Zivilrechtliche Schranken der partiellen Universalsukzession: Die Grenzen umwandlungsrechtlicher Spaltungsfreiheit bei der Überleitung von Verbindlichkeiten, subjektiven Rechten, Vertragsverhältnissen und Mitgliedschaften [1 ed.] 9783428512133, 9783428112135

Wesentliches Merkmal der durch das Umwandlungsgesetz ermöglichten Spaltung von Rechtsträgern ist der Vermögensübergang i

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German Pages 231 [232] Year 2003

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Zivilrechtliche Schranken der partiellen Universalsukzession: Die Grenzen umwandlungsrechtlicher Spaltungsfreiheit bei der Überleitung von Verbindlichkeiten, subjektiven Rechten, Vertragsverhältnissen und Mitgliedschaften [1 ed.]
 9783428512133, 9783428112135

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MICHAEL MÜNTEFERING

Zivilrechtliche Schranken der partiellen Universalsukzession

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 282

Zivilrechtliche Schranken der partiellen Universalsukzession Die Grenzen umwandlungsrechtlicher Spaltungsfreiheit bei der Überleitung von Verbindlichkeiten, subjektiven Rechten, Vertragsverhältnissen und Mitgliedschaften

Von Michael Müntefering

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Konstanz hat diese Arbeit im Jahre 2002 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten © 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Selignow Verlagsservice, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-11213-X Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Mutter und dem Andenken meines Vaters

Vorwort Die vorliegende Untersuchung wurde im Wintersemester 2002/03 von der Juristischen Fakultät der Universität Konstanz als Dissertation angenommen. Mein besonderer Dank gilt meinem verehrten akademischen Lehrer Herrn Prof. Dr. Winfried Boecken, LL.M. Er hat meine Freude und mein Interesse an wissenschaftlicher Arbeit geweckt und auch das Entstehen dieser Arbeit in vielfältiger Weise gefördert. Herrn Prof. Dr. Karl-Heinz Fezer danke ich für die überaus zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Peter Christ und Johannes Wecker waren mir eine große Hilfe. Insbesondere für die vielen wertvollen Diskussionen bin ich ihnen sehr dankbar. Herzlich danken möchte ich auch Nicole Spieß, Prof. Dr. Detlef Simon, Michael Schmidt und Steffen Bolz. Auf ganz unterschiedliche, aber jeweils entscheidende Weise haben sie alle maßgeblich zum Gelingen der Dissertation beigetragen. Ganz besonders aber danke ich meiner Mutter, die mir ein sorgenfreies Studium ermöglicht und mich stets vorbehaltlos unterstützt hat. Ohne sie wäre auch die Anfertigung dieser Arbeit nicht möglich gewesen. Düsseldorf, im Juli 2003

Michael Müntefering

Inhaltsübersicht Einleitung

17

1. Teil Grundlegung

21

A. Gesetzliche Möglichkeiten der Spaltung

21

B. Rechtsdogmatische Grundlagen des SpaltungsVorgangs: Die partielle Universalsukzession

25

C. Motive für die Durchführung einer Spaltung

36

D. Systematischer Überblick über die zivilrechtlichen Schranken der Singularsukzession

37

E. Zusammenfassung

52

2. Teil Umwandlungsgesetzliche Schranken der Spaltungsfreiheit

54

A. Entstehungsgeschichte des § 132 UmwG

55

B. Anwendungsbereich des § 132 S. 1 UmwG

56

C. Rechtsfolgen des § 132 S. 1 UmwG

88

D. Kritische Würdigung der Vorschläge für eine unmittelbare Einschränkung des § 132 UmwG 113 E. Mittelbare Einschränkung des § 132 UmwG

124

F. Zusammenfassung

141

3. Teil Sonstige Schranken der Spaltungsfreiheit

143

A. Eingriff in die Freiheit der Vertragspartnerwahl

144

B. Kompensation durch das spaltungsrechtliche Gläubigerschutzkonzept

146

C. Schranken der freien Zuweisung von Verbindlichkeiten

153

10

Inhaltsübersicht

D. Schranken der freien Zuweisung von Vertragsverhältnissen

159

E. Aufteilung einzelner Vermögensgegenstände

185

F

192

Zusammenfassung

4. Teil

Zivilrechtliche Schranken der Spaltungsfreiheit de lege ferenda

193

A. Lösungsansatz der herrschenden Meinung: Der Gedanke einer Vermögenseinheit .. 193 B. Kritische Würdigung und eigener Lösungsvorschlag: Differenzierung zwischen den Spaltungsarten 196 C. Vorschlag zur Neufassung des Umwandlungsgesetzes

Zusammenfassung der Ergebnisse

211

213

Literaturverzeichnis

215

Stichwortverzeichnis

229

Inhaltsverzeichnis Einleitung

17

Α. Untersuchungsgegenstand

17

Β. Thematische Abgrenzung

19

C. Überblick über den Gang der Untersuchung

19

1. Teil Grundlegung A. Gesetzliche Möglichkeiten der Spaltung I. Arten der Spaltung 1. Aufspaltung, § 123 Abs. 1 UmwG 2. Abspaltung, § 123 Abs. 2 UmwG 3. Ausgliederung, § 123 Abs. 3 UmwG 4. Kombination der Spaltungsarten II. Spaltungsfähige Rechtsträger

21 21 21 22 22 22 23 24

B. Rechtsdogmatische Grundlagen des Spaltungsvorgangs: Die partielle Universalsukzession I. Vermögensübergang uno actu mittels Befreiung vom Spezialitätsprinzip II. Charakteristika der partiellen Universalsukzession 1. Kein Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers bei Abspaltung und Ausgliederung 2. Erfordernis einer Vermögensübersicht a) Grundsatz der Spaltungsfreiheit b) Bestimmtheit des Vermögensübergangs c) Anforderungen an die Vermögensübersicht 3. Rechtsgeschäftlicher Charakter der partiellen Universalsukzession

28 28 28 30 32 32

C. Motive für die Durchführung einer Spaltung

36

D. Systematischer Überblick über die zivilrechtlichen Schranken der Singularsukzession I. Verbindlichkeiten II. Forderungen und andere Rechte 1. Grundsatz der freien Übertragbarkeit 2. Ausschluss und Beschränkung der Übertragbarkeit a) Gesetzliche Beschränkungen der Übertragbarkeit b) Rechtsgeschäftliche Beschränkungen der Übertragbarkeit

37 38 39 39 39 40 41

25 25 27

12

Inhaltsverzeichnis c) Unselbständige Rechte 3. Folgen von Ausschluss und Beschränkung der Übertragbarkeit III. Vertragsverhältnisse IV. Mitgliedschaften 1. Grundsätze der Übertragbarkeit von Mitgliedschaften a) Vereinsmitgliedschaft b) Kapitalgesellschaftsanteile c) Personengesellschaftsanteile 2. Folgen von Ausschluss und Beschränkung der Übertragbarkeit 3. Rechtsnatur der Mitgliedschaft

E. Zusammenfassung

43 43 44 46 46 47 47 48 50 50 52

2. Teil

Umwandlungsgesetzliche Schranken der Spaltungsfreiheit

54

A. Entstehungsgeschichte des § 132 UmwG

55

B. Anwendungsbereich des § 132 S. 1 UmwG I. Wörtliche und historische Auslegung 1. Bestimmter Gegenstand a) Verbindlichkeiten b) Vertragsverhältnisse c) Mitgliedschaften 2. Allgemeine Vorschriften a) Vorschriften und Grundsätze der Singularsukzession b) Unmittelbare und mittelbare Beschränkung der Übertragbarkeit 3. Differenzierung zwischen Übertragbarkeit und Übertragung a) Meinungsstand aa) Unbeachtlichkeit der Differenzierung bb) Beachtlichkeit der Differenzierung b) Stellungnahme aa) Verhältnis von Verkehrsfähigkeit und Übertragbarkeit bb) Übertragbarkeit und Übertragung cc) Strukturprinzipien der Singularsukzession dd) Ausschluss der Übertragbarkeit, § 132 S. 1 Alt. 1 Var. 1 UmwG ee) Beschränkung der Übertragbarkeit, § 132 S. 1 Alt. 1 Var. 2 UmwG .. ff) Übertragbarkeit eines bestimmten Gegenstandes gg) Entstehungsgeschichte und Gesetzesmaterialien hh) Zwischenergebnis 4. Unberührtsein der Vorschriften II. Systematische Auslegung 1. Äußere Systematik: Die Stellung des § 132 UmwG im Umwandlungsgesetz 2. Innere Systematik: Widersprüchlichkeit zwischen Gläubiger- und Schuldnerwechsel? III. Teleologische Auslegung

56 56 57 57 60 62 63 63 64 66 66 66 67 69 69 70 72 73 74 74 75 77 77 78 78 82 84

Inhaltsverzeichnis IV. Verhältnis des § 132 S. 1 Alt. 1 UmwG zu § 137 S. 1 BGB C. Rechtsfolgen des § 132 S. 1 UmwG I. Spaltungsartunabhängige Rechtsfolgen II. Rechtsfolgen bei der Abspaltung und Ausgliederung 1. Ausgangssituation 2. Regelungsgehalt des § 131 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 UmwG III. Rechtsfolgen bei der Aufspaltung 1. Ausgangssituation 2. Regelungsgehalt des § 132 S. 2 UmwG 3. Erweiterung des § 132 S. 2 UmwG a) Meinungsstand b) Stellungnahme aa) Planwidrige Regelungslücke bb) Normzweck des §132 S. 2 UmwG cc) Vergleichbare Sach-und Interessenlage

86 88 89 90 90 90 94 94 96 97 98 99 99 102 103

dd) Grenzen des Werterhalts

103

(1) Erbfall (2) Verschmelzung (3) Folgerungen für die Aufspaltung ee) Ergebnis IV. Zivilrechtliche Folgefragen

104 106 108 111 112

D. Kritische Würdigung der Vorschläge für eine unmittelbare Einschränkung des §132 UmwG I. Erfordernis einer richtlinienkonformen Auslegung des § 132 UmwG II. Teleologische Reduktion des § 132 UmwG aufgrund des Gedankens einer Vermögenseinheit III. Sonstige Vorschläge für eine unmittelbare Beschränkung des § 132 UmwG ...

119 123

E. Mittelbare Einschränkung des § 132 UmwG I. Auslegung gesetzlicher und gewillkürter Sukzessionsbeschränkungen 1. Gesetzliche Sukzessionsbeschränkungen 2. Gewillkürte Sukzessionsbeschränkungen 3. Entscheidung in Zweifelsfällen II. Sondervorschriften 1. § 354 a HGB 2. § 1059aBGB a) Bedeutung des § 1059 a BGB bei Spaltungsvorgängen aa) Meinungsstand bb) Stellungnahme b) Begünstigte Rechtsträger 3. § 77 a GenG III. Interne Vereinbarungen der an der Spaltung beteiligten Rechtsträger

124 125 126 128 129 130 130 130 131 131 132 137 138 140

F. Zusammenfassung

141

113 113

14

Inhaltsverzeichnis

3. Teil

Sonstige Schranken der Spaltungsfreiheit

143

A. Eingriff in die Freiheit der Vertragspartnerwahl

144

B. Kompensation durch das spaltungsrechtliche Gläubigerschutzkonzept I. Umfang der gesamtschuldnerischen Haftung II. Inhalt der gesamtschuldnerischen Haftung III. Folgerungen

146 148 150 151

C. Schranken der freien Zuweisung von Verbindlichkeiten 153 I. Unterlassungsverpflichtungen 153 II. „Vergessene" Verbindlichkeiten im Rahmen der Aufspaltung 155 III. Bedeutung der §§25, 26, 28 HGB für die freie Zuweisung von Verbindlichkeiten 156 IV. Zivilrechtliche Folgefragen 157 D. Schranken der freien Zuweisung von Vertragsverhältnissen 159 I. Gesetzliche Vertragsübernahmen 159 1. §613 a BGB 159 a) Geltungsgrund des §613 a BGB bei Spaltungsvorgängen: §324 UmwG als deklaratorische Rechtsgrundverweisung 160 b) Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer 163 2. § 566 Abs. 1 i.V. m. § 578 Abs. 1 BGB 166 a) Hintergrund und Normzweck des § 566 Abs. 1 i.V. m. § 578 Abs. 1 BGB 166 b) Geltung des §566 Abs. 1 i.V.m. §578 Abs. 1 BGB bei Spaltungsvorgängen 167 3. § 69 Abs. 1 VVG 168 a) Hintergrund und Normzweck des §69 Abs. 1 VVG 169 b) Geltung des § 69 Abs. 1 VVG bei Spaltungsvorgängen 170 4. Bedeutung des § 25 Abs. 1 HGB für die freie Zuweisung von Vertragsverhältnissen 171 II. Sonstige Schranken der freien Zuweisung von Vertragsverhältnissen 172 1. Rechtsgeschäftliche Vinkulierungen 173 a) Bedeutung rechtsgeschäftlich vinkulierter Rechte für die Sukzessionsfähigkeit des Vertragsverhältnisses 173 b) Vinkulierungsklauseln 176 2. Gesetzliche Vinkulierungen 178 3. Zivilrechtliche Folgefragen 180 a) Meinungsstand 181 b) Stellungnahme 181 E. Aufteilung einzelner Vermögensgegenstände I. Aufteilung von Forderungen und Mitgliedschaften II. Aufteilung von Verbindlichkeiten und Vertragsverhältnissen 1. Meinungsstand 2. Stellungnahme a) Fehlende Aussagekraft der §§266,420 BGB

