. 175-231. Zur Interpretation vgl. Helga Meise; Bildungslust und Bildungslast in Autobiographien von Frauen um 1800, in: Kleinau/Opitz (Hg,), Bd, l, S,453-466; Ursula A.J. Becher: Weibliches Selbstverständnis in Selbstzeugnissen des 18. Jahrhunderts, in: dies./ Jörn Rüsen (Hg.): Weiblichkeit in geschichtlicher Perspektive. Fallstudien und Reflexionen zu Grundproblemen der historischen Frauen forsch u ng, Frankfurt/M. 1988, S.217233; Rita Bake/Birgit Kiupel: Margarete Milow, geb. Hudtwalcker - Das Leben einer ganz »normalen« Bürgersfrau im 18. Jahrhundert, in: Vogel/Weckel (Hg.), S.241-265; Elke Ramm: Warum existieren keine »klassischen« Autobiographien von Frauen?, in: Michaela Holdenried (Hg,): Geschriebenes Leben. Autobiographik von Frauen, Berlin 1995, S, 13014t. 17

Herausgeberin mit ihrem einflußreichen Verleger, der schließlich zur Beendigung der Geschäftsverbindung führte. Das dritte Kapitel (Kap, IV) wendet sich dem lesenden Publikum zu. Auch für diesen Themenbereich erweist sich die mit den Frauenzeitschriften gegebene Quellenlage als ausgesprochen günstig. So kann in fünf Fällen die Subskribentenschaft ermittelt und quantitativ analysiert werden. Desweiteren druckten mehrere Blätter Briefe von etlichen weiblichen wie auch von wenigen männlichen Lesern ab. Sowohl in Hinblick auf die geäußerten Interessen und Ansichten als auch auf die Funktion dieser veröffentlichten Korrespondenz nimmt so die sich um die Zeitschriften versammelnde Öffentlichkeit konkrete Gestalt an. Schließlich sehe ich mir an, wie die von Frauen herausgegebenen Journale in den zeitgenössischen Rezensionsorganen von den quasi professionellen Lesern, den akademisch gebildeten, männlichen Literaturkritikern, beurteilt wurden. Das letzte Kapitel (Kap. V) bringt eine systematische Textanalyse der Frauenzeitschriften in Hinblick auf die leitende Fragestellung. Ich zeige hier, wie die Verfasserinnen jeweils den Handlungsraum ihres Geschlechts zwischen Häuslichkeit und Öffentlichkeit bestimmten. Zunächst einmal beschäftige ich mich mit den Beiträgen, die sich auf die Gegenwart der Autorinnen und auf die laufende öffentliche Debatte über die Ordnung der Geschlechter bezogen. Danach wende ich mich den historischen Artikeln zu, die zum Teil die Ansichten über die Rolle von Frauen in der Gesellschaft bestätigten, zum Teil aber auch Alternativen aufzeigten. Darüber hinaus bieten diese vorwissenschaftlichen historiographischen Texte Gelegenheit, über die Geschichte des eigenen Fachs nachzudenken. Es folgt eine Schlußbetrachtung, in der die verschiedenen in dieser Arbeit verfolgten Perspektiven noch einmal zusammengeführt werden. Im Anhang finden sich eine Liste aller im 18, Jahrhundert erschienenen Frauenzeitschriften sowie Tabellen und Karten mit den genauen Ergebnissen aus der quantitativen Auswertung der Subskribentenschaft. Die Arbeit beruht auf Quellen verschiedener Art, Im wesentlichen werden die Zeitschriften selbst interpretiert. Daneben habe ich die gedruckten Subskribentenlisten und zeitgenössische Rezensionen bearbeitet. Andere publizierte Schriften der Autorinnen werden einbezogen, soweit es für die in dieser Arbeit aufgeworfenen Fragen aufschlußreich ist. An weiterem zeitgenössischen Schriftgut sind vor allem die wenigen vorhandenen Biographien über Herausgeberinnen zu nennen, ältere biographische Lexika sowie zeitgleiche Äußerungen von männlichen und weiblichen Kotlegen über den literarischen Markt, das Publikum oder aber allgemein über die Verhältnisse der Geschlechter. Schließlich habe ich über die inzwischen gedruckt vorliegenden Briefe von und an die Herausgeberinnen hinaus in diversen Archiven zahlreiche ungedruckte Briefe sowie einen Vertrag zwischen einer Herausgeberin und ihrem Verleger inklusive Nachträgen ausfindig machen können. Alle diese Texte finden sich im Quellen- und Literaturverzeichnis am Ende der Arbeit aufgeführt. Abschließend seien noch einige formale Hinweise gegeben. In Zitaten aus den Quellen wird die Schreibweise des Originals beibehalten, zwecks besserer Lesbar18

kcit passe ich lediglich die Zeichensetzung den heutigen Regeln an und korrigiere offensichtliche Druckfehler. 46 Sowohl Orthographie als auch Grammatik waren im 18. Jahrhundert noch nicht vereinheitlicht. Für heutige Leser und Leserinnen ungewöhnliche Schreibweisen und Formulierungen weisen somit nicht notwendig auf eine geringe Elementarbildung der Autorin oder des Autors hin. Insbesondere in der Verwendung von Dativ und Akkusativ gab es regionale Abweichungen von der Hochsprache. Alle meine Eingriffe in zitierte Texte in Form von Auslassungen und Ergänzungen stehen ohne weiteren Hinweis in eckigen Klammern [ ]. Kursivsetzung in Zitaten kennzeichnet Hervorhebungen im Original. Die einzelnen Artikel aus den Frauenzeitschriften werden genau nachgewiesen, der Verfassername ist jedoch nur hinzugesetzt, wenn es sich nicht um die AHeinherausgeberin handelt. Literatur wird bei Erstnennung in der Anmerkung komplett angeführt, danach lediglich mit dem Nachnamen des Autors bzw. der Autorin sowie mit einem Kurztitel in all den Fällen, wo es andernfalls zu Verwechslungen kommen könnte.

Die Korrekturen werden in den Anmerkungen ausgewiesen. Außerdem erscheinen die großgeschriebenen Umlaute ais Ä, Ö und Ü und nicht wie in Drucken der Zeit als Ae, Oe und Ue,

19

II. Die Frauenzeitschriften und ihre Herausgeberinnen

1.

Die Entstehung von Zeitschriften für ein weibliches Publikum

Seit dem späten 17. Jahrhundert entstand mit und neben der Nachrichtenpresse in Deutschland allmählich ein Zeitschriftenwesen, das nach 1740 enorm schnell anwuchs und sich immer weiter ausdifferenzierte. Die periodisch erscheinenden, jedoch weniger als Zeitungen auf das aktuelle Tagesgeschehen bezogenen Zeitschriften entwickelten sich aus den gelehrten Journalen, die zunächst in der Wissenschaftssprache Latein, seit dem 18. Jahrhundert dann aber immer häufiger auf deutsch verfaßt waren, sowie aus den historisch-politischen Blättern enzyklopädischen Inhalts. 1 Mit dem Übergang vom intensiven Lesen weniger, vor allem religiöser Schriften zum extensiven Lesen vieler verschiedener Bücher 2 entstand unter den Lesekundigen ein Bedarf an Gebrauchsliteratur, die der kurzfristigen Erbauung oder auch einer allgemeinen Kenntniserweiterung dienen konnte. Fast alle an ein nicht-gelehrtes Publikum gerichteten Zeitschriften der Aufklärung bemühten sich. Belehrendes mit Unterhaltendem zu verbinden. Ein eigentümliches, oft originell gehandhabtes Konzept entwicketten hierfür zuerst die Moralischen Wochenschriften. Aus England übernahmen deutsche Aufklärer im frühen 18. Jahrhundert die Idee, fiktive Verfasserfiguren über Themen des bürgerlichen Alltags räsonieren und sich dabei ganz persönlich an ihr Publikum wenden zu lassen, um auf diese Weise Vernunft und gute Sitten unter den Lesenden zu verbreiten. 3 Diese Periodika ' Joachim Kirchner: Das deutsche Zeitschriftenwesen. Seine Geschichte und seine Probleme, Teil l: Von den Anfängen bis zum Zeitalter der Romantik, 2. Aufl. Wiesbaden 1958; ders.: Geschichte der Zeitschrift; Von den Anfängen bis 1900, in: Emil Dovivat (Hg,): Handbuch der Publizistik, Bd.3, Berlin 1969, S.384-407; Margot Lindemann: Deutsche Presse bis 1815, Berlin 1969, S. 180-247; Wolfgang Martens: Die Geburt des Journalisten in der Aufklärung, in: Wolfenbütteler Studien zur Aufklärung l, Wolfenbüttel 1974, S, 8498; Paul Raabe: Die Zeitschrift als Medium der Aufklärung, ebd., S.99-136 (mit einer Dokumentation zeitgenössischer Texte zur Zeitschriftenlektüre); ders.: Zeitschriften und Almanache, in: Ernst L. Hauswedell/Christian Voigt (Hg.); Buchkunst und Literatur in Deutschland 1750 bis 1850, Bd. l, Hamburg 1977, S. 145-195; Andreas Gestrich: Absolutismus und Öffentlichkeit. Politische Kommunikation in Deutschland zu Beginn des 18. Jahrhunderts, Göttingen 1994, bes. S. 183-193. 2 Vgl. Kap. IV.l. 1 Ausdrücklich bezogen sich die Verfasser Moralischer Wochenschriften in Deutschtand auf ihre englischen Vorbilder The Tatter, The Spectator und The Guardian, die Joseph Addison und Richard Steele in den Jahren 1709 bis 1714 mit großem Erfolg herausgebracht hatten. (Wolfgang Martens: Die Botschaft der Tugend. Die Aufklärung im Spiegel der deutschen Moralischen Wochenschriften, Stuttgart, 1968, bes. S. 15-99.) Martens erklärt die fiktive

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hatten keine umständlichen Titel mehr wie ihre barocken Vorgänger, sondern nannten sich zumeist einprägsam nach ihrem fiktiven Verfasser oder ihrer erfundenen Verfasserin - etwa Der Vernünfftler (1713/14), Der Patriot (1724-26), Die mühsame Bemerckerinn derer menschlichen Handlungen (1737), Die Braut (1742) oder Der Hypochondrisi (1762), um nur einige Beispiele zu nennen. Die Autoren blieben anonym oder gaben sich erst in der letzten Nummer zu erkennen. Die Blätter erschienen in der Regel an einem festen Wochentag als nicht weiter untergliederte Stücke im Umfang eines halben, maximal eines Bogens, also acht, selten 16 Seiten in Oktav.4 Manchmal stand ein Motto voran, die Einheit des einzelnen Stücks garantierte jedoch vor allem die titelgebende Verfasserfigur. Sie unterhielt die vertrauliche Plauderei mit dem Publikum, diskutierte mit weiteren erfundenen Figuren und motivierte eingerückte Texte wie Fabeln, Träume oder Briefe. Schon die Namen der fiktiven Verfasser und Verfasserinnen deuteten oft einen bestimmten Charakter an, darüber hinaus waren viele von ihnen mit einer (manchmal recht wundersamen) Lebensgeschichte und magischen Fähigkeiten, mit einer Familie oder einem Freundeskreis ausgestattet. Solche Nebenfiguren kommentierten die Zeitschrift und brachten Positionen des anderen Geschlechts, einer anderen Generation oder sonst einen abweichenden Standpunkt und neuen Stoff ein. Das Publikum erhielt auf diese Weise Anschauungsunterricht in menschlichem Miteinander, zugleich wurde es aufgefordert, seine Meinung ebenfalls mitzuteilen und auf diese Weise am Blatt mitzuwirken. Die meisten Moralischen Wochenschriften druckten Leserbriefe und eingesandte Beiträge ab, von denen wohl ein großer Teil, aber eventuell doch nicht alle fingiert waren. Es läßt sich vermuten, daß einige Leser und Leserinnen unter Pseudonym an diesem launigen Spiel mit Fiktionen teilnahmen. 5 Da die Moralischen Wochenschriften sowohl Männer als auch Frauen zur Tugend erziehen wollten, war es nur konsequent, auch weibliche Verfasser zu konzipieren, die entweder ihren Leserinnen ein Vorbild sein konnten oder aber vermeintliche weibliche Fehler karikierten. Schon in einem der ersten Blätter dieser Art erdichtete Johann Christoph Gottsched mit den Vernünftigen Tadlennnen sogar eine reine Frauenredaktion.*' Von 94 Moralischen Wochenschriften, die zwischen 1713 Verfasserschaft zum charakteristischen Gattungsmerkmal der Moralischen Wochenschriften und kann diese damit sinnvoll von anderen Gattungen unterscheiden bzw. ihre allmähliche Auflösung seit den 1750er Jahren beschreiben. Seine Monographie ist bis heute das Standardwerk zum Thema, einen guten Einstieg bietet auch; Gerhard Sauder: Moralische Wochenschriften, in: Rolf Grimminger (Hg.): Deutsche Aufkärung bis zur Französischen Revolution 1680-1789 (= Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur, Bd. 3), 1. Teilband, 2. Aufl. München 1984, S.267-279. 4 Viele Wochenschriften erschienen am Ende eines Jahrgangs ein weiteres Mal in Buchform, von den erfolgreicheren gab es oft nach vielen Jahren noch neue Auflagen, s Martens: Botschaft, S.58/59. Die Maskerade der Herausgeber sollte die Leserschaft keinesfalls täuschen, sondern als solche durchschaut werden. Wenn Briefe erdichteter Leserfiguren diese Fiktion aufgriffen oder über die wahre Identität, das Aussehen oder irgendwelche Angewohnheiten des Verfassers rätselten und spekulierten, so wurde das Versteckspiel noch weitergetrieben. 6 Die Vernünftigen Tadlerinnen 1725-26, neu hg, v, Helga Brandes, 2 Bde, Hildesheim, Zü21

und 1786 in Deutschland und in der Schweiz erschienen, waren 13 nach ihrer angeblichen Verfasserin benannt. 7 Sie werden daher in einigen pressegeschichtlichen Arbeiten als die ersten deutschen Frauenzeitschriften betrachtet.** Daneben standen zahlreichen männlichen Verfasserfiguren fiktive Frauen zur Seite, Diese weiblichen Nebenfiguren übernahmen oft den Part, die männlichen Hauptverfasser zu kritisieren oder die vorgetragenen Argumente zu ergänzen. So erfanden Johann Jakob Bodmer und Johann Jakob Breitinger in ihren Discoursen der Mahlern (17211723), in denen sie alle Beiträge mit den Namen berühmter bildender Künstler unterzeichneten, eine gesellige Frauenrunde, die es sich zur Aufgabe machte, weibliche Belange im Blatt zu vertreten. Die frühaufklärerischen Moralischen Wochenschriften richteten sich dabei grundsätzlich an ein gemischtes Publikum. Ihre Autoren wollten die Bildung beider Geschlechter verbessern, weil sie davon ausgingen, daß so am wirksamsten die häusliche Glückseligkeit zu befördern sei. Sie traten daher dem damals weit verbreiteten Vorurteil entgegen, demzufolge eine lesende Frau

rieh, New York 1993, siehe bes. das Nachwort der Herausgeberin, in: Bd,2, S. 1-30. Die drei fiktiven Verfasserinnen trugen die Namen Calliste, Iris und Phyllis, waren allerdings als Charaktere nicht sonderlich ausgefeilt. Zu den Vernünftigen Tadlerinnen siehe außerdem Sharon Marie DiFino: The intellectual Development of German Women in Selected Periodicals from 1725 to 1784, New York u.a. 1990, S.21 -63; zu fiktiven weiblichen Verfasserschaften allgemein (am Beispiel der Vernünftigen Tadlerinnen und der Wiener Wochenschrift Theresie und Eleonore) siehe Regina Nörtemann: Schwache Werkzeuge als öffentliche Richterinnen. Zur fiktiven weiblichen Herausgeber- und Verfasserschaft in Moralischen Wochenschriften des 18. Jahrhunderts, in: Archiv für Kulturgeschichte 72 (1990), $.381-403. 7 Diese Auszählung beruht auf dem Register der Moralischen Wochenschriften von Martens: Botschaft, S.544-555. Nachdrucke und Neuauflagen wurden nicht mitgerechnet. Neben den 94 Moralischen Wochenschriften im engeren Sinne erschienen im gleichen Zeitraum noch 54 Zeitschriften, die den von Martens entworfenen Typus nicht vollständig repräsentieren. Von ihnen führten weitere vier einen weiblichen Verfasser im Titel. Unter den Übersetzungen fremdsprachiger Moralischer Wochenschriften war zudem Die Zuschauerin, die deutsche Fassung des englischen Blattes The female Spectator. Insgesamt gab es somit 18 Moralische Wochenschriften im weiteren Sinn, die angeblich von Frauen verfaßt wurden. Siehe die Liste der Frauenzeitschriften des 18. Jahrhunderts im Anhang. K Insbesondere im Fall der Vernünftigen Tadlerinnen erscheint diese nachträgliche Klassifizierung nicht unbegründet. Gottsched erläuterte in seiner Vorrede zur zweiten Auflage 1738: »Die Absicht, so die ersten Verfasser derselben hatten, war auch so neu, als unsträflich. Sie suchten dem deutschen Frauenzimmer ein Blatt in die Hände zu bringen, welches ihm zu einer angenehmen Zeitkürzung dienen, und doch von nützlicherm und lehrreicherm Inhalte seyn sollte, als die gewöhnlichen Romane. Diese Absicht zu erhalten, bedienten sie sich des unschuldigen Kunstgriffes, sich selbst für Frauenzimmer auszugeben; weil sie wohl vorhersahen, daß dieses Vorgeben, wenn es gleich nicht überall Glauben finden sollte, dennoch viel zu guter Aufnahme derselben beytragen würde.« (zit. n. Brandes: Nachwort, S, 1. Ähnlich äußerte sich Gottsched im 52. Stück des 2. Jahrgangs, S.414/415, zit. ebd., S. 10.) Gleichzeitig trug Gottsched Literaturfehden in diesem Blatt aus, bei denen er seine gelehrten männlichen Kollegen als Adressaten im Auge hatte. Diese registrierten satirische Anspielungen in den Vernünftigen Tadlerinnen mit Aufmerksamkeit und riefen mitunter sogar die Zensur zu Hilfe. Vgl. Brandes: Nachwort, S. 19/20.

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unweigerlich ihre Hauswirtschaft vernachlässigte, und stellten für ihre Leserinnen zum Teil recht umfangreiche Lektürelisten -sogenannte »Frauenzimmer-Bibliotheken« - zusammen. 9 Den Moralischen Wochenschriften kommt somit zum einen das Verdienst zu, bürgerliche Frauen an das Lesen nicht nur der Bibel und des Gesangbuchs, sondern säkularer populärwissenschaftlicher, belehrender und literarischer Werke herangeführt und sie zum anderen durch fiktive weibliche Verfasser sowie Ermunterung zur Einsendung von Beiträgen zum Schreiben angeregt zu haben. 10 Tatsächlich verfaßt und herausgegeben wurden allerdings wohl alle diese Periodika von Männern. 11 Einige wenige Frauen waren mit einzelnen Texten oder auch als regelrechte Mitarbeiterinnen an ihnen beteiligt, so zürn Beispiet Luise Adelgunde Gottsched und Meta Klopstock an den Blättern, die von ihren Ehemännern ediert oder mit Beiträgen versorgt wurden. 12 Neben den Moralischen Wochenschriften entstanden im 18. Jahrhundert weitere populäre Zeitschriften, wobei eine nachträgliche typisierende Unterscheidung verschiedener Gattungen etwas künstlich ist, Angesichts der angestrebten Verbindung von Nutzen und Vergnügen waren die Übergänge von unterhaltenden zu wissenschaftlichen Blättern fließend. Dies gilt insbesondere für die literarischen Zeitschriften, die in Hinblick auf das weibliche Lesepublikum vordringlich von Bedeutung sind. Die universalgelehrten Rezensionsorgane der Frühzeit hatten nur zögerlich schöngeistige Schriften in ihre Kritik aufgenommen, mit der Zunahme deutschspray

Wolfgang Martens: Leserezepte fürs Frauenzimmer, Die Frauenzimmerbibliotheken der deutschen Moralischen Wochenschriften, in: Archiv für Geschichte des Buchwesens XV (1975), Sp. 1143-1200; Peter Nasse: Die Frauenzimmer-Bibliothek des Hamburger »Patrioten« von 1724, Zur weiblichen Bildung der Frühaufklärung, 2 Bde, Stuttgart 1976. '"Martens: Botschaft, S.520-542; Helga Brandes: Der Wandel des Frauenbildes in den deutschen Moralischen Wochenschriften. Vom aufgeklärten Frauenzimmer zur schönen Weiblichkeit, in: Wolfgang Frühwald/Alberto Martino (Hg.): Zwischen Aufklärung und Restauration. Sozialer Wandel in der deutschen Literatur 1700-1848, Tübingen 1989, S. 49-64. 11 Helga Meise untersucht zur Zeit, ob nicht die 1770-1772 in Prag erscheinende Moralische Wochenschrift Die Unsichtbare, ein Gegenstück zum Blatt Die Sichtbare (1770/71), eventuell von einer Frau verfaßt wurde. Vgl, vorläufig: Helga Meise: Women in the literary public sphere in eighteenth-century Prague, in: Transactions of the Ninth Internationa! Congress on the Enlightenment. Voltaire Foundation, Oxford, 1996, S. 1407, 12 Luise Adelgunde Victoria Kulmus heiratete Gottsched 1735. Danach schrieb sie unter anderem mehrere Texte für die zweite und dritte Auflage der Vernünftigen Tadlerinnen und übersetzte den Spectator und den Guardian ins Deutsche. Der übersetzte Spectator erschien 1739-1743 in neun, der Guardian 1745 in zwei Bänden. (Vgl. Ruth H, Sanders: »Ein kleiner Umweg«. Das literarische Schaffen der Luise Gottsched, in: Barbara Beeker-Cantarino (Hg.): Die Frau von der Reformation bis zur Romantik. Die Situation der Frau vor dem Hintergrund der Literatur- und Sozialgeschichte, Bonn 1980, S. 170-194.) Meta Klopstock, geb. Möller schrieb wie ihr Mann für den Nordischen Aufseher, der in Kopenhagen herauskam (Edith Krull; Das Wirken der Frau im frühen deutschen Zeitschriftenwesen, Diss. Berlin 1939, S. 102/103). Bei diesen vergleichsweise prominenten Ehepaaren läßt sich die Mitarbeit der Frau zumindest ansatzweise rekonstruieren. Man kann vermuten, daß es diese »Arbettspaar«-Konstellation in der Bildungselite häufiger gab. Zum »Arbeitspaar« vgl. Wunder: »Er ist die Sonn'«, bes. S.89-138. 23

chiger Belletristik und der Ausdifferenzierung der Wissenschaften entwickelte sich jedoch seit der Mitte des 18. Jahrhunderts eine rasch wachsende Fachpresse für die »schönen Wissenschaften und Künste«.13 Ein Teil dieser literarischen Zeitschriften konzentrierte sich in der Tradition des gelehrten Journalismus auf Literaturkritik und theoretisierende Abhandlungen für akademisch gebildete Fach- und Schriftslellerkollegen. Eine sehr viel größere Zahl dagegen kommentierte nicht nur die Literaturproduktion, sondern publizierte belletristische und räsonierende Texte unterschiedlicher Autoren, darunter Auszüge und Vorabdrucke größerer Werke, oder mischte Literaturpräsentation mit Literaturkritik für das breitere lesende Publikum. 14 Solche Journale waren nicht mehr wie die Moralischen Wochenschriften weitgehend geprägt von der Persönlichkeit des AI lein Verfassers und -Herausgebers, seinen Ansichten und seinem Geschmack. Vielmehr boten sie - auch noch unbekannten - schreibenden Männern und Frauen die Möglichkeit, ihre Texte zu veröffentlichen, und wurden somit für viele Gebildete zum Einstieg ins freie literarische Geschäft, auch wenn es im 18. Jahrhundert noch viele vorzogen, anonym zu bleiben. Bis in die neunziger Jahre des 18. Jahrhunderts stieg die Zahl der Zeitschriftenneugründungen immer schneller an, erst dann verlangsamte sich das Tempo und kam es in einigen Bereichen zu rückläufigen Tendenzen. Der weitaus größte Teil dieses Zuwachses entfiel auf populäre periodische Schriften. 15 Mit der wachsenden Konkurrenz der unterschiedlichen Presseunternehmungen und einer allmählichen 13

Die polyhistorischen gelehrten Journale entwickelten sich allmählich zu wissenschaftlichen Fachzeitschriften. Als erste Fakultät gründete die Theologie eigene Periodika, ihr folgten die Jurisprudenz, Medizin und Naturwissenschaften, die Philosophie, Pädagogik, Geschichte und Geographie, Ökonomie und Kameralistik, Die größte Zahl der Zeitschriftenncugründungen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts beschäftigte sich mit der Schönen Literatur, wobei sich allerdings die Mehrzahl dieser Blätter nicht ausschließlich an ein gelehrtes Publikum wandte. Vgl. Kirchner: Zeitschriftenwesen; Lindemann; zu den literarischen Zeitschriften vgl. Raabe: Zeitschriften und AIrnanache; Jürgen Wilke: Literarische Zeitschriften des 18. Jahrhunderts (1688-1789), 2 Bde, Stuttgart 1978. ia Die besprochenen und abgedruckten Texte betrafen vielfach Fragen des praktischen Lebens, Das Literaturverständnis des 18. Jahrhunderts war noch sehr viel weitergefaßt als die auf »hohe« und »reine« Kunst verengten Begriffe der Klassik und Romantik, 1S Laut Kirchner erschienen im deutschen Sprachraum bis zur Französischen Revolution rund 3500 Zeitschriften. Die Zahl von ca. 750 Zeitschriftenneugründungen zwischen 1741 und 1765 verdreifachte sich in den nächsten 25 Jahren auf ca. 2200. Knapp die Hälfte davon waren jeweils literarische und unterhaltende Journale (332 für die Zeit von 1741-1765,967 für die Jahre 1766-1790). Zwischen 1791 und 1815 gingen die Neugründungen angesichts der politischen Umbrüche und wirtschaftlichen Unsicherheiten auf 1800 zurück, wobei allerdings der bislang recht geringe Anteil politischer Journale erheblich zunahm (Kirchner: Zeitschriftenwesen, S. 73,188 und 267-269). Martin Welke, der die Zeitungen des 18. Jahrhunderts für erheblich breitenwirksamer hält als die Zeitschriften, verweist darauf, daß Kirchners Zahlen insofern einen falschen Eindruck erwecken, als in ihnen die Kurzlebigkeit der meisten Journale keine Berücksichtigung findet. Tatsächlich erschien nur eine sehr viel kleinere Zahl parallel. Martin Welke: Zeitung und Öffentlichkeit im 18. Jahrhundert. Betrachtungen zur Reichweite und Funktion der periodischen deutschen Tagespublizistik, in: Presse und Geschichte, Beitrage zur historischen Kommuni k ationsforschung, München 1977, S. 71 -99, hier S. 72 - 75.

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Verbreiterung des Lesepubiikums ging eine Ausdifferenzierung der Zielgruppen einher. Um sich einer Klientel zu versichern, wandten sich Zeitschriften nicht nur gezielt an männliche Berufs- und Interessengruppen, sondern auch an Frauen, Jugendliche und Kinder, Insbesondere die Frauen der gebildeten höheren Stände versprachen ein lohnendes Publikum zu sein, verfügten die meisten von ihnen doch über ausreichende Lesefähigkeit, finanzielle Mittel und zudem über etwas freie Zeit. Während einige Zeitgenossen über die »Lesewut« und »Romansucht« insbesondere der Frauen lamentierten, 16 brachten andere Journale auf den Markt, die die weiblichen Lese- und Unterhaltungsbedürfnisse befriedigen und zugleich steuern sollten. Die polarisierte Geschlechterordnung der Spätaufklärung legte es nahe, auch im Bereich der populären Gebrauchsliteratur für Frauen und Männer jeweils eigene Schriften zu produzieren, da den Geschlechtern nicht nur verschiedene Aufgaben in der Gesellschaft zugeteilt, sondern auch unterschiedliche Neigungen und Vorlieben nachgesagt wurden, 17 Nachdem bereits die Moralischen Wochenschriften das weibliche Publikum »entdeckt« und zum Teil gezielt angesprochen hatten, entstanden seit 1760 zahlreiche Schriften, die es sich zur Aufgabe machten, die Frauen der höheren Stände mehr oder weniger gebildet zu unterhalten und dabei auf ihre angeblich natürliche häusliche Bestimmung einzuschwören. Diese Frauenjournale des 18. Jahrhunderts waren weitgehend literarische Zeitschriften. Sie boten ihren Leserinnen überwiegend belletristische Texte, die zum Teil deutlich didaktische Ziele verfolgten. Manche Blätter übernahmen Elemente der Moralischen Wochenschriften, ließen etwa fiktive Figuren vertraut mit dem weiblichen Publikum plaudern oder zeichneten abschreckende Charakterskizzen lasterhafter, eitler und klatschsüchtiger Frauen. Neben solcher moralischen Belehrung vermittelten manche der Frauenzeitschriften in Sachtexten Kenntnisse aus der Kunstgeschichte, der Natur- und Völkerkunde oder über berühmte Personen der Vergangenheit, Auch wenn sich zwischen den verschiedenen Journalen Unterschiede zeigen, inwieweit sie das Interesse ihrer Leserinnen auf Themen lenkten, die über den häuslichen Wirkungskreis hinausgingen, so blieb das erklärte Bildungsziel doch immer die für den gebildeten Mann anregende Gesprächspartnerin, verständnisvolle Ehefrau, umsichtige Hausfrau und vernünftige Erzieherin gemeinsamer Kinder. Die Klassifizierung eines Journals als > Frauenzeitschrift < ist im 18. Jahrhundert nicht eindeutig. Eine ausdrückliche Wendung an ein weibliches Publikum bedeutete keineswegs, daß man interessierte Männer von der Lektüre ausgeschlossen wissen wollte. Zudem ist die Grenze zwischen den manchmal noch unregelmäßig und in größeren zeitlichen Abständen erscheinenden Zeitschriften und den zum Ende des Jahrhunderts immer beliebteren Musenalmanachen, Taschenbüchern und Kalen-

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Vgl. Kap. IV.l. Angesichts dessen, daß Männer Frauen als »das andere Geschlecht« wahrnahmen, sich selbst aber primär als Gattungswesen, verstanden sich die Zeitschriften, die sich an ein männliches Publikum richteten, als »allgemeine« und nicht als Männerjournale.

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dern nicht klar zu ziehen.18 Quantitative Angaben sind somit relativ und bieten lediglich einen Anhaltspunkt. Geht man von den bis heute bibliographisch ermittelten Periodika aus, von denen etliche nicht mehr nachgewiesen und eingesehen werden können, so erschienen von 1720 bis zum Ende des Jahrhunderts 115 Zeitschriften, die sich ihrer Tttelgebung nach an Frauen richteten.iy Viele von ihnen wurden bereits nach wenigen Heften wieder eingestellt. Brachte es eine unterhaltende Wochen- oder Monatsschrift auf ganze zwei oder drei Jahrgänge, so war dies im 18. Jahrhundert schon ein beachtlicher Erfolg. Die Frauenzeitschriften der ersten Jahrzehnte zählen fast alle zu den Moralischen Wochenschriften, vielfach präsentierten sie fiktive weibliche Verfasserfiguren. Sie kamen bis auf wenige Ausnahmen in protestantischen nord- und mitteldeutschen Städten heraus. Waren es zunächst immer nur vier bis sieben Blätter in zehn Jahren gewesen, so stieg die Anzahl seit den sechziger Jahren deutlich an: Bis 1770 wurden 13 Frauenzeitschriften neu gegründet, im Zeitraum von 1771 bis 178023 und von 1781 bis 1790 sogar 32. Im letzten Jahrzehnt war die Zahl der Frauenjournale leicht rückläufig, 25 neue Blätter wurden bis 1800 verlegt. Die bekanntesten und noch am ehesten erforschten Frauenjournale männlicher Herausgeber sind neben den bereits erwähnten Vernünftigen Tadlerinnen die in Wien von Josef von Sonnenfels verfaßte Moralische Wochenschrift Theresie und Eleonore (1766/67) sowie die literarischen Zeitschriften Iris (1774-1776), redigiert von dem Dichter Johann Georg Jacobi unter anfänglicher Mitarbeit Wilhelm Heinses, und Akademie der Grazien (1774-1776), begründet von dem Philologen Christian Gottfried Schütz.20 Die beiden letztgenannten Blätter fanden vor allem deshalb die Aufmerksamkeit der Literaturwissenschaft, weil hier berühmte männliche Autoren abgedruckt wurden. 2 ' Die langlebigsten Frauenzeitschriften waren das Magazin für Frauenzimmer, 1782 gegründet von David Christoph Seybold, 1787 !il

M odczeitsch ritten werden in dieser Arbeit hingegen grundsätzlich nicht zu den FrauenJournalen gerechnet, da sie sich mit ihren Abbildungen und Beschreibungen von sowohl Damen- als auch Herrenkleidung sowie ihren Artikeln über Putz und Schmuck, Möbel und Geschirr an ein gemischtes Publikum richteten. Sie als >Frauenzeitschrift< zu klassifizieren hieße, Mode und Innenausstattung nachträglich zu einem Interessengebiet ausschließlich von Frauen zu erklären. iy Siehe Zeitschrifienliste im Anhang. Umbenennungen sind nicht immer von Neugründungen zu unterscheiden. Jeder neue Titel wird hier als ein neues Zeitschriftenprojekt gewertet. 211 Zum Forschungsstand insgesamt vgl. Kap. .2.; speziell zu Theresie und Eleonore: Nörtemann, S. 393-401; zur Iris; Hugo Lachmanski; Die deutschen Frauenzeitschriften des 18. Jahrhunderts, Diss. Berlin 1900,5.37-56; Wilke, Bd. 2, S. 118-122; DiFino,S.65-101;Regina-Kathrin Belda: »Iris«, Darstellung und Analyse einer literarischen Frauenzeitschrift von 1774 bis 1776, unveröff. Diplomarbeit, Fachhochschule für Bibliothekswesen, Hamburg 1988; zur Akademie der Grazien: Lachmanski, S. 37; Witke, Bd. 2, S. 122-l24. 21 Zur Ins steuerten Johann Wolfgang Goethe, Johann Georg Schlosser und Jakob Michael Reinhoid Lenz Texte bei, die A kade.mie der Grazien wollte den Geschmack ihrer Lese rinnen durch bedeutende Kunst bilden und präsentierte ihnen Briefe des Plinius, eine Ode Horaz', Plutarchs Beispiele weiblicher Tugend, ein Lustspiel des Terenzsowie Artikel über die weiblichen Helden in Shakespeares Othello und Goethes Götz von Berlichingen, Ferner wurde Lessings Nathan der Weise vorgestellt und Wielands Oberon in Teilen veröffentlicht. 26

umbenannt in Neues Magazin für Frauenzimmer und fortgeführt bis 1792, sowie die bei Cotta verlegte und von Ludwig Ferdinand Huber redigierte Flora, die von 1793 bis 18Ü3 bestand und auf die im Zusammenhang eines Konflikts zwischen Marianne Ehrmann und dem Tübinger Verleger noch zurückzukommen sein wird, 22 Fast alle Verfasser von Frauenzeitschriften forderten in Vorreden ihr weibliches Publikum auf, Briefe, Gelegenheitsgedichte oder eigene Beiträge einzusenden, und eine ganze Reihe von ihnen druckte in der Folge auch wirklich Texte ab, die mit weiblichen Namen oder Pseudonymen unterzeichnet waren. Ging man davon aus, daß die Geschlechter unterschiedliche Interessen hatten und verschiedene Themen, Textgattungen und Stile bevorzugten, so konnten Frauen den Geschmack ihrer Geschlechtsgenossinnen vielleicht sogar besser treffen als männliche Autoren. Beiträge von Frauen machten sich also gut in einer Frauenzeitschrift, und manch eine weibliche Verfasserschaft war in diesen Jahrzehnten lediglich vorgetäuscht. In vielen Fällen läßt sich aber auch nachweisen, daß die Texte tatsächlich von Frauen verfaßt wurden. Fast alle Schriftstellerinnen, die sich im ausgehenden 18. Jahrhundert einen Namen machten und eigenständig publizierten, hatten zuvor Beiträge in Frauenjournalen veröffentlicht. Der geschlechtersegregierte Markt populärer Gebrauchsliteratur wurde zur Chance für schreibende Frauen, ihre Texte zu publizieren und sich unter Umständen sogar zu professionalisieren.

2. Die Frauenzeitschriften weiblicher Herausgeber Nachdem Moralische Wochenschriften schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts fiktive weibliche Verfasser erfunden hatten und seit 1760 allmählich immer mehr Zeitschriften entstanden, die sich ausdrücklich an Frauen wandten und unter anderem Briefe, Gedichte und erzählende Texte weiblicher Autoren abdruckten, erschienen am Ende des Jahrhunderts in Deutschland auch eine Reihe von Zeitschriften für Frauen, die eigenständig von Frauen verfaßt und herausgegeben wurden. Den Anfang machten englische und französische Blätter in deutscher Übersetzung. 1747/48 erschien unter dem Titel Die Zuschauerin in Hannover eine deutsche Fassung des Female Spectator, den Eliza. Hay wood 1744 bis 1746 als weibliches Gegenstück zu Addisons und Steeles prominentem Spectator in London publiziert hatte.231756 und in den darauffolgenden Jahren kamen in Hamburg vier Bände heraus mit dem umständlichen Titel Frauenzimmer-Bibliothek, worinn nützliche Betrachtungen über wichtige Stücke der Sitlenlehre fürnemlich zum Gebrauche des

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Zum Magazin für Frauenzimmer siehe Lachmanski, S. 58-60; Sabine Schumann: Das »lesende Frauenzimmer«: Frauenzeitschriften im 18. Jahrhundert, in: Becker-Cantarino (Hg,): Reformation/Romantik, S, 150/151 und S, 154;zurF/ora siehe Schumann, S, 162/163; Helga Madland: Three Late Eighteenth-Century Women's Journals: Their Role in Shaping Women's Lives, in: Women in German. Feminist Studiesand German Culture, Yearbook 4 (1988), S. 167-186. M Zum englischen Original s.u.

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Frauenzimmers enthalten sind. Das mehrbändige literarische Sammelwerk war 1714 in England von Richard Steele ediert und angeblich von einer Frau zusammengestellt worden. Die Cambridge Bibliographie für englische Literatur nennt eine ansonsten unbekannte Mary Wray als Autorin, doch könnte diese auch eine Erfindung Steeles gewesen sein. Die deutsche Ausgabe übernahm jedenfalls den Hinweis auf die anonyme Verfasserin, und eine Anzeige im Ulmer Intelligenzblaü hob die weibliche Autorschaft lobend und werbekräftig hervor.24 In Frankfurt erschien 1764 in französischer Sprache das Magazin desjeunes dames. Die Verfasserin war die Erzieherin Jeanne-Marie Le Prince de Beaumont aus Frankreich. Sie lebte längere Zeit in London und veröffentlichte zahlreiche moralisierende und pädagogische Schriften, Ihr Journal scheint beim deutschen Publikum einigen Anklang gefunden zu haben, denn in Wien und Berlin kamen in den folgenden Jahrzehnten weitere Ausgaben heraus, 1791 erschien unter dem Titel Magazin für junge Frauenzimmer zusätzlich noch eine deutsche Übersetzung in einer Karlsruher Buchhandlung. 25 Seit 1779 traten dann nacheinander mehrere deutsche Schriftstellerinnen mit eigenen Frauenjournalen an eine weibliche Öffentlichkeit. Überwiegend allein, zum Teil auch zu mehreren verfaßten und redigierten sie Blätter, die alle - wie die große Mehrzahl der Zeitschriften im 18. Jahrhundert - nicht sehr lange bestanden. Doch eins löste nun das andere ab, und die Publizistinnen der neunziger Jahre konnten sich bereits auf eine Tradition weiblichen Journalismus' beziehen. Die ersten beiden selbständigen Herausgeberinnen des Jahres 1779 waren junge, literarisch gänzlich unbekannte Frauen. Beide nannten ihren Namen nicht. Während Ernestine Hofmann sich in ihrer Wochenschrift Für Hamburgs Töchter hinter der Maske eines männlichen Verfassers verbarg, machte Charlotte Hezel in ihrem Wochenblatt für's 24

»Unter denen witzigen Schönen, welche seit einiger Zeit auf dem Schauplätze der gelehrten Welt erschienen, worunter wir besonders der Madame Gottschedin, Riegerin, Jgfr. Unzerin etc. schöne Schriften zu verdanken haben, verdient keinen geringen Platz unsere ungenannte Verfasserin dieser Frauenzimmer-Bibliothek; ja sämtliche Schönen können derselben nicht genug danken [...].« Anzeige im Ulmer Intelligenzblatt, Jg. 1756, Nr.201, zit. n. Holger Böning/Emmy Moeps (Hg.): Deutsche Presse. Biobibliographische Handbücher zur Geschichte der deutschsprachigen periodischen Presse von den Anfängen bis 1815. Kommentierte Bibliographie der Zeitungen, Zeitschriften, Intelligenzblätter, Kalender und Atmanache sowie biographische Hinweise zu Herausgebern, Verlegern und Drukkern periodischer Schriften, Bd.l: Hamburg, Stuttgart 1996, Nr.288. (Ich danke Holger Böning für gezielte Vorabinformationen.) Verschiedene Lexika nennen als Übersetzer übereinstimmend Karl Friedrich Kretschmann, der 1756 noch studierte und später Gerichtsaktuarius und Bardendichter wurde. Zum englischen Original The Ladies' Library vgl. Alison Adburgham: Women in Print, Writing Women and Women's Magazines From the Restoration to the Accession of Victoria, London 1972, S.70/71. Adburgham erwägt, daß Steele dieses die häuslichen Pflichten der Frau betonende Blatt selbst verfaßt haben könnte, und konstatiert einen deutlichen Rückschritt des Weiblichkeitsideals gegenüber seinen Moralischen Wochenschriften. 25 Einige Hefte der ersten französischen Fassung sind in der Bibliothek des Deutschen Museums in München erhalten, wurden von mir für diese Studie über deutsche Frauenzeitschriften jedoch nicht berücksichtigt. Die deutsche Ausgabe ist verschollen, vgl. daher zu Beaumont und ihren Zeitschriften Kap. .3.

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Schöne Geschlecht immerhin deutlich, daß hier eine Frau am Werke war. Überhaupt waren diese Journale höchst unterschiedlich. Beide fanden vermutlich keine weite Verbreitung, und so ging die damals bereits etablierte Schriftstellerin Sophie von La Röche 1783 davon aus, daß sie die erste Frau in Deutschland sei, die eine Frauenzeitschrift auf den literarischen Markt brachte. Ihre Pomona war eine Monatsschrift, bestand volle zwei Jahre und stieß auf breite Resonanz. Der Dichterin Caroline Friederike von Kamiensky diente sie 1788 zum Vorbild, als diese das literarische Monatsblatt Luna konzipierte, das dann drei Jahre lang erschien. Hatten bisher die Herausgeberinnen ihre Periodika weitgehend allein verfaßt, so taten sich zum Jahr 1790 erstmals schreibende Frauen zusammen, um gemeinsam und anonym ihre Texte in einer Vierteljahresschrift zu veröffentlichen. Sie nannten das Blatt Museum für Frauenzimmer. Im gleichen Jahr startete die Schriftstellerin Marianne Ehrmann ihre Monatsschrift Amaiiens Erholungsstunden, die im ersten Jahr immerhin so gut verkauft wurde, daß die einflußreiche Cottaische Buchhandlung ab 1791 den Verlag übernahm. Im Lauf knapp zweier Jahre zerstritt man sich, und so trennten sich die Wege. Marianne Ehrmann brachte nun unter dem Titel Die Einsiedlerinn aus den Alpen für weitere zwei Jahre ihr Journal in der Schweiz heraus, während der CottaVerlag Ludwig Ferdinand Huber mit der Redaktion der Frauenzeitschrift Flora betraute, die zu einem der längstlebigen Blätter dieser Art werden sollte. Noch während Amaiiens Erholungssiunden in Tübingen erschienen, begründeten die Schwestern Catharina von Hesse und Xaverie Bossi von Löwenglau mit einer weiteren Mitstreiterin 1792 in München die sehr ähnlich aufgemachten Unterhaltungen in Abendstunden, allerdings ohne ihre Namen öffentlich zu nennen. Die Redaktion schrumpfte, aber die Monatsschrift brachte es immerhin auf zwei komplette Jahrgänge. Diese acht Frauenzeitschriften und ihre Herausgeberinnen werden im folgenden einzeln vorgestellt. Es zeigen sich einige grundsätzliche Übereinstimmungen: So machten sich fast alle Verfasserinnen das spätaufklärerische Weiblichkeitsideal zu eigen und protestierten keineswegs und schon gar nicht offen gegen die Rede von der »häuslichen Bestimmung«. Alle wollten sie mit ihren Journalen nützlich sein und vergnügen, boten daher ihren Leserinnen viel Belletristisches und einiges Räsonnement, Den selbstgewählten Bildungsauftrag verstanden und akzentuierten die Publizistinnen hingegen recht unterschiedlich. Einige von ihnen wollten vorrangig Kenntnisse vermitteln und den Horizont ihrer Leserinnen erweitern, andere sahen ihre Aufgabe vor allem in eindringlicher moralischer Belehrung und Ermahnung, Fragen nach dem Selbstversländnis der Herausgeberinnen und dem Bildungsprogramm ihrer Zeitschriften leiten daher die folgenden Porträts, Vermutlich sind im 18. Jahrhundert noch einige wenige weitere Frauenzeitschriften von Frauen herausgegeben worden. So lassen sich etwa das O eko nomische, moralische und gemeinnützige Journal für Frauenzimmer (1794/95) von Johanne Katharine Schulze und Christine Dorothea Gürnth sowie ein Archiv der weiblichen Belehrung und Unterhaltung (1796), welches angeblich von vier Schwestern herausgebracht wurde, nachweisen, doch sind beide Blätter in den Kriegen dieses Jahrhunderts verlorengegangen. Was über sie noch aus Anzeigen und Rezensionen sowie 29

aus älterer Forschungsliteratur erschlossen werden kann, trage ich irn anschließenden Unterkapitel zusammen. Frauen, die eine eigene Zeitschrift herausbringen wollten, spezialisierten sich im späten 18, Jahrhundert in Deutschland fast ausnahmslos auf das weibliche Lesepublikum. Es gab damals nach dem bisherigen Stand der Presseforschung nur ganz wenige »allgemeine« Blätter, die von Frauen verfaßt und redigiert wurden, 26 Die mutmaßlichen Herausgeberinnen nannten entweder ihre Namen nicht oder ließen ihre Geschlechtszugehörigkeit gänzlich unkommentiert. Vermutlich trugen sie die redaktionelle Verantwortung auch nicht allein, sondern zusammen mit männlichen Kollegen. Es handelt sich im wesentlichen um die Papiere einiger Freunde von 1780/ 81, an denen die Dichterin Dorothea Lilien mitwirkte, sowie um die Vermischten Erzählungen und Einfalle aus dem Jahr 1783, die Friederike Helene Unger zugeschrieben werden. Mit ihnen und wenigen weiteren Zeitschriften, die nicht als Frauenjournale betrachtet werden können, aber von Frauen mitgestaltet wurden, beschäftigt sich das vierte Unterkapitel. Nach dem gegenwärtigen Stand der bibliographischen Ermittlungen wurden von 115 Frauenzeitschriften im Zeitraum zwischen 1720 und 1800 vermutlich 14 von Frauen verfaßt, das in Deutschland verlegte französische Blatt der Frau von Beaumont und die Übersetzungen mitgerechnet. 27 Die deutschen erschienen alle erst nach 1775. Der damals einsetzende Presseboom wurde zu einer Chance für schreibende Frauen, eigene Frauenzeitschriften zu gründen. Das spätaufklärerische Weiblichkeitsideal, das die Geschlechterdifferenz betonte und die Ehe, Mutterschaft und Organisation des Hauses zu einer »natürlichen Bestimmung« der Frau erklärte, erwies sich dabei nicht als Hindernis, sondern geradezu als Voraussetzung dafür, daß Frauen sich zu Lehrerinnen ihres eigenen Geschlechts erklärten und eine besondere Qualifikation beanspruchten. Wenn die Geschlechter tatsächlich so verschieden waren, wie der herrschende Diskurs betonte, so waren Frauen die idealen Ratgeber, Erzieher und Schriftsteller für ihre Geschlechtsgenossinnen. Die gleichzeitige begrenzende Wirkung dieses Geschlechtermodells zeigt sich sinnfällig daran, daß kaum eine Frau in Deutschland eine Zeitschrift herausgab, die sich ausdrücklich an beide Geschlechter wandte. Da das weibliche Publikum Schriften von Frauen offenbar mit besonderer Aufmerksamkeit registrierte und die zeitgenössische Literaturkritik diese oftmals mit herablassender Güte behandelte, täuschten mehrere Männer im 18. Jahrhundert weibliche Autorschaft oder eine Frauenredaktion vor. Angesichts dessen, daß die Lesenden zu dieser Zeit mit Fiktionen und Versteckspielen um die Identität der Autorinnen und Autoren vertraut waren, läßt sich heute kaum mehr ermessen, wann es sich wirklich um ein Täuschungsmanöver handelte und wo dieses vom Pu26

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Unberücksichtigt bleiben in dieser Arbeit Verlegerinnen, die etwa als Buchdruckerwitwen Zeitungsunternehmen führten wie z.B. Maria Elisabeth Kranzbühler. Sie behauptete ihr Wormser Intelligenzblatt von 1776 bis 1789. Adolf Dresler: Die Frau im Journalismus, München! 936, S. 16-19. Vgl. die Liste aüer heute bekannten Frauenzeitschriften im Anhang.

blikum durchschaut werden sollte. Im fünften Unterkapitel wird einigen dieser Fälle nachgegangen. Um die Jahrhundertwende brach die Kette der von Frauen verantworteten Frauenjournale zunächst einmal ab. In der Auseinandersetzung mit der französischen Revolution politisierte sich das deutsche Pressewesen, gleichzeitig ging die Zahl der neugegründeten Frauenzeitschriften leicht zurück. Schriftstellerinnen und Dichterinnen waren darin weiterhin mit Beiträgen vertreten, geleitet wurden die Blätter aber fast ausnahmslos von Männern. Ähnlich war die Situation bei den Modejournalen, die seit dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts entstanden und vermutlich einen Teil der potentiellen Leserinnen von Frauenzeitschriften abschöpften. Lediglich bei den Almanachen und Taschenbüchern für Frauen, die nun immer populärer wurden, gab es noch einige wenige weibliche Herausgeber.2* Diese jährlich erscheinenden kleinen Sammelwerke waren zumeist handlich, hübsch gebunden und mit Kupferstichen reich illustriert. Sie enthielten in der Regel neben lyrischen und epischen Texten kurze Abhandlungen aus verschiedenen Wissensgebieten, Ratschläge zu häuslichen Arbeiten, für die Gesundheitspflege sowie Modetips, dazu oft ein Kalendarium oder Tabellen für Haushaltsabrechnungen. Ebenfalls jährlich erscheinen sollte Sophie Mereaus literarische Anthologie Kalathtskos, die jedoch nach zwei Bänden 1802 wieder einging.29 Anders als in den belehrenden Frauenzeitschriften des 18. Jahrhunderts und den auf Belange der Hauswirtschaft zugeschnittenen Almanachen herrschte hier durchgehend ein poetischer Ton im Stil der Romantik. Auch den anderen vereinzelten periodischen Schriften von Frauen i

Sophie Mereau soil 1798 bis 1800 die ersten drei Jahrgänge des Berlinischen Damenkalenders und 1803 Cottas Musenalmanach herausgegeben haben, Wilhelmine Müller stellte Anfang des 19. Jahrhunderts ein Taschenbuch für edle Weiber und Mädchen zusammen, und Johanna Caroline Wilhelmine Spazier zeichnete für ein Taschenbuch verantwortlich, das »der Liebe und Freundschaft gewidmet« war. Mit Abstand arn erfolgreichsten aus dieser Gattung wurde das Leipziger Taschenbuch für Frauenzimmer zum Nutzen und Vergnügen, das Georg Carl Claudius unter dem Pseudonym »Franz Ehrenberg« von 1784 bis 1816 besorgte, in der Frauenforschung gelten diese Taschenbücher als Prototypen bürgerlicher Propaganda für das begrenzte Weiblichkeitsideai der Gattin, Hausfrau und Mutter. Vgl. Pia Schmid: Hausfrau, Gattin, Mutter. Zur bürgerlichen Definition von Weiblichkeit im Spiegel einiger deutschsprachiger Zeitschriften, in: Die ungeschriebene Geschichte. Historische Frauenforschung, Dokumentation des 5. Historikerinnentreffens in Wien 1984, Wien 1985, S. 169-186; Madland: Three Women's Journals; Christina Klausmann: Bildung, in: Schmidt-Linsenhoff (Hg.), S.802-836, hier S.802-807 und S.818-830. Vgl. auch Raabe: Zeitschriften und Almanache; Maria Gräfin Lanckoronska/Arthur Rümann; Geschichte der deutschen Taschenbücher und Almanache aus der klassisch-romantischen Zeit, München 1954; York-Gothart Mix: Die deutschen Musenalmanache des 18. Jahrhunderts, München 1987. Kalathiskos. Von Sophie Mereau, 2 Bde, Berlin 1801 -1802, Reprint mit einem Nachwort von Peter Schmidt, Heidelberg 1968, Sophie Mereau wandte sich mit diesem Sammelwerk gezielt an Leserinnen und erläuterte im Titelgedicht, daß >Kalathiskos< die alte griechische Bezeichnung für ein Handarbeitskörbchen, Symbol für das Gynäceum und Name eines Tanzes sei, Bd. l, S. II1/IV, Zu Sophie Mereau vgl. Gisela Schwarz: Literarisches Leben und Sozialstrukturen um 1800. Zur Situation von Schriftstellerinnen am Beispiel von Sophie Brentano-Mereau geb. Schubart, Frankfurt/M., Bern, New York, Paris 1991; Fetting.

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für Frauen im frühen 19. Jahrhundert war kein dauerhafter Erfolg beschieden. 1819/ 1820 brachte es A m alia Bernhardts Wochenschrift Die Beobachterin an Spree und Havel immerhin noch auf zwei Jahrgänge, während Fanny Tarnow und Helmina von Chezy ihre Iduna schon nach zwei Heften wieder einstellen mußten. Angesichts der wachsenden Zahl von Schriftstellerinnen stand Frauenliteratur damals bei vielen in keinem guten Ruf. Als Johanna Schopenhauer 1821 die Redaktion einer zu gründenden Frauenzeitschrift angeboten wurde, zeigte sie sich skeptisch. Bei ihrem Geschlecht sei »eine gar /,u große Sucht« eingerissen, sich durch schriftstellerische Arbeiten auszuzeichnen, und viele, die weit besser täten, ihre häuslichen Pflichten gewissenhaft zu erfüllen, überschwemmten jetzt Zeitungen und Taschenbücher »mit wäßrigen Produkten aller Art«, meinte sie. Eine Frauenzeitschrift dürfe solchen drittklassigen Gelegenheitsschreiberinnen keinen weiteren »Tummelplatz ihrer sentimentalen oder fantastischen Produkzionen« eröffnen, sondern müsse aus den Texten weiblicher Autoren mit Strenge nur das allerbeste auswählen. Sie sollte nach Johanna Schopenhauers Ansicht mit den bekanntesten unterhaltenden Zeitschriften der Zeit mithalten können und sich weder auf weibliche Mitarbeiter noch auf Belehrung des weiblichen Publikums beschränken: Die Zeiten, wo man für Frauen wie für Kinder eigne Bücher schreiben durfte, sind längst vorüber. Der weibliche Geist ergreift jetzt jede Blume im Gebiet der schönen Literatur, betrachtet alles und behält das Beste, mit nicht minderen Gelingen und nicht minderer Auswahl als der männliche, und schon die Anmaßung, nur für Frauen schreiben zu wollen, würde die gebildetsten und geistreichsten Leserinnen uns verscheuchen, weit sie schon von weitem Langeweile und zum Überdruß wiederholtes moralisches Geschwätz zu wittern glauben würden.·10

Einige Schriftstellerinnen zogen aus solchen Überlegungen die Konsequenz, nur an Periodika für ein gemischtes Publikum mitzuarbeiten. So redigierte Thcrese Huber von 1816 bis 1824-auf eigenen Wunsch anonym - das namhafte Morgenblatt für gebildete Stände des Tübinger Verlegers Cotta, und Amaläa Schoppe leitete in den dreißiger Jahren in Hamburg die Neuen Pariser Modeblätter?i Alsdann 1838 Louise Marezoll die Frauenzeitung herausbrachte, war die Erinnerung an den setbständigen Frauenjournalismus des späten 18. Jahrhunderts bereits so weit verblaßt, daß Das /u gründende Blatt solle heiter, gemütvoll und geistreich unterhalten, nicht beiehren und den Namen einer Frauenzeitschrift sich nur dadurch verdienen, daß keine Zeile »den Frauensinn für Sitte, Schicklichkcit, Recht oder Unrecht unsanft« berühre. Johanna Schopenhauer machte eine Reihe konkreter Vorschläge, skizzierte auch sehr sachlich und ausgesprochen selbstbewußt die Möglichkeiten einer geschäftlichen Einigung mit dem Verleger, der Plan wurde jedoch nie verwirklicht. Johanna Schopenhauer am 2.12.1821 an einen nicht namentlich bekannten Geheimrat in Leipzig, abgedruckt in: Heinrich Hubert Houben (Hg.): Damals in Weimar! Erinnerungen und Briefe von und an Johanna Schopenhauer. Leipzig 1924, S. 240 -245, Zitate S. 241/242. 1 Vgl. Dresler, S. 25 -29 und S. 31 -33; zu Therese Hubers Redaktionsarbeit s. außerdem: Andrea Hahn/Bernhard Fischer: »Die frauenzimmerliche Redaktion« und Cottas >Morgenblatt für gebildete Standes in: dies. (Bearb.): »Alles. ..von mir!« Therese Huber (1764-1829) Schriftstellerin und Redakteurin, = Marbacher Magazin, Heft 65 (1993), S. 66-84 (mit Faksimiledruck eines Korrekturexernplars als Beilage).

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ein Rezensent die »Begründung eines Journals einzig und atiein von Frauenzimmern« für etwas in Deutschland ganz »Unerhörtes« halten konnte, das durch seine »Neuheit« frappierte.·12 Die Herausgeberin fand offenbar ihr Publikum, denn nach zwei Jahren stellte sie das dreimal wöchentlich erscheinende »Unterhaltungsblatt« auf die Vierteljahresschrift Frauen-Spiegel um, die dann bis 1841 bestand." Einen erneuten Aufschwung aber nahmen die Frauenzeitschriften weiblicher Herausgeber erst mit der Revolution von 1848/49, als gleich mehrere politisch engagierte Frauen diese Tradition wieder aufgriffen. Sie wollten allerdings ihre Geschlechtsgenossinnen nun nicht mehr über deren vermeintliche häusliche Bestimmung belehren, sondern ihr Interesse auf gesellschaftliche Fragen lenken. 34 Nicht zuletzt deshalb, weil englische und französische Frauenjournale den deutschen vorangingen und zum Teil in Deutschland gelesen wurden, ist ein vergleichender Blick auf die Entwicklung der Presse und die Beteiligung von Journalistinnen in diesen Nachbarländern aufschlußreich. In England gab es bereits in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ein vergleichsweise breites, politisch interessiertes Lesepublikum und entsprechend früher als in Deutschland ein Zeitschriftenwesen, das sich nicht so sehr aus der Korrespondenz der Gelehrten und ihren Journalen herleitete. Vielmehr verbreiteten die englischen Zeitschriften ähnlich wie die Zeitungen auch aktuelle Nachrichten aus dem In- und Ausland, Sensationsberichte und Klatschgeschichten sowie Listen der lokalen Geburten, Heiraten und Todesfälle, Sie bedienten das Unterhaltungsbedürfnis der Mittelschichten, die mit wachsendem Wohlstand über mehr Dienstboten und damit über mehr Freizeit verfügten, eine Tendenz, die sich mit der Industrialisierung noch verstärkte. Schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts entstanden in England daneben die auf Aktualität verzichtenden, über bürgerlichen Alltag räsonierenden Moralischen Wochenschriften von Addison, Steele und zahlreichen Nachahmern. Diese Blätter wollten nicht nur die mitunter reichlich derben und freizügigen Umgangsformen der Restaurationszeit kulti-

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Rezension der Frauenzeitung, 1. Jg., in: Mitternachtzeitung für gebildete Leser, 13. Jg, (1838), N r. 168, S, 1340. H Vgi. Ulrike Wecke!: Öffentliches Räsonnement über die gesellschaftliche Stellung der Frau: »Frauenzeilung« und »Frauen-Spiegel« 1838-1841, in: Mireille Oihenin-Girard/ Anna Gossenreiter/Sabinc Trautweiler (Hg.): Frauen und Öffentlichkeit. Beiträge der 6. Schweizerischen Historikerinnentagung, Zürich 1991,8.161-183. ?4 Ruth-Esther Geiger/Sigrid Weigch Die Freiheil ist unteilbar! Die ersten politischen Frauenzeitungen in der Revolution von 1848, in: dies. (Hg.): Sind das noch Damen? Vom gelehrten Frauenzimmer-Journal zum feministischen Journalismus, München 1981, S,3350; Ute Gerhard: Über die Anfänge der deutschen Frauenbewegung um 1848. Frauenpresse, Frauenpolitik und Frauen vereine, in: Karin Hausen (Hg.): Frauen suchen ihre Geschichte, München 1983, S. 196-220; dies.: Unerhört. Die Geschichte der deutschen Frauenbewegung, Reinbek 1990, S.42-70; dies./Elisabeth Hannover-Drück/Romina Schmitter (Hg.): »Dem Reich der Freiheit werb" ich Bürgerinnen«. Die Frauen-Zeitung von Louise Otto, Frankfurt/M, 1979, bes. die Einleitung, S. 7-30; Ulla Wischermann; »Das Himmelskind, die Freiheit - wir ziehen sie groß zu Haus«. Frauenpubüzistik im Vormärz und in der Revolution von 1848, in: Elke Kleinau/Claudia Opitz (Hg.), Geschichte der Mädchen- und Frauenbildung, Bd.2, Frankfurt/M., New York 1996, S.35-50. 33

vieren, sondern das Publikum zugleich mit feinem Humor geistreich unterhalten. Sie wandten sich ausdrücklich an beide Geschlechter, machten »the improvement of Ladies«"*5 zu einem ihrer zentralen Anliegen und ließen mit großer Selbstverständlichkeit auch fiktive weibliche Verfasser auftreten. Bereits in den dreißiger Jahren entwickelte sich in England die Idee und der Begriff des »magazine«, das die individuell, von den alleinigen Verfasser-Herausgebern geprägten Wochenschriften allmählich ablöste und statt dessen ein Sammelsurium unterschiedlichster Texte verschiedener Autoren bot. Deutlich früher als in anderen europäischen Ländern wandten sich englische Zeitschriften gezielt an weibliche Leser.3f> Der Buchhändler John Dunton hatte mehrfach Ausgaben seines seit 1690 erscheinenden Athenian Mercury dem »schönen Geschlecht« gewidmet und dort fingierte Anfragen von Leserinnen über Liebe, Ehe und gesellschaftliches Betragen beantwortet. Daraus entstand 1693 ein eigenständiger Ladies' Mercury, und die Korrespondenz- und Ratgeberkolumne wurde zu einer nahezu festen Einrichtung der in der Folgezeit immer zahlreicheren Frauenzeitschriften, 37 Die Blätter wollten alle unterhaltsam sein, wobei es deutliche Unterschiede gab, wie stark die Verfasser das Vergnügliche mit Belehrung und Information verbanden. Äußerst populär wurden sowohl eine Jahresschrift, die ihren Leserinnen überwiegend mathematische Denksportaufgaben und Rätsel aus verschiedensten Wissensgebieten aufgab, als auch ein Blatt, das schauerliche Augenzeugenberichte von Straftaten, Gerichtsverhandlungen und Hinrichtungen einrückte.3" Interessant ist, daß sich in England viele der moralisierenden und unterhaltenden populären Zeitschriften mit ihrem Titel nicht nur ausdrücklich an »ladies«, sondern ebenso an »gentlemen« richteten. Tatsächlich sollte damit wohl fast nie eine geschlechtsexklusive Zielgruppe angesprochen werden, handelten die Blätter doch vorrangig vom geselligen Miteinander, wo die Begegnung der Geschlechter einen besonderen Reiz bedeutete.34

^ The Guardian, 1. Jg. (1713), Nr. 3, zit. n. Bertha Monica Stearns; Early English Periodicals for Ladies (1700-1760), in; Publications of the Modern Language Association of America (PMLA), Bd.48,1 (1933), S. 38-60, hier S, 42. M Kathryn Shevelow sieht mit einer Wortschöpfung von Jonathan Swift das »fair-sexing« des englischen Zeitschriftenmarktes als einen simultanen Prozeß des Einschlusses und der Beschränkung von Frauen auf sogenannte weibliche Belange, eine häusliche »Bestimmung« und ein vermeintlich natürliches Wesen. Kathryn Shevelow: Women and Print Culture, Hie construction of femininity in the early periodical, London, New York 1989. 37 Cynthia L. White: Women's Magazines 1693-1968, London 1970, S.23-41; Stearns; Adburgham; Shevelow. 3i! Beide Konzepte wurden in Deutschland im 18. Jahrhundert nicht aufgegriffen. Es handelte sich um das Ladies' Diary, das der Mathematiklehrer John Tipper bereits 1704 ausdrücklich zur intellektuellen Ermunterung von Frauen herausbrachte und das mit neuen Redakteuren bis 1840 fortgeführt wurde, sowie um das Lady's Magazine von Jasper Goodwill, das nach vierjährigem Erscheinen 1753 durch dessen Tod endete. Vgl. Adburgham, S.45-52 und S. 106/107. •iy »[...] it is often impossible to discover for which sex a periodical was primarily intended without reference to the title, and even the title was frequently misleading.« White, S, 33; vgl. auch S tea rns,S. 51/52; She velow,S. 33/34, S. 36,5,50-52 und S.I 75. 34

Am frühen englischen Pressewesen war eine Reihe von Frauen sowohl als Verlegeriniien als auch als Verfasserinnen beteiligt, wobei die ersten Herausgebcrinnen sich zunächst keineswegs auf die Unterrichtung ihres eigenen Geschlechts konzentrierten.4" Da die Forschung zu den englischen Zeitschriften des 18. Jahrhunderts noch relativ am Anfang steht, sind zahlreiche Pseudonyme bislang nicht entschlüsselt, die Ergebnisse zu weiblichen Redakteuren und Mitarbeitern daher nur vorläufig. 1705 soll eine Buchdruckerwitwe mit Namen Malthus die Zeitschrift Wandering Spy herausgebracht haben, die jedoch sogleich wieder einging. Kurz nach den ersten Nummern des prominenten Taller erschien 1709 ein Female Tatler, geschrieben von einer fiktiven »Mrs. Crackenthorpe«, hinter der sich die skandalumwitterte Schriftstellerin Mary de la Riviere Mauley verbarg. Sie zog das Blatt nicht vorrangig als weibliche Entgegnung auf das namengebende Blatt Steeles, sondern als ein bissiges Satireorgan der Tories auf. 41 Mit ihren Schlüsselerzählungen, in deren fiktivem Personal unschwer Mitglieder des Hofes und des Parlaments mit ihren angeblichen Intrigen wiedererkannt werden konnten, zog sie sich Verleumdungsklagen und eine Verhaftung zu. Dies steigerte einerseits die Auflage, veranlaßte sie aber andererseits, den Female Tatler an eine »Society of Modest Ladies« abzugeben. 1711 übertrug ihr Jonathan Swift die Redaktion seines streitbaren satirischen Examiner, mit dem sie erneut politisch aneckte. Mary Manley zog sich daraufhin von der politischen Polemik zurück und schrieb in Zukunft sentimentale Liebesgeschichten, mit denen sich dauerhafterer Gewinn erzielen ließ.42 Auch auf der Seite der Whigs fand sich gut 25 Jahre später eine politische Publizistin. 1737 brachte die Aristokratin

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Die Buchdruckerinnen und Besitzerinnen von Zeitschriftenunternehrnen sowie die zahlreichen Frauen, die bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts als Verlegerinnen und Straßenverkäuferinnenam Vertrieb der politischen Londoner Tagespresse beteiligt waren und deswegen oftmals verhaftet wurden, bleiben hier außer Betracht. Vgl. dazu Margaret Hunt: Hawkers, Bawlers, and Mercuries: Women and the London Press in the Early Enlightenment, in: Women and History 9 (1984), S.41 -68, Zu den Journalistinnen siehe außer Adburgham den stark heroisierenden und die Frauen für den »Feminismus« vereinnahmenden Aufsatz von Nina Rattner Gelbart: Frauen als Journalistinnen, in: Arlette Farge/Nata!ie Z. Davis (Hg.): Geschichte der Frauen, Bd. 3: Frühe Neuzeit (dt. Fassung), Frankfurt/ M., New York 1994, S.441 -459. 41 Steele sympathisierte im Gegensatz zu Mary Manley mit den Whigs. Die beiden waren befreundet, entzweiten sich aber immer wieder über den Parteikämpfen und ließen wiederholt abfällige Bemerkungen oder böse Witze über einander in ihre Schriften einfließen. Inwieweit der Female Taller diese private Fehde zum Hintergrund hatte, wurde in der Forschung bislang nicht erörtert. Gwendolyn Needham, die 1948 die politische Publizistik Manleys untersuchte, war damals noch nicht bekannt, daß man Manley auch den Female Tatler zuschrieb. Gwendolyn B. Need harn: Mary de I a Riviere Manley, Tory Defender, in: The Huntington Library Quarterly 12 (1948/49), S.253-288. 42 Ihr erster Schlüsselroman, der für großen politischen Wirbel sorgte und ihr den Ruf einer verleumderischen Klatschbase eintrug, hieß Secret Memoirs and Manners of Several Persons ofQualiliy, of Both Sexes, From the New Atalantis und erschien 1709. Als sich Mary Manley später harmloser Unterhaltungsliteratur zuwandte, bezeichnete sie politische Parteilichkeit ausdrücklich als ein für Frauen ungeeignetes Geschäft. Needham, S. 288; Adburgham, S. 57-63; Gelbart: Journalistinnen, S.443/444.

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Lady Mary Wortley Montagu mit Nonsense of Comtnonsense anonym eine regierungstreue Antwort auf das populäre Oppositionsblatt der Tories Commonsense heraus. Anders als Mary Manley bemühte sie sich ausdrücklich um Seriosität und verzichtete bewußt auf politischen Klatsch und persönliche Diffamierungen der Gegner, Von der siebten Nummer an widmete sie sich sogar ausschließlich moralischen Fragen, weil die Politik ein so schmutziges Geschäft sei. Damit öffnete sie das Blatt zugleich für Klagen über vernachlässigte Mädchenbildung und weibliche Ausschweifung.4-1 Ausdrücklich an den weiblichen Teil des Publikums wandte sich zuerst - nach der oben bereits erwähnten, eventuell von Richard Stecle erfundenen Mary Wray mit ihrer später ins Deutsche übersetzten Ladies' Library aus dem Jahr 1714 - die wohl bekannteste und umtriebigste englische Journalistin des 18. Jahrhunderts, Eliza Haywood. Auch sie hatte vermutlich zunächst »allgemeine« Journale verfaßt; die Wochenschriften Tea Table (1724) und The Parrot (1728), erschienen unter dem Pseudonym »Mrs. Penelope Prattle«, werden mitunter ihr zugeschrieben. 44 Und auch sie mischte sich zu Beginn ihrer Publikationstätigkeit mit polemischen Enthüllungsschriften in die hitzigen Debatten der politischen Parteien und zog sich damit giftige Attacken der Tory-Sympathisanten Pope und Swift zu. Als sie sich nach einer langjährigen Pause 1744 mit der Monatsschrift The Female Spectator zurückmeldete, war von ihrer früheren politischen Streitbarkeit nichts mehr zu spüren. Sie griff das inzwischen in England schon fast überholte Konzept der moralisierenden Periodika wieder auf und inszenierte sich als eine bekehrte leichtlebige Gesellschaftsdame, die nun die herrschenden Unsitten öffentlich brandmarken wolle. Zu ihrer Unterstützung versammelte sie drei fiktive Assistentinnen um sich, die als hübsche Jungfrau, glückliche Ehefrau und weise Witwe die verschiedenen weiblichen Lebensalter ideal verkörperten, und behauptete, daß »Spione« ihr aus allen großen europäischen Städten Meldungen über Fehlverhalten zutrügen. Das Blatt war recht erfolgreich, es bestand 24 Monate, erlebte sieben Neuauflagen und wurde in zahlreiche europäische Sprachen übersetzt, 45 Im An41

Adburgham, S. 86-92. Bekannt wurde Lady Montagu vor allem durch ihre Reisebriefe aus dem Orient und ihr Engagement für eine Pocken-Schutzimpfung. Vgl. Kap. V.2. sowie Claudia Opitz: Kulturvergleich und Geschlechterbeziehungen im Zeitalter der Aufklärung aus weiblicher Sicht: Lady Wortley Montagus Briefe aus dem Orienten'. Christiane Eifert/Angelika Epple/Martina Kessel/Marlies Michaelis/Claudia Nowak/Katharina Schicke/Dorothea Weltecke (Hg.): Was sind Frauen? Wassind Männer? Geschlechterkonstruktionen im historischen Wandel, Frankfurt/M. 1996, S. 156-175; Ingrid Kuczynski: Reisende Frauen des 18, Jahrhunderts: »a nonconformist race«?, in; Feministische Studien 13 (l 995), Nr. l, S. 22-34, "" Adburgham, S. 77/78; Stearns, S. 50/51. 45 Zum Female Spectator vgl. Eberhard Einhoff: E manzipa torische Aspekte im Frauenbild von The Review, The Spectator und The Female Spectator, Frankfurt/M,, Bern, Cirencester 1980, S.84-139; Heiene Koon: Eliza Haywood and the Female Spectator, in: The Huntigton Library Quarterly 42 (1978/79), S.43-55; Adburgham, S.95-l04; Shevelow, S, 167174; White, S.28; Gelbart: Journalistinnen, S,445/446. Während Eberhard Einhoff zeigt, daß Eliza Haywood sich zwar vornehmlich an ihr eigenes Geschlecht wandte, hin und wieder jedoch auch ausdrücklich Männer ansprach und immer für gegenseitige Anerkennung und Hochschätzung warb, stilisiert Helene Koon den Female Spectator zürn Entwurf einer 36

schluß gab Eliza Haywood vermutlich noch weitere Journale heraus, so erneut eine Wochenschrift The Parrot (1746), die Epistles for the Ladies (1749/50) und eventuell auch noch kurz vor ihrem Tod das Blatt Young Lady (1756), Ansonsten nennt die Forschung für die Jahrhundertmitte noch drei weitere eigenständige Verfasserinnen von Frauenzeitschriften, nämlich Penelope Pry mit dem Lady's Weekly Magazine von 1747, (wobei der Name mir nach einem Pseudonym klingt), die Dramatikerin und Romanschriftstellerin Frances Moore, die kurz vor ihrer Heirat 1755/1756 als »Mary Singleton, Spinster« die Wochenschrift Old Maid publizierte, sowie schließlich Charlotte Lennox 1760 mit dem monatlich erscheinenden Lady's Museum. Das Blatt wollte die Frauenbildung vorantreiben, empfahl aber eine Beschränkung auf gefällige Gegenstände aus Geschichte, Naturkunde und Philosophie, damit den Frauen ihr weiblicher Charme nicht abhanden komme, Charlotte Lennox griff eine damals gerade neue Idee auf und veröffentlichte vor dessen Drucklegung ihren dritten Roman im Lady's Museum in Fortsetzungen. Ihr Blatt soll sich vor allem in seiner literarischen Qualität positiv von anderen Frauenzeitschriften abgehoben haben.46 Zu dieser Zeit hatten sich auf dem Markt der unterhaltenden Periodika die Magazine bereits gegenüber den moralisierenden Schriften durchgesetzt, belletristische Texte waren ein fester Bestandteil geworden. Daneben spielte Mode allmählich eine größere Rolle, Modekupfer und Handarbeitsmuster wurden zu. üblichen Beigaben. Inhaltlich ganz ähnlich komponierte, aber nur noch jährlich erscheinende Taschenbücher machten den Frauenzeitschriften Konkurrenz. Immer mehr Blätter wandten sich jetzt dem Titel oach an beide Geschlechter, zugleich gingen aus der Vielzahl der Frauenzeitschriften einige wenige als äußerst langlebige Erfolgsblättcr hervor, 47 Frauen waren an diesen Zeitschriften zwar noch als Beiträgerinnen beteiligt, sogar in wachsender Zahl, einen selbständigen weiblichen Herausgeber aber hat es im 18. Jahrhundert nach 1760, als in Deutschland die Zeit der Frauenzeitschriften überhaupt erst begann, in England wohl nicht mehr gegeben.48 weiblichen Gegenwelt zum männlichen Spectator. Eine solche Interpretation verfehlt das Anliegen aller moralischen Wochenschriften, die Sitten ihrer Zeit insgesamt zu verbessern. Einhoff, bes. S. 93/94; Koon, bes. S. 45, Att Adburgham, S. 104/105 (zu Penelope Pry), S. 115-519 (zu Frances Moore und Charlotte Lennox). Die Verfasserin »Caroline A. Stanhope« des Lady's Magazine 1759-1763 hält Adburgham hingegen für höchstwahrscheinlich vorgetäuscht, S. 121. Zu Charlotte Lennox und dem Lady's Museum vgl. auch Shevelow, S. 151/152 und S. 180-188. Die Herausgeberin der Old Maid führt Shevelow unter dem Narnen Frances Moore Brooke, S. 151. 47 Am bekanntesten wurden im späten 18. und frühen 19, Jahrhundert The Lady's Magazine (seit 1770, der Titel wurde immer wieder für neue Blätter verwendet), The Lady's Mvnthly Museum (seit 1798) und La Belle Assembles (seit 1806), die sich 1832 zum Lady's Magazine & Museum of Belles Leilres zusammenschlössen und bis 1847 fortbestanden. Sie verfolgten offenbar alle noch ein relativ bescheidenes Frauenbildungsprogramrn, das sie für vereinbar mit den weiblichen Pflichten hielten. Selbst dieser Anspruch ist dann in viktorianischerZeit aufgegeben worden, wobei Frauen nach 1832 durchaus wieder als selbständige Herausgeberinnen der nun streng auf Fragen der Häuslichkeit beschränkten Frauenmagazine in Erscheinung traten. White, S.33-41; Adburgham, S. 128-272; Shevelow, S. 186190. 4ii The Lady's Monthly Museum soil von einer »Society of Ladies« herausgegeben worden

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Recht anders verlief die Entwicklung in Frankreich. Hier hat es vor der Revolution von 1789 nur eine einzige Frauenzeitschrift gegeben, das Journal den dames, das zwar nicht von einer Frau begründet, aber in seiner langen Erscheinungszeit von 1759 bis 1778 neben sechs männlichen auch von drei weiblichen Redakteuren geleitet wurde.49 Außerdem finden sich im Ancien Regime fünf Frauen, die vermutlich selbständig eine »allgemeine« Zeitschrift verfaßten, sowie einige weitere, die Beiträge für Journale schrieben oder Zeitungen verlegten, 5 " Die erste eigenständige Herausgeberin war Anne-Marguerite Dunoyer. Sie übernahm von 1711 bis 1719 die Redaktion der Quintessence des nouvelles historiques, critiques, politiques, morales et galantes, einer offenbar recht populären, abenteuerlichen Mischung aus verschiedensten Nachrichten, Sensationsmeldungen und Erfundenem. Sie handelte sich in ihrem Leben etliche Beleidigungsklagen ein, so unter anderem auch mit der Übersetzung des skandallüsternen Schlüsselromans New Atalantis ihrer englischen Kollegin Mary de la Riviere Manley.51 Nur unregelmäßig erschien 1714 und erneut 1722 anonym die Literaturzeitschrift Les Saisons litteraires, die vermutlich von Marie Anne Barbier verantwortet wurde. Eine dritte Herausgeberin, die bereits genannte Jeanne-Marie Le Prince de Beaumont, veröffentlichte ihre französischen Journale in London, wo sie als Gouvernante und Autorin von Erziehungsschriften arbeitete.

sein, von der jedoch bis heute keine namentlich bekannt ist. Vielmehr scheint der in späteren Ausgaben auf Leserpost antwortende Herausgeber ein Mann gewesen zu sein (Adburgham,S.210-217). Leider gibt es bis auf eine pauschale Domestizierungsthese bei Gelbart in der Forschung bisher keinen Erklärungsansatz für dieses Verschwinden selbständiger Frauen aus der englischen Zeitschriftenpublizistik. Journal des Darnes< and its Female Editors; Politics, Feminism, and Censorship in the Old Regime Press, in: Jack R. Censer/ Jeremy D. Popkin (Hg.): Press and Politics in Pre-Revolutionary France, Berkeley, Los Angeles 1987, S.24-74; dies.: Journalistinnen. Adolf Dreslers Arbeit von 1936 wird nirgends rezipiert, mehrere Journalistinnen und ihre Presseunternehmungen fallen damit aus der neueren Forschung heraus. so Die Quellen- und Forschungslage zur französischen Presse im 18. Jahrhundert ist nicht günstig. Von vielen Blättern ist nur ein Prospekt überliefert, ältere Bibliographien können somit schwerlich überprüft und die verantwortlichen Herausgeber in vielen Fällen nicht mehr festgestellt werden. So führen denn Evelyne Sullerol und Suzanna van Dijk in ihren Zeitschriftenlisten mehr Perioika auf, als sie einsehen konnten. Die Beteiligung von Frauen ist vielfach spekulativ, insbesondere läßt sich kaum mehr entscheiden, ob eine Frau nur als Autorin oder wirklich als Herausgeberin wirkte, und in welchen Fällen es sich um eine fiktive Verfasse r fig u r handelt. Suzanna van Dijk hat für das Ancien Regime 18 an Presseunternehmungen beteiligte Frauen ermittelt, von denen drei Verlegerinnen oder Druckerinnen waren (van Dijk, S. 12/13, sowie die Appendices I-III, S.292-295). Unberücksichtigt bleiben in ihrer Arbeit die Begründerinnen und Redakteurinnen handgeschriebener Brief-Zeitungen im Kreis der Pariser Salons, von denen Adolf Dresler berichtet {Dresler, S. 50-56). 51 Gelbart: Journalistinnen, S.447-449. 38

In der französischen Presseforschung wird ausschließlich ihr Nouveau magaiin franfais (1750-1752) erwähnt, nicht aber ihr populäres Magazin des enfanis (1757) oder ihr auch in Deutschland vertriebenes Magazin des jeunes dames (1763/64).52 Am meisten Beachtung findet in der Forschung zur französischen Frauenpresse das Journal des domes, das, 1759 von einem männlichen Anhänger des Absolutismus als galante Hommage an die Frauen der höheren Stände begründet, 1778 schließlich als ein Oppositionsorgan endete. Dazwischen führten von 1761 bis 1764 und nach einer vorübergehenden Einstellung des Blattes erneut 1774/1775 Frauen das Journal?* Die erste Herausgeberin, Mme de Beaumer, machte bei ihrer Übernahme aus dem harmlosen Unterhaltungsjournal eine ernsthafte, durchaus anspruchsvolle Frauenzeitschrift. Sie trat äußerst selbstbewußt auf und verkündete, den Ruhm ihres eigenen Geschlechts verbreiten zu wollen. Sie forderte eine wissenschaftliche Frauenbildung ohne Pedanterie, kritisierte Einschränkungen und Behinderungen von Frauen durch Männer und formulierte den Gedanken der Rechtsgleichheit. Daneben warb sie für republikanische Freiheiten. Auch Catherine-Michelle de Maisonneuve, ihre Nachfolgerin, ging von einer Gleichheit der Geschlechter aus, zeigte sich jedoch gemäßigter und diplomatischer. Da das Blatt verdächtigt wurde, mit der Fronde zu sympathisieren, wurde es 1764 verboten. Zehn Jahre später brachte Marie-Emilie de Montanclos das Journal des dames erneut auf den Markt. Sie verfügte aus der Zeit ihrer Ehe mit dem deutschen Baron von Prinzen über Verbindungen zu Hofkreisen und widmete das Blatt der Kronprinzessin Marie-Antoinette, In ihren Artikeln lobte sie die Verdienste von Frauen in Wissenschaften und Künsten, propagierte aber zugleich mit Rousseau ein mütterliches Weiblichkeitsideal, 1775 verkaufte sie das Journal an Louis Sebastien Mercier, einen Sprecher der Absolutismus-Opposition. Noch zwei weitere Frauen traten im Ancien Regime als Herausgeberinnen hervor, nämlich Charlotte dOrmoy 1778/1779 mit dem Journal de Monsieur und Adelaide Dufresnoy mit der literarischen Zeitschrift Courier lyrique et amüsant, die von 1785 bis 1789 bestand. Weniger erforscht als die Beteiligung von Frauen am vorrevolutionären französischen Pressewesen ist ihr Anteil an den Periodika der Revolutionsjahre. 54 Zunächst 52

Patricia A. Clancy. A French Writer and Educator in England: Mme Le Prince de Beaumont, in: Studies on Voltaire and the Eighteenth Century 201 (1982), S. 195-2Ü8. Zu dem in deutscher Übersetzung verschollenen Magazin den jeunes dames und seiner Herausgeberin vgl. Kap. 11.3. ·" Der Anteil der Frauen an dieser Politisierung wird in der Forschung höchst unterschiedlich eingeschätzt. Während van Dijk zu dem Schluß kommt, der Redakteur Mercier habe das Blatt für seine politischen Zwecke an sich gerissen, unterstellt Gelbart den Frauen in ihrer heroisierenden Darstellung geradezu eine subversive Strategie; »Sie bewirkten die Veränderung von einem belanglosen Blättchen zu einem ernstzunehmendcn Oppositionsorgan. [..,] Die Herausgeberinnen repräsentieren mithin eine wichtige Übergangsphase in der Entwicklung des Journal des Dames, sie verwandelten es von einem politisch konformistischen rien delicieux zu einem Stäche! im Fleisch der Regierung und gaben es schließlich in die Hände von Männern mit revolutionären Sympathien.« Gelbart: Journalistinnen, S.449/ 450. 54 Suzanna van Dijks Studie endet hier, und Nina Rattner Gelbart spekuliert vage, daß die 39

einmal gab es da das Bulletin oder Journal des journaux einer gewissen Madame de Beaumont, die nicht identisch gewesen sein kann mit der Erziehungsschriftstellerin Jeanne-Marie Le Prince de Beaumont, da diese 1780 verstarb. Bei dem dreimal wöchentlich herauskommenden Periodikum handelte es sich um eine Art Pressespiegel, der bereits seit 1780 handgeschrieben existierte und ab Ende 1789 gedruckt erscheinen durfte. Aus verschiedensten Zeitungen und Flugschriften wurden Nachrichten und Kommentare zusammengestellt sowie die Dekrete der Nationalversammlung veröffentlicht, wobei die Redakteure sich ihrem Selbstverständnis nach einer eigenen Meinungsäußerung enthielten. Weil das Blatt im Rahmen dieser angeblich unparteiischen Konfrontation verschiedener Texte nach dem Sturz des Königs noch Stellungnahmen für die Monarchie präsentierte, hält Adolf Dresler es für ein sehr gewagtes Unternehmen. 55 Die heute noch am ehesten bekannte Zeitschriftenherausgeberin der Revolutionszeit ist Louise Felicite Guynement de Keralio, später verheiratete Robert, eine begeisterte Anhängerin der Revolution. Ab August 1789 ließ sie ihr Wochenblatt Journal d'Etat et du Citoyen erscheinen und stellte es unter das Motto »Vivre libre ou mourir«. 1790 widmete sie es der Bürgermiliz.56 Es wurden darin Fragen der Verfassung, des Natur- und Völkerrechts sowie der Nationalökonomie erörtert, zugleich berichtete das Blatt über politische Entwicklungen im Ausland, insbesondere in England und den Vereinigten Staaten von Amerika. Nach 32 Nummern nannte sich das Journal auch Mercure national, Titel und Redaktion wurden in der Folgezeit - zum Teil nach der Fusion mit anderen Journalen - noch mehrfach verändert. Ab Juli 1791 erschien Louise Roberts Name nicht mehr unter den verantwortlich zeichnenden Herausgebern.57 In Avignon soll die Postdirektorin Mile Leblanc von Januar 1790 bis August 1792 einen Courrier d'Avignon publiziert haben, mit einer mehrmonatigen Unterbrechung, weil der Stadtrat ihr vorübergehend das Besitzrecht absprach. Am 18. August 1792 wurde das Blatt schließlich verboten und öffentlich verbrannt. 58

Revolution ein »zunehmend unfreundliches Klima für Journalistinnen« mit sich gebracht habe (Gelbart: Journalistinnen, S, 157). Lediglich Adolf Dresler und Evelyne Suiterot widmen der Revolutionspublizistik wenige Seiten (Drester, S. 53-59; Sullerot, S,59/60). 55 Dresler ist der einzige, der (in deutscher Übersetzung) aus Prospekten des Bulletins zitiert und offenbar noch verschiedene Ausgaben einsehen konnte. Er geht davon aus, daß Mme de Beaumont viele Mitarbeiter hatte, aber selbst die Hauptarbeit leistete (Dresler, S. 5356). Evelyne Sullerot war das Blatt nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr zugänglich. Sie erwägt, daß Mme de Beaumont eine fiktive Person gewesen sein könnte (Sullerot, S. 59/60). 55 Dresler, S.56-58; Sullerot, S.59/60. " Zu Louise Felicite de Keralio vgl, Helga Grubitzsch/Dorothea Mey/Ingeborg SingendonkHeublein (Hg.): Frauen in der Französischen Revolution (Katalog), Paderborn 1989, S.78. Hier heißt es, daß sie die Zeitschrift, zuletzt unter dem Titel Revolutions de l'Europe, zusammen mit ihrem Mann bis 1794 herausgegeben habe. Dann hätten die beiden das Blatt wegen Terror und Zensur einstellen müssen. SK Die Zeitschrift trug zuerst den Titel Journal politiqued'Avignon, über ihren Inhalt und ihre politische Ausrichtung ist nichts näheres bekannt. Erwähnt wird sie lediglich von Dresler, S. 58/59.

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Neben dieser »allgemeinpolitischen« Publizistik von Frauen soll in den ersten Revolutionsjahren eine feministische Presse entstanden sein, die dann im Verlauf der Revolution schon bald wieder unterdrückt wurdet Evelyne Sullerot, die sich bisher als einzige näher mit diesen periodischen Schriften beschäftigt hat, konnte 1966 nur noch wenige Anzeigen und Einzelexemplare auffinden, so daß heute keine einzige Herausgeberin mehr zu identifizieren ist und die Inhalte dieser Frauenzeitschriften weitgehend unbekannt sind. Schon seit 1787 waren in Frankreich Broschüren aufgetaucht, die Forderungen von Frauen nach besserer Bildung, einem Verfügungsrecht über eigenen Besitz und ein Recht auf Scheidung erhoben. Diese Flugschriften wurden in den Jahren 1789/1790 zum Ausgangspunkt für gleich mehrere Zeitschriftengründungen. Angeblich von Frauen verfaßt, erschienen nun mindestens vier Blätter, die die frauenpolitischen Forderungen wiederholten. Eine dieser Zeitschriften, Le Veritable Ami de la Reine ou Journal des Dames, vermutlich das Organ eines Frauenclubs, zitierte im Titel die berühmte Vorgängerin aus dem Anden Regime und grenzte sich in ihrem Programm zugleich entschieden ab: Früher habe man die Damen amüsieren wollen, jetzt lege man den Staatsbürgerinnen dagegen eine patriotische Schrift vor, die sie befähigen werde, freie Männer zu erziehen.wl Keine dieser revolutionären Frauenzeitschriften hat lange bestanden, egal welchem politischen Lager sie sich zuordnete. Überhaupt wurden nach dem Verbot der Fraucnclubs im Oktober 1793 die Chancen für Frauen, sich publizistisch zu betätigen, erheblich schlechter. Bis zum Ende des Jahrhunderts kam in Frankreich keine neue Frauenzeitschrift heraus, und keine weitere Frau trat mehr als selbständige Herausgeberin an die Öffentlichkeit/ 1 Weder in England noch in Frankreich erschienen im 18. Jahrhundert so viele Frauenzeitschriften wie im deutschsprachigen Raum. Zugleich beschränkten sich in diesen Ländern schreibende Frauen aber auch längst nicht so eindeutig auf die mehr oder weniger schöngeistige Unterhaltung und Belehrung ihres eigenen Geschlechts. Von den wenigen selbständigen Herausgeberinnen mischten sich etliche in politische Auseinandersetzungen. Dabei zeigt sich dieses Engagement am ehesten in Phasen politischer Aufbruchsstimmung und reger Parteikämpfe, während in der darauffolgenden Reaktion Frauen regelmäßig wieder auf ihre Plätze verwiesen

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SulJerot, S.47-54; Paule-Marie Duhet: Les femmes et !a Revolution 1789-1794, Paris 1971,5.92-96. NI Sullerot, S. 50-52. Die anderen von Sulferot bibliographisch ermittelten Titel lauten: La Feuille du Soir, Les Etrennes Nationales des Domes, Les venemems du Jour und Les Annales de l'Education du Sexe. *' Zur Verdrängung der Frauen aus der politischen Öffentlichkeit vgl. Landes: Women and the Public Sphere in the Age of the French Revolution; Claudia Opitz: »Die vergessenen Töchter der Revolution« - Frauen und Frauenrechte im revolutionären Frankreich 17891795, in: Grubkzsch/Cyrus/Haarbusch (Hg.), S. 287-312; dies.: Der Bürger wird Soldat und die Bürgerin? Die Revolution, der Krieg und die Stellung der Frauen nach 1789, in: Schmidt-Linsen hoff (Hg.). S. 38-54; Marieluise Christadler: Von der Tribüne aufs Schafott. Frauen und Politik 1789-1795, in: dies.; (Hg.): Freiheit,Gleichheit, Weiblichkeit. Aufklärung, Revolution und die Frauen in Europa, Opladen 1990, S. 19-35. 41

werden. Auch in Deutschland läßt sich dieses Phänomen beobachten, allerdings erst in der Revolution von 1848/49, Sie rief zunächst mehrere Publizistinnen auf den Plan und ging mit einem Gesetz, welches Frauen die verantwortliche Redaktion und Herausgabe von Zeitschriften verbot, zu Ende,62 Im 18. Jahrhundert erblickten deutsche Frauen mit publizistischen Ambitionen ihre Aufgabe dagegen vor allern darin, Leserinnen mit ihrer angeblich natürlichen Bestimmung vertraut zu machen. Als Lehrerinnen ihres eigenen Geschlechts fanden sie ihr Publikum und eine durchaus wohlwollende Literaturkritik. Die deutschen Frauenzeitschriften und die Beteiligung von Frauen am deutschsprachigen Pressewesen des 18. Jahrhunderts sind bibliographisch recht gut erforscht, wurden jedoch bisher nur selten und lediglich an wenigen prominenten Beispielen aus geschlechtergeschichtlicher Perspektive genauer analysiert. Die Frage nach der Entstehung einer weiblichen Öffentlichkeit wurde dabei entweder gar nicht erst gestellt oder nicht näher konkretisiert. Eine systematische Inhaltsauswertung in Verbindung mit einer Untersuchung von Produktion und Vertrieb sowie einer Rekonstruktion der Leserschaft und der zeitgenössischen Rezeption steht bisher noch aus. Die ältere Literaturwissenschaft konzentrierte sich auf die vermeintlich überzeitlich gültige hohe Kunst der männlichen Schriftstellergrößen und ignorierte die Gebrauchs- und Unterhaltungsliteratur des 18. Jahrhunderts weitgehend. Sie unterschätzte damit die Bedeutung des periodischen Schrifttums für die Aufklärung und die Ausbildung einer literarischen Öffentlichkeit ganz erheblich. Zudem verfiel die Frauenliteratur fast ausnahmslos dem Verdikt, sie sei lediglich seichte Trivialliteratur für ein anspruchsloses Publikum ohne künstlerischen und damit auch ohne literaturgeschichtlichen Wert. Symptomatisch für diese Haltung ist die Dissertation von Hugo Lachmanski über die deutschen Frauenzeitschriften des 18, Jahrhunderts aus dem Jahr 1900. Zwar würdigte Lachmanski eingangs die Literatur von Männern für Frauen als eine verdienstvolle pädagogische Bemühung, der es zuzuschreiben sei, daß am Ende des Jahrhunderts so viele Frauen selbst literarisch tätig geworden seien. In seinen geringschätzigen, oft sarkastischen Urteilen über einzelne Periodika diente ihm dann aber nicht der Bildungsgehalt, sondern ausschließlich der ästhetische Beitrag zu einer deutschen Nationalliteratur zum Maßstab.63 Mit dem klassischen Ideal autonomer, zweckfreier Kunst verachtete Lachmanski jegliche Didaxe und moralische Belehrung und entdeckte literarischen Wert allein in gelungenen poetischen Beiträgen. Die rein literarischen Zeitschriften - am besten noch für ein gemischtes Publikum - fanden vor seinen Augen daher am ehesten Gnade. Im w

Der Paragraph des sächsischen Pressegesetzes, der Frauen Ende 1850 Herausgabe und Redaktion von Presseerzeugnissen verbot, richtete sich gezielt gegen Louise Otto und ihre Frauen-Zeitung. Louise Otto stellte ihr Blatt zunächst ein, brachte es dann aber bereits gut einen Monat später für weitere eineinhalb Jahre im liberaleren Thüringen heraus. Vgl. Gerhard: Anfänge, S. 217/218; dies.: Unerhört, S,64/65; dies./Hannover-Drück/SchmiUer (Hg.), S.24/25; Wischermann, S.49/50. 63 Lachrnanski. Wie in vielen älteren Arbeiten findet sich auch hier die Einschätzung, »die Frauen« seien im 17. Jahrhundert sittlich und geistig verwahrlost gewesen und hätten erst mühsam durch Literatur kultiviert und gebildet werden müssen. Ebd., S.6/7.

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Fall der Iris und der Flora nahmen ihn allein schon die Namen berühmter Beiträger für die Blätter ein. Weiblicher Autorschaft maß er nach eigenem Bekunden keine große Bedeutung bei, wenn er allerdings Texte von Frauen kommentierte, schlugen seine unterschwelligen Vorurteile nicht selten in offene Harne um.64 Mehr Beachtung und eine sachlichere Beurteilung fanden die Frauenzeitschriften dann in der frühen deutschen Presseforschung in den dreißiger und vierziger Jahren unseres Jahrhunderts. In diesem Rahmen entstanden unter anderem drei Dissertationen von Wissenschaftlerinnen, die sich insbesondere für die von Frauen verfaßten Zeitschriften interessierten. Diese Arbeiten sind zwar sprachlich mitunter reichlich blumig und in ihrer Frage nach dem »publizistischen Gestaltungswillen« einer Herausgeberin deutlich überholt, sie sind jedoch inhaltlich nicht dezidiert dem Nationalsozialismus verpflichtet.^ Mit Abstand am ergiebigsten und bis heute mit ihrer umfassenden bibliographischen Recherche immer noch Grundlage für weitere Forschungen ist die Arbeit von Edith Krull, die nicht nur alle ihr zugänglichen von Frauen herausgegebenen Zeitschriften gelesen und bearbeitet, sondern auch ca. 150 nicht-gelehrte Journale des 18. Jahrhunderts auf weibliche Mitarbeit hin durchgesehen hat. Auf diese Weise rekonstruiert sie umfangreich publizistische Frauenarbeit und veranschaulicht diese durch zahlreiche Quellenzitate, wohingegen die Interpretation oft recht knapp ausfällt und nicht sonderlich aussagekräftig ist. Etwas schematisch ordnet Krull die verschiedenen Autorinnen und Periodika entweder der Gelehrsamkeit oder der Empfindsamkeit zu, wobei ihre Als einzige von einer Frau herausgegebene Frauenzeitschrift bezog Lachmanski die Pomona in seine Darstellung ein und bescheinigte ihr banale Mittelmäßigkeit (vgl. Kap. II.2.3). Beiträge von Frauen beurteilte er mit unüberhörbarer Herablassung. Gottscheds »Frauenförderung« hielt er für übertrieben und machte den »Leipziger Damenapostel« implizit für die wachsende, wie er meinte, minderwertige Frauenliteratur verantwortlich (Zitat ebd., S. 16). Die Dissertation von Eliza Ichenhaeuser; Die Journalistik als Frauenberuf, Berlin, Leipzig 1905, kann hier unberücksichtigt bleiben, da die Verfasserin erst mit der Frauenbewegungspresse des 19. Jahrhunderts einsetzt und für die Zeit davor lediglich von wenigen »Redaktricen« zu berichten weiß (S.4). Josefine Trampler-Steiner: Die Frau als Publizistin und Leserin. Deutsche Zeitschriften von und für Frauen, Diss. München, Freiburg i.Br. 1938; Krull; Francis Ising: Entwicklung und Wandlung des Typs der Frauenzeitschrift. Von den Anfängen bis heute. Mit einer Gesamtbibliographie, Diss, Münster 1943, Die Bibliographie von Ising endet 1930 mit Zeitschriften sowohl der bürgerlichen als auch der sozialistischen Frauenbewegung, die nationalsozialistischen Blätter werden nicht erwähnt. (Hinter dem Namen des Wiener Publizisten Josef von Sonnenfels vermerkte sie kommentarlos: »(Jude)«, S,38). Auch Trampler-Steiner nennt die Periodika der alten Frauenbewegung ganz sachlich. Bei ihr findet sich eine etwas undurchsichtige Passage, in der sie konstatierte, daß die »Ansprüche der Volksgemeinschaft« sich nun auch auf die Lektüre der Frauen erstreckten. Offenbar in kritischer Absicht fügte sie in Klammern hinzu: »Und ganz nebenbei [...] darf gesagt werden, daß die Werteordnung des Nationalsozialismus sich den Frauen innerhalb der Bücherwelt solange nicht restlos erschließen wird, als diese Bücher Männerbücher sind!« (S. 94). Trampler-Steiner ging von einer klaren angeborenen Geschlechterdifferenz aus und hielt es insofern für kein Unglück, daß Frauen in den politischen Ressorts der nationalsozialistischen Presse nicht vertreten waren (S,67). Lobend erwähnte sie die nach 1933 fortbestehende Zeitschrift Die Frau von Gertrud Bäumer (S. 58). 43

Sympathien deutlich bei der frühaufklärerischen Verstandesbetonung liegen und sie Empfindsamkeit bereits für einen Niedergang der Aufklärung hält, obwohl wie sie konstatiert - gerade der Gefühlskult des späteren 18. Jahrhunderts so viele Frauen überhaupt erst ins literarische Geschäft brachte.66 Im Gegensatz zur Literaturwissenschaft würdigt sie insbesondere die Sachtexte und verweist immer wieder auf das Selbstbewußtsein von Frauen, sich öffentlich zu exponieren und unter Umständen kritisch zu äußern. Reichlich unsystematisch und oberflächlich bleibt dagegen die Dissertation von Josefine Trampler-Steiner, die ein Jahr vor Knalls Arbeit erschien und den Bogen vom Mittelalter bis zur Gegenwart spannt. Die Ausführungen zu Publizistinnen Im 18. Jahrhundert beruhen offensichtlich nicht auf eigener Quellenlektüre, sondern wurden von der Verfasserin aus der Arbeit Lachmanskis und der internationalen Geschichte des Frauenjournalismus ihres akademischen Lehrers Adolf Dresler zusammengestellt. 67 Auch die Dissertation von Francis Ising aus dem Jahr 1943 dehnt den Untersuchungszeitraum bis in die Gegenwart aus, legt aber einen Schwerpunkt auf das 18. Jahrhundert. Für diese Zeit unterscheidet auch Ising klar zwischen »Rationalismus« und »Irrationalismus«, wobei sie im Gegensatz zu Krull eher der Empfindsamkeit zuneigt, da sie davon ausgeht, daß diese Zeitströmung der »Natur« und dem »Wesen« der Frau in besonderem Maße entsprochen habe. Ihre Arbeit bietet eine verallgemeinernde Inhalts- und Stilanalyse der Frauenzeitschriften, wobei einzelne Blätter kaum charakterisiert werden. Ising begrüßt die selbständige Herausgeberschaft von Frauen seit 1779, da Frauen nun selbst ihre Belange vertreten und die Periodika noch dichter an den weiblichen Wirkungskreis herangeführt hätten. Als Fortschritt gelten ihr sowohl patriotische Aufrufe zu Wohltätigkeit und Mäßigung in den Frauenzeitschriften als auch die Begründung eines Haushaltsfachblatts zum Ende des Jahrhunderts. 68 Mit dieser relativ großen Zahl von Arbeiten fand der Journalismus von und für Frauen in der älteren Presseforschung eine Beachtung,69 die ihm danach in beiden deutschen Nachfolgestaaten zunächst längere Zeit nicht mehr zuteil wurde. In der DDR veröffentlichte allein Lore Mallachow 1951 einen äußerst knappen Überblick über die Geschichte der Frauenzeitschriften, in welchem sie auch die Blätter des 18. Jahrhunderts da-

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Den Gedanken, daß die spätaufklärerische Betonung der Geschlechterdifferenz Frauen zu Expertinnen für Belange ihres eigenen Geschlechts machte, greift Krull nicht auf. Sie sieht zum einen, daß die Empfindsamkeit Frauen gefühlvolle literarische Äußerungen zutraute, und schreibt zum anderen die wachsende Selbständigkeit von Publizistinnen einem Fortbestand des früheren Gelehrsamkeitsideals zu (Krull, bes. S.293-297.) Als verschollen galten Krull das Museum für Frauenzimmer und die Unterhaltungen in Abendstunden sowie die Vermischten Erzählungen und Einfalle und Die Frau Zuschauerinn. Frau und Presse* und >Frauenzeitschriften(, in: Walther Heide (Hg.): Handbuch der Zeitungswissenschaft, Bd. 1.2, Leipzig 1940, Sp. 1160- 69 und Sp. 1169-1177. 44

nach beurteilte, ob sie ihre Leserinnen Klassenbewußtsein gelehrt hätten.™ In der bundesrepublikanischen Presse forsch ung und Literaturwissenschaft wurden die Frauenzeitschriften zumeist nur am Rande erwähnt und wenig kenntnisreich kommentiert, 71 Obwohl die im 18. Jahrhundert so zahlreichen Periodika für Frauen von Joachim Kirchner inzwischen weitgehend bibliographisch ermittelt waren,72 wurden zunächst keine Arbeiten in Angriff genommen, die diesen Quellenbestand näher und unter neuen Fragestellungen analysiert hätten. Anders in Österreich, wo mehrere Dissertationen über die - allerdings sämtlich von Männern herausgegebenen - Wiener Frauenzeitschriften des 18, Jahrhunderts entstanden, die jedoch alle

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Obwohl sie nicht die Vorherrschaft der Feudalherren bekämpften, kommen Die Vernünftigen Tadlerinnen bei Mallachow noch einigermaßen glimpflich davon, weil der »junge Magister Gottsched« in diesem Blatt immerhin »Kritik am Dämchen des Barock« geübt habe. Von den Frauenzeitschriften weiblicher Herausgeber vor Louise Otto und Clara Zetkin war der Verfasserin nur die Pomona »dem Namen nach« bekannt, sie ordnete sie dem 19. Jahrhundert zu und bescheinigte Sophie von La Röche einen »nicht geringen Anteil« an der »fortschrittlichen Entwicklung ihrer Enkelin Bettina Brentano«. Generell hätten Frauenzeitschriften meistens dazu dienen sollen, »die Ablenkungspolitik der herrschenden Kreise von den wirklichen Problemen des Lebens zu unterstützen«. In der DDR würden nur deshalb weiterhin Schriften für Frauen angeboten, weil auch nach dem »Geschenk der Gleichberechtigung« das Bewußtsein der Frauen den Tatsachen noch weit hinterherhinke, Lore Mallachow: Von den »Vernünftigen Tadlerinnen« zur »Frau von heute«, Frauenzeitschriften spiegeln die gesellschaftlichen Wandlungen, in: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel (Leipzig) 118(1951), Nr.9, S. 108/109. 7! In dem lange als grundlegend geltenden, kompilatonschen Werk Joachim Kirchners tauchen Frauenzeitschriften unsystematisch unter den (vom Verfasser ohnehin gegenüber den gelehrten Journalen deutlich geringer geschätzten) Unterhaltungsblättern oder einzelnen Verlagsorten auf, ohne daß dieser Gattung oder dem Phänomen weiblicher Herausgeberschaft auch nur ein kommentierender Satz gewidmet würde, Wilmont Haacke fügte 1961 seinem Buch ein läppisches Kapitel über die Frauenzeitschrift bei, in welchem er reichlich albern und klischeehaft die Entwicklung des Geschlechterverhältnisses skizzierte und einige wenige Journale des 18. Jahrhunderts kurz vorstellte. Margot Lindemanns knappen Ausführungen zu Frauen im Pressewesen und zu Frauenzeitschriften fehlt eine breitere Quellenkenntnis und ein Vergleichsmaßstab. So gelangt sie zu Fehlurteilen, was etwa gängige Themen und Topoi anbelangt. Als pressegeschichtlich sehr viel brauchbarer erweist sich Jürgen Wilkes Geschichte der literarischen Zeitschriften von 1978, da sie systematisch Fragen nach dem literarischen Markt, den Produzenten und dem Publikum einbezieht. In sein Repertorium, in dem er eine Auswahl von Zeitschriften knapp porträtiert, hat Wilke allerdings nur die Iris, die Akademie der Grazien und die Pomona aufgenommen. Kirchner: Zeitschriftenwesen, Teil 1; Wilmont Haacke: Genesis und Wirkung der Frauenzeitschrift, in: ders,: Die Zeitschrift - Schrift der Zeit, Essen 1961, S, 157-177; Lindemann, S. 126-131 und S. 243-247; Wiike, hier bes. Bd.2, S. 100/101 und S, 118-128. 72 Joachim Kirchner: Die Grundlagen des deutschen Zeitschriftenwcsens, mit einer Gesamtbibliographie der deutschen Zeitschriften bis zum Jahre 1790, 2 Bde, Leipzig 1928-1931; ders.; Bibliographie der Zeitschriften des deutschen Sprachgebietes bis 1900, Bd. l, Stuttgart 1969. Daß regionale bibliographische Recherchen den Nachweis noch weiterer Frauenzeitschriften erbringen können, zeigen die kürzlich erschienenen ersten zwei Bände einer neuen, kommentierten Bibliographie zur Geschichte der deutschsprachigen Presse von Holger Böning und Emmy Moeps. 45

methodisch recht naiv bleiben.73 Erst die neue Frauenbewegung und die mit ihr entstehende Frauenforschung brach in der Bundesrepublik mit dem verbreiteten Desinteresse gegenüber dieser frühen weiblichen Gebrauchsliteratur. Seit den frühen achtziger Jahren erschienen mehrere Aufsätze und wenige Monographien überwiegend von Literaturwissenschaf tierinnen über die Zeitschriften sowohl für als auch von Frauen. Den Autorinnen ging es zunächst einmal darum, verschüttete Frauengeschichte und weibliche Kulturproduktion sichtbar zu machen. Darüber hinaus waren insbesondere die frühen feministischen Arbeiten davon geleitet, die Frauenfeindlichkeit des herrschenden Weiblichkeitsdiskurses aufzuzeigen, hatte der es doch anscheinend überhaupt erst ermöglicht, Frauen einen gleichberechtigten Zugang zur literarischen und politischen Öffentlichkeit vorzuenthalten und die Erinnerung an die wiederentdeckten Texte so weitgehend zu tilgen. Die Pionierarbeit Sabine Schumanns von 1980 konzentriert sich noch nicht wie fast alle folgenden Studien auf einige wenige bekannte Blätter. Auch untersucht Schumann nicht primär die Frauenzeitschriften weiblicher Herausgeber, sondern stellt 41 Periodika kurz vor und beurteilt sie daraufhin, ob sie emanzäpatorisch in Hinblick auf weibliche Selbstbestimmung oder ideologisch zum Zweck einer Durchsetzung des Ideals der Gattin, Hausfrau und Mutter hätten wirken wollen. Die Urteile Schumanns können angesichts der schematischen Fragestellung kaum überzeugen, die Quellenzitate sind zudem oft nicht repräsentativ. Abschließend werden die verschiedenen Blätter recht willkürlich fünf nirgends definierten und sich außerdem nicht ausschließenden Kategorien zugeordnet.74 Der Aufsatz verspricht somit heute kaum noch Erkenntnisgewinn, regte aber weitere Arbeiten mit diesen Quellen an.75 So konkretisierten " Alle drei Arbeiten sind höchst unzureichend in ihrer Quellenkritik, oft werden Weiblichkeitsideal oder Weiberscheite naiv mit sozialer Realität gleichgesetzt. Auch die jüngste Dissertation bildet hier keine Ausnahme. Eva-Maria Linnert kritisiert die Wiener Frauenzeitschriften des 18. Jahrhunderts unhistorisch auf der Grundlage schlichtester soziologisch-vulgärpsychologischer Patriarchatskritik. (Hertha Kehle: Die Frauenzeitschrift. Ihre Anfänge und ihre Entwicklung in Österreich, Diss. Wien 1952; Franz Mixa: Die ersten Wiener Frauenzeitschriften des 18. Jahrhunderts als Zeitdokumente, Diss. Wien 1969; Eva-Maria Linnert: Idealbild und Realität der bürgerlichen Frau in den Wiener Frauenzeitschriften des 18. Jahrhunderts, Diss. Wien 1981.) Unberücksichtigt bleibt hier die Dissertation von Sabine Welke, da diese sich mit Verlegerinnnen und Leserinnen der Tagespublizistik im 17. Jahrhundert beschäftigt. Sabine Welke: Die Frau und die Anfänge des deutschen Zeitungswesens. Eine Studie zur Geschichte der Publizistik des 17. Jahrhunderts, Diss. Wien 1971, 74 Schumann unterscheidet zwischen »traditionellefn] Zeitschriften mit aufklärerischen Tendenzen, erbaulich unterhaltend«, einer »anti-aufklärerische[n] bis frauenfeindliche[n] Haltung«, einem »reaktionäre[n] Grundton«, Zeilschriften, die »literarisch oder literarisch-historisch belehrend« und solchen, die »unterhaltend, belehrend« seien. Schumann, S. 164. 75 Sabine Kröber verfolgt in ihrer Magisterarbeit einen ähnlichen typologischen Ansatz. Sie hat sich viele der 22 von ihr ausgewählten Zeitschriften näher angesehen als Schumann, gibt mehr Zusatzinformationen und charakterisiert jedes Blatt erheblich ausführlicher, Sabine Kröber: Die deutschen Frauenzeitschriften des 18. Jahrhunderts. Bilanz und Forschungsperspektiven, unveröffentl. Magisterarbeit, Mannheim 1991. Ich danke Sabine Kröber für Überlassung eines Exemplars.

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Mitte der achtziger Jahre Pia Schmid und Helga Madland in ihren Fallstudien zu ausgewählten Frauenzeitschriften und Damentaschenbüchern die ideologiekritische Analyse des Frauen beschränkenden Weiblichkeitsideals. 76 Bereits 1981 erschien ein Reader, der ausgewählte, von Frauen verfaßte und selbstverantwortlich publizierte Frauenzeitschriften von ihrer Entstehung bis zur Gegenwart vorstellt und in Auszügen dokumentiert. Ruth-Esther Geiger und Sigrid Weigel befragen die Blätter daraufhin, inwieweit sie sich von vorgegebenen männlichen Weiblichkeitsentwürfen befreiten und eine unabhängige Frauenöffenilichkeit schufen. 77 Angesichts des erklärten Einverständnisses der Herausgeberinnen mit einer »natürlichen weiblichen Bestimmung« erscheinen ihre Zeitschriften - zumal in der Perspektive einer Vorgeschichte zur organisierten Frauenbewegung des 19. und 20, Jahrhunderts - als reichlich bescheiden und wenig eigenständig. Die US-amerikanische Literaturwissenschaftlerin Ruth P. Dawson betrachtet die Zeitschriften von Ernestine Hofmann, Charlotte Hezel, Sophie von La Röche und Marianne Ehrmann etwas genauer und kommt zu dem Ergebnis, daß diese nur auf den ersten Blick ausschließlich für ein häusliches Leben von Frauen plädierten. Daneben transportierten sie durch abweichende Stellungnahmen und Wissensvermittlung, durch das öffentliche Auftreten der Verfasserinnen und schließlich die Ermunterung der Leserinnen zur Mitarbeit andere, heimliche Botschaften (»covert messages«). Aufgrund der konstatierten Vielschichtigkeit ordnet Dawson die Frauenzeitschriften weiblicher Herausgeber nicht pauschal einem Prozeß der Domestizierung und Selbstbeschränkung zu, sondern sieht in ihnen vielmehr Möglichkeiten für Frauen, ihrerseits an die Öffentlichkeit zu treten, mit anderen Frauen zu kommunizieren und damit unter Umständen Geld zu verdienen, 78 Auch Helga Brandes sieht in der Herausgabe eigener 7h

Pia Schmid sieht in der wortreichen Propagierung weiblicher »Natur« ein Indiz dafür, daß die historische Realität noch keineswegs der angestrebten Norm entsprach. Sie arbeitet die Verlustscite der bürgerlichen Weiblichkeitsdefinilion für Frauen heraus und konfrontiert sie mit der Frage nach möglichen Gewinnen, die Frauen bewogen haben könnten, sich diese für sie doch so nachteilige Definition trotzdem zu eigen zu machen. Madland dagegen begreift die Frauenzeitschriften männlicher Herausgeber als Manipulationsinstrumente, mit deren Hilfe Frauen hätten domestiziert und auf die Rolle als Hausfrau und Lustobjekt des Mannes im Patriarchat eingeschworen werden sollen. Neben diesem groben verschwörungstheoretischen Raster krankt ihr Aufsatz an geringer Quellenkenntnis, einem mangelnden Verständnis für Parodie, abenteuerlichen ahistorischen Vergleichen sowie mehreren sachlichen Fehlern. Schmid; Hausfrau, Gattin, Mutter: Madland: Three Women's Journals. Zu den stereotypen Frauenbildern in der Revoluttonsrezeption der politischen Presse in Deutschland vgl. außerdem Helga Brandes: »Über die Revotutionssucht deutscher Weiber«. Frauenbilder in der deutschen Publizistik um 1800, in: dies. (Hg.): »Der Menschheit Hälfte blieb noch ohne Recht«. Frauen und die Französische Revolution, Wiesbaden 1991, S. 146-163. 77 Geiger/Weigel (Hg.), zum Bewertungsmaßstab S. 7/8. Erwähnt werden von den hier analysierten Zeitschriften lediglich Für Hamburgs Töchter, die Pomona und Amaiiens Erholungsstunden7it In ihrer Verschiedenartigkeit hätten sie den Diskurs über Weiblichkeit vielstimmiger gemacht: »Their magazines did not advocate fundamental reforms in women's situation but were based instead on the current ideology that women had a special destiny, its definition varying somewhat from one writer to another. From Hofmann and Hezel to La

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Frauenjournale einen wichtigen Fortschritt in der »weiblichen Professionalisierung«. 79 Anders als Schumann, Geiger und Weigel mißt sie die Zeitschriften nicht an Forderungen der späteren Frauenbewegung, sondern am Frauenbildungsideal der Frühaufklärung, wie es zuvor die Moralischen Wochenschriften propagiert hatten. In der »Spezialisierung auf Frauenthemen« erblickt sie demgegenüber einen »Verlust an >Welt In ihrem späten Lebensrückblick betonte Sophie von La Röche stärker den Verlust dieser Bildungschance als die Trennung vom Geliebten, Der Vater hatte den Bruch mit dem Bräutigam dramatisch inszeniert: Er zwang die Tochter, alle Briefe des Bräutigams, die Gesangsnoten und Mathematikübungen vor seinen Augen zu zerreißen und im Ofen zu verbrennen, ein Bild Bianconis zu zerschneiden und den Ring von ihm mit Eisenstangen zu zerbrechen. In ihrer Empörung beschloß Sophie, daß, wenn ihr Förderer Bianconi schon nicht die Früchte seiner Bildungsbemühungen ernten durfte, kein anderer je ihre durch ihn ausgebildeten Fähigkeiten bemerken sollte (La Röche: Melusinens=$ommerabende, S. IX-XVI). In der Literatur findet sich oft die Vermutung, Bianconi habe aus seiner Braut eine zweite Laura Bassi machen wollen. Sophie von La Röche legte diese Parallele zu der berühmten Bologneser Gelehrten nahe, wenn sie schrieb: »Bianconi [,..] wollte, nach dem damaligen Geiste seiner Vaterstadt Bologna, mich zu großen Kenntnissen leiten [...].« Ebd., S. XI. 181 »Nichts ist wol gewisser, als daß ich, wofern uns das Schicksal nicht im Jahre 1750 zusammengebracht hätte, kein Dichter geworden wäre.« Christoph Martin Wieland an S.v. La Röche am 20.12.1805, abgedruckt in: Hörn (Hg.), S.331-334, hier S.332.

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nen ernsthafteren und bereits etablierten Bewerber zu finden. Sie kündigte das Verlöbnis mit Wieland auf und heiratete Ende 1753 den zehn Jahre älteren geheimen Staatsrat Georg Michael Frank genannt La Röche.182 Dieser stand in kurmainzischen Diensten und versah für seinen Gönner, den Großhofmeister des Erzbischofs von Mainz, Graf Friedrich von Stadion, alle Aufgaben eines privaten Sekretärs.183 Das Paar lebte daher mit dem Grafen bei Hofe in Mainz oder Tauberbischofsheim oder auf dessen oberschwäbischen Besitzungen, in Warthausen oder Bönnigheim. Stadion und La Röche arbeiteten für katholische Aufklärung und Reform, sie waren scharfe Kritiker der papsttreuen Kleriker und Mönche, weltoffene Gelehrte, Kunstkenner und Freunde höfischer Geselligkeit. Aus der Stellung des Gatten ergaben sich für Sophie La Röche vielfältige Verpflichtungen; sie führte keinen eigenen Haushalt, sondern war ganz ins höfische Leben integriert. Man erwartete von ihr, daß sie korrespondierte, Besuche empfing und auf diese Weise wichtige in- und ausländische Kontakte knüpfte und pflegte,184 ferner, daß sie eine gut informierte, anregende Gesellschafterin war, mit der Graf Stadion und seine Gäste sich im Gespräch wohlfühlen und ihrerseits brillieren konnten. In ihrem späten Lebensrückblick erinnerte sich Sophie von La Röche, daß es ihr damals zur Gewohnheit geworden sei, mich alle Tage nach den Büchern umzusehen, welche mein Mann noch vor 7 Uhr Morgens, ehe er in das Kabinet der Geschäfte gieng, auf seinen Tisch legte, wo er dann öfters in Französischen, auch inTeutschen und Englischen gewisse Blätter bemerkte, welche ich mit Aufmerksamkeit lesen, ihren Inhalt mir bekannt machen und eine leichte schickliche Einkleidung suchen sollte, in welcher ich sie, bald beim Auf- und Abgehen mit dem Grafen in vielen in einander laufenden Zimmern, bald bei Tische anzubringen mich bemühen sollte, damit der edle Mann immer das Vergnügen habe, etwas Unterhaltendes zu hören. An der Tafel faßte dann mein Mann, oder ein Fremder den Faden auf, und man hörte Gedanken, welche die erste Idee bereicherten oder ausführten, und auch dieses wurde eine Übung für mein Gedächtniß, welche meine Kenntnisse vermehrte [,. ,].1S5

Sophie La Röche schätzte ihren klugen, bei Hof und Untertanen beliebten Mann, die gräfliche Bibliothek und ihren großen Wirkungskreis, der sie mit vielen Men1H

Nun, da der Vater seine zweite Ehe nicht mit unversorgten Töchtern belasten wollte, bestand er auch nicht mehr auf einem Ehevertrag mit dem katholischen Bräutigam, in welchem die Konfession der zukünftigen Kinder vereinbart worden wäre. !! " Schon früh war Georg Michael Frank - eventuell ein illegitimer Sohn des Grafen - in den Stadionschen Haushalt gekommen. Der hatte ihm den Namen La Röche gegeben und ihn für die Staatsverwaltung und Diplomatie ausgebildet. Adolf Bach: Graf Friedrich von Stadion, ein Aufklärer als Minister im katholischen Kurmainz, in: ders.: Aus Goethes rheinischem Lebensraum, Neuss 1968, S. t-62. IM Ein Teil ihrer Korrespondenz diente der Unterstützung der Berufsgeschäfte ihres Gatten; »Ich mußte, um die Cabinetsarbeiten meines Mannes in etwas zu erleichtern, den Briefwechsel mit dem Abbe la Chaux über alles Neue, so in Paris erschien, führen.« La Röche: Melusinens Sommer=Abende, S. XIX. 185 Ebd., S. L/LI. Französisch sprach und schrieb sie seit ihrer Kindheit und zunächst besser als das Deutsche. Englisch lernte sie wegen der politischen Verbindungen La Roches während ihrer ersten Schwangerschaft (S, XVIII).

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sehen bekannt machte. Allerdings litt sie zugleich unter den Zwängen des Hoflebens. So durfte sie beispielsweise ihre Kinder nicht stillen, damit ihr Gleichmut und ihre Heiterkeit keinen Schaden nähmen, 1 " 6 und die Heranwachsenden nicht selbst erziehen. Man verlangte von ihr, daß sie ihre beiden Töchter zur Ausbildung in ein Kloster nach Straßburg schickte. In diesen Jahren unternahm Sophie La Röche ihre ersten literarischen Versuche und sandte sie regelmäßig an Wieland, der inzwischen wirklich zum Dichter geworden war, die Jugendfreundin zum Schreiben ermutigte und ihre Texte kommentierte und redigierte. Ihr geistlicher Seelsorger Johann Jakob Brechter riet ihr, sich auf diese Weise auch den Kummer über die Abwesenheit ihrer Töchter von der Seele zu schreiben. Mit ihrer Romanheldin Sophie Sternheim schuf sie sich daraufhin ein »papiern Mädchen«, welches sie an Stelle ihrer Töchter schreibend durchs Leben führen und zudem mit autobiographischen Zügen ausstatten konnte.1*7 Inzwischen war Graf Stadion gestorben. Nach einer kurzen Zeit relativer materieller Unsicherheit trat La Röche 1770 als Minister in den Dienst des jungen trierischen Kurfürsten Clemens Wenzeslaus, wo er in den folgenden Jahren eine glänzende Karriere machte, vom Kaiser nobilitiert wurde und es schließlich bis zum Kanzler brachte. Die Familie siedelte über nach Ehrenbreitstein bei Koblenz, wo das Ehepaar nun mit seinen Kindern zusammenlebte, häufig Gäste beherbergte und überhaupt ein offenes Haus führte. !KH 1771 erschien anonym und von Wieland herausgegeben Sophie La Roches empfindsamer Roman Die Geschichte des Fräuleins von Sternheim in zwei Teilen und machte die Autorin, deren Name in literarisch interessierten Kreisen bald durchsickerte, schnell berühmt. Die wenigen kritischen Einwände einzelner professioneller Literaturkritiker wurden binnen kurzem überstimmt von begeisterten Leserinnen und Lesern. Das wechsetvolle Schicksal der Tugendheldin, die sich trotz aller Bedrängnis so standhaft dem höfischen Laster widersetzt, rührte viele angeblich zu Tränen. Das Bekenntnis, wie sehr einen die Lektüre ergriffen habe, wurde damals offenbar zu einer beliebten Demonstration der eigenen Empfindsamkeit. Der Roman erlebte in den folgenden Jahren mehrere lw>

»Meine Kinder erzog ich mit Wasser, hatte sie in meinem Schlafzimmer und war den ganzen Vormittag um sie. Eine Säugamme wollte ich nicht, und eine große Geschichte über meine Lebhaftigkeit wurde Ursache, daß ich ihnen meine Brust versagen mußte, damit die Gleichheit meines Humors nie verloren gehen möge.« Nur ihren Sohn Franz habe sie heimlich gestillt. Ebd., S. LIV. 1N7 La Röche: Briefe über Mannheim, 15. Brief, S. 199-212, hier S.201-204, Zitat S.202 (überarbeitet in: Melusinens Sommer=Abende, S. XXIV-XXIX). VgL den Brief Sophie La Roches an J.C Hirze! vom 26.7,1771, abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr. 53, S, 139- MI: «Ich ertrug die Gewalt der Mainzischen Gewohnheit, die Töchter in Frankreichs Klöstern zu erziehen, mit vielem Kummer, und ich kann sagen, daß dieses das Schmerzhafteste war, so mir vom alten Grafen widerfuhr.« Mit der von Brechter angeregten Schreibarbeit habe sie sich »einen Charakter nach [ihren] Gesinnungen« geschaffen, S. 140. IKK Ygj Ulrike Weckel: Frauen und Geselligkeit im späten 18. Jahrhundert. Das offene Haus der Sophie von La Röche in Ehrenbreitstein, in: Koblenzer Beiträge zur Geschichte und KuItur,N.F. 4 (1994), S. 41-60. 79

Nachdrucke und Neuauflagen und wurde in zahlreiche europäische Sprachen übersetzt. Sophie La Röche war als erste deutsche Romanautorin so etwas wie eine literarische Attraktion, viele Zeitgenossen und Schriftstellerkollegen suchten ihre Bekanntschaft. In Ehrenbreitstein konnte sie nun Literaten miteinander bekannt machen und über ihre Kontakte zu höfischen Kreisen protegieren. Zu Jacobis und Heinses Frauenzeitschrift Iris steuerte sie 1775/1776 »Freundschaftliche Frauenzimmerbriefe« bei, die sie in den folgenden Jahren erweiterte und in Buchform unter dem Titel Rosaüens Briefe an ihre Freundinn Marione von St** publizierte. Dieser weibliche Bitdungsrornan verfolgte noch deutlicher als ihr Erstlingswerk eine pädagogische Intention, waren die Lebensumstände der Hauptfigur Rosalie doch denen der Leserinnen aus den gebildeten höheren Ständen ähnlicher als die abenteuerlichen höfischen Kabalen, denen die Autorin das Fräulein von Sternheim ausgesetzt hatte. Während sie ihre Romanheldinnen am Ende aufgeklärten, nicht minder tugendhaften Gatten zuführte, verheiratete Sophie von La Röche in diesen Jahren ihre beiden Töchter mit sehr viel älteren, ungeliebten Männern, was ihr Verwunderung, Tadel und manche Zweifel einbrachte, wie sie es außerhalb ihrer Romane mit der Empfindsamkeit halte.1 9 Ihr Gatte hatte sich derweil weiter als Kritiker der Orden und des päpstlichen Einflusses auf die geistlichen Territorialstaaten hervorgetan. 1780 wurde er nach Intrigen orthodoxer Kreise gestürzt und aus kurtrierischen Diensten entlassen. Aus Protest trat sein Minästerkoliege Baron von Hohenfeld ebenfalls zurück und nahm das Ehepaar La Röche, dessen zwei jüngste Söhne und eine schon lange im Haus-

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Die knapp 17jährige Maximiliane wurde 1774 mit dem mehr als 20 Jahre älteren Witwer Peter Anton Brentano, einem wohlhabenden Frankfurter Kaufmann, verheiratet, der bereits mehrere Kinder hatte und sich von dieser Verbindung gesellschaftlichen Aufstieg erhoffte. Sie gebar acht Kinder und starb im Alter von 35 Jahren. Luise wurde 1779 dem reichen, als ungehobelt geltenden Hofrat Joseph Christian Mohn angetraut, führte eine unglückliche, kinderlose Ehe, und kehrte - als der Gatte wegen Alkoholismus des Amtes enthoben wurde - in den Haushalt der Mutter zurück. Goethes Mutter bezeichnete den Bräutigam gegenüber Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar als »Ungeheuer« und »so dumm wie ein Heu Pferd«. (Catharina Elisabeth Goethe an Herzogin Anna Amalia am 11.4.1779, abgedruckt in: Frau Rath Goethe; Gesammelte Briefe, hg. v. Ludwig Geiger, Leipzig oJ., S.63/64.) Wieland wußte zu berichten: »Die Herzogin nimt großen Antheil an der Sache und ist herzlich böse auf die Frauenzimmer Briefstellerin. Der Kerl, dein sie die holde Loulou zu fressen giebt, soll ein Meerkalb im gusto des phoca seyn, dem die schöne Angelica im Ariost ausgesezt wird.« (Christoph Martin Wieland an J.H. Merck am 5,5.1779, abgedruckt in: Wielands Briefwechsel, hg. v. der Akademie der Wissenschaften Berlin, Bd.7.1 (1992), Nr.221, S.200/201, hier S, 201). Sophie von La Röche erkannte bald, wie unglücklich ihre Töchter waren. 1783 erläuterte sie ihrer neugewonnenen Freundin, der Gräfin Elise zu Solms-Laubach, diese Heiratspolitik in einem Brief. (Sophie von La Röche an Elise zu Solms-Laubach am 2.8.1783, abgedruckt in: Maurer (Hg,): Mehr Herz, Nr. J43, S.255-260, bes. S.256.) Noch ausführlicher schilderte sie das Zustandekommen dieser Ehen Anfang der neunziger Jahre in einem Brief an eine Bekannte Lavaters, der die Verheiratungen ebenfalls scharf kritisiert hatte. Sie beteuerte hier ihre Unschuld und klagte darüber, von so vielen Menschen deshalb verkannt und verurteilt worden zu sein. Sophie von La Roche an Caroline von Keller, etwa 1792, ebd., Nr.210, S. 336-339.

halt lebende Nichte in seinem Haus in Speyer auf, wo ihm das Amt eines Domherrn geblieben war. Hier nun schrieb Sophie von La Röche ihre Zeitschrift Pomona, die sie 1783/1784 im Selbstverlag herausgab, und wurde zur Berufsschriftstellerin, während ihr Mann privatisierte. An Johann Heinrich Merck schrieb dieser im November 1782 in einem Brief: Meine Frau Pomona empfiehlt sich aufs allerbeste. Sie sitzt und brütet an ihren Hirnkindern, chacunäsa marotte. Ich fluche über das nasse Wetter, welches mich behindert, meine Blumenzwiebel in Boden zu bringen.19°

Seit dem Sturz des Ehemannes suchte Sophie von La Röche verstärkt nach Möglichkeiten, durch ihre schriftstellerische Arbeit das Familienbudget aufzubessern. Nachdem sie auf Wielands Bitte hin 1781 moralische Erzählungen für dessen Jeuischen Merkur geschrieben hatte, erwog sie, ob sie mit einer eigenständigen Publikation dieser gesammelten Texte nicht wenigstens ihre eigenen Ausgaben würde bestreiten können. 191 Als David Christoph Seybold 1782 das Magazin für Frauenzimmer herausbrachte, schrieb sie - wie zuvor für die Iris - auch für dieses Frauenjournal Beiträge,m La Röche erhielt als ehemaliger Kanzler zwar eine Pension, die beiden jüngsten Söhne verloren aber über dem Konflikt mit dem Kurfürsten die zugesagten Lehen. In dieser Situation entschloß sich Sophie von La Röche, selbst eine Frauenzeitschrift zu verfassen und auf Subskription drucken zu lassen. Zum Januar 1783 erschien das erste Monatsheft der Pomona für Teutschlands Töchter. Gegenüber Bekannten, die sie um Unterstützung ihres Zeitschriftenprojekts bat, verhehlte sie keineswegs, daß sie auf diese Weise den Söhnen ein Auskommen schaffen wolle. An Johann Caspar Lavater in Zürich schrieb sie etwa: Wollen Sie beitragen, daß ich Leserinnen bekomme? Sie tun Gutes an meinen Söhnen, denn ich schreibe Pomona für meinen Carl und meinen Wilhelm, um in etwa zu ersetzen, was ihnen die Feinde ihres Vaters raubten. 193 iv!1

Georg Michael Frank von La Röche in einem Brief an J.H. Merck vom 4,11,1782, zit, n. J.W. Appell: Sophie La Röche. Eine biographisch-literarische Skizze, in: Rheinisches Taschenbuch auf das Jahr 1856, hg. v. C. Dräxler-Manfred, Frankfurt/M. [1855], S. 91-146, hier S. 124. Seinem ältesten Sohn Fritz, dem er riet, ja keine Schriftstellerin zu heiraten, schilderte er sein Leben als Privatier folgendermaßen: »Je me promene et partage mon temps entre les jardins et le Cabinet d'histoire naturelle que j'arrange.« Brief vom 24.4.1785, zit. n. Wiede-Behrcndt, S, 237, dort auch die Warnung vor einer schriftstellernden Gattin. Sophie von La Röche berichtete ihrerseits, daß ihrem Mann anderswo Stellen und Ämter angeboten worden seien: »Aber La Röche will nicht mehr in Hofdienst gehen. Gott lasse ihn meine beiden jüngeren Söhne erziehen,« Sophie von La Röche an Jean Andre de Luc am 3.5.S781, abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr. 124, S.234/235, hier S. 235. 11)1 Vgl. Sophie von La Röche an C.M. Wieiand am 31,5.1781 und an Karl Ludwig von Knebel am 26,2.1782, beide Briefe abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Her/-, Nr. 125, S.236/237 und Nr. 130, S.241/242, 192 Außerdem veröffentlichte sie in diesem Jahr im Kaufbeurer gemeinnützigen Wochenblatt, Zu den Zeitschriftenbeiträgen Sophie von La Roches insgesamt s. Krull, S. 134-146. 1W Sophie von La Röche an J.C, Lavater am 27.10.1782, abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr. 134, S. 245. Als Leserin der Pomona wandte sich die Gräfin zuSolms-Laubach an

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Im späten 8, Jahrhundert war man sich in den gebildeten Ständen weitgehend einig, daß eine Frau über Lektüre, Korrespondenz oder Schriftstellerei keineswegs ihre häuslichen Pflichten versäumen dürfe und sich nicht professionell und das hieß zugleich für Gelderwerb betätigen sollte. Sophie von La Röche war daher bemüht, in der Zeitschrift selbst ihre finanziell für die Familie bedeutsame literarische Arbeit zu einem schöngeistigen Hobby herunterzuspielen. w Schon nach einigen Monaten fiel es ihr allerdings zunehmend schwer, immer neue Ideen für die Pomona zu entwickeln, die sie weitgehend allein verfaßte.ls)5 Zudem begann sie nun damit, Reisen ins europäische Ausland zu unternehmen - regelmäßig finanziert durch eine Mission als Reisebegleiterin - und diese in Form von dickleibigen Reisebeschreibungen auch publizistisch zu verwerten. iyf > Sie beschloß ihre Zeitschrift daher mit dem Ende des zweiten Jahrgangs. Auf dem Rückweg von ihrer ersten Reise durch die Schweiz hatte Sophie von La Röche im Sommer 1784 ihren jüngsten Sohn in Pfeffels Militärakademie in Straßburg abgeliefert und dafür dessen Tochter zu sich genommen. Um das Mädchen ins gesellschaftliche Leben einzuführen, verbrachten die La Roches wie schon in vorausgegangenen Jahren den Winter in der nahegelegenen Residenz- und Theaterstadt Mannheim. Dort schrieb die Schriftstellerin Briefe, die sowohl inhaltlich als auch konzeptionell an die Pomona anknüpften und die wohl als Ersatz für die in der Zeitschrift veröffentlichte Korrespondenz mit den Leserinnen konzipiert waren.197 Die Drucklegung dieser Briefe über Mannheim verzögerte sich allerdings durch die nun folgenden Reisen sowie die Abfassung der entsprechenden Reiseberichte bis die Herausgeberin und gab damit den Anstoß zu einer intensiven Brieffreundschaft. Auch ihr erklärte Sophie von La Röche: »Für diese zwei jüngere Söhne habe ich Pomona unternommen. Gott segne meine Mutterarbeit und meine Kräfte,« (Sophie von La Röche in einem Brief an Elise zu Solms-Laubach vorn 2.8.1783, abgedruckt ebd., Nr. 143, S. 255-260, hier S. 257.) Eine Betonung der finanziellen Motive bei der Zeitschriftengründung findet sich außerdem in einem Brief an Wieland vom 30.1.1783 {abedruckt in: Victor Michel (Hg.): Lettres de Sophie de La Röche ä C.M. Wieland. Precedees d'une etude sur Sophie La Roche, Nancy, Paris, Straßburg 1938, S. 97) sowie rückblickend in einem Brief an Leonhard Meister vom 4.10.1787 (abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr. 178, S. 301 -303, hier S. 303). Maurer zufolge bet rüg die Pension La Roches jährlich 2000 Gulden (ebd., Anmerkung zum Brief Nr. 143, S.434). !M ' Vgl. Kap. H.6. !ys Sophie von La Röche an Elise zu Solms-Laubach arn 2.8.1783, abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr. 143, S.255-260, zit. in Kap. III. 1. m Schon vor Antritt ihrer ersten Reise plante sie deren literarische Verwertung (vgl. Sophie von La Roche an C.M. Wieland am 9.5,1784, abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr. 147, S. 265/266). In den folgenden Jahren erschienen detaillierte Berichte zweier Reisen durch die Schweiz, einer Reise durch Frankreich, einer durch Holland und England und schließlich einer innerhalb Deutschlands. Zu Sophie von La Roches Reiseliteratur vgl, Michael Maurer: Die pädagogische Reise, Auch eine Tendenz, der Reiseliteratur in der Spätaufklärung, in: Hans-Wolf Jäger (Hg.): Europäisches Reisen im Zeitalter der Aufklärung, Heidelberg 1992, S.54-70. 1W Im letzten Heft der Pomona wurde unter dem Titel »Briefwechsel der Pomona« ein Nachfolgeprojekt angekündigt, das jedoch nie zustande kam, M.J.G. Hütten: Anzeige an das Publikum, in: Pomona, 2. Jg. (1784), im Anschluß an Heft 12, o.S. Vgl. dazu Kap. IV.3.1.

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1791. Zwischenzeitlich erschienen in den achtziger Jahren als Abfallprodukte der Pomona zahlreiche eigenständige Publikationen der dort bereits veröffentlichten moralischen Erzählungen und »Briefe an Lina« sowie Auszüge der Reisebeschreibungen in diversen Zeitschriften. Trotzdem hatte Sophie von La Röche im Alter materielle Sorgen. Sie war 1786 auf Wunsch ihres Mannes nach Offenbach gezogen, wo dieser zwei Jahre später starb.198 Während der Rcvolutionskriege wurden Soldaten in ihrem Haus einquartiert, und 1794 verlor sie während der französischen Besetzung des linken Rheinufers bedingt durch die Flucht des trierischen Kurfürsten die Rheinzoll-Einnahmen, die ihre Witwenversorgung ausmachten. In ihren letzten Lebensjahren wohnten die von ihrem Mann getrennte Tochter Luise und drei ihrer verwaisten Brentano-Enkelinnen bei ihr sowie als Kostgänger ein Sohn von Bekannten mit seinem Erzieher. Auch in diesen Jahren schrieb und publizierte Sophie von La Röche weiterhin regelmäßig: sentimentale Erzählungen, Reiseberichte und Erinnerungen, einen kommentierenden Rückblick auf ihre Lektüre und Korrespondenz unter dem Titel Mein Schreibetisch sowie die naturphilosophisch-kulturgeschichtlichen Lehrbriefe Melus'tmns Sommer=Abende, denen die oben erwähnte kurze Autobiographie voranstand. Weiche literarische Gattung sie auch wählte, immer reihte sie in ihren nicht fiktionalen Texten assoziativ Gedanken, Kenntnisse, Belehrungen und Auszüge aus Werken anderer Autoren aneinander und schuf Anlässe, sich über ihre Lieblingsthemen - die Schönheiten der weise eingerichteten Natur, die Vorzüge des Landlebens, den Wert der Tugend oder die Nützlichkeit solider Kenntnisse - zu verbreiten. Sophie von La Röche hat in ihrem späten Lebensrückblick diese gleitenden Übergänge von einem Thema zum nächsten auf ihr Konversationstraining für den Grafen und seine gebildete Geselligkeit zurückgeführt. Sie starb im Februar 1807 im Alter von 76 Jahren. In ihrer ersten Wendung an die Leserinnen ihrer Zeitschrift Pomona für Teutscklanda Töchter gab sich Sophie von La Röche äußerst selbstbewußt, war sie doch damals schon anerkannt als eine Schriftstellerin, die sich insbesondere um das weibliche Publikum Verdienste erworben hatte und von diesem geschätzt wurde. Der allererste Satz lautete: Das Magazin für Frauenzimmer und das Jahrbuch der Denkwürdigkeiten für das schöne Geschlecht — zeigen meinen Leserinnen, was teutsche Männer uns nüzlich und gefällig achten. Pomona - wird Ihnen sagen, was ich als Frau dafür halte -.'" t9tt

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In der Witwenschaft sah Sophie von La Röche eine Befreiung, Kurz vor dem Tod ihres Mannes schrieb sie an Elise zu Solms-Laubach: »Doch das beste, was aus den Vcrändrungen, [...] welche der Tod hervorbringen wird, entstehen kann, ist meine Freiheit, nach meinem Charakter zu leben, in der Tat nach ihm zu leben, wie bisher nur mit meiner Feder geschehen konnte.« (Brief vom 9.9.1788, abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr. 185, S. 310/311, hier S. 311.) Nachdem La Röche verstorben war, äußerte sie gegenüber der Freundin: »Nun kann ich die teuer erkaufte Freiheit zu edlem Genuß meiner übrigen Tage bestimmen.« (Brief vom 24.11.1788, abgedruckt ebd., S.312). An meine Leserinnen, in; Pomona, 1. Jg. (1783), Heft l, S,3/4, hier S.3, Sophie von La Röche betonte ihre weibliche Herausgeberschaft gegenüber den zwei von Männern verantworteten Frauenzeitschriften, von denen sie wußte, daß sie gleichzeitig mit der Pomona herauskommen würden, dieser also Konkurrenz machen konnten. Es handelte sich hierbei 83

Diese in der Forschungsliteratur vielzitierte stolze weibliche Selbstbehauptung illustriert jedoch nur eine Seite der Pomona und der Selbststilisierung der Herausgeberin. Die gleich darauf folgende Geschichte über die Entstehung der Frauenzeitschrift ist mindestens ebenso charakteristisch, Sophie von La Röche legte einer fiktiven »geistvolle[n] Leserin« die Frage in den Mund: »Wie kam es, daß eine Frau den Muth hatte, eine so große öffentliche Erscheinung zu machen?« und behauptete nach dieser vermeintlich fremden Anerkennung ihrer Leistung nun ihrerseits ganz bescheiden, Idee und Konzept seien rein zufällig entstanden.2'*1 Sie schilderte einen Spaziergang mit einem kenntnisreichen Freund durch die Felder um Speyer, bei dem sie beide - angeregt durch alles, was sie erblickten - empfindsamen Natur- und Lebensbetrachtungen nachgegangen waren und sich über ihre Lektüre ausgetauscht hatten. Nach Hause zurückgekehrt habe sie eine junge Freundin angetroffen, die derweil in ihren Manuskripten belehrender Briefe an das fiktive Mädchen »Lina« gelesen habe. Dieser habe sie von ihrem Bildungserlebnis via Spaziergang vorgeschwärmt. Das »artige[ ] Weibgen« habe sie daraufhin ob ihrer Vorkenntnisse beneidet und dringend gebeten, die »Briefe an Lina« durch weitere Texte zu ergänzen und für junge Frauen wie sie eine Monatsschrift zu verfassen. In diesem Moment seien »zwey sehr vernünftige Männer« dazugestoßen und hätten die Idee einer Frauenzeitschrift sogleich begrüßt und weitergesponnen. Auf der Suche nach einem Titel hätten sie ihr »Fortsetzung der Iris« vorgeschlagen, um so an den Erfolg von Jacobi und Heinse anzuknüpfen: Mein Eigensinn sagte aber: Ich will keinem Mann nachtreten, weil alsdann zu viel von mirgefodert und erwartet würde -Dabey war Iris jung --schön und leichten Ganges, das kan ich Großmamma nicht seyn. Mein Bücheigen soll Pomona heißen, diese ist die Göttin des Herbsts. Ich bin in dem Herbst meines Lebens, und der Entwurf dazu entstund in dem Herbst--- 201

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zum einen um das sei 11782 in Straßburg erscheinende Magazi n für Frauenzimmer von David Christoph Seybold, zu dem sie im Jahr zuvor den erwähnten autobiographischen Aufsatz Mein Glüke beigesteuert hatte und das bis 1791 bestand (ab 1787 unter dem Titel: Neues Magazin für Frauenzimmer). Von dem Jahrbuch zur Erläuterung der Denkwürdigkeiien des schönen Geschlechts, oder: Bey träge zur angenehmen und nützlichen Lektüre gab es 1783 und 1784jeeinen Band, wovon derzweite in der Allgemeinen deutschen Bibliothek und der Allgemeinen Literatur-Zeitung höchst negative Kritiken erhielt (AdB, Bd. 69,1. Stück, S. 104/105; ALZ, Jg. 1785, Bd. 3, S.284). Herausgeber war Georg Wilhelm Friedrich Jahn. Von dieser 1783 erstmals publizierten Schrift wußte Sophie von La Röche vermutlich durch eine Voranzeige oder Freunde in Straßburg, wo Jahn damals Lehrer an der Waisenanstalt war. Nicht bekannt waren ihr hingegen fünf weitere Periodika für Frauen, die 1783 auf den Markt kamen: Die Kleine Frauenzimmerbibliothek (Jahresbände, Hamburg 1781-1786), das Hamburger Damen-, Kunst- und Moden-Journal (Hamburg 1783), der Merkur für Damen, hg. v. Johann von Ehrenberg (Wien 1783/1784) sowie die Wöchtlichefn] Wahrheiten für und wider die Frauenzimmer in Wien, bearbeitet von einer freymüthtgen Gesellschaft von Leopold Alois Hoffmann und die Wöchtenliche/n] Wahrheiten für und wider die Herren in Wien, angeblich bearbeitet von einer Gesellschaft belesener f-'rauenzimmervan Johann Martin Weimar (beide Wien und Prag 1783). Zu den beiden letztgenannten Blättern vgi. Kap. II.5.1. Veranlassung der Pomona, in: Pomona, 1. Jg. (1783), Heft l, S.5-15, hier S.5, Ebd., S. 15, voranstehende Zitate S. 14,

Wie bei vielen ihrer zahlreichen Veröffentlichungen schuf sich Sophie von La Röche nicht nur einen Schreibanlaß, sondern gab das Werk gleichsam als eine Auftragsarbeit aus, womit sich eine weitere Legitimation erübrigte. Indem sie fiktive oder reale Personen bekräftigen ließ, daß eine solche Publikation wünschenswert und gerade sie die geeignete Autorin sei, konnte sie selbst Zurückhaltung, Unschlüssigkeit und schamvolle Bedenken demonstrieren, sich öffentlich zu exponieren.2'12 Die ausdrückliche Rechtfertigung weiblichen Schreibens war vielschichtig: Sie bestätigte defensiv einen geschlechtsspezifischen doppelten Maßstab, reklamierte damit aber zugleich eine mildere Bewertung und verriet darüber hinaus einen gewissen Stolz angesichts der Ungewöhnlichkeit des eigenen Tuns.203 Anders als die Wochenblätter von Ernestine Hofmann und Charlotte Hezel war die Pomona eine Monatsschrift. Ein Heft umfaßte immer um 100 Seiten in Oktav, also mindestens sechs Bogen, und kostete im Jahresabonnement 4 Gulden 30 Kreuzer.2(W Gedruckt wurde das Blatt im Selbstverlag »mit Enderesischen Schriften« in Speyer. Für die geschäftliche Abwicklung war der Direktor des örtlichen Gymnasiums, Johann Georg Hütten, zuständig - diesen Eindruck erweckten jedenfalls verschiedene von ihm unterzeichnete Wendungen an die Leserschaft in der Pomona.™

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Sie behauptete, sich nach der spontanen Idee und Namensgebung um ein Konzept gesorgt zu haben: »Aber nach dem wurde ich ängstlich wegen eines Plans. Meine Freunde sagten aber, dieser liege schon in den Briefen an Lina und in den Jahrszeiten aus Thomson, nach denen ich meinen Weg fortsetzen solte, weil meine Leserinnen dadurch würklich im Spazierengehen eine Menge nüzlicher und angenehmer Kenntnisse erlangen würden. Da mir dieses sehr rechtschaffene Männer sagten und Frauenzimmer gerne die Haube tragen, die von einem Mann gelobt wird. —- so folgte ich {.,.]«. Ebd. (Druckfehler »an Thomson« korrigiert). Außerdem hätten sie ihr geraten, auch ihre moralischen Erzählungen, wie sie sie für Wielands Teutschen Merkur geschrieben hatte, in ihr Blatt aufzunehmen. Damit hatte Sophie von La Röche das, was sie als Kernstücke der Zeitschrift plante, bereits durch die Autorität »zweier verständiger Männer« abgesegnet. 201 Edith Krulls These, Sophie von La Röche habe mit dieser Entstehungsgeschichte »die Last der Verantwortung zum Teil von ihren Schultern [...] wälzen« wollen, greift zu kurz. Krull, S.208; ebenso Heidenreich, S. 137. 2IM Diesen Preis nannte Sophie von La Röche in einem Brief an J.C. Lavater vom 27,10.1782, abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr. 134,3,245. Es sind auch verschiedene niedrigere Preisangaben überliefert, evt. waren dies Einkaufspreise für Buchhändler; »6 gr.« pro Heft It. Rezension der Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 4-12, in: Supplemente zur Allgemeinen Literaturzeitung vom Jahre 1785, Nr.46, S. 184; »3 Thaler« pro Jahrgang h. Johann Samuel Ersch/Christian Anton Geissler: Literatur der Vermischten Schriften seit der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bis auf die neueste Zeit, Leipzig 1837, S p. 233. Die Voranzeige einer Straßburger Buchhandlung nannte für das Elsaß einen Preis von »jährlich liv. 10« (Pomona. Neue Frauenzimmer= Lecture, Von einer würdigen Dame geschrieben. Anzeige der Treuttelischen Buchhandling in Straßburg vom 13. November 1782, Freies Deutsches Hochstift, Frankfurt [FDH Frankfurt], IX L 35/E 12 cl). 2I1S Der umfangreiche Briefwechsel von Sophie von La Röche belegt, daß sie selbst in geschäftlichen Angelegenheiten keineswegs untätig war, mit Preisnachlässen Kollekteure warb, verhandelte und die Übergabe von Geldern regelte. Eventuell war Hütten vor allem dazu engagiert worden, als Mann das Zeitschriftenunternehmen nach außen zu vertreten. Vgi. Kap. III.2.1.

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In ihrer Vorrede und der Entstehungsgeschichte erläuterte Sophie von La Röche die Konzeption ihrer Zeitschrift: Jedes Heft sollte einen »Brief an Lina« enthalten, ferner wollte sie ihre moralischen Erzählungen einrücken und die Leserinnen anhand von kommentierten Auszügen aus Jarnes Thomsons Jahreszeiten -Epos mit naturkundlichen, kulturgeschichtlichen und literarischen Betrachtungen vertraut machen. Einzelne Hefte wollte sie jeweils den europäischen Nationen England, Italien und Frankreich widmen und dort dann Übersetzungen, insbesondere aus Schriften für Frauen, liefern sowie Nachrichten aus diesen Ländern, die sie Briefen ihrer dort lebenden Bekannten entnehmen werde. Eine Voranzeige kündigte an, daß die Herausgeberin auch »Gedichte, von Frauenzimmern geschrieben« abzudrucken gedenke,206 außerdem forderte Sophie von La Röche die Leserinnen auf, ihr mitzuteilen, was sie sich in einer Frauenzeitschrift wünschten, 207 Auf diese Weise entwikkelte sich eine umfangreiche Korrespondenz. Leserinnen schickten anerkennende Briefe, suchten persönlichen Rat bei der prominenten Zeitschriftenherausgeberin, baten um Beantwortung ihrer Fragen oder schickten eigene Beiträge ein. Allmählich wurde aus den »Briefen und Antworten« eine regelrechte Rubrik, die offenbar wesentlich zur Popularität der Zeitschrift beitrug.208 Den größten Teil der Pomona schrieb Sophie von La Röche selbst, auch wenn sie in ihre Texte viele Auszüge aus ihrer Lektüre einarbeitete. Daneben druckte sie einige wenige Beiträge damals bereits bekannter Dichterinnen und Schriftsteller in ihrem Blatt ab. Zum Ende des ersten Jahrgangs führte Sophie von La Röche eine junge Freundin aus der Nachbarschaft ein - »Karoline« -, eine höchstwahrscheinlich fiktive Figur, deren angebliche Besuche und Kommentare zur Pomona sie von da an immer häufiger zur Auflockerung in ihr Blatt einflocht. 2 "" Die Pomona verfolgte - daran ließ die Herausgeberin nie einen Zweifel - pädagogische Ziele. Der Spaziergang aus der Entstehungsgeschichte wurde zum Leitmotiv von Sophie von La Roches Bildungsprogramrn: Quasi im Vorübergehen sollten die Leserinnen Informationen, Wissen und Ideen wie Blumen aufsammeln, mit offenen Augen weiterschreiten, nirgends lange verweilen, aber alles zum Anlaß nehmen, eigene Überlegungen an/ustellen. 210 Dem entsprach die Arbeitsweise der Schriftstellerin, Aus ihrer aktuellen Lektüre, Gehörtem und Gesehenem montierte sie ihre Texte assoziativ zusammen, häkelte sie Artikel an Artikel. Die wenigsten

2iifi Pomona. Anzeige derTreuttelischen Buchhandüng in Straßburg, FDH Frankfurt, JX L 357 E12ci. 207 An meine Leserinnen, in: Pomona, 1. Jg. (1783), Heft l, S.3/4, hier S.4. im Zu diesem publizierten Briefwechsel, der auf eigentümliche Weise den Wunsch nach persönlicher Zuwendung mit öffentlicher Selbstdarstellung verband vgl. Kap. IV.3. 2W Vgl. Kap. III.1.2, 21(1 Diesen »artigen Gedanken« habe sie von Mme de St. Lambert übernommen, die das Lesen als »Spaziergänge des Geistes« bezeichne. Das Bild treffe auch auf ihre eigene autodidaktische und unsystematische Ansammlung breiter Kenntnisse zu: »Ich konnte mir in dem Reich der Wissenschaften kein eigenes Land erobern, aber ich kann es ja machen wie Reisende und mich in jedem Gebiet umsehen, welches andre angebaut haben.« Über meine Bücher, in: Pomona, 1. Jg. (1783), Heft 5, S. 419-432, hier S. 424.

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Beiträge zeigen ein klares Konzept oder eine stringente Argumentation, vielmehr präsentierte Sophie von La Röche »zufällige Gedanken« 211 : »Meine Leserinnen werden schon bemerkt haben, daß mir beynahe nichts vorkommt, wo mein Herz nicht sogleich einige Betrachtungen macht,« 212 Die Aneinanderreihung von Themen ähnelte geselliger Konversation und sollte den Frauen zugleich vorführen, wie sie die erworbenen Kenntnisse wieder locker in ein Gespräch einfließen lassen konnten. Selbst die moralischen Erzählungen enthielten neben empfindsamen Tugendlehren immer auch Informationen über Hausund Landwirtschaft sowie Betrachtungen über Natur und Gesellschaft. 213 Das Kernstück der Zeitschrift waren in den Augen der Herausgeberin die »Briefe an Lina«, mit deren Hilfe ein Mädchen aus dem unbegütertcn Bürgertum auf die Ehe mit einem gebildeten Mann vorbereitet werden sollte, Sophie von La Röche konnte durch eine solche Fiktion ihre Belehrungen an eine konkrete Person adressieren und diese um Unterweisung bitten lassen, mußte also mit dem Gestus der Wissenden nicht direkt vor das anonyme Publikum treten. Darüber hinaus schuf sie eine Identifikationsfigur; ein Angebot, das viele Leserinnen begeistert aufgriffen. In Leserbriefen dankten sie für die Lektionen, und auch bei Männern fand diese Form der Frauenbildung großen Anklang, 214 Einen Teil der Lehrbriefe hatte Sophie von 211

Ebd., S.4t9, Das thematische Sammelsurium eines Artikels schlug sich bisweilen auch im Titel nieder, zum Beispiel: Schwetzingen, Griechenland und Herveys Betrachtung der Blumen, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 8, S.683-696. 212 Antwort auf Fragen nach meinem Zimmer, in: Pomona, 1. Jg. (1783), Heft 3, S.227-249, hierS.241. 211 Sophie von La Röche gestand offen ein, daß sie in ihren moralischen Erzählungen eine heile Welt geschaffen habe in der Hoffnung, das edle Handeln ihrer Figuren möge zur Nachahmung reizen. Zudem wirkten Vorschriften und Belehrungen leicht anmaßend und provozierten daher nicht selten Widerspruch, so daß Erzählungen oft mehr bewirken konnten: »Der Geschichtenerzähler will nur unterhalten und angenehme Stunden geben - deßwegen ist man ihm gut und nimmt gerne aus seiner Hand eine Blume schöner Kenntniß, eine Frucht nützlicher Vorstellungen an.« La Röche: Briefe über Mannheim, S. 207. 214 Eine mit »Vigilande« unterzeichnende Leserin schrieb in ihrem in der Pomona abgedruckten Brief an die Verfasserin: »Daß ihre Briefe an Lina, um ihrer Faßlichkeit willen; um der zärtlichen Herablassung willen, die darinnen herrscht; um des angemessenen und aligemein Brauchbaren willen, das in jeder Zeile vorkommt, im ganzen genommen vielleicht für den größten Theil Ihrer Leserinnen die nützlichste Lektüre ist; -- ich möchte wissen, wer das nicht gestehen wollte,« Und Sophie von La Röche antwortete ihr: »Die Briefe an Lina sind meine Lieblinge. -- Sie können also denken, wie gern ich habe, wenn sie gelobt werden.« {Vigilande an die Verfasserin der Pomona und Antwort, in: Pornona, 1. Jg. (1783), Heft 10, S.997-1018, hier S. 1003/1004 und S, 1014.) Von mehreren Männern wurden die Briefe als Bräuteschulung begrüßt. Sophie von La Röche zufolge war die Stimme dieses Leserbriefschreibers kein Einzelfall; »Fahren Sie fort, aus jedem guten Mägdchen eine reine, tugendhafte Lina zu machen, denn damit legen Sie den Grundstein zu dem häußlichen Glück, das wir Jünglinge einst erwarten, wenn wir uns beschließen, die schwere Pflicht auf uns zu nehmen, rechtschaffene Bürger, liebreiche Gatten und fromme Väter zu werden. Wie glücklich - wie unaussprechlich glücklich wird alsdann der Jüngling seyn, der eine von Pomonas Schülerinnen] zur Gattin bekommt!« (Briefe und Antworten, in: Pomona, 1. Jg. (1783), Heft 12, S. 1215-1218, hier S. 1215.) Das Lob von Männern schien So-

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La Roche bereits geschrieben, als sie beschloß, eine Frauenzeitschrift herauszubringen. Als sie im November 1782 Johann Caspar Lavater um Bekanntmachung ihres Journals in der Schweiz bat, erklärte sie: Meine Briefe an Lina sind an ein Mädchen von 15 Jahr, Tochter eines Rats, der nicht reich ist. Mit der rede ich von Glück und Vergnügen, von Unterschied der Stände, von den Pflichten im Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche, Speiskammer, Speiszimmer, bei Visiten und Geräthkammer, wo Kleider und Weißzeug behalten werden, über Romane ... Alle Männer sagen, es sei das Beste, was ich schrieb.21·''

Die Verfasserin ergänzte in ihren Briefen an die verwaiste Lina deren Einweisung tn Hausarbeit durch eine Tante und die Verstandesbildung, für die der ältere Bruder sorgen wollte. Ferner bereitete Sophie von La Röche als Geschlechtsgenossin das Mädchen sachte auf Unterredungen mit dem gelehrten Bruder und die Lektüre populärwissenschaftlicher Werke vor.216 Ihrerseits übernahm sie die Verantwortung für Tugend und Herzensbildung. Die erfolgreiche Verheiratung Linas mit einem klugen, rechtschaffenen jungen Mann der Bildungselite im letzten Heft der Pomona stand symbolisch für das Bildungsziel der Briefserie wie der Zeitschrift insgesamt: Junge Frauen aus den höheren Ständen sollten auf ein Leben mit gebildeten, unter Umständen nicht sonderlich vermögenden Männern vorbereitet werden. Da Sophie von La Röche davon ausging, daß Frauen sich zu allen Zeiten am Geschmack der Männer orientierten und diesen zu gefallen trachteten, sah sie in deren - nach ihrer Einschätzung - gestiegenen Ansprüchen an die Qualitäten einer Gattin eine willkommene Chance und einen geeigneten Anreiz für eine bessere Frauenbildung. 217 Sie schärfte ihren Leserinnen ein, daß es nun nicht mehr ausreiche, eine patente Hausfrau abzugeben. Vielmehr müßten sie sich genügend Kenntnisse aneignen, um die Leistungen männlicher Gelehrter würdigen und ihnen somit teilnahmsvolle Gesprächspartnerinnen und vorzeigbare Gastgeberinnen häuslicher Geselligkeit sein zu können. 2 IK Frauen sollten sich nicht aus eigenständigem Inter-

phie von La Röche unverdächtig und geeignet, Mädchen dieses Weiblichkeitsideal schmackhaft zu machen. 215 Sophie von La Roche an J.C. Lavater am 7.11.1782, abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr. 135, S. 245/246, hier S. 246. 2fi> Die fiktive Lina berichtete ihrer Freundin Sophie von La Röche, ihr Bruder habe ihr bisher nur wenige Bücher gegeben, »weil er haben wilt, daß ich alles übrige zuerst mit Ihrem Weiberaug (wie er sich ausdrückt) lesen solle. Ihre Briefe würden mich das lehren.« Briefe an Lina 18, in: Pomona, 2. Jg, (1784), Heft 5, S.457-477, hier S. 458. 217 Sie ließ Lina eine historische Parallele zum Mittetalter ziehen: »Immer bog unser Herz und Wille sich nach ihnen. Nun herrschen Kenntnisse, deßwegen sollen wir den Werth davon kennen, damit unser Beyfall den Männern dieser Zeit das werde, was ihnen der Preiß der Tapferkeit bey einem Turnierspiel aus der Hand einer edlen Frau in den Ritterzeiten war.« Antwort an M.M.C, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 2, S. 170-180, hier S. 176. 31W Die »Briefe an Lina« seien entstanden, schrieb Sophie von La Röche rückblickend, »theils aus dem Grunde des hohen Werthes, welchen ich auf meine erhaltene Erziehung legte, theils durch Überzeugung, daß der einfache Gang der Ordnung des täglichen Lebens auf eine Familie des gelehrten Standes ohne Anderes einen nützlichen und angenehmen Ein88

esse in Wissenschaften und Künste einarbeiten, sondern vielmehr ein funktionales oberflächliches, dabei jedoch breites Wissen zulegen. Sophie von La Röche verglich solche Einblicke von Frauen in männliche Gelehrsamkeit mit der Fähigkeit, Hauptstädten und Lustschlössern die Länder und Herren zuzuordnen, ohne je dorthin gereist zu sein oder in diesen Gegenden gewohnt zu haben, 219 An anderer Stelle stellte sie eine Analogie zu den Frauen der griechischen Antike her, die die von Männern geschaffenen Tempel und Götterstatuen mit Blumen geschmückt hätten: An festlichen Tagen unsers Verstands sollte man uns in das Heiligthum der Wissenschaften führen, ihren Umfang, ihren Werth und ihre Schönheit zeigen: unser Vergnügen in ihrem Anblick, unsere Hochachtung für die verdienstvolle Männer aller Zeiten, welche das Reich der nützlichen Gelehrsamkeit erweiterten, wären auch Blumengewinde, die wir in feyerlichen Stunden, wie die Griechinnen, dem Geist der Wissenschaft weyhten. 22 "

Inwieweit Sophie von La Röche über eine psycho-soziale Unterstützung der gelehrten Männer hinaus auch eine konkrete Mitarbeit in Form von Korrespondenz, Übersetzungen, Abschriften und Korrekturen für Frauen ins Auge faßte, bleibt unklar. In ihren biographischen Skizzen berühmter Frauen in den »Länderheften« erwähnte sie häufig wissenschaftliche Hilfsdienste und Zusammenarbeit mit gelehrten Männern der Familie.221 Die Analogie zu Frauen anderer Stände, in denen Eheleute als »Arbeitspaare« wirtschafteten, legt ebenfalls nahe, daß Sophie von La Röche im Arbeitspensum gebildeter Männer eine Aussicht auf weibliche Teilhabe erblickte; Bäurinnen, Künstlers= und Handwerksweiber und Töchter verstehen altes, was zu den Berufsarbeiten ihrer Männer gehört -- und spinnen, waschen, kochen, gebären und erziehen Kinder dabey. In den Niederlanden besitzen so viele Frauenzimmer den Geist der Handlung: Warum sollen wir -- Weiber, Töchter und Mütter der Gelehrten nicht auch alles zu schätzen wissen, was den Ruhm dieser uns so nahen Verwandten gründet, ohne dadurch nur einen Schritt von der schönen Bestimmung unseres häußlichen Lebens abzuweichen? 222

druck machen würde. [...] Richtige Begriffe von aller Gattung Verdiensten dunklen mich auch zum Unterrichte der Töchter meines Standes nöthig, um die Verwendung der Geisteskräfte unserer Väter, Gatten und Söhne nach ihrem wahren Werthe zu schätzen.« (La Röche: Melusinens Sommer=Abende, S. XLV/XLVf). Eine gegründete Hochachtung vor den im Staatsdienst, Militär oder in der Kirche tätigen Männern erforderte ihrer Meinung nach auch Einsichten in so »unweibliche« Themen wie Krieg, Mut, Tapferkeit, Landesgesetze und Landessitten. (Vgl. Antwort an M.M.C., in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 2, S. 170180, bes. S. 177). Einige Monate später erklärte sie Lina tatsächlich etliche militärische Fachausdrücke und die verschiedenen Ränge der »Kriegsleute«, Sie selbst hatte sich diese Kenntnisse angelesen, weil zwei ihrer Söhne gerade eine militärische Laufbahn eingeschlagen hatten. Briefe an Lina 23, in: Pomona, 2. Jg. {1784), S. 1011-1031. 2IV Ein Winterabend aus Thomson, in: Pomona, 1. Jg. (l783), Heft 1,8.31-84, hier S. 32. 22 Ceiger/Weigei, S. 17. Ähnlich argumentieren auch Ingrid Wiede-Behrendt, S, 254/255, und Sabine Kröber, S. 5 , wobei beide zugleich das alte moralische Urteil fortschreibe n, Sop hie von La Röche habe es augenscheinlich allen Leserinnen und Lesern recht machen wollen. 267 Böhmel Fichera: Fähigkeiten, S. 47, erneut in: dies.: Werk, S. 102. Mit dem Begriff »Listen der Ohnmacht< zitiert sie den Titel der Aufsatzsammlung zur Sozialgeschichte weiblicher Widerstandsformen, herausgegeben von Claudia Honegger und Bettina Heintz, Frankfurt/M. 1981. 2hH Brandes: Frauenzimmer-Journal, S. 458. Monika Nenon konstatiert sehr viel vager, die Widersprüche lägen nicht in der Person Sophie von La Roches, sondern »in der Zeit« (Nenon, S. 164). 2W DiFino, S. 105-140, bes. S. 130 und S. 137. DiFino wirft Geiger und Weigel vor, Sophie von La Röche anachronistisch an der revolutionären Autonomie- bzw. Separatismusforderung der neuen Frauenbewegung des späten 20. Jahrhunderts zu messen, während die Schriftstellerin einen evolutionären Fortschritt habe vorantreiben wollen (S. 114). Sie selbst formuliert und argumentiert jedoch beständig ahistorisch, etwa wenn sie bewundert, daß Sophie von La Röche über ihrer Karriere nicht ihre Weiblichkeit eingebüßt habe (S. 112), oder wenn sie die öffentliche, einfühlsame Korrespondenz mit Leserinnen als frühfeministisches Gruppenge fühl und solidarische Schwesterlichkeit verklärt (S. 130/131).

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2.4 Caroline Friederike von Kamiensky: Luna, für den Gönner meiner Muse, 1788-1790 Die Pomona diente vermutlich in begrenztem Maß zum Vorbild, als Caroline Friederike von Kamiensky 1788 die Zeitschrift Luna, für die Gönner meiner Muse herausbrachte.2™ Die Monatsschrift war zwar ihrem Titel und ihrer Widmung nach nicht ausdrücklich ein Frauenjournal, zielte aber inhaltlich deutlich auf ein weibliches Publikum, und mehrfach wandte sich die Herausgeberin im Blatt an ihre »lieben Leserinnen«. Caroline Friederike von Kamiensky wurde am 21. Januar 1755 geboren und entstammte dem niederen Adel. Sie war bei Herausgabe der Zeitschrift fast 33 Jahre alt, blieb ihr Leben lang unverheiratet und wohnte damals mit ihren Eltern im sächsischen Naumburg. Ihr Vater hatte eine militärische Laufbahn absolviert und war 1768 als königlich sächsischer Hauptmann pensioniert worden. Caroline Friederike wurde protestantisch erzogen, besuchte jedoch in ihrem religiösen Eifer auch katholische und reformierte Gottesdienste. Die biographische Literatur schreibt es ihrer Mutter zu, daß sie eine sehr gute Bildung erhielt, mehrere Sprachen, darunter Latein, erlernte, Musikunterricht erhielt und in ihren frühen dichterischen Versuchen gefördert wurde.271 In einem autobiographischen Text in der Luna über die Geschichte ihrer Lektüre behauptete Caroline Friederike von Kamiensky, als Kind nicht gerade zum Lesen angehalten, aber auch nicht daran gehindert worden zu sein. Hierin sah sie einen Grund dafür, weshalb bei ihr Lektüre nicht zu einer ungezügelten Leidenschaft, wohl aber einem dauernden Bedürfnis geworden sei. Auf diese Weise distanzierte sie sich vom Vorwurf der »Lesesucht« und lie-

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Luna, für die Gönner meiner Muse. Ein Monatsblat von Caroline Friederike von Kamiensky, Naumburg (aus der Uligschen Buchdruckerey) 1788-1790. Mehrere ältere Lexika nennen für die Luna einen Erscheinungszeitraum von 1787 bis 1790. Kirchner und Krull gehen dagegen davon aus, daß das Blatt im Januar 1788 erstmals erschien; ein Jahrgang 1787 ist auch heute nicht (mehr) aufzufinden. Die Einleitung der Herausgeberin im ersten Stück des Jahrgangs 1788 könnte sowohl eine allererste Wendung an das Publikum sein als auch eine erneute Begrüßung zum Jahresbeginn. Im ersten Fall hätte die Herausgeberin die programmatischen Aussagen zu Inhalt, Zielgruppe und Nutzen der Zeitschrift recht knapp gehalten. Einziges Indiz dafür, daß das Blatt bereits 1787 erschienen sein könnte, ist eine Fußzeile »Dritter Jahrgang« auf dem Titelblatt des März-Heftes 1789, wobei es sich allerdings auch urn einen Druckfehler handeln könnte. Eine Ankündigung oder Rezension der Luna in der zeitgenössischen Presse, die diese Frage klären würde, konnte nicht gefunden werden. Das Schweigen der Literaturkritik ist insofern verwunderlich, ais es sich die großen überregionalen Rezensionsorgane zum Ziel gemacht hatten, alle Neuerscheinungen zumindest kurz anzuzeigen. Eine Zeitschrift, die es auf mindestens drei Jahrgänge brachte, dürfte ihnen kaum entgangen sein. Allerdings tauchte in diesen Jahren die verlegende Buchdruckerei auch mit keiner anderen Veröffentlichung in den kritischen Journalen auf. 271 Am ausführlichsten: Schindel, Bd. l, S.239-244 und Bd.3, S. 183/184. Schindel hielt Caroline Friederike Kamienskys poetisches Talent für ein Erbe ihrer weiblichen Vorfahren, da auch ihre Mutter, eine geborene von Schütter, sich der Lyrik widmete und eine Ahnin 1726 geistliche und weltliche Gedichte herausgegeben hatte (S.241).

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ferte zugleich einen kritischen Erklärungsansatz, wie es zu einer solchen kommen könne: Ich habe, nach der Sitte unsers Zeitalters, von Kindheit an gelesen; doch nicht mit Übermaas - weil ich in meiner Lage dazu weder große Aufmunterung, noch häufige Gelegenheit fand; nicht mit eigentlicher Leidenschaft - weil mir es nie verwehrt wurde, diesem Hange zu folgen, und Neigungen solcher Art, wenn sie unter keinem Zwange stehen, selten zu Leidenschaften emporwachsen; nicht mit ausgesuchter Wahl - weil ich immer die Bücher nahm, wie sie mir in die Hände fielen; nur gegen Immoralität und schlechten Styl empörten sich meine Grundsätze und mein Gesehmak. 272 Sie sei vielleicht etwas zu früh mit Schriften in Berührung gekommen, die ihre »Einbildungskraft« allzusehr angeregt hätten. So habe sie als Kind die gelesenen rührenden Geschichten mit ihren Puppen nachgespielt und frühzeitig Trauerspiele in einer Handschrift verfaßt, die nur sie selbst habe entziffern können. Sie deutete an, daß sie als junges Mädchen etwas überspannt gewesen sei, offenbar zu schwermütiger Schwärmerei geneigt hatte, schließlich aber habe sie wiederum durch Lektüre zu soliden moralischen Grundsätzen, zu Toleranz, Humanität und Wohlwollen gegenüber den Mitmenschen gefunden, 273 Im Alter von 17 Jahren lieferte Caroline Friederike von Kamiensky ein erstes Gedicht an eine Leipziger Zeitschrift, vermutlich folgten weitere kleinere anonyme Veröffentlichungen, 274 jedoch ist über diese frühen Jahre wenig bekannt. Das Ange-

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Meine Erfahrungen von den Folgen der Lektüre. An einen Freund, in: Luna, Jg. 1790, Heft 9, S, 129-137, hier S. 129/130. Später kam sie auf diesen Gedanken zurück: »Noch immer ist Lektüre nicht Leidenschaft bey mir - ich lege das Buch bey der schönsten Stelle zurük, wenn es die Ordnung der Zeit verlangt; aber sie ist mir ein süßes Bedürfniß, Nahrung, nach der mein Geist schmachten würde, wenn man sie ihm entzöge.« S. 136. ?7i Die Verfasserin listete detailliert die von ihr gelesenen Bücher auf: Lesebuch, Katechismus und Gesangbuch seien ihre erste Lektüre gewesen, danach habe sie relativ ziellos gelesen, unterhaltende Sammlungen, die Erzählungen aus 1001 Nacht, Feenmärchen, Gellerts Fabeln, auch Richardsons Grandison und Fenelons Telemach. Als »das zwe k mäßigste« unter ihren frühen Lesestoffen bezeichnete sie im Rückblick das »Magazin der Beaumont« (S. 131), wobei es sich entweder um das auch ins Deutsche übersetzte Magazin des enfants oder das französische Magazin des jeunes domes von Jeanne-Marie Le Prince de Beaumont gehandelt haben müßte (vgl. Kap. II.3.). Allmählich habe sie neben Dichtung, Schauspielen und Romanen immer mehr ernste und belehrende Schriften rezipiert, Klopstocks Messias habe großen Eindruck auf sie gemacht, Herder und Fest seien zu ihren bevorzugten Autoren geworden: »Mein Geschmak an solider Lektüre hatte nun Wurzel gefaßt. Nebst Fest und Herder verdrängten nun auch Zimmermann, Abbt, Mendelssohn etc. die Moderomane. Ich gieng gern in die Schule ernster Weisen und nährte meinen Geist mit Wahrheit.« (S. 135). Das Lesen und das Leseerlebnis spielen in den allermeisten autobiographischen Texten von gebildeten Frauen eine herausragende Rolle. Oft findet sich der Topos, zunächst alles »verschlungen«, schließlich aber zu einer kontrollierten, kritischen Lesehaltung gefunden zu haben, (Vgl. Meise: BDdungslust, bes. S. 465). Der Text von Caroline Friederike von Kamiensky erinnert konkret an Sophie von La Roches autobiographischen Artikel Über meine Bücher, den diese »einen Auszug der Geschichte meines Kopfs« nannte, in: Pomona, l, Jg. (1783), Heft 5, S.419-432, Zitat S.420. 274 Das biographische Lexikon Das gelehrte Sachsen von 1780 verzeichnete bereits das »Fräulein von Kamiensky«: Sie habe »Antheil« gehabt an der Zeitschrift Neue Unterhailungen

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bot der Fürstin von Schwarzburg-Sondershausen, sie als Hoffräulein in ihre Dienste zu nehmen, lehnte die Familie 1774 ab, 1786 trat Caroline Friederike von Kamiensky dann erstmals mit einer eigenständigen Veröffentlichung hervor, der Gedicht- und Aufsatzsammlung Meine Muse, in deren Vorwort sie nun auch ihren Namen nannte. Dieses Werk fand offensichtlich Beifall, denn sie entschloß sich daraufhin, eine periodische Schrift zu verfassen, und knüpfte mildem Untertitel für die Gönner meiner Muse ausdrücklich an ihren ersten Erfolg beim Publikum an. Das Journal erschien bis Ende 1790 und hätte vielleicht noch fortgeführt werden können, doch 1791 ging Caroline Friederike von Kamiensky nach Hannover, wo sie drei Jahre lang als Erzieherin der Tochter des Hofrichters Friedrich Ludwig von Berlepsch und seiner Frau Emilie275 tätig war. Eine zweite Stelle in Döllnitz gab sie auf, um ihre alten Eltern zu versorgen. Nach dem Tod des Vaters zog sie 1800 mit der Mutter in den Haushalt des Bruders nach Dresden, wo dieser ein Amt als Hof- und Justizrat der Landesregierung versah. In jenen Jahren veröffentlichte sie nur noch wenig, 1804 gab sie eine Sammlung poetischer Übersetzungen, biblischer Gesänge und freundschaftlicher Gedichte heraus, von denen ein Teil von ihr selbst stammte. Ihre poetische Bearbeitung der mittelalterlichen thüringischen Geschichte Der Traum der Mitternacht fand lobende Erwähnung in den Göttingischen gelehrten Anzeigen, die sie als »edle Dichterin« bezeichneten.276 Andere ihrer Texte erschienen in einer Anthologie des Bruders, viele wurden wohl nie gedruckt. Sie starb 1813 im Alter von 58 Jahren an einer Seuche, die sie sich während der Belagerung der Stadt bei der Pflege Kranker zugezogen hatte. Ihr literarischer Nachlaß ging verloren, Die Luna kam recht harmlos daher. In der Einleitung zum ersten Heft des Jahres 1788 kündigte Caroline Friederike von Kamäensky an, ihr Monatsblatt solle »nur die Unterhaltung weniger leeren Augenblike seyn«, diese wolle sie »mit einiger An1774. (Friedrich August Weiz: Das gelehrte Sachsen (1780), zit. n. DBA, 624,60), Ihre Autorschaft wurde also offenbar in Sachsen schnell publik. Z7S Emtlie von Beriepsch hatte bereits zahlreiche unterhaltsame Reiseberichte und Gelegenheitsgedichte in diversen Zeitschriften veröffentlicht. In diesem Jahr erschien in Wielands Neuem Teutschen Merkur ein bemerkenswerter Aufsatz, in welchem sie die Unabhängigkeit der Frau vom Willen und Denkendes Ehemannes postulierte. , , .: Über einige zum Glück der Ehe nothwendige Eigenschaften und Grundsätze, in: Der Neue Teutsche Merkur, Jg. 1791, Bd.2, S,63-102 und S. 113-134. Vgl. Krull, S.107/1Q8; Claudia Honegger: Weibliche SelbstreOexion um 1800, in; Feministische Studien 7 (1989), Nr.2, S.7-22; Ruth Dawson: »And this Shield is Called Self-Reliance«, Emerging Feminist Consciousness in the Late Eighteenth Century, in: Ruth-Ellen B. Joeres/Mary Jo Maynes (Hg.): German Women in the Eighteenth and Nineteenth Century, Bloomington 1986, S. 157-174; dies,: »Der Weihrauch, den uns die Männer streuen«. Wieland and the Women Writers in the Teuischer Merkur, in: Hansjörg R. Schelle (Hg,): Christoph Martin Wieland. Nordamerikanische Forschungsbeiträge zur 250. Wiederkehr seines Geburtstages 1983, Tübingen 1984, S. 225-249. 27 {Ohne Titel], in: Luna, Jg. 1789. Heft l, S. i/2, hier S, 2. 27H

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Die Beteuerung, daß über der literarischen Betätigung die eigentlichen weiblichen Pflichten nicht vernachlässigt würden, fand sich auch in der Luna, allerdings nicht in einem Text der Herausgeberin, sondern in einem der Gedichte von Philippine von Calenberg, die regelmäßig und als einzige namentlich gezeichnete Beiträge in der Zeitschrift veröffentlichte,281 Zwar zierten Fertigkeiten wie Nähen und Stricken ein Mädchen mehr als »Dichterglanz«, mit dem es im Gegensatz zu diesen keinen Mann beglücken könne, hieß es dort, doch da sie (das lyrische Ich) die frohen Lieder, die ihr in ihren Arbeitsstunden in den Kopf kämen, im Verborgenen aufschreibe, keinen Anspruch auf Gelehrsamkeit erhebe, und wisse, daß Dichten nicht in der Bestimmung der Frau liege, bleibe es in ihrem Fall bei einem unschuldigen Zeitvertreib: Daß Häuslichkeit um Verse ich versäume Das werd ich nie! Drum laße man mir meine armen Reime, Mich freuen sie!282

Die Gedichte Philippine von Calenbergs in der Luna illustrieren anschaulich, wie der Bescheiden hei tstopos von Frauen im späten 18. Jahrhundert vielfach umfunktioniert wurde, um gerade nicht bloß heimlich und für sich selbst zu schreiben, sondern an die Öffentlichkeit zu treten. Die Beiträge für Caroline Friederike von Kamienskys Journal waren die ersten Publikationen der damals 24jährigen und wurden für sie zum Einstieg in die Mitarbeit an diversen periodischen Schriften. Noch deutlicher kommt die paradoxe Struktur in einer in der Luna veröffentlichten Stammbucheintragung zum Ausdruck. Philippine von Calenberg bedichtete hier, daß sie nicht dichten könne, und machte bekannt, daß sie gänzlich unbekannt sei »am Parnaß«.283 Die monatlich erscheinenden Hefte der Luna umfaßten in der Regel 16 Seiten in Oktav, der Preis ist nicht überliefert. Die einzelnen Beiträge waren zumeist kurz, so daß ein Heft durchschnittlich sieben verschiedene Artikel enthielt. Der überwiegende Teil der Texte stammte von Caroline Friederike von Kamiensky selbst, wobei die Zahl der Fremdbeiträge allmählich leicht anstieg.384 Die Zeitschrift zielte, wie es die Herausgeberin angekündigt hatte, vorrangig auf gebildete Unterhaltung, VersEpen, Schäfergedichte und Naturlyrik, Gelegenheitspoesien und gereimte Sinnsprüche machten fast die Hälfte aller Beiträge aus. Manche Erzählungen, Lehrgedichte, 2K1

Vgl. Kap. III.1.3. * Philippine von Calenberg: Rückkehr der Muse, in: Luna, Jg, 1790, Heft I, S. 10-18, hier S. 11/12. 2t« Philippine von Calenberg: In ein Stammbuch neben einem Vergißmeinnicht, in: Luna, Jg. 1790, Heft 10, S. 155/156: »Ich bin der Musen Liebling nicht;/Sonst wollt' ich,Freund, Dir ein Gedicht / Izt gleich nach Maas und Wohlklang singen; / Allein dies kann ich nicht kann Reime nur Dir bringen! / Doch - beßer als erborgt! Produkte einer Hand / Die gern was schöners gab; war sie nicht unbekannt / So gänzlich am Parnaß [...]«. 2M Alle Fremdbeiträge waren, wenn nicht mit einem Namen oder Initialen, mit einem Stern versehen, s. Anmerkung, in: Luna, l, Jg. (1788), Heft 7, S. 112, Vgl, Kap. III.1.3. 2 2

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Fabeln und Epigramme sowie die am Ende jedes zweiten Heftes eingerückten Rätset transportierten mitunter moralische Lehren, Kenntnisse vermittelte die Luna hingegen nur selten. Immerhin wurden die Leserinnen an einige Inhalte aus dem Kanon höherer Bildung herangeführt. Nicht nur ihre männlichen Beiträger verfügten über eine altphilologische Ausbildung, auch Caroline Friederike von KamLensky selbst übersetzte bisweilen aus dem Lateinischen und versah die ins Deutsche übertragenen launigen Gedichte des Anakreon, die Klagegesänge Ovids oder die Nacherzählungen aus der griechisch-römischen Mythologie und Geschichte mit erläuternden Anmerkungen. Ob die Herausgeberin damit bewußt eine Horizonterweiterung anstrebte oder für ihre Zeitschrift schlicht aus dem Fundus schöpfte, der sich aus ihren eigenen und den Arbeiten ihrer Mitarbeiter ergab, läßt sich allerdings nicht entscheiden.285 Jedenfalls vermied sie es, ihr Publikum allzu deutlich zu belehren und ihren Bildungsvorsprung auszuspielen. Höflich bat sie ihre jugendlichen Leserinnen um Erlaubnis, ihnen von der Geschichte des Ödipus so viel sagen zu dürfen, wie ihr selbst bekannt sei, damit diese die folgende Nacherzählung von Atys und Ismene nicht »ganz ohne Geschmak« läsen.2fi6 In ihrer Einleitung zu einer biographischen Skizze des französischen Naturforschers Graf Buffon, die ihr zum Abdruck eingesandt worden war, leugnete sie sogar ihre breite Allgemeinbildung und stilisierte sich zu einer gemeinsam mit ihren Leserinnen zu belehrenden Schülerin: Da ich, in Rüksicht des Mangels gelehrter Kenntniße, doch wohl mit dem größern Theiie meiner jungen Leserinnen auf einer Stufe stehe, so glaube ich, mit einigem Rechte schließen zu können, daß das, was für mich intereßant isi, es auch für sie seyn werde.287

Vermutlich versprach sich Caroline Friederike von Kamiensky von dem Schein gemeinsam unternommener Bildungsanstrengungen eine anspornende Wirkung. Niemals trat sie für eine systematische Frauenbildung oder auch nur eine kontinuierliche Belehrung ein. Sie griff in ihrer Zeitschrift lediglich Anlässe auf, um Frauen bei Gelegenheit über einige Fragen nachdenken und auf diese Weise etwas lernen zu lassen. In einer ihrer Nacherzählungen aus dem Englischen wurden junge Mädchen nicht nur vor Schmeichelei, Leichtsinn und Aberglauben, sondern auch vor den »Spinnegeweben der Philosophie« gewarnt: Ihre »feingesponnenen Hypothesen« verwickelten den Verstand in Irrtümer und machten diesen unfähig, »der Wahrheit auf dem Wege der Beobachtung und Selbstprüfung nachzuforschen«, behauptete 2KS

Die antiken Stoffe in der Lima waren nicht gezielt für ein weibliches Publikum aufbereitet, manches dürfte Menschen ohne Vorkenntnisse trotz der Erläuterungen unklar geblieben sein. Auch inhaltlich enthielten die Beiträge wenig »Frauenspezifisches«,sie handelten zumeist von Kriegsgetümmei, Männerfreundschaft und der Rache der Götter und Göttinnen. Dies alles spricht eher dafür, daß es sich bei den Fremdbeiträgen weitgehend urn Gefälligkeitsabdrucke handelte und nicht um eine Strategie, weiblichen Lesern ungewohnte Themen zuzumuten. z** [Vorspann zu Atys und Ismene. Nach Statius], in: Luna, Jg. 1788, Heft 10, S. 145-147, hier S. 145. 2H7 [Caroline Friederike von Kamiensky: Vorspann zu:] F.: Skizzen aus dem Leben des Grafen von Buffon, in: Luna, Jg. 1788, Heft 7, S.97-101, hier S.97. 109

hier ein den Frauen wohlgesonnener, weiser Greis.2Hii Am ehesten noch nahm Caroline Friederike von Kamiensky die Rolle einer Lehrerin ihres eigenen Geschlechts in den »Briefen an Clarißa« ein, sieben ausführlichen moralischen Ermahnungen einer »jungen Freundin«, die an die »Briefe an Lina« in der Pomona erinnern, 289 Anders als Sophie von La Röche vermittelte die Lwnö-Herausgeberin in ihren Briefen aber keinerlei enzyklopädische Kenntnisse, sie zitierte weder aus der Literatur noch verwies sie je auf irgendwelche Autoritäten. Vielmehr gab sie vor, ihr Wissen allein aus der eigenen reiferen Lebenserfahrung herzuleiten. 290 Sie räsonierte über den Unterschied zwischen stolzer Koketterie und bescheidener Gefälligkeit, zwischen verwerflicher Eitelkeit und dem legitimen Wunsch, anderen zu gefallen, und forderte die fiktive junge Freundin »Clarißa« immer wieder nachdrücklich zu Mäßigung auf. Dabei machte sich die Verfasserin nicht zum womöglich unerreichbaren Ideal weiblicher Tugend, sondern berichtete von eigenen Defiziten und Fehlern sowie deren Überwindung. 291 Vorbilder bot die Zeitschrift ihren Leserinnen sonst nicht. Die historischen Beiträge handelten zumeist von Männergeschichte, die biographischen Skizzen stellten ausschließlich männliche Künstler und Gelehrte vor.292 In den belletristischen Texten traten keinerlei starke und handlungsfähige weibliche Helden auf, statt dessen verherrlichte die Naturlyrik Frauen als Blumen und beschworen die zahlreichen Gelegenheitsdichtungen die weibliche Bestimmung zu Ehe und Mutterschaft. Ihre Geburtstags-, Hochzeits- und Begräbnisgedichte widmete die Herausgeberin zumeist ausgewählten Bekannten aus dem Publikum. 293 Leserinnen und Leser griffen dieses Verfahren auf und sandten nun ihrerseits dilettantische Gelegenheitsprodukte zum Abdruck ein. Auf diese Weise wurden zwar »private« Nachrichten und 2)W

Überall sind Neze ausgespannt, in: Luna, Jg. 1788, Heft 6, S. 81 -83, hier S.83. Die Figur war vertrauenserweckend gezeichnet und sollte sich durch diese Äußerungen keineswegs disqualifizieren. 2m Dafür, daß Caroline Friederike von Kamiensky diese prominente Vorläuferin kannte, sprechen außerdem Erwähnungen der »Pomona« als der Göttin des Herbstes sowie einer »Lina« in gleich mehreren Artikeln der Luna. ~i'm »Ich, die ich mein Bischen Weisheit nur aus Erfahrungen und Beobachtungen über mich selbst geschöpft habe, will Ihnen statt aller ändern Gründe und Beweiße auch nur diese mittheilen.« An Clarißa, in: Luna, Jg. 1788, Heft 5, S. 72-76, hier S.73. M1 »Zum Beschluß will ich Ihnen noch vertrauen, daß ich selbst zuweilen an einigen der Klippen, die ich Ihnen hier in der Ferne gezeigt habe, scheiterte. Wollen Sie auch deshalb an meiner Lebensweisheit zweifeln, so faßen Sie vielleicht desto mehr Zutrauen zu meiner Erfahrungsklugheit.« An Clarißa, in: Luna, Jg. 1789, Heft 5, S. 65-72, hier S,72, M2 Vgl. Kap. V.2, 2V * Zahlreiche ihrer Freundschaftsgedichte bezogen sich auf den vermutlich unter dem Kürzel »v.B.« an der Luna mitarbeitenden Georg August von Breitenbauch, eins pries die Autorin Philippine von Calenberg, Daneben veröffentlichte die Herausgeberin Verse, mit denen sie Exemplare ihrer Gedichtsammlung oder Zeitschrift prominenten Zeitgenossen oder unbekannten Verehrerinnen überreicht hatte: In ein Exemplar meiner Muse an Herrn Herder, in: Luna, Jg. 1788, Heft 8, S. 128; An Herrn P. Fest. In ein Exemplar meiner Muse, in: Luna, Jg, 1789, Heft 9, S. 138/139. In ein Exemplar der Luna, an eine mir von Person unbekannte Freundin, in: Luna, Jg. 1790, Heft 4, S.64. 110

Beziehungen publik gemacht, eine weibliche Öffentlichkeit, etwa in Form von publizierter Korrespondenz, entstand jedoch nicht. Die Luna kann als erste von einer Frau herausgegebene Frauenzeitschrift betrachtet werden, die fast ausschließlich der Unterhaltung des weiblichen Publikums diente. 294 2.5 Das Museum für Frauenzimmer »von einigen ihrer Mitschwestern«, 1790 Die Herausgeberinnen der 179Ü erscheinenden Vierteljahresschrift Museum für Frauenzimmer2^ wollten ihre Namen nicht nennen und sind bis heute unbekannt geblieben. Bis auf einige wenige Gedichte der damals schon berühmten Poetinnen Anna Luise Karsch und Sophie Albrecht waren alle Texte mit weiblichen Pseudonymen oder mit Initialen unterschrieben oder erschienen gänzlich anonym. Vermutlich wurden sämtliche Beiträge von Frauen verfaßt, 246 Die Herausgeberinnen bezeichneten sich gegenüber ihren Leserinnen und potentiellen Beiträgerinnen ais »Mitschwcstcrn« und inszenierten sich in einer Voranzeige im Journal des Luxus und der Moden als Geiegcnheitsschreiberinnen, die sich selbst ein Forum schufen, um ihre Texte dem lesenden Publikum vorzustellen. Von einem möglichen finanziellen Gewinn war dabei nicht die Rede, hätte dies doch dem Eindruck eines harmlosen Dilettantismus widersprochen, den die Herausgeberinnen gan/ offensichtlich erwecken wollten: Hoffentlich wird es doch wohl unserer Quartalschrift nicht zum Nachtheil gereichen und Vorurtheil erwecken, daß Frauenzimmer als Verfasserinnen auftreten und dabey das Inkognito beobachten? Man sey so geneigt, und nehme folgende Ursachen als gültig an: daß wir wünschen, daß man unsre kleinen Arbeiten als bloße Nebenbeschäftigung ansehe und daß wir sie als Nebenbeschäftigung unserm Geschlechte empfehlen. Wir fodern daher auch alle diejenigen auf, die ihre Nebenstunden auf gleiche Art ausfüllen, sich gefällig mit zu unserm Zwecke zu vereinigen. Seit langer Zeit her sind die Bemühungen des männlichen Geschlechts unverkennbar gewesen, uns mögliche Kenntnisse beyzubringen und den Geist mehr auszubilden; man sehe also unsere Arbeiten ais kleine Versuche und Proben an, daß jene Bemühung nicht gan/ vergeblich gewesen sey,2 Davon ging 1791 der Verfasser des Verzeichnisses einiger jetztlebenden deutschen Schriftstellerinnen und ihrer Schriften im Journal von und für Deutschland aus (Verzeichnis, Siebenter Beytrag, in: JvfD. S. Jg. (1791). 3. Stück, S, 231/232, hier S. 232), Der einzige männliche Autorname im zweiten Band war »Herr von Montagne« als Verfasser eines englischen Briefromans, der in Fortsetzungen abgedruckt wurde. Hier stammte aber vermutlich die Übersetzung von einer Frau. 2W Voranzeige des Museums für Frauenzimmer, in: Journal des Luxus und der Moden [im fol-

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Hier unternahmen Frauen für sich und andere schreibende Frauen einen Professionalisierungsversuch und verharmlosten ihn sogleich wieder. Sie präsentierten sich als artige, gelehrige Schülerinnen männlicher Pädagogen und Förderer der Frauenbildung und unterstellten ihre Redaktion angeblich der Aufsicht zweier ihnen freundschaftlich verbundener Männer: Entfernt von aller Selbstsucht und Selbstgenügsamkeit haben wir zween Freunde ersucht, unsre Aufsätze durchzusehen, und bey ihnen wird es in der Folge stehen, ob sie sich nennen wollen oder nicht,2"8

Wenn es diese Redakteure je gab, so haben sie ihre Identität genausowenig preisgegeben wie die Herausgeberinnen. In den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts entschlüsselte Carl Wilhelm von Schindel zwei der im Museum für Frauenzimmer verwendeten Pseudonyme. Beide Autorinnen lebten in Sachsen, wo die Vierteljahresschrift erschien, und beide waren zeitlebens bemüht, Ambitionslosigkeit zu demonstrieren. Ob sie zu den Initiatorinnen zählten und an der Herausgabe beteiligt waren oder anderen Frauen lediglich regelmäßig ihre Beiträge einsandten, konnte bisher nicht geklärt werden. Die eine von ihnen war Karoline Keller, verheiratete Weinich, eine Lehrerstochter aus Pforta, deren Lebensdaten nicht bekannt sind. Sie schrieb anonym und unter dem Pseudonym »Linna« für verschiedene Zeitschriften und war in jedem Band des Museums mit mindestens einem Gedicht vertreten.299 Karoline Keller hat es offenbar bei Gelegenheitsgedichten bewenden lassen und ihre schriftstellerische Tätigkeit auch später nicht ausgedehnt. Anders Wilhelmine von Gersdorf, die schon als Kind Gedichte und Erzählungen verfaßt und 1789 damit begonnen hatte, unter Pseudonym im Lausitzischen Magazin zu publizieren. Höchstwahrscheinlich hatte sie auch bereits 1784 einen anonymen Beitrag in der Pomona plaziert.·'00 1790 schrieb die 21jährige regelmäßig für das Museum, gleichzeitig erschien anonym eine erste Gedichtsammlung von ihr. Hatten schon ihre Beiträge im Lausitzischen Magazin Verehrerpost und Huldigungsgedichte hervorgerufen,301 so fand vor allem ihr Dramulett Die Familie Walberg, das sie bereits als 16jährige geschrieben hatte und das der Ehemann von Sophie Albrecht 1792 angeblich ohne ihr Wissen als das Werk »einer jungen Dame aus Sachsen« herausgab, die Anerkennung des Publikums,302 Wilhelmine von Gersdorf, inzwischen mit einem Vetter gleichen Namens verheiratet, suchte an diesen Erfoig anzuknüpfen und

genden: JLM],5. Jg. (1790), Intelligenzblau Nr. 2, S. XVII/XVIII, hier S. XVII (Druckfehler »seyn« korrigiert). Zur Reaktion zeitgenössischer Literaturkritiker auf diese devote Geste vgl. Kap. IV.4.2. «* Ebd. 2W Schindel erkannte tn ihrem Verzicht auf Namensnennung lobenswerte Bescheidenheit. »Entfernt von dem Wunsche, als Schriftstellerin zu glänzen«, fühle sie sich »im häuslichen Kreise als Gattin und Mutter am glücklichsten«. Schindel, Bd.2, S. 406/407. 11X1 Ältere Literatur und ein Brief von Sophie von La Röche lassen das vermuten. Der Text kann aber unter den anonymen Beiträgen nicht identifiziert werden. Vgl. Kap. III.1.3. 3i " Vgi. Krull,S.169-17i. •"G Zum Topos einer Veröffentlichung wider Willen vgi. Kap. II.2.2. 112

zeichnete in der Folgezeit ihre zahlreichen Schriften als »Verfasserin der Familie Walberg«, wahrte jedoch trotz neugieriger Spekulationen über die Identität der Autorin zwanzig Jahre lang ihre Anonymität. Selbst nachdem sie vereinzelt unter ihrem vollen Namen publiziert hatte, griff sie noch zu neuen Pseudonymen und wählte insbesondere für Ritter- und andere Abenteuerromane sowie bei historischen Stoffen Namen, die einen männlichen Verfasser vermuten ließen. Als einziges Kind hatte sie in ihrem adligen Elternhaus eine sorgfältige Erziehung erhalten; neben Unterweisungen durch eine gebildete Erzieherin, einen protestantischen Geistlichen und die Mutter hatte ihr Vater, ein Kriegsrat in kurfürstlichen Diensten, sie zumindest in die Anfangsgründe des Lateinischen und Griechischen, der Geschichte und Geographie eingeführt und sie zu regelmäßigen schriftlichen Stilübungen veranlaßt.·103 Offenbar konnte sie diese Bildung in ihrer Ehe mit einem kurfürstlichen Karnmerherrn mithilfe von Lektüre fortsetzen und vertiefen, denn die Wahl ihrer Stoffe weist auf große Belesenheit hin. Weder ihre gesellschaftliche Stellung als adlige Gutsherrin und Gattin eines Hofbeamten noch ihre Ehe und zahlreichen Kinder standen reger schriftstellerischer Arbeit entgegen. Warum sie sich erst sehr spät und nur äußerst begrenzt öffentlich zu ihren Werken bekannte, obwohl ihr Name unter Kennern des literarischen Marktes schon lange kein Geheimnis mehr gewesen sein dürfte, wird wohl nicht mehr in Erfahrung gebracht werden können. 304 Der Abdruck der Gedichte von Sophie Albrecht und Anna Luise Karsch ist noch kein Beleg für eine regelrechte Mitarbeit der beiden am Museum für Frauenzimmer, Vermutlich sollten ihre Narnen für die Vierteljahresschrift werben. Sophie Albrecht war 1790 schon eine bekannte Schauspielerin und hatte bereits zahlreiche Gedichte und Schauspiele unter ihrem Namen veröffentlicht, viele davon in Zeitschriften, so auch 1783 in der Pomona?0* Sie war mit der 11 Jahre jüngeren Wilhelmine von Gersdorf gut bekannt,31*6 so daß es für diese nicht schwer gewesen sein

-1IB Der Vater soll die Gedichte der 15jährigcn an zwei Bekannte geschickt und sie um ihren fachmännischen Rat bzw. bei positivem Urteil um eine Förderung der Tochter gebeten haben. Schindel, Bd. l, S. 152-160 und Bd.3, S. 107-109, (Der Verfasser dieses Schriftstellerinnenlexikons hatte 1820 eine Tochter Wilhelmine von Gersdorfs geheiratet. Sein Schriftenverzeichnis der Schwiegermutter umfaßt auch einen Text Kranz der Ahnfrauen aus dem Geschlechte Gersdorf, meiner ältesten Tochter, Jgfr. Adelheid Therese Amalie Gersdorf, am Tage ihrer Vermählung [...] mit C.W.A.v.Schindel, der nur an Freunde verteilt worden und nie in den Buchhandel gelangt sei.) 104 Ab 1796 führte Meusel sie im Gelehrten Teutschland als die Verfasserin mehrerer Gedichtbände, der Familie Walberg und anderer Dramulette auf. Hamberger/Meusel, Bd. 2 (1796), S. 548, Bd.9 (1801), S,420, Bd. 11 (1805), S. 268, Bd. 17 (1820), S. 703/704, Bd.22,2 (1831), S. 343-345. -1"5 Samuel Baur schrieb 1790 über sie: »Als Dichterinn ist sie so rühmlich bekannt, als es eine Dame verlangen kann, von der man, ohne ungerecht zu seyn, keine Ma««i=Arbeit fodern wird.« [Baur:] Deutschlands Schriftstellerinnen, S.6. Zu ihrer Biographie vgl. vor allem Schindel, Bd. l, S. 8/9 und Bd. 3, S. 5-7; Schröder: Hamburgische Schriftsteller, Bd. l, S. 4244; Allgemeine Deutsche Biographie [im folgenden: ADB], Bd. l (1875), S. 322. 1(ln Zwei Jahre später wechselten die beiden im Lausitzischen Magazin öffentlich empfindsame Freundschaftslieder. Vgl. Krull, S. 168. 113

dürfte, von der berühmten Freundin einige Beiträge einzuweihen, falls sie denn zu den herausgebenden »Mitschwestern« der Vierteljahresschrift zählte. Die von vielen Zeitgenossen als »deutsche Sappho« gefeierte Dichterin Anna Luise Karsch war im Erscheinungsjahr der Zeitschrift 67 Jahre alt und lebte in Berlin von Zuwendungen fürstlicher Gönner.™7 Daß sie die abgedruckten Gedichte selbst eingesandt hätte, scheint unwahrscheinlich. Ihr war nach Sophie von La Röche und Elisa von der Recke der dritte Quartalsband des Museums für Frauenzimmer gewidmet. Mit diesen Zueignungen wahrten die Herausgeberinnen einen ehrerbietigen Abstand zu den prominenten Geschlechtsgenossinnen und ordneten ihre periodische Schrift doch zugleich in eine Tradition weiblichen Schreibens ein. Um Einsendung von Beiträgen baten sie dagegen ausschließlich Frauen, für die das Schriftstellern keine Profession war, und versicherten, sie würden gegebenenfalls schriftliche Rücksprache mit den sich bewerbenden Mitarbeiterinnen und Gelegenheitsautorinnen halten. Diese Ankündigung legt ebenfalls nahe, daß die Herausgeberinnen steh an Anfängerinnen wandten, die noch nie oder erst selten publiziert hatten. Der Begriff des >Museums< im Titel der Zeitschrift meinte im älteren Wortsinn noch sowohl die Versammlung bzw. den Versammlungsort derer, die sich den Musen weihen, als auch eine Sammlung künstlerischer Produkte. Die Vierteljahresschrift ähnelt in Konzeption und Namensgebung den zum Ende des 18, Jahrhunderts im gebildeten Bürgertum zunehmend beliebten Musenalmanachen. Wie diese jährlich erscheinenden belletristischen Anthologien druckte die Quartalsschrift Gedichte, Lieder (mit Notenbeilage), Erzählungen, Epen und dramatisierte Szenen ab; viele Stücke waren Übersetzungen oder Nacherzählungen aus dem Englischen oder Französischen; räsonierende Artikel bildeten die Ausnahme. Die Bände umfaßten um 300 Seiten in Oktav; sie waren mit illustrierenden Kupferstichen und Titelvignetten versehen, auf feinem französischen Papier gedruckt und mit drei Reichstalern für den kompletten Jahrgang verhältnismäßig teuer. Der Verleger Friedrich Severin im sächsischen Weißenfels war von den Herausgeberinnen gebeten worden, »das Äussere so geschmackvoll als möglich [zu] besorgen«, und hatte sich deshalb extra hochwertiges Papier kommen lassen.3"8 In geläufiger aufklärerischer Programmatik hatten die Herausgeberinnen in ihrer Voranzeige versprochen, Nutzen mit Vergnügen zu verbinden und in Ernst und Laune abzuwechseln. Die Gedichte, Erzählungen und Dramulette entbehrten tatsächlich selten einer moralischen Botschaft, ausdrückliche Belehrung der Leserinnen oder Vermittlung von Kenntnissen fand jedoch im Museum für Frauenzimmer nicht statt. Die in Aussicht gestellten Artikel über weibliche Erziehung und Pflichten, über Erdbeschreibung und Naturgeschichte sind niemals erschienen; historische Stoffe wurden in der Zeitschrift literarisch und dramaturgisch bearbeitet. Fast alle Texte in dem erhalten gebliebenen Quartalsband handeln von LiebesverwickZu Anna Luise Karsch vgl, auch Kap, V.2.1. So Friedrich Severin in einer Nachschrift zur obengenannten Voranzeige, S. X V I I I , Der Pränumerationspreis von 3 Rthlr. verringerte sich auf einen Dukaten oder 2 Rthlr. 20 Gr, Sächsisch, wenn man nicht-brochierte Exemplare bestellte.

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lungcn angesichts unterschiedlicher Stände und Konfessionen, von Liebe zur Tugend, vernünftiger Neigung und unglücklichen Konvenienzehen. Im Gegensatz zur Luna wurde das Museum für Frauenzimmer von der zeitgenössischen Literaturkritik durchaus registriert. 3 " 9 Ob die relativ kurze Erscheinungsdauer aus schlechtem Absatz oder mangelnden Einsendungen resultierte, ist nicht überliefert. Bemerkenswert ist dieses Periodikum weniger wegen seiner inhaltlichen Ausrichtung und Gestaltung als vielmehr als ein »Selbsthilfeprojekt« schreibender Frauen, die auf dem literarischen Markt erste Erfahrungen sammeln wollten,310

2.6 Marianne Ehrmann: Amaliens Erhohmgsstunden, 179Ü-1792 und Die Einsiedierinn aus den Alpen, 1793/1794 Mariannne Ehrmann war nach Sophie von La Röche und Caroline Fricderike von Kamiensky die dritte Frau, die unter voller Namensnennung mit einer Frauenzeitschrift an die Öffentlichkeit trat. Als sie mit Beginn des Jahres 1790 Amaliens Erholungsstunden herausbrachte, 311 war sie wahrscheinlich 34 Jahre alt, vielleicht auch etwas jünger, hatte bereits - wenn auch unter Pseudonym -Texte veröffentlicht, war in zweiter Ehe mit einem Privatgelehrten und freien Schriftsteller verheiratet, lebte mit diesem in der württembergischen Residenzstadt Stuttgart und hatte keine Kinder.312 Sie entstammte der einst wohlhabenden Schweizer Kaufmannsfamilie Bren-

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Vgl. Kap. IV.4.2. -1i0 In der Forschung ist das Museum für Frauenzimmer weitgehend unberücksichtigt geblieben. Lediglich Edith Krull hat den einen erhaltenen Quartalsband eingesehen und zitiert Auszüge aus der Voranzeige. Krult, S.285/286. -111 Amaliens Erholungsstunden. Teutschlands Töchtern geweiht von Marianne Ehrmann, Stuttgart (im Verlag der Expedi/ion des Beobachters und gedrukt bei den Gebrüdern Mäntlern) 1790, Tübingen (in der J.G. Cotlaischen Buchhandlung) 1791 -1792 [im folgenden: AE]. Fortsetzung unter dem Titel: Die Einsiedlerinn aus den Alpen. Von Marianne Ehrmann, Zürich (bey Orell, Geßner, Füßli und Comp.) 1793/1794 [im folgenden: EA]. li2 Es gibt drei zeitgenössische Biographien über Marianne Ehrmann: eine kurz nach ihrem Tod von ihrem zweiten Mann veröffentlichte kurze Lebensgeschichte und Würdigung ihrer schriftstellerischen Leistung, eine Reiseerinnerung des Freundes und Mitarbeiters an der Einsiedlerinn Friedrich David Gräter, der die Ehrmanns im Sommer 1793 drei Wochen lang in Stuttgart besucht hatte, und schließlich - von der Forschung bislang gänzlich unbemerkt-eine abenteuerliche, notdürftig anonymisierte Biographie ini Konkurren/.blatt Unterhaltungen in Abendstunden. (Theophil Friedrich Ehrmann: Denkmal der Freundschaft und Liebe, der verewigten Frau Marianne Ehrmann errichtet, Leipzig 1795; Friedrich David Gräter: Mein Besuch bey Amalien und ihrem Gatten vom 24. Jul. bis 12. Aug. 93, abgedruckt in: Württembergisch Franken-Jahrbuch, Bd.52, Schwäbisch Hall 1968,8.131-200; C.v.H.g.B.B.: Biographie eines berühmten Frauenzimmers, in: Unterhaltungen in Abendstunden [im folgenden; UA], 2, Jg. (1793), Heft 10, S. 165-175). Die Darstellungen weichen zum Teil voneinander ab. Graters Bericht ist besonders anschaulich und umfaßt auch einen Brief, in welchem ihm die Hausjungfer Christiane Husuadel vor seiner Ankunft ihre Dienstherrin geschildert hatte (zit. S. 143/144). Nach eigener Aussage schloß Gräter damals in Stuttgart enge Freundschaft mit Marianne Ehrmann und wurde von ihr ins Vertrauen gezogen. Dagegen sind die Umstände der für Marianne Ehrmann wenig schmeichelhaften biographischen Skizze in den Unterhaltungen in Abendstunden einigermaßen

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tano aus Rapperswyl am Züricher See und wurde protestantisch erzogen. Nachdem erst ihre Mutter und wenige Jahre darauf auch ihr Vater gestorben war, begab sie sich zeitweise in die Obhut ihres Onkels, des katholischen Aufklärers, Bibelübersetzers und späteren Hofkaplans Dominikus von Brentano, nach Kempten. 313 Da ihr von dem ursprünglich ansehnlichen Familienbesitz kaum etwas geblieben war, ging sie als Gouvernante und Hauswirtschafterin bei vornehmen Familien aus der Verwandtschaft in Stellung, hielt es jedoch nirgends lange aus, offenbar weil es jedes Mai zu Differenzen kam. 314 Im Alter von 22 Jahren heiratete sie einen Offizier, der rätselhaft. Im Porträt war lediglich von »Marianne B.« und einem zweiten Ehemann »F.« die Rede, eine publizistische Tätigkeit wurde mit keinem Wort erwähnt. Mehrere auffällige biographische Details legen jedoch nahe, daß es sich bei der geschilderten Person um Marianne Ehrmann handelt. Unklar ist, aus welcher Quelle die Verfasserin Catharirta von Hesse ihre Informationen bezog, ob aus Gerüchten oder dem anonym erschienenen Ama/i'e-Roman Marianne Ehrmanns, der zwar autobiographische Züge aufwies, daneben aber auch etliche fiktive Elemente enthielt. (Vgl. [Marianne Ehrmann:] Amalie. Eine wahre Geschichte in Briefen. Von der Verfasserin der Philosophie eines Weibs, 1788, Reprint hg. v. Maya Widrner und Doris Stump, Bern, Stuttgart, Wien 1995; Maya Widmer: »Amalie« eine wahre Geschichte?, ebd., S.499-515; Ehrmann: Denkmal, S. 174/175). insofern läßt sich auch nicht ermessen, ob die Verfasserin wußte, daß sie die ansonsten in den Unterhaltungen in Abendstunden hofierte Kollegin Marianne Ehrmann hier in ein zweifelhaftes Licht rückte, und ob die Leserinnen diese Verbindung herstellten. Der Artikel diente Catharina von Hesse zur Illustration, welch verheerende Folgen eine vernachlässigte Erziehung bei temperamentvollen Mädchen haben könne (vgl. Kap. II.2.7), Neben diesen drei zeitgenössischen Biographien sind einige Briefe von Marianne Ehrmann erhalten, in denen sie ihre Kindheit, ihre Ehen und ihre Arbeit schilderte. Zum Alter Marianne Ehrmanns: Theophil Ehrmann gab als ihren Geburtstag den 25.11.1755 an (Ehrmann: Denkmal, S.23), nach Marianne Ehrmanns eigenen Aussagen in einem Brief an Gräter wäre sie 1757 oder 1758 geboren worden. Es ist allerdings durchaus möglich, daß sie sich an dieser Stelle jünger und ihren Altersvorsprung vor ihrem Mann kleiner machte (Marianne Ehrmann an F.D. Gräter am 26,10.1792, Württembergische Landesbibliothek Stuttgart [im folgenden WLB Stuttgart], Cod. misc. 4° 30, Nr.24). Auch biographische Lexika nennen unterschiedliche Geburtsjahre zwischen 1753 und 757, die Angabe 1735 bei Meusel ist jedoch mit Sicherheit falsch. Meusel: Lexikon , Bd. 3 (1804), S. 57-59. 313 \ wegen dieses für seine Hofdienste offenbar nobilitierten Verwandten wird Mariannes Familienname in der Literatur zumeist mit »von Brentano« angegeben. Für die Eltern Franz Xaver Brentano und Maria Sebastiana, geb. Corti, läßt sich jedoch kein Adelsprädikat nachweisen. Auch ist es unzutreffend, daß Marianne - wie oft zu lesen - sehr früh verwaiste. Den Recherchen von Doris Stump zufolge war sie beim Tod der Mutter 14 oder 15, bei dem des Vaters 19 oder 20 Jahre alt. Neben ihr überlebte von den zahlreichen Kindern nur eine Schwester den Tod der Mutter. Falsch ist schließlich auch die gelegentlich geäußerte Vermutung, Marianne Ehrmann sei katholisch gewesen. Vgl. die zuverlässigen biographischen Angaben bei Doris Stump: Eine Frau »von Verstand, Witz, Gefühl, Fantasie und Feuer«. Zu Leben und Werk Marianne Ehrmanns, in: Amalie, Reprint, S.481-498. 314 Der Witwer deutete eine »Kette von Widerwärtigkeiten« an, wollte sich darüber aber nicht näher auslassen, »um noch lebende Personen nicht zu kompromittiren« (Ehrmann: Denkmai, S.22). Gräter erwähnte eine Veruntreuung des Erbes durch ihren Vormund und »niedrige Zumuthungen« eines ebenfalls mit ihr verwandten Dienstherrn, denen sie mit »Feuer und Spott« widerstanden habe (Gräter: Besuch, S. 146). Catharina von Hesse legte indes nahe, daß die junge Frau viele Konflikte selbst verschuldet habe. C.v.H.g.B.B.: Bio116

sich als Spieler und Trinker entpuppte und sie mißhandelte, wodurch sie einmal eine Fehlgeburt erlitt. Der Mann verließ sie nach kurzer unglücklicher Ehe und entzog sich einer ihm wegen Unterschlagungen drohenden Strafe durch Flucht. Marianne Brentano erwirkte später vermutlich die Scheidung. 3 ^ Um ihre Schulden begleichen zu können, suchte sie in Wien erneut Arbeit als Gouvernante, und als dies mißlang, wurde sie Schauspielerin. Unter dem Bühnennamen »Sternheim« 116 reiste sie vier Jahre lang mit einer Theatertruppe umher, 317 gleichzeitig begann sie zu schreiben, 1784 erschienen Müssige Stunden eines Frauenzimmers und Philosophie eines Weibes, 1786 veröffentlichte sie ihr erstes Schauspiel. Insbesondere die Philosophie

graphic eines berühmten Frauenzimmers, in: UA, 2. Jg, (1793), Heft 10, S. 165-175, hier S. 167 und S.173/174. 115 Nur Gräter nannte den öffiziersrang des ersten Gatten und sprach von einer förmlichen Scheidung (Gräter: Besuch, S, 146/147). Ehrmann behauptete, Marianne habe vom Tod des Geflüchteten erfahren, noch bevor sie ihn - Theophii - kennengelernt habe, sei also damals bereits »wieder ganz frei« gewesen (Ehrmann: Denkmal, S.61). Catharina von Hesse berichtete an dieser Stelle der Biographie, daß »Marianne B.« frisch verwitwet als Kostgängerin in ein Kloster gegangen sei, dort eine Komödie geschrieben, ein Theater eingerichtet und schließlich sogar vom Bischof die Erlaubnis erwirkt habe, das Stück mit den anderen Schülerinnen aufzuführen, obwohl etliche der Mädchen dazu Männerkleidung hätten tragen müssen. Bösartige Nonnen hätten die oft fiebernde Marianne für besessen erklärt, so daß ihr gutmütiger Onkel sie erneut habe retten müssen. Eine ganz ähnliche Episode gibt es in Marianne Ehrmanns Arnalie-Roman. Cv.H.g.B.B.: Biographie eines berühmten Frauenzimmers, in: UA, 2. Jg. (1793), Heft 10, S. 165-175, hier S. 171/172; vgl. Amalie, Bd. 2, S,37-52. Reprint S.259-274. 3l " Marianne Ehrmann wählte nicht nur den N ? arnen der berühmten Romanheldin Sophie von La Roches, sie stand auch zeitweilig in Briefwechsel mit der Schriftstellerin. An Lavater schrieb sie 1789: »Mad. La Röche kenne ich nicht von Person. Einst korreßpondierte ich mit ihr, aber plözlich hörte sie auf, und noch ist mir der Beweggrund ein Räzel?« (Marianne Ehrmann an J. C, Lavater am 31.12,1789, Zentralbibliothek Zürich [im folgenden ZB Zürich], FA Lav. Ms. 507 Nr. 137). Als Sophie von La Röche im Frühjahr 1792 durch Stuttgart kam, stattete sie Marianne Ehrmann offenbar keinen Besuch ab. denn dies hätte sie andernfalls in ihrem äußerst detaillierten Reisebericht sicher verzeichnet. (Sophie, Witt we von la Roche: Erinnerungen aus meiner dritten Schwcizerreisc, Offenbach 1793, zu Stuttgart s. S. 500.) Zwischen den Brentanos aus Rapperswyl und Sophie von La Roches Schwiegersohn Peter Anton Brentano bestand eine entfernte Verwandtschaft, Vgl. Siegrid Düll: Zwischen Nähkästchen und Pianoforte: »Amaliens Erholungsstunden - Teutschlands Töchtern geweiht«. Eine Monatsschrift für den Adel und für den Mittelstand (1790-1792), in: Margret Friedrich/Peter Urbanitsch (Hg.): Von Bürgern und ihren Frauen, Wien, Köln, Weimar 1996, S.235-249, hier S. 246/247, Anm.21. i17 Gräter verschwieg dieses Detail und sprach vage von »härtesten Verfolgungen des Unglücks und den unwürdigsten Schicksalen« (Gräter: Besuch, S. 147). Theophil Ehrmann äußerte Mißbilligung angesichts des unkonventionellen Schritts, konzedierte jedoch jugendliche Unbesonnenheit und versicherte wortreich, daß seine spätere Frau »auf dieser schlüpfrigen Laufbahn« immer einen ganz untadelhaften Lebenswandel beibehalten und sich äußerst positiv von dem »grossen Trosse« abgehoben habe. Schon vor ihrer Bekanntschaft sei sie der Unstetigkeit und der »ewigen Theaterkabalen« überdrüssig gewesen und habe Schriftstellerin werden wollen (Ehrmann: Denkmal, S. 58-61). Marianne Ehrmann selbst warnte später in ihrer Zeitschrift junge Frauen nachdrücklich davor, Schauspielerin werden zu wollen, s.u.

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eines Weihes fand Anerkennung, das kleine Werk wurde ins Französische übersetzt, und ein Jahr später folgte bereits eine zweite Auflage, außerdem erschien eine Entgegnung, Die Philosophie eines Mannes?1* In Straßburg suchte sie die Bekanntschaft eines ihrer wohlwollenden Rezensenten. Es war der um mehrere Jahre jüngere privatisierende Rechtsgelehrte, Übersetzer und Autor geographischer und historischer Schriften Theophil Friedrich Ehrmann. Die beiden heirateten heimlich und lebten eine Weile getrennt, da seine Familie die Verbindung mit einer ausländischen, geschiedenen ehemaligen Schauspielerin anfangs nicht billigte. Später verließen sie Straßburg 3 ' 9 und lebten erst im oberschwäbischen Isny, ab 1788 in Stuttgart. In Oberschwaben schlug eine geschäftliche Unternehmung, unter Umstanden eine Verlagsgründung, fehl und stürzte das Paar in erhebliche Schulden. In Stuttgart kam es nicht zu der von Herzog Karl Eugen versprochenen Anstellung Tbeophils an der Karlsschule, und so lebten die beiden in den folgenden Jahren von ihren zahlreichen Veröffentlichungen. 320 Marianne Ehrmann publizierte 1788 den streckenweise autobiographischen Briefroman Amalie, den dialogisierten Roman Graf Bilding sowie Nina's Briefe an ihren Geliebten, eine überarbeitete Sammlung ihrer Briefe an ihren zweiten Mann.321 Auch der schrieb nun nach Kräften, was einigermaßen Absatz und Gewinn versprach,322 Wiederholt starteten die beiden ZeitschriftenproM!
Theophil Ehrmann beteuerte, sich mit den Eltern ausgesöhnt und die Stadt aus beruflichen Gründen verlassen zu haben (Ehrmann: Denkmal, S. 74-88). Gräter dagegen ging davon aus, daß der Zorn der Ehrmannschen Familie das Paar aus der Stadt getrieben habe. Gräter: Besuch, S. 148. 320 In einem Brief an die Herrnannische Buchhandlung in Frankfurt, die seine mehrbändige Reise-Geschichte verlegte, schilderte Theophil Ehrmann ausführlich ihre schwierige ökonomische Lage und äußerst bescheidene, sparsame Lebensführung. Seiner Darstellung zufolge war er bei seinen Geschäften immer wieder betrogen und übervorteilt worden, darüber hinaus hatten schwere Krankheiten sowohl von Marianne als auch von ihm eine Menge Geld verschlungen. Theophü Ehrmann an die Hermannische Buchhandlung am 24.4.1791, WBL Stuttgart, Cod. hist, 4° 333a Nr.249, vgl. auch Ehrmann: Denkmal, S. 8997. 321 Zum literarischen Werk Marianne Ehrmanns vgl. Maya Widmer: Mit spitzer Feder gegen Vorurteile und gallsüchtige Moral - Marianne Ehrmann, geb. von Brentano, in: Elisabeth Ryter/Liliane Studer/Doris Stump/dies./Regula Wyss (Hg.): Und schrieb und schrieb wie ein Tiger aus dem Busch, Über Schriftstellerinnen in der deutschsprachigen Schweiz, Zürich 1994, S.52-72; zu ihren pädagogischen Intentionen vgl. auch Heide von Felden: Marianne Ehrmann und die Bildung der Frauen durch Schriften im ausgehenden 18. Jahrhundert, in: Elke Kleinau (Hg.): Frauen in pädagogischen Berufen, Bd. 1: Auf dem Weg zur Professionalisierung, Bad Heilbrunn 1996, 5,39-55, yn Als erwerbsmäßiger Vielschreiber erntete insbesondere Theophil Ehrmann viele abschätzige Literaturkritiken. Der dem Paar wohlgesonnene Gräter entschuldigte alle Schwächen in den Werken der beiden mildem Zwang, viel, sehne) l und nach dem Geschmack des breiten Publikums schreiben zu müssen: »Wer beyder Schriften vollständig kennt, und sie alle gelesen und studiert hat, der wird sich auf der einen Seite wundern, daß man unter dem Drucke eines eisernen Schicksals noch so viel Freyheit des Geistes, so viel Witz, Laune

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jekte. Schon in Isny hatte Theophil Ehrmann die Frauenzimmer-Zeitung (1787/ 1788) herausgebracht, ein »historisch-moralisches Unterhaltungsjournal für das schöne Geschlecht«, wie es in der Unterzeile hieß. 323 Jetzt folgte in Stuttgart seine politisch-moralisch-satirische Wochenschrift Der Beobachter (1788/1789). Zu beiden Blättern steuerte Marianne Ehrmann Aufsätze bei.324 Dann tauschten die Eheleute die Rollen und hatten damit offensichtlich größeren Erfolg, auch wenn anfangs das Gerücht kursierte, Marianne Ehrmann lasse sich ihre Texte von ihrem Mann schreiben?25 Mit Beginn des Jahres 1790 erschien ihr Frauenjournal Amaliens Erholungsstunden zunächst im Selbstverlag, dann - weil die Auslagen hoch waren und die Gelder langsamer einliefen als erhofft - im Verlag des örtlichen Postamts, schließlich stieg nach dem ersten Jahr die einflußreiche Cottaische Verlagsbuchhandlung aus Tübingen in das gewinnversprechende Unternehmen ein. Schon nach einigen Monaten der Zusammenarbeit zerstritt man sich jedoch über vor allem finanziellen, aber auch redaktionellen Fragen, und im Herbst 1792 wurde unter gegenseitigen öffentlichen Beschuldigungen die Geschäftsverbindung gelöst,326 Marianne Ehrmann gab über eine Züricher Buchhandlung noch für weitere zwei Jahre eine Frauenzeitschrift heraus, Die Einsiedlerinn aus den Alpen, kapitulierte dann aber vor einer voranschreitenden Krankheit, die ihr eine regelmäßige Redaktions-

u[nd] U n Verdrossenheit erhalten kann; auf der ändern Seite aber sich des aufrichtigsten Bedauerns nicht erwehren können, daß so trefliche Köpfe die schönsten Talente, Kenntnisse und Künstlergeduld verschwenden und wegwerfen müssen, um der Laune eines gegen Verdienste oft so kaltsinnigen Publikums zu fröhnen, das sie bis jetzt noch auf keine andere Bedingung der Nahrungssorgen überheben wollte. - Was könnten, was würden Amalie und ihr Gatte seyn, wenn sie nur schreiben dürften, wann? u[nd] was? sie wollen und können, und nicht was und wieviel sie müssen!« (Gräter: Besuch, S. 148/149). Ahnlich äußerte sich später Johann Gottfried von Pahl, der ebenfalls in der Einsiedlerinn publiziert hatte: »Wenn denselben [Marianne Ehrmanns Schriften] aber meistens die lezte Feile fehlte, so war das bei einer Schriftstellerin, die mit ihrer Feder ihr tägliches Brod verdienen mußte, weniger zu tadeln, als zu beklagen [...].« Johann Gottfried von Pahl: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben und meiner Zeit, Tübingen 1840. S. 90, Doris Stump geht davon aus, daß dieses Blatt die fehlgeschlagene »merkantilisch-litterarische Unternehmung« war, die die Ehrmanns in Isny finanziell nahezu ruiniert hatte. Stump, S.493, Zitat Ehrmann: Denkmal, S.89. In einem Brief an Lavater schilderte Marianne Ehrmann einmal, wie sie während einer schweren Krankheit ihres Mannes den Beobachter hatte »besorgen helfen« müssen (Mariarme Ehrmann an J.C. Lavater am 29.9.1789, ZB Zürich, FA Lav. Ms, 507 N r. 135). Die Aphorismen, die sie für die Frauenzimmer-Zeitung geschrieben hatte, veröffentlichte sie 1789 gesammelt unter dem Titel Kleine Fragmente für Denkerinnen (Reprint: Marianne Ehrmann: Ein Weib ein Wort, Kleine Fragmente für Denkerinnen, hg, v. Doris Stump und Maya Widmer, Freiburg 1994). Gräter erwähnte dieses Gerücht und kommentierte, es gereiche ihr zur Ehre, sei aber absurd, zumal die beiden Eheleute höchst unterschiedlich schrieben und Mariannes Stil von »weiblicher -chalance« zeuge (Gräter: Besuch, S. 189). Theophil betonte seinerseits, daß er die Texte seiner Frau immer nur ganz vorsichtig korrigiert habe, um ihre »ungekünstelte! ] Natursprache« nicht ihrer Wirkung zu berauben. Ehrmann: Denkmal, S. 163. > Vgl. hierzu ausführlich Kap. 111.2,3.

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arbeit unmöglich machte. Statt dessen wollte sie ihre Schriften überarbeiten und gesammelt veröffentlichen. Marianne Ehrmann hat nie verhehlt, daß sie »mehr Noth als Neigung zur Schriftstellerin« gemacht habe327 und sie eine »Schriftstellerin um des Brodes willen« sei.528 In einem Brief von ihr heißt es über die Zeit in Stuttgart: Wir haben uns diese 6 Jahre bewundernswürdig durchgekämpft, und Gottlob, troz dem Kummer, troz drei Todeskrankheiten, die ich und er ertrugen, troz dem häßlichsten Betrug von allen Seiten, doch immer den Wohlstand behauptet. Aber dafür arbeiten wir von Morgens 4 Uhr bis in die späte Nacht. Ich bin abgetheill Haushälterin und Schriftstellerin? 29

Nachdem ihr Mann sich aus der Arbeit an den Zeitschriften weitgehend zurückgezogen und sich wieder langfristigen wissenschaftlichen Werken zugewandt hatte, lebte das Ehepaar zeitweise ausschließlich von dem Honorar, das sie vom CottaVerlag für Amaliens Erholungsstunden erhielten.3·10 Marianne Ehrmann hatte keinerlei systematischen Unterricht erhalten, und ihr zweiter Mann rechnete ihr den Mangel an wissenschaftlichen Kenntnissen nach eigener Aussage sehr zum Vorteil an.™ Sie sprach jedoch neben deutsch auch fließend französisch und italienisch, war belesen und galt unter ihren Freunden als gebildete und gute Gesellschafterin, auch wenn sie in Stuttgart recht zurückgezogen lebte.332 Sie führte ihre und ihres Mannes umfangreiche Korrespondenz, hatte Kon"7 Marianne Ehrmann an 1C. Lavater am 29.9.1789, ZB Zürich, FA Lav. Ms. 507 Nr. 135. 3!M Marianne Ehrmann an F.D. Gräter am 26.10.1792, WLB Stuttgart, Cod. misc. 4° 30, Nr.24. 329 Ebd. »Wohlstand« meint hier keineswegs Reichtum, sondern eine sittliche Lebensführung. In anderen Briefen sprach sie davon, daß ihre Ehe sehr glücklich sei, sie ihren temperamentvollen, mitunter cholerischen Mann immer noch liebe und nur »Nahrungssorge« und »Brodkummer« ihr Leben schwer machten. Marianne Ehrmann an J, C. Lavater am 29.9.1789 und am 31.12.1789, ZB Zürich, FA Lav, Ms. 507 Nr, 135 und Nr. 137, Ml) Das jedenfalls behauptete Theophil Ehrmann gegenüber dem Verleger, bei dem er mit seinem umfangreichen Reiseliteratur-Projekt unter Vertrag stand. Theophil Ehrmann an die Hermanrtische Buchhandlung, WLB Stuttgart, Cod. hist. 4° 333a Nr.249. "' Ehrmann: Denkmal, S. 158. »Sie war keine Gelehrte, Sie hatte eine nach den Sitten jener Zeit sehr gute Erziehung genossen, denn sie hatte Lesen und Schreiben, Katechismus und Rechnen, Musik und Tanzen gelernt und war daneben sorgfältig zur Hauswirtrischaft angezogen worden. Es war aber damals noch nicht Mode, den jungen Frauenzimmern auch wissenschaftliche Kenntnisse beizubringen, und sie wusste daher auch nichts von Logik, Ästhetik, Geschichte, Geographie, Naturkunde u.s.w. als was sie in späteren lahren zufällig aufschnappte; dies war aber so wenig, dass sie selbst nicht daran dachte, es Etwas zu nennen. [,..] Sie hatte auch nie die mindeste Lust, eine Gelehrte zu werden;denn sie war zu sehr überzeugt, dass dies nicht die Bestimmung des Weibes sei. Sie hat daher auch in ihrem ganzen Leben kein einziges wissenschaftliches Buch gelesen.« Ebd. S. 156-159. M2 [n der Einaiedlerinn nannte Marianne Ehrmann ihr Zuhause einmal ihre »einsamef ] Klause«: »So kann ich mein Zimmer in Stuttgart kühn heissen, weil ich nur höchst selten Gesellschaften besuche und mich da sehr wenige Menschen von Person kennen.« (Bemerkungen auf einer Reise nach Zürich. Vierter Brief, in: EA, 2. Jg. (1794), S. 66-85, hierS.66/ 67). Diese Darstellung deckt sich mit Angaben Gräters, der auch ihre »Bescheidenheit« bewunderte, »mit welcher sie sich im Urtheilen über Dinge, die nicht für den weiblichen Richterstuhl gehören«, zurückgehalten habe (Gräter; Besuch, S. 178 und S, 186). Ihre Ta-

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takt zu allerlei Gelehrten ihrer Zeit, unter ihnen der Schriftsteller Christian Friedrich Daniel Schubart und der Züricher Theologe Johann Caspar Lavater, und wurde von Herzogin Franziska von Württemberg geschätzt und protegiert.33-1 Etwas mysteriös ist ein feindseliger offener Briefwechsel, der 1794 in Cottas Nachfolgeblatt Flora erschien und einen Ehekrieg simulierte, der einige Anspielungen auf die Ehrmanns enthielt. Ein mit »J.F.« zeichnender Autor gab hier zunächst ein satirisches Testament zum besten: Er wolle sich erhängen, da ihm seine gelehrte, schreibselige Gattin das Leben zur Hölle mache. Allen Leidensgenossen gebe er den wohlmeinenden Rat, weibliche Handarbeiten in Zukunft wertzuschätzen und zu lohnen, um auf diese Weise »die Schönen vom Schreibpult ihrer Väter dem Spinnrokken ihrer Mütter wieder zuzuführen«, 334 Im nächsten Heft bezichtigte dann die verunglimpfte Ehefrau »E.« den entwichenen Gatten der Undankbarkeit und des Neides auf ihren deutlich größeren literarischen Erfolg. Als Beweis für weibliche Geistes- und Seelenkräftc führte sie etliche prominente Frauenfreunde und begabte Frauen aus der Vergangenheit an. Mehrere Details legten nahe, daß die Verfasserin Marianne Ehrmann sei,335 doch angesichts des Streits mit der Cottaischen Verlagshandlung lente als Gesellschafterin wurden von ihrer Umgebung einhellig gelobt, ihre Präferenzen allerdings widersprüchlich beurteilt. So berichtete die Hausjungfer in ihrem Brief an Gräter. Marianne Ehrmann könne, wenn sie guter Laune sei, »ganze Gesellschaften von Frauenzimmern halb närrisch machen [...] und besonders auch die Männer, mit denen sie sich aber höchst selten [abgebe],« (Zit. nach Gräter: Besuch, S, 144). Der Ehemann dagegen behauptete, seine Frau habe männliche Gesellschafter, insbesondere kenntnisreiche und weitgereiste, weiblichen vorgezogen: »Die Ursa[c]he davon war theils ihr Wunsch, sich noch immer mehr auszubilden, theils die kleine Zäh! der gebildeten Frauenzimmer, mit welchen sie gern umgieng.« Durch ihre scharfe Kritik an weiblicher Klatsch- und Verleumdungssucht habe sie sich bei kleingeistigen Frauen höchst unbeliebt gemacht. Ehrmann: Denkmal, S. 116/117. M:i In ihren Briefen an Lavater schwärmte sie von der Herzogin als einem »Weib von großer Seele«: »Ich hänge so leidenschaftlich an dieser Frau, wenn sie es wüste, sie würde mich für überspannt halten.« Marianne Ehrmann an J.C, Lavater am 13,1 i.1789 und am 31,12.1789, ZB Zürich, FA Lav. Ms. 507 Nr. 136 und Nr. 137. "4 J.F.: Lezter Wiile des Ehemanns einer gelehrten Frau, in: Flora. Teutschlands Töchtern geweiht von Freunden und Freundinnen des Schönen Geschlechts, 2. Jg. (1794), Bd. l, Heft 3, S, 290-298, Zitat 5,293. Der mit »H.H.« zeichnende Herausgeber distanzierte sich per Fußnote von der Frauenfeindlichkeit des Textes und forderte zu einer Ehrenrettung auf: »!ch wasche meine Hände, und um meine Unpartheylichkeil ganz zu zeigen, erbiete ich mich, in der Folge als Gegenstück einen Obelisk zu Ehren der hirtterlassenen gelehrten Frau aufzunehmen, wenn jemand ihr einen setzen will.« S. 290. -1·15 E.: Über den lezten Willen meines Ehmanns, in: Flora, 2. Jg, (1794), Bd.2, Heft 4, S. 7888. Die vermeintliche Verfasserin behauptete, daß der spätere Gatte einst ihre Schauspielkunst bewundert und sie nach ihrem Wechsel zur Schriftstellerei als seine liebe »Denkerin« (s.u.) gepriesen habe (S.79), Dann jedoch habe man seine aus der Literatur zusammengeschriebenen geographischen Schriften als die »Compilationen« eines »Vielschreiber[s]« entlarvt, während sie vergöttert worden sei: »Nun haßtest du [...] alle Weiber, konntest deine Demüthigung nicht ertragen und überredetest den grösten Misogyn und Satiriker unserer Stadt, in deinem Nahmen den Fehdehandschuh hinzuwerfen mir und dem schönen Geschlecht' und mit Hohngelächter uns anzukündigen ewige Verbannung aus der Gelehnenrepuhlik.« Ebd., S.81. 121

erscheint es höchst unwahrscheinlich, daß die Ehrmanns - falls sie denn je in einen solchen ehelichen Konflikt gerieten - ihre schmutzige Wäsche öffentlich und ausgerechnet im Konkurrenzblatt des ehemaligen Kontrahenten gewaschen hätten. Eher steht zu vermuten, daß sich hier jemand einen derben Scherz auf Kosten der Ehrmanns erlaubte.·136 Marianne Ehrmann hatte zu ihrem großen Kummer nach ihrer Fehlgeburt keine Kinder mehr bekommen können, 1791 aber einen unehelich geborenen Säugling als Pflegekind zu sich genommen. Seitdem lebten die Ehrmanns zu fünft, mit einer Hausjungfer und einer Magd, in einer recht kleinen 4-Zimmer-Etagenwohnung über einer Weinschenke in der Nähe des Stuttgarter Stadtschlosses zur Miete.337 Außerdem hatten sie einen Garten mit einer Laube vor den Toren der Stadt, wo sie im Sommer nicht nur Gäste bewirteten, sondern vor allem auch arbeiteten. In den letzten Jahren ihres Lebens war Marianne Ehrmann oft krank und schwermütig, sie litt an Gallenfieber und häufigen »Konvulsionen« und starb einige Monate, nachdem sie die Einsiealerinn eingestellt hatte, im Alter von 39 Jahren. In der Forschung wird oft betont, daß Marianne Ehrmann die einzige Journalistin im späten 18. Jahrhundert war, die nacheinander zwei Zeitschriften herausgab. Während männliche Publizisten in jener Zeit bei mangelndem Erfolg eines Presseprojekts oftmals ein neues Unternehmen starteten, trat außer Marianne Ehrmann keine andere Herausgeberin nach Beschluß ihres Blattes mit einem weiteren eigenen Periodikum hervor. Nun war allerdings die Einsiedler'mn aus den Alpen kein ganz neues Blatt, vielmehr nahm Marianne Ehrmanns hiermit unmittelbar nach der Trennung vom Tübinger Verleger ihre alte Konzeption einer Frauenzeitschrift wieder auf und trug erneut die volle redaktionelle Verantwortung für die Auswahl der Beiträge.3·*8 Beides war ihr im Laufe ihrer Geschäftsverbindung mit Cotta allmäh·13 Insbesondere folgende Passage, in der die Verfasserin den Gatten vermeintlich an seine frühere Verehrung erinnerte, spricht für eine böswillige Satire: »Ach, vergessen meinen geweissagenden Gesichisobelisk, (ich meyne die Nase), meinen seelenvollen Adlerblik, aus der ein schwäbischer Barde Wonne trank, meine neue Erziehungsmethode, mein unabläßiges Ringen nach Celebrität?« (Ebd., S.79). Zur Erläuterung: Marianne Ehrmann soll relativ grobe Gesichtszüge gehabt haben. Mit dem schwäbischen Barden könnte Gräter gemeint gewesen sein, der ihr zwei Jahre zuvor ein Freundschaftsgedicht gewidmet hatte mit dem Titel Amatie. Ein Obelisk der Denkerinn Marianne Ehrmann an ihrem Geburtstage den 25slen November 1792 errichtet (vgl. Ehrmann: Denkmal, S. 187-196). Ruth Dawson zieht nicht in Erwägung, daß es sich um eine Parodie handeln könnte, und betont statt dessen die Radikalität dieses anonym veröffentlichten Textes im Vergleich zu denjenigen, die Marianne Ehrmann mit ihrem Namen unterzeichnete (Dawson: Self-Reliance, S. 170174). Zur Reaktion der zeitgenössischen Literaturkritik auf die F/ora-Artikel vgl. Kap. 1V.4.1. W7 Die Wohnung lag im dritten Stock der Engen Gasse 63, die Miete von 96 Guiden erschien Gräter hoch. Zeichnung des Wohnungsgrundrisses und Schilderung der Räumlichkeiten bei Gräter: Besuch, S. 140-145. -m »Jetzt kann ich den deutschen Lesefreundinnen versprechen, wieder zu dem ersten Plane meiner schriftstellerischen Arbeiten zurückzukehren [...]«, schrieb Marianne Ehrmann in der Vorrede zur Einsiedlerinn aus den Alpen, in: EA, 1. Jg. (1793), Bd. l, Heft l, S.4-17, hier S. 17. 122

lieh immer mehr aus der Hand genommen worden. Der Neubeginn zeugt von Selbstsicherheit und Hartnäckigkeit. Mit ihrer insgesamt fünfjährigen Herausgeberschaft war Marianne Ehrmann die erfolgreichste Publizistin des 18. Jahrhunderts. Beide Zeitschriften erschienen monatlich, jedes Heft hatte in etwa den Umfang von 96 Seiten in Oktav, was sechs Bögen entsprach, und enthielt meistens acht bis vierzehn literarische und räsonierende Beiträge, darunter in der Regel zwei bis drei Gedichte. Die gebundenen Quartalsbände waren jeweils mit zwei Kupferstichen illustriert, die Motive aus den Erzählungen aufgriffen, und enthielten eine Notenbeilage.·"9 Auf Subskription kosteten Amaliens Erholungsstunden zwei Taler 16 Groschen irn Jahr, für die Einsiedlerinn aus den Alpen bezahlte man drei Taler.·140 Hatte Marianne Ehrmann ihre ersten Schriften noch anonym veröffentlicht, so trat sie mit Amaliens Erholungsstunden unter voller Namensnennung vor das Publikum und erläuterte in einer selbstbewußten »Antrittsrede« ihr didaktisches Programm. Gleich eingangs rechtfertigte sie jedoch erst einmal ihr öffentliches Auftreten und verwahrte sich dagegen, von ihren Geschlechtsgenossinnen als Vorbild oder Wegbereiterin mißverstanden zu werden: ich gestehe es recht gerne selbst ein, wenn alle Frauenzimmer thun wollten, was ich izt thue, so gäbe dies in unserer guten Welt eine Unordnung, die nicht zu ertragen wäre!341

Die »gute Welt« zeichnete sich auch für Marianne Ehrmann durch eine dualistische Geschlechterordnung mit klarer geschlechtsspezifischer Raum- und Aufgabenverteilung aus. Wenn sie als Lehrerin ihres Geschlechts die Frauenbildung befördern wollte, so sah sie ihre Aufgabe vor allem darin, bei ihren Leserinnen auf Anerkennung und Erfüllung der weiblichen »Bestimmung« zur Gattin, Hausfrau und Mutter hinzuwirken. Daß sie sich ihrerseits publizistisch hervortat, schien den wortreich beschworenen häuslichen Pflichten zuwiderzulaufen und mußte insofern legitimiert werden. Entschiedener als alle anderen weiblichen Herausgeber reklamierte Marianne Ehrmann für sich eine individuelle Ausnahmesituation. Schon in einer Voranzeige ihres Blattes behauptete sie, die Zeit zur Bearbeitung der Monatsschrift den »unnützen Putzgeschäften« und »seichten Schwatzgesellschaften« zu entlehnen, mit denen andere Frauen so viel Zeit zubrächten und die doch das weibliche Geschlecht

1W

Zu den Notenbeiiagen vgl. Josef Wallnig; Zwischen Nähkästchen und Pianoforte: Die Monatsschrift »Amaliens Erholungsstunden« als Zeugnis einer vorwiegend bürgerlichen und weiblichen Hausmusikkultur, in: Frtedrich/Urbanitsch (Hg.), S. 225-234. 3411 Preise U, Ersch/Geissler, S.234, die Angaben in den Anzeigen und Rezensionen stimmen damit weitgehend überein. -141 Meine Antrittsrede, in: AE, 1. Jg. (1790), Bd.l, Heft l, S. l - I I , Zitat S. 1/2, Marianne Ehrmann zeichnete ihre Beiträge mit vollem Namen oder mit dem Kürzel M.A.E, für Marianne Amaiie Ehrmann. Mit dem Namen »Amalie«, den sie für den Titel der Zeitschrift wählte, knüpfte sie an ihren Roman an. Mit dem Wort »Erholungsstunden« nahm sie die Rechtfertigung, ihre Hauswirtschaft keineswegs zu vernachlässigen und auch ihre Leserinnen dazu nicht verleiten zu wollen, programmatisch in den Titel auf. 123

so sehr erniedrigten. Sie verwies auf ihre familiäre Situation und verschwieg keineswegs den Erwerbscharakter ihrer Arbeit: Überdies scheint mir das Schicksal seit einigen Jahren mein karges Stückgen Brod in diesem Fache bestimmt zu haben. Auch erhielt ich einen Schriftsteller zum Gatten, habe keine Kinder, und dann der unverdiente Beyfall, der meiner Amalie, meiner Philosophie, meinen kleinen Fragmenten für Denkerinnen, meinen Aufsätzen in der Frauenzimmer-Zeitung, im Beobachter u.s.w, zu Theii wurde. Kurz, alles muntert mich auf und scheint sich zu vereinigen, meine sonderbare Laufbahn zu entschuldigen, die unter [ausenden oft nur eine zu betreten wagen darf. 142

In ihrer Vorrede gab sich Marianne Ehrmann kämpferisch und angriffslustig. Sie werde mit den vielfältigen weiblichen Lastern hart ins Gericht gehen, werde über Eitelkeit und Unvernunft, Leichtsinn und Empfindelei die »Geißel der Satyre« schwingen. Die Leserinnen sollten ja nicht allzu zimperlich reagieren, sonst würden die Männer nur um so überzeugter sein von ihrer Schwäche und Dummheit, Doch bevor sich nun »das schadenfrohe Männervölkciien« über diese Entdeckung womöglich eins »ins Fäustchen« lache, richtete die Herausgeberin eine temperamentvolle Schmährede an das andere Geschlecht und bezichtigte es, die Frauen bewußt unwissend zu halten: Nur nicht zu frühe gelacht ihr Herrn der Schöpfung! - Ich kenne izt mein Geschlecht besser, es fehlt ihm nicht an gutem Willen, alles das zu werden, was es seyn könnte, und seyn sollte, aber nur an Gelegenheit. Man kümmert sich im Ganzen so wenig um dieses Geschlecht, man hat so wenig Gedult mit seiner Erziehung und Bildung, man opfert es so gerne alten Gewohnheiten und eingerosteten Vorurtheilen auf! [...j Sie [die meisten Männer] sind zufrieden, wenn ihre Weiber sich im Denken nicht von der Magd unterscheiden, wenn sie im Handeln keine Eigenheiten besizzen, sondern hübsch nachbeten, was in jenen finstern Zeiten die Großmutter vorbetete. Sie sind zufrieden, wenn sie bei ihren Weibern über die faden Unterhaltungen gähnen können, um mit mehr Recht nach dem Zeitvertreib außerdem Hause laufen zu dürfen. Sie sind zufrieden und ruhig dabei, wenn ihre Weiber Klatscherinnen, Vertäumderinnen, Zänkerinnen, Koketten, Puznärrinnen, überhaupt, im strengsten Verstande genommen, wenn sie unter dem prahlerischen Namen guter Haußweiber an der Seele die elendesten Krüppel, in der Denkungsart die niedrigsten Schwachköpfe, und in den Sitten die pöbelhaftesten Geschöpfe sind! - Ich sage, die meisten Männer sind zufrieden, wenn ihre Töchter in die rühmlichen Fußstapfen der Mutter treten [...], wenn das junge Gänschen einen Mann bekommt, der entweder ihr Geld, ihr Ansehen, oder ihr Lärvchen heurathet, dem er lange genug schmeichlerischen Unsinn vorgeplaudert hat; wenn sie dann nur einen Mann bekömmt, Kinder zeugt, sich zu puzzen weiß, ein bischen kochen, strikken, tolles Zeug plaudern kann, und stirbt! 343

Solche drastischen, männerkritischen Passagen haben den Zeitschriften Marianne Ehrmanns in der Forschung den Ruf eingetragen, »frauenrechtlerisch« gewesen zu

Voranzeige von Amaliens Erholungsstunden, in: JLM,4. Jg. (1789), Intelligenzblatt Nr. 11, S. CLXI-CLXV, hier S, CLXf/CLXll. Zur Rechtfertigung des off entlichen Auftretensvgl. auch Kap, II.6. Meine Antrittsrede, in: AE, 1. Jg. (1790), Bd.l, Heft l, S. l -11, hier S. 3- 5. 124

sein.344 Tatsächlich war ein solcher Ton in einer Frauenzeitschrift neu, doch sollte nicht übersehen werden, daß sich der Verbalradikalismus der Herausgeberin in mindestens gleichem Maß gegen ihr eigenes Geschlecht richtete.·14·'' Sie neigte generell zu recht groben Darstellungen und überspitzte gern, denn ihre bevorzugte didaktische Strategie war die Provokation. Hier zum Beispiel malte sie ja gleichzeitig Frauen in den schwärzesten Farben, um die Schuld der Männer an deren angeblich so verbreiteten Untugenden zu vergrößern. Mit ihren derben Unterstellungen wollte sie Männer offenbar in deren Ehrgefühl treffen und zu einer veränderten Einstellung gegenüber Frauen animieren. Genauso versuchte sie ihre Leserinnen wohl zum Beweis des Gegenteils herauszufordern, wenn sie Frauen immer wieder der Verleumdung, der Oberflächlichkeit, Faulheit und Vergnügungssucht bezichtigte. In solchen Texten gab sie denn auch die Verantwortung für die von ihr konstatierte defizitäre Frauenbildung viel eher den Frauen selbst. Sie seien so oft bequem und gedankenlos,- !4fl viele wachten zudem eifersüchtig darüber, daß sich keine vor den anderen durch mehr Verstand, besonderen Witz oder breite Kenntnisse auszeichne. Insofern warf Marianne Ehrmann Frauen nicht nur vor, bei ihren geselligen Zusammenkünften nichtigen Klatsch und Tratsch auszutauschen, sondern auch einer wechselseitigen geistigen und moralischen Vervollkommnung entgegenzuarbei-

144

Edith Krull nennt Marianne Ehrmann »die erste und temperamentvollste Vorkämpferin des Frauenrechts« (Krull, S, 275). Fast alle Forscherinnen heben Marianne Ehrmanns kritische Wendungen gegen Männer hervor, manchen dienen sie zu einer feministischen Vereinnahmung, am krassesten: Helga Stipa Madland: An Introduction to the Works and Life of Marianne Ehrmann (1755-95): Writer, Editor, Journalist, in: Lessing Yearbook, Bd.21 (1989), S.I71-196. Zum Forschungsstand s.u. 145 Marianne Ehrmann selbst befand die Kritik an Frauen als ihr Hauptanliegen, die gelegentlichen Seitenhiebe auf Despotismus und - viel häufiger - auf Verweichlichung von Männern waren dagegen eher spielerischer Natur. Nachdem sie eine Glosse über männliche Schwächen eingerückt hatte (Meine Glossen über das Wort Mann, tn: AE. 1. Jg. 1790, Bd.l, Heft 2, S. 153-160), mokierte sie sich über angebliche empfindliche Leserreaktionen: »Zwei dem Herzen, Kopf und der Erziehung nach kleinwinzige männliche Zwergfigürchen finden sich in der Satire über das Wort Mann getroffen - und folglich auch beleidigt. Es sind meinem eigenen Geschlecht in diesem Journal schon weit aufrichtigere Wahrheiten gesagt worden, und es verhielt sich dabei ruhig.« {Ein Späßchen, in: AE, l, Jg. (1790), Bd. 3, Heft 9, S. 284.) So hatte sie im gleichen Heft bereits eine Gegen-Glosse abgedruckt, die ihr angeblich von einem Mann eingesandt worden war. »Ein Beweis, wie ungern sich das männliche Geschlecht etwas sagen läßt, was seine Eigenliebe reizt. Ich mußte dem H[errn) Einsender schon die Gefälligkeit erweisen, seine Schmerzensgeburt einzurükken, blos um ihn zu überzeugen, daß wir nicht die Ohren verstopfen, wenn man die Fehler rügt, die unserm Geschlechte ankleben«, kommentierte die Herausgeberin, die diese Entgegnung allerdings sehr wohl auch fingiert haben könnte (L.Ch.N.: Meine Glossen über das Wort Weib, in; AE, l, Jg. (1790), Bd, I, Heft 3, S.254-263, hier S.263). 346 Ein Beispiel: »Ganz gewiß, meine Freundinnen, ist es die Gedankenlosigkeit, die der weiblichen Bildung am meisten im Wege steht.« Etwas über weibliche Gedankenlosigkeit, besonders im Hauswesen, in: AE, 2. Jg. (1791), Bd.2, Heft 6, S. 223-230, Kier S. 224. 125

ten,347 Äußerst stereotyp kehren sowohl in ihren räsonierenden als auch literarischen Texten die immer gleichen Klischees und Topoi aus der Tradition satirischer Weiberschelte wieder. Ebenso häufig wie der galante Stutzer, der Frauen durch seine Schmeicheleien verdirbt, tritt eine einfältige Mutter oder Dienstbotin auf, die Mädchen Aberglauben lehrt oder zu Gefallsucht anhält.^ 48 Zahlreiche Untugenden konnotierte Marianne Ehrmann mit Weiblichkeit,349 viele Stärken dagegen mit Männlichkeit. An Männern kritisierte sie insbesondere effeminierende Tendenzen bzw. solche Unarten, die sie als typisch weiblich qualifizierte. Wenn sie dagegen Frauen aufforderte, sich /u bessern und zu bilden und sich dabei über gängige Vorurteile und mißgünstiges Gerede hinwegzusetzen, so riet sie zu »männlicher Standhaftigkeit«.350 Doch vielleicht war auch diese subtile Frauenfeindlichkeit nur ein didaktischer Kniff Marianne Ehrmanns, denn immer, wenn echte oder fiktive Männer Frauen tadelten, nahm sie ihre Geschlechtsgenossinnen energisch in Schutz und stilisierte sich zu einer Anwältin der Frauen.351 Das Bildungsprogramm, das Marianne Ehrmann in ihren Zeitschriften bot, war begrenzt. Ihr Bildungsziel war die »Denkerin«, die lebenskluge, nicht systematisch gebildete Frau, die über ihre Pflichten nachdachte und auf Mittel und Wege ihrer bestmöglichen Erfüllung sann.-1" Wie fast alle schreibenden Frauen im späten 18. 347

Ein Beispiel: »Dies ist auch eines von jenen barbarischen Hindernissen mit, wodurch so viele brave Mädchen gehindert werden, ans Licht zu treten, ihre Kenntnisse zu verbreiten und in unsere oft so erbärmliche Frauenzimmergesellschaften, wo man meistens nur ißt, trinkt, strikt, klatscht oder spielt, einen rühmlichem Ton einzuführen, als man ihn leider!! findet. O dies ist eines von jenen unverantwortlichen Hindernissen, die der weiblichen Bildung irn Weg stehen und ihre Verbreitung hindern!« Meine Antrittsrede, in: AE, 1. Jg. (1790), Bd.l, Heft l, S. l - l l, hier $.8/9. 34i! Ein Beispiel: »Woher es wohl kommen mag, daß noch in unsern Zeiten ein so grosser Theil des weiblichen Geschlechts an Aberglauben, Wahrsagerei und Geisterhistörchen klebt? Mich dünkt, man dürffe den ersten Grund davon in der Erziehung suchen, die so oft von albernen Müttern und dummen Mägden besorgt wird; die übrigen Gründe in dem Mangel an Geisteskultur und in der lebhaften weiblichen Fantasie.« Aberglauben und Weiberschwäche, in: AE, 1. Jg. (1790), Bd. 4, Heft 11, S, 170-180, hier S. 170. 349 Etliche Schwächen hielt sie für angeboren bzw. für Konsequenzen angeborener Eigenschaften. Ein Beispiel: »Das weibliche Geschlecht ist vermög seiner ihm eignen Schwäche, der ihm besonders anklebenden Eigenliebe und der im Mutterleibe schon geerbten Eitelkeit am allermeisten der Selbsttäuschung unterworfen. [...] Der durch Selbsttäuschung angeblassene weibliche Eigensinn wird dann bei diesem schwächern, reizbaren, im Ganzen auch geistesärmern Geschlechte so ieichtzurBosheit und aic dutch Selbsttäuschung so hochgespannte Eitelkeit so leicht zur Rachsucht.« Fragmente zur Menschenkunde, in:EA, 1. Jg. {1793), Bd. 4, Heft 11, S, 117-137, hier S. 125 (Druckfehler »in Mutlerleibe« korrigiert). 1511 Meine Antrittsrede, in: AE, l. Jg, (1790), Bd.l, Heft l, S. l -11, hier S, 10. -"' Vgl. Kap. IV.3.2. -i.« »\vas sje spricht, versteht sie, was sie nicht versteht, davon spricht sie nicht, sie ist bereit, lieber allem als ihrer Weiblichkeit zu entsagen. Sie dekt ihren Mangel an gründlichen Kenntnissen herzlich gerne selbst auf, da sie überzeugt ist, daß der Denker von ihr nicht mehr fordert, als daß sie denkt, /«Mi, und aus Erfahrung und Grundsätzen handelt. Trokne, nicht für das weibliche Geschlecht bestimmte Schulkenntnisse sind ihr unerträglich, sie behilft sich lieber mit ihrem gesunden, schlichten Menschenverstand, mit praktischer Logik.« (Über Affektation, Ziererei und Empfindelei, in: AE, 3. Jg. (1792), Bd.l, Heft 3, 126

Jahrhundert verwahrte sich auch Marianne Ehrmann dagegen, selbst als gelehrt zu gelten oder ihre Geschlechtsgenossinnen zu gelehrten Studien anhalten zu wollen. Allerdings hinterläßt ihr Umgang mit der gängigen Polemik gegen weibliche Gelehrsamkeit einen etwas zwiespältigen Eindruck. Einerseits erkannte sie, daß die Verdächtigung aller bildungsambitionierten Frauen als unweibliche, pedantische Schulgelehrte grundsätzlich einschüchternd wirkte und insofern auch angemessene weibliche Bildungsanstrengungen unterband.353 Andererseits hielt diese Einsicht in die Funktion des Gelehrsamkeitsverdikts sie nicht davon ab, in ihren Artikeln bisweilen haarsträubende Karikaturen bildungsversessener Frauen zu zeichnen, die sie ihrem Ideal der »Denkerin« gegenüberstellte. So erfand sie zum Beispiel die Figur einer geradezu bildungswütigen Italienerin, die über ihren wirren Studien den Haushalt verkommen läßt und eine ihr anvertraute Pflegetochter mit brutalen, tückischen Methoden zu ihrer gelehrigen Schülerin abrichtet. In ihrer grenzenlosen Ruhmsucht lädt sie reisende Gelehrte und Scharlatane zu sich, um diese verschwenderisch zu bewirten und ihre fragwürdigen Erkenntnisse zum Besten zu geben: Wenigstens verstand sie die Kunst ganz herrlich, ihre Herren Kollegen weidlich zu überschreien. Es war zum Erstaunen, wie eigensinnig, wie so voll Eigendünkel, wie grausam gelehrt sie in vollem Feuer mit ihnen über Dinge disputirte, von denen sie nichts verstand. Ihr Gesicht stand in solchen Momenten immer voll Feuer und Flammen, wurde roth und blau, die grauen Augen rollten fürchterlich, und die Nase, die von dem fleißigen Tabaknehmen verschoben und kohlschwarz war, vollendete die Schönheit ihrer Gesichtsbildung. Mit den Händen pflegte sie in der Hizze immer die Luft zu durchschneiden. Der Herr Kollega durfte es aber nicht so genau nehmen, wenn sie ihm in der begeisterten Zerstreuung ins Gesicht fuhr, ein paar Zähne in den Hals schlug oder ihm ins Gesicht räusperte. Dergleichen Ungezogenheiten gehören zur zweiten Natur solcher von hohen Wissenschaften begeisterter Weiber,354 S.221-239, hier S, 237). Die »Denkerin« war damit deutlich keine, vom Verdacht der Gelehrsamkeit befreite, breit gebildete Frau, sondern geradezu ein Gegenbild zur »Schulgelehrten«, die Marianne Ehrmann verdächtigte, »mehr [zu] studieren als (zu] denken« (ebd., S.233). Vgl. auch Ulrike Bohmel Fichera: »Keine eigentliche Schulgelehrsamkeit«: Marianne Ehrmanns Begriff der >Denkerin ' Wohl gab es im 18. Jahrhundert vereinzelt hauswirtschaftliche Periodika oder hauswirtschaftliche Artikel in kameralistischen Zeitschriften, diese richteten sich aber nicht gezielt an ein weibliches Publikum. Vgl. Krull, S.278, 4)40 Oekonomisches, moralisches und gemeinnütziges Journal für Frauenzimmer. Von der Verfasserin des Unterrichts für junges Frauenzimmer, das Küche und Haushaltung selbst besorgen will, und der Verfasserin der Gartenökonomie für Frauenzimmer, Leipzig (bei Johann Gottlob Feind) 1794/1795. 4K1 Der Familienname wird auch mit Brömmen oder Brönner angegeben. Am ausführlichsten zu ihrer Biographie: Hirsching, Bd. 11.2 (1808), hiernach DBA 1152, 387-389. 4K2 Beide Bücher wurden von Literaturkritikern als »Beweise ihrer aufgeklärten religiösen Denkungsart« gelobt· (Die Formulierung taucht in mehreren biographischen Artikeln auf, so auch bei Hirsching.) Samuel Baur, der in seinem Lexikon weiblicher Schriftsteller Frauenliteratur in der Regel recht abschätzig beurteilte, konstatierte immerhin: »Die 160

doch mit ihren hauswirtschaftüchen Schriften für angehende Hausfrauen und weibliche Dienstboten, die sie ab 1782 herausbrachte. Gleich der erste Titel - Unterricht für ein junges Frauenzimmer, das Küche und Haushaltung selbst besorgen will, aus Erfahrung eriheilt von einer Hausmutter - wurde mehrfach aufgelegt,4*3 Nachdrucke kamen auf den Markt, und Johanne Katharine Morgenstern/Schulze zeichnete zukünftig als die »Verfasserin des Unterrichts in der Küche«.4**4 Auch wenn sie ihre Identität nicht preisgab, berief sie sich doch selbstbewußt auf ihre Erfahrung und Kompetenz als Hausfrau und Mutter, Die zeitgenössische Literaturkritik lobte ihre gemeinnützige Motivation, andere Frauen vor Fehlern bei der Kindererziehung zu bewahren, die sie selbst angeblich gemacht hatte.485 Zum Lob ihrer Bescheidenheit berichtete man auch von ihr die damals gängige Legende, wonach sie ihre Ratschläge nur für den privaten Gebrauch zu Papier gebracht hatte und erst von einem Buchdrucker zur Veröffentlichung hatte genötigt werden müssen. Ihre Honorare habe sie immer für wohltätige Zwecke gespendet, ihr Lesebuch für weibliche Dienstboten werde mit Gewinn in Industrie- und Armenschulen verwendet und ihre Anweisungen zum Seidenbau seien unentgeltlich an bedürftige Anpflanzer verteilt und vom König prämiert worden.486 Ein späterer Nachruf in einer Königsberger Zeitung feierte sie als eine rühmliche Ausnahme unter den schreibenden Frauen; Wenn Eitelkeit so oft die einzige Triebfeder weiblicher Schriftstellerey ist, so muß man diese würdige Frau aus der Zahl solcher, die von einer reinen Absicht begeistert und getrieben werden, billig herausheben und als ein Beyspiel aufstellen, daß sich Schriftstellerey bey einigen von der Natur berufenen Frauen auch mit ächter Weiblichkeit und mit der Erfüllung der übrigen Pflichten des Weibes gar wohl vertrage.487

Bei Begründung des Oekonomischen Journals war Johanne Katharine Schulze 45 Jahre alt und als schreibende und lehrende Hausmutter unter ihrem Pseudonym

frommen Empfindungen der Verfasserinn, die sie in einer edlen, ungeschminkten Schreibart vorzutragen weiß, werden gewiß in mancher guten Seele ähnliche Rührungen erwekken und unterhalten.« [BaurJ Deutschlands Schriftstellerinnen, S.88/89, hier S. 89, 4K:i Weitere Auflagen, zum Teil unter anderen Titeln, waren von der Verfasserin nicht autorisiert, sondern vielmehr eigenmächtige Unternehmungen des Verlegers. Offenbar wollte er an den ersten Erfolg anknüpfen und sah für eine Fortsetzung des Werks gute Verkaufsaussichten voraus. liu Auflistung der Titel, ihrer Neuauflagen und Nachdrucke in; Hamberger/Meusel, Bd. 5 (1797), S.286/287; Meusel: Lexikon, Bd. 9 (1809), S.256/257 (unter >MorgensternHeinrich Claurem mehrere, offen bar recht frivole Romane, ab 1819 war er im Büro des Staatskanzlers Hardenberg beschäftigt. Ob die geplante Zeitschrift je erschienen ist, läßt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Von Zeitpunkt und Konzept her könnte es sich um den Berlinischen Bienenkorb oder die Camera Obscura handeln.