185 185 186 186 188 188

Inhaltsverzeichnis b) Differenzierung zwischen einer Realteilung der Rechtsposition und einer Mehrheit von Rechtsnachfolgern 189 c) Trennung einzelner Forderungen oder Verbindlichkeiten vom übrigen Vertragsverhältnis 191 F. Zusammenfassung

192

4. Teil

Zivilrechtliche Schranken der Spaltungsfreiheit de lege ferenda

193

A. Lösungsansatz der herrschenden Meinung: Der Gedanke einer Vermögenseinheit 193 B. Kritische Würdigung und eigener Lösungsvorschlag: Differenzierung zwischen den Spaltungsarten I. Vergleich der Spaltung mit anderen Universalsukzessionen 1. Perspektive der herrschenden Meinung: Spaltung als Akt der Vermögensübertragung 2. Kritische Würdigung 3. Spaltung als Sukzession II. Übereinstimmung mit erb- und verschmelzungsrechtlichen Kriterien III. Zum Gedanken einer Vermögenseinheit IV. Folgerungen V. Zusammenfassung

197 199 202 205 207 209 210

C. Vorschlag zur Neufassung des Umwandlungsgesetzes

211

Zusammenfassung der Ergebnisse I. Umwandlungsgesetzliche Schranken der Spaltungsfreiheit II. Sonstige Schranken der Spaltungsfreiheit III. Zivilrechtliche Schranken der Spaltungsfreiheit de lege ferenda

196 197

213 213 214 214

Literaturverzeichnis

215

Stichwortverzeichnis

229

Einleitung Α. Untersuchungsgegenstand Z u m 1. Januar 1995 ist das Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts (UmwBerG) 1 vom 28. Oktober 1994 in Kraft getreten. 2 Den Kern des Gesetzes bildet mit Art. 1 UmwBerG die Neufassung des Umwandlungsgesetzes (UmwG), in welchem als eine der wichtigsten Neuerungen das Rechtsinstitut der Spaltung erstmals allgemein gesetzlich geregelt worden ist. Die §§ 123 ff. U m w G werden als „Filetstück" 3 , aber auch als das eigentliche „Abenteuer" 4 der Reform des Umwandlungsrechts bezeichnet. Zuvor war diese Form der Umwandlung lediglich in Spezialgesetzen 5 bzw. nur für einzelne Rechtsträger 6 zugelassen. Ein allgemeines Konzept der Unternehmensteilung bestand nicht. 1

BGBl. 19941, 3210ff. Siehe Art. 20 UmwBerG. Vorausgegangen waren der Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Bereinigung des Umwandlungsrechts vom 3. August 1988 (veröffentlicht in der Beil. 214 a zum Bundesanzeiger vom 15. November 1988) und der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Bereinigung Umwandlungsrechts vom 15. April 1992 (veröffentlicht in der Beil. 112a zum Bundesanzeiger vom 20. Juni 1992). Vgl. allgemein zur Entstehung des UmwG Ganske, in: IDW (Hrsg.), Reform des Umwandlungsrechts, S. 15 ff.; Neye, in: Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S. 1 (2 ff.). 3 Ganske, W M 1993, 1117. 4 K. Schmidt, AcP 191 (1991), 495 (510); ders. f ZGR 1993, 366 (383). 5 Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung wurde eine Reihe besonderer Rechtsvorschriften geschaffen, um die vereinfachte Entflechtung der Untemehmenseinheiten in den neuen Bundesländern zu ermöglichen: Das Gesetz über die strukturelle Anpassung der Landwirtschaft an die soziale und ökologische Marktwirtschaft in der DDR (LwAnpG) vom 29. Juni 1990, Gbl. DDR 19901, 642, aufgrund geringfügiger Änderungen neu bekanntgemacht am 3. Juli 1991, BGBl. 19911, 1418, sah neben dem Zusammenschluß und dem Formwechsel auch eine Teilung landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften (LPG) vor (§§4-12 LwAnpG), bei der das Vermögen uno actu auf neu gegründete Rechtsträger überging. Vgl. zum LwAnpG Weimar/Alfes, BB 1991, Beil. 9, S. 16 (21); Claussen, Gesamtnachfolge und Teilnachfolge, S. 126f. Das Gesetz über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen (SpTrUG) vom 5. April 1991, BGBl. 19911, 854, ermöglichte es, Kapitalgesellschaften durch Auf- oder Abspaltung zur Neugründung im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge (§10 SpTrUG) zu teilen. Vgl. zu diesem „kleinen Spaltungsgesetz" Ganske, DB 1991,791 ff.; Oetker/Busche, NZA 1991, Beil. 1, S. 18ff.; Niederleithinger, DStR 1991, 879 (881 ff.); Weimar, ZIP 1991, 769ff. Die durch das Gesetz zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen (VermRÄndG) vom 22. März 1991, BGBl. 19911, 766, eingeführte Vorschrift des § 6b VermG ermächtigte die Treuhandanstalt, die Ent2

2 Müntefering

18

Einleitung

Entscheidendes Merkmal der umwandlungsrechtlichen Spaltung ist der Vermögensübergang im Wege der partiellen Universalsukzession: Nach der Konzeption der §§ 123 ff. UmwG unterliegt die Aufteilung der einzelnen Rechtspositionen grundsätzlich der autonomen Entscheidung der an der Spaltung beteiligten Rechtsträger. Entsprechend der von ihnen vorgenommenen Zuordnung gehen die Vermögensgegenstände im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die aufnehmenden Rechtsträger über. Diese umwandlungsrechtliche Spaltungsfreiheit gerät jedoch in Konflikt mit den Interessen Dritter, die in rechtlichen Beziehungen zum übertragenden Rechtsträger stehen. Aufgrund des Spaltungsvorgangs sehen sie sich der Gefahr eines ungewollten Schuldner-, Gläubiger-, Vertragspartner- oder Gesellschafterwechsels ausgesetzt, auf den sie keinen Einfluss nehmen können. Mit der allgemeinen Einführung der Spaltung als einer neuen Sukzessionsform ist deshalb zwangsläufig die Frage verbunden, inwieweit der Schutz außenstehender Dritter Einschränkungen des auf freier Zuordnung beruhenden Vermögensübergangs erfordert. Dieser Problematik widmet sich die vorliegende Arbeit. Sie untersucht die Grenzen umwandlungsrechtlicher Spaltungsfreiheit im Hinblick auf die Überleitung von Verbindlichkeiten, subjektiven Rechten, Vertragsverhältnissen und Mitgliedschaften. Im Schnittfeld von Umwandlungs- und allgemeinem Zivilrecht entsteht für diese Rechtspositionen eine Vielzahl lösungsbedürftiger Konflikte. So ist fraglich, ob auch Rechtsverhältnisse, die das Gesetz für unübertragbar erklärt, vom erleichterten Vermögensübergang erfasst werden. Unterliegen z.B. Vereinsmitgliedschaften und schuldrechtliche Vorkaufsrechte der freien Zuordnung der Spaltungsbeteiligten oder ist die in den §§ 38 S. 1, 473 S. 1 BGB angeordnete Unübertragbarkeit dieser Gegenstände auch bei der Spaltung zu beachten? Ebenso ist zu untersuchen, inwieweit rechtsgeschäftliche und statutarische Sukzessionshindernisse die spaltungsrechtliche Zuweisungsfreiheit beschränken. Können z.B. vinkulierte Forderungen und GmbH-Anteile nur unter Mitwirkung des Schuldners bzw. der Mitgesellschafter übertragen werden oder entfalten derartige Vereinbarungen im Rahmen der Spaltung keine Wirkung? Begrenzen gesetzliche Vertragsübernahmevorschriften (§§ 613 a, 566 BGB, 69 Abs. 1 VVG) die Spaltungsautonomie oder werden sie ihrerseits durch das UmwG derogiert? Welche Bedeutung kommt dem allgemeinen Sukzessionsschutz (§§404ff., 417 f. BGB) zu? Diese Beispiele verdeutlichen die Notwendigkeit, das Verhältnis von Umwandlungs- und allgemeinem Zivilrecht näher auszuleuchten und zu prüfen, wie das unternehmerische Interesse an einer möglichst störungsfreien, autonom gesteuerten Umstrukturierung mit den Belangen auflechtung von Unternehmen durch rechtsgestaltenden Verwaltungsakt herbeizuführen, um die Rückübertragung enteigneten Vermögens zu ermöglichen. Der Vermögensübergang vollzog sich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§6b Abs. 7 VermG). Vgl. zu §6b VermG Weimar/ Alfes, BB 1991, Beil.9, S. 16 (19f.). 6 Die §§50ff., 56aff., 57,58 UmwG a.F. ermöglichten es Einzelkaufleuten, Gebietskörperschaften und Gemeindeverbänden, ihr Unternehmen in eine GmbH oder Aktiengesellschaft umzuwandeln. Mit der Eintragung in das Handelsregister gingen die in der Vermögensübersicht aufgeführten Rechtspositionen uno actu auf die GmbH bzw. Aktiengesellschaft über.

C. Überblick über den Gang der Untersuchung

19

ßenstehender Dritter in Einklang gebracht werden kann. Anliegen der Arbeit ist es, allgemeine Grundsätze für die Reichweite und Grenzen der partiellen Universalsukzession zu erarbeiten. Es soll untersucht werden, welche Rechtsverhältnisse vom erleichterten Vermögensübergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erfasst werden und hinsichtlich welcher Rechtspositionen die spaltungsrechtliche Zuordnungsfreiheit Beschränkungen unterworfen ist. Der so umrissene Untersuchungsgegenstand „gehört zu den umstrittensten und unklarsten Rechtsfragen des Umwandlungsrechts überhaupt".7

B. Thematische Abgrenzung Die Arbeit beschäftigt sich ausschließlich mit den zivilrechtlichen Schranken der partiellen Universalsukzession und beschränkt sich damit auf die privatrechtlichen Außenbeziehungen der Spaltungsbeteiligten zu Dritten. Nicht untersucht werden die Auswirkungen der Spaltung auf öffentlich-rechtliche Rechtspositionen. Diese unterliegen eigenständigen Grundsätzen.8 Ebenfalls ausgeklammert bleiben die Rechtsbeziehungen der an der Spaltung beteiligten Rechtsträger untereinander und die gesellschaftsinternen Maßnahmen, welche zur Durchführung einer Spaltung erforderlich sind.9 Die steuerrechtlichen Grundsätze der Spaltung werden nur insoweit erörtert, als ihnen auch aus zivilrechtlicher Sicht Bedeutung für die Reichweite des Vermögensübergangs zukommt. Die Untersuchung konzentriert sich auf die Schranken der Spaltungsfreiheit in Bezug auf Verbindlichkeiten, subjektive Rechte, Vertragsverhältnisse und Mitgliedschaften. Sowohl in der Praxis als auch in der wissenschaftlichen Diskussion steht die Behandlung dieser Rechtspositionen im Mittelpunkt des Interesses. Und insbesondere bei ihnen stellt sich die Frage, wie das gesellschaftsrechtliche Rechtsinstitut der Spaltung mit den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts in Einklang gebracht werden kann.

C. Überblick über den Gang der Untersuchung Zur Aufbereitung der so umrissenen Problematik werden im 1. Teil zunächst die gesetzlichen und rechtsdogmatischen Grundlagen der Spaltung aufgezeigt. 10 Der anschließende Überblick über die zivilrechtlichen Schranken der Singularsukzes7

Fuhrmann/Simon, AG 2000,49 (55). Theuer, DB 1999,621 ff.; Gaiser, DB 2000,361 ff.; Gärtner, DB 2000,409ff.; Giesberts/ Frank, DB 2000, 505 ff.; Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33 ff. 9 Vgl. dazu Priester, in: Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S.99ff.; Schöne, Spaltung, S.46ff., 60ff., 155ff. 10 1. Teil A.-C. 8

2*

Einleitung

20

sion ermöglicht eine systematische Erfassung der rechtspositionsspezifischen Drittinteressen, die im Rahmen einer Sukzession betroffen sind.11 Der 2. Teil ist den umwandlungsgesetzlichen Schranken der Spaltungsfreiheit gewidmet. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht hier die höchst umstrittene Norm des § 132 UmwG. In Auseinandersetzung mit den bisherigen Stellungnahmen zu dieser Vorschrift gilt es zunächst, Anwendungsbereich und Rechtsfolgen des § 132 S. 1 UmwG zu ermitteln. 12 Im Anschluss werden unter kritischer Würdigung bisheriger Vorschläge die Möglichkeiten und Grenzen einer Einschränkbarkeit der Vorschrift untersucht.13 Es wird sich erweisen, dass von den umwandlungsgesetzlichen Schranken der Spaltungsfreiheit nicht sämtliche der hier untersuchten Rechtspositionen erfasst werden. Gegenstand des 3. Teils ist deshalb die Frage, ob und inwiefern die partielle Universalsukzession auch hinsichtlich dieser Rechtsverhältnisse Restriktionen unterworfen ist. 14 Daneben wird untersucht, in welchen Grenzen die an der Spaltung beteiligten Rechtsträger auch einzelne Vermögensgegenstände aufteilen und verschiedenen Rechtsträgern zuweisen können.15 Auf der Grundlage der so gefundenen Ergebnisse wird im 4. Teil ein eigener Vorschlag für eine gesetzliche Neuregelung der zivilrechtlichen Schranken der Spaltungsfreiheit entwickelt.16 Die Untersuchungen de lege ferenda beinhalten eine kritische Auseinandersetzung mit bisherigen Lösungsvorschlägen und schließen mit einem Vorschlag zur Neufassung des UmwG. 17

11 12 13 14 15 16 17

1. Teil D. 2. Teil A.-C. 2. Teil D., E. 3. Teil A.-D. 3. Teil E. 4. Teil Α., Β. 4. Teil C.

1. Teil Grundlegung Für die Bestimmung der Grenzen umwandlungsrechtlicher Spaltungsfreiheit sind die Merkmale der partiellen Universalsukzession sowie die widerstreitenden Interessen der an der Spaltung beteiligten Rechtsträger einerseits und der außenstehenden Dritten andererseits von entscheidender Bedeutung. Im Folgenden sollen zunächst diese Grundlagen der hier zu untersuchenden Problematik erarbeitet werden, um den Boden für die Ermittlung der zivilrechtlichen Schranken der Spaltung zu bereiten. Nach einem Blick auf die gesetzlichen Möglichkeiten der Spaltung1 werden die dogmatischen Grundlagen dieses Rechtsinstituts untersucht2 und die Motive für die Durchführung einer Spaltung aufgezeigt 3. Den Abschluss bildet ein systematischer Überblick über die zivilrechtlichen Schranken der Singularsukzession.4

A. Gesetzliche Möglichkeiten der Spaltung I. Arten der Spaltung Das Gesetz unterscheidet in § 123 UmwG drei Arten der Spaltung. Gemeinsames Charakteristikum der Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung ist die Übertragung von Vermögensteilen gegen Gewährung von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten. Alle Spaltungsarten können jeweils als Spaltung zur Aufnahme (§ 123 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 UmwG) oder als Spaltung zur Neugründung (§ 123 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2 UmwG) durchgeführt werden. Während bei der Spaltung zur Aufnahme die Vermögensteile auf bereits bestehende Rechtsträger übertragen werden - das Gesetz bezeichnet diese als übernehmende Rechtsträger - , erfolgt bei der Spaltung zur Neugründung eine Übertragung auf im Rahmen des Spaltungsvorgangs neu gegründete Rechtsträger. Gemäß § 123 Abs. 4 UmwG können diese Spaltungsformen auch kombiniert werden, indem die Vermögensteile gleichzeitig auf bereits bestehende und neu gegründete Rechtsträger übertragen werden. 1 2 3 4

Siehe dazu nun folgend unter A. Siehe dazu unter B. Siehe dazu unter C. Siehe dazu unter D.

22

1. Teil: Grundlegung

Für den „übernehmenden Rechtsträger" bei der Spaltung zur Aufnahme und den „neu gegründeten Rechtsträger" bei der Spaltung zur Neugründung wird im Folgenden im Anschluss an Schöne5 als neutraler Oberbegriff der Terminus „aufnehmender Rechtsträger" verwandt.

1. Aufspaltung, § 123 Abs. 1 UmwG Bei der Aufspaltung überträgt ein Rechtsträger sein gesamtes Vermögen auf mindestens zwei andere Rechtsträger. Dies geschieht gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften der aufnehmenden Rechtsträger an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers, § 123 Abs. 1 UmwG. Der sich aufspaltende Rechtsträger erlischt mit der registerrechtlichen Eintragung der Spaltung, ohne dass es einer besonderen Löschung bedarf, § 131 Abs. 1 Nr. 2 UmwG.

2. Abspaltung, § 123 Abs. 2 UmwG Bei der Abspaltung bleibt der übertragende Rechtsträger bestehen und überträgt nur einen Teil seines Vermögens auf einen oder mehrere aufnehmende Rechtsträger. Als Gegenleistung werden wiederum Anteile oder Mitgliedschaften des aufnehmenden Rechtsträgers an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers ausgegeben, § 123 Abs. 2 UmwG.

3. Ausgliederung, § 123 Abs. 3 UmwG Bei der Ausgliederung wird wie bei der Abspaltung ein Teil des Vermögens eines Rechtsträgers auf einen oder mehrere andere Rechtsträger übertragen, wobei der übertragende Rechtsträger bestehen bleibt. Im Unterschied zur Abspaltung werden die Anteile oder Mitgliedschaften des aufnehmenden Rechtsträgers jedoch nicht den Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers, sondern diesem selbst gewährt. Obwohl § 123 Abs. 3 UmwG von der Übertragung von „Teilen" des Vermögens spricht, ist anerkannt, dass auch eine sog. „Totalausgliederung" durchgefühlt werden kann, bei welcher der übertragende Rechtsträger sämtliche Aktiva und Passiva überträgt und so zu einer reinen Holding wird. 6 Die gesetzliche Einordnung der Ausgliederung als Unterfall der Spaltung ist teilweise kritisiert worden. 7 Im Hinblick darauf, dass sich bei der Ausgliederung die 5

Schöne, Spaltung, S. 23. Siehe dazu Karollus, in: Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S. 157 (177 f.); Mayer,, GmbHR 1996,403 (405). 7 Kallmeyer, DB 1995, 81; UxtiQi-Teichmann, UmwG, § 123, Rn.24; ders., ZGR 1993, 396 (400 Fn. 14); Handelsrechtsausschuß des DAY \ W M 1993, Sonderbeil. Nr. 2, Rn. 72; Werner, in: FS Quack, S.519 (520f.); Schmidt, in: Habersack/Koch/Winter (Hrsg.), Spaltung, S. 10 (17f.). 6

Α. Gesetzliche Möglichkeiten der Spaltung

23

Beteiligungsverhältnisse der Anteilsinhaber am übertragenden Rechtsträger nicht verändern, sei sie mit der Aufspaltung und Abspaltung nicht vergleichbar und daher ein „eigenständiges Rechtsinstitut"8. Gleichwohl ist die in § 123 Abs. 3 UmwG getroffene Regelung eindeutig und die gesetzgeberische Qualifizierung der Ausgliederung als Unterfall der Spaltung somit hinzunehmen.

4. Kombination der Spaltungsarten Das UmwG definiert in § 123 UmwG die drei Arten der Spaltung, regelt aber nicht, ob und inwieweit Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung miteinander kombiniert werden können.9 Für eine Verbindung der verschiedenen Spaltungsarten kann durchaus ein praktisches Bedürfnis bestehen.10 Dennoch sind nicht alle Spaltungsarten miteinander kombinierbar. Nicht möglich ist die Verbindung einer Aufspaltung mit einer Abspaltung oder Ausgliederung, weil der sich aufspaltende Rechtsträger gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 UmwG erlischt und damit keine Anteile oder Mitgliedschaften als Gegenleistung mehr erhalten kann.11 Zulässig ist dagegen eine Kombination von Abspaltung und Ausgliederung. Sie kann zunächst dergestalt durchgeführt werden, dass der übertragende Rechtsträger einen Vermögensteil auf einen Rechtsträger abspaltet und gleichzeitig einen anderen Vermögensteil auf einen zweiten Rechtsträger ausgliedert.12 Daneben können Abspaltung und Ausgliederung aber auch in der Weise verbunden werden, dass als Gegenleistung für die Übertragung eines Vermögensteils Anteile und Mitgliedschaften des aufnehmenden Rechtsträgers zum Teil den Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers, zum Teil diesem selbst gewährt werden. 13 8

Uütei-Teichmann, UmwG, § 123, Rn.24. Freitag y Einfluß von §4 BetrAVG auf Spaltungen, S. 15; Gutzier, Übertragungshindernisse, S.2; Dehmer, UmwG, § 123, Rn. 14, 17; Bermel, in: Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG, § 1, Rn. 30; a. A. Lutter-Teichmann, UmwG, § 123, Rn. 26, der aus der Verwendung des Begriffs „Spaltung" in § 123 Abs. 4 UmwG schließt, dass die Vorschrift nicht nur eine Kombination von Spaltung zur Aufnahme und zur Neugründung zulasse, sondern auch die Möglichkeit der Verbindung verschiedener Spaltungsarten deutlich mache. 10 Vgl. dazu die Beispiele bei Kallmeyer, DB 1995, 81. 11 Geck, DStR 1995,416 (417); Lutter-Teichmann, UmwG, § 123, Rn.26; Mayer, DB 1995, 861 (862); Schöne, Spaltung, S.25; Schwarz, in: Widmann/Mayer, UmwG, § 123, Rn.7.1.; a. A. Kallmeyer, DB 1995,81 (82), der in diesem Fall die Vorschriften über die Auflösung des übertragenden Rechtsträgers nicht anwenden will. Die damit vertretene Abweichung von § 131 Abs. 1 Nr. 2 UmwG verstößt jedoch gegen § 1 Abs. 3 S. 1 UmwG. 12 Dehmer, UmwG, § 123, Rn. 16f.; Lutter-Teichmann, UmwG, § 123, Rn.26. 13 Bermel, in: Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG, § 1, Rn. 30f.; Kallmeyer, in: Kallmeyer, UmwG, § 123, Rn. 13; ders., DB 1995,81 (82); Uxttzr-Teichmann, UmwG, § 123, Rn. 26; Mayer, DB 1995,861 (862); Schöne, Spaltung, S.25; Schwarz, in: Widmann/Mayer, UmwG, § 123, Rn.7.2.; Geck, DStR 1995,416 (417); Theißen, Gläubigerschutz, S.4; a. A. Dehmer, UmwG, § 123, Rn. 17; Karollus, in: Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S. 157 9

(162).

24

1. Teil: Grundlegung

II. Spaltungsfähige Rechtsträger Nicht jeder Rechtsträger kann an umwandlungsrechtlichen Spaltungen beteiligt sein. Den Kreis der spaltungsfähigen Rechtsträger bestimmt § 124 Abs. 1 UmwG zunächst durch einen Verweis auf § 3 Abs. 1 UmwG, welcher eine Aufzählung der verschmelzungsfähigen Rechtsträger enthält. Ergänzend normieren die §§124 Abs. 1, 149 Abs. 2, 150, 151, 152, 161, 168 UmwG rechtsformspezifische Einschränkungen für einzelne Rechtsträger. Unbeschränkt spaltungsfähig sind im Rahmen einer Auf- oder Abspaltung Personenhandelsgesellschaften, Kapitalgesellschaften und eingetragene Genossenschaften. Gleiches gilt grundsätzlich für eingetragene Vereine, genossenschaftliche Prüfungsverbände und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit. Die Spaltungsfähigkeit dieser Rechtsträger wird aber insofern eingeschränkt, als sie eine Spaltung nicht mit sämtlichen anderen Rechtsträgern, sondern nur mit bestimmten, in den §§ 149 Abs. 2, 150, 151 UmwG genannten anderen Rechtsträgern und nur in den dort erläuterten Konstellationen durchführen können. Wirtschaftliche Vereine können an Spaltungen lediglich als übertragende Rechtsträger beteiligt sein. Ihre Entstehung oder Vergrößerung soll durch einen Spaltungsvorgang nicht begünstigt werden, weil sie rechtspolitisch als Unternehmensträger nur ausnahmsweise in Betracht kommen.14 Aufgrund des Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes15 sind seit dem 1. August 1998 auch Partnerschaftsgesellschaften spaltungsfähig. Grundsätzlich werden ihnen dieselben Spaltungsmöglichkeiten eingeräumt wie den Personenhandelsgesellschaften. Eine bedeutsame Einschränkung ergibt sich jedoch aus der Tatsache, dass an einer Partnerschaft gemäß § 1 PartGG nur natürliche Personen beteiligt sein können, die einen freien Beruf ausüben. Dieses Erfordernis ist auch bei Umwandlungen zu beachten16, so dass eine Ausgliederung auf eine Partnerschaft nicht in Betracht kommt, weil der übertragende Rechtsträger als nicht-natürliche Person kein Partner der Gesellschaft werden kann. Eine Auf- oder Abspaltung unter Beteiligung einer Partnerschaft als aufnehmendem Rechtsträger ist dementsprechend nur möglich, wenn alle Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers natürliche Personen und Freiberufler sind.17 Für die Ausgliederung erweitert § 124 Abs. 1 UmwG schließlich den Kreis der möglichen übertragenden Rechtsträger gegenüber Auf- und Abspaltungen um Ein14 BT-Drucks. 12/6699, S. 81, 116. Kritisch zu diesem wirtschaftspolitischen Ansatz im UmwG Teichmann, in: Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S.91 (95 f.). 15 Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes und anderer Gesetze vom 22.7.1998; BGBl. 19981, 1878. 16 BT-Drucks. 13/8808, S.8; Neye, DB 1998, 1649 (1650). 17 Neye, DB 1998, 1649 (1650). Eine Ausnahme ist bei einer nicht verhältniswahrenden Spaltung möglich (§ 128 UmwG).