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Bey nicdern, wie bey höhern Ständen ist der Leichtsinn in Rücksicht auf die ehelichen Verhältnisse hier unglaublich groß, und eine Apologie, z.E. im Munde einer Dame vorgelesen im Zirkel eines weiblichen Clubbs, bey einem sogenannten Kaffe=Clattschee, würde der Ironie weiten Spielraum geben, und die beste Wirkung thun, 502

Journale solcher Konzeption stehen deutlich in der Nachfolge der Moralischen Wochenschriften. Die Leserinnen und Leser sollten erzogen und versittlicht werden, und das nicht mehr nur durch erfundene abschreckende Beispiele, sondern nun sogar durch Berichte, in denen sie sich oder ihnen bekannte Personen wiedererkennen konnten. Unter Umständen sollten in solchen Blättern sogar Namen und Orte genannt und Personen damit konkret angeprangert oder der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Zumindest drohten entsprechende Programme mitunter mit dieser drastischen Erziehungsmaßnahme, 5 ' 0 Daß sich tatsächlich am Ende des 18. Jahrhunderts Frauen in dieser Form zu Sittenrichterinnen ernannten, scheint unwahrscheinlich.''04 Für damalige Verhältnisse wäre dies ein genauso ungewöhnliches Presseprojekt wie eine von Frauen herausgegebene Satirezeitschrift.

4, Von Frauen (mit-)herausgegebene Zeitschriften für ein gemischtes Publikum Insbesondere im Vergleich zu englischen und französischen Journalistinnen des 18. Jahrhunderts fällt auf, daß im deutschen Sprachraum eine relativ große Zahl von Frauen eine eigene Frauenzeitschrift herausgab, während kaum eine selbständig ein Blatt publizierte, das sich ausdrücklich nicht nur an das weibliche, sondern an ein gemischtgeschlechtliches Publikum richtete. Möglicherweise wird bei weiteren biobibliographischen Recherchen zu anonymer Verfasserschaft noch die eine oder andere Herausgeberin eines solchen »allgemeinen« Periodikums ermittelt, es zeichnet sich aber ab, daß im 18. Jahrhundert in Deutschland die Frauenzeitschriften für schreibende Frauen Chance und Begrenzung zugleich waren. Die wenigen heute bekannten Verfasserinnen, die sich nicht - und sei es vordergründig - auf die Belehrung ihres eigenen Geschlechts spezialisieren mochten, leiteten ihre Blätter meist nicht allein, sondern gemeinsam mit einem männlichen Kollegen. Alle diese periodischen Schriften erschienen, bevor die Frauenjournale ihre eigentliche Hochkonjunktur erlebten und sich mehrere Frauen mit eigenen Frauenzeitschriften einen Namen machten. In dieser Situation wurde es für schreibende Frauen also offenbar iI)2 503 304

Ebd..S,434. Vgl. hierzu auch Kap. II.5.2 über die Wöchentlichen Wahrheiten in Wien. Weitere Verwirrung stiftet die überlieferte Voranzeige des Archivs der weiblichen Belehrung und Unterhaltung durch die am Ende angeführten Bezugsquellen der Zeitschrift: Unter den genannten Adressen findet sich sowohl eine »Brüdersche Buchdruckerey an der Friedrichs- und Jägerstraßenecke«, die es im 18. Jahrhundert in Berlin nicht gegeben hat und die dem Namen nach vielleicht eine Analogie zu den vier herausgebenden Schwestern bilden sollte, als auch das Königliche Ober-Hof-Post am t, mit dem man sich in Preußen zu dieser Zeit eigentlich keine Scherze erlaubte.

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schwieriger oder auch weniger attraktiv, ein Journal für ein gemischtes Publikum herauszubringen. Gleich die erste Zeitschrift, die eine Frau 1745 zwar nicht selbst verfaßte oder auch nur redigierte, vielmehr recht wortgetreu ins Deutsche übersetzte, der englische Guardian, zu deutsch Der Aufseher oder Vormund, zielte nicht speziell auf das weibliche Publikum. In ihrer Vorrede gab Luise Adelgunde Victoria Gottsched denn auch eine Intention an, die mit dem Geschlechterverhältnis nichts zu tun hatte. Sie wolle mit dieser Übersetzung einige der geistreichsten und dabei zugleich gottesfürchtigen englischen Schriftsteller in Deutschland noch weiter bekannt machen und damit den falschen Eindruck korrigieren, als seien alle klugen Engländer Freigeister und Religionsspötter. Sie bekannte, den Mut und die Erfahrung für eine solche Unternehmung aus ihrer Mitarbeit an der 5pecfator-Übersetzung gewonnen zu haben, sos Auf dem Titelblatt zeichnete sie mit »L.A.V.G.« und dürfte für ihre Zeitgenossen damit klar identifizierbar gewesen sein. Ob dies auch bei den zahlreichen Texten Johanne Charlotte Unzers in den Hamburgischen Beiträgen zu den Werken des Witzes und der Sittenlehre 1753/1754 der Fall war, ist nicht so sicher. Einige ihrer überwiegend poetischen Arbeiten waren mit ihren Initialen unterschrieben, andere ließen sich durch Vergleich mit ihrer Sammlung Versuch in sittlichen und zärtlichen Gedichten von 1754 als von ihr verfaßt ausmachen, Wfi Biobibliographische Lexika rechnen sie neben Johann Dieterich Leyding und Johann Friedrich Löwen zu den Begründerinnen der Hamburger Unterhaltungszeitschrift, die überwiegend anakreontische Schäferdichtung und Gelegenheitspoesie enthielt. Beiträge von ihr erschienen im gleichen Jahr - vom Herausgeber Löwen lobend hervorgehoben - auch in der Zeitschrift Der Christ bei den Gräbern,*"1 Johanne Charlotte wurde 1724 oder 1725 in Halle geboren, ihr Vater war der protestantische Organist und Komponist Johann Gotthilf Ziegler. 1751 heiratete sie den Arzt und Seelenkundler Johann August Unzer und ging mit ihm erst nach Hamburg, bald darauf nach Altona.50H In dieser Zeit veröffentlichte sie unter ihrem Namen zwei populärwissenschaftliche Werke, die Frauen auf unterhaltsame Weise in die Philosophie und Naturkunde einführen sollten, den Grundriß einer Weltweisheilfür Frauenzimmer und den Grundriß einer natürlichen Historic und s 5

" NachKrun,S.188-190. Zu ihrer Mitarbeit am ersten und zweiten Band vgl. Krull, S. 191/192 sowie Thomas A. Gehring: Johanne Charlotte Unzer-Ziegler 1725-1782. Ein Ausschnitt aus dem literarischen Leben in Halle, Göttingen und Altona, Bern, Frankfurt/M. 1973, S, 102-106. Es ist dies bislang die einzige ausführlichere Arbeit zu dieser Schriftstellerin. Sie ist ärgerlich in ihrer unterschwelligen Polemik gegen dichtende Frauen und in ihren mokanten, nicht um Verständnis bemühten Urteilen über Johanne Charlotte Unzer. Vgl. außerdem die ausgewählten Gedichte und die biographische Einführung in: Gisela Brinker-Gabier (Hg.): Deutsche Dichterinnen vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Gedichte und Lebensläufe, Frankfurt/M. 1978, S.128-l33. 5(17 Vgl. Gehring, S. 106/107. so» Auch ih r Mann war publizistisch tätig. Außer seinen wissenschaftlichen Werken gab er 1756-1758 den Physikalischen und ökonomischen Patrioten und 1759-1764 die Wochenschrift Der Am heraus. Silf>

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eigentlichen Naturlehre für das Frauenzimmer. Ihr Onkel, der Mediziner Johann Gottlob Krüger, hatte sie zu diesem Schritt ermutigt. Er versah die Einführung in die Philosophie mit einer Vorrede sowie mit Anmerkungen und zeigte die Schrift im Hamhurgischen Correspondenten als einen Beweis dafür an, wie ungerecht es doch sei, Frauen vom Studium auszuschließen: Soli man also sagen, daß Frauenzimmer wäre nur zum Kochen, Waschen und Kindergebären geschaffen? Ich werde mich belehren lassen, wo dieses geschrieben stehet; so lange aber werde ich glauben, daß sich ein dummer Candidat ebenso gut in die Küche schickt, als ein gelehrtes Frauenzimmer auf der Catheder.5(W

Beide Werke erschienen in den sechziger Jahren in einer zweiten Auflage. Noch mehr Aufsehen erregte es allerdings, daß Johanne Charlotte Unzer als Frau tändelnde Scherz- und Liebesgedichte schrieb, die nach anakreontischer Mode für Lebensgenuß und Sinnenfreuden warben. In Erwartung empörter Kritiker stellte sie ihrer Gedichtsammlung von 1751 eine Verteidigung voran.51'1 Doch gab es neben solchen auch Förderer ihrer Lyrik. 1753 wurde sie von den Deutschen Gesellschaften in Helmstedt und Göttingen zum Ehrenmitglied ernannt, und die Universität Helmstedt krönte sie zur »kaiserlichen Poetin«.513 Ais sie 1766 nach längerer Pause -SOT HC. Jg. 1751, Nr. 13, gelehrter Artikel o.S„ zit. n. Brigitte Tolkemitt: Der Hamburgische Correspondent. Zur öffentlichen Verbreitung der Aufklärung in Deutschland, Tübingen 1995, S. 218/219. Gut hundert Jahre später zählte indes ihr Biograph Julius Roethe in der ADB genüßlich all die Fehler, Irrtümer und logischen Schnitzer dieses Werks auf, um es sodann als »naiv frauenzimmerlich« und »allerliebst weiblich« abzutun. Und er fuhr fort: »Leider machte der Erfolg unserer gelehrten Freundin den Kamm schwellen. In ihrem Grundriß einer Natürlichen Historic und eigenilichen Nafurlehre für das Frauenzimmer {...], den sie nun schon ohne Onkel Krüger's Hilfe herausgibt, will sie bereits eine Lehrerin ihres Geschlechts werden, will sie >Neutonianerinnen< heranbilden, will sie den Männern das Zugeständntß abnöthigen, daß es auch unter den Frauen »Erfinderinnen neuer Wahrheiten·; gebe. Eine curiose Zumuthung [...].« (ADB, Bd, 39 (1895), S. 331 -334, hier S. 332.) Gehring, der diese »schwungvolle Skizze« streckenweise ganz »köstlich[ ]« findet, wirft Unzer vor, sie habe im Grundriß einer Wettweisheil »entlehnte Gelehrsamkeit« zur Schau getragen, ohne bei seiner moralischen Verurteilung zu bedenken, was eine Einführung in Grundgedanken der Philosophie leisten kann und soll und woher eine Frau im 18. Jahrhundert gelehrtes Wissen bekommen konnte.

Zu den Dichterinnen-Krönungen des 18. Jahrhunderts s. o. • 1 Trillers Überblick erschien als Vorrede zu einem 1743 von ihm herausgegebenen Band mit Gedichten von Magdalena Sibylla Rieger. Hanstein zitiert ausführlich aus diesem Text, urn zu demonstrieren, wie übertrieben damals das Frauenlob solcher »litterarischen Weibergecken« gewesen sei. Über die »Löberinn schrieb Triller: »Teutschland hat sich von dieser jungen doch großen Dichterin künftig gar viel zu versprechen, sintemal sie nicht allein in der Weltweisheit und den gelehrten Hauptwissenschaften wohl erfahren, sondern auch vornehmlich der französischen, griechischen und lateinischen Sprache sehr mächtig, daß sie so viel Mut gehabt, die schwersten Stellen aus der Virgiliani'schen Äneis ins Deutsche zu übersetzen, davon wir künftig noch mehrere Proben begierig erwarten.« Zit. n. Hanstein, Bd. l, S. 164 (Hanstein über Triller, S. 162, Hanstein über Dorothea Löber, S.170/ 171). M7 Anna Maria von Schurmann: Opuscula hebraica, graeca, latina. gallica, prosaica et metrica, hg. v, D. Löber 1749; vgl. Barbara Becker-Cantarino: Die »gelehrte Frau« und die Institutionen und Organisationsformen der Gelehrsamkeit am Beispiel der Anna Maria von 171

Arzt in Erfurt und zog, nachdem sie verwitwet war, zu ihrem Bruder nach Dresden. Dort gab sie im Alter von 55 oder 56 Jahren ab Oktober 1780 zusammen mit anderen Schriftstellern anonym die Papiere einiger Freunde heraus.5!S Sie starb 1788. Von der Monatsschrift sind die ersten sechs Hefte erhalten geblieben; sie kosteten jeweüs drei bzw. vierteljährlich acht Groschen. Am Ende des ersten Halbjahrs stellten die Verfasser eine Fortsetzung in Aussicht, da das Publikum mit dem Blatt offensichtlich größtenteils zufrieden sei. Ob weitere Hefte tatsächlich je erschienen sind, ist allerdings nicht mit Sicherheit festzustellen, auch wenn einige Bücherlexika und Zeitschriftenbibliographien einen Erscheinungszeitraum von 1780 bis 1783 angeben. Die einzelnen Beiträge waren alle lediglich mit einem Anfangsbuchstaben gezeichnet, die Herausgeber unterschrieben gemeinsam als »die Verfasser«. In den Erläuterungen der Abonnements-Bedingungen wurde allein Dorothea Lilien als Redaktionsadresse namentlich genannt. 5iy Einige der mit »T.« gekennzeichneten Beiträge können zudem durch einen Vergleich mit den 1784 erschienenen Idyllen und Liedern als Texte von ihr identifiziert werden. Ältere biographische Lexika führen zum Teil auch den damals 27jährigen Diakon und späteren Pastor Gottlob Liebrnann als Herausgeber des Blattes, Ob noch weitere Schriftstellerinnen oder Schriftsteller an der Gründung und Herausgabe der Papiere einiger Freunde beteiligt waren, ist ungewiß. Die Tatsache, daß hier eine Frau maßgeblich an der Herausgabe einer Zeitschrift beteiligt war, die sich nicht bloß an ein weibliches Publikum wandte, ist von den Zeitgenossen offenbar nicht weiter kommentiert worden. Jedenfalls ist keine entsprechende Stellungnahme überliefert. Eine Gruppe männlicher und weiblicher Herausgeber erregte offenbar sehr viel weniger Aufsehen als eine reine Frauenredaktion. Empörung mag auch deshalb ausgeblieben sein, weil die Papiere einiger Freunde niemanden belehren wollten: »Nur das Vergnügen und die Unterhaltung

Schurmann (1607-1678), in: Sebastian Neumeister/Conrad Wiedemann (Hg.): Res Publica Litteraria. Die Institutionen der Gelehrsamkeit in der frühen Neuzeit, Wiesbaden 1987, S. 559-576, hier S. 570, Welche Werke der Schurmann der von Dorothea Löber herausgegebene Band genau umfaßte, ob neben dem späten Selbstporträt, das die Hinwendung zur Labadistengemeinde rechtfertigte und der weltlichen Gelehrsamkeit früherer Jahre eine Absage erteilte, oder auch die früheren Schriften, in denen die Schurmann zumindest für Frauen höheren Standes Zugang zu gelehrter Bildung gefordert hatte, konnte nicht festgestellt werden. Barbara Becker-Cantarino behauptet, daß das Interesse der Herausgeberin der Gelehrten und nicht deren Hinwendung zur frühpietistischen Gemeinde gegolten habe (Anm.24, S, 575), Zu Anna Maria van Schurmann und ihrer Darstellung in den Frauenzeitschriften vgl. Kap. V.2.1. Mti Papiere einiger Freunde. Eine Monatsschrift, Dresden (gedruckt bey Heinrich Wilhelm Harpetern) 1781 [im folgenden: PeF], Das erste Bändchen enthält die ersten sechs Stücke von Oktober 1780 bis März 1781. 5W »Liebhaber dieser Monatsschrift in Dresden belieben sich bey der Fr, D. Lilien, im Pannaschischen Hause auf der Schloßgaße zu melden; auswärtige können sich an das hiesige Addreß-Comtoir wenden.« Nachricht, in: PeF, 2. Stück (11/1780), S, 128. 172

unserer Leser wird unser beständiges Augenmerk seyn. Nach diesem beurtheüe man uns gütig, nachsichtsvoll und gerecht.«·''2" Das Blatt sprach ausdrücklich ein gemischtes Publikum an. In dem literarischen Text Der Traum empfiehlt ein menschenfreundlicher, geselliger Gelehrter dem Erzähler die Papiere einiger Freunde mit dem Hinweis, es sei »für jedermann was darinn«. 521 Diese Formulierung schloß Leserinnen durchaus ein, Themen wie weibliche Bildung oder Unarten von Frauen waren mit Selbstverständlichkeit im Blatt vertreten. Daneben gab es Artikel, die ganz aus der Perspektive eines Mannes verfaßt waren und sich deutlich vor allem an männliche Leser richteten. 522 Die einzelnen Stücke umfaßten 64 Seiten in Oktav, also vier Bogen, und enthielten zwischen zehn und zwanzig Beiträge, davon waren gut die Hälfte Gedichte und Sprüche. Die im Blatt propagierten Werte unterschieden sich nicht von denen, für die auch die Frauenzeitschriften warben, bloß herrschten andere Stilmittel vor. Priesen die Frauenzeitschriften in ihren moralisierenden Texten Bescheidenheit und Demut, Wahrhaftigkeit und Unbestechlichkeit, so überwog hier deutlich ein spöttischer, ironischer Ton, Die Verfasser gaben zumeist vor, von den »Modemenschen«, den eitlen und gottlosen Egoisten, überzeugt worden zu sein, daß ihre Ansichten hoffnungslos antiquiert seien. Unter diesen angeblich tonangebenden Modemenschen nehmen Frauen regelmäßig eine zentrale Rolle ein: Sie forcieren Oberflächlichkeit, provozieren Komplimente, und ihr launisches Geschmacksurteil gilt etwas in der galanten, vornehmen Welt, Soll eine männliche Figur lächerlich gemacht werden, so wird sie als Weiberknecht oder Pantoffelheld charakterisiert. Doch wie gezeigt wurde, begegnen einem solch misogyne Topoi auch in Frauenzeitschriften, die Frauen verantworteten. Vereinzelt finden sich in den Papieren einiger Freunde auch antisemitische Klischees,·523 während ansonsten der Religionsfrieden zwischen den christlichen Konfessionen beschworen wurde. Einige Gedichte zeigen deutlich patriotische Tendenzen und huldigen pathetisch dem sächsischen Kurfürsten. 524 In der Frage der Frauenbildung vertraten die Papiere einiger Freunde überwiegend die zu dieser Zeit in den höheren Ständen weit verbreitete Position, daß sorgfältig ausgewählte und dosierte Lektüre keineswegs zu Lasten der vordringlichen häuslichen Pflichten einer Frau gehen müsse. Die alte Bildungsfeindlichkeit und

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OD.: Einleitung, in: PeF, 1. Stück (10/1780), S, 1-10, hier S. 9/10. Edith Krull, die als einzige diese Zeitschrift gesichtet und einer kurzen Analyse unterzogen hat, bescheinigt dem Blatt denn auch ein recht geringes Niveau, das tatsächlich kaum einmal über einen bloßen Unterhaltungszweck hinausweise; »Das meiste ist läppische, tändelnde, frivole Poesie, und auch die moralischen Abhandlungen sind recht banal.« Krull, S.203-205, hier S.205. 521 C: Der Traum, in: PeF, 4. Stück (1/1781), S. 195-204, hier S. 199. 522 Ein Beispiel: »Vergiß einmal, mein Lieber, Deine Leiden! ermanne Dich, zeige männlichen Muth, erhalte Dich, Dir, der Welt und Deinen Freunden.« F.; Sympathien, in: PeF, 1. Stück (10/1780), S.46-52, hier S.47. 52:1 Zum Beispiet: »Seine herrschende Leidenschaft ist Geiz, und in der Begierde nach Gewinn Übertrift er alle Hebräer.« G.: Lorens Geschichte, in: PeF, 3. Stück (12/1780), S, 181-192, hier S. 181. 524 Zum Beispiel: T.; Der Land=Tag, in: PeF, 5. Stück (2/1781), S, 257/258,

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Skepsis gegenüber jeglichem weiblichen Lesen treibe Frauen vielmehr bloß in Putzsucht und geistlose Geschwätzigkeit. Ein solch defensives Plädoyer für einen breiteren Bildungskanon in der Töchtererziehung wurde zum Beispiel in einem Brief eines Mannes an seinen Freund vorgetragen. Gesprengt wurde die übliche Definition hier jedoch mit dem Hinweis auf die antike Lehrerin der Philosophie Theano. Die Gattin des Pythagoras habe so fleißig bei diesem Unterricht genommen, daß sie nach seinem Tod selbst die Weltweisheit öffentlich habe lehren können. Auf diesem Weg sei es damals in Athen üblich geworden, daß Frauen Philosophie studierten. 525 Obwohl der Briefschreiber nicht für weibliche Gelehrsamkeit plädiert, sondern lediglich den Nutzen einer nicht allzu beschränkten Frauenbildung für die Häuser, Familien und Ehen der gebildeten Stände herausgestrichen hatte, folgte auf diesen Text im nächsten Stück eine ausdrückliche Zurückweisung. Der Briefpartner, der ebenfalls eine breite Allgemeinbildung für Frauen favorisierte, wollte dem Mißverständnis vorbeugen, es handle sich bei der Töchtererziehung in erster Linie um Verstandesbildung. Äußerst anschaulich schilderte er die psychosozialen Leistungen einer Ehefrau, ihre Anschmiegsamkeit an den Mann sowie ihre ständigen Anstrengungen, diesen zu erfreuen, wieder aufzubauen oder zu besänftigen, und leitete daraus das Erfordernis ab, vor allem die Gefühle junger Mädchen zu wecken und zu kultivieren. Er bestritt nicht die Befähigung von Frauen für gelehrte Studien, sondern bezweifelte, daß eine Frau, die sich »mit abstrakten universellen Begriffen« beschäftige, noch Energie für die »Kleinigkeiten des gemeinen häuslichen Lebens« aufbringe und sich bereitwillig dem Gatten unterordne.526 Die beiden Briefe waren mit den in der Zeitschrift oft und regelmäßig vertretenen Kürzeln »T.« und »Oo.« unterzeichnet. Ob der erste Brief von Dorothea Lilien stammte, die ihre Ansichten zwecks größerer Überzeugungskraft einem Mann in die Feder legte, und ob der zweite eine kritische Entgegnung eines ihrer männlichen Mitherausgeber war,527 es also über dieser Frage in der Redaktion zu Uneinigkeit kam, kann heute leider nicht mehr festgestellt werden. Ein weiterer bemerkenswerter Beitrag in den Papieren einiger Freunde ist der vermutlich ebenfalls fiktive Briefwechsel zweier verständiger, bildungsambitionierter junger Frauen. Die eine - »Charlotte« - berichtet hier der Freundin von einem geselligen Streitgespräch über die Frage »Ob die Mannspersonen oder die Frauenzimmer mehr Eitelkeit besäsen?« In der Gesellschaft hätte die Mehrheit den Männern diesen zweifelhaften Vorzug eingeräumt, woraufhin der Hofmeister ihres Vetters angekündigt habe, eine Ehrenrettung seines Geschlechts und scharfe Satire auf die Frauen verfassen und drucken lassen zu wollen. Die Briefschreiberin bedauert nun, nicht selbst in diesen publizistischen Geschlechterkampf eintreten zu können, da ihr die dafür erforderliche Bildung und Übung vorenthalten worden sei: 525

T,: Schreiben an einen Freund, von der Erziehung der Töchter, in: PeF, 5. Stück (2/1781), S. 300-305. ™Oa.: Antwort auf den Brief über die Erziehung der Töchter, in: PeF, 6, Stück (3/1781), S. 369-383, Zitate S.375. 527 Mit »Oo.« war auch die Einleitung im ersten Stück des Blattes unterzeichnet. 174

Ich bin ganz unruhig darüber [über die Ankündigung einer öffentlichen Streitschrift gegen weibliche Eitelkeit]. Wir haben wirklich das Recht in Händen, es mangelt uns nicht an unwiderlegiichen Gründen und Beyspielen, aber solche ordentlich, bündig, deutlich und in einem Style vorzutragen, daß die Schrift nicht bey der Lesung der ersten Zeilen weggeworfen wird, dazu mangelt uns leider! die Geschicklichkeit. Daß doch die Mannspersonen bey unserer Erziehung gar zu sorgfältig bemühet sind, die Keimchen des Witzes zu ersticken, damit wir ja nicht etwa zu klug werden - die bösen Leute!52*4

Die Freundin solle bitte nach einem geeigneten Anwalt für die Sache der Frauen suchen. Diese Passage ist nicht nur interessant, weil hier die Begrenzung der Frauenbildung durch eigensüchtige Männer beklagt wird. Sie ist zugleich ein weiterer Beleg dafür, daß die Querelle des femrnes im 18. Jahrhundert den Gebildeten noch in Erinnerung war und von ihnen darüber hinaus in geselliger und publizistischer Form fortgeschrieben wurde.524 4.2 Friederike Helene Unger; Vermischte Erzählungen und Einfalle zur aligemeinen Unterhaltung, 1783 -1786 Die zweite literarische Zeitschrift für ein gemischtes Publikum, die in den achtziger Jahren von einer Frau herausgegeben worden sein soll, konnte ich leider nicht einsehen,530 Es ist die Monatsschrift Vermischte Erzählungen und Einfalle zur allgemeinen Unterhaltung, die wohl von 1783 bis 1786 bei dem Berliner Verleger Linger erschien und die biobibliographische Werke seiner Ehefrau Friederike Helene zuschreiben. Sie war eine Tochter des preußischen Generals von Rothenburg und seiner Frau, einer französischen Adligen, geboren 1741 (eventuell auch erst 1751) in Berlin und aufgewachsen im Haus des Hofpredigers Bamberger in Potsdam. Sie erhielt recht breiten Unterricht und beherrschte die französische und englische Sprache fließend. So kam sie als Erzieherin der Töchter in das Haus des Formschneiders Unger, wo sie dessen Sohn kennenlernte und schließlich heiratete. Johann Friedrich Unger hatte von seinem Vater das Kunsthandwerk gelernt, Zeichnungen in druckfertige Holz- und Kupferstichplatten umzusetzen, und sich wie dieser auf diesem Gebiet einen Namen gemacht. Er unterrichtete das Fach im Rang eines Professors, betrieb außerdem eine Schriftgießerei, Buch- und Notendruckerei und war der Verleger zahlreicher Berliner Zeitungen und preußischer Kalender. Seit 1782 kamen in seinem Verlag Friederike Helene Ungers anonyme Veröffentlichungen heraus. Den Anfang machten zwei Übersetzungen von Schriften Rousseaus, eine Broschüre zu

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* E.: Charloltens Antwort, in: PeF,5. Stück (2/1781), S.315-320, hier S.339/320 Vgl. insbesondere den offenen Briefwechsel zwischen der Herausgeberin und einem männlichen Frauen k ritiker in Amaliens Erhohtngsstttnderi, Kap, ] V,3,2, yjer Bgnc|e m jt insgesamt 19 Monatsstücken sind zwar noch in der Universitätsbibliothek Augsburg erhalten, waren mir aber nicht zugänglich, da sie zur Zeit restauriert werden. Ich trage deshalb hier lediglich zusammen, was aus einigen wenigen zeitgenössischen Rezensionen erschlossen werden kann.

S265

Die Präsentation der »Zuschauerin« gegenüber dem Publikum war dagegen deutlich moderater, wenn auch eigentümlich ambivalent in ihrer Mischung aus demonstrativem Bescheidenheitsgestus und kaum verhülltem Stolz auf die eigenen intellektuellen Kapazitäten. Mehr als jeder männliche Autor sei sich die Herausgeberin bewußt, welche Ehrfurcht sie ihren Leserinnen und Lesern566 schuldig sei, ihre Ängstlichkeit sei echt und ihre Bescheidenheit ungeheuchelt ( betonte sie ausdrücklich: Der ohngefehre Zufahl eines Prager Zuschauers hat meine vielleicht nicht ganz unrühmliche Ehrbegierde gereizet, mich öffentlich vor dem Publikum zu zeigen, und gerade diese Gelegenheit hat mich in eine muthwillige Laune versezzet, [...] aber ich finde auch Ursache, über diesen Schritt die Nachsicht des Publikums zu erbitten, weil ich ihn vielleicht nicht öfentlich hätte thun sollen. [...] da ich nicht gern sehete, daß das bischen Kopf, dessen ich mich vielleicht rühmen konnte, in mehrere Betrachtung als mein Herz gezogen werde, so werde ich es in Zukunft unverhoJlen zeigen, und äussere übrigens ohne aller mir schwerfallenden Selbstverleugnung: Daß ich es jederzeit für eine wichtigere Pflichtserfiiüung ansehe: daß ich kochen und spienen, als daß ich schreiben und philosophiren kann?**1

Ehrbegierde galt im späten 18, Jahrhundert für eine Frau in jedem Fall als unrühmlich, und auch auf ein »bißchen Kopf« sollte sie sich nichts einbilden. Mein Verdacht, daß es sich bei der Frau Zuschauerinn um eine Parodie auf Frauenzeitschriften und weibliche Autorschaft handeln könnte, gründet sich unter anderem auf diese Passage, in der die Hervorkehrung von hausfraulichen Fertigkeiten und Herzensbildung deutlich als ein Lippenbekenntnis in Szene gesetzt wurde, mit dem lediglich

ÄM

Ebd., S. 10-13. FZ, 3. Stück, S, 48, voranstehende Zitate S. 47. Die Verfasserin wandte sich in erster Linie an Frauen, erwähnte aber auch vereinzelt potentielle männliche Leser. Im 4. Stück stritt sie prophylaktisch mit einem Mann, der ihr Motto als zu gelehrt tadeln könnte, und spielte diesen Mann gegen ihre Leserinnen aus: »Seifzen sie nur nicht so bänglich, mein lieber Herr Leßer, und vertreiben siemir mit ihren Angstgeschrei meine Freundinnen nicht!« S.49. Sf 7 > An das Publikum, in: FZ, 1. Stück, S. 15/16. 565

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den Anforderungen an den Öffentlichen Auftritt einer Frau Genüge getan werden sollte. War das Blatt hingegen tatsächlich die ernstgemeinte Entgegnung einer Frau auf den von Männern dominierten literarischen Markt, so wäre die selbstgewisse, kämpferische Haltung der Franziska Obermayer eine bemerkenswerte Ausnahme unter den weiblichen Herausgebern ihrer Zeit. Voller Geringschätzung äußerte sie sich über die deutschen »Schriftstellerlinge«, die vergeblich versuchten, Menschenkenntnis durch Gelehrsamkeit zu ersetzen. Zwar urteile sie nur als ein Weib, aber es solle ihr erst einmal einer von den »Dintenklecksern« beweisen, daß sie unrecht habe.5fi8 Ihre wesentlichen, von der Natur auferlegten Pflichten und Anlagen zur Glückseligkeit könnten Frauen durch Selbsterkundung herausfinden, dafür müßten weder Männerköpfe auf ihren Schultern noch Doktorhüte auf ihren Köpfen sitzen.5W Und schließlich konstatierte sie sogar die Überlegenheit weiblicher Intuition gegenüber männlicher Theorie: Wir Mädchen haben kein geringeres Recht als die Männer, auf Weißheit und Vernumft Anspruch zu machen, und wenn wir das vollere Maaß der Empfindsamkeit in Erwägung ziehen, das uns zu Theil wurde, so finden wir: daß uns der Weg, der zürn Tempel der Wahrheit leitet, kürzer, leichter und sicherer seyn müße, als denen Männern, weil ihn die Natur, die uns an ihrer Hand dahin führet, mit Blumen bestreuet, und weil es scheinet, als ob sich die geprießenen Herrn der Schöpfung erst mit vieler Beschwerlichkeit dahin arbeiten sollten, da sie sich solchen durch die Hecken von tausend selbst ersonnenen Abstraktionen oder über die schrofen Felsen der auf Meinungen erbauten Syesteme zu nehmen bemühen. O meine Herrn Historienschreiber nicht wahr? wir hätten gewieß nicht so viele Parteyen und Seckten, wenn Mädchens von je her Prediger und Phylosophen gewesen wären?57"

Zwar wiederholte auch die »Zuschauerin«, daß Mädchen keinesfalls gelehrt, sondern bloß vernünftig und weise sein sollten. Unter Vernunft und Weisheit verstand sie jedoch eigenständiges, handlungsorientiertes Denken und Empfinden, das sie explizit vom Nachdenken und Nachempfinden unterschied und wozu sie der großen Mehrheit der Männer sogar die Fähigkeit absprach. Damit ging sie weit über das Frauenbildungsideal der Spätaufklärung und die propagierte Geschlechterordnung hinaus. Die vier erhaltenen Stücke der Frau Zuschauerinn erschienen in wöchentlichem Abstand von April bis Mai des Jahres 1785. Jedes Heft umfaßte 16 Seiten in Oktav, der Preis läßt sich nicht mehr feststellen. Die einzelnen Stücke waren mit Ausnahme des ersten nicht durch Überschriften gegliedert, jedem stand ein Gedicht oder Aphorismus eines bekannten männlichen Schriftstellers als Motto voran, das den thematischen Schwerpunkt der assoziativ aneinandergereihten Absätze angab. Die Wendungen an den Prager Zuschauer und das Publikum füllten das erste Heft. Das zweite warb für tätige Nächstenliebe und kritisierte folgenlose Empfindetei, tränenselige Romanlektüre und weltfremde Bücherlehren, die gerade unter Frauen be56

*FZ, 4, Stück, S, 50. -st< Eine Ausnahme bildet hierin einmal mehr Charlotte Hezels Wochenbiai! für's Schöne Ge~ 202

Allmählich setzte sich dann ein Magazin-Charakter durch. Die Einzelbeiträge einer wachsenden Zahl von Autorinnen und Autoren standen nun für sich, die Wendungen der Herausgeherinnen an die Leserinnen beschränkten sich zunehmend auf Vorreden und eingerückte, zumeist geschäftliche Nachrichten. Ein Preisvergleich der Frauenzeitschriften ist wenig ergiebig, nicht nur weil Umfang und Aufmachung variierten, sondern insbesondere wegen der uneinheitlichen Landeswährungen und oft nicht ganz eindeutigen Quellenangaben, Insgesamt waren die Zeitschriften im 18. Jahrhundert noch recht teuer und nur für die höheren Stände überhaupt erschwinglich,609 Selbst diese nutzten daher gerne Einrichtungen wie Lesegesellschaften oder Leihbibliotheken, Auf sie, ihre Lesefähigkeit, ihre Interessen und ihren Geschmack waren sämtliche unterhaltenden Periodika zugeschnitten, sieht man einmal von den wenigen gezielt volksaufklärerischen Schriften

ab. Von einer Traditionsbildung im Frauenjournalisrnus des ausgehenden 18. Jahrhunderts läßt sich insofern sprechen, als die späteren Herausgeberinnen ihre Vorgängerinnen zum Teil nachweislich kannten. Sophie von La Röche wußte nichts von der Wochenschrift Für Hamburgs Töchter und dem Wochenblatt für's Schöne Geschlecht, dagegen kannte und schätzte sie die englischen Moralischen Wochenschriften von Addison und Steele, ftiü Die Pomona diente dann Caroline Friederike

schlecht, das im 18. Jahrhundert ohne Nachahmung blieb: Es war streng in wiederkehrende Rubriken gegliedert und verzichtete, von kurzen Sinnsprüchen und Gedichten einmal abgesehen, auf fiktionale Texte. Andere Blätter, wie Für Hamburgs Töchter oder die Pomona, setzten dagegen noch nicht einmal regelmäßig Zwischenüberschriften. NW Wilke gibt den durchschnittlichen Preis für das Jahresabonnment einer überregionalen literarischen Zeitschrift in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit 4 bis 5 Reichstalern an (Wilke, Bd. l, S. 130). Wenn die Frauenjournale in der Regel nicht mehr als 3 Reichstaler im Jahr kosteten, so lagen sie etwas darunter. Doch auch dies war viel: Laut Maurer entsprachen die 4 Gulden und 30 Kreuzer, die man 1783 für einen Jahrgang der Pomona zahlte, einer Monatsmiete für zwei bescheiden möblierte Zimmer, drei Monatslöhnen eines Kochs oder dem Preis für ein halbes bis ein Pfund Tee. (Maurer (Hg.): Mehr Herz, S,432, Anm.134). Ein weiterer Vergleich: Amaliens Erhohmgsstunden kosteten 1790 auf Subskription 4 Gulden im Jahr, später etwas mehr. Für ihre 4-Zimmerwohnung in Stuttgart zahlten die Ehrmanns eine Jahresmiete von 96 Gulden. fi! " tn ihrem späten Werk Mein Schreibetisch erwähnte Sophie von La Röche, daß sie acht Bände des Spectator besitze, zwölf Bände mit Auszügen aus englischen Wochenschriften sowie ein altes »Ladys Magazin«. Letzteres hatte sie allerdings erst nach ihrer Arbeit an der Pomona in England geschenkt bekommen. Die bekannten englischen Wochenschriften von Addison und Steele kannte sie dagegen mit großer Wahrscheinlichkeil schon früher. Da sie nach ihrer Heirat englisch lernte, las sie den Spectator eventuell nicht in der deutschen Übersetzung von Luise Adelgunde Gottsched, sondern im Original. Sie lobte die beiden Engländer als Wegbereiter des belehrenden Journalismus: »Denn obschon keiner ihrer Nachahmer die Höhe der Vollkommenheit dieses Originals erreichte, so sind doch gewiß in den Zeitschriften, welche seitdem erschienen sind, tausend angenehme und nützliche Ideen an's Tageslicht gekommen, welche in großen Werken verwebt, für die größte Anzahl Menschen unbekannt geblieben seyn würden.« La Röche; Mein Schreibetisch, hier Bd, l. S. 21/22; über die Zeitschriften in ihrem Besitz; Bd. l, S. 20-27, Bd. 2, S. 394 und S. 469. 203

von Kamiensky deutlich als Vorbild, als sie einige Jahre später ihre Luna schrieb. Überhaupt war Sophie von La Röche die bekannteste Journalbegründerin ihrer Zeit und wohl allen Nachfolgerinnen ein Begriff. Das Museum für Frauenzimmer widmete ihr 1790 seinen ersten Quartalsband. Wilhelmine von Gersdorf hatte vermutlich sechs Jahre zuvor einen eigenen Beitrag in der Pomona unterbringen können, Marianne Ehrmann war als Schauspielerin in Anklang an Sophie von La Roches berühmte Romanheldin unter dem Bühncnnamen >Sternheim< aufgetreten. In Atnaliens Erholungsstunden wies sie ihre Leserinnen auf die damals gerade erscheinenden Reiseberichte der Schriftstellerkollegin hin, 611 Dagegen deuten zwei kleine Überschneidungen von Marianne Ehrmanns Zeitschriften mit dem Museum für Frauenzimmer nicht notwendig auf eine Kenntnis der Vierteljahresschrift hin, ebenso gut könnten die Herausgeberinnen gleiche Vorlagen benutzt haben.612 Catharina von Hesse schließlich reihte sowohl Sophie von La Röche als auch Marianne Ehrmann in ihrer Vorrede zu den Unterhaltungen in Abendstunden neben Luise Adelgunde Gottsched und den vermeintlichen Verfasserinnen des Damen-Journals in eine Galerie berühmter Frauen ein, die die grundsätzliche geistige Befähigung von Frauen beweisen sollte. Die Unterhaltungen aus München kopierten am deutlichsten ein anderes Blatt, nämlich Amaliens Erhoiungsstunden aus Stuttgart, das damals immer noch auf dem Markt war und fortgesetzt als Einsiedlerinn ans den Alpen die Nachahmung und Konkurrenz überlebte. Alle Herausgeberinnen von Frauenzeitschriften erklärten sich einverstanden mit dem Modell einer polaren Geschlechterordnung und der spätaufklärerischen Rede von einer »weiblichen Bestimmung«, Gattin, Hausfrau und Mutter zu werden. Die Betonung der Geschlechterdifferenz diente ihnen als Argument, warum Frauen am besten von Geschlechtsgenossinnen erzogen und unterrichtet würden. Sie stilisierten sich in ihren Journalen mehr oder minder ausdrücklich zu Lehrerinnen ihres eigenen Geschlechts, wenn sie behaupteten, die Leserinnen in ihre dreifache Bestimmung einweisen zu wollen. Gleichzeitig distanzierten sie sich alle ausdrücklich M[

Ruth Dawson interpretiert den Untertitel von Amaliens Erholungsstunden »Teutschlands Töchtern geweiht« als Referenz gegenüber der Pomona für Teutschlands Töchter sowie die Titelheldin der Einsiedlerinn aus den Alpen als Analogie zu Sophie von La Roches Stilisierung zur lebenserfahrenen Mutterfigur »Pomona« (Dawson: Women (Belgique), S. 104). Daß dur kurzfristige Briefkontakt zwischen Marianne Ehrmann und Sophie von La Röche mit dem Frauenjournalismus in Verbindung stand, scheint unwahrscheinlich, war er doch bereits längere Zeit eingeschlafen, als Marianne Ehrmann sich an die Gründung von/4maliens Erholungsstunden machte. ft 2 ' 179Ü verwies Marianne Ehrmann in eigenen Worten auf den Spendenaufruf einer »Frauenzimmer^Lesegesetlschafi« aus Anlaß eines Großfeuers in Zeulenrode, während das Museum diesen wörtlich abdruckte. (Bitte an wohlthätige Menschenfreunde von einer Frauenzirnmer-Lesegesellschaft, in: AE, 1. Jg. (1790), Bd,2, Heft 6, S.289/290; Bitte an wohlthätige Menschenfreunde und Freundinnen von einer Frauenzimmer-Lesegesellschaft, in: MfF, Bd. 2, S.277-279). Außerdem erschien in der Einsiedlerinn anonym ein offenbar eingesandter anekdotischer Bericht, übersetzt aus einem englischen Magazin, der drei Jahre zuvor schon im Museum gestanden hatte. (Anekdote, in: MfF, Bd. 2, S.275/276; Ein Anekdötchen aus England, in: EA, 1. Jg. (1793), Bd. 3, Heft 8, S. 166-168). 204

wenn auch unterschiedlich überzeugend - von >weibltcher Gelehrsamkeit^ Das Bildungsprogramm, das sie neben der Unterhaltung für Mußestunden in ihren Zeitschriften boten, fiel allerdings trotz der übereinstimmenden Bekenntnisse einigermaßen unterschiedlich aus. Am entschiedensten auf nüchtern-sachliche Vermittlung von Kenntnissen und Informationen konzentriert war das Wochenblatt für's Schöne Geschlecht, das sich moralischer Belehrung zugleich weitgehend enthielt. Sophie von La Röche erging sich dagegen in wortreichen Beschwörungen weiblicher Tugend, verband dieses jedoch mit vielen Literaturauszügen und flocht immer wieder enzyklopädisches Wissen ein. Sie legte die »weibliche Bestimmung« der Ehefrau eines Gelehrten recht weit aus und bemühte sich, ihre Leserinnen zu gewandten Gesellschafterinnen zu erziehen und insbesondere für geistreiche Konversation zu präparieren. Auch die Zeitschriften Marianne Ehrmanns wollten noch einige Einsichten verbreiten, doch stand hier schon sehr deutlich die moralische Belehrung im Vordergrund, insbesondere die Warnung vor nichtehelicher Sexualität, In den Unterhaltungen in Abendstunden verstärkte sich dieser Trend zum bloßen Moralisieren, wobei rührselige Berichte über Wohltätigkeit erstmals zu einer regelmäßigen Einrichtung erhoben wurden. Damit stehen diese drei Zeitschriften der neunziger Jahre der ersten Frauenzeitschrift Für Hamburgs Töchter mit ihrem äußerst begrenzten Bildungshorizont und rigiden Tugenddiskurs näher als den informativeren Blättern Charlotte Hezels und Sophie von La Roches einerseits sowie den fast ausschließlich auf Unterhaltung zielenden Periodtka Luna und Museum für Frauenzimmer andererseits. Dem Museum kommt dabei insofern eine Sonderstellung zu, als es weniger seinen didaktischen Nutzen für das weibliche Publikum als vielmehr sein Angebot an schreibende Frauen herausstellte, erstmals ihre Texte zu veröffentlichen. Die beiden verschollenen Frauenzeitschriften weiblicher Herausgeber erweiterten dieses Spektrum auf sehr unterschiedliche Weise: das Oekonomische Journal, indem es sich ausschließlich mit hauswirtschaftlichen Fragen beschäftigte und erstmals konkrete Haushaltstips gab, und das Archiv der weiblichen Belehrung und Unterhaltung als ein mehr oder weniger ernstgemeintes Forum zur öffentlichen Klage über die Unsitten der Männer. Keine Zeitschrift hat die Anforderungen an weibliche Tugend je offen zurückgewiesen, auch wenn in den Texten immer wieder anschaulich wird, in welchem Maße Schicklichkeitsvorstellungen den Handlungsspielraum von Frauen einschränkten. Im fünften Kapitel dieser Arbeitsoll daher systematisch untersucht werden, wie die Verfasserinnen den gesellschaftlichen Ort von Frauen genau definierten. Dabei wird ganz wesentlich danach zu fragen sein, ob sie aus dem gepriesenen häuslichen Wirkungskreis weiterreichende Verpflichtungen etwa zur Geselligkeit, zu wohltätigem Engagement oder zu patriotischem Konsumverhalten ableiteten und damit ein streng dichotomisches Gesellschaftsmodell relativierten. An dieser Stelle ist zunächst nur festzuhalten, daß die Herausgeberinnen mit ihrer Beteiligung an der damals regen Debatte über die Ordnung der Geschlechter selbst in einen gewissen Widerspruch gerieten, wenn sie öffentlich für eine »häusliche Bestimmung« der Frau votierten. Die meisten von ihnen wandten denn auch einige Mühe auf, ihr Auftreten vor dem Publikum mit dem herrschenden und auch von ihnen selbst propagierten 205

Weiblichkeitsideal auszusöhnen. Das war insofern nicht ganz leicht, als Schreibarbeit für eine Öffentlichkeit und Handarbeit im Haus für Frauen als unvereinbar galten. >Feder< und >Nadelgelehrten Weib< zu verstehen sei, so diffus, daß alle Frauen mit unerwünschten Bildungsambitionen dieser Verdächtigung ausgesetzt werden konnten. Schriftstellerinnen und Herausgeberinnen von Zeitschriften gehörten allemal dazu. Lesen und Schreiben sollte einer Frau überhaupt erst dann gestattet sein, wenn alle Hausarbeit erledigt war, keine Kinder ihrer Aufmerksamkeit bedurften und auch der Ehemann gerade keine Forderungen an sie stellte. Selbst in einem solchen Fall sollte eine Frau jedoch aus ihrer geistigen Tätigkeit nur stille Freude ziehen und keine Anerkennung oder gar öffentliche Bewunderung anstreben. Nähen und Sticken hingegen fanden, auch wenn sie ökonomisch gänzlich überflüssig waren und lediglich Geschäftigkeit demonstrieren sollten, als »weibliche Arbeiten« immer ihre Wertschätzung. Solange sozialgeschichtliche Untersuchungen zur Hauswirtschaft der höheren Stände im 18. Jahrhundert fehlen, ist es fast unmöglich, verallgemeinernde Aussagen über die Arbeitsbelastungen der Frauen des Hauses zu treffen. 61 ^ Aus zahlreichen Quellen geht hervor, daß sie sehr wohl Zeit zum Lesen, für Korrespondenz und für Besuche fanden. Körperliche Arbeit galt für sie als unstandesgemäß, und so delegierten sie einen mehr oder weniger großen Teil der Hausarbeit und selbst der Kleinkindbetreuung an Dienstboten und heranwachsende Töchter. Wenn es ihnen aber möglich war, ein Gelegenheitsgedicht für eine Familienfeier anzufertigen oder 613

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Ich teile nicht die Einschätzung von Sigrid Weigel, daß der Topos vorn Tausch der >Nadel< mit der >Feder< das Schreiben von Frauen bagatellisiere, weil diese scheinbar nur ihr häusliches Handwerkszeug auswechselten. Unter dieser Prämisse interpretiert Weigel den Umgang von Schriftstellerinnen mit den Metaphern folgendermaßen: »Daß Frauen selbst diesen Topos verwenden, bedeutet, daß sie sich im Rahmen gewohnter - und legitimierter weiblicher Tätigkeit bewegen, um ihre literarische Produktion unauffällig in bekannten Bildern zu beschreiben. Um sich vor schlimmeren Folgen zu schützen, geben Frauen ihr Schreiben als häusliches Handwerk aus und verzichten dafür auf einen weiblichen Kunstunspruch.« Sigrid Weigel:».. .führen jetzt die Feder statt der Nadel«, Vom Dreifachcharakter weiblicher Schreibarbeit - Emanzipation, Erwerb und Kunstanspruch, in: Brehrner/Jacobi-Dittrich/Kleinau/Kuhn (Hg.), S. 347-367, hier S. 360. C.B. B.; A n unsere Leser und Leserinnen, in: UA,l.Jg.(1792),Hefi l, S. 3-10, hier S. 3. Vgl. Kap. H.2.7. Zum Forschungsstand und dem Quellen wert der Frauenzeitschriften für eine Erforschung tier Hausarbeit in den höheren Ständen vgl, Kap, V.l.l.

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einen Brief an entfernte Freunde oder Geschäftspartner des Ehemannes zu schreiben, ohne daß ihrer Hauswirtschaft daraus ein Schaden erwuchs, so hätten sie in der gleichen Zeit auch einen Beitrag für ein Frauenjournal verfassen können. Die eigenständige Herausgabe einer Zeitschrift erforderte dagegen sicherlich schon mehr Freiräume, diese Arbeit soll hier keineswegs verharmlost und verkannt werden. Vielmehr geht es mir darum zu festzustellen, daß Frauen der gebildeten Stände im späten 18. Jahrhundert nicht schlicht mit Haushaltspflichten allzusehr überlastet waren, um noch publizieren zu können, sondern die Behinderung viel subtiler wirkte. Bezeichnenderweise wurde ja nicht der Kochlöffel, der Besen oder das Haushaltsbuch zum Gegenbild der Feder stilisiert, sondern die Nadel, die eine standesgemäße, ökonomisch jedoch gerade nicht notwendige Beschäftigung symbolisierte. ftlft Während noch unklar ist, wie sehr häusliche Verpflichtungen Frauen der gebildeten Stände an ernsthafter schriftstellerischer Arbeit hinderten, 617 kann als sicher gelten, daß allein schon die Vorurteile über »Frauen der Feder« manche zurückschrecken ließen und diejenigen, die sich über sie hinwegsetzten, unter einen erheblichen Rechtfertigungsdruck setzten. Marianne Ehrmann bestätigte die übliche Argumentationsfigur im Prinzip, wenn sie für sich eine ganz individuelle Sondersituation reklamierte. Aus »einem besonderen, nicht sehr erfreulichen Verhängnis« nähere sie sich dem Schreibpult, um »die Nähnadel mit der Feder auszutauschen«, schrieb sie in ihrer Antrittsrede zu Amaliens Erholungssiunden, Sie räumte ein, daß es in der Welt eine unerträgliche »Unordnung« gebe, wenn alle Frauen das gleiche täten wie sie. Sie hingegen sei eine Ausnahme von dieser Regel,denn sie teilesich ihre Zeit immer gut ein, gehe nur selten in Gesellschaften und besorge immer »hurtig« ihre »kleinen Hausgeschäfte[ ]«.6!8 Sie erwähnte auch ihre unfreiwillige Kinderlosigkeit. Da ihr diese »weibliche Bestimmung« versagt geblieben war und ihre häuslichen Geschäfte ihr noch Zeit ließen, glaubte sie eine so »sonderbare Laufbahn« einschlagen zu dürfen, wie sie ihrer An-

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Die männlichen Pendants finden sich im Briefwechsel von Gottfried August Bürger mit Marianne Ehrmann, Er sah sich vor die Alternative gestellt, die Hhre einer Frau mit »Schwert < oder >Gänsekiel< zu verteidigen. (Vgl. Kap. III.2.3). Hier hat der literarische Tbpos bereits eine lange Tradition; Schwert und Feder gelten als gleichrangig, sind doch Kriegsheld und Dichter aufeinander angewiesen, wenn sie unsterblichen Ruhm erlangen wollen. 617 Charlotte von Stein hielt die Hausarbeit für äußerst hemmend. 1798 schrieb sie an Charlotte Schüler, die sich offenbar geringschätzig über die Qualifikation von Frauen zum Schreiben geäußert hatte: »Ich kann über unser Geschlecht nicht so bescheiden sein, wie Sie sind. Ich glaube, daß wenn eben so viel Frauen Schriftstellerinnen wären, als es Männer sind, und wir nicht durch so tausend Kleinigkeiten in unserer Haushaltung herabgestimmt würden, man vielleicht auch einige gute darunter finden würde, denn wie wenige gute gibt es nicht unter den Autoren ohne Zahl.« Charlotte von Stein an C. Schiller am 24.11.1798, zit. n. Töeipe, S.52. ftm Meine Antrittsrede, in: AE, l. Jg. (1790), Bd. l, Heft l, S. l -11, hier S. 1/2. im Zusammenhang zit, in Kap. .2.6.

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sieht nach »unter lausenden oft nur eine zu betreten wagen darf«.619 Sie verheimlichte keineswegs, daß sie mit ihrer Zeitschrift den Unterhalt für sich und ihren Mann bestreiten wollte, der als Privatgelehrter ebenfalls von den Honoraren seiner Schriften lebte. Ein solches öffentliches Eingeständnis war ungewöhnlich für eine Schriftstellerin des späten 18. Jahrhunderts, Marianne Ehrmann fügte sich nicht der damals üblichen Konvention, ihre Schriften als ambitionslosen Dilettantismus auszugeben. Sie bestätigte aber dennoch das herrschende Weiblichkeitsideal, wenn sie behauptete, in der »Haushaltungskunst« mehr Befriedigung zu finden als in ihrer schriftstellerischen Arbeit, und vor allem wenn sie Geschlechtsgenossinnen vorwarf, ihre weiblichen Pflichten mißachtet und so auch Frauen in Verruf gebracht zu haben, die wie sie schrieben und publizierten, ohne darüber ihren Haushalt zu vernachiässigen: Ich freue mich weit lebhafter, wenn man mich in dem Zirkel, worinnen ich lebe, für eine gute Hauswinhinn erkennt, als für eine erträgliche Schriftstellerinn; weil Schriftsteüerei nur selten, bei ganz besondern Verhältnissen mit der Haushaltungskunst vereinigt werden darf. Beide können nur dann beisammen bestehen, wenn die Haushaltungskunst nicht darüber versäumt wird. Auch hier schlichen sich, wie bei den meisten menschlichen Beschäftigungen, Misbräuche ein. Verschiedene Damen machten Schriftsiellereizür Hauptbeschäftigung und vergaßen über derselben ihre weit nöthigere häuslichen Geschäfte. Daher entstand [..,] jenes allgemeine Vorurtheil, welches izt noch auf den wenigen Frauenzimmern ruht, die mit Begünstigung ihrer Lage es wagen, das eine mit dem ändern zu verbinden.620

Auch Marianne Ehrmann sprach also von einem »Vorurtheil« gegen Schriftstellerinnen, hielt aber anders als Catharina von Hesse im Grundsatz an diesem fest und machte Frauen selbst für das negative Image verantwortlich. Ihr Bekenntnis zur Hausarbeit war aber vermutlich nicht nur ein Zugeständnis an die damals überall wortreich propagierte polare Geschtechtcrordnung. Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, daß sie das tägliche Schreiben für den Erwerb mitunter als äußerst mühevoll und lästig empfand. Tatsächlich waren ihre Arbeitsbedingungen denkbar schlecht. Schon bald nach dem Einstieg der Cottaischen Verlagsbuchhandlung in ihr Zeitschriftenunternehmen kam es zu Differenzen, die wechselseitigen Beschuldigungen wurden schließlich in die Öffentlichkeit getragen.621 Nachdem die Geschäftsverbindung zerbrochen war, mußte ein neuer Verleger gefunden werden. Gleichzeitig machte eine fortschreitende Krankheit der Publizistin immer mehr zu schaffen. In einem sehr persönlichen Artikel schrieb sie Ende 1793 in der Einsiedlerinn aus den Alpen:

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So in der ebenfalls bereits zitierten Voranzeige von Amaliens Erholungsstunden, in; JLM, 4. Jg. (1789), Intelligenzblatt Nr. 11, S. CLXI-CLXV, hier S. CLX1I, vgl. Kap. II.2.6. 620 Über die Haushaltungskunst, in: AE, 1. Jg. (1790), Bd.2, Heft 5, S. 123-146, hier S. 123/ 124. Marianne Ehrmann nannte diesen Aufsatz einleitend einen »Beweis«, daß sie über die Hausarbeit genauso gerne nachdenke wie über moralische Gegenstände, Als erfreulichen Beleg für hausfrauliche Kompetenz akzeptierte ihn auch einer ihrer Rezensenten, vgl. Kap. IV.4.1. « l Ausführlich da/u Kap. .2.3. 208

Wenn es mir frei stände, so wünschte ich mir doch mehr häusliche weibliche Arbeit als schriftstellerische. - O meine Freundinnen, das bischen Autorschaft und Autor-Ehre wird einem Weibe so sauer gemacht! Ich wünschte freiüch durch Schriftstellerei nüzzen zu können - doch wünschte ich - nicht mehr schreiben zu müssen!622

Auch Sophie von La Röche war in einer etwas prekären Situation, als sie sich 1782 entschloß, zum nächsten Jahr eine eigene Frauenzeitschrift herauszugeben. Ihr Mann war nach einer Intrige am Hof des trierischert Kurfürsten aus seinem Amt entlassen worden und bekam nun zwar eine Pension, doch die beiden jüngsten Söhne hatten darüber die ihnen zugesagten Lehen verloren und sollten doch noch studieren. Als Sophie von La Röche in ihrem Bekanntenkreis um Unterstützung der selbstverlegten Zeitschrift und um Abonnenten-Werbung bat, verhehlte sie keineswegs, daß sie mit der Pomona ihren Söhnen ein Auskommen schaffen wolle. Und sie blieb in ihrer privaten Korrespondenz bei dieser Darlegung ihrer Motivation, auch wenn sie nicht an das Mitgefühl potentieller Subskribentinnen und Subskribenten appellierte. Der Pomona-Leserin Gräfin EHse zu Solrns-Laubach, mit der sich damals gerade eine langjährige Brieffreundschaft anbahnte, schrieb sie im August 1783: »Für diese zwei jüngere Söhne habe ich Pomona unternommen. Gott segne meine Mutterarbeit und meine Kräfte,«*121 Der Begriff >Mutterarbeit< war doppeldeutig und versöhnte die Erwerbsarbeit der Frau mit ihren familiären Pflichten: Sophie von La Röche wollte »Teutschlands Töchter« durch ihr Blatt erziehen und belehren helfen und ihren Söhnen mit dem materiellen Gewinn ein Studium finanzieren. 624 War das Eingeständnis eines ökonomischen Engpasses bei der Werbung für die Zeitschrift noch funktional und in persönlichen Briefen eine Frage freundschaftlicher Offenheit, so wollte Sophie von La Röche jedoch gegenüber der Gesamtheit der Leserinnen offenbar keinesfalls den Eindruck erwecken, daß säe für Erwerb schreibe. Als sie auf Nachfrage einer Leserin in der Pomona einmal detailliert ihren Tagesablauf schilderte, charakterisierte sie ihre Schreibarbeit folgendermaßen: Um neun Uhr geht der Domherr in seine Kirche, mein Mann in sein Zimmer und ich in die Küche, um das Mittagessen anzuordnen und im Haus nachzusehen. - Dann komme ich zu meinem Schreibtisch und grizle bis zwölf Uhr an diesen Blättern oder an Briefen, - Denn

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Meine Wünsche in einer einsamen Stunde, in: EA, l.Jg. (1793), Bd.4, Heft 11, S. 175-179, hier S, 179, Marianne Ehrmann schilderte nicht nur ihre Notlage, sie machte beiläufig auch eine gemeinnützige Absicht geltend. Ihr Gatte bestätigte diese Darstellung: »Der Zufall machte Mariannen zur Schriftstellerinn, und gewiss würde sie bei den vielen Verdrüsslichkeiten, zu welchen dieser Schritt sie führte, den Augenblick verwünscht haben, in dem sie zuerst die Feder ergriff, um für den Druk zu schreiben, wenn sie nicht überzeugt gewesen wäre, dass sie mit ihren Schriften Nuzzen stiftete.« Ehrmann: Denkmal, S. 155/156. W3 Sophie von La Röche an Elise zu Solms-Laubach am 2.8.1783, abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr, 143, S.255-260, hier S.257. h24 Diese Formulierung griff Sophie von La Röche wieder auf, als sie in der Zeitschrift bitter über die finanziellen Einbußen klagte, die sie durch unautorisierten Nachdruck erlitt. In diesem Kontext wäre es unsinnig gewesen, materielle Interessen, die sich mit der Zeitschrift verbanden, zu leugnen. Vgl. Kap. 111.2,1. 209

so bald jemand kommt, erscheinen meine Handarbeiten, die mir eben so Heb sind ais meine Papiere und Bücher; besonders seit dem ich bemerkte, daß Männer von grosser Geburt und Geist mir bey dem häuslichen Fleiß meiner Nadel noch mehr Hochachtung zeigten als bey der Beschäftigung meiner Feder; es müßten nur die Hausrechnungen gewesen seyn, die sie unter meinen Händen sahen. Und daran hatten sie recht, denn wir loben und ehren die Männer auch nicht wegen ihrer Geschicklichkeit im Kartenspielen, welches sie in ihren Erholungsstundcn vornehmen, sondern nur wenn sie den Ruhm haben, daß sie ihre Berufsgeschäfte mit vorzüglichem Geist und edlem Eifer erfüllen. 625

Auf den ersten Blick spielte Sophie von La Röche hier ihre Schreibarbeit zu einem vergnüglichen Zeitvertreib herunter, vergleichbar dein Kartenspiel der Männer. Sie betonte nicht etwa, daß sich in ihrem Fall die häuslichen Aufgaben ohne weiteres mit ihrer schriftstellerischen Tätigkeit vereinbaren ließen, was die Schilderung des Tagesablaufs nahelegt. Vielmehr akzeptierte sie die Vorstellung, derzufolge jede intellektuelle Beschäftigung Frauen von der Führung ihres Hauswesens abzog. Scheinbar unterwarf sie sich diesem Verdikt in zweifacher Weise, zum einen, wenn sie beim Eintreten männlicher Besucher demonstrativ zu »weiblichen Arbeiten« griff, zum anderen indem sie öffentlich erklärte, mit einer klaren geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung höchst einverstanden zu sein. Schon in ihrem autobiographischen Artikel im Magazin für Frauenzimmer hatte Sophie von La Röche behauptet, durch Handarbeiten im Elternhaus die »Tugend des Fleißes« schätzen gelernt zu haben. So könne sie denn »von Herzen« sagen, daß, wenn »irgend eine Obergewalt« sie »nöthigte«, zwischen ihrer Feder und ihrer Nadel zu wählen, sie eher - »obschon [.,.] mit Schmerz« - ihre Feder »niederlegen« würde.62ft Diese »Obergewalt«, so könnte man ergänzen, war der spätaufklärerische Diskurs über Weiblichkeit, Die unerwarteten Besuche, die Sophie von La Röche in der Pomona schilderte, erinnern nämlich ganz fatal an eine Szene aus dem damals vielgelesenen Erziehungsroman

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Antwort auf Fragen nach meinem Zimmer, in: Pomona, 1. Jg. (1783), Heft 3, S.227-249, hier S. 248/249. Ähnlich - wenn auch ohne die Stilisierung ihrer Hand- zu weiblicher Berufsarbeit - in einem Brief: Sophie von La Röche an Elise zu Solms-Laubach am 2.8,1783, abgedruckt in: Maurer (Hg,): Mehr Herz, Nr. 143, S. 255-260, hier S.259. Die Schilderung ist kein Einzelfall- Um so schwerer läßt sich daher entscheiden, inwieweit es sich hier um einen literarischen Topos oder um gängige Praxis unter schreibenden Frauen handelt. Dorothea Christiana Leporin behauptete 1742 in der Vorrede zu ihrer Gründlichen Untersuchung der Ursachen, die das weibliche Geschlecht vom Studiren abhalten: »Wenn man unvermuthet mich übereilete, so sähe man, wie ich was geschriebenes eilig über die Seite schaffte.« (Zit. nach dem Reprint, mit einem Nachwort von Gerda Rechenberg, Hildesheim, New York 1975, erste Seite der Vorrede o.S.). Und von der engüschen Schriftstellerin Jane Austen wird berichtet, daß ihre Haustür immer absichtlich ungeök geblieben sei, damit sie die Manuskripte, an denen sie gerade schrieb, bei unangemeldetem Besuch noch schnell in der Schreibunterlage verschwinden Sassen konnte. (Vgl, Max Wildi: Nachwort, in: Jane Austen: Anne Elliot, Zürich 1987, hier S.444). Für diesen Hinweis danke ich Christine von Oerlzen. 626 Madame L.R.: Mein Glüke, in: Magazin für Frauenzimmer, 1. Jg. (1782), 2. Stück, S. 92101, hier S. 98. 210

Emile. Hier fragte Jean-Jacques Rousseau seine mit großer Selbstverständlichkeit männlich gedachte Zielgruppe: Leser, ich berufe mich hierin auf euch selber. Seid ehrlich! Von welcher Frau habt ihr einen besseren Eindruck und welcher Frau nähert ihr euch mit größerer Ehrfurcht, wenn ihr das Zimmer betretet: wenn ihr sie mit Arbeiten ihres Geschlechtes, mit den Sorgen ihres Haushaltes und beim Flicken der Kindersachen beschäftigt seht, oder wenn sie auf ihrem Putztisch Verse schreibt, umgeben von allen möglichen Drucksachen und Briefchen in allen Farben? 627

Eine solch auffällige Übereinstimmung der Szenerie weckt Zweifel, ob Sophie von La Röche die geschilderte Situation überhaupt je selbst erlebt hat. Vielmehr scheint das literarische Bild des Mannes, der in das Zimmer einer Fray tritt und diese je nach ihrer Beschäftigung beurteilt, einen nachhaltigen Eindruck auf sie gemacht zu haben. Die männlichen Tadler weiblichen Schreibens, so möchte man schlußfolgern, müssen gar nicht mehr leibhaftig in die Zimmer der Frauen treten und diese für ihre schriftstellerischen Arbeiten rügen. In vorauseilendem Gehorsam haben Frauen diese Situation bereits antizipiert und greifen schleunigst zu irgendwelchen Nähereien, bzw. beteuern ihrem Publikum, daß auch sie die weiblichen Berufsgeschäfte in der Haus- und Handarbeit erblicken und für unbedingt vordringlich halten. Ein zweiter Blick auf Sophie von La Roches Schilderung ihres Tagesablaufs zeigt, daß diese Interpretation zu kurz greift. Zunächst einmal bekannte sie hier ja schließlich öffentlich, daß sie regelmäßig mehrere Stunden am Tag aufs Schreiben verwandte, wenn sie denn nicht von unangemeldeten Besuchern gestört wurde. Dann legte sie vor den Leserinnen offen, wie sie die Eintretenden angeblich täuschte und glauben machte, sie verbringe ihre Vormittage mit Handarbeiten. Abgesehen davon, daß eine solche Inszenierung für die Gäste einer berühmten Schriftstellerin äußerst unglaubwürdig gewesen sein dürfte, war die Botschaft an die Leserinnen eine doppelte. Einerseits bestätigte die Herausgeberin die herrschende Meinung, derzufolge eine Frau in der Literatur allenfalls duellieren durfte. Andererseits führte sie ihren Leserinnen vor, daß es unter Umständen genügen konnte, den Schein zu wahren. Sie leitete sie in die Irre, was die Ernsthaftigkeil und ökonomische Bedeutung ihres Schreibens anbelangte, und machte sie zugleich zu Komplizinnen eines Täuschungsmanövers. Auf der einen Seite ermunterle sie so gerade nicht dazu, es ihr gleichzutun und sich als Schriftstellerin zu professionalisieren, auf der anderen Seite gab sie einen Wink, wie normative Vorschriften geschickt unterlaufen werden konnten. Wenn sie es am Ende der zitierten Szene guthieß, daß Männer Frauen nur für ihre häuslichen Berufsgeschäfte Anerkennung zukommen ließen, so mußte die Leserin nun an diesem Urteil ein wenig zweifeln, hatte die Autorin doch gerade zuvor durch die Offenlegung ihrer taktischen Erwägungen den naiven Glauben an ihre Bezeugungen und Beteuerungen grundsätzlich erschüttert. 627

Jean-Jacques Rousseau: Emil oder Über die Erziehung (1762). Vollständige Ausgabe in neuer deutscher Fassung besorgt von Ludwig Schmidts, 6. Aufl. Paderborn, München, Wien, Zürich 1983, S.447.

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Ihre Leserinnen konnten aus dem Text den Schluß ziehen, daß eine Frau sehr wohl einem Haushalt vorstehen und gleichzeitig schreiben könne, sich aber nur nicht dabei erwischen lassen dürfe. Am Umgang der Herausgeberinnen mit einem bekannten Topos läßt sich die Vielschichtigkeit historischer Wirklichkeiten studieren. Die Frauen rezipierten den herrschenden Diskurs über Weiblichkeit, kannten die gängigen Argumente und Bilder und machten sich einige davon zu eigen. Dabei waren sie diesem Diskurs keineswegs hilflos ausgeliefert. Auch wenn sie das Weiblichkeitsideal ihrer Zeit nicht offen zurückwiesen, so konnten sie doch die Verhaltensanforderungen auf ihre Weise auslegen und auf sie reagieren. Aus Adressatinnen wurden hier Akteurinnen, die ihrerseits am Diskurs mitschrieben, wenn auch - wie gezeigt - unter ganz anderen Bedingungen als ihre männlichen Kollegen. Die Widersprüche, in die sich die Publizistinnen als Verkünderinnen einer »häuslichen Bestimmung der Frau« verwickelten, verweisen auf Deutungsmöglichkeiten und Handlungsspielräume, die die einzelnen Frauen in unterschiedlichem Maße nutzten. Catharina von Hesse verwahrte sich gegen Vorurteile und berief sich zur Rehabilitation gebildeter Frauen auf historische Beispiele, die sie in ihrem Sinn interpretierte. Dagegen versuchte Marianne Ehrmann gerade durch eine nachdrückliche Bestätigung der Vorbehalte gegen schreibende Frauen für sich selbst eine begründete Ausnahme von der Regel zu erwirken. Sophie von La Röche spielte mit den gesellschaftlichen Normen und Erwartungen ihrer Zeitgenossen, bestätigte sie, unterlief sie zugleich und parodierte sie damit bewußt oder unbewußt in einem Text, der höchst unterschiedliche Lesarten zuläßt.

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III. Die Frauenzeitschriften auf dem literarischen Markt

1.

Die Autorinnen: Chancen und Grenzen einer Professionalisierung

Die Frauenzeitschriften unter dem Aspekt einer möglichen weiblichen Professionalisierung zu betrachten, widerspricht in doppelter Hinsicht dem Selbstverständnis schreibender Frauen jener Zeit. Zunächst einmal war es im späten 18. Jahrhundert noch grundsätzlich problematisch, literarische Produkte für den Erwerb zu verfassen und das Schreiben zu einem Beruf zu machen. 1 Das galt auch für Männer. Nachdem die Höfe immer seltener ihre eigenen Hofpoeten beschäftigten, waren es in der ersten Hälfte des 18, Jahrhunderts in erster Linie Universitätsgelehrte, höhere Beamte und reiche Patrizier, die sich mit Gedichten öffentlich hervortaten. Sie waren durch ihr Amt oder Vermögen versorgt und dichteten ausdrücklich nur in ihren »poetischen Nebenstunden«, ohne damit finanzielle Interessen zu verfolgen. Nach persönlichem Ruhm zu streben, verbot ihnen ihr Gelassenheitsideal, beruhte doch ihr soziales Prestige bereits sicher auf ihrer angesehenen gesellschaftlichen Stellung. Sie fühlten sich der Aufklärung verpflichtet und berufen, moralästhetisch zu wirken. Oft verzichteten sie auf ein Honorar von Seiten ihres Verlegers und widmeten ihr Werk einem Fürsten. Eine solche Dedikation appellierte an fürstliches Mäzenatentum, und ein daraufhin gewährtes, nachträgliches Geschenk galt als eine Anerkennung und Aufwandsentschädigung, nicht als eine regelrechte Bezahlung. Die Forschung spricht idealtypisch vom »ständischen Dichter«, der dem Typus des »freien Schriftstellers« vorausgegangen sei.2 Tatsächlich war das späte 18. Jahrhun1

Beruf meint hier »eine Kombination spezifischer Fähigkeiten und Fertigkeiten, die als Leistungspotential die Grundlage für eine kontinuierliche Erwerbs- und Versorgungschance des Individuums abgeben«. (Hannes Siegrist: Bürgerliche Berufe, Die Professionen und das Bürgertum, in: ders. (Hg.): Bürgerliche Berufe. Zur Sozialgeschichte der freien und akademischen Berufe im internationalen Vergleich, Göttingen 1988. S. 11 -48, hier S. 13). Das Wort > Beruf« ist im Deutschen seit der Reformation geläufig. In ihm klingt noch die Bedeutung der >vocatioBeruf< oftmals synonym mit >Professiom verwendet, Vgl. Werner Conze: Beruf, in: Brunner/ders./Koselleck (Hg.): Geschichtliche Grundbegriffe. Bd.l (l972),S.490-507. 2 Hans Jürgen Haferkorn: Der freie Schriftsteller. Eine literatursoziologische Studie über die Entstehung und Lage in Deutschland zwischen 1750 und 1800, in: AGB 5 (1964), Sp, 523-712, überarbeitet und stärker ideologiekritisch orientiert: ders.; Zur Entstehung der bürgerlich-literarischen Intelligenz und des Schriftstellers in Deutschland zwischen 1750 und 1800, in: Bernd Lutz (Hg.): Deutsches Bürgertum und literarische Intelligenz, Stutt-

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dert in Hinblick auf den literarischen Markt, die schriftstellerischen Arbeitsbedingungen und das Selbstverständnis schreibender Männer und Frauen eine Übergangszeit, die weniger eine abgrenzbare Typenfolge als vielmehr zahlreiche Mischformen hervorgebracht hat. Im Zuge der allmählichen Ausbildung eines »Commerz- und Finanzgeistes«-1 in den höheren Ständen, der an die Stelle der traditionellen Bedarfsdeckung ein neuartiges Arbeitsethos und Gewinnstreben setzte, wurde auch das Schreiben und Publizieren als eine Einkommensquelle entdeckt. Mit dem wachsenden Lesepublikum war inzwischen ein literarischer Markt entstanden, auf dem Produkte geistiger Arbeit als Waren angeboten und verkauft werden konnten. Immer mehr männliche Literaten begriffen nun das Schreiben als ihre eigentliche Berufung und wollten sich weder durch Amtsgeschäfte von dieser Arbeit abhalten, noch durch Rücksichten auf fürstliche Gönner oder Auftraggeber dabei beeinflussen lassen. Allerdings erwies es sich im gesamten 18. Jahrhundert als nahezu aussichtslos, allein durch Einkünfte aus literarischer Arbeit eine geistige und materielle Unabhängigkeit zu erlangen, wie sie zur Ehre des ständischen Dichters gehört hatte. Der Berufsschriftsteller war frei von ständischen Bindungen, um nun für den Markt, und das hieß für den Publikumsgeschmack, zu produzieren. Viele wurden notgedrungen zu ausgesprochenen Vielschreibern, die meisten kombinierten verschiedene Verdienstmöglichkeiten und arbeiteten zugleich als Zeitschriftenbeiträger oder -herausgeber, als Rezensenten, Übersetzer, Korrektoren oder Dramaturgen. Von den heute berühmtesten Autoren des späten 18. Jahrhunderts haben etliche zwar versucht, ausschließlich von ihrer schriftstellerischen Arbeit zu leben, fast alle haben jedoch nach einer Weile ein Amt angenommen, das ihre und die Versorgung ihrer Familie sicherstellte.4 Viele hofften auf fürstliche Patronage, etwa gart 1974, S. 113-275; vgi. außerdem Wolfgang Ungern-Sternberg: Christoph Martin Wieland und das Verlagswesen seiner Zeit, Studien zur Entstehung des freien Schrillste lie rtums in Deutschland, in; AGB 14 (1974), Sp. 1211-1534, bes. Sp. 1231-1264; ders.: Schriftsteller und literarischer Markt, in; Grimminger (Hg.): Deutsche Aufklärung, I. Teiiband, S, 133-185; Wittrnann; Geschichte, S, 143-170; Kiesel/Münch, S.77-104; Peter Schmidt: Buchmarkt, Veriagswesen und Zeitschriften, in: Ralph-Rainer Wuthenow (Hg.); Zwischen Absolutismus und Aufklärung: Rationalismus, Empfindsamkeit und Sturm und Drang 1740-1786 (-Horst Albert Glaser (Hg.): Deutsche Literatur, Eine Sozialgeschichte, Bd.4), Reinbek 1980, S.55-71. 1 Johann Gottfried Herder sah das Neue seines Zeitalters darin, daß »der Kriegerische und Reiigionsgeist« aufgehört habe und nun »nichts mehr als der Commerz= Finanzen- und Btldungsgeist« herrsche. Johann Gottfried Herder: Journal meiner Reise im Jahr 1769, in: ders.: Sämtliche Werke, hg. v, Bernhard Suphan, Berlin 1877 ff., Bd.4 (1878), S,345-461, hier S. 383, Kurzform zit, n. Haferkorn: Intelligenz, S. 177. 4 Anders als die »ständischen« Dichter definierten sie indes die literarische Tätigkeit als ihren eigentlichen Beruf. Trotzdem stellt sich die Frage, wieviele Literaten denn im späten 18, Jahrhundert überhaupt mit dem Ertrag ihrer Schriften ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten. Die zeitgenössischen Gelehrtenlexika verzeichneten stetig steigende Autorenzahlen, 1776 soll es 4300 Schriftsteller in Deutschland gegeben haben, 1791 bereits 7000 und zum Ende des Jahrhunderts über 10000, Die meisten waren sicherlich noch Gelegenheitsautoren. Haferkorn schätzt sehr optimistisch, daß 2-3000 von diesen als freie Berufsschriftsteller anzusehen seien, was Wehler stark bezweifelt. Er plädiert dafür, den Sammelbegriff des Schriftstellers sozialgeschichtlich zu differenzieren, und nimmt an, daß dann

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wenn sie Pläne für eine Akademie der Künste oder Wissenschaften entwarfen, und mancher klagte über das mangelnde Interesse der Höfe an einer hochwertigen deutschen Nationalliteratur. Theoretisch vertraten aber gerade die bekannten und anspruchsvollen Literaten ein mitunter emphatisches Ideal künstlerischer Freiheit und Autonomie, 5 das im 19. Jahrhundert zum Maßstab der Literaturgeschichtsschreibung wurde und es bis heute erschwert, die Produktionsbedingungen von Literatur zu rekonstruieren. Obwohl die Zeitgenossen die Frage des schriftstellerischen Erwerbs so widersprüchlich traktierten, Publikum und Fürsten für ihre Gleichgültigkeit oder ihren schlechten Geschmack beschimpften, gleichzeitig »Brotschriftsteller« verunglimpften und die Produktion »hoher« Kunst vielfach zu einer inneren Berufung, statt zu einem bürgerlichen Beruf erklärten, sollte die Entwicklung des literarischen Schaffens entgegen solcher Legendenbildung als eine beginnende Professionalisierung betrachtet werden.6 neben all den Beamten, Professoren und Theologen urn die Jahrhundertwende wohl nur »ein Häuflein von rund hundert Männern« übrigbleibe, »die sich hart anstrengen mußten, um von Aufsätzen, Rezensionen, Korrespondenzen, von Büchern, Auftrags- und Herausgebertätigkeit zu leben«. (Wehler, Bd. l, S.314; Haferkorn: Intelligenz, S.202/203). Im Gegensatz zu den zeitgenössischen Lexika, die auch schreibende Frauen aufführten, werden in der neueren Forschungsliteratur zum literarischen Markt Autorinnen fast nie erwähnt. 5 »Dieses bildungsaristokratische Unabhängigkeitsideal diente [den freien Schriftstellern] vor allem auch dazu, Dignität und kulturellen Anspruch ihrer literarischen Arbeit deutlich von einem z.T. bereits professionalisierten, gesellschaftlich wenig angesehenen >Bettelpoetentunv abzusetzen, das mit Kausalcarmina zu Geburts-, Hochzeits- und Leichenfeiern und akademischen Festivitäten wie Magister-, Doktor- und Rektoratsverleihungen seinen Lebensunterhalt fristete, und sich gegen einen Typ von »literarischem Tagelöhner* abzugrenzen, der in den Buchhandelsmanufakturen, Rezensionsanstalten und Übersetzungsfabriken eine Art von geistigem Proletariat bildete.« (Ungern-Slernberg: Schriftsteller, S. 164), Der Mythos autonomer Kunst vertiefte zudem die Kluft zwischen der sogenannten »hohen« und der wenig geschätzten, dafür aber um so mehr gelesenen »niederen« Literatur. Ebd., S. 167. h Die allmähliche Auflösung der Ständegesellschaft war unter anderem ein Prozeß der Verberuflichung. An die Stelle diverser, oft ererbter oder gekaufter Einkommensquellen trat - zuerst in den mittleren Ständen - eine gewählte, mehr oder weniger qualifizierte Erwerbsarbeit. Der Zugang zu den Berufen wurde zumindest idealtypisch nun zunehmend über Leistungskriterien geregelt, sei es durch den Staat, der vielfach die alten ständischen Korporationen bei der Überwachung von Ausbildung und Berechtigung ablöste, sei es über den freien Markt, auf dem die Freiberufler in Konkurrenz zueinander traten. Im Zuge dieses gesellschaftlichen Wandeis wurde aus literarischer Betätigung potentiell ein freier bürgerlicher Beruf. Weil die Künste nicht notwendig eine hochspezialisierte Ausbildungerfordern und keinem staatlichen Berechtigungswesen unterstellt sind, fallen Literaten, Maler und Musiker leider aus dem Blickfeld der historischen Professionalisierungsforschung, die die Entstehung der Expertenberufe untersucht und ihren Begriff der ^Profession* und der >Professionalisierung< - bedingt durch ihre Anknüpfung an die neuere ÜS-amerikanischc Soziologie - aus dem anglo-amerikanischen Sprachbereich bezieht. Tatsächlich absolvierten im 18, Jahrhundert jedoch viele schriftstellerisch Tätige die gleiche Ausbildung wie angehende Advokaten, Ärzte, Pfarrer oder Staatsdiener. Wer schließlich vom Ertrag seiner Schriften leben konnte, entschied sich erst später. Nicht zuletzt deshalb gibt es neben signifikanten Unterschieden auch etliche Übereinstimmungen, etwa in der Frage des Berufsethos, die eine Einbeziehung der künstlerischen Berufe in die 215

Für schreibende Frauen stellte sich indes das Problem noch einmal anders. Einerseits stand ihnen ein gut dotiertes Amt im Staats- oder Kirchendienst, mit dem sie ihre schriftstellerische Tätigkeit finanziell hätten absichern können, gar nicht erst offen. 7 Andererseits erwartete man aber in den höheren Ständen von Frauen auch nicht, daß sie ihren Unterhalt selbst erwirtschafteten, im Gegenteil. Ihre Berufung stand bereits fest: Sie sollten Gattin, Hausfrau und Mutter sein und darin ihre heilige Pflicht und wichtigste Beschäftigung sehen, gleichgültig wieviel Zeitaufwand die häuslichen Aufgaben unter ihren jeweiligen Lebensbedingungen erforderten, 8 Wenn schreibende Frauen den Eindruck zu erwecken suchten, ihre literarische Tätigkeit sei bloßer Dilettantismus, ein harmloser Zeitvertreib in geschäftslosen Stunden, so taten sie dies nicht nur, weil Schreiben für den Erwerb generell noch als anstößig galt und »wahrer Kunst« zuwiderzulaufen schien, sondern auch, weil sie auf keinen Fall ihre »weibliche Bestimmung« verfehlen wollten. Ihre Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht konservierte mithin als ein Geburtsstand den ständischen Ehrenkodex, demzufolge man bestenfalls in »poetischen Nebenstunden« dichtete.9 Im Unterschied zum »ständischen Dichter« war die Hauptbeschäftigung literarisch tätiger Frauen allerdings eine, die weder besoldet wurde noch sonst einen erkennbaren finanziellen Gewinn abwarf. Auch wenn es dem öffentlich artikulierten Selbstverständnis der Schriftstellerinnen und Zeitschriftenherausgeberinnen des späten 18. Jahrhunderts in doppelter Hinsicht zuwiderläuft, erscheint es vielversprechend, ihre Tätigkeit unter dem Aspekt einer weiblichen Professionalisierung zu betrachten: Gerade weil das gelegentliche Dichten, das Briefeschreiben und Übersetzen in »Mußestunden« gebildeten Frauen nicht nur zugestanden, sondern in manchen Kreisen geradezu von ihnen

Professionalisierungsforschung sinnvoll erscheinen lassen. Zur Professionalisierungsforschung vgl. Siegrist: Berufe; Werner Ganze/Jürgen Kocka: Einleitung, in: dies. (Hg.): Bildungsbürgertum im 19. Jahrhundert, Teil 1: Bildungssystem und Professionalisierung in internationalen Vergleichen, Stuttgart 1985, S.9-26; Charles E. McClelland: Zur Professionalisierung der akademischen Berufe in Deutschland, ebd., S, 233-247; Dietrich Rüschemeyer: Professionalisierung. Theoretische Probleme für die vergleichende Geschichtsforschung, in: GG 6 (1980), S. 3t l -325. 7 Eine Ausnahme bilden Stiftstellen, die adlige Familien vielfach für ihre Töchter kauften, nicht notwendig zur lebenslangen Versorgung, sondern gegebenenfalls auch nur für die Zeit bis zu einer Verheiratung. Vgl. Ute Küppers-Braun: Katholische Hochadelsstifte als Orte weiblicher Sozialisation im 17. und 18. Jahrhundert, in: Kleinau/Opitz (Hg.), S. 207217. * Vgl. Christine Mayer: Zur Kategorie »Beruf« in der Biidungsgeschichte von Frauen im 18, und 19. Jahrhundert, in: Kleinau (Hg.), Bd. l, S. 14-38. g Reinhard Wittmann bemerkt als einziger, daß »in bezeichnender Phasenverschiebung« das gerade vom freien Schriftsteller überwundene Ideal des ständischen Dichters wiederkehrte, als erstmals schreibende Frauen in größerer Zahl an die Öffentlichkeit traten: »Diesem [dem ständischen Dichter] galt nicht künstlerische Freiheit und Verantwortung als hauptsächlicher Lebensinhalt, sondern seine gesellschaftliche und berufliche Stellung innerhalb einer geregelten Hierarchie, Ähnlich sollte nach dem Willen der Aufklärer die Schriftstellerin vorrangig in ihrer >gottgewollten< beziehungsweise vom Mann oktroyierten Geschlechterrolle Erfüllung finden.« Wittmann: Buchhändlerzeitschriften, Sp. 686.

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erwartet wurde, erwiesen sich Literatur und Publizistik als ein Tätigkeitsfeld, das Frauen nicht grundsätzlich verschlossen war, zumal hierauch für Männer kein geregelter Ausbildungsgang zwingend vorgeschrieben war, 10 Neben dem Erziehungsgeschäft, das in erster Linie ledigen Frauen offenstand, 11 konnten hier sogar auch verheiratete Frauen der gebildeten Stände unter Umständen ihr erstes eigenes Geld verdienen, ohne ihren gesellschaftlichen Ruf zu gefährden, jedenfalls solange sie den Eindruck erweckten, daß der materielle Gewinn sekundär sei und sie in erster Linie moralisch nützlich wirken wollten. Schriftstellerische Tätigkeit konnte im Haus ausgeübt werden, und die Übergänge des Schreibens für den eigenen Gebrauch, an konkrete Adressaten, zu geselligen Anlässen und schließlich für ein größeres anonymes Publikum waren fließend. Erhielt eine Frau für eine Publikation ein Honorar, so konnte sie dies- wenn sie wollte -genauso geheimhalten wie einen Erlös aus dem Verkauf feiner Handarbeiten. In den anderen Künsten war die Möglichkeit einer solchen schleichenden oder verdeckten Professionalisierung erheblich eingeschränkter. 12 Schauspielerei in einem öffentlichen Theater galt für Frauen als sittlich höchst bedenklich. 1 - 1 Professionelles Malen, Musizieren oder Komponieren erforderte eine systematische Ausbildung, und die konnten Mädchen im 18. Jahrhundert eigentlich nur erlangen, wenn sie in einer Künstlerfamilie aufwuchsen und von den Eltern angelernt wurden. 14 Folgte man dem erklärten Se Ibst verstand1(1

Wird eine akademische Ausbildung zum Kriterium für Expertenberufe erhoben, können Frauen erst vom ausgehenden 19. Jahrhundert an überhaupt zum Gegenstand der historischen Professionalisierungsforschung werden, Vgl. Siegrist: Berufe, S. 37/38. 11 Zur Verberuflichung weiblicher Lehrtätigkeit im 18. Jahrhundert: Irene Hardach-Pinke: Weibliche Bildung und weiblicher Beruf. Gouvernanten im 18. und frühen 19. Jahrhundert, in: GG 18 (1992), S.507-525; dies.: Gouvernante; dies.: Erziehung und Unterricht durch Gouvernanten, in: Kleinau/Opitz (Hg.), Bd. 1, S,409-427. 12 Zu den Chancen und Grenzen künstlerischer Professionalisierung von Frauen insgesamt vgl. Wunder: »Er ist die Sonn'«, S. 145-154. '·* Ortrud Gutjahr: Gesellschaftsfähigkeit und gesellige Rolle der Schauspielerin im 18, Jahrhundert, in: dies./Wilhelm Kühlmann/Wolf Wucherpfennig (Hg.): Gesellige Vernunft. Zur Kultur der literarischen Aufklärung, Würzburg 1993, S.83-109; Becker-Cantarino: Mündigkeit, S. 303-340 (gekürzte Fassung unter dem Titel: Von der Prinzipalin zur Künstlerin und Mätresse. Die Schauspielerin im 18. Jahrhundert in Deutschland, in; Renate Möhrmann (Hg.): Die Schauspielerin. Zur Kulturgeschichte der weiblichen Bühnenkunst, Frankfurt/M. 1989,S. 88-116); Klaus Laermann: Die riskante Person indermoralischen Anstalt. Zur Darstellung der Schauspielerin in deutschen Theaterzeitschriften des späten 18. Jahrhunderts, ebd., S. 127-153; Ruth P. Dawson: Frauen und Theater, Vom Stegreifspiel zum bürgerlichen Rührstück, in: Brinker-Gabler(Hg.): Literatur, Bd. l, S. 421 -434; Inge Bück; Zur Situation der Frauen am Theater im 18. Jahrhundert am Beispiel von Karoiine Schulze-Kummerfeld (1745-1815). Eine Theatergeschichte von unten oder: Porträt am Rande der Lessingzeit, in: Peter Freimark/Franklin Kopit?sch/Helga Slessarev (Hg.): Lessing und die Toleranz, München 1986,5.313-324; R u t h Emde: Catharina Elisabeth Veiten und Caroline Neuber. »Die Lust soll ehrbar sein, bezaubernd und gelehrt«. Schauspielerinnen und Theaterprinzipal innen, in: Bubenik-Bauer/SchaIz-Laurenze(Hg,), S.337-361. ''4 Bettina Baumgärtel: Angelika Kaufftnann (1741-1807). Bedingungen weiblicher Kreativität in der Malerei des 18, Jahrhunderts, Weinheim, Basel 1990, S. 25-54; dies,: Wider die »namenlose Genialität«. Malerinnen in der Aufklärung, in: Bubenik-Bauer/Schalz-Laurenze (Hg.), 5,362-371; Eva Rieger: Die geistreichen aber verwahrtosten Weiber - Zur

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nis schreibender Frauen, so bliebe die Entstehungsgeschichte einer der ersten Erwerbsmöglich ketten für Frauen der höheren Stände weiterhin im dunkeln. Vermutlich hat noch keine Frau im 18. Jahrhundert in Deutschland ihren Lebensunterhalt allein durch schriftstellerische Arbeit bestritten. Das gelang aber zu dieser Zeit auch noch kaum einem Mann. Der Prozeß der Verberuflichung stand noch ganz am Anfang. Üblicherweise verfügten die Haushalte der höheren Stände im späten 18. Jahrhundert über diverse Einkünfte aus Pfründen, Ämtern, Vermögen sowie aus verschiedenen Beschäftigungen und Arbeiten. Einige davon brachten Frauen ein. Periodische Schriften boten günstige Einstiegsmöglichkeiten ins literarische Geschäft, Sowohl schreibende Männer als auch schreibende Frauen konnten dort anonym, unter Pseudo- oder Kryptonyrn oder auch unter ihrem vollen Namen Texte veröffentlichen, ohne ein finanzielles Risiko einzugehen. Gefiel ihr Beitrag, wurden sie eventuell zu regelmäßigen Einsendungen aufgefordert. Insbesondere die etablierten und angesehenen Literaten konnten in der Rolle des Herausgebers bzw. der Herausgeberin jüngere und noch unbekannte Talente fördern. Auch für sie war ein belletristisches Periodikum in vielerlei Hinsicht ein ideales Betätigungsfeld: Es verlangte eine serielle Arbeiistechnik, erlaubte den Rückgriff auf Fremdbeiträge oder eigene ältere Texte und ermöglichte Vorabdrucke. Auf diese Weise sicherte ein Zeitschriften- oder Almanachprojekt kontinuierliche Einnahmen und eröffnete zudem unter Umständen noch die Aussicht auf doppelte Honorierung einzelner Texte. Wie hoch die Honorare im einzelnen ausfielen, ist in den seltensten Fällen bekannt. Auch für die hier untersuchten Frauenzeitschriften weiblicher Herausgeber sind nur wenige vage Angaben überliefert. Doch selbst konkrete Zahlen sind nicht sonderlich aussagekräftig, solange wir keine Vorstellung vom Gesamtbudget einer Schriftstellerin haben. Zudem sind die Währungs- und Kaufkraftumrechnungen höchst unsicher. So sollen zum finanziellen Aspekt der literarischen Professionalisierung hier nur einige grundsätzliche Überlegungen zusammengetragen werden: Brachte eine Frau ihre Zeitschrift im Selbstverlag heraus, so mußte sie die Kosten vorstrecken und das geschäftliche Risiko tragen, erhielt allerdings auch den möglichen Gewinn für sich. Übergab sie Produktion und Vertrieb ihrer Schrift einem Verleger, so bekam sie vermutlich einmalig ein Bogenhonorar für alle von ihr gelieferten Texte, egal ob sie diese selbst verfaßt oder eingeworben hatte. Die Vergütung fremder Beiträge lag also höchstwahrscheinlich bei ihr. Der Begriff des >Honorars< enthält noch die Bedeutung einer gewährten Ehrengabe, auf die kein rechtlicher Anspruch besteht. Eine Bezahlung durch die Verleger bürgerte sich denn auch im musikalischen Bitdung von Mädchen und Frauen, in: Brehmer/Jacobi-Dittrich/Kleinau/ Kühn (Hg.), S. 397-406: dies.; Maria Anna Mozart (1751 -1829). »Ich habe mich recht verwundert, daß du so schön componiren kanst«, in : Luise F, Pusch (Hg.): Schwestern berühmter Männer. Zwölf biographische Portraits, Frankfurt/M. 1985, S. 123-154; Eva Weissweiier: Juliane Reichhardt und die Komponistinnen der Berliner Liederschule, in; dies.: Komponistinnen aus 500 Jahren. Eine Kultur- und Wirkungsgeschichte in Biographien und Werkbeispielen, Frankfurt/M. 1981, S. 130-154; zu höfischen Musikerinnen vgl. dies.: Anna Anialie, Prinzessin von Preussen. Eine komponierende Schwester Friedrichs des Großen, ebd., S. 111 -129. 218

18. Jahrhundert erst allmählich ein und erfolgte oft noch wenig geschäftsmäßig, etwa in Form einer Überlassung von Freiexemplaren, anderen Werken aus der Verlagsproduktion oder gar in Naturalien. 15 Gewohnheitsrechtlich galt ein übergebenes Manuskript als dauerndes Eigentum des Verlegers, weshalb dieser auch nicht verpflichtet war, seine Autorinnen und Autoren an einem wirtschaftlichen Gewinn zu beteiligen und ihnen etwa weitere Auflagen erneut zu vergüten.16 Doch mit der Durchsetzung der Marktgeseizlichkeit änderte sich auch das Denken der Beteiligten, So zahlten einige Verleger insbesondere ihren wertvollen Autoren, die sie an ihren Verlag binden wollten, höhere Honorare, als diese verlangt hatten, und räumten ihnen bessere Konditionen für die weitere Nutzung eines Manuskripts ein. In einer Denkschrift mit dem Titel Grundsätze, woraus das mercantilische Verhältnis zwischen Schriftsteller und Verleger bestimmt wird legte Wieland 1791 seinen Kollegen nahe, bei ihren Honorarforderungen zu berücksichtigen, wieviel Zeit und Kraft sie nicht nur für das konkrete Werk, sondern überhaupt aufgewendet hatten, um einen hohen Grad an Bildung und Kunstfertigkeit zu erlangen, in welchem Ruf sie beim Publikum stünden und ob folglich ein dauerhafter Erfolg ihrer Schriften wahr-

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Ein Teil von Immanuel Kants Honorar für die Kritik der praktischen Vernunft bestand in Göttinger Würsten und Schnupftabak. (Waiter Krieg: Materialien zu einer Entwicklungsgeschichte der Bücher-Preise und des Autoren Honorars vom 15. bis zum 20. Jahrhundert, Wien, Bad Booklet, Zürich 1953, S, 90.) Die Briefe Gottfried August Bürgers an seinen Göttinger Verleger Johann Christian Dieterich, in dessen Haus der Dichter außerdem zur Miete wohnte, vermitteln einen anschaulichen Eindruck davon, als wie demütigend viele Autoren ihre weitgehend ungeregelte Abhängigkeit vom Verleger erlebten. Bürger beklagte, daß Dieterich sich überall als sein großmütiger Wohltäter aufspiele, während er doch mit Bürgers Schriften gute Gewinne erziele und sogar neue Auflagen »nachschieße«, ohne ihn davon in Kenntnis zu setzen. Gottfried August Bürger an J, C- Dieterich am 3.4. und 7,4,1791, abgedruckt in; Adolf Strodtmann (Hg.): Briefe von und an Gottfried August Bürger. Ein Beitrag zur Literaturgeschichte seiner Zeit, Bd. 4, Berlin 1874, S. 113 -119; vgl. auch Ungern-Sternberg: Schriftsteller, S. 178 sowie allgemein: Herbert G, Göpfert: Zur Geschichte des Autorenhonorars, in: ders.: Vom Autor zum Leser. Beiträge zur Geschichte des Buchwesens, München 1977, S. 155-164. 16 Erst allmählich begann man im ausgehenden 18. Jahrhundert über ein Urheberrecht nachzudenken und damit geistiges Eigentum als ein unverlierbares Personenrecht anzuerkennen, statt ein Manuskript lediglich als ein Sachgut zu behandeln. Bedeutsam für die Konzessionsbereitschaft der Verleger gegenüber den Autoren war ihr Kampf gegen den unautorisierten Nachdruck, in welchem sie ihrerseits das Argument geistigen Eigentums anführten (vgl. Kap. 111.2,1). Es dauerte aber noch bis 1837, bis in Preußen ein solches Urheberrecht erstmals rechtlich kodifiziert und in der Folgezeit auch in anderen deutschen Ländern übernommen wurde. Bereits 1794 hatte allerdings das Allgemeine Landrecht den für eine Auflage geltenden Verlagsvertrag zwischen Autor und Verleger festgeschrieben, ein Indiz dafür, daß das »ewige Verlagsrecht« schon zuvor zweifelhaft geworden war. Martin Vogel: Deutsche Urheber- und Verlagsrechtsgeschichte 1450-1850. Sozial- und methodengeschichtliche Entwicklungsstufen der Rechte von Schriftsteller und Verleger, in: AGB 19 (1978), Sp. 1-190; Haferkorn: Intelligenz, S. 203-210; Kiese l/M ünch, S. 141 -144; Wittmann: Geschichte, S. 158/159. 219

scheinlich sei,17 Die Bogenhonorare stiegen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts deutlich an, variierten aber auch ganz erheblich. Die Zahlungen schwankten zwischen zwei und Spitzenhonoraren von bis zu sechzehn Talern pro Bogen einer Monographie, Zeitschriftenbeiträge wurden ebenfalls höchst unterschiedlich vergütet, wobei die Bogenhonorare im Durchschnitt wohl noch etwas über denen für Originalschriften lagen.18 Allerdings Iäf3t sich schwer abschätzen, welche Fremdbeiträge überhaupt honoriert wurden. Unaufgefordert eingesandte Texte verursachten der Herausgeberin bzw. ihrem Verleger vermutlich überhaupt keine Kosten, Auch unbekannte Autorinnen mußten vermutlich zufrieden sein, wenn ihre Beiträge überhaupt eingerückt wurden. Für prominentere Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter, die eine Zeitschrift empfehlen konnten, wurde dagegen eventuell ein attraktives Honorar ausgesetzt, wenn es sich nicht um bloße Wiederabdrucke oder um Freundschaftsdienste dieser Autorinnen oder Autoren handelte. Im folgenden sollen zunächst die redaktionellen Verhältnisse bei den Frauenzeitschriften daraufhin untersucht werden, inwieweit sie den Herausgeberinnen und den beteiligten Gelegenheitsautorinnen Chancen für einen Einstieg ins literarische Geschäft boten. Es wird zu fragen sein, wie die Herausgeberinnen die Redaktionsarbeit organisierten und bewältigten, ob und auf welchem Wege sie sich Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter suchten» ob sie andere Frauen ausdrücklich zur Einsendung von Beitragen aufforderten oder diese womöglich sogar ermutigten, es ihnen gieichzutun und regelmäßig zu publizieren. In einem zweiten Schritt sollen dann der Verlag und Vertrieb der Frauenzeitschriften rekonstruiert werden, wobei dies fast ausschließlich exemplarisch anhand von Konfliktfällen geschehen kann, da diese im Gegensatz zum reibungslosen Verlauf quellenmäßig belegt sind. Grundsätzlich ist immer die zeitliche Entwicklung im Auge zu behalten. Es wird zu prüfen sein, welche Formen der Arbeitsorganisation sich offensichtlich als die effektiveren erwiesen. In einer Zwischenbetrachtung möchte ich sodann erörtern, inwieweit sich bei

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Christoph Martin Wieland: Grundsätze, woraus das Mercantilische Verhältnis zwischen Schriftsteller und Verleger bestimmt wird (1791), in: Wielands Gesammelte Schriften, hg. v. der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin durch Hans Werner Seiffert, Berlin, Bd.23 (1969), S.565-576; auszugsweise zit, bei Kiesel/Mimen, S, 146/147. li! Ein Bogen entsprach 16 Seiten im zeitschriftenüblichen Oktavformat. Eine Zusammenstellung von Bogenhonorarcn, die einflußreiche Verleger begehrten Autoren für ihre später berühmten Werke zahlten, findet sich bei Wehler, der auch berichtet, daß der Leipziger Verleger Reich in den 1770er Jahren »zweit- und drittklassigen Schriftstellern« fünf bis sechs Taler pro Bogen gezahlt habe. (Wehler, Bd. l, S.315; vgl. Krieg, S.83-92; Kiesel/ Münch, S. 147; Herbert G. Göpfert: Bücherpreise: Kalkulationen und Relationen, in: ders.: Autor, S. 119-142; Angaben über Honorare, die bekannte weibliche Autoren um die Jahrhundertwende erzielten, s. Walter, S.46/47). Von Marianne Ehrmann ist bekannt, daß sie in den beiden Jahren der Geschäftsverbindung mit dem Cotta-Verlag ein Bogenhonorar von elf Gulden (=5 1/2 Reichstater) erhielt und an Fremdautoren je nach Qualität der Beiträge unterschiedlich viel weitergab, jedoch angeblich nie weniger als fünf Gulden bezogen auf einen Bogen. Zu Zeiten des Selbstverlags und auch später, in Verbindung mit der Orellschen Buchhandlung, konnte sie solche Honorare wahrscheinlich nicht zahlen. Vgl. Kap. III,2.3.

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den Frauenzeitschriften ein Trend zur Professionalisierung und Kommerzialisierung abzeichnet und ob die beobachtbare Entwicklung eventuell Aufschluß darüber gibt, warum die kurze Tradition und Blüte eines eigenständigen FrauenjournaJismus um die Wende vom 18. zum 19, Jahrhundert abbrach. 1.1 Von der Alleinverfasserin zur Frauenredaktion Die Begründung der ersten Frauenjournale durch Frauen beruhte - wie bei Zeitschriften im 18. Jahrhundert überhaupt sehr häufig - zunächst auf der Initiative Einzelner, Frauen entschlossen sich, eigenständig eine periodische Schrift herauszubringen und diese mit Beiträgen zu füllen, die sie zum ganz überwiegenden Teil selbst verfaßten. Zwar nahmen sie alle in ihre Journale auch gelegentlich fremde Texte auf, Einsendungen von Leserinnen etwa, eingeworhene Beiträge oder bekannte Gedichte prominenter Autoren, die schon gedruckt vorlagen. Aber weit über die Hälfte aller Artikel stammte regelmäßig aus der Feder der Herausgeberinnen selbst. Von einigen ist bekannt, daß sie für ein solches Projekt bereits Texte liegen hatten, auf die sie zurückgreifen konnten, 1 " andere verließen sich offenbar auf ihre Einfalle und Kreativität, Wenn sie nicht rechtzeitig genügend Material druckfertig beisammen hatten, verschob sich das Erscheinen des nächsten Heftes. So entschuldigte Sophie von La Röche einmal eine Verzögerung mit ihrer Reise in die Schweiz, die sich länger ausgedehnt hatte als zunächst geplant: »Dieses Heft kommt sehr spat in Ihre Hände, meine edle geliebte Freundinnen! [,..] Herr Rektor Hünen wollte ohne mich nichts auswählen, und so kam es später zum Druck.«20 Bei Marianne Ehrmann war es eine voranschreitende Krankheit, die ihr ein kontinuierliches Schreiben und Redigieren zunehmend unmöglich machte.21 Im neunten Heft w

Die erfahrene Schriftstellerin Sophie von La Röche war wohl am besten präpariert: Sie hatte bereits etliche ihrer Briefe an Lina geschrieben sowie einige moralische Erzählungen verfaßt (vgl. Veranlassung der Pomona, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft l, S.5-15). Marianne Ehrmann druckte in Amaliens Erholungsstunden einige Texte erneut ab, die sie zuvor schon - vermutlich in den Zeitschriften ihres Mannes - publiziert hatte. Sie erklärte dazu einmal ausdrücklich: »Aufgefordert durch mehrere Stimmen wage ich es, eine wahre Geschichte, die ich einst schon anderswo hatte einrükken lassen, für diese Monatsschrift neu zu bearbeiten.« Weiberreiz und Männerliebe, in: AE, l.Jg, (1790), Bd.3, Heft 9, S. 193-206, hier S, 193. 2(i Pomona an ihre Leserinnen, in: Pomona, 2. Jg. (1794), Heft 9, S.859-864, hier S.859. Rektor Hütten war angeblich mit der geschäftlichen Abwicklung der Redaktion betraut, mehrfach unterzeichnete er entsprechende Nachrichten an die Leserinnen, Seine Kompetenz scheint - wie das Zitat unterstreicht - äußerst beschränkt gewesen zu sein, belegt doch der Briefwechsel Sophie von La Roches, daß sie sich selbst um die Einwerbung fremder Betträge sowie um Fragen des Verlags, des Vertriebs und der Bezahlung kümmerte, vgl. Kap. HI.2. 21 An nieine Leserinnen, in: AE, 2. Jg. (1791), Bd. l, Heft 1,5.96; An meine gütigen Leserinnen, in: EA, l.Jg. (1793), Bd.4, Heft 12, S.288; An meine Leserinnen, in: EA, 2.Jg. (1794), Bd. 2, Heft 5, S. 192, In dieser dritten Erklärung hieß es: »Ich würde erröthen. wenn ich aus Nachlässigkeit oder Bequemlichkeit an der langsamen Erscheinung dieser Monatschrift Schuld wäre! - Eine sieben Monate lang daurende Nervenkrankheit machte mich zu allen 221

des zweiten Jahrgangs ihrer Einsiedlerinn aus den Alpen, das statt im September 1794 erst im Frühjahr 1795 erschien, gab sie deshalb schließlich das Ende ihrer Zeitschrift bekannt; Die noch immer so langsame Erscheinung dieser Monatschrift wird meine lieben Leserinnen schon hinlänglich überzeugen, wie sehr ich mich in meiner lezten Erklärung an sie in der Hoffnung einer bessern Gesundheit getäuscht habe. Ich war nur genesen, um in eine noch schwerere Krankheit zurückzufallen, und jezt, da ich wieder etwas hergestellt bin, verbieten mir die Ärzte jede alizu anhaltende Geistesanstrengung. Ich kann mich deswegen in meinen Arbeiten an keine bestimmte Zeit mehr binden, und in dieser Lage bleibt mir also nichts anders übrig, als daß ich mit dem zwölften Heft des 1794ger Jahrgangs eine Zeitschrift schliesse, deren Herausgabe seit fünf Jahren meine Lieblingsbeschäftigung war. Es ist für meine Leserinnen und für meine Ehre besser, ich schlage diesen Ausweg ein, ais daß ich, um monatlich sechs Bogen liefern zu können, in den Fall komme, die Hefte mit den ersten beßten fremden Beiträgen anfüllen zu müssen. Ich schließe also.22

Nie hat im 18, Jahrhundert eine Frau das Zeiischriftenprojekt einer anderen übernommen und fortgeführt. Die einzelnen Verfasserinnen bestimmten über die Gestaltung ihres Blattes, das denn auch mit ihrem Einsatz stand und fiel. Sie schrieben nicht nur einen großen Teil der Beiträge selbst, sie wählten auch aus, welche Texte anderer Autorinnen und Autoren sie abdrucken wollten, und redigierten diese womöglich. Eingeschränkt wurde ihre Kompetenz erst dann, wenn sie das geschäftliche Risiko einer Verlagsbuchhandlung übertrugen und steh nur mehr ein Honorar auszahlen ließen. Nachweislich hat lediglich der Cotta-Verlag ein Entscheidungsrecht über die inhaltliche Gestaltung und die Auswahl der Autorinnen und Autoren beansprucht, nachdem er Marianne Ehrmanns Monatsschrift Amaüens Erholungsstunden unter Vertrag genommen hatte. Die anderen Verleger traten höchstens durch Voranzeigen oder geschäftliche Nachrichten an das Publikum in Erscheinung, wenn die Blätter nicht überhaupt im Selbstverlag produziert und vertrieben wurden.23 Alle Frauenjournale des 18. Jahrhunderts waren demnach sehr stark durch das Programm, den Stil und Geschmack der Herausgeberinnen geprägt. Dabei vollzog sich in dem 25jährigen Erscheinungszeitraum eine Entwicklung, die allmählich von einer alleinigen Verfasser- und Herausgeberschaft weg- und zur Zu-

Geschäften unfähig. Da ich mich aber jezt wieder der Besserung nähere, so hoffe ich bald wieder einbringen zu können, was ich leider wider meinen Willen versäumen mußtet - Unterdessen bitte ich meine gefühlvollen Leserinnen um jene gütige Nachsicht, die ich von ihrem Herzen und ihrer Billigkeit erwarte.« 22 An meine Leserinnen (datiert vom Februar 1795), in; EA, 2. Jg. (1794), Bd. 3, Heft 9, S.283/ 284. Statt dessen werde sie sich nun an eine überarbeitete Gesamtausgabe ihrer moralischen Schriften machen: »Um aber nicht unthätig zu bleiben, will ich statt dieser Monatschrift den Freunden und Freundinnen, die mir noch ferner ihr Zutrauen schenken wollen, ein Werk liefern, dessen Herausgabe an keine Zeit gebunden und mir in meinen kränklichen Urnständen folglich auch bequemer ist.« (Ebd., S. 284). Es folgte die Ankündigung von acht Bänden unter dem Titel Amaüens Feierstunden, von denen bedingt durch den Tod Marianne Ehrmanns nur die ersten drei erschienen sind, 2S Vgl. Kap. II 1.2. 222

sammenarbeit zweier oder mehrerer verantwortlicher Redakteurinnen hinführte. Ernestine Hofmann, Charlotte Hezel, Sophie von La Röche und Caroline Friederike von Kamiensky machten ihre Blätter noch allein. Marianne Ehrmann suchte sich bereits regelmäßige Mitarbeiter, und Johanne Katharine Schulze tat sich mit Dorothea Gürnth zusammen. Das Museum für Frauenzimmer, die Unterhaltungen in Abendstunden und das Archiv der weiblichen Belehrung und Unterhaltung schließlich wurden - zumindest angeblich - von weiblichen Redaktionskollektiven gegründet. In diesen Fällen sind jedoch die redaktionellen Verhältnisse heute kaum mehr zu rekonstruieren, zumal noch nicht einmal alle beteiligten Frauen identifiziert werden können. Gerade Frauen, die noch nie oder zumindest noch nicht unter ihrem Namen publiziert hatten und dem Publikum insofern gänzlich unbekannt waren, bevorzugten offenbar Arbeitsgemeinschaften mit anderen Frauen. Die entsprechenden Journale gehören sämtlich zu den kürzerlebigen, die Arbeitsform scheint sich demnach selten bewährt zu haben. So behauptete Johanne Katharine Schulze, das Oekonomische Journal letztlich weitgehend ohne die Hilfe ihrer Kollegin Dorothea Gürnth verfaßt zu haben, und die »Gesellschaft baierischer Frauenzimmer«, die anfangs für die Unier Haltungen in Abendstunden verantwortlich zeichnete, schrumpfte im zweiten Jahrgang auf »zwo deutsche Schwestern« zusammen, wobei eine von beiden, nämlich Catharina von Hesse, klar die Federführung übernahm. Angesichts der ungenügenden Quellenlage läßt sich nicht entscheiden, inwieweit finanzielle Kalkulationen die Entscheidung zur Alleinherausgeberschaft oder Zusammenarbeit beeinflußten. Die beiden Publizistinnen, die mit ihren Zeitschriften nachweislich zur Erwerbsschriftstellerei übergingen, Sophie von La Röche und Marianne Ehrmann, arbeiteten jedenfalls gerade nicht mit Kolleginnen zusammen, mit denen sie den Gewinn hätten teilen müssen. Unabhängig davon, ob sie ihre Zeitschriften allein oder zusammen mit anderen Frauen herausgaben, erweckten fast alle Herausgeberinnen - insbesondere in Voranzeigen - den Eindruck, daß kenntnisreiche Männer ihnen zur Seite stünden und sie berieten. Vieles spricht dafür, daß dies meistens eine Fiktion war, die dem Unternehmen Seriosität verleihen und den selbständigen öffentlichen Auftritt von Frauen notdürftig bemänteln sollte. Weder der »Gelehrte«, unter dessen »Aufsicht« Charlotte Hezel laut einer Ankündigung im Hamburgischen Correspondemen ihr Wochenblatt herausgab, noch die zwei »Freunde«, die die Herausgeberinnen des Museums für Frauenzimmer ihrer Voranzeige im Journal des Luxus und der Moden zufolge bitten wollten, ihre Aufsätze »durchzusehen«, traten in den Zeitschriften jemals in Erscheinung.24 Johanne Katharine Schulze verschaffte sich sogar noch eine zusätzliche Legitimation, wenn sie im vierten Heft behauptete, daß die in der Vorrede erwähnten Gelehrten deshalb niemals arn Oekonomischen Journal mitgearbeitet hätten, weil sie mit dem Vorgehen der Herausgeberinnen völlig einverstanden gewesen seien,2·"5 Am deutlichsten benannte Marianne Ehrmann die Funktion der 24

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Nachricht, in: HC, Jg. 1779, Nr.70, o.S., vgl. Kap. II.2.2; Voranzeige, in: JLM, 5. Jg, (1790), Intelligenzblau Nr.2, S. XVII/XVIII, vgl. Kap. II.2.5.

Zit. bei Krull, S.279, vgl. Kap. II.3.1.