Β. Rechtsdogmatische Grundlagen des SpaltungsVorgangs

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zelkaufleute, Stiftungen 18 sowie Gebietskörperschaften oder Zusammenschlüsse von Gebietskörperschaften 19 . Ausgliederungen aus dem Vermögen dieser Rechtsträger können nur auf bestimmte andere Rechtsträger und nur in gewissen Konstellationen erfolgen, die in den §§ 152,161, 168 U m w G näher erläutert werden.

B. Rechtsdogmatische Grundlagen des Spaltungsvorgangs: Die partielle Universalsukzession I. Vermögensübergang uno actu mittels Befreiung vom Spezialitätsprinzip M i t der Eintragung der Spaltung geht das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers, bei Abspaltung und Ausgliederung der abgespaltene oder ausgegliederte Teil des Vermögens einschließlich der Verbindlichkeiten entsprechend der i m Spaltungsvertrag 20 vorgesehenen Aufteilung jeweils „als Gesamtheit" auf die aufnehmenden Rechtsträger über, § 131 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UmwG. Für den damit angeordneten Vermögensübergang uno actu aufgrund einer privatautonomen Entscheidung der Spaltungsbeteiligten hat sich die Bezeichnung als partielle Universalsukzession 2 1 oder partielle Gesamtrechtsnachfolge 22 durchgesetzt 23 . Diese ist das entschei18 Einzelkaufleute können nur an Ausgliederungen beteiligt sein, weil ihnen selbst die Anteile der aufnehmenden Rechtsträger zukommen müssen. Entsprechendes gilt für Stiftungen. Sie haben keine Mitglieder, so dass die Gegenleistung ihnen selbst gewährt werden muss. Vgl. dazu Teichmann, in: Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S.91 (95). 19 Vgl. zur Ausgliederung aus dem Vermögen von Gebietskörperschaften Schindhelm/Stein, DB 1999, 1375 ff. 20 Das UmwG bezeichnet die rechtsgeschäftliche Grundlage des Spaltungsvorgangs bei der Spaltung zur Aufnahme als „Spaltungs- und Übernahmevertrag" und bei der Spaltung zur Neugründung als „Spaltungsplan". Als einheitlicher Oberbegriff wird im Folgenden der Terminus „Spaltungsvertrag" verwandt. 21 Diesen Begriff verwenden K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 12IV.4.; ders., in: IDW (Hrsg.), Reform des Umwandlungsrechts; S.35 (39); Oetker/Busche, NZA 1991, Beil. 1, S. 18 (18,19); Himmelreich, Unternehmensteilung, S.34; Mertens, Umwandlung und Universalsukzession, S. 12; ders., AG 1994, 66 (67); Neye, DB 1982, 365 (368); Grünwald, Umwandlung, S. 113; Oetker, VersR 1992,7; Schöne, Spaltung, S. 30; Ganske, W M 1993,1117(1118); Willemsen, in: IDW (Hrsg.), Reform des Umwandlungsrechts, S. 105 (107); Böhringen Rpfleger 1996, 154 (155 Fn.8); Walpert, Gesamtrechtsnachfolge, S.2. 22 Diesen Begriff verwenden K. Schmidt, AcP 191 (1991), 495 (512); Boecken, ZIP 1994, 1087 (1088); ders., Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 15; Lutter-Teichmann, UmwG, § 123, Rn.9; § 132, Rn. 10; ders., in: Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S.90 (96); ders., ZGR 1993,396 (401,406,408); ders., AG 1980,85 (88); Kropff, in: FS Geßler, S. 111 (122), Engelmeyer, Spaltung von Aktiengesellschaften, S. 333; dies., AG 1999, 263 (263, 264); Hennrichs, AG 1993, 508 (509, 511); ders., Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge, S. 122; Gutzier, Übertragungshindernisse, S. 161; Goutier, in: Goutier/ Knopf/Tulloch, UmwG, § 131, Rn. 3; Mayer, in: Widmann/Mayer, UmwG, § 132, Rn. 1; ders., GmbHR 1996, 403 (404); Vossius, in: Widmann/Mayer, UmwG, § 131, Rn.24; Willemsen, RdA 1993, 133 (136); Kleindiek, ZGR 1992, 513 (514); Niederleithinger, DStR 1991, 879

26

1. Teil: Grundlegung

dende rechtstechnische Element der Spaltung24 und stellt aus Sicht der Unternehmensträger den zentralen Vorteil gegenüber der nach wie vor möglichen25 Spaltung im Wege der Einzelrechtsnachfolge dar. Für die Veränderung der dinglichen Rechtslage bedarf es - wie beim Erbfall und der Verschmelzung - keiner Einzelübertragung der Vermögensgegenstände unter Beachtung der für die jeweilige Rechtsposition geltenden Übertragungsmodalitäten (§§ 398, 414f., 873ff., 925ff., 929ff. BGB). Der Vermögensübergang vollzieht sich damit unabhängig von Mitwirkungsund Zustimmungserfordernissen Dritter, welche das BGB für die Einzelrechtsnachfolge statuiert. Auch die oftmals hemmenden Formvorschriften sind bei einem Rechtsübergang im Wege der Universalsukzession nicht zu beachten.26 So bedarf es zur wirksamen Übereignung von Grundstücken nicht der Eintragung im Grundbuch. Erforderlich ist lediglich dessen Berichtigung, von der aber der Übergang des Rechts nicht abhängt.27 Kennzeichnend auch für die partielle Gesamtrechtsnachfolge ist demnach die Befreiung vom Spezialitätsprinzip, nach welchem Rechte grundsätzlich an jedem einzelnen Gegenstand gesondert übertragen werden müssen.28 Dadurch kann die umwandlungsrechtliche Spaltung im Vergleich zur Unternehmensteilung im Wege der Singularsukzession wesentlich schneller und kostengünstiger durchgefühlt werden.29 Die Durchbrechung des Spezialitätsprinzips ist das Charakteristikum jeder (880); inner,, MittRhNotK 1997, 105 (115); Däubler, RdA 1995, 136 (137); Masing, Betriebliche Altersversorgung, S.44; Brinkmann, Spaltung von Rechtsträgern, S. 122; Jung, ZIP 1996, 1734 (1736); Aha, AG 1997, 345 (350); Fuhrmann!Simon, AG 2000,49 (57); Nagl, DB 1996, 1221 (1224); Meister, DStR 1999, 1741 (1743); Heermann, ZIP 1998, 1249 (1252); Priester, in: Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S. 99 (198); Neuhaus, in: FG Weichler, S. 83 (85). 23 Insbesondere im älteren Schrifttum wurde der Vorgang mit einer Vielzahl anderer Begriffe umschrieben wie z.B. „Spezialsukzession", vgl. Duden/Schilling, AG 1974,202 (203,210); Hahn, GmbHR 1991, 242 (245, 246); „Teilnachfolge", vgl. Claussen, Gesamtnachfolge und Teilnachfolge, S.26; „Sonderrechtsnachfolge", vgl. Ganske, W M 1993, 1117 (1121); Kallmeyer, ZIP 1994, 1746 (1748); Feddersen/Kiem, ZIP 1994, 1078 (1084f.); Heidenhain, ZIP 1995, 801; Marx, Auswirkungen der Spaltung, S.70; „Partialsukzession", vgl. Weimar, ZIP 1991, 769 (775); ders. DtZ 1991, 182; oder „gegenständlich beschränkte Gesamtrechtsnachfolge", vgl. Duvinage, Spaltung, S.37, 167; Schulze-Osterloh, ZHR 149 (1985), 614 (616). Vgl. auch die Nachweise bei Lutter-Teichmann, UmwG, § 123, Rn. 8, und Engelmeyer, Spaltung von Aktiengesellschaften, S.333f. 24 Engelmeyer, Spaltung von Aktiengesellschaften, S.334. 25 Voigt, Umwandlung und Schuldverhältnis, S. 1: „Das Gesetz ist in diesem Sinne als Angebot, nicht aber als Zwangsbeglückung zu verstehen." Zu den Auswirkungen des UmwG auf traditionelle Spaltungen siehe Kollmar, Ausstrahlungen des Umwandlungsgesetzes, S. 137 ff.; Reichert, in: Habersack/Koch/Winter (Hrsg.), Spaltung, S.25 ff. 26 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 12IV. 4.; Mengel, Umwandlungen im Arbeitsrecht, S. 8; Bermel, in: Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG, §20, Rn.8. 27 Larenz/Wolf, BGB AT, § 14, Rn.43. 28 Serick, Sicherungsübertragung, S. 148. 29 Engelmeyer, Spaltung von Aktiengesellschaften, S. 335; Teichmann, AG 1980, 85 (87); Mertens, Umwandlung und Universalsukzession, S.68f. Dies betonen auch die Verfasser des UmwG, vgl. BT-Drucks. 12/6699, S.74f.

Β. Rechtsdogmatische Grundlagen des Spaltungsorgangs

27

Gesamtrechtsnachfolge und dokumentiert die Nähe der Spaltung zu den klassischen Fällen der Universalsukzession.30

II. Charakteristika der partiellen Universalsukzession Die allgemeine Einführung der partiellen Gesamtrechtsnachfolge veränderte nicht nur die Spaltungspraxis in erheblichen Maße, sondern beeinflusste auch das rechtsdogmatische Verständnis der Universalsukzession. Deren Charakterisierung hatte sich bis dahin ganz überwiegend am Paradigma des Erbfalls orientiert und dessen Merkmale, den gesetzlichen, zwingenden und ungeteilten Vermögensübergang, als Charakteristika jeder Gesamtrechtsnachfolge eingeordnet.31 Insbesondere K. Schmidt hat jedoch gezeigt, dass dies zwar typische, keinesfalls aber notwendige Elemente der Universalsukzession sind.32 Denn das Rechtsinstitut der Gesamtrechtsnachfolge kennt mit dem Erbfall, der Verschmelzung und der Spaltung verschiedene Erscheinungsformen. Das alle Universalsukzessionen verbindende und für die Einordnung als eine solche entscheidende Merkmal ist allein die Befreiung vom Spezialitätsprinzip. 33 Weitere allgemeingültige Aussagen etwa bezüglich des Rechtscharakters der Vermögensübertragung oder des Umfangs der übergehenden Rechtspositionen, die für alle Universalsukzessionen gleichermaßen gelten würden, lassen sich nicht treffen. Jede Gesamtrechtsnachfolge weist vielmehr spezifische Besonderheiten auf, die in ihrer Funktion und konkreten Ausgestaltung begründet sind und durch die sie sich von den anderen Erscheinungsformen der Universalsukzession unterscheidet. Eine rechtsdogmatische Betrachtung der Spaltung kann sich deshalb nicht mit der Feststellung der Gemeinsamkeiten aller Universalsukzessionen begnügen. Sie muss ihr Augenmerk auch und gerade auf die gegenüber den anderen Gesamtrechtsnachfolgen bestehenden Besonderheiten der partiellen Universalsukzession richten. Dies umso mehr, als den im Folgenden aufzuzeigenden Charakteristika maßgebliche Bedeutung für die im Anschluss zu untersuchende Frage zukommt, welche zivilrechtlichen Schranken im Rahmen dieser Sukzessionsform zu beachten sind.

30

K. Schmidt, AcP 191 (1991), 495 (501); Grünwald, Umwandlung, S. 33; vgl. auch schon Hasse, AcP5 (1822), 1 (19). 31 BGH DVB1.1951,728 (729); KölnKomm-Kraft, AktG, § 346, Rn. 14; Schilling, in: Großkomm.-AktG, §346, Rn. 11; St&udmgeT-Richardi, BGB, 12. Aufl., §613a, Rn.76, 81, 83. Vgl. auch die Nachweise bei K. Schmidt, AcP 191 (1991), 495 (498 Fn. 14-16). 32 K. Schmidt, AcP 191 (1991), 495 (497ff.); ders., in: FS Henckel, S.749 (769); im Ansatz auch schon ders., ZGR 1990, 580 (595 Fn.67). 33 K. Schmidt, AcP 191 (1991), 495 (501 f.); Larenz/Wolf, BGB AT, § 14, Rn.41 ff.