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vorgeschobenen männlichen Berater. Auch sie hatte in ihrer Voranzeige zu Amaliens Erholungsstunden breit gebildete männliche Mitarbeiter in Aussicht gestellt. Nach einigen Heften erklärte sie ihren Leserinnen, daß diese beständig über ihr Blatt wachten und längst nicht alle Einsendungen aus dem Publikum des Abdrucks für wert befänden. Niemand solle es ihr also übelnehmen, wenn eine Zuschrift nicht erscheine, denn auch sie selbst unterwerfe sich »sehr gerne dieser billigen Kritik«: Nicht nur einmal sind mir meine Aufsäzze von diesen Kennern zur Umarbeitung zurückgestellt worden. Dann dachte ich dabei: Immer besser frühe Kritik als zu späte, wenn die Aufsäzze nicht mehr zu ändern sind! Ich ließ mir dies urn so zufriedner gefallen, da meine einsichtsvollen Geleitsmänner so gütig sind und dann den Tadel auf sich nehmen, wenn er, der sorgfältigen Prüfung ungeachtet, doch noch (man kann nicht wissen, die Herren Gelehrten sind von leidenschaftlicher Hizze nicht immer frei) auf eine bittere Art folgen sollte?26

In der Tat arbeiteten Marianne Ehrmanns Gatte und einige männliche Freunde des Paares regelmäßig an ihren Zeitschriften mit. Ob sie diesen allerdings wirklich Entscheidungsbefugnisse einräumte und sie für eventuelle negative Rezensionen verantwortlich machen wollte, läßt sich nicht feststellen, Offenkundig ist indes, daß sie allein schon mit der Behauptung, ihr Journal sei von Kennern abgesegnet, die Rezipienten zu beeindrucken suchte. Marianne Ehrrnanns recht eigenwilliger Stil und ihre mitunter reichlich derbe Ausdrucksweise, an der sie unbeirrt festhielt, lassen eigentlich eher vermuten, daß sie sich von niemandem in ihre Texte hineinreden ließ.27 Tatsächlich Einspruch erhoben dagegen mit Sicherheit einige männliche Bekannte von Sophie von La Röche. Ihre private Korrespondenz belegt, daß sie befreundete Literaten wiederholt um Urteile über die Pomona bat. Gleich in ihrer erdichteten Entstehungsgeschichte hatte sie stellvertretend »zwey sehr vernünftige Männer« auftreten lassen, die sie in der Idee, eine Zeitschrift zu gründen, eifrig bestärkten. 28 Im nächsten Heft, das sich mit Frankreich beschäftigte, versicherte sie sich erneut ihres Zuspruchs. Sie seien mit diesen Blättern »ziemlich zufrieden« gewesen, behauptete Sophie von La Röche, lediglich auf das übermäßige Lob französischer Männer hätten sie eifersüchtig reagiert. Und so tarnte sie denn die Übersetzung einer satirischen, auffallend männerkritischen Erzählung der Gräfin de Beauharnais als eine gewisse Genugtuung für deutsche Männer, daß ihre französischen Geschlechtsgenossen keineswegs fehlerfrei seien,2y Solange die - hier eventuell 2ft

An meine verehrungswürdigste Leserinnen, in: AE, 1. Jg, (1790), Bd.2, Heft 5, S, 189-192, hier S. 190/191, 27 Siehe z. B. Theophil Ehrmanns Ermahnung, das geringschätzige Wort >Pöbe!< nicht so pauschal zu verwenden, vgl. Kap. EL2.6. K Veranlassung der Pomona, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft l, S.5-15, hier S. 14. 29 »Nur schmälten mich beyde, daß ich Frankreichs Männern in diesem Heft so vielen Vorzug zu geben schiene. Da es auch würklich so scheint, erwiederte ich, so soll eine getreue Übersetzung der Klagen, welche die Gräfin Beauharnais über die Pariser Männer schrieb, zeigen, daß ich nichts als gerecht seyn will.« Über Frankreich, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 2, S. 131 -163, hier S. 163, Zitat im Text S. 162. Bei der fraglichen Erzählung handelte es sich um »Weniger als nichts oder Träumerey einer Marmotte«, ebd., S. 164-183. 224

auch fiktiven - männlichen Berater die Konzeption absegneten und Beiträge ermöglichten, schränkten sie die Autorität der Verfasserin nicht ein, sondern untermauerten diese vielmehr. Als Sophie von La Röche dann allerdings später ihren Leserinnen erklärte, die von ihr ausführlich kommentierten Auszüge aus James Thomsons Jahreszeiten-Epos in Zukunft aus dem Blatt nehmen zu wollen, weil Männer ihres Bekanntenkreises diese unpassend für eine Frauenzeitschrift gefunden hätten, erhob sich im weiblichen Publikum ein Sturm der Entrüstung. 30 Alleinige Verfasser- und Herausgeberschaft zwang zu kontinuierlicher Kreativität und bedeutete eine große Arbeitsbelastung. Schon nachdem sieben Monatshefte ihrer Zeitschrift erschienen waren, bekannte Sophie von La Röche im August 1783 gegenüber ihrer neugewonnenen Brieffreundin, der Gräfin Elise zu Solms-Laubach: »Das Tagwerk meiner Pomona fängt an, etwas mühsamer zu werden, weil der Vorrat zufälliger Gedanken nicht mehr so reich ist.«31 Charlotte Hezel suchte weniger nach neuen Ideen als vielmehr nach Informationen, die sie in ihr Wochenblatt einrücken konnte. Sie bat daher ihren Abonnenten-Kollekteur Zapf in Augsburg um Nachrichten für ihre kunstgeschichtliche Rubrik. Auch komplette Beiträge von ihm waren ihr willkommen, denn anders als bei der Hofbeamtengattin Sophie von La Röche mit ihren erwachsenen Kindern kollidierte bei der jungen, gerade verheirateten Charlotte Hezel die Redaktionsarbeit offensichtlich mit häuslichen und familiären Verpflichtungen. Das Wochenblatt für's Schöne Gescheckt bestand gerade einen Monat, da schrieb sie an Zapf: Ihre gütige Offerte, mich mit Beiträgen zu meinem Wochenblatt zu unterstüzzen, sehe ich für ein Zeichen Ihrer Freundschaft an, und ich würde Ihnen, da mir das Wochenblatt so viei zu schaffen macht, daß ich allen meinen häußlichen Geschäften entsagen muß, sehr verbindlich werden, wenn Sie Ihr gütiges Versprechen auch wirklich erfüllen wollten; insbesondere wünschte ich noch, daß ich durch Sie erfahren könnte, was die Augspurgischen Künstler von Zeit zu Zeit für neue Produkte lieferten, welche etwa einer Anzeige in dem Wochenblatt werth wären, 12

Urn eine Zeitschrift aufzulockern und die Seiten zu füllen, gab es im wesentlichen vier Wege, die von den Herausgeberinnen in unterschiedlichem Maß genutzt wurden. Gegen Gleichförmigkeit und Einfallslosigkeit konnten schon fingierte Fremdbeiträge helfen. Diese mußten zwar selbst verfaßt werden, bedeuteten also keine Arbeitsersparnis, ermöglichten es aber der Herausgeberin, einen ganz anderen Ton anzuschlagen, Fragen zu stellen, die wiederum eine Antwort erforderlich machten, und auf diese Weise beispielsweise eine Debatte in Gang zu setzen. Die Morali3(1

Vgl. Kap. IV.3.3. Sophie von La Röche an Elise zu Solms-Laubach am 2.8.1783, abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr. 143, S.255-260, hier S.255. 32 Charlotte Hezel an G.W. Zapf am 5.6.1779, SStB Augsburg, 2° Cod. Aug. 419, fol. 141r142V, Wie bereits erwähnt, hatte die Herausgeberin Zapf aufgefordert, über ihre historisch-politische Rechtfertigung einer Wendung an das »Schöne Geschlecht« zu »philosophieren« und ihr seine Gedanken mitzuteilen: »Es kann einmal etwas für mein Wochenblatt unter dem Titel: Verm. Aufsäzze - werden.« Charlotte Hezel an G.W. Zapf am 10.4.1779, SStB Augsburg, 2° Cod. Aug. 419, fol. 139rv, vgl. Kap. II.2.2. 11

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sehen Wochenschriften mit ihren fiktiven Verfassern und Nebenfiguren sowie fingierten Leserbriefen boten hier eine reiche Auswahl an Vorbildern, Wie weit Ernestine Hofmann, die ja als einzige einen fiktiven Verfasser vortäuschte, dieses Spiel trieb, läßt sich heute nicht mehr feststellen. Es wäre denkbar, daß die vermeintlichen Fremd beitrage ebenfalls von ihr selbst stammten und sie sich hier lediglich einer anderen Maske bediente.33 Marianne Ehrmann stattete ihre neue Titelheldin, die »Einsiedlerin aus den Alpen«, mit einer abenteuerlichen Lebensgeschichte aus, die diese ihr angeblich zum Abdruck für ihr Journal schriftlich übermittelte. Darüber hinaus machte sie die imaginäre Figur zu ihrer Beraterin. Am umfassendsten und geschicktesten nutzte Sophie von La Röche die Möglichkeiten der Fiktion. Sie erfand eine übermütige junge Nachbarin, die sich mit der Zeit immer mehr an der Redaktion beteiligte. Das nachfolgende Kapitel beschäftigt sich mit diesen fiktiven Mitarbeiterinnen der Atleinverfasserinnen. Des weiteren rückten die Herausgeberinnen Texte, bevorzugt Gedichte und Sinnsprüche, bekannter Autorinnen und Autoren ein, die mit Namen unterzeichnet und schon anderswo gedruckt erschienen waren, insbesondere die literarisch unbekannten Herausgebennnen verfügten wohl kaum über Kontakte zu populären Autoren und entnahmen die Stücke vermutlich Werkausgaben, Anthologien oder anderen Zeitschriften. So erscheint es unwahrscheinlich, daß Charlotte Hezel für ihr verhältnismäßig unbekanntes Wochenblatt so prominente Dichter wie Klopstock, Goeckingk, Pfeffel, Schubart und Uz zur Einsendung eines Beitrags hätte gewinnen können. 34 Auch die Abdrucke der Gedichte von Anna Luise Karsch und Sophie Aibrecht im Museum für Frauenzimmer zeugen nicht notwendig von regelrechter Mitarbeit, sondern dienten wohl eher der Werbung für ein Blatt, das ansonsten ausschließlich von unbekannten Gelegenheitsschreiberinnen anonym oder unter Kryptonym gestaltet wurde.35 Da es im gesamten 18. Jahrhundert noch kein gesetzlich kodifiziertes Urheberrecht gab, war es nicht erforderlich und vermutlich auch nicht üblich, die Autorinnen und Autoren von einem Wiederabdruck in Kenntnis zu setzen. Es wäre daher durchaus möglich, daß einige Dichterinnen und Dichter nicht einmal wußten, daß Texte von ihnen in den Frauenzeitschriften erschienen. Die meisten Herausgeberinnen forderten ihre Leserinnen - wenn auch mit unterschiedlichem Nachdruck - auf, ihnen selbstverfaßte Texte portofrei zuzuschicken, und sie alle erhielten solche Einsendungen, aus denen sie Geeignetes auswählen konnten. Einige dieser Leserinnen und Leser avancierten allmählich zu Gelegen33

Vgl.Kap. IH.1.3. Jedes Stück begann auf der ersten Seite mit einem Gedicht, Spottvers oder Sinnspruch, Die genannten Autoren stellen nur eine kleine Auswahl dar, es gab wettere, deren Namen heute weniger geläufig sind. Einige von ihnen waren 1779 bereits gestorben. Zahlreiche dieser Eingangstexte erschienen außerdem anonym. : " Andere Herausgebennnen waren dagegen mit prominenten Autoren befreundet und erhielten von diesen unter Umständen auch Texte zugesandt, die noch nicht anderswo im Druck erschienen waren. So schrieben J. G. Jacobi und Pfeffel für die Pomona und Schubart, Pfeffel, Schiller und Hölderlin für die Zeitschriften Marianne Ehrmanns (vgl, Kap. . 1.3). 14

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heiisautoren der Zeitschrift, Darüber hinaus warben die meisten Herausgeberinnen gezielt Beiträge ein oder versuchten sogar, Bekannte für eine regelmäßige Mitarbeit zu gewinnen. Offenbar erschien ihnen dies erfolgversprechender als die Gründung eines Redaktionskollektivs, in welchem die Kompetenzen womöglich nicht klar verteilt waren. Zudem mußten selbst die regelmäßig Mitarbeitenden nicht vor Ort sein. Auffälliger als ein Trend zu größeren Frauenredaktionen ist daher die Beschäftigung von einer wachsenden Zahl von vermutlich honorierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an den Frauenzeitschriften. Aus den weitgehend von einer Person verfaßten und sehr persönlich gefärbten einheitlichen Stücken wurden in den neunziger Jahren Magazine, in denen die verschiedenen Beiträge mit eigener Überschrift und Unterzeichnung - und sei es einem Zeichen für Anonymität - unabhängig voneinander in lockerer Abfolge erschienen. 1.2 Fiktive Mitarbeiterinnen Sophie von La Röche schrieb ihre Beiträge für die Pomona ausgesprochen assoziativ. Sie reihte verschiedene Einfalle aneinander, flocht Auszüge aus ihrer Lektüre ein, die ihr dabei in den Sinn kamen, erinnerte sich an eigene Erlebnisse oder Berichte anderer und häkelte so Thema an Thema und Artikel an Artikel. Kurz nachdem sie gegenüber ihrer Freundin bekannt hatte, daß ihr »Vorrat zufälliger Gedanken« allmählich erschöpft sei, schuf sie sich eine Figur namens »Karoline«, von deren Besuchen sie sich von nun an immer häufiger mitten in ihrer Schreibarbeit unterbrechen ließ.36 Indem sie die muntere junge Nachbarin unangemeldet in ihr Zimmer treten ließ und das Gespräch protokollierte, das sich nun angeblich entspann, konnte sie in den ihr so wohl vertrauten Plauderton überwechseln und ihren Leserinnen zugleich Beispiele gebildeter Geselligkeit unter Frauen liefern, 37 Öffentliches Räsonnement für ein anonymes weibliches Publikum und privater, freundschaftlicher Umgang schienen sich auf diese Weise äußerst fruchtbar zu verbinden. Offenbar vor allem dann, wenn sie einen weitschweifig begonnenen Artikel nicht recht zu Ende zu bringen wußte, ließ Sophie von La Röche Karoline das Manuskript lesen und kommentieren. Mit und durch Karoline erhielten die Leserinnen scheinbar Einblick in die Werkstatt der Schriftstellerin, wobei Karoline allerdings insofern privilegiert war, als sie den Schreibprozeß sogar beeinflussen konnte. Ihre Nachfragen oder Mißverständnisse waren Anlässe für neuerliche Beispiele, Er36 37

Einführung der Figur in: Ein Herbstbesuch, in: Pomona, 1. Jg. (1783). Heft 10, S, 973-996. Schon die Schilderung der Unterbrechung als solche »brachte« etliche Zeilen und lehrte die Leserinnen zudem, daß sie jederzeit bereit sein mußten, sich in ihrer Arbeit stören zu lassen. Ein Beispie!: »[Karoline:] >Aber ich habe Sie im Schreiben unterbrochen^ >Das macht nichts, ich setze unsere Unterredung in Pomona.' >Thun Sie, was Sie wollen, wenn es nur gute Würkung macht, und daß Sieden ersten Faden wiederfinden, welchen ich, wie ich fürchte, abgerissen habc,< >Nicht ganz, und dann wissen Sie ja, daß dieses bey dem Sticken, dem Weißnähen, dem Spitzenklöppeln und Filetmachen sehr oft geschieht. Eine gute Arbeiterin weiß immer wieder zu heilen und arbeitet fort.Pomona sey zu ernsthaft, - Sie habe nicht Abwechslung genug. Der Ton des Denkens einer Person mache müde7 VgI. Kap. IV.4.1. "m Johann Jakob Keller stellte zudem in einem Artikel die schwarzamerikanische Dichterin Phillis Wheatley vor und rückte ein Gedicht von ihr im englischen Original wie in deutscher Übersetzung ein. Ihm ging es allerdings weniger darum, das poetische Talent einer Frau als vielmehr einer schwarzen Sklavin unter Beweis zu stellen: »Eine liebenswürdige Negerin, Phillis Whately, {...] mag für jezt als Probe auftreten und zeigen, welch hoher Geisteskultur eine Nazion fähig sei, die der schmuzigste Eigennuz so gern in Sklavenfesseln legt und die er zur Beschönigung seines Frevels mit dem Machtspruche niederzuschmettern sucht, daß sie von Natur schon eine untergeordnete Menschenrace sei und gleichsam 251

Schriftstellerinnen, die unter ihrem vollen Namen in Marianne Ehrmanns neuem Journal publizierten, waren den Zeitgenossen damals schon ein Begriff, insofern hätte in ihren Beiträgen durchaus eine demonstrative Unterstützung der leidgeprüften Herausgeberin liegen können, gesetzt den Fall, sie hatten sie selbst eingesandt. lfw Gegen eine solche Interpretation spricht jedoch, daß sowohl Friederike B run als auch Germaine de Stael später ebenfalls in Cottas Flora veröffentlichten, ihnen also offenbar der Verlag durch den Eklat - wenn sie denn von ihm wußten keineswegs grundsätzlich diskreditiert schien. Allerdings konnte es sich im ausgehenden 18. Jahrhundert wohl auch kaum eine Autorin und kaum ein Autor leisten, ein Angebot des inzwischen mächtigen, gute Honorare zahlenden Tübinger Verlegers auszuschlagen. Von den männlichen Autoren, die in Amaliens Erholungsstunden geschrieben hatten und die zum Teil von den Autoren Cottas verdrängt worden waren, traten die meisten im neuen Blatt erneut in Erscheinung. Hinzu kam eine Reihe neuer Betträger, von denen ebenfalls etliche zugleich in Cottas Konkurrenzunternehmen veröffentlichten, 11 " Unter den neuen Autoren war der Erforscher des nordischen Altertums Friedrich David Gräter, der im Herbst 1792 eine schwärmerische Brieffreundschaft mit Marianne Ehrmann aufnahm. 1 1 ' Im Sommer 1793 besuchte er die das Mittel zwischen Thier und Mensch halte.« J. J. Keller: Die schwarze Dkbterinn, in: EA, 2. Jg. (l 794), Heft 8, S. 173-177, hier S. 174/175, Vgl. Sheri Hagen: Phillis Wheatley, Sklavin und Poetin: Von Afrika nach Amerika In Her Own Write, in: Bubenik-Bauer/Schalz-Lauren7.e(Hg.),S.315-336. 109 Gräters Reisebericht zufolge hatte Friederike Brun den Kontakt zu Marianne Ehrmann hergestellt, indem sie Joahnn Caspar Lavater und dessen Tochter Grüße aufgetragen hatte, als diese die Herausgeberin im Sommer 1793 in Stuttgart besuchten (Gräter: Besuch, S. 181). Ihre Texte erschienen dann im darauffolgenden Winter (Friederike Brun: Reise nach der Petersinsel auf dem Bielersee, in: EA, l,Jg. (1793), Bd.4, Heft 12, S.212-220; dies.: Die Schöpfung der Alpenrose, in: EA, 2. Jg. (1794), Bd. l, Heft l, S.29-36). Die Erziehungsbriefe der Herzogin Giovane, die bereits auf französisch gedruckt vorlagen, waren wohl nicht von der Autorin, sondern vielmehr von der Übersetzerin eingeschickt worden. Dafür spricht auch, daß Marianne Ehrmann in einer Fußnote darauf hinwies, daß diese selbst eine Erzieherin junger Gräfinnen sei (Herzogin von Giovanne: Über die Erziehung der Fürstentöchter, in: EA, 1.Jg. (1793), Bd. l, Heft l, S.37-45, Fußnote S.37). Germaine de Stael erklärte in ihrem Text, einem Auszug aus einer größeren Arbeit, daß sie in die »Bekanntmachung« einwillige (von Siae): Zulma, in: EA, 2.Jg. (1794), Bd.l, Heft 3, S.226-254, hier S,228). 11(1 Die erneut im Blatt vertretenen männlichen Autoren waren Theophil Friedrich Ehrmann, Johann Jakob Keller, Gottlieb Konrad Pfeffcl, Christian Friedrich Daniel Schubart und Christoph Gottlob Werthes, Neuzugänge waren Friedrich David Gräter, Johann Gottfried Pahl, Johann Christian Friedrich Hölderlin, Christian Ludwig Neuffer, Georg Jakob Roller, Ludwig Christian Kehr, Adolf Heinrich Friedrich von Schlichtegroll, Franz Xaver Bronner und ein gewisser J,J. Harmsen. Daneben veröffentlichten immer noch zahlreiche Autoren ihre Texte anonym. '" Seine Briefe sind heute nicht mehr erhalten, wohl aber drei Antwortschreiben von Marianne Ehrmann, aus denen sich entnehmen läßt, daß Gräter recht nachdrücklich eine innige, empfindsame Freundschaft begehrte. Der erste Brief datiert vom 31.8.1792. Vorausgegangen war offenbar eine sachliche Anfrage Gra'ters bezüglich der mittelhochdeutschen Texte, die in Amaliens Erholungsstunden erschienen waren. Im Anschluß wurde der Ton

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Ehrmanns in Stuttgart und war für drei Wochen bei ihnen zu Gast. In dieser Zeit beteiligte er sich regelmäßig an den Redaktionsgeschäften. In seinem Reisetagebuch notierte er: Wir arbeiteten im Hinterstübchen [.,.] an der Einsiedlerin, d. h. wir machten Projecte, fingen Aufsätze an, musterten die eingelaufenen Beytrage und Gedichte, wählten aus, verwarfen und kamen vom Hundertsten ins Tausendste. Jetzt mußte sich auch der Philosoph über Freundschaft und Liebe etwas piagen lassen, [unter diesem Pseudonym hatte Gräter im April einen Beitrag in der Zeitschrift publiziert] und ich mochte wollen oder nicht, so war ich genothigt, unter dem Friesieren (horribile dictu) der schalkhafte n Amaliedie Fortsetzung in die Feder m dictiren. 112 Auch sein Freund, der Journalist Johann Gottfried Pahl, schickte auf Gräters Vermittlung hin Beiträge für Marianne Ehrmanns Frauenzeitschrift. In seinen Lebenserinnerungen schilderte er später, wie die Herausgeberin ihn immer sehr dringend ermuntert habe, mehr für sie zu schreiben. Er erklärte sich das weniger mit der Qualität seiner Aufsätze als vielmehr damit, daß diese Marianne Ehrmann »ErJeichterung« gewährt hätten und um so wertvoller für sie gewesen seien, als sie ihre Mitarbeiter »blos durch den ihnen bezeugten Beifall« habe belohnen können und »wenig fremde Unterstützung« genossen habe. 113 Diese Einschätzung ist insofern verwunderlich, als in der Einsiedlerinn aus den Alpen mehr Beiträge von einer größeren Zahl fremder Autorinnen und Autoren erschienen als in allen anderen Frauenjournalen weiblicher Herausgeber. Verglichen mit den bekannten literari-

schnell sehr vertraut und schwärmerisch. Von Gräters Beiträgen, die vom ersten Heft an in der Einsiedlerinn erschienen, ist in keinem der Briefe die Rede. Ein Brief von Dominikus von Brentano belegt, daß Marianne Ehrmann Gräter ihrem Onkel empfahl, um ihm weitere Beziehungen zu vermitteln. Friedrich David Gräter arbeitete damals als Lehrer an einem schwäbischen Gymnasium und schrieb für zahlreiche Journale. Drei Briefe von Marianne Ehrmann an F. D. Gräter vom 31.8.1792, vom 26.10.1792 und vorn U.1.1793, WLB Stuttgart, Cod. misc. 4°3Ö,Nr. 23-25;Brief von Dominikus von Brentano an F. D. Gräter am 24.8.1793, WLB Stuttgart. Cod. misc. 4° 30, Nr. 14; zu Gräter vgt. Hamberger/Meusel, Bd.2 (1796), S. 633, Bd. 17(1820), S. 761/762 und Bd.22,2(1831),S. 426/427; ADB,Bd.9(1879),S.599. 112 Gräter, Besuch, S. 162 (Druckfehler »einiaufenen« korrigiert). In seinem anonym erschienenen Beitrag Der Philosoph über Liebe und Freundschaft (in: E A, l.Jg. (1793), Bd.2, Heft 4, S.59-73) hatte Gräter beschrieben, wie er die Herausgeberin angeblich kennengelernt hatte. Marianne Ehrmann drängte sehr auf eine Fortsetzung, und als diese während Gräters Aufenthalt in Stuttgart nicht fertig geworden war, rückte sie zum Scherz folgende Nachricht an den Autor in ihr Blatt ein: »Ich weiß zwar wol, daß Sie bei ihrem mühevollen Amte und als ein so berühmter Gelehrter von einer großen Geschäftenlast gedrükt werden; aber davon wollen meine Leserinnen nichts wissen [...).« (Ein Wörtchen an den »Philosophen über Freundschaft und LiebeBlue Stockings< gemeint, von denen schon Sophie von La Röche einige mit ihren Texten in der Pomona vorgestellt hatte. Mft Der Freund 114

Ihren Namen nannten ausschließlich männliche Autoren, so der in hannoverschen Diensten stehende Lieutenant F. L.von Pufendorf, der mit einer ganzen Reihe von Gelegenheitsgedichten im Blatt vertreten war, und erneut Christian Friedrich Daniel Schubart, von dem ein Freundschaftsgedicht abgedruckt wurde. Bei dem Namen »Hubertus Huber« handelte es sich offenbar um ein Pseudonym, unter dem vier kürzere Erzählungen erschienen. Insgesamt tauchen 18 Kryptonyme im Blatt auf, davon einige wenige häufiger. Zusätzlich gab es gänzlich anonyme Beiträge. Vier Gedichte waren als von Frauen eingesandt kenntlich gemacht. lli> Nachricht an unsere Lesefreunde und Freundinnen, in: UA, 1. Jg, (1792), Umschlag des 1. Heftes, o.S, 11fl Der Freund kommentierte die Bilder folgendermaßen: »Sie sind Schriftstellerinnen! [...] leben auf einem eignen Sitze ohnweit London und arbeiten werklhätig! Die hier mit dem großen Auge behandelt - Ökonomie! - Das sanfte Mädchen mit dem blauen Auge schreibt Kinderunterricht. Und jenes braune dunkle Haar - Gedichte und Musik!« Einsendung, in: UA, 1. Jg. (1792), Heft 4, S. 173-182, hier S. 174,

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habe berichtet - so fuhr die Leserin fort -, daß die äußerst verdienstvollen Damen in England Anerkennung fänden, woraufhin sie ihm die Unterhaltungen in Abendstunden vorgelegt habe. Sie protokollierte seinen erstaunten Ausruf »Topp! unsers Vaterlands Töchter wagen sich auch einmal ans Licht??..« und behauptete, daß er ihr mit den folgenden Worten einen Text zur Einsendung überreicht habe: Meine Landsmänninnen sind so fleißig, einzelne Produkte ihres Vaterlandes zu sammeln; denn sie wissen, daß manches gute Herz im Verborgnen ohne Hilfe säuert; und jezt bieten sie das Gesammelte in einem Körbchen den Käufern dar, ich geh' vorüber, seh' die Blumen, werde lüstern, weit sie aus meiner Vatererde Boden hervorsprossen; und am Ende möcht' ich dann jezt gerne in den schönen Kranz auch ein Sträußchen hergeben. 117

Den Verfasserinnen paßte sowohl die beiliegende rührende Geschichte eines armen und traurigen, dabei höchst tugendhaften Paares als auch die patriotische Begeisterung des vorgeblichen Autors und Frauenfreundes sehr gut ins eigene Konzept. Als »Edler Baier« und »Bruder« wurde er von ihnen tituliert, und sie dankten ihm für seinen Beitrag aufs herzlichste, Uii Die Leserin schickte daraufhin schon bald einen neuen Text ihres Freundes und übermittelte den Verfasserinnen sein Lob für die Zeitschrift sowie tröstliche Worte für den Fall, daß Kritiker ihr Mißfallen bekunden sollten.11* Die Frauenzeitschriften weiblicher Herausgeber boten sowohl schreibenden Frauen als auch schreibenden Männern Veröffentlichungsmöglichkeiten, mit Ausnahme des Museums für Frauenzimmer, das ausschließlich weibliche Beiträger akzeptierte. In den meisten Blättern läßt sich vereinzelt der Versuch ausdrücklicher Tatentförderung erkennen, wobei auch diese fast nie allein Geschlechtsgenossinnen vorbehalten wurde. Wohl am erfolgreichsten in der Rolle einer Patronin jüngerer Kolleginnen war Sophie von La Röche, die zudem mit Hilfe fiktiver Adressatinnen und Mitarbeiterinnen wie durch ausgebreitete Korrespondenz mit realen Leserinnen um ihre Pomona eine weibliche Öffentlichkeit schuf. Fast alle Schriftstellerinnen, die im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert Berühmtheit erlangten, hatten in der Frühphase ihres literarischen Schaffens in Zeitschriften publiziert, darunter zum Teil auch in Frauenzeitschriften weiblicher Herausgeber, Vielversprechender war es für sie indes, die eigenen Texte in Blättern einflußreicher männlicher Herausgeber und mächtiger Verleger unterzubringen, etwa in Christoph Martin Wielands Teutschem Merkur, in Heinrich Christian Boies und Christian Wilhelm Konrad von Dohms Deutschem Museum, in Friedrich Schillers Hören oder in der zeitweilig von Ludwig Ferdinand Huber redigierten Flora im Cotta-Verlag.120 Weibliche Heraus117 118 m

Ebd., S. 175. Ebd., S. 181/182.

Der Autor bewundere den Fleiß der Herausgeberinnen und lasse ihnen seinen Wahlspruch ausrichten: »Wenn dich die Lästerzunge sticht,/Freund! laß dir dieß zum Tröste sagen: Die schlechten Früchte sind es nicht, / Woran die Wespen nagen!« Meine Freundinnen!, in: UA, 1.Jg. (1792), Heft 7, S. 43-48, hier S.43. u " Dawson: Weihrauch; Helga Brandes: Der Frauenroman und die literarisch-publizistische Öffentlichkeit im 18, Jahrhundert, in: Gallas/Heuser (Hg,),S.41-Sl. 255

geber mögen die Hemmschwelle für schreibende Frauen gesenkt haben, ihre Texte zum ersten Mal einem anonymen Publikum vorzustellen, eine besonders einflußreiche Förderung konnten sie allerdings, vielleicht abgesehen von Sophie von La Röche, nicht bieten. So ist denn auch die Mehrheit der in den Frauenzeitschriften publizierenden Frauen unbekannt geblieben bzw. hat sich auch später auf dem literarischen Markt nicht durchgesetzt. Männliche Autoren galten in Frauenzeitschriften keineswegs als deplaziert. Einige Herausgeberinnen haben jüngere, noch unentdeckte Schriftsteller mit freundlichen Worten ihrem weiblichen Publikum anempfohlen. Insbesondere wenn Männer der Förderung nicht mehr bedurften, weil sie sich bereits im Literaturbetrieb etabliert hatten, dienten sie den Herausgeberinnen dazu, dem jeweiligen Zeitschriftenunternehmen Seriosität zu verleihen und Anerkennung zu verschaffen. Diese Funktion konnten unter Umständen auch schon fiktive männliche Berater erfüllen, die in den Vorreden angekündigt wurden, tatsächlich aber niemals in Erscheinung traten. Ein solches Verfahren zeigt einmal mehr, daß die Herausgeberinnen um die beschränkenden Gebote weiblicher Tugend und die Erwartungen des zeitgenössischen Publikums wußten, diesen aber keineswegs hilflos ausgeliefert waren.

2. Verlag und Vertrieb; Schwierigkeiten mit der Kommerzialisierung Die Herausgeberinnen hatten grundsätzlich zwei verschiedene Möglichkeiten, ihre Zeitschriften zu produzieren und zu vertreiben: Entweder sie wählten den Selbstverlag, legten die Herstellungskosten aus, ließen ihr Blatt auf eigene Initiative drucken und organisierten selbst den Vertrieb auf dem Postweg oder über den Buchhandel. Oder aber sie übergaben ihre Manuskripte gegen ein zuvor ausgehandeltes Bogenhonorar einem Verleger, der dann das Geld für die Produktion vorstreckte und auch den Vertrieb regelte,121 Der Selbstverlag war ein in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts vielfach erprobter Versuch von Schriftsteliern, die oft schlecht zahlenden und wenig kooperationsbereiten Verleger auszuschalten und gleichzeitig auf dem zunehmend anonymen literarischen Markt einen persönlich gefärbten Kontakt zum Lesepublikum herzustellen. Da es noch nicht üblich war, daß die Verleger die Autoren und Autorinnen am Umsatz ihrer Schriften beteiligten, mußte man das geschäftliche Risiko schon selbst tragen, wenn man von einem möglichen finanziellen Gewinn profitieren wollte. Auch wenn sich kein Verleger fand, der ein Werk unter Vertrag nehmen wollte, blieb nur der Selbstverlag,122 Diese I2t

Zur Entwicklung des Verlagswesens im 18, Jahrhundert vgl. Johann Goldfriedrich: Geschichte des deutschen Buchhandels, Bd.3: Vom Beginn der klassischen Periode bis zum Beginn der Fremdherrschaft (1740-1804), Leipzig 1909; Wittmann: Geschichte, S. 111142 und S. 148-159; Kiesel/Münch, S. 123-l54; Ungern-Sternberg: Schriftsteller; Schmidt: Buchmarkt; Haferkorn: Intelligenz, S. 195-214. 132 Gunter Berg: Die Selbstverlagsidee der deutschen Autoren im 18, Jahrhundert, in: AGB 6 (1966), Sp. 1371 -1395. Berg nennt verschiedene Selbstverlagsunternehmungen bekannter Autoren sowie genossenschaftliche Ansätze und betont, daß es neben der Identifizierung

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Produktion auf eigene Kosten war regelmäßig mit einer Subskription oder einer Pränumeration verbunden. Interessierte wurden aufgefordert, die Schrift im Voraus zu besteilen, im Fall der Pränumeration auch schon zu bezahlen. Erst wenn eine gewisse Zahl solcher Anmeldungen vorlag, wurde das Werk dann in entsprechender Auflage gedruckt. Auf diese Weise konnte besser kalkuliert werden, b/.w. kam sogar schon ein Teil der Vorfinanzierung zusammen. Verfasserinnen und Verfasser, die ein Periodikum oder eine einzelne Schrift selbst verlegen wollten, mußten das geplante Werk also publik machen. Fast immer baten sie zunächst Bekannte und Kollegen, in ihren Kreisen für das Unternehmen zu werben und Abonnements zu sammeln. Wer sich bereit erklärte, als »Kollekteur« zu wirken, erhielt in der Regel für fünf oder zehn vermittelte Bestellungen jeweils ein Freiexemplar oder einen entsprechenden Rabatt. Daneben kündigten die meisten Selbstverleger ihre Schrift in Zeitschriften und Zeitungen an oder verteilten zur Ansicht Probeexemplare. Auf diesem Weg gewannen sie sowohl Subskribenten als auch weitere Kollekteure, die ihnen nicht persönlich bekannt waren, die sich aber für ihre Werke einsetzen und zu ihnen in Verbindung treten wollten. Die Anzeigen in der Presse nannten Adressen, wo Interessierte ein Abonnement abschließen konnten. Meistens war dies bei der Verfasserin bzw. dem Verfasser selbst möglich, bei der in Aussicht genommenen Druckerei, den bereits gewonnenen Kollekteuren sowie bei bestimmten Postämtern und unter Umständen auch einigen Buchhandlungen. Es kam also über die Subskription zu einer Vermischung von privatem Freundschaftsdienst, Nebenerwerb und professionellem Vertrieb. Vermutlich räumten die Selbstverlegerinnen und Selbstverleger den Postschreibern und Buchhändlern ähnliche Rabatte ein wie ihren privaten Kollekteuren. Als Anreiz für die Lesenden sowohl für eine Subskription als auch eine Pränumeration gewährten sie einen Vorzugspreis, der unter dem Preis lag, zu dem ein Werk später regulär im Buchhandel zu erwerben war. Außerdem sagten sie den Subskribierenden zu, daß ihre Namen mit Angabe von Stand und Wohnort in Listen ausgedruckt und später der Zeitschrift oder dein Buch beigelegt würden. Auf diesen Subskriptionslisten versammelten sich die Gebildeten also sichtbar zu gemeinsamer Sammelpatronage für eine Verfasserin oder einen Verfasser und zu einer Lesegemeinde.121 und Individualisierung des Publikums noch weitere nicht finanzielle Motive gegeben habe. So ging es einigen Schriftstellern um die Möglichkeit, besonders schöne Ausgaben verwirklichen zu können oder einen korrekten Satz sicherzustellen, andere - insbesondere die genossenschaftlich konzipierten Autorenbuchhandlungen - wollten in ihren Publikationsreihen ein titerarisches Programm umsetzen oder ein bestimmtes Publikum gezielt ansprechen. Die Kombination von materiellen und ideellen Interessen sollte in dem Signet eines von Gottfried August Bürger und Leopold Friedrich von Goeckingk geplanten Subskriptionsverlags versinnbildlicht werden. Ihnen schwebte ein Wappentier vor, das in seiner einen Klaue ein mit einem Lorbeerkranz umwundenes Buch und in der anderen einen Geldbeutel hielt. Berg, Sp. 1386. I2? Grundlegend zur Subskription: Wittmann: Buchhändlerzeitschriften, bes. Sp, 849-914; zum Unterschied von Pränumeration und Subskription: Sp. 858/859, zu Kollekteuren und ihren Motiven: Sp, 906-914, interessant auch Wittmanns Interpretation verschiedener Subskriptionsanzeigen in der Hamburger Buchhändlerzeitung in Hinblick auf das je unter-

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Insbesondere bei periodischen Schriften war ein Vertrieb außerhalb der Distributionsnetze der Verleger höchst umständlich. Zeitschriften konnten nicht wie Bücher vor allem auf den Messen verhandelt, verkauft und verbreitet werden, sie sollten die Lesenden nach Möglichkeit regelmäßig wöchentlich, monatlich oder vierteljährlich erreichen. Ein Großteil des Vertriebs erfolgte daher wohl auf dem Postweg, daneben nutzten die SelbstverJegerinnen und Selbstverleger oftmals Reisende als Kuriere. Die Verteilung an die Abonnentinnen und Abonnenten vor Ort besorgten die Postämter, deren Zeitungsexpeditionen, die privaten Kollekteure oder die Buchhändler. 124 Dabei kam es offenbar häufig zu Verzögerungen und Verlusten, denn gleich von mehreren selbstverlegten Frauenjournalen sind entsprechende Klagen oder Rechtfertigungen der Herausgeberinnen überliefert. Nachdem Ernestine Hofmann und Charlotte Hezel ihre Zeitschriften noch als Wochenblätter konzipiert hatten, setzte sich bei den Frauenzeitschriften bald eine monatliche oder gar vierteljährliche Erscheinungsweise durch, was eine überregionale Verbreitung mit Sicherheit erleichterte. Die Alternative bestand darin, die Frauenzeitschrift einem professionellen Verleger zu übergeben. Fand sich eine interessierte Verlagshandlung, so zahlte diese der Herausgeberin in der Regel das vereinbarte Bogenhonorar für den gesamten Umfang im Voraus. Ob die Verfasserin ihrerseits Fremdbeiträge einwarb, ob und wie hoch sie sie honorierte, lag dann bei ihr. Die Qualität des Drucks und des Papiers sowie die Ausstattung mit Kupferstichen fiel dagegen wohl meist in die Zuständigkeit der Verleger. Manchmal boten sie zwei Ausgaben von verschiedener Qualität zu gestaffelten Preisen an. Sie streckten die gesamten Produktionskosten vor, setzten Verkaufspreise und Rabatte fest und organisierten Werbung und Vertrieb. Da sie das gesamte geschäftliche Risiko trugen, sahen es die meisten Verleger als eine Selbstverständlichkeit an, daß ihnen auch ein möglicher finanzieller Gewinn allein zustand. Auch sie bedienten sich im 18. Jahrhundert noch mitunter der Subskription, um dieses Risiko zu verringern und ihre Kalkulation einigermaßen realistisch zu treffen. Restexemplare wurden gebunden und später auf der Messe vertrieben, bei entsprechender Nachfrage produzierten sie Neuauflagen. Wenn eine Herausgeberin bereits als Schriftstellerin bekannt war oder über einflußreiche Förderer in Literatenkreisen verfügte, hatte sie es um so leichter, einen Verleger zu finden und vor allem ein einigermaßen einträgliches Bogenhonorar zu verabreden. Inwieweit Verlagshandlungen womöglich gezielt Einfluß nahmen auf die reschiedikhe Selbstverständnis der Schriftsteller: Sp. 863-906. Zu den Subskriptionslisten vgl. auch Kap. IV.2. Auf den Buchmessen wurden ebenfalls Zeitschriften angeboten, insbesondere gebundene Quartals- oder Jahrgangsbände sowie Restexemptare. Außerdem wurden hier über Buchhändler und beauftragte »Kommissionäre« mindestens einmal jährlich die Rechnungen beglichen, was Portokosten ersparte und größere Sicherheit bot. Briefe von Kollekteuren an die Herausgeberinnen erwähnen oft die »Meßgelegenheit« als Abrechnungstermin. Zu den Kommissionären vgl, Hans Widmann: Geschichte des Buchhandels vom Altertum bis zur Gegenwart, Teil 1: Bis zur Erfindung des Buchdrucks sowie Geschichte des Buchhandels, Wiesbaden 1975, S. 118.

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daktionelle und damit inhaltliche Gestaltung eines Blattes, ist kaum je überliefert und läßt sich zudem pauschal überhaupt nicht beantworten. Es kann aber angenommen werden, daß sowohl der Publikums- als auch der Verlegergeschmack die Herausgeberinnen bei der Abfassung und Zusammenstellung ihrer Beiträge beeinflußte. Nun sind die Verlagsverhäitnisse der von Frauen herausgegebenen Frauenzeitschriften des 18. Jahrhunderts insgesamt schwer zu rekonstruieren, weil diese in den Blättern lediglich dann thematisiert wurden, wenn Probleme auftraten, und andere Quellen - zumindest für die unbekannteren Journale - weitgehend fehlen. So läßt sich von einigen heute nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob sie wohl selbstverlegt wurden oder nicht, Subskriptionslisten sind kein klares Indiz, 125 Lediglich die Papiere einiger Freunde, an denen Dorothea Lilien mitwirkte, trugen als eindeutiges Zeichen des Selbstverlags den Vermerk »auf Kosten der Verfasser«. Auf den Titelblättern wurde in der Regel eine Druckerei oder eine Buchhandlung angegeben; wie sich aber die Geschäftsbeziehungen zur Herausgeberin jeweils konkret gestalteten, ist weitgehend unbekannt. Zwar hatten sich bereits im 17. Jahrhundert Druck und Verlag vielfach getrennt, doch gab es auch im späten 18. Jahrhundert noch etliche Druckerverleger, die beide Arbeitsbereiche in einer Hand vereinten. I 2 f ) Ähnlich ungewiß sind die Kompetenzen einer Buchhandlung im Bereich von Verlag, Zwischenhandel und Endverkauf. Hier gab es verschiedene Mischformen, und unter Umständen nahmen die Herausgeberinnen eine Buchhandlung nur für einzelne Dienstleistungen in Anspruch. Im Erscheinungszeitraum der Frauenzeitschriften stieg die Zahl der Buchhändler, die in den Subskriptionslisten der Frauenzeitschriften aufgeführt wurden, deutlich an. Vermutlich sammelten diese, wenn es sich um eine selbstverlegte Zeitschrift handelte, wie private Kollekteure und zu den gleichen oder ähnlichen Konditionen für die Herausgeberinnen Abonnements, bekamen eine entsprechende Anzahl Exemplare per Post zugesandt und besorgten die Verteilung an ihre Kunden vor Ort. War das Blatt dagegen bei einem Buchhändler in Verlag gegeben worden, könnte es sich bei den Mehrfachbestellungen anderer Buchhändler auch urn Kommissionsgeschäfte handeln, denn untereinander räumten sich die Kollegen mitunter ein Rückgaberecht ein. 127 i2S

Solche gibt es, eben weii sie in gedruckter Form den heute noch erhaltenen Exemplaren der Zeitschriften beigebunden sind, vom Wochenblatt für 's Schöne Geschlecht, von der Pomona, von Amaltens Erholungsstunden und der Einsiedlerinn aus den Alpen sowie von den Unterhaltungen in Abendssunden. 12n Es wurde darauf verzichtet zu prüfen, welche Leistungen die angegebenen Betriebe zur Erscheinungszeit der Zeitschriften jeweils anboten, da auch dies bestenfalls ein Anhaltspunkt wäre, der die konkreten Geschäftsbeziehungen nicht wesentlich erhellen könnte, 127 Die Forschung zur Geschichte des Verlagswesens und Buchhandels konzentriert sich weitgehend auf den Messeverkehr, vor allem auf den allmählichen Übergang vom bargeldlosen Change-Handel zum Netto- und Kommissionshandel im Rahmen der ungleichen Konkurrenzsituation zwischen dem fortgeschrittenen norddeutschen Verlagswesen und den süddeutschen und österreichischen Rcichsbuchhändlern. In den genannten einschlägigen Überblicksdarstellungen finden sich daher fast keine Angaben zur Distribution der vielfältigen periodischen Presse des 18. Jahrhunderts.

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Der Vertrieb über den Buchhandel war also Selbstverlegern und Selbstverlegerinnen nicht grundsätzlich verschlossen. Nichtsdestotrotz brachte der Verzicht auf eine verlegende Buchhandlung zahlreiche Schwierigkeiten mit sich und konnte sich auf die Dauer nicht durchsetzen. So war es erstens nur wenigen Autoren und Herausgebern möglich, die Produktionskosten auf längere Zeit vorzustrecken, zumal die Einkünfte aus Pränumeration und Verkauf oft erst mit erheblicher Verspätung bei ihnen eintrafen. Zweitens weigerten sich manche Buchhändler, mit Selbstverlegern Geschäfte zu machen, um auf diese Weise Druck auf die Verfasser auszuüben, ihre Schriften professionellen Verlegern zu übergeben. Prominentestes Beispiel ist das Scheitern der Dessauer »Buchhandlung der Gelehrten«, eines genossenschaftlichen Selbstverlagsunternehmens unter herzoglicher Protektion, zu dem sich 1781 zahlreiche namhafte Schriftsteller zusammenschlössen, um ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern. Das Unternehmen sollte unter anderem als ein Autorenschutzbund fungieren und unbemittelten Mitgliedern die Produktionskosten aus einer gemeinsamen Verlagskasse vorschießen. Zwischen 1781 und 1783 brachte die Gelehrten-Buchhandlung ca, 350 Werke heraus. Da zahlreiche Buchhändler den Messehandel mit ihr verweigerten, ging das Unternehmen 1783 Konkurs und wurde vom letzten Geschäftsführer, Georg Joachim Göschen, privatisiert. 128 Ob auch weibliche Selbstverleger mit solchen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, ist nicht überliefert. Es ist insofern nicht sehr wahrscheinlich, als dies voraussetzen würde, daß Verlagshandlungen ein ausgeprägtes Interesse gehabt hätten, ihre Schriften unter Vertrag zu nehmen. Drittens, und das dürfte für schreibende Frauen bedeutsamer gewesen sein, wurde ein angesehener Verlag allmählich zu einer Empfehlung für ein literarisches Werk, Bei selbstverlegten Schriften konnte das Publikum spekulieren, ob sich vielleicht kein Verleger hatte finden lassen. Statt das Risiko einzugehen, eine angepriesene Schrift im Voraus verbindlich zu bestellen, zogen es viele Lesende vor, sich in Buchläden selbst einen Eindruck zu verschaffen, bevor sie sich zum Kauf oder Abonnement entschlossen,129 Schließlich nahm der Reiz gemeinsa!2S

Berg, Sp. 1368-1388; Kiesel/Münch, S. 149/150; Ungern-Siernberg; Schriftsteller, 5. 84. Laut Vorderstemann kam es zudem zu »betrügerischen Unregelmäßigkeiten« der Gelehrten-Buchhandlung gegenüber den beteiligten Autoren, Die Buchhandlung bot aufgrund weitläufiger Kommissionsverbindungen bis ins Ausland den Autoren günstige Bedingungen, zahlte jedoch Gewinne offenbar längst nicht immer aus, sondern verbuchte diese in Form von uneiniösbaren Aktien. Viele Autoren erlitten so beträchtliche finanzielle Verluste. Jürgen Vorderstemann: Sophie von La Roches Unternehmen >PomonaBibliothek(, eine Fortsetzung der Pomona, erschien dann nicht, und das einträgliche Geschäft mit den Damenkalendern, Frauenzeitschriften und Taschenbüchern für Damen machten andere.« (Barabara Becker-Cantarino: »Muse« und »Kunstrichter«: Sophie von La Röche und Wieland, in: Modern Language Notes 99,1 (1984), Nr. 3, S.571-588, hier S.586). Sophie von La Röche war es zunehmend schwergefallen, genügend Ideen für eine Monatsschrift zusammenzubekommen, wie sie selbst einräumte. Sie ging damals zur Produktion umfangreicher Reisebeschreibungen über. Die Spekulation, daß sie sich »resigniert« vor Wielands Konkurrenz zurückgezogen habe, (so Ingrid Wiede-Behrendt in ihrer fast wörtlichen Übernahme der These von Becker-Cantarino, S.256) erscheint insofern recht fragwürdig.

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nend witterte sie nun eine Chance, doch noch mit dem Leipziger Verleger ins Geschäft zu kommen, 152 Sie fragte, wie seiner Ansicht nach die Monatsschrift am zweckmäßigsten zu vertreiben sei: Darf ich bey meinem Dank für Ihre mir schon so edelmütig erwiesene Freundschaft Sie noch um die Gefälligkeit bitten, mir wegen dem Schicksal meiner Pomona und wegen dem, was ich thun solle - nach Ihrem hertzen und Ihrem Geist einige erleuterungen zu geben; ich muste mich dem rath hiesiger Männer überlassen - und war froh, daß sie es besorgten, weil es eher Männer sache war und ich dadurch mehr Zeit Zum arbeiten hatte - aber ich fühle wohl, daß vieles fehlt und irrig geht.153

Ob diese Darstellung den Tatsachen entsprach oder ob sich Sophie von La Röche hier aus taktischen Gründen als hilflose Frau inmitten einer männlichen Geschäftsweit stilisierte, läßt sich nicht entscheiden. Zu einem Vertragsabschluß mit Reich ist es für die Pomona gleichwohl nie gekommen. Auch ihre frühzeitigen Bemühungen, den Vertrieb in der Schweiz über einen Verleger abzuwickeln, schlugen für den ersten Jahrgang noch fehl. Als die Züricher Verlagsbuchhandlung Orell, Geßner und Füßli auf ein entsprechendes Angebot nicht sofort reagierte, schrieb sie im November 1782 an Lavater: Wenn Sie in der Schweiz einen redlichen Mann wissen, dem der Vorteil des Verschlusses von Pomona, da ich sie den Buchhändlern für drei Gulden gebe wie dem Reichspostamt, wenn diesem Mann es gut täte, nun, so sagen oder schreiben sie es ihm, aber er besorgt dann auch die Verschickung. 154

Zunächst übernahm es Lavater selbst, Abonnentinnen in der Schweiz zu werben. Offensichtlich hatte er damit Erfolg, denn 1784 stieg dann doch noch die Züricher Buchhandlung zumindest in den Schweizer Vertrieb der Zeitschrift ein.155 Sophie 152

Bereits im April hatte sie sich bei ihm bedankt und geschrieben: »Ich bin seit einigen Tagen nicht wohl - aber ich Muß Ihnen auß meinem bette danken, daß Sie so freundlich mir wegen meiner Pomona schrieben - Ich will Sorge tragen daß sie bälder und ordentlicher nach Leipzig komt - und wenn Sie - in Weittern Gegenden für die blatter sorgen können, So thun es [...]«. Sophie von La Röche an Ph.E. Reich am 11.4.1783, Wieland-Museum Biberach, WMHs. Nr. 936. Vgl. Maurer: Das Gute, S. 127. 151 Sophie von La Röche an Ph.E. Reich am 10.6.1783, Pfälzische Landesbibliothek Speyer [im folgenden: PLB Speyer], Autogr. 156/5. Sophie von La Röche ließ Reichs Frau fragen, ob sie und ihre Bekannten mit der Zeitschrift zufrieden seien und was sie sich von ihr wünschten. Reich versicherte sie ausgesprochen devot, daß ihr sein Rat «wegen der Führung von Pomona« und eine solche »erinnerung über den Inhalt« gleichermaßen »heilig« sein würden, Ebd, 154 Sophie von La Röche an J.C Lavater am 7,11.1782, abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr. 135, S.245/246, hier S.246, Den Kontakt zur Züricher Buchhandlung hatte sie über die Frau des Verlagskompagnons Geßner aufgenommen, mit der sie zuvor bereits korrespondiert hatte und die sie später auf ihrer ersten Schweizreise persönlich kennenlernte: »Ich habe an Frau Geßner geschrieben, daß ich wünsche, auch Leserinnen in der Schweiz zu haben, und daß eine Buchhandlung die Mühe nähme, Abonnenten für Pomona zu sammeln, daß ich für hundert Abonnenten des Jahrs hundert Gulden Erkenntlichkeit geben werde ...« Sophie von La Röche an J.C, Lavater am 27,10.1782, ebd., Nr, 134,5,245. 155 Schon im ersten Jahr hatte Lavater einzelne Exemplare der Pomona an die Buchandlung 269

von La Roche blieb beim Selbstverlag der Pomona, suchte aber gleichzeitig Anschluß an den sich kommerzialisierenden literarischen Markt. Zur Leipziger Ostermesse 1783 gab sie der Heidelberger Buchhandlung der Gebrüder Pfähler ihr Frauenjournal in Kommission, bald darauf schloß sie sich der genossenschaftlichen Dessauer »Buchhandlung der Gelehrten« an. 1Sfi Doch gerade die Einschaltung des etablierten Buchhandels machte sich für die Selbstverlegerin nicht bezahlt. Drei Jahre nach dem Ende der Pomona schrieb Sophie von La Röche rückblickend in einem Brief: So sind meine Journale eine kleine, zufällige Regenquelle geworden, aber Buchhändler haben mich in sehr großen Verlust gebracht und in Dessau verlor ich 160 Exemplare der Pomona, in Heidelberg 200, anderwärts auch nah bei 300, ohne die Menge des zweiten Jahrs, so Hegen blieben. 1S7

Auch das auf persönlichen Bekanntschaften beruhende Kollekteurswesen bot keine Sicherheit vor finanziellen Einbußen. Manche bestellten offenbar zunächst mehr Exemplare, als sie schließlich wirklich absetzen konnten, einige hatten Ärger mit säumigen Zahlern, und andere blieben ihrerseits der Verfasserin die Einnahmen schuldig. Von Wieland ist eine Abrechnung erhalten, die alle diese Schwierigkeiten illustriert. Sophie von La Röche solle nachschauen, wieviel er ihr nach dem ersten Jahrgang »per saldo« schuldig geblieben sei, denn leider habe er »eine Note« über diese Summe »unter der unendlichen Menge [seiner] Papiere verloren«, schrieb er ihr im Februar 1785:

Oretl, Geßner und Füßli abgegeben, ab 1784 sollte diese nun offenbar die Zuständigkeit für den Endvcrkauf ganz übernehmen. Im Februar schrieb Lavatcr an Sophie von La Röche: »Gestern erhielt ich die ersten Hefte des zweyten Jahrgangs der Pomona, die ich nach einer genommenen Abrede mit der Orellischen Buchhandlung an dieselbe übergab, weil bis dahin viel Verwirrung im Versenden und Abholen war [. . .]. Sie sollen keinen Nachtheil davon haben.« {Johann Caspar Lavater an S.v. La Röche am 14.2.1784, ZB Zürich, FA Lav. Ms. 569 Nr. 105, vgl. auch seinen Brief an die Herausgeberin vom 22.2.3783, ZB Zürich, FA Lav. Ms. 569 Nr. 104). Sophie von La Röche antwortete: »Haben Sie Dank für alles, was Sie für Pomona taten, ich bin mit ihrer Übergabe an Orell sehr wohl zufrieden, und die mangelnde Exemplare des ersten und zweiten Hefts sollen mit dem März kommen.« Sophie von La Roche an J.C. Lavater am 19.2,1784, abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr. 146, S. 264/265, hier S. 265; vgl. auch ihren Dank in Brief Nr. 145, S. 262/263. Vg!. Vorderstemann, S. XXV1I1/XXIX. In einer Anzeige zweier separater Buchausgaben von Sophie von La Roches Moralischen Erzählungen verkündete Hütten im Juni 1784: »Exemplarien von beyden Bändgen sind ausser mir bey der Buchhandlung der Gelehrten in Dessau zu haben, welche auch Pomona in Kommission genommen und Liebhaber mit Exemplarien des ersten und zweyten Jahrgangs versehen kann.« (Hütten: Anzeige, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 6, S. 583/584, hier S. 583). Zwei Monate später wurde in der Pomona eine Kupferstichsammlung aus dem Verlag der Dessauer Gelehrtenbuchhandlung angezeigt. Nachricht, ebd., Heft 8, S. 768. Sophie von La Röche an Leonhard Meister am 4.10.1787, abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr. 178, S, 30 1 -303, hier S. 303. 270

So viel weiss ich, dass ich vom l slL '" Jahrgang der Pomona 36 Exemplare abgesetzt habe. Mit dem 2ti:n Jahrgang aber ging es nicht mehr so gut. Nicht nur in Weimar gieng verschiedenes ab, sondern auch Hr. v. Blankenburg in Leipzig schickte mir von den 21 Exemplaren, die ersieh ohne Widerrede (in Hoffnung, wie er sagt, etwa noch Liebhabe r dazu zu finde n) monatlich schicken Hess, cilf wieder zurück and bezahlte nur für 9. Herr Hofrath Bode hat sich immer 5 Ex, geben lassen, aber noch für keines bezahlt. Da er es aber, ohnfehlbar, über lang oder kurz thun wird, können Sie, l,[iebc] Fr.[au] (außer dem Betrag des Restes von 1783) für die abgesetzten Exempl, von 1784 über 11 1/2 Louisdorä 9 fl, oder über 103 fl, 30 kr. bey mir disponiren; und ich erwarte Ihren Wink, ob ich Ihnen solche von Biberach aus [...] nach Speyer schicken, oder sie in Frankfurt oder, wo es Ihnen sonst gefällig ist, an Ihre Ordre bezahlen lassen soll.15*

Auch für die Abonnentinnen und Abonnenten erwies sich diese Distributionsform als unzuverlässig und oft umständlich. Längst nicht überall wurden sie von den Kollekteuren einigermaßen pünktlich mit der bestellten Zeitschrift beliefert. Nicht er trage die Verantwortung dafür, daß viele »Freunde der Pomona« Teile des zweiten Jahrgangs nicht erhalten hätten, versicherte Rektor Hütten irn letzten Heft der Zeitschrift. Schuld sei vielmehr die »Verwirrung, die einige auswärtige Kommission airs verursachten«.'^ 9 Gedruckt wurde die Pomona »mit Enderesischen Schriften«, wie es auf dem Titelblatt hieß. Neben der Buchdruckerei von Johann Paul Enderes gab es in Speyer zu jener Zeit bereits die Musikaliendruckerei von Heinrich Philipp Boßler. Dieser war mit den La Roches gut bekannt und fertigte die Notenbeilagen für die Pomona. Einmal fügte Sophie von La Röche ihrer Pomona eine Probe dort gedruckter fremder Schriftzeichen und Hieroglyphen bei und erläuterte in einer kurzen Szene der fiktiven Karoline Boßlcrs Erfolge mit einem neuartigen Tiefdruckverfahren. 160 Schon wenige Monate nach dem Start der Pomona tauchten nicht-autorisierte Nachdrucke der Monatsschrift auf dem Markt auf. Diese im ausgehenden 38. Jahrhundert in Deutschland recht verbreitete Praxis schädigte diejenigen, welche die Verkaufseinnahmen einer Publikation erhielten. In den überwiegenden Fällen waren das die Verleger, die ihre Autorinnen und Autoren bereits per Bogenhonorar bezahlt hatten. Im Fall des Selbstverlags traf der Nachdruck diese selbst. !6f Daß gerade in Deutschland der Nachdruck so besonders ausgeprägt war, hing mit den unübersichtlichen Verhältnissen in dem in viele Territorialstaaten aufgegliederten Reichsgebiet zusammen und vor allem mit der ungleichen Konkurrenzsiluation zwischen dem norddeutschen und dem süddeutsch-österreichischen 15)1

Christoph Martin Wieland an S.v. La Röche am 16.2.1785, abgedruckt in: Hassenkamp (Hg,), Nr.99. S.272-277, hier 275/276. Die Währungskürzel stehen für Gulden (fl.) und Kreuzer (kr.), 151) J.G. Hütten: Anzeige an das Publikum, in: Pomona, 2. Jg. (1784). Endes des 12. Hefts, o.S. Mit >Kommissionairs< meinte er hier offenbar Kollckteurc, nicht - wie üblich - Bevollmächtigte in der Messestadt Leipzig. ift2 Um wirtschaftliche und währungspolitische Hindernisse zu umgehen, wurden die verlegten Schriften noch bis nach 1760 zum großen Teil im bargeldlosen Change-Handel auf den Buchmessen in Frankfurt und Leipzig Bogen gegen Bogen getauscht, ohne Ansehung des Inhalts. Die Buchhändler waren noch Verleger und Sortimenter in einer Person und bauten mit ihrem Verlagsprogramm und der Tauschware zum Teil umfangreiche Lager auf. Diese Handelsform erforderte wenig Kapitaleinsatz und streute das geschäftliche Risiko. Selbst belanglose und schlechte Schriften fanden so leicht einen Verleger und weite Verbreitung. Eine Überproduktionskrise war die Folge. Dabei verfügten die deutschen Buchhändler weder über eine ständische Korporation ihres Gewerbes, noch zeigten sie nennenswertes berufliches Gruppenbewußtsein. Die Eigentumsrechte waren weitgehend ungeklärt. Vielfach betrachtete man publizierte geistige Werke noch als öffentliches Gut. Bevor sich die Vorstellung von einem Persönlichkeitsrecht des Autors auf sein geistiges Eigentum durchsetzte, behandelte man Schriften aus sachenrechtlicher Perspektive. Nach vorherrschendem Rcchtsverständnis erwarben Verleger mit der Überlassung eines Manuskripts durch den Autor dauerhaft dessen Verlagsrecht. Dies konnten sie allerdings lediglich unzureichend durch landesherrliche oder kaiserliche Privilegien vor der veriegerischen Konkurrenz schützen lassen. Seit der Mitte des Jahrhunderts erlebten Buchproduktion und Buchhandel in den Universitäts- und Handelsstädten vor allem in Sachsen, aber auch in BrandenburgPreußen einen rasanten Aufschwung, Bereits 1764 hatte Leipzig als die Messestadt des norddeutschen, protestantischen Buchmarkts fast eine Monopolstellung gegenüber der älteren Messestadt Frankfurt gewonnen, wo einst in günstiger Lage der internationale Handel mit gelehrter lateinischer Literatur auf deutschem Boden betrieben wurde und die nun unter der Protektion des Kaisers Zentrum des katholischen Reichsbuchhandels war. Dieser süddeutsch-österreichische Literaturmarkt konnte mit der Zeit immer weniger gleichwertige Tauschware in den Messehandel einbringen, weshalb immer mehr norddeutsche, insbesondere Leipziger Verleger ihre Lager in Frankfurt aufhoben und nur mehr die zweimal jährlich stattfindenden Messen in Leipzig beschickten. Der ortsansässige Buchhandel spielte dort - unterstützt von der sächsischen Obrigkeit - seine Wettbewerbsvorteüe voll aus. Um für den Absatz eigener Schriften nicht länger unattraktive Tauschware aus dem Süden annehmen zu müssen, gingen die norddeutschen Verleger allmählich zum Nettohandel über, das heißt sie bestanden auf Barzahlung, gewährten nur noch geringe Vgl. Reinhard Wittmann: Der gerechtfertigte Nachdrucker? Nachdruck und literarisches Leben im achtzehnten Jahrhundert, in: ders.r Buchmarkt und Lektüre im 18. und 19. Jahrhundert. Beiträge zum literarischen Leben 1750-1880, Tübingen 1982, S. 69-92; UngernSternberg: Schriftsteller; Kiesel/Münch,S.123-154. 272

Rabatte, beschrankten die Rückgaberechte und erhöhten permanent die Preise.16·1 Zahlreiche süddeutsche und Österreichische sowie nicht konkurrenzfähige norddeutsche Verleger reagierten auf diese Entwicklung mit dem Nachdruck erfolgreicher und erfolgversprechender Originalschriften, die sie angesichts geringerer Produktionskosten in ihren Territorien zu günstigeren Preisen anbieten konnten. Eine solche Politik fügte sich gut in die merkantilistische Maxime der Landesherrn, das Geld so weit wie möglich im eigenen Land zu behalten. Aus diesem Grund billigten die meisten süddeutschen Obrigkeiten den Nachdruck. Zudem entsprach es dem Selbstverständnäs absolutistischer Staaten, die Untertanen vor ausländischen Monopolisten zu schützen und für »gerechte« Warenpreise zu sorgen.'64 Die nachdrukkenden Reichsbuchhändier rechtfertigten ihr Vorgehen mit dem Hinweis auf das provozierende Gebaren der norddeutschen Kollegen, Die waren dagegen einigermaßen machtlos. Der Leipziger Verleger Philipp Erasmus Reich, ein entschiedener Promotor der Kapitalisierung des norddeutschen Buchhandels, 165 initiierte 1764 einen ersten Zusammenschluß von 56 norddeutschen Buchhändlern, die sich verpflichteten, mit Nachdruckern keinerlei Geschäfte zu tätigen, und ihrerseits einen gemeinsam finanzierten Nachdruck der populärsten Originalschriften ihrer Gegner erwogen,166 1773 erließ die kursächsische Regierung - auch ihrerseits ganz in territorialstaatlichem Eigeninteresse - ein Buchhandelsmandat, demzufolge während der Leipziger Messe nachgedruckte Schriften weder vertrieben noch überhaupt nach Sachsen eingeführt werden durften. Die süddeutschen und österreichischen Buchhändler steigerten daraufhin ihren Nachdruck noch einmal erheblich. In der Augsburger Buchhändler zeilung nahm man 1789 an, daß derzeit im süddeutschen Raum mehr Nachdrucke verkauft würden als in Norddeutschland Orginalwerke, 167 163

Die Rabatte deckten für die süddeutschen Buchhändler oft nicht einmal mehr ihre Transport- und Messekosten, Die Leipziger Verleger wälzten auf diese Weise das geschäftliche Risiko fast vollständig auf die auswärtigen Händler ab, konnten so erheblich gewinnbringender kalkulieren und folglich durch höhere Autorenhonorare die Attraktivität ihres Verlagsangebots noch weiter steigern (Wittmann: Nachdrucker, S. 74-77), Langfristig setzte sich der Nettohandel nicht durch. Zum hnde des 18. Jahrhunderts einigten sich norddeutscher und Reichsbuchhandel auf einen Konditionsverkehr, um ein Auseinanderbrechen des Buchrnarktes zu verhindern. Die Verleger überließen sich ihre Neuerscheinungen in Kommission und schickten vor der Abrechnung zurück, was sie nicht hatten absetzen können. Kiesel/Münch, S. 130; Wittmann: Geschichte, S. 127-134. IM In Österreich wurde zum Schutz der einheimischen Nachdrucke zeitweise sogar die Einfuhr der entsprechenden Originalwerke verboten, Wittmann: Nachdrucker, S, 78/79; zum Wiener Nachdruck vgl. Schmidt, S, 55-57; Kiesel/Münch, S. 133. ! Mit seinem Fernbleiben hatte er das Signal zum endgültigen Bruch des norddeutschen Buchhandels mit der Messestadt Frankfurt gegeben. In der Folgezeit forcierte er den Geldhandel auf der Grundlage eines für Sachsen sehr günstigen Kurses. 16n Diese >Buchhandelsgesellschaft< wurde allerdings kaum wirksam, nicht zuletzt weil die Gelehrten der Leipziger Universität und die städtische Obrigkeit intervenierten, um das Ansehen ihrer Stadt nicht zu gefährden und ein noch weiteres Steigen der Buchpreise zu verhindern. !f 7 ' Zit. bei Wittmann: Nachdrucker, S.89. Wittmann hält diese Behauptung allerdings für übertrieben. 273

Empfindlicher als der florierende Vertrieb in den Reichslanden, um den sich die norddeutschen Originalverleger nie wirklich bemüht hatten, traf diese jedoch der illegale Rc-Import der billigeren Raubausgaben. Begrenzte Gegenmaßnahmen konnten bestenfalls darin liegen, die Bücherpreise für die Originale herabzusetzen oder zusätzlich kostengünstige Ausgaben oder verbesserte Neuauflagen herauszubringen. Häufiger allerdings erhöhten die Originalverleger die Bücherpreise, um die bereits einkalkulierten Verluste durch Nachdruck auszugleichen. Auch die betroffenen Autoren klagten in der Regei über den »unbilligen« Nachdruck, obgleich sie nur dann geschäftliche Einbußen erlitten, wenn sie Selbstverleger waren oder bereits unüblicherweise am Absatz ihrer Schriften finanziell beteiligt wurden. So gab es denn auch einige wenige, die den Nachdruck ausdrücklich begrüßten, weil er die Verbreitung aufgeklärter Gedanken erhöhe und die Buchpreise senke. Ein Nachdruck signalisierte schließlich, daß ein Werk beliebt war bzw. den Nachdruckern aussichtsreich erschien. Manch ein Autor, der Öffentlich über unbefugte Nachdrucke seiner Schriften klagte, wollte also vermutlich auf diesem Weg für seine Werke werben.' 68 Neuere Forschungen betonen denn auch die positiven Auswirkungen des umfangreichen deutschen Nachdruckgewerbes. Neben niedrigeren Buchpreisen, die weniger wohlhabenden Kreisen den Bücherkauf erst ermöglicht haben dürften, verweisen sie insbesondere auf die weite Verbreitung, die nachgedruckte Schriften fanden. Anders als die Orginalverleger belieferten die Nachdruckcr auch Kleinhändler und Hausierer sowie andere nicht professionelle Buchhändler, die auch einen Teil des kleinstädtischen und ländlichen Lesepublikums mit Lektüre versorgten, ]M Als Sophie von La Röche im Juni 1783 in der Pomona den Nachdruck anzeigte, führte sie diesen selbstbewußt auf den Erfolg ihrer Monatsschrift zurück: Eine gute Mutter wollte mit dem Aufwand ihrer letzten Kräfte einen kleinen Vorrath Erquickung für ihre geliebte jüngere Kinder sammeln - und suchte den Saft guter Krauter und Wurzeln dazu. Ihre Freunde lobten sie deswegen, kosteten die erste Hälfte, fanden es gut und heilsam. Ein fühlloser Mensch hörte den Bcyfall und raubte die Hälfte des mit so viel Muttertreue und Liebe gesammelten kleinen Vorraths hinweg. 170

Das märchenhafte Bild der kräutersammclnden alten Mutter sollte vermutlich nicht nur Rührung erwecken und die Anteilnahme steigern, sondern in seiner Doppeldeutigkeit den hier ausnahmsweise anklingenden Erwerbscharakter von Sophie von La Roches Schreib- und Redaktionsarbeit mit ihrer FarnilienroHe aussöhnen. 16S

lf>1) 1M

So gab Wieland gegenüber seinem Schwiegersohn unumwunden zu: »Nachdrücke können uns übrigens doch nur halb mißvergnügt machen, denn im Grunde machen sie doch immer Ehre und helfen unsern Zweck befördern, unsern Wirkungskreis erweitern u. unsern Ruhm verbreitern.« (Christoph Martin Wieland an C,L. Reinhold am 12.12,1789, zit. n. Ungern-Sternberg: Schriftsteller, S. 157). Insgesamt waren die Klagen der Literaten über habgierige Originalverleger sehr viel zahlreicher als die über den unbefugten Nachdruck. Vgl. Wittmann: Buchhändlerzeitschriften, Sp. 708-724. Wittmann: Nachdrucker; Ungern-Sternberg: Schriftsteller, S. 157/158. Das Bild meiner Arbeit und Sorgen, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 6, S.621.

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Nachdem bekenne ich nochmals, daß der angezeigte Nachdruck meiner Pomona mich schmerzte. - Der Mann, der es unternahm, und die, welche Theit daran haben, mögen durch dieses Bekänntniß ihre Freude ganz gemessen. Viele der besten edelsten Menschen von Teucschland haben an einem unverdienten Leiden Antheil genommen und nahmen Antheil an der Erholung, welche Pomona mich hoffen ließ. Diese Hoffnung wird untergraben - meine Glückwünsche brauchen die Unternehmer wohl nicht, und ich kann sie ihnen auch nicht geben. 174

Wer den Nachdruck der Pomona besorgte, ist nicht bekannt. Da die Zeitschrift nicht in Norddeutschland und nicht bei einem der einflußreichen sächsischen Verleger erschien, wird es sich kaum um eine Racheaktion süddeutscher oder österreichischer Reichsbuchhändler gehandelt haben. Es wäre im Gegenteil sogar theoretisch denkbar, daß die Nachdrucke von einem mächtigen norddeutschen Verleger veranlaßt wurden, denn selbstverlegte Werke waren manchen Buchhändlern ein Dorn im Auge.175 Dies sind jedoch lediglich Spekulationen, Sicher scheint hingegen, daß der schnelle Verkaufserfolg der Pomona den Nachdruck als ein lukratives Geschäft erscheinen ließ. Wahrscheinlicher, als daß eine von einer Frau herausgegebene Frauenzeitschrift in die wirtschaftspolitischen Kämpfe des Buchhandels verwickelt wurde, erscheint es, daß hier lediglich finanzielle Interessen im Spiel waren. Zu berücksichtigen ist ferner, daß die Nachdrucke für eine noch größere Verbreitung der Monatsschrift sorgten. Die Höhe der regulären Auflage der Pomona und ihr Absatz sind nicht genau überliefert. Die Subskribentenliste, die nicht vollständig war und keine Mehrfachbestellungen verzeichnete, sowie die Angaben über Verluste machen es wahrscheinlich, daß Sophie von La Röche über 1000 Exemplare, vielleicht sogar 1500 Exemplare drucken ließ.176 Die fürstlichen Zuwendungen, die Unterstützung durch befreundete Literaten und die begeisterten Reaktionen von Leserinnen deuten darauf hin, daß die Monatsschrift zumindest im ersten Jahr für die bekannte Schriftstei-

Unterstützung« ein extra Bändchen mit allen in der Zeitschrift je erschienenen Liedkompositionen und Notenbeilagen. Anzeige, in: HC, Jg. 1780, Beylage zu Nr. 184 vom 17.11.1780,0.8. 174 Versuch einer Antwort auf die sonderbare Fragen: Von was ich gerne rede - was ich gerne sehe - und was mich seit zwcy Monaten am meisten schmerzte und freute?, in: Pomona, 1. Jg. (l783), Heft 7, S.623-657, hier S.657. 175 Philipp Erasmus Reich halte zum Beispiel 1773 mit einem Nachdruck von Klopstocks Gelehrtenrepublik gedroht: »Gesetzt nun, wenn man der Republik des Herrn Klopstocks eine Republik der Buchhändler entgegensetzte? Wenn man die brauchbaren Artikel sofort noch correkter und schöner, als die Originale wären, nachdruckte und sie dem Publico um die Hälfte des Preises anböte?« (Philipp Erasmus Reich: Zufällige Gedanken eines Buchhändlers (1773), zit. n. Widmann, S.115), Tatsächlich erschienen Nachdrucke des Werks auf dem Markt. Eine entsprechende Sorge Sophie von La Roches könnte also auch ein Grund für ihren auffällig unterwürfigen Ton in den Briefen an Reich gewesen sein. Zu den Sanktionen des etablierten Buchhandels gegen Selbstverleger vgl. auch Wittmann: Geschichte, S, 148-159. 17n Diese Schätzung hält auch der Reprintherausgeber für realistisch, Vorderstemann, S. XXXIII.

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lerin auch ein geschäftlicher Erfolg war. Hinzu kamen in den Folgejahren Gewinne aus mehreren Übersetzungen. Johann Heinrich Merck übertrieb allerdings etwas, wenn er 1783 behauptete, »alle Königinnen des Erdbodens« bedankten sich bei Sophie von La Röche, die Zeitschrift werde ins Englische, Französische und Italienische übersetzt, habe 1500 Subskribenten, und die Verfasserin mache in diesem ersten Jahr 3000 Gulden »netten Gewinst«.177 Noch viele Jahre später war er von den guten Absatzchancen des Frauenjournals dermaßen überzeugt, daß er zusammen mit Sophie von La Röche eine Neuauflage ins Auge faßte. Bevor dieser Plan jedoch in die Tat umgesetzt werden konnte, nahm sich Merck das Leben, Sophie von La Röche, die - wie im l S, Jahrhundert unter Gebildeten altgemein üblich - den Selbstmord scharf verurteilte, schrieb an ihre Freundin, Gräfin Elise zu Solms-Laubach: Der elende Auftritt, welchen der Kriegsrat Merck aus der Welt nahm, hat mir unangenehme Arbeit zugezogen, in dem ich wegen einer neuen Auflage meiner Pomona mit ihm verwickelt wurde.17*4

Der Plan einer Neuauflage ist insofern verwunderlich, als nach dem Ende der Pomona noch erhebliche Restbestände vorhanden waren. Insbesondere im zweiten Jahr war der Absatz nicht so gut verlaufen, wie anfangs gehofft. So erschien 1787 in Sophie von La Roches Tagebuch einer Reise durch die Schweiz eine Anzeige, derzufolge das Frauenjournal noch »in Menge zu haben« sei.1™ Als die Schriftstellerin 1793 in finanziellen Schwierigkeiten war, bat sie den preußischen König Friedrich Wilhelm 1I„ ihr 100 Exemplare beider Jahrgänge abzukaufen, und die Landgräfin von Hessen-Darmstadt um entsprechende Fürsprache.1BD Ihre Initiative gelang, sie erhielt vom preußischen König 100 Friedrichsd'or,1*1 Die Schriftstellerin zeigte sich also auch noch in späteren Jahren, als ihr Ruhm bereits erheblich verblaßt war, ausgesprochen geschäftstüchtig. Ob sie 1783/1784 ihre Kompetenzen bewußt an keinen 177

Johann Heinrich Merck an Herzog Carl August von Sachsen-Weimar am 15.8.1783, abgedruckt in: ders.: Briefe, hg. v. Herbert Kraft, Frankfurt 1968, Nr.242, S.405/406, hier S.406. 178 Sophie von La Röche an Elise zu Solms-Laubach am 20. Juli 1791, abgedruckt in; Kurt Kampf (Hg.): Sophie LaRoche. Ihre Briefe an die Gräfin Elise zu Solms-Laubach 17871807, Offenbach 1965, Nr.73, S.39. m Zit. n. Vorderstemann, S. XXX. tHO An ihren Freund, den Erzieher der Erbprinzen von Hessen-Darmstadt Georg Wilhelm Petersen, schrieb sie in einem Brief: »Der König sprach mir gnädig von meinen Werken, und ich bitte um die einzige Gnade, 100 Exemplare von den zwei Jahrgängen der Pomona als zur Erziehung der Töchter geschriebenen Büchern von mir zu kaufen. Ich bin in Umständen voll Kummer, woraus der edelmütig bezahlte Preis dieser 100 Exemplare ä fünf Taler das Exemplar zu sechs Bänden mich ziehen würde. Der König macht so viele Tausende glücklich, ist so gut. Die Frau Landgräfin, ihre Frau Mutter, die zwei so glücklich blühende Prinzessinnen von Mecklenburg haben Güte, haben mich Güte versichert und Güte erzeigt. Ach mein Freund! helfen Sie mir, diese teutsche Fürstinnen zu einer großmütigen Fürbitte für mich zu bewegen.« Sophie von La Röche an G. W. Pe terse n am 10.4.1793, abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr.218, S.350/351, hier S.351. t!il Vgl. Sophie von La Röche an G.W. Petersen am 26.6.1793, abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr. 220, S, 354. Ein Friedrichsd'or entsprach 5 Talern. Sophie von La Röche erhielt also genau den »edelmütig bezahlten« Preis, den sie verlangt hatte, 277

Verleger abtrat oder die Pomona notgedrungen bzw. auf Geheiß ihrer Ratgeber im Selbstverlag herausbrachte, ist ungewiß. Auf jeden Fall traute sie sich einen solchen Schritt zu und hatte damit, trotz aller Probleme, die sich auftaten, ganz offensichtlich auch einigen Erfolg. 2.2 Die Probleme Charlotte Hezels mit dem Postvertrieb Auch Charlotte Hezel brachte ihr Frauenjournal, das Wochenblatt für's Schöne Geschlecht, im Selbstverlag heraus, allerdings unter erheblich schwierigeren Bedingungen als Sophie von La Röche. Zunächst einmal war sie literarisch gänzlich unbekannt und fand daher weniger Aufmerksamkeit und Protektion. Einzelne Bekannte von ihr und ihrem Mann erklärten sich zwar bereit, als Koüekteure zu wirken, aber sie alle waren weder hochadlig noch prominente, einflußreiche Literaten. 182 Außerdem erschien dieses Frauenjournal zweimal wöchentlich, mußte also sehr viel häufiger als eine Monats- oder Quartalsschrift gedruckt und nach Möglichkeit auch vertrieben werden. Der Druck erfolgte nicht am Wohnort der Herausgeberin; die Versendung sollte im wesentlichen per Post geschehen. Um ihr Zeitschriftenprojekt finanzieren zu können, verlangte Charlotte Hezel von ihren Abonnenten Vorausbezahlung. Für die Werbung solcher Leserinnen und Leser reichte in ihrem Fall eine bloße Absichtsbekundung nicht aus. Sie verfaßte daher einen Werbetext, den sie potentiellen Kollekteuren zusandte. Ein Brief an den ihr bis dahin persönlich unbekannten Augsburger Hofrat Georg Wilhelm Zapf zeigt anschaulich, in welch anderem Ton als die berühmte Romanschriftstellerin Sophie von La Röche die junge Charlotte Hezel um Unterstützung bat: Auf Anrathen meines Mannes, des Hofrath Hezels, welcher sich Euer Wohlgebohrn gehorsamst empfehlen laßt, beschwere ich Euer Wohlgebh. mit der gehorsamsten Bitte, das beiliegende Avertissement, worinnen ich ein Wochenblatt für's Frauenzimmer ankündigen lasse, zu Augsburg, unter die vorzüglichsten Familien vertheilen u. überhaupt in diesigen Gegenden möglichst bekannt machen zu fassen und mich durch Ihre gütige Empfehlung

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Neben Hofrat Zapf in Augsburg war auch ein Professor Faber in Ansbach mit Abonnentinnenwerbung befaßt. Sie beide bezeichnete Charlotte Hezel im Wochenblatt als zwei ihrer »fürtreflichsten Freunde« (Etwas zur Nachricht für die Leserinnen und Leser meines Wochenblatts zu Anspach und Augsburg und in dasigen Gegenden, in: WfSG, 44. Stück, S. 346-349, hier S.346). In einer Ankündigung der Zeitschrift wurden außerdem drei weitere Privatpersonen genannt, an die Interessierte sich wenden könnten; eine Frau Canzellistinn Ranis in Eisenach, ein Professor Briegleb in Coburg und ein Magister Merz in Rothenburg ob der Tauber (Nachricht, in: HC, Jg. 1779, Nr.70 vom 1.5.1779, o.S.), Trotz mangelnder Kontakte zu höfischen Kreisen fand Charlotte Hezel immerhin sechs fürstliche Abonnentinnen, von denen die Herzogin von Mecklenburg-Schwerin gleich drei und die regierende Fürstin von Hohenlohe-Neuenstein zwei Exemplare des Wochenblatts bestellte (vgl. Kap. IV.2.1), Ihrerseits nutzte die Herausgeberin die Öffentlichkeit des Wochenblatts zur Sammlung von Subskribenten für Klopstocks Neuauflage des Messias, Hier handelte es sich jedoch offensichtlich nicht um eine freundschaftliche Gefälligkeit, sondern um einen kleinen Nebenverdienst. Nachricht, in: WfSG, 7. Stück, S. 56.

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meines Vorhabens mit recht vielen Leserinnen und Häusern meines Wochenblatts zu erfreuen, Pardonnieren Sie mir meine Dreistigkeit, welche sich auf die, mir gemachte Schilderung Ihres edlen Charakters gründet. 183

Das gleiche oder ein ähnliches Avertissement ließ sie auch als Anzeige in Zeitungen und Intelligenzblätter einrücken. 184 Darin skizzierte sie nichi nur den geplanten Inhalt, sondern nannte außerdem die Adressen, wo die beiden ersten Stücke kostenlos als Probeblätter zu bekommen waren und Interessierte sich für eine Pränumeration einschreiben konnten. Neben wenigen Privatpersonen waren dies vor allem Postämter und deren Zeitungsexpeditionen sowie vier »Addreß-« bzw. »Intelligenz-Comtoire«. Außer Buchhändler Keyser in Erfurt, dem Drucker des Wochenblatts, wurde keine einzige Buchhandlung angeführt. 1 ** 5 Der Vertrieb dieser zweiten von einer Frau herausgegebenen Frauenzeitschrift erfolgte also noch ausgesprochen unprofessionell und abseits der Distributäonswege des Buchhandels. Das brachte erhebliche Probleme mit sich und führte letztlich zu einem relativ schnellen Ende des recht ungewöhnlichen Presseprojekts. Das »Kayserl. und Chur=Sächs. Postamt zu Ilmenau im Hennebergschen« habe die »Hauptversendung« des Wochenblatts übernommen, hieß es in der Ankündigung. Die auswärtigen Postämter, Comtoire und privaten Kollekteure sollten ihre Pränumeranten also an dieses Postamt oder an Herrn Hofrat Hezel melden. Darüber hinaus war geplant, die Zeitschrift zweimonatsweise zu Heften gebunden in Buchhandlungen zum Verkauf anzubieten. 186 Eine öffentliche Entschuldigung der Herausgeberin bei ihren Leserinnen und Lesern in Augsburg und Ansbach im 44. Stück des Wochenblatts dokumentiert, wie der Postvertrieb organisiert war und welche Hindernisse dabei auftauchen konnten. Bis zu diesem Zeitpunkt habe sie regelmäßigeigenhändig Postpakete mit der jeweils vereinbarten Anzahl von Wochenblatt-Exemplaren gepackt und sie teils wöchentlich, teils monatlich an ihre Kollekteure geschickt, erklärte Charlotte Hezel ihrem Publikum. Dort hätten diese die Zeitschrift an die gewonnenen Abonnentinnen weitergeleitet. Das Porto für die Beförderung habe sie an das Postamt in Ilmenau gezahlt,187 Nun hätten sich jedoch 110

Charlotte Hezel an G.W. Zapf am 1.2.1779, SStB Augsburg, 2° Cod. Aug. 419, fot. 137rv. Die einzige abgedruckte Ankündigung, die bei einer unsystematischen Suche gefunden werden konnte, ist die bereits genannte im Hamburgischen Correspondenten. Es kann jedoch als sicher gelten, daß Charlotte Hezel ihre Anzeige noch in weiteren Presseorganen erscheinen ließ. ISÄ In der Pränumerantenliste findet sich später ebenfalls kein Buchhändler, obwohl man laut Ankündigung das Blatt »in allen Buchhandlungen Deutschlands« bestellen konnte. Nachricht, in: HC, Jg. 1779, Nr.70. o.S. im Ebd. !!!7 Etwas zur Nachricht für die Leserinnen und Leser meines Wochenblatts zu Anspach und Augsburg und in dasigen Gegenden, in: WfSG, 44. Stück, S. 346-349, hier S.346/347. Mit Zapf in Augsburg hatte Charlotte Hezel gleich zu Anfang, als sie die von ihm bestellten 12 Probeblätter und das Freiexemplar für seine »Frau Gemahlin« auf den Weg brachte, folgende geschäftliche Vereinbarung getroffen; »Fürs Porto will ich stehen und freilich noch lieber, wenn sich die Augspurg'schen Subskribentinnen zur Zahl 2 oder 3 mal zwölf mehr1IM

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ihre beiden Verbindungsmänner in Augsburg und Ansbach bei ihr beschwert, daß sie ihre Pakete nicht oder zumindest nicht pünktlich bekämen und ihre Kundinnen warten lassen müßten. Ihr sei dies höchst unangenehm, doch treffe sie keine Schuld, da sie - wie das Postamt in Ilmenau bezeugen könne - die Sendungen immer regelmäßig, nach Ansbach einmal die Woche, nach Augsburg einmal im Monat losgeschickt habe. Sie habe deswegen Nachforschungen angestellt und von der Kaiserlichen Reichs-Oberpostamts-Zeitungs-Expedition in Nürnberg folgende schriftliche Antwort erhalten: Auf Dero lezteres anhero erlassenes Schreiben hat Endes unterzeichnete die Ehre, wiederhohlt zu melden, daß, ohne sich einzulassen, ob das angebliche Porto für die Paquete nach Augsburg und Anspach an seine Behörde nach der vorgeschriebenen taxa verrechnet werde, diese bemeldte und ferner hieher kommende dergleichen Paquete dahier zurükgelassen werden, aus der Ursach, weil Zeitungen darinnen sind, wessen Spedition und die daraus sich ergebende Emolumenten denen Ober-Post-Ämtern in panem Salarii angewiesen sind.™

Die Zeitungs-Expedition des Nürnberger Oberpostamts beanspruchte also, daß sie allein für die Auslieferung von Presseerzeugnissen in Nürnberg und Umgebung zuständig sei und nur ihr eine entsprechende Gewinnbeteiligung zustehe. Die entging ihr, wenn private Kollekteure die Endverteilung besorgten. Charlotte Hezel zeigte sich empört über das Vorgehen des Nürnberger Oberpostamts und zugleich unnachgiebig. Es gebe andere Wege, die Pakete zu befördern, die Zeitungsexpedition werde »ihren Endzwek« gewiß nicht erreichen, verkündete sie.lii9 Dabei wird nicht ganz deutlich, warum sie die Zusammenarbeit mit privaten Kollekteuren keinesfalls aufgeben wollte. Vielleicht fühlte sie sich gegenüber den beiden Männern verpflichtet, die für ihr Wochenblatt geworben hatten. Vielleicht war aber auch die Gewinnbeteiligung, die die Zeitungsexpedition forderte, höher als der Rabatt, den sie den Koilekteuren in Form von Freiexemplaren einräumte. In ihrer öffentlichen Erklärung vor dem Publikum jedenfalls argumentierte sie mit dessen mutmaßlichem Interesse. Die Augsburger und Ansbacher Interessenten würden sich gewiß »schwehrlich darzu verstehen«, den »vorgeschlagenen Weg zu betreten« und sich von der Nürnberger Zeitungsexpedition beliefern lassen, vermutete sie. Diese Annahme legt nahe, daß in einem solchen Fall die Empfänger die Zustellungskosten hätten tragen müssen. Lieber wolle sie die Stücke des Wochenblatts gebündelt alle ein bis

ten. - Ging es denn nicht an, daß ich die Stükke monatlich schikte? - Die Pränumerationsscheine stellen Sie nur, mein bester Herr Hofrath, aus. Mein Mann, welcher sich Ihnen gehorsamst empfehlen und versichern läßt, daß er nicht jaloux sei, wenn Sie mir Ihre Freundschaft versichern, welche von so guter Art und so thätig ist, gibt Ihnen dann über den Empfang der ganzen Summe eine Hauptquittung.« Charlotte Hezel an G.W. Zapf am 10.4.1779, SStB Augsburg, 2° cod. Äug, 419, fol. 139rv. Zit. nach: Etwas zur Nachricht für die Leserinnen und Leser meines Wochenblatts zu Anspach und Augsburg und in dasigen Gegenden, in: WfSG, 44. Stück, S. 346 -349, hier S.347/ 348. Ebd., S. 348. 280

zwei Monate »durch Gelegenheit«, also nicht per Post, sondern vermutlich durch Reisende, nach Süddeutschland befördern lassen.1"0 Aus einem Brief Charlotte Hezels an Georg Wilhelm Zapf geht hervor, daß sie vom 44. Stück des Wochenblatts nur vier Exemplare per Host an ihn schickte in der Hoffnung, das Nürnberger Postamt werde bei einem so kleinen Paket keinen neuerlichen Verdacht schöpfen. Damit ihre Rechtfertigung und die Ehrenrettung der Kollekteure zu den Leserinnen in Augsburg durchdrang, ließ sie außerdem dieses Mal den Bedienten ihres Mannes die Adresse schreiben und benutzte beim Versiegeln nicht ihr persönliches Petschaft. !yi Charlotte Hezels öffentlicher Erklärung zufolge waren es ausschließlich die Schwierigkeiten mit dem Postvertrieb, die sie im Dezember 1779 bewogen, das Wochenblatt nach acht Monaten einzustellen. Auf dem Umschlag des vierten Heftes erschien folgende Mitteilung: Mit diesem vierten Hefft ist also mein Wochenblatt für dieses Jahr zu Ende! Es künftig noch fortzusezzen, ist der Wunsch meiner Freunde, und es könnte auch, bei einer Anzahl von Abonnenten, die immer ansehnlich gnug ist, gar füglich geschehen; an Materialien, mit denen ich allenfalls selbst noch besser zufrieden sein könnte, als mit den bisherigen, fehlt es auch nicht; allein die Verdrießlichkeiten, die mir dieses Jahr durch einige resp, Ober= und Postämter wegen der Versendung zugewachsen sind, haben mir alle Lust zur weitern Fortsezzung, wenigstens zur wöchentlichen Fortsezzung und Versendung, benommen. 192

Charlotte Hezel ließ hier noch offen, ob sie eventuell auf eine vierteljährliche Erscheinungsweise umstellen und das Blatt unter einem veränderten Titel neu herausbringen werde. Schließlich hatten die wenigsten ihrer Leserinnen ihr Wochenblatt tatsächlich zweimal wöchentlich in die Hände bekommen. Zu einer solchen Fortsetzung ist es dann allerdings nie gekommen. Alle Herausgeberinnen nach ihr haben ihre Frauenjournale denn auch gleich als Monats- oder Quartalsschriften konzipiert. Die Leserinnen konnten auch diese Blätter über ein Postamt abonnieren und beziehen. Wie die erhaltenen Subskriptionsaufrufe und Subskribentenlisten zeigen, schalteten sich aber immer mehr Buchhandlungen in den Vertrieb ein. Der Selbstverlag und das auf persönlichen Bekanntschaften beruhende Kollekteurswesen ermöglichten zwar in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch Neulingen einen Einstieg ins literarische Geschäft, Die Subskription als eine Form der Sammelpatronage förderte außerdem die Bildung von Lektürekreisen und schuf zumindest symbolisch einen Zusammenhalt zwischen der Leserschaft und der Autorin bzw. dem Autor. Je größer und breiter aber das lesende Publikum wurde und je stärker die Buch- und Zeitschriftenproduktion anstieg, desto weniger konnte diese Distributionsform gegenüber dem kommerziellen Buchhandel bestehen. Bekannte VerJeIMU m

in

Ebd., S. 348/349, Charlotte Hezel an G.W. Zapf am 26.9.1779, SStB Augsburg, 2° Cod, Aug. 419, fol, 143f144V. Die fehlenden Exemplare erhalte Zapf spätestens am Ende des Jahres »durch Leipziger Neujahrs-Messgelegenneit«. An meine L.L., in: WfSG, Umschlag des vierten Heftes, o.S. (vorm 53. Stück). Zu den Zweifeln der Forschung an dieser Darstellung vgl, Kap. II.2.2.

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ger wurden allmählich zum Gütesiegel für Schriften, die Lesenden zogen es zudem vor, sich in dem immer vielfältigeren Angebot selbst zu orientieren, statt auf bloße Ankündigungen hin ein Abonnement abzuschließen. Es wird zu fragen sein, inwieweit diese Kapitalisierungstendenzen des literarischen Marktes es Frauen in der Folgezeit erschwerten, sich mit einer eigenen Frauenzeitschrift innerhalb der wachsenden Konkurrenz zu behaupten, 2.3 Der Konflikt der Ehrmanns mit der Cottaischen Verlagsbuchhandlung Die heftigen Streitigkeiten zwischen dem Ehepaar Ehrmann und der Cottaischen Verlagsbuchhandlung waren vielleicht nicht alltäglich und sind insofern nicht repräsentativ, doch zeigen sie höchst eindrücklich, zu welch vielfältigen Problemen es kommen konnte, wenn eine Herausgeberin sich gegen den Selbstverlag entschied und ihre Zeitschrift einem professionellen Verleger übergab. Die Quellenlage läßt zwar keine lückenlose Rekonstruktion des Konflikts zu, ist aber trotzdem immer noch ausgesprochen günstig, um Verlagsgeschichte zu studieren. So sind in diesem Fall nicht nur der Kontrakt mit einigen Nachträgen und Zusatzvereinbarungen sowie ein langer Brief Theophil Friedrich Ehrmanns, in dem sich dieser ausführlich zu Vorwürfen der Verlagshandlung äußerte, erhalten. Da der Streit von beiden Parteien in die Öffentlichkeit getragen wurde und zu einer Aufkündigung der Geschäftsbeziehung sowie der Gründung zweier neuer Frauenzeitschriften führte, erschienen zudem in beiden Nachfolgeblättern Stellungnahmen und Schuldzuweisungen. Marianne Ehrmanns Darlegung des Konflikts fiel sehr viel knapper aus als die umständliche Schilderung des Cotta-Verlags, Dafür kamen zur gleichen Zeit mindestens zwei Verteidigungsschriften für sie heraus, die eine unterzeichnet von einer anonymen Leserin, die andere von einem gewissen Meiburg, der sich selbst als französischer Bürger in Straßburg titulierte. 143 Beide beteuerten, aus eigenem Antrieb die Rehabilitierung der Herausgeberin zu unternehmen. Es wäre allerdings durchaus denkbar, daß entweder die Ehrmanns sie um eine solche Erklärung gebeten hatten oder diese Personen fiktiv waren, zumal insbesondere »Meiburg« über detaillierte Kenntnisse des Streits verfügte. Die Darstellungen beider Seiten widersprechen sich, wie bei Feindseligkeiten nicht anders zu erwarten, erheblich. Sie werden im folgenden miteinander konfrontiert und gegeneinander abgewogen. Zunächst hatte Marianne Ehrmann ihre Monatsschrift Amaliens Erholungsstunden selbstverlegt. Zum Ende des Jahres 1789 verschickte sie zahlreiche Ankündi-

Der Text von Meiburg datiert vom Dezember 1792 und wurde vermutlich als Sonderdruck an die Leserinnen versandt. Offenbar war er einigen gebundenen Exemplaren der Einsieditrinn aus den Alpen beigefügt, denn dort fand ihn Edith Krull noch vor 1939 und druckte ihn ungekürzt ab. Da ich kein Original mehr einsehen konnte, beziehe ich mich auf diese Fassung. Meiburg; An die Leserinnen des Journals Amaliens Erholungsstunden betitelt. Eine Notwehr für die boshaft angegriffene Verfasserin und ihren Gatten, zit. bei Krull, S. 260-265.

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gungen und bat die Empfänger, ihr Blatt bekannt zu machen und Subskribentinnen zu sammeln. i

Vgl. Kap. IV. 3.2. Paul Raabe bezeichnet Johann Friedrich Cotta als »erfolgreiche[n] Großunternehmer« mit »frühkapitalistische[r] Grundhaltung«. Raabe: Bild des Verlagswesens, S. 130. 305

sätzliche Fragen des Alltags in den höheren Ständen. Dabei war es durchaus möglich, daß diese Motive das Kaufinteresse überlagerten, daß zum Beispiel der Wunsch, der Schriftstellerin oder dem befreundeten Kollekteur einen Gefallen zu tun, deutlich im Vordergrund stand. Die Leserinnen konnten nicht nur mit anderen, ihnen bereits bekannten Bezieherinnen der Zeitschrift über das Gelesene debattieren, sie sahen sich von den Herausgeberinnen darüber hinaus aufgefordert, sich im Blatt vor dem versammelten Lesepublikum zu Wort zu melden. Eine ganze Reihe von Frauen folgte im späten 18. Jahrhundert dieser Einladung und veröffentlichte erstmals - anonym, unter Pseudonym, cntschlüsselbaren Initialen oder sogar dem vollen Namen - einen eigenen literarischen Text, eine räsonierende Stellungnahme oder einen Leserbrief. Zumeist erhielten sie dafür noch keine regelrechte Bezahlung, die vereinzelt gewährten Honorare besaßen noch weitgehend den Charakter ehrenvoller Auszeichnungen, Da aber noch kaum jemand allein mit dem Schreiben seinen Lebensunterhalt erwirtschaftete, stand dies einer weiteren literarischen Beschäftigung keineswegs entgegen. Die Zeitschriften boten eine ausgesprochen günstige Einstiegsmöglichkeit ins literarische Geschäft. Gelegenheitsautorinnen konnten hier Erfahrungen sammeln, schrittweise ihre Identität lüften und sich allmählich auf dem literarischen Markt einen Namen machen. Bei Frauenzeitschriften waren sie besonders willkommen, und weibliche Herausgeber werden für viele für den Hausgebrauch schreibende Frauen die Hemmschwelte, mit ihren Produkten an eine größere Öffentlichkeit zu treten, gesenkt haben. Mit dem wachsenden Lesepublikum und der enormen Expansion der literarischen Produktion veränderten sich jedoch auch die Produktionsbedingungen für Zeitschriften ganz erheblich. Statt an einen identifizierbaren Kreis Gleichgesinnter mußte sich ein Frauenjournal nun verstärkt an das anonyme Publikum wenden, dessen Geschmack treffen und sich gegenüber ähnlich gemachten Periodika durch Originalität, Neuheit, berühmte Autorennamen oder eine besondere Ausstattung und Aufmachung auszeichnen. Bessere Chancen als die durchgehend im gleichen Ton der All ei n-Verfasserin räsonierenden Schriften hatten Magazine, die den Leserinnen ein breites Spektrum an Themen, Genres, Stilen und Namen boten. Die Herausgeberinnen benötigten also immer mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vor allem solche, die bereits populär waren und infolgedessen eine gewisse Werbewirkung für ihr Blatt entfalten konnten. Gerade diesen mußten sie aber ein Honorar zahlen, ebenso Kupferstechern und Komponisten, wenn sie ihre Journale auf diesem Weg attraktiver machen wollten. Eine kostspielige Herstellung verlangte um so mehr nach Vorfinanzierung durch einen Verleger, Und auch der Vertrieb konnte immer weniger außerhalb der etablierten Distributionswege des Buchhandels erfolgen. Die Gruppe potentieller Käufer war nun größer, weiter verstreut und nicht mehr über persönliche Kontakte zu mobilisieren. Je renommierter eine Verlagshandlung war, über desto vielfältigere Geschäftsverbindungen verfügte sie und desto stärker galt sie den Buchhändlern und Kunden als Gütegarantie für ein Werk. Dilettantismus hatte auf dem sich kapitalisierenden und kommerzialisierenden literarischen Markt kaum noch eine Chance. Das Buch und die Zeitschrift wurden zur Ware, und die an ihrer Herstellung und Verbreitung beteiligten Menschen arbeite306

ten für ihren Erwerb, machten also das Schreiben, Redigieren, Publizieren, Verlegen, Vertreiben und Verkaufen zu ihrem Beruf. Immanuel Kant hat in einem Brief an den Berliner Verleger Friedrich Nicolai diese Entwicklung nüchtern und illusionslos folgendermaßen beschrieben: Die Buchmacherei ist kein unbedeutender Erwerbszweig in einem der Cultur nach schon weit fortgeschrittenen gemeinen Wesen; wo die Leserei zum beinahe unentbehrlichen und allgemeinen Bedürfniß geworden ist. - Dieser Theil der Industrie in einem Lande aber gewinnt dadurch ungemein: wenn jene fabrikenmüßig getrieben wird; welches aber nicht anders, als durch einen den Geschmack des Publicums und die Geschicklichkeit jedes dabei anzustellenden Fabrikanten zu heuriheiten und zu bezahlen vermögenden Verleger geschehen kann. - Dieser bedarf aber zu Belebung seiner Verlagshandlung eben nicht den inneren Gehalt und Werth der von ihm verlegten Waare in Betrachtung zu ziehen: wohl aber den Markt, worauf, und die Liebhaberei des Tages, wozu die allenfalls ephemerischen Producte der Buchdruckerpresse in lebhaften Umlauf gebracht und, wenn gleich nicht dauerhaften, doch geschwinden Abgang finden können. 2 * 7

Frauen waren von der Produktion solcherart marktgängiger Literatur keineswegs ausgeschlossen, im Gegenteil. Weiblichen Autoren traute man allemal eher zu, Unterhaltungs- und Gebrauchsliteratur nach der Mode zumal für ein weibliches Publikum schreiben zu können als Werke von hohem künstlerischen Wert und überzeitlicher Gültigkeit für eine kleine kunstverständige Elite.288 Die Zahl weiblicher Autoren nahm denn auch kontinuierlich zu, und in den periodischen Schriften erschienen weiterhin Beiträge von Frauen. Ats Herausgeberinnen von eigenen Frauenzeitschriften traten sie jedoch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nur noch höchst vereinzelt und wenig erfolgreich in Erscheinung. Wie erklärt sich das? Ein Blick auf die Programme und Zielsetzungen der Frauenzeitschriften 289 zeigt, daß es nicht sonderlich weit führt, die Gründe allein auf inhaltlichem Gebiet zu suchen. Die Herausgeberinnen schrieben mit am spätaufklärerischen Diskurs über Weiblichkeit, und sie nahmen dabei keineswegs so radikale, kämpferische Positionen ein, als daß die in der literarischen Öffentlichkeit dominierenden Männer sich hätten provoziert fühlen müssen, diese Stimmen zum Schweigen zu bringen. Dagegen erweist eine Untersuchung von Redaktion, Verlag und Vertrieb, daß die Professionalisierung und Kommerzialisierung des Literaturbetriebs bei der Verdrängung selbständiger Publizistinnen offenbar eine bedeutsame Rolle spielten. An der Entstehung des literarischen Marktes hatten Frauen sehr wohl teil, auf jeden Fall als Leserinnen, aber auch als Autorinnen und Herausgeberinnen, wenn sie hier auch gegenüber Männern ganz deutlich in der Minderzahl waren. Das stän-

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Immanuel Kant; Über die Buchmacherei. Zwei Briefe an Herrn Friedrich Nicolai (1798), in: Kants Werke. Akademie-Textausgabe, Berlin 1968, Bö.8, S, 431 -438, hier S.436. Zu einer entsprechenden Zweiteilung der literarischen Öffentlichkeit zum Ende des 18. Jahrhunderts vgl. Christa Bürger: Literarischer Markt und Öffentlichkeit am Ausgang des 18. Jahrhunderts in Deutschland, in: dies./Peter Bürger/Jochen Schulte-Sasse (Hg,): Aufklärung und literarische Öffentlichkeit, Frankfurt/M. 1980, S, 162-212. bes. S. 162-173. 2IW Vgl, Kap. II.

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dische Ideal »poetischer Nebenstunden« kam ihnen entgegen und ermöglichte es ihnen, ihre literarische Beschäftigung gegenüber der Öffentlichkeit als mußevolle Nebentätigkeit zu deklarieren, die mit weiblichen Berufspflichten durchaus vereinbar sei. War diese erste Etappe erst einmal geschafft, überschritten einige von ihnen mehr oder weniger offenkundig und mit unterschiedlichen Rechtfertigungsstrategien die Grenze des Dilettantismus und schrieben für ihren Unterhalt.290 Diesen konnten sie nicht ausschließlich durch ihr Journal bestreuen, doch das war auch kaum notwendig, verfügten sie und ihre Familie doch in der Regel über diverse weitere Einkünfte. Mit der Zeit wurde es dann aber immer schwieriger, Zeitschriften weitgehend allein zu verfassen und im Selbstverlag herauszubringen. Um für eine Verlagshandlung und für das Publikum vielversprechend zu erscheinen, wurden ein bekannter Name und ein prominenter Redaktionsstab immer wichtiger. Über beides verfügten Frauen sehr viel seltener als ihre männlichen Kollegen.291 Gleichzeitig konnten sie vor der Öffentlichkeit eine so rege publizistische Tätigkeit immer schlechter als eine schöngeistige Nebenbeschäftigung ausgeben. Überhaupi wurden Nebentätigkeiten und -einkünfte mit der Auflösung der Ständegesellschaft zunehmend abgewertet gegenüber einer exklusiven, außerhäuslichen Berufsarbeit des bürgerlichen Mannes, dem nun immer häufiger Titel und Ehre eines scheinbar alleinigen Familien-»Ernährers« zuerkannt wurden.21*2 Dies alles scheint dazu geführt zu haben, daß sich schreibende Frauen seit der Jahrhundertwende auf dem Zeitschriftenmarkt fast nurmehr als Beiträgerinnen betätigten und ansonsten auf einige wenige, für sie aussichtsreichere literarische Gat-

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wi

vfl

Die Bedeutung der Frauenzeitschriften für eine Etablierung und Professionalisierung schreibender Frauen hat zuerst Ruth Dawson erkannt; »The women editors helped extend the role of literature as a way a woman could earn a living. Much as women writers might be criticized, theirs was the first profession open to modern women that did not jeopardize their class status. But most of all, by joining this part of the literary enterprise, the publication of journals, the women editors extended the active participation of their sex in literary life. Women had already become important and influential as readers. Now they were widening their direct contribution to literature and culture as writers and editors. It was a vital step.« Dawson: Women (Belgique), S. Ill, Neben Cottas Flora mit ihren zahlreichen namhaften Beiträgern behauptete sich vor allem das Leipziger Taschenbuch für Frauenzimmer zum Nutzen und Vergnügen herausgegeben von »Franz Ehrenberg« [das war Georg Carl Claudius] und erschienen im Böhme-Verlag viele Jahre erfolgreich auf dem literarischen Markt, von 1784 bis 1816. Äußerst prominente Herausgeber mit entsprechenden Kontakten hatte vor allem das Journal für deutsche Frauen, 1805 und 1806 verantwortet von Christoph Martin Wie land, Friedrich Schiller, Friedrich Rochtitz und Johann Gottfried Scume und verlegt bei Göschen in Leipzig. Es waren genau die in der Professionalisierungsforschung ausschließlich betrachteten männlichen Expertenberufe mit in der Regel akademischer Ausbildung, die seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert entstanden und in Deutschland die Grundlage dafür legten, das hausökonomische Denken abzulösen und durch das Famtlienernährer-Modell zu ersetzen. Zürn Ernährer-Modell vgl. Karin Hausen: Frauenerwerbstätigkeit und erwerbstätige Frauen. Anmerkungen zur historischen Forschung, in: Gunüla-Friederike Budde (Hg.): Frauen arbeiten - Weibliche Erwerbstätigkeit in Ost- und Westdeutschland nach 1945, Göttingen 1997, S. 19-45.

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tungen beschränkten. Hinzu kam, daß die Hochkonjunktur der Frauenzeitschriften und der belehrenden Journale insgesamt zum Ende des Jahrhunderts vorüber war. Taschenbücher und Almanache traten an ihre Stelle, daneben griffen weibliche Leser offenbar inzwischen eher zu unterhaltenden Zeitschriften, die nicht ausdrücklich ihrem Geschlecht gewidmet waren, sowie zu Modeblättern. Nur ganz wenigen Frauen gelang es im 19. Jahrhundert, bei einem solchen Unternehmen zur leitenden Redakteurin oder Herausgeberin aufzusteigen.29·1

Therese Huber redigierte von 1816 bis 1824 Cottas Morgenbian für gebildete Stände, ohne ihren Namen zu nennen, und Amalia Schoppe gab in den dreißiger Jahren die Neuen Pariser Mo de blä der heraus. Vgl. Kap. II. 2,

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IV. Das Publikum der Frauenzeitschriften

1.

Lesen in der zweiten Hälfte des 18, Jahrhunderts

Das Lesen wurde mit der Aufklärung zu einer existentiellen Beschäftigung der Gebildeten: Durch Lektüre informierte, bildete und vergnügte man sich, über das Gelesene tauschte man sich untereinander aus, debattierte, man las sich mitunter gegenseitig und in geselliger Runde laut vor, einige nahmen es zum Anlaß, Leserbriefe zu schreiben, und für Literaturkritiker schließlich war es der Stoff ihrer Rezensionstättgkeit. Das Lesen konstituierte mithin den Stand der Gebildeten, ermöglichte nicht nur Individualisierung und persönliche Vervollkommnung, sondern forcierte auch die Gruppenbildung, Durch Zeitschriftenabonnements, Bücherkauf und -besitz sowie durch Kenntnis einschlägiger Neuerscheinungen signalisierte man sich und anderen die eigene Zugehörigkeit zur Bildungselite. Der rasante Zuwachs der Buch- und Zeitschriftenproduktion in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ging einher mit einer allmählichen Ausweitung des Lesepublikums und einer Veränderung der Lektürepraxis. Das Deutsche hatte sich inzwischen als vorherrschende Literatursprache durchgesetzt, und so stand theoretisch allen Menschen, die des Lesens mächtig waren, der Zugang zur Schriftkultur offen. Ein wachsendes Angebot schuf außerdem Wahlmöglichkeiten und versprach Abwechslung. Die hohen Preise setzten zwar sowohl dem freien Zugang als auch der Inanspruchnahme eines breiten Sortiments noch enge Grenzen, doch konnten diese unter Umständen durch Gemeinschaftsabonnements, Lektürezirkel, Lesegesellschaften und Leihbibliotheken umgangen werden. Schriftlichkeit war also nicht länger nahezu ein Monopol gelehrter Männer, und so sahen denn manche von ihnen die gesellschaftliche Ordnung in Gefahr, Sie klagten über die angebliche Verbreitung einer wahllosen und oberflächlichen »Vielleserei«, sahen allenthalben eine bedenkliche »Lesesucht« oder »Lesewut« grassieren und beschworen deren gefährliche Folgen für die individuelle Gesundheit, die häusliche Glückseligkeit und das allgemeine Woh! mahnend in immer gleichen Bildern. 1 In Verbindung mit der ' Vgl. die Zusammenstellung der Argumente mit anschaulichen Quellenbelegen bei: Alberto Martine: Die deutsche Leihbibliothek, Geschichte einer literarischen Institution (1756-1914), Wiesbaden 1990, S. 14-19; zahlreiche zeitgenössische Berichte über die Bedeutung und Gewohnheiten des Lesens bei: Pia Schmid: Deutsches Bildungsbürgertum. Bürgerliche Bildung zwischen 1750 und 1830, Diss. Frankfurt/M. 1985, S. 110-150 (populäre Fassung ohne Quellennachweise unter dem Titel: Zeit des Lesens - Zeit des Fühlens. Anfänge des deutschen Bildungsbürgertums. Ein Lesebuch, Berlin 1985, hier S. 100-132); vgi, auch Günter Erning: Das Lesen und die Lesewut. Beiträge zu Fragen der Lesergeschichte; dargestellt am Beispiel der schwäbischen Provinz, Bad Heilbrunn 1974.

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gleichzeitigen Kritik an gewerbsmäßiger »Vielschreiberei« für den Publikumsgeschmack zeigen diese Klagen sowohl eine Abwehrhaltung gegenüber den Kommerzialisierungs- und Kapitalisierungstendenzen auf dem literarischen Markt als auch eine Sorge um die Exklusivität des eigenen Standes, Besonders aufmerksam und skeptisch registrierten die gebildeten »Lesesucht«-Kritiker die Menschen, die in diesen Jahrzehnten neu zum Lesepublikum hinzukamen: Frauen ihrer eigenen Schicht, Jugendliche beiderlei Geschlechts, Dienstboten und womöglich weitere Mitglieder der niederen Stände, Ihren düsteren Schilderungen zufolge waren diese »Lesesüchtigen« geradezu Legion und verwandten viele Stunden am Tag auf ihnen unverständliche oder hochgradig schädliche Lektüre. Das Lesepublikum war in Bewegung geraten, und folglich mußten Plätze jetzt neu bestimmt und verteilt werden. Ich will in diesem Kapitel der Frage nachgehen, in welchem Maß die von Frauen herausgegebenen Frauenzeitschriften eine weibliche Leserschaft mobilisierten und wie sich diese gegenüber einer bereits etablierten männlichen Leserschaft behaupten konnte. Seit etwa 25 Jahren ist das Lesen, sind die populären Lesestoffe, die Unterschiede und der Wandel der Lesegewohnheiten Themen der literaturwissenschaftlichen und historischen Forschung, Zunächst interessierte man sich vor allem für die Fortschritte bei der Alphabetisierung. Nun aber ist Lesefertigkeit erstens schwer zu ermitteln, da weder Signierfähigkeit noch Buchbesitz ein sicheres Indiz darstellt, zweitens lassen sich regionale Berechnungen kaum verallgemeinern, und so finden sich in der Literatur lediglich vage Schätzungen, 2 Zudem ist Lesefertigkeit noch keineswegs gleichzusetzen mit kontinuierlicher Lektüre. Angesichts dessen, daß insbesondere in den Landschulen die Kinder im Elementarunterricht oft nur den Katechismus auswendig oder mühsam entziffern lernten, geht die Forschung davon aus, daß im gesamten 18. Jahrhundert die Zahl der Gewohnheitsleser noch sehr begrenzt blieb und diese sich fast ausschließlich aus der relativ kleinen Gruppe der städtischen Bildungselite rekrutierten. 3 Eine wirkliche »Demokratisierung des Lesens« 2

Rudolf Schenda schätzt die Zahl der potentiellen Leserin Mitteleuropa um ! 770 auf 15% und um 1800 auf 25% der Bevölkerung über sechs Jahre und betont dabei, daß diese abgerundeten, optimalen Zahlen nicht etwa bedeuteten, daß ein solcher Prozentsatz der Bevölkerung auch wirklich las. Seine Schätzung wird in der Literatur regelmäßig zustimmend zitiert, Reinhard Wittmann zeigt sich skeptischer und nimmt an, daß dieser Alphabetisierungsgrad lediglich in Residenz-, Universitä'ts-und Handelsstadien erreicht wurde, Rudolf Schenda: Volk ohne Buch. Studien zur Sozialgeschichte der populären Lesestoffe 17701910, Frankfurt/M. 1970, S.444/445; Rolf Engelsing: Analphabetentum und Lektüre. Zur Sozialgeschichte des Lesens in Deutschland zwischen feudaler und industrieller Gesellschaf t, Stuttgart 1973,5.56-68; Reinhard Wittmann: Die Entstehung des modernen Publikums - Die »Leserevolution«, in: ders.: Geschichte, S. 171 - 199, hier S. 174/175. -1 Schenda vermutet, daß nicht mehr als zehn Prozent der erwachsenen Bevölkerung tatsächlich gelesen hätten. Der >»gemctne< Leser« sei »ein Bürger« gewesen (Schenda, S.443 und S, 456). Engelsing zitiert Jean Paul, der 1799 das Publikum auf 300.000 Leser schätzte. Je nachdem, welche Zäh! man für die deutsche Gesamtbevölkerung zugrundelegt und wie hoch man den Anteil der Kinder veranschlagt, wären dies zwischen ein und drei Prozent der Erwachsenen. Engelsing hält die von Jean Paul genannte Zahl angesichts hoher Auflagen von Zeitungen und volksaufklärerischen Bestsellern für zu niedrig gegriffen, kommt aber ebenfalls zu dem Schluß, daß Lesen im 18, Jahrhundert »hauptsächlich eine städtische 311

habe es erst im 19. Jahrhundert gegeben,4 und so sei denn auch die Rede von der angeblichen Lesesucht eine »ideologische Fälschung«.5 Trotzdem ist vielfach die Rede von einer deutschen »Leserevolution« im 18. Jahrhundert. Sie sei allerdings weniger quantitativ als vielmehr qualitativ gewesen. Rolf Engelsing hat als erster daraufhingewiesen, daß die Mehrheit der Gewohnheitsleser in den Jahrzehnten nach 1750 von einer repetitiven »intensiven Lektüre« einzelner oder weniger, zumeist religiöser Schriften zur einmaligen »extensiven Lektüre« vielfältiger, überwiegend profaner Lesestoffe überging, 6 Die Zeitung habe für die Leser den Übergang von einer Leseweise zur anderen geebnet, indem sie bei einer Wiederholung der Form immer wieder neue Inhalte vermittle. Erich Schön kommt das Verdienst zu, in der deutschen Leseforschung die Aufmerksamkeit von der Lesefähigkeit und dem Lesestoff, der »äußeren« Geschichte des Lesens, auf die lesenden Menschen, ihre konkrete Rezeptionsgestaltung und ästhetischen Erfahrungen gelenkt zu haben. Er

Beschäftigung« gewesen sei. (Engelsing; Analphabetentum, S. 59 und S. 61. Eine Übersicht über verschiedene Schätzungen der deutschen Bevölkerung bei: Christof Dipper: Deutsche Geschichte 1648-1789, Frankfurt/M. 1991, S.44). Wittmann verweist dagegen auf die letztlich doch recht begrenzten, halbherzigen Bildungsbemühungen deutscher Volksaufklärer und hält Jean Pauls Einschätzung für durchaus realistisch. Für Württemberg errechnet er ein Publikum qualifizierter Gewohnheitsteser von einem Prozent der Landesbevölkerung. Wittmann: Geschichte, S. 176-179 und S. 197-199. 4 Wittmann: Geschichte, S. 179. 5 Schenda,S.88. In kritischer Auseinandersetzung mit Schendas Thesen zeigt Helmut Kreuzer, daß es im späten 18. Jahrhundert nicht nur eine konservativ-repressive, sondern auch eine »links-idcalistische« Lesesucht-Kritik gab. Diese Intellektuellen hätten weniger die Quantität als vielmehr die Qualität der Lektüre bedenklich gefunden und die Moderomane bekämpft, nicht etwa weil sie eine angeblich gute alte Ordnung der Vergangenheit zerstörten, sondern weil sie nach ihrer Ansicht die von ihnen angestrebte bessere Gesellschaft der Zukunft verhinderten. Helmut Kreuzer: Gefährliche Lesesucht? Bemerkungen zu politischer Lektürekritik im ausgehenden 18. Jahrhundert, in: Leser und Lesen im 18. Jahrhundert. Colloquium der Arbeitsstelle 18. Jahrhundert Gesamthochschule Wuppertal 1975, Heidelberg 1977, S.62-75, Zitat S.66. 6 Rolf Engelsing: Die Perioden der Lesergeschichte in der Neuzeit, in: ders,: Zur Sozialgeschichte deutscher Mittel- und Unterschichten, Göttingen 1973, S. 112-154, Die »Leserevolution« sei in Deutschland der signifikante Ausdruck des gesellschaftlichen Wandels gewesen, während in England »die Revolution in Außenhandel und Industrie« und in Frankreich die politische Revolution dominiert habe (ebd., S. 140). Unter negativem Vorzeichen zog schon der konservative Schweizer Kulturkritiker Johann Georg Heinzmann diese Analogie, wenn er 1795 schrieb: »So lange die Welt stehet, sind keine Erscheinungen so merkwürdig gewesen als in Deutschland die Romanenleserey und in Frankreich die Revolution. Diese zvvey Extreme sind ziemlich zugleich mit einander großgewachsen, und es ist nicht ganz unwahrscheinlich, daß die Romane wohl eben so viel im Geheimen Menschen und Familien unglücklich gemacht haben, als es die so schreckbare französische Revolution öffentlich thut.« Johann Georg Heinzmann: Über die Pest der deutschen Literatur. Appel an meine Nation über Aufklärung und Aufklärer, über Gelehrsamkeit und Schriftsteller; über Bücher-Manufakturisten, Rezensenten, Buchhändler; über moderne Philosophen und Menschenerzieher; auch über mancherlei Anderes, was Freiheit und Menschenrechte betrifft, Bern 1795, Reprint Hildesheim 1977, zit. n. Wittmann: Geschichte, S. 186188, hier S. 186. 312

ordnet die beobachtbaren Lesegewohnheiten und -bedingungen um 1800 ein in allgemeine mentalitätsgeschichtliche und psychogenetische Entwicklungen im Rahmen der Entstehung der Moderne. Die zunehmend sitzende Körperhaltung und den Verzicht auf lautes Artikulieren beim Lesen interpretiert er als Ausdruck der im Zivitisationsprozeß ansteigenden Selbstdisziplinierung, mit der Eliminierung des körperlichen Erlebens sei ein »Dominanzgewinn des Kognitiven« erzielt und eine ganz neue Qualität mental-phantasiehafter Teilnahme an Literatur ermöglicht worden. Die nicht berufsbezogene Lektüre sei zwar in der zweiten Hälfte des 18, Jahrhunderts der Zeitdisziplin unterworfen, damit aber zugleich als Freizeitbeschäftigung im bewußten Kontrast zum Arbeitshabitus gestaltet worden, worauf etwa die Vorliebe für handliche kleine Buchformate, das Lesen im Freien und die gesellige literarische Beschäftigung hinweise.7 Schön hat mit seiner Arbeit ein Bewußtsein für die Komplexität von Leseerfahrungen geschaffen, die konkrete zeitgenössische Rezeption im engeren Sinn dabei allerdings ausgeklammert. Entsprechende Analysen finden sich bislang bestenfalls exemplarisch in wirkungsästhetisch ausgerichteten literaturwissenschaftlichen Arbeitend Eine Berücksichtigung in sozial- und kulturgeschichtlichen Arbeiten wäre ausgesprochen wünschenswert. Eine solche überzeugende Synthese von Textanalysen, Buch- und Buchhandelsgeschichte sowie Untersuchungen von Lektürepraktiken bietet etwa Roger Chartier in mehreren Einzelstudien zur Frühen Neuzeit in Frankreich^ Die Frauenzeitschriften des 18. Jahrhunderts bestätigen, daß die Lektüre in Mußestunden eine Beschäftigung ausschließlich der gebildeten höheren Stände war. Sie wandten sich an geübte Leserinnen (und Leser), die den Text nicht nur entziffern konnten, sondern bereits mit verschiedenen literarischen Formen vertraut waren, die Zugang hatten zu den behandelten Themen und außerdem genügend Geld und Zeit erübrigen konnten. Als periodische Schriften spekulierten sie auf ein Interesse an neuen Stoffen und boten doch zugleich immer wieder dieselben Botschaften in wechselndem Gewand. Ihre moralisierende, belehrende Tendenz erleichterte den Übergang von religiöser Erbauungs- zu profaner Gebrauchsliteratur. 7

Erich Schön: Der Verlust der Sinnlichkeit oder Die Verwandlungen des Lesers, Mentaütätswandcl um 1800, Stuttgart 1987, Zitat S. 3. s Besonders gut erforscht für den hier interessierenden Zeitraum ist die - in der Tat aufsehenerregende - zeitgenössische Rezeption von Goethes Briefroman Die Leiden des jungen Wenhers. Vgt. Klaus R. Scherpe: Werther und Wertherwirkung. Zum Syndrom bürgerlicher Gesellschaftsordnung im 18. Jahrhundert, Bad Homburg, Berlin, Zürich 1970; Georg Jäger; Die Wertherwirkung. Ein rezeptionsästhetischer Modellfall, in: Walter Müller-Seidel (Hg.); Historizität in Sprach- und Literaturwissenschaft, München 1974, S, 389-409: Eckhardt Meyer-Krentler: Die Leiden der jungen Wertherin, Weibliche Sozialisation durch Literatur im späten 18. Jahrhundert, in: Frühwald/Martino (Hg.), S.225-248. 9 Roger Chartier: Lesewelten, Buch und Lektüre in der frühen Neu/.eit, Frankfurt/M., New York 1990. Vgl, auch die programmatische Forderung von Ulla Wischermann, Medienkonsurn als einen komplexen Kommunikationsprozeß zu begreifen und zu erforschen. Ulla Wischermann: Quellen und Methoden historischer Rezeptionsforschung, in: Gudrun Marci-Boehncke/Petra Werner/dies. (Hg.): BhckRichtung Frauen. Theorien und Methoden geschlechtsspezifischer Rexeptionsforschung, Weinheim 1996, S. 133- 146.

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Gleichzeitig signalisiert der Aufstieg dieser neuen literarischen Gattung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts einen zwar sozial begrenzten, aber doch auch quantitativen Wandel des Lesepublikums: Immer mehr Frauen der Bildungselite lernten zu lesen, und diejenigen, die keine zeitaufwendigen häuslichen Arbeiten zu erledigen hatten, lasen mitunter ausgiebig und unter Umständen sogar mehr als die zum Haushalt gehörigen Männer. Innerhalb kürzester Zeit wurden sie zu einer Zielgruppe, für die es sich lohnte, eine spezielle Literatur zu schaffen. Auch wenn die Zunahme des gebildeten Lesepublikums im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung gering blieb, bedeutete sie dennoch vermutlich nahezu eine Verdoppelung.10 Gerade die Polemik gegen lesende Frauen zeigt, wie sich quantitative und qualitative Aspekte des sozialen Wandels miteinander verbanden: In den vorausgegangenen Generationen waren zwar nicht alle Frauen der höheren Stände vollständig von der Lektüre ausgeschlossen gewesen, doch war für sie - wenn überhaupt - in der Regel nur die Bibel oder eine christliche Erbauungsschrift erreichbar gewesen, während die gebildeten Männer dieser Schicht auch schon lateinische Klassiker und wissenschaftliche Werke zur Kenntnis genommen hatten. Die Aussicht, daß Frauen sich nun vom begrenzten religiösen Schriftgut abwenden und einer unübersichtlichen profanen Unterhaltungsliteratur zuwenden könnten, erschien vielen männlichen Zeitgenossen besonders bedrohlich. Der in der »Lesesucht«-Polemik monoton wiederkehrende Topos der bücherverscblingenden Frau 11 erhält so durchaus seinen Sinn. Man unterstellte, daß Frauen einen ausgesprochenen Nachholbedarf zu befriedigen suchten. So schrieb zum Beispiel Christoph Martin Wieland, als er 1791 in seinem Neuen Teutschen Merkur den Historischen Calender für Damen von Friedrich Schiüer anzeigte: Wo ehemals kaum in den höchsten Classen hierund da einige Damen waren, die etwas Gedrucktes, ausser ihrem Gebetbuche und dem gemeinen Hauscalender, kannten [...], - da ist jezt das Lesen auch unter der Mittelklasse [...] allgemeines Bedürfniß geworden; und gegen Ein Frauenzimmer, welches vor fünfzig Jahren ein zu ihrer Zeit geschäztes Buch laß, sind jezt (um nicht zu viel zu sagen) hundert, zumahl in kleinern Städten und auf dem

"' Wittmann betrachtet den Zuwachs zwar nicht geschlechtsspezifisch, weist aber darauf hin, daß ein Anstieg des regelmäßig lesenden Publikums »von nur zwei auf vier Prozent« für die Zeitgenossen einen erheblichen quantitativen Sprung darstellen mußte. Auch Kreuzer konzediert, daß die Gebildeten damals das Lesen subjektiv als ein »neuartige[s] Massenphänomen[ ]« erlebten. {Wittmann: Geschichte, S. 179; Kreuzer, S,62; ebenso Schön: Verlust, S.46). Der Begriff der ^Demokratisierung« wird jedoch in der Forschung gemeinhin nur auf die Partizipation neuer Klassen und nicht auf die des anderen Geschlechts angewandt, 11 Ein Beispiel: »Aber kaum ist die letzte Seite eines Buches verschlungen, so sehen sie sich schon wieder gierig um, wo sie ein anderes herbekommen wollen; und wo sie nur irgend etwas auf einer Toilette, auf einem Pulte oder sonst wo erblicken [...], da nehmen sie es mit und verschlingen es mit einer Art von Heisshunger. Kein Tabaksbruder, keine Kaffeeschwester, kein Weintrinker, kein Spielgeist kann so an seine Pfeife, Bouteilte, an den Spiel- oder Kaffeetisch attachirt seyn, als manche Lesehungrige an ihre Lesereyen« J.R.G, Beyer: Über das Bücherlesen, in so fern es zum Luxus unserer Zeiten gehört, Erfurt 1796, S. 7, zit. n. Martino: Leihbibliothek, S, 15, Anm.35, 314

Lande, woes an den Zerstreuungen der großen Städte fehlt-die Alles lesen, was ihnen vor die Hände kömmt und einige Unterhaltung ohne große Bemühung des Geistes verspricht.12

Eine solch geringschätzige Diagnose hielt männliche Schriftsteller nicht unbedingt davon ab, gezielt für das vermeintlich so wähl- und anspruchslose weibliche Publikum zu schreiben. Ein Jahr bevor er sich mit eigenen Beiträgen an Marianne Ehrmanns Einsiedlerinn aus den Alpen beteiligte, klagte Johann Gottfried Pahl kulturkritisch: Unsere Mütter kleideten früh die Kinder an und bereiteten sich ihre Geschäfte, unsre Töchter aber lesen in den Morgenstunden Gedichte und Zeitschriften und durchwandeln Abends das einsame Thal mit dem Romane in der Hand, 13

Die Verbindung von »Lesesucht«-Kriük und eigener literarischer Tätigkeit war nicht notwendig heuchlerisch. Die Klagen bezweckten zwar eine Reglementierung der Lektüre, doch war den Kritikern klar, daß sie das Lesen nicht würden verhindern können, und so wandten sich manche der Auswahl und Bereitstellung eines ausgewählten Kanons von zweckmäßiger Literatur sowie der Erteilung von Leseregeln zu.' 4 Wohl nicht zuletzt wegen der unübersehbaren Thematisierung lesender Frauen, ihrer Diffamierung und Belehrung durch die Zeitgenossen hat sich die Leserforschung durchaus mit ihnen befaßt. Doch in fast allen bisherigen Arbeiten werden wenige Zeugnisse unzulässig verallgemeinert, zudem oft noch mit wenig quellenkritischer Sorgfalt interpretiert, und so ergibt sich ein einigermaßen widersprüchliches Bild vorn weiblichen Lesepublikum im späten 18. Jahrhundert. Rolf Engelsing erklärt den Siegeszug der Belletristik, insbesondere der Romane in dieser Zeit mit dem Eintritt bürgerlicher Frauen in die Lesekultur und ihrem vermeintlich spezifisch weiblichen Bedürfnis nach Empathie und Identifikation. 15 Er übernimmt die

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W.[ieland): Historischer Calender für Damen für das Jahr 1791, in: Der Neue Teutsche Merkur, Jg. 1791, Bd. l, S. 197-211, hier S.201/202. " Johann Gottfried Pahl: Warum ist die deutsche Nation in unserem Zeitalter so reich an Schriftstellern und Büchern, in: Der Weltbürger, 3. Jg. (1792), S. 617-625, hierS,620,zit. n, Martine: Leihbibliothek, S.8. 14 Prominentes Beispiel ist Johann Georg Heinzmanns Einleitung und Entwurf zu einer Damenbibliothek in seinem Lesebuch Die Feyerstunden der Grazien, 1780. Siehe dazu: Gerhard Sauder: Gefahren empfindsamer Vollkommenheit für Leserinnen und die Furcht vor Romanen in einer Damenbibliothek, in: Leser und Lesen im 18. Jahrhundert, S.83-91 und S. 149-152. Die Lesesucht-Debatte des späten 18. Jahrhunderts unterscheidet sich im Ton deutlich von der humorvolleren Lesepädagogik der Moralischen Wochenschriften, vgl. Martens: Leserezepte; ders.: Formen bürgerlichen Lesens im Spiegel der deutschen Moralischen Wochenschriften, in: Otto Dann (Hg.): Lesegesellschaften und bürgerliche Emanzipation. Ein europäischer Vergleich, München 1981, S.55-70. 15 Das Aufkommen der Schönen Literatur deutet er als eine Verweiblichung des »Kulturideal[s]«. Die Belletristik habe sich durchgesetzt, »weil die Frau Leserin und Richterin des Geschmacks« geworden sei, und »einen weiblichen Zuschnitt« gewonnen, »weil sie voral-

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recht schematische soziologische These von einer Intimisierung der bürgerlichen Kleinfamilie, in der die Hausfrau nun von produktiver Arbeit weitgehend freigestellt gewesen sei und statt dessen ein Interesse an der emotional und intellektuell kompetenten Familienmutter geherrscht habe. Folglich sei Frauen das Lesen immer seltener verwehrt worden. Vor allem aufgrund seiner umfangreichen Quellenstudien zum bremischen Bürgertum kommt Engelsing schließlich zu dem Ergebnis, daß sich die Lektüre bürgerlicher Frauen im späten 18. Jahrhundert in den seltensten Fällen auf empfindsame Romane beschränkt habe, sondern sehr wohl das gesamte Spektrum der zeitgenössischen Belletristik, antike Klassiker, religiöse und popularphilosophische Schriften sowie Ratgeberliteratur, Journale und Sachbücher speziell für ein weibliches Publikum umfassen konnte. ln Erheblich apodiktischer als Engelsing in dieser älteren Studie aus dem Jahr 1974 behauptet in neuerer Zeit Erich Schön, die im ausgehenden 18. Jahrhundert plötzlich so massenhaft auf dem literarischen Markt erscheinenden Romane seien fast ausschließlich von Frauen rezipiert worden, Männer dagegen hätten Zeitungen, politische Schriften, Sachtexte sowie berufsbezogene Fachliteratur gelesen. Woher er das so genau weiß, bleibt weitgehend sein Geheimnis.17 Anders als Engelsing hält er geschlechtsspezifische Lektürepräferenzen nicht für angeboren und bezeichnet Geschlechtscharaktere mehrfach als ideologische Konstruktionen. Die angeblich klare Geschlechtersegregation bei der Lektürewahl und die unterschiedlichen Lesegew'ohnheiten leitet er detaillierter als Engelsing aus sozioökonomischen Rahmenbedingungen sowie räumlichen und zeitlichen Gegebenheiten des Alltags ab, bedient sich dabei allerdings in noch stärkerem Maß soziologisch-psychologischer Gemeinplätze. Die Romanlektüre der Frauen sei trotz »Lesesucht«-Vorwürfen als Teil eines für das aufsteigende Bürgertum existentiellen »demonstrativen Konsums« geduldet worden, die Frauen ihrerseits hätten sich »im Medium literarischer Phantasien ersatzhaft jene Handlungsmöglichkeiten erschließen wollen, die ihnen [...] in der realen Alltagswelt [...] versagt« geblieben seien.18 lern den Frauen zusagen mußte«, Rolf Engelsing: Die Bildung der Frau, in: ders.: Der Bürger als Leser. Lesergeschichte in Deutschland 1500-1800, Stuttgart 1974, S.296-343, hier S.299undS.310. lf> Beispiele für umfangreiche Lektürepensen, ebd., S.325-337. 17 Erich Schön: Weibliches Lesen. Romanleserinnen im späten 18. Jahrhundert, in: Callas/ Heuser (Hg.), S.20-40; ähnlich schon in: ders.: Verlust, S.42/43. Ein Großteil der Auflagen sei an Leihbibliotheken gegangen, aber auch dort hätten dann überwiegend Frauen und bestenfalls einige jugendliche Männer die Romane nachgefragt. Eine Ausnahme macht Schön lediglich bei den erotischen Romanen. Obwohl zeitgenössische bildliche Darstellungen nahezu ausschließlich Frauen als lüsterne Leserinnen zeigten, hätten solche Romane, wie Anzeigen dokumentierten, doch wohl eher auf männliche Käufer spekuliert (ebd., S.23, Anm.7). Sehr viel vorsichtiger interpretiert Wolfgang Martens die Karikaturen der überwiegend weiblichen Romanleser in den Moralischen Wochenschriften. Ihr Aussagewert für die zeitgenössische Leserealität sei ungewiß. Die Tatsache, daß männliche Romanleser hier zumeist als effeminierte Stutzer gezeichnet wurden, weise darauf hin, daß die Gattung tendenziell als »weiblich« gegolten habe, unabhängig von der Geschlechtszugehörigkeit ihrer Rezipienten. Martens: Formen, S.55-57, IK Schön: Lesen, S.21. Schön reproduziert das alte Vorurteil, wonach Frauen am liebsten zu schlichten Unterhaltungs- und Liebesromanen greifen, allerdings in neuer Bewertung und 316

Die »männlichef ] Kritik am weiblichen Lesen« resultiere nicht zuletzt aus Neid und Trauer der Männer darüber, daß der »Prozeß zivilisatorischer Disziplinierung« sie bereits von solchen sinnlicheren, atavistischen Formen der Lektüre abgeschnitten habe. iy Schöns These von einem überwiegend weiblichen Romanpublikum kommt unter anderem dadurch zustande, daß er die »professionellen Leser« - Literaten. Rezensenten, Pädagogen und Theologen - bewußt aus seiner Betrachtung ausschließt, weil sich sonst »ein ganz anderes Bild« ergäbe.20 Angesichts dessen, daß die Gewohnheitsleser des späten 18. Jahrhunderts überwiegend Gebildete waren, wäre dieses andere Bild sicher realistischer ausgefallen. Ursula Becher gehl ebenfalls davon aus, daß der Anteil der Frauen am Lesepublikum im 18. Jahrhundert erheblich zunahm; die These, derzufolge Frauen dem modernen Roman zum Durchbruch verhalfen, hält sie jedoch für überprüfungsbedürftig. Ihr exemplarischer Vergleich von autobiographischen Auskünften zweier Frauen über ihre Lektürepräferenzen aus der Mitte des 18. und dem frühen 19. Jahrhundert ergibt dann auch geringere Unterschiede, ais diese These erwarten ließe: Religiöse und belehrende Schriften nehmen bei beiden einen breiten Raum ein, Belletristik spielt auch im späteren Fall keine entscheidende Rolle.21 Darüber hinaus deutet Ursula Becher die zeitgenössische Polemik gegen lesende Frauen weniger als Anzeichen exzessiver Lektüre, sondern betont stärker die mit ihr verbundenen Behinderungen, Warnungen und Verbote. Obwohl sie eine Intensivierung des Leseerlebnisses und »produktive Aneignung« des Gelesenen sowohl durch wiederholtes Lesen, Exzerpieren und Fremdsprachenerwerb als auch durch Einfühlung und Identifikation bei den Leserinnen konstatiert, wertet sie deren Lektüre weniger als Bildung denn als Bildungsersatz.22 Das Klischee eng begrenzter Häuslichkeit wird so gerade nicht in Frage gestellt, vielmehr erscheint das Buch als ersehnter, aber eben längst nicht selbstverständlich verfügbarer Mittler zur Welt. Dagegen erklärt Marie-Ciaire Hoock-Demarle das Lesen von Frauen in ihrem wenig kenntnisreichen Überblicksartikel kurzerhand zu einer »Kulturrevolution«, in deren Verlauf

offenbar apologetischer Absicht: Frauen habe die formale Ausbitdung für eine »adäquate« Literaturrezeption gefehlt, sie hätten sich daher gegenüber den Forderungen der aktuellen Ästhetik verweigert und weiterhin ein »stofflich bestimmtes« Leseinteresse verfolgt, für das bereits die damalige Literaturkritik die »Kategorie der Trivialität« geschaffen habe. Ebd.,S,31-33. 1V Ebd., S. 40. 2(1 Ebd., S. 21. 21 Ursula A.J. Becher: Lektürepräferenzen und Lesepraktiken von Frauen im 18, Jahrhundert, in: Aufklärung 6 (1992), Heft l, S. 27-42. Bei den vorgestellten Leserinnen handelt es sich um Sophie Marie Gräfin von Voß, eine Prinzessinnenerzieherin am preußischen Hof und Vorleserin Friedrichs II., und um Amalie Sieveking, die spätere Begründerin des »Weiblichen Vereins für Armen- und Krankenpflege« in Hamburg. Abgesehen davon, daß beide Frauen kaum als typische Leserinnen ihrer jeweiligen Zeit gelten können, ist die weiterhin vorhandene Vorliebe für religiöse und ernsthafte Lektüre bei einer so engagierten Christin wie Amalie Sieveking kaum verwunderlich. 22 Ebd., S. 38/39. 317

Frauen »die Häuslichkeit [.,,] verlassen und das literarische Urteil riskiert« hätten," Um die Lektüre von Frauen, die Bedingungen, unter denen ihr Lesen stattfand, die Wahl der Lesestoffe, ihre Lesegewohnheiten und -eindrücke präziser zu ermitteln, wären Untersuchungen auf der Grundlage von möglichst vielen autobiographischen Schriften und Briefen notwendig. Angesichts der Thesenbildung in der Leserforschung wäre es zudem sinnvoll, in gleicher Weise auch die Lektüre von männlichen Lesern genauer zu rekonstruieren, so daß nicht länger vorschnell Geschlechtsspezifika entdeckt werden, wo es sich unter Umständen urn eine generelle Praxis unter den Gebildeten handelt. Ich versuche hier, mich dem Lesepublikum im späten 18. Jahrhundert auf anderen Wegen zu nähern. Zum ersten sind von mehreren Frauenzeitschriften weiblicher Herausgeber Subskriptionsverzeichnisse überliefert, die dokumentieren, wer das Journal verbindlich vorbestellte. Zum zweiten erhielten wohl fast alle Herausgeberinnen Briefe von ihren Leserinnen und Lesern, in denen diese sich zum Journal äußerten. Einige dieser Leserzuschriften wurden in den Blättern abgedruckt und blieben so erhalten. Zum dritten schließlich lassen sich in den zeitgenössischen Rezensionsorganen etliche Urteile von Literaturkritikern auffinden. Diese professionellen Leser waren einerseits Teil des Publikums und wollten andererseits die übrigen Lesenden in ihrer Rezeption lenken. Diese recht günstige Quellenlage erlaubt es, nach den Beziehungen zwischen weiblichen und männlichen Lesern zu fragen und damit nach den relationalen Veränderungen in einem Lesepublikum, das neuerdings mit Schriften konfrontiert war, die sich ausdrücklich an Frauen wandten.

2. Die Subskribentinnen und Subskribenten der Frauenzeitschriften Pränumeration oder Subskription, also die verbindliche Vorausbestellung einer Zeitschrift oder eines Buchs durch einen Teil des Lesepublikums, senkte nicht nur das geschäftliche Risiko der Produktion und ermöglichte selbstverlegenden Literaten einen Vertrieb ihrer Werke außerhalb des gewerblichen Verteilernetzes der Buchhändler. Pränumeration oder Subskription sollten auch der wachsenden Anonymität auf dem literarischen Markt gegensteuern. Autor und Leser traten scheinbar direkt miteinander in Kontakt und ins Geschäft, wobei dieses Geschäft den 23

Marie-Ciaire Hoock-Demarle: Lesen und Schreiben in Deutschland, in: Georges Duby/ Michelle Perrot (Hg.): Geschichte der Frauen, Bd. 4:19. Jahrhundert (dt. Fassung), Frankfurt/M., New York 1994, S. 165-186, Zitate S. 176 und 177. Neben viel nichtssagendem Pathos finden sich in diesem Aufsatz etliche sachliche Fehler, insbesondere was die Datierung angeht, und zahlreiche Widersprüche. So heißt es etwa kurz vor der schwärmerischen Passage über den Leseaufbruch der Frauen (von Hoock-Demarle datiert auf die Zeit nach der Französischen Revolution): »Die Formen und Verfahren des Lesens und Schreibens werden auf breiter Front durch Lernen erworben. Klein bleibt demgegenüber die Gruppe derjenigen jungen Frauen, die aus Bildungshunger lesen, und noch seltener sind Frauen, die über den Inhalt ihres Lesestoffs eigenständig nachdenken.« Ebd.. S. 173.

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Charakter einer Sammelpatronage durch einen überschaubaren Kreis von Förderern annahm. Weniger zur Organisation als vielmehr zur öffentlichen Dokumentation dieses kollektiven Mäzenatentums wurden die Namen der Pränumeranten oder Subskribenten in Listen gedruckt und mit dem jeweiligen Werk ausgeliefert. Neben einem geringeren Preis war es vor allem diese Möglichkeit, sich öffentlich als literarisch interessierte und rnäzcnatisch gesinnte Person hervorzutun, die das Publikum reizen sollte, eine Neuerscheinung auf bloße Ankündigung und Empfehlung hin verbindlich zu bestellen. Die Verfasser und Verleger versprachen sich von solchen Listen einen doppelten Werbeeffekt: Wer nicht bereits vor der Drucklegung dem Kreis der Förderer beigetreten war, um - womöglich im Verein mit hochadligen Gönnern und anderen prominenten Zeitgenossen - auf der Liste zu erscheinen, ließ sich eventuell nach Auslieferung des Werkes von illustren Namen zum Kauf bewegen.24 Ein großer Umfang war außerdem eine gute Reklame, weshalb die zeitgenössische Literaturkritik mitunter auch die abgedruckten Verzeichnisse kommentierte.2'' Von immerhin fünf der acht hier näher untersuchten Frauenzeitschriften weiblicher Herausgeber sind Subskriptions- bzw. Pränumerationslisten zumeist mit mehreren Nachträgen überliefert, nämlich vom Wochenblatt für's Schöne Geschlecht, von der Pomona, von den beiden Zeitschriften Marianne Ehrmanns sowie von den Unterhaltungen in Abendstunden.21* Sie wurden den Abonnentinnen und Abonnen-

Wittmann hat detailliert den Quellenwert solcher Namenslisten erörtert und vor allzu voreiligen Schlüssen gewarnt, Reinhard Wittmann: Subskribenten- und Pränumerantenverzeichnisse als Quellen zur Lesergeschichte, in: ders.: Buchmarkt und Lektüre im 18. und 19. Jahrhundert: Beiträge zum literarischen Leben 1750-1880, Tübingen 1982, S,46-68; unbefangener und durch Wittmann methodisch gewissermaßen überholt: Dieter Narr: Vom Quellenwert der Subskribentenlisten, in: Württembergisch Franken 50 (1966), S. 159-168; Claude Miquet: Les Lectures en Allemagne dans le dernier tiers du XVIlie siecle, in: Dixhuitieme Siecle l (1969), S,311-316. (Der Beitrag von Ada Saß: Schleswig-Hotsteinische Subskribententisten aus dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts, in: Zeitschrift für Niedersächsische Famiüenforschung 21 (1939), S. 102-114 und S. 145-168 listet im wesentlichen Namen von Subskribierenden zum Zweck der »Sippenforschung« auf.) Vgl. Kap. IV.4. Wochenblatt ßtr's Schöne Geschlecht: Namen=Verzeichniß der bereits sich gefundenen Pränumeranten, Umschlag des ersten Hefts, sowie zwei Nachträge auf den Umschlägen des zweiten und dritten Hefts, alle o,S.; Pomona: Verzeich n iß der Abonnenten auf Pomona, Jahrgang 1783, 1. Jg. (1783), am Ende des zweiten Bandes, S. l -26; Amaliens Erholungssiunden: Alphabetisches Subskribenten=Verzeichnis, l.Jg. (1790), vor dem ersten Heft, S. III-XII, acht Nachträge jeweils vor dem zweiten bis achten und dem zehnten Heft des ersten Jahrgangs, ein Nachtrag zum 2. Jg. (1791), Bd, l, S. 287/288, sowie drei Nachträge zum 3. Jg. (1792), Bd. l, S.5/6, Bd.2, S.3/4 und Bd.4,S.3/4 (so im Exemplar des Literaturarchivs Marbach); Die Einsiedlerinn aus den Alpen: Subcribenten=Verzeichniß der Einsiedlerin aus den Alpen, l, Jg. (1793), Bd. 4, S. l -20; Unterhaltungen in Abendstunden: Subskribenten=Verzeichniß, l.Jg. (1792), Bd. 3, Heft 3, S. 145-152, zwei Nachträge zum l,Jg., Bd.2, Heft 5, S.245-248 und Bd.3, Heft 9, S. 141-144, sowie ein Nachtrag zum 2.Jg. (1793), Bd. 2, Heft 5, S.239/240. Die Verzeichnisse vom Wochenblatt fürs Schöne Ceschtecht und von der Pomona sind auch in den jeweiligen Reprints enthalten. Da solche Subskriptionslisten oft nur einem Teil der Auflage beigefügt waren, ist es sehr wohl mög-

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ten zugesandt und später den Quartals- oder Jahrgangsbänden beigebunden und verzeichnen - in der Regel nach Ortsnamen alphabetisch sortiert - überwiegend Privatpersonen, oft unter Angabe von Vornamen und Titeln, daneben Buchhändler, Postämter sowie Lesegesellschaften und Bibliotheken, die die Zeitschrift abonniert hatten. Manche Verzeichnisse vermerken Mehrfachbestellungen, vereinzelt werden auch Nach-, Um- und Abbestellungen aufgeführt. Je unprofessioneller der Vertrieb einer Zeitschrift organisiert war, je weniger Postämter und Buchhändler also eingeschaltet waren, desto mehr Namen von Subskribentinnen und Subskribenten lassen sich diesen Verzeichnissen entnehmen. Nun darf allerdings dieser Kreis von Abonnenten aus mehrerlei Gründen nicht mit dem tatsächlichen Lesepublikum einer Zeitschrift gleichgesetzt werden. Zwar waren die Verzeichnisse mit Nachträgen vermutlich vollständiger als Subskriptionslisten zu Einzelwerken, in die Nachzügler keinen Eingang mehr fanden, aber auch hier waren die Metdungen mit Sicherheit nicht komplett. Zudem erschien es offenbar längst nicht allen Leserinnen und Lesern verlockend, daß bei einer verbindlichen Vorbestellung ihr Name dem von ihnen auf diese Weise unterstützten Werk vorangedruckt wurde. Sie abonnierten anonym oder untersagten die Veröffentlichung ihres Namens. Sophie von La Roches Organisator des Selbstverlags, Johann Georg Hütten, präsentierte das Subskriptionsverzeichnis am Ende des ersten Jahrgangs mit folgender Erläuterung: So sehr es mein Wunsch war, und so viele Mühe ich mir gegeben, die Liste der Freunde und Freundinnen der Pomona vollständig zu machen; so sehe ich mich doch nunmehr genöthiget, darauf Verzicht zu thun. Viele äuserten ausdrüklich ihre Gesinnung, daß sie nur in der Stille Pomona lesen und lieben, und ihre würdige Verfasserin dankbar verehren, aber nicht öffentlich genannt sein wollten. Von ändern Orten wurden nur wenige Namen eingesandt; von manchen gar keine. Ich leiste also, was ich kann, und theüe dem Publikum so viel mit, als ich zu liefern theils in Stand gesetzt worden, theils Erlaubniß habe. 27

Um die öffentlich angegebene Zahl der Interessierten nicht unnötig zu schmälern und die Bescheidenheit einiger Förderinnen zu dokumentieren, führten die Verzeichnisse zum Teil »Ungenannte« unter Angabe ihres Wohnorts, eventuell auch ihrer Initialen an. Insbesondere wenn es sich um Mitglieder regierender Fürstenhäuser handelte, wollte man auf deren Werbewirkung ungern verzichten. So teilte Charlotte Hezel am Ende ihrer Pränumerantentiste mit, daß sie die »höchsten Namen noch dreier Fürstinnen, als zwoer Herzoginnen und Einer Reichsfürstinn [...] hier unbemerkt lassen« solle.28 Darüber hinaus gab es mit Sicherheit Leserinnen und Leser, die eine Zeitschrift erst später im Buchhandel erwarben, und vor allem

lieh, daß auch zu den anderen drei Frauenjournalen entsprechende Verzeichnisse gedruckt wurden, heute jedoch nicht mehr erhalten sind. 27 J.G. Hütten: [Vorrede zum Abonnenten-Verzeichnis], in; Pomona, ], Jg. (1783), am Ende des zweiten Bandes, S, 1/2, hier S, 1. Alle Herausgeberinnen wiesen darauf hin, daß das ausgedruckte Verzeichnis längst nicht alle Subskribenten enthalte. 2!i Narnen=Verzeichniß der bereits sich gefundenen Pränumeranten, in: WfSG, Umschlag des ersten Hefts, o.S. 320

solche, die nicht selbst abonnierten, sondern das Blatt von Verwandten oder Bekannten weitergereicht bekamen, es in einer Lesegesellschaft einsahen oder aus einer Leihbibliothek bezogen. Angesichts der hohen Preise für Bücher und Journale im späten 18. Jahrhundert geht die Forschung von einem relativ hohen Multiplikationsfaktor der verkauften Auflagen aus,29 Es haben also einerseits höchstwahrscheinlich erheblich mehr Menschen die Frauenzeitschriften gelesen, als in den jeweiligen Subskriptionslisten angegeben sind. Andererseits kann man nicht mit Sicherheit davon ausgehen, daß alle Subskribentinnen und Subskribenten das Journal tatsächlich selbst in die Hand nahmen. Die für Ehefrau oder Tochter abonnierenden männlichen Haushaltsvorstände können außer Betracht bleiben, denn sie liefern immerhin den Hinweis auf einen Haushait, in weichem das Frauenjournal auf Interesse stieß. Dies war jedoch nicht unbedingt der Fall bet solchen Personen, die sich ausschließlich als Mäzene betätigen oder ihren Namen partout mit dem Presseprojekt öffentlich in Verbindung bringen wollten. Es steht zu vermuten, daß einige Subskribentinnen und Subskribenten sich gegenüber der Verfasserin oder einem Kollekteur mehr oder weniger zur Unterzeichnung verpflichtet gefühlt hatten und das Blatt selbst nicht unbedingt zu lesen beabsichtigten. Die zeitgenössische literarische Öffentlichkeit war zumindest recht skeptisch gegenüber solchen Listen. Zahlreiche Satiren verhöhnten Eingebildete und Aufstiegsorientierte, die sich ihre Zugehörigkeit zur Bildungselite durch eifrige Subskriptionstätigkeit zu erschleichen suchten. 3{> Zudem kam es offenbar gelegentlich vor, daß insbesondere prominente Menschen ohne ihr Wissen in Subskriptionslisten aufgenommen wurden. Die Berlinische Monatsschrift empfahl 1788, in solchen Fällen eine Injurienklage anzustrengen. 51 Nun sind jedoch über die 2q

Rolf Engelsing schätzt, daß ein Buchexemplar in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts durchschnittlich zwanzig Menschen erreichte; Martin Welke setzt für Zeitungen jeweils zehn Konsumenten an, Jürgen Wilke zieht in Betracht, daß die spezialisierteren Zeitschriften zwar eine kleinere Zielgrüppe anvisierten als Zeitungen, dafür aber erheblich teurer waren, was gemeinsame Abonnements und Ausleihe um so attraktiver machte. Er kommt zudem Schluß,daß die durchschnittliche Leserzahl zumindest der populären literarischen Zeitschriften im späten 18. Jahrhundert kaum unter der der Zeitungen gelegen haben dürfte. Engelsing: Analphabetentum, S. 56/57; Welke: Zeitung. S. 81/82; Wilke: Literarische Zeitschriften, Bd, \, S. 107, 3(1 Matthias Claudius parodierte die durch Eitelkeit aufgeblähten Subskriptionslisten sehr witzig, als er 1775 die Entscheidung, seiner Sammelausgabe des Wandsbecker Boten kein entsprechendes Verzeichnis beizufügen, folgendermaßen begründete: »Da ich nicht absehen kann, zu was Nutzen die Namen der Herren Subscribenten vor so ein Buch wie meins vorgedruckt werden sollten, so wercT ich sie hübsch in Petto behalten, es sey denn, daß jemand ausdrücklich anders begehrt. Ich war erst willens, alle Herren Subskribenten voran in Kupfer stechen zu lassen; man hat mir aber gesagt, daß dergl. seine Unbequemlichkeiten hat, und so hab ich's wieder aufgegeben.« Zit. n. Wittmann: Subskribenten- und Pränumerantenverzeichnisse, S.64, Anm.43; dort auch eine ernüchterter Kommentar von Gräter, der erfahren hatte, daß man in Weimar seine Zeitschrift allein aus Gefälligkeit für seinen Kollekteur Herder bestellt hatte, zit. S.67, Anm.52, 1! Über Pränumerazions- und Subskripzionsunfug, in: Berlinische Monatsschrift, Bd. 12 (1788), S.439-459. Einer Enthüllungsschrift von 1791 zufolge wurden den willkürlich in die Liste Aufgenommenen mitunter die Werke zugeschickt, in der Hoffnung, von einem Teil der Getäuschten troiz allem das Geld zu erhalten und die anderen zumindest von ei-

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Listen der Frauenjournale keine entsprechenden Proteste überliefert, und da ihr Renommee unter den Gebildeten eher gering war, dürfte auch das Motiv der Eitelkeit und Profiiierung bei diesen Subskriptionen nicht sonderlich stark ausgeprägt gewesen sein. Dagegen wares anscheinend im späten 18. Jahrhundert besonders unter Frauen ein verbreitetes Bedürfnis, eine Schriftstellerin zu unterstützen und über die Subskription mit ihr und ihren Verehrerinnen symbolisch in einen empfindsamen Freundschaftsbund zu treten. 12 Sophie von La Röche wußte um dieses Bedürfnis und behauptete es zu teilen: Da ich meine Pomona ganz besonders meinen liebenswürdigen teutschen Landsmänninnen wiedme, so würde es mich unendlich freuen, wenn ich von dem Namen und dem Wohnort meiner schätzbaren Leserinnen unterrichtet wäre. Denn es ist so angenehm zu wissen, wer uns wohl will; und ich würde dann auf meiner Landkarte den Packeten meiner Pomona nachreisen -- und berechnete die Tage, wenn sie bey Ihnen anlangen kann -wünschte mir, daß Sie mit meiner Arbeit zufrieden seyn möchten, und - - Ihnen, daß kein Unglück, keine Trauer oder Krankheit die frohe Aufnahme der Pomona verhindern möge.33

Ein Interesse, zu einem solchen öffentlich dokumentierten Kreis Gleichgesinnter zu gehören, läßt sich vor allem dort vermuten, wo gleich mehrere Familienmitglieder, die an einem Ort oder sogar im gleichen Haus lebten, eine Frauenzeitschrift abonnierten. Dabei scheint es allerdings naheliegend, daß gerade diese Förderinnen auch inhaltlich an der Schrift der von ihnen verehrten Geschlechtsgenossin interessiert waren. Es gibt weitere Hinweise darauf, daß bei aller gegenseitiger Gefälligkeit innerhalb der Bildungselite der Inhalt eines Werks, für das man schließlich mit seinem Namen einstand, nicht gänzlich nebensächlich war. Nachdem 1782 die zweite Gedichtsammlung Philippine Engelhards erschienen war, schrieb Dorothea Spangenberg, eine Bekannte der Göttinger Dichterin, in einem Brief an ihre Freundin Friderike Baidinger in Kassel: Philippines] neue Gedichte sind wieder ein Beweis, wie sehr sie die Pflichten der Schamhaftigkeit mit Füßen tritt. Ich habe sie gelesen - ufnd] mich geärgert. [...] Bei einem Die Trauung betittelt freut ich mich, daß mein Name nicht unter den Subscribenten stand u[nd] das konnte ein Mädchen schreiben!·14

ner Anzeige abzuhalten. [Johann G. Büschel:] Über die Charlatanerie der Gelehrten seit Mencken, Leipzig 1791, Reprint München 1981. Beide Texte auszugsweise zit. bei Wittmann. ebd., S. 60/61. 12 Die Vermutung, daß weibliche Subskribenten empfindsame Freundschaft mit Autoren gesucht hätten, äußert auch Wittmann, der allerdings den Aspekt der Solidarität mit schreibenden Geschlechtsgenossinnen vernachlässigt, da er mit einer Ausnahme nur Subskriptionen auf Werke männlicher Autoren untersucht. Ebd., S. 65 und S. 57, vgl, Kap. IV.2.2. " An meine Leserinnen, in: Pomona, 1. Jg. (1783), Heft 3, S,317-319, hier S.317. Später, als das Abonnentenverzeichnis vorlag, behauptete sie, bei dessen Anblick habe sie ein »unbenennbare[s] Gefühl[ ]« durchdrungen: »Freudiger Dank und Verehrung wechselten in meinem Her/en ab, als ich mir sagte: >Diese Menge wohlwollender Seelen aller Stände beschäftigten sich alle Monate mit dem Durchblättern meines Kopfs und Herzens. Ungenannte« »mehrere hohe und andere Personen« und schloß mit einer Anmerkung, die noch einmal ausdrücklich die Unvollständigkeit unterstrich und »die Herren Kommissionäre und Kollektors« aufforderte, »diese Lükke [...] baldmöglichst zu ergänzen«.50 Der Trend zur Professionalisierung der Distribution hatte sich hier gegenüber Amaliens Erholungsstunden noch deutlich verstärkt: Nur noch 168 Exemplare wurden direkt oder über private Kollektur abonniert, 441 Bestellungen kamen von Buchhändlern, 173 von Postbediensteten und ihren Ämtern. Außerdem subskribierten vier Lesegesellschaften bzw. Lesebibliotheken, eine Bibliothekars-Gesetlschaft, ein Stift und eine Institution in Heidelberg.51 Aus der Subskribentenliste der Unterhaltungen in Abendstunden mit ihren drei Nachträgen lassen sich als Abnehmer 348 identifizierbare und sieben anonyme Privatpersonen erschließen, sowie elf Buchhändler, das Münchner Postamt und ein Postsekretär in Hannover, Dreizehn Personen und ein Buchhändler gaben nach dem ersten halben Jahr die Subskription wieder auf, was in diesem Verzeichnis ungewöhnlicherweise ausdrücklich vermerkt wurde. Da keinerlei Mehrfachbestellungen aufgeführt sind, läßt sich nicht ermessen, wieviele Exemplare über Buchhandel und Post abgesetzt wurden. Die relativ kleine Zahl gewerblicher Verteiler legt aber nahe, daß dieses selbstverlegte Frauenjournal unbekannter Herausgeberinnen recht unprofessionell vertrieben wurde und vermutlich auf dem literarischen Markt nicht sonderlich bekannt war. Der Vergleich der fünf Verzeichnisse bestätigt die Vermutung, daß namhafte Herausgeberinnen sehr viel eher eine größere Zahl von Subskribentinnen und Subskribenten mobilisieren konnten als unbekannte Frauen, die noch dazu ihren Namen nicht nannten. Für die Frauenjournale bereits bekannter Schriftstellerinnen in-

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Solche ausgesprochenen Großkunden waren zum Beispiel die Grafische Buchhandlung in Leipzig mit 50, Buchhändler Wagner in Freiburg mit 25 oder Hortin und Compagnie in Bern mit 24 Exemplaren. Joseph Stahel in Wien taucht 1790 im Verzeichnis ebenfalls mit 50, in späteren Nachträgen dann mit zusätzlichen oder reduzierten 12 und 6 Exemplaren auf. Offenbar handelte es sich hier um Kommissionsbestellungen. Die Buchhändler gingen vermutlich davon aus, daß sie die nicht abgesetzten Journale zurücksenden könnten und nicht bezahlen müßten. Genau diese Praxis war es wohl, über die sich Theophil Ehrmann in seinem Rechtfertigungsschreiben an den Cotta-Verlag verwundert und empört zeigte, vgl. Kap. IIS.2.3. 511 Subscribenten=Verzeichniß der Einsiedlerin aus den Alpen, in: EA, l,Jg. (1793), Bd.4, S. l-20, hier S. 20. Sl Die mir unbekannte Abkürzung für diese Institution lautet H. V,G. 328

teressierten sich nicht nur mehr Leserinnen, hier war auch ganz offensichtlich der Reiz größer, mit dem eigenen Namen auf einer veröffentlichten Subskribentenliste zu erscheinen. Hatte eine Verlagshandlung Herstellung und Vertrieb übernommen, war der Anteil der Buchhändler an den Bestellungen erheblich größer, was zugleich bedeutete, daß die Anonymisierung des Publikums voranschritt.

2,1 Soziale Zusammensetzung Da die Subskriptionslisten mit den Namen gegebenenfalls auch die Adelsprädikate verzeichnen, läßt sich der Anteil der Privatpersonen sozial differenzieren nach Zugehörigkeit zum Fürsten- und Hochadel, zum niederen Adel und zum Bürgertum. 52 Darüber hinaus gaben sehr viele männliche Subskribenten ihr Amt, einen akademischen Grad oder eine Tätigkeit an, und auch ein Teil der weiblichen Abonnenten machte eine nähere Angabe zum sozialen Stand. Bei verheirateten Frauen handelte es sich dabei in der Regel um einen von der Position des Gatten abgeleiteten weiblichen Titel,53 bei ledigen Subskribentinnen - was allerdings vergleichsweise selten vorkam - um eine selbstbekleidete Position.54 Die wenigsten dieser Rang- und Stan52

Die Unterscheidung zwischen hohem und niederem Adel ist in Deutschtand vor 1806 nicht ganz eindeutig. Zum hohen Adel zählten nur solche reichsunmittelbaren, regierenden Familien, die auch über die Reichsstandschaft verfügten, d, h. das Recht auf Sitz und Stimme irn Reichstag hatten. Das konnte eine volle Virilstimme oder der Anteil an einer gemeinsamen Kuriatstimme sein. (Übersicht über die Reichsstände in: Herbert Grundmann (Hg.): Von der Reformation bis zürn Ende des Absolutismus (=Gebhardt: Handbuch der deutschen Geschichte, 9. neu bearb. Auflage, Bd. 2), Stuttgart 1970, S. 769-784). Als Hochadlige werden in der folgenden Auswertung alle diejenigen gezählt, die der Übersicht zufolge reichsständisch waren. Hinweise auf den Adelsrang bieten zudem auch die Verzeichnisse selbst: Mitglieder regierender Fürstenhäuser wurden zumeist je nachdem als »Königliche Hoheit«, »Hoch fürst l i ehe Durchlaucht« oder »- Gnaden« bezeichnet, Reichsgräfinnen erhielten den Titel »Ihro Exzellenz«. Bewohnerinnen fürstlicher Damenstifte werden ebenfalls zu dieser Gruppe gezählt, nicht nur die gefürsteten Äbtissinnen. Alle weiteren Adelsprädikate, wie Baronin/Baroneß/Baron, Freifrau/Freifräulein/Freiherr, Gräfin/Graf sowie ein »von« im Namen werden hier dem niederen Adel zugerechnet, alle anderen Privatpersonen gelten als Bürgerliche. Aufgrund regionaler Besonderheiten bei der Titelvergabe könnte die Einteilung einige Fehler aufweisen, die jedoch angesichts dessen, daß es sich hier ohnehin nur um Anhaltswerte handelt, nicht weiter ins Gewicht fallen. Zur Rechtsstellung des hohen und niederen Adels vgl, Hermann Conrad: Deutsche Rechtsgeschichte, Bd.2: Neuzeit bis 1806, Karlsruhe 1966,5.208-215. M Über die Hälfte der verheirateten Subskribentinnen bezeichnete sich in dieser Weise mit der Tätigkeit bzw. dem Rang des Ehemannes. In drei Verzeichnissen machten sogar weniger Männer als verheiratete Frauen eine entsprechende Angabe. Es wäre sehr wohl möglich, daß unter denjenigen, die keine weiteren Angaben machten, Menschen mit weniger prestigeträchtiger Stellung überwogen. Insofern ist zu berücksichtigen, daß die Auswertung dieser Daten bezogen auf die gesamte Subskribenten- und erst recht die gesamte Leserschaft vermutlich ein zu hohes soziales Niveau suggeriert. 54 Neben etlichen Stiftsdamen finden sich unter den Subskribentinnen einige wenige Hofdamen, Hofmeisterinnen undTöchterlehrerinnen. Auf den Berufsstand des Vaters verwies nur eine einzige Frau, nämlich »Jungfer Regula Lavater, Hrn. Stadtrichters Tochter« in Zürich, die 1792 die Unterhaltungen in Abendstunden abonnierte.

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desangaben können als Berufsbezeichnungen im modernen Sinn verstanden werden. Nach zeitgenössischem Sprachgebrauch benannten sie den »Charakter« eines Menschen.55 Es überwogen noch deutlich die Titel der Ständegesellschaft, die Aufschluß geben über die Einnahmequellen und das Sozialprestige der Bezeichneten, jedoch nicht zwingend über ihre Beschäftigungen. So läßt sich etwa bei den Inhabern von Hof-, Staats- und Kirchenämtern allein aufgrund des Titels oftmals nicht entscheiden, ob diese ein Ehrenamt bekleideten, über eine Pfründe verfügten oder einer geregelten Tätigkeil nachgingen. Die Sprachregelung, diese Titel in weiblicher Form auf Ehefrauen anzuwenden, war in adligen Kreisen insofern nicht ungewöhnlich, als durch die Erblichkeit des Adels und die Übertragung eines Adelsprädikats durch Heirat auch Frauen immer den Rang einer Familie repräsentierten. Die Ausweitung dieser Praxis auf Hofämter und -dienste führte zu Wortbildungen wie »Stallmeisterinn und Cammerberrinn« oder »Hochfürstliche Leibmedikusin«, Beamtenränge, Diplomatentitel und selbst militärische Dienstgrade wurden ebenfalls mit einer weiblichen Endung versehen und den Gattinnen verliehen. So stehen in den Verzeichnissen mehrere »Etatsministerinnen«, »Komitialgesandtinnnen in Regensburg« sowie eine »Frau Generalin«, um nur einige Beispiele zu nennen. Wenn nun auch das Bürgertum Ehefrauen als »Amtmänninnen« und »Professorinnen« titulierte, so kopierte es damit adlige Prestigezuweisung. Denkbar ist allerdings auch, daß in diesem Brauch noch das Bewußtsein des frühneuzeitlichen Stadtbürgertums fortwirkte, wonach beide Ehepartner als Teile eines »Arbeitspaares« ihren Beitrag zur Erfüllung der Berufsaufgaben und Standespflichten sowie zürn gemeinschaftlichen Lebensunterhalt leisteten.56 Nicht nur in Handel und Handwerk, auch für viele Ämter war einem Mann eine Ehefrau unentbehrlich. 57 Zur bürgerlichen Existenz gehörte notwendig die Verehelichung, das galt auch für die Gebildeten.58 Das protestantische Pfarrhaus bedurfte einer Pfarrfrau, 59 und solange die Besoldung der Beamten zumindest zu einem Teil aus Naturalien und Landnutzung bestand, war noch

ss

Vgl. den Subskriptionsaufruf zu Wielands zweiter Ausgabe des Agathon aus dem Jahr 1772, zit. bei Ungern-Sternberg: Wieiand, Sp. 1437. s * Zum »Arbeitspaar« vgl, Wunder: »Er ist die Sonn'«, bes. S.90-138. 57 So wurde etwa die Verwaltung von Hospitälern, Findelhäusern und Gefängnissen in der Reget Amtsehepaaren übertragen, die gemeinsam einen Amtseid ablegten. Auch die feste Einbindung von Gerichtsvögtinnen, Rentmeisterinnen und Lehrerfrauen ist für die Frühe Neuzeit überliefert. Ebd., S. 137/138. w Nicht selten hatte dies auch eine ganz konkrete materielle Seite, wenn nämlich eine Existenzgründung, der Kauf eines Amts oder die Eröffnung einer Praxis für den Ehemann mit der Aussteuer oder dem Erbe der Ehefrau ermöglicht wurde, •w Sie sollte nicht nur das Pfarrhaus zu einem Vorbild christlichen Familienlebens machen, sondern auch zahlreiche Aufgaben außerhalb des Hauses wahrnehmen. (Vgl. Luise Schorn-Schütte: »Gefährtin« und »Mitregentin«. Zur Sozialgeschichte der evangelischen Pfarrfrau in der Frühen Neuzeit, in: Heide Wunder/Christina Vanja (Hg.): Wandel der Geschlechterbeziehungen zu Beginn der Neuzeit, Frankfurt/M. 1991, S. 109-153). In den Subskriptionsverzeichnissen taucht der heute gebräuchliche Titel einer Pfarrfrau nicht auf. Zu einer Zeit, wo Mißverständnisse noch ausgeschlossen waren, wurden Pfarrfrauen hier als »Pfarrerinnen« und »Pastorinnen« bezeichnet, 330

offenkundig, daß neben Dienstboten auch die Ehefrauen das Haushaltseinkommen erwirtschafteten. Mit ihren weiblichen Titelangaben spiegeln die Subskribentenlisten der fünf Frauenzeitschriften mithin, daß die Versorgung in den gebildeten Ständen im späten 18. Jahrhundert erst im seltensten Fall auf einer regelmäßigen Erwerbsarbeit des Familienoberhaupts und »bloßer« Hausarbeit der Ehefrau, sondern vielmehr auf gemeinsamer Haushaltung beruhte. Eine quantifizierende Auswertung der fünf Verzeichnisse in Hinblick auf die soziale Zusammensetzung der Subskribentenschaft zeigt sehr anschaulich, daß das interessierte Lesepublikum, die Bildungselite, sich nicht nur aus dem Bürgertum, sondern auch aus dem Adel rekrutierte. Ein ganz beträchtlicher Anteil der Subskribentinnen und Subskribenten war adlig, und alle fünf Frauenzeitschriften fanden Eingang in höfische Kreise. wl Jedenfalls konnten alle Herausgeberinnen in ihren Namenslisten mit regierenden Fürstinnen, Prinzessinnen sowie Bewohnerinnen fürstlicher und adliger Damcnstifte aufwarten. Von Amaliens Erholungsstunden ging mit 7l Exemplaren die größte Zahl an ein hochadliges Publikum. Unter den Bestellungen von 48 Personen waren einige kleinere Mehrfachbestellungen, es kam jedoch zu keinem so aufsehenerregenden Fall fürstlichen Mäzenatentums wie bei der Pomona durch die russische Zarin Katharina . 1 Es überwogen klar die Mitglieder fürstlicher Familien in kleinen deutschen Territorialstaaten, Die wohl vornehmsten Subskribentinnen waren Prinzessin Louise von Preußen, die Erbstatthatterin der Vereinigten Niederlande und Marianne Ehrmanns Landesherrin, Herzogin Franziska von Württemberg, von der die Herausgeberin gelegentlich empfangen wurde. Letztere blieb ihr auch nach dem Bruch mit dem Cotta-Verlag treu, ansonsten war die Resonanz auf das Nachfolgeblatt in höfischen Kreisen geringer als drei Jahre zuvor auf das erste Frauenjournal Marianne Ehrmanns, Die Einsiedlerinn aus den Alpen abonnierten nur noch elf Frauen der deutschen Hocharistokratie. Sophie von La Röche, die als Ehefrau eines Fürstendieners und hohen Beamten viele Jahre in höfischen Kreisen verkehrt hatte und entsprechende Kontakte pflegte, fand für ihre Pomona nicht ganz so viele fürstliche Gönnerinnen wie Marianne Ehrmann sieben Jahre später für Amaliens Erho!ungsstunden,d&tÜT aber hochherrschaftlichere, prominentere. Die vermutlich symbolischen 500 Exemplare der russischen Kaiserin nicht mitgerechnet, gingen 48 Bestellungen aus dem deutschen und europäischen Hochadel ein, unter anderem von der englischen Königin, von der dänischen Königin und ihrer Tochter, von der Erbstatthalterin der Vereinigten Niederlande, die später auch auf Amaliens Erho-

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Bei der Pomona und den Unterhaltungen in Abendstunden entstammte knapp die Hälfte aller angeführten Subskribentinnen und Subskribenten dem Hoch- oder niederen Adel, s. Tabelle 2 im Anhang. 61 Die größte Bestellung aus Hofkreisen belief sich auf zwölf Exemplare. Die Gönnerin wollte offenbar unerkannt bleiben und erschien daher als eine »ungenannte höchste Durchlauchtigste Person« im Subskribentenverzeichnis. Siegnd Düll fand außerdem Exemplare der Zeitschrift in einigen wenigen Bibliotheken von Fürstenhäusern, die nicht im Verzeichnis auftauchen, Düll, S.235/236.

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lungsslunden subskribierte, von der Königin von Neapel, von der Erzherzogin von Österreich sowie von der Herzogin und der Herzoginmutter in Sachse n-Weimar, mehreren weiteren sächsischen Fürstinnen, vom markgräflich badischen Hof, von der Fürstin von Anhalt-Dessau, der Herzogin von Braunschweig und der Gräfin von Neuwied. Selbst die beiden Frauenzeitschriften unbekannter Herausgeberinnen mit ihren vermutlich erheblich geringeren Auflagen konnten in ihren Abonnementsverzeichnissen immerhin jeweils zwölf fürstliche Bestellungen präsentieren. Von Charlotte Hezels Förderinnen wollten drei ungenannt bleiben, die anderen sechs bestellten zum Teil zwei oder drei Exemplare und waren sämtlichst Mitglieder regierender Fürstenhäuser in kleinen mitteldeutschen Staaten. Auch die Unterhaltungen in Abendstunden fanden ihre fürstliche Unterstützung vor allem in der Region, so beim bayrischen Landesherrn, Kurfürst Karl Theodor, und der verwitweten Kurfürstin, dem Fürstbischof von Regensburg und Freising, der badischen Erbprinzessin in Karlsruhe und einigen wenigen anderen. Für diesen vielleicht überraschend hohen Prozentsatz hochadliger Subskribentinnen 62 mag die traditionelle Funktion der Fürstenhäuser als Kunstmäzene eine Rolle gespielt haben. Vermutlich warben die Herausgeberinnen oder Bekannte von ihnen ganz gezielt um Frauen des Fürst- und Hochadels, um mit der Veröffentlichung von deren Namen in der Subskribentenliste der Frauenzeitschrift Glanz zu verleihen.63 Reinhard Wittmann behauptet, unter weiblichen Kollekteuren sei mitunter ein regelrechter Wettstreit entbrannt, wem es zuerst gelinge, die regierende Fürstin zu einer Subskription auf fünf Exemplare zu überreden.64 Unter 62

Bei der Pomona, bei Amaliens Erholungsstunden und beim Wochenblatt für's Schöne Geschlecht machten die Bestellungen aus fürstlichen Kreisen jeweils ca. 7% aller in der Liste angeführten Subskriptionen aus. Das war für damalige Verhältnisse viei. So gait etwa Wieland als ausgesprochener Hof- und Adelsliebling, weil 1773 der Subskriptionsliste zur zweiten Ausgabe des Agaihon zufolge von 926 Exemplaren 79 an ein hochadliges Publikum gingen. Nach meinen Berechnungen wären das 8,5 %, Ungern-Sternberg kommt auf 5,8% (vielleicht ein Druckfehler, der sich aber durch die Forschungsliteratur zieht). Auch Wieland erhielt damals bereits eine besondere Zuwendung von der russischen Kaiserin, die Beachtung bei den Zeitgenossen fand. Die 20 Exemplare nehmen sich allerdings recht bescheiden aus neben den 500, die Katharina II. zehn Jahre später Wielands Freundin Sophie von La Röche vergütete. Ungern-Sternberg: Wieland, Sp. 1447/1448 und Sp. 1441; vgl. Wittmann: Subskribenten- und Pränumerantenverzeichnisse, S, 52 63 Von Marianne Ehrmann ist ein solcher ehrerbietiger Brief an eine Erbprinzessin vom Juni 1789 erhalten. Sie nannte die Fürstin eine »Denkerin, Freundin der Wißenschaften und zu gleich eine einsichtsvolle Kennerin« und sandte ihr Schriften von sich selbst und ihrem Mann. Welche Unterstützung sie sich genau erhoffte, ließ sie offen. Um eine Subskriptionswerbung für Amaiiens Erholungsstunden kann es sich hier insofern nicht handeln, als zu diesem Zeitpunkt die Frauenzeitschrift erst in Planung war. Sie schrieb: »Von der feurigsten Hofnung besek, daß Eüere Hochfiirstliche Durchlaucht die Früchten meiner Muse nicht ungnädig von sich stossen werden, erdreiste ich mich, dieselben zur gnädigsten Beurtheilung zu Füßen zu legen, dies mag die Kühnheit entschuldigen, womit ich diesen Schritt wagte.« Marianne Ehrmann an eine Erbprinzessin am 3Q.6.1789, Bayrische Staatsbibliothek München, Autogr. Ehrmann, Marianne, 64 Wittmann: Buchhändlerzeitschriften, Sp. 913, Zur Subskribentenjagd vgl. auch die Briefsammlung: Ilse Schreiber (Hg.): »Ich war wohl klug, daß ich dich fand«, Heinrich Christian

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Umständen fanden weibliche Autoren bei den Fürstinnen um so eher Protektion, als eine mehr oder weniger umfangreiche Subskription die nahezu einzige Möglichkeit darstellte, wie diese eine schriftstellernde Geschlechtsgenossin unterstützen konnten. Ein einträgliches Hofamt oder eine ansehnliche Pension, wie Fürsten sie mitunter männlichen Literaten verliehen, war für Frauen fast undenkbar, sollten sie doch nach Möglichkeit den Status von Dilettantinnen wahren. Zugleich ist es allerdings nicht unwahrscheinlich, daß die Frauenzeitschriften in höfischen Kreisen auch tatsächlich rezipiert wurden. Von etlichen hochadligen Frauen ist bekannt, daß sie regelmäßig lasen und sich vorlesen ließen.65 In der oft als »Musenhof« bezeichneten herzoglichen Residenz von Sachsen-Weimar hatten neben der verwitweten Herzogin Anna Amalia und ihrer Schwiegertochter, der Herzogin Louise, auch die Hofdamen Luise von Göchhausen und Fräulein von Riedesel, drei Kammerherrinnen und mehrere Gattinnen hoher Beamter wie die Frau von Stein und deren Schwägerin, Frau von Schardt, die Pomona abonniert. Luise von Göchhausen war vermutlich mindestens einmal mit einem Beitrag im Blatt vertreten. Die zahlreichen Subskriptionen gingen mit einiger Sicherheit auf die Werbung des Weimarer Pensionärs Christoph Martin Wieland zurück. Dabei erscheint es durchaus naheliegend, daß hier, wo die Hofgesellschaft in diesen Jahren an ihrem eigenen Tiefurter Journal schrieb,66 die Monatsschrift einer bekannten Schriftstellerin auf Interesse stieß. Wie in Weimar so finden sich auch in anderen Residenzstädten eine ganze Reihe von adligen und wenigen bürgerlichen Subskribentinnen, die ihren Titeln und Ämtern nach Mitglieder des dortigen Hofstaats waren. Sie wirkten als Hofmeisterinnen Boies Briefwechsel mit Luise Mejer 1777-1785,2. Aufl. München 1963, bes. S. 20/21, S.27, S.192,S.221/222. ft5 Als Luise Mejer 1783 Gesellschafterin der Gräfin Luise von S toi be rg-S to I be rg in Tremsbüttel wurde, war sie zunächst entsetzt über die Lesewut ihrer Herrin. Sie schrieb: »Man stopft hier die Menschen mit Lektüre, wie man Gänse mit Nudeln stopft. Die Gräfin hat heute ihre Rechnung beschlossen: sie hat in diesem Jahre 75 Bände durchgelesen ohne die Journale etc. - und 911 Briefe geschrieben.« (Luise Mejer an H.C. Boie am 30,12.1783, abgedruckt in: Schreiber (Hg.j, S. 271/272, hier S. 271). Allmählich fand sie Gefallen am dortigen täglichen Bildungsprogramm. Den Tagesablauf schilderte sie folgendermaßen: »Um zehn Uhr wird gefrühstückt. Dann liest Stolberg ein Kapitel in der Bibel und einen Gesang aus Klopstocks Liedern vor. Jeder geht nach seinem Zimmer. Ich lese dann in dem >Spectalor Lebenslagen«, dann kommt Lotte zu mir herunter, und ich lese mit ihr den Milton eine Stunde. Dann gehen wir wieder herauf, und ich lese dem Grafen und der Gräfin vor, aus dem Plutarch, bis es Teezeit ist [urn] neun Uhr Abends. Nach dem Tee liest Stolberg ein Kapitel in der Bibel und einen Gesang aus dem Klopstock vor; damit Gute Nacht. Wenn der Geist nur erst an diese reichliche Nahrung gewöhnt ist, ist sie ganz vortrefflich.« (Luise Mejer an H. O Boie, am 1.1.1784, ebd., S, 273-275, hier S. 274). Gräfin Luise von StolbergStolberg steht in keiner der fünf Subskribentinnenlisten. Ihre Schwägerin Auguste von Stollberg in Werningerrode abonnierte 1790 zwei Exemplare von Amaltens Erholungstunden. "o Vgl. Kap. II.4.

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und Erzieherinnen, Gesellschafterinnen und Kammerfräulein. Hinter den subskribierenden Hofmarschällen, Kammerherren, Mundschenken und Stallmeistern dürften sich weitere Hofdamen verbergen, denn oft bekleideten die Ehefrauen dieser Fürstendiener selbst eigene Hofämter und waren fest in die Hofgesellschaft eingebunden, 67 Längst nicht alle höfischen Titel erforderten allerdings regelmäßige Dienste und Anwesenheit im Schloß, zum Teil handelte es sich um reine Hofchargen, verliehen als Anerkennung und zwecks standesgemäßer Versorgung. Der Anteil der Subskribentinnen und Subskribenten, die der höfischen Gesellschaft zuzurechnen sind, ist daher schwer abzuschätzend8 Er war aber wohl insbesondere bei der Pomona und Amaltens Erholungsstunden recht umfangreich. Einige der Subskribentinnen aus dem hohen und niederen Adel sind in den Verzeichnissen zudem als Stiftsdamen ausgewiesen. Außer dem Wochenblatt für's Schöne Geschlecht wurden alle anderen vier Frauenzeitschriften von einzelnen oder gleich von mehreren Angehörigen solcher Gemeinschaften unverheirateter adliger Frauen abonniert. ny Auch hier erscheint es plausibel, daß mäzenatische Gesinnung durchaus mit echtem Leseinteresse einhergehen konnte. Es war wiederum Marianne Ehrmann, die mit Amaliens Erholungsstunden von allen Herausgeberinnen in diesem Milieu den größten Absatz erzielen konnte; 27 Bestellungen gingen ein, davon allein zwölf aus dem fürstlichen Reichsstift in Buchau am Federsee, sechs aus dem adligen Damenstift zu St. Stephan in Augsburg und drei aus dem Fräuleinstift 67

Vgl. Sylvia Paletschek: Adelige und bürgerliche Frauen (1770-1870), in: Elisabeth Fehrenbach (Hg.): Adel und Bürgertum in Deutschland 1770-1848, München 1994, S. 159-185, hier S. 178/179; Carl von Kaltenborn: Hof, Hofbeamte, Hofceremoniell, Hofstaat, in: Deutsches Staats-Wörterbuch, hg. v. Johann Caspar Bluntschli und Karl Brater, Bd.5, Stuttgart 1860, S.200-223, hier S. 220. 6(1 >Höfische Gesellschaft« meint nicht nur den mehr oder weniger großen Hofstaat, sondern all diejenigen, die gesellschaftlich Zugang zum Hof hatten, an den höfischen Festen, Bällen und Theateraufführungen teilnahmen. In dieser Weise hoffähig waren längst nicht alle, die bei Hofe angestellt waren oder sonst von Amts wegen mit ihm zu tun hatten, Vgl. Rudolf Vierhaus: Höfe und höfische Gesellschaft in Deutschland im 17. und 18. Jahrhundert, in: Ernst Hinrichs (Hg,): Absolutismus, Frankfurt/M. 1986, S. 116-137; Otto Dann: Eine höfische Gesellschaft als Lesegesellschaft, in: Aufklärung 6 (l 991), Heft l, S. 43-57, hier S. 43, M Inge Gampl: Adelige Damenstifte. Untersuchungen zur Entstehung adliger Damenstifte in Österreich unter besonderer Berücksichtigung der alten Kanonissenstifte Deutschlands und Lothringens, Wien, München I960; Küppers-Braun: Katholische Hochadelsstifte; dies.: Frauen des hohen Adels im kaiserlich-freiweltlichen Damenstift Essen (1605-1803), Münster 1997; dies, (unter dem Namen Braun): Hochadlige Frauen des kaiserlich-freiweltlichen Damenstiftes Essen, Neue Fragestellungen, in: Bea Lundt (Hg.): Vergessene Frauen an der Ruhr. Herrscherinnen, Hörige, Hausfrauen, Hexen, Köln 1992, S.51-76. Speziell das Essener Stift war allerdings in den fünf Subskriptionslisten nicht verzeichnet. Ute Küppers-Braun widerspricht in ihren Arbeiten zu hochadligen Damenstiften der verbreiteten Ansicht, diese Einrichtungen hätten vorrangig der Versorgung unverheirateter Töchter gedient. Sie zeigt, daß die meisten Frauen sehr jung ins Stift eintraten und etwa die Hälfte von ihnen das Stift später wieder verließ, um zu heiraten. Ihre These ist daher, daß die exklusiven Hochadelsstifte, indem sie von den Bewerberinnen ausführliche Abstarnmungsnachweise verlangten, vor allem die für den Hochadel existentielle Ebenbürtigkeit der Heiratskandidatinnen sicherstellten.

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St, Anna zu München, Ihre Einsiedler'mn aus den Alpen wurde immerhin noch 18mal in Damenstiftcn abonniert, wobei allein das fürstliche Reichsstift in Buchau mit der gefürsteten Äbtissin voran erneut im Subskribentenverzeichnis in Erscheinung trat, 70 Im Münchner Stift subskribierten die Damen nun für das lokale Frauenjournal Unterhaltungen in Abendstunden.1^ Dieses erhielt insgesamt Bestellungen von sechs Stiftsdamen. Sophie von La Röche fand - nach dem Abonnementsverzeichnis zu schließen - in den Damenstiften nicht einen solch gesammelten Unterstützungswillen wie Marianne Ehrmann, ihre Pomona wurde eher von einzelnen, höchstens von zwei Darnen eines Stifts bezogen. Die 16 Bestellungen kamen aus elf verschiedenen Stiften, zwei waren von den dortigen Äbtissinnen unterzeichnet worden. So begehrt hochadlige Frauen als Subskribentinnen auch waren, fürstliche Unterstützung in Form mehr oder weniger großzügiger Subskription konnte eine Selbstverlags-produktion noch nicht absichern, Wieland, der immer einen klaren Blick für die geschäftliche Seite seiner literarischen Unternehmungen zeigte, war zwar seinerseits stolz auf seine zahlreichen vornehmen Subskribenten, wußte aber, daß sich darauf allein noch kein dauerhafter Erfolg gründen ließ: »Was helfen mir etliche Dutzend durchlauchtigste Louisd'orl Die Menge muß es austragen«, schrieb erl772anGleirn, 7 2 Schaut man sich die den hauptsächlichen Gewinn bringende »Menge« in den Subskribentenverzeichnissen der Frauenzeitschriften an, so zeigt sich, daß diese sich mit nur wenigen Ausnahmen in der städtischen, bürgerlich-adligen Bildungselite fand. In diesen Kreisen waren Frauen wie Männer nicht nur mit großer Selbstverständlichkeit des Lesens fähig, hier war man an regelmäßige Lektüre gewöhnt, brachte den in den Frauenzeitschriften verhandelten Themen Interesse und Vorkenntnisse entgegen, verfügte über genügend freie Zeit und vielfach auch das nötige Geld, um ein Jahresabonnement abzuschließen. Die Mädchen dieser Schicht, für die keinerlei geregelte, systematische Schulbildung vorgesehen war und keine entsprechenden höheren Schulen zur Verfügung standen, wuchsen hier in Familien heran, in denen die Männer zumeist studierten. Sie hatten zunächst wohl oft am Privatunterricht für die Brüder teilgenommen oder waren selbst vom Vater, der Mutter, einer Gouvernante oder einem Hauslehrer unterrichtet worden. Später waren die studierenden Brüder oder andere gebildete männliche Verwandte vielfach diejenigen, die ihnen Bücher beschafften und empfahlen, ihnen kleine Vorträge hielten oder von wissenschaftlichen Studien berichteten. In der kulturellen Elite fanden also in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Frauen am ehesten Zugang zu Lite-

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Während die Stiftsdamen 1790 alle mit vollem Namen genannt wurden, bestellten sie das Nachfolgeblatt offenbar weilgehend kollektiv über Hofrat Schefold und seine Frau. Zum Stift und den einzelnen Stiftsdamen vgl. Bernhard Theil (Bearb.): Das (freiweltliche) Damenstift Buchau am Federsee (Germania Sacra N.F. 32), Berlin, New York 1994, 7i Zur Überschneidung der Subskribentenkreise vgl. Kap. IV.2.5. n Christoph Martin Wieland an J.L.W. Gleim am 4.5.1772, abgedruckt in: Wielands Briefwechsel, Bd. 4 (1979), S. 489-492, hier S, 491. Diese Äußerung bezog sich auf die oben bereits angeführte Agai/ton-Subskription. 335

ratur und damit die wesentliche Voraussetzung für autodidaktische Bildungsanstrengungen. Gruppiert man die Angaben von Titein, Ämtern und Beschäftigungen in den Subskribentenverzeichnissen zu verschiedenen sozialen Milieus, was angesichts der nicht immer eindeutig identifizierbaren Bezeichnungen und vor allem der fließenden Übergänge zwischen den künstlich geschaffenen Gruppen keineswegs unproblematisch ist, so zeichnen sich trotz dieser grundsätzlichen Einschränkungen sowohl interessante Gemeinsamkeiten und Trends als auch signifikante Unterschiede zwischen den Förderer- und Bezieherkreisen der fünf Frauenzeitschriften ab,73 Die mit Abstand zahlreichste Gruppe in allen fünf Listen bilden die Fürsten- und Staatsdiener und deren Ehefrauen. 74 Manche der angegebenen Titel und Ämter sind klar als Hofchargen zu erkennen, andere bezeichnen Beschäftigungen in der kaiserlichen Reichsverwaltung, in den landesherrlichen Regierungen, Zentralverwaltungen und Fachbehörden sowie in untergeordneten Ämtern, Da aber im späten 18. Jahrhundert insbesondere in den kleineren Territorien Hof- und Staatsamt vielfach noch nicht streng voneinander getrennt waren, bleiben zahlreiche Amtsangaben uneindeutig. Zudem läßt sich oftmals nicht entscheiden, ob es sich um einen bloßen Ehrentitel oder um eine regelmäßige Beschäftigung handelte, ob der Betreffende der Residenzpflicht unterlag und welchen Rang er in der Hierarchie wohl in etwa bekleidete. Eine nähere Differenzierung muß deshalb unterbleiben. Unter den Höflingen überwogen ganz entschieden die Adligen,7·'' die hohen und höheren Staatsämter teilten sich die Adligen den Listen zufolge mit Bürgerlichen, während bei den mittleren und Subalternbeamten kaum noch Adlige zu finden sind.76 Eine 71

Vgl, Tabelle 5 im Anhang. Beamte finden sich auch noch in einigen weiteren der von mir gebildeten Gruppen. Sie stellen in allen Verzeichnissen knapp bis gut die Hälfte all derjenigen, die überhaupt eine nähere Angabe zu ihrer Beschäftigung machten. Auffällige Unterschiede in der jeweiligen Zusammensetzung der Gruppe zeigen sich bei näherer Aufgliederung. 7i Eva Kell hat die Stellung bürgerlicher Höflinge untersucht und konstatiert, daß es zu einer nennenswerten Verbürgerlichung der Hofgesellschaft nicht gekommen sei, eine »einbürgernde« Wahrnehmung und Schilderung vielmehr zeitgenössischem bürgerlichem Wunschdenken entsprang. Eva Kell: Bürgertum und Hofgesellschaft. Zur Rolle »bürgerlicher Höflinge« in kleineren deutschen Fürstenhöfen (1780-1860), in: Fehrenbach (Hg,), S.187-201; ähnlich Vierhaus: Höfe, S, 132-l34. 76 Zur deutschen Bürokratie im 18, Jahrhundert; Hans Hattenhauer: Geschichte des Beamtentums, Köln, Berlin, Bonn, München 1980, bes. S. 91 -179; Wilhelm Bleek: Kameralistische Beamtenausbildung im 18. Jahrhundert, in: Ulrich Herrmann (Hg.): Die Bildung des Bürgers. Die Formierung der bürgerlichen Gesellschaft und der Gebildeten im 18. Jahrhundert, 2. Aufl. Basel 1989, S.306-321; vgt. auch Dipper, S.200-262; Wehler, Bd.l, S.254-267. Irn 16. und 17. Jahrhundert waren bürgerliche Gelehrte als Experten in die Räte, mitunter sogar in die Kabinette vorgedrungen. Im 18, Jahrhundert, als auch der Adel seine Söhne zunehmend studieren ließ, kam es zu einer gewissen Rearistokratisierung der hohen Bürokratie. Hattenhauer, S. 103-108; Bleek, bes. S.310/311; Vierhaus: Höfe, bes. S. 128/129. Interessantes Zahlenmaterial zur Rearistokratisierung von Verwaltungsspitze und Heer liefert zudem Alberto Martin«: Barockpoesie, Publikum und Verbürgerlichung der literarischen Intelligenz, in: IASL1 (1976), S. 107-145, hier S. 137-l40. Martinos darauf gegründete These, derzufolge die Intelligenz sich weniger durch erwachendes Klassen74

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ganze Reihe von Amtstiteln verweist auf eine juristische Ausbildung, 77 und überhaupt wird man davon ausgehen können, daß die Mehrzahl der politischen und höheren Verwaltungsbeamten im späten 18, Jahrhundert ein Universitätsstudium absolviert hatte. Auch wenn der Titel eines >Hofrats< ein bloßer Ehrentitel war, ist sein Träger als Gebildeter anzusehen. Insgesamt steht eine große Zahl von Subskribenten in landesherrlichen Diensten nur wenigen Mitgliedern der ständisch-städtischen Selbstverwaltung gegenüber.78 Besonders hoch war der Anteil der zivilen Fürsten- und Staatsdiener an der Subskribentenschaft des Wochenblatts für's Schöne Geschlecht und der Pomona, deutlich niedriger bei den im Süden erscheinenden drei Frauenzeitschriften, Dagegen fällt auf, daß sowohl Amaliens Erholungsstunden als auch die Unterhaltungen in Abendstunden von einer beträchtlichen Anzahl von hohen Militärs abonniert wurden. Nun waren sowohl Marianne Ehrmann als auch Catharina von Hesse in erster Ehe mil Offizieren verheiratet gewesen, jedoch scheint äußerst fraglich, ob dies in den neunziger Jahren dem Publikum noch bekannt war und ob dies die Abonnementsentscheidung von Angehörigen des Militärs in irgendeiner Weise beeinflußte. Eher ist zu vermuten, daß beide Herausgeberinnen über persönliche Bekanntschaften mit Offizieren und ihren Frauen verfügten, und daß diese das Frauenjournal in ihren Kreisen weiterempfahlen. Eine vergleichbar prestigereiche Klientel - wenn auch in geringerer Zahl - fand Sophie von La Röche unter Gesandten und Residenten insbesondere in Regensburg und Wien.79 Eine größere Gruppe von Adligen meldete bei der Subskription kein Amt, sondern lediglich das Adelsprädikat,^ Da die meisten von ihnen als Wohnsitz eine Residenz-, Universitäts- oder freie Reichsstadt angaben, kann angenommen werden, daß der Landadel von der »Leserevolu-

bewußtsein als vielmehr durch eine Abschottung des Adels sowie ihre Verdrängung aus dem Fürstendienst »verbürgerlicht« und mit der Aufklärung eine adelskritische, bürgerliche Ideologie entwickelt habe, ist durch ihre Fixierung auf einen Klassenantagonismus allerdings inzwischen einigermaßen überholt. 77 Im 18. Jahrhundert waren Juristen noch durchweg bei den Gerichten angestellt, »Advokaten« mithin noch keine Freiberufler. Vgl, Hannes Siegrist: Die Rechtsanwälte und das Bürgertum. Deutschland, die Schweiz und Italien im 19. Jahrhundert, in: Jürgen Kocka (Hg.): Bürgerturn im 19. Jahrhundert. Deutschland im europäischen Vergleich, 3 Bde, München 1988, Bd.2, S.92-123. 7!i Vereinzelt sind »Landdroste« und »-drostinnen«, »Landvoigte« und »-voigtinnen« aufgeführt. Alle Verzeichnisse außer dem des Wochenblatts für's Schöne Geschlecht können zudem jeweils einen »Burgermeister« bzw. eine »Burgermeisterinn« aufweisen. Lediglich die Pomona wurde von einer größeren Anzahl von Senatoren und Ratsherren freier Reichsstädte abonniert, 7y Die Diplomaten unter den Subskribenten waren ausnahmslos adlig, die Militärs zum ganz überwiegenden Teil. Auf diese Stellen hatte der Adel demnach im späten 18. Jahrhundert noch ein weitgehendes Monopol. Allerdings konnte ein Fürst einen bürgerlichen Mann unter Umständen nobilitieren, wenn er ihn unbedingt auf eine entsprechende Stelle plazieren wollte. ^"Sie machten bei der Pomona und den Zeitschriften Marianne Ehrrnanns gut 10% aus, beim Wochenblatt für's Schöne Geschlecht deutlich weniger und bei den Unterhaltungen in Abendstunden das Doppelte.

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tion« des 18, Jahrhunderts in sehr viel geringerem Maß erfaßt wurde als der höfische und städtische Adel, Der Kierus war in allen fünf Verzeichnissen zu acht bis neun Prozent mit Subskriptionen vertreten, nur bei den Unterhaltungen in Abendstunden machten die Geistlichen lediglich fünf Prozent aus. In der Regel hielten sich in dieser Gruppe Inhaber geistlicher Pfründe und hoher Kirchenämter mit Pfarrern in etwa die Waage. Deutlich unterschiedlich groß war in den fünf Verzeichnissen der Anteil derer, die einen akademischen Grad, etwa den Professoren- oder Doktortitel, nannten, oder aber - was in diesem Fall hinzugezählt wurde - eine schulische oder private Lehrtätigkeit angaben. Sonst mit sieben bis neun Prozent in etwa so zahlreich wie die Gruppe der Kleriker, machten diese mit Bildung befaßten Subskribenten und Subskribentinnen bei den Zeitschriften Marianne Ehrmanns das Doppelte bzw. das Dreifache aus. Die deutliche Zunahme geht unter anderem darauf zurück, daß in diesen Verzeichnissen auch geringere akademische Grade sowie der Status von Studenten vermerkt wurden, K1 Zudem schlug zu Buche, daß die Ehrrnanns Kontakte zu Lehrenden und Studierenden insbesondere an der örtlichen Stuttgarter Karlsschule, aber auch in anderen süddeutschen Universitätsstädten pflegten und einige akademische Lehrer zu den Mitarbeitern dieser Zeitschriften zählten. GJeichzeitig läßt die relativ große Zahl der mit Sicherheit unverheirateten Studenten unter den Subskribierenden vermuten, daß die Frauenjournale auch bei Männern auf Interesse stießen.82 Das Anwachsen dieser überwiegend bürgerlichen Gruppe paßt zu der etwas größeren Zahl der Handel- und Gewerbetreibenden und dem ganz vereinzelten Auftreten im Handwerk Beschäftigter in den Subskriptionslisten der drei in den neunziger Jahren in Süddeutschland erscheinenden Blätter.*" Der Anteil des traditionellen Stadtbürgertums an den Subskriptionen blieb insgesamt marginal, war hier jedoch etwas größer. Die Tendenz zu einer stärkeren Verbürgerlichung des Publikums zeichnet sich noch deutlicher ab, wenn man berückK!

Insbesondere Studenten verwiesen mit Bezeichnungen wie »der Gottesgelehrtheit -« oder »der Rechte Beftißner« auch auf ihre Fakultät, ebenso »Candidaten«, während Magister und Licentiaten sich in der Regel mit der Angabc des Titels begnügten. Die Krünitz-Enzyklopädie betonte den geringen Unterschied zwischen Licentiat und Doktorat, So seien die Examinierten gleichermaßen als Beisitzer zu kaiserlichen und Rcichskammergerichten zugelassen, einige Reichsstädte schlössen sogar Doktoren im Gegensatz zu Licentiaten aus dem Rat aus: »Weil bey den Feyerlichkeiten der Licentiatur und des Doctorats auf einigen Universitäten fast kein anderer Unterschied betrachtet wird, als daß die erstere keine Mahlzeit erfordert, so pflegt man daher die Licentiaten scherzweise nüchterne Doctoren zu nennen.« >Licentiat< in; Johann Georg Krünitz; Oekonornisch=techno!ogische Encyklopädie, Bd. 77 (1799), S.571. K2 Vgl. Kap. IV.2.2. Die Handel- und Gewerbetreibenden zeichneten zumeist als »Kaufmann« oder »Handelsmann«, vereinzelt als »Fabrikant« oder »Bankier«. Hinzugerechnet werden zu dieser Gruppe für das 18. Jahrhundert auch noch die Apotheker. Auffällig hoch war der Anteil der Gastwirte an dieser Gruppe unter den Subskribenten der Unterhaltungen in Abendstunden. Sie legten das Journal unter Umständen in ihrer Wirtsstube aus. Die einzigen dem Handwerk zuzurechnenden Subskribentinnen und Subskribenten waren ein »Zunftmeister« aus Schaffhausen, eine »Zunftmeisterinn« und ein »Zunftpfleger« aus Zürich sowie eine »Pfistermeisterin«, also eine Bäckermeisterin, aus München.

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sichtigt, daß insbesondere die Zeitschriften Marianne Ehrmanns bereits zu einem großen Teil über den Buchhandel und die Post vertrieben wurden. Zum ersten wurden die Buchhändler, Buchdrucker, Postsekretäre und Postschreiber in dieser Untersuchung bisher lediglich als gewerbliche Verteiler der Frauenjournale gewertet und nicht als möglicherweise interessierte Konsumenten in Erwägung gezogen. Es ist jedoch keinesfalls auszuschließen, daß mancher das Blatt für sich bzw. für seine Frau oder Tochter abonnierte. Zum zweiten steht zu vermuten, daß unter denjenigen, die ihre Lektüre über Buchhandel und Post erwarben, das städtische Bürgertum überwog. Mithin ist rnit guten Gründen anzunehmen, daBAmaliens Erholungsstunden und die Einsiedlerinn aus den Alpen unter Bürgerlichen deutlich größere Resonanz fanden als im AdeI.M Etwas weniger ausgeprägt gilt dies wohl auch für das Wochenblatt für's Schöne Geschlecht, das viele Pränumerantinnen und Pränumeranten bei Postämtern bestellten. An diesem Befund fällt auf, daß die adligen Herausgeberinnen, die nobilitierte Kanzlergattin Sophie von La Röche und die beiden gebürtigen Freifrauen Bossi von Löwenglau, mehr adlige Unterstützung mobilisieren konnten als bürgerliche Frauen. Nur wenige Abonnentinnen und Abonnenten setzten ihrem Namen die Information hinzu, daß sie Literaten, Maler, Sängerinnen oder Musiker seien. Die wenigen, die es taten, waren Hofkünstler oder andernorts als Zeichenmeister oder Musikdirektoren angestellt. Eine freie Künstlerexistenz war zum einen selten, zum anderen unterband wohl das Bescheidenheitsgebot, daß man sich mit künstlerischem Erfolg brüstete. So wirkt ein »Herr Fortunatus Schmidt, Licent und durch seine Schriften selbst berühmter Autor« aus Regensburg im Namensverzeichnis der Unierhaltungen in Abendstunden eher wie ein kleiner satirischer Seitenhieb. Nun besagt allerdings die seltene Nennung künstlerischer, insbesondere schriftstellerischer Betätigung keineswegs, daß solche Menschen nicht sehr zahlreich zu den Subskribierenden zählten. Im dritten Kapitel wurde bereits eine ganze Reihe von Literaten genannt, die als Gelegenheitsautorinnen, Mitarbeiter oder Kollekteure an den Frauenzeitschriften beteiligt waren. Manche von ihnen finden sich in den Subskribentenlisten wieder, darüber hinaus noch einige weitere damals namhafte Schriftsteller, die ebenfalls entweder keine nähere Angabe machten oder statt auf die literarische Betätigung auf ihren Professoren- bzw. Hofratstitel verwiesen. Wer damals die Subskriptionslisten aufmerksam studierte, dürfte sie alle auch so identifiziert haben. Vor allem Sophie von La Röche gelang es, etliche Kollegen und einige wenige Kolleginnen zu einer Subskription auf ihre Monatsschrift zu bewegen. Außer Sophie Albrecht, Philippine Engelhard und Gottlieb Konrad Pfeffel, die auch Beiträge zur Pomona beisteuerten, 81 führt das Verzeichnis den als Kollekteur wirkenden JoDies erscheint auch plausibel in Hinblick auf den forciert bürgerlichen, adelskritischen Ton in den Zeitschriften Marianne Ehrmanns. Allerdings überrascht in dieser Perspektive um so mehr die große Zahl fürstlicher und hochadliger Gönnerinnen. Ob Frau von der Reck aus Berlin die vermutliche Fowo«a-Beiträgerin Eüsa von der Recke war, scheint fraglich, ebenso ist unklar, ob es sich bei Frau von Grävemeier aus Rehburg um eine Autorin handelt. Ein Fräulein von Wollzogen aus Hannover ist nicht identisch mit der Beiträgerin Caroline von Lengefeld, verheiratete Beutwitz, die erst viele 339

harm Caspar Lavater, die Frau Wielands, Friedrich Heinrich Jacobi, Leopold Friedrich Goeckingk, die Frau des Idyllendichters Salomon Geßner, den Schriftsteller Johann Georg Schlosser,**6 den Gesangbucherneuerer Georg Joachim Zollikofer sowie zwei männliche Herausgeber von Frauenzeitschriften auf, nämlich Josef von Sonnenfels in Wien, dessen Moralische Wochenschriften Theresie und Eleonore und Das weihliche Orakel schon 15 Jahre zurücklagen, sowie David Christoph Seybold, der mit seinem parallel erscheinenden Magazin für Frauenzimmer zugleich ein Konkurrent war. Mit so vielen klangvollen Namen konnte keine andere Herausgeberin aufwarten. Pfeffel und Lavater tauchen erneut im Subskribentenverzeichnis von Amaliens Erholungsstunden auf, daneben die Beiträger Christian Friedrich Daniel Schubart und Jakob Friedrich Duttenhofer sowie als Kollekteur Gottfried August Bürger. Lavaters Tochter hielt dem Nachfolgeblatt die Treue, neu hinzu kamen die Mitarbeiter Gräter, Pahl, Keller und Roller, die jedoch alle nicht sonderlich berühmt waren. Marianne Ehrmann war dann ihrerseits die einzige prominente Abonnentin im Verzeichnis der Unterhaltungen in Abendstunden, während das Wochenblatt fiir's Schöne Geschlecht zeitgenössischen Literaten vermutlich gar nicht bekannt war. Die Subskribentenschaft der fünf Frauenzeitschriften war unterschiedlich groß und variierte ein bißchen in der sozialen Zusammensetzung, grundsätzlich fanden die Herausgeberinnen aber ihre Interessenten alle in der gleichen Klientel: unter den Gebildeten in den Städten sowie an Höfen und in Damenstiften, Beamte und Beamtengattinnen stellten die große Mehrheit. Die Forschung geht inzwischen nicht mehr von einem gravierenden Antagonismus zwischen Bürgertum und Adel, Gebildeten und Höflingen aus. Die Bürokratie, die so vielen adligen und bürgerlichen Männern Versorgung, Einfluß und Sozialprestige bot, gilt geradezu als ein »Schmelztiegel«, in dem eine neue überständische Führungsschicht heranwuchs.87 Auch das Assoziationswesen der Aufklärung ist unter dieser Perspektive in den Blick gekommen. Die Subskribentenlisten der Frauenzeitschriften weisen darauf hin, daß nicht nur die Begegnung der Männer im Staatsdienst sowie in patriotischen Gesellschaften, Freimaurerlogen oder Illuminatenorden Verbindungen und Kontakte stiftete, sondern auch das beiden Geschlechtern gemeinsame Leseinteresse und Geselligkeitsbedürfnis. Bürgerliche und adlige Männer und Frauen standen

Jahre später eine zweite Ehe mit einem Verwandten dieser Subskribentin einging. Der Literaturgeschichte ist ferner der Name Caroline von Dacheröden ein Begriff. Briefpartnerin und Braut Wilhelm von Humboldts war diese aber zum Zeitpunkt ihres PomonaAbonnements noch nicht. Joseph von Retzer aus Wien, dessen Übersetzung Sophie von La Röche anzeigte und dem sie eine ihrer moralischen Erzählungen widmete, lieferte für das Verzeichnis den beeindruckenden Titel eines kaiserlichen Hoikoncipisten und Büchercensors Vgl. Tabelle 3 im Anhang. 1111 Zu den relativ weiten Handlungsräumen hochadliger Frauen, ihren Freiheiten und Rechten vgl. Johannes Arndt: Möglichkeiten und Grenzen weiblicher Selbstbehauptung gegenüber männlicher Dominanz im Reichsgrafenstand des 17. und 18. Jahrhunderts, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 77 (1990), Heft 2, S. 153-174. 102 Vgl. hierzu meine Diskussion der These von Barbara Becker-Cantarino, Wieland habe Sophie von La Röche nur äußerst halbherzig gefördert in Kap. III.2,1. 'Oi Zur männlichen Prominenz in der Abonnementstiste der Pomona vgl. Kap. IV.2,

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schaft im ökonomischen Denken der Zeitgenossen das Ernährer-Modell durchsetzte. In der Öffentlichkeit zählte nun weniger das Zusammenwirken aller in der gemeinsamen Haushaltung als vielmehr die Position des Familienoberhaupts als Alleinverdiener und Verwalter der familiären Finanzen.104 Im Gegensatz zu den männlichen läßt sich bei den weiblichen Subskribenten am Titel Fräulein, Mademoiselle, Demoiselle oder Jungfer bzw, Frau oder Madame ablesen, ob sie ledig oder verheiratet waren. Eine Ausnahme bildeten neun Bezieherinnen der E'insiedlerinn aus den Alpen in Straßburg und Landau, die sich 1793 nach republikanischer französischer Sitte als »Bürgerinn« titulierten. 1TeutschlandLandeskinder< nicht notwendig eine Infantilisierung, und zweitens wurde diese Formulierung allenthalben aufgegriffen und nachgeahmt, nicht zuletzt von fast allen Leserbriefschreiberinnen der Pomona, vgl. Kap. 1V.3.1. 121 Vgl. hier und im folgenden die Karten sowie Tabelle 7 im Anhang. 350

auf wenige Städte, zu nennen wären vor allem Leipzig und Wien, wo zwei Buchhändler gleich jeweils fünfzig Exemplare der Frauenzeitschrift orderten. Ob ihnen Einschreibungen von interessierten Kundinnen vorlagen oder ob sie bloß auf einen guten Absatz spekulierten, läßt sich nicht mehr feststellen. Schon Sophie von La Röche hatte nicht zuletzt dank der Unterstützung durch Johann Caspar Lavater eine nicht unbeträchtliche Zahl von Abonnentinnen und Abonnenten in der Schweiz finden können. Auch Marianne Ehrmann bat den bekannten Theologen, für ihr Frauenjournal zu werben. Darüber hinaus hatte die gebürtige Schweizerin vielleicht selbst noch Kontakte, und so verkaufte sie in ihrem Heimatland von ihrer ersten Zeitschrift, die keinen ausdrücklichen Bezug zur Schweiz herstellte, fast neunzig Exemplare. Auch aus Frankreich, Italien, Dänemark, Schweden, Lettland und Ungarn kamen Bestellungen, allerdings außer aus Straßburg, wo Marianne Ehrmann ihren zweiten Mann kennengelernt hatte und dessen Familie immer noch lebte, nur vereinzelt. Die Subskribentenschaft ihres in Zürich verlegten Nachfolgeblatts zeigt einige auffällige Verschiebungen. Ehrmanns Wohnort Stuttgart wurde nun das mit Abstand größte Ballungszentrum. Die Summe der Bestellungen im südwestdeutschen Raum wie auch in Straßburg blieb bei einem insgesamt kleineren Absatz gleich, während die Subskriptionen aus dem Südosten und dem Rheinland rückläufig waren. Bedenkt man, daß in München seit 1792 die recht ähnlich gemachten Unterhaltungen in Abendstunden herauskamen, so erscheint der Einbruch in Bayern allerdings noch verhältnismäßig milde. In Nürnberg, Augsburg und München gingen die Bestellungen zwar zurück, diese Städte blieben aber trotzdem noch Lektürezentren für Marianne Ehrmann. Anders verlief die Entwicklung in der Schweiz und in Norddeutschland. Hier konnte die Einsiedlerirm aus den Alpen gegenüber Amaliens Erholungssfunden sogar zulegen. Die neuen Hochburgen in Hamburg, Hannover, Breslau, Königsberg sowie im lettischen Riga gründeten sich dabei sämtlichst auf Buchhändlerbestellungen und erklären sich eventuell aus den Geschäftsbeztehungen der verlegenden Oreliischen Buchhandlung. Die gleichzeitig mit Marianne Ehrmanns Zeitschriften erscheinenden Unterhaltungen in Abendstunden hatten den ausgeprägtesten regionalen Subskriptionsschwerpunkt und zugleich eine klar begrenzte Verbreitung. Drei Viertel aller 370 im Verzeichnis aufgeführten Subskribentinnen und Subskribenten lebten in Bayern und den angrenzenden südöstlichen deutschen Territorien. Allein am Wohnort der Herausgeberinnen, in München, zeichneten 117 Personen für ein Abonnement. Kleinere Teile der Leserschaft fanden sich verteilt über Südwestdeutschland, in Hannover und benachbarten Ortschaften sowie in der Schweiz. Unbekannt blieb die Zeitschrift dagegen in Mittel- und Norddeutschland sowie in Österreich.122 Auch Leserinnen im Ausland erreichte sie der Subskriptionsliste zufolge nicht. 122

Relativ viele, nämlich 14 genannte Bestelladressen konnten nicht (eindeutig) lokalisiert werden. Es ist daher nicht auszuschließen, daß sich doch vereinzelte Subskribentinnen in diesen Territorien fanden,

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Das allererste von einer Frau herausgegebene Frauenjournal, das Wochenblatt für's Schöne Geschlecht, hatte zwar von den hier untersuchten fünf Blättern mit Abstand die kleinste Subskribentenschaft, aber eben nicht die klarste regionale Konzentration und Begrenzung, Nur ein gutes Drittel aller Pränumerationen stammte aus den thüringisch-sächsischen Staaten, der kleine Wohnort der Verfasserin war keineswegs das größte Subskriptionszentrum. Fast genauso viele Bestellungen wie aus Mitteldeutschland liefen aus dem südöstlichen Deutschland ein, und auch in Norddeutschland und im südwestlichen Raum fand das Blatt der unbekannten Herausgeberin einige Interessenten. Die Lektüre-Hochburgen Ansbach und Augsburg weisen darauf hin, daß der Erfolg der Zeitschrift maßgeblich auf dem Engagement von Kollekteuren beruhte, denn hier waren erwiesenermaßen welche für Charlotte Hezel im Einsatz. Ihre Werbung war um so notwendiger, als das Blatt zumindest in den überregionalen Rezensionsorganen nicht besprochen wurde und der Buchhandel noch nicht in den Vertrieb eingeschaltet war. Aus Österreich und aus dem Ausland kamen denn auch keine Bestellungen. Vergleicht man die Subskribentenkreise der fünf Frauenzeitschriften, so fallt auf, daß der Norden Deutschlands sowie Österreich generell stark unterrepräsentiert waren. Nur die drei auflagenstärkeren, bekannteren Blätter wurden hier überhaupt abonniert, und selbst bei ihnen blieb die Vorausbestellung weitgehend auf die Residenzen Berlin und Wien beschränkt. Dieser Befund bestätigt noch einmal anschaulich, wie sehr das Subskribieren und won! auch das Lesen im späten 18. Jahrhundert Beschäftigungen der gebildeten städtischen Bevölkerung waren. In Südund Mitteldeutschland gab es nicht nur erheblich mehr Städte als im Norden und in Österreich, es gab vor allem eine viel größere Zahl von Residenz- und Reichsstädten. Die Zersplitterung in kleine Territorialstaaten ließ zahlreiche kulturelle Zentren nebeneinander bestehen, während staatliche Zentralisierung zu einer Konzentration sowohl der Kulturproduktion als auch der -rezeption führte. Gleichzeitig scheint das süddeutsche Übergewicht auf den ersten Blick insofern verblüffend, als die Aufklärungsbewegung und der rasante Anstieg der literarischen Produktion im 18. Jahrhundert vom protestantischen Norden und seinen Universitäten ausgegangen waren. Auffällig wenig Bestellungen erhielten die Frauenzeitschriften aber etwa aus den beiden Universitätsstädten Göttingen und Halle. Hier ist zum einen zu bedenken, daß die Frauenzeitschriften zu einer Zeit erschienen, als sich der literarische Markt nicht zuletzt durch den umfangreichen Nachdruck auch im Süden des Reichs bereits stark ausgeweitet hatte. Zum anderen handelte es sich bei den Frauenzeitschriften um populäre Gebrauchsliteratur für Gebildete, nicht um innovatives, gelehrtes Schriftgut. Ihre Klientel fanden die Journale zwar in der Bildungselite, aber doch nicht in der Gelehrtenrepublik im engeren Sinn, von deren Mitgliedern vielleicht sogar mancher seinen Namen nicht auf eine solche Subskribentenliste hätte setzen mögen. Die konfessioneilen Grenzen wirkten steh nicht auf die Verbreitung der Frauenzeitschriften aus, was insofern nicht überrascht, als das Frauenbildungsideal zumindest bei Katholiken, Protestanten und reformierten Christen keine nennenswerten Unterschiede aufwies. Die Zeitschriften ihrerseits bemühten sich, wenn sie sich 352

überhaupt zu religiösen Fragen äußerten, um christliche Überkonfessionalität. Wie groß der Anteil der Jüdinnen unter den Subskribentinnen war, läßt sich kaum abschätzen, denn weder Vor- noch Nachnamen sind ein eindeutiges Indiz, solange eine Familie nicht heute noch bekannt ist. Gegen eine nennenswerte Zahl jüdischer Subskribentinnen mag sprechen, daß der Anteil der jüdischen Bevölkerung an den höheren Ständen vor der Emanzipation und dem sozialen Aufstieg der deutschen Juden im 19. Jahrhundert noch sehr gering war. Andererseits nutzten viele Jüdinnen in dieser Zeit den traditionell hohen Stellenwert des Lernens im Judentum auf ihre Weise. Die jüdische Aufklärung weitete den Bildungskanon gerade auf säkulare Wissenschaften aus. Ausgeschlossen vom Studium des Reügionsgesetzcs stießen jüdische Frauen auf weniger Hindernisse, sich profaner, gerade auch belletristischer deutscher Literatur zuzuwenden als jüdische Männer. 123 Zumindest unter den Subskribenten der Pomona lassen sich namentlich in Berlin einige wenige Jüdinnen und Juden ausmachen, eben deshalb, weil deren Famüien bis heute ein Begriff sind. Sophie von La Röche predigte in ihrer Zeitschrift ausdrücklicher als alle anderen Herausgeberinnen religiöse Toleranz, demonstrierte allerdings auch hin und wieder empfindsam-schwärmerische christliche Frömmigkeit. Das hielt die jüdischen Familien Itzig und Wulff sowie Henriette Herz nicht davon ab, die Pomona zu abonnieren. Eventuell hatte Sophies Sohn Carl von La Röche sie auf die Monatsschrift seiner Mutter aufmerksam gemacht und für eine Subskription gewonnen. Der 17jährige studierte damals in der preußischen Hauptstadt das Bergwesen und gehörte dem von Henriette Herz gestifteten »Tugendbund« an, in welchem sich junge Intellektuelle beiderlei Geschlechts um ihre sittliche und geistige Vervollkommnung bemühten und einen empfindsamen Freundschaftskult pflegten. Über den Sohn entspann sich ein Briefwechsel zwischen Henriette Herz und Sophie von La Röche.124 Ob die gelegentlichen antisemitischen Ausfälle Ma123

Vgl. Monika Richarz; In Familie, Handel und Salon. Jüdische Frauen vor und nach der Emanzipation der deutschen Juden, in: Hausen/Wunder (Hg.). S.57-66, bes. S.59/60; Barbara Hahn: Traditionsbrüche. Jüdinnen im 18. Jahrhundert, in: Bubenik-Bauer/SchalzLaurenze(Hg.),S.286-30I. 124 Henrieüe Herz schrieb in ihren Erinnerungen an den Tugendbund: »Er war ein Bund in aller Form, denn wir hatten auch ein Statut und sogar einige Chiffren, und ich besaß noch in späteren Jahren manches von der Hand Wilhelms von Humboldt in diesen Chiffren Geschriebene, Zu den Mitgliedern gehörten unter anderen Karl von La Röche, Sohn der trefflichen Sophie von La Röche - mit welcher ich mich auf Anlaß ihres Sohnes in briefliche Verbindung setzte, aus der eine vieljährige Korrespondenz erwuchs -, Dorothea Veit und ihre Schwester Henriette Mendelssohn, aber auch die uns persönlich unbekannten: Caroline von Wotzogen, Therese Heyne [...] und Karoline von Dacheröden [...]«. Aufnahme fanden außerdem Graf Alexander von Dohna, Friedrich Leopold Goeckingk, FranzLeuchsenring und Sophie Mereau, Henriette Herz: Ein Tugendbund-Wilhelm von Humboldt, abgedruckt in: Rainer Schmitz (Hg.): Henriette Herz in Erinnerungen, Briefen und Zeugnissen, Frankfurt/M. 1984, S, 81 -87, hier S. 82/83; in diesem Band finden sich auch Briefe aus der Zeit des »Tugendbundes«, S.207-251;vgl. auch das Nach wort des Herausgebers, S. 435-457, bes. S. 441. (DerText von Henrielte Herz ist ein Ausschnitt aus den von ihr diktierten Lebenserinnerungen, die erst nach ihrem Tod 1850 erstmals im Druck erschienen.) Zum Salon der Henriette Herz vgl. auch Deborah Hertz: Die jüdischen Salons im alten Berlin, Frankfurt/M. 1991.

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rianne Ehrmanns Jüdinnen vor einer Subskription ihrer Zeitschriften zurückschrecken ließen, kann leider nicht mehr festgestellt werden, Anders als adlige Subskribentinnen, die adelsfeindliche Topoi auf Auswüchse des Hoflebens beziehen und sich der Kritik so unter Umständen sogar anschließen konnten, wären Jüdische Leserinnen in diesen Frauenjournalen mit groben Klischees angeblich spezifisch jüdischer Gewinnsucht konfrontiert gewesen. Wie die deutsche jüdische Bevölkerung im späten 18. Jahrhundert auf solche stereotypen Feindbilder reagierte, ist kaum überliefert, 2.4 Lesegesellschaften und Leihbibliotheken Die von Frauen herausgegebenen Frauenzeitschriften wurden auch von Lesegesellschaften und Leihbibliotheken abonniert. Den Subskriptionslisten zufolge gingen die meisten Bestellungen solcher Institutionen für die Pomona ein, nämlich acht, fünf für die Einsiedlerinn aus den Alpen - sämtlichst aus der Schweiz -, während ihre Vorgängerin, Amaliens Erholungsstunden, lediglich von zweien geordert wurde. Diese Angaben waren mit Sicherheit unvollständig. Schon aus den relativ wenigen überlieferten, bzw. von der Forschung bislang zugänglich gemachten Bestandsverzeichnissen von Lesegesellschaften lassen sich weitere Sozietäten ermitteln, die die Frauenzeitschriften in ihrem Angebot hatten: eine für die Pomona, drei für Amaliens Erholungsstunden und eine weitere für Die Einsiedlerinn aus den Alpen. Da diese Ergänzungen mehr oder weniger auf Zufallsfunden beruhen, kann man davon ausgehen, daß noch eine ganze Reihe weiterer Exemplare der Frauenzeitschriften und eventuell auch nicht nur die von Sophie von La Röche und Marianne Ehrmann in Lesezirkeln kursierten oder in Lesezimmern auslagen. Es ist zum Beispiel gut möglich, daß einige Vorsteher oder Sekretäre solcher Einrichtungen die Subskription in ihrem eigenen Namen zeichneten, so daß die Lesegesellschaft im Abonncntenvcrzeichnis gar nicht in Erscheinung tritt. Ähnliches gilt für die Betreiber von Leihbibliotheken, Viele von ihnen waren Buchhändler, Buchdrucker oder Buchbinder. Überprüft man die in den Subskriptionslisten verzeichneten Gewerbetreibenden des Buchhandels daraufhin, ob sie erwiesenermaßen auch im Leihverkehr tätig waren, so findet sich unter ihnen eine größere Zahl, die das bestellte Exemplar eventuell gar nicht weiterverkaufen, sondern gegen Gebühr ausleihen wollte,125 Lesegesellschaften waren in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine ausgesprochen beliebte, weitverbreitete Assoziat ions form der Aufklärungsbewegung. 126 125

Die Namen der subskribierenden Buchhändler, -drucker und -binder wurden verglichen mit den Angaben bei Martino: Leihbibliothek, S.61-133 sowie dem Namens verzeich n is, S. 1085-1100. I7b Irene Jentsch: Zur Geschichte des Zeitungslesens in Deutschland am Ende des 18. Jahrhunderts. Mit besonderer Berücksichtigung der gesellschaftlichen Formen des Zeitungslesens, Diss. Leipzig 1937; Marlies Prüsener: Lesegesellschaften im 18. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Lesergeschichte, in: AG B 13 (1972), Sp. 369-594; dies./Herbert G. Göpfert: Lesegeseilschaften, in: Ernst L. Hauswedell/Christian Voigt (Hg,); Buchkunst und Litera-

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Die Forschung unterscheidet Lesezirkel, bei denen die Mitglieder die von ihnen abonnierten Journale und gekauften Bücher nach einer festgelegten Ordnung weiterreichten, Lesebibliotheken, wo die Schriften an einem zentralen Ort aufbewahrt und von den Mitgliedern nach Hause entliehen wurden, und schließlich Lesekabinette, die neben einer Bibliothek ein Lesezimmer, mitunter auch ein Gesprächszimmer für ihre Mitglieder bereitstellten. Hier konnten sich diese eigene und fremde Texte vorlesen, Vorträge anhören und miteinander diskutieren. Die zeitgenössischen Benennungen für die Lesegesellschaften waren vielfältig und geben keinen eindeutigen Hinweis auf die Organisationsform einer solchen Sozietat. Gemeinsam war ihnen jedoch allen die Selbstorganisation, die Geschlossenheit der Mitgliedschaft sowie eine festgelegte Struktur. Die überlieferten Satzungen dokumentieren sowohl klare Ausschlußtendenzen als auch ein hohes Maß an innerer Demokratie. Manche Gesellschaften verfügten in ihren Statuten ausdrücklich, daß Studenten, Frauen und die handarbeitenden Klassen nicht zugelassen würden. Zudem stimmten die Mitglieder über Neuaufnahmen grundsätzlich ab, und auch die Hohe des Mitgliedsbeitrags garantierte die soziale Homogenität der Gesellschafter. Die Literaturbeschaffung wurde in der Regel gemeinschaftlich beraten und verabschiedet; berief man Sekretäre und Ausschüsse, wurden diese von der Gesellschaft kontrolliert. Die Gleichheit der Mitglieder versuchten einige der Assoziationen zudem durch Rotation der Posten oder gar durch eine jeweils neu durch Los entschiedene Sitzordnung zu verwirklichen. 127 Das Lektüreangebot variierte je nach Ziel- und Zusammensetzung der Gesellschaften, doch haben bisherige Untersuchungen immer wieder ein deutliches Übergewicht der Sachliteratur festgestellt: Einen großen Teil der Bestände machten Periodika aus, in erster Linie historischpolitische und gelehrte Journale, daneben kaufte man Nachschlagewerke und populärwissenschaftliche Schriften, darunter vielfach Reisebeschreibungen. 128 Über lur in Deutschland 1750 bis 1850, Bd. l, Harnburg 1977, S.285-303; dies, {unter dem Namen Stützel-Prüsener): Die deutschen Lesegesellschaften im Zeitalter der Aufklärung, in: Dann (Hg,): Lesegesellschaften, S, 71 -81; sowie leicht überarbeitet: dies.: Lesegesellschafien, in: Reinalter (Hg.), S. 39-59; Barney Martin Milstein: Eight Eighteenth Century Reading Societies. A Sociological Contribution to the History of German Literature, Bern, Frankfurt/M. 1972; Herbert G. Göpfert: Lesegesellschaflen im 18. Jahrhundert, in: Franklin Kopiusch (Hg.): Aufklärung, Absolutismus und Bürgertum in Deutschland, München 1976, S.403-410 (zuerst 1971); Otto Dann: Die Lesegesellschaften des 18. Jahrhunderts und der gesellschaftliche Aufbruch des deutschen Bürgertums, in; Herbert G, Göpfert (Hg.): Buch und Leser. Vortrage des l, Jahrestreffens des WolfenbüUeler Arbeitskreises für Geschichte des Buchwesens, Hamburg 1977, S. 160-193; ders.: Lesegese lisch aften im 18. Jahrhundert. Ein Forschungsbericht, in: IASL 14,2 (1989), S.45-53; van Dülmen: Gesellschaft der Aufklärer, S. 82-90. 127 Letzteres wurde in einer Bonner Lesegeseltschaft vorgeschlagen, in der 32 Prozent der Mitglieder Adlige waren, Vgl, Dann; Höfische Gesellschaft, S.45. 128 Der Anteil belletristischer Literatur war offensichtlich höchst unterschiedlich. Findet sich eine größere Zahl von Romanen, insbesondere von heute weitgehend unbekannten Unterhaltungsromanen, so werten dies manche Forscher als Indiz dafür, daß zu einer solchen Lesegesellschaft wohl Frauen zugelassen gewesen seien (zum Zugang von Frauen, s.u.). Zu den Beständen der Lesegeseüschaften s. Prüsener, Sp. 425-464; Prüsener/Gopfert, S.292; 355

die Anschaffung von Romanen kam es mancherorts zu Auseinandersetzungen.129 Bestand die Motivation für die Gründung einer Lesegesellschaft besonders bei den Gemeinschaftsabonnements und Lesezirkeln zunächst hauptsächlich darin, sich trotz hoher Journal- und Bücherpreise die Lektüre möglichst zahlreicher Neuerscheinungen zu ermöglichen, so spielte bald ein Bedürfnis nach Geselligkeit, Räsonnement und Gruppenbildung eine zunehmend bedeutsame Rolle, Die Gründungswelle der Lesegesellschaften ging nach 1750 von Norddeutschland aus und erreichte mit etwa zehnjähriger Verspätung Süddeutschland und Österreich.130 Die Blütezeit fiel in die späten achtziger und frühen neunziger Jahre, danach kam es immer häufiger zu landesherrlichen Zensurmaßnahmen und Verboten.1-11 Nach bisherigen Schätzungen hat es irn deutschen Sprachraum in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mehr als 500 Lesegesellschaften gegeben.132 Im frühen 19. Jahrhundert veränderten diese Assoziationen ihren Charakter. Die neugegründeten oder wiedereröffneten Lesegesellschaften betonten entweder sehr viel stärker die gesellige Unterhaltung, erlaubten zunehmend Spiel und Tabakkonsum in ihren Räumlichkeiten oder aber richteten sich klar fachspezifisch aus. Ihr Rückgang und Wandel erklärt sich nicht nur aus der schärferen staatlichen Kontrolle, sondern auch aus

Stützel-Prüsener: Die deutschen Lese gesellschalten, S. 79-82; dies,: Lesegesellschaften, S.50-54; Carl Haase; Der Bitdungshorizont der norddeutschen Kleinstadt am Ende des 18. Jahrhunderts. Zwei Bücherverzeichnisse der Lesegesellschaften in Wunstorf aus dem Jahre 1794, in: Otto Brunner/Hermann Kellenbenz (Hg.); Festschrift Hermann Aubin zum 80. Geburtstag, Bd.2, Wiesbaden 1965, S. 511-525; ders.: Die Buchbestände einiger Lesegeseilschaften im Elbe-Weser-Winkel im Jahre 1794, in: Stader Jahrbuch 1982, S. 56-80; Otto Dann: Die deutsche Aufklärungsgesellschaft und ihre Lektüre. Bibliotheken in den Lesegesellschaften des 18. Jahrhunderts, in: Buch und Sammler. Private und öffentliche Bibliotheken im 18. Jahrhundert, Heidelberg 1979, S. 187-200. 129 In Basel wurde 1790 beispielsweise gefordert, weniger Romane und mehr instruktive Schriften anzuschaffen, in Bonn debattierte man kontrovers darüber, ob Werke Wielands gekauft werden sollten. Dann: Höfische Gesellschaft, S, 52. 1w Lesezirkel gingen Lesebibliotheken und Lesekabinetten voraus, vgl, die statistische Übersicht bei Prüsener, Sp. 4 . 131 Der obrigkeitliche Jakobinismus-Verdacht war weitestgehend unbegründet. Zwar las man in vielen Gesellschaften politische Zeitungen und Schriften und übte sich intern in demokratischen Spieiregetn, den wenigsten war jedoch an einem Sturz der monarchischen Staatsform gelegen. Die ganz überwiegende Mehrheit der deutschen Gebildeten setzte auf die eigene Integration und auf fortschreitende aufgeklärte Reform des Absolutismus. Vgl. Klaus Gerteis: Bildung und Revolution. Die deutschen Lesegesellschaften am Ende des 18. Jahrhunderts, in: AfK 53 (1971), S. 127-139. Die Verbindung zahlreicher Lesegesellschaften zu Freimaurerlogen und Illuminatenorden betont dagegen Winfried Dotzauer: Freimaurergeseilschaften am Rhein. Aufgeklärte Sozietäten auf dem linken Rheinufer vom Ausgang des Ancien Regime bis zum Ende der napoleonischen Herrschaft, Wiesbaden 1977. 132 So Stützel-Prüsener: Die deutschen Lesegeseilschaften, S, 71, Sie korrigiert damit die Schätzung in ihrer Dissertation von 430 Lesegesellschaften, da in der Folgezeit noch etliche weitere Gesellschaften entdeckt wurden. Zudem hatte Prüsener die Schweiz zunächst nicht berücksichtigt,

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den gesunkenen Preisen für Presseerzeugnisse und Bücher sowie aus der wachsenden Verbreitung gutsortierter kommerzieller und allmählich auch öffentlicher Leihbibliotheken. Die Beschaffung der Lesestoffe und gemeinsame Lektüre allein wirkten angesichts der Differenzierung des Vereinswesens im 19. Jahrhundert immer weniger gesellschaftsstiftend. Welchen Zugang Frauen der höheren Stände tatsächlich zu den Lesegesellschaften hatten, ist im Grunde noch sehr wenig erforscht. Weil die Statuten verschiedener Assoziationen sich ausdrücklich auf »gebildete und aufgeklärte Männer« oder die »Herren Mitleser« bezogen, findet sich in der Literatur immer wieder die Einschätzung, Frauen seien zumindest zu den Lekturekabinetten und damit zum Räsonnement und zur internen demokratischen Mitbestimmung nicht zugelassen gewesen. Erst als die Lesegesellschaften sich im frühen 19. Jahrhundert immer stärker in Geselligkeitsvereine verwandelten, habe man Frauen den Zutritt gestattet. Vorher hätten sie bestenfalls an Lesezirkeln partizipieren oder sich vom Ehemann ein Buch aus der Bibliothek der Gesellschaft mitbringen lassen können.1·13 Nun aber liegen solche Satzungen von längst nicht allen Lesegesellschaften vor, und zudem handelt es sich gerade bei diesen um besonders stark institutionalisierte Assoziationen. War der Zusammenschluß weniger forrnalisiert und traf man sich womöglich in einem Privathausbalt, galt die Anwesenheit von Frauen unter Umständen als eine Selbstverständlichkeit. So etwa in der Klopstock-Büschschen Lesegesellschaft in Hamburg, wo sogar jeweils eins der weiblichen Mitglieder die wöchentliche Sitzung leitete und die Texte auswählte, die man sich dann von Gymnasiasten vortragen ließ.134 Ein Besuch bei dieser Gesellschaft inspirierte den Justizrat Gerhard Anton von Halem 1779 zur Gründung einer »Litterarischen Gesellschaft« in seiner Heimatstadt Oldenburg, allerdings mit einer Abweichung. Weil es ihn gestört hatte, daß Klopstock sich »sehr lebhaft« mit den anwesenden Damen unterhalten, mit ihnen gar gelacht und geschäkert hatte, sollten in Oldenburg Frauen keine Aufnahme finden. Er nahm an, daß das Hamburger Vorbild wegen der »Theilnahme der Damen« so schnell wieder eingegangen sei.135 Da irrte er sich. Tatsächlich bestand die Gesellschaft überdurchschnittlich lange, vermutlich um die zwanzig Jahre.1·16 Daß immer weniger Zeit auf gemeinsames Lesen und immer mehr auf Spiel und gutes Essen verwandt wurde, lag nach verschiedenen Augenzeugenberichten nicht an den Frauen, sondern vielmehr an den Männern. Die meisten von ihnen trafen erst nach i» p r ü sener5 5p 508-517; Prüsener/Göpfert, S. 296; Stützel-Prüsener: Die deutschen Lesegesellschaften, S.79; van Diilmen: Gesellschaft der Aufklärer, S. 86. Lediglich Marie-Ciaire Hoock-Demarle behauptet, erstaunlichenveise unter Verweis auf Prüsener, daß »abgesehen von einigen reinen Herrengesellschaften« die meisten Lesegesellschaften, Leihbüchereien und Lesestuben für Frauen offen gewesen seien und »niemanden« ausgeschlossen hätten. Hoock-Demarle: Lesen und Schreiben, S. 177. 134 Franklin Kopitzsch: Grundzüge einer Sozialgeschichte der Aufklärung in Hamburg und Altona, 2. erg. Aufl., Hamburg 1990, S.404-413, bes. S.406. 135 Gerhard Anton von Halem: Selbstbiographie nebst einer Sammlung von Briefen an ihn, hg. v. C.F. Strackerjan, Oldenburg 1840, S.86/87 zit. n. Kopitzsch, ebd., S.409/410. 13 * Kopitzsch, ebd., S, 404. 357

der Lesestunde ein, urn sich sogleich an den gedeckten Tisch zu setzen,137 Halems Einschätzung und Konsequenz wirft trotzdem ein bezeichnendes Licht auf die Geschlechtersegregation in vielen Lesegesellschaften; Urn die Ernsthaftigkeit der eigenen Bildungsbemühungen zu unterstreichen und der Assoziation Gewicht zu verleihen, entschlossen sich Männer, die Frauen ihrer Klasse auszugrenzen. Dies ließ den Umkehrschluß zu, daß es Geschlechtsgenossen wohl nur um Geselligkeit und Tändelei zu tun sei, wenn sie Frauen bei ihren Zusammenkünften duldeten. 13R In Oldenburg kam es - wie auch in einigen anderen Orten - deshalb zur Gründung einer »Literarischen Damen-Gesellschaft«, initiiert und maßgeblich geprägt durch ebendenselben Justizrat von Halem, Während in den meisten Fällen bislang bestenfalls der Name einer solchen Frauen-Lesegesellschaft bekannt ist, existieren von der Oldenburger Einrichtung Protokolle, die Helga Brandes entdeckt und ausgewertet hat. 1 - 79 Es zeigt sich, daß neben zwölf Frauen auch neun Männer Mitglied in dieser

'·" Ein Besucher mutmaßte 1784, daß »eine volle Tafel« die Männer wohi mehr zu interessieren vermöge ab das Vorlesen; ein anderer behauptete, in der »vormals berühmte[n] Klopstock-Büschischejn] Lesegesellschaft« verhalle die Stimme des bestellten Vorlesers nun »in dem öden Saal vor den leeren Stühlen, von welchen nur die erste Reihe mit Damen und von dem Stifter Klopsrock besetzt« sei. Christoph Friedrich Rinck: Studienreise 1783/84. Nach dem Tagebuch des Verfassers hg. v. Moritz Geyer, Alte n bürg 1897, S. 188/189; Friedrich Johann Lorenz Meyer: Skizzen zu einem Gemälde von Hamburg, Bd. l, Hamburg 1800, S. 133/134, beide Zitaie nach Kopitzsch, ebd., S.4 und S.412. n!i Höchst aufschlußreiche Einsichten in die Funktionen von Geschiechtersegregation und Geschiechterbegegnung bei der Geselligkeit liefert Brigitte Schnegg: Soireen, Salons, Sozietäten; dies, (unter dem Namen Schnegg von Rütte): Vom Salon zum patriotischen Verein. Die geschlechtsspezifische Segmentierung der bürgerlichen Öffentlichkeit, in: Moritz Csäky/Walter Pass (Hg.): Europa im Zeitalter Mozarts, Wien, Köln, Weimar 1995, S. 98104 sowie dies,: Die Fahrt auf dem Zürichsee. Eine geschlechtergeschichtliche Deutung des Zerwürfnisses zwischen Bodmer und Klopstock im Jahre 1750, in: Weckel/Opitz/ToIkemitt/Hochstrasser (Hg.), (im Druck). t3V Helga Brandes: Die literarische Damen-Gesellschaft < in Oldenburgzur Zeit der Französischen Revolution, in: Holger Böning (Hg.): Französische Revolution und deutsche Öffentlichkeit. Wandlungen in Presse und Alltagskultur am Ende des achtzehnten Jahrhunderts, München u.a. 1992,5.439-451. Aus den Listen der inzwischen bekannten Lesegesellschaften in den Arbeiten von Irene Jentsch und Marlies Prüsener lassen sich darüber hinaus folgende Assoziationen für Frauen entnehmen: 1782 gründete Rektor Hütten in Speyer eine »Lesegesellschaft junger Töchter« {s,u.), in Leipzig gab es um 1784 eine Damenlesegesellschaft, um etwa die gleiche Zeit offenbar auch in Wittenberg, auf Rügen bis 1789 und in Aurich um 1790. Eine «Frauenzimmer-Lesegesellschaft« aus Greiz im Vogtland veröffentlichte 1790 im Museum für Frauenz immer einen Spendenaufruf für die Opfer einer Feuersbrunst (vgl. Kap. V.l,3), in Marburg soll es einen »Damen-Club«, in Zürich ein »Lese-Commun des Züricherischen Frauenzimmers« gegeben haben, und in Nürnberg plante man 1800 ein »Frauenzimmer-Lesekabinett«. Helga Brandes hat außerdem Hinweise auf eine Literarische Gesellschaft in Schmiedeberg gefunden. Es steht zu vermuten, daß bei entsprechenden Nachforschungen weitere Frauenlesegesellschaften ermittelt werden könnten, insbesondere dann, wenn nicht nur Pressenotizen, Statuten und Protokolle, sondern verstärkt auch Berichte über informelle, gleichwohl regelmäßige Zusammenkünfte in Briefen, Tagebüchern und Reiseheschreibungen berücksichtigt würden. Jentsch, S.56, S.78, S. 100, S. 145-l 72; Prüsener, Sp. 531-582, Brandes, wie oben, S. 439/440. 358

kleinen »Damen-Gesellschaft« aus dem Oldenburger Honoratiorenmilieu waren; die meisten dieser Männer waren mit einer der Frauen verheiratet. Die Assoziation hatte eine Satzung, in der geregelt wurde, daß alle vierzehn Tage abendliche »Vorlesungen« umschichtig in den Häusern der Damen veranstaltet werden sollten. Diese Vorlesungen hielten die Männer, einer von ihnen führte auch zumeist das Protokoll, und statt einer wechselseitigen Aufklärung der Mitglieder, wie die Lesegesellschaften sie sonst anstrebten, sollten hier deutlich die Damen durch die Herren »zweckmäßig« belehrt werden. 140 Ehemänner und Väter, die nicht ohnehin Mitglied der Gesellschaft waren, hatten ausdrücklich jeder Zeit freien Zutritt zu den Versammlungen. ! 4 i Wie das Beispiel der Oldenburger »Damengesellschaft« lehrt, bedeutete ein entsprechender Assoziationsname nicht notwendig, daß Männer an den Versammlungen nicht beteiligt gewesen wären. Offenbar war es nahezu undenkbar, daß Frauen explizit Männer ausgeschlossen hätten, während dies umgekehrt kein Problem sein sollte. Gleichzeitig wird noch einmal deutlich, daß gezielte Bildungsangebote oft einen kontrollierenden, lenkenden Aspekt haben. Nicht selten empfahlen deutsche Aufklärer die Selbstzensur. So forderte etwa 1785 die Deutsche Zeitung ihre Leserinnen auf, doch selbst eine Frauen-Lesegesellschaft zu gründen, und das mit folgenden Worten: Welche deutsche Frau wird sich den Ruhm erwerben, zuerst eine ähnliche Anstalt für ihr Geschlecht zu stiften, die der Häuslichkeit und Wirtschaftlichkeit unbeschadet mehr Natur-, Menschen- und Weitkenntnis unter denselben verbreite (...] und schädliche Bücher entferne? 142

Nun könnte man annehmen, daß, wenn die Frauen-Lesegesetlschaften in Wirklichkeit gemischte Sozietäten waren, alle anderen Gesellschaften ausschließlich Männer in ihren Reihen geduldet hätten. Dies scheint aber keineswegs der Fall gewesen zu sein. Nicht nur von dem Kreis um Busch und Klopstock in Hamburg, auch von etlichen anderen Lesegesellschaften ist bekannt, daß Frauen an den Sitzungen teilnahmen. 143 Ob hier dann tatsächlich zum einen mehr Belletristik als Sachliteratur I4I!

Brandes: >Literarische DamengesellschaftLiterarische DarnengesellschaftPomona< von Sophie von La Röche, unveröff. Magisterarbeit, Hamburg 1987, hier S.45-47. 376

giebig gewesen sein dürfte, und das selbst dann noch, als die Zuschriften bereits mit abgedruckt wurden. Hier ging es eher um die Sammlung eines größeren empfindsamen Freundschaftsbundes unier gleichgesinnten Frauen als um Belehrung und Lesevergnügen. Für die Verbreitung ihrer Tugendlehre und ihre erzieherischen Ratschläge verfügte Sophie von La Röche mit den Briefen an die fiktive Lina oder den moralischen Erzählungen über geeignetere Genres. Auch die durch ihre Lektüre an Fiktionen gewöhnten Leserinnen des späten 18. Jahrhunderts hatten offenbar den Eindruck, es bei dieser öffentlichen Korrespondenz mit etwas anderem als mit Literatur zu tun zu haben. Das Angebot, sich vor dem versammelten Publikum als begeisterte Leserin, Anhängerin moralischer Grundsätze und empfindsamer Mensch in Szene zu setzen, kam anscheinend den Bedürfnissen vieler Frauen der höheren Stände entgegen und entsprach - wie gezeigt werden soll - den Erfordernissen der Empfindsamkeit, die kaum Intimität und Privatheit kannte. Die abgedruckten Briefe - vorausgesetzt sie waren echt195 - dokumentieren eine weitgehende Übereinstimmung der Leserinnen mit der Verfasserin und trugen zugleich als eine ganz, neuartige Einrichtung wesentlich zur Popularität der Pomona bei. Nachdem Rektor Hütten im Dezemberheft 1784 das Ende des Frauenjournals verkündet hatte, erschien in einer Schweizer Zeitschrift eine »Oeffentliche Aufforderung an die Verfasserin der Pomona, ihre Schriften fortzusetzen«, unterzeichnet von »etlichen vereinbarten Verehrerinnen von ihr«. Diese Leserinnen beteuerten, daß Sophie von La Röche als Lehrerin ihres eigenen Geschlechts unersetzlich sei. Sie lobten die moralischen Erzählungen, weil diese ihr Mitgefühl erregten und sie anspornten, den Tugendheldinnen nachzueifern. Das Bildungsprogramm der Pomona könnten Frauen nun einmal »in den Büchern der Männer nicht finden«. Besonders schmerzhaft sei es ihnen, wenn der öffentliche Briefwechsel mit den Leserinnen entfalle, behaupteten sie: Wir sollen nicht mehr, durch Ihre gütige Vorführung, mit so vielen schönen und reinen Seelen Ihrer mannigfaltigen Korrespondentinnen, wie bisher, in Bekanntschaft gerathen? Wir sollen nicht mehr so viele herrliche, erbauliche, herzerhebende Briefe lesen? Nicht mehr Ihre wohlthätige Hand, der Hand des menschenfreundlichsten Wundarztes gleich, mit aller Sanftmuth und Vorsicht, die Tiefe der Seelenwunden Ihrer Freundinnen durchforschen, Sie den Grund des Übels entdecken und die angenehmste Arzeney, die nicht sengt, nicht brennt, nur lindert und heilt, auflegen sehn? {...] Sollen schüchterne Mädchen die Geheimnisse ihrer Seelengebrechen, die sie selbst Vater und Mutter zu entdecken nicht Stärke, nicht Selbstverleugnung genug haben, unter dem Inkognito eines Briefes nicht weiter in Ihren mütterlichen Busen ausschütten können? Wollen Sie aufhören, die nicht mürrische und grämliche, sondern sanfte und duldende Censorin der Sitten unsrer deutschen Mütter, Gattinnen und Töchter zu seyn? [...] Sie lassen eine wirkli-

Selbst in dem äußerst unwahrscheinlichen Fall, daß die Briefe zu erheblichen Teilen fingiert waren, ist die folgende Analyse in Hinblick auf eine weibliche Öffentlichkeit nicht völlig verfehlt. Sophie von La Röche hätte dann diese weibliche Öffentlichkeit mit großem Aufwand und bemerkenswerter Einsicht in verschiedene Funktionen gesellschaftlicher Kommunikation vorgetäuscht, wohl in der Absicht, eine solche schlieÖüch auch in der Realität zu etablieren.

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ehe Lücke in der Aufklärung von Deutschland zurück, wenn Sie zu schreiben aufhören[...]. IW

Bemerkenswert ist, daß hier nicht nur die Bedeutung der Rubrik für die einzelne Korrespondentin, sondern für die gesamte weibliche Leserschaft hervorgehoben wurde. Die Bekanntschaft mit gleichgesinnten Geschlechtsgenossinnen galt den Verfasserinnen dieses offenen Briefs an Sophie von La Röche als ein bedeutsamer Gewinn, Gleichzeitig gingen sie davon aus, daß nur eine Frau die Rolle einer Ratgeberin und Sittenrichterin für das weibliche Geschlecht spielen könne: Denn so was herzliches, ausübliches, freudiges kann für unser Heu und Bedürfniß ein Mann wohl sehen schreiben - und eine Dame ist dermahl leider! in Deutschland nicht, die uns monathlich so salbungsvoll ins Herz redete und von der Wahrheit ihrer Ratschläge so besiegend überzeugte.197

Auch Rektor Hütten hielt die öffentliche Korrespondenz mit der berühmten Schriftstellerin anscheinend für einen besonders attraktiven, publikumswirksamen Teil der Pomona. Er kündigte im Dezember 1784 eine modifizierte Fortsetzung der Zeitschrift unter dem Titel »Briefwechsel der Pomona« an. Alle zwei Monate sollte - von ihm besorgt - ein Heft erscheinen, das neben Rezensionen und Buchhändleranzeigen der neuesten Frauenliteratur die bewährte Rubrik »Briefe und Antworten« weiterführen sollte: Wenn nun diese Art des Briefwechsels fortgesetzt werden könnte, - wenn das Vergnügen einer so schönen schriftlichen Unterhaltung mit Frau von La Röche Teutschlands Töchtern nicht sobald entzogen werden, -- wann diese Gelegenheit, sich von einer Freundin belehren und zurechtweisen zu lassen, länger eröfnet bleiben sollte; überhaupt wenn dadurch eine Sammlung nüzlicher, lehrreicher, anständiger und angenehmer Briefe von Frauenzimmern veranstaltet würde: wer sollte ihre Erscheinung nicht gerne begünstigen und seiner Aufnahme würdig halten? 198

Oeffentliche Aufforderung an die Verfasserin der Pomona, ihre Schriften fortzusetzen, in: Schweizerisches Museum, 2 Jg. (1784), Bd. 2, 6. Stück, S. 564-567, hier S. 566, voranstehendes Zitat S. 565. Unterzeichnet war dieser offene Brief mit den Initialen J.M.G. Ebd., S. 566. ! J.G. Hütten: Anzeige an das Publikum, in: Pomona, 2. Jg. (1784), am Ende von Heft 1 2, o.S. Auf genau dieses Fortsetzungsprojekt zielte offenbar die »Oeffentliche Aufforderung« im Schweizerischen Museum. Die Verfasserinnen baten Sophie von La Röche, wenn sie sich der Belastungdurch eine monatliche Erscheinungsweise nicht mehr unterziehen woHe,doch zumindest die Korrespondenz mit Leserinnen weiterzuführen und in unregelmäßigen Abständen zu publizieren. Da sogarschon der Titel- nämlich »Briefwechsel der Pomona« - und der Umfang- sechs Bogen ~ angegeben wurde, liegt der Verdacht nahe, daß die »Verehrerinnen« mit Hütten in Verbindung standen oder sogar nur vorgetäuscht waren. Zumindest erscheint es einigermaßen unwahrscheinlich, daß Leserinnen so schnell (der offene Brief war datiert vom 29. Dezember 1784) und derart präzise auf Huttens Anzeige Bezug nehmen konnten. Nun wurde das Schweizerische Museumt in dem diese Aufforderung n och 1 784 erschien, von Hans Heinrich Füßli herausgegeben. Die Züricher Buchhandlung Orell, Geßner, Füßli und Comp. besorgte seit fast einem Jahr den Vertrieb der Pomona in der Schweiz, und das J.C Füßlische Leseinstitut zähite zu den Subskribenten. So ist sowohl denkbar, daß

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Dieses Projekt ist ebensowenig zustandegekommen wie die gleichzeitig von Hütten angekündigte »Bibliothek für Lina«, in der Schriften zur Mädchenerziehung von Sophie von La Röche erscheinen sollten. Woran die Pläne scheiterten, ist nicht bekannt.tw Doch auch wenn der offene Briefwechsel in der Pomona zwischen der Herausgeberin und ihren Leserinnen (und Lesern) eine kurze Episode blieb und in dieser Form im 18, Jahrhundert keine Nachahmung in anderen Frauenzeitschriften fand, war er offensichtlich ein gelungener Versuch, eine Öffentlichkeit von Frauen herzustellen. Die regelmäßig in der Forschungsliteratur anzutreffende Charakterisierung der Rubrik als eine frühe Form der »Ratgeber-« oder »Briefkastenecke« moderner Zeitschriften greift zu kurz.200 Längst nicht alle Autorinnen und Autoren von Leserbriefen suchten Rat, viele wollten auch die Zeitschrift kommentieren, sich selbst darstellen, der Herausgeberin Komplimente machen oder ihr womöglich selbst einen Rat erteilen, auf jeden Fall aber mit ihr vor versammeltem Publikum in einen Dialog treten. Dabei zeigt sich insgesamt bei allen hier infragestehenden Frauenzeitschriften ein auffälliger Unterschied zwischen den abgedruckten Briefen von Frauen und den vergleichsweise wenigen von Männern: Frauen suchten ganz wesentlich die gegenseitige Bestätigung, Männer eher die kritische Auseinandersetzung.201 Ihre Zuschriften eröffneten den Herausgeberinnen somit unterschiedliche Füßli und seine Kundinnen vorab vom Bnde der Monatsschrift informiert waren, als auch daß Hütten aufgrund seiner Geschäftsbeziehungen unschwer einen fingierten Werbetext ins Schweizerische Museum lancieren konnte. Mit einiger Sicherheit jedenfalls hatte nicht Sophie von La Röche selbst diese Aufforderung verfaßt, da sie wohl tatsächlich zu diesem Zeitpunkt kein Periodikum mehr verantworten wollte. Auch wenn die Charakterisierungdespublizierten Briefwechsels als Kristallisationskern einer weiblichen Öffentlichkeit nicht von Leserinnen stammte, bleibt sie trotz allem zeitgenössisch. iw Offenbar waren die Briefe über Mannheim, die Sophie von La Röche im Winter 1784/85 schrieb und erst 1791 veröffentlichte, als eine Anknüpfung an Pomona gedacht. Die Verfasserin wandte sich hier erneut an ihre ehemalige »Mitarbeiterin« Karoline, die angeblich gedrängt hatte, für den Verlust des Frauenjournals entschädigt zu werden: »Es ist schwer, meine Liebe! den schon so lang abgebrochenen Faden des Briefwechsels Ihrer alten Pomona wieder schicklich anzuknüpfen; denn alle meine Correspondentinnen wurden durch das seit 1785 daurende Stillschweigen irre und ermüdet, - Sie, meine Caroline, sagen aber, daß ich ungerecht an Ihnen handelte, wenn ich nicht wenigstens alles Ihnen mittheile, was für Sie bestimmt war, und Sie verdienten (wie Sie mit Recht behaupten) wohl eine handvoll Papiere für Sie allein, wenn auch meine Töchter und meine Freundinnen keine Bittschriften mehr einschickten.« La Röche: Briefe über Mannheim, S. l , 20(1 Siehe etwa Krull, S. 219; Wilke, Bd. 2, S. 127; Brandes: Frauenzimmer-Journal. S.457. 2(11 Auch von Frauen sind einige wenige kritische Urteile über die Pomona überliefert, allerdings nicht in der veröffentlichten Leserpost, sondern in zufällig erhalten gebliebenen Briefen an Dritte. So vermutete Jenny von Voigts gegenüber Fürstin Luise von AnhaltDessau, das Journal werde sich nicht lange halten, weil es »etwas zu getändelt« sei. Außerdem bemängelte sie, daß die Helden der Erzählungen alle reich, die Heldinnen alle schön seien und überhaupt alle immer so glücklich würden, wie das »in der wirklichen Welt« nie der Fall sei, (Jenny von Voigts an Fürstin Luise von Anhalt-Dessau am 18.1,1784, abgedruckt in: Jansen, S, 43), Luise Mejer räumte ein, daß das Blatt nützlich sei, weil es »viel Belehrendes« enthalte. Gleichzeitig gestand sie aber ihrem Freund Heinrich Christian Boie: »So wenig als möglich wünscht ich von der La Röche selbst darin zu lesen, denn ihr Stil ist immer nicht natürlich genug.« (Luise Mejer an H.C. Boie am 20.1.1783, abgedruckt in:

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Reaktionsmöglichkeiten. Während die Leserinnen persönlich exponiert und je nachdem gelobt oder getadelt wurden, kreiste die Diskussion mit den Lesern um Sachfragen, ohne daß die Person des Korrespondenten Konturen gewann. Da die Briefwechsel folglich in den Zeitschriften divergierende Funktionen erfüllten, werden sie hier nacheinander in zwei getrennten Unterkapiteln analysiert, bevor abschließend anhand der Pomona eine Abwehr männlicher Einflußnahme durch die Leserinnen rekonstruiert wird. 3.1 Leserinnen: Bestätigung der Herausgeberin und Selbstvergewisserung Die überwiegende Zahl der von Frauen eingesandten und in der Pomona abgedruckten Leserbriefe dokumentiert eine sehr weitgehende Übernahme der von Sophie von La Röche schon im Untertitel der Zeitschrift angebotenen Tochter- und Schülerinnenrolle. Diese Leserinnen erkannten die Überlegenheit der Herausgeberin unbedingt an, nannten sie »Mutter«, 202 »liebe Mamma La Röche«,2"3 »unsere[ J Lehrerin« und »Kennerin unserer Herzen«204 oder »beste Wohlthäterin von Teutschlands Töchtern«2!>5 und stilisierten sich selbst zu folgsamen Töchtern und gelehrigen Schülerinnen. Viele behaupteten, daß Lina das »Muster« sei, nach dem sie sich zu bilden suchten, etliche fühlten sich in die Figur ein, wollten Näheres über sie wissen oder spannen ihr Schicksal weiter,2'*6 Andere beneideten Karoline um den regelmäßigen, lehrreichen Umgang mit der Herausgeberin. 207 Dabei deutet ein identiftkatorischer Bezug auf die fiktiven Figuren nicht notwendig darauf hin, daß diese Korrespondentinnen die Fiktion nicht durchschauten. Viele wollten sich offensicht-

Schreiber (Hg.), S. 198/199, hier S. 198). Fast zwei Jahre später scheint sie ihre Meinung geändert zu haben. Sie schrieb - nun allerdings an Sophie von La Röche persönlich -, daß sie »innig trauren« werde, wenn das Gerücht wahr sein sollte, daß die Pomona geschlossen werde. (Luise Mejer an Sophie von La Röche am 31.12.1784, abgedruckt in: Schulz, S.9597, hier S.96). Diese Quellen unterstreichen zum einen, daß die veröffentlichte Korrespondenz nicht das gesamte Spektrum der Rezeption widerspiegelt. Zum anderen bestätigen sie meine These, daß Frauen sich vor allem dann persönlich an eine schriftstellernde Geschlechtsgenossin wandten, wenn sie sie ermutigen, und seltener, wenn sie sie hätten kritisieren wollen. Ka Es war wiederum Vigilande, die mit der Anrede »beste Mutter« den Anfang machte, woraufhin Sophie von La Röche sich geschmeichelt zeigte von diesem »freundlichen Namen«, Antworten auf Briefe, in: Pomona, 1. Jg. (1783), Heft 8, S.810. Jto Zit. von Sophie von La Röche in: Ermahnungen und Entschuldigungen, in: Pomona, 1. Jg. (1783), Heft 9 f S. 829-845, hier S.832. 2IM Briefe an die Verfasserin der Pomona nebst Antworten, in: Pomona, I. Jg, (1783), Heft 11, S.l095-11l2,hierS.l098 ' 1-' Briefe und Antworten, ebd., Heft 12, S. 1189-1218, hier S. 1213. 2i)fi Zum Beispiel: An Pomona von L., in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 2, S. 188-190, Zitat S. 189. Weiter hieß es in diesem Brief: »Sie beschenkten uns dann mit Ihrer so theuren Pomona und lehrten mich durch Ihre liebe Lina altes dasjenige, was ich auf meiner Laufbahn brauche [..,].« Ebd., S. 190. 2(17 Zum Beispiel: Jukunde an Pomona, nebst Antwort, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 12, S. 1200-1205. 380

lieh gerne einschalten in die Erzählungen, und Sophie von La Röche nahm ihre Anregungen zumeist bereitwillig auf. Sie zeigte sich in ihren Antworten geradezu gerührt von so viel Lob und Zustimmung und deutlich bestärkt in ihrer Konzeption einer Frauenzeitschrift. Immer seltener berief sie sich im Verlauf der zwei Jahre in der Pomona auf Empfehlungen beratender Männer ihrer Umgebung. Die Verehrung und breite Anerkennung ihrer Kompetenz verlieh Sophie von La Röche Autorität und machte sie in den Augen der Öffentlichkeit tatsächlich zu einer »gute[n] Mutter von Teutschland Töchtern«,2"8 Umgekehrt bescheinigte sie ihrerseits den Korrespondentinnen, daß sie sie schätze und sich über ihre Post sehr freue. »Ich liebe und segne Sie alle, als ob sie meine Töchter wären«, schrieb sie einmal, und mehrfach nannte sie ihre Leserinnen »beste Kinder« oder titulierte eine Einsenderin als »artige junge Freundin«. 209 Gegenüber Leserinnen, die sich als gleichwertige Briefpartnerinnen mit eigenen Überzeugungen und einiger Lebenserfahrung erwiesen, war ihr dieser herablassende Gestus indessen eher peinlich. Sie versicherte ihnen, daß sie keineswegs alle Leserinnen für ihre Schülerinnen halte, hofierte sie und gab sich zuweilen regelrecht unterwürfig. 210 Oft beließen es die Leserbriefschreiberinnen nicht bei einem schlichten pauschalen Bekenntnis zu Tugendidealen und Bildungsprogramm der Zeitschrift, sondern bemühten sich, ihre Seelenverwandtschaft mit der Herausgeberin oder ihre jüngsten, durch Pomonö-Lektüre erzielten Lernerfolge unter Beweis zu stellen. Sie schilderten etwa ihre Empfindungen beim Lesen einer moralischen Erzählung, und in Ausnahmefäilen geriet ihr Kommentar dabei zu einer kleinen, betont unprofessionellen Literaturkritik. 211 Oder sie berichteten-gemäß den Themenschwerpunk5l)it

So z.B. Karl August Böttiger in seinem Nachruf auf Sophie von La Roche I807 im Neuen Teutsehen Merkur, zit, n. Appell, S.92. 2m Antworten auf Briefe, in: Pomona, 1. Jg. (1783), Heft 8. S.806-817, hier S.817. 21(> Gegenüber der Korrespondentin M.M.C. beteuerte Sophie von La Röche etwa, daß sie aus ihren klugen Fragen viel gelernt habe, und bat sie, ihr immer aufrichtig zu sagen, wo sie sich irre. {Antwort an M.M.C, in Pomona, 2.Jg. (1784), Hefi 2, S. 170-180). Die Leserin zeigte sich angesichts solcher Hochachtung von seilen der berühmten Schriftstellerin zunächst eingeschüchtert: »Jetzt wurde ich fast furchtsam gemacht, Ihnen zu antworten, da Sie, liebe, bescheidene Frau! sogar mich aufforderten: Ich sollte Ihnen sagen: ob Sie in diesem oder jenem recht hätten oder nicht.« Nach diesem Bekenntnis ihrer Verzagtheit entwarf sie dann allerdings - wohl doch ermutigt durch die Wertschätzung Sophie von La Roches einen eigenen Plan zur Mädchenbildung. M.M.C.; An die Verfasserin der Pomona, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 7, S. 660-666, Zitat S. 660, vgl. Kap. 11.2.3. 3ti So schrieb Vigilande in einem ihrer Briefe: »Ich komme nun wieder zu Pomona - aber gewiß nicht als Kunstrichterin, sondern als gütherzige Leserin, die unverstellt sagt, was ihre Augen sehen und ihr Herz fühlt.« Sie rühmte vieles, machte aber auch auf konzeptionelle Schwachen einer Frzählung aufmerksam und veranlaßle damit Sophie von La Röche zu einer ausführlichen Erklärung über die Anlage ihrer Figuren und deren Handlungsmotivierung. Offenbar erwog die Herausgeberin, diese Hintergrundinformationen zu ihren literarischen Texten fortzusetzen, denn sie forderte Vigilande auf, mit ihren klugen Anmerkungen fortzufahren: »Sie würden mich und meine Leserinnen verbinden {,..]«. Auch andere Leserinnen bat sie gelegentlich um Rückmeldung. Vigilande: An die Verfasserin der Pomona, in: Pomona, I.Jg. (1783), Heft 10, S,997-1013, Zitat S. 1003; Antwort, ebd., S. 1013-1018, Zitat S. 1015.

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ten des Journals - von ihrer eigenen Vorliebe für das Landleben, ihrer Freude an der Natur oder einem guten Buch und ihrem Umgang mit feinsinnigen Freundinnen: Aus diesen meinen Lieblingsneigungen können Sie nun sehen, wie vorzüglich mir Pomona gefallen muß, die su gründlich, so deutlich mit uns spricht, die uns auf alles Gute und Schöne so aufmerksam macht, uns von allem demjenigen, was auf unserm Erdball vorgehet, einen heilen Begriff beybringt. 212

Die Herausgeberin versicherte dieser Leserin, daß die moralische Erzählung, die sie so besonders angerührt hatte, auch ihr Favorit sei. Aus wechselweiser Höflichkeit und Einverständnis erwuchs gegenseitige Bestätigung: Dieses und der ganze übrige Theil Ihres artigen Briefs bezeichnet eine Sympathie Ihres Geschmacks mit dem meinigen, daß ich mir nichts bessers wünschen kann, als daß ich viele solche Leserinnen haben möge, indem ich dadurch ihrer Liebe für mich und des wahren Glücks ihres Herzens versichert wäre. -- Denn gewiß, meine theure junge Freundin! Sie sind mit Ihrem Geist und Gefühlen auf dem rechten Weg.213

In der Öffentlichkeit dieser wechselseitigen Komplimente lag für beide Seiten eine besondere Genugtuung. Sophie von La Röche, die angeblich weiterhin Bedenken hatte, allzu schmeichelhafte Leserinnenbriefe abzudrucken, sonnte sich im Beifall ihrer Korrespondentinnen und wertete ihn als pädagogischen Erfolg. Demonstrativ ließ sie hin und wieder Passagen aus, um sich dann für das nicht wörtlich wiedergegebene Lob erkenntlich zu zeigen: Sodanke ich Ihnen doch für das Vergnügen, welches Sie mir dadurch machten, nicht, mein Kind! weil ich Lob wünsche und gerne höre, sondern weil das Gute, welches man in Pomona lobt, mir zum Beweiß dienet, daß ich meinen Entzweck erhalte, jungen guten Frauenzimmern eine nützliche Freude zu geben. 214

Umgekehrt sollten auch die Leserinnen, welche durch ihre Zustimmung zu zentralen Passagen der Zeitschrift, durch eine intelligente Nachfrage oder einen guten Briefstil ihre Bildsamkeit bezeugt hatten, ohne das Gebot weiblicher Bescheidenheit zu verletzen, sich durch die Veröffentlichung ihres Schreibens sowie die öffentliche Entgegnung der Herausgeberin belohnt fühlen. So ehrte Sophie von La Röche eine Leserbriefschreiberin, die sich selbst als »eine von Teutschlands Töchtern« bezeichnet hatte, damit, daß sie ihr öffentlich bescheinigte, »eine[ ] der besten Töchter Teutschlands« zu sein. Sie schrieb: Jede Leserin der Pomona wird Ihnen, meine werthe junge Freundin! diese Benennung geben, und um Ihrem guten Geist dieses verdiente Lob zu schaffen, lasse ich den größten

212

2L1 214

Aus einer Stadt ohnweit Anspach, in: Pomorta, L Jg. (1783), Heft 12, S. 1205-1208, hier S. 1206.

Antwort, ebd., S. 1208/1209. Antwort auf diesen Brief [aus einem kleinen Städtchen], in: Pomona, 2.Jg, (1784), Heft 6, S. 566-569, hier S. 566.