1. Teil: Grundlegung

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1. Kein Erlöschen des übertragenden Rechtsträgers bei Abspaltung und Ausgliederung Die erste Besonderheit der partiellen Universalsukzession betrifft das Schicksal des übertragenden Rechtsträgers. Die klassischen Gesamtrechtsnachfolgen sind dadurch gekennzeichnet, dass der übertragende Rechtsträger erlischt. Im Erbfall ist die Universalsukzession gesetzlich angeordnete Folge des Todes einer natürlichen Person.34 Bei der Verschmelzung erlöschen der oder die übertragenden Rechtsträger mit der registerrechtlichen Eintragung, § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG. 35 Im Rahmen der Spaltung ist dagegen zu unterscheiden. Nur im Falle der Aufspaltung erlischt der übertragende Rechtsträger, § 131 Abs. 1 Nr. 2 UmwG. Bei Abspaltungen und Ausgliederungen bleibt er hingegen bestehen. Diesem Unterschied kommt nach der gesetzlichen Konzeption der Spaltung entscheidende Bedeutung

2. Erfordernis einer Vermögensübersicht Eine weitere Besonderheit der Spaltung ist das Erfordernis einer Vermögensübersicht. Gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG muss der Spaltungsvertrag die genaue Bezeichnung und Aufteilung der Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens enthalten, die an jeden der aufnehmenden Rechtsträger übertragen werden. Diese Notwendigkeit resultiert aus der Tatsache, dass das UmwG den an der Spaltung beteiligten Unternehmen eine grundsätzlich autonome Zuordnung der Vermögensgegenstände gestattet. a) Grundsatz der Spaltungsfreiheit Im Erbfall geht grundsätzlich 37 das gesamte Vermögen des Erblassers auf den oder die Erben über. 38 Auch bei der Verschmelzung ist es nicht möglich, einzelne Vermögensgegenstände vom Rechtsübergang auf den aufnehmenden Rechtsträger auszuschließen.39 Soweit bestimmte Rechtspositionen nicht von der Universalsukzession erfasst sein sollen, müssen diese vor dem Wirksamwerden der Verschmelzung aus dem Vermögen des übertragenden Rechtsträgers herausgenommen werden. 40 Im Rahmen der partiellen Universalsukzession gilt dagegen der Grundsatz der Spal34

Vgl. dazu MünchKomm-Le/pö/d, BGB, § 1922, Rn.56. Zu den Unterschieden zwischen Erbfall und Verschmelzung vgl. Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge, S.90f.; Lutter-Teichmann, UmwG, § 123, Rn. 8. 36 Vgl. dazu unten 2. Teil C. 37 Zu den Ausnahmen siehe MünchKomm-Leipold, BGB, § 1922, Rn. 17 ff. 38 Vgl. statt aller Palandt-Edenhofer, BGB, § 1922, Rn. 1. 39 Lutter-Grunewald, UmwG, §20, Rn.9. 40 Dehmer, UmwG, § 20, Rn. 19; Lutter-Grunewald, UmwG, § 20, Rn. 9. 35

Β. Rechtsdogmatische Grundlagen des Spaltungsorgangs

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tungsfreiheit. Die beteiligten Rechtsträger bestimmen hier grundsätzlich selbst den Umfang und die konkrete Aufteilung des übergehenden Vermögens. Die freie Zuordnung der Vermögensgegenstände im Spaltungsvertrag ist Ausdruck der Vertragsfreiheit der Spaltungsbeteiligten.41 Sie wird durch die gesetzliche Ausgestaltung der Spaltung in umfassendem Maße gewährleistet: Nach ganz überwiegender Ansicht 42 kann grundsätzlich jeder Vermögensgegenstand jedem der an der Spaltung beteiligten Rechtsträger zugewiesen und auf diesen übertragen werden. Anderer Ansicht ist diesbezüglich Pickhardt. Für die Anerkennung einer Spaltung ist nach der von ihr vertretenen „Pakettheorie" mehr erforderlich als die Übertragung einzelner Gegenstände.43 Wenn der Gesetzgeber in § 126 Abs. 1 Nr. 2 UmwG auf Vermögensteile abstelle, deute er damit an, dass bei der Zuordnung des Vermögens nicht willkürlich verfahren werden dürfe. 44 Es müsse sich vielmehr um spaltungsrelevante bzw. umwandlungsgeeignete Vermögensteile handeln. Das Vermögen sei spaltungszweckadäquat, d.h. so aufzuteilen, dass die aufnehmenden Rechtsträger in die Lage versetzt werden, die vom übertragenden Rechtsträger übernommenen Aufgaben sachgerecht zu erfüllen. 45 Auf den aufnehmenden Rechtsträger sei somit ein ganzes Bündel, ein Paket von Vermögensgegenständen zu übertragen. 46 Diese Auffassung kann nicht überzeugen. Mit der Formulierung in § 126 Abs. 1 Nr. 2 UmwG wollte der Gesetzgeber keine Mindestanforderungen für den Umfang des zu übertragenden Vermögens aufstellen. Stattdessen ging er selbst davon aus, dass die an der Spaltung Beteiligten grundsätzlich jeden Gegenstand jedem beliebigen Rechtsträger zuweisen können.47 Die Möglichkeit, auch einzelne Rechtspositionen zu übertragen, ergibt sich zudem aus der Entstehungsgeschichte des UmwG. Der Referentenentwurf sah noch vor, die Spaltung auszuschließen, wenn im Wesentlichen nur ein einzelner Gegenstand übertragen werden soll. 48 Aus der Tatsache, dass diese Regelung nicht Gesetz geworden ist, kann nur der Schluss gezogen werden, dass auch eine derartige Aufteilung nach geltendem Recht möglich sein 41

BT-Drucks. 12/6699, S. 118; Kleindiek, ZGR 1992, 513 (517); Voigt, Umwandlung und Schuldverhältnis, S.52. 42 Vgl. LuttQT-Teichmann, UmwG, § 123, Rn.9; ders., in: Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S. 90 (97); Priester, in: Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S.99 (111); Ittner, MittRhNotK 1997,105 (114); Schöne, Spaltung, S.35; Heidenhain, NJW 1995, 2873 (2876); Schwedhelm/Streck/Mack, GmbHR 1995, 7 (9); Kleindiek, ZGR 1992, 513 (516); Hörtnagl, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 126, Rn.60ff.; § 131, Rn. 4; Kupfer, Teilbetriebserfordernis, S. 124f.; Voigt, Umwandlung und Schuldverhältnis, S.52; Goutier, in: Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG, § 126, Rn. 15; Stengel/Schwanna, in: Semler/Stengel, UmwG, § 123, Rn.6. 43 Pickhardt, Umwandlungen gewerblicher Unternehmen, S. 111; dies., DB 1999,729. 44 Pickhardt, Umwandlungen gewerblicher Unternehmen, S. 110. 45 Pickhardt, DB 1999, 729 (730). 46 Pickhardt, Umwandlungen gewerblicher Unternehmen, S. 111. 47 BT-Drucks. 12/6699, S. 118. 48 Diese Regelung beinhaltete § 123 Abs. 5 RefEntw. Siehe zu dieser Vorschrift unten 2. Teil A.

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1. Teil: Grundlegung

muss.49 Des Weiteren wird zutreffend darauf hingewiesen50, dass die Pakettheorie die Motive für die Durchführung einer Spaltung mit ihren gesetzlichen Voraussetzungen vermengt. Denn allein aus betriebswirtschaftlichen Zweckmäßigkeitserwägungen kann keine rechtliche Verpflichtung des übertragenden Rechtsträgers hergeleitet werden, ein bestimmtes Paket von Vermögensgegenständen zu übertragen. Und schließlich sprechen gegen die Pakettheorie auch praktische Erwägungen. Denn dem Registergericht, dem es aufgrund der Abgrenzungsschwierigkeiten nicht zugemutet werden sollte, bei der Eintragung der Spaltung das Vorliegen eines Betriebes oder Teilbetriebes zu überprüfen 51, wird es noch weniger möglich sein, zu entscheiden, ob der übertragende Rechtsträger im Einzelfall eine aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvolle Vermögensaufteilung vorgenommen hat. Mit der herrschenden Meinung ist somit daran festzuhalten, dass die spaltungsrechtliche Aufteilungsfreiheit in quantitativer Hinsicht keinen Beschränkungen unterworfen ist. b) Bestimmtheit des Vermögensübergangs Die spaltungsrechtliche Zuordnungsfreiheit bedingt das in § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG normierte Erfordernis einer Vermögensübersicht. Während bei den klassischen Universalsukzessionen der Umfang des zu übertragenden Vermögens allein aufgrund der Tatsache erkennbar ist, dass das gesamte Vermögen übergeht, ist dies bei der Spaltung nicht der Fall. Auch im Rahmen der partiellen Gesamtrechtsnachfolge muss im Interesse der Rechtssicherheit aber erkennbar sein, welche Vermögensgegenstände welchem Rechtsträger zugeordnet werden. 52 Diese, auch für außenstehende Dritte erkennbare, dingliche Trennung der Vermögensteile wird durch die Vermögensübersicht ermöglicht. 53 Sie gewährleistet damit die Beachtung des Bestimmtheitsgrundsatzes bei Spaltungsvorgängen.54 Mit dieser Feststellung wird allerdings die Frage aufgeworfen, ob die Geltung des Bestimmtheitsgrundsatzes nicht einen Widerspruch zu der oben getroffenen Aussage darstellt, dass das Wesen der Gesamtrechtsnachfolge in der Befreiung vom Spezialitätsprinzip zu erblicken ist. Die sachenrechtliche Literatur setzt diese beiden Prinzipien in der Regel gleich.55 Auch zur Spaltung wird in diesem Sinne geltend 49

Lutter-Teichmann, UmwG, § 123, Rn.9. Theißen, Gläubigerschutz, S. 147. 51 BT-Drucks. 12/6699, S. 118. 52 Mertens, Umwandlung und Universalsukzession, S.75; Gutzier, Übertragungshindernisse, S.5. 53 LuUei-Priester, UmwG, § 126, Rn.36; ders., DB 1982, 1967; Dehmer, UmwG, § 126, Rn.60; Voigt, Umwandlung und Schuldverhältnis, S.48. 54 Dehmer, UmwG, § 126, Rn. 55; Lutter-Priester, UmwG, § 126, Rn. 36; ders., in: Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S. 99 (108); Feddersen/Kiem, ZIP 1994, 1078 (1085); Mayer, DB 1995, 861 (864); Schwer, in: Semler/Stengel, UmwG, § 126, Rn.54; unklar Marx, Auswirkungen der Spaltung, S. 86. 55 Schwab/Prütting, Sachenrecht, Rn.20; Baur/Stürner, Sachenrecht, §4, Rn. 17; Schreiber, Sachenrecht, Rn. 19; vgl. aber auch Wolf, Sachenrecht, Rn.26 ff., 29. 50

Β. Rechtsdogmatische Grundlagen des Spaltungsorgangs

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gemacht, dass der Übergang des Vermögens als Gesamtheit „in seltsamem Widerspruch" zu der Tatsache stehe, dass der Bestimmtheitsgrundsatz gilt. 56 Andere 57 bemerken angesichts des Erfordernisses einer Vermögensübersicht, dass sich die proklamierte Durchbrechung des Spezialitätsprinzips darin erschöpfe, dass die Gegenstände nicht einzeln übertragen werden müssen, denn „eine Individualisierung wird immerhin vorgenommen" 58. So unschädlich die Gleichsetzung von Spezialitätsprinzip und Bestimmtheitsgrundsatz bei der Einzelrechtsnachfolge, wo beide Grundsätze gelten, sein mag, so deutlich müssen ihre unterschiedlichen Regelungsgehalte und Funktionen bei der partiellen Universalsukzession unterschieden werden. Das Spezialitätsprinzip beinhaltet die Aussage, dass dingliche Rechte nur an einzelnen Gegenständen bestehen und daher auch an jedem einzelnen Gegenstand gesondert begründet und übertragen werden müssen.59 Der Bestimmtheitsgrundsatz besagt hingegen, dass der Transfer eines Rechts eine Individualisierung erfordert, eine wie auch immer vorgenommene Bezeichnung verlangt. 60 Eine gesonderte Übertragung jedes einzelnen Gegenstandes ist nun bei der Spaltung aufgrund der Befreiung vom Spezialitätsprinzip nicht erforderlich. Diese Tatsache entbindet jedoch nicht von der Notwendigkeit, die übergehenden Vermögensgegenstände im Interesse der Rechtssicherheit hinreichend zu kennzeichnen und es auch für Dritte erkennbar werden zu lassen, welche Gegenstände welchem Rechtsträger zugeordnet werden. Mit der partiellen Gesamtrechtsnachfolge ist also eine Durchbrechung des Spezialitätsprinzips verbunden; sie beinhaltet aber keinen Verzicht auf den Bestimmtheitsgrundsatz. Dieser gilt zudem bei allen Universalsukzessionen, so dass allein die Vermögensübersicht, nicht aber die Beachtung des Bestimmtheitsgrundsatzes selbst, eine Besonderheit der Spaltung gegenüber den Gesamtrechtsnachfolgen in das gesamte Vermögen darstellt. Die in diesem Zusammenhang getroffenen Aussagen, dass der Bestimmtheitsgrundsatz bei der klassischen Gesamtrechtsnachfolgen nicht gelte61 und dass gerade dies der signifikante Unterschied zur partiellen Universalsukzession sei 62 , sind nicht zutreffend. Auch bei der Verschmelzung und dem Erbfall wird der Bestimmtheitsgrundsatz gewahrt. 63 Allein aufgrund der Tatsache, dass das gesamte Vermögen übertragen wird, ist der Vermögenstransfer hinreichend bestimmt. 56