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Thcil Ihres Briefs drucken, in welchem man zugleich sehen kann, wie schön die Liebe und das Lob ausgedrückt seyn muß, welches Sie mir geben, 215

Einer anderen, die berichtet hatte, daß sie sich Abschriften von allen ihren Briefen mache, attestierte Sophie von La Röche, daß sie »doppelt den Zutritt in eine Bibliothek« verdiene, da sie durch ihre Bildungsanstrengungen auch ihren Freunden ein Vergnügen bereite,2"1 Die Korrespondenz in der Pomona erschöpfte sich nicht in der Veröffentlichung von gegenseitiger Anerkennung und Auszeichnung, sie diente zugleich der Überwindung von Anonymität, der persönlichen Zuwendung. Öffentlichkeit und Privatheit waren auch hier keine Gegensätze, sondern vielfach miteinander verschränkt. Die Form des Briefs brachte einen individuellen, vertrauten Ton in die Zeitschrift. Sowohl die Leserinnen als auch Sophie von La Röche erwähnten in ihren Schreiben mehrfach private Details, so als läse nicht ein zahlreiches, unbekanntes Publikum mit. Vigilande erweckte zum Beispiel den Anschein, als vertraue sie der Herausgeberin ein Geheimnis an, wenn sie ein Rendezvous mit ihrem Verlobten folgendermaßen schilderte: »Unter uns! Er gab mir einen Kuß dazu,« 217 Ähnlich paradox mutet es an, wenn eine Korrespondentin ihren schwärmerischen Brief mit den Worten schloß: »Lassen Sie mich in der Stille Sie bewundern, verehren und lieben, und schenken Sie auch ein wenig Liebe Ihrer Verehrerin und Freundin H.« 21S Das spätaufklärerische Weiblichkeitsideal verlangte einerseits bescheidene Zurückhaltung, anderereits durfte eine tugendhafte Frau keine Geheimnisse haben. Eine gewisse, scheinbar naive Offenherzigkeit konnte demonstrieren, daß sie nichts verbarg und also offenbar kein schlechtes Gewissen hatte, Vigilande behauptete etwa, auch ihre Schwächen nicht verschweigen zu wollen, damit Sophie von La Röche sie »ganz kennen lerne[ ]«: »Es ist mir unaussprechlich wohl, wenn ich mich einer vernünftigen, nachsichtsvollen Frau ohne Zurückhaltung entdecken kann«, schrieb sie,m Eine solche Vertraulichkeit galt zugleich als Bedingung für echte Freundschaft. So rechtfertigte sich die Herausgeberin dafür, in ihrer sonst so positiv und optimistisch gestimmten Zeitschrift über ihren Kummer angesichts des Todes ihrer Freundin Betty Jacobi berichtet zu haben, mit den Worten:

2iri

Antwort auf vorhergehenden Brief einer der besten Töchter Teutschlands, ebd., S. 559563, hier S.559, 216 [Antwort an] Christiane ohnweit Anspach, in: Pomona, 1. Jg. {1783), Heft 8, S,816/817, hier S.817. 217 Vigitande an die Verfasserin der Pomona, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 10, S.997-1013, hier S. 999. Zuvor waren schon zwei ihrer Briefe abgedruckt worden, wofür sich Vigilande hier herzlich bedankte. Sie konnte also davon ausgehen, daß auch dieser Brief wieder veröffentlicht würde, 2t!i Briefe an die Verfasserin der Pomona nebst Anworten, [hier: Brief aus Frankfurt], in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 11,5.1095-1099, hier S. 1099. 2W Antworten auf Briefe, [hier: Aus der Wetterau], in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 8, S. 806812, hier S.808, 383

Vergeben Sie, meine Leserinnen! daß ich von meiner Trauer mit Ihnen rede. Ich theile auch so gerne meine beste Freuden mit Ihnen, aber ich wäre nicht werth, daß Sie mit Vertrauen und Liebe meine Pomona aufnehmen, wenn mein Herz die vortrefliche Frau nicht liebend beweinte [..,]. 22n

Empfindsamkeit war im späten 18. Jahrhundert keine Privatangelegenheit, keine stille persönliche Haltung, sie wurde geäußert, zelebriert und zur Schau gestellt. Es entstand ein Gefühls- und Freundschaftskult, durch den man sich selbst vor anderen seiner Empathiefähigkeit versicherte und sich diese bestätigen ließ. Die Korrespondenz-Rubrik der Pomona war ein geradezu idealer Ort für Frauen, sich als empfindsam zu exponieren. Scheinbar schüchtern konnten sich Leserinnen vertrauensvoll an Sophie von La Röche, diese anerkannte Expertin in Sachen Empfindsamkeit, wenden und ihr Herz ausschütten. Eine Antwort der berühmten Schriftstellerin verlieh ihnen Bedeutung und brachte ihnen günstigstenfalls die Bestätigung, daß die gezeigten Gefühle lobenswert seien. Da eine andere, eben die namhafte Sophie von La Röche, diese Korrespondenz dem Druck übergab, und das auch noch um eines moralischen Nutzens willen, war die Öffentliche Selbstdarstellung der Leserinnen mit dem Gebot bescheidener Zurückhaltung ausgesöhnt. Manche Briefe lassen kein anderes Anliegen erkennen als den Wunsch nach Aufmerksamkeit und einer solchen Absegnung der eigenen Empfindsamkeit durch Sophie von La Röche. Zum Beispiel breitete eine Leserin ausführlich ihre Skrupel aus, der verehrten Herausgeberin mit einem Brief zur Last zu fallen, um sie schließlich am Ende um Verzeihung zu bitten, daß sie mit ihrer Freimütigkeit gewiß ihre Geduld ermüdet habe.221 Ihr Vorstoß war erfolgreich. Sophie von La Röche würdigte sie eines ausführlichen Antwortbriefs, in welchem sie sich das Aussehen der unbekannten Verehrerin ausmalte und ihr eine Betrachtung über die Vielfalt häuslicher Freuden widmete. Schon die Initiative der Leserin als solche diente ihr zum Beweis von deren Liebenswürdigkeit: »Ihr Herz ist ein gutes fühlbares Herz- wie würden Sie sonst mich so lieb gewonnen haben?«, konstatierte sie.222 Noch eine weitere Leserin behauptete, lange mit dem Schreiben gezögert zu haben, weil sie ungebildet sei und ihre Empfindungen schriftlich nicht recht ausdrücken könne. Doch da sie nun gesehen habe, daß viele ihrer »glücklichen Vorgängerinnen« so gütig von Sophie von La Röche aufgenommen worden seien, wage auch sie diesen Schritt, wenn auch ihre Schwestern über ihre Kühnheit staunten. Nicht länger scheu, sondern nahezu selbstgefällig demonstrierte sie nach dieser Vorrede ihre Empfindsamkeit: Zu unwichtig, Ihnen etwas über die Schönheit Ihrer Pomona zu sagen, zumal da Sie jedes Lob von sich ablehnen, kann ich sie nur empfinden, fest überzeugt, daß keine Ihrer Leserinnen mich hierinn übertreffen wird. - Gerne und willig gönne ich ihnen den Vorzug an Geisteskräften; nur den von sanften Gefühlen des Guten und Edlen soll mir keine streitig

2211

Über den Reichtum, in: Pomona, 2, Jg. (1784), Heft 4, S, 350-372, hier S.365/366. An Pomona von L., in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 2, S. 188-190. Zwischendurch brachte sie umständlich die völlig überflüssige Bitte vor, die »Briefe an Lina« bis zu deren Verheiratung fortzusetzen. 222 Antwort an Mademoiselle L, ebd., S. 191-193, hier S. 193. 221

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machen. Möchten doch diese Gesinnungen mir ein kleines Recht auf Ihre Achtung erwerben! [...] der Beyfall edler Seelen war immer mein erster Wunsch. - Denken Sie nun, ob ich ohne ungerecht gegen mich selbst zu seyn, den Gedanken hätte unterdrücken können, um den Ihrigen zu bitten, wenn Sie mich einstens dessen würdig finden! von der Aufnahme dieses Blätgens wird nun mein Schicksal abhängen, ob ich es wagen darf, dem Ruffe meines Herzens zu folgen, Ihnen in den noch kommenden Fällen meines Lebens um Ihre gütige Belehrung zu bitten.22·1

Am Ende ihres Briefes stellte sie selbst fest, daß sie für eine Unbekannte »schon sehr viel geschrieben, im Grunde aber sehr wenig gesagt« habe. Sie schloß daher immerhin noch die Bitte an, Sophie von La Röche möge doch in der Pomona einmal einen Scherenschnitt von sich liefern. Sie und alle anderen Leserinnen könnten dann mit Rührung und Dankbarkeit auf ihre Silhouette blicken.224 Die Herausgeberin revanchierte sich mit der Versicherung, daß dieser Brief sie besonders bewegt habe und sie die Leserin zu gern im Zirkel ihrer Schwestern sehen und sie alle umarmen möchte. 225 Die für heutigen Geschmack unangenehm unverblümten Selbstdarstellungen und Selbstbeweihräucherungen gingen der empfindsamen Schriftstellerin keineswegs zu weit. Offenbar schienen sie damals vielen Menschen selbstverständlich und darüber hinaus notwendig. Lob erntete somit auch eine Leserin, die sich damit brüstete, ihre vormalige, unverschuldete Eitelkeit überwunden zu haben, so daß nun nur noch verzeihliche Schwächen übrig seien: Der Schöpfer gab mir weder Vorzüge des Standes, noch Schönheit, noch Reichthum. Ich besitze auch keine Kenntnisse: alles, was ich habe, ist ein gutes fühlbares Herz, welches fähig ist, den Werth des Guten innig zu fühlen. {...] Auch kenne ich alle meine Fehler, verabscheue sie herzlich, ob sie gleich mein gehören, und weiß gewiß, daß ich einige völlig ausrotten, und die übrigen, so viel in meiner Macht steht, mildern werde. [...] Da ich Ihnen nun alles entdecke, was in meinem Herzen vorgeht, so muß ich Ihnen auch aufrichtig sagen, daß ich nach mancher unpartheyischen Prüfung fand, daß die meiste meiner Fehler nur übel verstandene Gutheit sind. 226

Der öffentliche und doch zugleich individuelle Briefwechsel mit einer berühmten Schriftstellerin hatte für viele Leserinnen im späten 18. Jahrhundert offenkundig ei221

[Brief von Friederike], in: Pomona, 2. Jg. (l784), Heft 4, S.372-375, hier S.373/374. voranstellendes Zitat S. 372. Auch diese Leserin beteuerte, Lina nachzueifern. 224 Ebd., S. 374/375. Ein solcher Wunsch wurde offenbar vielfach geäußert. Er war insofern nicht sonderlich originell, als Sophie von La Röche bereits im August 1783 versprochen hatte, eines Tages ein Bild von sich mitzudrucken (An H. von Frankfurt, in: Pomona, 1. Jg. (1783), Heft 8, S. 817). Dem letzten Heft der Pomona war dann tatsächlich ein KupferstichPorträt der Verfasserin beigefügt. 225 Antwort, ebd., S. 376/377. 226 Karoline aus Z, an Pomona, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 6, S, 548-550, hier S. 548. Dieser Brief versammelte eine Vielzahl empfindsamer Topoi. So behauptete die Verfasserin etwa, noch oft über ihre überhebliche Phase zu weinen (ebd., S. 549). Es ist auszuschließen, daß es sich hier um eine Parodie handelte, Ein solcher Humor lag Sophie von La Röche Fern. Sie ermahnte die Korrespondentin auch nicht etwa zu weniger Selbstgerechtigkeit, sondern empfahl ihr im Gegenteil, nicht allzu streng mit sich zu sein (Antwort, ebd.. S.550/ 551). 385

nen großen Reiz. Als Unbekannte wurden sie aus der Masse der Verehrerinnen herausgehoben, manch einer erkannte sie vielleicht hinter ihren Kryptonymen und biographischen Details. Gleichzeitig erschien vielen eine persönliche Begegnung noch erheblich wertvoller. So berief sich eine Frau in ihrem Leserbrief stolz auf ihren privaten Kontakt zu Sophie von La Röche und kündigte an, ihr alles Wesentliche lieber weiterhin unter vier Augen zu sagen: Sie, Theuerste! wissen, was Sie, was Pomona meinem Herzen sind - erwartens gewis nicht, daß ichs Ihnen in diesem Briefgen sage. Und ich möcht' es nicht sagen. Wie leicht war es möglich, daß sie diesem Blättgen die nemliche Ehre erwiesen, welche Vigilandens Zuschrift genoß. Da läse dann das große Publikum, was ich Ihnen in den seligsten Stunden meines Lebens so oft sagte - und - ists doch ausgemacht: daß nicht alles Gute, nicht alles Vollkommene für jedermann gut, für alle mittheilbar ist - nur dann gut bleibt, wenns nur diejenige wissen, die Fähigkeit haben, es zu gemessen.227

Eine solche intime Bekanntschaft mit der Schriftstellerin wünschten sich sicher viele Leserinnen. Manche Korrespondentin gestand, daß sie sich ein Bild von der Verfasserin mache und sie gern einmal in ihrem Alltag beobachten würde, 32B Auch die Bitte um einen Scherenschnitt war bestimmt von dem Wunsch, »das Original davon zu kennen«.229 Geradezu begeistert reagierten daher Leserinnen, denen Sophie von La Röche einen Besuch in Aussicht stellte oder die sie zu sich einlud. Die Schriftstellerin behauptete bei diesen Gelegenheiten, daß auch ihr an einem persönlichen Kennenlernen sehr gelegen sei.23(> Die Regeln weiblicher Tugend, die eher geboten, daß eine Frau kokett floh oder sich schamvoll verbarg, als daß sie fremden Menschen offensiv entgegentrat, begünstigten empfindsame Versteckspiete. So schickte eine Leserin Sophie von La Röche eine Porzellantasse mit einer Widmung und ihrem Schattenbild darauf als Symbol anonymer Seelenfreundschaft.7-31 Diese zeigte nun die Tasse angeblich überall 327

Kulide an Pornonens Mutter, in: Pomona, l.jg. (1783), Heft 11,5.1107-1110, hier S. 1107 (Druckfehler »Stundrn« korrigiert). 22ii Eine von Teutschlands Töchtern an Pomona, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 6, S.554-559, bes. S. 556. ™ [Brief von Friederike], in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 4, S. 372-375, hier S,375, 230 Zum Beispiel schrieb sie einer Frankfurter Leserin: »Süß wird mir die Reise nach Frankfurt seyn, nicht nur weil ich meine geliebte, gute Tochter, sondern weil ich auch Sie sehen werde, denn bis jetzt sind Sie mir nur eine artige Maske.« {Antwort an meine unbekannte Freundin in Frankfurt, in: Pomona, I.Jg. (1783), Heft 11, S. 1099-1103, hier S. 1102). Und Vigilande bot sie an: »Kommen Sie zu mir, die Pfalz ist schön -«, woraufhin diese freudig versicherte, sie werde bestimmt kommen (Antworten auf Briefe, ebd., Heft 8, S.806-817, hier S.810; Vigilande an die Verfasserin der Pomona, ebd., Heft 11, S.997-1007, hier S. 1005). Auch die selbstbewußte Korrespondentin M.M.C. wünschte Sophie von La Röche einmal persönlich kennenzulernen (Antwort, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 7, S.666-671, hierS.671). 231 Die Untertasse schmücke ein »Altar mit einem artigen Rauchfaß mit der Aufschrift zu Ehren der Pomona« und die Tasse »eine Silhouette mit Blumen bekränzt, welche alle Züge einer schönen Seele trägt«, (An Pomonens verborgene Freundin, in: Pomona, 2.Jg. (1784), Heft 4, S. 390/391, hier 5,390). Ein ähnlich empfindsames Geschenk übersandte Luise Mejer, wenn sie mit einem gestickten Bild von dem alten, Epheu bewachsenen Turrn, den 386

herum und fragte, ob jemand die edle unbekannte Spenderin mit dem feinen Geschmack kenne. Da ihr niemand einen Wink hatte geben können, setzte Sophie von La Röche ihren Dank in die Pomona und bat Freundinnen und Freunde der Unbekannten um »eine kleine Verrätherey«, 2M Auch nach der neugierigen Fragerin, die ihr wertvolle Anregungen zu autobiographischen Artikeln geliefert hatte, hätte sie gern gefahndet, behauptete sie: Ich war in Versuchung, eine Linie von der Handschrift, in welcher diese und schon mehr vorhergehende Fragen geschrieben sind, in Kupfer stechen zu lassen, und meine Leserinnen zu bitten, unter den Briefen ihrer Bekannten umzuschauen, ob sie nicht die Schreiberin finden könnten. 233

Ein kleiner Teil der Korrespondenz widmete sich tatsächlich - wie von der Forschung vermerkt - der individuellen Beratung, Auch bei diesen Briefen ist allerdings zu überlegen, ob manche Anfragen den Leserinnen nicht lediglich zum Vorwand dienten, mit der prominenten Schriftstellerin in Verbindung zu treten und ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Einige erbaten sich Tips für den geselligen Zeitvertreib im Freundinnenkreis, 214 andere wollten wissen, was Sophie von La Röche von blumigen Redewendungen halte.235 Eine Frau, deren Brief nur beantwortet, nicht abgedruckt wurde, sandte der Herausgeberin Gedichte eines Verehrers. Ob sie eher eine literarische Bewertung der Texte oder ein moralisches Urteil über den Autor erbeten hatte, bleibt somit ungewiß. Anscheinend hatte sie berichtet, daß ihr Vater sich sorgte, der Mann werde seiner Tochter den Kopf verdrehen. Sophie von La Röche meinte nun, alle Beteiligten beruhigen zu können. Die Gedichte verrieten ein sehr gutes Herz, wenngleich sie zum Druck weniger geeignet seien. Die Leserin werde sicher so verständig sein, über die wohlwollende Absicht des Mannes zu lächeln, ihn mit schonender Güte zu behandeln und sich seine Galanterie nicht zu Kopf steigen zu lassen.2·16 Die meisten Fragen waren recht allgemein gehalten und regten grundsätzliche Ausführungen an, wie sie für das Räsonnement der Pomona typisch waren: worauf man seine Ehe gründen solle, wie man eine impulsive Tochter vor den Gefahren der Leidenschaft bewahren könne, warum Männerfreundschaften oft stabiler seien als Frauenfreundschaften, in welchen Situationen man Menschen am besten kennen-

Sophie von La Röche im ersten Heft der Pomona geschildert hatte, unter Beweis stellte, daß sie für solche Vergänglichkeits-Symbolik empfänglich war. Sophie von La Röche machte diese Gabe nicht publik, erwähnte sie aber in einem Brief an Jenny von Voigts (Sophie von La Röche an j.v. Voigts am 11.6.1784, FDH Frankfurt, Hs-6982.) ™ Ebd., S. 391. 2 " Wie kan man sein Gedächtniß verbessern und was macht man in Ihrem Alter für einen Gebrauch davon, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 9, S. 852-858, hier S. 852. 2:14 VgL Kap. V. 1.2. 2ii Eine artige Bitte, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 8, S. 738-746; Neue kleine Fragen und Antwort, ebd., Heft 4, S. 386-389. Mfi Antwort auf einen Brief aus Breiten von Mademoiselle Valendore, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 6, S. 552-554. 387

lerne, ob empfindsame Menschen nicht sehr viel heftiger unter Widrigkeiten litten als weniger sensible, wie man sich Freunde mache und ob es mehr gute oder mehr schlechte Menschen gebe. Die Antworten Sophie von La Roches dürften die Leserinnen schwerlich überrascht haben, denn ähnliches hatten sie schon oft in der Pomona lesen können. Trotzdem beteuerte manche von ihnen, wie viel von der Antwort der erfahrenen Schriftstellerin für sie abhänge, »Ihre Entscheidung ist auch meine Entscheidung in einer Sache, die mir noch nicht ganz aufgeklärt war, bey mir noch nicht sich ganz entwickelte«, versicherte zum Betspiel die Leserin, die nach dem moralischen Wert der Menschheit fragte.237 Allerdings liefen Leserinnen, die Nachfragen einsandten, Sophie von La Röche ihre persönlichen Probleme schilderten oder in einem Leserbrief einfach munter drauflos plauderten, auch Gefahr, sich sanften öffentlichen Tadel einzuhandeln. Wenn Leserinnen etwa behaupteten, sie warteten begierig auf jede Fortsetzung der »Briefe an Lina«, dann aber längst bekannte Dinge über Lina wissen wollten, mißbilligte Sophie von La Röche in ihrer Antwort ausdrücklich solche Unaufmerksamkeit. 238 Eine regelrechte Moralpredigt erhielt, wer die Gebote weiblicher Tugend nicht kannte oder gegen sie verstieß. Als zwei Leserinnen sich etwas patzig erkundigten, wie Lina denn bitteschön glücklich werden solle, wo sie doch weder reich noch vornehm sei, reagierte die Herausgeberin mit einer Maßnahme subtiler aufgeklärter Pädagogik: Sie schimpfte nicht, sondern verlagerte die Bestrafung. Sie bedaure die Leserinnen wegen ihrer Verblendung und ihrem unfreundlichen Auftreten, behauptete sie, denn sicher zögen sie sich durch ihren Stolz auf ererbten Reichtum oder zufällige Geburt Haß und Verachtung zu. Ihr brüsker Ton verrate eine Unzufriedenheit, die ihnen gewiß ein unfreundliches Aussehen verleihe und anderen Menschen unangenehme Empfindungen verursache. 23y ZieI solcher Strategie war die ständige Selbstkontrolle, die Verinnerlichung des potentiellen Urteils anderer. Eine Witwe, die Rat suchte bei der Herausgeberin, weil sie einen Bewerber leichtfertig abgewiesen hatte und sich nun verlassen sah, mußte sich für ihren Hochmut und ihren »Koketteriegeist« tadeln lassen.240 Einer anderen Leserin empfahl Sophie von La Röche dringend, sich nicht über unerwünschte Handküsse zu beschweren, sondern lieber niemand anderem zu erlauben, daß er ihre Hand küsse, als dem einen von ihr verehrten Mann. 241 Mitunter ermahnte die Herausgeberin selbst Leserinnen, die sie ansonsten ausdrücklich lobte, wegen ganzer Kleinigkeiten, um 217

Briefe an die Verfasserin der Pomona nebst Antworten, [Brief der H. aus Frankfurt], in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 11, S. 1095-3099, hier S. 1096/1097. 2W Neue kleine Fragen und Antwort, in: Pomona, 2, Jg. (1784), Heft 4, S,386-389. IW Eine mir sehr wichtige Frage, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 7, S. 587-594. Selbst flüchtige Pomona-Lektüre konnte lehren, daß ein solcher Einwand der Tugendlehre der Zeitschrift zuwiderlief und folglich den Unwillen der Herausgeberin erregen mußte. Es ist daher anzunehmen, daß entweder Leserinnen die Herausgeberin provozieren wollten oder diese die vorlaute Frage fingierte, um ihrem Publikum einmal eine nachdrückliche Zurechtweisung praktisch vorzuführen. 2411 Antwort an die Witt we, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 11, S. 1103-1107, Zitat S. 1106, 241 [An] Auguste am Rheinstrom, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 8, S.814-816, hier S.815. 388

»jeden Flecken« aus ihrer »schönen Seele« zu tilgen.242 Meistens erfolgten solche Verweise wegen übermütiger oder spöttischer Bemerkungen. Als eine Leserin gestand, die Predigt eines alten Geistlichen langweilig gefunden zu haben, wurde sie belehrt, sie solle dessen abnehmende Geisteskräfte in Rechnung stellen.24-1 Vigilandes Karikatur bornierter Provinzler nahm Sophie von La Röche für bare Münze und räsonierte darüber, daß der dicke Pastor sicher nicht mit Vorsatz fettleibig sei und die bunte Kleidung des Apothekers nur in Vigilandes Augen lächerlich.244 Wären die Leserbriefe tatsächlich fingiert, die Unstimmigkeiten /wischen Leserinnen und Herausgeberin von dieser also bloß vorgetäuscht, so verriete dies schon ein hohes Maß an Illusionskunst. Es erscheint erheblich plausibler, daß echte Leserbriefschreiberinnen hier auf eine humorlose Sophie von La Röche stießen. Milde öffentliche Zurechtweisung mußte sich auch eine Korrespondentin von Charlotte Hezel gefallen lassen. Das Lernziel war hier jedoch ein deutlich anderes als bei Sophie von La Röche, Während diese monierte, daß Vigilande gelegentlich lateinische Ausdrücke verwandte,245 hielt jene einer Leserin, die sich nach der Bedeutung eines Fremdworts erkundigte, vor, daß sie sich dessen Sinn bei entsprechender Anstrengung sehr wohl selbst hätte erschließen können. 24 Mit dem statuierten Exempel warb Charlotte Hezel also gleichsam für autodidaktische Bildungsbemühungen, Schon dieser Briefwechsel zeigt die eigentümliche Mischung von persönlicher Zuwendung und öffentlicher Präsentation, die wenige Jahre später die Briefrubrik der Pomona auszeichnete. Die Korrespondentin exponierte sich als treue Leserin des Wochenblatts, die sich mit anderen über ihre Lektüre austauschte und schon mehrfach Kommentare an die Herausgeberin eingesandt hatte. Offenbar hatte Charlotte Hezel ihre Briefe beantwortet, denn sie nahm sich das Recht, diese nun als ihre »Freundin« anzusprechen: Ich befinde mich, wie Ihnen bekannt ist, auch mit unter den Leserinnen Ihres -- -- Wochenblatts und ich muß gestehen, daß ich es bisher immer mit Vergnügen gelesen habe. Da ich Sie nicht blos als Schriftstellerinn, sondern auch als meine nunmehrige Freundinn betrachte: so nehme ich mir die Freiheit, Ihnen manche Erinnerungen über Ihr Wochenblatt mitzutheilen, welche mir theils eigen, theils aber auch von anderen entlehnt sind. Ich weiß. Sie nehmen mir diese Dreistigkeit nicht nur nicht ungütig, sondern würdigen mich und meine Anmerkungen auch einiger Antwort.247 242

Freundschaft, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 12, S. 26-1150, hier S. 1149. Ebd. 244 Antwort an Vigilande, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 3, S.311-316, hier S.313; Briefe und Antworten, ebd., Heft 12, S. 1189-1218, hier S. 1190. 145 »Ich bitte, liebe Freundin! vergessen Sie, so bald Sie können, alle die lateinische Worte; denn man sagt, daß die Grazien davon laufen, wenn sie ein Frauenzimmer wie einen Advokaten reden hören oder schreiben sehen.« (Antworten auf Briefe, l.Jg. (1783), Heft 8, S, 806-812, hier S. 808). Vigitande rechtfertigte sich mit den »lateinischen« Männern ihrer nächsten Umgebung und wollte ihren Liebhaber verwetten, wenn nicht auch Sophie von La Röche unter solchen Bedingungen »wenigstens halb lateinisch« würde. Vigilande an die Verfasserin der Pomona, ebd., Heft 10, S. 997-1013, hier S. 997/998. 246 Brief einer Freundinn an die Vcrfasserinn des Wochenblatts, in: WfSG, 46. Stück, S.362/ 363 und Ch.H.H** g. S**: Antwort auf vorstehenden Brief, ebd.,5.363-368. 247 Brief einer Freundinn an die Verfasserinn des Wochenblatts, ebd., S. 362/363, hier S.362. 341

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In ihrer erstmals Öffentlichen Entgegnung trieb Charlotte Hezei nun ihrerseits die Exponierung der nicht namentlich genannten Korrespondentin weiter voran. Sie nannte einige von deren Lebensdaten, die einem Teil des Publikums unter Umständen Rückschlüsse auf ihre Identität erlaubten. Darüber hinaus nutzte sie den persönlichen Charakter ihres Antwortschreibens, um eine Anekdote aus ihrer eigenen Kindheit zu erzählen. Gleichzeitig war dieser Brief derjenige Beitrag, unter den Charlotte Hezel erstmals ihre vollständigen Initialen schrieb.248 Der zweite Leserbrief, den Charlotte Hezel im Wochenblau für's Schöne Geschlecht abdruckte, hatte einen gänzlich anderen Charakter. Der Absenderin ging es nicht um die eigene Person, sondern um ein konkretes Anliegen. Sie suchte bewußt eine weibliche Öffentlichkeit, um unter Müttern aus den höheren Ständen eine Mäßigungs-initiative anzuregen. Sie gab sich nicht zu erkennen und bat ausdrücklich um Abdruck ihrer Zuschrift im Wochenblatt?w Ihr Brief ähnelte damit einem eigenständigen Beitrag, erlaubte ihr aber von der Form her sowohl eine dezidiertere Selbstdarstellung als auch eine eindringlichere, scheinbar persönliche Wendung an andere Frauen in ihrer Situation: Als Mutter von acht Kindern klagte sie, daß die standesgemäße Ausstattung insbesondere ihrer fünf Töchter so kostspielig geworden sei. Trotz Selbstproduktion und Weiterverwertung von Kleidung verschlängen die Ausgaben fast das gesamte Haushaltsbudget: Ich kann versichern, daß ich Tag und Nacht darauf denke, alles so mäßig einzurichten, wie es immer möglich ist, und selbst seit meinem Hochzeitstage kein einziges neues Kleid mir habe machen lassen, auch vieles bereits von meinem jugendüehen Staat für meine Kinder zerschnitten habe. Gieichwol bin ich nicht vermögend, so vieles anzuschaffen, als die heutige Welt bei Kindern aufs mindeste erfordert. [...] eine Mutter, die redlich durch die Welt will, hat vom Morgen bis in den Abend nichts zu thun, als ihre Kinder nur so zu puzzen, daß sie sich sehen lassen dürfen. 250

Die Korrespondentin regte an, in Ermangelung einer staatlichen Kleiderordnung, die den Luxusaufwand an Kindern und Jugendlichen bis zu deren Gesellschaftsdebüt untersagt hätte, eine entsprechende wohltätige Elterninitiative zu starten. Ihr Brief wirkt weniger, als wolle sich hier eine Leserin mehr oder weniger spontan ihren Ärger von der Seele schreiben, als vielmehr wie ein rhetorisch ausgefeilter Aufruf. Wenn die Autorin zahlreiche Modeartikel mit ihren französischen Namen aufzählte, kritisierte sie damit zugleich indirekt die Nachahmung Pariser Moden. Zudem scheint die Schilderung der Sparsamkeit - sie behauptete, die Familie habe nach einem Kinderball eine Woche lang Wassersuppe essen müssen, - und des Zeit-

24S

Sollte dieser Leserbrief nicht echt, sondern von der Herausgeberin fingiert gewesen sein, wofür es allerdings keinen konkreten Anhaltspunkt gibt, so müßte die Simulation eines solch »privaten« Briefwechsels erst recht als ein gezielter Versuch gelten, Kontakt zu Leserinnen herzustellen und den Eindruck persönlicher Verbindungen zu erwecken. 24hl Brief eines ungenannten Frauenzimmers, welchen die Verfasserinn des Wochenblatts über Nürnberg erhalten hat, in: WfSG,40. Stück, S.314-317. Unterzeichnet warder Leserbrief mit »Ihre gehorsame Dienerin«. Zur angeregten Initiative vgl. auch Kap. V.l.3, 250 Ebd.,5.314/315. 390

aufwandes unglaubwürdig: Eine Frau höheren Standes hätte es sich wohl kaum leisten können, zehn Jahre lang kein neues Kleid zu tragen, und bei der Hausarbeit standen ihr Dienstboten zur Seite. Es ist daher anzunehmen, daß entweder die Autorin zwecks größerer Dringlichkeit und Überzeugungskraft in ihrer Darstellung übertrieb oder aber die Perspektive einer geplagten Mutter insgesamt fingiert war. Selbst im zweiten Fall hätte der Brief dennnoch einen gewissen Aussagewert, sowohl was das formulierte Anliegen, als auch was die Wendung an eine größere anonyme weibliche Zielgruppe anbelangt. Zwar kommentierte Charlotte Hezel diese Anregung mit keinem Wort, und auch in späteren Stücken des Wochenblatts erschienen keine Stellungnahmen. Trotzdem muß diese Einsendung als ein erster Versuch einer außenstehenden Person gelten, die Öffentlichkeit einer Frauenzeitschrift zu nutzen, um eine bürgerlich-adlige Diskussion über Luxusverzicht als Selbsthilfemaßnahme in Gang zu setzen. Auch Marianne Ehrmann experimentierte in Amaüens Erholungsstunden kurz mit dem Leserbrief als Textsorte, ohne daß daraus eine regelmäßige Einrichtung erwuchs. Im ersten Jahrgang druckte sie ein Schreiben von einer Leserin ab, und im Jahr darauf führte sie über mehrere Hefte eine briefliche Kontroverse mit einem Mann.2·''1 In beiden Fällen ging es um den moralischen Zustand des weiblichen Geschlechts und seine Erziehbarkeit. Die Leserin begrüßte Marianne Ehrmanns Frauenschelte und erwartete Lernerfolge, der Mann dagegen hielt ihre Belehrungen für vergebliche Liebesmüh. Das Schreiben der Leserin führte die Herausgeberin denn auch lediglich als eine Bestätigung ihrer Absichten an, dem Mann widersprach sie ausführlich. Beide Korrespondenzen unterstrichen so auf unterschiedliche Weise Marianne Ehrmanns Bildungsziele und brachten nicht nur inhaltlich, sondern auch formal kaum etwas Neues in die Zeitschrift, Der Ton war nicht persönlicher und vertrauensvoller, eine Darbietung des Privaten unterblieb. Von allen Leserbriefen könnten diese am ehesten fingiert gewesen sein.2S2 In einer kurzen Anmerkung rechtfertigte Marianne Ehrmann, weshalb sie »eine kleine Verrätherei« an ihrer Freundin begehe und ihren Brief einrücke: Nicht Eitelkeit ist die Triebfeder dieser Handlung, sondern der Wunsch, sowohl meine geehrteste Leserinnen zu ähnlichen Beiträgen für diese Monatschrift anzulokken, als auch gewissen Männern begreiflich zu machen, daß es sehr viele hetldenkende Frauenzimmer gebe, die ganz ohne Prätensionen sich selbst Kopf und Herz bilden. Zugleich mag dieser naive Brief ein Beweis seyn, wie gerne sich wenigstens ein grosser Theil unsers Geschlechts von Freundinnen zurechtweisen läßt. So viel zu meiner Entschuldigung. 253

Die derbe Kritik an Schwächen und Fehlern ihrer Geschlechtsgenossinnen war nach Marianne Ehrmanns Selbstverständnis ihr Markenzeichen. Mehrfach spielte

251

Vgl. Kap. IV.3.2. Wenn Marianne Ehrmann diese Texte tatsächlich selbst verfaßt hätte, wäre die geschlechtsspezifische Rollenverteilung am interessantesten: Von einer Frau kam Zuspruch und Unterstützung, von einem Mann Kritik und Zweifel, der ihr allerdings Gelegenheit bot, sich schützend vor ihr weibliches Publikum zu stellen. 2M Anmerkung, in: AE, l.Jg. (1790), Bd.4, Heft 11, S. 140. 2K

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sie darauf an, daß ihre Unerbittlichkeit sicher allerlei Leserinnen verscheuche. Sie wolle aber den verzärtelten Frauen keine hohlen Komplimente machen, sondern diese gerade bessern; sie bleibe deshalb bei ihrer bissigen Satire. Die Korrespondentin - der Unterschrift nach eine Gräfin - bestätigte sowohl die pessimistische Einschätzung weiblicher Moraütät als auch Marianne Ehrmanns Strategie. Gleich eingangs dankte sie der Herausgeberin für ihre Bemühungen um die Frauenbildung und behauptete, daß ihr insbesondere die »Freimüthigkeit«, mit der diese ihre »Wahrheiten« vortrage, ihr »enthusiastische [s] Feuer« und das »Hinreissende« ihres Vortrags »ganz ausnehmend wohl« gefalle.254 Sodann lamentierte sie ihrerseits über die »Weichlichkeit« und »Trägheit« der meisten Frauen. Es fehle unter ihnen an Überlegung, Kühnheit und Tatkraft, so daß nicht nur nichts Großes unternommen, sondern vielfach nicht einmal die weiblichen Pflichten erfüllt würden. Das gebe dem »Männervolk« Ursache zu klagen und Anlaß, über ihr ganzes Geschlecht herzuziehen, 255 Es sei daher dringend erforderlich, daß man schon die Mädchen zum Nachdenken anhalte und die Frauen insgesamt tätiger würden zum »Wohl des Ganzen« oder doch wenigstens ihrer Familie. Dann werde endlich die kindische Tändelei aufhören, der Klatsch in Frauengesellschaften, der Neid und die Verleumdung edlerer Geschlechtsgenossinnen: Und dies meine Beste! ist ja Ihre Absicht; ich wünsche von ganzem Herzen, daß sie Ihnen gelingen möge. Zum wenigsten glaube ich, daß Ihnen diese Reform bei Ihren Freundinnen, deren Sie viele haben, gelingen wird, diesen ist Alles heilig, was von Ihnen kommt, aus ganz natürlichen Gründen, diese lesen ihre Schriften mit Aufmerksamkeit, mit Beifall des Herzens, und Ihre Grundsäzze drängen sich unvermerkt in die Seelen derselben ein, diese nun suchen sie ihren ändern Freundinnen auch einzuprägen, und auf diese Art erreichen Sie doch bei Vielen Ihren Zwek, Ich spreche aus Erfahrung. O! wie werden sie einst, wann sie den mannichfaltigen Nuzzen davon einsehen. Ihnen danken, Sie lieben, Sie angenehme Betehrerinn! Lassen Sie sich deswegen nicht irre machen, wenn Sie auch von einigen miskannt und getadelt werden. Es ist das gewöhnliche Loos so vieler Edeldenkenden. 256

Die hier zu Marianne Ehrmanns Lob ausphantasierte moralische Kettenreaktion unter Frauen berührt noch einen weiteren Aspekt weiblicher Öffentlichkeit, den die abgedruckten Zuschriften von Leserinnen in den Frauenzeitschriften dokumentieren. Viele Korrespondentinnen erwähnten in ihren Briefen, daß sie das Journal gemeinsam mit anderen Frauen lasen, die Hefte weiterreichten und sich über ihre Lektüre verständigten. Die Porno na- Leserin Vigilande erzählte in einem ihrer Briefe zum Beispiel, daß sie in ihrer kleinen Landstadt eine »Lesegesellschaft von

254

Ch. Gräfinn von ***: Ein Brief an die Herausgeberin dieser Monatschrift, in: AE, l.Jg. (1790), Bd.4. Heft 11, S. 135-140, hier S. 135. Die »Gräfin« benutzte etliche von Marianne Ehrmanns charakteristischen Lieblingswörtern. Dies könnte entweder ein Indiz dafür sein, daß der Brief in Wirklichkeit von der Herausgeberin stammte, oder aber anzeigen, wie stark Leserinnen unter Umständen mit einer Frauenzeitschrift sympathisierten und von den Texten beeinflußt waren. iss Ebd., S. 137/138. 2S6 Ebd., S. 139.

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Weibern und Mädchen« errichtet hätten, in welcher die Monatsschrift »ihren regelmäßigen ehrwürdigen Umlauf« halte.257 Sophie von La Röche begrüßte diese Einrichtung und zitierte den Vergleich eines Freundes, der eine Lesegesellschaft ein »Piknik für gute Köpfe« genannt habe, weil hier jeder etwas beitrage und größeres Vergnügen herrsche als bei einem »gebetenen Gastmal«, das einer aliein ausrichten und bezahlen müsse, ähnlich einer Bibliothek. 258 Den Berichten der Korrespondentinnen zufolge wurden auch die Leserbriefe vielfach von mehreren erwogen und aufgesetzt. Offenbar erforderte es Mut, ein Schreiben an die Herausgeberin einzusenden, das unter Umständen abgedruckt wurde, und so vergewisserten sich Frauen nicht nur gern zuvor bei Schwestern oder Freundinnen, sondern verwiesen in ihren Briefen auch häufig darauf, daß andere Frauen hinter ihnen stünden, die gleiche Frage hätten wie sie oder ihre Ansicht teilten. Die Gemeinschaft von Frauen konnte demnach in doppelter Hinsicht als ein Schutz und eine Bestätigung dienen. Doch nicht nur Frauen, die einander schon kannten, rückten über der Lektüre der Frauenjournale und der Einsendung von Leserbriefen zusammen. Die veröffentlichten Korrespondenzen verbanden darüber hinaus die gesamte, weitgehend anonyme und über das Subskriptionsverzeichnis nur abschnittweise namentlich bekannte Leserschaft. Zumindest gilt dies für die Pomona mit ihrer regelmäßigen Rubrik »Briefe und Antworten«. Hier behauptete eine ganze Reihe von Leserinnen, daß sie sich nach längerem Zögern nun trauten zu schreiben, weil die Herausgeberin bislang alle Korrespondentinnen so freundlich behandelt habe. Mit zunehmender Zahl veröffentlichter Zuschriften kam es außerdem immer häufiger vor, daß eine Leserin in ihrem Brief auf einen anderen Leserbrief Bezug nahm, Frauen konnten durch das Forum einer Frauenzeitschrift öffentlich hervor- und mit anderen Frauen in Verbindung treten, ohne ihren Namen nennen zu müssen. Das war eine fast einmalige Möglichkeit für ambitionierte Frauen, die vor professionellem Schreiben noch zurückschreckten. Im letzten Heft der Pomona erschien der offene Brief einer Leserin an die anonyme Verfasserin eines Aufrufs »An die deutschen Frauen«, der einige Monate zuvor im Blatt erschienen war. Sie dankte der Unbekannten überschwenglich und beschwor pathetisch ihre Seelenverwandtschaft, die sie eines Tages wohl einander noch werde finden lassen. Die anonyme Veröffentlichung weckte einerseits gerade die Neugier der Leserin und erschien ihr andererseits als ein notwendiges Übel der Zeit, das in Zukunft überwunden werden könne. Sie schrieb: In einer einsamen Stunde nannte mir mein Genius Ihren Namen, er lispeite Karoline Aber ich schweige, Ihr Geheimnis ist mir theuer - ich fühle so gut wie Sie, daß es leider noch nicht der Augenblick ist, wo Sie sagen konnten, ich achrieb dieß.25>> Vigilande: Schreiben an die Verfasserin der Pomona, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 3, S. 302-310, hier S.302. Antwort an Vigilande, ebd., S. 311 -319, hier S. 311/312. Karoüne: An die Verfasserin des Aufsatzes in Pomona, S. 906. betittelt an die deutschen Frauen, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 12, S. 1144/1145, hier S. 1145. Bei der Verfasserin handelte es sich nicht um die vermeintliche Nachbarin und regelmäßige Mitarbeiterin Sophie von La Roches,

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Die in den Frauenzeitschriften abgedruckten Briefe von Leserinnen dokumentieren auf verschiedenen Ebenen - teils ausdrücklich, teils indirekt - die Vorstellung von und das Bedürfnis nach einer Öffentlichkeit von Frauen. Viele wollten das Journal nicht bloß konsumieren, sondern sich zu ihrer Lektüre äußern, sich mit anderen Leserinnen verständigen, womöglich mit der Herausgeberin in Kontakt treten und den Inhalt des Blattes mitgestalten. Die Hoffnung auf persönliche Zuwendung sowohl auf seilen der Leserinnen als auch auf sehen der Herausgeberin war bei der Entstehung einer solchen Öffentlichkeit kein Hindernis, sondern irn Gegenteil ein zentrales Motiv. 3.2 Leser; Kritische Einwände Die vergleichsweise wenigen Briefe männlicher Leser in den Frauenzeitschriften erfüllten für das Blatt und die Herausgeberin deutlich andere Funktionen als die publizierten Zuschriften von Leserinnen. Während die Frauen die Herausgeberinnen vor allem bestätigten, um deren persönliche Zuwendung warben und sich vor dem weiblichen Publikum exponieren wollten, erhoben die Männer regelmäßig kritische Einwände. Zumindest wählten die Herausgeberinnen entsprechend geschlechtsspezifisch unterschieden die Briefe für den Abdruck aus oder aber - zieht man erneut diese grundsätzliche Möglichkeit in Betracht -verliehen fingierten Einsendungen gezielt männliche und weibliche Absender. Mit Abstand am ausführlichsten setzte sich Marianne Ehrmann mit einem männlichen Kritiker auseinander. Über fünf Folgen zog sich ihr streckenweise polemisch geführter Disput Der Mann hatte der Herausgeberin in einem ersten Schreiben Komplimente für ihre strenge Tugendlehre gemacht, dabei aber starke Zweifel angemeldet, ob sie mit ihren Bemühungen um eine verbesserte Sittlichkeit und Bildung unter den so verdorbenen Frauen überhaupt erfolgreich sein könne, Marianne Ehrmann bestritt nicht die Vorwürfe, die der Mann gegen ihr Geschlecht erhob und die ihrer Frauenschelte ähnelten, sondern ging vielmehr zum Gegenangriff über, indem sie den Männern vorwarf, daß sie lieber unwissende Frauen durch Schmeicheleien über ihr Aussehen verführten, als daß sie für deren Erziehung sorgten. Bald malten die beiden Kontrahenten einander Schwächen und Laster des jeweils anderen Geschlechts in den schwärzesten Farben aus und führten konkrete »Belege« für ihre Thesen an. Ihr Streit bekam damit Züge einer aktualisierten >Querelle des femmesQuerel1e des femrnes< aus sozial- und frauengeschichtlicher Sicht, in: Historische Mitteilungen 8 (1995), Heft 1 , S. 15-27.

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inwieweit die Argumente ernst gemeint waren oder vielmehr spielerisch vorgetragen wurden und dem gebildeten Publikum Anregungen für gesellige Streitgespräche liefern sollten. Letzteres vermutete ein zeitgenössischer Rezensent, wenn er über den offenen Briefwechsel schrieb; In der That ein ganz eigener Gedanke, wobey aber von beyden Seiten wenig Grundsätzliches bewiesen wird. Doch wird er in Gesellschaften zur munteren Unterhaltung Anlaß geben, da, wo dem einen Geschlecht die Lust anwandelt, dem anderen seine Fehler vorzurükken.2nl

Grundsätzlich bot der Briefwechsel Marianne Ehrmann Gelegenheit, sich ihrem weiblichen Publikum einmal· als loyale Anwältin der Frauen und sarkastische Männerkritikerin zu präsentieren, während sie doch sonst in ihren Zeitschriften die Rolle der unbestechlichen Mahnerin ihres eigenen Geschlechts einnahm. Ausschlaggebend für diesen RoUentausch war dabei anscheinend nicht so sehr, daß der frauenfeindliche Korrespondent den moralischen Zustand des weiblichen Geschlechts noch pessimistischer beurteilte als Marianne Ehrmann, sondern daß er als Mann diese Vorwürfe vorbrachte. Hatte die Herausgeberin sonst gegenüber ihren Leserinnen bereits hin und wieder eine böse Seitenbemerkung auf Männer fallenlassen, sah sie sich nun in ihrem Widerspruch gegen einen konkreten Mann bemüßigt, diesem schonungslos die Schwächen seines Geschlechts vor Augen zu führen. Gegen einen Mann verteidigte sie plötzlich ihre Geschlechtsgenossinnen, indem sie Männern die Schuld an deren Fehlern zuschob. Schon der Rezensent der Oberdeutschen allgemeinen Litteraturzeiiung fragte sich, wie diese Verteidigimg mit ihrem übrigen »Urthei! von diesem gebrechlichen Geschlechte« zusammenpasse, und kam zu dem Ergebnis, daß Marianne Ehrmann hier wohl »bloß aus Politik eine solche gelinde Sprache führe«. 262 Entweder die Herausgeberin wandte sich tatsächlich einem Mann zu und folgte dabei strikt der pädagogischen Maxime, immer zu Selbstkritik und eigener Vervollkommnung aufzurufen, oder aber sie wollte gegenüber ihren Leserinnen einmal eine andere Taktik einschlagen. Für diese zweite Variante spricht, daß sie die Provokation des Mannes ausdrücklich an ihr Publikum weitergab und die Leserinnen wiederholt aufforderte, in diesem Streit einen Schiedsspruch zu fällen.263 Wäre dieser Briefwechsel nicht echt, sondern fingiert, müßte Marianne Ehrmanns Strategie als um so bewußter und absichtsvoller gelten. Es stellte sich dann allerdings die Frage, worin genau die Taktik bestand: Wollte sie sich einmal offen

Sflt

Rezension von AmaÜens Erholungsstunden, 2. Jg., Heft 1-6, in:OALZ,Jg. 1792, Bd. l, Sp. 25-28, hier Sp. 26. 2h2 Ebd., Sp. 27. 2 " Marianne Ehrmann endete ihre Antwort auf seinen ersten Brief mit den Worten: »Ich übergebe Sie hiemit samt Ihrem Briefe feierlich dem weiblichen Publikum und bin versichert, daß Sie duldsamer werden behandelt werden, als Sie es verdienen!« Der offene Briefwechsel I, M.A.E.: Antwort derselben, in: AE.2. Jg. (1791), Bd,2, Heft 6, S,266-270, hier S. 270.

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mit ihren Geschlechtsgenossinnen solidarisieren und das Vertrauen derjenigen zurückgewinnen, die angesichts ihrer beständigen Ausfälle gegen klatschende, eitle oder verleumderische Frauen auf Distanz gegangen waren? Sollte ihre Polemik in einem anderen Licht erscheinen, dadurch daß ein Mann die Vorwürfe noch viel krasser formulierte und die Herausgeberin als zu nachsichtig befand? Wollte sie Männer ermahnen, ihren Beitrag zu einer moralischen Verbesserung der Frauen zu liefern? Oder schuf sie sich mit dem männlichen Frauenfeind eine Figur, in deren Maske sie unbeschadet noch härter mit ihrem eigenen Geschlecht ins Gericht gehen konnte? Die Identität des Verfassers wurde in den Briefen zum Gegenstand eines launigen Verwirrspiels. Anfangs behauptete der mit drei Sternen, gelegentlich zusätzlich mit einem Doktortitel unterzeichnende Verfasser, daß er sich des Wagnisses, das weibliche Publikum einer Frauenzeitschrift freimütig zu kritisieren, nur allzu bewußt sei. Er nenne seinen Namen nicht, um nicht zu riskieren, »dem Zorn und der Rache des holden, sanften Geschlechts preisgegeben zu werden«,264 Dabei stilisierte er sich als mutiger Einzelkämpfer gegen eine gefährliche weibliche Übermacht. Marianne Ehrmann verdächtigte ihn wiederholt, daß er wohl kein ganz reines Gewissen habe, wenn er lieber im dunkeln bleibe. In der vierten Folge dann behauptete der Verfasser, einige Frauen seiner Umgebung hätten ihn als den Kontrahenten Marianne Ehrmanns entlarvt. Die Geschichte illustrierte seine These, derzufolge Frauen dümmer seien, als Marianne Ehrmann annehme, und gar nicht daran dächten, sich zu ändern. Er sei nach seiner Entdeckung in einer »MädchenGesellschaft« böse ausgeschimpft worden, seine Freundin habe ihn verlassen, er habe einen anonymen Drohbrief erhalten und sei schließlich an heftigem Fieber erkrankt. Der Brief, den er zitierte, stellte ihm gehörige Prügel in Aussicht, wenn er nicht alle seine Behauptungen öffentlich widerrufe und den Frauen statt dessen artige Komplimente mache. Er wimmelte von Rechtschreibfehlern, war äußerst unbeholfen formuliert und unterschrieben von einer »Frauenzehmergeselschafft«.265 Marianne Ehrmann behauptete nun, dem Einsender ebenfalls auf der Spur zu sein und bereits zu wissen, daß er in ihrer Nähe wohne, was der Mann jedoch bestritt. Auf dem Höhepunkt dieser Verwirrungen zog er dann plötzlich seine bisher demonstrierte Gescnlechtszugehörigkeit in Zweifel: Wissen Sie wirklich auch ganz gewiß, daß ich, die seh reibende Person dieses, ein Mannsbild bin? Läßt sich's nicht denken, daß ein Frauenzimmer, das es freilich nicht wagen durfte, über seinesgleichen so zu sprechen, ohne wie die Krähe in der Fabel behandelt und ausgestossen zu werden, sich ins Gewand der männlichen Unverschämtheit verstekt, und unterm Namen eines Mannes die derbe Wahrheit gesagt haben könnte? Oder ists Ihnen unwahrscheinlich, daß auch nur Eine von Ihren Leserinnen unparteiisch genug, die Fehler

264

Der offene Briefwechsel I, ***: Schreiben an die Herausgeberin dieser Monatsschrift, in: AE, 2.Jg. (1791), Bd.2, Heft 6, S.261 -265, hier S.265. Der Verfasser schrieb durchgehend aus männlicher Perspektive, 2(15 Der offene Briefwechsel IV, ***: An die Herausgeber™, in: A E, 3. Jg. (1792), Bd. l, Heft l, S. 57-62, hier S.57-59.

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ihres Geschlechts einzusehen und zu rügen, und gut genug sei, die gerügten Fehler nicht an sich zu haben? Wenigstens wissen Sie ja doch nicht, wer und was ich bin!266

Bei der Interpretation dieser Briefe muß unbedingt ein hoher Grad an Inszenierung in Rechnung gestellt werden. Dabei erscheint es jedoch relativ unwahrscheinlich, daß Marianne Ehrmann die Briefe ihres Gegners selbst verfaßt hätte. Nicht nur die Sprache wich deutlich von ihrer Ausdrucksweise ab, die Stringenz der Argumentation und Reflexion über den Verlauf der Fehde war bei dem männlichen Korrespondenten deutlich stärker ausgeprägt. Dies deutet auf einen zweiten Autor hin, der allerdings vielleicht für diese Debatte in eine vorgezeichnete Rolle schlüpfte. Theoretisch könnte es sich um den Ehemann der Herausgeberin handeln, der regelmäßig Beiträge zu ihren Zeitschriften lieferte. Trotz zahlreicher Unwägbarkeiten, was die Identität des männlichen Kontrahenten und die Wirkungsabsichten Marianne Ehrmanns anbelangt, lohnt es sich, den publizistischen Streit um die Fehler beider Geschlechter in Amaliens Erholungsstünden etwas genauer zu untersuchen. Geschehen soll dies hier nicht allein in Hinblick auf die ausgetauschten Argumente ab solche, sondern insbesondere unter der Frage nach ihrer Bedeutung für die Entstehung einer weiblichen Öffentlichkeit. Es verdient festgehalten zu werden, daß Marianne Ehrmann ihre Geschiechtsgenossinnen nicht gegen die konkreten Vorwürfe des »Weiberverdammers« 267 in Schutz nahm, sondern lediglich die Unterstellung der Unverbesserlichkeit zurückwies. Dabei hatte ihr Briefpartner dem auch von ihr geteilten Katalog weiblicher Unarten noch eine weitere hinzugefügt: Neben Übermut, Eitelkeit, Putzsucht, Neid, Wollust und Geschwätzigkeit bezichtigte er Frauen einer »abscheuliche[n] Rasonnierwut«. 2Wi Marianne Ehrmann überging später dieses Detail. Sodann behauptete er, für viele unverständige Leserinnen sei die Satire der Herausgeberin viel zu fein, ihre Kritik nicht scharf genug, ihre Bemühungen würden so mit Sicherheit vergeblich bleiben. Er sei neugierig zu erfahren, ob sie tatsächlich eine bessere Meinung von ihrem Geschlecht habe oder dieses nur aus taktischen Gründen schone: Oder wollen Sie etwa den grossen Theil Ihres Geschlechts nicht zu sehr vor dem Männervolk prostituiren, was mir gleichfalls wahrscheinlich ist, weil ich doch auch nicht recht begreifen kann, wie Sie bei Ihrer Menschenkenritniß den so sehr tiefen Grad, worauf jener grosse Theil steht, nicht kennen sollten - o Madami dieser grosse Theil prostituirt sich

2(

* Der offene Briefwechsel V, ***: An die Herausgeberinn, in: AE. 3. Jg. (1792), Bd. l, Heft 2, S. 117-124, hier S. 118. Marianne Ehrmann ließ sich nicht irritieren: »Ein Weib sind Sie nicht, sonst hätten Sie sich längst verrathen! Drolligt ist es aber doch, daß Sie sich so gerne hinter diesen Schild verstekken möchten. Hoffen Sie etwa, dadurch mehr Schonung zu erschleichen?« M.A.E,: Antwort der Herausgeberinn V, ebd.. S, 125-130, hier S. 125. 267 Sie nannte ihren Korrespondenten »mein Herr Weiberverdarnmer«, s. M.A.E.: Antwort I, S. 267. an die Herausgeberin I, S.264.

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selbst, und mögens Sie's ihm nicht deutlich und rund heraus sagen, daß er sich so erbärmlich prostituirt? 269

Marianne Ehrmann nahm gleich in ihrer ersten Antwort den angriffslustigen Ton sowie die Vorstellung von einem dauernden Geschlechterkampf auf. Sie bot ihrem Korrespondenten eine Fortsetzung des offenen Briefwechsels an, verbat sich aber für die Zukunft alle weiteren Komplimente: Denn aufrichtig gesprochen, alles, was von Euch Herren der Schöpfung kömmt, ist mir verdächtig! Um so mehr, da wir armen Weiber gar nicht mehr wissen, wie wir es Euch ungenügsamen Männern recht machen sollen?270

Sie hielt die »gräßlich große Fehlediste«, die er den Frauen vorgelegt hatte, für durchaus stichhaltig, zeigte sich aber im Gegensatz zu ihm ausgesprochen optimistisch, daß vieles davon behoben werden könne.271 Hier seien gerade die Männer gefragt. Sie müßten bessere Bildungsanstalten für Mädchen einrichten und endlich aufhören, der weiblichen Eitelkeit zu schmeicheln, nur um sich die Frauen gefügig zu machen. Gerade weil Männer dieses Erziehungsgeschäft nicht der Mühe wert erachteten, habe sie mit ihrer Zeitschrift geduldig diese Arbeit auf sich genommen. Und es stelle sich ihr die Frage, ob nicht viele Männer in Wirklichkeit ein Interesse am Fortbestand des öffentlich beklagten Zustandes hegten. Wenn sich Männer doch einmal bequemten, Frauen zu belehren, träfen sie oft nicht den richtigen Ton, würden zu pedantisch oder zu bitter. Sie habe deshalb eine fesselnde, feurige Schreibart entwickelt, die einigen wenigen Leserinnen schon zu weit gegangen sei: Oft mischten sich üble Launen ins Spiel, und ich sprach vielleicht kühner, als es die schon verzärtelten Ohren ertragen konnten. Allein dafür mußte ich auch recht büssen, einige bekamen Nervenzustände und verliessen mich wieder auf halbem Wege!272 Es sei also genau verkehrt, die Leserinnen noch heftiger zu attackieren. Der Vermutung ihres Kontrahenten, sie wolle ihr Geschlecht vor den Augen der Männer schonen, begegnete sie mit Ironie. In der Tat gönne sie seinem »fehlerfreien Geschlecht« keinen vollständigen Triumph, denn andernfalls würden Männer vielleicht eines Tages ganz auf Frauen verzichten. Sie wundere sich ohnehin schon, wie so »vollkommne Adamssöhne sich mit so unvoHkommnen Wesen doch so ämsig beschäftigen« könnten. 273 Der männliche Briefpartner lehnte in seiner Entgegnung die Verantwortung, welche die Herausgeberin seinem Geschlecht für die Moralität der Frauen übertragen halte, rundweg ab. Gott habe auch den Frauen Verstand verliehen, folglich seien sie männlichen Verführungskünsten keineswegs hilflos ausgeliefert. Zudring-

2M

Ebd., S.264/265. M.A.E.: Antwort l, S.266. 271 Ebd., S.268/269. 272 Ebd., S.268. 27 1 - Ebd„S.269. 2711

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lichkeiten könnten sie selbst am besten abweisen, wenn sie Gecken mit Verachtung straften. Dagegen müßten Männer nun einmal schöntun, um zum Ziel zu kommen.274 Und wenn Frauen keine schöne Seele hätten, bleibe zum Loben nur ein schönes Gesicht. Warum Männer für die Bildung der Frauen zuständig sein sollten, könne er ebenfalls nicht erkennen, fühlten sich doch auch umgekehrt die Frauen nicht berufen, Männer zu bilden. Irn Gegenteil seien gerade Frauen Schuld an der Verdorbenheit der nachfolgenden Generation: Die weibliche Fehlerhaftigkeit ist warlich gröstentheils eine pure Erbsünde, [...] Glauben Sie nicht, daß Wollüstigkeit, Nervenabspannung, Hirnschwäche etc. erblich sey, und die Mutter ihr Mädchen und ihren Buben - woher dann auch wohl die faden, seelenlosen Süßünge unter uns kommen mögen!!! - zu gleich schwachen und kraftlosen Geschöpfen, als sie selbst ist, qualifizire? [...] Und dann - was physisch nicht schon verdorben ist, das wirds vollends durch die Erziehung, das heißt, durch die erste, den Müttern und überhaupt den weiblichen Personen uberlassene Erziehung. -[...] Wie kann auch der Mann, der in seinem Amt zu schaffen hat, immer gegenwärtig seyn und auf all 1 die Verderbnisse Acht haben und ihnen steuern?27·''

Marianne Ehrmanns Eingeständnis, daß sie - wie sie meinte: durch ihre Frauenschelte - einige Abonnentinnen verloren habe, münzte der Kontrahent zu einem Beleg für seine These von der weiblichen Verstocktheit. Diese Frauen zeigten ja sehr augenfällig, daß sie keine »Lust zum Besserwerden« verspürten. 276 Die Herausgeberin gab sich in ihrem zweiten Antwortschreiben gänzlich unbeeindruckt von den »Scheingründe[n]Frauenzeitung< lesen und von Zeit zu Zeit über ihre Leistungen sprechen [...],« Rezension der Frauenzeitung, 1838, in: Der Komet. Ein Unterhaitungsblatt für die gebildete Lesewelt, hg. v. Carl Herloßsohn, 9. Jg. (1838), Beilage für Literatur, Sp. 14, vgl. Weckel: Öffentliches Räsonnement. 452 Rezension vom Frauen-Spiegel, 1840, in: Europa. Chronik der gebildeten Welt, hg. v. August Lewald, 6. Jg. (1840), Bd. 4, S. 326. 450

konnten und in der überwiegenden Mehrheit wohl auch nicht wollten, konzentrierten sich ihre Anstrengungen auf Kontrolle und Lenkung der Lektüre derjenigen, die in diesen Jahrzehnten neu zum Lesepublikum hinzustießen. Damit steuerten sie nicht nur inhaltlich deren Rezeption, sondern markierten zugleich eine neue soziale Unterscheidung zwischen Literaturkennern und Kunstrichtern auf der einen und dem zu belehrenden »breiten Publikum« auf der anderen Seite. Eine relativ große Gruppe unter den »neuen« Gewohnheitslesern stellten die Frauen der gebildeten höheren Stände. Für sie entstand nun sogar eine eigene Literatursparte. Die rasch wachsende Zahl von Neuerscheinungen für ein weibliches Publikum mobilisierte zum einen Leserinnen und forcierte deren Gruppenbildung, zum anderen schuf sie einen begrenzten Raum, in dem sich Frauen nun auch als Autorinnen öffentlich hervortun konnten. Nachdem ich in diesem Kapitel das Publikum der von Frauen herausgegebenen Frauenzeitschriften rekonstruiert habe, will ich abschließend danach fragen, inwieweit diese Journale das Selbstverständnis ihrer Leserinnen, die Geselligkeit der Gebildeten und die Machtverhältnisse innerhalb der Bildungselite verändert haben. Die Schaffung einer speziellen Literatur für Frauen implizierte Aufwertung und Abwertung zugleich. Einerseits wurden Frauen nun der Belehrung und Unterhaltung für wert befunden und darüber zu einer neuen Zielgruppe des literarischen Marktes. Andererseits wies man ihnen eine vorsortierte Lektüre zu, suchte ihnen die freie Auswahl des Lesestoffs abzunehmen oder spekulierte mit entsprechenden Widmungen schlicht auf ihre Aufmerksamkeit und Kaufkraft, Die Tatsache, daß Frauen diese »Spezialliteratur« sehr wohl rezipiert haben, legt nahe, daß viele von ihnen die Zueignung mehr als ein Angebot denn als Bevormundung betrachteten, zumal sie in den Häusern der Bildungselite von den übrigen, nicht ihnen gewidmeten Schriften keineswegs ausgeschlossen waren und praktisch wohl auch kaum ferngehalten werden konnten. Die Frauenjournale weiblicher Herausgeber boten ihnen in besonderem Maß Gelegenheit und Rechtfertigung, ihr Leseinteresse auch öffentlich kundzutun. Die Tatsache, daß ihnen diese Lektüre ausdrücklich zugestanden war, führte dazu, daß Frauen in sehr viel größerer Zahl als sonst im 18. Jahrhundert unter ihrem eigenen Namen und zum Teil unter Angabe ihres sozialen Rangs als Subskribentinnen in Erscheinung traten. In den gedruckten Subskriptionslisten konnten sie nachschauen, wer außer ihnen die Zeitschrift bestellt hatte, und womöglich stand ihr Name nun für alle sichtbar neben dem einer angesehenen Fürstin oder eines populären Literaten, in jedem Fall aber unter vielen, dem Anschein nach gleichgesinnten, nicht näher bekannten Geschlechtsgenossinnen. Welche Bedeutung der weiblichen Autorschaft bei der Entscheidung zur namentlichen Vorausbesteilung und kollektiven Sarnmelpatronage zukam, läßt sich leider nicht abschätzen, da entsprechende Vergleichszahlen für die in diesen Jahren von Männern herausgegebenen Frauenzeitschriften fehlen. Die abgedruckten Leserbriefe an die Herausgeberinnen legen nahe, daß ihre Journale bei Frauen auf gesteigertes Interesse und besondere Gunst stießen. In jedem Fall faßten lesende Frauen eher Mut, ihrerseits zu schreiben und ihre Briefe, Gedichte oder räsonierenden Artikel zum Abdruck einzusenden, wenn eine Frau das Blatt verantwortete. Es scheint daher nicht abwe451

gig anzunehmen, daß die von Frauen herausgegebenen Frauenjournale den Leserinnen Selbstwertgefühl einflößten. Mit Sicherheit haben sie die Geselligkeit von Frauen in den gebildeten höheren Ständen beeinflußt, Leserinnen von Frauenzeitschriften teilten sich erwiesenermaßen Abonnements, reichten die Journale weiter, lasen sich gegenseitig vor und tauschten sich brieflich und mündlich über ihre Lektüre aus. Einige besuchten offensichtlich Lesegesellschaften und Leihbibliotheken, um dort die Blätter einzusehen oder nach Hause zu entleihen. In ihrem handlichen Oktavformat konnten die Hefte und selbst ganze Quartalsbände unschwer mitgenommen werden, zu geselligen Zusammenkünften etwa oder auch einer gemeinschaftlichen oder einsamen Lektüre im Freien.453 Die gängigen Polemiken gegen Frauen, die über zeitaufwendiger Lektüre ihre häuslichen Geschäfte vernachlässigten, ihre Pathologisierung als »Lesewütige« oder »Lesesüchtige« sowie die umfangreichen pädagogischen Bemühungen um Leserinnen legen nahe, daß im späten 18, Jahrhundert mit dem Wandel des Lesens zugleich die Geschlechterverhältnisse zur Diskussion standen. Die lesenden Frauen gehörten nun zum Publikum, das ließ sich nicht mehr übersehen. Sie konnten nicht nur in Gespräch und Korrespondenz, sondern mit Hilfe der gedruckten Subskriptionslisten auch öffentlich ihre Zugehörigkeit zur Bildungselite unter Beweis stellen. Am wütendsten waren die Abwehrgefechte mancher Männer, wenn Frauen sich an literarischen Gattungen und Stoffen »vergriffen«, die diese Männer weiterhin ihrem Geschlecht vorbehalten wissen wollten. Sehr viel weniger Protest regte sich indes, wenn Frauen Literatur rezipierten, die speziell ihnen zugedacht und darüber hinaus womöglich von Geschlechtsgenossinnen verfaßt war. Dieser »Frauenliteratur« billigten Kunstkenner und -richter allerdings ein erheblich geringeres Prestige zu, wobei oft allein schon die Zueignung an Frauen oder die weibliche Autorschaft an sich als Indiz für einen minderen künstlerischen Wert genommen wurde. Auf diese Weise mußten die gebildeten männlichen Leser ihr angestammtes Terrain kaum mit den neu hinzukommenden Frauen ihrer Schicht teilen. Sie blieben die hauptsächlichen Adressaten und unbestrittenen Experten für wissenschaftliche Werke, politische Schriften und »hohe« Kunst. Ob sie ihrerseits die Literatur von und für Frauen zur Kenntnis nehmen wollten, blieb ihnen überlassen. Die Verfasserinnen jedenfalls luden sie überwiegend bescheiden und herzlich dazu ein. Waren sie professionelle Leser und Literaturkritiker, gehörte diese Lektüre mit Selbstverständlichkeit zu ihrem Geschäft, und niemand bezweifelte ihre Kompetenz, ein solches Werk zu beurteilen. Aus dieser Position heraus konnten Männer Autorinnen und ihre Texte enthusiastisch feiern, gönnerhaft loben, milde tadeln oder auch übel vorführen und verreissen, sogenannte »Damenschriftsteller« abkanzeln, lächerlich machen oder aber ihre pädagogischen Bemühungen um das andere Geschlecht würdigen. Lesende Männer verloren damit nicht nur kein Terrain, sie eroberten

Zu dieser im späten 18. Jahrhundert vielbeschworenen und auf zahlreichen bildlichen Darstellungen dokumentierten Leseweise vgl. Schön: Vertust, S. 123-168.

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über das Rezensionswesen sogar noch ein weiteres Gebiet hinzu: das öffentliche Urteil über schreibende und lesende Frauen. Sicherte die Literaturkritik gebildeten Männern Definitionsmacht und damit bei allen Umschichtungen des wachsenden Lesepublikums ein klares Übergewicht gegenüber Frauen, so eröffnete die in den Frauenjournalen geführte öffentliche Korrespondenz ein neues Feld, auf dem andere Spielregeln herrschten. Zunächst einmal bot die Einsendung von Leserbriefen mit der Option, daß das Schreiben im Blatt abgedruckt und von der Herausgeberin beantwortet wurde, auch nicht professionell schreibenden Frauen die Möglichkeit, sich einmal öffentlich hervorzutun. Wenn sie die Regeln des Anstands wahrten und womöglich anonym oder unter einem Pseudonym auftraten, gefährdeten sie damit noch nicht einmal ihren guten Ruf. Auf diesem Weg erhielten sie unter Umständen von der Herausgeberin persönliche Zuwendung und wurden vor versammeltem Publikum ausgezeichnet. Im Gegensatz zu anderen Journalen konnten sie bei Frauenzeitschriften weiblicher Herausgeber darauf rechnen, daß ihre Einsendung von der Geschlechtsgenossin mit einigem Wohlwollen aufgenommen wurde, dieser vielleicht sogar ausgesprochen willkommen war. Öffentliche Zurechtweisung riskierten sie eigentlich nur, wenn sie die zentralen Botschaften des Journals nicht verstanden hatten oder nicht teilten. Für männliche Leser stellte sich die Situation anders dar. Wie bei anderen Zeitschriften auch, hinderte sie niemand, Kommentare und Anmerkungen einzusenden und sich womöglich gerade über Kritik zu profilieren. Anders als sonst hatten sie es hier aber mit einem weiblichen Gegenüber zu tun. Es bestand die Möglichkeit, daß die Herausgeberin ihre kritischen Einwände als Provokation auffaßte und sie vor dem überwiegend weiblichen Publikum als Frauenfeind anprangerte. Diese Aussicht muß Männer nicht unbedingt abgeschreckt haben, im Gegenteil, sie könnte einige durchaus gereizt haben. Unabhängig davon, wie Männer letztlich im einzelnen darauf reagierten, bleibt jedoch zunächst einmal zu konstatieren, daß offene Briefwechsel in Frauenjournalen weiblicher Herausgeber für schreibwillige Frauen und Männer eine neue, ihnen ungewohnte Ausgangslage schufen. Daß dies in der Praxis nicht zu einer Umkehrung der Geschlechterhierarchie im Sinne einer »verkehrten Welt« führte, habe ich in diesem Kapitel am konkreten Beispiel gezeigt. Die unterschiedlichen Urteile über die Frauenzeitschriften in Leserbriefen und Rezensionen dokumentieren, daß Texte niemals eindeutige Botschaften transportieren. Es sind die Lesenden, die ihnen jeweils Sinn und Bedeutung verleihen. Ihre Lesart454 eines Textes oder eines ganzen Journals ist jedoch nicht bloß individuell und völlig beliebig, sondern immer auch abhängig von der historischen Situation, dem sozialen und geographischen Ort, dem Geschlecht, Familienstand und Alter der lesenden Person, ihrer Leseerfahrung und Erwartungshaltung, 455 Auch dies 454

>Lesart< meint hier nicht die Art des Lesens im Sinne der Lektürebedingungen, sondern das Textverständnis eines Lesenden. 4W Roger Chartier weist darauf hin, daß auch die Materialität, in der ein Text vorliegt, und die Form, in welcher er die lesende Person erreicht, das Leseerlebnis und mithin den Vorgang

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zeigt sich in den überlieferten Leserstimmen, denn etliche Argumente und Einschätzungen kehren immer wieder. Wenn im folgenden Kapitel einzelne Artikel der Frauenzeitschriften noch einmal gezielt als Verständigungstexte über den gesellschaftlichen Ort der Frauen analysiert werden, so müssen verschiedene Lesarten in Erwägung gezogen und mitgedacht werden. Angesichts der geringen Zahl zeitgenössischer Rezcptionszeugnisse können diese unterschiedlichen Textverständnisse nur theoretisch rekonstruiert werden. Welche tatsächlich von den Autorinnen intendiert und welche von den Lesenden schließlich jeweils realisiert wurden, bleibt ungewiß.

der Sinnkonstruktion prägt. Er veranschaulicht diese These an ganz verschieden aufgemachten und verlegten Klassikerausgaben für unterschiedlichste Zielgruppen, für die Lektüre und Buchbesitz jeweils etwas ganz anderes bedeutet und bezweckt. (Chartier: Lesewelten, S. 7-24 und S. 169-190). Dieser Aspekt muß hier insofern unberücksichtigt bleiben, als die Frauenjournale des späten 18. Jahrhunderts in der Regel nur in einer Form vorlagen, bestenfalls in zwei Papier- und Druckqualitäten zu verschiedenen Preisen, und nicht wieder aufgelegt wurden, also für eine spezifische Zeit, die unmittelbare Gegenwart, und eine sozial relativ homogene Zielgruppe konzipiert waren. Mangeis Vergleichsmöglicnkeiten bleibt so der Einfluß der Materialität der Journale auf den Leseeindruck der Rezipienten notwendig spekulativ.

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V. Verständigungstexte in den Frauenzeitschriften

1. Räsonnement über die Ordnung der Geschlechter in der Gegenwart Die Gebildeten des späten 18. Jahrhunderts zeigten ein ausgeprägtes Interesse für Fragen nach einem »Wesen« von Mann und Frau, ihrem jeweiligen Platz in der Gesellschaft sowie ihrem Verhältnis zueinander. Aus angeblich angeborenen polaren Geschlechtscharakteren leiteten Philosophen, Pädagogen, Theologen und Staatsrechtslehrer eine Zweiteilung der gesellschaftlichen Angelegenheiten in einen kleineren häuslichen Kreis der Frau und einen tendenziell unbeschränkten außerhäuslichen Zuständigkeitsbereich des Mannes ab. Die Frauenforschung hat diesen regen Diskurs, der die Entstehung der bürgerlichen Gesellschaft begleitete, vielfach nachgezeichnet und seine Folgen kritisch beleuchtet. 1 Da die Rede von zwei separaten Sphären den Geschlechtern langfristig höchst ungleiche Machtchancen beschert hat, erscheint sie vielen rückblickend als zielgerichtet und unzweideutig. Die Vielzahl der Stimmen wird als ein einheitliches Credo für eine duale, klar hierarchische Geschlechterordnung wahrgenommen. Dabei gerät oft aus dem Blick, daß erstens Frauen nicht nur Gegenstand der Debatte waren, sondern sich auch - vereinzelt zumindest - in diese einschalteten, und daß zweitens die konstruierten Räume noch längst nicht konkret und schon gar nicht einheitlich ausgemessen und festgelegt waren. In diesem Kapitel soll abschließend systematisch untersucht werden, wie die Herausgeberinnen, ihre Gelegenheitsautorinnen und -autoren in den Frauenjournalen den gesellschaftlichen Ort der Geschlechter definierten. Obwohl die Publizistinnen alle dem Gedanken einer »häuslichen weiblichen Bestimmung« beipflichteten, entwickelten sie doch - wie gezeigt - einigermaßen unterschiedliche Taktiken, ihr eigenes öffentliches Auftreten mit dem spätaufklärerischen Weiblichkeitsideal in Einklang zu bringen. Zudem erschöpfte sich das in den Frauenzeitschriften vorgetragene Räsonnement über die Geschlechterordnung nicht in solchen (Lippen-) Bekenntnissen der Herausgeberinnen. Ich will daher näher untersuchen, was die Verfasserinnen jeweils genau unter Häuslichkeit und Öffentlichkeit verstanden, wie weitläufig oder eng, wie durchlässig oder begrenzt sie die geschlechtsspezifischen Handlungsräume konstruierten. Darüber hinaus wird zu fragen sein, auf welchem Weg sie zu ihren Vorstellungen gelangten, ob sie ihre Begrifflichkeiten primär durch Entgegensetzung, also quasi im Ausschlußverfahren bestimmten oder positiv be-

1

Vgl. Kap. i. 455

schrieben und ausphantasierten. Die Texianalyse ist von dem Gedanken geleitet, das durchaus uneinheitliche, längst nicht immer logisch stringente Räsonnement nicht vorschnell nach den angebotenen Schlagwörtern zu klassifizieren und auf diese Weise das dichotomische Denken über Häuslichkeit und Öffentlichkeit, Weiblichkeit und Männlichkeit in der Rekonstruktion ein weiteres Mal zu reproduzieren. Statt dessen soll auf Widersprüche und Zwischentöne geachtet werden, die unter Umständen einen anderen Blick auf gesellschaftliche Zusammenhänge und das Geschlechter-Arrangement erlauben. Diesem Ansatz liegt nicht etwa die These zugrunde, daß Frauen alle ähnlich und vor allem grundsätzlich anders denken als Männer und somit weibliche Autoren im späten 18. Jahrhundert das Geschlechterverhältnis auf eine »eigene« Art definiert hätten. Ich gehe vielmehr davon aus, daß auch der herrschende, männliche Diskurs noch mit großem Ertrag genauer auf seine Vielstimmigkeit, Ambivalenz und Widersprüchlichkeit hin studiert werden könnte. Wenn sich bei einem Vergleich - vermeintlich geschlechtsspezifische - Unterschiede ergeben, sollten die Gründe dafür nicht länger auf der gerade re- bzw. dekonstruierten Ebene eines vorgeblichen »Wesens« der Geschlechter gesucht, sondern auch bei der Erklärungsfindung neue Wege beschritten werden. Ein prinzipieller Unterschied im Räsonnement weiblicher und männlicher Autoren zeigt sich darin, daß Frauen in den Frauenjournalen des späten 18, Jahrhunderts im wesentlichen über die Aufgaben und Tugenden ihres eigenen Geschlechts schrieben und erheblich weniger Worte über Charakter und Neigungen, Rechte und Pflichten des anderen Geschlechts verloren, während umgekehrt die meisten bekannten, an der Geschlechterdebatte beteiligten männlichen Schriftsteller ihr eigenes Geschlecht implizit gerade dadurch zur »menschlichen« Norm erhoben, daß sie sich wortreich über die »Abweichungen« des weiblichen Geschlechts verbreiteten. Der die Diskussion dominierende Weiblichkeitsdiskurs war für die einen Selbst-, für die anderen Fremddefinition und erfüllte somit jeweils unterschiedliche Funktionen. Vergleicht man das Räsonnement der Männer über Frauen mit dem von Frauen über Männer, ergeben sich noch gravierendere Unterschiede. Zwar bezogen beide Gruppen die Aussagen über das jeweils andere Geschlecht regelmäßig auf das eigene, doch erweisen sich Frauen in dieser Hinsicht als sehr viel einsilbiger, und wenn sie sich ausnahmsweise über das andere Geschlecht äußerten, so taten sie dies in der Regel entschieden vorsichtiger und diplomatischer. Hierin drückt sich vermutlich das Bewußtsein aus, in der Minderzahl zu sein, über keine gleich starke Tradition weiblichen Schreibens und Weltauslegens zu verfügen und folglich mit weniger Autorität zu sprechen. Die Debatte kreiste eben nicht um das Verhältnis zweier gleichgewichtiger Gruppen zueinander, sondern um das Verhältnis eines »zweiten« Geschlechts zu einem »ersten«. In den von Frauen herausgegebenen Frauenzeitschriften gestaltete sich die Diskussion über die Ordnung der Geschlechter also wesentlich als ein Selbstverständigungsprozeß über die gesellschaftliche Plazierung des eigenen Geschlechts, In drei Journalen wurde überhaupt nicht über die »Bestimmung« der Frau und ihren Aktionsradius debattiert. Dies waren die beiden fast ausnahmslos belletristischen Frauenjournale, die Luna und das Museum für Frauenzimmer, sowie Charlotte He456

zels Wochenblatt für's Schöne Geschlecht, das sich auf Vermittlung sachlicher Informationen konzentrierte und sich moralischer Belehrung enthielt. 2 In den übrigen fünf Zeitschriften wurde Frauen mehr oder weniger häufig und eindringlich die Häuslichkeit als ein dankbares Tätigkeitsfeld ans Herz gelegt.1 Der fiktive, vermeintlich alte männliche Verfasser in Ernestine Hofmanns Wochenblatt Für Hamburgs Töchter erklärte unumwunden, daß er seine Leserinnen zur Erfüllung ihrer weiblichen Pflichten anhalten wolle. Dabei räumte er ein, daß diese oft mühevoll seien und den Frauen zahlreiche Entbehrungen abverlangten. Er empfahl ihnen deshalb, sich frühzeitig in Demut und Gottesfurcht zu üben. Besondere Bildung und Talente erschienen ihm dagegen für diesen Tätigkeitsbereich nicht erforderlich. Mehr als alle anderen Frauenjournale weiblicher Herausgeber stellte Für Hamburgs Töchter die Mutterschaft ins Zentrum »weiblicher Bestimmung« und suchte das Haus gegen jegliche Einflüsse von außen abzuschotten. Geradezu zum Hort weiblicher Tugend verklärt wurde die Häuslichkeit auch in den Unterhaltungen in Abendstunden. Die forsche Vorrede animierte Frauen zwar zu Bildungsanstrengungen und proklamierte geistige Ebenbürtigkeit, sie widersprach aber keineswegs der gängigen Überzeugung, derzufolge die Gesellschaft in zwei Sphären zerfiel und den Frauen die Verantwortung für die häusliche Ökonomie zukam. 4 So ließ denn auch dieselbe Verfasserin einen Mann seiner Frau folgendes schwärmerische Kompliment machen: O! ich küßte mit Entzücken die deutsche Weiberhand, die wechselweise weißes Zeug nähen. Landschaften und Bilder zeichnen, sticken, kochen, Hauben und Garnirungen machen. Hausrechnungen führen, Wäsche blatten und Briefe schreiben kann, Dieß, mein theures Weib! ist der Zauberkreis von so vielen reizenden Tugenden« die mein Herz an dich fesseln, und auf diese Art wird jedes deutsche Mädchen bezaubern und sich eine glückselige Ehe verschaffen. 5 2

Das der Zeitschrift quasi als Motto voranstehende Gedicht von >Nantchen< wertete bloße Hausarbeit a!s eine Vernachlässigung intellektueller Anlagen. Eine solche Haltung hätte sich schwerlich mit breitangelegter Werbung für eine »häusliche Bestimmung« vertragen. Vgl. Kap. H.2.2, 3 Zum erklärten Einverständnis gebildeter Frauen in eine »häusliche Bestimmung« vgl. auch Gisela Jaacks; »Fröhlich, tätig und anspruchslos...«. Zum Selbstverständnis der Frauen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, in: Beiträge zur deutschen Volks- und Altertumskunde 22 (1983), S.63-74. 4 Dort hieß es: »Man bildet sich fest ein, daß ein belesenes und gelehrtes Frauenzimmer zum ökonomischen Fache nicht aufgelegt sey. Dieß ist in Wahrheit ein sehr falscher Schluß. Warum sollte sich das Nützliche mit dem Schönen nicht verbinden lassen? Eines hindert das andere auf keine Weise, Sie unterstützen sich nur wechselweise einander. Wissenschaften und Lektür müssen in unsern leeren Stunden nur zur Erholung und zum Vergnügen dienen, aber nicht als Berufsgeschäfte angesehen werden. Da wir im Gegentheil unsere Ökonomie als den wesentlichen Theil betrachten müssen, den jedes rechtschafne kluge Frauenzimmer gewiß nicht vernachläßigen wird.« C.B.B.; An unsere Leser und Leserinnen, in: UA, l.Jg. (1792), Heft !, S.3-10, hier S.7. 5 C.v.H.g.B.B.: Über die Mode, in: UA, 1. Jg. (1792), Heft 10, S. 177-182, hier S. 182, (zum patriotischen Gestus vgl. Kap. V.1,3). Diese Passage hatte Catharina von Hesse nicht selbst ersonnen, sondern unter geringfügigen Änderungen - etwa unter Auslassung des Klavierspiels - aus Sophie von La Roches zweitem Roman Rosaliens Briefe an ihre Freundinn Ma457

Die Herausgeberin empfahl ihren Leserinnen, sich ganz nach diesem Muster zu bilden, da die Verehrung eines würdigen Gatten und der Beifall der Vernünftigen höchst »wonnige« Gefühle verursache. Die Weit werde für Frauen auf diese Weise zum »Paradies«.6 Dies waren im Grunde bloße Gemeinplätze zur »weiblichen Bestimmung«, die Häuslichkeit als ein Synonym für Tugend erscheinen ließen. Sehr viel ausführlicher wurde der gesellschaftliche Ort der Frau höheren Standes in den Zeitschriften Marianne Ehrmanns und in Sophie von La Roches Pomona erörtert. Beide Herausgeberinnen stellten eigene Überlegungen an, setzten ihre Akzente und verfolgten dabei deutlich unterschiedliche Strategien und Ziele. Sophie von La Röche, die lange an kleinen Höfen gelebt und bis zur Herausgabe der Pomona nie ein sonderlich zurückgezogenes Leben geführt hatte, 7 lobte zwar die häusliche Sphäre, betonte dabei jedoch regelmäßig, wie vieler Kenntnisse und Talente eine Frau bedürfe, wenn sie einem Haus der Bildungselite vorstehe. Ein solches Haus erschien in ihrer Darstellung offen, sowohl für die Frau, es vorübergehend zu verlassen, als auch für Besucher, die dort immer eine anregende, gastfreundliche Hausherrin antreffen sollten. Ihr war an einer Harmonie von »drinnen« und »draußen« gelegen, an geselligem Austausch und damit an einer weiten Auslegung der »häuslichen Bestimmung«. Marianne Ehrmann hingegen wollte den Tätigkeitskreis der Frauen höheren Standes weniger durch Kenntnisse erweitern, als vielmehr klar begrenzen und mit Hilfe moralischer Ermahnung als Norm durchsetzen. Ein knappes Jahrzehnt später als Sophie von La Röche hatte sie weniger den Eindruck, ein allzu hausbackenes Weiblichkeitsideal müsse überwunden werden, sondern sah vielmehr das Problem, daß vielen Frauen die Häuslichkeit zu eng und nicht sonderlich erstrebenswert erschien, sie sich lieber in außerhäusliche Lustbarkeiten stürzten oder - so geschehen in Frankreich - in die Politik mischten und folglich ihren Zweck verfehlten. Marianne Ehrmanns eigene gesellschaftliche Kontakte waren beschränkter als die Sophie von La Roches, auch wenn sie in Stuttgart keine Unbekannte war und hin und wieder sogar von der württembergischen Herzogin empfangen wurde. In der Pomona zeigt sich bei der Auseinandersetzung mit der »weiblichen Bestimmung« eine gewisse Unentschiedenheit Sophie von La Roches angesichts ihrer sozial heterogenen Leserschaft. Sie wußte, daß ihr Journal von etlichen vornehmen Damen und sogar einigen Fürstinnen gelesen wurde, und konzipierte ihre fiktiven

riane von St** abgeschrieben (Bd. 3, S. 83). Barbara Duden führt das Original als ein Beispiel dafür an, wie im späten 18. Jahrhundert die häusliche Sphäre zur »idyllischen Heimeligkeit« verklärt wurde. Die arbeitende Frau erscheine hier als anmutiges Objekt des männlichen Betrachters und nicht länger als ökonomisch unabdingbare Arbeitskraft der gemeinsamen Hauswirtschaft. So sei der Arbeitscharakter häuslicher Tätigkeit verleugnet und diese zu einem selbstlosen Liebesdienst der Frau am Mann uminterpretiert worden. Duden: Eigentum, S. 135. 6 C.v.H.g.B.B.: Über die Mode, in: UA, I.Jg. (1792), Heft 10, S. 177-182, hier S.182. 7 Erst seit der Entlassung ihres Mannes aus kurfürstlichen Diensten 1780 lebte sie in Spcyer etwas isolierter als zuvor, verbrachte aber die Winter in der Theaterstadt Mannheim und unternahm seit 1784 mehrwöchige Reisen ins europäische Ausland, 458

Schülerinnen und somit ihr breiteres Publikum dennoch als Frauen des »Mittelstandes«.H Bei Töchtern von Gelehrten, die sie als eine zentrale Zielgruppe im Auge hatte,y war noch ungewiß, ob diese einst in bescheidenen Verhältnissen leben und sparsam würden wirtschaften müssen oder ob sie sich in feineren Kreisen zu bewegen wissen sollten. Zwar konnte Sophie von La Röche ihren Leserinnen pauschal Häuslichkeit nahelegen, doch unterschied sich im Einzelfall ganz erheblich, weiche Aufgaben und Anforderungen diese jeweils umfaßte. Ihrer fiktiven Ziehtochter Lina wies sie einen relativ überschaubaren häuslichen Zirkel an. Etliche ihrer Briefe konzipierte sie als einen »Hausrundgang« durch Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche, Speisekammer, Eßzimmer, Visitenzimmer und Gerätekammer und kommentierte dies folgendermaßen: »Der Kreis, den wir durchzulaufen haben, ist in den Schranken unsers Hauses abgezeichnet [.,.]«. 10 Am Ende der vierundzwanzig Lehrbriefe verordnete sie Lina überdies ein symbolträchtiges Brautjahr: Während der Bräutigam, ein angehender Landbeamter, mit seinem Vater auf eine ausgedehnte Reise geht, um Erfahrungen zu sammeln und Kontakte zu knüpfen, bleibt Lina am Ort, bereitet sich gewissenhaft auf die Führung eines kleinen Landguts vor und kümmert sich um die innere Ausstattung des zukünftigen gemeinsamen Haushalts. 11 Sophie von La Röche lobte ihre Ziehtochter dafür, daß sie den »göttlichen Fingerzeig« befolge, »in dem väterlichen Haus die beste Tochter und Schwester, in dem von ihrem Gatten die beste Frau, Freundin und Mutter« zu sein.12 Demnach wechselte die junge Frau lediglich von einem Haus in ein anderes und sollte ihre familiären Pflichten jeweils möglichst perfekt erfüllen. Sophie von La Röche griff an dieser Stelle die damals verbreitete Vorstellung auf, wonach in der Ehe mit den beiden komplementären menschlichen Geschlechtscharakteren auch die zwei gesellschaftlichen Sphären zusammengeführt würden. Durch eine Heirat gelangten beide * Wiederholt versicherte Sophie von La Röche in der Pomona, ihr sei bewußt, daß längst nicht alle Leserinnen ihrer Belehrungen bedürften. Dem Direktor des Mannheimer Nationaltheaters, Wolfgang Heribert von Dalberg, der zu einer höchst einflußreichen Familie zählte und dessen Frau sie gern als Abonnentin gewonnen hätte, erklärte sie in einem Brief: »Meine Briefe an Lina [..,] sind nur für einen gewissen Stand berechnet und können also große Damen nur insoweit anziehen, als sie denken, daß es gewiß für jedes Land glücklich wäre, wenn der Mittelstand richtige Begriffe von Glück und Vorzügen bekommt, oder daß eine Dame sehen will, was denn eine Frau dieses Mittelstandes von Kenntnissen, Pflichten und Verdiensien denkt, und endlich auch mit edelmütiger Teilnehmung an der guten Absicht der Verfasserin und ihrer Person die Pomona schützen und ausbreiten hilft.« (Sophie von La Röche an W.H.v. Dalberg am 31.1.1783, abgedruckt in; Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr. 138, S. 247/248, hier S. 248). Wenn Sophie von La Röche sich hier sogar selbst als Frau des »Mittelstandes« bezeichnete, resultierte dies nicht nur aus ihrer selektiven Wahrnehmung der Gesellschaft, Vielmehr phantasierte sie ja an dieser Stelle eine gesellschaftliche Mittlerrolle aus, die dem Seibstverständnis vieler bürgerlicher und adliger Aufklärer entsprochen haben dürfte, Vgl. Kap. I. y La Röche: Melusinens Sommer=Abende, S. XLV/XLVI, zit. in Kap. II.2.3. '"Briefe an Lina 3, in: Pomona, I. Jg. (1783), Heft 2, S. 213 -216, hier S. 215, zum Inhalt dieser »Hausbesichtigung« vgl. Kap. V. 1.1 und V. 1.2. 11 Karolme an Pomona, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 12, S. 1067-1082, bes. S. 1082. 12 Briefe an Lina 19, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 6, S.518-530, hier S.526. 459

Geschlechter zu ihrer Bestimmung, weil nun der Mann »seinem Vaterland durch männliche Verdienste Nutzen und Ehre« bringe, die Frau »ihn durch häusliche Tugend und liebenswürdigen Umgang glücklich« mache und »dem Staat gute Kinder« erziehe.13 Bemerkenswert an dieser ideattypischen Konstruktion erscheint mir, daß dem weiblichen Part sowohl ein gemeinnütziger als auch ein Zweck für den Mann attestiert wurde, während der Mann hier ausschließlich in seinem Wert für das Vaterland und nicht in einem Rückbezug auf die Frau in den Blick geriet.14 Doch dieses enggefaßte, etwas schieflastige Geschlechtermodell war keineswegs die einzige oder auch nur vorherrschende Botschaft der Pomona, An anderer Stelle kennzeichnete Sophie von La Röche die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung mit folgenden Worten: ich bin mit der Anordnung der Natur und der Gesetze sehr zufrieden, da sie den Männern die Sorge der Führung aller Angelegenheiten großer Menschengesellschaften übergab und uns den schönen Cirkel des Glücks einzelner Familien anvertraute. 15

Hier war schon nicht mehr von den Schranken eines Hauses, sondern einem Zirkel von Familien die Rede. Die Einflußkreise beider Geschlechter unterschieden sich demnach vor allem durch ihre Größe, erschienen aber nicht als einander entgegengesetzt oder ausschließend. Sophie von La Röche betonte immer wieder den großen Einfluß von Frauen auf Männer und damit mittelbar auf deren öffentliche, gesamtgesellschaftliche Aktivitäten. Frauen trügen nicht nur »künftigef ] grossef ] Heerführer[ ]«, »weise[ ] Lehrer[ ] der Religion« und »Gesetzgeberf ]« »unter [ihren] Herzen«, nährten und erzögen sie in den ersten Jahren, als junge Mädchen beflügelten sie die geistigen Anstrengungen der Jünglinge, als Ehefrauen gewährten sie Männern »süsse Erquickung nach mühsamer Arbeit, das Vergessen verdrießlicher Zufälle und die Erheiterung des Geists«.16 Die informelle Macht, die Frauen dabei unter Umständen auf bedeutsame Männer ausüben konnten, kleidete sie in eine Reminiszenz an die griechische Antike. Sie wünschte sich, »daß Staatsmänner, Philosophen, Generäle, Künstler und Gesetzgeber wieder unter den Befehlen der sittlichen Grazien stehen« möchten. 17 Hinweise auf eine solche gesellschaftliche Schlüsselposition dienten Sophie von La Röche immer wieder dazu, eine breitere, ernsthaftere Verstandesbildung für Frauen zu fordern und ihre Leserinnen zu ent-

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Briefe an Lina 24, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 12, S. 1126-1144, hier S. 1140. Noch sehr viel krasser konzipierte Johann Gottlieb Fichte die Selbstlosigkeit und Liebe für den Mann als »Naturtrieb« der Frau. Vgl, Duden: Eigentum, bes. S. 137-140; Frevert: Meisterdenker, bes, S.23-25. 15 Antwort an die Leserin M.M.C, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 2, S. 170-180, hier S. 174. IA Versuch einer Antwort auf die sonderbare Fragen: Von was ich gerne rede - Was ich gerne sehe - und was mich seit zwey Monaten am meisten schmerzte und freute?, in: Pomona, 1. Jg. (1783), Heft 7, S.623-657, hier S.649/650. Dieser Gedanke findet sich auch bei zahlreichen männlichen Diskursteilnehmern, vgl. die Belege bei Duden: Eigentum; Frevert: Meisterdenker. 17 Über Grazie und Anmuth, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 2, S. 159-165, hier S, 165. 14

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sprechendem autodidaktischen Eifer anzuhalten. ! H Dieser Konstruktion zufolge lag die Verantwortung für den sittlichen Zustand einer Gesellschaft ganz wesentlich bei den Frauen. Sophie von La Röche gab zu bedenken, ob die Vernachlässigung weiblicher Bildung nicht unweigerlich zu Sittenverfall führe, und eine Leserin schrieb daraufbin: Eine mäsige Erfahrung zeigt uns, wie stark der Einfluß der Fr[auen] Sitten auf die der Männer ist; unsern Umgang geniesen die Kinder vorzüglich in dem Alter, wo der Mensch blos nachahmt, was er sieht und hört; wir haben uns eine gewisse Art von Gewalt erworben, die mehr einwirkt in den Ton des häuslichen und gesellschaftlichen Lebens als die Oberherrschaft der Männer [.-.|."

Eine »häusliche Bestimmung« war für Sophie von La Röche keineswegs auf die Frauen des »Mittelstands« beschränkt. In ihrem Länderartikel »ÜberTeutschland« stellte sie eine ganze Reihe von Fürstinnen und adligen »Famiiienmüttern« vor und strich insbesondere deren hausfrauliche Talente heraus. Auf diese Weise gerieten unter dem Stichwort >Häuslichkeit< auch Höfe, Landgüter und andere Großhaushalte in den Blick, die von diesen Frauen angeblich aufs Beste besorgt und geleitet wurden, 20 Sophie von La Röche bemerkte selbst, daß sie in ihrer Galerie deutscher Frauen nicht wie in den Artikeln über Frankreich, England und Italien den Akzent auf Wissen und künstlerische Tatente gelegt hatte, sondern auf tugendhafte Geschäftigkeit. Das liege wohl an der traditionell hohen Wertschätzung der Hausfrau in Deutschland, vermutete sie21 und verfehlte mit dieser Schwerpunktverlagerung !S

Ein Beispiel wählte sie bezeichnenderweise nicht aus ihrem, sondern dem bäuerlichen Stand, wo die Frauen nicht nur um die Arbeiten der Männer wußten, sondern an diesen selbst beteiligt waren: »Ich sehe immer die Bäurinnen mit einem besondern Verdienst vor mir, weil ich überzeugt bin, daß wir nicht so viel brave und fleißige Ackersleute hätten, wenn ihre Mütter nicht den Feldbau verstünden und ihre Söhne gleich dazu aufmuntern könnten.« Versuch einer Antwort auf die sonderbare Fragen (...], in: Pomona, 1. Jg. (1783), Heft 7, S.623-657, hier S.650. ! " M.M.C: An die Verfasserin der Pomona, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 7. S.660-666, hier S.663. Sophie von La Röche hatte von einer entsprechenden Preisfrage berichtet und selbst keine Antwort gegeben, allerdings angemerkt, daß Frauen unweigerlich verdürben, wenn Männer verrohten, da sich ihr Herz und Wille immer nach ihnen biege (Antwort an M.M.C, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 2, S. 170-180). Die Leserin ergänzte zum »Lob« des eigenen Geschlechts, daß Frauen der Sittenverderbnis oft länger widerständen als Männer: »August nebst seinen niedrigen Schmeichlern lebte schon lange in den elendesten Lüsten, als die Prinzessinnen seines Hauses für Roms Monarchen Kleider stickten.« Wie oben, S.664. Zur Funktion historischer Beispiele vgl, Kap, V.2. 20 Über ihre Freundin, Frau von Stein in Nassau, schwärmte Sophie von La Röche etwa: »Noch sehe ich sie in ihrer ganzen Würde, in dem grossen Zirkel ihrer Geschäftigkeit [...], wie sie Model war in allem, was eine adeliche Familienmutter für Ehre, Wohlstand und ruhmvolle Erziehung der Erben eines edlen Namens seyn solle, - in der Führung des Hauses, der Wein- und Korngüter, der Sorge für Gerechtsame, für Unterthanen, in Kenntniß aller Pflichten, aller Arbeit, aller Tugend einer Gattin, einer Mutter, einer Freundin und Vorsteherin!« Über Teutschland, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 8, S. 725-764, hier S. 738. 21 Nützliche Taten seien nun einmal wertvoller als bloßes Wissen, »-- und dann mag auch der Gedanke gewürkt haben, daß unsere Männer eine Frau, welche nüzt, mehr schätzen als

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ihre Wirkung auf die Leserinnen nicht. »Man wird sich selbst etwas mehr werth, wenn man so etwas ließt«, berichtete eine von ihnen in einem Brief an die Herausgeherin. 22 Und noch auf einem anderen Weg versuchte Sophie von La Röche, einen häuslichen Wirkungskreis attraktiv erscheinen zu lassen: Sie kennzeichnete die Sphäre der Frauen als die angenehmere und moralisch überlegene. Anders als Männer, die bei ihren »öffentlichen Geschäften« nur allzuoft mit menschlichen Unvollkommenheiten in Berührung kämen, könnten Frauen sich auf Tugenden konzentrieren und so die Heranwachsenden »an das Gute gewöhnen«.23 Im Zuge dieses Vergleichs schilderte die Herausgeberin einmal etwas ausführlicher die »männliche Bestimmung«. Männer müßten sich zahlreichen anderen Männern unterwerfen, sich mit Vorgesetzten und Kollegen arrangieren und jederzeit auf Widrigkeiten gefaßt sein: Ich bitte bey dieser Gelegenheit mein kleines Weibchen und Lina, mit mir eine Betrachtung über die verschieden bestimmte Beschäftigung des männlichen und weiblichen Geschlechts zu machen, mit Billigkeit zu erkennen, daß, wenn die Männer die Vorzüge ihres Geists und ihrer Gewalt mit edler Güte gebrauchten, die Mägdchen unendlich glücklicher wären als die Knaben, weil uns die Natur und die Gesetze einen Zirkel von Beschäftigungen vorschrieben, in welchem wir unsere Verdienste leichter erwerben und unsere Pflichten mit weniger Mühe erfüllen können als die Männer. Wir kommen bälder zur Vollkommenheit und zu Ruhm und geniessen durch leichtere Mittel die Freude, uns geliebt und gelobt zu sehen.24

Aufschlußreich erscheint mir, daß Sophie von La Röche hier im Konjunktiv formulierte und damit andeutete, daß manche Männer ihre Vormachtstellung gegenüber ihrer Frau mißbrauchten. Sie griff diesen Gedanken wenig später erneut auf und wandte sich an den »Hausherrn« ihres kleinen Weibchens aus der Entstehungsgeschichte der Pomona. Sie hoffe, der sei mit ihr zufrieden, da sie doch in diesem Artikel seiner Frau männliche Verdienste vor Augen geführt habe. Und sie wünschte, er

eine, welche allein Wissenschaften faesizt. Denn das uralte teulsche Wort Hausfrau gilt noch in seinem ganzen Werth [...].« Ebd., S.742, 22 Vtgilande an die Verfasserin der Pomona, in: Pomona, l, Jg. (1783), Heft 10, S.997-1013, hier S. 1004. 23 Briefe an Lina 17, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 4, S. 304-327, hier S. 314/315. Ulrike Dökker kennzeichnet die Aufsplitterung der Moral »entlang der Geschlechtergrenzen« als das »ideologische Fundament der bürgerlichen Gesellschaft«: »Während in der politischen Öffentlichkeit die männlichen Verhaltensideale der klugen Menschenbcherrschung und der Höflichkeit über das Ideal der Offenheit triumphieren, wird das Private als Ort moralischer Selbstverwirklichung feminisiert.« Ulrike Docker: Die Ordnung der bürgerlichen Welt. Verhaltensideale und soziale Praktiken im 19. Jahrhundert, Frankfurt/M. 1994, S. 32. 24 Wie vielerley Kenntnisse giebt es dann?, in: Pomona, I.Jg. (1783), Heft I I , S. 1039-1044, hier S. 1043. Und Sophie von La Röche wählte folgendes Bild: »Die Verschiedenheit sey wie mit den Bergwerken. - Die Männer sind so viele Klafter tief unter der Erde, um die Metalle und Edelsteine auszugraben, und wir gehen oben spazieren, Blumen für sie zu pflücken, Gemüß und Obst zu ihrer Erquickung zu ziehen.« Ebd., S. 1044, 462

möge nicht die Zeile überlesen, in der sie »von dem edeln Gebrauch der Vorzüge und der Obergewait« gesprochen habe. 25 Die Akzentuierung einer häuslichen weiblichen Sphäre in der Pomona war keineswegs einheitlich. Dies gut schon für die Beiträge der Herausgeberin und urn so mehr, wenn man die Beiträge fremder Autorinnen in die Betrachtung einbezieht. Eine mit »G. geb. H,« zeichnende Frau trat Spekulationen über eine intellektuelle Unterlegenheit der Frau gegenüber dem Mann mit dem Hinweis auf die ungleiche Erziehung entgegen. Zu was Frauen alles in der Lage seien, werde sich erst herausstellen, wenn diese in gleicher Weise gefördert würden wie Männer, Das Einverständnis mit einem engen weiblichen Tätigkeitsfeld wollte sie auf keinen Fall als Zeichen geringerer Geisteskraft interpretiert wissen. Sie schrieb: Muß es denn Schwäche seyn, wenn ein Weibsich lächelnd schmiegt dem Willen des Mannes? Ist's immer Schwäche, wenn die Frau sich bequemt in ihre kleine Sphäre, anerkennt die Pflicht, des Mannes Mühen zu erleichtern, befolgt die Gesetze der Ordnung, die dem Weibe die kleinern, oft seelenlosen Beschäftigungen zugetheilt haben, und das sehr weise, muß ich hinzusetzen, wegen des Körpers und seiner Bestimmung, Kinder zu gebähren. Werfen Sie auch einen Blick auf unsere Erziehung! kann bey der sich entwickeln, was in uns liegt? 26

Soweit fügte sich die Position noch ganz gut in den sonst in der Pomona üblichen Ton, Dann folgte jedoch ein Ausblick »in's bessere Leben«, wo kein Unterschied mehr zwischen den Geschlechtern herrsche und beide einmütig nach höchstmöglicher Vervollkommnung strebten. 27 Eine solche Utopie war sowohl für die Monatsschrift als auch für den spataufklärerischen Diskurs insgesamt recht ungewöhnlich. Sophie von La Röche stimmte zwar nicht explizit dieser Passage, aber dem ganzen Beitrag ausdrücklich zu und rühmte den »feinen Geist« der Autorin. 28 Eine gänzlich andere Strategie verfolgte Friederike Jerusalem mit ihrem Freundschaftsgedicht an Jenny von Voigts, und auch sie fand das Lob der Herausgeberin. Sie schmiedete (und publizierte!) Verse darüber, wie dankbar doch das kleine häusliche Aufgabengebiet sei, wie sehr es eine tugendhafte Frau ausfülle und ihr künstlerische Tätigkeit und öffentliches Auftreten absolut entbehrlich mache; Und o! ich kenne meine Kräfte / Und kenn" und ehre den Beruf / Für welchen die Natur uns schuf; / Nicht für die höheren Geschäfte / Bestimmt' uns ihre weise Hand; / Auch nicht die Welt zu unterrichten, / Für sie zu schreiben und zu dichten, / War nicht, was sie uns heilsam fand; / Wir sollten still und unbekannt. / Nur für das Glück der Unsern leben, / Nach sanfter, milder Tugend streben, / Nicht über unsre Sphär' uns heben - / Dieß, Freundin! dieß ward unser Loos; / Ist es nicht glänzend und nicht groß / Wohl uns! so ist es frey vom Neide, / der Ehrsucht eiteln Sorgen los, / Und dennoch reich an süsser Freude.29

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Ebd. G, geb. H.: Ein Brief zum vergleichen, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 4, S. 377-381, hier S. 379/380. Vermutlich stammte der Beitrag von Katharine von Grävemeier, vgl, Kap. III.1.3. 27 Ebd., S.380. 1!i Ebd.,5.381. 2< * Friederike J.r.s.l.m: An Jenny von V..., in: Pomona, 2.Jg. (1784), Heft 7, S.672-678, hier S.673/674, vgl. Kap. III. 1.3 und Kap. IV.3.3. ;6

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Die Paradoxie eines öffentlichen Loblieds auf die häusliche Bestimmung kann ein weiteres Mal daran erinnern, daß normative Setzungen nicht nur wenig über tatsächliche Handlungsräume aussagen, sondern im späten 18. Jahrhundert unter gewissen Umständen sogar zur Legitimation oder Kaschierung von Grenzüberschreitungen umfunktioniert werden konnten. Dies gilt es im Kopf zu behalten, wenn im folgenden der im Vergleich zur Pomona deutlich repressivere Häuslichkeitsdiskurs in Amaliens Erholungssiunden und der Einsiedlerinn aus den Alpen untersucht wird. Marianne Ehrmann konstruierte die entgegengesetzte Ausgangssituation, daß Frauen nicht über ein allzu prosaisches Hausfrauendasein hinaus-, sondern in eine klar begrenzte häusliche Sphäre zurückgeführt werden müßten. Sie klagte über eine allgemeine Sittenverderbnis in der Gegenwart, über einen angeblich »rasenden Luxus« und eine »wütende Spielsucht«, vor allem aber über eine »Modepest«, für die ihrer Ansicht nach vor allern Frauen verantwortlich waren, zeigten die sich doch für »jede[ ] Ausartung« besonders empfänglich. Und so rief sie in ihrem Frauenjournal Männer auf, dem aushäusigen Treiben von Frauen Einhalt zu gebieten: Hervortreten sollen die Männer und uns mit ihrer Donnerstimme zurükscheuchen in den bescheidnen Zirkel der weiblichen Sittsamkeit, in dem die Tugend der ehemaligen Weiber so himmlisch schön glänzte.·1"

Anders als Sophie von La Röche behauptete Marianne Ehrmann nicht, daß zur Erfüllung der »weiblichen Bestimmung« weitläufige Kenntnisse erforderlich seien, vielmehr gehöre dazu »ein immerwährendes Nachdenken und veste muthige Entschlossenheit«.31 Das Btldungsprogramm ihrer Zeitschriften unterstreicht, daß die von ihr favorisierte »Denkerin« vor allem moralische Grundsätze verinnerlicht haben und nicht etwa über breites enzyklopädisches Wissen und ein Talent zu gebildeter Konversation verfügen sollte. Die Herausgeberin drückte wiederholt Bedauern aus, selbst keine Kinder zu haben und nicht einem größeren Haushalt vorzustehen, sie klagte mit den Jahren immer häufiger, überhaupt in der Öffentlichkeit wirken und für den Erwerb schreiben zu müssen, und nannte Ausführungen zum Hauswesen in den Zeitschriften ihr »Lieblingskapitei«. 32 Charakteristisch für Marianne

30

Beiträge zur Geschichte des weiblichen Geschlechts. Aus unsern Zeiten, in: AE, 2. Jg. (1791), Bd.3, Heft 7, S. 32-43, hier S.33/34. Dies war genau die Passage, die dem dritten Rezensenten der Oberdeutschen allgemeinen Litteraiurzeiiung so wohl gefiel, daß er sie mit großer Befriedigung zitierte, vg]. Kap. IV.4.1. 31 Über weibliche Beschäftigungen, in: AE, 3. Jg. (1792), Bd. 2, Heft 5, S. 127-144, hier S. 128. Sie kennzeichnete die weibliche Sphäre im Vergleich zur männlichen als »eine weit minder ausgedehnte Bestimmung«: »Man fordert in der menschlichen Gesellschaft nicht mehr von uns, als daß wir gute Gattinnen, gute Mütter und vernünftige Gesellschafterinnen werden.« (Ebd.) Der Akzent war damit gegenüber der Pomona leicht verschoben. Nicht die Gleichgewichtigkeit, sondern die Reduktion wurde betont. n Bemerkungen auf einer Reise nach Zürich. Vierter Brief, in: EA, 2. Jg. (1794), Bd. 2, Heft 4, S.66-85, hier S. 70. Zur Selbstdarstellung Marianne Ehrmanns ais Erwerbsschriftstellerin wider Willen vgt. Kap. II.2.6. 464

Ehrmanns Rasonnement über die weibliche Bestimmung ist jedoch vor allem, daß sie den Einflußbereich der Frauen sehr viel stärker ais Sophie von La Röche über Aus- und Abgrenzungen definierte. Sie setzte auf klare Geschlechtersegregation und verurteilte all diejenigen Frauen scharf, die Grenzen und Kompetenzen überschritten. Ein solches Verfahren bot sich an, wenn man wie sie weniger auf epische Beschreibung als auf polemische Zuspitzung setzte und zu didaktischen Zwecken lieber abschreckende Karikaturen präsentierte als weitläufig ausphantasierte Vorbilder. Für die Bereitschaft, sich (wieder) auf einen kleinen Zirkel zu beschränken, verspach Marianne Ehrmann Frauen ein uneingeschränktes Regiment über die Hauswirtschaft und eine »niannerfreie Zone« in der Küche: Da sind wir unabhängige Gebieterinnen, dürfen Gesezze geben, sie wieder verwerfen, und es darf kein Mann mit oder ohne Bart darein mischen, weil es ihn nicht angeht. Sollte es aber ja hier oder dort noch so ein kleinseligter Töpfchengukker wagen, der zu wissen vorgiebt, wie viel Mehl zu einer Suppe gehört, o so jagen Sie ihn aus der Küche, meine Weiber und Mädchen, er ist eine Mißgeburt, halb Weib und halb Mann!·"

Das Küchenregiment umfaßte lediglich die eigenverantwortliche Organisation eines Haushalts, nicht etwa die Hausherrschaft. Die sollte uneingeschränkt beim Hausherrn liegen, das stellten andere Artikel unmißverständlich klar. Nur dumme, herrschsüchtige Frauen maßten sich hier Mitspracherechte an, und nur unmännliche Männer ließen sie gewähren. Regelmäßig leide das Haus Schaden dabei, und nicht selten falle »Weiberherrschaft« über Dienstboten despotischer aus als das legitime Regiment des Hausherrn. In der Einsiedlerinn aus den Alpen zeichnete ein männlicher Autor das Schreckbild einer allmählichen Verdrängung des Mannes von der Herrschaft im Haus: Nach und nach wird der Kreis, in welchem der Mann zu gebieten hat, immer kleiner, seine Machtvollkommenheit als des Hausherrn immer beschränkter; zulezt hat er für seine eigne Selbstständigkeit zu streiten.- 14

31

Über die Vorsichtigkeit im Hauswesen, in: AE, 2. Jg. (1791), Bd.4, Heft 10,5.28-36, hier S, 29 (Druckfehler »sie« korrigiert). Zur Bedeutung, die im 18. Jahrhundert dem Bartwuchs als Männlichkeätssymbol zugemessen wurde, vgl, Londa Schiebinger; Die Anatomie der Differenz. >Rasse< und Geschlecht in der Wissenschaft, in: Bubenik-Bauer/SchalzLaurenze(Hg.),S.155-172. ·*" Rr: Über den Einfluß des weiblichen Geschlechts auf Staatsangelegenheiten, in: E A, 2. Jg. (1794), Bd. l, Heft 3, S,208-225, hier S.216. Ganz ähnlich argumentierte Mademoiselle Mezger, als sie die Nachteile einer unverständigen Ehefrau für den Mann ausmalte: »Der Gedanke, wenigstens Mitherrscherinn in der kleinen Monarchie eines Hauswesens zu seyn, (insofern die Mutter oder Frau Base das neue Weib nicht schon für die Alleinherrschaff unterrichtet haben), und die aufgefaßte Meinung, daß ein Mann doch nichts von einer Haushaltung verstehe - und endlich die Kenntniß einiger mechanisch gelernten und angewöhnten Hausgeschäfte - blähen das dumme Geschöpf zu der höchsten Einbildung auf, nun alles zu wissen; und wehe dem, der es ihr absprechen wollte!« M.M.: Der Saz: »Es ist das Beßte, ein dummes Weib zu heurathen!« - Geprüft von einem Schweizermädchen, in: EA, 2. Jg. (1794), Bd,2, Heft 5, S. 154-171, hier S. 164/165. 465

Nicht einmal Fürstinnen sollten selbst herrschen wollen, sondern lediglich mittelbar auf ihren fürstlichen Ehemann Einfluß nehmen, ihn zu wohltätigen Werken bewegen, höfische Schmeichler und Intriganten von ihm fernhalten und überhaupt für Sittlichkeit, Gottesfurcht und guten Geschmack sorgen. Marianne Ehrmann entwarf das Bild einer idealen Landesmutter und behauptete am Ende, eine solche zu kennen: Entfernt von der Sucht, sich in Staatsangelegenheiten mischen zu wollen, kann sie mit Feinheit, mit Kopf viel Gutes wirken [...]. Ihr kömmt es zu, im Stillen die Klagen der Unterthanen zu hören, die nicht bis zu des Fürsten Ohren dringen, mit Wahrheit, Klugheit und Menschenliebe im rechten Zeitpunkt die gehörigen Maasregeln zu ergreifen, um diese Klagen verstummen zu machen. Sie vermag über den Charakter des Fürsten alles, sie vermag seine Lieblingsneigungen zum Edlen und Grossen zu benüzzen, sein Herz immer mehr und mehr empfänglich zu machen für Grosmuth, Gerechtigkeit und jede Tugend.35

Hier wurde nicht wie in der Pomona ein fürstlicher Haushalt angeführt, um die Bedeutsamkeit der bürgerlichen Hauswirtschaft zu unterstreichen, hier wurde eher umgekehrt die Rolle einer Fürstin »eingebürgert«, nämlich dem Weiblichkeitsideal der gebildeten Stände angepaßt. Eklatant wird diese Umdeutung insbesondere in der Formulierung, die Fürstin lausche den Sorgen ihrer Untertanen »im Stillen«, kannte doch der repräsentative Hof keine Privatsphäre, schon gar nicht für inoffizielle Begegnungen zwischen der regierenden Familie und dem Volk. Nach dem gleichen Muster legte Theophil Ehrmann der deutschen Kaiserin und Ehefrau Leopolds II. die Worte in den Mund, sie mische sich nie in ihres »Gemahls Geschäfte« und betrachte allein »Haushaltungssorgen und Kinderzucht« als ihre Aufgabe, Und auch die schwedische Königin lobte er vor allem wegen ihrer zärtlichen Liebe für den fürstlichen Gatten und ihrer politischen Enthaltsamkeit. 36 Wie verheerend es sei, wenn Frauen ihren häuslichen Zirkel verließen und sich öffentlicher politischer Aktion zuwandten, exemplifizierten die Zeitschriften Marianne Ehrmanns immer wieder am Beispiel der revolutionären Ereignisse in Frankreich. Dabei wurden nicht nur Parteigängerinnen einer bestimmten politischen Richtung diffamiert, vielmehr galt politisches Engagement von Frauen grundsätzlich als unvernünftig und widernatürlich. Das Feindbild der politisierten Frau überbrückte den Gegensatz von Revolutionärinnen und Revolutionsgegnerinnen, Marianne Ehrmann unterstellte, daß alle diese Frauen von Eitelkeit und überspannter Einbildungskraft getrieben würden, sie deshalb zu Fanatismus neigten und ihr Handeln regelmäßig ausarte, sobald sie die Grenzen ihres Geschlechts erst überschritten hätten: »Denn ein Weib, das einmal über ihre Sphäre hinaus gesprungen

Die Fürstinn, in: AE, l.Jg. (1790), Bd. 4, Heft 12, S. 266 -27 3, hier S. 266/267. Theophil F. Ehrmann: Bruchstükke aus der neuesten Welt- und Menschengeschichte, in: AE,2.Jg, (l 791), Bd. l, Heft l, S. 72 -77, hier S. 76; ders.: Liebe auf dem Thron, ebd., S. 7785, bes. S. 80. Eva Kell interpretiert solche rhetorischen »Einbürgerungsbestrebungen« von seilen bürgerlicher Höflinge als relativ folgenloses Wunschdenken, durch das diese nicht zuletzt ihre eigene Beteiligung an höfischem Ehrgeiz und Intrigenspiel zu vertuschen gesucht hätten. Kell, bes. S. 195-200. 466

ist, wenn sie nicht schnell wieder zuriik tritt, kennt keine Gesezze, keine Schranken mehr!«·*7 Die Herausgeberin warnte ihre Leserinnen dringend vor der modischen Verehrung für die Marat-Mörderin Charlotte Corday, die sie als »wilde, von der holden Weiblichkeit abgestreifte Bacchantinn mit dem Mordeisen in der Hand« und »heroische[ ] Schwarmerinn« charakterisierte. 38 Analog zur Polemik gegen gelehrte Frauen wurde unterstellt, daB politische Aktivistinnen - einmal auf den Geschmack gekommen - sich nicht mehr in eine begrenzte, kleinere Sphäre schicken würden: Der für wahres, richtig geleitetes Gefühl so liebe häusliche Zirkel wird der unruhigen Staatsschwärmerin bald zu enge seyn, und die sanften häuslichen Freuden müssen ihrer wilden, nach Heldenthaten geizenden Phantasie eintönig werden. Ihre rastlose Anstrengung aus Ruhmsucht, ihr ewiges Ringen und Herumtreiben raubt ihr zulezt jeden feinern Sinn für häusliches Glük, für weibliche Bestimmung und für wahre Zufriedenheit! 3 ^

Da es lediglich galt, das exakte Gegenteil häuslicher Tugend und holder Weiblichkeit zu entwerfen, erübrigten sich sowohl Differenzierungen nach politischer Zielsetzung als auch stringente Kausalitäten. Marianne Ehrmann vermengte nun alle ihre Feindbilder und unterschiedlichen Ressentiments. So verdächtigte sie eine aristokratische Festungsgefangene, sich erst als »herumziehende Musikantin« »niedriger Buhierei« ergeben zu haben, sodann »an der Spizze des bekannten Pariser Fischweibertumults« in die königlichen Gemächer eingedrungen zu sein und schließlich in den Niederlanden »unter dem Schuzze der Schwarzrökke das Gift des Aufruhrs vielfältig aus[ge]sprüz[tj« zu haben. Wie die meisten dieser »Abentheurerinnen« und »Landstreicherinnen, die zur Schande [ihres] Geschlechts sich unberufen in öffentliche Angelegenheiten misch[t]en«, besitze die Frau »viel Geist und Frechheit« sowie »ein sehr verdorbncs Herz«, und da sie noch dazu schön sei, mache sie allenthalben Eroberungen und verbreite auf diese Weise Verderben.4" In einem anderen Artikel sprach Marianne Ehrmann den Französinnen erst jede eigenständige politische Überzeugung ab und behauptete, sowohl Revolutionärinnen als auch Revolutionsgegnerinnen »äff[t]en ihre Männer, Liebhaber oder Protekteurs nach«, um gleich darauf französische Männer als »Weiberknechte« zu verunglimp•17 Fragmente aus der Menschenkunde, in: EA, 2.Jg. (1794), Bd.2, Heft 5, S. 140-153, hier S. 148. -w Ebd., S. 148 und S. 149 (Druckfehler »Bachantinn« korrigiert). Vgl. Inge Stephan: »Die erhabene Männin Corday«. Christine Westphalens Drama »Charlotte Corday« undderCorday-Kult am Ende des 18. Jahrhunderts, in: Arno Herzig/dies,/Hans Gerd Winter (Hg,): »Sie, und nicht Wir«. Die Französische Revolution und ihre Wirkungen auf Norddeutschland und das Reich, Bd. l, Hamburg 1989, S. 177-205. w Fragmente aus der Menschenkunde, in: EA, 2.Jg. (1794), Bd.2, Heft 5, S. 140-153, hier S. 150 (Druckfehler »Phanthasie« korrigiert). Ausdrücklich ermahnte die Herausgeberin ihre Leserinnen, nicht den heroischen Frauen nachzueifern: »Doch [...] gehört das wahre, acht gebildete Weib, welches seine Bestimmung ganz kennt, nicht an solche Pläzze, und wehe uns Weibern, wenn wir uns auf Kosten des feinen Gefühls und des Herzens von einer so gefährlichen Scheintugend zur Nachahmung reizen lassen!« Ebd., S, 149. 411 Beiträge zur Geschichte des weiblichen Geschlechts. Aus unsern Zeiten, in: AE, 2,Jg. (1791), Bd.3, Heft 7, S. 32-43, hier S.41/42. 467

fen, die zu den Füßen der Frauen schmachteten und diesen daher ein Gefühl weiblicher »Allgewalt« vermittelten. 41 Zwei vermutlich männliche Autoren leiteten aus zahlreichen historischen und insbesondere aus aktuellen Beispielen weiblichen »Machtmißbrauchs« in den Frauenzeitschriften Marianne Ehrmanns allgemeine Überlegungen zur Ordnung der Geschlechter ab. Beide wollten sie die Leserinnen überzeugen, daß die häusliche Sphäre ein gesellschaftlicher Schlüsse l bereich sei und Frauen dort eine bedeutsame, verdienstvolle Aufgabe zu erfüllen hätten. In Amaliens Erholungsstunden argumentierte der eine von ihnen, schon die Tatsache, daß verschiedenste Völker Frauen von politischen Ämtern ausschlössen, zeige, daß Staatsgeschäfte »außerhalb des weiblichen Bestimmungskreises« lägen. Ein Blick auf die körperliche Geschlechterdifferenz und die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung räume auch den letzten Zweifel an der Wahrheit dieser Erkenntnis aus: Die Vorsehung hat das schöne Geschlecht nicht mit der hierzu erforderlichen Stärke und Ausdauer ausgerüstet. Die Erfüllung der mit öffentlichen Geschäften verbundenen Pflichten streitet mit der Beobachtung ihrer wahren ursprünglichen Pflichten. Man denke sich den Zustand einer Familie, wenn die Hausmutter, statt ihre Kinder zu erziehen und dem Hauswesen vorzustehen, die Rathsversammlungen besuchte, die Gelder des Staats verwaltete oder wohl gar ins Feld zöge! Da also Natur und Verfassung dem schönen Geschlecht die unmittelbare Theilnahme an Staatsgeschäften versagt hat, so erhellt [sich] von selbst, wie sehr diejenigen wider ihre Bestimmung und Pflichten handeln, welche nichts destoweniger durch Intriguen und krumme Wege solche mittelbar zu erhalten suchen, [...] Von der Erfüllung der ursprünglichen weiblichen Pflichten hängt größtentheils das Wohl der einzelnen Familien ab, und dieses ist die Grundlage von dem Glük des Staats. Wie groß und wohlthätig wird also schon hiedurch der Einfluß des schönen Geschlechts für den Staat auch ohne jene willkürliche Einmischung in Staatssachen? Wahre Freiheit und gute Verfassung kann nur bei aufgeklärten und veredelten Völkern Statt finden, und wie viel können nicht die Schönen zu der Veredlung eines Volks beitragen, wenn sie sich bestreben, vortrefliche und gebildete Menschen, gute Töchter, Gattinnen und Mütter zu werden! Heil dir, o deutsches Vaterland, wenn deine Töchter nur hierinn ihren Stolz und ihre Bestimmung suchen und frei von dem Geiste der Intriguen es den Männern überlassen, für Deutschlands Freiheit und Wohl zu wachen!42

Der zweite Autor analysierte in der Einsiedlerinn aus den Alpen detailliert, durch welche Eigenschaften und unter welchen Umständen Frauen immer wieder großen Einfluß auf staatspolitische Angelegenheiten erlangten. Bemerkenswert ist dabei, daß er nicht einfach den Haushalt pauschal zur Keimzelle des Staates erklärte und somit der häuslichen Sphäre erhebliche Auswirkungen auf die öffentliche Sphäre bescheinigte, sondern sehr genau die Wege der Einflußnahme und damit die Durchlässigkeit des dichotomischen Gesellschaftsmodells beleuchtete. Auch er ging davon aus, daß die »Gesezgebungder Natur« dem weiblichen Geschlecht eigentlich einen »ungleich engere [n] Wirkungskreiß gezogen« habe als den kraftvolleren 41

Anekdoten. Zum Theil aus der neuesten Menschengeschichte, in: AE, 2. Jg. (1791), Bd. l, Heft 2, S. 159-165, hier S, 159 und S. 160. 42 ***. Ejnjge Gedanken über den Einfluß des schönen Geschlechts auf Staatsgeschäfte und Staatsbegebenheiten, in: AE, 2. Jg, (1791), Bd.2, Heft 6, S,270-276, hier S. 274-276. 468

Männern. Daß Frauen eine andere Bestimmung zu erfüllen hätten, davon künde die »zerbrechlichere Form ihrer Körper, ihre Schüchternheit gegen Gefahr und Noth, ihre sanftem Empfindungen, ihr Zurükschauern vor Gewalt und Blutvergiessen [sowie] der Stillstand ihrer Thätigkeit im Mutterzustande«. 43 »Dem ungeachtet« hätten einige wenige Frauen an Staatsgeschäften regen Anteil gehabt, konstatierte der Autor. Er zeigte sich zunächst uneingeschränkt beeindruckt und hielt diesen »Triumph« für um so »glorreicher«, als zumeist »einzelne[ ] Damen ohne gemeinschaftliche Verbindung« ihn »erfochten« hätten. 44 Einige Voraussetzungen für politischen Einfluß lägen in der weiblichen Natur, dies seien die Neugierde der Frauen, ihre Parteilichkeit, ihre List sowie ihre Ehrbegterde und Herrschsucht, wovon sie allerdings die beiden letzteren mit Männern teilten. Sowohl die Neugier von Frauen als auch ihre »Gewandtheit in beinah allen Gattungen von Intriguen« konnotierte er keineswegs ausschließlich negativ. Er sprach vielmehr von einem »warmefnj Antheil, den die Frauenzimmer an allen nur möglichen Vorfällen des menschlichen Lebens zu nehmen« pflegten, und verwies auf das diplomatische Geschick von Fürstinnen und Offiziersgattinnen bei Verhandlungen und Friedensschlüssen. Es war Marianne Ehrmann, die in einer Fußnote Kritik an der Sensationslust von Frauen anmeldete, wenn sie behauptete, das weibliche Geschlecht »dränge sich bei den blutigsten Exekuzionen [...] immer so gerne an den ersten Plaz«.45 Der männliche Autor ging davon aus, daß zu den genannten weiblichen Geschlechtscharakteristika noch besondere Umstände hinzutreten müßten, damit Frauen ihre Macht entfalten könnten. Zu diesen zählte er neben weiblicher Thronfolge und Regentschaft für minderjährige Prinzen vor allem das Verlangen der Männer nach weiblichem Umgang, die Autorität der Frauen als Richterinnen gesellschaftlicher Schicklichkeit, ferner verwandtschaftliche Beziehungen zu einflußreichen Männern sowie als begünstigenden Faktor eine Zeit gesellschaftlichen Umbruchs, Aufschlußreich sind vor allem seine Schilderungen des ehelichen Geschiechterverhältnisses und der gemischten Geselligkeit. Der Verfasser wollte um Verständnis dafür werben, daß mancher Fürst aus Leidenschaft den Bitten oder Ratschlägen einer geliebten Frau nachgebe, und zog daher einen Vergleich, der der Lebenssituation seiner Leserinnen und Leser näher war. Er schrieb: Dieses Schiksal hat der Fürst mit seinem untersten Beamten geniein. Wieviel Mühe kostet es diesem, eine geliebte Gattinn von allem Antheil an Amtsgeschäften zu entfernen! Wie oft findet er sich genöthigt, dem häuslichen Frieden aufzuopfern, was er allen ändern Rüksichten schon verweigert hat!46

43

44

Rr: Über den Einfluß des weiblichen Geschlechts auf Staatsangelegenheiten, in: EA, 2. Jg. (1794), Bd. l, Heft 3,5.208-225, hier S.208 und S.209. Der Verfasser gab sich als Mann zu erkennen, indem er Frauen als das »andere Geschlecht« bezeichnete.

Ebd., S.209/210.