Kallmeyer, GmbHR 1996, 242. Gutzier, Übertragungshindernisse, S.5. 58 Gutzier, Übertragungshindernisse, S. 150. 59 Serick, Sicherungsübertragung, S. 148. 60 Mertens, Umwandlung und Universalsukzession, S.75 Fn.2; Böhringen Rpfleger 1996, 154; Mayer, DB 1995, 861 (864). 61 Dehmer, UmwG, § 126, Rn.54. Unklar auch Fuhrmann/Simon, AG 2000, 49 (53): „Die Frage der Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit der übergehenden Vermögensgegenstände und Schuldposten stellt sich nicht, da bei einer Verschmelzung zwingend sämtliche Aktiva und Passiva auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen." 62 In diesem Sinne Aha, AG 1997, 345 (351); Weimar, DtZ 1991, 182 (182f.); ders., ZIP 1991, 769 (775f.); Weimar/Alfes, BB 1991, Beil.9, S. 16 (20f.). 63 So auch Mertens, Umwandlung und Universalsukzession, S.79. 57

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1. Teil: Grundlegung

Dazu bedarf es keiner Vermögensübersicht. Im Gegensatz dazu steht der Umfang des übergehenden Vermögens bei der Spaltung nicht fest, sondern kann von den Beteiligten parteiautonom definiert werden. Um eine Rechtssicherheit zu gewährleisten, die derjenigen bei der Verschmelzung, dem Erbfall und der Einzelrechtsnachfolge entspricht, bedarf es daher einer genauen Bezeichnung der transferierten Rechtspositionen. Nur dadurch wird der Vermögensübergang hinreichend bestimmt und es Außenstehenden ermöglicht, die dingliche Zuordnung der Vermögensgegenstände nachzuvollziehen. Zusammenfassend ist demnach festzuhalten: Die Vermögensübersicht ist notwendige Konsequenz der Spaltungsfreiheit. Nur sie gewährleistet im Rahmen der partiellen Universalsukzession die Beachtung des für alle Sukzessionsformen geltenden Bestimmtheitsgrundsatzes. c) Anforderungen

an die Vermögensübersicht

Aus der Funktion der Vermögensübersicht, die dingliche Trennung der Vermögensteile zu ermöglichen, ergeben sich die Grundsätze für ihre Ausgestaltung. Neben den in § 131 Abs. 2 UmwG normierten Anforderungen 64 ist Maßstab für die ausreichende Kennzeichnung einzelner Vermögensgegenstände, dass die Beteiligten oder ein sachkundiger Dritter in der Lage sind, eine einwandfreie Zuordnung vorzunehmen.65 Besondere Beachtung verdient in diesem Zusammenhang die Frage nach der Aufnahme von Vertragsverhältnissen in die Vermögensübersicht. Den Forderungen aus der Literatur, Vertragsverhältnisse in den Wortlaut des § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG aufzunehmen 66, ist der Gesetzgeber nicht gefolgt. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich jedoch, dass nach seinem Willen auch Vertragsverhältnisse in der Vermögensübersicht aufzuführen sind.67 Das Schrifttum stimmt dem zu. 68

3. Rechtsgeschäftlicher Charakter der partiellen Universalsukzession Eine zusätzliche Besonderheit gegenüber dem Erbfall betrifft schließlich den Rechtscharakter der Spaltung. Deren allgemeine Einführung hat maßgeblich dazu 64

Vgl. dazu Dehmer, UmwG, § 126, Rn. 68 ff. Lutter-Priester, UmwG, § 126, Rn.43; lttner, MittRhNotK 1997,105 (114). 66 Kleindiek, ZGR 1992,513 (520); Arbeitskreis Umwandlungsrecht, ZGR 1993,321 (328); Teichmann, ZGR 1993, 396 (413). 67 BT-Drucks. 12/6699, S. 121. 68 Dehmer, UmwG, § 126, Rn.94; Lutter-Priester, UmwG, § 126, Rn.42; ders., in: Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S. 99 (111); Voigt, Umwandlung und Schuldverhältnis, S.44; Wiesner, in: Habersack/Koch/Winter (Hrsg.), Spaltung, S. 168 (169); Kallmeyer, in: Kallmeyer, UmwG, § 126, Rn.20; Schwer, in: Semler/Stengel, UmwG, § 126, Rn.71. Vgl. dazu auch die Entscheidung des LG Hamburg, BB 1989, 726 f., und die kritischen Stellungnahmen von Mertens, Umwandlung und Universalsukzession, S. 84 f., und Voigt, Umwandlung und Schuldverhältnis, S.48f. 65

Β. Rechtsdogmatische Grundlagen des Spaltungsorgangs

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beigetragen, dass die vermeintlich gesicherte Erkenntnis, Gesamtrechtsnachfolge bedeute Vermögensübergang kraft Gesetzes, angezweifelt und letztlich revidiert wurde. Ob es sich bei der Spaltung um eine gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Universalsukzession handelt, ist nicht nur für die allgemeine Rechtslehre69 von Bedeutung. 70 Vom Rechtscharakter der Spaltung hängt insbesondere die grundsätzliche Anwendbarkeit solcher Vorschriften ab, deren Tatbestände das Erfordernis eines Rechtsgeschäfts beinhalten. Neben den §§ 566 BGB, 69 Abs. 1 VVG ist damit insbesondere die praktisch höchst bedeutsame Norm des §613a BGB angesprochen.71 Im Rahmen der Spaltung besitzt die Frage der Geltung dieser Vorschriften eine viel größere Relevanz als bei der Verschmelzung72, weil hier nicht das gesamte Vermögen auf einen anderen übergeht und somit der Zusammenhalt der Rechtspositionen nicht schon durch die Gesamtrechtsnachfolge selbst gewährleistet wird. 73 Die erbrechtliche Gesamtrechtsnachfolge hat unstreitig gesetzlichen Charakter. 74 Im Hinblick darauf, dass wie beim Erbfall auch bei der Verschmelzung das gesamte Vermögen übergeht, ordnete die früher herrschende Meinung75 aufgrund dieser äußerlichen Ähnlichkeit auch die gesellschaftsrechtliche Universalsukzession als eine solche kraft Gesetzes ein. 76 Dieser Auffassung liegt das Verständnis der Begriffe „Rechtsgeschäft" und „Universalsukzession" als zwei sich ausschließender Katego69

Siehe dazu Flume , Rechtsgeschäft, S. 3 ff. Vgl. Boecken, ZIP 1994, 1087 (1089); ders., Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn.54; Däubler, RdA 1995, 136 (139), stellt bezüglich des Übergangs von Arbeitsverhältnissen fest, dass die Frage der Rechtsgrundlage „alles andere als ein dogmatisches Glasperlenspiel darstellt". 71 Siehe zu diesen Vorschriften ausführlich unten 3. Teil D. I. 72 Auch für die Verschmelzung ist die Anwendbarkeit des § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB jedoch relevant. Sie entscheidet über die unmittelbare Anwendung der Inhalts-, Haftungs-, und Bestandsschutzbestimmungen des § 613 a BGB. Siehe dazu Boecken, UntemehmensumWandlungen und Arbeitsrecht, Rn.55,139 ff., 211 ff., 262ff.; Mengel, Umwandlungen im Arbeitsrecht, S. 170 ff. 73 Voigt, Umwandlung und Schuldverhältnis, S. 14; Willemsen, in: IDW (Hrsg.), Reform des Umwandlungsrechts, S. 105 (108 f.); Masing, Betriebliche Altersversorgung, S.93, stellt zutreffend fest, dass das Argument der früher h. M., dass sich für die Fälle der Gesamtrechtsnachfolge § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB erübrige, bei der Spaltung versagt. 74 Vgl. statt aller Palandt-Edenhofer, BGB, § 1922, Rn. 6. 75 KölnKomm-Kraft, AktG, §346, Rn. 14; Schilling, in: Großkomm.-AktG, §346, Rn. 11; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, S. 42, 146; Quander, Betriebsinhaberwechsel bei Gesamtrechtsnachfolge, S. 10; Bauer, Unternehmensveräußerung und Arbeitsrecht, S. 116; UünchKomm-Schaub, BGB, §613a, Rn. 197, 199; Staudinger-Richardi, BGB, 12. Aufl., §613a, Rn.76, 81, 83; Erman-Hanau, BGB, 9. Aufl., §613a, Rn.26; Heinze, DB 1980, 205 (208), Bermel/Müller, NZG 1998, 331. 76 Mertens, Umwandlung und Universalsukzession, S.64, spricht zutreffend davon, dass die Orientierung am Paradigma des Erbrechts „die Gefahr einer übereilten Generalisierung nach sich zieht." 70

3 Müntefering

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1. Teil: Grundlegung

rien zugrunde, die voneinander unterschieden werden müssten.77 Auch die Spaltung wird unter Fortführung dieser Sichtweise von einem Teil der Literatur als gesetzliche Gesamtrechtsnachfolge eingeordnet.78 Dies wird insbesondere mit den Vorschriften über die Rechtswirkungen der Eintragung der Spaltung begründet. Weil der Vermögensübergang nicht schon durch den Spaltungsvertrag, sondern erst mit der in § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG angeordneten Eintragung der Spaltung herbeigeführt werde, liege kein rechtsgeschäftlicher, sondern ein Vermögensübergang kraft Gesetzes vor. 79 Angesichts der Einführung der Spaltung wurde diese Auffassung jedoch vermehrt in Frage gestellt. Ausgangspunkt für den daraufhin einsetzenden Verständniswandel war die Erkenntnis, dass der Vermögensübergang kraft Gesetzes zwar ein für den Erbfall zutreffendes, jedoch kein begriffsnotwendiges Merkmal der Gesamtrechtsnachfolge schlechthin darstellt. 80 Mit dieser Einsicht stand der Weg offen, den Rechtscharakter der Spaltung nach allgemeinen Regeln zu bestimmen. Nicht maßgeblich für die Einordnung können insoweit die Vorschriften betreffend die Eintragung der Spaltung sein. Dagegen wird zutreffend geltend gemacht, dass etwa auch die wirksame Übertragung des Eigentums an einem Grundstück gemäß § 873 Abs. 1 BGB die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erfordert, ohne dass der rechtsgeschäftliche Charakter dieses Vermögensübergangs in Frage gestellt wird. 81 Entscheidend für die Einordnung als rechtsgeschäftlicher oder gesetzlicher Vermögensübergang ist vielmehr, ob durch die jeweiligen Rechtsfolgen dem privatautonomem Gestaltungswillen der beteiligten Personen Geltung verschafft wird - dann liegt ein rechtsgeschäftlicher Übergang vor - oder ob die Rechtsfolgen auf einer Bewertung tatsächlicher Ereignisse durch den Gesetzgeber beruhen und damit kraft Gesetzes eintreten. 82 Unter Berücksichtigung dieser Kriterien werden die Unterschiede zwischen dem Erbfall und der Spaltung bzw. allen gesellschaftsrechtlichen 77 Seiter, Betriebsinhaberwechsel, S. 146; Bungert, BB 1997, 897 (899). Nach Oetker, VersR 1992,7, deutet der Übergang im Wege der partiellen Universalsukzession auf eine kraft Gesetzes eintretende Rechtsnachfolge hin. Vgl. auch Berscheid, in: FS Stahlhacke, S. 15 (26): „Durch das Merkmal des rechtsgeschäftlichen Übergangs werden im Grundsatz lückenlos alle Fälle der Einzelrechtsnachfolge erfasst und von der Gesamtrechtsnachfolge unterschieden." Sehr deutlich auch Spirolke, Betriebsübergang, S. 36: „Der dingliche Übergang kann nach dem geltenden Recht in zwei Grundformen erfolgen, dem Rechtsgeschäft und der Gesamtrechtsnachfolge." 78 ΟetkerlBusche, NZA 1991, Beil. 1, S. 18 (20); Oetker, VersR 1992,7 (8); Heidenhain, ZIP 1995, 801; Kallmeyer, ZIP 1994, 1746 (1754); Heime, ZfA 1997, 1 (2,6); Engelmeyer, Spaltung von Aktiengesellschaften, S.334f.; Bungert, BB 1997,897 (899); Spirolke, Betriebsübergang, S.36ff.; Walpert, Gesamtrechtsnachfolge, S.48; unklar Gutzier, Übertragungshindernisse, S. 108 einerseits, S. 148 andererseits. 79 Oetker/Busche, NZA 1991, Beil. 1, S. 18 (20); Oetker, VersR 1992, 7 (8). 80 Κ Schmidt, AcP 191 (1991), 495 (498, 511 f.). 81 Däubler, RdA 1995, 136 (139 Fn.44); Mertens, Umwandlung und Universalsukzession, S.66; Gutzier, Übertragungshindernisse, S. 146f.; weitere Beispiele bei Voigt, Umwandlung und Schuldverhältnis, S. 12 f. 82 Flume, Rechtsgeschäft, S. 3; Mertens, Umwandlung und Universalsukzession, S.64.