^ Ebd., S.210 und S. 213, Anmerkung der Herausgeberin S. 210/211. 4(1 Ebd., S.220/221. Er sei weit davon entfernt, solche Nachgiebigkeit zu billigen, verlange vielmehr von einem Mann »ausdaurende Seelenstärke«, erklärte der Autor. Aber wenn einer hier fehle, verdiene er eher Mitleid als TadeL Ebd., S. 221. 469

In der Geselligkeit der höheren Stände sah er Frauen »aufgenommen in alle Gattungen von Zirkeln, zugelassen zu allen Arten von Gesprächen«, Im gesellschaftlichen Verkehr führten diese sogar traditionsgemäß »den Vorsiz und die erste Stimme«.47 In einer zweiten Folge seines Artikels untersuchte der Beiträger, in welcher Staatsform Frauen am leichtesten politischen Einfluß gewännen. Erst hier kam seine Skepsis deutlicher zum Ausdruck, als er nämlich den Harem für die Verweichlichung orientalischer Prinzen verantwortlich machte und die Republik gerade deshalb positiv von der Monarchie abhob, weil hier die Trennung der Geschlechter und Sphären weiter fortgeschritten sei: In wolgeordneien, blühenden, kraftvollen Republiken sehen wir die Frauenzimmer auf ihre Bestimmungsgeschäfte eingeschränkt. Durchdrungen von derselben republikanischen Tugend, die ihre Männer beseelt und zu Hetdenlhaten begeistert, sehen wir sie freiwillig allem Antheil an öffentlichen Angelegenheiten entsagen. Nur am Tage der Gefahr erwacht ihre Vaterlandsliebe, 4H

Zweierlei wird hier deutlich. Selbst wenn die mit Adel und Hof assoziierte Beteiligung von Frauen an der Politik nicht rundweg abgelehnt wurde, gründete sich bürgerliches männliches Selbstbewußtsein im ausgehenden 18, Jahrhundert doch ganz maßgeblich auf den Ausschluß des weiblichen Geschlechts aus der politischen Öffentlichkeit. Eine klare räumliche Segregation gait nun zunehmend als Ausdruck besonderer Tugend. Gleichzeitig deutete der Autor die einzige Ausnahme an: Patriotisches öffentliches Engagement wurde den Frauen der gebildeten höheren Stände - zumal in Krisenzeiten - sehr wohl zugestanden,49 In den Frauenzeitschriften des späten 18. Jahrhunderts herrschte große Einigkeit darüber, daß die Natur beiden Geschlechtern unterschiedliche Bestimmungen zugeteilt habe und daher auch die menschliche Ordnung zweckmäßigerweise eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung vorsehe. Bei näherem Hinsehen zeigt sich allerdings, daß sowohl der Umfang der Sphären als auch ihre Grenzen, Wechselwirkungen und Übergänge höchst unterschiedlich konstruiert wurden. Im folgenden soll daher geprüft werden, was jenseits der stark topischen Rede von der »häuslichen

47

Ebd., S.222. Rr: Über den Einfluß des weiblichen Geschlechts auf Staatsangelegenheiten. Beschluß, in: EA, 2. Jg. (1794), Bd.2, Heft 5, S. 174-191, hier S. 180. Dieses distinktive republikanische Selbstverständnis entspricht ganz dem Befund der historischen Frauenforschung, wonach Wahl und Kooptation Frauen in der Frühen Neuzeit von politischer Macht fernhielt, während dynastische Erbfolge und Heiratspolitik hochadligen Frauen Herrschaftschancen eröffneten. Vgl, Natalie Zemon Davis: Frauen, Macht und Politik, in: Arlette Farge/dies. (Hg.): Geschichte der Frauen, Bd. 3: Frühe Neuzeit (dt, Fassung), Frankfurt/M., New York, Paris 1994, S. 189-206, bes. S. 192; vgi. auch Wunder; »Er ist die Sonn'«, S, 215. Zur zeitgenössischen politischen Theorie vg). Claudia Opitz: Politik und Geselligkeit der Geschlechter in Montesquieus Vom Geist der Gesetze (1748), in: Wecke l/dies./Tolkemitt/Hochstrasser (Hg.), (im Druck), "" Vgl Kap. V.U. m

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Bestimmung« aus den Frauenzeitschriften über das Haus und seine Offenheit in Erfahrung gebracht werden kann. 1.1 Instruktionen zur Organisation des Hauses und Versorgung der Familie Sämtliche erhaltenen Frauenzeitschriften weiblicher Herausgeber des 18. Jahrhunderts geben kaum Aufschluß über die praktische Hausarbeit in den gebildeten höheren Ständen. Außer dem verschollenen Oekonornischen, moralischen und gemeinnützigen Journal für Frauenzimmer von 1794/95 enthielt keines der Blätter konkrete Haushaltstips, Arbeitsanleitungen oder Rezepte für Speisen, Reinigungsoder Heilmittel, Das erklärt sich ganz offensichtlich daraus, daß man in dieser Schicht damals mit großer Selbstverständlichkeit über Dienstboten verfügte, die zum Teil im Haushalt lebten, zum Teil aber auch für seltener anfallende Dienstleistungen als Lohnarbeiterinnen oder Lohnarbeiter ins Haus kamen. Die Leserinnen sollten zwar einem solchen Haushalt kompetent vorstehen können, die Arbeiten delegieren und beaufsichtigen sowie gewissenhaft über Einnahmen und Ausgaben wachen, dazu wurden sie in den Blättern immer wieder angehalten. Man erwartete aber von ihnen in der Regel nicht, daß sie selbst die Einkäufe tätigten, Lebensmittel in nennenswertem Umfang selbst produzierten oder weiterverarbeiteten, daß sie eigenhändig kochten, putzten und wuschen.50 Gerade die harte körperliche Arbeit sollten sie nicht etwa aus falschverstandener Sparsamkeit oder Hausfrauenehre selbst erledigen. Eine deutliche Arbeitsteilung zwischen der Hausfrau und ihrem Personal signalisierte Wohlstand und festigte die Ständegrenzen. Marianne Ehrmann zeigte eine klare Einsicht in die symbolische Bedeutung dieser Arbeitsverhältnisse, als sie 1792 in Amaliens Erholungsstunden schrieb: Es wäre aber übertrieben, wenn man in unsern Zeiten, wo die Körper schwächlicher sind, von einem Weibe aus dem Mitteistande, geschweige denn von einer Dame fordern wollte, daß sie das meiste selbst kochen sollte, daS sie, ohne es gewohnt zu sein, sich den Beschwerlichkeiten des Feuers, der Kälte, der Feuchtigkeit u.s.w. aussezzen sollte, um ihre Hände, ihre Augen, ihre Gesundheit zu verderben. Es wäre übertrieben, wenn ihr Gatte sie aus Geiz mit den Mägden in gleiche Klasse sezzen wollte, da in unsern Zeiten einmal eine gewisse Distinktion nöthig ist. Es wäre übertrieben, wenn sie bei Schwangerschaften, bei

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" Es geht in diesem Kapitel weniger darum, sozialgeschichtliche Schlüsse aus den normativen Artikeln der Zeitschriften zu ziehen, als vielmehr die geschlechtsspezifische Raumzuweisung als solche zu untersuchen. Leider gibt es bislang kaum sozialhistorische, ständisch differenzierende Studien zur Hausarbeit, mit denen dieses Räsonnement konfrontiert werden könnte, Erste Anhaltspunkte zur städtischen Hauswirtschaft in den höheren Ständen bietet die Dissertation von Margarete Freudenthal aus dem Jahr 1933, die inzwischen neuaufgeiegt wurde: Margarete Freudenthal: Gestaltwandel der städtischen, bürgerlichen und proletarischen Hauswirtschaft zwischen 1760 und 1910, hg. v. Katharina Rutschky, Frankfurt/M., Berlin 1986, hier S. 7-32, Zum ehelichen Geschlechterverhältnis vgl. die differenzierte Abwägung von Norm und gesellschaftlicher Praxis bei Karin Hausen: ». ..eine Ulme für das schwanke Efeu«, Ehepaare im Bildungsbürgertum. Ideale und Wirklichkeiten im späten 18. und 19. Jahrhundert, in: Frevert (Hg.): Bürgerinnen und Bürger, S. 85117.

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kränklichen Umständen aus biosser ökonomischer Eitelkeit täglich an den Heerd hinstehen wollten, um eine Arbeit zu verrichten, die für sie bloß im Nothfall bestimmt ist. Und doch gibt es unter dem Mittelstande solche Hausprahlerinnen genug, die unnöthiger Weise ihrer Gesundheit schaden und mit groben schrundigen, oft so gar schmuzzigen Händen in Gesellschaften erscheinen, womit nun freilich der sonst so galante Anzug nicht harmonieren will.51 Aus Sophie von La Roches Schilderungen geht hervor, was eine Frau höheren Standes statt dessen zu erledigen hatte. Der Skizze ihres eigenen Tagesablaufs zufolge nahmen die Anordnungen in der Küche und die Beaufsichtigung sämtlicher Arbeiten im Haus nur wenig Zeit in Anspruch, während täglich viele Stunden für Lektüre, Korrespondenz, gemeinsame Mahlzeiten der Hausgemeinschaft, Gespräche, Besuche und den Unterricht der eigenen Kinder eingeplant waren. 52 Ihre fiktive Mitarbeiterin Karoline stattete sie mit folgender, wie sie meinte vorbildlicher Zeitökono-

mie aus: Der Vormittag gehört ihren hauslichen Sorgen und Pflichten, welche sie mit Fleiß und Klugheit verrichtet: Sie hat ihr einziges Kind immer um sich und lehrt es alles, was ein Mädchen von fünf Jahren lernen kann. Den Nachmittag widmet sie ihren Putzarbeiten, ihren Besuchen und dem Lesen, indem sie ihren Geist immer bereichern will.5·1 Die Frauenzeitschriften, aus denen überhaupt etwas Näheres über die häusliche Sphäre zu erfahren ist, gingen also übereinstimmend davon aus, daß die Frau in den Häusern der gebildeten höheren Stände von anstrengender körperlicher Arbeit entlastet war.54 Darüber hinaus akzentuierten die Herausgeberinnen allerdings die häuslichen Pflichten durchaus etwas unterschiedlich. In ihren Texten werden sowohl die psycho-sozialen Aspekte der Familienversorgung als auch die Herrschaft über das Gesinde und die ökonomische Bedeutung der gesamten Hauswirtschaft sichtbar, jedoch verschieden gewichtet. Die konkreten Einschätzungen etwa der

51

Über weibliche Beschäftigungen. Fortsezzung, in: AE, 3. Jg. (1792), Bd.2, Heft 6, S. 249260, hier S. 251. 52 Eine ausführlichere Schilderung des Tagesablaufs als die in Kap. II.6. zitierte aus der Pomona findet sich in einem Brief an Elise zu Solms-Laubaeh. Demnach stand die Schriftstellerin täglich um 6 Uhr auf und las und schrieb bis zum gemeinsamen Frühstück mit ihrem Mann und dem Freund, der die Familie in seinem Haus aufgenommen hatte. Über den anschließenden Vormittag heißt es dort: »Dann geh ich in meine Küche und ordne an, weil ich selbst die Kochkunst verstehe, seh aller Arbeit im Haus nach, schreib meine Hausrechnung und dann bis 12 Uhr an Pomona und an Briefen.« Es folgten das Mittagessen und Kaffeetrinken mit Familie und Kostgängern, Besuche und erneute Lektüre. Um fünf Uhr ging sie wiederum in die Küche, um für das Abendessen zu sorgen. Ab sieben Uhr las sie abends mit ihren jüngeren Söhnen. Sophie von La Röche an Elise zu Solms-Laubach am 2.8.17S3, abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr. 143, S.255-260, hier S. 259. H Über gesellschaftliche Verdienste, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 2, S. 107-122, hier S. 118. »Putzarbeiten« waren Bemühungen um die eigene Kleidung und sonstige modische Ausstattung, nicht etwa Reinigungsarbeiten im Haushalt. 54 Überhaupt kein Thema war die Hauswirtschaft im Wochenblatt für's Schöne Geschlecht, in der Luna und im Museum für Frauenzimmer.

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Beziehungen unter den Hausgenossen, der Arbeitsteilung im Haus oder des Werts verschiedener Arbeitsgänge waren dabei längst nicht alle neu. Sie finden sich '/um großen Teil bereits in der sogenannten »Hausväterliteratur«, die im Zuge der lutherischen Aufwertung des Hausstandes in der Frühen Neuzeit ausgesprochen populär wurde, 55 Die dickleibigen, zumeist mehrbändigen enzyklopädischen Werke boten adligen und bäuerlichen Besitzern von Landgütern sowohl vielfältige Informationen und Anleitungen für die Haus-, Garten-, Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft als auch eine umfassende christlich-protestantisch gefärbte Sittenlehre über eine zweckmäßige Herrschaft und ein geordnetes Zusammenleben aller im Haus. An diese normativen Vorstellungen knüpften die Herausgeberinnen in ihren Zeitschriften an. Bei aller Kontinuität in Einzelfragen der Haushaltsorganisation dokumentieren die Betrachtungen über die häusliche Sphäre in den Frauenjournalen allerdings auch einen Wandel im ökonomischen Denken, der sich im späten 18. Jahrhundert abzeichnete und der Gattung der »Hausväterliteratur« ein Ende bereitete. Immer stärker gerieten nun der Markt und die Erwerbswirtschaft in den Blick der Zeitgenossen, man interessierte sich zusehends mehr für Fragen der Nationalökonomie. 56 Während die neu entstehende Wirtschaftswissenschaft darüber den Haushalt weitgehend ausblendete, diskutierten die Autorinnen und Autoren in den Frauenzeitschriften gerade eine Verknüpfung: Sie forderten ein Kauf- und Konsumverhalten,

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Zuletzt und für die hier interessierenden Fragen besonders ergiebig: Renate Dürr: Von der Ausbildung zur Büdung. Erziehung zur Ehefrau und Hausmutter in der Frühen Neuzeit, in; Kleinau/Opitz (Hg,), Bd. l, S. 189-206; dies.: Mägde in der Stadt, Das Beispiel Schwäbisch Hall in der Frühen Neuzeit, Frankfurt/M., New York 1995. S. 54-108; vgl. auch Irmintraut Richarz: Oikos, Haus und Haushalt. Ursprung und Geschichte der Haushaltsökonomik, Göttingen 1991, bes. S. 137-213; Julius Hoffmann: Die »Hausvätertiteratur« und die »Predigten über den christlichen Hausstand«. Lehre vom Hause und Bildung für das hausliche Leben im 16., 17. und 18. Jahrhundert, Weinheim, Berlin 1959; Gotthardt Frühsorge: Die Einheit aller Geschäfte. Tradition und Veränderung des >Hausmutterbürgerliche< Konnotationen hatte - fleißig, maßvoll, friedfertig -, implizierte die von Frauen geforderte »Häuslichkeit« im Verlaufe der Frühen Neuzeit zunehmend in erster Linie Einund Unterordnung in die Hierarchie eines Hauses, des Vater- oder Gattenhauses. Auch in bezug auf die geforderte »Häuslichkeit« löste sich demnach im Verlaufe der Frühen Neuzeit die Tugend von ihren konkreten Bezügen und erhielt letztlich dadurch eine andere, nun speziell Frauen betreffende Bedeutung.« Dürr: Ausbildung, hier S. 196/197. 475

zwar beiläufig erwähnt, es ging aber viel weniger als in den folgenden Frauenzeitschriften um die Frage, welche Arbeiten man ihnen überantworten sollte, als vielmehr um die Aufgaben, die der Hausfrau blieben. Dabei lag es Ernestine Hofmann fern, den Arbeitscharakter dieser Beschäftigungen zu leugnen oder herunterzuspielen. Sie sprach im Gegenteil von »oft recht schweren -ja manchmal widersprechend scheinenden Pflichten« der Hausfrau, die es erforderten, daß sie »nützliche Arbeitsamkeit, [...] mit gehöriger Einschränkung verknüpfte Abhärtung, Verleugnung und Anstrengung« übe. Die zentralen Funktionen einer Hausfrau, bei denen sie unersetzlich sei, sah Ernestine Hofmann zum einen in der Aufsicht über alles, was im Haus geschah, zum anderen in der Schaffung einer für aile Hausbewohner angenehmen häuslichen Atmosphäre, An die Leserinnen gewandt räsonierte sie, daß Ihr's schuldig seyd, auf Euer Hauswesen, Eure Kinder, Eure Bediente, auf ihre Beschäftigungen, ihr Verhalten - auf Eure Ausgaben, die Einrichtung Eures Tisches, die Einrichtung Eures ganzen Hauswesens selbst Achtung zu geben, und daß Ihr dieses keiner fremden Person, wenn Ihr auch noch so vornehm oder reich seyd, an Eurer Stelle auftragen könnt, damit Ihr unterdessen Zeit behaltet. Euren Vergnügungen nachzuhängen (...]. Es wird Euch bey solchen Gesinnungen platterdings unmöglich seyn, durch Euch selbst entehrende Hitze oder ungestümen Zorn und scheltendes, lärmendes, auffahrendes Wesen, Euren Männern ihre häusliche Ruhe zu verscheuchen, Eure Bediente zu schrecken oder sie zu heimlichem Trotz zu reitzen. Euren Kindern übles Beyspie! zu geben und Euch an Euch selbst zu versündigen, indem Ihr Eure eigne Gesundheit untergrabt. 62

Während die konkreten hauswirtschaftlichen Anordnungen unbenannt blieben, schilderte Ernestine Hofmann anschaulich den Dienst am Ehemann, Die Frau sollte eine »immerwährende Aufmerksamkeit auf die Gemüthsverfassung ihres Gatten« richten, sich sanft nach dieser fügen und eine »unermüdcte Sorgfalt für sein Wohl« aufbringen.63 An anderer Stelle hieß es, Frauen müßten die »Kunst« verstehen, »den oft mürrischen Männern das Leben angenehm zu machen, jede Laune von ihnen hinwegzuschmeicheln oder bey wahren Leiden durch die edlen Kunstgriffe sanfter weiblicher Gedult den männlichen Unmuth und die wilde Hitze derselben [...] mildern«. M Noch ausführlicher als den Gattinnenpflichten widmete sich Für Hamburgs Töchter der Kindererziehung, Kein anderes von einer Frau herausgegebenes Frauenjournal rückte die Mutterschaft so sehr in den Vordergrund der »weiblichen Bestimmung« wie diese Wochenschrift, Ein Artikel beschwor Mutterliebe als eine »von der Natur selbst eingepflanzte Regung«, die bei aller zivilisatorischer Verdorbenheit der Gegenwart zum Glück »noch in ihrer ganzen und heiligen Stärke« vorhanden sei. Zugleich erschien Mütterlichkeit als eine aufreibende so-

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Über die Kunst, gut Hauszuhalten, in: FHT, 40. Stück, S.619-627, hier S.624/625, voranstellende Zitate S, 622 und S. 627 (Druckfehler »wiedersprechend« und »ihr« korrigiert). Etwas über Gesundheit und Krankheit, in: FHT, 51, Stück, S.795-800, hier S.797. Der Artikel ermahnte die Leserinnen eindringlich, für ihre Gesundheit Sorge zu tragen, da sie im Krankheitsfall ihre häuslichen Pflichten nicht mit voller Kraft erfüllen könnten. Antwort, in: FHT, 5. Stück, S.69-8Q, hier S.78.

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ziale Verpflichtung, für die Frauen durch das Gedeihen des Kindes und gewissermaßen auch durch die christliche Marienverehrung entschädigt würden; Dem Kinde [..,] Glückseligkeit und sich die Wonne dieser süßen Belohnung zu verschaffen, muß also das ewige einzige Augenmerk jeder Mutter seyn. Hier muß sie keine Mühe, keine Anstrengung ihrer Kräfte, keine Verläugnung ihrer selbst, nichts, was nur von ihr abhängt, sparen, um der mütterlichen Pflicht der immerwährenden, nur sich auf sich selbst verlassenden Aufmerksamkeit, des Duldens und der Ertragung der Beschwerden, der Liebe und Treue und selbst der notwendigen und weisen Sirenge in ihrem ganzen Umfange ein Genüge zu leisten und die hohe Ehre zu verdienen, die Gott jeder Mutter dadurch erzeigt, daß er die mütterliche Liebe, die Treue dieses Gefühls zum Bilde der stärksten Ausbrüche seiner Erbarmung und zur allgemein beglaubien Versicherung seiner Treue gegen das ganze menschliche Geschlechte nimmt. 65

Die mütterliche Verantwortung für das Wohl des Kindes begann der Wochenschrift zufolge bereits bei Gesundheitsvorkehrungen während der Schwangerschaft sowie beim Lebenswandel und Gemütszustand einer Frau während der Stillzeit.66 Kinderfti

Über mütterliche Liebe, in: FHT, 33. Stück. S.509-511, hier S.510/511, voranstehende Zitate S. 509. Zu Mutterschaft und Mütterlichkeit vgl. Sabine Toppe: Mutterschaft und Erziehung zur Mütterlichkeit in der zweiten Hälfte des 18, Jahrhunderts, in: Kleinau/Opitz (Hg.). Bd.l. S.346-359; Ulrike Prokop: Mutterschaft und Mutterschafts-Mythos im 18. Jahrhundert, in: Schmidt-Linsenhoff (Hg.), S. 174-205; Irene Hardach-Pinke: Zwischen Angstund Liebe. Die Mutter-Kind-Beziehung seit dem 18. Jahrhundert, in: Jochen Martin/ August Nitschke (Hg.): Zur Sozialgeschichte der Kindheit, Freiburg, München 1986, S, 525-590; vor allem bezogen auf das 19, Jahrhundert, aber für den Problernzusammenhang auch hier interessant: Yvonne Schütze: Mutterliebe - Vaterliebe. Elternrollen in der bürgerlichen Familie des 19. Jahrhunderts, in: Frevert (Hg.): Bürgerinnen und Bürger, S, 118-133, sowie dies.: Die gute Mutter. Zur Geschichte des normativen Musters »Mutterliebe«, Bielefeld 1986, S, 5-48; vgl, auch die inzwischen kritisierten, aber forschungsweisenden älteren Arbeiten: Elisabeth Badinter: Die Mutterliebe. Geschichte eines Gefühls vom 17. Jahrhundert bis heute, München 1984, bes. S. 113-236; Edward Shorter: Der Wandel der Mutter-Kind-Beziehungen zu Beginn der Moderne, in: CG l (1975), S.256-287. *·'' Die Milch der leiblichen Mutter wurde als die »gesegnetste Nahrung« für Neugeborene bezeichnet, die Verpflichtung einer Amme galt in Für Hamburgs Töchter indes als allgemein üblich und auch nicht grundsätzlich verwerflich, solange die Kindseltern diese sorgfältig auswählten, sie zweckmäßig ernährten und ihren Lebenswandel kontrollierten. (Fortsetzung des Eingeschickten über die Erziehung der Kinder, in: FHT, 31. Stück, S.477-492, Zitat S. 479; zum Verhalten der Schwangeren: Fortsetzung des Eingeschickten über die Erziehung der Kinder, in: FHT, 30. Stück, S.461-471). Die Wochenschrift ermahnte ihre Leserinnen, daß das Gefühlsleben schwangerer und stillender Frauen erhebliche Auswirkungen auf die Kinder habe. Nicht nur unmäBige Vergnügungssucht und Leidenschaft könnten Un- und Neugeborenen zum Verhängnis werden, auch allzu große Empfindsamkeit. Mit einer ausdrücklichen Warnung an die Adresse stillender Mütter wurde von einer jungen Frau berichtet, die angeblich so maßlos über den Tod ihrer Mutter getrauert hatte, daß ihr Säugling «Gift statt Muttermilch aus ihren Busen« sog, blind und aussätzig geworden und schließlich als »ein kleiner Märtyrer« gestorben sei. Eine wahre Geschichte, in: FHT, 7. Stück, S. 100-109, Zitate S. 103 und S. 104. Zu Still-Propaganda und pränataler Verantwortung vgl. Toppe; Hoffmann, S, 141/142 sowie für das frühe 18. Jahrhundert die allerdings reichlich spitzfindige diskursanalytische Studie von Wolfram Malte Fues: Amme oder Muttermilch? Der Disput um das Stillen in der frühen deutschen Aufklärung, in: Aufklärung 5 (1990), Heft 2, S, 79-126.

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erziehung bezeichnete der fiktive männliche Verfasser als das für Frauen wichtigste Thema.67 Er forderte allerdings ausdrücklich männliche Experten auf, den Leserinnen die zeitgenössische pädagogische Debatte zu erläutern und praktizierbare Ratschläge zu erteilen. Dies hielt er für um so erforderlicher, als viele Entwürfe mehr Wohlstand und Zeit voraussetzten, als die Mehrheit der Bevölkerung für die Erziehung der Kinder aufwenden könne. Nach seiner öffentlichen Einladung erschien im Blatt eine neunteilige Artikelserie, in der ein angeblicher männlicher Einsender die »neueren« philanthropischen Lehren spielerischen Lernens kritisierte und insbesondere für Mädchen Gewöhnung an körperliche Arbeit und Abhärtung gegen Kummer und Schmerzen propagierte.68 Auch wenn hier Frauen nicht selbst - oder zumindest nicht eingestandenermaßen - über Kindererziehung räsonierten, gab sich Ernestine Hofmanns Frauenzeitschrift doch nicht mütterfeindlich. Das in der zeitgenossischen Belletristik immer wieder kolportierte Motiv der törichten Mutter, deren Eitelkeit und gesellschaftlicher Ehrgeiz die Tugend der Tochter mannigfachen Gefahren aussetzt, fehlte ganz. Das Blatt präsentierte den Leserinnen in seinen fiktionalen Beiträgen gleich mehrere vorbildliche Mutterfiguren. 64 Polemisiert wurde weniger gegen dumme Mütter als vielmehr gegen vergnügungssüchtige, vielfach aushäusige Frauen,7" Sophie von La Röche zog eine solch scharfe Grenze zwischen drinnen und draußen nicht, bei ihr erscheint das Haus offener. Die »häusliche Bestimmung« der Frau interpretierte sie weniger als Einschließung, sie machte sie vielmehr zum Ausgangspunkt ihrer Bildungsbemühungen. Sowohl die Hausarbeit als auch die Ehe mit ei-

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»Erziehung, [Ihr] lieben Kinder! - Welcher Gegenstand in der Natur wäre für Euch wohl wichtiger!« Träume von Erziehung in dieser an Erziehungsvorschlägen so fruchtbaren Zeit, in: FHT, 15. Stück, S.223-228, hier S.223. Ich will nichts Böses - nichts Niederträchtiges thun - ich will nicht unwissend seyn - ich will für den weisen tugendhaften Mann hochachtungswerth und für den belebten artigen Mann schätzbar seyn,< Dieses, meine Linal sey die Sprache deines weiblichen Stolzes: - dieses sey der Vorsatz, den dein Herz alle Tag erneuere, ehe du deinen Fuß aus dem Schlafzimmer setzest, um deinen dir angewiesenen Platz in der Gesellschaft wieder einzunehmen.« (Briefe an Lina 4, in: Pomona, l, Jg. (1783), Heft 2, S. 216220, hier S. 220). Schon in den frühen protestantischen Hausbüchern galt Gottesfurcht als die erste Tugend nicht nur der Frauen. Hausvater und Hausmutter sollten den Tag mit Bittund Dankgebeten beginnen und alle Hausgenossen zu einem christlichen Lebenswandel anhalten. Vgl. Hoffmann, S.45 und S.95-l00. 72 Die Schwelle zwischen Schlaf- und Wohnraum erklärte Sophie von La Röche zum Übergang von der Selbstdisziplinierung zur Fremdkontrolle; »Der Schritt, [.,.] welchen du in das Wohnzimmer machst, ist derjenige Augenblick, wo du denken sollst, daß gleichwie in deinem verschlossenen Schlafzimmer [Druckfehler »Wohnzimmer« korrigiert] Gott und dein Gewissen allein die Zeugen deiner Gedanken und Aufführung gewesen, von nun an auch alle Personen, mit welchen du lebst, alle deine Reden und Handlungen beobachten und beurtheilen.« Briefe an Lina 5, in: Pomona, L Jg. (l 783), Heft 2, S, 220-224, hier S. 220/ 221. 73 Briefe an Lina 6, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 3, S.287-291. hier S.287.

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kann diese in Verfertigung und Unterhaltung des Weißzeugs, der Kleidungsstücke und Putzsachen vielen Nutzen schaffen und wird sich Ruhm erwerben.74

Sachkunde auf letzterem Gebiet erschien Sophie von La Röche wichtiger als Kochkunst, weil es erheblich leichter sei, »eine gute und sparsame Köchin zu finden, als eine Person, die alle nothige Kenntniß xur Besorgung des Weißzeugs in sich vereinigt«.75 Sie rühmte die erfundene Übergabe der Schlüssel zu Wäsche- und Speisekammer an Lina nach deren Kommunion als einen »herrliche[n] Überrest alter Haustugend« und empfahl diese »Hausmutter Sitte« dringend zur Nachahmung. 76 Die Fähigkeit, diverse Arbeiten auch einmal selbst auszuführen, hielt die Herausgeberin vor allem deshalb für günstig, weil eine Hausfrau auf diese Weise ihrem Personal demonstrieren könne, daß sie nichts Ungebührliches oder Unmögliches verlange.77 Daß sie vieles an Dienstbotinnen delegierten, sollten die Frauen der höheren Stände nicht allein durch ihren sozialen Rang und ihren Reichtum als vielmehr auch durch breitere Kenntnisse und ausgeprägteres Verantwortungsbewußtsein rechtfertigen. Eine Magd habe nur sehr eingeschränkte Kompetenz: Hingegen wird die Beschäftigung der Frau eben dadurch verdienstvoller und edler, weil sie mehr Kräfte des Geists im Nachsinnen, mehr Tugenden der Seele braucht, um ihre Pflichten zu erfüllen, die immer einen doppelten Werth in Nüzlichkeit - der Eigenschaft einer Gehülfin, und in Annehmlichkeit - der Tugend einer Gesellschafterin - haben müssen.™

Im Gegensatz zu einer Magd, die wisse, was man zum Kochen brauche und wie und wann man alles am besten besorge und zubereite, könne eine Hausfrau sich mit der Geschichte und den Eigenschaften der Nahrungsmittel, Arbeitsgeräte und Anbaumethoden bekannt machen. Ein solches Wissen »veredle« ihre häusliche Arbeit, lasse Langeweile gar nicht erst aufkommen und verhindere somit »unseetige Klatschereyen über Familienbegebenheiten«.79 Sophie von La Röche empfahl, die Hausangestellten gut zu versorgen, denn das gebiete nicht nur die christliche Nächstenliebe, sondern führe auch dazu, daß jene

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Ebd.,8.287-289. Die »Geräthkammer« zur Verwahrung sämtlicher Bett- und Tischwäsche sowie Kleidung nannte sie daher auch einen »Haupttheil des ganzen Hauses«. (Briefe an Lina 11, in: Pomona, l.Jg, (1783), Heft 8, S. 794-800, hier S, 794). Eventuell hing dies damit zusammen, daß die Wäsche großenteils die Aussteuer der Frau darstellte, mit ihrem Monogramm bestickt und überhaupt für sie einen hohen symbolischen Wert hatte. So war es beispielsweise vielfach Brauch, einen Teil dieser Wäsche wie einen Schatz zu hüten und nie in Gebrauch zu nehmen. Vg). Agnes Fine: Die Aussteuer - Teil einer weiblichen Kultur?, in; Michelle Perrot (Hg.): Geschlecht und Geschichte. Ist eine weibliche Geschichtsschreibung möglich?, Frankfurt/M. 1989, S. 161 -198. 76 Ebd., S. 796 und S. 797. 77 Briefe an Lina 7, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 3, S.292-301, bes. S.297. 7ii Briefe an Lina 6, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 3, S. 287-291, hier S. 288/289. 79 Briefe an Lina 8, in: Pomona, l.Jg, ( 83), Heft 4, S.410-416, Zitat S.416. 75

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ihrer Herrschaft respektvoller, fleißiger und ohne Neid dienten.*"1 Die Verwahrung gegen Standesdünkel und allzu ärmliche Verköstigung dokumentiert, daß die im Haus lebenden Dienstboten, obwohl die Herausgeberin sie hier ihre »Hausgenossen« nannte, in den höheren Ständen nicht zur Familie zählten.*51 So zog Sophie von La Röche zum Beispiel keinen Moment in Erwägung, ihnen das gleiche Essen zukommen zu lassen oder womöglich die Mahlzeiten mit ihnen gemeinsam einzunehmen. 82 Gerade ihre Werbung für Mäßigkeit offenbart einen recht hohen alltäglichen Lebensstandard in den höheren Ständen und krasse Gegensätze zwischen Herrschaft und Gesinde. Sie lobte es, wenn Familien des »Mittelstands« eine gleichnamige Komödie zitierend »Nicht mehr als sechs Schüsseln« des Mittags servierten, und hieß es gut, daß Reiche einen noch größeren Aufwand betrieben, da dies anderen Arbeit schaffe.87 Die Regeln sparsamer Haushaltsführung waren in der Pomona ansonsten äußerst allgemein gehalten, zeigen aber immerhin ein Bewußtsein von der zentralen ökonomischen Bedeutung der Hauswirtschaft.^ m

Briefe an Lina 7, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 3, S.292-30L bes. S.300/301. Ein Befund der Begriffsgeschichte führt mitunter zu einem sozialgeschichtlichen Fehlschluß. Wenn in dem Wort >Haus< und anfangs auch noch in dem eingedeutschten Wort »Familie·; das Gesinde Inbegriffen war, bedeutet das keineswegs, daß die im Haus lebenden Dienstboten oder Lehrlinge wie Verwandte behandelt worden wären. Vgl. Schwab, S. 275; Hoffmann, S. 166-188; die These von einer Integralion der Dienstboten in die »vorindustrielle Großfamilie« findet sich etwa bei: Rolf Engelsing: Zur Stellung der Dienstboten in der bürgerlichen Familie im 18. und 19. Jahrhundert (zuerst 1968), in: Rosenbaum (Hg.): Seminar, S. 413-424; kritisch dazu: Michael Mitterauer: Der Mythos von der vorindustriellen Großfamilie, ebd., S. 128-151. Vgl. auch Michael Maurer: Dienstmädchen in adligen und bürgerlichen Haushalten, in: Gotthardt Frühsorge/Rainer Gruenter/Beatrix Freifrau Wolff Metternich (Hg.): Gesinde im 18. Jahrhundert, Hamburg 1995, S. 161-187; Paul Mönch: Tiere, Teufe! oder Menschen? Zur gesellschaftlichen Einschätzung der »dienenden Klassen< während der Frühen Neuzeit, ebd., S. 83-108. 82 In den höheren Ständen war es vielfach üblich, für das Personal extra, nämlich weniger reichhaltig und kostspielig, zu kochen. Das populäre Hausbuch Die Hausmutter in allen ihren Geschafften von dem Pastoren Christian Friedrich Germershausen, dessen erste Auflage zwischen 1778 und 1781 in sechs Bänden erschien, führte zwei verschiedene »Küchen« an. (Vgl. Gray, S.417). Dagegen berichtet Rolf Engelsing noch für die Mitte des 18, Jahrhunderts von »Tischgemeinschaften« in den »altbürgcrlichen Haushaltungen« der bremischen Kaufmannschaft. Vgl. Engelsing: Bürger, S.259/260. M Briefe an Lina l, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 3, S.292-301, hier S,292-295. In einem Brief schilderte Sophie von La Röche, was in ihrem Haushalt in Speyer den Inhalt dieser sechs Schüsseln ausmachte: »So ist Suppe und Rindfleisch, Gemüs und Beilag, Ragout und Backnes heut, Braten und Backnes morgen der Zirkel der sechs Schüßlen.« Sophie von La Röche an Elise zu Solms-Laubach am 2.8,1783, abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr. 143, 5,255-260, hier S. 259. 84 Alle Lebensmittel sollten dann angeschafft werden, wenn sie gerade günstig waren. Ein gut berechneter Teil sei für teurere Zeiten aufzubewahren, ansonsten solle nach Möglichkeit das verzehrt werden, was gerade billig sei. Trotzdem müsse die Hausfrau oder ihr Personal damit so sorgsam umgehen, als handle es sich um etwas sehr Kostbares. Sei ein Gericht des Menues vergleichsweise teuer, solle dies durch billigere »Nebenschüsseln« ausgeglichen werden. Briefe an Lina 8, in: Pomona, Ug, (1783), Heft 4, S.410-416. Zur Entwicklung der Sparsamkeit von einer ökonomischen Notwendigkeit zu einer weiblichen Tugend vgl. Dürr: Ausbildung, S. 193-195. Kt

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Von der Ehefrau sprach Sophie von La Röche immer in der Doppelrolle einer »Gehülfin« und »Gesellschafterin« des Mannes, womit sie andeutete, daß diese sowohl für dessen leibliche Versorgung als auch seine Unterhaltung und Entspannung zuständig war,85 Beides wurde jedoch in der Pomona nicht konkret ausgemalt. Es findet sich zwar auch hier die Formulierung, eine Frau solle dem Gatten das Leben »versüssen«, doch solche Zuschreibungen nutzte Sophie von La Röche regelmäßig dazu, ihren Leserinnen Bildungseifer anzuraten.*6 Als gute Ehefrauen sollten sie die Interessen ihrer gebildeten Männer teilen, sich Kenntnisse aneignen und deren Leistungen zu schätzen wissen. Kindererziehung und Säuglingspflege waren kaum jemals Thema in der Pomona. Lediglich in den moralischen Erzählungen wurden Erziehungsprinzipien und -methoden sowohl vorgeführt als auch mitunter eingehend erläutert. Niemals verklärte Sophie von La Röche dabei allerdings die leibliche Mutterschaft." 7 Sie schuf einige törichte Mutterfiguren, die ihre Töchter zu Eitelkeit und Gefallsucht verleiteten, und ließ etliche Mütter früh sterben, so daß die Erziehung nun entweder - dramaturgisch wirkungsvoll - zunächst höchst ungesichert erschien oder aber in die Hände eines klugen (Adoptiv-)Vaters überging. Der einzigen vorbildlichen Mutter in ihren Erzählungen hatte lange der verständige Ehemann zur Seite gestanden.88 (Diese überhaupt in der zeitgenössischen Belletristik oft anzutreffende Konstellation läßt es vielversprechend erscheinen, sozialgeschächtlich einmal genauer zu erforschen, inwieweit im »pädagogischen Jahrhundert« in den gebildeten Ständen Väter tatsächlich an der Kindererziehung beteiligt waren.89) Nun konnten die Lehren KS

Das Wort >Gehilfin< geht auf die biblische Genesis-Erzählung zurück und begründete in theologischer Tradition lange die kreatürliche Zweitrangigkeit der Frau. Eine weitere Ausformulierung dieses Topos findet sich im Kopf-Leib-Modell, das in Analogie zum Menschen den Mann zum >Haupt< des Hauses, die Frau wie alle anderen Hausgenossen zu einem Glied oder Organ des Leibes, jedenfalls einem unselbständigen »Nebenwerkzeug« erklärte. (Vgl. Frühsorge: Einheit, S. 150-152). Luther wertete die Ehe- und Hausfrau von einer tGehüfirK zu einer >Gefährtin< des Mannes auf, ohne jedoch die Herrschaft des Mannes in der Ehe in Zweifel zu ziehen. {Vgl. Wunder: »Er ist die Sonn'«, S. 73). Es erscheint mir aufschlußreich, daß Sophie von La Röche hier nicht die vage Bestimmung der Gefährtin' benutzte, um die Hiifsfunktion der Frau für den Mann zu ergänzen und die Unterordnung zu relativieren, sondern mit dem Wort >Gesellschafterin< auf den geselligen Umgang der Geschlechter setzte. Vgl. Kap. V. 1.2. m Briefe an Lina 22, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 10, S. 919-940, hier S.931/932; ähnlich auch: Auszüge einer Unterredung in Karolines Stube, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 9, S.777-784; zur wechselseitigen Funktionalisierung von Frauenbildung und Ehe vgl. Kap. II.2.3, K7 Eine solche Verherrlichung findet sich in der Pomona lediglich in dem Bericht eines männlichen Italienreisenden, der die neapolitanische Königin Caroline rühmte, weil diese -anders ais die italienischen Oberschicht-Frauen -sich nicht zu fein gewesen sei, ihr Kind immer bei sich zu haben. Und er reimte: »Das Beyspicl, unsrer Welt gegeben, / Soll ewig in Geschichten leben, - / Das Beyspiel: Niemal sich zu scheun l Auch Multer öffentlich zu seyn.« Anonym: Gefühl eines Teutschen in Neapel am Gala-Fest auf Carlstag, den 4. November 1782, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 6, S,563-567, hier S.566. "* Die glückliche Reise, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 7, S.665-722, ^ In einer anderen moralischen Erzählung von Sophie von La Röche erwägt ein aufgeklärter 482

der moralischen Erzählungen und die Lektionen für Lina wohl von den Leserinnen auf ihre eigene Kindererziehung angewandt werden, trotzdem überrascht die Enthaltsamkeit, konkrete pädagogische Ratschläge zu geben, in einem Frauenjournal mit einem derart ausgeprägten didaktischen Impetus. Vielleicht war dies eine Folge davon, daß Sophie von La Röche sich durchgehend als mütterliche Lehrerin inszenierte und damit ihre Leserinnen in erster Linie als Schülerinnen und nicht als potentielle Mütter wahrnahm. Vielleicht hielt sie sich auch deshalb mit konkreten Anweisungen zurück, weil sie sich früher als gräfliche Gesellschaftsdame kaum um ihre eigenen Kinder hatte kümmern können und diese jetzt, als sie die Pomona schrieb, alle schon herangewachsen waren. Entscheidend scheint mir jedoch noch etwas anderes: Eine Aufforderung, sich für eine bessere Unterweisung der niederen Stände zu engagieren, enthüllt, daß trotz der Rede von der immensen Bedeutung frühkindlicher Erziehung im späten 18. Jahrhundert die Kinder der höheren Stände noch die meiste Zeit des Tages von Dienstboten beaufsichtigt, beschäftigt oder unterrichtet wurden: Denn da wir unsere Diener und Mägde aus den Familien der bürgerlichen Klasse ziehen, da sie unsere Kinder von den ersten Jahren ihres Lebens umgeben, so ist es ja für das Herz und Sitten unserer Kinder eben so nöthig. daß die Bürgerliche wohl erzogen werden, als es nöthig geachtet wird, eine gesunde Säugammc zu haben, so bald die Mutter ausser Stand ist, ihr Kind selbst zu stillen. Da nun würklich auch die meiste Mütter ausser Stand sind, ihre Haushaltung und die eingeführte Lebenspflichten gegen Freunde und Verwandte mit der unausgesetzten Sorge für ihre Kinder zu verbinden, so müssen sie auch Mägde bey den Kindern haben, durch welche die gute Geschöpfe in ihren Bedürfnissen besorgt werden.90

Eine etwas anders akzentuierte Bestimmung häuslicher Frauenarbeit nahm Marianne Ehrmann vor. Sie widmete ihr einen großen Teil der Artikelfolge »Über weibliche Beschäftigungen«. Darin ging sie die Tätigkeiten einzeln durch und kam zu dem Ergebnis, daß Kochen, Waschen und Bügeln nur im Ausnahmefall von der Frau des Hauses ausgeübt werden sollten. Ihr komme vielmehr die Rolle einer fürstlicher Rat und Witwer, seinen Dienst zu quittieren und »nur allein für seinen Sohn zu leben und dadurch bey sich einen Wunsch zu erfüllen, den vielleicht schon tausend Väter gemacht hatten, ohne daß die Umstände es ihnen erlaubten, ihn zu vergnügen.« Der Sohn ist in diesem Fall allerdings schon herangewachsen und will auf dem Landgut des Vaters eine Mustermanufaktur errichten. Ursprung des kleinen Baurenhofes >Treue MagdPatriot Gott lieb Kon rad Pfeffel an S.v. La Röche am 12.7.1783, abgedruckt in: Maurer (Hg.): Mehr Herz, Nr. 141, S.250-253, hier S.252, vgl. Kap. IV.3.3. Angesichts dieser Aufforderung an Sophie von La Röche ist es um so erstaunlicher, daß der Pomona-Untertitel »für Teutschlands Töchter« bei einigen Zeitgenossen auf Kritik stieß, vgl. Kap. IV.2.3. ™ Sie schätze besonders die »wahre Freyheit zu denken und zu handeln«, die Einfachheit und Reinlichkeit der Engländer, den Tiefsinn ihrer Denker, den Ehrgeiz und Perfektionismus ihrer Arbeiter, die sanfte Munterkeit und Schwermut, Ermahnungen und Entschuldigungen, in: Pomona, l.Jg, (1783), Heft 9, S. 829-845, hier S. 834. Vgl. Michael Maurer: Aufklärung und Anglophilie in Deutschland, Göttingen, Zürich 1987. 192 Vom Kaiser gehe »sanfte und gerechte Reiigionsverträgiichkeit« aus, »Liebe zu Ordnung und Beschäftigung« sowie »Geschmack an einfacher Kleidung und mäßigem Aufwand«. Und in Hinblick auf die vielen deutschen Landesherrschaften meinte Sophie von La Röche: »Da wir so viele große und kleine Höfe, große und kleine Freystädte haben, so ist würklich jeder gute Entwurf leichter auszführen, weil jedes in seinem Bezirk eigener unumschränkter Herr ist [...].« Ebd., S.843, voranstehende Zitate S.837.

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ferne sie in etwas mitmachen. -- Wenn diese Familien daneben einen heitern Geist im einförmigen Rock ohne Spiel, ohne viele Ragout und Modegeräthe zeigen, sich nüzlich beschäftigen und ihre Kinder gut erziehen, wer wird ihnen seine Hochachtung versagen? und wer wird den Einfluß verhindern können, welchen sie unvermerkt erhalten werden? -Vier Männer, welche in Erfüllung ihrer Amtspflichten nicht übertroffen werden können -vier Frauen, welche den Muth haben zu beweisen, daß keine Frau glüklicher ist als die, welche die beste Mutter, die beste Wirthin und beste Gesellschafterin ihres Mannes ist. -- Ein solcher Bund unter Raths=, unter Handlungs= und Künstlerfamilien kann die herrliche Würkung hervorbringen, das Glück des Lebensauf dem Weg der Weisheit und der Tugend zu suchen, welches meine vortrefliehe Freunde unserm Vaterland wünschen und den festen Glauben haben, daß unser Geschlecht allein es bewürken könne. O meine theure, geliebte Leserinnen! welch ein grosses herrliches Loos wäre uns von dem Schiksal beschieden, wenn wir das Glück der Genügsamkeit und den edlen Stolz guter Sitten und nüzlicher Kenntnis bey der uns umgebenden Jugend einführen könnten!! -- ig3

Daß Sophie von La Röche die Männer an dem demonstrativ bescheideneren Lebensstil beteiligen wollte, war aus ihrer Sicht nur konsequent, denn sie verwies häufig auf die kostspieligen männlichen Modegewohnheiten. Es sei ungerecht, wenn Männer immer nur die Frauen der Eitelkeit bezichtigten, denn ihre französischen Speisen, Weine und Liqueurs, ihre Frisuren, Mode-Stöcke, Knöpfe, Schnallen und Rocke, ihre Hazardspiele sowie »der häufige Wechsel ihrer Uhren, Ringe und Dosen« belasteten die »Familien-Einkünfte« mehr als die modische Ausstattung der Frauen. Zudem würden diese viel länger mit dem Schmuck ihrer Großmutter oder ihrem Brautkleid vorliebnehmen, wenn die Männer ihnen nicht immer wieder signalisierten, wie wichtig es ihnen sei, daß Frauen adrett und nach der neuesten Mode gekleidet und zurechtgemacht wären.194 Mit dem Ende allgemeiner Kleiderordnungen, die den Prachtaufwand in Grenzen hielten und vor allem die Hierarchie der Ständegesellschaft augenfällig absicherten, war im 18. Jahrhundert die individuelle Kleidung und Ausstaffierung der eigenen Person in den höheren Ständen zu einem Politikum geworden. Immer wieder wurden Klagen laut, daß Menschen sich für den äußeren Schein ruinierten, aber auch, daß viele ihre Mitmenschen nur noch nach eben diesem Schein beurteilten

19;!

Ebd., S.844/845 (Druckfehler »im Pracht« korrigiert). Kurz tauchte auch die Idee einer deutschen Nationalkleidung zwecks Beförderung patriotischer Gesinnung auf: »Ich verlangte da, die Männer sollten für sich und uns eine eigene Kleidung wählen und festsetzen, weil dieses gewiß viel zu einer eigenen Denkart beytrage.« Ebd., S.839. Zur Nationaltrachtsdebatte s.u. 194 Über Frankreich, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 2, S. 131-163, hier S. 134 und S.158. Sophie von La Röche interpretierte die »übertriebene Liebe« vieler Frauen zu ständig neuem »Kopfputz« als Kompensation vernachlässigter Geistesbildung und wies auch hierfür den Männern die Verantwortung zu: »Aber da die Männer versäumten, diesem Gefühl von wahrem Mangel durch Anweisung von Kenntnissen abzuhelfen, so blieben wir an dem äusserlichen hangen und änderten immer eifriger an unsern Aufsätzen, weil wir immer spürten, daß unsern Köpfen etwas fehlte.« Wenn Frauen nicht aus eigenem Antrieb läsen, wären sie noch ungebildeter, und die Männer hätten »aus eigener Schuld eine sehr arme Gesellschaft« an ihnen. Ebd., S. 134/135.

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und behandelten, 195 Moralische Appelle traten an die Stelle gesetzlicher Regelungen und forderten, lediglich einen standesgemäßen und demnach vernünftigen Aufwand zu treiben. Sophie von La Röche verlangte wie auch die anderen Herausgeberinnen von ihren Leserinnen keineswegs, daß sie die Modetrends gänzlich ignorierten. Sie sollten es aber nicht übertreiben, vor allem ihre natürlichen Vorzüge zur Geltung bringen, die Ausgaben nach ihrem Stand berechnen und lieber Kleideraufsätze oder Accessoires selbst in Handarbeit herstellen, als alles kaufen. Dabei spielte wie schon bei den Anweisungen zur Organisation gepflegter Gastlichkeit der Gedanke hinein, daß man bei einer so repräsentativen Angelegenheit nicht nur Reichtum, sondern auch Sparsamkeit, Beschränkung und damit Vernunft und Tugend zur Schau stellen könne. !i)f> Wohlhabendere, vornehmere Menschen hingegen sollten nach Sophie von La Roches Meinung ruhig mehr Aufwand treiben, da Kaufleute und Fabrikanten von ihren Luxusbedürfnissen lebten. 147 Daß für französische Moden Geld aus dem Land floß, wurde auch in der Porno«« gelegentlich bemängelt, doch nie verband Sophie von La Röche diese Feststellung mit antifranzösischen Ausfällen. m Dies allerdings tat eine anonyme Autorin, deren flammender Appell »An die deutschen Frauen« Sophie von La Röche von einem »edlen Teutschen« eingesandt worden war, wie die Herausgeberin in einer Fußnote anmerkte, 199 Ob die weibliche Autorschaft zwecks größerer Überzeugungskraft vielleicht nur vorgetäuscht war, läßt sich nicht feststellen. 2 ™ Die Verfasserin ermähnte ihre Geschlechtsgenossinnen dringend und mit einer Vielzahl von Argumenten, nicht länger französische Moden und womöglich den ausschweifenden Lebensstil der Pariserinnen nachzuahmen.

iys

Vg[. Albrecht: Nationaltrachtsdebatte. Über die Moden, in: Pomona, t.Jg. (1783), Heft 2, S.203-212; Briefe an Lina 4, ebd., S.216-220; Eine mir sehr wichtige Frage, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 7, S.587-594. 197 Briefe an Lina 4, in: Pomona, 1. Jg. (1783), Heft 2, S.216-220, hier S. 220. An anderer Stelle hieß es: »Denn ohne diese immerwährende Abänderungen, welche man der Lüsternheit der stolzen Eigenliebe, die immer Vorzüge haben will, darbietet, würden viele teutsche, französische und englische Fabriken zu Grund gehen. Da aber der Arme Brod und der Reiche Mannigfaltigkeit der Freuden bedarf, so ist der Handlungsgeist eingetretten und Schaft jenen Nahrung und diesen eine tausendfache Auswahl von Vergnügen, wozu würklich alle Theile unserer Erde beytragen.« Briefe an Lina 18, in: Pomona, 2. Jg. (1784). Heft 5, S. 457-477, hier S. 469/470. lwt Ihr Tadel traf allein die Konsumenten, wenn sie über die »Modekrankheit« klagte, »welche, wie durch Zauber auf ganz Europa geworfen, einen Theil unsers Golds und Silbers für leichtes Spielwerk nach Frankreich ziehfe]«. (Über Engelland, in: Pomona, !,Jg. (1783), Heft 4, S.323-376, hier S.338), Die fiktive Mitarbeiterin Karoline verglich Weinkonsum der Männer und Putzausgaben der Frauen und überlegte, »welches von beyden Geschlechtern am meisten Geld nach Frankreich schick[e]«. Ein Herbstbesuch, in: Pomona, l.Jg. (t783), Heft 10, S.973-996, hier S.979. IW [Anonym:] An die deutschen Frauen, in: Pomona, 2. Jg. (1784). Heft 10, S. 906-919. Fußnote S. 906. 2(xt gs gjj-jt keinerlei Hinweis auf eine solche Fiktion. Eine Leserbrief-Schreiberin jedenfalls glaubte, in der Verfasserin eine verwandte weibliche Seele zu erblicken. Karoline: An die Verfasserin des Aufsatzes in Pomona, S, 906. betittelt an die deutschen Frauen, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 12, S. 1144/1145, vgl. Kap. 1V.3.1. !9ft

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Statt dessen sollten sie sich für einfache, dauerhafte Kleidung entscheiden und vor allem ein deutsches Weiblkhkeitsideal verkörpern, das vergangener deutscher Größe würdig und zudem geeignet sei, einer deutschen Nation wieder inneres Ehrgefühl sowie Ansehen irn Austand zu verschaffen.201 So sehr die Verfasserin einerseits gegen modeversessene Frauen und ihre Verehrer eiferte,202 so konstatierte sie doch andererseits eine gewisse nationale Aufbruchstimmung, die die Frauen mit ihrer »verborgenefn] Kraft, auf die Meynungen der Männer zu wirken«,21" bloß noch unterstützen müßten. »Die Morgenröthe eines edlen Gefühls von Nationalwürde bricht endlich über unser Vaterland hervor«, behauptete sie. Die Frauen sollten ihren Einfluß nicht mißbrauchen, sondern dafür sorgen, daß sich unter den Männern reine Sitten, Charakterstärke, ein Gefühl der eigenen Würde und sanfte Gefälligkeit im gesellschaftlichen Umgang durchsetzten. 204 Die Verfasserin konstruierte eine nationale Gemeinschaft, indem sie alles Unerwünschte als »undeutsch« und »fremd« ausgrenzte.205 Darüber hinaus entwickelte sie eine Verschwörungstheorie und unterstellte den Franzosen, durch deren Land sie angeblich gerade reiste, die Nachahmung französischer Sitten und Gebräuche in Deutschland planmäßig und in feindlicher Absicht initiiert zu haben:

2öi

Wie überhaupt in der zeitgenössischen Polemik gegen die Nachahmung ausländischer Sitten wurde auch in diesem Text behauptet, daß man die Deutschen im Ausland für ihre mangelnde Originalität und blinde Übernahme alles Fremden verspotte und verachte. [Anonym:] An die deutschen Frauen, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 10, S.906-919, hier S. 914/915. 2i}2 »Und Ihr Männer! die Ihr den Geschmack an edier Einfalt der Natur gegen die elende Neigung zu Frankreichs Fiitterstaat vertauschen konntet, die Ihr in fremde Länder reisetct, um darinnen die Würde eines ächten Deutschen für den armseligen Ruhm, ein Mann nach der Welt zu seyn, verschleudert - denen man nur durch gemahlte Backen gleich den Indianerinnen und einem Anputz gefallen kan. der die meiste Zeit des Lebens verschlingt - Ihr seyd unwerth, daß das Herz eines deutschen Weibes vom Bestreben, Euch zu gefallen, belebt werde.« (Ebd., S.909/910, uneinheitliche Groß- und Kleinschreibung von »ihr« und »euch« korrigiert). Die modeorientierten Frauen beschimpfte die Verfasserin als eitle »Thörinnen« und führte ihnen vor Augen, daß sie nie wirklich so wie die Pariserinnen gekleidet sein könnten, sondern sich blind auf ihre womöglich betrügerischen Modehändlerinnen verlassen müßten. Ebd., S, 911/912. 2111 Ebd., S. 907. Die Verfasserin bemühte hier den Tbpos der heimlichen, indirekten Macht von Frauen auf Männer, deren Chancen sie im Verlauf der Zivilisation noch zunehmen sah: »Der Wunsch, uns zu gefallen, kan ihrem sittlichem Karakter die schönste Richtung geben; und unser Vaterland steht bereits schon auf einem Grade von Cultur, indem die Männer das Bedürfnis empfinden, die rauhen Seiten ihres Karakters in unserm Umgange in ein Gewand der Grazie einzuhüllen.« Ebd. 204 Ebd., S. 906/907. J(>? Zum Beispiel: »Laßt uns alle Seelenkräfte zusammenfassen, das Reich der Mode zu zerstören, und mit dem undeutschen Worte aus unserer Sprache zugleich das schädliche Hirngespenste aus unsern Köpfen verbannen. [.,.] Laßt uns einen Nationalkaraktcr behaupten, nicht mehr alles, was nur fremd ist, mit so unverantwortlichem Leichtsinne nachzuahmen!« Oder: »Vorzüglich werden diese deutschen Weiber sich dadurch von den Französinnen unterscheiden, daß sie nie ein gewisses Air de representation (der Ausdruck ist fremd; möchte es die Sache auch seyn!) annehmen.« Ebd., S. 90S und S. 918. 518

Ich habe nun bereits einen Theit des Landes gesehen, welches, nachdem es unsere sich wieder mit deutscher Kraft aufrichtende Männer nicht mehr mit seinen Waffen besiegen konnte, mit seinen Thorheiten und Moden ihre Weiber zu Grunde richtete. 2t * Entsprechend drastisch fiel die symbolische Distanzierung aus, die sie anregte. Die Verfasserin wünschte sich, ihre »lieben deutschen Mitbürgerinnen« möchten die erste aus Frankreich eintreffende Modepuppe ins Feuer werfen.2"7 Kleidung zeigte nach ihrer Einschätzung nicht bloß die sittliche Qualität eines Menschen an, sondern schuf diese geradezu. Insofern versprach sie sich von einer »Rückkehr zur Simplicität« in der äußeren Ausstattung, daß auf diesem Weg auch die angeblichen alten Tugenden der Deutschen »zurück[ge]rufen« würden. Hier bemühte sie ein Germanen-Klischee, demzufolge sich die Männer früher durch Biedersinn und Tapferkeit, die Frauen durch Liebenswürdigkeit und Sittsamkeit ausgezeichnet hatten. 2(>t! Entsprechend baute das Weibltchkeitsideal, das sie als ein spezifisch deutsches etablieren wollte, um den Frauen ein Gefühl für nationale Eigenheit und Bedeutung einzuflößen, ausdrücklich auf Häuslichkeit statt auf Geselligkeit, auf Ernsthaftigkeit und bleibende Werte statt auf Äußerlichkeit und wechselnden Geschmack sowie auf Tugend und Bildung. Dieses Leitbild zielte gerade nicht auf eine aktive Beteiligung von Frauen an der zu bildenden Nation, auch wenn eine Frau es hier öffentlich propagierte. Vielmehr sollten Frauen kraft ihrer Sitlsamkeit quasi als ein »Aushängeschild« deutscher Redlichkeit fungieren. 204 Über die Kleidung, die Frauen statt der französischen Modelle wählen sollten, war aus dem Text wenig Konkretes zu erfahren. Auch hier tauchte der Gedanke auf, daß einheimische Stoffe zu bevorzugen seien, um im eigenen Land den Wohlstand zu befördern. Darüber hinaus sollten die Frauen auf Zeitlosigkeit und Haltbarkeit achten, an anderer Stelle war von »selbst erfundener [...] Kleidung« die Rede, was nach eigener Handarbeit klingt. 210 Um so unklarer bleibt, wieso die Verfasserin davon ausging, daß die Frauen mit einem Verzicht auf französische Mode nicht nur Geld, sondern auch Zeit sparen könnten. Offenbar lag dem weniger eine ökonomische Berechnung als vielmehr ein Topos nationalen Selbstverständnisses zugrunde, wonach tugendhafte deutsche Frauen ihr Geld lieber für wohltätige Zwecke gaben, statt es für ihre persönliche Eitelkeit aufzuwenden, und ihre Zeit in Bildung und nicht in Putzgeschäfte investierten.

3(16

Ebd., S.9I3/9H. Ebd. 2 K " Ebd., S. 918. 2m Die modische Ausstaffierung der eigenen Person wurde in dieser Debatte regelmäßig dadurch in ein moralisch leicht bedenkliches Licht gerückt, daß man den Frauen nachsagte, entweder die Männer über ihre wahre Gestalt täuschen zu wollen oder undankbar zu sein angesichts der ihnen von Gott verliehenen körperlichen Vorzüge, Solche Vorwürfe wurden in diesem Text nicht offen artikuliert, schwangen aber mit in Formulierungen wie »geborgte Reitze« und »erkünsteltes Roth«, an deren Stelle Frauen lieber ihre natürliche Anmut zur Geltung bringen und schäm voll erröten sollten. Ebd., S. 908. 21 "Ebd.,S.9lOundS.917. 2117

519

Die anonyme Verfasserin regte keinerlei organisatorischen Zusammenschluß an, sondern appellierte allgemein an verständige Frauen, jede für sich mit gutem Beispie) voranzugehen. Sie hoffte, auf diese Weise werde ein biederer deutscher Modetrend entstehen, dem dann auch all die vielen Frauen folgen würden, welche vernünftigen Argumenten in dieser Sache nicht zugänglich seien. Dabei bereitete sie ihre Leserinnen darauf vor, daß sie anfangs mit Spott oder Geringschätzung zu rechnen hätten. Durch diese Prognose hob sie die »einsichtigen« Frauen um so deutlicher von der Masse der »törichten« ab, konnte sie ihnen doch auf diese Weise Mut zusprechen und zuerkennen: Ihr edlen Frauen Deutschlands! die Ihr der eitlen Modesucht ungerne folgt, aus einer uns angebornen Furchtsamkeit aber es nicht wagt, Euch ihr entgegen zu stellen, ermuntert Euch! faßt Muth! besiegt die Thorheit! Der Gedanke, wie mächtig Euer Beyspiel über Eure schwache Mitbürgerinnen wirken werde, entflamme Eure Seelen mit Stärke und Entschlossenheit! entsagt den thörichten Moden des Auslandes! wagt es, Euch eine zeitlang für geschmack= und empfindungslos halten zu lassen, bald, sehr bald wird Wahrheit und Vernunft die Thorheit und den Unverstand besiegen, und man wird Euren Köpfen und Herzen Gerechtigkeit widerfahren lassen.211

Wie die unbekannte Verfasserin des Aufrufs »An die deutschen Frauen« in der Pomona unterschied auch Marianne Ehrmann zwischen einer kleinen Zahl edelmütiger und einer angeblichen Mehrheit gedankenloser, eitler, modeversessener Frauen, gegen die sie heftig polemisierte. In einem Artikel in Amatiens Erholungsstunden stilisierte die Herausgeberin in dem ihr eigenen Hang zu Dramatisierungen die »Puzsucht« zu einer gefährlichen »Seuche«, die als Schwachheit beginne, oft in Zügellosigkeit ausarte und schließlich ganze Familien zu Grunde richte. Angesichts dessen, daß die Mode »die Lieblings-Leidenschaft« der meisten Frauen sei, wage sie allerhand, wenn sie diesen hier eine »öffentliche Fehde« ankündige. Außer dem pauschalen Appell an »alle noch unverdorbenen Frauenzimmer«, ihre Geschlechtsgenossinnen von deren Irrweg abzubringen, 212 setzte Marianne Ehrmann vor allem darauf, Moden vor versammeltem Publikum lächerlich zu machen. Mitte 1791 eröffnete sie in ihrer Monatsschrift eine Mode-Rubrik, in der sie regelmäßig aktuelle Modelle eines Pariser Modejournals detailliert beschrieb und ausgesprochen höh-

211

Ebd., 5,913 (uneinheitliche Groß- und Kleinschreibung von »ihr« und »euch« sowie Druckfehler »wiederfahren« korrigiert). 212 An diese »noch unverdorbenen« Frauen gewandt schrieb Marianne Ehrmann: »Noch rollt teutsches Blut, feuriges Ehrengefühl in Ihren Adern! - Noch giebt es Mädchen und Weiber in Teutschland, die sich schämen, einer so niedrigen, so verworfenen Leidenschaft anzuhängen; die sich schämen, unter den schwachköpfigen Alltags=Schwarm gerechnet zu werden, die nicht gerne das Gespötte der Männer seyn wollen, - Nun dann, ich fordere diese wenigen Edeln auf, warnen Sie Ihre Gespielinnen vor dieser verderblichen Seuche!« (Über Puzsucht, in; AE, 2. Jg. (1791), Bd. l, Heft 3, S.240-246, hier S. 245, Zitate im Text S.240 und S.245), An anderer Stelle appellierte Marianne Ehrmann an das Gewissen der »Hausfrau« dem angeblichen Alleinverdiener gegenüber: »Undankbar ist sie gegen ihren Ernährer, wenn sie seinen sauren Schweis der Mode opfert [...].« Über eheliche Glükseligkeit. Ein Fragment, in: AE, 1. Jg. (1790), Bd. l, Heft 2, S, 133-153, hier S. 148. 520

nisch kommentierte. Anfangs behauptete sie, ihre Leserinnen lediglich vor unnatürlicher Aufmachung bewahren zu wollen, später gab sie zu, daß sie hoffe, diese würden der Vielfalt und des beständigen Wechsels der Moden allmählich gänzlich überdrüssig.21·1 Neben der Kritik an einzelnen zu bunten, übertriebenen oder unzüchtigen Modellen wurden die Pariser Putzmacherinnen wiederholt als »Freudenmädchen«, »Buhlerinnen« und »verworfne[ ] Kreaturen« verunglimpft. 214 Die Männermode war von der Satire keineswegs ausgenommen. Männliche »Modesucht« galt Marianne Ehrmann im Gegenteil als noch weniger verzeihlich, 213 weil sie Eitelkeit als eine spezifisch weibliche Schwäche qualifizierte und eitle Männer mithin die Geschlechtergrenzen verwischten. Sie wurden deshalb von ihr als »Halbmänner«, »unbärtigef ] Gekken« und »entnervtef ] Weichlinge« karikiert, der Dummheit und Feigheit verdächtigt. 216 Selten einmal zeigten diese Modeglossen einen antifranzösischen Impetus, etwa wenn von den »künstlichefn] Machwerkefn] französischer Seh windet köpfe« auf eine »wankelmüthige [...] Denkungsart« geschlossen wurde.217 Zwar wurde angemerkt, daß die umfangreichen Modeerfindungen der französischen »Nazion« nicht gerade zur Ehre gereichten, doch galten sie im Grunde als unrühmliche Ausnahmen in einem Land, in welchem sonst ein »allgemein philosophischer Geist« herrsche.21** Auch verhinderte Marianne Ehrmanns Nationalgefühl keineswegs, daß sie den Entschluß von Französinnen in Amiens, sich nur noch mit einheimischen Produkten zu kleiden, nicht ebenso tugendhaft fand, als wenn eine solche Initiative unter deutschen Frauen zustandegekommen wäre.219 21?

Ein Paar Worte über die neuesten Pariser Moden, in: AE, 2. Jg. (1791), Bd. 2, Heft 6, S.276-281, bes. S,276/277; Modenachrichten, in: AE,3Jg. (1792), Bd.l, Heft 1,8.83-85, bes. S.83. 2>4 »Ihre Moden sind nun freilich so veränderlich, so buntschäkkicht, so karakterlos, so feil als sie selbst sind, aber sie finden doch ihren Käufer.« Modeneuigkeiten, in: AE,2.Jg. (1791), Bd.4, Heft 10, S,79-86, hier S.79/80, Zitate im Texte S.79. 21S Vgi. Überblik der neuesten französischen Moden, in: EA, l.Jg. (1793), Bd.l, Heft 3, S.289-292, hier S.290. 2K > Modeneuigkeiten, in: AE,2Jg. (l791), Bd.4, Heft 12, S.261-263, Zitate S.261 und S.262. Einmal schilderte Marianne Ehrmann das Modekupfer eines Mannes folgendermaßen: »Ha, ha, ha! Schon wieder zeigt sich meinen Augen ein so läppisch gepuzter pariser Süßling? Steht das Pürschchen nicht da auf dem Papier des Modejournals, als ob ihn Mutter Natur im Zorn hinbannt hätte, um als Weib zu brillieren! {...] Der Kopf dieses Gekken gleicht von außen einem leibhaften Weibe. Von innen trägt er vielleicht nicht einmal diesen guten Stempel, denn sein Hirnkasten scheint mit zu klein dazu.« Der »kleine[ ] Pinsel« sehe aus, als ob er »weder Pujver riechen noch Blut sehen« könne, und so lange Beine habe er wohl nur, um immer schnell wegzulaufen, wenn es ernst werde. Modeneuigkeiten, in: AE, 2. Jg. (1791), Bd.4, Heft 10, S.79-86. hier S.84/85, 2!7 Modeanzeigen, in: AE, 2. Jg. (1791), Bd. 3, Heft 8, S. 168-171, hier S, 168/169. 2tH Modeneuigkeiten, in: AE,2.Jg. (1791), Bd.4, Heft 12, S. 261-263, hier S.263. 2iy »Diese schöne Handlung ist doppelt verdienstvoll, sie nährte die Hungrigen und dient zum Beweiß, daß nicht alle Weiber mit Leib und Seel an dem launischen, veränderlichen Puz hängen.« (Anekdoten, in: AE, l, Jg. (1790), Bd. l, Heft 3, S, 269-272, hie r S. 271/272). Vielleicht hatte ihre Sympathie auch damit zu tun, daß ihr Mann aus Straßburg stammte und zeitweise erwog, in den französischen Staatsdienst zu treten. Vgi. II.2.6.

521

In der Einsiediermn aus den Alpen wurden die regelmäßigen hämischen Modekommentare bald eingestellt, statt dessen appellierte dort eine dialogisierte Szene an den Stolz der Leserinnen. Eine Pariser Putzmacherin und ein Dienstmädchen erörterten in diesem angeblich aus dem Französischen übersetzten Text ihre Chancen, auch noch die albernsten Moden in Deutschland abzusetzen. Das Dienstmädchen hatte die beunruhigende Information erhalten, daß die deutschen Frauen täglich klüger würden und mehrere vornehme Frauen sich bereits zusammengeschlossen hätten, um der »Modesucht« Grenzen zu setzen. Sie ließen regelmäßig ihre Mägde die neuesten abenteuerlichen Kleidungsstücke anziehen, um diese Moden für Frauen der höheren Stände zu diskreditieren. 220 Die Putzmacherin ließ sich jedoch nicht verdrießen. Ihr hatte man berichtet, daß die Frauen in Deutschland nach wie vor ganz begierig nach den neuesten Pariser Moden seien, weil sie in ihrer Bildung weit zurücklägen und folglich nicht mit ihrem Geist, sondern bloß mit neuestem Putz Aufsehen erregen könnten. 221 Auch in Marianne Ehrmanns Zeitschriften wurde den Leserinnen empfohlen, ihre Modewaren selbst herzustellen. Sie könnten auf diese Weise Sparsamkeit und Kunstfertigkeit unter Beweis stellen, den tyrannischen Modchändlerinnen entgehen, sich eine nützliche Tätigkeit und ein Erfolgserlebnis verschaffen und schließlich auch noch den »gefährlichen Müssäggangf ]« vermeiden.222 Allein in den Unterhaltungen in Abendstunden gipfelten die Appelle zur Mäßigung des Modekonsums in der Idee einer deutschen Nationaltracht. Dieser Gedanke war schon etwas älter und andernorts bereits ausführlich erörtert worden. Grundsätzlich konnten sich mit einem solchen Vorschlag unterschiedliche Anliegen verbinden, nämlich sowohl der Wunsch, durch Abstufungen einer Landesuniform soziale Differenzen augenfällig zu machen, als auch der Versuch, mit Hilfe einer einheitlichen Nationalkleidung die Ausgaben der einzelnen Haushalte für repräsentative Zwecke einzuschränken und gleich/eilig ein nationales Zusammengehörigkeitsgefühl zu stiften, Justus Mösers publizistische Initiativen in dieser Sache aus den siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts sind eindeutig der ersten Zielrichtung zuzurechnen. Er forderte eine differenzierte Landesuniform für die besitzenden und steuernden Stände, die mit Ehrenzeichen der nivellierenden Macht des Geldes entgegentreten sollte.221 Vorbild waren für Möser die ritterschaftlichen und Hofunifor-

2211

In einer Fußnote kommentierte Marianne Ehrmann als Übersetzerin: »Wenn dies wahr wäre, so verdienten sie angebetet zu werden! Nur Einschränkung in den Moden: mehr verlangt kein vernünftiger Mensch. So bald diese einmal erscheint, so kann man mit Recht auf die Aufklärung des weiblichen Geschlechts schliessen, vorher aber nicht!« Die Puzmacherin, in: EA, L Jg. (1793), Bd. 2, Heft 6, S. 262-274, hier S. 266. 22i Und wieder schaltete sich die Herausgeberin mit einer Fußnote ein: »So denkt man von uns in Paris? Wie wärs aber wenn wir diesen prahlerischen eigennüzigen Französinnen gerade das Gegentheil bewiesen,« Ebd., S.268. 221 Luise von K***: Brief einer Mutter an ihre Tochter über Ökonomie, in: AE, l.Jg. (1790), Bd.2, Heft 5, S. 146-155, hier S. 155.; ähnlich Marianne Ehrmann in ihrem Artikel: Über Haushaltungskunst, ebd., S. 123-146. 2 Kleiderordnungen lehnte Möser ab, weil diese bloß differenzierten und nicht den Anreiz 522

men wie auch Ziviluniformen für Staatsbedienstete, die damals in vielen Territorien eingeführt wurden. Ein so elitärer, ständisch ausgerichteter Plan stieß bei vielen Aufklärern auf Ablehnung, leistete er doch dein Dünkel Vorschub und widersprach dem Toleranzgedanken. Befürworter einer Nationalkleidung argumentierten in den folgenden beiden Jahrzehnten denn auch weniger mit einer Wiederbelebung der Ständeordnung als vielmehr mit einer Fürsorgepflicht des Staates angesichts hoher gesellschaftlicher Aufwandsverpflichtungen und einer schwindenden deutschen Originalität. Die Gegner solcher Bestrebungen verwiesen regelmäßig auf die wirtschaftlichen Vorteile des Luxuskonsums und besinnen, daß unvernünftiger Verschwendung mit Verordnungen beizukommen sei,224 1786 schlug ein anonymer Initiator in einem Flugblatt ein kompliziertes Verfahren vor, welches sicherstellen sollte, daß die an einer Nationalkleidung Interessierten sich nicht blamierten. Erst wenn genügend verbindliche Zusagen vorlägen, sollten entsprechende Zeichnungen veröffentlicht, die Trachten angefertigt und an einem festgesetzten Tag erstmals in der Öffentlichkeit getragen werden. Das Flugblatt wurde in zahlreichen Zeitschriften abgedruckt und kommentiert. 225 Interessant im Hinblick auf eine Beteiligung von Frauen an patriotischen Debatten und Aktionen ist es, daß das Journal der Moden, bekannter unter dem bald veränderten Titel Journal des Luxus und der Moden, ausdrücklich die Stellungnahme einer Frau in dieser Angelegenheit einholte. 226 Ob die abgedruckte kritische Entgegnung tatsächlich von einer »patriotischen] deutsche[n] Hausfrau« höheren Standes stammte, wie behauptet, scheint zumindest fraglich. Auf jeden Fall kritisierte die Verfasserin, daß »der feine Herr, der Deutschland eine ewige Uniform geben« wolle, die Frauen wohl nicht als einen »Theil der Nation« ansehe, wenn er nicht auch sic urn Einsendung ihrer Meinung bitte. Neben den üblichen ökonomischen Argumenten für Luxuskonsum und den pädagogischen Zweifeln, ob Mißbrauch auf dem Verordnungswege verhindert werden könne, malte sie vor allem drohend aus, wie die durch Modeverbannung unterbeschäftigten Frauen sich in die Männerdomänen Wissenschaft und Politik mischen

eines ehrenvollen Aufstiegs boten. Zu Mösers Vorschlägen vgl. Albrecht: Nationaltrachtsdebatte, S. 47-49. 224 178Ü druckte z.B. das Deutsche Museum eine entsprechende Kontroverse, vgl. ebd., S.5254. 22 > -' [Anonym]: Vorschläge zu Einführung einer teutschen Nationalkleidung und mehrere Entgegnungen wiederabgedruckt in: >KleidKleid Mitglieder einer Frauenzimmer^Lesegesellschaft: Bitte an wohlthä'tige Menschenfreunde und Freundinnen, in: MfF, Bd.2, S.277-279, hier S.278. 240 Ebd., S. 278/279. 527

rade auf den Appell an spezifisch weibliches Mitgefühl verzichtete.241 In ihren eigenen Texten versuchte sie Frauen umgekehrt gerade dadurch zu Hilfsbereitschaft und Mildtätigkeit zu animieren, daß sie auf den schlechten Ruf des weiblichen Geschlechts als vergnügungs- und selbstsüchtig anspielte.242 Ein weiterer Weg des Spendens war die Benefizsubskription, Sophie von La Röche warb in der Pomona zum Beispiel für eine Gedichtsammlung, mit deren Erlös ein Fräulein von Hagen ein »Rosenfest« stiften wollte,243 Bei diesem Fest sollte dem tugendhaftesten Mädchen eines Ortes eine Rosenkrone verliehen werden.244 Sophie von La Röche hatte einige Monate zuvor von einem solchen Brauch im französischen Salency berichtet, und womöglich ging die Idee der adligen Gelegenheitsdichterin auf diese Schilderung zurück. Die Herausgeberin behauptete zumindest, die edle Verfasserin habe sie in dieser Angelegenheit um Rat und Unterstützung gebeten, und ergriff sogleich die Gelegenheit, das Projekt einer Leserin ans Herz zu legen, die sich pessimistisch über die Anzahl guter Menschen geäußert hatte: Dünkt es Sie nicht, meine Liebe! daß der Entwurf edel ist, und daß jedes Frauenzimmer, welches sich unterschriebe, eine Rose zu dem Fest der Tugend schenkte? - und daß diese Subskription eine Kette würde, welche so viele schöne Seelen in Teutschland miteinander verbände?24S 241

Bitte an wohlthätige Menschenfreunde von einer Frauenzimmer=Lesegeseflschaft, in: AE, l.Jg. (1790), Bd.2, Heft 6, S.289/290. 242 »Möchte es {das weibliche Geschlecht] muthig hervortreten, mit angestrengten Kräften sich vereinigen, hingeben für Menschenetend die überflüssigen Giüksgüter, sich einschränken lernen, kurz alles anwenden, um nach seinem Vermögen der drükkenden Noth so vieler Tausende abzuhelfen! Was würde die Nachwelt sagen, wenn es diesem verkannten Geschlechte gelänge, größer und edler zu handeln, als man es von ihm erwartet?« Etwas über Menschenelend, besonders in unsern Zeiten, in: AE, l.Jg. (1790), Bd.3, Heft S, S, 160-l64, hier S. 163/164. 24S Es handelte sich um Henriette Ernestine Christiane von Hagen, geb. L760 in Thüringen, die später als Oberhofmeisterin bei der Fürstin von Waldeck tätig war und einen Hauptmann Carl von Güten heiratete. Sie starb 1793 bei einer Geburt. Vgl. Schindel, Bd. l, S. 160/ 161 und Bd.3, S. 114-116. 244 Dieses Fest kam tatsächlich für vier Jahre, von 1783 bis 1786, in ihrem Geburtsort Stockey auf ihre Initiative hin zustande. Der Tugendpreis belief sich auf 100 Taler und wurde verliehen an eine von drei aus Stockey gebürtigen Kandidatinnen zwischen 17 und 25 Jahren, die der Prediger des Ortes benannte und drei Sonntage vor dem Fest Öffentlich zur Wahl stellte. Jeder Hausbesitzer hatte bei der Wahl eine Stimme, die Stifterin fünf und der Prediger zehn Stimmen. Nach der Wahl konnten drei Tage lang Einwände vorgebracht werden. Geschah dies nicht, wurde die Gewählte neu eingekleidet, mit einem Rosenkranz gekrönt und so unter Glockengeläut und Musik zur Kirche geführt. Das Rosenmädchen des vierten Jahres heiratete am gleichen Tag. Als dann im nachhinein bekannt wurde, daß sie schon vor ihrer Hochzeit sexuellen Verkehr mit dem Bräutigam gehabt hatte, galt das Rosenfest als entweiht, und die Zinsen des Stiftungskapitals wurden fortan zur Verbesserung des Schulunterrichts verwendet Schindel, Bd.3, S. 114-116. 245 Antwort an meine unbekannte Freundin in Frankfurt, in: Pomona, l.Jg, (1783), Heft 11, S. 1099-1103, hier S. 1102. Den Namen der Gelegenheitsdichterin nannte sie erst in einer zweiten Subskriptionswerbung, in der sie auch das Kollekteursnetz der Pomona für diese Unternehmung zur Verfügung stellte: An Lina, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft l, S. 100102. Zum »Rosenfest« vgl. Über Frankreich, in: Pomona, l.Jg. (1783), Heft 2, S, 131-163, 528

Marianne Ehrmann druckte den Pränumerationsaufruf einer verarmten Adligen ab und forderte ihre Leserinnen auf, statt eines neuen Modeartikels lieber deren Klavierkompositionen zu kaufen und damit Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten.246 Einerseits wurden die Leserinnen aufgefordert, durch Sparsamkeit Geld für wohltätige Zwecke zu erübrigen. Andererseits ließ sich nach Ansicht der Zeitgenossinnen Wohltätigkeit sehr wohl mit Ausgaben zum eigenen Vergnügen vereinbaren. Schon die Benefizsubskription bot der spendenden Person einen Gegenwert. Noch deutlicher verbanden sich das Interesse an Unterhaltung und demonstrativer Großzügigkeit bei caritativen Festveranstaltungen, Ausgesprochen lobenswert fand eine Leserin der Pomona etwa einen Pariser Wohltätigkeitsball, bei dem die galanten Herren für einen Tanz mit den schönsten Frauen der Stadt so viel Geld bezahlt hatten, daß die vornehmen Veranstalterinnen anschließend zwei Familienväter aus dem Schuldturm hätten loskaufen können. 247 Die Frauenzeitschriften betonten, daß es neben milden Gaben noch andere Wege gab, Armen, Hungernden, Kranken oder Waisen zu helfen. Sophie von La Röche lehrte ihre fiktive Ziehtochter Lina, Bedürftigen mit Wohlwollen und Toleranz zu begegnen, sich nicht über die Zudringlichkeit von Bettlern zu beschweren, sondern sich lieher freundlich nach den Ursachen ihrer Armut zu erkundigen. Statt Almosen auszuteilen, könne man oft auch einen guten Rat geben oder Arme kleinere Arbeiten verrichten lassen und sie gut dafür bezahlen, 24K Dabei verhehlte Sophie von La Röche keineswegs das Eigeninteresse der höheren Stände. Sie legte Frauen nahe, sich um eine gute Moralerziehung in den niederen Ständen zu kümmern, da dort ihre zukünftigen Dienstboten heranwüchsen, welche später mit ihnen unter einem Dach lebten, ihre Kinder viele Stunden am Tag beaufsichtigten und oft deren Vertraute würden. Sie empfahl einige zweckmäßige Lesefibeln und Erziehungsbücher für die »Familien der bürgerlichen Klasse«, wie sie die unteren Stände nannte, und bat ihre Leserinnen, zur Verbreitung dieser Werke beizutragen. 249 Die Unterhaltungen in Abendstunden unterbreiteten zwar keine konkreten Vorschläge für wohltätige Bemühungen, machten aber Hilfe und Hilfsbedürftigkeit re-

bes. S. 145/146. Auch Franz Rudolph Grossing erwähnte in seinem Damen-Journal diese Benefiz-Subskription und lobte ihren Zweck, Ob er die Initiative vereinnahmen wollte oder Henriettc von Hagen ihrerseits an seinen vermeintlichen »Rosenorden« herangetreten war. ist nicht überliefert. Damen-Journal, 2. Jg. (1785), 1. Stück, S, 35-43. 24ft Aufforderung an Menschenfreunde, in: AE,2.Jg. (1791), Bd.4, Heft 11, S. 170-174. 247 Mariana Louisa: Freuden einer Freundin der Pomona, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 3, S. 285-287, hier S. 286. 24i< Es sei ganz falsch, vom Elend profitieren zu wollen und niedrige Löhne zu zahlen: »Wenn die fleißige Hand aufrichtig geehrt und belohnt würde, so bestrebten sich gewiß mehrere darnach.« Briefe an Lina 2, in: Pomona, 1. Jg. (1783), Heft l, S. 22-25, hier S.24. 24y Da sie soziale Ungleichheit für gottgewollt hielt und einen harmonischen Ständeausgleich anstrebte, erschien es ihr selbstverständlich, daß die höheren Stände Eigennutz und Humanität miteinander verbinden könnten: »Klar ist also [...], daß alle, welche dazu beytragen, Wohlthäter künftiger Bürger und höherer Klassen werden.« Pomona an ihre Leserinnen, in: Pomona, 2. Jg. (1784), Heft 9,5,859-864, hier S.861, Zitat im Text S.860, vgl. Kap. V.U. 529

gelmäßig zum Thema. In einer festen Rubrik wurden angeblich wahre Fälle sozialen Elends geschildert, wobei die Geschichten immer nach dem gleichen Muster gestrickt waren und voller Klischees steckten: Arme lagen auf faulem Stroh, Kinder standen hilflos um kranke oder sterbende Eltern, Säuglinge weinten an der ausgetrockneten Brust ihrer Mütter. Alle waren »unverschuldet« in ihre erbärmliche Lage geraten und schämten sich ihrer Bedürftigkeit. 2 ^' Stets klagten die Berichte gleichgültige Verwandte und Nachbarn, unerbittliche Vermieter oder gewissenlose Dienstherren an und machten stille, beherzte Hilfsaktionen publik. Die Veröffentlichung fungierte dabei als eine Art ausgleichende Gerechtigkeit und sollte dem Publikum zeigen, daß Wohltätigkeit gewürdigt wurde und allemal der Nachahmung wert sei.251 In einer reichlich drastischen Geschichte vom Selbstmord eines unglücklichen, ehrgeizigen Betteljungen wurde 1792 vorsichtig der Gedanke einer staatlichen Fürsorgepflicht angetippt, und - da der Staat einer solchen nicht nachkam - selbstorganisierte Armenfürsorge als ein Gebot der Aufklärung formuliert. Es hieß dort: O möchten sich doch die Sitten, die mit Aufklärung verbunden sind, auch ändern! Möchten die Menschen sich zusammenrotten, um gemeinschaftlich, gleich einer Kette für die leidende Menschheit zu arbeiten. Um jene, die durch eigenes Verschulden unglücklich geworden, zu recht zu weisen, ihnen Mittel an die Hand zu geben, ihre Lage zu verbessern. Jenem unschuldig Leidenden aber den bittern Becher durch Trost, welches auch oft Hülfe ist, zu versüssen,252

Während die Pomona und die Unterhaltungen in Abendstunden die Aufmerksamkeit ihrer Leserinnen auf das alltägliche soziale Elend in der unmittelbaren Umgebung lenkten und sie zu eigenständigen, spontanen Akten der Nächstenliebe anhielten, schilderte Marianne Ehrmann Armut und Not in einem Ausmaß, das es Frauen unmöglich erscheinen lassen mußte, selbst Abhilfe zu schaffen. Die Herausgeberin verwies auf Zerrüttung und Verwüstung im revolutionären Frankreich, erwähnte schlimme Folgen der Teuerung in Sachsen und malte die Brutalität des Krieges aus, wie er zur Zeit etwa in Ungarn wüte. Hier forderte sie denn auch nicht neue Handlungsräume für Frauen wie im Fall eines patriotischen Frauenbundes, sondern ent-

Beispiel: X.B.B.: Die Selbstzufriedenheit, in: U A, l.Jg. (1792), Heft 8,8.82-87, Der wahrhaft tugendhafte Mensch durfte seine edlen Taten nicht selbst bekanntmachen. Oft bedienten sich die Geschichten daher des Motivs zufällig entdeckter Großmut, Catharina von Hesse formulierte das Anliegen bei dieser Rubrik einmal folgendermaßen: »Wie angenehm ist es für uns, wie lieb muß es unsern Lesern seyn, daß wir zur Ehre der Menschheit so edle Züge guter Menschen sammeln können, und wie viele werden ausgeübt, die unserer Nachforschung unbekannt bleiben und oft so würdig wären, zu Beyspielen aufgestellt zu werden, um Nacheiferung zu erwecken.« Cv.H.g.B.B.: Der gute Sohn. Eine Anekdote, in: ÜA,2Jg. (1793), Heft 8, S, 87-91, hier S.90. 252 J.v.R.***; Das unglückliche Opfer seines Ehrgeitzes. Eine wahre Geschichte, in: UA, l.Jg. (1792), Heft 6, S.249-260, hier S.258. Der Gedanke einer Verpflichtung der Regierung für ihre Untertanen läßt sich aus folgender Passage herauslesen: »O ihr grossen Glieder des Staates! warum bewerbet ihr euch so wenig um eure Mitmenschen, die euch darum erwählet, damit ihr sie liebet, sie vor Feinden schützet, die innerliche Ruhe erhaltet und jenen, da das Schicksal nicht einen wie den anderen gleich beglücket, Mittel an die Hand gebet, ihr Leben zu erleichtern?« Ebd., S. 259. 2?i

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faltete einmal mehr die Idee von einer indirekten Macht der Frau, die »in ihrer Sphäre« blieb und ihren Mann mit den ihr eigenen Waffen dazu brachte, etwas gegen das Unrecht und Elend in der Welt zu unternehmen. Mit folgenden Worten pries sie eine Bekannte, der dies angeblich glänzend gelang; Sie benüzzen mit Feinheit, Thätigkeit und Geistesgegenwart die tauglichsten Augenblikke, Ihren lebhaften, zur Zerstreuung geneigten Gatten auf die leidende Menschheit aufmerksam zu machen. Wie süß, wie feurig und hinreißend zeigt sich da Ihre Beredsamkeit. Wie schnell wirken Sie durch Ihre Reize zum Wohl der Menschheit, wofür Sie geschaffen zu seyn scheinen. Der Gatte, an dessen Busen sie sich mit bezaubernder Grazie anschmiegen, wird aufmerksam, sanft, biegsam, gerührt und schmelzt hin im Taumel seines Glüks, offen für Wohlwollen und Erbarmen. Sein rasches männliches Gefühl verstummt, das sanftere tritt an seine Stelle, der gerührte Gatte will, was Sie wollen, und dem Bedrängten ist geholfen. [...] Wer benüzt so wie Sie die Allgewalt der Liebe, um Menschenelend zu lindern? Alles dies kann ein Weib, wenn sie will, alle diese Macht liegt in ihr, in ihren Reizen, in ihrem Herzen, in ihrem denkenden Kopfe!253

Die historische Forschung wertet den nach innen, auf eine bessere Organisation des Gemeinwesens zielenden Patriotismus im 18. Jahrhundert als einen Versuch der gebildeten Stände, die eigene Untertanenexistenz zu überwinden und durch aktive Mitwirkung an öffentlichen Belangen staatsbürgerliches Selbstwertgefühl zu erlangen.254 Es ist aufschlußreich, daß einige Frauen noch Mitwirkung anboten bzw. sogar einklagten, solange das Selbstverständnis der deutschen »Staatsbürger« auf eben diesem bewußten Öffentlichen Engagement der Gebildeten beruhte und nicht schon auf verfassungsmäßig garantierten politischen Rechten, von denen Frauen egal welchen Standes - in der Folgezeit aufgrund ihrer Abhängigkeit vom Ehemann oder Vater für viele Jahrzehnte ausgeschlossen sein sollten.2" Gleichzeitig fällt auf, daß diese Frauen keine gleiche Teilhabe anstrebten, sondern ihre Aktivitäten als einen spezifisch weiblichen Beitrag legitimierten, den die Männer ihrer Schicht nicht oder zumindest nicht in dieser Weise erbringen konnten. Geschiechtsbezogen

Etwas über Menschenelend, besonders in unsern Zeiten, in: AE, l.Jg. (1790), Bd. 3, Heft 8, S, 160-164, hier S. 161/162, voranstehendes Zitat S. 163. Bezeichnenderweise blieben die Möglichkeiten des »zur Zerstreuung geneigten Gatten«, die Not der Menschheit zu lindern, genauso unausgeführt wie die Unmöglichkeit für Frauen, dies zu tun. Etwas später verwies Marianne Ehrmann pauschal darauf, daß Fürstinnen über die Herzen von Fürsten regierten und »vernünftige Weiber auch oft über manchen Vorsteher des Staats«, Ebd., S. 163. Vgl. Vierhaus: »Patriotismus«, S. 101. Zum Begriff des > Staatsbürgers« vgl, Vierhaus: »Patriotismus«, S. 103/104; Riedet: Bürger, Staatsbürger, Bürgertum; Michael Stolleis: Untertan - Bürger - Staatsbürger. Bemerkungen zur juristischen Terminologie im späten 18, Jahrhundert, in: Rudolf Vierhaus (Hg.): Bürger und Bürgerlichkeit im Zeitalter der Aufklärung, Heidelberg 1982, S.69-99, bes. S. 70/71; Jürgen Kocka: Bürgertum und Bürgerüchkeit als Probleme der deutschen Geschichte vom späten 18. zum frühen 20. Jahrhundert, in: ders. (Hg.): Bürger und BürgerJichkeit im 19. Jahrhundert, Göttingen 1987, S. 21-63, bes. S. 28-33; Ute Frevert: »Unser Staat ist männlichen Geschlechts«. Zur politischen Topographie der Geschlechter vom 18. bis frühen 20. Jahrhundert, in: dies.: »Mann und Weib«, S.61-133.

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konnte dabei sowohl das Ziel bzw. die Zielgruppe der patriotischen, wohltätigen Bestrebung sein als auch die gewählte Form des Engagements. Im ersten Fall, der gezielten Hufe für verarmte Geschlechtsgenossinnen oder der Aussetzung eines Preises für weibliche Tugend etwa, griffen Frauen Anliegen auf, die sie offenbar von Männern vernachlässigt wähnten. Zugleich signalisierten sie damit, daß sie sich auf Belange ihres eigenen Geschlechts beschränkten und sich nicht - und sei es in fürsorglicher Absicht - über Männer erhoben. Ihre Bemühungen konnten als eine Ergänzung zu den Aktivitäten von Männern verstanden werden. Im zweiten Fall teilten die Frauen die Pläne und Absichten der Männer, ihre vaterländische Begeisterung, ihr Interesse an einer Disziplinierung der niederen Stände oder ihre Sorge angesichts von Krieg und Elend und boten an, sich mit ihren eigenen, vermeintlich spezifisch weiblichen Mitteln für die gemeinsamen Ziele einzusetzen. Es ließe sich erörtern, welcher Weg Frauen eher und dauerhafter in die Öffentlichkeit führte. Hier dagegen interessiert vor allem, daß Frauen in beiden Varianten ihren Handlungsraum ausweiten konnten, ohne deshalb in den Augen der Zeitgenossen ihre »weibliche Bestimmung zur Häuslichkeit« zu verfehlen. Im Gegenteil: Viele Frauen beteuerten, gerade im Interesse der häuslichen Sphäre und aus ihrer Verantwortung als Frau des Hauses heraus aktiv zu werden. Wie schon am Beispiet der Geselligkeit zeigt sich hier erneut, daß die Grenzen des Hauses sehr viel unbestimmter und durchlässiger waren, als es die apodiktische Rede vom engen häuslichen Zirkel vermuten läßt.

2. Frauengeschichtsschreibung Die gesellschaftliche Stellung von Frauen wurde in den Frauenzeitschriften nicht allein in Hinblick auf die Gegenwart, sondern auch im Rückblick auf die Vergangenheit erörtert. Historische Skizzen, insbesondere in Form biographischer Porträts, waren ein ausgesprochen beliebtes Genre, und alle Herausgeberinnen - mit Ausnahme von Ernestine Hofmann - griffen es in ihren Blättern auf. Das mag zum einen daran gelegen haben, daß biographische »Frauengeschichtsschreibung« im 18. Jahrhundert bereits eine gewisse Tradition hatte. Seit der Renaissance wurde anhand historischer Beispiele über die Fähigkeiten und Schwächen des weiblichen Geschlechts gestritten. Frauenfreundliche wie frauenfeindliche Autoren der >Querelle des femmes< stellten Kataloge berühmter Frauen aus Mythologie, Literatur und Geschichte zusammen und untermauerten damit ihre Argumentation, 256 Im 17, 2Sfl

Die wohl berühmtesten Werke und Vorbilder dieser Kataloge waren Giovanni Boccaccios De claris mulieribus aus der zweiten Hälfte des 14, Jahrhunderts und Christine de Pizans Le livre de des dames von 1405. Gianna Pomata weist darauf hin, daß schon Plutarch dafür plädierte, Frauen und Männer nach ihrem Tod gleichermaßen öffentlich zu ehren, und nichl - wie etwa Thukydides gefordert hatte - die Anständigkeit einer Frau gerade dadurch zu demonstrieren, daß man ihren Namen in der Öffentlichkeit verschwieg. Als Beweis, daß auch Frauen zu außergewöhnlichen Leistungen in der Lage seien, schrieb er die Biographiensammlung Mulierum Virtutes. (Gianna Pomata: Partikulargeschichte und Uni-

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und frühen 18, Jahrhundert entstanden dann neben lateinischen Namenslisten und Sammelbiographien auch deutschsprachige Lexika gelehrter und schriftstellerisch tätiger Frauen, die sich an ein breiteres, gebildetes Publikum wandten, mit einem Anflug von Nationalstolz gerade auch deutsche Berühmtheiten präsentierten und oft für eine verbesserte Frauenbildung warben. 257 Mit diesen lexikalischen Sammlungen stand den Publizistinnen mithin Material zur Verfügung, wenn sie Porträts von Dichterinnen, gelehrten oder auch heldenhaften Frauen in ihr Journal einrükken wollten. Ein weiterer Grund für die Popularität dieses Genres in den Frauenzeitschriften könnte darin liegen, daß Geschichte zu den »nützlichen« Wissenschaften der philosophischen Fakultät zählte und damit im Gegensatz zu Theologie, Rechtswissenschaft und Medizin als durchaus vertretbare Beschäftigung für Frauen galt, zumindest solange sie außerhalb der Universitäten und ohne professionelle Ambitionen betrieben wurde.25* Schon 1715 schrieb Georg Christian Lehms in der Vorrede zu

versalgeschichte - Bemerkungen zu einigen Handbüchern der Frauengeschichte, in: L'Homme 2 (1991), Heft l, S.5-44, hier S. 10-16; vgl. auch Katharina Hetze: Frauenbildungskonzepte im Renaissance-Humanismus, in: Kleinau/Opitz (Hg,), Bd.l, S. 121-134; dies,; Frauenbildung in der »Querelle des femmes«, ebd., S.237-251; dies.: Spiegel der Vernunft, Theorien zum Menschsein der Frau in der Anthropologie des 15. Jahrhunderts, Paderborn, München, Wien, Zürich 1991). Die moderne Geschichtswissenschaft hat solche Werke nicht als historiographische anerkannt. So befand Eduard Fueter 1911 in seiner Geschichte der neueren Historiographie, Boccaccio habe mit seinen Frauenporträts »das Gebiet der Geschichte überhaupt verlassen.« Zit. n. Gisela Bock: Geschichte, Frauengeschichte, Geschiechtergeschichte, in: GG 14 (1988), S. 364-391, hier S.364. 257 Jean M. Woods: Das »Gelahrte Frauenzimmer« und die deutschen Frauenlexika 16311743, in: Neumeister/Wiedemann (Hg,), S.577-587; Brita Rang: »Jus fasque esse in rempublicam litterariam foeminas adscribi«. Ge!ehrt(inn)en-£nzyklopädien des 17. und 18. Jahrhunderts, in: Paedagogica Historica 28 (1992), Nr.3, S.511-549. Jean Woods vertritt die These, daß das Spektrum akzeptierter wissenschaftlicher und schriftstellerischer Betätigung von Frauen immer mehr eingeschränkt worden sei. Während die Lexika des frühen 17, Jahrhunderts noch gebildete Frauen aus allen Fachdisziplinen aufgeführt hätten, seien in den Werken des 18. Jahrhunderts nur mehr fast ausschließlich Poetinnen vertreten. Dabei zeigt sie, daß die gerühmte »weibliche Gelehrsamkeit« an einem geschlechtsspezifischen Maßstab gemessen wurde und zumeist gleichbedeutend war mit einer überdurchschnittlichen, breiten Frauenbildung. Brita Rang geht auf diese Definitionsfrage überhaupt nicht ein und nutzt die Lexika vor allem als Quelle für eine sozialgeschichtliche Untersuchung, die zu dem Ergebnis kommt, es habe in der Frühen Neuzeit erheblich mehr gelehrte Frauen gegeben als bisher angenommen. Der Blick sei viel zu sehr auf die institutionalisierte Bildung fixiert, die auch für gelehrte Männer in dieser Zeit noch nicht den Regelfall dargestellt habe. 2?K Als mit der Aufwertung der philosophischen Fakultät im 18. Jahrhundert diese nicht länger bloßes Propädeutikum für die höheren Fakultäten war, konnte sich auch die Geschichte aus ihrer dienenden Rolle für Theologie und Jurisprudenz emanzipieren und zu einer eigenständigen Fachdisziplin aufsteigen. Vgl. Notker Hammerstein: Jus und Historic, Ein Beitrag zur Geschichte des historischen Denkens an deutschen Universitäten im späten 17. und im 18. Jahrhundert, Göttingen 1972, Besonders anschaulich werden sowohl die Verselbständigung der universitären Geschichtswissenschaft als auch ihr pragmatisches Selbstverständnis am Beispiel Göttingens, vgl. Rudolf Vierhaus: Die Universität Göttin533

seiner Enzyklopädie Teutschlands Galante Poetinnen: »Einer vernünfftigen Tochter die Moral oder Sitten-Lehre, Historic, Poesie oder Musique lernen lassen, ist keine Sache von übler Consequentz [.. ,]«.259 Auch die Moralische Wochenschrift Der Gesellige befand 1748, die »Historie, die Geographie, nebst den Altertbümern« schienen so »recht für einen weiblichen Verstand gemacht zu seyn«,260 und noch 1798 glaubte Friedrich Wilhelm Basilius von Ramdohr, »daß das Frauenzimmer, seiner Liebenswürdigkeit unbeschadet, die Geschichte, die Länderkunde, die Naturkunde, die Botanik, die Theorie der Künste, die Sprachlehre, ja, die Philosophie des gemeinen Lebens in einem gewissen Umfange und Zusammenhange inne haben könne, und daß es zu seinem Bestreben nach Vollkommenheit gehöre, es darin so weit wie möglich zu bringen«, 2nl Vor der Entstehung der deutschen historischen Schule - später Historismus genannt - erschien es durchaus möglich und auch wünschenswert, aus der Geschichte Lehren für die Gegenwart zu ziehen. Der von Cicero geprägte Topos >historia magistra vitae< bestimmte rund zweitausend Jahre das historische Interesse der Gebildeten.262 Lange ging man davon aus, daß sich sowohl der Mensch in seinen Anlagen und Neigungen als auch die Voraussetzungen seines Handelns im wesentlichen gleichblieben, historische Konstellationen sich mithin wiederholen konnten. Die humanistische Geschichtsschreibung, die noch stark der Rhetorik verpflichtet war, präsentierte ihrem Publikum Geschichte geradezu als eine Beispielsammlung richtigen und falschen menschlichen Verhaltens. Die Aufklä'rungshistorie überschritt zwar diese exemplarische Argumentationsweise, suchte die narrative Synthese und fragte verstärkt nach Ursachen- und Wirkungszusammenhängen, gab darüber jedoch didaktische Intentionen und Aktualitätsbezuggerade nicht auf,26·1 In kritischer

gen und die Anfänge der modernen Geschichtswissenschaft im 18, Jahrhundert, in; Hartmut Boockmann/Hermann Wellenreuther (Hg.); Geschichtswissenschaft in Göttingen. Eine Vorlesungsreihe, Göttingen 1987, S.9-29. 2M Georg Christian Lehms: Vorrede: Daß das Weibliche Geschlecht so geschickt zum Studieren als das Männliche, in; ders.: Teutschlands Galante Poetinnen. Mit Ihren sinnreichen und netten Proben, Frankfurt/M. 1715, Reprint Leipzig 1973, Vorrede o.S. 2H) Der Gesellige, l.Jg. (1748), Teil l, S.609 ff., zit. n. Andrea van Dülmen: Frauenteben, S. 247/248, hier S. 247. Der Gesellige erschien von 1748 bis 1750 in Halle und wurde von Samuei Gotthold Lange und Georg Friedrich Meier herausgegeben. 2M Und er fuhr fort; »Nur muß es nicht dabey vergessen, daß es alles zu einem praktischen Gebrauche, und keineswegs um des leeren Wissens Willen erlerne; daß es die Sache des Mannes sey, die Wahrheit aufzufinden, die seinige aber, sie sich anzueignen, sie faßlich und gefällig darzustellen, damit sie frappanter und eindringender werde.« Friedrich Wilhelm Basilius von Ramdohr; Venus Urania. Über die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung, 3 Bde. Leipzig 1798, hier Bd,2, S.317ff., zit. n. Andrea van Dülmen: Frauenleben, S.256/257, hier S.257. 262 Vgl. Reinhart Koselieck; Historia Magistra Vitae. Über die Auflösung des Topos im Horizont neuzeitlich bewegter Geschichte, in; ders.: Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten. Frankfurt/M. 1989 (zuerst 1967), S. 38-66. 2W Das Interesse an moralischer Belehrung trat etwas zurück hinter das Anliegen, die kritische Einsicht zu schärfen. Diese wiederum sollte aber nicht zuletzt einem verbesserten sittlichen Umgang der Menschen dienen. So bezeichnete Johannes von Müller 1781 in seiner

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Abwendung von der barocken Regenten-Historie und Annalistik eröffnete sie ein weites Forschungsfeld, das die verschiedensten menschlichen Lebensbereiche in allen Weltteilen und über alle Epochen hinweg umfaßte. Universal- und menschheitsgeschichtliche Betrachtungsweise, Erforschung fremder Kulturen, Verfassungs-, Wirtschafts- und Kulturgeschichte waren im späten 18. Jahrhundert eng mit anthropologischen Fragestellungen verknüpft. 264 Gerade weil man der Geschichtsschreibung einen politisch-pädagogischen Nutzen zuerkannte, erschien es sinnvoll, die Werke nicht nur an ein kleines gelehrtes Fachpublikum, sondern an die etwas breitere gebildete Öffentlichkeit, also auch an die Frauen der höheren Stände zu adressieren.265 Sie sollten sowohl etwas vorn Geist vergangener Zeiten wissen als auch in den Tugenden und Lastern ihrer historischen Geschlechtsgenossinnen Vorbilder und abschreckende Beispiele erkennen, Marianne Ehrmann formulierte diesen Gedanken in Amaliens Erholungsstunden folgendermaßen: Auch die Geschichte ist eine von den nuzlichen Wissenschaften, von welchen sich das weibliche Geschlecht nicht ganz ausschließen soll, Ihr Studium ist in der That eine reizende nüzliche Beschäftigung, um durch sie so viel Kenntnisse zu sammeln als man bedarf, die Denk= und Handlungsart unserer Urväter zu überblikken. Was lassen sich da nicht für die Menschenkunde und Sittlichkeit für Beobachtungen anstellen, wenn wir mit denkendem Blikke in den Geist der vorigen Zeiten einzudringen vermögen? Wie vieJ schönes, erhabenes, aber auch häßliches und niedriges weißt uns die Geschichte von unsern Vorgängerinnen auf, wenn wir Vergleich ungen anstellen, Nuzanwendungen machen wollen?266

Kasseler Antrittsrede den Historiker als »Richter der Vorwelt und Lehrer der Nachwelt«, und Christoph Martin Wieland befand 1785 in seinem Teutschen Merkur, daß »im Grunde [...] alle ächte Menschenkenntniß historisch« sei. Horst Walter Blanke/Dirk Fleischer: Artikulation bürgerlichen Emanzipationsstrebens und der Verwissenschaftlichungsprozeß der Historic. Grundzüge der deutschen Aufklärungshistorie und die Aufklärungshistorik, in: dies. (Hg.): Theoretiker der deutschen Aufklärungshistorie, Bd, 1: Die theoretische Begründung der Geschichte als Fachwissenschaft, Stuttgart-Bad Cannstatt 1990, S. 19-102, dort auch die genannten Zitate: von Müller, S.77 und Wieiand, S.38; zur Historiographie der Aufklärung vgl. auch Horst Möller: Vernunft und Kritik. Deutsche Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert, Frankfurt/M. 1986, S. 144-189; sowie zu populären Formen der Geschichtsschreibung: Otto Dann: Das historische Interesse in der deutschen Gesellschaft des 18. Jahrhunderts. Geschichte und historische Forschung in den zeitgenössischen Zeitschriften, in: Karl Hammer/Jürgen Voss (Hg.): Historische Forschung im 18. Jahrhundert. Organisation - Zielsetzung - Ergebnisse, Bonn 1976, S.386-415. 264 Zur thematischen Vielfalt s. Blanke/Fleischer, S, 35-42; Vierhaus: Universität Götüngen; zur anthropologischen Dimension s, bes. Möller: Vernunft, S, 177-186. ihs Im 18. Jahrhundert erschienen sogar vereinzelt Werke, die die »allgemeine« Geschichte gezielt für ein weibliches Publikum aufbereiteten. Nach dem Urteil eines zeitgenössischen Rezensenten war dies dem anonymen Verfasser mehrbändiger Vorlesungen über die Geschichte fürs Frauenzimmer allerdings nicht recht gelungen. Rezension, in: ALZ, Jg. 1785, Bd.3, S. 180. 3t * Über weibliche Beschäftigung, in: AE, 3.Jg. (1792), Bd.3, Heft 8, S. 129-l52, hier S.146/ 147. Mit dem gleichen Argument führte Theophil Ehrmann seine zeitgeschichtliche Rubrik ein: »Die Geschichte, meine Geehrteste, gehört ebenfalls in die Reihe der nüzlichen und unterhaltenden Wissenschaften [...],« Gleichzeitig machte er deutlich, daß die Beschäftigung nicht sonderlich intensiv ausfallen solle. Er und seine Leserinnen würden der Zeitgeschichte nun »einige Augenblikke weihen«, kündigte er an. und entsprechend allge-

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den Frauenzeitschriften des späten 18. Jahrhunderts wurden unterschiedliche Wege beschritten, »Frauengeschichte« zu schreiben. Die mit den verschiedenen »Ansätzen« verbundenen Vorannahmen und Wirkungsabsichten wurden entweder von den Verfasserinnen ausdrücklich benannt oder sind den Texten unschwer zu entnehmen. Gerade weil die Moral der jeweiligen Geschichte noch recht aufdringlich formuliert und das Geschichtsverständnis noch einigermaßen naiv waren, lassen sich in den historischen Artikeln der Frauenjournale einige Chancen und Aporien heutiger Frauen- und Geschlechtergeschichte um so klarer erkennen, 267 Als Form überwog das biographische Frauenporträt. In einer Mischung aus Belletristik und Historiographie konnten Unterhaltung und Belehrung leicht miteinander verbunden werden. Der Stoff war der Verfasserin vorgegeben und bedurfte nur noch der gewünschten didaktischen Aufbereitung. Dafür gab es mehrere Varianten: Die Verfasserin konnte sich darauf beschränken, eine historische Person vorzustellen, ihre Werke und Taten bekannt zu machen. In diesem Fall vermittelte sie ihren Leserinnen in erster Linie ein Bewußtsein oder Gefühl davon, daß auch das Wirken von Frauen bedeutsam und der Überlieferung wert war. Sehr leicht wurde die porträtierte Frau allerdings zu einem Exempel. Schon durch ihre Auswahl setzte die Verfasserin Akzente. Wählte sie Frauen, die über besondere Geistesvorzüge verfügt, große Leistungen vollbracht oder erstaunlichen Mut gezeigt hatten, so konnte sie mit ihnen implizit oder explizit »beweisen«, daß Frauen grundsätzlich über solche Fähigkeiten verfügten und es offenbar nur an den Umständen lag, sie auszubilden und zu nutzen oder zu vernachlässigen und brachliegen zu lassen. Solche Frauenbiographien standen in der frauenfreundlichen Argumentationslinie der >Querelle des femmes< und dienten dem Zweck, das Zutrauen von Leserinnen zu sich selbst und ihren Möglichkeiten zu wecken bzw. zu bestärken. Untersuchte die Verfasserin darüber hinaus noch eingehender die Bedingungen, die eine historische Person zum Erfolg geführt hatten, konnten solche Porträts womöglich zu regelrechten Handlungsanweisungen für die Leserinnen werden. Eine andere Zielrichtung erhielten die biographischen Skizzen indes, wenn die Einzelfälle aus verschiedensten Jahrhunderten vor allem zur Illustration vermeintlich überzeitlicher weiblicher Schwächen und Stärken verwandt wurden. Die jeweilige berühmte Frau erschien den Leserinnen dann als eine »ganz normale« Geschlechtsgenossin, die Geschichte mithin als ständige Wiederholung des Immergleichen. Diese Strategie eignete sich vor allem für die Präsentation warnender Beispiele und entsprach der Argumenta-

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mein und knapp blieben denn die in dieser Rubrik gelieferten Informationen auch. (Theophil F. Ehrmann: Übersicht der neuesten Weltgeschichte, in: AE, t. Jg. (1790), Bd. l, Heft 1,5.75-83, hier S. 75). Einen umfassenden Geschichtsunterricht forderte dagegen Juliana von Mudersbach in der Einsiedlerinn für Purste n locht er, vgi. Herzogin Giovanne: Über die Erziehung der Fürstentöchter, 6. Brief, in: EA, l.Jg. (1793), Bd.2, Heft 5, S. 151-159. Ähnlich für ältere frauengeschichtliche Arbeiten aus dem englisch- und französischsprachigen Raum: Nataüe Zemon Davis: Gesellschaft und Geschlechter. Vorschläge für eine neue Frauengeschichte, in: dies.: Frauen und Gesellschaft am Beginn der Neuzeit, Lizenzausgabe Frankfurt/M. 1989, S. 117-132, zuerst: AVomen's History* in Transition: The European Case, in: Feminist Studies 3 (1976), S.83-103.

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tion der Frauenfeinde in der >Querelle des femmesAmazonenAmazone< sich wahrscheinlich von ihrer fehlenden rechten Brust, vielleicht aber auch von ihrer Enthaltung von jeglichem Umgang mit Männern, ihrer fleischreichen Ernährung oder der Tatsache herleitete, daß sie als Säuglinge von ihren Müttern nicht gestillt, sondern mit Pferdemilch, Honig und sehr bald schon mit gewöhnlicher Amazonenkost versorgt worden seien. Vgl. Guyon, S. l -4 und S.57. 574

lieh »eine Menge Weiber« mit den Männern in den Krieg gezogen.*33 Nach ihrem Entschluß hätten die Amazonen militärisch ausgesprochen erfolgreich operiert und erkannt, daß sie auf Männer ganz verzichten könnten: Bisher hatten sie noch des Unterrichts und Beistandes der Männer bedurft, die in ihrem Lande über geblieben waren; so bald sie sich aber im Stande sahen, der Männer fürs Künftige entübrigt zu sein und sich durch eigne Kräfte zu behaupten und auszubreiten: so tödtetensie alle, die durch ein glüklichesohngefähr oder die Flucht noch der Wuth aetSarmaten entgangen waren und entsagten dem Ehestand, der ihnen nunmehr blos ein unerträgliches Joch zu sein schien, auf ewig.4**4

Um nicht auszusterben, hätten die Amazonen beschlossen, daß einige von ihnen sich hin und wieder »Mannspersonen aus ihrer Nachbarschaft« an die Grenze ihres Reichs »zum Besuch« einladen und sich deren »Umarmungen [...] preis [..,] geben« sollten, bis sie sich »schwanger fühlten«. Urn zu demonstrieren, daß dies wahllos und nicht aus Liebe geschah, mußte jede Frau, die auf diese Weise zum Bestand des Amazonenvolks beitragen wollte, zuvor drei Männer getötet haben.405 Genausowenig wie sie sich über die Männermorde moralisch empörte, äußerte Charlotte Hezel Entsetzen über den Umgang der Amazonen mit ihren männlichen Neugeborenen. Sachlich führte sie die sich widersprechenden Überlieferungen zu dieser Frage an und versuchte, sie miteinander zu vereinbaren, indem sie sie in eine chronologische Abfolge brachte: Anfangs seien die Rachegefühle gegen Männer bei den Frauen noch so virulent gewesen, daß sie männliche Säuglinge sofort nach der Geburt erstickt hätten. Mit dem Abklingen ihrer Wut habe sich dann aber doch bei den meisten Amazonen »das mütterliche Herz geregt«. Sie hätten auch die Jungen großgezogen, ihnen jedoch Arme und Beine verdreht und sie zu Krüppeln gemacht, damit sie »keine Revolution im Staat anstiften« konnten. Außerdem hätten sie diese Söhne zu einigen verächtlichen Diensten abgerichtet, die sie selbst für unter ihrer Würde erachteten. Nach der Festigung ihrer Macht habe ihre Unbarmherzigkeit nachgelassen. Zudem hätten die Amazonen ein Interesse daran entwickelt, mit ihren Nachbarn in gutem Einvernehmen zu leben, und die männlichen Kinder von da an zu ihren Vätern zurückgeschickt.*'6 4(0

Über die Amazonen, in: WfSG, 61. Stück, S.476-480, hier S. 478/479. Eine Passage über skythische Koedukation gab es bei Guyon nicht. Er berichtete zwar von der Wildheit der Skythen, wollte diese aber vor allem auf das eisige Klima, die karge Vegetation, die Eisenvorkommen und Waffenproduktion sowie die Ernährung (u.a. Menschenfleisch) zurückgeführt wissen. Alle Ausführungen zur Erziehung bezogen sich bei ihm bereits auf die Zeit nach der Staatsgründung der Amazonen. Auch von einer Beteiligung skythischer Frauen an der Kriegführung war bei ihm nicht die Rede. Guyon, S. 13-21. 41)4 Über die Amazonen, in: WfSG, 6!. Stück, S. 476-480, hier S. 479. Bei Guyon hieß es dazu: »Sie begiengen die unmenschliche Grausamkeit, daß sie ihre Hände mit dem Blute dererjenigen, welche dem Schwerdte ihrer Feinde entronnen waren, besudelten.« Guyon, S.ol. 405 Über die Amazonen, in: WfSG, 61. Stück, S.476-480, hier S.480. ·"*> Fortsezzung von den Amazonen, in: WfSG, 63, Stück, S.494-496, hier S.494/495. Bei Guyon liest sich das folgendermaßen: »Die Knäbgen, welche von dieser viehischen Vermischung {...] gebohren wurden, waren, wenn sie das Tageslicht erblickten, dem Haß und der Grausamkeit ihrer Mütter ausgesetzt. Einige waren so unmenschlich und erstickten sel575

Den Mädchen hätten die Amazonen früh die rechte Brust amputiert oder abgeschnürt, damit sie beim Bogenschießen volle Bewegungsfreiheit erlangten. Nach den bei Guyon abgebildeten Münzen schilderte Charlotte Hezel ihren Leserinnen die Kleidung und Rüstung der Amazonen, sie erläuterte weitere typische Waffen wie die zweiseitige Streitaxt und den halbmondförmigen Schild, erwähnte Fortschritte in der Kampftechnik und lobte die Geschicklichkeit der kriegerischen Frauen, Obwohl die rauhen Nachbarvölker überall gefürchtet gewesen seien, hätten die Amazonen nicht gezögert und diese bald ihrer Herrschaft unterworfen. In enger Anlehnung an ihre Vorlage wertete Charlotte Hezel das Amazonenregiment als einen Beleg dafür, daß Frauen durchaus Regierungsverantwortung tragen könnten: Sie legten den Grund zu einer Monarchie, welche den Ruhm ihres Geschlechts dadurch befestigen solte, da sie bewiesen, daß Weiber wohl fähig wären, dem Zepter und der Krone durch die Art und Weise, wie sie dieselben zu tragen wüßten, Ehre zu machen,407

Von den beiden Königinnen der Amazonen sei immer eine am Hof geblieben, um für die innere Sicherheit zu sorgen, während die andere an der Spitze der Armee gestanden und die zahlreichen Kriegszüge angeführt habe. Ihre Erfolge hätten in den Amazonen wahre »Eroberungssucht« geweckt. Andere Frauen hätten sich »aus natürlicher Neigung, aus Mißvergnügen über ihre Männer oder sonst ändern Bewegungsgründen« ihrem Heer angeschlossen, darüber hinaus hätten die Amazonen männliche HÜfstruppen ausgehoben, wobei viele Männer ihre Überlegenheit bereitwilliganerkannt und gern unter den siegreichen Heerführerinnen gekämpft hätten.4"8

bige; andere verdreheten ihnen die Arme und Beine, damit sie solchergestalt zu den Kriegesübungen untüchtig würden. Diejenige, welche noch am menschlichsten verfuhren, schickten sie ihren Vätern zurück.« (Guyon, S.55). Charlotte Hezels Chronologie machte aus der individuellen Grausamkeit einer einzelnen Frau verschiedene erklärliche, mehr oder minder rationale Strategien des Machternatts, 4(17 Fortsezzung von den Amazonen, in: WfSG, 64. Stück, S.497-503, hier S.501/502. Guyon sprach immer von einer »Monarchie«, während Charlotte Hezet anfangs in freier Nacherzählung den Amazonenstaat als »Republik« bezeichnete. Den Gedanken grundsätzlicher Herrschaftsfähigkeit von Frauen unterstrich Guyon ganz in der Tradition der »Querelle des femmes< mit einer mehr als hundertseitigen »historischen Vorrede«, in der er verschiedene byzantinische Kaiserinnen, englische, französische und spanische Königinnen sowie »Kriegerinnen und Heldinnen« - darunter Jeanne d'Arc - porträtierte. Wenn man an diese Ahninnenreihe denke-so seine Argumentation -, erscheine ein Amazonenstaat nicht länger als völlig unwahrscheinlich und bloße Sage. Im Hauptteil über die Amazonen zählte er erneut etliche erfolgreiche Herrscherinnen auf. Durch das Salische Gesetz seien in Frankreich Frauen von der Thronfolge ausgeschlossen worden, und seitdem leugne man, daß Frauen zur Staatsführung in der Lage seien. Ein solches Verdikt verrate »Haß«, »Unwissenheit« und »Partheylichkeit«. Guyon, S. 38-44, Zitate S. 39, vgl. auch die Historische Vorrede des Herrn Verfassers, S.VH-CXXVi, Zu den romanischen Katalogen kriegerisch-heldenhafter Frauengestalten vgl. Christa Schlumbohm: Die Glorifizierung der Barockfürstin als >Femme Fortes als der kleinsten, grundlegenden sozialen Einheit aus zu denken. Viel augenfälliger als eine Abhängigkeit des Hauses von der Gesamtgesellschaft oder der Obrigkeit war es, daß das Gemeinwohl auf der Ordnung und dem Frieden der einzelnen Häuser beruhte. 441 Im Haus wurde geboren, erzogen, versorgt, gearbeitet und befehligt, und an all dem waren Frauen maßgeblich beteiligt. Ihre Position als Vorsteherin eines Hauswesens mußte Frauen der gebildeten höheren Stände in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts um so machtvoller vorkommen, als immer mehr Männer dieser Schicht nun außerhalb des Hauses einer mehr oder weniger geregelten Tätigkeit nachgingen. Obwohl die Hausherrschaft, die letzte Entscheidungsgewalt und die Vertretung des Hauses nach außen weiterhin beim Mann lag, gewann doch die Frau im Haus anscheinend neuen Freiraum. Viele hielten ihren mittelbaren gesellschaftlichen Einfluß durch Kindercrziehung, Hciratspolitik, Einwirkung auf den Ehemann und Repräsentation des Hauses offenbar für derart bedeutsam, daß sie gar nicht auf die Idee kamen, eine unmittelbare Teilhabe einzufordern, zumal im späten 18. Jahrhundert noch kei-

4iW

Schon in der antiken griechischen Ökonomik, bei Xenophon und Aristoteles, weist die Hausherrschaft auf diese Weise über das Haus hinaus. In nachreformatorischer Zeit wird diese Analogie von Haus und Obrigkeit im protestantischen Denken zudem auf Gott ausgerichtet. Alle Stände gelten jetzt als gottgefällig, die Erfüllung ständischer Pflichten wird zum Gottesdienst. Damit sind aber eben auch die Verhältnisse im Haus keine privaten, sondern öffentliche, gesellschaftliche und christliche. Hoffmann, S.6-17; Schwab, S. 259261: Dürr: Mägde, S.15-18. 440 Zit. in Kap. V.l.l und V.l. Karin Hausen weist darauf hin, daß die Analogie von Haus und Staat Sprengkraft in sich barg. Bewährte sich eine Frau als Hausherrin, war sie demnach auch für ein Staatsamt geeignet. Hausen: Überlegungen, S. 279. 441 Auch dieser Gedanke wurde mit der reformatorischen Literatur popularisiert und knüpfte an die oikozentrische Weltsicht der griechischen Ökonomikliteratur an. So heißt es etwa in der Hausichre Oeconomia Christiana des Theologen Justus Mcnius 1529: »Aus der Oeconomia oder haushaltung mus die Politia oder landregicrung als aus einem brunn-quel entspringen und herkommen.« Zit. n. Frühsorge: Einheit, S. 149, 587

neswegs klar war, wie diese aussehen und wohin sie führen sollte,442 In seinem vielgelesenen Väterlichen Rath für meine Tochter bestärkte Joachim Heinrich Campe 1789 ein solches Bewußtsein zentraler, wenn auch weitgehend unsichtbarer weiblicher Macht; Allgewaltiges, obgleich schwaches Geschlecht, was vermag nicht alles dein zwar unmerklicher, aber sicherer Einfluß auf den Mann und durch den Mann auf jede öffentliche Angelegenheit, auf den gesamten Flor und das Wohlergehn der bürgerlichen Gesellschaft! Du bist die erste mächtige Triebfeder, welche alles in Bewegung setzt und von welcher jede andere moralische und politische Kraft ihrem Grade und ihrer Richtung nach größtentheils abhängt, Thut diese erste Federkraft, das Herz des Staatskörpers, ihre Pflicht, so thun es aoch die äusserlichen Glieder desselben, das männliche Geschlecht; so geht alles, wie es soll; so blüht das Glück der Familien und des Staats [.. ,].443

Haus und Öffentlichkeit, Glück der Familie und Glück des Staates standen demnach in engster Wechselbeziehung und waren kaum getrennt voneinander zu denken. Wenn nun also - dem Diskurs über die Ordnung der Geschlechter zufolge - die Männer sich eher in der Öffentlichkeit bewegen und dort auf ihre Weise das Glück des Staates befördern, die Frauen vor allem und zuerst im Haus für das Glück der Familie sorgen sollten, so ergänzten sie sich anscheinend in idealer Weise. Ihre Wirkungskreise schlössen sich nicht aus oder standen sich gegenüber, sie überschnitten sich und gingen ineinander auf. Bestenfalls unterschieden sie sich ihrer Größe nach: Immer wieder finden sich Formulierungen, wonach die Frauen »im Kleinen«, die Männer »im Großen« walten, unabhängig davon, wie groß die Hauswirtschaft und wie klein unter Umständen der außerhäusliche Tätigkeitsbereich des Mannes jeweils waren. Frauen und Männer sollten in ihrem Kreis, mit ihren Mitteln für gemeinsame Zwecke wirken. So war es denn nur folgerichtig, daß häusliche Kindererziehung und häusliches Konsumverhalten auf die Erfordernisse des Gemeinwohls bezogen wurden und außerhäusliche Aktivitäten auf einem funktionierenden und repräsentablen Haushalt beruhten. Neben Wechselwirkungen gab es weitreichende Überschneidungen der Handlungsräume, Insbesondere die nicht-institutionalisierte Geselligkeit, die - glaubt man den Selbstzeugnissen - eine Hauptbeschäftigung in den gebildeten höheren Ständen ausmachte, fungierte als ein Forum der Gruppenbildung für beide Geschlechter, wenn auch unter ungleichen geschlechts-

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So ließ sich insbesondere die enorme Expansion der öffentlichen Räume, die gebildete Männer im späten 18. Jahrhundert besetzten und ausschließlich für ihr Geschlecht reklamierten, damals kaum absehen. Erst im 19. Jahrhundert differenzierte sich ein nun ausdrücklich politisches Vereinswesen aus, avancierten immer mehr Männer im Zuge von Verstaatlichung und Bürokratisierung zu Herrschaftsträgern, entstanden für Männer staatlich reglementierte Bildungsgänge, die zur Grundlage der nun einsetzenden akademischen Professionalisierung wurden, und kam es darüber hinaus in Zusammenhang mit den antinapoleonischen Freiheitskriegen zu einer bisher nicht gekannten Militarisierung der Gesellschaft. Alle diese Entwicklungen verschoben den gesellschaftlichen Einfluß der Geschlechter klar und nachhaltig zugunsten der Männer. 443 Campe: Väterlicher Rath, Bd. l, S, 17. Zu den zahlreichen Auflagen dieses Werks vgl. Kersting.

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spezifischen Bedingungen und Regeln. Darüber hinaus stand das damals so rasch wachsende Literaturangebot in der Bildungselite tendenziell beiden Geschlechtern offen, bot ihnen Stoff nicht nur zur Selbstbildung, sondern auch für gemeinschaftliche Verständigung in Gespräch und Korrespondenz. All dies deutete nicht unbedingt auf eine Auseinanderentwicklung weiblicher und männlicher Einflußsphären hin. Neben dem integrativen bzw. komplementären Gesellschaftsmodell und den Begegnungen der Geschlechter inner- und außerhalb des Hauses in der sozialen Praxis gab es jedoch auch schon in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sowohl verbale als auch reale Abschotlungstendenzen. Die damals weitverbreitete Idee polarer Geschlechtscharaktere legte nahe, sich selbst und das eigene Geschlecht primär durch die Differenz zum jeweils anderen zu definieren. Eine Frau galt als desto weiblicher, je weniger männliche Eigenschaften sie an den Tag legte, ein Mann als desto männlicher, je weniger effeminiert er sich zeigte. Insofern bot es sich an, die Besonderheit des eigenen Geschlechts und seine Dominanz an einem konkreten Ort durch Ausgrenzung oder Abdrängung des anderen Geschlechts zu unterstreichen. Konstatiert und ansatzweise untersucht wird dieser Mechanismus von der historischen Frauenforschung bislang vor allem für Fälle, in denen Frauen diesen geschlechtsbezogenen Ausschlußbestrebungen zum Opfer fielen, Männer unterbanden die Aufnahme von Frauen in Universitäten und Akademien (und damit auch in den Staatsdienst), in viele der im 18. Jahrhundert neuentstehenden gelehrten und gemeinnützigen Sozietäten, Freimaurerlogen und Illuminatenorden. 444 Es bedarf noch genauerer Studien, um zu ermessen, inwieweit die Ausgrenzung des anderen Geschlechts ganz wesentlich dazu diente, das Tun der eigenen Gruppe als wissenschaftlich, staatsbürgerlich bzw. stadtrepublikanisch, elitär oder geheim zu erweisen. Nur wenige Seiten nach den Ausführungen zum entscheidenden indirekten Einfluß der Frauen auf das Wohl des Staates bereitete Campe im Väterlichen Rath seine Tochter darauf vor, daß sie sich von direkter öffentlicher Teilnahme werde ausgeschlossen finden: Du fühlst vielleicht Kräfte des Geistes und einen Trieb zu gemeinnütziger Wirksamkeit in dir, die dich fähig und begierig machen, einen größern Wirkungskreis auszufüllen, an den öffentlichen Geschäften des Staats Antheü zu nehmen, dich durch große ruhmwürdige Handlungen auszuzeichnen: aber die bürgerliche Verfassung hat dir jede Gelegenheit dazu abgeschnitten, hat jeden Standort, auf dem sich etwas Großes und Rühmliches verrichten läßt, fast ohne Ausnahme mit Männern besetzt und ein demüthigendes Zurück! scheucht dich, sobald du es dennoch wagen wolltest, dich einem solchen Standorte zu nähern, fort und verweiset dich wieder in den kleinen Cirkel deiner, zwar an sich sehr wichtigen, aber von allen Seiten beschränkten und wenig bemerkbaren häuslichen Wirksamkeit. 4 ^

Die Frauenzeitschriften des späten 18. Jahrhunderts haben zürn Teil die männlichen Selbstdefinitionen unterstützt, indem sie gegen weibliche Gelehrsamkeit oder poli-

444 44i

Vgl. Lundt; Niemeyer: Ausschluß oder Ausgrenzung?; Ebrecht. Campe: Väterlicher Rath, Bd, I, S.26/27,

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tisch aktive Frauen zu Felde zogen. Gleichzeitig - und das wurde bisher kaum bemerkt - drehten einige Frauen den Spieß aber auch um und suchten Männer oder gesellschaftliche Einflüsse aus den Frauen zugewiesenen Räumen fernzuhalten. Dieses Bemühen zeigt sich in den Frauenzeitschriften, wenn eine Verfasserin Männern jegliche Einmischung ins Küchenregiment verwies, die Bedrohung des Hauses durch außerhäusliche, gemischtgeschlechtliche Geselligkeit beschwor oder die moralische Überlegenheit der häuslichen Sphäre postulierte. Darüber hinaus animierten die Frauenjournale ihre Leserinnen, sich um sie herum zu versammeln und über gerneinsamer Lektüre miteinander in Verbindung zu treten. Auch wenn Männer nicht ausdrücklich ausgeschlossen oder ferngehalten wurden, entstand dabei doch eine weibliche Öffentlichkeit, Reine Freundinnenzirkel und Frauengesellschaften erfreuten sich im späten 18. Jahrhundert unter Frauen der höheren Stände augenscheinlich einiger Beliebtheit, allerdings genossen sie in der öffentlichen Meinung längst keine solche Wertschätzung wie exklusive Männerbünde. Die konstruierten Sphären der Geschlechter wurden also im Diskurs mal zusammengefügt, mal separiert. Sie waren in der Realität keineswegs vorgegeben, sondern wurden überhaupt erst durch entsprechende Setzungen als solche etabliert und dabei je nachdem erweitert, begrenzt und verschoben. Die Geschichte eröffnete für Überlegungen zum gesellschaftlichen Ort der Geschlechter noch zusätzliche Perspektiven. Historische Beispiele konnten lehren, wo überall in der Vergangenheit Frauen und Männer sich bewegt und was sie bewirkt hatten. Dabei zeigen die historischen Beiträge in den Frauenzeitschriften, daß insbesondere im Rahmen einer literarischen Geschichtsschreibung, die sich nicht an wissenschaftliche Quellenkritik gebunden fühlt, grundsätzlich fast alles aus der Geschichte »bewiesen« werden kann. 446 Die Verfasserinnen fanden sowohl Belege dafür, daß Frauen ausgesprochen begabte Gelehrte, erfolgreiche Regentinnen und bewundernswerte Kriegsheldinnen abgeben könnten, als auch dafür, daß Gelehrsamkeit zürn Verlust holder Weiblichkeit führe, politische Macht Frauen maßlos werden lasse und bewaffneter Kampf sie in Furien verwandle. Während die erstgenannten die Vorstellung einer häuslichen Bestimmung der Frau sprengten bzw. erheblich erweiterten, warnten die letzteren nachdrücklich vor jeglicher Grenzüberschreitung. Einigermaßen unabhängig von der inhaltlichen Botschaft konnte die pädagogische Nutzanwendung im späten 18. Jahrhundert dabei durchaus unterschiedlich angelegt sein. Wurden die Beispiele als Vor- und Schreckbilder präsentiert, diente dies vor allem der moralischen Belehrung. Die Typisierungen glitten dann oft in Klischees ab. Die Einzelpersönlichkeil wurde in der Regel kaum in die historische Gesellschaflskonstellation und jeweilige Kultur eingebettet, ging es doch im Grunde gar nicht um die Vermittlung historischer Kenntnisse, sondern um ein Wiedererkennen vermeintlich überzeitlicher Phänomene, Dagegen konnte in beispielhaften hi44f>

Reinhart Koselleck weist daraufhin, welch unterschiedliche Lehren diejenigen zogen, die die Geschichte als »Lehrmeisterin des Lebens« verstanden, und berichtet, daß der Satz »Aus der Geschichte kann man alles beweisen« im 9, Jahrhundert als geflügeltes Wort Eingang in entsprechende Lexika fand. Koselleck; Historia Magistra Vitae, S.39/40.