Β. Rechtsdogmatische Grundlagen des Spaltungsvorgangs

35

Gesamtrechtsnachfolgen deutlich: I m Rahmen des § 1922 Abs. 1 B G B dient die Universalsukzession dazu, das Entstehen subjektloser Rechte zu vermeiden. 83 Sie ist gesetzliche Folge des rechtsgeschäftlich nicht steuerbaren Ereignisses des Todes eines Menschen. 84 Die gesellschaftsrechtliche Universalsukzession bezweckt demgegenüber, die Umstrukturierung zu erleichtern und dem diesbezüglichen Gestaltungswillen der beteiligten Rechtsträger Geltung zu verschaffen. 85 Während die Rechtsnachfolge i m Erbfall also unabhängig vom Willen der Beteiligten eintritt, wird sie bei Verschmelzung und Spaltung allein durch das vom freien Willen getragene Handeln der Beteiligten ausgelöst. 86 Für die Spaltung wird die Einordnung als rechtsgeschäftliche Universalsukzession zudem durch die Tatsache gestützt, dass die Aufteilungsfreiheit grundsätzlich keinen quantitativen Beschränkungen unterliegt und so dem Gestaltungswillen der Umwandlungsparteien in umfassendem Maße Rechnung getragen wird. Aufgrund dieser Erwägungen qualifiziert die heute herrschende Meinung die Spaltung zu Recht als rechtsgeschäftliche Gesamtrechtsnachfolge 87 , als „Universalsukzession kraft Rechtsgeschäfts" 88 , eine Auffassung, die von den Gesetzesverfassern geteilt wird. 8 9

83

K. Schmidt, AcP 191 (1991), 495 (497). Hennrichs, Form Wechsel und Gesamtrechtsnachfolge, S. 36, 90. 85 Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn. 4; Lutter-Teichmann, UmwG, § 126, Rn.9; K. Schmidt, AcP 191 (1991), 495 (510f.); ebenso die Begründung zum UmwG, BT-Drucks. 12/6699, S.71, 74. 86 Larenz/Wolf, BGB AT, §22, Rn. 1; Menget, Umwandlungen im Arbeitsrecht, S.78. 87 Rieble, ZIP 1997, 301 (303); Ganske, W M 1993, 1117 (1121); Niederleithinger, DStR 1991, 879 (883); Mertens, Umwandlung und Universalsukzession, S.64; ders., AG 1994, 66 (73); Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge, S.36f.; Masing, Betriebliche Altersversorgung, S. 101; Voigt, Umwandlung und Schuldverhältnis, S. 12 f.; Schöne, Spaltung, S. 32; Claussen, Gesamtnachfolge und Teilnachfolge, S. 157; Dehmer, UmwG, § 131, Rn. 51; Goutier, in: Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG, § 126, Rn. 19; Schäfer, in: Habersack/Koch/Winter (Hrsg.), Spaltung, S. 114 (134); Lutter-Teichmann, § 123, Rn.9; ders., ZGR 1993, 396 (398 f.). Aus dem arbeitsrechtlichen Schrifttum siehe Baumann, DStR 1995, 888 (889); Boecken, ZIP 1994, 1087 (1089ff.); ders., UntemehmensumWandlungen und Arbeitsrecht, Rn.56ff.; ders., SAE 2000, 162 (164); ders., RdA 2001, 240 (242); Däubler, RdA 1995, 136 (139); Mengel, Umwandlungen im Arbeitsrecht, S.75 ff.; Schwer, Arbeitgeberhaftung, S.59f.; Wlotzke, DB 1995,40; zum SpTrUG Weimar, DtZ 1991,182 (183); ders., ZIP 1991,769 (776). 88 K. Schmidt, AcP 191 (1991), 495 (496). 89 Vgl. zum SpTrUG BT-Drucks. 12/105, S. 12; zum UmwG BT-Drucks. 12/6699, S. 118. Dieses neue Verständnis der Spaltung hatte ebenfalls Auswirkungen auf die Einordnung der Verschmelzung. Auch sie wird in jüngerer Zeit vermehrt als rechtsgeschäftliche Universalsukzession qualifiziert. Vgl. K. Schmidt, AcP 191 (1991), 495 (503 f.); Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn.56ff.; Mertens, Umwandlung und Universalsukzession, S. 64ff.; Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge, S. 36; Voigt, Umwandlung und Schuldverhältnis, S. 12f.; Teichmann, ZGR 1993, 396 (399). 84

3*

36

1. Teil: Grundlegung

C. Motive für die Durchführung einer Spaltung Für die allgemeine Einführung der partiellen Universalsukzession als einer neuen Form der Vermögensübertragung bestand ein nachhaltiges Bedürfnis. 90 Die möglichen Beweggründe für die Durchführung einer gegenüber der Einzelrechtsnachfolge kostengünstigeren, schnelleren und effektiveren Spaltung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge sind vielfältig. Bei kleinen und mittleren Unternehmen steht als Spaltungsmotiv die sog. Realteilung im Vordergrund. Die damit umschriebene Aufteilung eines gemeinsam betriebenen Unternehmens auf verschiedene Gesellschafterstämme 91 bietet sich sowohl zur Bereinigung von Konflikten als auch zur Durchführung einer Erbauseinandersetzung an. 92 Auch Betriebsaufspaltungen können durch die partielle Gesamtrechtsnachfolge vereinfacht durchgeführt werden. Dabei wird das gesamte oder ein wesentlicher Teil des Betriebsvermögens in das Eigentum eines Unternehmensträgers überführt (Anlage- oder Besitzgesellschaft), welcher die zur Führung des Betriebes notwendigen Vermögensgüter einem anderen Unternehmen (Betriebsgesellschaft) nur zur Nutzung überlässt.93 Wird die insbesondere Steuer- und haftungsrechtlichen Erleichterungen dienende94 Betriebsaufspaltung nach den §§ 123 ff. UmwG durchgeführt, muss allerdings die in § 134 UmwG normierte, besondere Haftung für Arbeitnehmeransprüche hingenommen werden. 95 Große praktische Bedeutung kommt der Spaltung auch als Instrument der Umstrukturierung von Unternehmensverbänden zu. Mit ihrer Hilfe können Unternehmensteile voneinander getrennt und verselbständigt werden. Dadurch wird die Schaffung neuer organisatorischer Strukturen sowie ein flexibleres Auftreten am Markt ermöglicht. 96 Durch die Verlagerung des aktiven Geschäfts auf Tochtergesellschaften kann zudem eine Isolierung von Haftungsrisiken erreicht werden. 97 Daneben bietet sich die Spaltung auch als Zwischenstufe für weitere Umstrukturierungen an. 98 Beispiele hierfür sind die Vorbereitung der Veräußerung von Unternehmens90 91 92 93

BT-Drucks. 12/6699, S.71; Ganske, W M 1993, 1117 (1119). Teichmann, in: Lutter, (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S. 90 (92). Neuhaus, in: FG Weichler, S. 83; Lutter-Teichmann, UmwG, § 123, Rn. 29. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 12 II. 3. d); Mengel, Umwandlungen im Arbeitsrecht,

S.34. 94

Karollus, in: Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S. 157 (182); Schwer, Arbeitgeberhaftung, S. 192. 95 Siehe dazu Boecken, Unternehmensumwandlungen und Arbeitsrecht, Rn.246ff.; Mengel, Umwandlungen im Arbeitsrecht, S. 204ff., 238 ff.; ausführlich Schwer, Arbeitgeberhaftung, S. 191 ff. 96 BT-Drucks. 12/6699, S.71; Karollus, in: Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S. 157 (174); Fritz, Spaltung von Kapitalgesellschaften, S. 11; Teichmann, in: Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S.90 (92). 97 BT-Drucks. 12/6699, S.71; Geck, DStR 1995,416 (417). 98 Fritz, Spaltung von Kapitalgesellschaften, S. 11; Geck, DStR 1995,416 (417).

D. Die zivilrechtlichen Schranken der Singularsukzession

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teilen sowie die Schaffung einer adäquaten Ausgangssituation für den Zusammenschluss mit einem anderen Unternehmen. Umgekehrt können mittels der Spaltung auch fehlgeschlagene oder erfolglose Verschmelzungen rückgängig gemacht werden." Zudem kann die Spaltung als Mittel zur Unterschreitung quantitativer Gesetzesgrenzen eingesetzt werden, denen insbesondere im Rahmen der unternehmerischen und betrieblichen Mitbestimmung große Bedeutung zukommt. 100 Schließlich steht mit der Unternehmensspaltung nach den §§ 123 ff. UmwG nun ein Instrumentarium für die gemäß § 41 Abs. 3 GWB durchzuführende Entflechtung kartellrechtswidriger Unternehmenszusammenschlüsse zur Verfügung. 101 So vielfältig und unterschiedlich sich die Motive für eine Spaltung demnach darstellen, so einheitlich sind doch die daraus resultierenden Interessen der an einer Spaltung beteiligten Unternehmen. Die Umstrukturierung soll möglichst autonom gesteuert und ohne Einflüsse Außenstehender vollzogen werden können.102 Insbesondere soll die Vermögensaufteilung unabhängig von der Mitwirkung Dritter durchgeführt werden, weil derartige Erfordernisse die Umstrukturierung erheblich erschweren oder sogar gänzlich verhindern. 103

D. Systematischer Überblick über die zivilrechtlichen Schranken der Singularsukzession Die Unternehmensspaltung vollzieht sich jedoch nicht in einem rechtlichen Vakuum. 1 0 4 Durch die Spaltung werden Rechtsverhältnisse zu außenstehenden Dritten auf vielfältige Weise berührt. Den Interessen der beteiligten Unternehmen an einer störungsfreien, autonom gesteuerten Umstrukturierung stehen die Interessen Dritter gegenüber, die in Rechtsbeziehungen zum übertragenden Rechtsträger stehen.105 Dementsprechend verfolgte der Umwandlungsgesetzgeber neben der Eröffnung neuer Möglichkeiten für die Unternehmen, ihre rechtlichen Strukturen jeweils den veränderten Wirtschaftsbedingungen anzupassen, auch das Ziel, einen angemessenen Schutz von Gläubigern zu gewährleisten. 106 Mit dem Gläubigerschutz ist jedoch nur ein - wenn auch praktisch höchst bedeutsamer - Teil der relevanten Drittinteressen angesprochen. Die jeweils zu berücksichtigenden Belange hängen entscheidend 99

BT-Drucks. 12/6699, S.71. BT-Drucks. 12/6699, S.75f.; Theißen, Gläubigerschutz, S.23; Fritz, Spaltung von Kapitalgesellschaften, S. 15; Mengel, Umwandlungen im Arbeitsrecht, S.48. 101 Teichmann, in: Lutter (Hrsg.), Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, S.90 (93); Fritz, Spaltung von Kapitalgesellschaften, S. 12f. 102 Claussen, Gesamtnachfolge und Teilnachfolge, S. 163. 103 BT-Drucks. 12/6699, S.74. 104 Theißen, Gläubigerschutz, S.26. 105 Claussen, Gesamtnachfolge und Teilnachfolge, S. 163 ff. 106 BT-Drucks. 12/6699, S.71. 100

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1. Teil: Grundlegung

davon ab, in welcher rechtlichen Beziehung der Dritte zum übertragenden Rechtsträger steht und können deshalb sehr unterschiedlich akzentuiert sein.107 Dokumentiert werden diese heterogenen Interessen durch das Gesetz selbst. Das Recht der Singularsukzession beinhaltet spezifische, von der jeweiligen Rechtsposition abhängige Schranken, die beim rechtsgeschäftlichen Übergang zu beachten sind. Durch diese Hindernisse und Mitwirkungserfordernisse wird den typischen Drittinteressen im Rahmen einer Sukzession Rechnung getragen. Die Erörterung der zivilrechtlichen Schranken der Singularsukzession bietet sich daher an, um die relevanten Belange der Gläubiger, Schuldner, Vertragspartner und Verbandsmitglieder beim Übergang der jeweiligen Rechtsposition aufzuzeigen. Ein Blick auf die Hindernisse der Einzelrechtsnachfolge dient jedoch nicht nur der Veranschaulichung der rechtspositionsspezifischen Drittinteressen. Er ist darüber hinaus auch angesichts der konkreten Ausgestaltung der Spaltung zweckmäßig und geboten. Denn durch Vorschriften des UmwG 108 , aber auch ganz allgemein durch die Einführung der Spaltung als einer neuen Form der Vermögensübertragung 109 , wird die Frage aufgeworfen, ob und in welchem Umfang sukzessionshindernde Vorschriften und Grundsätze des allgemeinen Zivilrechts auch im Rahmen der partiellen Gesamtrechtsnachfolge gelten und so die Spaltungsfreiheit der Unternehmen beschränken. Diese zentrale Frage kann nur zutreffend beantwortet werden, wenn die Grundlagen und Strukturprinzipien der Singularsukzession hinreichend berücksichtigt werden. 110 Schließlich erlaubt der Überblick über die Schranken der Einzelrechtsnachfolge eine systematische Erfassung der Fülle von Vorschriften und Grundsätzen, deren Geltung für die Spaltung diskutiert wird. Entsprechend dem festgelegten Rahmen dieser Untersuchung werden daher im Folgenden die Schranken der Singularsukzession beim Übergang von Verbindlichkeiten, subjektiven Rechten, Vertragsverhältnissen und Mitgliedschaften aufgezeigt.