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storischen Skizzen auch vorgeführt werden, wie und unter weichen Voraussetzungen eine Person in eine Position oder zu einer Handlung gekommen war. Auch bei dieser Variante stand ein praktischer Aktualitätsbezug oftmals im Vordergrund und verdrängte mitunter ein Wissen um spezifische historische Bedingtheiten, doch lag der Akzent hier auf der Erkenntnis kausaler Zusammenhänge. Das vermittelte Geschichtsbild hob somit weniger auf ewige Wiederkehr des Gleichen als vielmehr auf die Machbarkeil von Geschichte ab und legte nahe, daß gesellschaftlicher Fortschritt möglich sei. Bezogen auf die gesellschaftliche Stellung von Frauen hieß dies, daß die Handlungsräume der Geschlechter historisch variabel waren und von den Menschen jeweils konkret ausgehandelt und mitgestaltet wurden. Es hat sich in dieser Studie als sinnvoll erwiesen, einmal genauer den vielfältigen Bedeutungen und Konnotationen nachzuspüren, die im späten IS. Jahrhundert mit der Rede von der >Häuslichkeit< als dem Ort und der angeblichen Bestimmung von Frauen verbunden wurden. Auch wenn das Wort »Öffentlichkeit erst selten explizit als Gegenbegriff auftauchte, schwang doch die Vorstellung von einem komplementären oder entgegengesetzten, primär aushäusigen Wirkungskreis des Mannes regelmäßig mit. 447 Nur bei einem solchen induktiven Vorgehen scheint es möglich, in der kritischen Analyse die Begrifflichkeiten und schlichten dichotomischen Denkmodelie, die im späten 18. Jahrhundert noch »umkämpft« waren und in der Folgezeit einer höchst ungleichen Verteilung gesellschaftlicher Machtchancen Vorschub geleistet haben, nicht erneut zu reproduzieren, sondern vielmehr über sie hinauszugehen. Eine alternative Form, über die Handlungsräume der Geschlechter nachzudenken, konnte hier lediglich angedeutet werden. Sie müßte darin bestehen, konkret und genau räumlich zu beschreiben, sich Ausmessungen und Grenzziehungen zu vergegenwärtigen, statt Begriffe zu übernehmen, deren historischer Bedeutungswandel in unseren Vorstellungen oft nicht mehr unmittelbar präsent ist, oder zu Abstraktionen zu greifen, die nicht selten irreführende Assoziationen hervorrufen.4*'

447

Eine analoge Untersuchung der Semantik »männlicher Bestimmung« scheint ebenfalls vieiversprecbend, müßte aber auf anderer Quellengrundlage vorgenommen werden, weil die von Frauen herausgegebenen Frauenzeitschriften in dieser Angelegenheit recht einsilbig waren, 4Jii Vgl, Karin Hausen: Frauenräume, in: dies./Wunder (Hg.), S. 21 -24, Karin Hausen betont, daß es nicht um die Einführung einer neuen Kategorie >Raum< in die wissenschaftliche Debatte gehe. Ebd., S. 21. 591

VI. Schlußbetrachtung

Als Johanna Schopenhauer 1821 glaubte, die Zeiten, in welchen man »für Frauen wie für Kinder« eigene Bücher habe schreiben dürfen, seien »längst vorüber«,1 hat sie sich nicht nur geirrt, sondern die Möglichkeiten einer ausdrücklich an das weibliche Publikum adressierten Literatur auch gehörig unterschätzt. Zeitschriften für Frauen haben in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine ansehnliche Zahl schreibender Frauen ins literarische Geschäft gebracht. Die meisten Schriftstellerinnen der Spätaufklärung haben ihre Laufbahn mit anonymen oder namentlich gezeichneten Journalbeiträgen begonnen. Besonders willkommen waren ihre Texte bei Frauenjournalen, da man davon ausging, daß Leserinnen weiblichen Autoren mit besonderer Aufmerksamkeit und Sympathie begegneten, sich von diesen vielleicht sogar um so bereitwilliger belehren ließen. Schreibende Frauen wandten sich ihrerseits nicht nur bevorzugt an Frauenjournale, sondern offenbar besonders gern an weibliche Herausgeber, wenn sie auf der Suche nach einer Veröffentlichungsmöglichkeit waren. Alle Herausgeberinnen von Frauenzeitschriften erhielten jedenfalls Fremdbeitrage und Leserpost von zahlreichen Frauen und kamen so in die Lage, sich als Förderinnen weniger bekannter Kolleginnen betätigen zu können. Ob sie ihren Mitarbeiterinnen Honorare zahlten und wie hoch diese waren, ist nur in wenigen Ausnahmefällen überliefert. Als sicher kann indes gelten, daß sich die Herausgeberinnen selbst mit ihren Presseunternehmungen nicht bloß einen angenehmen Zeitvertreib verschafften, sondern für Erwerb schrieben. Unabhängig vom inhaltlichen Profil ermöglichten somit die Frauenzeitschriften des späten 18. Jahrhunderts - zumindest die erfolgreicheren unter ihnen -den Herausgeberinnen eine ganz individuelle Emanzipation im Sinne eines selbständig erwirtschafteten Lebensunterhalts. Frauenpresse und Frauenliteratur stellten im 18. Jahrhundert insofern einen Schonraum für schreibende Frauen dar, als die Produktion von »Spezialliteratur« für ihr eigenes Geschlecht noch am ehesten mit dem weiblichen Tugendgebot vereinbar war. Solange Frauen sich auf diese Sparte beschränkten, weiteten sie scheinbar nur ihre traditionelle häusliche Aufgabe, Töchter, jüngere Schwestern oder anvertraute weibliche Zöglinge zu unterweisen, ein wenig aus. Sie riskierten dabei nicht zwangsläufig ihren guten Ruf, fanden leichter einen Verleger und konnten bei entsprechend bescheidener Selbststilisierung auf eine mehr oder minder nachsich-

1

Johanna Schopenhauer in einem Brief vom 2.12.1821, abgedruckt in: Houben (Hg.), S.240-245, hier S.241,zk. und erläutert in Kap, II.2.

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tige, gönnerhafte Literaturkritik rechnen. Durch die Zueignung ihrer Schriften an das weibliche Publikum dokumentierten sie nämlich zugleich, daß sie sich nicht anmaßten, gebildeten Männern etwas Wesentliches mitteilen zu können. In Konkurrenztraten sie lediglich zu den sogenannten »Damenschriftstellern«, und über diese bescheinigte man ihnen nicht selten sogar eine gewisse Überlegenheit. Mit ihnen zusammen zahlten sie allerdings den Preis eines niedrigen Ansehens ihrer literarischen Produktion. Johanna Schopenhauer teilte die leichte Geringschätzung für eine Literatur, die Leserinnen bloß speziell für sie aufbereitete Themen zumutete und sich anscheinend nur sehr bedingt dem Vergleich mit Werken männlicher Autoren stellte. Als gebildete, in ihren Weimarer Kreisen allseits geschätzte Gesprächspartnerin verlangte sie nach gleicher Teilhabe am literarischen Markt. Der Geschlechtszugehörigkeit sollte unter gebildeten Menschen keinerlei Bedeutung mehr zukommen. Johanna Schopenhauer nahm an, daß anspruchsvolle Leserinnen sich von einer nur ihnen gewidmeten Sonderliteratur nicht länger angezogen fühlten, und Schriftstellerinnen, die auf sich hielten, einen Schonraum nicht mehr nötig hätten. Tatsächlich sind jedoch im gesamten 19. Jahrhundert vor der Entstehung einer eng mit der organisierten Frauenbewegung und ihren Vereinen assoziierten Frauenpresse kaum so viele selbständige Herausgeberinnen an die Öffentlichkeit getreten wie in den letzten zwanzig Jahren des 18. Jahrhunderts. Und von diesen wenigen Publizistinnen des 19. Jahrhunderts verantwortete die Mehrzahl eine Frauen- und keine »allgemeine« Zeitschrift. 2 Über mögliche Vorbehalte von Verlegern, eine Frau mit der Herausgabe einer Zeitschrift für das gemischtgeschlechtliche Publikum zu betrauen, das im 19. Jahrhundert als ein überwiegend männliches gedacht wurde, könnte hier nur spekuliert werden.·1 Ich beschränke mich statt dessen auf den Hinweis, daß sich die deutsche Presse seit der französischen Revolution politisierte, die Arbeit eines Journalisten damit um so mehr als eine »Männersache« angesehen wurde.4 Hingegen haben sich aus dieser Arbeit einige Anhaltspunkte ergeben, warum die kurze Blüte eines eigenständigen Journalismus von Frauen für Frauen nach knapp zwanzig Jahren um die Wende zum 19, Jahrhundert ein vorläufiges Ende fand. Mit Sicherheit lag dem keine breite, gezielte Abwehr der in diesen Frauenzeitschriften vermittelten Inhalte zugrunde, denn die konnten, wie zeitgenössische Rezensionen zeigen, ohne weiteres in den Weiblichkeitsdiskurs der Zeit integriert werden. Erklärungen sind viel2

Vgl. Kap. II.2. Im bereits erwähnten Fall der Therese Huber, die nach ihrer Vcrwitwung von 1816 bis 1824 die Redaktion von Conas Morgenblati für gebildete Stände übernahm, wünschten beide, der Veleger und die Redakteurin selbst, daß sie anonym bleibe. Proteste gegen eine Frau in dieser Position kamen trotzdem, nämlich von männlichen Autoren, die wußten, wer ihre Texte redigierte und über ihre Aufnahme befand. Manch einer empörte sich, daß ihm zugemutet werde, »unter den Pantoffel einer Matrone zu kriechen«. Hahn/Fischer, S, 76 und S. 80/81, Zitat S.80. 4 Therese Hubernannte ihre Arbeit als Redakteurin ein »Männergeschäft«. Ebd.,S.84. Vgl, auch Requate, zur erheblichen Unterrepräsentanz von Frauen s. ausdrücklich S. 125. 71

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mehr auf zwei anderen Ebenen zu suchen. Zum ersten kam die aufklärerische Konzeption einer Verbindung von Nutzen und Vergnügen allmählich aus der Mode. Moralische Belehrung galt unter Gebildeten zunehmend als überkommen und geriet geradezu in Gegensatz zu nun zweckfrei gedachter Kunst und niveauvoller Unterhaltung. Eine Spezialisierung auf das weibliche Publikum machte aber vor allem dann Sinn, wenn eine Zeitschrift beanspruchte, die Leserinnen nicht nur zerstreuen, erbauen oder ihnen ästhetischen Genuß verschaffen, sondern auch aufklären zu wollen, und zwar insbesondere über ihre Geschlechtsrolle und ihre Stellung in der Gesellschaft. Die Verfasser der frühaufklärerischen Moralischen Wochenschriften waren in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts noch davon ausgegangen, daß Frauen der höheren Stände erst an eine regelmäßige Gewohnheitslektüre profaner Lesestoffe herangeführt werden müßten und darüber hinaus einen gravierenden Bildungsvorsprung der Männer ihrer Schicht aufzuholen hätten. Sie hatten deshalb ausdrücklich auch Leserinnen angesprochen und eine ganze Reihe weiblicher Verfasserfiguren erfunden. Die Frauenjournale, die sich aus diesen Anfängen entwikkelten, setzten weiterhin bei der Bildungsfrage an. Sie wollten Frauen Kenntnisse vermitteln, derer sie für die Erfüllung ihrer Pflichten als Gattin, Hausfrau und Mutter bedurften, und darüber hinaus für die Konzeption einer polaren Geschlechterordnung werben. Um die Jahrhundertwende verbreitete sich offenkundig der Eindruck, daß Frauen der gebildeten Stände auf dieser Ebene keinerlei Belehrung mehr nötig hätten. Viele von ihnen hatten sich durch im wesentlichen autodidaktische Anstrengungen zu gewandten Gesprächs- und Briefpartnerinncn gebildet, die häuslichen Geschäfte überforderten kaum eine und die Vorstellung einer »weiblichen Bestimmung« stieß nirgendwo auf nennenswerten Widerstand. Die Probleme vernachlässigter Frauenbildung schienen also gelöst, und die politische Problematik einer strukturellen Benachteiligung von Frauen wurde erst von ganz wenigen öffentlich angesprochen, 5 Somit hatte sich die Gattung aufklärerischer, belehrender Frauenzeitschriften, für die weibliche Verfasser besondere Kompetenz und ihren größeren Einfluß auf die weibliche Leserschafl geltend machen konnten, in gewisser Weise überlebt. Unterstellten Frauen ihre literarischen Werke hingegen scheinbar geschlechtsneutralen ästhetischen Kriterien, gerieten sie gegenüber anerkannten, normsctzenden männlichen Autoren ganz deutlich ins Hintertreffen. Zum zweiten kam es zum Ende des 18. Jahrhunderts zu einer Kommerzialisierung des literarischen Marktes. Sie wirkte sich für weibliche Journalisten vermutlich noch ungünstiger und einschneidender aus als der Wandel des literarischen Ge5

Wohl nicht nur die berühmtesten, sondern vermutlich auch annährend die einzigen kritischen Schriften dieser Art waren Jean Anleime de Condorcets Über die Zulassung der Frauen zum Bürgerrecht von 1789, Olympe de Gouges' Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin von 1791, Mary Wollstonecrafts Verteidigung der Rechte der Frauen von 1792, die der deutsche Pädagoge Christian Gotthilf Salzmann 1793 in einer deutschen Übersetzung herausgab, und Theodor Gottlieb von Hippeis Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber von 1792. Zu den Autorinnen und Autoren gibt es inzwischen etliche wissenschaftliche Studien. Eine eingehende Analyse der zeitgenössischen Rezeption dieser exzeptionellen Werke steht hingegen noch aus.

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schmacks. Bis in die achtziger Jahre hinein war es noch durchaus üblich, daß ein Journal von einer einzelnen Person herausgegeben und weitgehend auch selbst verfaßt wurde. Darüber hinaus konnte auf dem Weg der Subskription ein Blatt mit einiger Aussicht auf Erfolg noch selbst verlegt werden. Dies änderte sich spätestens in den neunziger Jahren, Die Zeitschriften suchten sich angesichts der wachsenden Konkurrenz durch Vielseitigkeit und prominente Autoren und Autorinnen zu profilieren. Eine solcherart erfolgreiche Redaktion konnte zunehmend nur noch mit ausgedehnten Kontakten, zahlreichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen sowie unter der Obhut und Vorfinanzierung eines Verlegers erfolgen. Auch für den Vertrieb bedeutete es eine enorme Erleichterung, wenn ein Verlag die Verantwortung übernahm. Unter diesen Bedingungen waren männliche Herausgeber ihren weiblichen Kollegen deutlich überlegen. Die wenigen, etwas längerlebigen Frauenzeitschriften des frühen 19. Jahrhunderts, die sich fast ausschließlich der gebildeten Unterhaltung widmeten, wurden sämtlich von mehr oder weniger etablierten männlichen Literaten herausgebracht. Das gleiche gilt für die erfolgreicheren Almanache, die sich damals besonderer Beliebtheit beim weiblichen Publikum erfreuten. 6 Frauen waren weiterhin mit Beiträgen in diesen Periodika vertreten, wobei ein einflußreicher Herausgeber und ein bekannter Verleger sie nun sogar weit besser fördern konnten, als es die weiblichen Herausgeber zuvor vermocht hatten. Dies alles zusammengenommen mag schreibende Frauen davon abgehalten haben, das Wagnis einer eigenen Frauenzeitschrift auf sich zu nehmen. Was Johanna Schopenhauer jedoch gar nicht im Blick hatte, als sie auf die Suspension der Geschlechtszugehörigkeit in Literatur und Publizistik setzte, war eine Form von weiblicher Öffentlichkeit, die mit den weiblichen Herausgebern und ihren Journalen kurz vor der Jahrhundertwende verlorenging. Die von Frauen herausgegebenen Frauenzeitschriften erwiesen sich nämlich als ausgesprochen geeignet, ein weibliches Publikum zu mobilisieren. Ihre Leserinnen empfanden eine Literatur speziell für ihr Geschlecht, noch dazu von Geschlechtsgenossinnen verfaßt, offenbar überhaupt nicht als beleidigend, zumal diese sie ja in keiner Weise von anderer Lektüre ausschloß. In bisher ungekannter Zahl traten sie unter ihrem Namen auf b

Das NachfolgeblaU von Amaiiens Erholungsstunden, die bei Cotta verlegte und von Ludwig Ferdinand Huber redigierte Flora, erschien noch bis 1803. Ferner gab es von 1794 bis 1810 die Leipziger Monatsschrift für Damen, fortgeführt unter dem Titel Erholungen von Wilhelm Gottlieb Becker und von 1805 bis 1808 das Journal für deutsche Frauen von Christoph Martin Wieland, Friedrich Schiller, Johann Gottfried Seume und Friedrich Rochlitz, das letzterer nach zwei Jahren unter dem Titel Selene allein herausgab. Auf erheblich längere Erscheinungszeiten brachten es die bekanntesten der jährlich erscheinenden Alrnanache, das Leipziger Taschenbuch für Frauenzimmer, das Georg Carl Claudius unter dem Pseudonym »Franz Ehrenberg« von 1784 bis!820 herausgab, sowie das Taschenbuch für Damen, welches von 1798 bis 1831 wiederum bei Cotta erschien und nacheinander von Ludwig Ferdinand Huber, Gottlieb Konrad Pfeffel und August Heinrich Lafontaine besorgt wurde. Die größeren Frauenzeitschriften der Folgezeit wurden dann von hauptberuflichen Redakteuren betreut, die sich selbst nicht mehr als Literaten verstanden, so etwa die Allgemeine deutsche Frauenzeitung (1816-1818), die Damenzeitung (1829/30) und die Deutsche Damen-Zeitung (1844-1846).

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Subskriptionslisten in Erscheinung und ermöglichten durch ihre Abnahme immerhin mindestens acht Frauenjournalen weiblicher Herausgeber ein Erscheinen über ein bis zwei oder sogar mehr Jahre. Auf diese Weise kam im späten 18. Jahrhundert ein Verständigungsprozeß von Frauen der gebildeten Stände über ihre Rolle in der Gesellschaft in Gang. Aus den Frauenjournalen erfuhren die Leserinnen, wie andere Frauen darüber dachten, und etliche von ihnen führten die Diskussion nicht bloß im Bekanntenkreis fort, sondern schalteten sich in die laufende Öffentliche Debatte ein. Aus einem Diskurs über Frauen und ihre »weibliche Bestimmung« wurde hier ein Diskurs von Frauen. Das war es, was die besondere und neue Qualität der von Frauen herausgegebenen Frauenzeitschriften ausmachte; deren Inhalte bekamen Leserinnen zum großen Teil auch in Schriften männlicher Autoren vermittelt. Dabei vertraten längst nicht alle Autorinnen die gleichen Positionen. Zwar wurde im späten 18. Jahrhundert fast durchgängig das Haus bzw. die häusliche Sphäre zum Ort der Frauen erklärt, doch gingen die Vorstellungen, was dies genau bedeutete, noch weit auseinander, Im seltensten Fall war mit dem >Haus< wohl wirklich das Gebäude als solches bezeichnet, Für die meisten Diskutantinnen und Diskutanten schloß die umsichtige Besorgung der häuslichen Sphäre sowohl EHedigungen außerhalb des Hauses als auch eine nach außen gerichtete Repräsentation des Hauses ein. Doch gerade weil den Zeitgenossinnen und Zeitgenossen die Offenheit des Hauses noch bewußt war, damonisierten manche von ihnen jede Schwellenüberschreitung der Frau zu einer Gefahr für die häusliche Glückseligkeit und eine geordnete Hausökonomie. Auch Frauen beteiligten sich an dieser rigiden Festschreibung des weiblichen Handlungsraums. Andere dagegen waren bemüht, das Haus offenzuhalten, die unbestrittenen häuslichen Pflichten zum Ausgangspunkt zu machen für weiterreichendes Engagement, für Bildungsbemühungen etwa, für eine lebendige Besuchskultur, für Patriotismus und Wohltätigkeit, Die Tatsache, daß der Diskurs über Weiblichkeit und die Ordnung der Geschlechter in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts so ausgesprochen rege geführt wurde, zeigt, daß das Geschlechterverhältnis noch zu einem gewissen Grad zur Disposition stand. Andernfalls hätte man viel intellektuellen Aufwand sparen können. Die Spätaufklärung war offenbar für Frauen einigermaßen günstig. Sie ermöglichte es einigen von ihnen, als Publizistinnen ins boomende Zeitschriftenwesen einzusteigen, erlaubte eine Beteiligung am Diskurs über die Ordnung der Geschlechter und sogar an einer populärwissenschaftlichen und literarischen Historiographie. Es ergibt sich demnach der paradoxe Befund, daß ausgerechnet die Phase zahlreiche Frauen in die Öffentlichkeit brachte, in der nicht mehr in frühaufklärerischer Naturrechtsorientierung und Bildungseuphorie die Gleichheit der Geschlechter, sondern eine vermeintlich naturgegebene Differenz verkündet und den Frauen das Haus als ihr alleinseligmachender Tätigkeitsbereich angewiesen wurde. Bisher wird dies vor allem mit dem Zeitgeist der Empfindsamkeit erklärt.7 Als in der zweiten Hälfte 7

Dieser Hinweis erfolgt in der Regel nicht unkritisch. So würdigt Edith Krull zwar den Zuwachs an weiblichen Autoren, bedauert aber deren Abwendung vom Gelehrsarnkeitsideal und ihre nun mitunter »hemmungslose Gefühlsschwelgerei« (Krull, S.89-92, hier S,9i).

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des 18. Jahrhunderts in gewissen Kreisen Gefühlsausdruck und Natürlichkeit ganz groß in Mode kamen, wurden Frauen mit einem Mal qua Geschlecht zu Expertinnen, Naturtalenten und womöglich Lehrmeisterinnen der Männer, schrieb man ihnen doch zu, besonders gefühlsbetont, sensibel, unverbildet und daher natürlich zu sein. In der Tat exponierten sich in den Frauenzeitschriften viele Frauen als empfindsam. Ich denke jedoch, daß es weitere Gründe für das vermehrte, zeitlich begrenzte öffentliche Auftreten von gebildeten Frauen gibt. Zum einen war das späte 18. Jahrhundert eine äußerst bewegte gesellschaftliche Umbruchzeit. Die gebildeten Stände konstituierten sich, waren noch dabei, neue Artikulationsweisen und Durchsetzungschancen zu erproben. Ihre Öffentlichkeit war also erst im Entstehen begriffen. Ältere Formen des Zusammenwirkens von Mann und Frau waren vielen Menschen weiterhin vertraut und dienten zur Orientierung, erst mit der weiteren Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft gerieten sie so weitgehend in Vergessenheit, Und schließlich: Solange auch die Männer keine verfassungsmäßig garantierten staatsbürgerlichen Rechte besaßen, keine politischen Vereine und Parteien gründeten, keine staatlich geregelten Bildungsgänge absolvierten und keiner allgemeinen Wehrpflicht unterlagen, war die Benachteiligung von Frauen allein aufgrund ihres Geschlechts weniger ausgeprägt und vor allem erst in seltenen Fällen ausdrücklich ausformuliert. Zum anderen - und das ist für die Frauenforschung vielleicht nach wie vor eine irritierende Erkenntnis - betrachteten im späten 18. Jahrhundert viele Frauen der gebildeten höheren Stände die damals allenthalben betonte geschlechtliche Differenz als ihre Chance. Gerade wenn Frauen anders waren als Männer und andere Aufgaben in der Gesellschaft zu erfüllen hatten, machte es schließlich Sinn, daß Frauen für sich selber sprachen und ihr eigenes Geschlecht belehrten und unterrichteten. Die Gleichheit oder Geschtechtsneutralität indes, wie sie Johanna Schopenhauer im frühen 19. Jahrhundert anvisierte, setzte ambitionierte Frauen einem offenen Konkurrenzkampf mit Männern aus, in dem sich die wenigsten behaupten konnten. Trotz solcher Einsicht in die Attraktivität eines Modells geschlechtlicher Ungleichheit bleibt Skepsis angebracht. In dieser Studie wurden die Einstellungen, Schreibstrategien und Verhaltensweisen von Frauen im späten 18. Jahrhundert bewußt aus den Quellen sowie aus den gegebenen Voraussetzungen und der Vorgeschichte heraus erkundet und beleuchtet, um diese Zeit nicht ein weiteres Mal als bloße Vorgeschichte der bürgerlichen Gesellschaft zu vereinnahmen. Abschließend

Silvia Bovenschens Skepsis ist anders begründet. Sie geht diskurstheoretisch von einer »Dominanz der Bilder« aus und räumt daher der »Rolle des Weiblichen« in Ästhetiken und Philosophien der Zeit größere Bedeutung ein als dem faktischen Auftreten von schreibenden Frauen. Zwar hätten zur Zeit der Empfindsamkeit vermehrt Schriftstellerinnen am literarischen Prozeß teilgenommen, letztlich habe sich aber die »Feminisierung der Kultur« (gemeint ist hier die Aufwertung sensitiver Vermögen) als eine »Errungenschaft der Männer« im Sinne einer »Erweiterung ihrer ästhetischen Ausdrucksmöglichkeiten« herausgestellt. Bovcnschen, S. 160-164, S. 190 und S. 244/245, 597

sei jedoch ein Ruckblick getan, im Wissen dämm, wie sich die Verteilung von gesellschaftlichen Räumen, Arbeit, politischem Einfluß und kultureller Definitionsmacht zwischen den Geschlechtern weiterentwickelt hat. Die restriktive Rede vom engen, überschaubaren häuslichen Zirkel konnte sich gegenüber einem Modell durchsetzen, in dem das Haus noch als Ausgangspunkt jeder menschlichen Gesellschaft galt, Der Diskurs verschob es alimählich vom Zentrum an die Peripherie. Die Abhängigkeit der Frau vom in der Ehe bevorrechteten, außerhäusig tätigen Mann und seinem sogenannten Ernährerlohn diente zum Anlaß, sie grundsätzlich von politischen Rechten auszuschließen, während die Abhängigkeit des Hausherrn von einer Frau und ihrer Versorgungsarbeit seinen Status als Selbständiger in keiner Weise beeinträchtigte. Je mehr sich die Öffentlichkeit politisierte und institutionalisierte, desto häufiger wurden Frauen explizit oder implizit ausgeschlossen oder blieben ihrerseits fern. Diese Zurückweisungen und Zutrittsverbote konnten allen bürgerlichen Gleichheitspostulaten zum Trotz unter Verweis auf die »häusliche Bestimmung« der Frau und ihre weibliche Differenz erfolgen. Wenn sich Frauen im späten 18, Jahrhundert von einer polaren Geschlechterordnung neue Freiräume versprachen, so entpuppte sich dies im Lauf des 19. Jahrhunderts als eine falsche Verheißung.

598

VII. Anhang

1.

Liste der Frauenzeitschriften im 18. Jahrhundert

1724 1725 -1726 1725 1728 1732-1733 [1734]

1735 1737 1737 1742 1743 1747-1748

1748 1750 1750-1753 oder 1751-1754 1754 1754 1755 1756-1757

Die Patriotinn, Nr. 1-6, Hamburg Die Vernünftigen Tadlerinnen, [hg, v. Johann Christoph Gottsched], 1. Jg., Halle, 2, Jg., Leipzig Die Matrone von 19 Jahren, Nr. 1-8, Eisleben Die Matrone, Bd. 1-3, [hg. v. Johann Georg Hamann], Hamburg Die vor sich und ihre Kinder sorgfältigen Mütter, Scheidnitz, Leipzig Das lustige Moral- und satyrische Frauenzimmer-Cabinett, oder; Sammlung artiger Gedancken über die unartige A r t . , . [hg. v. J.J. Rembold], Berlin Die gelben Mädchen von der Blauen Schaale Die mühsame Bemerckerinn derer menschlichen Handlungen, Danzig (Th. J, Schreiber) Die Menschenfreundin, Hamburg Die Braut. Wöchentlich ans Licht gestellet, Dresden Die vernünftigen curländischen Beurtheilerinnen menschlicher Handlungen, Liebau, Mietau Die Zuschauerin. Eine Wochenschrift aus dem Englischen übersetzt von Christian Bernhard Kayser fengl.: The female Spectator, hg. v. Eliza Haywood], Bd. l, Hannover (Johann Wilhelm Schmidt), Bd.2, Frankfurt, Leipzig oder Hannover, Göttingen Die deutsche Zuschauerin. Ein Wochenblatt, [hg. v. Justus Möser], Stück 1-50, Hannover (Johann Wilhelm Schmidt) Daphne, Teil l -2, Königsberg Frauenzimmer-Belustigungen, oder Sammlung verschiedener Begebenheiten von den besten Schriftstellern abgefasset; aus dem Französischen übersetzt von einem Frauenzimmer, Teil 1-4, Frankfurt, Leipzig Das Frauenzimmer, Leipzig Die Hofmeisterinn. Eine moralische Wochenschrift auf das Jahr 1754, [hg, v, Johann Traugott Schulze], Bernburg Der Mädchenfreund, eine Monatsschrift, Stück l -6, Berlin (Birnstiel) Die Frau, eine sittliche Wochenschrift, [hg. v, Franz Christoph Jetze], Bd.l -3, Leipzig (Lankische Buchhandlung) 599

1756-1757 1756-1760

1759 1761 1763-1764 1765 1765-1766 1766 o. 1767 1767 1769-1771 1769-1770 1770-1772

1770-1771 1770-1771 1770 1770-1771 1771 1771-1774 1772-1773

1773 600

Neueste Vermischte Briefe an eine angesehene Wittwe, Frankfurt, Leipzig Frauenzimmer-Bibliothek, worinn nützliche Betrachtungen über wichtige Stücke der Sittenlehre fürnetnlich zum Gebrauche des Frauenzimmers enthalten sind. Geschrieben von einein Frauenzimmer und herausgegeben von Richard Steele. Aus dem Englischen [übersetzt von Karl Friedrich Kretschmann, eng].: The Ladies' Library], Hamburg Neuigkeiten für das schöne Geschlecht, Stück l -23, Hamburg Caroline. Eine Wochenschrift, [hg. v. Jakob Friedrich Schmidt], Stück l -52, Königsberg (Kanter) Magazin des jeunes dames, [hg. v, Jeanne-Marie Le Prince de Beaumont], London, Frankfurt (J.G. Eslinger) Die witzige Tyroierin, eine Wochenschrift, [hg. v. J.W. Jungendres] Stück l-16, Nürnberg Die Zigeunerin, eine Wochenschrift, [hg. v. J.W. Jungendres] Stück 1-16, Nürnberg Theresie und Eleonore, [hg. v, Josef von Sonnenfels],Wien (Joh, Thomas Edler v. Trattner) Das weibliche Orakel. Eine Wochenschrift, [hg. v. Josef von Sonnenfels], Leipzig Journal für das Frauenzimmer. Aus dem Italienischen von Ricciardi, Stück 1-2, Zürich Der Frau Mutter Handkorb, [hg. v. Benjamin Gottlob Lor. Boden], Packet 1-4, Wittenberg (Dürr) Die Berlinische Zuschauerin. Eine wöchentlichen Sittenschrift zum Unterricht und Zeitvertreib für das schöne Geschlecht [hg. v. Carl Friedrich We gener], Nr. l - 79, Berlin (Birnstiel), fortgesetzt unter dem Titel: Die neue Berlinische Zuschauerin Die Zuschauerinn an der Spree, Eine moralische Wochenschrift, Theil 1-4, Berlin (Ringmacher, 1771: Maurers?) Briefe an das schöne Geschlecht über verschiedene Gegenstände aus dem Reich der Natur Die Neugierige, Stück 1-46, Regensburg Die Sichtbare, [hg. v. V.V. Pruschkin?, Wilhelm Webel], Stück l -32, Prag, Wien Die Unsichtbare, Prag Die alte Frau, oder die weise Schriftstellerin, zum Besten junger Frauenzimmer. Eine Wochenschrift, Teil 1-6, Leipzig (Schwickert) Die neue Berlinische Zuschauerin. Eine wöchentliche Sittenschrift zum Unterricht und nützlichen Zeitvertreibe für das schöne Geschlecht, [hg, v. Carl Friedrich Wegener], Nr. 1-13, Berlin, vorher unter dem Titel: Die Berlinische Zuschauerin, 1770-1772 Der Arzt für Frauen, Leipzig

1773-1774

Etrennes pour les dames, pour I'annee 1773 et 1774, [hg. v. Karl Ludwig v. Klöber], Breslau (Korn) 1773-1774 Gelehrte Zeitung für das Frauenzimmer, [hg, v, Johann Jost Anton von Hagen oder Phiiipp Ludwig Muzel], Jg. l und 2, Halle (Job. Jacob Curt) 1774 Die Meinungen der Babet, eine Wochenschrift, [angeblich von einer Frau redigiert, hg, v. Johann Rautenstrauch], Bd. l und 2, Wien 1774-1776 Akademie der Grazien. Eine Wochenschrift zur Unterhaltung des u. 1780 schönen Geschlechts, [hg. v. Christian Gottfried Schütz], Bd. l-5, Halle 1774 Minerva und die Grazien, eine Wochenschrift, Deutschlands geistvollsten und tugendhaftesten Töchtern gewidmet, Hamburg 1774-1776 Iris. Vierteljahrschrift für Frauenzimmer, [hg. v. Johann Georg Jacobi und Wilhelm Heinze], Bd. 1-4, Düsseldorf, Bd.5-8, Berlin (Haude und Spener) 1774-1787 Lesebuch für die Frauenzimmer, [hg.v. Friedrich Schmit], Teil 1-5, Teil 4/5 auch unter dem Titel: Auswahl nützlicher Lektüre für Frauenzimmer, Flensburg 1774 Das Mädchen, [hg. v, Christian Gotthold Contius], Bd. l und 2, Budissin (Winkler) 1774 Der Mädchenfreund. Wochenschrift, Wien 1774-1775 Potpourri für die Damen. Eine Wochenschrift [hg. v. Julius Graf v. Soden und Karl Frh. v. Reitzenstein], Stück 1-13, Ansbach (Haueisen) 1775-1776 Angenehme Lecture für Frauenzimmer, Bd. 1-5, Leipzig (Johann Friedrich Junius) 1777-1778 Magazin für Frauenzimmer, Bd. l und 2, Halle (Hendel) 1777-1778 Der Nachtisch oder Beschäftigungen für Damen, [hg, v. Gottfried Rudolf Wiedmer], Teil 1-2, Breslau 1778 o. 1780 Angenehme Lecture für Hessens Töchter. Eine Wochenschrift, Giessen (Krieger) 1778-1782 Der Unterhalter, oder belustigender Unterricht für Damen, Bd. 1-3, Leipzig (Schwickert) 1779 Für Hamburgs Töchter. Eine Wochenschrift, [hg. v. Ernestine Hofmann], Hamburg 1779 Wochenblatt für's Schöne Geschlecht, [hg. v. Charlotte Hezel], Ilmenau (Keyser in Erfurt) 1780 Unterhaltungen für Frauenzimmer, eine Berlinische Wochenschrift [hg. v. Christian Wilh. Kindleben], Teil 1-2, Berlin (Birnstäel) 1780-1781 o. Für teutsche Mädchen. Eine Wochenschrift, [hg. v. Paul Fr. Achat 1781-1782 Nitsch], Teil 1-2, Dresden 1781-1786 Kleine Frauenzimmerbibliothek, [hg. v. Kari Friedrich Müchler], Bd. 1-5, Hamburg (Benjamin Gottlob Hoffmann) 1782-1786 Magazin für Frauenzimmer, [hg. v. David Christoph Seybold], Straß601

1783 1783-1784 1783-1784 1783

1783

1784-1785

1784 1785 1785 1785 1785 1785-1786

1786

1786 1786

1786-1787

1786 1787 1787-1788

602

burg (Levrault), Kehl, fortgesetzt unter dem Titel: Neues Magazin für Frauenzimmer, 1787-1791 Hamburger Damen-, Kunst- und Moden-Journal, Hamburg (Vollmer) Pomona für Teutschlands Töchter von Sophie von La Röche, Speyer (Enderes) Merkur für Damen, [hg, v. Johann v. Ehrenberg, Pseud.: Regenbehr], Heft 1-6, Wien (Friedrich August Hartmann) Wöchentliche Wahrheiten für und wider die Frauenzimmer in Wien. Bearb. von einer freymüthigen Gesellschaft, [hg. v. Leopold Alois Hoffmann], Stück 1-25, Wien, Prag {Schönfeld) Wöchentliche Wahrheiten für und über die Herren in Wien. Bearb. von einer Gesellschaft belesener Frauenzimmer u. hg. v. Emilie Grünthal, [d.i. Joh. Martin Weimar], Wien, Prag (Schönfeld) Damen Journal von einer Damengesellschaft [d.i. Franz Rudolf Grossing], Jg. l -2, Frankfurt, Leipzig (Buchhandlung der Gelehrten), Halle (Heller) Journal für Frauenzimmer, Wien (Kraus) Frauenzimmerbibliotheck [Stücktitel], [hg. v, Georg Karl Claudius], Leipzig (Schwickert) Aspasiens Schule für Österreichs Koketten, Wien Für Österreichs Töchter, April - August, Wien Die Frau Zuschauerinn, [hg. v. »Franziska Obermayer«], Stück 1-5, Prag (Höchenberger) Handbuch fürs schöne Geschlecht, zum Nutzen und Vergnügen, [hg. v. Adam Christian Gaspari und Johann Hermann Stoever, 2. Jg. nur v. Stoever], Jg. 1-2, Altona Flora. Ein Journal von und für Damen, herausgegeben von der deutschen Damengesellschaft, [d.i. Franz Rudolf Grossing], Bd. 1-4, Halle (Heller), evt. identisch mit: Journal von und für Damen, Wien Rosenblatt von und für Damen. Eine politisch-moralische litterarische Zeitung von und für Damen, hg, v. der deutschen Damengesellschaft, [d.i. Franz Rudolf Grossing], Halle (Heller), fortgesetzt unter dem Titel: Monatsschrift für Damen (zürn Besten des Roseninstituts für Wittwen und Waisen), Halle (Heller) oder Berlin, Nürnberg (Auf Kosten der Verf.) Neue Monatsschrift für das schöne Geschlecht, [hg. v. Christian Aug. Peschek], Stück 1-12, Leipzig (Crusius) Bildungs-Journal für Frauenzimmer, Wien, evt. identisch mit: Bildungs-Journal für Frauenzimmer zur Beförderung des Guten, für beide Geschlechter, [hg. v, Samuel Krickende, Georg Samuel Gürnth und Joh. Georg Brieger], Bd. l -4, Zittau (Schöps)

1787-1788

1787 -1788 1787-1791 1787 1787-1790

1788-1790 1789 1789

1789 1790 1790-1792

1791

1791-1792

1792-1793 1792-1793

1792-1793

Frauenzimmer-Zeitung, Ein historisch-moralisches Unterhaltungsjournal für das schöne Geschlecht, [hg. v, Theophil Friedrich Ehrmann], Heft l -6, Isny (Typogr. Gesetlschaft) Lesebuch für Frauenzimmer des Mittelstandes, [hg, v. Johann Kaspar Bundschuh], Stück l -4, Hildburghausen (Hanisch) Neues Magazin für Frauenzimmer, [hg. v. David Christoph Seybold], vorher unter dem Titel: Magazin für Frauenzimmer, 1782-1786 Der Hausfreund. Eine Monatsschrift für Frauenzimmer, {hg. v. F. Heyrad], Wien Archiv weiblicher Hauptkenntnisse für diejenigen jeden Standes, welche angenehme Freundinnen, liebenswürdige Gattinnen, gute Mütter und wahre Hauswirthinnen seyn und werden wollen, hg. v. einer Gesellschaft von 42 deutschen Frauen und besorgt von A. F. Geister dem jüngeren, [hg. v. Adam Friedrich Geisler], Leipzig Luna, für die Gönner meiner Muse. Ein Monatsblat von Caroline Friederike von Kamiensky, Naumburg (Ulig) Blatt für Frauenzimmer, Wien Musarion. Quartalschrift für Frauenzimmer, [hg. v. Alois Wilhelm Schreiber und Lorenz Schniedler o. G.L. Schneider], Bd. l, Frankfurt a.M. Wochenblatt für Damen, Bd. l, Düsseldorf (Dänzer) Museum für Frauenzimmer, von einigen ihrer Mitschwestern, Bd. l 4, Weißenfels, Leipzig (Friederich Severin) Amaliens Erholungsstunden, Teutschlands Töchtern geweiht von Marianne Ehrmann, Jg. 1-3, Stuttgart (im Verlag der Expedizion des Beobachters und gedrukt bei den Gebrüdern Mäntlern) 1790, Tübingen (Cotta) 1791-1792 Magazin für junge Frauenzimmer, [hg. v, Jeanne-Marie Le Prince de Beaumont, Übersetzung des Magazin des jeunes dames], Teil 1-2, Berlin 1786, Wien 1772, Karlsruhe 1791 Zeitschrift für Gattinnen, Mütter und Töchter, [hg. v. Karl Friedrich Bahrdt, später v. August Lafontaine], Bd.l -2, Halle (Anton), fortgesetzt unter dem Titel: Museum für das weibliche Geschlecht, [hg. v. August Heinrich Julius Lafontaine], Jg. 1-2, Halle (Franke) Unterhaltungen in Abendstunden, Vaterlands Töchtern geweiht. Eine Monatschrift zum Unterricht und Vergnügen von einer Gesellschaft baierischer Frauenzimmer, ab 7/1793: Von zwoen deutschen Schwestern, [hg. v. Catharina von Hesse u. Xaverie Bossi von Löwenglau u.a.], Jg. 1-2, München (Hübschmann) 1792, Donauwörth (Brunner) 1793 Zeitung für Damen und andere Frauenzimmer, [hg. v. Anton Tedeschi], Jg. 1-2, Gratz, fortgesetzt unter dem Titel: Neues Damenjournal allen Schönen Deutschlands ,.. gewidmet, 1794 603

1793-1794 1793-1803

1793 1793 1793 1793 1794

1794-1796 1794-1795

1794 1794-1795

1795

1795-1804 1796 1796-1810

1796-1797 1796

604

Die Einsiedlerinn aus den Alpen. Von Marianne Ehrmann, Jg. 1-2, Zürich (Orell, Geßner, Füßli und Comp.) Flora, Teutschlands Töchtern geweiht von Freunden und Freundinnen des schönen Geschlechts, [hg. v, Ludwig Ferdinand Huber und Christian Jacob Zahn u, a.], Tübingen (Cotta) Idas Blumenkörbchen. Monatsschrift für Damen, [hg. v. Adolph Heinrich Meltzer und Erduin Julius Koch], Berlin (Morino) Damenbiblioihek für Stadt und Land, im Winter und Sommer, Frühjahr und Herbst, Cilli (Franz Joseph Jenko) Monatsschrift für helvetische Töchter, [hg, v. Leonhard Meister], Zürich (Näf) Neues Museum für Damen, Berlin Neues Damenjournal allen Schönen Deutschlands zur angehmen und lehrreichen Unterhaltung gewidmet, [hg. v. Heinrich Georg Hoff], Bd. l, Gratz (Rodelmayer), vorher unter dem Titel: Zeitung für Damen..., 1792-1793; fortgesetzt unter dem Titel: Gratzer Frauenjournal, 1795 Berlinische Damenzeitung für Teutschland, Berlin Oekonomisehes, moralisches und gemeinnütziges Journal für Frauenzimmer, [hg. v. Johanne Katharina Schulze und Christine Dorothea Gürnth], Leipzig (Brockhaus) oder Halle Wissenschaftliches Magazin für Frauenzimmer, Teil 1-2, Wien (Alberti) Leipziger Monatsschrift für Damen, [hg. v. Ernst Müller, später v. Wilhelm Gottlieb Becker], Jg. 1-2, Leipzig (Voß), fortgesetzt unter dem Titel: Erholungen Gratzer Frauenjournal. Österreichs und Hungariens Töchtern gewidmet von neun Freundinnen ihres Geschlechts, Heft 1-4, Gratz (Michael Hermann Ambros), vorher unter dem Titel: Neues Damenjournal..., 1794, fortgesetzt unter dem Titel: Gratzer Frauenzeitschrift, 1796 Jahrbuch zur belehrenden Unterhaltung für Damen hg. v. Johann Jakob Ebert, Jg. 1-9, Leipzig (Seeger) Die vier Schwestern oder: Archiv der weiblichen Belehrung und Unterhaltung. Eine Wochenschrift, Heft l -2, Berlin (Brüder) Erholungen, [hg. v. Wilhelm Gottlieb Becker], Leipzig, auch unter dem Titel: Linas Ferien, vorher unter dem Titel: Leipziger Monatsschrift für Damen, 1794-1795 Euphrosyne oder Journal für Frauenzimmer zur Bildung des Herzens und des Geschmacks, Bd. l -2, Halle (Rueff), Leipzig Grätzer Frauenzeitschrift. Dem schönen Geschlechte und den Freunden derselben gewidmet, [hg. v. Johann Josef Bauer], Jg. l, Gratz, vorher unter dem Titel: Gratzer Frauenjournal, 1795, fortgesetzt unter dem Titel:

1797

1799-1801

1799

Frauen-Journal. Dem schönen Geschlecht und ihren Gönnern geweiht [hg. v, Joh. Jos, Bauer], Bd. 1-2, Gratz (Fr. H. Aufhamer), vorher unter der Titel: Grätzer Frauenzeitschrift, 1796 Musarion, die Freundin weiser Geselligkeit und häuslicher Freuden, Eine Monatsschrift für Damen, [hg. v. August Lindemann], Bd. 1-3, Altona (Hammerich) Wochenblatt für das Schöne Geschlecht, Stück l -6, Stendal

605

2. Tabellen und Karten zur Subskription Erläuterungen Tabelle 1: Die Subskribentinnen und Subskribenten Aus dieser Tabelle läßt sich entnehmen, wie groß überhaupt die Subskribentenschaft der einzelnen Frauenzeitschriften war und welcher Anteil sich identifizieren ]äßt. Unterschieden wird nach namentlich genannten Privatpersonen, Privatpersonen, die zwar ihren Namen nicht nannten, deren Geschlecht und Stand aber aus der Angabe erkenntlich werden, Privatpersonen, die gänzlich anonym blieben, Mehrfachexemplaren, die von Privatpersonen bestellt wurden*, Exemplaren, die über den Buchhandel oder über die Post vertrieben wurden und schließlich den Abonnements von Lesegesellschaften und Leihbibliotheken sowie sonstigen Einrichtungen. Als Buchhandel zählen dabei nicht nur die Buchhändler und Buchhandlungen, sondern auch alle Buchdrucker und Buchbinder, d.h. alle Gewerbetreibenden, die theoretisch im Zeitschriftenvertrieb und -verkauf tätig gewesen sein könnten. Zur Post werden desgleichen alle Postämter und alle Postsekretäre, -Verwalter und -Schreiber gerechnet. Unberücksichtigt bleibt sowohl, daß diese Menschen unter Umständen eine Leihbibliothek betrieben als auch daß sie das Journal vielleicht für ihren Privatgebrauch bestellten. Die Verzeichnisse der Pomona und der Unterhaltungen in Abendstunden führen keinerlei Mehrfachexemplare an, weder von seiten privater Kundinnen und Kunden, noch von seiten des kommerziellen Vertriebs. Die wechselnden Bestellzahlen in verschiedenen Nachträgen des Verzeichnisses zu Amaliens Erholungsstunden sind nicht eindeutig als zusätzliche, als Um- oder Abbesteltungen erkennbar. In der Tabelle wird daher ein rechnerisches Maximum und Minimum angegeben. Namen, die doppelt in den Listen auftauchen, werden auch doppelt gezählt, weil nicht klar ist, ob es sich um eine Nachbestellung oder um einen Druckfehler handelt. * Bei Sammelbestellungen wird immer ein Exemplar abgerechnet und für den Besteller als Privatperson verbucht,

Tabelle 2: Soziale Zusammensetzung Die Zahl der ständisch identifizierbaren Subskribentinnen und Subskribenten ergibt sich in dieser Tabelle aus den Privatpersonen, den anonymen Privatpersonen, die aber ihren Stand angaben, und den privat bestellten Mehrfachexemplaren, die immer dem Stand des Sammelbestellers bzw. der Sammelbestellerin zugerechnet werden. Die prozentualen Anteile beziehen sich einmal auf die Gesamtzahl aller Bestellungen und einmal auf die Zahl aller jeweils ständisch identifizierbaren Subskribentinnen und Subskribenten.

606

Tabelle 3: Die Verteilung der Geschlechter Diese Tabelle zeigt das Verhältnis zwischen weiblichen und männlichen Subskribenten insgesamt sowie differenziert nach Ständen, Bezugsgröße sind alle subskribierenden Privatpersonen, deren Geschlechtszugehörigkeit offenkundig ist. Tabelle 4: Familienstand der Subskribentinnen In der Regel erkennbar ist der Familienstand nur bei weiblichen Subskribenten, zumindest die Tatsache, ob sie ledig oder verheiratet (gewesen) waren. Geschiedene und verwitwete Frauen sind nicht von verheirateten zu unterscheiden, es sei denn, sie gaben ihre Witwenschaft ausdrücklich an, was jedoch nur sehr wenige taten. Die Zahl der Witwen unter den Subskribentinnen wird vermutlich um einiges höher gewesen sein. Tabelle 5: Titel, Ämter und Beschäftigungen Bei den Angaben zum »Charakter« handelt es sich erst in den seltensten Fällen um Berufsbezeichnungen im modernen Sinn. Berücksichtigt werden alle genannten Titel, Ränge, Ämter und Beschäftigungen. Dabei wird nicht zwischen den Angaben der Männer und (den mehrheitlich von der Position des Ehemannes abgeleiteten) Angaben der Frauen unterschieden. Eine Gruppierung ist nicht unproblematisch, zum einen, weil die Bezeichnungen regional variierten und in Einzelfällen heute nicht mit letzter Sicherheit zu identifizieren sind, zum anderen, weil die Gruppenbegrenzung letztlich künstlich bleibt und vielfachen Überschneidungen nicht Rechnung trägt. Zudem gilt es zu bedenken, daß die Subskribentinnen und Subskribenten im späten 18, Jahrhundert oft mehrere Ämter bekleideten oder verschiedenen Beschäftigungen nachgingen, hier aber - wenn überhaupt - in der Regel nur eine Angabe machten. Die hier zusammengestellte Tabelle kann daher nur sehr grob Tendenzen aufzeigen. Folgende elf Gruppen werden gebildet: 1. Mitglieder regierender Fürstenhäuser: Die Zahl ist kleiner als die Summe aller in Tabelle 2 angeführten Hochadligen, weil zum einen die in Stiften lebenden hochadligen Frauen für sich zählen und weil nicht alle Hochadligen zu landesherrlichen Familien gehörten, 2. Äbtissinnen und Stiftsdamen 3. Fürsten- und Staatsdiener und ihre Frauen: In dieser Gruppe finden sich sowohl ranghöchste Mitglieder eines Hofstaats oder einer Zentralregierung als auch mittlere und untere Beamte in landesherrlichen oder städtischen Diensten. Da in vielen Fällen eine Rekonstruktion der genauen Position nicht möglich ist, unterbleibt eine nähere Unterscheidung. 4. Diplomaten und ihre Frauen: siehe auch 5. Militärs

607

5. Militärs und ihre Frauen: Beide Gruppen - Diplomaten und Militärs - stehen wie die Männer der Gruppe 3 im Fürsten- bzw, Staatsdienst, werden hier aber gesondert aufgeführt, weil sie ein besonderes gesellschaftliches Prestige besaßen, 6. Adelsprädikate ohne nähere Angabe zur Beschäftigung: Hier handelt es sich um all diejenigen Mitglieder des hohen und vor allem niederen Adels, die keine Hofchargen oder Ämter angaben. 7. Kleriker: Diese Gruppe umfaßt sowohl Inhaber geistlicher Pfründen als auch praktizierende Theologen. 8. Inhaber akademischer Titel: In dieser Gruppe befinden sich neben weiteren Staatsdienern einige wenige erste akademische Freiberufler sowie Berufsanwärter und pädagogisch Tätige, Sie setzt sich zusammen aus Professoren, Promovierten, Ärzten, Studenten sowie Lehrenden in Schulen und Privathaushalten. 9. Künstlerinnen und Literatlnnen: Bei der geringen Zahl ist zu berücksichtigen, daß nur ganz wenige Schriftstellerinnen und Schriftsteller diese Tätigkeit als ihren Beruf betrachteten bzw. öffentlich angaben. 10. Handel und Gewerbe 11. Handwerk. Tabelle 6a und ob: Streuung und Zentren der Subskription

Aus diesen beiden Tabellen ist ersichtlich, in welchem Umfang es bei der Subskription zu Ballungszentren kam. Sie verzeichnen die Anzahl der Orte mit einer bestimmten Größenordnung an Bestellungen, die Zahl der in diesen Orten bestellten Exemplare und den Prozentsatz dieser Exemplare bezogen auf die Zahl aller Abonnements mit Ortsangabe. (In den meisten Subskriptionsverzeichnissen sind die fürstlichen Personen ohne Angabe eines Ortes aufgeführt, hinzu kommen gänzlich anonyme Bestellungen, die nicht lokalisiert werden können. Die Mehrfachbestellungen von Buchhändlern, Postämtern und privaten Kollekteuren zählen hingegen alle für den entsprechenden Ort.) Zum Verzeichnis des Wochenblatts für's Schöne Geschlecht:

Es vermerkt 15 anonyme Bestellungen aus Augsburg, Schwerin, Hanau und Geringen. Sie werden hier folgendermaßen auf die vier Ortschaften verteilt: Augsburg 5, Schwerin 4, Hanau 3 und Geringen 3. Zum Verzeichnis von Amaliens Erholungsstunden:

Weil die divergierenden Angaben eines rechnerischen Maximums und Minimums bei einer regionalen Differenzierung allzu unübersichtlich würden, liegt dieser Tabelle lediglich das mögliche Maximum zugrunde. 608

Tabelle 7: Regionale Verbreitung Die Regionen werden definiert wie auf Karte l dargestellt: Region 1: Nordöstliches Deutschland, inklusive Schlesien Region 2: Nordwestliches Deutschland Region 3; Die sächsisch-thüringischen Staaten Region 4; Der mittlere Westen Region 5: Süd west-Deutscht and Region 6: Südost-Deutschland Region 7: Österreich Region 8: Schweiz Das weitere europäische Ausland wird in dieser Tabelle zusammengefaßt. Nicht alle in den Subskriptionsverzeichnissen angegebenen Orte können lokalisiert werden, sei es, daß die Ortsnamen weder in historischen noch in neuen Karten zu finden sind, sei es, daß es gleich mehrere Orte gleichen Namens gibt. In den Fällen, wo eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen dieser Orte spricht, etwa für einen in unmittelbarer Nähe des Wohnorts der Herausgberin, wird dieser gewählt. Tabelle 8: Vergleich der Lektüre-Zentren Als ein »Lektüre-Zentrum« gilt ein Ort, aus dem 10 oder mehr Subskriptionen auf eine Frauenzeitschrift eingingen. Die Tabelle führt die Lektüre-Zentren der einzelnen Biätter in der Reihenfolge ihrer Spitzenwerte auf. In den beiden untersten Zeilen wird vermerkt, für wieviele der Journale eine Stadt ein Lektüre-Zentruni nach der gegebenen Definition darstellte und wieviele der Journale hier überhaupt bezogen wurden. Tabelle 9: Personelle Überschneidungen Unterschieden werden gleiche Haushalte, offensichtliche Verwandtschaft, bloße Namensgleichheit und gleiche Buchhändler.

609

Tabelle 1: Die Subskribentinnen und Subskribenten WfSG

Pomona

AE

Subskriptionen insgesamt

173

711

max. 1211 min. 981

Privatpersonen

93

648

4

15

anonym, aber Stand und Geschlecht erkennbar anonym Mehrfachexemplare

6

EA

UA

789 + x

368

465

143

339

-

10

1

9

3

23

X

7

64 57

24

(5)

nicht verzeichnet

max. min,

nicht verzeichnet -

(4)

-

(20)

Buchhandel

-

33

max. 527 min. 328

441

H

Anzahl der Buchhändler

-

(33)

(90)

(148)

55

18

max. 119 min. 95

173

(H) 2

8

2

5

Bezieher von Mehrfachexemplaren

Post Lesegesellschaften und Bibliotheken Sonstige

610

_

Tabelle 2: Soziale Zusammensetzung

Subskriptionen insgesamt Stand nicht identifizierbar in Prozent Stand identifizierbar in Prozent HOCHADEL % bezogen auf Subskription insgesamt % bezogen auf Stand identifizierbar NIEDERER ADEL

WfSG

Pomona

173

711

70

63

40,5% 103

8,9% 648

59,5%

91,1%

12

48

EA

UA

max. 1211 min. 981

789

368

max. 672 min. 449

621

20

AE

max. min. max. min. max, min.

55% 45,8% 539 532

78,7% 168

5,4% 348

44,5% 54,2%

21,3%

94,6%

71

11

12

6,9%

6,8%

max. min.

5,9% 7,2%

1,4%

3,3%

11,7%

7,4%

max. min.

13,2% 13,4%

6,5%

3,4%

24

268

144

27

170

% bezogen auf Subskription insgesamt

13,9%

37,7%

max. min.

11,9% 14,7%

3,4%

46,2%

% bezogen auf Stand identifizierbar

23,3%

41,4%

max. min.

26,7% 27,1 %

16,1%

48,9%

BÜRGERTUM

67

332

max. min.

324 317

130

166

% bezogen auf Subskription insgesamt

38,7%

46,7%

max. min.

26,8% 32,3%

16,5%

45,1%

% bezogen auf Stand identifizierbar

65,0%

51,2%

max. min.

60,1 % 59,6%

77,4%

47,7%

611

Tabelle 3: Verteilung der Geschlechter (ständisch

differenziert)

WfSG

Pomona

97

648

475

Frauen

68

403

271

in Prozent

70,1%

Männer

29 29,9%

Privatpersonen insgesamt (Geschlecht erkennbar)

in Prozent HOCHADEL Privatpersonen insgesamt Frauen in Prozent

62,2%

245

AE

57,1 % 204

EA 144

124

69

224

35,6%

37,8%

42,9%

47,9%

64,4%

9

48

48

11

12

9

38

45

11

8

79,2%

93,8%

100%

100,0%

0

10

3

0

in Prozent

0,0%

20,8%

6,3 %

0,0%

23

268

Frauen

17

191

in Prozent Männer

73,9% 6

71,3% 77

in Prozent

26,1 %

28,7%

BÜRGERTUM Privatpersonen insgesamt

348

75 52,1 %

Männer

NIEDERER ADEL Privatpersonen insgesamt

UA

137

86 62,8% 51

37^%

27 19 70,4% 8

29,6%

66.7% 4

333% 170 65 38,2% 105

61,8%

65

332

290

106

166

Frauen

42

174

140

45

51

in Prozent

64,6%

42,5%

30,7%

Männer

23

in Prozent

35,4%

483% 150 51,7%

61 57,5%

115 69,3%

612

52,4% 158 47,6%

Tabelle 4: Familienstand der Subskribentinnen WfSG

Pomona

Weibliche Subskribenten insgesamt

68

403

271

75

124

ledig

30

135

162

27

53

36,0%

42,7%

39

68

in Prozent verheiratet

44,1% 38

(davon ais Witwe ausgewiesen) in Prozent Familienstand unklar in Prozent

55,9% -

33,5% 268

AE

59,8% 109

EA

UA

(1)

(3)

(2)

(1)

66,5%

40,2%

52,0%

54,8%

-

-

9 12,0%

3 2,4%

613

Tabelle 5: Titel, Ämter und Beschäftigungen

Angaben insgesamt regierende Fürstenhäuser in Prozent Äbtissinnen und Stiftsdamen in Prozent Fürsten- und Staatsdiener in Prozent Diplomaten in Prozent Militärs in Prozent Adelsprädikat ohne Amtsbezeichnung in Prozent Kleriker in Prozent Inhaber akademischer Titel in Prozent Künstler und Literaten in Prozent Handel und Gewerbe in Prozent Handwerk in Prozent

614

AE

EA

UA

WfSG

Pomona

56

372

287

95

242

9

36

28

6

7

6,3%

2,9%

4

6

4,2%

2,5%

16,1% 0

0,0% 34

60,7% 0

0,0% 1

1,8%

9,7% 15

4,0% 182

48,9% 14

3,8% 14

3,8%

1

41

1,8% 5

11,0%

8,9% 5

29

7,8% 26

9,8% 26

9,1% 77

30

88

26,8%

31,6%

36,4%

1

0

4

0,3%

0,0%

1,7%

28

9,8% 32

11,1 25

8,7%

0

33

0,0%

13,6%

10

54

10,5%

22,3%

11

12

11,6%

47

21

16,4%

22,1%

5,0% 19

8,9%

7,0%

0

2

8

1

3

0,0%

0,5%

2,8%

1,1%

1,2%

1

13

14

10

10,5%

7,9%

15

1,8%

3,5%

4,9%

6,2%

0

0

1

2

1

0,0%

0,0%

0,3%

2,1 %

0,4%

Tabelle 6a: Streuung und Zentren der Subskription / Größere Bestellungen

Abos mit Ortsangabe Orte insgesamt

AE*

EA

UA

WfSG

Pomona

163

675

1174

789

361

47

178

219

149

83

rechnerischer Durchschnitt

3,4

3,8

5,4

5,3

4,3

100 und mehr Bestellungen Orte

0

0

0

1

1

Exemplare

0

0

0

135

117

in Prozent

0,0%

0,0%

0,0%

0

0

5

0

0

Exemplare

0

0

371

0

0

in Prozent

0,0%

0,0%

0,0%

0,0%

0

9

8

7

3

Exemplare

0

260

214

195

82

in Prozent

0,0%

50 und mehr Bestellungen Orte

20 und mehr Bestellungen Orte

10 bis 19 Bestellungen Orte

38,5%

31,6%

17,1 %

184%

14,7%

32,4%

22,7%

3

7

14

11

4

Exemplare

48

96

191

154

49

in Prozent

29,8%

14,2%

größere Bestellungen insges. Exemplare in Prozent

48

29,8%

356

52,7%

16,3% 776

66,1 %

19,5% 484

61,3%

13,6% 248

68,7

* rechnerisches Maximum zugrundegelegt

615

Tabelle ob: Streuung und Zentren der Subskription / Kleine Bestellungen

Abos mit Ortsangabe Orte insgesamt

Pomona

161

675

1174

789

361

47

178

219

149

83

3,8

AE*

5,4

EA

UA

WfSG

53

4,3

rechnerischer Durchschnitt

3,4

5 bis 9 Bestellungen Orte

6

18

24

18

3

Exemplare

46

113

161

123

16

in Prozent

28,6%

4 Bestellungen Orte

16,7%

13,7%

15,6%

4,4%

2

6

8

11

4

Exemplare

8

24

32

44

16

in Prozent

5,0%

3 Bestellungen Orte

3,6%

2,7%

5,6%

4,4%

9

10

10

7

3

Exemplare

27

30

30

21

9

in Prozent

16,8%

2 Bestellungen Orte Exemplare in Prozent 1 Bestellung Orte

4,4%

2,6%

2,7%

2,5%

5

24

25

23

7

10

48

50

46

14

6,2%

7,1%

43%

5,8%

3,9%

22

104

125

71

58

Exemplare

22

104

125

71

58

in Prozent

13,7%

15,4%

10,6%

9,0%

16,1%

67 41,6%

206 30,5%

237 20,2%

182 23,1%

97 26,9%

kleine Bestellungen insges, Exemplare in Prozent

rechnerisches Maximum zugrundegelegt

616

Tabelle 7: Regionale Verbreitung

Lokalisicrbarc Abos Region 1 Abos in Prozent Region 2 Abos in Prozent Region 3 Abos in Prozent Region 4 Abos in Prozent Region 5 Abos in Prozent Region 6 Abos in Prozent Region 7 Abos in Prozent Region 8 Abos in Prozent Ausland Abos in Prozeni

WfSG

Pomona

159

664

1154

765

342

22

86

32

91

0

13,8%

13,0%

2,8%

11,9%

0,0%

65

39

24

8

5,0%

9,8%

61

40

6,0%

38,4% 6

180

3,8%

27,1 %

6

64

3,8%

9,6%

55

82

34,6%

12,3%

1 0,6 % 0

0,0%

32 4,8 %

42

6,3%

0

73

0,0%

11,0%

AE*

3,4% 85

7,4% 246

21,3% 226

19,6% 298

25,8% 105

9,1% 87 7,5 %

36 3,1 %

EA

3,1 %

44

5,8% 105

13,7% 198

25,9% 107

14,0%

58 7,6% 91

UA

29

8,5% 0

0,0% 2

0,6% 32

9,4% 259

75,7% 1 0^%

19

11,9%

5,6%

47

0

6,1 %

0,0%

* rechnerisches Maximum zugrundcgelegt

617

Tabelle 8: Vergleich der Lektüre-Zentren

WfSG Pomona Stuttgart München Augsburg Frankfurt a.M. Wien Leipzig Berlin Kempten Nürnberg Amberg Freiburg Straßburg Bern Ingolstadt Hannover Eichstätt Regensburg Karlsruhe Zürich Breslau N'euwied Kopenhagen Ansbach Bregenz Hamburg Köln Mainz Mannheim Salzburg Ulm Wittgenstein Basel Zweibrücken Gotha Weimar Elberfeld Buchau Freysing St. Gallen Riga Lindau Haag Offenbach Koblenz Luzern

618

13 16 8 1 3 19 3 1 1 2 — — -

4 1 1 33 31 18 48 10 27 3 1 21 23 23 22

3 5 18 8 2 1

9 6 4 13 12 12 1 11 3 2 —

AE EA UA

6 78 135 9 117 21 28 10 85 42 74 30 73 16 61 19 16 9 39 28 3 33 - 33 - 1 32 25 20 15 25 - 25 6 10 24 - 24 6 17 20 2 1 22 2 13 20 3 - 19 4 1 - 1 18 6 2 1 16 3 15 15 8 15 15 13 9 14 - 14 8 7 - 13 4 7 - 4 12 10 12 - 12 - 12 12 2 - 1 11 - 2 10 2 10 7 10

Lektürezentren Anzahl der am Ort (mehr als abonnierten 10 Bestellungen) Frauenzeitschriften

2 2 4 3 3 4 3 1 3 1 1 3 2 1 3 1 3 1 3 1 1 1 1 1 1 1 1 1 2 1 1 1 1 1 1 1 2 1

]

1 1 1 1 1 1

4 4 5 3 3 4 3 2 5 1 2 3 3 2 5 1 5 3 4 3 2 3 2 4 4 3 3 3 2 4 1 3 1 4 1 2 2 1 2 2 2 1 3 3 2

Tabelle 9: Personelle Überschneidungen Gleiche davon offens. bloße Haushalte fürstlich Verwandt- Namensschaft gleichheit WfSü/Pomona

3

l

14

WfSG/AE

5

3

22

WfSG/EA

l

l

3

WfSG/UA

gleiche Buchhandler

11

Pomona/AE

12

11

29

14

Pomona/EA

3

2

10

10

Pom o na/U A

5

l

3

19

AE/EA

40

6

3

5

41

AE/UA

9

2

12

19

4

EA/UA

M. Ehrmann Subskribentin M. Ehrmann Subskribentin

619

V .\DANE 2

MECKLENBURG-)' SCHWERIN ι .·.,

HANNOVER

r·.«.

"E±5±=

Ji

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^szsi ^Mr~·· ^^: ~^T"

BRANDENBURC

..,." , .ζ"

bfl^&\J

,

NIEDERLANDE

'ti4—-.,r-o" -"-" \ SACHSEN

Karte 1:

Die Regionen

Sayrauth

FRANKREICH

SCHWEIß

X® Ege

der Subskriptionen t Schöne Geschlecht, Anzahl der Subskriptionen: * •

*

1 2 3

5-10 61-70

11-15 16-25 26-35

71-80

35-50

51-60

81 und darüber

LANDE/

_τ-^ χ_ ,

« i-· t \ ' ,

l./ ·,

^

r-.

Karte 4: Regionale Verbreitung der Subskriptionen

auf Amaliens Erhofungsstunden, 1790-1792 Anzahl der Subskriptionen: • • •

1 2 3 4

5-10

KircWwim unter Tecfs Leonberg LuiiwiflStjufg . NardHngen: * Ptteolngeft Trugenhofen ÖWng«n VfiihiFigen

61-70 11-15

16-25

UN GARN

26-35

71-80

81 und darüber B

51-60

li» Hamburg 11 ) Atlona |ÜSi, •i~s'

@ Bra unset™« ig Magdeburg Halberetaett Quedlinburg»

BreitenbBeh«

· ssßera SFrankenihat

^

FRANKREICH V)

D·""*«··

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PREUSSEN

Karte 5:

Regionale Verbreitung der Subskriptionen auf die Einsiedlerinn aus den Alpen, 1793/1794 Anzahl der Subskriptionen; * ©

1 2

.3 4

5-10 61-70 11-15 16-25 26-35

71-80

35-50

51-60

81 und darüber

ObettKtorf^

Sigrriaringer NBmchen (117), β Ran«nkirc|ftn

FRANKREICH

freib rg i.8 φ

'· 0

*>·»«·*«-

i Λ^ft »,

f l-.

Karte 6:

Regionale Verbreitung der Subskriptionen auf die Unterhaltungen in Abendstunden, 1792/1793 Anzahl der Subskriptionen: * *

1 2 3 4 5-10

61-70

11-15 16-25





UNGARN

26-35

71-80

35-50

51-60

fc 81 und darüber

3, Abkürzungen AdB ADB AE AfK AGB AH R ALZ DBA EA FHT FZ GG GGA GGZ GWU HC IASL IB JLM JvfD LGZ LD

Allgemeine deutsche Bibliothek Allgemeine Deutsche Biographie Amaliens Erholungsstundcn Archiv für Kulturgeschichte Archiv für Geschichte des Buchwesens American Historical Review Allgemeine Literatur-Zeitung Deutsches Biographisches Archiv Die Einsiedlcrinn aus den Alpen Für Hamburgs Töchter Die Frau Zuschauerin Geschichte und Gesellschaft Gottingische Gelehrte Anzeigen Gothaische gelehrte Zeitungen Geschichte in Wissenschaft und Unterricht Hamburgischer Correspondent Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur Idas Blumenkörbchen Journal des Luxus und der Moden Journal von und für Deutschland Neue Zeitungen von gelehrten Sachen {^Leipziger gelehrte Zeitungen) Litterarische Denkwürdigkeiten oder: Neue Leipziger gelehrte Anzeigen MfF Museum für Frauenzimmer MfwG Museum für das weibliche Geschlecht NAdB Neue allgemeine deutsche Bibliothek (Fortsetzung der AdB) NF Neue Folge NNGZ Neue Nürnbergische gelehrte Zeitung NPL Neue Politische Literatur OALZ Oberdeutsche allgemeine Litteraturzeitung PeF Papiere einiger Freunde SP Schlesische Provinzialblätter TG A Tübinger (Tübingische) gelehrte Anzeigen UA Unterhaltungen in Abendstunden WfSG Wochenblatt für's Schöne Geschlecht WWFW Wöchentliche Wahrheiten für und wider die Frauenzimmer in Wien WWHW Wöchentliche Wahrheiten für und über die Herren in Wien

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VIII. Quellen- und Literaturverzeichnis

Ungedruckte Quellen Staats- und StaJtbibliothek Augsburg (SStB Augsburg): Brief von Charlotte Hezeä an Georg Wilhelm Zapf vorn 1,2.1779, Sign.: 2° Cod. Aug. 419, fol. 137rv Brief von Charlotte Hezel an Georg Wilhelm Zapf vom 10.4.1779, Sign.: 2° Cod. Aug. 419, fol. 139rv Brief von Charlotte Heze! an Georg Wilhelm Zapf vom 5.6.1779, Sign.: 2° Cod. Aug. 419, fol. 141 r -142 v Brief von Johann Wilhelm Friedrich Hezel an Georg Wilhelm Zapf vom 5.6.1779, Sign.: 2° Cod. Äug, 419, fol. 135rv Brief von Charlotte Hezel an Georg Wilhelm Zapf vom 7.8,1779, Sign.: 2° Cod. Aug. 419, foll45 r -146 r Brief von Charlotte Hezel an Georg Wilhelm Zapf vom 26.9.1779, Sign.: 2° Cod. Aug. 419, fot. 143 r -144 v Brief von Johann Wilhelm Friedrich Hezel an Georg Wilhelm Zapf vom 5,1.1780, Sign.: 2° Cod. Aug. 420, fol. 130r Staatsbibliothek zu Berlin, Preussischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung (SB Bertin/PK): Brief von Sophie von La Röche an Friedrich Nicolai vom 12.4.1784, Sign.: Nachlaß Nicolai 63: Sophie La Röche Wieland-Museum Biberach an der Riss (WM Biberach): Brief von Sophie von La Röche an Philipp Erasmus Reich vom 11.4.1783, Sign.: WMHs. Nr. 936 Freies Deutsches Hochstift, Frankfurter Goethe-Museum (FDH Frankfurt): Anzeige der Treutellischen Buchhandlung, Straßburg, Sign.: IX L 35/ E 12 c l Brief von Sophie von La Röche an Jenny von Voigts vom 11.6.1784, Sign.: Hs-6982 Schiller Naüonalmuseum/Deulsches Literalurarchiv, Cotia-Archiv (Stiftung der Siuttganer Zeitung), Marbach am Neckar (SNM/DLA Marbach): Contract über den Verlag von Amaliens Erholungsstunden vom 22./24.11.1790, Sign.: Cotta/ Verir. 2 Nachtrag zum Contract vom 3.12.1790, Sign.: Cotta/Vertr. 2 Nachtrag zum Contract vom 9.10.1791, Sign.: Coita/Vertr. 2 Brief von Theophil Friedrich Ehrmann an den Cotta-Verlag am 30.3.1791, Sign.: Cotta/Br. Bayrisches Hauptstaatsarchiv, München (BHSA München): Vorgang des Finanzministeriums: Catharina v. Hesse, Hofkammersekretärswitwe. 18081823, Sign.: MF 39137

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Bayrische Staatsbibliothek, München (BSB München): Brief von Marianne Ehrmann an eine Erbprinzessin vom 30.6.1789, Sign.: Autogr. Ehrmann, Marianne Pfälzische Landesbibliothek Speyer (PLB Speyer): Brief von Sophie von La Röche an Philipp Erasmus Reich vom 10.6.1783, Sign.: Autogr. 156/5. Württembergtsche Landesbibliothek Stuttgart (WL B Stuttgart): Brief von Marianne Ehrmann an Friedrich David Gräter vom 31.8,1792, Sign.: Cod. misc. 4° 30, Nr. 23 Brief von Marianne Ehrmann an Friedrich David Gräter vom 26.10.1792, Sign.: Cod. misc. 4° 30, Nr. 24 Brief von Marianne Ehrmann an Friedrich David Gräter vom 17.1.1793, Sign.: Cod. misc, 4° 30, Nr. 25 Brief von Theophil Friedrich Ehrmann an die Hermannische Buchhandlung in Frankfurt vom 24.4.1791, Sign.: Cod. hist. 4° 333a, Nr.249 Brief von Dominikus von Brentano an Friedrich David Gräter vom 24.[?]8.1793, Sign.: Cod. misc. 4° 30, Nr. 14 Stiftung Weimarer Klassik, Goethe- und Schüler-Archiv, Weimar (SWK Weimar): Brief von Friederike Jerusalem an Sophie von La Röche vom 18.2.1784, Sign.: GSA 56/11,8. Zentralbibliothek Zürich (ZB Zürich): Brief von Sophie von La Röche an Johann Caspar Lavater vom 2.3.1783, Sign.: FA Lav. Ms. 518 Nr. 26 Brief von Sophie von La Roche an Johann Caspar Lavater vom 22.6,1783, Sign.: FA Lav, Ms. 518 Nr.27 Brief von Johann Caspar Lavater an Sophie von La Röche vom 22.2,1783, Sign.: FA Lav, Ms. 569 Nr. 104 Brief von Johann Caspar Lavater an Sophie von La Röche vom 14.2,1784, Sign,: FA Lav. Ms. 569 Nr. 105 Brief von Marianne Ehrmann an Johann Caspar Lavater vom 29,7,[9.?] 1789, Sign,: FA Lav. Ms. 507 Nr. 135 Brief von Marianne Ehrmann an Johann Caspar Lavater vom 13. . 1789, Sign.: FA Lav, Ms, 507 Nr. 136 Brief von Marianne Ehrmann an Johann Caspar Lavater vom 31.12.1789 (abgeschickt am 13,1.1790), Sign.: FA Lav. Ms. 507 Nr. 137 Brief von Marianne Ehrmann an Johann Caspar Lavater vom 13.4.1790, Sign,: FA Lav, Ms. 507 Nr. 138 Brief von Marianne Ehrmann an Johann Caspar Lavater vom 1.9.1791, Sign.: FA Lav. Ms. 507 Nr. 139 Brief von Marianne Ehrmann an Johann Caspar Lavater vom 20.10.1792, Sign.: FA Lav. Ms. 507 Nr. 140 Brief von Johann Caspar Lavater an Marianne Ehrmann vom 18.11.1789, Sign.: FA Lav. Ms. 558 Nr. 19

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Zeitschriften Amaliens Erholungsstunden, Teutschlands Töchtern geweiht von Marianne Ehrmann, 3 Jahrgänge, Stuttgart (im Verlag der Expedizion des Beobachters und gedrukt bei den Gebrüdern Mantlern) 1790, Tübingen (inderJ.G. Cottaischen Buchhandlung) 1791/1792. Damen-Journal, von einer Damen=Gesellschaft (ab Heft 2: »Zum Besten der Erziehung armer Mädchen«, ab 2, Jg.: »Zum Besten des Roseninstituts«}. Der Schönsten in Deutschland gewidmet, 2 Jahrgänge, l, Jg. Leipzig (in der Churfürstl, Sachs. Zeitungsexpedition und in der Buchhandlung der Gelehrten) 1784, 2. Jg. Halle (beym Kon. Preuß. Gränzpostamt) 1785. Die Einsiedlerinn aus den Alpen. Von Marianne Ehrmann, 2 Jahrgänge, Zürich (bey Orell, GeBner, Füßli und Comp.) 1793/1794. Die Frau Zuschauerin, 1.-5. Stück, Prag (gedrukt mit Johann Thomas Höchenbergcrischen Schriften) 1785. Für Hamburgs Töchter, l Jahrgang (1.-52. Stück, 4 Bände), Hamburg (in der Heroldschen Buchhandlung)1779. Geiinde Reflexiones über die Patriotinn/In Fragen und Antworten abgefasset von Infucato Aletphilo, 1. Stück, [Hamburg] 1724. Idas Biumenkörbchen. Versuch einer Monatsschrift für Damen [hg. v. Heinrich Meltzer und Erduin Julius Koch], l Jahrgang (6 Monatsstücke Januar bis Juni), Bertin und Leipzig (bey J. Mormo und Comp.) 1793. Kalathiskos. Von Sophie Mereau, 2 Bde, Berlin 1801/1802, Reprint mit einem Nachwort von Peter Schmidt, Heidelberg 1968. Luna, für die Gönner meiner Muse. Ein Monatsblat von Caroline Friederike von Kamiensky, 3 Jahrgänge, Naumburg (aus der Uligschen Buchdruckerey) 1788-1790. Museum für Frauenzimmer von einigen ihrer Mitschwestern, 2. Quartalsband [erschienen sind damals 4 Quartalsbände], Weißenfels und Leipzig (bei Friedrich Severin) 1790. Papiere einiger Freunde. Eine Monatsschrift, 1. Bändchen, Dresden (gedruckt bey Heinrich Wilhelm Harpetern) 1781 (enthält die sechs Monatsstücke von Oktober 1780 bis März 1781). Die Patriotinn, Nr. l -6, [Hamburg] 1724 (Wochenstücke vom 13.3. bis 17.4.). Pomona für Teutschlands Töchter. Von Sophie la Roche, 2 Jahrgänge, Speier (gedrukt mit Enderesischen Schriften) 1783/1784, Reprint hg, v, Jürgen Vorderstemann, 4 Bde, München, London, New York, Oxford, Paris 1987. Rosenblatt von und für Damen, Herausgegeben von der deutschen Damengesellschaft, l, Bd., Halle an der Saale (bei J.G. Heller, Universitätsbuchdrucker) 1786. Unterhaltungen in Abendstunden, Vaterlands Töchtern geweiht. Eine Monatschrift zum Unterricht und Vergnügen von einer Gesellschaft baierischer Frauenzimmer, (ab dem dritten Quartalsband 1793: Von z woen deutschen Schwestern), l.Jg. München (gedruckt bei Franz Seraph Hübschmann) 1792, 2,Jg. Donauwörth (gedruckt mit Brunnerschen Schriften) 1793. Die Vernünftigen Tadlerinnen 1725-1726, neu hg. v. Helga Brandes, 2 Bde, Hildesheim, Zürich, New York 1993. Wochenblatt für's Schöne Geschlecht, l Jahrgang (1.-70. Stück), Ilmenau (Keyser in Erfurt) 1779, Reprint hg. v. Hans Henning, Hanau/Main 1967 (Lizenzausgabe der Ausgabe Leipzig 1967). Wöchentliche Wahrheiten für und wider die Frauenzimmer in Wien. Bearbeitet von einer freyrnütigen Gesellschaft, L-12. Stück (vom 14. Januar bis zum 1. April), Wien, Prag (in der von Schönfeldischen Buchhandlung) 1783, Wöchentliche Wahrheiten für und über die Herren in Wien. Bearbeitet von einer Gesellschaft belesener Frauenzimmer und herausgegeben von Emilie Grünlhal, L-12. Stück (vom 8. März bis zum 23. Mai), Wien, Prag (bei J.F. Edlen von Schönfeid) 1783.

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Anzeigen und Rezensionen Für Hamburgs Töchter, 1779 Ankündigung, in; Hamburgischer Correspondent, Jg, 1778, Nr. 203, o.S. Anzeige, in: Wochenblatt füfs Schöne Geschlecht, 1779,15. Stück, S. 114, l. Stück, in: Neuer gelehrter Mercurius auf das Jahr 1779 (Altona), Bd. 7, S. 72. Bd.l, in: Neue Zeitungen von gelehrten Sachen (^Leipziger Gelehrte Zeitungen), 66. Jg. (1780), S. 146. Bd.2, in: Hamburgischer Correspondent, Jg. 1779, Nr. 168, o.S. Bd.4, in: Neue Zeitungen von gelehrten Sachen (-Leipziger Gelehrte Zeitungen), 67. Jg. (l 781), S. 371/372. Wochenblatt für's Schöne Geschlecht, 1779 Nachricht in: Hamburgischer Correspondent, Jg. 1779, Nr,70, o.S, Pomona, 1783/1784 l,Jg., l, Heft, in: Strasburgische gelehrte Nachrichten, 2. Jg. (1783), 15, Stück, S. 169/170. l.Jg.. 2. Heft, in: Strasburgische gelehrte Nachrichten, 2,Jg. (1783), 20. Stück, S.236/237. 1. Jg., 3. Heft, in; Strasburgische gelehrte Nachrichten, 2. Jg. (l783), 34. Stück, S.403/404. l.Jg.,4. Heft, in: Strasburgische gelehrte Nachrichten, 2.Jg. (1783), 38. Stück, S.453/454. l.Jg., 1.-4. Heft, in: Göttingische Anzeigen von gelehrten Sachen, Jg. 1783,98. Stück, S.982/ 983. l.Jg., l,-4. Heft, in: Allgemeine deutsche Bibliothek, Bd.55 (1783), 2. Stück, S.527-529. l.Jg., 1.-4. Heft, in: Pfälzisches Museum, l.Jg. (1783/1784), 1. Bd., S. 102/103. l.Jg., 1.-9. Heft, in: Neue Zeitungen von gelehrten Sachen (=Leipziger Gelehrte Zeitungen), 69. Jg. (1783), 94. Stück, S. 766. 2. Jg., 1.-5. Heft, in: Allgemeine deutsche Bibliothek, Bd.61 (1785), 1. Stück,S.2l6-21S. 2. Jg., 4.-12. Heft, in: Supplemente zur Allgemeinen Literatur-Zeitung vorn Jahre 1785, Nr. 46 (Zweyte Lieferung), S. 184. 2,Jg., in: Der Teutsche Merkur (Anzeiger), Jg. 1784,1. Bd., S. XV. Oeffentliche Aufforderung an die Verfasserin der Pomona, ihre Schriften fortzusetzen, in: Schweizerisches Museum, 2. Jg. (1784), 2. Bd., 6. Stück, S.564-567. Vermischte Erzählungen und Einfalle zur aligemeinen Unterhaltung, 1783-1786 l.Jg., 1.-3. Stück, in: Göttingische Gelehrte Anzeigen, Jg. 1784, S.208. 2, Jg., 12.-22. Stück, in: Allgemeine Literaturzeitung, l.Jg. (1785), Supplemente, S.212, Museum für Frauenzimmer, 1790 Voranzeige, in: Journal des Luxus und der Moden, 5.Jg, (1790), Intelligenzblatt, S. XVII/ XVIII. Bd. l, in: Allgemeine deutsche Bibliothek, Bd. 97 (1790), 1. Stück, S. 149/15Ü. Bd. l, in: Oberdeutsche allgemeine Liüeraturzeitung, Jg, 1790,2. Bd., 87. Stück, Sp. 153/154. Bd. 2 und 3, in: Oberdeutsche allgemeine Litteraturzeitung, Jg. 1790, 2, Bd,, 154. Stück, Sp. 1225/1226, Bd. 1 -3, in: Allgemeine Literatur-Zeitung, Jg, 1791, Bd.2, S. 69/70, Amaliens Erhotungsstundcn, 1790-1792 Voranzeige, in: Journal des Luxus und der Moden, 4. Jg. (1789), Intelügenzbiatt, Nr. 11, S. CLXI-CLXV. l.Jg., 1. Heft, in: Tübinger (Tübingische) Gelehrte Anzeigen, Jg, 1790,9. Stück, S.65-67. l.Jg., 1. und 2. Heft, in: Gothaische gelehrte Zeitungen, Jg. 1790, Bd. l, S. 183/184.

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l.Jg., 1. und 2. Heft, in; Oberdeutsche allgemeine Litteraturzeitung. Jg. 1790, Bd.l,27, Stück, Sp. 429-432. t Jg., 3, - 6. Heft, in: Oberdeutsche allgemeine Litteraturzeitung, Jg. 1790, Bd. 2, 101. Stück, Sp. 372-374. l.Jg., in: Allgemeine deutsche Bibliothek, Bd. 111, l. Stück, S.244-246. 1. und 2.Jg., in: Allgemeine Literatur-Zeitung, Jg. 1792, Bd. l, S.379-382. 2. Jg„ 1. und 2. Heft, in: Tübinger Gelehrte Anzeigen, Jg. 1791, 23. Stück, S. 177/178. 2.Jg., 1.-6. Heft, in: Oberdeutsche allgemeine Litteraturzeitung, Jg, 1792, Bd. i, 2. Stück, Sp.25-28. 2, Jg., in: Tübinger Gelehrte Anzeigen, Jg. 1792,17. Stück, S. 129-131. 3. Jg., 1.-6. Heft, in: Liuerarische Denkwürdigkeiten oder: Neue Leipziger gelehrte Anzeigen, Jg. 1792, Bd. 2, S, 351/352. 3. Jg., 7. und 8. Heft, in: Litterarische Denkwürdigkeiten oder: Neue Leipziger gelehrte Anzeigen, Jg. 1792, Beylage, S. 147. 3, Jg., 10. und . Heft, in: Litterarische Denkwürdigkeilen oder: Neue Leipziger gelehrte Anzeigen, Jg. 1792, Beylage, S. 198/199. 3.Jg., in: Allgemeine Literatur-Zeitung, Jg, 1793, Bd. 2. S. 663/664. Verteidigungsschrift: E.W., eine Verehrerin von Mariane Ehrmann: An Teutschlands Töchter in: Journal des Luxus und der Moden, S. Jg. (3793), Intelligenzblatt, S. XIII/XIV. Die Einsiedlerinn aus den Alpen, 1793/1794 Marianne Ehrmann: An Deutschlands und Heivetiens edle, schöne, liebenswürdige Töchter, in: Museum für das weibliche Geschlecht, 1. Jg. (1792), im Anschluß an Heft 6 (Dezember), o.S. l.Jg., 1. Heft, in: Oberdeutsche atigemeine Litteraturzeitung, Jg. 1793, Bd.K 12. Stück, Sp.394-198. l.Jg., 2. und 3. Heft, in: Oberdeutsche allgemeine Litteraturzeitung, Jg. 1793, Bd. 1,48. Stück, Sp. 785-791. l.Jg,, l,-6. Heft (zusammen mit Flora, 1.-6. Stück), in: Allgemeine Literatur-Zeitung, Jg.1793, Bd.4, S. 134-l36. 2. Jg., l, Heft, in: Neue Nürnbergische gelehrte Zeitungauf das Jahr 1794, S. 172-174, 2. Jg., 7. Heft, in: Neue Nürnbergische gelehrte Zeitung auf das Jahr 1795, S. 84-86, 2, Jg., 8. und 9. Heft, in: Neue Nürnbcrgische gelehrte Zeitung auf das Jahr 1795, S.221 -224. Flora, 1793ff.

l.Jg., L-6, Stück, in; Allgemeine Literatur-Zeitung, Jg. 3793, Bd.4, S. 134-136. l.Jg., 1.-8. Heft, in: Oberdeutsche allgemeine Litteraturzeitung, Jg. 1793, Bd.2,121. Stück, Sp. 741/742. l.Jg, 1. Heft, in: Litterarische Denkwürdigkeiten oder: Neue Leipziger gelehrte Anzeigen, Jg. 1792, Bd.2, 24. Beylage, S. 208. l.Jg., 2. und 3. Heft, in: Litterarische Denkwürdigkeiten, Jg. 1793, Bd.l, 6. Beylage, S.46/47 und S. 48. l.Jg., 4.-6. Heft, in: Litterarische Denkwürdigkeiten, Jg. 1793, Bd, l, 9. Beylage, S.71/72. l.Jg., 7. Heft, in: Litterarische Denkwürdigkeiten, Jg. 1793, Bd.2,15. Beylage, S. 119. l.Jg., 8. und 9. Heft, in: Litterarische Denk Würdigkeiten, Jg. 1793, Bd. 2,20, Beylage, S. 155/156. l.Jg., 10. und l I.Heft, in: Litterarische Denkwürdigkeiten, Jg. 1793, Bd. 2,23. Beylage, S. 184. 3,Jg., in; Gothaische gelehrte Zeitungen, Jg. 1794, Bd. l, 30. Stück, S.261-263. l.Jg., Bd. l, in: Tübinger Gelehrte Anzeigen, Jg. 1793,10. Stück, S. 73/74. 2. Jg., 1.-4. Heft, in: Oberdeutsche allgemeine Litteraturzeitung, Jg. 1794, Bd. l, 59. Stück, Sp.988. L, 2. und 3, Jg., 1.-3. Heft, in: Oberdeutsche allgemeine Litteraturzeitung, Jg. 1795, Bd. 1,50. Stück, Sp. 809-811.

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2Jg., in: Allgemeine Literatur-Zeitung, Jg. 1795, Bd.l, Sp. 546-552. 2. Jg., Bd.1, in; Litterarische Denkwürdigkeiten, Jg. 1794, Bd. 2,22. Beylage, S. 171/172. 2. Jg., Bd.2, in: Litterarische Denkwürdigkeiten, Jg. 1794, Bd. l, 10. Beylage, S.80. 2. Jg., Bd. 3, in: Litterarische Denkwürdigkeiten, Jg. 1794, Bd.2,20. Beylage, S. 154/155. 2. Jg., Bd.4, in: Litterarische Denkwürdigkeiten, Jg. 1795, Bd. l, 2. Beylage, S. 16. 2. Jg., in: Gothaische gelehrte Zeitungen, Jg. 795, Bd. l, 16. Stück, S. 141/142. 3. Jg., 1. Heft, in: Litterarische Denkwürdigkeiten, Jg. 1795, Bd. 1, 3. Beylage, S, 22. 3.Jg., 2. Heft, in: Litterarische Denkwürdigkeiten, Jg. 1795, Bd. l, 5. Beylage, S.39/40. 3.Jg., 4. Heft, in: Litterarische Denkwürdigkeiten, Jg. 1795, Bd. l, 10. Beylage, S. 76/77. 4.Jg., 1. Heft, in: Litterarische Denkwürdigkeiten, Jg. 1796, Bd.l, 4. Beylage, S.29/30. 4. Jg., 5. Heft, in: Litterarische Denkwürdigkeiten, Jg. 1796, Bd. t, 11. Beylage, S.84. 4. Jg.,6. und 7. Heft, in: Litterarische Denkwürdigkeiten, Jg. 1796, Bd. 2,16. Beylage, S. 124/125. 4. Jg., 9.-12. Heft und 5. Jg., 1. Heft, in: Litterarische Denkwürdigkeiten, Jg. 1797, Bd. l, 2. Beylage, S. 9/10 und S. 10-12, 5. Jg., 2.-S. Heft, in; Litterarische Denkwürdigkeiten, Jg. 1797, Bd.l, 11. Beylage, S.86-88. Unterhaltungen in Abendstunden, 1792/1793 Nachricht, in: Journal von und für Deutschland, 8. Jg. (1791), Umschlagseiten des 5. Stücks, o.S. 1.Jg., l,-6. Heft in: Oberdeutsche allgemeine Litteraturzeitung, Jg. 1792, Bd.2, 94. Stück, Sp. 257-262. l.Jg., in: Oberdeutsche allgemeine Litteraturzeitung, Jg. 1793, Bd. l, 10. Stück, Sp. 153-155. Idas Blumenkörbchen, 1793 Voranzeige, in: Journal des Luxus und der Moden, 8. Jg. (1793), Intelligenzblatt Nr. l, S. VIII. 2, Heft, in: Litterarische Denkwürdigkeiten, Jg. 1793, Bd.l, S.48. Bd. l und 2, in: Atigemeine Literatur-Zeitung, Jg. 1794, Bd. l, S. 397/398. Oekonomisches, moralisches und gemeinnütziges Journal für Frauenzimmer, 1794/1795 l.Jg., 1. Heft, in: Litterarische Denkwürdigkeiten, Jg. 1795, Bd.2, S.277/278, l.Jg., in: Allgemeine Literatur-Zeitung, Jg. 1797, Bd.4, S.552. Zu Franz Rudolph Grossing und seinen Frauenjournalen Ankündigungen, in: Strasburgische Gelehrte Nachrichten, 2. Jg. (1783), 86. Stück, S. 1Ö25/ 1026. Die Kirche und der Staat von F.R, von Grossing, in: Allgemeine deutsche Bibliothek, Bd.59 (1784), 2. Stück, S. 547-553. Crossings Pabstengeschichte, in: Allgemeine deutsche Bibliothek, Bd.59 (1784), 2. Stück, S. 553-565. Damen-Journal, in: Altgemeine Literatur-Zeitung, Jg. 1785, Bd.l, S. 150-152. Grossings Papstengeschichte, in: Allgemeine Literatur-Zeitung, Jg. 1785, Nr. 16, S. 70, Verschiedene Erzählungen Grossings, in; Allgemeine Literatur-Zeitung, Jg. 1788, Nr.22, Sp.227-230. Weitere Rezensionen (in chronologischer Folge nach dem Erscheinungsjahr der Rezension) [Sophie La Röche:] Geschichte des Fräuleins von Sternheim, in: Göttingische Anzeigen von gelehrten Sachen, Jg. 1771,118. Stück, S. 1023/1024. - Geschichte des Fräuleins von Sternheim, in: Neue Braunschweigische Zeitung, Jg. 1771, Nr. 160,5.4 und Nr. 161, S.4. - Geschichte des Fräuleins von Sternheim, in: Frankfurter gelehrte Anzeigen vom Jahr 1772, 638

S. 100-102, Nachdruck als: Deutsche Litteraturdenkmate des 18, Jahrhunderts, hg. v, Bernhard Seuffert, Bd.7.8, Heilbronn 1883, S.85/86. - Geschichte des Fräuleins von Sternheim, in: Erfurtische gelehrte Zeitungen für das Jahr 1771,5. Stück, S.35-37. - Geschichte des Fräuleins von Sternheim, in; Allgemeine deutsche Bibliothek, Bd. 16 (l772),2. Stück, S.469-479. - Geschichte des Fräuleins von Sternheim, in: Hamburgischer Correspondent, Jg. 1771, Nr. 113,o.S. - Geschichte des Fräuleins von Sternheim, in: Auserlesene Bibliothek der neuesten deutschen Literatur, Bd. l (Lemgo 1772), S.202-227. Ankündigung einer neuen periodischen Schrift für das Frauenzimmer, in: Hannoversches Magazin, Jg. 1774,16. Stück, Sp. 241-250. Gedichte von Philippine Gatterer, 1778 in: Allgemeine deutsche Bibliothek, Bd.37 (1779), 2. Stück, S. 476-478. Gedichte von Philippine Engelhard, geb. Gatterer, 3782. in: Allgemeine deutsche Bibliothek, Bd. 54, l, Stück {l783), S. 157/158. Idyllen und Lieder von Traugott Christianen Dorotheen Lilien, geb. Löberinn [1784], in: Götringische Anzeigen von gelehrten Sachen, Jg. 1784, S. 1776. Idyllen und Lieder von Traugott Christiane Dorothea Lilien, geb. Löberin, in: Allgemeine Literatur-Zeitung, Jg. 1785, Bd. l, S. 134. Vorlesungen über die Geschichte fürs Frauenzimmer, 3. und 4. Bd., in: Allgemeine LiteraturZeitung, Jg. 1785, Bd. 3, S. 180. Amaliens Krämchen zu einer angenehmen und nützlichen Unterhaltung für ihr Geschlecht [hg. v. Christine Dorothea Gürnth], 1786, in: Allgemeine Literatur-Zeitung, Jg. 1786, Bd. 3, S.334. Amaliens Krämchen, in: Schlesische Provinzialbiätter, Jg. 1786, Bd. 4, 8. Stück, S.225-228. - in: Gothaische gelehrte Zeitungen, Jg. 1786, Bd.2, S.502/503. - in: Allgemeine deutsche Bibliothek, Bd. 76 (1787), l . Stück, S. 125. Sammlung kleiner Schriften und Poesien von Emilie von Berlepsch, 1. Teil (3787), in: Allgemeine Literatur-Zeitung, Jg. 1787, Bd.4, Sp. 598-600, Neujahrsgeschenk für Hebe Kinder von Philippine Engelhard, 1787, in: Allgemeine deutsche Bibliothek, Bd.80 (1788), 2. Stück, S. 556. Neue Monatsschrift für das schöne Geschlecht von Christian August Peschek, 1786, in: Allgemeine deutsche Bibliothek, Bd.76 (1787), 1. Stück, S.303/304. Lehren und Erfahrungen für junges Frauenzimmer, von der Verfasserin der Abendbetrachtungen und Abendgedanken eines Frauenzimmers, auch des Unterrichts in der Küche und Haushaltung [d.i. Johanne Katherine Schulze], 1786, in; Allgemeine deutsche Bibliothek, Bd.79 (1788), 2, Stück, S.607/608, Kleine Fragmente für Denkerinnen, von der Frau Verfaßerin der Philosophie eines Weibes [d.i. Marianne Ehrmann], 1788, in: Tübinger gelehrte Anzeigen, Jg. 1788,64. Stück, S. 505507 (falsch ausgedruckt als S.405-407). Poetische und prosaische Versuche von Susanne v, B., geb. von Franklin, in: Allgemeine deutsche Bibliothek, Bd.80 (1788), 2. Stück, S.439-441, hier S.439. Gedichte von Karoline Christiane Louise Rudolphi, Zweyte Sammlung, hg. v. Joachim Heinrich Campe, Braunschweig 1787, in: Allgemeine Literatur-Zeitung, Jg. 1789, Bd. I, Sp. 277/ 278, Wochenblatt für Damen, 1. Bd., 1789, in: Allgemeine Literatur-Zeitung, Jg. 1789, Bd. 3, Sp. 656. Skizzen aus dem Leben galanter Damen. Ein Beytrag zur Kenntniß weiblicher Charaktere, Sitten, Empfindungen und Kunstgriffe der vorigen Jahrhunderte, 1789, in: Allgemeine Literatur-Zeitung, Jg. 1789, Bd. 3, Sp, 510-512. Der Damenpikenik oder Auswahl einiger in der Versammlung abgehandelten Aufsätze und Erzählungen, 1789, in: Allgemeine deutsche Bibliothek, Bd.97 (1790), S. 139/140, W.fieland]: Historischer Calender für Damen für das Jahr 1791, in; Der Neue Teutsche Merkur, Jg. 1791, Bd. l, S. 197-23 3.

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Handarbeiten, weibliche 90, 108, 206, 210/ 211, 217, 227, 229/230, 457, 484/48.5, 491, 494,509,517, 519, 522, 551,572, 580 Handel/Kaufleute 89,98,330, 338, 516/517 Handwerk 89, 98,330,338 Hannoversches Magazin 166 Harem 134,470,538 Haus 5, 14, 58, 152, 217, 458, 474/475, 479, 481, 486/487, 498, 509/510, 527, 532, 543, 585-588, 590,596, 598 »Haus, ganzes« 5,474/475 Haus, offenes 11/12, 79, 458, 478, 492/493, 502,508-510,596 Hausarbeit/»häusliche Geschäfte« 31, 52, 76, 90, 92,128,140. 160, 192, 206/207, 225, 246, 250, 314, 331, 391, 404, 406, 452, 457, 471-492, 506/507, 526/527, 541, 545, 550, 553, 557, 561/562, 585, 594 Hausfrau/Frau des Hauses/Hausmutter 5, 9, 88, 128,161,164,176,206,230,250, 316, 461, 468, 471, 473^76, 479/480, 482, 484487, 491, 492, 499-503, 509, 515, 520, 523, 532,559,562, 564, 569, 582,585-587 Hausherr/Haushaltsvorstand/Hausvaler l, 5,321,343,465,474/475,479,486,500,509, 515,542,564,587,598 Hausherrschaft 5, 10, 137, 465, 472-475, 486,493, 550,569, 585-587 Haus{ökonomie)literatur 69,160-164,200, 438,473-475,479,587 Hauswirtschaft/Hausökonomie/Haushall 8,23,31,44,58,63,69,87,98,123,134,146, 148, 155, 160-164, 201, 205-212, 218, 304, 308, 331, 345, 390, 432, 438/439,448, 457459, 464-466, 468, 471^192, 492^94, 511, 555-557, 586-588,596 Heiratsversprechen 132 »Heldenmutter« 579/580,584 Heroismus 533,537, 578-585 Herrschaft, indirekte weibliche/informelle Macht von Frauen (siehe auch »Weiberherrschaft«) 460/461, 466, 468-470, 488, 518, 525/526, 531, 537, 565/566, 570, 572/ 573,583,587/588 Herrschaft, politische 98/99, 155, 466, 468, 546, 565,570, 576,580,587/588 Hildesheimisches Magazin 166 Hinrichtung 34,469, 568/569,580 Historiographinnen 546/547 Historischer Calender für Damen 314, 363, 367 Historismus 534 Hof/Hofgesellschaft/-leben/-staat 78/79,

98/99,134,137,155,170,213,215,265,267, 278, 317, 329-336. 340, 344, 354, 364. 371. 394, 406, 440, 458, 461, 466, 470, 487, 494, 500, 511, 515, 522. 524. 539, 546, 550, 554, 560, 564-573,576,579,579 Honorar 161, 208, 213, 217-220, 222, 227, 234, 247/248, 252, 256, 258, 264, 271, 286/ 287, 290,295, 298,304, 306,436,592 Die Hören 255 Huldigungsgedicht/-schrift 155, 173, 241, 265, 267,323,525 Idas Blumenkörbchen l SO/181 Iduna 32 llluminaten 340,356, 364, 589 Industrie-, Armen- und Landschulen 161, 176,311 Iris 26,43, 45,48/49, 53,80/81, 84,134, 248, 365,433, 436-438 Jahrbuch zur Erläuterung der Denkwürdigkeiten des schönen Geschlechts 83/84 Jakobinismus 356 Jenaische gelehrte Zeitung 237 Jou rnal d 'Etat et du Citoyen 40 Journal de Monsieur 39 Journal des dames 38/39 Journal des Luxus und der Moden 111, 165, 180,223,246.301.523 Journal für deutsche Frauen 308,595 Journal von Tiefurl 170/171, 333 Journal von und für Damen 3 58/159 Journal von und für Deutschland 144, 157, 261,364,444 Journale, gelehrte (siehe auch Literaturkritik) 20, 24, 33, 45, 69, 198, 289, 355, 419/ 420,443 Juden/Jüdinnen 182,201/202, 353/354, 508, 585 Kaluthiskos 31 Kaufbeurer gemeinnütziges Wochenblatt 81 Keuschheit 56, 72, 94, 154, 190, 478, 484, 574,580 Kindererziehung 11, 55, 69, 79, 148, 152, 157, 159, 161, 166, 206, 236-238, 246, 399, 438, 472, 476-478, 482/483, 489^192, 493/ 494,516, 529,550,587/588 Der Kinder freund 275 Kinderzeitschriften 159,362 Kindsmord 131/132,489 Kirche/Geistlichkeit 89, 138, 182, 215, 330, 338, 343, 363, 389, 419, 492, 495, 528, 542, 546,551,556

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Klassen, arbeitende 137,157,311,355,361, 433,483,485. 529, 532 Klassik 24,42,99-101, 287,305,421 Klatsch/Geschwätzigkeit 90, 121, 125, 166, 174, 183, 304, 392, 396/397, 431, 480, 493, 495/496 Kleiderordnung 390, 400,511,516, 522/523 Kleidung 479/480, 497^99, 501, 504, 506, 511,514-519,523/524,576,580 Kleine Frauenzimmerbibliothek 84 Kloster/Orden 79/80,94,117,138,182, 556 Koliekteure 60, 85, 257-263, 266/267, 270/ 271, 278-281, 285, 295, 305/306, 321, 324, 326-328, 332, 339/340, 343, 346/347, 352, 371,428,528,551 Kolonialismus 577/578 Kommission 196, 258/259, 268, 270, 273, 285, 289, 328 Konfession/Konfessionsstreit 77/78,99, 104,115, 138, 173, 201, 352/353, 508, 568, 570,572,579/580 Konservatismus 56, 98, 190, 312, 361/362, 430,553 Konsumverhalten 316, 473, 487, 510, 517, 523,588 Konversation 496/497, 500-505, 508/509, 594 Krankheit 73, 90, 118-120, 122, 170, 208, 221/222, 253, 290, 408, 472, 476, 487/488, 491,494, 505/506, 512, 529/530, 541, 557 Krieg 83, 89, 106, 109, 134/135, 402, 530, 532, 539,542/543, 562,567,573-585, 588 Kryptonym 142, 172, 218, 226, 234, 24l/ 242,254,306,386.390,416 Kulturpessirnismus/-kritik 56/57, 131, 156, 315,430,489,513 Kunst/Künste/Künstler/Künstlerinnen 68, 74, 89, 101, 110, 215-217, 238, 250, 307, 339, 363, 419, 422/423, 447, 449. 452, 515/ 516,527,537,541,558,562,594 Ladies' Diary 34 The Ladies' Library 28,36 Ladies' Mercury 34 The Lady 's Magazine 34,37, 290 Lady 's Magazine & Museum of Belles Lettres 37 The Lady "s Monthly Museum 37/38 Lady $ Museum 37 Lady's Weekly Magazine 37 Landbevölkerung 89,97,187,274,348,366, 461,473,484, 550 Landleben 83.97. 382, 416/417

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Landwirtschaft 87,98,474,513 Langeweile 32, 90,389, 480, 485 Laster 166,184, 190,292,416,478,578 Laster, weibliche/weibliche Schwächen 25, 36, 124/125, 173, 178/179, 300, 392, 394403, 431, 488, 521, 535/536, 564, 565/566, 570 Laiemkenntnisse 68/69,76,91/92,104,109, 113,171, 200, 243, 314, 333, 365, 389, 549, 551-554,563 Lausitzixches Magazin 112/113 Leichenpredigten 540 Leidenschaft(en) 63, 72/73, 104/105, 387, 477, 494, 496, 514, 520, 541/542, 568, 570, 582 Leihbibliothek 143, 203, 310, 316, 320/321, 325, 327, 354, 357, 360-362, 364-368, 370, 450,452 Leipziger gelehrte Zeitung 262,427 Leipziger Monatsschrift für Damen 595 Leipziger Taschenbch für Frauenzimmer zum Nutzen und Vergnügen 31,308,363, 365,595 Lesefähigkeit 5, 20, 25, 203, 310/311, 335, 450 Lesegesellschaft 203/204,310,320/321,324/ 325, 327/328, 354-368, 370, 373, 392/393, 450,452,527 »Lesesucht«/»-wut« 25, 69, 104/105, 292, 310-312,314-317, 361,450,452 Leserbriefe 21, 68, 86/87,97,159, 226, 23l/ 232,237, 255, 294, 306, 310, 318, 342, 350, 368/369, 372^17, 451, 453, 462, 504, 511, 592 Liebe 55,63, 72,115,466, 531, 542,555/556, 569,572,575,581-583 List, weibliche 526, 566,568, 580 Literaturkritik/Rezensionswesen 23/24,30, 42, 49. 52, 61, 66, 69-72, 79, 104,112, 115, 118, 129, 137, 139/140, 144, 147, 160-162, 164, 177, 179, 191/192, 196/197, 224, 23l/ 232, 234, 246, 261/262, 265, 268, 283, 289, 291-294, 304, 310, 317/318, 319, 348, 368/ 369, 376, 378, 395, 416, 418-450, 452/453, 464, 525, 535,544,552, 560,593 Litterarische Denkwürdigkeiten 436/437 Luna 29, 104, 106-111, 115, 159, 204/205, 223, 226, 244-246, 255, 263, 342, 358, 373, 440/441, 449. 456, 472, 527, 538/539, 561, 584 Luxus/Luxuskritik 56, 98, 127, 131, 166, 183, 190, 232, 390/391, 400, 413, 430, 464, 487,493, 495/496,511, 513-517,523 , 570

Mädchenerziehung (siehe auch Frauenbildung} 36, 55, 76, 93-95, 101, HM, 116, 120,126, 130, 152, 155, 159,174,193, 200, 335, 379, 381, 398, 403, 463,478. 548, 550, 573-575,592 Mädchenschulen 94,130/131, 176,191,20», 335,398,400,484, 548,573 Magazin 34, 37,227, 305/306 Magazin dex adolescentes 159 Magazin des entfants 39,105, 159 Magazin des jeunes dames 28, 39, i05, 159, 558 Magazin für Frauenzimmer 26/27. 48, 81, 83/84,210,246,340,363 Magazin für junge Frauenzimmer 28, 159 Magazin fit r Kinder 159 Malerei 68,215, 217, 241,478,537 Männer(erwerbs)arbeit 9/10, 93, 213-215, 308, 331, 346, 474/475,490, 494, 587 Männergeschichte 109/110,542,585 Männerkritik/-schelte 102, 124-126, 130. 139/140, 157, 159, 165/166, 175, 178/179. 183-185, 193-195, 205, 224, 228-230, 304, 394-403, 408^10, 412, 414-416, 429, 431, 516,571 Männlichkeit 156, 439, 465, 488/489, 514, 542/543,589 Markt, literarischer 13, 45, 52. 93, 115, 189, 202, 214, 256, 261/262, 270, 272,282. 305309, 311, 316, 318, 328, 348, 352, 361, 372, 419/420.440,444, 448,450, 451, 593/594 Mäßigkeit/Mäßigung 44, 110, 390/391,481, 488,511/512,515/516,522 Mätresse 233,538/539, 565,571-573 Mä/enatentum/Patronage/Protektion 213-215,245, 257, 261, 264-267, 272, 277/ 278, 281, 288, 293, 319, 321/322, 324/325, 327/328, 331-335, 339, 343-344, 371, 451, 548,558 Die Meinungen der Babel 181 Melancholie/Schwermut/Hypochondrie 73. 105,122,143,505/506,515,538 Mercure national 40 Merkantilismus 273,532/513,519 Merkur für Damen 84 Mesalliance 72.118,302 Militär 89, 234, 302, 330, 336/337, 468/469, 519, 541-543, 567, 576, 580/581, 588, 597 Mittelalter 88, 106. 145, 169, 484, 505, 548, 556 »Mittelstand« 162, 459, 461, 471/472, 481, 483,491,501 Mode/Modekritik 26, 37, 56, 67, 72, 128,

131, 133/134, 166, 174, 232. 236. 238. 397, 400, 402, 416, 430/431, 464, 472, 480, 491, 494, 496.498, 503.511-524,527 Modezeitschriften 26, 31, 309,402, 520/521 Monarchie (siehe auch Absolutismus) 40, 134, 356,465, 470,564.574,576.587 Monatsschrift für Damen 191, 195 Morallchre/moralische Belehrung 25, 29, 32. 42, 54,67, 107. 109, 114, 128, 131, 144, 147/148, 152, 157, 165, 173, 202, 205, 246, 268, 299/300, 305, 313, 363, 366, 376/377. 388, 391, 394, 401, 429, 432,434, 446, 457/ 458, 464,498,534.538.544,590, 594 Morgenblair für gebildete Stände 32, 309, 593 Mündigkeit 93,343 Musenalmanache/Taschenbücher 25/26, 31/32,37,47.114,218,268,308,365,595 Museum für Frauenzimmer 29, 44, l i l— 115, 199-202, 204/205, 223, 226, 244-246, 255. 263, 342, 358, 373, 440/441, 449, 456, 472,527,538/539,561,584 Musik/Musizieren/Musiker/Musikerinnen 68,77,104,215,217/218,241,361/362,457, 478, 534, 537, 550, 579 Mutter, ledige (siehe auch Schwangerschaft, uneheliche) 137.158,233,490 Mutterschaft/Mütterlichkeit 39, 54, 61, 75, 93,98, 102, 113,138,152,161, 170,200/201, 209, 274/275, 377, 380/381. 390/391. 399, 4ü7^t09, 427/428, 438, 457, 460/461, 463, 468/469, 476-478. 482/483, 489-492, 497, 526, 530, 543, 548, 550, 554/555, 561-563, 575, 580, 583/584 Mythos/Mythologie 109, 532, 561, 573-579 Nachdruck, unautorisierter 181, 209, 219, 261, 264,271-276,289,327, 352 Nachrichten, politische 134/135, 139, 246/ 247. 290, 304, 343, 433 Nation/Nationalstaat/Nationalbewußtsein/ Nationalismus 156, 349, 413, 433, 512527,533,537,560,579 »Nationalcharaktere« 514/515, 518, 525, 559/560 Nationalliteratur 42,215,349 Nationalökonomie 40,98,195.473/474,513 Nationaltracht 516.522-524 Natur/»Natur«/»Natürlichkeit« 52, 72. 83/ 84,87,97,232,247,382,404,406-408,410412, 416, 422/423, 426, 442. 460, 462/463, 468. 470, 488/489, 494. 505, 518, 540/541, 552, 565, 578, 580/581. 584, 596/597. 539, 561

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Neue Monatsschrift für das schöne Geschlecht 423 Neue Nürnbergische gelehrte Zeitung 434 Neue Pariser Modeblätter 32, 309 Neue Unterhaltungen 105 Neuer gelehrter Mercurius 445 Neuer Teutscher Merkur 106, 314, 381 Neues Magazin für Frauenzimmer 27 Nonsense of Commonsense 36 Der Nordische Aufseher 23 Notenbeilage 114, 123, 149, 249, 271, 276, 286 Nouveau magaiin frangais 39,159 Nürnberger Kinderzeitung 362 Oberdeutsche Allgemeine Lilieraturzeilung 147, 395, 429^t33, 435/436, 438,441, 447449,464 Oberrheinische Unterhaltung für Kinder 362 Oekonomisches, moralisches und gemeinnütziges Journal für Frauenzimmer 29,160164,201/202,205,223,264,438,471 Old Maid 37 Orient 470, 538,547,574 Papiere einiger Freunde 30, 171-175, 259, 445,495 Parlament, englisches 526 Parodie/Satire 121/122, 125, 165-167, 174, 176, 179, 183/184, 186-191, 191/192, 212, 224, 264, 305, 321, 324, 339, 385, 392, 397, 401/402,424,437/438,444,521,524,544 The Parrot 36/37 Der Patriot 178 Die Pairiotinn 178/179 Patriotismus 41,44, 135,156, 363, 173,205, 255, 275, 285, 340, 350, 470, 510-527, 53l/ 532,537, 580, 583/584,596 Pfälzisches Museum 427 Pfarrhaus 60, 77,171,202,330 Philantropismus 55,94, 102,324,478 Pietismus 76, 172 Poeten, gekrönte 169-171,445,553,563 Politik/Politisierung 35/36, 39-41,98/99, 134-137, 139, 155/156, 192, 195, 246/247, 290, 304, 316, 341, 356, 361, 433, 452,458, 466-470, 509, 510-512, 523, 526/527, 542, 546, 586-588, 593/594,597/598 Pomona 29, 43, 45, 47-49, 72, 75, 81-103, 104, 110, 112, 129, 146, 203-205, 209/210, 224-226, 227-232, 239-244, 255, 259, 261, 263/264, 264-271, 274-278, 319/320, 322-

688

324, 327, 331-335, 337, 339/340, 341, 344, 346-354, 362-365, 369-371, 373-380, 380389, 392, 404-409, 410-418, 426-429, 442, 458^63, 472, 478-483, 498-505, 510/511, 513-520, 527-530, 537/538, 540-543, 545, 557,573 Post 53, 119, 256-264, 266, 269, 278-282, 285-288, 320, 326-328, 339, 346/347, 366, 370,375 Der Prager Zuschauer 185/186,189,191 Preise für Druckerzeugnisse 53,66,85,108, 114,123, 148, 163, 165,172,177, 189, 203, 257/258, 273-275, 286, 310, 319, 321, 356/ 357,368,441, 454 Prostitution 6, 132, 154, 158, 193, 467, 487, 521 Pseudonyme 21,27,35-37,60,62,111-113, 115, 161/162, 186, 198, 200, 218, 234/235, 242-246, 249, 251, 254, 306, 374/375, 418, 423,453 Querelle des femmes 64,145,175,394,532/ 533,536, 576 Quintessence des nouvelles historiques, critiques, politiques, morales et galantes 38 Rechtsstellung der Frau 39, 41, 141, 526, 531,576,598 Reform 136,182,356,512 Regentschaft (siehe auch Fürst und Fürstin) 469,542,564,569-571, 576 Reiseliteratur 36, 82/83,106,128,134, 204, 243, 247, 253, 268, 291/292, 355, 363, 365, 403,432,504,547 Reisen 82, 221, 239, 269, 281, 323, 386, 458/ 459,518,577 Religion/Religiosität (siehe auch Konfession) 5, 12, 54/55, 97, 99, 104, 128, 134, 138, 148, 156, 160/161, 166, 168, 172/173, 177, 232, 248, 292, 312-314, 316/317, 367, 404, 410/411, 419, 457, 466, 473, 477, 479, 482, 486, 491, 515, 527, 543, 546, 552/553, 570-572, 580,587 Republik 9,39,134,470,511,570,574,576, 578,589 Revolution 9, 14, 31, 33, 38-42, 134/135, 156, 292, 312, 466/467, 525/526, 530, 543, 575,579, 593 Roman 22, 35, 37, 54, 69, 79/80, 93, 100, 105,111, 113, 116, 118,128,139, 150,160, 176,189,200, 228,240,243,267,289,292294, 296, 299-302, 312/313, 315-317, 346, 355/356, 360/361, 365/366, 376, 407, 415, 422, 424, 425/426, 457, 478

Rosenblatt von und für Damen 195 Rosenfest 95,528 Rose norden 193-197, 324.529

158, 191,

Les Saisons litteraires 38 Salons 2, 4, 9, 38, 202, 239, 353, 504/505. 508/509,558 Scham/Schamhaftigkeit 56, 85, 95/96, 154, 190,240,322,386,498,519 Schauspielerin 6, 113, 117, 154, 157, 204, 217,250/251 Scheidung 41, 117, 129, 138, 143, 165,200, 241,345,489,550,572 Schlesische Provinzialblälter 447 Schminke 72,183, 367, 518/519 Schriftsteller, freie r/B erufsschriftst eller 213-216,307 Schwangerschaft 471,477,550, 555, 575 Schwangerschaft, uneheliche (siehe auch Mutter, ledige) 72,131/132,153,291,300 Schweizerisches Museum 378/379 Selbstmord 132,181,240,277,530,583 Selbstverlag 81, 85, 119, 201, 209, 218, 220, 222, 256-263, 264, 267-271, 274-278, 281, 282-285,305,308,318,328,335,342, 595 Selene 595 Sexualität {siehe auch »Unzucht« und Verführung) 72,131-133,152-354,165,193, 205, 233, 528, 555,567, 569, 572, 574/575 Die Sichtbare 23 Sinnlichkeit 132, 148, 169, 233, 317, 485, 487,571/572 Sitten 20, 32, 37, 89, 95, 156, 177, 413, 416, 428,461,491,513-516,518,524, 530,569 Sittengeschichte 134,192 Sittenrichterin 56, 96, 167, 178, 190, 377/ 378,461,469,515,558,572 »Siltenverfali« 56, 131, 155, 166, 183, 190, 394-401, 461, 464, 476, 537, 567, 570 Sklaven/Sklavenhandel 251/252, 485, 571 Sozie tat/Assoziation 2, 99, 199, 324, 340, 349,357,497,510,512,588/589,597 Sparsamkeit 57, 99,136, 390,459, 471,4SI, 487,491,4%, 517,522,529 The Spectator 20,23, 27, 168,187,203, 333, 551 »Spielsucht« 183, 464,489, 494,497 Staat 5,58,156,163,215,460,466,468-^70, 484, 499, 523/524, 53t, 544, 566/567, 570, 572, 575/576,585-589 Staatsbürgerschaft l, 41,531, 589,597 Staatsräson 585

Stände, gebildete/die Gebildeten 3-5, 13/ 14,24/25, 80, 82.88-90,135.173-175,195/ 196, 199-201, 203, 206/207, 214-218, 245, 257, 266, 277, 305/306, 310-318, 321-324, 330/331, 335-341, 346, 348, 352/353, 355362, 368, 377, 390/391, 422, 434, 438. 449, 450-454, 455, 458, 466, 470, 471/472, 474, 479-484, 488/489, 491, 492-510, 511, 516, 522/523, 529, 531, 534/535, 559, 581, 585590, 593/594, 596/597 Stände, niedere siehe Klassen, arbeitende Ständegesellschaft l, 3, 98, 136. 215, 308, 330, 344/345, 516, 523, 587 Stiftsdame siehe Damenstift Stillen 79, 137, 477, 489/490, 574 Strasburgische Gelehrte Nachrichten 19l/ 192, 427 Sturm und Drang 131 Subskription/Pränumeration/Subskribentinnen/Subskribenten 81,257-263,266/267, 271, 275, 278/279, 281, 283, 287-289, 304, 318-329.329-373, 450/451,527, 565,595 Subskriptionslisten 257, 259,263,265,276, 279, 281, 286, 288, 318, 319-329, 329-371, 393,401,429,448,450,451/452,596 Tanz 76, 478, 494, 505-507, 529 Taschenbuch für Damen 595 Taschenbuch für edle Weiber und Mädchen 31 The Tatler 20, 35 Tea Table 36 Teutscher Merkur 70/71, 81, 85, 247, 255, 267/268,428, 535 Theater 117,153/154,492,495 Theresie und Eleonore 22, 26, 340 Topos der törichten Mutter 126. 154, 478, 550 Topos der Veröffentlichung wider Willen 68, 112,161,180, 239, 422, 424 Tübinger gelehrte Anzeigen 293, 432, 436 Tugend/Sittlichkeit 21, 32, 83, 96,177, 255, 265, 367, 432,462, 466, 479, 494, 496, 507, 512, 516/517, 524-527, 530, 534, 557, 583, 587 Tugend, weibliche 51, 54-56, 72, 88, 91/92, 95-97, 115, 128, 139, 148, 150. 152-156, 163, 165, 190, 194, 205, 232/233, 234, 240, 242, 250, 256, 262, 300, 302, 381, 383, 386, 388, 405, 413,417,421/422, 425, 450, 456-467, 475, 478/479, 485, 498, 503, 519, 527/ 528, 532, 535/536, 543, 548, 551, 557, 559, 561-563,565, 569,571/572, 580,592

689

Tugenden, bürgerliche 57,99,136/137,416, 462,470,475, 496,514,517,569 Tugenden, männliche 194, 405, 475, 501, 578,585 Tugend preis/-fest 95/96 Ulmer Inlelligenzblatl 28 Ungleichheit der Geschlechter 8. 27, 30, 44,93,130/331,204,243,293,436,455/456, 462/463, 468, 470, 502, 531, 570, 586, 5887 589,591,594,596-598 Ungleichheit, soziale 57/58,97/98,115,136/ 137,156,193, 241, 364, 471, 481, 485,491, 499/500,508,516,522,529 Urtiversitäl/Studium/Sludenien 150,169/ 170, 209, 335-338, 343, 352/353, 355, 533, 548/549, 552, 557, 562, 589 »Unschuld« siehe Keuschheit Die Unsichtbare 23 Unterhaltung 20, 23, 25, 29, 32-34, 41, 87, 93, 107/108, 111, 114, 134. 139, 144, 147, 168, 172/173, 202, 205, 3CX), 304/305, 356, 394/395, 434, 437, 492, 496, 499, 529, 536, 538,555,561,594/595 Unterhaltungen in Abendstunden 29, 44, 72, 115/116, 142-158, 195, 200/201, 204206, 223, 254/255, 259, 264, 319, 328, 329, 331/332, 335, 337-340, 342-344, 346-352, 367, 369-372, 373, 446^49, 457, 490-492, 497/498, 522, 524/525, 529/530, 538/539, 556/557, 561-564, 565-569, 571/572, 579581 Unterhaltungsliteratur 35, 42, 70, 72, 181, 203, 300, 307,309,314-317, 355 Unterschichten siehe Klassen, arbeitende »Unzucht« 131-133, 153/154, 166/167, 205, 528 Urheberrecht 219,226 Vaterschaft 76/77,98/99,399,403,408,412, 478, 482/483, 489, 492, 494, 548, 553/554, 556, 575/576, 579, 584 Verbrechen/Mord 487, 566-569, 575/576, 583/584 Verbürgerlichung (des Adels) 98, 336-338, 466,496,500,544, 569,572 Verein siehe Sozietät Verführung 55, 72, 131-133, 139, 153/154, 178/179, 184/185, 190, 232, 251, 398, 567, 585 Vergewaltigung 583,585 »Vergnügungssucht« 477,489,494,528 Le Veritable Ami de {a Reine au Journal des Dames 41

690

Verlag/Verleger 49, 53, 119, 141, 161, 175/ 176, 186, 201, 208, 213, 218-221, 221/222, 252, 255, 256-264, 267-278, 281/282, 282305, 305-309, 329, 342, 435/436, 592/593, 595 Vermännlichung 495, 526, 557, 566, 570, 580 Vermischte Erzählungen und Einfalle 30, 44,175-177,445 Die Vernünftigen Tadlerinnen 21-23,26,45, 49,146,550/551,578 Vertrieb 35, 61, 66, 202, 2! 8, 220, 221 /222, 256-264,266,269-274, 278-282, 285, 305307, 318-329, 339,346-352, 370,378, 595 Verwa nd tscha f t 321,324/325,335,345,370/ 371,469,481,548,551 Ver we i bl ich ung/» Weiberknecht« 125/126, 133/134, 173, 185, 304, 316, 399, 465, 467/ 468, 470, 489, 493, 495, 521, 543/544, 557, 570,584 »Vielschreiberei« 311 Völkerkunde 25, 134, 139, 148, 247, 290, 304, 468. 539, 545 Volksaufklärung 203, 311/312, 529 Vorrede 22. 27, 71, 86, 102, 107, 122-124, 139, 145-147, 157, 162/163, 168-171, 179/ 180, 183, 195, 203/204, 206/207, 210, 223, 236, 239, 246, 256, 265, 267,296, 303, 342, 372, 3727373, 403/404, 418, 422, 424, 426, 432, 438, 444, 446-449, 457, 490, 533, 561, 576 Vorzeit, germanische 156, 183, 464, 519, 524,537,543,583 Wäsche/» Weißzeug« 479/480 Wandering Spy 35 Der Wandsheker Bole 321 .iWeiberherrschaft« 74, 465, 468, 489, 564573, 590 Weiberschelte 46, 125/126, 139-141, 179, 183, 304/305, 391/392, 394-403, 431, 488, 520,537 Das weibliche Orakel 340 Weiblichkeitsideal/-diskurs 4,7/8,13/14, 28-31, 39, 46-49, 55, 88, 95, 103, 141/142, 150. 161, 206, 208, 210/211, 305, 307, 359, 383, 422, 442, 449, 455^71, 506, 518/519, 543, 563/564, 578, 585/586, 589/590, 593, 596 Wissenschaften 23/24, 89, 419, 432, 447/ 448, 452, 509, 535, 523, 533, 535, 539-541, 551,553,555,562,564,589 Wissensvermittlung für Frauen (»Verstan-

desbildung«) 20,29,34,41,47,63,67,74, 93, 109, 114, 128, 131, 134, 147/148, 157, 165, 168, 202, 205, 300, 305, 444, 457/458, 464, 594 Witwenschaft 83, 95. 117, 160, 172, 176, 200, 345, 388,555. 572, 582,593 WochenMatt für Damen 423 Wochenblatt fiir's Schöne Geschlecht 28/29, 47/48, 59-74, 202/203, 205, 225, 237-239, 259, 261, 263, 278-282, 319, 326, 332, 334. 337, 339/340, 344, 347-352. 369, 371, 373, 389-391, 444/445, 457, 472, 498, 505-507, 511/512,537/538.547-556, 561,573-578 Wochenschriften, moralische 20-27, 27/28, 33/34, 37, 48, 50. 54, 59, 90, 99, 102, 167, 177-179, 181, 202/203, 225/226, 315/316, 340,534,594 Wöchentliche Wahrheiten für und wider die Frauenzimmer in Wien 84, 183/184 Wöchentliche Wahrheiten für und über die Herren in Wien 84, 183-185 Wöchentliche Wahrheiten für und wider die Prediger in Wien 182 Wohltätigkeit 44,57,98, 355,161, 187, 189, 191, 193. 196/197, 204/205, 324/325, 373,

390, 466, 510, 513, 519, 527-532, 557. 565. 571,573,596 Wohnzimmer/Besuchszimmer 479,501503,551 Young Lady

37

Zeitschrift für Gattinnen, Mütter und Töchter 556 Zeitschriften, englische 20, 27/28, 33-37, 203 Zeitschriften, französische 28,38-41 Zeitschriften, literarische 23-27,42,45, 69, 181, 200,203, 218,253/254,321 Zeitschriftenmarkt/-wesen 2, 20, 24-27, 27-33, 182, 199, 596 Zeitungen 20, 24, 32/33, 35, 38,40, 46, 135, 198, 279, 285, 311/312, 316, 321, 343. 356, 364,421 Zensur 22, 40, 135/136, 155/156, 181/182, 234, 264,356, 359, 361,400,510,551 Der Zuschauer in Wien 186 Die Zuschauerin 22, 27 Die Zuschaiterinn an der Spree 187

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