I. Verbindlichkeiten Verbindlichkeiten werden durch die in den §§414,415 BGB geregelte befreiende oder privative Schuldübernahme111 übertragen. Diese Vorschriften berücksichtigen 107 LuttQT-Teichmann, UmwG, § 132, Rn. 15.; Jesch, in: Habersack/Koch/Winter (Hrsg.), Spaltung, S. 148 (157). 108 Vgl. § 132, 131 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 UmwG. Siehe dazu ausführlich unten 2. Teil B., C. 109 Vgl. dazu Teichmann, ZGR 1993, 396 (398 ff.). 110 Diese Grundlagen werden in der spaltungsrechtlichen Diskussion teilweise nicht hinreichend berücksichtigt. Ihnen kommt jedoch insbesondere bei der Auslegung des § 132 UmwG entscheidende Bedeutung zu. Siehe dazu 2. Teil B. 111 Davon abzugrenzen ist die kumulative Schuldübernahme (Schuldbeitritt), bei welcher der Gläubiger einen zusätzlichen Schuldner erhält. Dieser tritt nicht an die Stelle des Altschuldners, sondern neben diesen. Es erfolgt damit kein Schuldnerwechsel, sondern es entsteht eine Mehrheit von Schuldnern. Vgl. zu dieser Unterscheidung Palandt-Heinrichs, BGB, Überbl. Vor §414, Rn.2.

D. Die zivilrechtlichen Schranken der Singularsukzession

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den Umstand, dass für die Realisierung einer Forderung die Bonität und persönliche Zuverlässigkeit des Schuldners regelmäßig von entscheidender Bedeutung sind. 112 Dem schutzwürdigen Interesse des Gläubigers an der Person des Schuldners wird dadurch Rechnung getragen, dass jede befreiende Schuldübernahme seiner Mitwirkung bedarf. 113 Vor diesem Hintergrund bestehen nach dem Gesetz zwei verschiedene Möglichkeiten für die Durchführung einer privativen Schuldübernahme. Zunächst kann die Schuld durch Vertrag zwischen dem Gläubiger und dem Neuschuldner übernommen werden, §414 BGB. Einer Mitwirkung des Altschuldners bedarf es in diesem Fall nicht. In der Praxis wesentlich häufiger wird die Schuld jedoch durch eine Vereinbarung zwischen dem Alt- und dem Neuschuldner übernommen, die zu ihrer Wirksamkeit gemäß § 415 Abs. 1 S. 1 BGB der Zustimmung des Gläubigers bedarf. 114 Seinem Interesse an einem zuverlässigen und solventen Schuldner trägt das Gesetz also durch ein generelles Mitwirkungserfordernis im Rahmen der Schuldübernahme Rechnung.

II. Forderungen und andere Rechte 1. Grundsatz der freien Übertragbarkeit Gemäß § 398 S. 1 BGB kann der Gläubiger seine Forderung durch Vertrag mit einem anderen auf diesen übertragen. Die Mitwirkung des Schuldners oder auch nur seine Benachrichtigung ist nicht erforderlich. 115 Nach §413 BGB finden die Vorschriften für die Übertragung von Forderungen auf die Übertragung anderer Rechte entsprechende Anwendung, soweit nicht das Gesetz etwas anderes vorschreibt. Das BGB geht daher von der grundsätzlich mitwirkungsfreien Übertragbarkeit von Rechten aus.116

2. Ausschluss und Beschränkung der Übertragbarkeit Der Grundsatz der freien Übertragbarkeit von Rechten gilt jedoch nicht ausnahmslos. Oftmals besteht aufgrund der Eigenart des Anspruchs oder der konkreten Interessenlage ein berechtigtes Bedürfnis des Schuldners, einen Gläubigerwechsel nicht bzw. nicht ohne sein Einverständnis stattfinden zu lassen. Diesen Interessen des Schuldners trägt das Gesetz Rechnung, indem es in einigen Fällen die Sukzes112

Vgl. Medicus, Schuldrecht AT, Rn.707. Larenz, Schuldrecht AT, § 351; Medicus, Schuldrecht AT, Rn. 707, 743. 114 Diese kann erst erfolgen, wenn dem Gläubiger die Schuldübernahme mitgeteilt wurde, §415 Abs. 1 S. 2 BGB. 115 Börner, Dynamische Relativität, S. 141; Larenz, Schuldrecht AT, § 341. 116 Staudinger-Busche, BGB, Einl. zu §§398 ff., Rn.4; Scheyhing/Nörr, in: Nörr/Scheyhing/ Pöggeler, Sukzessionen, § 151; Mayer, GmbHR 1996,403 (408). Das notwendige Korrelat zu dieser grundsätzlichen Nichtbeteiligung des Schuldners bilden die Schuldnerschutzvorschriften der §§404ff. BGB, vgl. Nörr, in: Nörr/Scheyhing/Pöggeler, Sukzessionen, § 1. 113

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1. Teil: Grundlegung

sionsfâhigkeit eines Rechts unmittelbar selbst ausschließt und in anderen Fällen die Parteien eines Rechtsverhältnisses dazu ermächtigt, die Übertragbarkeit eines Rechts einzuschränken oder vollständig auszuschließen. Daneben berücksichtigt das Gesetz in einer dritten Gruppe die Funktion eines Rechts: Sog. unselbständige Rechte, die der Sicherung des Hauptanspruchs dienen, können nicht von diesem getrennt werden und gehen bei einer Übertragung mit ihm über. a) Gesetzliche Beschränkungen der Übertragbarkeit Die Übertragbarkeit eines Rechts wird in verschiedenen Vorschriften gesetzlich ausgeschlossen. Als Grundregel im allgemeinen Schuldrecht normiert § 399 1. Alt. BGB für Forderungen und für nach §413 BGB gleichgestellte Rechte, dass diese nicht übertragbar sind, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann. Daneben wird die Unübertragbarkeit in speziellen Vorschriften wie ζ. B. den §§ 473 S. 1, 613 S. 2,664 Abs. 2, 1059, 1092 BGB angeordnet. Die gesetzlichen Ausschlüsse der Übertragbarkeit lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Sie beruhen entweder auf einer sonst eintretenden Inhaltsänderung des Rechts oder auf der besonderen Natur des Schuldverhältnisses.117 Der Ausschluss der Übertragbarkeit wegen sonst eintretender Inhaltsänderung betrifft höchstpersönliche Rechte118, bei denen die Person des Gläubigers für den Inhalt des Anspruchs von entscheidender Bedeutung ist und diesen wesentlich mitbestimmt. 1 1 9 § 399 1. Alt. BGB schließt die Übertragbarkeit in diesen Fällen aus, weil die Identität der Forderung bei einem Gläubigerwechsel nicht gewahrt wäre. 120 Das ist etwa der Fall, wenn die Leistung aus tatsächlichen Gründen nicht in der gleichen Weise an einen anderen Gläubiger bewirkt werden kann 121 oder wenn sich die Leistung in wirtschaftlicher Hinsicht verändern würde. 122 117

Die Gruppe der unselbständigen Rechte wird gemeinhin als dritte Kategorie gesetzlicher Übertragbarkeitshindernisse eingeordnet. Sie soll hier separat dargestellt werden. Vgl. unten c). 118 Staudinger-£wsc/ie, BGB, §399, Rn.5. Die Terminologie ist jedoch uneinheitlich. Teilweisewerden diese Rechte auch als „höchstpersönliche Rechte ieS" beschrieben. Als „höchstpersönliche Rechte iwS" werden solche bezeichnet, deren Unübertragbarkeit spezialgesetzlich ζ. B. in § 473 S. 1 BGB geregelt ist und bei denen das Auswechseln des Gläubigers zwar rechtlich durchaus vorstellbar ist, aber ein schutzwürdiges Interesse des Schuldners an der Beibehaltung seines Gläubigers besteht. Vgl. zu dieser Einteilung MünchKomm-/tof/i, BGB, § 399, Rn.2, 7, 23. 119 MünchKomm-Roth, BGB, §399, Rn.2, 7; Staudinger-ZfoiM, BGB, 12. Aufl., §399, Rn.7f.; Palandt-Heinrichs, BGB, §399, Rn.4. 120 Staudinger-B usche, BGB, §399, Rn.4. 121 Palandt -Heinrichs, BGB, § 399, Rn. 4; MünchKomm-/to^, BGB, § 399, Rn. 9 ff. Beispiel ist eine unvertretbare Handlung. 122 Staudinger-Busche, BGB, § 399, Rn. 11 ff. Beispiele sind der Anspruch auf Vertragsschluss aus einem Vorvertrag sowie Ansprüche auf zweckgebundene Leistungen.

D. Die zivilrechtlichen Schranken der Singularsukzession

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Im Unterschied zu dieser ersten Fallgruppe führt im Rahmen eines Abtretungsausschlusses aufgrund der Natur des Schuldverhältnisses ein Gläubigerwechsel nicht notwendig zu einer Inhaltsänderung der Forderung und ist daher rechtlich durchaus vorstellbar. 123 Dennoch ist es dem Verpflichteten bei bestimmten Rechtsverhältnissen nicht gleichgültig, gegenüber wem er die Leistung zu erbringen hat. Dieser Gedanke liegt den speziellen, für einzelne Schuldverhältnisse geltenden Vorschriften zugrunde, die die Übertragbarkeit ausschließen. Sie berücksichtigen den Umstand, dass die Person des Berechtigten für den Schuldner von wesentlicher Bedeutung ist. 124 Ob die genannten Fallgruppen den gesetzlichen Vorschriften eindeutig zugeordnet werden können, wird nicht einheitlich beurteilt. Wahrend die Fallgruppe der Unübertragbarkeit wegen sonst eintretender Inhaltsänderung nach allgemeiner Ansicht von § 399 1. Alt. BGB erfasst wird, ist es bei der Unübertragbarkeit aufgrund der Natur des Schuldverhältnisses umstritten, ob diese Fallgruppe nur von den speziellen Vorschriften erfasst wird 1 2 5 oder ob sie daneben auch unter die erste Alternative des § 399 BGB zu subsumieren ist 126 . Die erstgenannte Ansicht macht geltend, dass in diesen Fällen die Unübertragbarkeit in Abweichung von § 399 1. Alt. BGB keine Inhaltsänderung voraussetze und ihr daher eigenständige Bedeutung zukomme.127 Die Gegenansicht bestreitet das Exklusivitätsverhältnis insbesondere aufgrund der mangelnden Abgrenzbarkeit. 128 Im Gegensatz zur Singularsukzession, bei der das Verhältnis des § 399 1. Alt. BGB zu den speziellen Regelungen nicht relevant wird, gewinnt diese Streitfrage im Rahmen der partiellen Universalsukzession aufgrund der konkreten Ausgestaltung der Spaltungsvorschriften praktische Bedeutung.129 b) Rechtsgeschäftliche Beschränkungen der Übertragbarkeit Neben diesen gesetzlichen Restriktionen kann die freie Übertragbarkeit von Rechten auch rechtsgeschäftlich eingeschränkt werden. Verschiedene Vorschriften ermächtigen die Beteiligten eines Rechtsverhältnisses dazu, die Übertragbarkeit eines Rechts durch Parteivereinbarung auszuschließen oder von bestimmten Voraussetzungen abhängig zu machen. Im Mittelpunkt der Wissenschaft und Praxis steht in diesem Zusammenhang die Vorschrift des § 399 2. Alt. BGB, nach der eine Forde123

MünchKomm-/toi/*, BGB, § 399, Rn. 8; Staudinger-Busche, BGB, § 399, Rn. 32. Vgl. für das schuldrechtliche Vorkaufsrecht RGZ 148, 105 ( l l l f . ) ; Staudinger-Möder, BGB, § 514, Rn. 1 ; Soergel-Huber, BGB, § 514, Rn. 1 ; für den Anspruch auf die Dienstleistung Staudinger-Richardi, BGB, §613, Rn. 16; MünchKomm-Schaub, BGB, §613, Rn.21. 125 Dafür Staudinger-föz